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Full text of "More Pauly"

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PAULYS 



REAL-ENCYCLOPADIE 



DEE 



CLASSISCHEN ALTERTUMSWISSfiNSCHAFT 



NEUE BEARBEITUNG 



UNTER MTWIRKUNG ZAHLREICHER FACHGENOSSEN 

HERAUSGEGEBEN 

VON 

GEORG WISSOWA 



FUNFTER HALBBAND 



Barbarus — Campanus. 




STUTTGART 

J. B. METZLERSCHER VERLAG 

1897. 




Barbaras. 1) Praefect von Agypten im 
J. 741/42 = 13/12 v. Chr. (CIL m Suppl. 6588), 
s. P. Bubrius Barbarus. [P. v., Eohden.] 

2) Griechischer Bhetor, zweimal von Seneca 
erwahnt, suas. 1, 13, wo seine Worte ausgefallen 
sind, und contr. II 6, 13, wo eine kurze, noch 
nicht richtig hergestellte Sentenz mitgeteilt wird ; 
mit Bezug auf letztere fallt Seneca das abfallige 
Urteil: dixit vulgar em sensum satis vulgariter. 

[Brzoska.] 

8) Flavins Barbaras Donatianus s. Dona,- 
t i a n u s. 

4) Gabinius Barbarus Pompeianus s. Pom- 
peianus. 

Consuln der Kaiserzeit mit dem Beinamen 
Barbarus : 

a) C. Atilius Barbarus, Cos. suff. im Juli 71 
n. Chr. mit L. Flavius Fimbria. 

b) Q. Fabius Barbarus Valerius Magnus Iulia- 
nus, Cos. suff. im August 99 n. Chr. mit A. Cae- 
cilius Paustinus. 

c) L. [Lic]inius B[arba]rus (?), Cos. suff. 118 
n. Chr. mit L. Pomponius Bassus. 

d) M. Ceionins Civica Barbarus, Cos. ord. 
157 n. Chr. mit M. Metilius Aquillius Regulus 
Nepos Volusius Torquatus Pronto. 

[P. v. Rohden.] 

Barbastrum, Stadt in Hispania Tarraconen- 
sis am Cinga westlich von Osca, das heutige Bar- 
bastro in Aragon. Der Name ist nur auf einer 
Inschrift aus dem nahen Boletum (s. d.) erhalten 
(CIL II 5841), kommt aber in zahlreichen kirch- 
lichen Urkunden des frlihen Mittelalters vor. 

[Hiibner.] 

Barbata Venus s. Aphroditos. 

Barbatia (Plin. n. h. VI 146), Stadt am Tigris ; 
nicht identiflciert. [Benzinger.] 

Barbatio, Conies domesticorum des Caesars 
Gallus (Amm. XIV 11, 19. XVIII 3, 6), machte 
in diesem Amte die Bekanntschaft des Libanios 
•and trug durch seine Fiirsprache dazu bei , dass 
ihm die Ubersiedelung von Constantinopel nach 
Antiochia gestattet wurde (Liban. ep. 1215). Da 
er sich mit seinem Herrn bald verfeindete und 
Constantius gegen seinen Caesar aufzubringen 
suchte (Amm. XIV 11, 24. XVIII 3, 6), wurde 
er an das Hoflager des Augustus berufen (Philost. 
IV 1 = Migne Gr. 65, 516. Liban. a. 0.) und 
beteiligte sich von dort aus nicht ohne Buhm 
an dessen Peldziigen (Liban. ep. 1032). Als 
Gallus 354 nach Mailand reiste, um sich wegen 
seines tollen Treibens im Orient zu verantwor- 
ten, wurde ihm B. nach Poetovio entgegenge- 
schickt und vollzog dort seine Gefangennahme 
(Amm. XIV 11, 19. Philost. IV 1). Nach der 
Ermordung des Silvanus (355) wurde er an dessen 
Stelle zum Magister peditum ernannt (Amm. XVI 

Pauly-Wiaaow» III 



11, 2. XVII 6, 2) und wahrscheinlich auch mit 
seinem confiscierten Vermogen beschenkt (Amm. 
XVHI 3, 2). Aus Italien, wo er sich in der Um- 
gebung des Constantius aufhielt, nach Gallien 
geschickt, um den Caesar Iulianus im Kampfe 
gegen die Alamannen zu unterstiitzen (Amm. XVI 
11, 2) , verleumdete er auch diesen , wie vorher 
seinen Bruder, beim Kaiser (Amm. XVIII 3, 6), 
suchte ihn in jeder Weise zu schwachen und zu 

10 hemmen und vereitelte durch Feigheit und bOsen 
Willen manchen Erfolg des rOmischen Heeres 
(Amm. XVI 11, 6—8. Liban. ep. Iul. I p. 536. 
538. 539). Wahrend dessen erhielt seine Prau 
Assyria die Weissagung, dass ihr Mann Kaiser 
werden wurde, und schrieb ihm daruber einen 
Brief. Derselbe wurde seinem Nebenbuhler Arbitio 
verraten und durch diesen dem Constantius mit- 
geteilt, was 359 die Hinrichtung des B. herbei- 
fuhrte (Amm. XVIII 3; vgl. XIV 11, 24). Sein 

20 Nachfolger wurde Ursicinus (Amm. XVIII 5, 5. 
XX 2, 1). So'hne von ihm werden erwahnt Liban. 
ep. 1215. An ihn gerichtet Liban. ep. 470. 492. 
1032. 1215. _ [Seeck.] 

Barbatius. M. Barbatius Philippus, Boq- 
pdriog 6 'Arrcoriov (des Triumvirs) ragtag, war mit 
diesem in Zwistigkeiten geraten und suchte beim 
Ausbruch des Kampfes zwischen Caesar und L. 
Antonius diesem seine Anhanger abtrunnig zu 
machen (Appian. b. c. V 31). Dass er im J. 713 

30 = 41 Quaestor war, bestatigen die Miinzen, zu- 
sammengestellt beiBabelonI256 (wo er f alschlich 
als Quaestor des J. 714 bezeichnet wird): 1) M. 
Antfonius) impferator) aug(ur) III vir r(ei) 
pfublicae) efonstituendae) M. Barbat(ius) q. p. 
Kopf des M. Antonius, ft L. Antonius cos. Kopf 
des L. Antonius, Babelon I 175 nr. 49 (wo 
Babelon im Text PROQ. Pgiebt und auflOst pro- 
quaestor provincialis, wie entsprechend in nr. 50 
qfuaestorj p(rovincialis), die Abbildung zeigt aber, 

40 dass ganz wie auf den andern Miinzen vielmehr 
Q. P. steht; quaestor provincialis ist iiberhaupt 
kein lateinischer Ausdruck ; es kann natiirlich 
nur verstanden werden quaestor pro praetore, wie 
schonEckhel V 334 richtig bemerkte). 2) Der- 
selbe Avers wie in 1), IV Caes(ar) imp(erator) 
pont(ifex) III vir. r. p. e. Kopf Caesars, vgl. 
Borghesi Oeuvr. I 427. 

Derselbe ist gemeint von Ulpian Digest. I 
14, 3 Barbaritts (so die Hss.) Philippus, cum 

50 serous fugitivus esset , Romae praeturam petiit 
et praetor designatus est, sett nihil ei servitutem 
obstitisse ait Pomponius, quasi praetor non 
fuerit ; atquin verum est praetura eum funetum 
(ahnliche Falle aus jener Zeit der Verwirrung 
Dio XLVm 34). Cicero, der in den philippi- 
schen Eeden so haufig abschreckende Schilde- 
rungen von Antonius Gefolge entwirft, giebt eine 

1 



3 Barbatus 

solche auch Phil. XIII 2ff. und bemerkt § 3 
addite ilia naufragia Caesaris amieorum Bar- 
has Cassias, Barbatios, Polliones. [KlebsJ 

Barbatus, romisches Cognomen bei den Cor- 
nelii, Horatii, Quinctii, Valerii, z. B. M. Valerius 
Messalla Barbatus Appianus, Consul ordinarius 
742 = 12 v. Chr. mit P. Sulpicius Quirinius. 

[P. v. Eohden.] 

Barbcsula (BaePfoola, Mela II 94. Plin. Ill 



Barbiton 4 

Selbstrasieren kam vor (Plut. Anton. 1), war 
aber nach Artemid. I 22 ein Zeichen von Trauer. 
Auch hielten die Barbiere Gehiilfen , welche zu 
den Kunden ins Haus gingen und sie dort be- 
dienten, cvreitores (Lex Met. Vipasc. II 40). Zu 
einer grflsseren Sclavenfamilie gehorte mindestens 
ein B., der den Herrn und die Mitsclaven rasierte 
und ihnen die Haare schnitt, Lex Met. Vipasc. 
II 39f. CLL VI 6366ff. 9937ff. Mart. VI 52; 



8 Ptol 114 6 7 Marcian. II 9, beim Geogr. 10 tonstrix CIL VI 6868. 9941. Im allgemeinen aber 
o. twi, ij.^, u. •■ '. .j-i oj.°J4- „;,,„ mnT . .r„r, "R ,ir,fl Vii"pH sipli dnrt fl.ueh wohl 



Kav. 344, 2, Bardesola, 305, 8 Sabesola), Stadt 
(der Bastuler) und Fluss in Hispania Baetica an 
der Ktlste nCrdlich von Calpe und an der Strasse 
von da nach Malaca. Her Fluss heisst jetzt Gua- 
diaro, und von der Stadt finden sich Triimmer 
unter dem Namen Torre de Guadiaro am ostlichen 
Ufer des Flusses; vgl. CIL II p. 245, wo die In- 
schriften des rnunieipium Barbesulanum zusam- 
mengestellt sind. [Hiibner.] 

Barbier (xovQevs , tonsor) und Baibierstube 20 
(>covQBlov,jtonstrina) werden seit der Zeit der alten 
Komoedie haufig erwahnt. Nach Italien sollen B. 
zuerst im J. 300 v. Chr. aus Sicilien durch einen 
gewissen P. Ticinius Mena gekommen sein (Varro 
r. r. n 11, 10. Plin. n. h. VII 211). Es wird 
schwer auszumachen sein, welche Thatsache dieser 
einem Document dea Stadtarchivs von Ardea ent- 
nommenen Notiz {ut seriptum in publico Ardeae 
in litteris exstat) zu Grunde liegt (vgl. Bart). 



ging man zum B. und hielt sich dort auch wohl 
langer auf ; daher werden die B.-Stuben haufig 
als Zusammenkunftsorte und Mittelpunkte des Ge- 
schwatzes bezeichnet. Theophrast bei Plut. qu. 
con v. VII 10, 2 nennt sie aoiva ovfaidaia; vgl. 
Aristoph. Plut. 338. Lysias XXHI 3. XXIV 30. 
Plut. de garrul. 7. Hor. sat. I 7, 3. Die Barbiere 
selbst waren als geschwatzig bekannt, Plut. de 
garrul. 13. Alkiphr. m 66, 1. 

Grabschriften von B. CIL VI 9940. 9942. Eeich 
gewordene Barbiere Iuven. 1, 24. 10, 225. Im 
Metallum Vipascense (II 37) hatte ein conductor 
das ausschliessliche Eecht, fur Geld zu rasieren, 
und war ihm daftir der Preis vorgeschrieben; doch 
ist dieser nicht erhalten. Das Edict Diocletians 
bestimmt das Basiergeld auf zwei Denare, d. i. 
reichlich 3l/ 2 Pfennig. 

Boettiger SabinaII57.MarquardtPnvatl. 

d K.2 145, 3. 604. Becker-Gall Charikles III 



Z:TZ:XlL^rZs^^B^. 302^ Gal^ni^ Bliimner Masimaltarif 111. 



haares (von dem die griechischen und lateinischen 
Worte hergenommen sind) und dem spater iiblich 
gewordenen Kasieren gehort zu ihrer Thatigkeit 
auch das Schneiden der Nagel {dvv%i&iv), Artemid. 
I 22. Poll. VII 165.- X 140. Plaut. Aulul. 313. 
Hor. ep. I 7, 51. Mart. Ill 74. XIV 36. Die Ge- 
rate des B. nennt Poll. II 32. X 139f. Pha- 
neas Anth. Pal. VI 307. Es sind folgende : Die 
Schere, lyaUs, auch ^a/aipa, (idxaigat, xovQixal 



[Mau.] 

Barbillus, Astrolog unter Vespasian (Dio 
LXVI 9, 2); vielleicht identisch mit dem Astro- 
logen Balbillus (Suet. Nero 36). [P. v. Eohden.] 

Barbiton oder Barbitos, ein der Lyra oder 
Zither ahnliches Saiteninstniment (Hesych.). Pin- 
dar sagt dariiber in einem Skolion frg. 102 Bgk. bei 
Athen. XIV 635 d rdv §a Te^rnvSgd; noV 6 Aea- 
pios evqs xqootos iv dsljivoioi Avd&v yjakfiov avzi- 



(Oder ***«*), ™/fe (Alkiphr. HI 66, 1), 40 fSTZ^^^^l^^T^A te 



Svo /id X at S cu (Clem. Alex. Paed. Ill 11 p. 290). 
das Easiermesser (|wj?oV, spater ^vQayiov, nova- 
cula); Kamme (xxeveg; per peotinem attondere 
Plaut. capt. 268, Gegensatz strictim); das Tuch, 
welches dem Kunden umgelegt ■ wurde , aivScov 
(Diog. Laert. VI 90. Alkiphr. Ill 66, 2. Phaneas 
a. O., &uohvov Plut. de garrul. 13, involuerum 
Plaut. capt. 266); das Nagelmesser {ovvxtorrjQicn, 
cultellus Hor. a. O.); der Stuhl, tfpoVoj, Alkiphr 



schen Sanger das B. gern gebrauchten, wird abge- 
sehen von Horaz auch von Euphorion bei Athen. 
IV 182 e bezeugt, noch mehr aber war dasselbe bei 
den frohlichen Weisen der Ionier als begleitendes 
Instrument beliebt (Athen. IV 175 e. 182 e. XIII 
600 e), wie es iiberhaupt bei den Bundgesimgen 
schwarmender Gelage allenthalben gern gesehen 
war (Prokl. bei Phot. Bihl. 239 p. 321a 12 Bk.). 
Lasst schon dieser Umstand auf tiefe Tonlage des 



CMltellus nor. a. u. ; uer oxum, vpovo,, mupi. u ™. ™«» u — ... r ,. 

HI 66 2; Spiegel (xdzoxzgov), in denen man skh 50 B. schliessen, so fuhrt darauf noch bestammter die 
iij.uv.,i, uy^s v k ii _ a„,„,, d ,„ FT„ r na.rm.T1. 34 hira maiar. 



nach dem Haarschneiden oder Easieren betrach 
tete, Plut. de aud. 8. Lucian. adv. ind. 29. Sen. 
de brev. vit. 12. Fur gewisse Haarschnitte be- 
diente sich der B. nicht der Schere, sondern eines 
Messers, (uq fia/afoq, Arist. Ach. 849: dass mit 
diesem Ausdruck" die Schere bezeichnet sein soil, 
ist unglaublich und wohl nur eine aus obiger 
Stelle herausgesponnene Meinung der Grammatiker 
(Poll. II 32. X 140). tiber das Aussehen einer 



Angabe Acrons zu Hor. cam. I 1, 34 lyra maior, 
sowie das Wort avxiyftoyyov in dem oben ange- 
fiihrten Fragment Pindars. Das B. stand danach 
eine Octave tiefer als die von Telestes bei Athen. 
XIV 626 a als hoch bezeichnete Pektis. Den 
von Winckelmann ausgesprochenen Gedanken 
(Kunstgesch. VH 3, 23. LX 1, 29. 30), es kOnne 
irgend ein grosseres Saiteninstniment das B. sein, 
hat Gerhard aufgegriffen (Trinkschalen und Ge- 



(roll. 11 64. A 1*UI. uuer una Ausacucu omoi u«~ „^.„„. _ „-□ ^ 

B.-Stube mit aufgestellten Spiegeln (vgl. Alkiphr. 60fasse 34, 8) und auf erne Lyra von eleganterlang. 
„".... & , n i . . . V_ -• ;j„ i;/.v.a»Pnrm filiorrrno-pn die sich auf den Vasen dei 



JH 66, 1), Messern und Scheren s. Lucian. adv 
ind. 29. 

Eine Thonfigur aus Tanagra stellt einen B. 
dar, der mit einer Schere seinem Kunden das 
Haar schneidet, Arch. Zeitg. 1874 Taf. 14. Ein 
fur eine B.-Stube gehaltener Eaum in Pompeii 
ist wahrscheinlicher ein kleines Heiligtum, Over- 
beck Pompeii* 243. 383. 



licher Form ubertTagen, die sich auf den Vasen des 
schonen Stils nicht selten findet. Ob indes diese Be- 
zeichnung dem wirklichen Sachverhalt entspricht, 
ist nicht erwiesen. Das Vorkommen dieser Form 
auf denselben Bildern neben Lyren der gewohn- 
lichen Art (z. B. Gerhard Auserl. Vas. IV 305) 
lasst allerdings vermuten , dass fur erstere ein 
besonderer Name in Gebrauch war, und wenn wir 



Barbius 



Barchusa 



dieselbe in der Hand von Alkaios und Sappho ab- 
gebildet sehen (Welcker Alte Denkmaler II 12, 
20. 21 =Baumeister III S. 1543), liegt frei- 
lich kein anderer Name naher. Uber die Form 
Barmos s. Phillis bei Athen. XIV 636 c, uber 
Baromos Euphorion ebd. 182 f. Vgl. K. v. Jan 
De fidibus Graecorum (Berlin 1859) 26; die griech. 
Saiteninstr. (Saargemiind 1882) 20. [v. Jan.] 

Barbins. 1) Barbius Fulvius Aemilianus, 
Praetor, Aedilis plebis, Quaestor pro praetore einer 
Provinz, CIL V 864. 

2) Barbius Proculus, tesserarius speculatortim 
bei Galba, Tac. hist. I 25. -Plut. Galb. 24. 

3) Gnaea Seia Herennia Sallustia Barbia Or- 
biana, Gemahlin des Kaisers Severus Alexander, 
s. unter Seius. [P. v. Eohden.] 

Barblana, Ort Babyloniens, Geogr. Eav. II 5 
(p. 53, 10). [FraenkeL] 

Barborana (Ba e po e dva Ptol. VH 1, 43), Ort- 
schaft der indischen Lambagai westlich vom Koas; 
vgl. Baborana der Paropanisadai ; ahnlich wieder- 
holt sich der Name Drastoka. Barbar nennt sich 
eine Tribus am Koh-i-Baba im Quellgebiet des 
HarS-rud, zd. Barvara"? [Tomaschek.] 

Barbosthcnes oder Barnosthenes , Berg in 
Lakonien, 10 Milien (nOrdlich) von Sparta, wo 
Philopoimen tiber Nabis siegte (192), Liv. XXXV 
27, 13. 30, 9. CurtiusPel. II 262. 321. Bur- 
si an Geogr. II 117, 1. [Oberhummer.] 

Barbukalos, Johannes, Epigrammdichter aus 
dem Kranz des Agathias, Verfasser von acht oder 
neun nicht ungeschickt nachempfundenen Gcdich- 
ten, lebte um die Mitte des 6. Jhdts. in Bervtos 
(vgl. Anth. Pal. XVI 38. IX 425—27; das' in 
letzterem erwahnte Erdbeben fallt ins J. 551). 
Benutzung des Mnasalkas (VH 145, 1) zeigt IX 
425, 1, des Alkaios von Messenien (VII 247, 2) 
IX 426, 4. [Eeitzenstein.] 

Barbnla, romisches Cognomen, bei den Aemilii 
in der Zeit vor dem hannibalischen Kriege; vgl. 
Aemilius Nr. 31—34. 

Ein Barbula (BagftoMa;) kaufte wahrend der 
Proscriptionen einen Marcus, der als Anhanger 
des Brutus geachtet war und sich durch die Ver- 
kleidung als Sclave zu retten suchte, und erwirkte 
durch Agrippas Verwendung bei Caesar seine Be- 
gnadigung. In der Schlacht bei Aetium war 
Marcus Heerfiihrer auf seiten Caesars, B. auf 
seiten des Antonius. Nach Antonius Niederlage 
fliichtete er in Sclavenkleidung, wurde gefangen 
und kam in Marcus Hande, der ihm jetzt den 
friiheren Dienst vergalt und Caesars Verzeihung 

erwirkte. ToTg 3s fiev ovv f) ovvzvyia zSyv 6fioiu>v 
xai sg to k'jisira TiaQCfieiver . ?Jpfav yao trjv Jjiai- 
vvuov d(j/J]v iv aoTei oi dvo o/iov, Appian. b. c. 
IV 49. Das letzte kann, obwohl rechtlich die 
Eponymie auch dem Praetor urbanus und pere- 
grinus zukam, bei einem Historiker nur dahin 
verstanden werden, dass beide spater zusammen 
Consoles (suffecti) waren. Doch ist aus augusti- 
scher Zeit ein Consulpaar, auf welches diese An- 
gaben bezogen werden konnten, nicht bekannt. 

[Klebs.] 

Barbjlia s. Bargylia. 

Barbyses oder Barbyssos (Baeflvorjg, Bdg- 
fivcaos, Bagvjivooos, Bagfivowg), Fluss bei Byzan- 
tion, welcher mit dem Kydaros vereint in den 
2<m(>a ddAaooa Marcidum mare genannten inner- 



sten Teil des Goldenen Horns miindet, Dion. Byz. 
an. Bosp. frg. 16—18 (Geogr. Gr. min. II 26ff.). 
Dion. Byz. Bosp. nav. ed. Wescher p. llf. 38. Schol. 
30. Genes, p. 38 Bonn. coll. Georg. Cedr. II 80 B. 
Niceph. Greg. JJ 847. 858. 1291 Bonn. Er nimmt 
von Osten zwei grOssere Nehenfliisse , darunter 
den Hydralis, auf, durchfiiesst langsamen Laufes, 
und auch im Sommer wasserreich, ein fruchtbares 
Thai voll uppiger Wiesen, Gyllius Bosp. Thrac. 

10 in Geogr. Gr. min. II 28f. Seine Vereinigung 
mit dem Kydaros bezeichnete der Altar der Nymphe 
Semestre (Semystra), Dion. a. a. O. Hesyeh. Mil. 
or. Const. 3. 8. 11 (FHG.IV 147f). Georg. Cod. 
p. 4 Bonn. {BoQ§v^rjs). Uber ihn fiihrte, unweit 
der Blachornen. eine von Iustinian erbaute Briicke 
in die Stadt, Suid. s. 'Hgdxlews II 882 Bernh. 
Niceph. Const, breviar. 14. 18. 26 de Boor. Theoph. 
cont. V 94 p. 340 B (vgl. Bathyrsos). Nach 
dem Localmythos gait B. als Vater der Pheidalia, 

20 Dion. frg. 37 M., 59 W. Chron. Pasch. I 493f. 
Bonn. Im spateren Mittelalter hiess er bei den 
Stadtern Chartarikon (nach einer Papiermuhle, 
tiirk. Eiagad-Ghane) , bei den Landbewohnern 
Pektinakorion (von dem Dorfe Petmoehori), Gyl- 
lius a. a. O. Es ist der das Thai der ,siissen 
"Wasser' durchfiiessende Oiok Su. Vgl. Gyllius 
Geogr. Gr. min. II 26ff. 46. v. Hammer Con- 
stantinopel I 15. II 39. [Oberhummer.] 

Barcae deae M. Priscus ex voto lautet eine 

30 angeblich in Barsous (bei Lugdun. Convenarum) 
gefiindene Inschrift; vermutlich eine FaLschung. 
Sacaze Inscr. antiques des Pyrenees p. 226; vgl. 
die bei Ptol. II 6, 52 erwahnte spanische Stadt 
Uxama Barca (CIL II p. 387). [Ihm.] 

Barcarji, auf barcae fahrende Militarabtei- 
lungen, Specialtruppe des rSmischen Provincial- 
heeres der Kaiserzeit, bezeugt fur das 3. Jhdt. 
durch die britannische Inschrift CIL VII 285 
(nach der Erganzung von Watkins; vgl. Ephem. 

40 epigr. VII 942) p(rae)p(ositus) et militfes) n(u- 
meri) bare(ariorum) ; dann erwahnt die Noti- 

* tia dignitatum numeri bareariorum in Britan- 
nien (occ. XL 22 praefectus numeri bareariorum 
Tigrisiemium Arbeia; iiber die Zeit vgl. Momm- 
sen Herm. XIX 221. 233) und am Bodensee 
(ebd. XXXV 32 praefectus numeri barcarwrum 
[iiberl. barbaricariorum, corrig. von Boecking], 
Confluentibus sive Brecantia) und eine elassis 
bareariorum (neben der elassis fluminis Blto- 

50 dani) in Gallia Narbonensis (ebd. XLII 15 prae- 
fectus elassis bareariorum, Ebruduni Sapaudia-e). 

[Wissowa.] 
Barchalba, Tribunus, kampfte unter Constan- 
tius mit Auszeichnung. Nach der Besiegung des 
Procopius im J. 366 begleitete er ihn auf der 
Flucht, vereinigte sich aber mit Florentius, den 
Usurpator zu binden und dem Kaiser Valens aus- 
zuliefern. Die beiden Verrater wurden mit ihrem 
Opfer zugleich erschlagen, Amm. XXVI 9, 8 — 10. 

60 [Seeck.] 

Barclion (BaQxwv, Procop. de aedif. Ill 6), 
ein von Iustinianus im Hinterlande von Trapezus 
gegen die Tzanoi (Sannoi, die alten Makrones) er- 
richtetes Grenzcastell nordlich von Okena. 

[Tomaschek.] 
Barchusa (Steph. Byz. s. Baoyovoioi), kleine 
Stadt Phoinikiens; sonst unbekannt. 

[Benzinger.] 



7 Barcino 

Barcino, bedeutende Stadt der Laeetaner in 
Hispania Tarraconensis (Mela II 90. Plin. Ill 22. 
Ptol. II 6, 18) ; auf zahlreichen in Barcelona ge- 
fundenen Inschriften werden Barcinoncnses ge- 
nannt. Spatere Namensformen sind Barcenone 
Itin. Ant. 390, 5. 398, 3; Baroirwna Oros. VII 
43, 8; Barcilonum sedes Avien. ora marit. 520 
und westgothische Miinzen Heiss Monnaies vi- 
sigoth. S. 44; Barcilona, Oroa. I 2, 104. Cosmogr. 



Bardesanes 



8 



,Burg des Glaubens'; weiter stromaufwarts wer- 
den wir fur Min des Isidoros die Lage von End- 
bar, fiir Palakenti die von Pulalek, endlich fiir 
Sigal jene yon Qala-sabz in Anspruch nehmen ; 
leider lassen uns gerade fur diesen Teil des Hil- 
mendbeckens die Itinerare der arabischen Geo- 
graphen ganzlich im Stich. [Tomaschek.] 

Eardaei s. Vardaei und Ardiaioi. 

BiK „^ „. ,„ ~„.~. - -, --- Bardamana (Ptol. VII 1, 93), Stadt im In- 

Aethici p. 102, 20 Riese; Barcelona Geogr. Rav. 10 lande der vorderindischen Maisoloi. Vielleicht 



303, 7, der 341, 15 Burcino hat. Die Stadt ist 
iberischen Ursprungs, im alten Periplus aber wird 
sie nicht erwahnt (Avien schob sie mit spater 
Namensform ein); in ihrer Nahe lag vielleicht 
eine alte phokaeische Niederlassung Kallipolis (s. 
d.). Auf punischen Ursprung scHoss man schon 
im Altertum, wegen der Ahnlichkeit des Namens 
mit dem der Barkiden (Auson. ep. 24, 68. 89. 
Oros. VH 43, 8) ; doch sind weder punische noch 



gehort der Ort weiter nordwarts in das Gebiet 
der Gangaridai, denn westlich von der Hugli- 
miinde des Ganges, -67 Miles von Calcutta, in 
23° 14' nordlich, 87° 54' 6stlich liegt noch jetzt 
die Stadt Bardwan, bei Benin! Bardman genannt, 
d. i. der alte Vorort der Pundra Vardhamana, 
skr. vardhamana ,gedeihend, fruchtbar'. 

[Tomaschek.] 
Bardaotis {BagSa&xtg, Ptol. VII 1, 69), vordet- 



auch griechische Miinzen je hier geschlagen wor- 20 indische Ortschaft im Gebiete der Bolingai zwi- 



den. Auch romische Miinzen fehlen, deren Pragung 
in Hispanien mit Gaius Caesar aufhSrt. Zwar 
scheint die Stadt auf Caesars Seite gestanden 
(daher wohl colonia immunis Dig. L 15, 8) und 
schon zu den augustischen Colonien gehOrt zu 
haben, nach ihren Namen Faventia Iulia Augusta 
Pia. Erst seit Traian ist die bis dahin unbe- 
deutende Stadt (Mela a. a. O.) neben dem nahen 
Tarraco, mit dem es in enger Verbindung stand, 



schen der Yamuna und dem Vindhya. In den 
Epen kommt der Fhissname Bhadravati ,gluck- 
begabt' vor; so hiess nach Lassen ein der Car- 
manvati von Siidwesten zufliessender Bach, die 
heutige Baroli. Anderseits bezeugt Cunning- 
ham uralte Baureste bei Bharadd westlich von 
der Reva, einem Zufluss der Narmada; vgl. Mac 
Crindle Anc, India 163. [Tomaschek.] 

Bardarios (BagSdgiog , BagSdgrjg u. s. w.), 



hohe'r Bliite gelangt, wie die Reste der romi- 30 bei byzantinischen Schriftstellern Name des Axios 



schen Mauern und Thore, sowie anderer Gebaude, 
zahlreiche Inschriften, darunter zahlreiche Statuen 
eines Giinstlings von Traians Feldherrn Iiicinius 
Sura und viele andere zeigen (CIL II p. 599). 
Die Lage an der grossen Strasse von den Pyre- 
naeen nach Tarraco, das die Stadt beherrschende 
Castell des Mont Juig, der giinstige Hafen er- 
klaren das; doch hat dieser durch Versandung 
seine alte Stelle gewechselt. Die Fruchtbarkeit 



der Niedening und die Anmut der Abhange des 40 fiir Vardagate, s. d. 



(s. d.'Nr. 1); [Oberhummer." 

Bardaxema (BagSd^ua Ptol. VII 1, 3), Ufer- 
stadt im westlichen Teile von Surastra oder Ka- 
thiawar, nahe an Por-bandar, wo sich in 21° 15' 
nordlich, 69° 50' Ostlich die Bardahills als Land- 
marke erheben, an deren Fuss ein Ort Barda 
liegen soil ; skr. Bhadra-JcSema ,gliickliches Heim'. 

[Tomaschek.] 
Barderate (Plin. n. h. Ill 49), falsche Lesart 



grossen catalanischen Gebirges, an die sie sich 
anlehnen, wird vielfach mit Recht gepriesen (Pru- 
dent, nsgl atetp. IV 33. Paulin. Nolan, carm. 10, 
232. Auson. ep. 21). [Hiibner.] 

Barda (Bdgda nohg Isid. Chafac. 18), der 
erste namhafte Ort in der am Unterlauf des Ety- 
mandros (Hilmend) gelegenen und an Zarangiane 
sich anschliessenden parthischen Provinz Saka- 
stane. Aus der berechneten Lange der Provinzen 



Bardesanes ( Baodrjoidvtjg bei Hippolytos 
Philosoph. VII 31 und Epiphan. Panar. LVI 
1. 2, der Name ist syrischen Ursprungs Bar- 
Daisan), gewohnlich der Syrer zubenannt, auch 
der Armenier (Hippolyt a. a. O.), der Babylonier 
(Porphyr. de abstin. IV 17. Hieron. adv. lovinian. 
II 14)." Am wahrscheinlichsten ist er in Edessa 
geboren, wo er, in nahen Beziehungen zum Fursten- 
hofe, mit kurzen Unterbrechungen gelebt hat. Seine 



erhelit, dass der alte Umfang von Zarangiane 50 Geburt fallt nach Chronicon Edessenum (bei L. 



durch die um das J. 128 v. Chr. eingewanderten 
Sakai auf den seenerfullten nOrdlichen Tcil oder 
das eigentliche Miindungsgebiet des Stromes be- 
schrankt worden, und dass das ubrige langge- 
streckte Uferland in Sud und Ost bis zur Grenze 
Arachosias bei Bost, also das Gebiet des alten 
Kulturvolkes der Ariaspai (s. d), in den Besitz 
der sakischen Horde, die sich alsbald den Par- 
thern unterwarf, iibergegangen war. B., den ersten 



Hallier in Gebhardt und Harnack Teste u. 
Unters. IX 1, 90) auf den 11. Juli 154, gestorben 
ist er um 222. Eusebios frcilich setzt seine Bliite- 
zeit unter Marc Aurel (hist. eccl. IV 30), des- 
gleichen Hieronymus in der Chronik ad a. 2188; 
de vir. ill. 33 und fast alle Griechen, auch noch 
der arabische Fihrist: der Irrtum erklart sich 
aus Verwechslung des Kaisers Antoninus Elagabal 
mit einem der Vorganger gleichen Namens. B. 



Ort von Nordwesten aus, haben wir auf der Strecke 60 war ein Mann von grosser Begabung, Energie und 



zwischen Kuher und Sahristan, wo der Hilmend 
in Canale sich aufzulOsen beginnt, und zwischen 
der grossen Strombeuge bei Bandar-Traku und 
dem gui-Gersasp zti suchen; von den Ruinen- 
statten, welche Christie Ferrier undBellew 
hier anfzahlen, namlich Gulcin Pulkeh Qala-i- 
Pat und Mir, passt fiir B. der centralen Lage 
und Bedeutung wegen am besten Qala-i-Pat, die 



Selbstandigkeit des Denkens und der hellenischen 
Bildung machtig; cuius etiam p/tilosophi admi- 
rantur ingenium (Hieron. comment, in Osee II 
10). Nach Epiphan. Panar. LVI 1 ware er Uyiog 
gewesen h xalg dvol ykwooaig, 'EV.rjvixfj re oia- 
lixxoi xai rfj xoyv Svqchv (pcovfj. Eusebios, der 
kund'igere Ze'uge, weiss bios von deruberausreichen 
Production des B. in syrischer Sprache zu berich- 



9 



Bardi 



Barditus 



10 



ten, aber seine Abhandlungen seien alsbald ins 
Griechische iibersetzt worden. Obenan stellt er 
unter diesen den ixavwzarog didloyog jigos 'Avtw- 
vTvov jtsqI ei/MtQ/jevys, aus dem grosse Stiicke bei 
Eusebios praepar. evang. VI 10 — auch in die ps.- 
clementinischen Recognitiones IX 19—29 (Grabe 
Spicilegium SS. Patrum 12 289—299) aufgenom- 
men — erhalten sind, das aber vollstandig in der 
Ursprache unter dem Titel: Buch der Gesetze der 
Lander von W. Cureton 1855 ediert und durch 
Merx Ubersetzung in ,B. von Edessa' 1863 all- 
gemein zuganglich gemacht wurde. Es steht seit- 
dem fest, dass gerade dieser Dialog nicht von B., 
von dem darin in der dritten Person gesprochen 
wird, sondern von einem seiner Schiiler, Philip- 
pus, verfasst ist. Ob er die 150 Psalmen, deren 
haeretischen Charakter Ephrem so scharf angreift, 
selber gedichtet hat , wird auch bezweifelt, viel- 
leicht hat sie sein Sohn Harmonios unter B.s Gut- 
heissung verfasst ; jedenfalls ist B. einer der Gran- 
der einer syrischen Litteratur, ein glanzender 
Apologet des Christentums (wie denn auch in seiner 
Wirksamkeit zu Edessa die Anfange der antio- 
chenischen Theologie, besonders der exegetischen, 
zu suchen sind) und wegen seiner Streitschriften 
z. B. gegen den Marcionitismus noch von Kirchen- 
vatern geschatzt, die gegen seine eigenen Lehr- 
satze schwere Bedenken haben. Oh er, wie Euse- 
bios meint, vom Valentinianismus ausgegangen, 
aber der Orthodoxie immer naher getreten ist, 
erscheint mindestens fraglich ; Neuere wollen jede 
Beriihrung zwischen ihm und dem hellenischen 
Gnosticismus leugnen : ein sicheres Urteil fiber 
seine dogmatische Stellung ist heute noch nicht 
moglich. Vgl. Hilgenfeld B. der letzte Gnosti- 
ker, 1864. Nitzsch Christl. Dogmengesch. 89f. 
tmd den sehr eingehenden Artikel B. voh Hort 
in Smith and Wace Dictionary of Christ. Biogr. 
I 250—260. Die Schule des B. hat lange nach 
ihm gebluht ; in Edessa hat erst Bischof Rabbu- 
las 412 — 435 ihr ein Ende bereitet; vgl. den 
Panegyricus auf Rabbulas in Ausgewahlte Schriften 
d. syrischen Xirchenvater Aphraates etc., Kemp- 
ten 1874, 195f. [Jiilicher.] 

Bardi {^qSoi). Mit diesem Worte bezeich- 
neten die alten Gallier ihre Dichter und Sanger, 
welche die Helden und Thaten ihres Volkes ver- 
herrlichten. Das Instrument, auf dem sie die 
Lieder begleiteten, war eine Art Lyra: Diod. V 
31 tiai di nag' avzotg xai sioitjtal pie).<av, ovg 
fidgdovs ovojid^ovaiv. ovzoi de /.ter ogydvcov rate 
j.vgaig Sfioicov aSovteg ovg fxev vftvovotv , ovg dk 
/ttaa<pr]ftovoiv (daher die Deutung Zimmers ,lyri- 
scher Sanger zu Lob und Schimpf 1 , s. Holder 
Altkelt. Sprachschatz s. Bardos) ; Timagenes bei 
Amm. MarcelL XV 9, 8 bardi quidem fortia vi- 
rorum illustrium facta Jieroieis composita ver- 
sibus cum dulcibus lyrae moduli.? cantitarunt. 
Der Name des Instruments wird nicht uberliefert, 
wahischeinlich aber ist es die crotta (chrotta) 
Britanna bei Fortunat. carm. VII 8, 64, vgl. 
d'Arbois de Jubainville Cours de litera- 
ture celtique I 55f. Holder a. O. s. crotta. Von 
den griechischen Schriftstellern erwahnt die B. 
zuerst Poseidonios FHG III 259 = Athen. VI 246 
to: 8e axovaftara aviwv doiv ol xahovfievoi fidg- 
dot • nottjTal Si ovrot rvyydvovai /ist' abijg tjiai- 
vovg Myovreg. Dieselben meint er FHG III 26J. 



(Athen. IV 152), wo er von dem Arvernerk8nig 
Luerius und seiner prachtigen Hofhaltung(Momm- 
sen R. G. 118 161) spricht: hier nennt er den 
Sanger, der den freigebigen Fiirsten preist, nur 
fiagfidgcov itoirjxifv. Ein B. befand sich auch in 
der Gesandtschaft, welche des genannten Konigs 
Sohn Bituitus (oder Betuitus) im J. 121 v. Chr. 
an Domitius Ahenobarbus schickte, Appian. Gall. 

IV 12 fiovoixos ze arrjg eihbxo ftagfldgcp (iovaixfj 
10 xbv fiaodea BizoTrov , 8ix' 'AXXoflgiyag , elza xbv 

Tigea^svxtjv avxbv eg xe yivog xai avdoslav xai 
nsgiovaiav vfiv&v. Ausser bei Strabon IV 197 
(fidg&oi ftkv vfirrjxal xai noiqzai, aus Poseidonios) 
werden die B. noch erwahnt von Lucan. I 447ff. 
(vos quoque, qui fortes animas belloque perem- 
plas laudibus in longum vates dimittitis aevum, 
plurima securi fudistis carmina, bardi; dazu 
Useners Comm. Bern.), Paul, ex Festo p. 34 M. 
(bardus gallice cantor vocatur u. s. w., der Lu- 
20 canvers wird citiert), Prudent, apoth. 296, und 
in Glossen (s. Holder a. O. s. Bardos). Die 
Erinnerung an das Bardentum hielt sich also 
ziemlich lange wach, wahrend das Druidentum 
friihzeitig unterdriickt wurde (Mommsen R. G. 

V 102). Die Romer scheinen sogar ein Kleidungs- 
stiick der B. adoptiert zu haben, wenn anders 
bardocueullus richtig gedeutet ist als ,der Barden 
Kapuzenmantel' (Martial. I 53, 5. XIV 128. 
Gallien in Hist. Aug. Claud. 17, 6; vgl. Jubain- 

30ville a. O. 161. Holder a. O. s. v., auch 
Bacmeister Kelt. Briefe 62). Der Bardai- 
cus ealceus bei Iuvenal XVI 13f. wird vom 
Scholiasten ebenfalls als gallisch gedeutet: cen- 
turio, qui quasi inter illos milites militavit ha- 
bentis stationem apud Bardos. Est autem gens 
Gattiae (aus Festus?), von andern dagegen auf 
die illyrischen Vardaei (Bardaei) bezogen ; vgl. 
Hist. Aug. Pertinax 8, 3 cuculli Bardaiei (offen- 
bar = bardocuculli). Der Mannsname Bardus 

40 kommt mehrfach auf Inschriften vor (Holders. 
v.). Davon wahrseheinlich abgeleitet der Ortsname 
Bardomagus (s. d.). Uber die B. handelt d'Ar- 
bois de Jubainville a. O. 151 — 81. [Ihm.] 

Bardines {BagSivtjs, Steph. Byz. s. Aafiaoxog), 
anderer, vielleicht einheimischer Name fur den bei 
den Klassikern gewOhnlich Chrysorrhoas genann- 
ten Fluss Syriens, an welchem Damaskus liegt; 
der heutige Nahr Barada. S. Chrysorrhoas. 

[Benzinger.] 

50 Bardio, Comes bei Constantius um das J. 349, 
Athan. hist. Ar. ad mon. 22 ; ep. ad lov. = Migne 
Gr. 25, 717. 26, 824. [Seeck.] 

BdgSirov oqos, Gebirge der Landschaft Agi- 
symba im Innern Africas, westlich vom Mond- 
gebirge, Ptol. IV 9, 6. [Sethe.] 

Barditus, der rauhe, dumpfbrausende Schlacht- 
gesang der alten Deutschen, ans dessen TOnen sie 
den Erfolg des Kampfes ahnen zu kMnen glaub- 
ten : Tac. Germ. 3 sunt Mis ka£e quoque car- 

60 mina, quorum relatu , quern barditum vacant 
(also die Art des Vortrags) , accendunt animos 
futuraeque pugnae fortunam ipso cantu augu- 
rantur ; terrent enim trepidantve, prout sonuit 
acies. Dasselbe Schlachtgeschrei meint wohl 
Amm. Marcell. XVI 12, 43, wenn er von den 
Alamannen berichtet (zum J. 357) barritum ciere 
ml maximum , qui clamor ipso fercore certa- 
minum a tenui susurro exoriens patilatimque 



11 



Bardocucullus 



Barea 



12 



adolescens ritu extollitur fluetuum cmdibus in- 
lisorum; vgl. XXVI 7, 17 terrifieo fremitu quern 
barbari dicunt barritum und XXXI 7, 11 et 
Rornani quidem voce undique Martia concinen- 
tes a minora solita ad maiorem protolK, quam 
gentilitate appellant barritum, vires validas eri- 
gebant. Die Romer der spateren Zeit hatten also 
auch diesen barbarischen Schlachtruf, nur dass 
er jetzt iibereinstimmend (vgl. noch Amm. Marc. 
XXI 13, 15 barritus sonum. Veget. de re mil. 
Ill 18 clamor quern, barritum vocant) . barritus 
heisst, nicht wie bei Tacitus barditus (.vgl. Momm- 
sen Herm. XXIV 231). Wenn die Uberlieferung 
bei Tacitus richtig ist, was zunachst nicht in 
Zweifel gezogen zu werden branchf, werden wir 
aimehmen diirfen, dass die Spateren veranlasst 
durch den ahnlichen Klang und die iihnliche Be- 
deutung das Wort zu barritus (zu barrus, barrire 
,Elefantengeschrei', vgl. z. B. Veget. de re mil. 
Ill 24 elephanli barritus horrors. Archiv fur 
lat. Lexik. IX 365) umgestaltet haben (vgl. 0. 
Keller Lateinische Volksetymologie 822ff.). Dass 
der barbarische Scblachtruf im romischen Heere 
Aufnahme fand, erklart sich wohl daraus, dass 
dasselbe in spaterer Zeit zum grossen Teil aus 
Germanen bestand. Eine allgemein befriedigende 
Erklarung des Wortes b. ist noch nicht gegeben. 
Nach Miillenhoff bedeutet es ,Bartweise' (das 
Brummen in den Bart), die Nachahmung der 
Donnerstimme des Gottes, Bartgesang des Donar; 
die Mehrzahl der Germanisten ist fur die Grimm- 
sche Deutung ,Schildgesang' (altnord. bardi = 
Schild), vgl. Tac. a. 0. adfcotatur praecipue aspe- 
ritas soni et fractum murmur obieotis ad os 
scutis , quo plenior et gravio-r vox repereussu 
intumescat. Mit den kunstmiissigen Bardenliedern 
der Kelten hat das Wort nichts zu thun; vgl. 
Miillenhoff De antiquissima Germanorum poesi 
chorica, Kiel Progr. 1'847, 19, die Erklarer zur 
Tacitusstelle und verschiedene Geschichten der 
deutschen Litteratur, Wackernagel, Kelle, 
Kogel (I 18) u. a. [Ihm.] 

Bardocucullus , eine besondere Art Kapuze 
{oucullus, s. d.), wahrscheinlich so genannt, weil 
von dem illyrischen Volke der Bardaei zu den 
RCmern gekommen ; daher auch cucMli Bardaici, 
Hist. Aug. Pert. 8, 3, cueulti Libumici Mart. 
XXV 139; doch werden auch in Gallien vermut- 
lich in gleicher Form fabrizierte Kapuzen B. ge- 
nannt, Mart. I 53, 5. XIV 139. Wie sich der 
B. von anderen cuculli unterschied, ist unbekannt. 
Bllimner Gewerbl. Thatigkeit 143, 5. S. auch 
Bardi. [Mau.] 

Bardomagus, vicus wahrscheinlich zu Me- 
diolanium in Oberitalien gehOrig, auf zwei Mai- 
lander Inschriften erwahnt, CIL V 5872 ab [p]os- 
sessoribufs vi]ci Bardoma[g(i)] . 5878 posses- 
sorih(us) vici Bardomag(i). Abzuleiten nach der 
Ansicht der Keltologen (vgl. Holder Altkelt. 
Sprachschatz s. v. d'Arbois de Jubainville 
Cours de littCrature celtique I 62) vom Manns- 
namen Bardos (vgl. Bardi). Magus {= campus) 
erscheint in vielen keltischen Ortsnamen, Gliick 
Kelt. Namen bei Caesar 122ff. [Ihm.] 

Bardores, hunnisches Volk im Heere des 
Dintzic, Sohnes des Attila, lord. Get. 53; vgl. 
jakutisch bard, tat. herd ,rasch, kiihn, tapfer' and 
(ir ,Mann'. [Tomaschek.] 



Barduli. 1) Turduli qui Barduli (Plin. IV 
118), ein Stamm der lusitanischen Turduler; sonst 
nicht erwahnt. [Hiibner.] 

2) Station (ohne Stadtrecht) der apulischen 
Ktlstenstrasse, zwisdien der Miindung des Aufidus- 
und Barium (Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 31 p. 261. 
V 1 p. 328); jetzt Barletta. [Hlilsem] 

Bardyetai (Bagdvijxai) s. Varduli. 

Bardylis (BdgSvXis). 1) Illyrischer KOnig. 
10 Aus Theopomp. frg. 35 == Cic. de off. II 40, ist 
zu entnehmen, dass er der Begriinder der Macht 
seines illyrischen Reiches und wohl auch der Dy- 
nastie ist ; dasselbe ergiebt sich mit Wahrschein- 
lichkeit -auch aus Polyb. XXXIX 2,4, der an 
dieser Stelle wohl hauptsachlich auf Theopomp 
sich bezieht (die Notiz des Hellad. Besant. bei 
Phot. 530 Bk. ist allerdings wohl spatere rhe- 
torische Ausmalung). Die Herrschaft des B. 
muss sich besonders auf das siidostliche Illyrien 
20 am Devolflusse erstreckt haben , wie aus Arrian. 
15,5 hervorgeht. Zippel Rom. Herrsch. in 
Illyrien 27 sieht darin den Rest des alten Enche- 
leerreiches, das im Anfange des 4. Jhdts. einen 
neuen Aufschwung genommen habe. Vielleicht 
erfolgte unter der Fiihrung des B. der Einfall 
der Illyrier nach Makedonien, der den Konig Amyn- 
tas m. (s. d. Nr. 14) zeitweilig aus seinem. Lande- 
verdrangte. Sehr wahrscheinlich aber war es B. r 
der vor allem dem makedonischen Konige Perdik- 
30 kas III. im J. 359 die entscheidende Niederlage 
beibrachte, in der dieser sein Leben verlor (Diod. 
XVI 2 , 4). B. gewann infolge des Sieges , wie 
es scheint, einen Teil von Makedonien, wurde aber 
im folgenden Jahre, 358, von Philipp II. geschla- 
gen und fiel selbst, hochbetagt, im Kampfe. Die 
IllyrieT mussten in dem der Schlacht folgenden 
Friedensschlusse die makedonischen Orte, die sie- 
besetzt hatten, raumen und das gesamte Gebiet 
ostlich vom lychnidischen See (See von Ochrida) 
40 an Philipp abtreten (Diod. XVI 4, 4ff. 8, 1. lust. 
VII 6, 7. Polyaen. IV 2, 17. [Luk.] macrob. 10; 
vielleicht ist auf diesen Sieg Philipps mit Zippel 
a. 0. 26 auch Frontin. strat. II 3, 2 zu beziehen). 
Einen Krieg des B. mit dem Konige Arybbas von 
Epeiros erwahnt Frontin H 5, 19. Vgl. Zippel 
a. 0. 24ff. Schaefer Demosth. IP 20. 

2) B., Vater der Birkenna (s. d.), der Gemah- 

lin des Pyrrhos. Vielleicht war er ein Sohn des 

illyrischen Konigs Kleitos und somit Enkel des 

50 B. Nr. 1, vgl. auch Droysen Gesch. d. Hellen. 

II 2, 282, 3. [Kaerst.] 

Bare (Bdgij), 1) Gegend Ioniens mit der 
Ortschaft rd Mfjla, gehOrte 1228 infolge einer 
Schenkungsurkunde des K. Ioann. Duk. Vatatzis 
zum Besitzstand des Klosters auf dem alten Olym- 
pos (sp. fiowog twv Asfifiwv) ostlich im Rflcken 
von SmjTna, Tomaschek S.-Ber. Akad. Wien 
CXXIV (1891) vni 28. [Bfirchner.] 

2) Ort (Gegend) im Ostjordanland, westlich 
60 von Medaba gelegen (Euseb. Onom. ed. Lagarde 
269, 13. Hieron. ebd. 108, 31); wohl identisch 
mit Baaras (s. d.). [Benzinger.] 

Barea. 1) S. Baria. 

2) Barea Soranus, Stoiker. (Quellen: Tacit, 
ann. XVI 23. 30—33; hist. IV 10. Dio Cass. 
LXII 26. Schol. Iuv. I 33. VI 552. Gelegent- 
liehe Schriftstellererwahnungen werden unten im 
Teste angefiihrt). Der Gentihiame des B. Sora- 



13 



Barech 



Barge 



14 



nus stent nicht fest. Waddington (Fastes des 
provinc. asiat. 89) weist nach dem Namen der 
Tochter Servilia (Tac. ann. XVI 30) den B. So- 
ranus in die Gens Servilia. Hiibner (Ephem. 
epigr. II p. 45) hat im Zusammenhang mit an- 
dern Namen auf -anus wenigstens die Moglichkeit 
erwiesen, dass Soranus das Nomen gentile sei. 
Die Namengebung der damaligen Zeit hatte auch 
beide Gentilicia in einen Namen vereinigen konnen. 
Zum J. 52 nennt ihn Tacitus (ann. XH 53) con- 
sul designatus; da er nicht Consul ordinarius des 
J. 53 gewesen ist, wie aus Klein Fast, consul. 
35 ersichtlich, so muss er einer der suffecti des 
J. 52 sein. Spater wurde er Proconsul der Pro- 
vinz Asia. Die Zeit seiner Verwaltung fallt vor 
das J. 63 (Waddington a. 0.); ob gerade 61 
— 62, wie Waddington will, oder nicht schon 
etwas friiher, blcibt unentschieden, Seine Pro- 
vinzialverwaltung vcrwertet sein Client (Tac. ann. 
XVI 32) und ehemaliger Lehrer in der stoischen 
Philosophie (Iuv. Ill 116. Schol. Iuv. I 33) P. 
Egnatius Celer aus Berytus (Tac. hist. IV 10. 
40. Dio Cass. a. 0.; wohl auch Iuv. Ill 1171), 
um ihm daraus den Vorwurf unerlaubten Strebens 
nach der Gunst der Provinzialen zu machen. Auch 
seine freundschaftlichen Beziehungen zu Rubellius 
Plautus , der auf Neros Veranlassung in Asien 
weilte (Tac. ann. XIV 22), macht sein Anklager 
gegen ihn geltend. B. Soranus wird zum Tode 
verurteilt, im J. 66 nach Tac. ann. XVI 33, 
dessen Darstellung unmittelbar vor dem Tode des 
B. Soranus abbricht ; nach Dio Cass. a. 0. stirbt 
er im J. 65. In seinen Sturz ist seine Tochter 
Servilia verwickelt worden, die, wie es heisst 
(Schol. Iuv. VI 552), auf Anstiften eben jenes 
Egnatius, in weiblicher Besorgnis die Magier iiber 
das Schicksal ihres Vaters befragt haben soil 
(Tac. ann. XII 30—32). Ein erfreulicb.es Gegen- 
stiick gegen den Verrat des Egnatius liefert Ascle- 
piodotus Cassius aus Nicaea (Tac. ann. XVI 33. 
Dio Cass. LXII 26), fur den seine Treue gegen B. 
Soranus im Ungliick Confiscation der Giiter und 
Verbannung zur Folge hat. Den Anklager trifft 
im J. 70 durch Domitian , der seinen Vater Ve- 
spasian in Rom vertritt, die verdiente Strafe (Tac. 
hist. IV 10. 40). Litteratur: Klein Fasti con- 
sulares S. 35 und Anm. 5. Schiller Geschichte 
des rOm. Kaiserreiches unter der Regierung des 
Nero 687. 368. Teuffel-Schwabe-Rom. Litt.- 
Gesch. 5 § 299, 8. [Henze.] 

Barech (Baotjx, Euseb. Onom. ed. Lagarde 
295, 77), Schreibfehler fur Sarech oder Sorech. 
Hieron, a. a. 0. 153, 8 Cafarsorec, s. d. 

[Benzinger.] 

Bareka (Baoexa, Hieron. Onom. ed. Lagarde 
237, 50. Euseb. ebd. 105, 25), Flecken in Iudaea 
in der Nahe von Azotos (Esdud); nicht identi- 
ficiert. [Benzinger.] 

Barene (BaQfjvrj), grosse Stadt in Medien in 
der Nahe von Ekbatana. Kyros soil sie dem 
Kroisos gegeben haben, Ktes. Pers. 4. Steph. Byz. 

[Weissbach.] 

Barenos (Bagqvos, nach Ramsay Asia min. 
159 auch bei Theophan. chr. p. 456 statt Da- 
renos herzustellen) , spaterer Name des Flusses 
Granikos oder wenigstens seines Oberlaufes (To- 
maschek S.-Ber. Akad. Wien CXXIV 1891 
viii 18). Un wahrscheinlich = Aisepos in Mysien 



(Phryg. minor) von dem Namen der daran ge- 
legenen Stadt Bans (vgl. d. Ethnikon Barenos 
von Baris in Pisidien). Nach Anna Comn. XIV 5 
entspringt er auf dem Ibis = Kotylos, fliesst 
zwischen Kvzikos und Parion, Ramsay Asia min. 
159. 207. Notit. p. 318, 124 P. MovdXvxog noxa- 
iuos 6 vvv Baorjvos beruht auf Missverstandnis. 

[Burchner,] 

Baretlon (BagrJTiov) , Stadt am adriatischen 
10 Meere, angefiihrt bei Steph. Byz. aus Theopompos 
52. Buch ; da in demselben der Hilfszug des Archi- 
damos nach Tarent erzahlt war, ist vielleicht Ba- 
Xrjnov = Valetium (s. d.) zu emendieren. Als 
Ethnikon nennt Steph. Byz. BagrjtTvog. 

[Hulsen.] 

Baretta (Baghra, auch Bareta, Bereta Act. 
cone. Hierokl. 660, 5. Notit.), Bischofssitz in Ly- 
dien, in der byzantinischen hcaQ%ia. 'Aaia im kil- 
bianischen Gefande des Quellgebietes des Kay- 
20 stros, Ramsay Asia min. 105 und Tafel hiezu: 
Kdfiiavwv KsXitwv, [Biirchner.] 

Barenkora (Baqsvxoqa, Ptol. VII 2, 24), 
hinterindische Stadt im Inland von Chryse. Nach 
Wilford Pa. long oder Phal.gun nordostlich von 
Mandale, im Hinblick auf den alten Narnen dieses 
Ortes Pharuigara. Der hier gesprochene Dialekt 
steht den Mo'isprachen nahe. [Tomaschek.] 

Bargala (BaeyaXa), Stadt in der byzantini- 
schen Eparchie Makedonia II, Hierocl. 641. Const. 
30 Porph. them. 112; auch Bischofsitz, Wesseling 
ebd. Wahrscheinlich dasselbe wie Bargullum, s. d. 

[Oberhummer.] 

Bargasa (Baoyaaa, att. Tributlisten ITdg-yaaa ; 
iiber fiagy [burgh] Georg Meyer in Bezzenb. 
Beitr. X 198 und dagegen Pauli Vorgr. Inschr. 
I 53; auch Muchau Progr. Brandenb. 1891, 14), 
Stadtchen in Karien, zwischen Keramos und Hali- 
karnassos am Meer, Strab. XIV 656. Steph. Byz. 
(aus Apollon. Aphrod.)undMiinzen (Head HN 521). 
40 Die Statte ist in einem noch wenig durchforsch- 
ten Kiistenteil zu suchen. Kiepert F. 0. A. 5,67. 
Hula und Szanto S.-Ber. Akad.Wien CXXXII 26f . 
Ptolemaios setzt V 2, 19 Bdgya^a (!) weit nord- 
lich, mehr im Innern Kariens, fast am Maiandros, 
an. Friiher hielt man das jetzige Dschowa = 
alt. Idyma im innersten Winkel des keramischen 
Meerbusens fur die Statte von B. (Newton Tra- 
vels a. Disc. II 40 u. a.). Pat on glaubte B. 
bei Mugla (oder Miila) ein paar Stunden nordost- 
501ich vom Meer (Class. Rev. 1888 II Heft 10) ge- 
funden zu haben, wo von Ross Hellen. I 68 
friiher Alinda und Kleinas. 85 Termianoi , von 
Ramsay Asia min. 424 Mobolla angesetzt wurde ; 
vgl. Hicks Journ. Hell. Stud. XI 1890, 111, 3. 

[Biirchner.] 

Bargasos (Bdgyaoog), Sohn des Herakles und 
der Barge, Eponymos der karischen Stadt Bar- 
gasa, vertrieben von seinem Stiefbruder Lamos, 
dem Sohn des Herakles und der Omphale : Apol- 
60lonios v. Aphrodisias Kagixa IV (worin die Oin- 
phalesage vollstandig behandelt war; Geffcken 
De Steph. Byz., Gott. 1886, 40f.) frg. 2 aus Steph. 
Byz. s. Bdgyaoa, FHG IV 311; Vater der Ky- 
arda; derselbe frg. 4 Geffck. bei Steph. Byz. s. 
Kvagda. [Tumpel.] 

Barge (Bdgyrj), Gattin oder Geliebte des He- 
rakles, Mutter des Bargasos (s. d.); Apollonios 
v. Aphrodisias Kamxd TV frg. 2 aus Steph. Byz. 



lb 



.oargeni 



Banani 



16 



s. Bdgyaoa. Grossmutter der Kyarda, ders. frg. 4 
Geffck. aus Steph. Byz. s. KvagSa. [Tiimpel.] 

Bargeni s. Bangeni. 

BargiaMs (Bagyiaxig), Stadt der Vaccaeer in 
Hispania Tarraconensis (Ptol. II 6, 49); vgl. Bri- 
gaecium. [Hiibner.] 

Bargiora (Mo LXVI 7, 1. Tac. hist. V 12, 
der falschlich dem Ioannes diosen Beinamen giebt), 
hervorragender Fuhrer im jiidischen Aufstande 69 
und 70 n. Chr. , heisst richtig Simon Bar-Giora 
(vtog ruoQa, Josephus). d. h. Sohn des Proselyten, 
vgl. Schiirer Gesch. des jiidischen Volkes I 521 ft'. 
S. ihn unter Simon. [P. v. Rohden.] 

Bargos, Sohn des Apollonios ngsa^vrsgog. 
OeoxoIos in Olympia 20 v. Chr., Arch. Ztg. 1879, 
57 nr. 240. [Kirchner.] 

Bargose s. Barygaza. 

Bargullum, Ort ini siidlichen Ulyrien, Liv. 
XXIX 12, 3. Wahrscheinlich dasselbe, wie Bar- 
gala, s. d. [Oberhummer.] 

Bargtts. 1) Nebenfluss des Hebros in Thra- 
kien, Plin. n. h. IV 50. Nach Kiepert Pormae 
XVII (dazu Text A. 15) die Topolnitza oder Lu- 
dajana. [Oberhummer.l 

2) S. Vargus. 

Bargusii (Bagyovcioi) , Vo'lkerschaft im fist- 
lichen Teile von Hispania Tarraconensis zwischen 
den Pyrenaeen und dem Iberus, vielleicht ein 
Zweig der Ilergeten (Polyb. Ill 35, 2. 4. Liv. XXI 
19, 7. 23, 2. Steph. Byz.), spater nicht mehr ge- 
nannt. Den Ilergeten gehorte eine Stadt Bagyov- 
ala (Ptol. II 6, 67), die den Namen des Volkes 
bewahrt zu haben scheint; ihre Lage ist unbekannt. 

[Hiibner.] 

Bargyletici campi, Plin. n. h. V 113, am 
Oberlauf des Maiandros in Phrygien, falsehe Les- 
art statt Hyrgaletiei campi, s. d. [Burchner.] 

Bargylia (meist ra BaQyvAia, BagyvXia Ptol. 
V 2, 19 ; BagflvXia Cod. Anon. stad. m. m. § 286, 
auch BagfivXia und Bagftvlta; BargyJos Mela I 
17 ; Bargyla Plin. n. h. V 107 ; BagfiiXiov Notit., 
die Form BagfivXia gestutzt durch den jetzigen 
Namen des nahen Warwulie'h; iiber Bagy- vgl. 
Bargasa), Stadt Kariens auf einer Halbinsel 
(jetzt Assarlik) des vom Promunturium Posidium 
und der Stadt Myndos begrenztijn Sinus Bargy- 
lieticus {sinus Iasius bei Mela I 16 und Plin. n. 
h. V 107), des Golfs von Mendelia, Mediterr. Pilot 
(London 1882) IV 160f. Tiber Kiistenverande- 
rung s. Newton Travels und Discov. II 57. Ent- 
femungsangaben beim Anon. stad. mar. 286. 288 
und dazu M filler. Die Stadt hiess bei den 
Karern (in spaterer Zeit ?) "Avoavog , Steph. Byz. 
(Plan: Brit. Adm.-Karte nr. 1531, daraus Le Bas 
Voy. Arch. Itin. pi. 67). Chandler Trav. in 
Asia min. 230f. Leake Asia min. 229. Newton 
a. a. O. n 55ff. Kiepert K. d. w. Kl.-As. XL 
Ramsay Asia min. 423f. halt Markianupolis des 
Hierokles (689, 6) fur B. Ofters wird die Stadt 
genannt bei Polybios und Livius (s. die Indices 
zu diesen). B. wurde von Philipp III. von Ma- 
kedonien auf seinem karischen Feldzug genommen, 
und ei iiberwinterte hier unter Verpflegungs- 
schwierigkeiten, Polyb. XVI 24. Die Romer ver- 
anlassten ihn 197 v. Chr. zur Raumung der Stadt, 
Polyb. XVII 2. 3. Liv. XXXII 33. P. Lentulus 
erklarte die Stadt fur frei, Polyb. XVIII 31. 33. 
Liv. XXXIII 30. 35. 39. Ampel. 8, 16. Plut. 



Flam. 12. Angelegenheiten der Bargylieten Cie. 
ad fam. XTII 5ri, 2. Triimmer von Tempeln, eines 
Odeions, einer Stoa, Newton a. a. O. Die Um- 
gegend besucht 1894 von Hula und Szanto S.- 
Ber. Akad. Wien CXXXII 27. Dionvsien: New- 
ton Cnidus II 802. S. Reinach Chron. d. Or. 22. 
Mflnzen: Head HN 521. Bull hell. 1889, 23, 1. 
37—40. Imhoof-Blumer Gr. M. 1890, 670. 
Geburtsort des Epikureers Protarchos, Strab. XIV 

10 658. In der Niihe lag der Ort KiDdye mit dem 
Heiligtum der Artemis Kindyas (rijg 'Agns/budos 
zfjg Kivdvddog), deren Statue, obgleich sie unter 
freiem Himmel stand, nach Angabe der Bargy- 
lieten nie von Schnee und Regen benetzt wurde 
(Polyb. XVI12. Strab. XIV 658). S. Kindye und 
Bargyletici campi. [BiiTchner.] 

BagyvAiijTixog xoAjiog (Polyb. XVI 12, 1 ; 
BagyvXiaxog Steph. Byz.), jetzt Golf von Mendelia. 
Nach der Stadt Bargylia in Karien, Polyb. XVI 12, 

20 sonst aber auch iasischer Meerbusen von der Stadt 
Iasos genannt. Der innerste Teil des Meerbusens 
ist die Mixgi] MXaooa, CIG 2672. Hicks Journ. 
Hell. Stud. VIII 91. Kiepert F. O. A. Asia 5. 
64. [Burchner.] 

Bargylos (BdgyvXog), Eponymos der karischen 
Stadt Bargylia, Freund des Bellerophon, von dessen 
Ross Pegasos er tOdlich getroffen wird. Ihm zu 
Ehren griindet Bellerophon die Stadt, die er nach 
ihm benennt; Apollon. v. Aphrodisias Kagixd frg. 

30 6 Geffck. bei Steph. Byz. s. BagyvXm. Die Stadt- 
miinzen von Bargylia tragen den Pegasos, Eckhel 
II 578f. [Tiimpel.] 

Bargylus mons (Plin. n. h. V 78), Gebirge 
in Phoinikien, das heutige Nosairiergebirge , die 
nOrdliche Fortsetzung des Libanon zwischen dem 
Nahr el- Kebir (dem alten Eleutheros) im Sfi- 
den and dem gleichnamigen Nahr el- Kebir, der 
bei Ladijjije mundet, im Norden. Ein anderer 
Name des Nosairiergebirges oder eines Teils des- 

40selben scheint Belos gewesen zu sein (s. Belos 
Nr. 2), doch ist ganz unbekannt, wie sich die 
beiden Bezeichnungen zu einander verhalten. 

[Benzinger.l 
Bargysoi (Peripl. mar. Erythr. 62) , barba- 
rische Velkerschaft Indiens, wie die Kirradai (skr. 
Kirata) , Hippoprosopoi (Acvavadana) , Makropro- 
sopoi (Dirghavadana) , samtlich Menschenfresser. 
Es wird wohl Bdgovooi zu lesen sein, s. u. Ba- 
Tusai. Eine Volkerschaft des Ostens hiess Ghosa 

50 d. i. ,Geschrei' (Kurzform fiir Acvaghosa?). 

[Tomaschek,] 
Baria (Barea Cic. ad Att. XVI 4, 2. Plin. 
IH 19; Badia, Val. Max. Ill 6, 2 [7, 1 a]; Ba- 
■&ela Plut. apophthegm, reg. et. imp. Scip. mai. 
3; Bdgna Ptol. II 4, 8; Baria Geogr. Rav. 305, 2. 
343, 9; Barienses CIL II 5947), Stadt der Bastuli 
in Hispania Tarraconensis, aber noch zu Baetica ge- 
rechnet [adscriptum Baetieae Plin. a. a. O., auch 
von Ptol. unter den Stadten Baeticas aufgefuhrt), 

60 am Meer gelegen, jetzt Vera. Vgl. CIL II p. 556. 

[Hiibner.] 
Bariana (Baglava), Ort im Innern Mesopo- 
tamiens, Ptol. V 18, 13. [Fraenkel.] 

Bariani (Tab. Peut. , Barriana Geogr. Rav. 
II 9 p. 63, 3), Volk zwischen dem Oxus und 
fl. Sygris {Cukhra, Surch-ab?) nahe einem Ge- 
birge, wo wir eher Hyrcani erwarten; es muss wohl 
Barcani heissen, s. Barkanioi. [Tomaschek.] 



17 



Bariduum 



Baris 



18 



Bariduum, Station in Dalmatia auf derStrasse 
von Salona nach Servitium, XIV m. p. hinter In 
alperio (bei Han Prolog), Tab. Peut.: bei einem 
Hausercomplex steht Bariduo und daruber Ion- 
naria XIV. Von Han Prolog wendet sich die 
rOmische Strasse ostwarts entlang dem Siidrand 
des versumpften Livan'sko polje nach Livno, wo 
jedenfalls eine romische Ansiedlung bestand, wie 
Inschriften der Umgegend, z. B. in Rapovina CIL 
III 9845f., ferner Miinzfunde, sowie die rCmischen 10 
Rundtiirme oben an der Felswand fiber Livno be- 
weisen; im Mittelalter war Livno oder Chl^vlno 
d. i. ,geschiitzte Wohnstatte', fj XAsfiiava oder 
XXsfilva to xdotQov Const. Porph. de adm. imp. 
30. 31, Vorort einer Zupa. Es fragt sich nun, 
in welchem Verhaltnis die beiden Namen Bariduo 
und Ionnaria zu einander stehen? Hoernes S.- 
Ber. Akad. Wien XCIX 1881, 927f. zieht XIV 
zu B. (Livno) und sieht in Ionnaria die erste 
Station auf einem in der Tabula ausgefallenen 20 
Seitenwege. Es ware auch moglich, dass beide 
Namen zu demselben Hausercomplex gehOren und 
dass Ionnaria die am Felsrand hervorbrechende 
Schlundquelle bezeichnet, welche frisches Trink- 
wasser spendet und jetzt slavisch. Bystrica genannt 
wird; Bariduo als Eigennamen zu Alperio zu Ziehen, 
geht wohl nicht an. [Tomaschek.] 

Bariobalus, Venerius, Cic. Verr. Ill 89 und 
gleich darauf als servus Venerius bezeichnet, d. h. 
(urspriinglich) Tempelsclave der Venus Erycina, 30 
dann Getreidewucherer. [Klebs.] 

Baris. 1) Fluss (skr. vari ,Wasser') an der 
Westkiiste Vorderindiens, welcher im Bettigo ent- 
springt und im Grenzgebiet von Linryrike und der 
malabarischen A'ioi in den Ocean mundet, Ptol. 
VII 1, 8. 34. 86; wahrscheinlich der Fluss von 
Nelkynda, an dessen Milnde Bakare lag, Peripl. 
mar. Erythr. 55, und der nahe dem Vorgebirge 
d'Ely in Creeks ausmiindet, welche jetzt unfahr- 
bar sind. Lassen Ind. Alt. Ill 160. 192 denkt 40 
an den Fluss von Candragir 12° 30' nCrdlich, 
Rio de Cangerecora der portugiesischen Berichte, 
H. Yule Journ. of geogr. soc, London 1882 IV 
652 an den schiffbaren Kallada siidlich von Kran- 
ganSr; beides minder passend. [Tomaschek.] 

2) Name der Burg beim Tempel in Jerusalem, 
von Herodes umgebaut und Antonia genannt; s. 
Jerusalem. [Benzinger.] 

3) Bagig, Berg in Armenien nach Nic. Damasc. 
bei Jos. arch. I 95, auf den sich bei der grossen 50 
Flut viele gerettet und wo auch der in der Arche 
gelandet sei. tlber die Landschaft Minyas, in 
welcher der Berg liege, vgl. Miiller zu FHG III 
415, 76. Uber die Namensahnlichkeit von Minyas 
mit dem Gau der Manauazier und von B. mit 
Varaz, dem grossen Berge bei Faust. Byz. V 43, 
auf dessen Hohe sich aber doch noch ein Schloss 
befindet, vgl. St. Martin M&n. s. FArm. I 265. 
Vgl. auch Nr. 8. [Baumgartner.] 

4) Stadt in Pisidien, Plin. n. h. V 147. Ptol. 60 
V 5, 5._ Hierocl. 673, 7. Not. eccL I 419 u. a. St. 
Heraclius Barensis Pisidiae auf dem Concil zu Ni- 
caea 325 n. Chr. Steph. Byz. nennt eine Stadt B. 
ohne Angabe des Landes und giebt das hdvmov Ba- 
Qi-irjg davon an, wahrend auf Mflnzen u. s. w. Bagrj- 
rcov steht, Head HN 590 und Lobbecke Ztschr. 

f. Numismatik 1890, 13. Jetzt Isbarta, obgleich sich 
dort keine Reste einer alten Siedclung finden. Die 



wenigen Inschriften sind spftt. Fellows Ausflug 
nach Kleinasien (fibers.) 84. Hirschf eld M.-Ber. 
Akad. Berl. 1879, 312. Sterret Papers of the 
American school Athens H nr. 87f. Bull. hell. 
1879, 342ff. nr. 20f. Vgl. noch Hamilton Reisen 
in Kleinasien (fibers.) I 441. Ritter Erdkunde 
XIX 539f. Ramsay Asia minor 406. Kiepert 
Form, orbis ant. IX. [Ruge.] 

5) Bdgig , Bdgt] , Zaodfiagi-g , Barea, Varea 
(Notit. Act. Cone. , Ep. ad Leon. a. 458. Ann. 
Comn. XIV 5, verschied. Byz.), ein Stiidtchen, nach 
Hierokles vor Parion und Lampsakos , zwischen 
Kyzikos und Parion; nach Tomaschek S.-Ber. 
Akad. Wien CXXIV 1891 vm 18 im Bereich der 
antiken apollinischen Stadt Gergithes, nach Ram- 
say an der Stelle oder wahrscheinlich in der Nahe 
des alten Priapos (mit seinem in christlicher Zeit 
verpCnten Namen) nahe der Mimdung des Ba- 
renos (— Granikos), Bischofssitz in Mysien (Phryg. 
min. , knagyja Hellespontos) , in der Landschaft 
Sigrene. Westlich von B. der Ort der schweren 
Niederlage der thrakesischen Truppen durch die 
Araber 774, Ramsay Asia min. 154 und ft- 159. 
207. [Burchner.] 

6) Bdgig oder Bdgr/, Ort in Unteragypten am 
phatmetischen Nilarm nicht weit von Damiette, 
als Bischofssitz von Augustamnica I. genannt 
L e q u i e n Oriens christianus II 514ff. C h am p o 1 - 
lion L'Egypte sous les Pharaons II 202. Die Identi- 
fication mit dem hieroglyphischen W'rt (Brugsch 
Geographie I 279) ist unbegrundet. [Sethe.] 

7) Urspriinglicher (messapischer? vgl. Etym. 
M. 389 : ftavgia, fj olxla xara Meaooaiiovg) Name 
der Stadt Veretum im sfidlichsten Calabrien (Iapy- 
gien), Strab. VI 281. Steph. Byz., der als Ethni- 
kon BaQizrjg anftihrt. S. Veretum. [Hiilsen.] 

8) Bdgig (Hs. Gen. Bdgidog), angebliche Gfit- 
tin, erschlossen aus dem xfjg Bdgi&og ved>g Ar- 
meniens am Berge auf dem Wege nach Ekbatana 
bei Strab. XIV 531. Doch ist auch denkbar, 
dass hinter dieser Bezeichnung nichts anderes 
steckt als der heilige Aufbewahrungsort jener 
Uberreste der Flutarche, welche an dem arme- 
nischen fiapi?-Berge (s. Nr. 3) lange bewahrt 
wurden, weil am Gipfel jene einst gelandet war 
und die Insassen sich retteten, Berosos frg. 7, 7 
aus Synkellos, FHG II 502. Nikolaos Damask, 
frg. 76 , aus Joseph, arch. I 95 , FHG II 415. 
Mit tiXoTov und Xdgval- ist daselbst das Wort 
fidgig fur Schiff, Floss, Barke umschrieben , s. 
Nr. 9. [TumpeL] 

9) Bdgig, richtiger fiagig (im Altagyptischen 
byra und bary, demot. byry , kopt. bari), Name 
eines agyptischen, aus Brettern (klinkerweise, d. h. 
mit dachziegelartig fiber einander greifenden Plan- 
ken) und Balken kunstlos zusammengeffigten und 
inwendig mit Papyrus gedichteten schwerfalligen 
Nilfahrzeugs. Bau und Fahrt der B. beschreibt 
Herod. II 96, vgl. 41. 60. Obwohl mit Mast, 
Segel und Steuer versehen, wurde die B., ausser 
bei starkem Winde, stromauf vom Lande aus ge- 
zogen. Die B. diente nicht allein zum Transport 
von Waren, sondern auch zu Kultuszwecken, in- 
dem auf ihr die Leichname Verstorbener mitsamt 
dem Trauergefolge nach den Begrabnisstatten 
iibergefuhrt wurden, Diod. I 96. Suid. ; vgl. J a 1 
Archeol. nav. I 85ff. Ironisch und verachtlich 
werden bei Prop. Ill 11, 44 die Kriegsschiffe des 



19 



Barispe 



Barke 



20 



Antonius und der Kleopatra mit diesem Namen 
bezeichnet. [Luebeck.] 

Barispe [BaQiajitj), wird Ton HieroM. 662, 3 
unter den Stadten der sTrag^la 'EXXijotcovtov auf- 
gezahlt. Schon Wesseling hat als ricMige 
Form 'AQiaprj hergestellt. Ramsay sieht Asia 
min. 207* an der Hieroklesstelle eine Dittographie 
Bdgig Ilaoiov. [Burchner.] 

Barium (Bdgtov Ptol. Ill 1, 15; Baris im 
Ablativ nur die stadtromische Soldatenliste, CIL 10 
VI 2381b i 10, wozu als Nominativ vermutlich 
Bariae zu stellen ist; verdorben Varia It. Ant. 
117. 119, Beroes It. Hieros. 609; ein anderer Ort 
wohl das BaQrjTiov bei Steph. Byz., s. o. S. 14), 
Stadt der Peuketier in Apulien, jetzt Bari. Als 
bedeutender Hafen erscheint es schon im 2. Jhdt. 
v. Chr. (Liv. XL 18) und in der Beschreibung 
bei Strabon V 283. Kupfermiinzen mit Baqivcov 
bei Mommsen ROm. Miinzwesen 357. Garrucci 
Monete" dell' Italia antica 116. Berliner Miinz- 20 
katalog 184. Es gehOrte zur Tribus Claudia 
(Kubitschek Imperium romanum trib. discriptum 
38) und war Municipium (Tac. ann. XVI 9). Von 
B. gingen drei Strasseti aus : nach Benevent (via ■ 
Traiana), nach Tarent und die apulische Kiisten- 
strasse Sipontum-Brundisium (Tab. Peut. Geogr. 
Rav. IV 31 p. 261. V 1 p. 328 P.). Sonst wird 
die Stadt genannt bei Horat. sat. I 5, 97 (B. 
piscosum). Plin. n. h. Ill 102 (auch XIV 69 nach 
Detlefsens Verbesserung, s. Babia). Mela II 30 
66. Lateinisehe Insehriften aus B. CIL IX 282 
—306. Eph. epigr. VIII 71. [Hiilsen.] 

Barkabbas (Bagxajifiag). B. und Barkoph sind 
nach Agrippa Castor (bei Euseb. hist. eccl. IV 
7, 7, Tgl. Philastr. 33 - Migne XII 1049) an- 
gebliche Prophetennamen , welche der Gnostiker 
Basilides sich gebildet hatte. In der That horen 
wir, dass Prophezeiungen unter diesen Namen bei 
verschiedenen gnostischen Secten (Clem. Alex. str. 
VI 7 p. 767 Potter. Epiphan. adv. haeres. 26, 2 = 40 
I 334 Migne) und wahrscheinlich auch bei den 
Manichaeern cursierten. UrsprSnglich gehOrten 
wohl diese Werke zur ps.-zoroastrischen Littera- 
tur; vgl. Smith Diction, of christ. biography I 
249. Hilgenfeld Ketzergesch.des.Urchrist. 1884, 
201. [Cumont.] 

Barkanioi, auch Borkanioi, Parallelform zu 
Hyrkanioi oder Hyrkanoi, altpersisch Varkdna, 
neupersisch Gurgdn. Nach Ktesias soil Ninos die 
B. unterworfen haben, Diod. II 2 ; Kyros gab dem 50 
besiegten Astyigas das Land der B. als Statt- 
halterschaft, Phot. bibl. 72, 5. Tzetz. chil. I 1, 
87f. ; vgl. lust. I 6, 16 Cyrus Astyagen maximae 
genti Hyrcanorum praeposuit. Irrtiimlich unter- 
scheidet Curt. Ill 2, 5. 6 im Heere des Dareios III. 
Barcani und Hyrcani equites; vgl. Steph. Byz.; 
Bariani Tab. Peut. [Tomasehek.] 

Barkas (= der Blitz, punischer Name oder 
Beiname). 1) Beiname des Hamilkar, Polyb. I 
56 u. a., s. Hamilkar. 60 

2) Karthager bei Plut. Pab. Max. 17, wo je- 
doch ohne Zweifel nach Liv. XXII 51,2 statt 
B&Qxav zu schreiben ist Magyar oder Madgfiav. 
Vgl. unter Maharbal. 

3) Gastfreund des jungeren Cato, wie es scheint 
ein Kyprier, Plut. Cat. min. 37. [Niese.] 

Barke (Bdgxr/). 1) Binnenstadt der Kvre- 
naika, Herod, in 91. IV 160—204 (pass.). Diod. 



I 68, 2. Ptol. IV 4, 11. Sil. Ital. II 62. Ill 251. 
Steph. Byz. Schol. Soph. El. 727. Hesych. Suid. 
Claudian. carm. XV 159 (ed. Jeep). Serv. A en. 
IV 42; 100 Stadien von ihrem Hafen entfernt (Ps.- 
Skylax, Geogr. gr. min. I 83); gegriindet um die 
Mitte des 6. Jhdts. v. Chr. von kyrenaischen Aus- 
wanderern unter Piihrung der Briider des Ktmigs 
Arkesilaos II. (Herod. IV 160. Steph. Byz.), wie 
es scheint , mit einer vornehmlieh libyschen Be- 
volkerung (vgl. den Namen des KOnigs 'Aka£if> 
Herod. IV 164 und die ebd. 186 erwahnte Sitte 
der Prauen, sich des Schweinefleisches zu ent- 
h&lten), wohl dem Stamme der BagxeXxai des Ptol. 
IV 4, 9. Demgemiiss bestand zwischen B. und 
der griechischen Hauptstadt Kyrene ein • bestan- 
diger Gegensatz; ja die Stadt scheint zu Zeiten 
das Haupt eines selbstandigen Staates gebildet . 
zu haben, der die westlichen Stadte der Penta- 
polis umfasste (Taucheira, Herod. IV 171. Hespe- 
rides, Diod. XVIII 20, 3). Nach der Eroberung 
Agyptens durch Kambyses unterwarf sich B. mit 
Kyrene freiwillig den Persern (Herod. HI 13) ; 
512 wurde es wegen der Ermordung des KOnigs 
Alazir und seines Schwiegersohnes Arkesilaos III. 
von Kyrene durch den persischen Peldherrn Amasis 
erobert und der Rache der Kcnigin Pheretime 
preisgegeben, Herod. IV 167. 200—204. Ain. Takt. 
XXXVII 6. Herakleid. Pont. IV 2 (PHG II 212). 
Im J. 484 abermals von den Persern erobert, wurde 
B. bald darauf Republik (Polyaen.VII 28. Munzen). 
Dm 390 soil der agyptische Konig Akoris ein Biind- 
nis mit den Barkaeern geschlossen haben (Theop. 
bei Phot. bibl. p. 120aBekker); 323 unterstiitz- 
ten sie den Lakedaimonier Thibron in seiner Unter- 
nehmung gegen Kyrene (Diod. XVIII 20, 3. Arrian. 
bei Phot. bibl. p. 70 Bekker). Unter den Ptole- 
maeern verlor die Stadt durch Griindung von Ptolc- 
mais (s. d.) am Hafen von B. an Bedeutung, in- 
folge dessen beide Stadte after irrig identiflciert 
werden (Strab. XVH 837. Plin. n. h. V 32. Serv. 
Aen. IV 42. Steph. Byz. Suid. s. Bagxaiotg. Schol. 
Soph. EL 727). Unter rOmischer Herrschaft scheint 
B. zu einem vims herabgesunken zu sein (Mar- 
quardt Staatsverw. I 459), doch wird es bei 
Lequien Oriens christianus II 618ff. wieder als 
Bischofssitz aufgefiihrt und ist nach dem Zeugnis 
der arabischen Schriftsteller im Mittelalter zu 
einem bedeutenden Handelsplatz aufgebluht. Wie 
Kyrene war B. im Altertum wegen seiner Pferde- 
zucht beriihmt, Soph. El. 727 (u. Schol.). Steph. Byz. 
Hesych. Suid. s. Bagxaiotg. Munzen Head HN 733. 
Ruinen zu Medinet el Merdj. Vgl. Thrige Res 
Cyrenens. §§ 35. 36. 44. Barth Wanderungen 
durch die Kiistcnlander des Mittelmeers I 399. 
406. Borsari Geografia etnologica e storica della 
Tripolitania Cirenaica e Fezzan. [Sethe.] 

2) Dorf in der baktrischen Satrapie , wonin 
Dareios Ansiedler aus der libysch-hellenischen B. 
gezogen hatte, Herod. IV 204. 

3) Barce lust. XII 10, 6, eine von Alexandres 
an der ostlichen Indosmunde angelegte Stadt ; die 
flbrigen Berichte reden nur von hier errichteten 
Altaren; wurde etwa die Einfahrt in die K6ri- 
miinde mit dvarakd bezeiehnet? s. Barake. 

[Tomasehek.] 

4) Barce, Amine des Svchaeus und Vertraute 
der Dido bei Verg. Aen. IV 632. Die Gestalt 
scheint von dem Dichter wohl mehr im Anschluss 



21 



Barkocheba 



Barlaam 



22 



an das punische Wort als an die Stadt in Africa 
erfunden zu sein. [O. Rossbach.] 

Barkocheba oder Barkosiba, Fiihrer des jiidi- 
schen Aufstandes unter Hadrian 132 — 135 n. Chr. 
Von den jiidischen Schriftstellern wird er Barko- 
siba oder Benkosiba genannt, d. h. entweder Sohn 
des Kosiba, oder aus Kosiba, aber nicht Sohn des 
Liigners, vgl. Schiirer Gesch. des jiidischen Vol- 
kes 1 570, 84. Von den christlichen Schriftstellern 
(bei heidnischen kommt sein Name nicht vor) wird 
er Chochebas (Eusebius, Hieronymus, Orosius) oder 
Barchochebas (Iustinus und Eusebius; Barchocha- 
bas, Hieronymus) genannt, d. h. Stern oder Sternen- 
sohn (vgl. Schiirer a. a. O. I 570, 82). Beides 
sind nur Beinamen. Der eigentliche Name war 
wahrscheinlich Simon, da Munzen mit diesem 
Namen zur Zeit des hadrianischen Aufstandes in 
Jerusalem gepragt sind, Madden Coins of the 
Jews 1881, 233ff, Schiirer Gesch. des jiidischen 
Volkes I 639 — 645, wo auch die Litteratur voll- 
standig angefuhrt ist. S. ihn unter Simon. 

[P. v. Rohden.] 

Barkoph. Bagxdxp, Biagxibg (Ilagxaxfi ? Clem. 
Alex. VI 7 p. 767 Potter); vgl. Barkabbas. 

[Cumont.] 

Barlaam, 1) Barlaam und Joasaph, ein grie- 
chiseher Roman, der in den altesten Hss. die Auf- 
schrift tragt: 'Ioxogla yvxaxpeAtjg ix xijg sv&oxsgag 
x&v Al&ionoiv Jfeigaj xfjg 'Ivti&v ksyofs,ivrjg TtQog xrjv 
aytav Jtofov fiSTSVSX'O'EToa (suppl. xal avyyQa<puoa) 
Sia 'Icodvvov /uova^ov avSgog xi\.dov xal svaQsrov 
fioviji xov ayiov 2dpa (iv fj 6 jiiog BagXaa^i xal 
'Icodaacp xiov aoidifiwv xal /MixagicDv). Spiitere 
Manuscripte machen durch ein naheliegendes Ver- 
sehen aus dem Sabas- ein Sinaikloster , oder sie 
identificieren den leider sonst unbekannten MOnch 
Johannes aus der Laura des h. Sabas nahe bei 
Jerusalem mit dem beriihmten Johannes Damas- 
cenus (f um 754), dem abschliessenden Dogma- 
tiker der griechischen Kirche ; zwei Hss. erklarcn 
sogar ihren griechischen Text fur cine blosse Uber- 
setzung, die der Iberer Euthymios — ein gelehr- 
ter Mench im iberischen Kloster auf dem Athos, 
f 1026 — sei es aus dem Aethiopischen, sei es 
aus dem Iberischen (Georgischen) ins Griechische 
vorgenommen habe. Die Wertlosigkeit diqser Hy- 
pothesen hat H. Zotenberg in seiner grund- 
legenden Abhandlung Memoire sur le teste et sur 
les versions orientales du livre de Barlaam et Joa- 
saph in Notices et Extraits des Mss. etc. t. XXVIII 
1 p. 1 — 166, Paris 1887 (auch separat erschienen: 
Notice sur le livre de Barlaam et J., Paris 1886) 
erwiesen, insbesondere festgestellt, dass das Buch 
ein original-griechisches ist. Da aussere Zeug- 
nisse riber die Abfassungszeit fehlen , bestimmt 
Zotenberg als solche nach inneren Griinden die 
Jahre zwischen 620 und 634; spater kann sie 
wohl trotz Max Miiller Selected essays I, Lon- 
don 1881 nicht angesetzt werden, da selbst die 
leiseste Spur einer Kenntnis der neuen Religion, 
des Islam, in dem Buche fehlt, andrerseits scheint 
die monotheletische Haresie schon bekampft zu 
werden; wer die betreffenden Ausdriicke (iv bio 
(pvaeai voegalg, ds/.r/nxatg xe xal evsgytjiixaig xal 
avTsgovoiotg xal xaxd ^xdvxa teXeicog i%0VGaig) schon 
geniigend aus dem Gegensatz gegen den seit 451 
in vielen Gegenden iiberwiegenden Monophysitis- 
mus erklart findet, kann unbedenklkh mit A. Ro- 



binson den Verfasser im 6. Jhdt. oder vielleicht 
noch friiher ansetzen. Das Buch gehort za den in- 
teressantesten Erscheinungen innerhalb der christ- 
lich-griechischen Litteratur; es ist die in jeder 
Hinsicht, formell wie inhaltlich, vornehmste von 
den seit dem 6. Jhdt. so massenhaft auftauchenden 
Unterhaltungsschriften monchischen Ursprungs. 
Nicht zufallig hat es daher auch eine ungeheure 
Verbreitung gefunden, allerdings erst in der zwei- 

10 ten Halfte des Mittelalters; uber __ siebzig grie- 
chische Hss.desselben sind bekannt, Ubersetzungen 
und prosaische oder poetische Bearbeitungen fast 
in alien Sprachen der christlichen Welt, selbst 
muhammedanische Araber und Juden haben es sich 
angeeignet. Doch was mehr ist, in dem Buche- 
haben sich verschiedene Welten innig verschmol- 
zen: der Verfasser ist zugleich bibel- und bekennt- 
nisfester Christ, philosophisch und rhetorisch vor- 
ziiglich gebildeter Grieche ..und ein begeisterter 

20Liebhaber buddhistischer Uberlieferungen. Die 
eine Hauptperson des Romans, der MCnch B., ver- 
wendet als Bekehrungsmittel mit Vorliebe Para- 
beln, neben und zwischen neutestamentlichen stehen 
hier in grOsserer Zahl buddhistische, und die Grund- 
idee des Romans, dass der KSnigssohn Joasaph. 
nachdem er durch Zufall Not und Tod kennen 
gelernt, unfahig das bisherige Preudenleben fort- 
zufiihren, sich von dem christlichen Asketen B. 
die Ratsel des Lebens deuten lasst und alsbald 

30 unter Verzicht auf Reich und Giiter in die Ein- 
samkeit fliichtet, aber dann alle Anschlage der 
Gotzendiener vereitelnd auch seinen Vater und 
dessen ganzes Volk fur den Glauben gewinnt and 
so zum Heiligen wird, der auch nach dem Tode 
zu wirken fortfahrt, das ist, nur christianisiert, 
die Lebensgeschichte des Qakyamuni Buddha, wie 
sie in den uralten Legendenbuchern der Buddhis- 
ten, Offers wOrtlich an unsern Roman anklingend im 
Lalita-Vistara, erzahlt wird. Vgl. F. Liebrecht 

40 Die Quellen des B. nnd Josaphat im Jahrbuch 
f. roman. u. engl. Litt. II (1860) 314—334, Th. 
Benfey Pantschatantra, Lpzg. 1859. E. Braun- 
holtz Die erste nicht christl. Parabel des B. u. J., 
ihre Herkunft u. Verbreitung, Halle 1884. Wie 
der Monch Johannes in den Besitz jener buddhisti- 
schen Stoffe gelangt ist, ist schwer zu entschei- 
den, am wahrscheinlichsten durch indische Pilger, 
die er an den heiligen Statten traf ; doch konnte 
er auch, ein weitgereister Weltmann wie Kosmas, 

50 in Indien selber dies Wissen geholt haben. 

Dass er von christlichen Quellen ausser der 
Bibel auch Kirchenvater Offers benlitzt, obwohl 
er sie — es wurde das zu der Einkleidung seiner 
Geschichte nicht passen — nicht nennt, z. B. den 
Gregor von Nazianz, den Ncmesius, wusste man 
langst; kiirzlich hat A. Robinson entdeckt, dass 
die verloren geglaubte Apologie des Aristeides (s. 
o. Bd. H S. 896) fast vollstandig von ihm aufge- 
nommen, und zwar einem Nachor, der als Ps.-B. die 

60 Niederlage des Christentums bei einer offentlichen 
Disputation herbeifiihren soil, durch Gottes Fiigung 
nun aber gerade jeden Widerspruch gegen seine 
Apologie des wahren Glaubens ertStet, in den 
Mund gelegt worden ist (s. Texts and Studies I 1, 
Cambridge 1891); weiteres Forschen wird gewiss 
noch mehr solche wertvolle Uberreste alterer Lit- 
teratur, auch ausserchristlicher, in dem Buche fin- 
den. Bei Theologen und Philologen hat es nur 



23 



Barlaam 



Barna 



24 



25 



Barnabas 



Barsaentes 



26 



noch nicht die verdiente Aufmerksamkeit erregt, 
und zunachst bediirfte es einer zuverlassigen Text- 
ausgabe. Die Editio princeps von J. Fr. Bois- 
sonade Anecdota graeca IV 1—365 (Paris 1832) 
ist fliichtig angefertigt, einen blossen Abdruck 
davon bietet Migne Patrol, graec. XCVI 857ff. 
Ausserdem eiistiert nur noch eine sieh gleichfalls 
fur eine Editio princeps haltende Ausgabe von 
Sophronios fiovaxogAytoQetttjs, Atben 1884 (85); 



Mazzuchelli) und zuletzt Biscbof von Geraci, 
gestorben 1348. Er gait schon friihzeitig als 
guter Kenner der griechischen Spiacbe, so dass 
Dante zu seinen Schiilern zahlte, siedelte aber 
nach Aitolien und Thessalonich iiber, um diese 
Sprache noeh genauer zu studieren. Um mit seinen 
Kenntnissen zu glanzen, begab er sich nach Con- 
stantinopel und forderte den ersten unter den dor- 
tigen Gelehrten, Nikephoros Gregoras, zum Streite 



sie ist im Westen kaum bekannt geworden. "Wert- lOheraus. Die Verhandlungen , welcne Papst Jo- 



voile Beitrage zu einer neuen Constitution des 
Testes haben Zotenberg und Eobinson ge- 
liefert, sonstige Litteratur s. bei If rum bach er 
Gesch. d. byzantin. Litt. § 268. 

Die lange erwartete Untersuehung von E. Kuhn 
iiber ,B. und Joasaph' ist endlich als ,eine biblio- 
graphiscb-litterargescbichtliche Studie' in den Abh. 
Akad. Miinchen XX 1 (1894) 3—87 erschienen, sie 
bietet nicht bios eine vollstandige bibliographiscbe 



hann XXII. behufs Yereinigung mit der morgen- 
l&ndischen Kirche ankniipfte, fiihrten B. 1339 als 
Gesandten des Kaisers Andronikos III. nach Avig- 
non, tjbrigens spielte B. in den Verhandlungen 
der beiden Kirchen eine so zweideutige Eolle, dass 
Fabricius Bibl. Gr. XI463neben den zu Gunsten 
der rOmischen Kirche von ihm verfassten Schriften 
eine noch grOssere Zahl von Gegenschriften aus 
derselben Peder zu verzeichnen fand. Seine Zank- 



tJbersicht uber alle Versionen und alle auf den 20 sucht reizte den ehrgeizigen Mann, auch die He 



Eoman beziiglichen Schriften, sondern den Versuch 
einer selbstandigen und neuen LOsung des Pro- 
blems. Er vergleicht eine neuerdings veriiffent- 
lichte georgische und eine muhammedanischara- 
bische Bearbeitung der B.-Geschichte — letztere 
1888/89 in Bombay gedruckt unter dem Titel: 
das Buch Balauhar und Budasaf in Ermahnungen 
und Gleichnissen voll Weisheit — mit dem griechi- 
schen Text und flndet beide unabhiingig von dem 



sychasten des Berges Athos zum Streit zu fordern, 
in welchem er allerdings gegen Palamas unter - 
liegen sollte. Nach Italien zuriickgekehrt, wurde 
B., der eine Zeit lang zu den heftigsten Gegnern 
des Stuhles Petri gezahlt — beruht doch das 
Marlein von der Papstin Johanna hauptsachlich 
auf seinen Schriften — , zum Bischof von Geraci 
im neapolitanischen Gebiet ernannt. Er stand 
hier in grossem Ansehen und soil auch Petrarca 



letzteren, doch so, dass der georgische dem griechi- 30 unterichtet haben. Neben mannigfachen philo 



schen naher steht und mit ihm aus einer gemein 
samen Wurzel (y) stammt. Diese Eecension diirfte 
in syrischer Sprache oder dem christlich-palasti- 
nischen Dialekte geschrieben gewesen sein; der 
Araber von Bombay, der Archetyp aller muham- 
medanischen Teste soil aber weder von ihr ab- 
hangig noch ihre Grundlage sein, vielmehr schei- 
nen beide zuriickzugehen auf cinen Pahlavitext, 
den im ostlichen Iran, wo Zoroastrismus, Buddhis- 



sophischen und mathematisehen Schriften kennt 
man von ihm besonders eine siegreicheWiderlegung 
jener drei Kapitel, mit welchen Nikephoros Gre- 
goras die Harmonik des Ptolemaios erganzen zu 
konnen meinte. Dieselbe hat Johannes Franz 
verOffentlicht: De musicis Graecis , commentatio, 
Berlin 1840. Die sonst von ihm gekannten Schrif- 
ten sind, abgesehen von theologischen Pragen: 
Ethicae secundum Stoicos, Ingolst. 1604 = Bibl. 



mus und Christentum in innige Berahrung kamen, 40 patr. Lugd. XXVI 28ff. Arithmetica demonstrate 



ein Christ, um im Wettstreit der Beligionen die 
erbaulichenElemente der buddhistischen Tradition 
zu Gunsten seines Glaubens zu verwerten, — um 
500! — niedergeschrieben hatte. Die Eigenart 
dieser christlichen Urform soil, am treuesten in 
der georgischen Eecension erhalten sein, in den 
arabischen Bearbeitungen musste natiirlich der 
christliche Charakter verwischt werden, der grie- 
chisch« Text (Excurs II S. 45ff.) ,erweist sich den 



eorum quaeinll.libro elementorum ab Euclide sunt 
in lineis et figuris planis demonstrata; graece et 
lat. Argent. 1564. Logistices (i. e. arithm.) lib. 
VI, Argent, 1592. Par. 1600. De solis {tjhaxijg) 
eclipsi, zwei aus des Ptolemaios Magna syntaxis 
gezogene griechische Abhandlungen , stehen im 
cod. Neap. Ill C 2 (Fabricius vielleicht irrig 
de lunari eelipfi), scheinen aber noch nicht ge- 
druckt zu sein. Vgl. iiber ihn Mazzuchelli Gli 



alteren orientalischen Text-en gegeniiber als eine 50 scrittori d'ltalia II 369. Migne Patrol. Gr. 151, 



selbstandige und mit uberlegenem Geist und Wis 
sen angefertigte Umarbeitung, deren Verfasser 
freilich durch seine Vorliebe fur theologische Aus- 
einandersetzungen die richtige Okonomie des Testes 
als einer Erzahlung einigermassen beeintrachtigt 
hat'. Die Bedenken gegen einen Stammbaum, 
bei dem der Grieche erst in die dritte Lime kame 
und zeitlich doch wieder auffallend nahe an die 
Wurzel heran, scheinen mir vorlaufig noch erheb- 



1243. Krumbacher Byzantinische Litteratur 94. 

[v. Jan.] 

Barmokarog (Bagnonaao;). Karthager, Be- 
gleiter Hannibals, wird erwahnt im Vertrage Han- 
nibals mit Philipp von Makedonien (215 v. Chr.) 
bei Polyb. VII 9, 1. [Niese.] 

Barna. 1) S. Badara. 

2) BaQva hiess seit der um 580 erfolgten Ein- 
wanderung der Slowenen in den Haemus die hel- 



licher als die'von Kuhn fur seine Hypothese bei- 60 lenische Stadt Odessos; iro J. 679 setzte sich der 



gebrachten Argumente; solange man aber den 
Georgier und den Araber von Bombay nur aus 
Eeferaten kennt, die eine Vergleichung des Ein- 
zelnen nicht zulassen, wird man eine Entscheidung 
gar nicht wagen konnen. [Jiilicher.] 

2) Geboren zu Seminara in Calabrien, Monch 
nach der Eegel des h. Basilius, Abt von S. Sal- 
vator in Constantinopel (oder von S. Spirito? 



Bulgarenfiirst Asparuch fest ek *i]v hyouEVT]v 
Bdovav, Theophan. chron. p. 549. Vama stent fur 
slavisch Vrana (russ. varona, polak. ■vorna) ,die 
schwarze' oder ,Eabenstadt' ; so hiess auch der 
hier miindende Bach. [Tomaschek.] 

3) Ort in Mesopotamien (Geogr. Eav. II 13 
p. 80, 3 ed. Pinder); nicht identificiert. 

[Benzinger* 



Barnabas. Der B.-Brief ist ein in der alten 
griechischen Kirche seit Clemens Alexandrinus hoch- 
geschatztes, zeitweilig den apostolischen Schriften 
gleichgeachtetes Sendschreiben an eine christliche 
Gemeinde, als dessen Verfasser man den aus Acta 
Apost. 4, 36. 9, 27 und cp. 11 — 15, sowie aus 
paulinischen Briefen bekannten Kyprier B., den 
Begleiter des grossen Heidenapostels, ansah. Diese 
Hypothese ist zweifellos irrig, nach Tertullian ist 
vielmehr der Hebraeerbrief von B. verfasst, und 
mit seinem inter apocryphas seripturas legitur 
(de vir. ill. 6) spricht Hieronymus das Urteil der 
ganzen lateinischen Kirche aus , deren Interesse 
an dem Briefe iiberhaupt nur durch eine alte — 
iibrigens recht freie — Ubersetzung erwiesen ist; 
der unbekannte Verfasser wird ein alexandrini- 
scher Christ in den ersten Eegierungsjahren Ha- 
drians sein; der Zweck seines Schreibens ist, seine 
Leser zu eehter yvwoig anzuleiten, einmal cp. 1 — 17 
theoretisch durch Einfiihrung in das wahre iiber- 
jiidische Verstandnis des alten Testaments — wo- 
bei durch eine grenzenlose Allegorese dem speci- 
flsch jiidischen Gottesdienst,Beschneidung, Opfern, 
Fasten alle biblische Begriindung abgesprochen 
wird — , sodann practisch cp. 18 — 21 durch Be- 
lehrung fiber die beiden Wege , den des Lichts 
und den der Finsternis, zwischen denen eine Wahl 
getroifen werden muss. Der Brief ist dogmenge- 
schichtlich durch manche altertiimliche und teil- 
weis an Haeretisches anklingende Gedanken wert- 
voll; altere (Heydecke Dissert, qua B. epist. 
interpolata demonstretur 1874) und neuere (Joh. 
Weiss Der B.-Brief kritisch untersucht 1888) Ver- 
suche, gewisse Schwierigkeiten durch Leugnung 
seiner Einheitlichkeit zu heben , sind mit Eecht 
zuriickgewiesen worden. Vollstandig ist der grie- 
chische Urtext erst aus dem beriibmten Codex 
Sinaiticus (Bibel-Hs. des 4. Jhdts.) bekannt ge- 
worden; gedruckt ist er in alien Ausgaben der 
Patres Apostolici, so bei v. Gebhardt, Har- 
nack und ZahnI222— 83 mit der vetus inter- 
pretatio, desgleichen bei Hilgenf eldNov. Testam. 
extra canonem receptum II 2 . Einen ausfiihrlichen 
Commentar bietet J. G. Muller Erklarung des 
B.-Briefes 1869. [Jiilicher.] 

Barnaens, hatte Anfang Mai 710 = 44 an 
Atticus einen Brief von Cicero iiberbraeht, Cic. 
ad Att. XIV 19, 1. [Klebs.] 

Barnaliis (Baovanig), Ort der Carpetaner in 
Hispania Tarraconensis (Ptol. II 6, 56); die Lage 
ist unbekannt, [Hiibner.] 

Barnebus. BaQvefiovg (d. i. Sohn des syri- 
schen, etwa dem Apollon entsprechenden, Gottes 
Xebo) 6 y.ai 'Axolhvdoiog , Name eines Gymna- 
siarchen der rOmischen Kaiserzeit aus Nicopolis 
in Nordsyrien. Humann und Puchstein Eeisen 
SOS, 2. [Puchstein.! 

Barneum (Geogr. Eav. IV 21 p. 222, 14), 
Ortschaft in Carnia im oberen Thale des Savus. 
Es muss Carneum heissen, d. i. das heutige Krain- 
Wrg, slowenisch Kranj, der alte Vorort der lango- 
bardischen Carniola oder frankisch-bajuvarischen 
Chreina-marcha. [Tomaschek.] 

Barnichios (Bagri%to;) , spaterer Name des 
elischen Enipeus, Strab" VIII 356 und dazu Kra- 
mer. [Oberhummer.] 

Barnosthenes s. Barbosthenes. 

Barnus (Baovovg), Ortlichkeit im westlichen 



Makedonien, an der Via Egnatia, Polyb. XXXIV 
12, 6 bei Strab. VII 323; nach einigen eine Stadt, 
s. Leake N. Gr. Ill 315f. (der an Arnissa [s. d.] 
denkt). Desdevises-du-Dezert Geogr. de la 
Mace"d. 210. 312. 316, wahrend andere sie fiir ein 
Gebirge , etwa die Neretschka Planina , halten, 
s. Dimitsas recoyQ. r. MaxeS. I 36ff. Kiepert 
N. Atl. v. Hell. VII. C. Muller Strab. tab. VII. 

[Oberhummer.] 
10 Baromagns s. Caesaromagus. 

Barpana, Insel an der toscanischen Kiiste in 
der Nahe des Monte Artemisio, Plin. n. h. Ill 
81. [Hiilsen.] 

Barpsis (var. Barispis), beim Geogr. Eav. II 
5 , der diesen Ort zu Persien rechnet , d. h. im 
weitesten Umfange. Seine Lage ist nicht naher 
zu bestimmen, indessen muss er, nach der Eeihen- 
folge beim Geogr. Eav. zu schliessen, an der Strasse 
zwischen Athis und Barbalissos (Tab. Peut. Attas 
20 und Barbalisso, s. d.), also in Syrien und zwar 
in der Nahe des Euphrat zu suchen sein. 

[Weissbach.] 

Barra, Insel vor dem Hafen von Brundisium 
(Fest. epit. 33 M, s. Barium) ; dieselbe heisst 
Pharos bei Mela II 114, ohne Namen wird sie 
erwahnt bei Caes. b. c. Ill 23. 100. Plin. n. h. 
Ill 151. [Hiilsen,] 

Barrai s. Barai. 

Barraus s. Berravus. 
30 Barreci (Dativ, Nom. Barrel), Beiname des 
Mars(?) auf einer Inschrift von Carlisle, CIL VII 

925 Mfarti?) Barreci lanuarius v. s. L 

m. [Ihm.] 

Barritus s. Barditus. 

Barronius. P. Barronius Barba, aed(Uis) 
cur(ulis) grados refeeit steht auf einem 1879 ge- 
fundenen ,gradino di travertino nell' alveo di Te- 
vere pTesso lo sbocco della cloaca maxima', Bul- 
lettino com. 1880, 21 nr. 171. Lanciani a. a. 
40 O. fiihrt dazu an Liv. XLI 27, wo Livius vou den 
Bauten der Censoren des J. 580 = 174 berichtet, 
et extra portam Trigeminam emporium lapide 
straverunt stipitibusque saepserunt et portieum 
Aemiliam refieiendam eurarunt , gradibusque 
aseensum ab Tiberi in emporium fecerunt. Natiir- 
lich kann diese Stelle mit der neugefundenen In- 
schrift nur in dem Sinne verbunden werden, dass 
B. in spaterer Zeit als Aedil jene censorische 
Uferanlage erneuerte. Es ist bekannt , dass die 
50 Aedilen haufig die von ihnen erstrittenen Process- 
bussen zu 5ffentlichen Bauten verwendet haben. 
Der Name B. begegnet auch bisweilen auf In- 
schriften, z. B. auf denen von Aquino CIL X 5400. 
5401. 5405, doch ist sonst kein romischer Magi- 
strat dieses Namens bekannt. [Klebs.] 

Barros (B&qoos), Grundstiick auf Astypalaia, 
CIG 8657. ~ [Oberhummer.] 

Bursa, Insel in mari Oeeano quod Oallias 
et Britannias interhtit, Itin, mar. 509, 2. Nach 
60Lapie das heutige Cers, nach andern Bas; vgl. 
Desjardins Geogr. de la Gaule I 332. [Ihm.] 

Barsaborses, im J. 297 einer der hochsten 
persischen Wurdentrager , Petr. Patr. frg. 14 
Muller. [Seeck.]_ 

Barsaentes (BaQaahTi]g; Barzaentes bei Dio- 
dor und Curtius) , Satrap von Arachosien und 
Drangiane (Arrian. Ill 8, 4. 21, I), nahm an dem 
Abfall des Bessos von Dareios teil, floh dann im 



27 



Barsalion 



Barselt 



28 



Herbst 330 beim Herannahen Alexanders d. Gr. 
aus seiner Satrapie Drangiane nach dem indischen 
Gebiete westlich vom Indos, wurde aber Alexan- 
der ausgeliefert und auf dessen Befehl hingerichtet 
(Arr. Ill 25, 8. Diod. XVII 74, 1. Curt. VI 6, 
36. VIII 13, 3ff.; der letztere Berioht wird durch 
Arrian a. 0. widerlegt). [Kaerst.] 

Barsalion, Oastell am Euphrat in Armenia 
minor, in der Praefectur Abarene, zwischen Meli- 
tene und Samosata, Tab. Peut. XI 2 (Miller). Ptol 

V 7, 11 (BatfaXw). Amm. Marc. XVIII 7, 10 
{Barzala, eastrum pracsidiarium). Die Identifi- 
cierung mit Gerger (Eitter Erdkunde X 831. 
870) ist falsch, da Gerger nach einer dort befind- 
lichen Inschrift an der Stelle des alten Arsameia 
liegt. Auch Ainsworths Ansatz in Berzel ist 
unsicher. Humann und Puchstein Eeisen in 
Kleinasien 359. [Euge.] 

Barsamenes (BaQaa^vtjg) s. Balsainem. 

Bar sain on (BaQodfimv , Not. Episc. V 108), 
Bischofssitz in Palaestina; anderer Name ZdXtmr 
rsQaCnxog (ebd.) , demnach in der Landschaft 
Geraritica im Sttden von Iudaea gelegen; von 
Birosamon ausdriicklich unterschieden ; entweder 
mit Birsama der Not. Dign. (Or. XXXIV 10. 22) 
oder mit Bersabe identiscb. S. Birsama und Ber- 
sabe Nr. 1. [Benzinger.] 

Barsampse (Bagad^iyjtj) , Stadt in Mesopo- 
tamien am linken Ufer des Euphrat, Ptol. V 18, 
5. Blau ZDMG XXVII 325, 4 schlagt daffir 
Bcuodfiyt; vor. [Fraenkel.] 

Barsch. Die Alten unterschieden zwischen 
Meer- und Plussbarsch Id^af und stsgxrj, lupus 
mariniis und fluviaiilis (Schol. Cruq. zu Hor. 
Sat, II 2, 31). Der kd(i Q aS (Wolfsbarsch, labrax 
lupus) halt sich im Meere in der Nahe von Fluss- 
mundungen und Seen auf (Opp. Hal. I 112f.). Er 
gehiirt zu den fleischfressenden Fischen (Athen. 

VII 310e. Arist. h. an. VIII 2, 28; vgl. Rose Arist. 
Pseudep. 310), seine Zunge ist knochenartig und 
angewachsen, sein Herz dreispitzig (Ath. VII 310e). 
Er laicht zweimal (Arist. V 9, 32. Ael. X 2. Plin. 
IX 162. Opp. I 589), einmal im Winter (Arist. 

V 11, 37), das zweitemal im Spatsommer (Arist. 
VI 101) und zwar an den Plussmiindungen (Arist. 

V 10, 36). Er hat vier Flossan, zwei Eiicken- 
und zwei Bauchflossen (Arist. I 5, 26) und ist be- 
schuppt (Arist. VIII 30, 175). Er gehort zu den 
scharfhOrigen Fischen (Arist. IV 8, 89. Ael. IX 
7); im Kopf hat er ein kleines Steinchen und 
leidet infolge dessen miter der Kalte (Arist. VIII 
19, 122. Ael. IX 7. Plin. IX 57). Wahrend der 
Zeit seiner Trachtigkeit ist er ungeniessbar (Arist. 

VIII 30, 175). Mit der Meerasche (xeotoevq) lebt 
er in Feindschaft (Arist. IX 2, 27. Plin. IX 185. 
Ael. V 48). von dem Heuschreckenkrebs wird er 
auf listige Weise getotet (Ael. I 30. Opp. II 128f.t. 
Sein Name wurde von seiner Gefrassigkeit abcre- 
leitet (Athen. VII 310 e. Sehol. Arist. Ritt. 361. 
Opp. II 130. Schol. Opp. I 112. II 130). Er 
zeichnet sich durch Verstand vor den iibrigen 
Fischen aus: vor dem Netz des Fischers rettet 
er sich dadurch, dass er sich mit dem Schwanz 
in den Sand wiihlt (Ovid. hal. bei Plin. XXXII 
11. Opp. Ill 121. Plut. desoll. an. 977 F); wenn 
er an die Angel geraten ist, erweitert er durch 
wildes Zucken die Wunde so lange, bis der Haken 
herausfallt(Plin.a.a.O. Opp. in 128. Plut. a. a. O. 



977 B). Er gait als sehr schmackhaft, besonders 
der aus Milet, wo er in der Ufivtj raiowvtg ge- 
fangen wurde (Sehol. Arist. Eitt. 361. Hikesios 
bei Athen. VII 310 f. Archestr. bei Athen. VII 
311a), dagegen als nicht besonders nahrhaft (Hi- 
kesios a. a. 0.). Die kalydonischen, ambrakisenen 
und die vom Bolbesee standen den milesischen 
an Wohlgeschmack nach (Archestr. bei Athen. 
VII 311 a). Archestratos empfahl sie mit den 

10 Schuppen zu braten und ohne die pikante Sil- 
phionsauce auf die Tafel zu bringen (Athen. a. a. 
0.). Von zahmen Secbarschen im Helorosfluss 
berichtete Nymphodoros im Periplus (Athen. VIH 
331 e, FHG II 376). Nach Plinius (XXXV 162) 
gehorte zu einem iippigen Gelage eine Schussel 
mit Seebarschen , er gehOrt noch jetzt in Italien 
unter dem Namen spinola zu den feinsten Tafel- 
fischen; am beliebtesten waren bei den EOmern 
die lanati, so genannt von der Weisse und der 

20Zartheit des Fleisches (Plin. IX 61. Mart. XIII 
89). In Eom gait der bei der Tiberinsel an der 
Cloaca maxima gefangene fur den feinsten und 
wohlschmeckendsten (Horat. sat. II 2, 31. Macrob. 
sat. Ill 16, 11. Plin. IX 169. Oolum. VIII 16. 
Varr. Ill 3, 9 ; vgl. Xenocr. bei Orib. 1 127. 132). 
Diejenigen, die kfinstlich in Piscinen geziichtet 
wurden, waren von schlechterem Geschmack, ebenso 
die, welche aus Seen und Tiimpeln stammten 
(Xenocr. bei Orib. 1 132). Die alex genannte Fisch- 

30 sauce wurde in Forum Iulium aus Seebarschen 
bereitet (Plin. XXXI 95). In der Heilkunde wur- 
den die silberglanzenden verwandt (Marc. Sid. 
lazQiao. tisqi i%&. v. 9). Er ist sicher dargestellt 
auf dem pompeianischen Mosaik nr. 9997 im Museo 
nazionale zu Neapel, auch sonst otter. Die nsQxr\ 
gehOrt zu den Siisswasserfischen (Arist. VI 14, 
81) mit drei doppelten und einer einfachen Kieme 
(Arist. II 13, 56. Plin. IX 57). Ihr Laich bildet 
eine zusammenhangende-Masse wie der derFrOsche, 

40 den sie an das Rohr der Seen und Ftiisse hangen. 
Sie laichen in den Ausbuchtungen der Flusse und 
haben viele Pylorusanhange (Arist. II 17, 86). Im 
Rhein und in der Donau kamen sie besonders vor 
(Orib. I 127. Ael. XIV 23. 26), ihr Fleisch gait 
als sehr zart, aber nicht fur besonders schmack- 
haft (Athen. VIII 355 b). Uber die Verwendung 
der TiiQxrj in der Heilkunde vgl. Plin. XXXII 
107. 116. 126. 130. Bekannt ist das Sprichwort 
dvzl jieqx7]s oxoomov (Soph. Oed. Col. 395. Zenob.). 

50 " [M. Wellmann.] 

Barselt (BoiqoijXt), ein hunno - bulgarisches 
Volk, das sich im J. 550 samt den Sabeiroi und 
Unnuguroi den von Osten andringenden Abaroi 
unterwarf, Theophyl. Sim. VII 8, 3 de Boor. In 
der armenischen Geographie des Moses heisst es: 
wenn die Chazaren ihre Winterquartiere am Athil 
beziehen, ziehen sich die Basil4 (= BarsikJ, nicht 
etwa Basilidai) auf die schwarze Insel im Athil 
zuriick. Doch heisst das Heimatland der Chaza- 

60 roi selbst Beo^dia, Theophan. p. 547. Nicephor. 
chron. p. 39 ; Bizal (Barzil) nennt der Chazarenchan 
Josef im J. 960 den funften Sohn des Thogarma; 
vielleicht gehoren dazu die Barsula, ein Stamm 
der Wolga-Bulgaren, nach Ibn-Bisteh. Zu Grunde 
liegt turkisch bars-ili ,Pantherland, Pardelvolk'; 
so nannte sich urspriinglich ein Stamm der Hun- 
nen im westlichen Thien.san, wo auch Orte wie 
Bars-ch6n, Barsgan begegnen. [Tomaschek." 



29 



Barsemius 



Bart 



30 



Barsemius, KOnig von Atra, der dem Pescen- 
nius Niger gegen Septimius Severus Hiilfstruppen 
sandte, Herod. Ill 1, 3. [P. v. Eohden.] 

Barsenus, vierter Kfinig Ag} r ptens bei Abul- 
farag. chron. p. 10. _ [Sethe.] 

Barsine (BaQoivrj). 1) Alteste Tochter des 

■ Dareios Kodomannos, mit der sich Alexander d. 

Gr. auf dem Hochzeitsfeste zu Susa 324 vermahlte 

(Arr. VII 4, 4; im Auszuge bei Photios 68 Bk. 



ihnen das Feld geebnet hatte, und die tbeologische 
Lehranstalt von Nisibis ist unter 'dem Schutze 
der persischen KOnige Jahrhunderte hindurch eine 
Pflanzstatte der Bildung und verhaltnismassig 
freier Forschung — Theodoros von Mopsueste fur 
Exegese und Kritik die massgebende Autoritat! 
— geworden, eine Art Universitat, die zeitweilig 
(urn 570 zablte man dort 800 Schiiler!) ihres- 
gleichen im Westen nicht hatte; vgl. Assemani 



heisst sie 'Aqoiv6 n ); Diod. XVII 107, 6. Plut. lOBiblioth. orientalis n 403. HI 393ff. Mansi Col- 



Alex. 70. lust. XII 10, 9 (vgl. auch Curt. IV 
5, 1) und Memnon IV 4f. nennen sie Stateira; 
vgl. Droysen Gesch. d. Hellen. I 2, 243, 1. 

2) Tochter des Artabazos (bei Euseb. chron. I 
231f. Synkell. 504 falschlich Pharnabazos genannt), 
war vermahlt zuerst mit dem Ehodier Mentor, dann 
mit Memnon; nach der Schlacht bei Issos geriet 
sie in Damaskos in makedonische Gefangenschaft 
und gebar Alexander dem Grossen einen Sohn, 



lect. Concil. VII 1170ff. Xihn Theodor von Mo- 
psuestia u. Iunilius Afr. 1880, besonders S. 198 
— 212. G. Bickell Ausgewahlte Schriften d. 
syrischen Kirchenvater Aphraates etc. , Kempten 
1874, 163. [Jfilicher.] 

Barsuuli, Ortsname aus Mauretania Tingi- 
tana, Geogr. Eav. HI 11 p. 163. [Dessau.] 

Bart. Das alteste Zeugnis fiber altgriechische 
B.-Tracht sind die in Mykenai gefundenen, aus 



Herakles (lust. XI 10, 2. Xni 2, 7. Curt. X 6, 13. 20 der Zeit vor der dorischen Wanderung stammen 



Diod. XX 20, 1. 28, 1. Plut. Alex. 21; Eumen. 
1 ; falschlich wird hier noch eine zweite Tochter 
des Artabazos mit diesem Namen angefuhrt, die 
Alexander dem Eumenes zur Gemahlin gegeben 
habe ; die Gemahlin des Eumenes hiess vielmehr 
Artonis nach Arrian. VII 4,6; vgl. auch M. S ch n e i- 
der Jahrb. f. Phil. CXXXV 35f. , der nicht un- 
wahrscheinlich bei Plutarch eine Textescorruptel 
vermutet). B. wurde im J. 309 mit ihrem Sohne 



den Sepulcralmasken : die am besten erhaltene 
derselben zeigt halbkreisformig ausgeschnittenen 
Backen- und Kinn-B. und einen Schnurr-B., der, 
wohl sicher mit Hiilfe einer Pomade, in die H6he 
gedreht ist. 

Fur die Zeit der homerischen Gedichte ist der 
Gebrauch des Easiermessers , £vqov, durch II. X 
173 bezeugt. Und zwar ist anzunehmen, dass 
man damals namentlich die Oberlippe rasierte. 



Herakles auf Veranlassung des Kassandros von 30 Diesen Gebrauch beweisen fur die verschiedensten 



Polysperchon getotet (vgl. lust. XV 2, 3 mit Diod. 
XX 28). [Kaerst.] 

Barsita s. Borsippa. 

Barsumas. 1) Syrischer Archimandrit und 
Presbyter t ca. 458. Ein fanatischer Anhanger 
des Monopnysitismus , ist er ' auf dem oekumeni- 
schen Concil zu Ephesos im J. 449 , der sog. 
Eaubersynode , die Hauptperson nachst Dioskur 
von Alexandrien. Die von ihm mitgebrachten 



griechischen Stiimme zahlreiche Vasen und auch 
plastische Monumente (z. B. der Fries von Assos, 
der kalbtragende Hermes von der Akropolis, Arch. 
Ztg. 1864 Taf. 187, der Mon. grecs I 7, 1 publi- 
cierte Kopf) aus altester Zeit, wahrend nur selten 
auf altesten Vasen die Manner auch den Schnurr- 
B. tragen. Es scheint, dass dieser Gebrauch aus 
dem Orient stammte, da er schon friih aus agyp- 
tischen und phoinikischen Bildwerken fiir die 



Monchshaufen haben die beriichtigten Ausschrei- 40 Agypter und fiir vorderasiatische Volker nach- 



tungen gegen die synodale Minoritat, die dem 
Flavian das Leben kosteten, begangen; und auf 
der Synode von Chalkedon 451 wurde er mit gutem 
Grunde als Flavians Morder bezeichnet. Auch ab- 
gesehen von seiner spateren rastlosen Wirksam- 
keit zu Gunsten des Eutychianismus ist B. der 
echte Eepraesentant der Wildheit, aber auch der 
Macht des Monchtums im 5. Jhdt. ; vgl. J. M. 
Schrockh Christl. Kirchengeschichte XVIII 451. 



weisbar ist. S. uber alles dies Helbig Das homer. 
Epos 2 249ff., wo auch mit Eecht hervorgehoben 
ist, dass die bei Homer den B.-Wuchs bezeich- 
nenden Ausdrlicke (yirsiov, yevetdg, imr/yt], H. XXn 
74. XXIV 347. 516; Od. X 278. XI 319. XVI 
176) nur auf das Kinn deuten. Das einzige aus- 
driickliche litterarische Zeugnis fiir diese Sitte ist 
der von den Ephoren in Sparta bei ihrem Amts- 
antritt erlassene Befehl: xeigeodcu xbv fivaray.a 



2) Barsumas ,der Perser', nach gewohnlicher 50 xal xooar./eiv rolg voftoig, Aristot. bei Plut. Kleom. 



Annahme Bischof von Nisibis 435—489. Aber 
diese Datierung ist mehr als unsicher. Jedenfalls 
war er seit ca. 430 einer der gefeiertsten Lehrer 
an der Schule von Edessa, dieser Bildungsstatte 
fur den ostsyrischen und persischen Klerus. Wenn 
Bischof Rabbulas ihn nach 431 wegen seiner Hin- 
neigung zur nestorianischen Christologie verbannt 
hat, so kann er doch nicht 435 sich zum Bischof 
von Nisibis gemacht haben; denn 449 wahrend 



9; de sera num. vind. 4. Damit stimmen alt- 
spartanische Bildwerke, eine Bronzeflgur bei JI el- 
big a. O. 254 (auch Athen. Mitt. IH Taf. 1) und 
ein Thonrelief, Le Bas Voy. archeol. en Grece 
pi. 105. Doch konnte die aHjahrliche Einschar- 
fung dieser Vorschrift erst eingefuhrt werden, als 
die alte Sitte schon im Verschwinden war, und 
wird vennutlich wenig gefruchtet haben. In der 
That wird an alien den Stellen, wo die Spartaner 



der Eaubersynode lehrt er zu Edessa, miisste also 60 mit Bezug auf ihre Barte charakterisiert werden, 



unter Ibas, dem Nachfolger des Eabbulas, dahin 
zuruckgekehrt sein. Wahrscheinlich hat er 451, 
als auch Ibas sich mit der Eeichsorthodoxie aus- 
sohnte, seine Wirksamkeit in Edessa aufgegeben 
und im persischen Eeich dem verdammten Nesto- 
rianismus zu hoher Bliite verholfen. Als Kaiser 
Zeno 489 die Ketzerschule in Edessa aufhob, wan- 
derten die Lehrer einfach nach Nisibis , wo B. 



wohl der Lange derselben, nicht aber dieser Beson- 
derheit Erwahnung gethan, die doch den Griechen 
der klassischen Zeit sehr auffallend gewesen ware, 
Arist. Lys. 1072. Plat. com. I 634 Kock. Plut. 
Lysand. 1 ; Phok. 10. Vielmehr spricht Aristoph. 
vesp. 476 (rfjv $' V7ir\vr\v axovQov roeqpwv) dagegen, 
und Antiphanes II 28 Kock (rovg ftvoiaxag fiij 
xaxcupQovei) bezeugt das Gegenteil. Helbig s 



31 



Bart 



Bart 



Versuch (I baffl di Alcibiade, in Rendic. dell' Ace. 
a. Lincei, CI. di so. morali I 3, 1892), das dem 
Alkibiades wahrend seines Aufenthalts in Sparta 
zugeschriebene h xe<? xeiQEodcu (Plut. Alcib. 23; 
de ad. et am. 7) in diesem Sinne zu deuten und 
bei Antiphanes a. 0. einen Versausfall anzu- 
nehmen, ist nicht durchfiihrbar, teils aus obigen 
Grunden, teils weil ev %e<P xeiQsa&ai erne feste 
andere Bedeutung hat. Plutarch ist hier offenbar 



32 



;™ t _i • ii ■ i i i , : — i-uiiiii x cu — a\> u — s. neiDi? junrer nr. 9471 

Ztt^X^* Z?% 3^ *£ ^".^ der lange B.das ganze spatert 



lassen wurden, blieben ganzlich erfolglos, Chrysipp. 
a. 0. 565 c. d. Aueh die Portrats z. B. von Me- 
nander und Poseidippos (Visconti 1-6. 6a) sind 
bartlos. 

Dagegen hielten die Philosophen an der Sitte 
des Vollbarts fest und trugen ihn aueh yfohl 
liuiger, als es fruher ublich war (fiber das bart- 
lose vermeintliche Portrat des Aristoteles Vis- 
conti I 20—20 d — s. Helbig Ffihrer nr. 947) 



auf 



tanische Sitte, das Haar kurz zu scheren 
altere Zeit iibertragen. 

In historischer Zeit bis atif Alexander war es 
ublich, den Voll-B. zu tragen. Und zwar erscheint 
derselbe auf archaischen und archaistischen Bild- 
werken glatt gekammt und in drei scharf ge- 
schiedene Massen geteilt: Schnurr-B. (uiWaf, 
vjioqqiviov, KQoir<»ya>rwv) , das Haar unter der 
Unterlippe (jzasinos), Backen- mid Kinn-B., letzterer 



Altertum hindnrch sprichwortliches Kennzeichen, 
Dio Chrys. LXXII 2. Arrian. Diss. Epict. I 2, 29! 
Ill 1, 27. Lucian. Eun. 9; Piscat. 11; Iearom. 
3; Demon. 13. Gell. IX 2, 1. Ael. v. h. XI 10. 
Plut. Is. et Os. 3. Visconti Iconogr. I 21ff. 
Alkiphron III 55 ffihrt aus, wie sich die ver- 
schiedenen Philosophensehulen unter anderem aueh 
durch die Art der B.-Pflege unterschieden. Aueh 
sonst aber trugen altere Manner vielfach den Voll- 



„„;j. t. -J, ' , »»™. u ^.,i.,,™iu ouusu auei uugeu aitere manner vienach den Voll- 

spitz zugeschnitten (j-^o»«Syo,vl; diese Form 20 B.; so das in zahlreichen Wiederholungen Vor- 
bheb fur emigre Theatermaskfin fihhVh fPr.il TV i,„„j — o.^i .: , ^ • . iu , uiuu s L " y°r 



blieb fur einige Theatermasken ublich (Poll. IV 
137. 138. 143. 145). Ein bekanntes Beispiel ist 
der sog. Zeus Talleyrand (Arch. Ztg. 1874 Taf. 9). 
Wahrend der klassischen Zeit dagegen fallt er in 
frei geteilten und bewegten Massen herab und ist 
unter dem Kinn meist kurz und rund verschnitten 
(so diebekannten Statuen des Sophokles und Aischi- 
nes), wenn gleich hier der persfinlichen Neigung 
und der Mode weiter Spielraum blieb. Beispiele 



i.- j t> -ri — -i---—---" -«««. ^..^^^v ucu uBiBeiuts gewesen zu sein wie Dei aen uriechen 
^:^^^^^r^J^^^^ Her /nden.wir auf Monumenten altX 



handene Portrat eines alexandrinischen Dichters 
(Kallimachos?), Ann. d. Inst. 1873 L, und haufig 
altere Manner auf pompeianischen Wandgemalden, 
die auf hellenistische Vorbilder zurtickgehen Hel- 
big Wandgem. 1157f. 1166. 1205. 1209f.'l261 
1297. 1304. 1378. 1402. 1407. 1453. 1461. So- 
gliano Pitture murali 521. 523. 551. 560. 572. 581. 
Bei den Etruskern scheint der Verlauf wesent- 
lich derselbe gewesen zu sein wie bei den Griechen. 



Platon und seine Anhanger wurden verspottet, weil 
sie ihre Barte unverschnitten wachsen liessen 
{axofia jidtymvog pddtj , Ephippos II 257 Kock); 
vgl. die Portrats Platons, Arch. Jahrb. I Taf. 6. 7. 
Dagegen hat Alkibiades (wenn das Portrat eines 
jungen Stutzers Mon. d. Inst. VIII 25 — vgl. 
Helbig Fiihrer nr. 92 — ihn wirklich darstelltj 
die Unterlippe und den das Kinn und die Wangen 
zu sehr bedeckenden Teil des Bartes herausrasiert. 



Zeit nur die Oberlippe rasiert ; so auf dem Thon- 
sarkophag Mon. d. Inst. VI 59 , auf den Grab- 
gemalden ebd. II 2. VI 30. Etwas jttngere Ge- 
malde zeigen Vollbarte, ebd. IX 13iT. Endlich 
auf noch spateren altere Manner mit Voll-B., 
jiingere bartlos, ebd. I 32; Suppl. (1891) 4ff. 
Dabei ist freilich zu beachten, dass diese letzte 
Klasse schon etwa Mitte des 5. Jhdts. beginnt, 
also betrachtlich alter ist als die durch Alexander 



ti„„, a t> ■ .7 , ,.""™" ,M "' MSt> oexracnuicn alter ist als die dure 

Dass das Rasiermesser wahrend dieser Zeit in 40 in Griechenland eingeburgerte Mode 
Uebrauch blieb. zeio+. At o+ Tri^cm oiaw . „„ r>___ j. t>. P ..,, 6 „. „. 



Gebrauoh blieb, zeigt Arist. Thesm. 218ff. ; es 
diente teils obigem Zweck,- teils wird es nicht an 
Leuten gefehlt haben, die sich, z. B. wegen mangel- 
haften B.-Wuchses, ganz rasierten. Vgl. aueh 
fiber makedonische Sitte zur Zeit Philipps Theo- 
pomp bei Atheu. VI 260 e. 

Die Sitte, das ganze Gesicht zu rasieren, wurde 
allgemein durch Alexander, Chrysipp. bei Athen 
XIII 565 a. Nach einer auf Ptolemaios Lagu zu 



Dass die Ro'mer in alterer Zeit Voll-B. tragen, 
ist vielfach bezeugt, Liv. V 41, 9. Varro r. r. II 
11, 10. Die Spateren bezeichneten ihre Vorfahren 
als barbati (Cic. pro Cael. 33; pro Mur. 26; de 
fin. IV 62. Iuv. 4, 103) und intmisi (Tibull II 
1, 34. Ovid. fast. II 30. VI 264. Hor. od. II 15, 
11). Varro a. O. berichtet, dass zuerst im J. 300 
v. Chr. durch einen gewissen P. Ticinius Mena 
Barbiere aus Sicilien nach Italien gekommen seien 



w^i™!, j -»t v ■ V, ,n — """""» -""s" "•+- iJiiiuieie aus oiciuen nacn itaiien ffekommen seien 

PoS e t"t N r1 h ^ 



Polyaen. strat. IV 3, 2. Plut. Thes. 5; reg. et 
imp. apophth., Alex. 10) liess Alexander vor der 
Schlacht bei Arbela seine Soldaten rasieren, weil 
die Barte im Handgemenge dem Feinde einen 
Vorteil boten (s. hieruber Lumbroso Bull. d. Inst. 
1883, 60). Doch war dies schwerlich das fur 
Alexander selbst bestimmende Motiv; eher diirfte 
an orientalische Einfliisse oder an eine Anlehnung 
an jugendliche Gottertypen zu denken sein. Bei 



hinzufiigt, Scipio Africanus (welcher von beiden?, 
denn sequens ist corrupt) sei der erste gewesen,' 
der sich taglich rasieren liess, so kann dies keines- 
falls so verstanden werden, als sei etwa der altere 
Africanus der erste gewesen, der keinen B. ge- 
tragen hatte; denn schon M. Claudius Mareellus, 
der Sieger von Syrakus (starb 208), war bartlos; 
vielleicht liegt dieser Notiz nichts weiter zu Grunde 
als das von Gellius III 4 Erzahlte. Der Urn- 



, - rT - . , - ,ri r -~..--~ u> .^. +,^i am ua5 you ueiiius Lit i arzanlte l>er Dm- 

Tvrannl'™ 1 , ? '^T^ ^ si ^»*» 60 schwong der Mode trat also in Italien spater Z 
iyrannen muss es zweifelhaft bleiben . nb dort ni= i« n^o^^i„„^ q„ , — • •_ / . 



Tyrannen muss es zweifelhaft bleiben, ob dort 
dieser Gebrauch schon seit Anfang des 5. Jhdts. 
verbreitet war. Alexander selbst trug keinen B., 
und so erscheinen aueh die Portrats der hellenisti- 
schen Konige (Visconti Iconogr. II 2ff.) mit 
wenigen Ausnahmen bartlos. Die neue Sitte yer- 
breitete sich schnell und allgemein ; Gesetze, die 
in emzelnen Staaten (Rhodos, Byzanz) dagegen er- 



als in Griechenland. So wenig wie dort war 
iibrigens in Italien vor jener Zeit das Rasieren 
eine unbekannte Sache : aueh abgesehen von den 
in sehr alten Grabern gefundenen, mit Wahr- 
scheinlichkeit fur Rasiermesser (s. d.) erklarten 
Instrumenten, wird das Rasiermesser in der Er- 
ziihlung vom Attus Navius (Liv. I 36, 4) erwahnt ; 
vgl. das oben fiber die etruskische Sitte Gejptgte. 



33 



Bart 



Barusai 



34 



Und wenn Varro sagt, dass die meisten (pleraeque) 
Statuen aus friiherer Zeit vollbartig waren , so 
wird man aus diesem Ausdruck schliessen durfen, 
dass er Ausnahmen kannte. 

Mit Eintritt der neuen Mode wurde vollstan- 
dige Rasur keineswegs durchgefuhrt. T. Flami- 
ninus (starb gegen 170), dessen Bild mit Wahr- 
scheinlichkeit auf Munzen erkannt wird (Ber- 
noulli Iconogr. I 60) tragt Voll-B. Doch muss 
es in der ersten Zeit Regel gewesen sein, dass 
der junge Mann, naehdem er zum erstenmal rasiert 
war, keinen B. mehr trug (Gell. Ill 4): nur so 
konnte die Sitte entstehen, die depositio barbae 
gleichsam als Eintritt ins Mannesalter zu feiern 
und den abgeschnittenen B. derr Gottern zu weihen, 
Cass. Dio XLVIH 34, 3. LXI 19, 1. LXXIX 14, 
4. Suet. Cal. 10; Nero 12. Iuv. 3, 186. Petron. 
29. Anth. Pal. VI 242. IX 19. Spater, in der 
letzten Zeit der Republik und ersten Kaiserzeit, 
trugen junge Stutzer aueh nachher elegant ge- 
schnittene Barte, Cic. pro Cael. 33; ad Att. I 
14, 5. 16, 11; de leg. agr. II 13; an alien diesen 
Stellen kann nicht von ganz jungen Leuten die 
Rede sein; vgl. aueh Ovid. a. a. I 517. Sen. ep. 
114, 21. Mart. VIII 47. Besonders deutlich ist 
aueh Gellius III 4, welcher offenbar annimmt, 
dass in einer auf die Zeit des jungeren Africanus 
folgenden Periode Leute hoheren Standes bis zum 
vierzigsten Jahre B. zu tragen pflegten, und sich 
wundert, dass es fruher anders war. Aueh bei 
Iuv. 6, 105 bezeichnet radere guttur ein reiferes 
Alter. Dies bestatigen aueh die Munzen (Bor- 
ghesi Oeuvres I 93ff.) und noch fur die Zeit des 
Traian die Reliefs des Bogens in Benevent (Peter- 
sen Rom. Mitt. VII 1892, 253. 254). Wenn also 
Cass. Dio XLVIH 34, 3 berichtet, dass Augustus 
seit seinem vierandzwanzigsten Jahre, 39 v. Chr., 
keinen B. mehr trug, und hinzugefiigt : &ojieq oi 
allot, so ist letzteres in dieser Allgemeinheit 
nicht richtig. Vermutlich ging sowohl das langere 
Wachsenlassen als das Rasieren nach dem vier- 
zigsten Jahre aus demBestreben hervor, moglichst 
lange Jung zu scheinen. 

Den B. lang wachsen zu lassen gait als Zeichen 
der Trauer; daher thaten es Angeklagte (barba 
reorum, Mart. II 36, 3) und Verurteilte (Liv. 
XXVII 34, 5), aueh solche, die dadurch ihre 
Trauer urn das Vaterland ausdriicken wollten, 
Suet. Caes. 67; Oct. 23. Plut. Cat. min. 53; Anton. 
18. Lucan. II 372. Eckhel D. N. VI 22. Bor- 
ghesi Oeuvres I 111. II 67. Aueh wo das bar- 
bam promittere in Bezug auf altere Zeit erwahnt 
wird (Liv. II 23, 4. VI 16, 4. Dionys. VI 26), 
braucht es nicht durchaus Anachronismus zu sein ; 
denn die Vorstellung der Spateren, als seien die 
Romer vor 300 ganz incompti und korridl ge- 
wesen, ist schwerlich richtig; vielmehr wird man 
den B. gewShnlich unter der Schere gebalten haben. 

Die Mode des Vollbarts kani wieder in Auf- 
nahme durch Hadrian (Cass. Dio LXVIII 15, 5. 
Iuliaii. Caes. 311), der ihn trug, urn Narben oder 
Muttermale zu verdecken (Hist. Aug. Hadr. 26). 
Seitdem trugen ihn die Kaiser durchweg, mit 
ganz wenigen Ausnahmen (Caracalla, Elagabal, 
Cass. Dio LXXVn 20, 1. LXXLX 14, 4), bis zu 
Constantin. Dieser und seine Nachfolger, mit 
Ausnahme Iulians, sind wieder bartlos. 

Dass aus der B.-Tracht der Kaiser nicht auf 

Pauly-Wissowa III 



allgemeine Volkssitte geschlossen werden darf, 
geht schon aus dem oben fiber Augustus Gesag- 
ten hervor. So werden aueh unter den bartlosen 
Flaviern Barte erwahnt, Mart. VII 95, 11. VIII 
47 , und auf der Traianssaule sind die Soldaten 
grossenteils bartig. Aber aueh fur die hoheren 
Stande und selbst fiir die Umgebung des Kaisers 
war sein Beispiel nicht unbedingt massgebend. 
Sowohl auf den von einem traianischen Monument 
10 stammenden Reliefs des Constantinsbogens als aueh 
auf dem Bogen von Benevent erscheint Hadrian 
im Gefolge des Kaisers bartig, Petersen Rom. 
Mitt. IV 1889, 319. 324. VII 1892, 252. Eben 
deshalb kann aueh auf den Reliefs der Marmor- 
schranken auf dem rOmischen Forum (Mon. d. Inst. 

IX 47. 48) das Vorkommen bartiger Manner im 
Gefolge des Kaisers nicht, wie Bormann (Variae 
observationes , Marburg 1883 XII) meint, einen 
durchschlagenden Grund gegen die Beziehung der- 

20 selben auf Regierungshandlungen Traians abgeben. 
He rmann-Blu inner Griech. Privataltert. 208. 
Marquardt Privatl. der Romer 2 598. Becker- 
Go 11 Charikles III 295; Gallus III 237. Dar em- 
berg et Saglio Dictionn. I 667. [Mau.] 

Burtae, Ort in Pontus, an der von Neocaesarea 
nach Polemonium fuhrenden Strasse (Tab. Peut. 

X 3 Miller), v. Tschihatscheff, der 1853 diese 
Strasse gezogen ist, hat keinerlei Reste einer alten 
Ansiediung gefunden. Peterm. Mitt. Erg. -Heft 

30 20, 60. [Ruge.] 

Bartas (Baordg), Insel mit Hafen in eineni 
Meerbusen an der Kfiste von !Nuinidien oder Maure- 
tanien, Skyl. 111. [Dessau.] 

Barthas (Ba^&ag), Preier der Penelope aus 
Zakynthos. Apd. epit. 7, 29. [Escher.] 

Barthyra s. Bathyra. 

Barucha s. Kaphar Barucha. 

Baruka (Ptol. V 12, 5), Ortschaft im siid- 

Sstlichen Teile von Albania, nordlich von den 

40 Mundungen des Kyros und nahe an Gangara 

(Baku). Ein Dorf Barak gab es nach Jankowsky 

weiter im Westen, im Gebiet von Seki. 

[Tomaschek.] 

Baruklia, Ort in Phrygien oder Pisidien, von 
dem nur das ifhtxov uberliefert ist Ba.QOvxXia.v6i 
auf Inschriften aus Saghir, nBrdlich vom Hoiran 
GOl. Sterret Papers of the American school 
Athens III nr. 374, 7 (vgl. dazu p. 431). nr. 378, 
11. [Buge.] 

50 Barusai (Var. Bagovaam, Ptol. VII 2, 28), 
fiinf Inseln im indischen Meere westlich von der 
Halbinsel Chryse, bewohnt, wie es Mess, von An- 
thropophagoi. Der Pinax verzeichnet sie im Meri- 
dian der drei Sindai (Andamanen), aber sildlich 
von der Aequatorinsel 'Aya-dov Saifiovog (s. d. Bd. 
I S. 763) und vor den drei Sabadeibai (an der 
Ostseite von Sumatra). Kiepert, der die ,Insel 
des guten Geistes' fiir Sumatra halt, flndet die 
B. in den an der Westseite von Sumatra gelegenen 
60 Inseln Simalu, Nias, Babu, Siberut, Pora, Pageh 
und Engano. An der Westkiiste Sumatras zwi- 
schen Singkel und Siboga lag und liegt Baras, 
eine seit alters als Stapelplatz des sumatranischen 
Kampfers und Benzoes bekannte Ortschaft (vgl. 
malay. Kapur-Bdrus und bei Garcia de Orto 
Coll. IX 31. XII 42 benjuy de Barros, canfora de 
Barros). Der Schiffsweg nach Kattigara fohrte 
jedoch nicht entlang der Westkriste Sumatras, 



35 



Baryaxes 



Bas 



36 



sondern durch die Malakkastrasse ; die Insel selbst, 
deren beispiellose Lange alien Seefahrern auffiel, 
konnte hiebei ganzlich unbeachtet bleiben; hatte 
sie Ptolemaios gekannt, so wiirde er deren Nord- 
und Sudende mit Graden bestimmt baben; seine 
Ansatze .siidlich vom Aequator' sind nicht streng 
zu nehmen, wie der Irrtum bei Taprobane und 
Chryse zeigt. Besser scheint darum H. Yule 
(Proceedings geogr. Soc. London IV 1882, 655) 



an die Zeit der indohellenischen Konige, z. B. 
Silberstateren und Drachmen des Apollodotos und 
Menandros; auch die arabischen Berichte erwah- 
nen die Mirnzen tateria. Im Hafen strSmten alle 
Naturproducte und Waren der indischen Welt zu- 
sammen, aus Malabar, von der C6ramandalakuste 
(iiber Tagara und Paithana), aus Ozene, Indosky- 
thia und weiter iiber Land aus Baktra und Serike j 
und von B. gelangten sie sodann in alle Hafen 



die fiinf grOsseren Inseln der Mkobaren den B. 10 des westlichen Beckens, nach Ommana, Apologos 



gleichzustellen. Als der sinische Pilger I.tsing 
im J. 672 aus Sinhala-dvipa nach Cina heimfuhr, 
beriibrte er zuerst die Insel Po.lu.sse (skr. Varu- 
9a?), dann die Kiiste von Mo.lo.yeu (Malayur bei 
Marco Polo). Ebenso fuhren die persischen und 
arabischen Kauffahrer von Silan in zehn his fiinf- 
zehn Tagen durch das Meer Harkand zu den Inseln 
der Lang-Balus oder der .nackten Barus', hierauf 
in fiinf Tagen nach Kalah (jetzt Queda) und durch 



Adana, Muza, Soqotra, Berenike und Alexandria, 
sowie nach den Emporien der Barbaria und Azania. 
Als Gegenstande der Ausfuhr erwahnt der Peripl. 
75 a. a. 0. Sclavinnen, Getreide, Beis, Sesamol, 
fltissige Butter, Zucker, Tekholz, Ebenholz, San- 
delholz, Malabathron, Kostos, Narde, Bdella, Edel- 
steine, Kupfererze, und namentlieh Baumwollzeuge 
aller Art, einfarbige und bunte, bis zu den feinsten 
Musselins; dafiir gelangten arabische, agyptische 



den Sund von Singapur. Uber die Lang-Balus 20 und romische Waren und Product* in die indischen 



berichtet der Kaufmann Soleiman im J. 850 : ,sie 
gehen alle nackt herum, nur die Weiber hedecken 
ihre Teile mit Palmblattem, sie haben lichtere 
Haut und minderen Bartwuchs (als die Negritos 
der Andamanen); sie fahren den Schiffern auf 
kleinen Booten entgegen und bieten gegen Zeuge 
und eiserne Gerate Ambra und Cocosniisse an, 
und schwimmen so vorziiglich, dass es ihnen oft 
gelingt, mit gestohlenem Eisen zu entwischen'. Die 



Lande. Die BarScizeuge waren von jeher bei den 
Malayn beliebt; aus der Verbreitung iudischer 
Wollstoffe bei den Kaffern Sofalas merkte Vasco 
de Gama die Nahe Indiens. Der inschriftlich 
iibeTlieferte Name des Emporions lautet Bharu- 
kaccha (prakr. Bharu-gacca). Im J. 640 erreichte 
der sinische Pilger Hjuan-Thsang von Haharastra 
an der Godavari in zehn Tagen die am Flusse 
Nai.mo.tho (Narmada) gelegene Metropole Pho. 



Barus waren jedenfalls Stammverwandte der Besyn- 30 lu . kie . che . pho (Bharukaccheva) und zog von da 



geitai (s. Besyngas) und gleich diesen Menschen 
fresser; das Epithet Lang- bedeutet ,nackt', gleich 
ncmg , nanga, nagga, skr. nagna , dazu wurde 
spater, statt des Volksnamens, das persische Wort 
bar a ,Kiiste' oder auch ban ,Sund, Meeresstrasse, 
Canal' gesetzt: Naga bari im arabischen Seespiegel 
Mohit, plur. Nagavaran bei Kasid eddin aus dem 
J. 1300, Necuveran, Nicoveran bei Marco Polo 
in 12. 13 (II p. 289 ed. Yule). Oderico de Porde- 
none 24 ; die Portugiesen setzen die Ylhas de Ni- 40 
cubar in 7 — 8° nordlich. [Tomaschek.] 

Baryaxes (Bagvd^g), ein Meder, hatte sich 
wahrend des indischen Feldzuges Alexanders d. 
Gr. zum Konige von Persien und Medien aufge- 
worfen. Er wurde von Atropates, dem Satrapen 
von Medien, festgenommen und auf Befehl Ale- 
xanders getotet, im Winter 325/4 (Arrian VI 
29, 3). [Kaerst.] _ 

Barygaza {^ und xd), das bedeutendste indi- 



nordwarts in das Reich Lara oder Malava. Als 
die Araber wider die Piraten des Vallabhireiches 
Expeditionen veranstalteten, wurde auch dieHafen- 
stadt Bar6s oder Bhar6g, wie wir aus Tabari er- 
sehen, von ihnen angegriffen; diese wurde von 
Pahrzeugen aus Fars und Cina besucht, Edrisi 
p. 175, Be'runi erwahnt die Stadt mehrmals; auch 
in der portugiesischen Zeit tritt Baroche Offer 
hervor. [Tomaschek.] 

Barza, fremdlandische Harfenspielerin. Sui- 
das s. xovoovgyoi. [v. Jan.] 

Barzala (Barxalo) s. Barsalion. 

Bar/iines (BagCdv^g). 1) Mythischer Konig 
Armeniens, der sich dem Ninos unterwirft, Diod. 
II 1. [Baumgartner.] 

2) War von Bessos zum Satrapen von Parthien 
gemacht worden, kam im Winter 329/8 in Ale- 
xanders d. Gr. Gewalt (Arrian IV 7, 1). [Kaerst.] 

Barzaura (Ptol. VI 18. 4), Ortschaft der Pa- 



sche Emporion am Golfe gleichen Namens (0 Ba- 50 ropanisadai, westlich von Kapisa, das am ab-i-Gh&r- 



Qvydfrtv oder Bagvya^ijvog xoXnog, jetzt Golf von 
Khambay), 300 Stadien von der Munde des Na- 
mades (Narmada, jetzt Narbada), im Reiche Ariake 
oder dessen n&rdlichem Teile Larike, Peripl. mar. 
Erythr. 41—51. Ptol. VII 1, 5. 62. VIII 26, 12; 
fi Bagyoaij Strab. XV 720; die heutige Stadt 
Broac oder Baroc 21 ° 43' nOrdlich, 73° 2' ostlich, 
30 Miles von der Flussmunde am nordliehen Ufer 
der Narbada. Die agyptischen Kauffahrer, welche 
von Aromata oder von Kane gegen B. fuhren, er- 60 halt zu fangen, was ihm aber nicht gelang (Ainni 



band lag, also nahe an Bamian. Zu dem irani- 
schen Namen barxa-ura ,hochgelegene Feste' oder 
,eine hohe Brust besitzend' vergleicht sich die. von 
dem arabischen Geographen Moqaddesi erwahnte 
Feste Barzur, welche im Gebiet von Guzgan, also 
auf baktrischem Boden, lag. [Tomaschek.] 

Barzimeres, Tribunus scutariorum unter Va- 
lens, wurde 374 vom Kaiser ausgesandt, um den 
Konig der Armenier, Para, durch einen Hinter- 



warteten am Vorgebirge Papike siidlich vom Insel- 
chen Baione (s. d.) , also an der Surastrakiiste, 
die Lotsen aus B., welche die Schiffe zur gegen- 
fiberliegenden Landspitze Herone geleiteten und 
durch die seichte Flussmiindung in Schlepptau 
nahmen ; zumal bei Neumond staute die Hochflut 
das Wasser heftig auf und warf die Schiffe ans 
Ufer. In B. fanden die Griechen Erinnerungen 



XXX 1, 11. 16), und fiel 377 im Kampfe gegen 
die Gothen, Amm. XXXI 8, 9. 10. [Seeck.] 

Bas, Bag (der Name wird auch von dem Scho 
lion Bekker Anecd. 1181 als jiaautvs Iloviov er- 
wahnt), bithynischer Hauptling zur Zeit Alexan- 
ders, Yater 'des Zipoites, regiert nach Memnon 
hist. Her. 20 (FHG III 537) 50 J. = 377—327 
und wird 71 Jahre alt. [Ed. Meyer.] 



37 



Basaboiates 



Basanarai 



38 



Basaboiates (oder Basaboeates), Volkerschaft 
der Provinz Aquitanica bei Plin. n. h. IV 108. 
S. Vasates undVocates. Desjardins Geogr. 
de la Gaule II 363. [Ihm.] 

Basada s. Vasada. 

Basag (Var. Basa), Insel vor der Kiiste Ara- 
biens, Plin. VI 151. Sprenger (Alte Geogr. 46) 
stellt es mit der 'hQatcwv vfjaoe des Ptol. VI 7, 
43 zusammen. [D. H. Miiller.] 

Basalt. Der Name B. kommt fur die heut 
so benannte Gesteinsart zuerst vor bei Georg 
Agricola, in dessen Schrift De natura fossilium 
(Basel 1546) im siebenten Buch, wo p. 310 und 
315 neben dem aus Plinius citierten aethiopischen 
B. der von Meissen genannt wird. Es unterliegt, 
nach der ausffihrlichen Darlegung Buttmanns 
Museum d. Altertumswissensch. II 57ff. keinem 
Zvveifel, dass Agricola diese Benennung aus 
Phn. XXXVI 58 entnahm: invenit eadem, Aegy- 
ptus in Aethiopia quem vooant basaniten, ferrei 
eoloris et duritdae, unde ei nomen dedit; die 
Vulgata basalten (wahrend der Cod. Bamb. die 
richtige Form basaniten hat) ward Veranlassung 
der entstellten Benennung (Isid. or. XVI 5, 6, 
welche Stelle auf Plinius zuruckgeht, haben die 
Hss. basanites, wahrend basaltes in den Text erst 
durch Arevalus gekommen ist). Dass dieser 
Stein, dem Plinius die Harte und Farbe des Eisens 
zuschreibt, in der That unser heutiger B. ist, 
lasst sich freilich nicht mit absoluter Sicherheit 
erweisen; zieht man aber die anderen Stellen. wo 
er mit diesem Uamen benannt ist, in Betraeht, 
namlich Plin. XXXVI 147. 157 (darnach Isid. or. 
XVI 4, 36) und Ptolem. IV 5, 27 (Erwahnung 
von xov flaoaviiov Xi&ov oqoq an der agyptischen 
Kiiste des arabischen Meerbusens), so sprechen 
die Angaben sowohl fiber die Beschaffenheit des 
Steins, als uber die Fundorte Oberagypten, Aethio- 
pien und Kustengebiet des roten Meeres (in Abes- 
synien flnden sich ausgedehnte B.-Decken, auch 
sonst in Ostafrica, vgl. Zirkel Lehrb. d. Petro- 
graphie II 917ff.) dafiir, dass in der That der 
alte Basanit und der heutige B. identisch sind, 
was Buttmann a. a. O. 90 noch unentschieden 
liess, dagegen Bruckmann in seiner Steinkunde 
Kap. 30 bestimmt annahm, worin ihm Hirt Amal- 
theaI231, Corsi Delle pietre antiche 196. 215, 
Clarac Mus. de sculpt. I 170 u. a. gefolgt sind, 
wahrend Platner Beschreibung Koms I 350 jede 
Verwandtschaft zwischen beiden Gesteinen leug- 
nete. Vielfach hat man auch in einer oft be- 
sprochenen Stelle des Strabon XVH 818 den B. 
erkennen wollen. Dieselbe lautet : ijWo/iev V ek 
ViXae eh Sv-^vr/g djirppfl dt' Sfialov a<pdd(ja xediov 
ozadiovg ojxov re exazov. nag' olrjv 8b xr\v odor 
r)v ifelv sxaiegmtiev xofAayov &oxeg eg/iaia xezqov 
ijMfiaxov oiQoyyvlov , ).tXov Ixavtog, syyvg txpaigo- 
ttdovg, xov fittarog xai oxlrjQOv lldov , e| ov at 
fivi'ai yivovxai, £ti jihgm xsifievov fielCovi xal £t' 
ty.etvio tioLy aX/.ov • saxt 8' ore avxol xaO' avxovg 
saeevxo oi xhgoi ■ fjv S' 6 fusv fisyioxog xi/v did- 
jxexoov jiodoiv ovx iXaitorcov r\ 8ib8sxa, ajiavrsg 
8b fxil'Covg rj fftiiosig xovztov. Hier glanbte man 
deutlich den B. beschrieben zu flnden (so auch 
Lenz Mineral, d. alt. Gr. u. Eom. 67 Anm. 233b) ; 
allein schon A. v. Humboldt Mineralog. Be- 
obachtungen iib. einige Basalte am Bhein (Braun- 
schweig 1790) 29. 62 (vgl. auch Wittwer Alex. 



v. Humboldt, Leipz. 1860, 13ff.) hat erklart 
(vornehmlich auf Grund der Angaben des Eeisen- 
den Pococke, der denselben Weg beschreibt), 
dass Strabon nichts als Granit gesehen habe, 
dessen Aussenseite schwarz geworden war, und 
Buttmann 61if. hat auch aus sprachlichen Griin- 
den jene Identiflcierung als unhaltbar erwiesen. 
Ebenso bleibt es zweifelhaft, ob wir Strab. XVII 
808 : cuio 8s &£iisXicov fJ.&XQi fiioov a%s86v xi 

10 fj.sX.avog U&ov iaxiv (die Pyramide des Mykerinos), 
eJ oi xal xag flvtag xaxaoxevdCovot , xofiiCovxsg 
jioggcafisv • card yog xa>v xijg Avfywniag ogmv. xal 
xtp axXtjgog eivai xal dvoxaxigyaozog aoXvzeXfj xfjv 
jigayfiaxsiav nagio^, an B. zu dehken haben, da 
Morser zu medicinischen Zwecken auch aus andern 
harten Steinen hergestellt zu werden pfiegten, 
und an der Pyramide kein B. verwandt war, son- 
dern Granit (Buttmann 99, vgl. De'script. de 
l'Egypte V 670. Per rot Hist, de Tart I 238). Auch 

20 das muss als sehr zweifelhaft bezeichnet werden, 
ob der Stein, der unter dem Namen lapis Aethio- 
pieus mehrfach vorkommt (Herod. II 134 bezeich- 
net das Material der unteren Halfte der genann- 
ten Pyramide als Xiftog A'Siomxog), B. sei, wie 
friiher oft angenommen wurde; denn wenn auch 
Plin. XXXVI 58 Aethiopien als Heimat des ba- 
sanites angiebt, so unterscheidet er doch ebd. 157 
diesen vom lapis Aethiopicus, und bei Apoll. Sid. 
carm. 11, 17 ist der lapis Aethiops offenbar eine 

30 edle Gesteinsart (Corsi 215 deutet ihn als schwar- 
zen Granit). Dass die Agypter sehr friih die ver- 
schiedenen B.-Arten, namentlieh schwarzen und 
grauen, zu Bildwerken verwandt haben, ist be- 
kannt, und es haben sich viele Beste von B.- 
Sculpturen erhalten , vgl. Perrot a. a. O. 672. 
687. Auch die alexandrinische Kunst bediente 
sich des harten und schwer zu bearbeitenden 
Steines fur die Sculptur: Plinius XXXVI 58 er- 
wahnt die daraus gefertigtc Bildsaule des Nil 

40 (die entsprechende Gruppe im Vatican ist ver- 
mutlich eine Copie davon), und auch Pausanias 
VIII 24, 12 spricht von den [teXavog XJ&ov dydX- 
fiaza des Nil. Wegen seiner Harte wurde er auch 
besonders zu Reibschalen und Morsern fur medi- 
cinische Zwecke verarbeitet (Plin. XXXVI 147. 
157). Hingegen irrt Plinius, wenn er XXXVI 58 
angiebt, dass der beriihmte tonende Memnonskoloss 
aus basanites gefertigt sei; derselbe besteht viel- 
mehr aus einem quarzigen Sandsteinconglomerat 

50 (Humboldt a. a. O. 57). Auch die rOmische 
Kunst hat B., wie die anderen harten Steine 
Agyptens, in der Plastik verwendet (namentlieh 
fur Portratbusten). Ubersichten iiber B.-Sculp- 
turen in unseren Museen finden sich bei Hirt, 
Corsi, Platner, Clarac a. a. O.; vgl. auch 
Ha user E5m. Mitt. X 97. [Bluniner.] 

Basan, 1) Landschaft im Ostjordanland s. 
Batanaia Nr. 1. 

2) Stadt in Palaestina (Synkell. I 405 Din- 

60 dorf. Georg. Cedren. I 138 Bekker), verderbt aus 
Bethsean, einheimischer Name von Skythopolis, 
s. d. [Benzinger.] 

Basanarai (Ptol. VII 2, 19), ein hinterindi- 
sches Volk oberhalb der Chalkitis am Mittellauf 
des Flusses Doanas, also wahrscheinlich eine Ab- 
teilung der Mo'i-Aboriginer Kambogas. Thatsach- 
lich gibt es unter diesen eine etwa 16 000 Seelen 
zahlende Tribus, Ba.hnar, iiber welche schatzbare 



39 



Basanisai 



BacaQoSvayos fiacCketov 



40 



Nachrichten durch Gamier, Bastian, Navelle, 
Morice, Combes u. a. vorliegen; den Sprach- 
schatz hat derMissionarDourisboure gesammelt, 
Dictionnair Bahnar-fran9ais, Hongkong 1889. Ba- 
sanara stellt die sanskritische Form furBa.hnar 
vor. [Tomaschek.] 

Basanisai (Baaavlaai , auch Bavlaou) , thra- 
kisches Volk, Steph. Byz, [Oberhummer.] 

Baaavhtjg s. Basalt. 

Basanitis s. Batanaia Nr. 1. 

Baaavirov Xi&ov agog, Gebirge im Gebiete 
der Arabaigyptioi, zwischen Nil und Rotem Meer, 
Ptol. IV 5, 27. Auf die iiberlieferte Ortsbestira- 
mung, nach der es stidlich von Berenike Nr. 5 ge- 
legen hatte, ist wie so oft, nichts zu geben, da 
sie bei den vorher genannten Gebirgen, deren 
Lage Tins bekannt ist, sicher falsch ist. Da aber 
die Benennung eines Gebirges nach einem bestimm- 
ten Gestein nur Sinn hat, wenn dieses dort ge- 



XLV 62. XLVI 21. LIV 27. LIX 122. Isokr. 
XYII 15 u. a.; eine solche Urkundelst erhalten 
Demosth. LIX 124). Sie wurde vor Zeugen an 
den Gegner gebracht (Lys. VII 34 und die Ur- 
kunden Demosth. XLV 61. LIX 123), konnte aber 
von demselben ohne rechtlichen Nachteil abge- 
lehnt werden. Gewflhnlich wurden diese Aussagen 
schriftlich aufgesetzt und versiegelt bei der Ana- 
krisis zu den Acten gebracht (Demosth. LIII 24), 
lOdoch kommt zuweilen vor, dass die Sclaven erst 
vor den Richtem peitilich befragt werden (Demosth. 
XL VII 16f. Aisch. II 126). Die Folterung wurde 
entweder durch Privatpersonen flaoaviozai, Tiber 
welche man sich geeinigt hatte, vorgenommen, die 
auch den dem Sclaven zugefiigten Schaden ab- 
schatzten (Ant. I 10. V 32. Isokr. XVII 17. 
Demosth. XXXVII 40), oder durch den Scharf- 
richter und seine Leute (Aisch. II 126. Harpokr. 
s. Srjpoxoivos. Etym. M. 265, 23). Eigene Sclaven 



brochen wurde, so kann das B. 1. 6. nur das seit 20 konnte man naturlich zur Erforschung der Wahr- 



den altesten Zeiten und auch unter rOmischer 
Herrschaft ausgebeutete Hammamatgebirge an der 
Karawanenstrasse von Keneh nach Koseir sein, 
das agyptisch ,Gebirge des bhn = Steines' hiess. 
Der hier gebrochene Stein von grosser Harte und 
schwarzer , oft auch brauner oder dunkelgriiner 
Farbe , wird von den Archaeologen gewolinlich 
Basalt genannt, ist aber nach Fraas (Aus dem 
Orient I 36, Stuttg. 1867) eine Art Melaphyr- 



heit auch vor einer Klage peinlich befragen (Ant. 
V 30f. 45f.)- Vgl. Schoemann-Lipsius Att. 
Proc.2 889f. Platner Proc. I 237f. Guggen- 
heim Die Bedeutung der Folterung irn attischen 
Processe, Zurich 1882. 

Das gewShnliche Folterwerkzeug war das Bad, 
TQo^og, auf welchem der KSrper angebunden, aus- 
gerenkt und oft noch geschlagen wurde (Suidas 
s. rgoxd;. At. Pax 451 ; Plut. 876. Lys. 845. Plut. 



diorit; der Name dieses Steins bfyn der also dem 30 Nik. 30. Demosth. XXIX 40. Luk. Tox. 28; dva- 



viel umstrittencn (iaaavixrjg (CIG 5127. Hesych. 
Plin. n. h. XXXVI 11. 147. 157; vgl.Keferstein 
Beitrage zur Geschichte und Kenntnis des Basalts) 
entsprechen muss, war vermutlich das Grundwort 
fiir das hebraische bdehan ,prtifen' (spec. Metalle) 
und das griechische fidoavog, das nach allgemei- 
ner Ansicht ein Fremdwort ist; vgl. Buttmann 
Mus. d. Altertumswiss. II 53ff. Curtius Griech. 
Etymol.6 439 und den Artikel Basalt. 

[Sethe.] 
Bdoavoi, Priifsteine, technisch Prtifungsmittel 
vor Gericht (Plat. Leg. XII 946 c) , insbesondere 
die Folter. Burger waren vor der Folter geschiitzt 
durch Volksbeschluss Ini 2xa/.iavdQiov , And. I 
34, und wenn sie dort und bei»Plut. Phok. 35 
damit bedroht sind , so ist doch kein Fall der 
Anwendung uberliefert. Gegen freie Nichtburger 
findet sie sich angewandt bei Staatsverbrechen 
(Demosth. XVIII 133. Dein. I 63. Aisch. Ill 224. 



fifjvai im xov xqo%qv Ant. V 40 ; dvafiifid&iv And. 
1 43 ; rooygeiv Ant. 1 20). Der Ausdruck oxgspZovv 
spricht dafiir, dass das Ausrenken durch Drehung 
des Bades bewirkt wurde, wobei dann wohl Teile 
des KOrpers ausserhalb des Bades angebunden 
waren. Im Schwunge kann das Rad nicht erhalten 
worden sein , etwa wie das des Ixion. An die 
Stelle des Rades trat mitunter eine Leiter xlifiaS 
(Ar. Ran. 618. Suid. s. xfo/naxttmv). Andere Folter- 
40mittel giebt die letzte Aristophanesstelle an. 
Reitemeier De origine et ratione quaestionis 
per tormenta, Gott. 1783. Guggenheim a. 0. 
25. [Thalheim.] 

Basante, Station im siidlichen Teile von Pan- 
nonia inferior auf der Strasse von Siscia nach 
Sirmium, den Savus abwarts, LVI m. p. westlich 
von Sirmium: Ad Basante Tab. Peut., Bassantis 
Geogr. Rav. IV 19 p. 205; ob Caput Basensis 
Not. imp. occ. 31 p. 92 auf Bassiana Nr. 2 oder 



Plut. Nik. 30. Thuk. VIII 92. Lys. XIII 59) und 50 auf einen Briickenkopf an der Einmiindung der 



in Blutprocessen (Ant. V 30. Lys. ITI 33). Bei 
Sclaven war die Folter gebrauchlich mitunter als 
Strafe (Suid. s. xgo^dg und em xQoyov) oder wenig- 
stens Strafverscharfung (Plat. Leg. IX 872 b und 
vielleicht Ant. I 20), sehr haufig aber, um ihnen 
eine rechtskraftige Aussage abzugewinnen. Auf 
solche durch die Folter erpresste Sclavenaussagen, 
die selbst auch (}. hiessen (Demosth. LIII 24. Hyp. 
bei Harpokr. s. (Idoavos), wurde in Athen einhoheres 



Bosna in die Save zu beziehen sei, lasst sich nicht 
entscheiden. Stammt der Name Bosna (in mittel- 
alterlichen Urkunden auch Bosana, Bosina, Boatna; 
vgl. to yjaoiov Boowva Const. Porph. de adm. 
imp. 32 p. 159, 21) aus dem Altertum, so mass 
als illyrische Grundform Bassana angesetzt werden. 
Jenes B. dagegen wird eher in der Einmiindung 
der bosnischen Tolisa in die Save , wo auch der 
Bosut einen Ann der Save zusendet, gelegen 



Gewicht gelegt, als auf die Zeugnisse der Freien 60 haben , der slavische Flussname Bosut entspricht 



(Ant. VI 25. Isai. VIII 12. Isokr. XVII 54. De- 
mosth. XXX 37. XLVn 8. Lyk. Leokr. 29. Ter. 
Hec. V 2, 7, doch vgl. Arist. rhet. 1377a. Ant. 
V 31). Der Antrag auf peinliche Befragung er- 
folgte in Form einer jxQoxAtfoig entweder als Auf- 
forderung an den Gegner, seine Sclaven dazu her- 
zugeben, oder als Anerbietung der eigenen (And. 
I 22. Demosth. XXIX 11. 38. XXXVII 43. 51. 



einem illyrischen Thema Bassant-; vgl. Bacun- 
tius. [Tomaschek.] 

Bagapare s. Bessapara. 

Basaro (lucus), Station westlich vom Euphrat, 
auf der Strasse vom kleinarmenischen Satala nach 
Artaxata, Tab. Peut. XI 1 ed. Mill., vgl. auch 
Basoropeda. [Baumgartner.] 

Batragmvayos fiaoileiov (Ptol. VTl 1, 92), 



41 



Bascanon 



Basileia 



42 



d. i. Malanga (s. d.) der dravidischen Aruarnoi; 
im zweiten Teil des Titels ist skr. naga enthal- 
ten, fiir den ersten Teil denkt Lassen an Vasara-, 
Cunningham an Ma(n)gerika-, beides unsichere 
Annahmen. [Tomaschek.] 

Bascanon, Ort Agyptens, Geogr. Rav. Ill 2. 

[Sethe.] 

Bascauda, ein Spulnapf einer aus Britannien 
stammenden Form, aus Metall, hatte um 85 n. 
Chr. seit kurzem in Rom Verbreitung gefunden. 10 
Der Name ist keltisch, Mart. XIV 99. Iuv. XII 
46 mit d. Schol. [Mau.] 

Basceiandossns (s. Andossus). Die Insehrift 
eines im Museum von Toulouse aufbewahrten Al- 
tars lautet DEOI BASGEIA/NDOSSOI AN- 
DOXjVSjV-S-L-M, J. Sacaze Inscr. anti- 
ques des Pyrenees nr. 292 (daselbst weitere Lit- 
teratur). Es ist fraglich, ob Based Andosso oder 
Baseeiandosso zu lesen ist. Der erste Bestandteil 
hat sich, wie es scheint, in dem Namen des Fund- 20 
orts (val de Bassioue', territoire communal de Mel- 
les) erhalten. Sacaze merkt an, dass Bassia, 
Bassies, Bassibie" und ahnlich die Namen mehrerer 
P3Tenaeenberge lauten. Holder Altkelt. Sprach- 
schatz s. Baseei. [Ihm.] 

Base ; Ort an der Kuste Tripolitaniens, 69 Mil- 
lien ostlich von Leptis Magna , It. Ant. p. 64. 
Nach Tissot (Ge'ogr. comparee de l'Afrique II 
227) das heutige Mersa el-Arar. [Dessau.] 

Basentns s. Casuentus. 30 

Basera {BaotjQa, Steph. Byz.), Stadt Phoi- 
nikiens, nicht identificiert. [Benzinger.] 

Basgidas, Ortschaft an der pontischen Ost- 
kiiste, neben Sebastopolis und Damiupolis, Geogr. 
Rav. IV 8 p. 169; moglich ware ein Zusammen- 
hang mit Abasgia, Abaskos. [Tomaschek.] 

Basgoidariza (Baoyoiddgi£a , var. Baayidd- 
QiCa), eines der drei namhaftesten unter den von 
Mithridates Eupator in Klein-Armenien erbauten 
75 Castellen, Strab. XII 555. Der Ort ist nicht 40 
ganz an der Grenze nach Gross-Armenien anzu- 
setzen, da a. a. O. die Grenzlage von Hcvogia 
hervorgehoben wird. [Baumgartner,] 

Basibunon (Baoifiowov), Castell, von Iustinian 
im Gebirge Rhodope angelegt, Procop. de aed. 
IV 11 p. 307 Bonn. [Oberhummer.] 

Basich, Hauptling der Hunnen, macht um die 
Mitte des 5. Jhdts. einen missgluckten Versuch, 
in das Perserreich einzufallen. und tritt spater 
in rOmische Dienste, Prise, frg. 8 p. 90. 50 

[Seeck.] 

Basila, rOmischer Beiname, z. B. T. Helvius 
Basila (CIL X 5056f.) [P. v. Rohden.] 

Basilai (BaolXai), ein den Aeoxoivai ent- 
sprechendes GSttinnenpaar, nur bekannt aus einem 
Weihepigramm eines in Argos lebenden Atheners 
Namens Archelaos aus dem 2. oder 3. Jhdt. n. Chr., 
Xaibel Epig-r. 822, 9; vgl. Usener Gotternamen 
222, 12, wo die Form Baai/.rj, an der auch Ditten- 
berger (CIA III 172) Anstoss genommen hatte, 60 
durch eine Reihe von Beispielen belegt ist. S. 
Basile. [Kern.] 

Basilas, Eponymos in Ankjra unter Tiberius. 
CIG 4039. [Kirchner.] 

Baslle (BaaiATj). Eine Gottin Namens B. ist 
uns nur aus Athen bezeugt. Eine in Athen zwi- 
schen Dionysostheater und Ilisos gefundene In- 
sehrift aus dem J. 418 v. Chr. CL4 IV 2, 53 a 



bezeugt ein uqov und tejisvos der B. und des 
Neleus neben einem Isqov des Kodros und be- 
statigt so die tiberlieferung im Cod. Bodleianus 
des Platon Charmides 153 a sig xtjv Tavgiov na- 
XaiarQav xrjv xazavTixQV xov xfjg BaotXrjg iegov 
dcrji&ov, v. Wilamowitz-Moellendorff Lec- 
tiones epigraphicae 5. E. Curtius Gesammelte 
Abhandlungen 1459. Curtius a. a. O. halt da- 
nach B. fiir ein ,daemonisches Wesen, in welchem 
der Ruhm des attischen KSnigstums personificiert 
ist'. Aber ein im Juni 1893 in der Nahe von 
Neuphaleron gefundenes Votivrelief an Hermes 
und die Nymphen CE<pq[i. agx- 1893 m'v. 9. 10) 
zwingt zu einem anderen Schlusse. Das Relief 
ist auf beiden Seiten sculpiert. Die eine der- 
selben (mv. 9) zeigt Echelos und B. auf einem 
nach links fanrenden, von Hermes geleiteten Vier- 
gespann. Die Deutung der drei Figuren ist 
gliicklicherweise durch Insehriften gesichert. Ro- 
ll ert und Ed. Meyer haben (Hermes XXX 
1895, 286) darauf hinge wiesen, dass auf diesem 
Relief die Entfuhrung der B. ganz dem Raube 
der Kore entsprechend dargestellt ist, und mit 
Recht den Schluss daraus gezogen, dass B. hier 
die Herrscherin der Unterwelt, eine Variante der 
Persephone bedeutet. B. ist also {laolleia, vgl. 
Sophokl. Iphig. frg, 289 N. (Hesych. s. paoilr;). 
Steph. Byz. s. Ayd/i/xsia • ksysxm tie xai 'Ay&fijjtTj, 
d>g TiQEofiua. 7iQia(Stj xal to flaail.ua xaza avva- 
loicprjv jiaailrj. Der Teilhaber ihres Heiligtums, 
Neleus, ist daher kein anderer als Hades der Er- 
barmungslose, und es liegt, wie Ed. Meyer a. a. 
O. bemerkt hat, in der That kein Grund vor, den 
Kult des Neleus und der B. in Athen fiir jung und 
importiert zu halten, wie noch Toepffer Att. 
Genealogie 240, 1 annehmen zu miissen glaubte. 
Dass Kodros erst nachtraglich hinzugetreten ist, 
hat v. Wilamowitz a. a. O. mit Recht aus dem 
Wortlaut der Insehrift CIA IV 2, 53 a geschlossen. 
Keine Himmelskonigin, wie Usener Gotternamen 
230 annimmt, sondern im Gegenteil, eine echt 
chthonische Gottin ist die athenische B. S. Basi- 
lai und Basileia Nr. 5. [Kern.] 

Basileia. 1) Baoifaia Var. Biodu , Ort in 
Babylonien am Euphrat mit einem von Dareios 
gegrundeten Tempel der Artemis. Hier nahm ein 
nach Semiramis benannter Canal seinen Anfang, 
wahrend der Hauptstrom durch einen Steindamm 
kiinstlich gestaut wurde , um die Felder starker 
zu iiberiluten, Isid. Charac. 3, Geogr. gr. min. I 
246. Es lag vielleicht in der Gegend des heuti- 
gen Halebijjeh und Zelebijjeh, Sachau Reise in 
Syrien und Mesopotamien 257. 258. Die echte 
Form des Namens scheint in der Variante BiaO-ei 
uberliefert, worin Bi das aramaeische Be (Bet) 
,Haus' wiedergiebt , welches als erster Teil von 
Ortsnamen in den Euphratgegenden besonders 
haufig ist. [Fraenkel.] 

2) Nach Plinius n. h. XXXVII 35. 36 der 
Name, welchen Timaios der Insel Abalus (s. d.) 
des Pytheas gab, was aber mit n. h. IV 95 nicht 
stimmt, wo des Pytheas Basilia mit der Insel 
Balcia identificiert wird , die nach dem Zeugnis 
des Xenophon von Lampsakos von unermesslicher 
Grosse und drei Tagefahrten vom Ufer der Skythen 
entfernt.sein sollte. Auch Diodor V 23 erwahnt 
diese Insel B. , welche im Ocean bei Skythien 
und gegen Galatien (= Germanien) hin liege, und 



43 



Basileia 



Basileia 



44 



an welche der Bernstein von den Wogen ange- o regina). Hera B., die Gemahlin des Zeus Ba- 

schwemmt werde, und ebenso hatte Metrodor der aiXevg, entspricht genau derrOmischen IunoRegina- 

Skepsier von diesem Eiland gesprochen (Plin. n. (Monum. Anc. lat.IV6 = graec. 10 und app. XVIII 

h. XXXVII 61). Dass an alien Stellen dieselbe 22 und Mommsen Ees gestae D. Aug. 2 p. 81. 

Bernsteininsel gemeint ist (nach Zenss Die Deut- Diels Sibyllinische Blatter 52, 1). Ein Kultbild 

schen 270 die Insel Oesel), scheint kaum zweifel- der Hera B. schwebt dem Dion von Prusa vor r 

haft. Die Widerspriiehe in den Angaben des als er in seiner ersten KOnigsrede (or. I 70) eine 

Plinius hat man auf verschiedene Weise zu heben Allegorie vom Konigstnm entwirft. Nicht richtig 

gesucht. Dass Mullenhoffs Conjectur (s. unter scheinen mir aber die Schlusse zu sein, zu welchen 
Abalus) nicht unbedenklich ist, hebt J. Geff- 10 Usener Gotternamen 227 gelangt ist. Er glaubt, 

ken TimaicV Geographie des Westens (Philol. dass B. urspriinglich Himmelskonigin bedeute, und 

Untersuch. XIII 1892) 68f. mit Recht hervor. dass diese Vorstellung von dem Augenblick an ge- 

Geffcken nimmt an, dass Timaios die Insel mit geben war, ,als von den Urvatern unserer Volker 

zwei Namen, dem griechischen und dem barbari- die himmlische Ehe oder, um in der Sprache indi- 

schen, bei Pytheas erwahnt fand. ,Er fiihrte sie scher Mythologie zu reden, die Hochzeit des Soma, 

gleich als B. ein und nannte dann im weiteren Ver- und der Surya, als das Vorbild der irdischen er- 

laufe auch noch den zweiten von Pytheas citierten dacht wurde' ; er reiht sie also seinen SondergOttern 

Namen. Dies missverstand Plinius oder seine Quelle ein. Uber diesen leodg ydpog urteilt vorsichtig und 

und entdeckte in der Angabe falschlich einen mit Berucksichtigung der die Religion stark bestim- 

Gegensatz des Timaios und Pytheas'. Sehr kflnst- 20 menden Macht des homerischen Epos P. Kretsch- 

lich ist v. Gutschmids Hypothese (Litter. Cen- mer Einl. in die Gesch. der griech. Sprache 91. 

tralbl. 1871, 527), Pytheas habe nebeneinander Die Beurteilung der B. ist von der der BaoiX.r/ 

"AflaXog nnd fj 'AfiaXrjoia vfjaog gebraucht, welches nicht zu trennen. Zunachst begegnet uns nun B. 

letztere in BAAIGIA verstiimmelt und dann teils an einer Stelle sicher als Beiname der Unterwelts- 

in BAGIAIA, teils in BAAKIA verlesen wurde. gottin (vgl. unter Basilis Nr. 2), namlich auf 

Zenss a. 0. scheidet Balcia von B.: Balcia sei einem Goldblattchen ausThurioi(IGSI641), dessen 

nichts anderes als Skandinavien , wahrscheinlich Verse von orphischeT Dichtung beeinflusst sind. 

die Benennung bei den Aisten , von denen viel- Wichtiger ist das von — djoiog x[qi] Zsv^Jiiuici> 

leicht auch der Name baltisches (weisses) Meer xairaiWi^^MgeweihteTotenmanlrelief (Conze 

stamme. Aber vermutlich ist fur Balcia bei Pli- 30 S.-Ber. Akad. Wien LXXI 1872 , 320. CIA II 

nius und Solin. 19, 6 Abaleia herzustellen und 1573), das sich jetzt im Museum zu Triest be- 

dies aus Abalus verstiimmelt; vgl. auch G. Hergt findet, weil unter Zeuxippos kein anderer Gott 

Die Nordlandfahrt des Pytheas (Halle 1893 Diss.) als Hades verstanden werden kann (vgl. xXvxo- 

30ff. und Holder Altkelt. Sprachschatz s. Ba- xtoXog u. s. w.). 

aiXeia. Zu der Pliniusstelle n. h. IV 94, wo eben- Kein Zeugnis aber fiihrt darauf hin, B. mit 

falls von einer Bernsteininsel die Rede ist, vgl. Usener als Himmelskonigin xaz' slo^y zu fassen : 

den Artikel Baunonia. sie ist zunachst gleichbedeutend mit BaoiXrj. Frtth 

3) Basilia, Stadt im Gebiet der Raurici, bei scheint dann diese halb verschollene Unterwelts- 
welcher (Amm. Marcell. XXX 3, 1) Valentinianus gottin mit der Meter verschmolzen zu sein. Denn 
(im J. 374) eine Peste baute: munimentum aedi- 40 dies, ist der Schluss, zu dem jetzt G. Loeschcke 
ficanti prope Basitiam, quod appellant accolae Vermutungen zur griech. Kunstgeschichte und zur 
Bobur. In der Not. Gall. IX 5 {in yrovincia Topographie Athens (Dorpater Prog. 1884) 14rT. 
Maxima Sequanorum) civitas Basiliensium, beim hinfuhrt. Loeschcke geht von Diodor III 57 
Geogr. Rav. IV 26 p. 231 Baxela , heut Basel. (aus Dionysios Skytobrachion) aus, nach dem Ura- 
Longnon GCogr. de la Gaule au Vie 8 i e cle 75. nos und Titaia-Ge die Eltern der B. und der Rhea 
228. ^ ■ sind. Wegen der grossen Sorgfalt, welche sie der 

4) Basilia*, Station in Gallia Belgica an der Erziehung ihrer Briider zuwendet, erhalt B. noch 
von Durocortorum (Reims) nach Divodurum (Metz) als Jungfrau den Namen fieydXt] fir/xtjo. Erst 
ftthrenden Strasse , 10 Millien von ersterem ent- spat vermahlt sie sich mit ihrem Bruder Hyperion 
femt (Itin. Ant. 364). Nach Walckenaer das 50 und wird durch ihn Mutter des Helios und der 
heutige Grand St. Hilaire. [Ihm.] Selene. Hyperion, Helios und Selene kommen 

5) Wahrend der Name BaoiXrj iiberhaupt nur durch die Eifersucht der Titanen um , B. aber 
als selbstandiger Kultname uberliefert ist, als durchschweift dann mit aufgelOstem Haar und 
Name einer Variarite der Unterweltsherrscherin unter dem Klange von Tympanon und Kymbala 
in Athen , begegnet uns B. nur selten als selb- in wildem Taumel die Lande, bis sie unter Donner 
standiger Name und zwar an keiner einzigen und Blitz verschwindet. Von dieser Zeit an wird 
Stelle, die fur einen bestimmten Kult ohne wei- sie fur eine Gottin gehalten, der man Altare er- 
teres etwas Sicheres ergiebt. Vielmehr erscheint richtet und einen orgiastischen Kult einsetzt. Mit 
B. wie BaatUs meist als Beiname grosser, mach- Loeschcke darf man aus Diodor schliessen, dass 
tiger Gottinnen, so der Hera, schon in der Pho- 60 B. ,zugleich /xeydXri fiTJxtjg mess und als eine der 
ronis frg. 4 Kink. ; im Bundeseid der Boioter und GCttermutter wesensgleiche Gottin orgiastisch ver- 
Phoker, Lolling Athen. Mitt. HI (1878) 19ff. ehrt wurde'. Inschriftlich bezeugt ist der Kult 
neben Zeus paodevg ; auf Kos Paton-Hicks The der #ed BaaiXeta an einem kleinen, Gazette archeol. 
inscriptions of Cos nr. 38, 6; auf Lindos IGIns. VIII (1883) pi. 37 abgebildeten Heiligtum auf 
I 786, 21; der Artemis bei den Thrakern und der Insel Thera, CIG II 2465c. Ross Ann. d. 
Paioniem Herodot. IV 33 {xf} 'Aqz£[uSi zjj paoi- Inst. XIII (1841) 21. Preller-Robert Griech. 
lijiff); der Aphrodite schon bei Empedokles 407 St. Myth. I* 650, 1. Nach den Bemerkungen von 
{KvnQie faoiXeia; bei Propertius V 5, 63 Venus Purtwangler Sammlung Sabouroff H zu Tafel 



45 



Basileides 



Basileides 



46 



CXXXVII (Preller-Robert a. a. O. 649, 2) 4) Basilides, Priester, der dem Vespasian auf 

scheint es festzustehen , dass die grosse Gottin dem Berge Karmel weissagte, Tac. hist. II 78; 

in Kleinasien oft als Schiitzerin der Graber ver- vgl. Suet. Vespas. 5. 

ehrt wurde genau wie Artemis, die griechische 5) Basilides, vomehmer Agypter, der dem 

Gottin, welche so oft die Stelle der kleinasiati- Vespasian im Serapistempel zu Alexandria erschien, 

schen Gottermutter vertritt. Es ist eine glanzende obwohl er weit entfernt war , Tac. hist. IV 82. 

Vermutung Loeschckes a. a. O., dass unter der Suet. Vesp. 7 (wo er Hbertus heisst). 

von Kratinos (Schol. Aristoph. Av. 1536) und [P. v. Rohden.] 

Aristophanes Av. 1536fi. erwahnten B. die Meter 6) Basileides, der vierte Nachfolger des Epi- 
zu verstehen ist, und zwar die Meter, welche amlOkuros in der Schulvorstandschaft, Diog. Laert. 

athenischen Markt verehrt wurde , die Schutz- X 25. 

herrin des Buleuterions. In ihrer Nahe waltet 7) Basileides (der altere), Stoiker, der nach 
Artemis Eukleia ihres Amts, und mit Recht hat seiner Stellung in der Epit, Diog. (Henn, I) zwi- 
Loeschcke 23 an die von Conze Archaeol. Ztg. schen Nestor und Dardanos fur einen Schiller des 
XXXVin (1880) Taf. 1 — 4 gesammelten Votiv- Babyloniers Diogenes und des Antipatros von Tar- 
reliefs erinnert, auf denen neben der Kybele stets sos gehalten werden muss, 
eine FackelgOttin , Artemis <pa>orfdoog, erscheint. 8) Basileides (der jiingere) aus Skythopolis, 
Jedenfalls ist bei diesen Reliefs der Gedanke an Stoiker unter Antoninus Pius, Lehrer des Kaisers 
den GOtterkreis von Samothrake vOllig fern zu Marcus Aurelius, Hieron. Chron. zu 01. 232. Sync, 
halten. Die Beziehung auf einen Kult in Athen 20 p. 351. Ob bei Sextus adv. math. VIII 258 dieser 
empfiehlt schon die Betrachtung der Fundorte und oder der altere Stoiker B. gemeint ist, liesse sich 
die Figur des Hermes, den Conze mit Unrecht nur entscheiden, wenn wir wiissten, ob Sextus 
als Kadmilos bezeichnet hat. Vgl. 0. Kern in den Namen in seiner Quelle vorfand. 
den von P. Wendland und ihm herausgegebenen [v. Arnim.] 
Beitragen zur Geschichte der griech. Philosophie 9) Von Milet, Sophist des 2. Jhdts. n. Chr., 
und Religion 116. In Pergamon gab es einen welchem Phrynichos eines der letzten 25 Bticher 
Mysterienkult der fitjrrjQ fj Baalism: Inschriften seiner aocpiatixrj jigojiaoaoxevrj widmete; Phot, 
von Pergamon II nr. 334. 481—483, und der Fund bibl. cod. 158 p. 101 a 31. [Vf. Schmid.] 
dieser Inschriften hat Loeschckes Hypothese 10) Grammatiker aus unbekannter Zeit, Ver- 
weiter kraftig unterstiitzt. Zweifellos mit Recht 30 fasser einer Schrift jieqi 'O/iijgtxijs Xs&a>g, von der 
hat Robert Arch. Jahrb. Ill (1888) 95 auf der nur die Epitome eines gewissen Kratinos citiert 
Platte V des pergamenischen Telephosfrieses (S. wird, Etym. M. 142 , 27 a^r/Xog : . . . tioqo. xo 
93), welche nach seiner evidenten Deutung die drjXog, SdrjXog ■ peia heqiooov rov T diSt/Xog xal 
Griindung der Stadt Pergamon darstellt , in der *ccr' sjiiv&eatv rov a aio&tjXog xal agityXog easte- 
rn einem tempelartigen, dorischen Gebaude befind- 6Sci> zov q. ovxco Kgaxtvog h xfj emzoftfj xmv 
lichen Frauengestalt die B. erkannt, , diese so recht Baodtidov hieqi 'OfitjQixije Xi^eaig und Etym. Gud. 
eigentlich das KOnigtum selbst verkOrpernde Gott- 78, 4 (= Cramer An. Par. IV 61, 15) a^xxog: 
heit.' Dass der Kiinstler des Telephosfrieses dabei . . . jtaQa ovv to agxcu &qxtos iv TiXeovaofi^i zov 
zugleich der apotheosierten fiy\xrjQ xal fiaatXcia z, xo eaaQxovv kavzqj ^qiov • tpaol yaq avxb £rjv 
Apollonis, welche aus Kyzikos, einer der Haupt- 40 zov yufimva ixzog insiaaxxov XQOcpfjg. ovxco Koa- 
statten des Kybelekults, stammte, eine Huldigung zlvog iv zjj emxo/ifj x&v flaotXldojv (1. BaodsiSov) 
darbringen wollte, dflnkt uns ebenso wahrschein- jzegi 'Oixr\oixS>v Xi^smv. [Cohn.] 
lich wie Robert a. a. 0. Der iibereilte Versuch 11) Jurist in der Zeit des Iustinian, Mitglied 
Gerh. Fick ( ers (S.-Ber. Akad. Berl. 1894, 1, 97), der Zehnercommission, welche die erste (nachher 
die ftaalXioaa der Aberciusinschrift (s. Avircius) unterdriickte) Redaction des Codex besorgte. In 
mit der phrygischen Meter zu identiflcieren , ist den betreffenden Constitutionen, welche den Codes 
sowohl von theologischer (V. S c h u 1 1 z c Theol. einleiten (Haec quae necessaria und Summa reip. 
Litteraturbl. XV nr. 18. 19. 30) als auch von tuitio) vom J. 528f. heisst er ex praef. praet. 
philologischer Seite (Robert Hermes XXIX 1894, Orient™, in Nov. lust. 22 (J. 536?) ex praef., 
421ff., namentlich 428, 1) zuriickgewiesen worden 50 ex cons., patricius und magister s. officii, letz- 
is. jetzt aberHarnack Texte und Unters. XII 4 teres auch Nov. lust. 79. 85 (J. 539). 
[zur Aberciusinschrift]). [JOrs.] 

Von Dichtern wird der Name B. natiirlich 12) Christlicher ,Philosoph' von syrischer Her- 

ausser der Hera und Meter auch anderen Gottinnen kunft, um 125 in Alexandrien als Haupt einer 

beigelegt z. B. der Athena, Artemis und Demeter; gnostischen Schule auftauchend, die sich trotz 

die Belege hiefur s. bei Bruchmann Epitheta der Concurrenz des geistreichen Valentinus und des 

deorum und Dieterich Abraxas 81. [Kern.] rficksicbtslos consequenten Marcion fiber 100 Jahre 

6) Uber 2?a<«.!«a-Spiele in Lebadeia und an erhielt. B. hat wesentlich beigetragen, helleni- 

anderen Orten s. unter Basileus Nr. 2. schen Geist an die Stelle des wiisten Gemisches 

Basileides (Baaddd-qg und BaodlStjg). 1) Sohn 60 orientalischer Phantasien, das der ursprungliche 

des Eleutherion. Eponymer iegevg in Kos 132 Gnosticismus darstellt, zu setzen und etwas wie 

v. Chr. CIG 2501. ein christliches Lehrsystem vorzubereiten , wenn 

2) Sohn des Theoneikes, 'E/dtjvdg/^g in Tanais auch seine Abraxasspeculationen noch ganz zu dem 
220 n. Chr. Latyschew Inscr. orae sept. Ponti Geschmack der alteren — ophitischen — Gnostiker 
E. II 430. 431. [Kirchner.] passen. Das Alte Testament verwarf B. als Offen- 

3) Basilides, libertus Caesaris im J. 49 n. Chr., barungsurkunde; mit Jesus wollte er durch den 
wahrscheinlich Procurator in Agypten , CIG Apostel Matthias und den Petrusschuler Glaukias 
4956, 35. in Verbindung stehen, zu dem in seiner Gemein- 



47 



BamXrfioi 



Basileios 



48 



schaffc anerkannten .Evangelium' hat er eine Aus- 
legung in 24 Blichern geschrieben. Kirchlicher- 
seits hat eine Widerlegung des B. ein Agrippa 
Castor unternommen ; bis auf geringe Reste bei 
^ den altesten Vatern ist diese ganze Litteratur 
untergegangen. Nach den fruher bekannten Quellen 
Tren. adv. omn. haer. I 24, Iff. u. Ps.-Tertull. 
adv. haer. c. 4. Epiphan. Panar. XXIIIf. Clem. 
Alex, strom. II 8. 20. IV 12 musste man die Ent- 
stehung der Welt durch Emanation als basili- 10 
dianische Lehre betrachten ; die umgekehrte Vor- 
stellung, das Niclits als Anfang und eine fortge- 
setzte Evolution, gewinnt man aus Hippolytos 
Philosoph. VII 2. 20—27. X 14. Das Datura 
dieser Quellenschrift indes, sowie die Unverkenn- 
barkeit stoischer und aristotelischer Einfliisse nOti- 
gen uns, letzteres als eine spatere Form des Ba- 
silidianismus anzusehen, Hieron. de vir. ill. 21 
und comment, in Amos 3. Vgl. Hilgenfeld 
Ketzergeschichte des Urchristentums 195 — 230. 20 
H. Stahelin Die gnostischen Quellen Hippolyts 
■ 1890. 

13) Spanischer Bischof um 250 (von Leon, 
Astorga oder Merida). Mit seinem Nachbarbischof 
Martialis in der deciscben Verfolgung in der 
schwersten Form .gefallen', wird er seines Amtes 
entsetzt und erhalt einen Sabinus als Nachfolger. 
Aber in Bom bei Stephanus (254—257) erreicht 
er seine Wiederanerkennung als Bischof, worauf 
die betroffene Gemeinde von Cyprian und den afri- 30 
canischen Bischofen Entscheidung erbittet. Diese 
fallt trotz Stephanus gegen B. (und Martialis) 
aus und wird in einem Synodalschreiben eingehend 
gerechtfertigt; Cyprian, epist. 67 ed. Hartel II 
735—748, mit Commentar Routh Reliqu. sacrae 2 
HI 101—108. 150—165. 

14) Basileides, um 255 Bischof der libyschen 
Pentapolis und in lebhaftem Gedankenaustausch 
mit Dionysios von Alexandrien. Seine Briefe hat 
schon Eusebios nicht mehr gesehen ; von denen 40 
des Dionysios an B. ist ein allerdings sehr inte- 
ressanter grOsstenteils erhalten. Er tragt in den 
Kirchenrechtssammlungen den. ungeniigenden Titel 
izeq'i xov fieydXov oafifidxov tioxs XQV &Jiovrjoxi- 
£so&cu. Bester Text mit Anmerkungen bei Routh 
Reliqu. sacrae 2 III 223—250; v£l. Euseb. hist, 
eccl. VII 26, 3 und Hieron. de vir. ill. 69. 

[Julich*r.] 
BaaiX-ji'oi oder ,kCnigliche' Skythai, Hdt. IV 
20. 22. 56. 57. 59, nannten die pontischen Griechen 50 
die grosse Horde, welche ostlich von den Aucha- 
tai und Georgoi und von) Unterlauf des Borysthenes 
bis zur Beuge des Tanais sass; das war der zahl- 
reichste und tapferste Teil der Skolotoi, welcher 
die ubrigen Stamme fur geringer, minder echt 
und fur Untergebene (dovXoi IV 20) ansah. Aus 
ihrer Mitte, vom Geschlecht der Paralatai, als 
dessen Ahnherr der .HeereskBnig' Kola-xais gait, 
ging stets der GrosskOnig fdt? hervor; das skolo- 
tische Synonym fiir B. mag daher Sdioi gelautet 60 
haben. Nach dem Sturze der Skythenmacht durch 
die Sarmatai erhielt sich noch langere Zeit hin- 
durch im Gebiet von Olbia ein schwacher Rest 
der koniglichen Horde ; es waren die Scum, welche 
um 200 v. Chr. unter ihrem Konig Saitapharnes 
von den Olbiopoliten xa dcoga xrjg mioodov ein- 
hoben, CIG 2008. Die Gesehichtschreiber der 
inithridatischen Kriege erwahnen BaetXetoc und 



Georgoi mitten unter den herrschenden Sarma- 
tai, an der Seite der Iazyges, Appian. Mithr. 69. 
Strab. VII 306,; die Spateren, Mela, Plinius u. a. 
kennen die B. oder Basilidai nur aus Herodot; 
in die unbekannten Striche des Nordens uber dem 
Tanais setzt Ptol. V 9, 16 BaaiXixol Sagfidxai. 

[Tomaschek.] 

Basildon (BaoiXeTov) in Athen, war nach Pol- 
lux Vin 111 der Ort der Zusammenkunft der 
Phylobasileis und befand sich bei dem Bukoleion, 
das nahe dem Prytaneion lag (s. Aristot. 'A&. uiol. 
3 ; aus ihm Suid. s. oqzcov. Bekk. An. Gr. I 449, 
17). Was immer die Bestimmung des Bukoleions 
gewesen sein mag, so ist nicht bios Crtlich, son- 
dern auch sachlich eine nahe Beziehuhg desselben 
zum B. unabweislich ; denn Aristoteles halt das 
Bukoleion (vermutungsweise) fiir den Sitz des Ar- 
chon Basileus in alterer Zeit, und in ihm fand 
noch zu Aristoteles Zeit die feierliche Vermah- 
lung der Basilissa mit Dionysos statt. Da nun 
Aristoteles auch ausdrticklich die Statte als xo vvr 
xaXovfisvov BovxoXelov bezeichnet, so wird man 
unter B. einen grOsseren Bezirk verstehen miissen, 
in dem das (spater) Bukoleion genannte Gebaude 
lag. So viel wird sicher stehen; ob und wann 
dieser Raum bei dem Gemeindeherd auch den 
wirklichen Konigen gedient hat, bleibt Sache der 
Vermutung; dariiber s. Wachsmuth Stadt Athen 
I 468. Curtius Stadtgesch. v. Ath. 51. Preu- 
ner in Roschers mythol. Lex. I 2637. Poland 
in Griech. Stud. Lipsius dargebr. 82f. 

[Wachsmuth.] 

Basileios (BaotXeiog). 1) Valerius Maximus 
Basilius s. Maximus. 

2) Memorialis im J. 343, Epiph. haer. 71, 1 
p. 830 a. 

3) Spanier (Zosim. V 40, 2), Proconsul (Phot, 
bibl. 165 p. 108 b 1). Comes sacrarum largitio 
num bei Gratian 379—383 (Symm. rel. 34, 6. Cod. 
Theod. IV 20, 1. XI 30, 40. XH 1, 101), Prae 
fectus urbis Romae 395 (Cod. Theod. VII 24) 
Bei der Belagerung Roms im J. 408 schickte ihn 
der Senat als Gesandten an Honorius (Zosim. V 
40, 2). An ihn richtete Himerios zwei Decla- 
mationen (Phot. a. O.). 

4) Comes sacrarum largitionum im J. 407, 
Cod. Theod. XI 12, 4. 

5) Bagaudenfuhrer in Hispania Tarraconensis, 
lasst 449 in der Kirche zu Turiasso die Foderaten 
durch seine Bande ermorden, wobei auch der 
Bischof der Stadt Leo seinen Tod fand, und 
pliindert im Juli desselben Jahres gemeinsam mit 
dem Suebenkonige Rechiarius das Gebiet von 
Caesaraugusta, Hydat. chron. 141. 142. 

6) Flavius Caecina Decius Basilius (der erste 
Name De Rossi Inscr. urb. Rom. christ. I 
810, die ubrigen Apoll. Sid. ep. I 9, 2. 4. 
Dessau 810), Praefectus praetorio Italiae im 
J. 458 (Nov. Maior. 2. 6. 7. Dessau 810), be- 
kleidete dieselbe Wiirde verbunden mit dem Pa- 
triciat auch 463—465 (T\ov. Sev. 1. 2), Consul 
463 (De Rossi a. O. p. 490). Seine Charakter- 
sehilderung bei Apoll. Sidon. epist. I 9, 2ff. 

[Seeck.J 

7) Flavius Caecina Decius Maximus Basilius, 
Consul 480, in der Regel heisst dies Consulat: 
(Flavio) Basilio imiiore eonsule. Vgl. de Rossi 
Inscr. christ. I 492. Wohl derselbe, an den Cod. 



49 



Basileios 



Basileios 



50 



lust. V 8, 2. IX 5, 1 (486) als Praef. Praet. ge- 
richtet sind? 

8) Flavius Basilius Iunior, auch Anicius Fau- 
stus Albinus B. (vgl. de Rossi Inscr. christ. I 
p. 492), Consul des Jahres 541, der letzte Private, 
der Consul war; von 542 bis zum Consulate Iu- 
stins II. findet sich deshalb in Urkunden, In- 
schriften, Chroniken etc. regelmassig die Datie- 
rung post consulatum (p. e.) (Flavii) Basilii 
(Iunioris) v. e. Procop. Goth. LTI 20 p. 363 nennt 
unter den bei der Einnahme Roms durch Totilas 
fliehenden Vornehmen einen Patricier B. 

9) Ein B. wurde unter Theoderich der Magie 
angeklagt, Cassiod. var. IV 22. 24. Greg. M, 
Dial. I 4. 

10) Ein B. vir speetabilis wird erwahnt bei 
Cassiod. var. II 11. Ill 40. Mommsen weist 
im Index seiner Ausgabe darauf hin, dass nach 
Boethius consol. phil. I 4 ein B. , vielleicht der- 
selbe, uriter den Anklagern des Boethius war. 

[Hartmann.] 

11) Ein Basilius als Anakreontiker wird ver- 
zeichnet in iiltern litterargeschichtlichen Werken 
und Ausgaben (Brunck Anal.), sowie in der ersten 
Bearbeitung dieser Encyklopadie 12 S. 945. 2283, 
wo Teuffel vermutet, dass er ,ein christlicher 
Schriftsteller' gewesen sei. Seine Existenz beruht 
aber einzig und allein auf einer vor Rose falsch 
gelesenen Rand-Beischrift des Palatinus zu Ana- 
creont. 2 p. 2 Rose (p. 2 Hanss.) xov avxov flaodiC 
(= fiaodixov), s. Bd. I S. 2047, 35. Mit Un- 
recht hat Bergk, dem Roses Lesung sehon vor- 
lag, in der letzten Bearbeitung der Lyrici III 
297 zu dem VeTmittlungsvorschlag seine Zuflucht 
genommen, dass der Mann vielleicht Basilikos ge- 
heissen habe. Es bleibt bei Roses Entscheidung: 
procul ergo Basilius ilk poeta novellus, quern 
notissimum . . compendium . . ignorantes ex hoe 
loco effmxerunt qui quod principium est philo- 
logiae legere nescierunt Brwick Levesque et ceteri. 
In dem Katalog der Anakreontiker bei Hans sen 
Philol. Suppl. V fehlt dieser B. mit Recht. 

[Crusius.] 

12) Unter dem Titel Navfiaxixd owxa%$hxa. 
Ttaqa. BaoiXslov jiazQixlov xal izaQaxoificoftevov 
iiberliefert allein die durch Ambros. B 119 Sup. 
vertretene, dem 10./11. Jhdt. angehdrige Samm- 
lung von Kriegsschriftstellern (alle ubrigen be- 
kannten Hss, des Werkes stammen mittelbar oder 
unmittelbar aus dem Ambros.) die sechs ersten 
Kapitel und den Anfang des siebenten einer grfisser 
angelegten Schrift, deren Fortsetzung infolge des 
Ausschneidens von Blattern im Ambros. verloren 
ist. Der urspriingliche Umfang der Schrift lasst 
sich nur nach der Kapitelzahlung am Rande, 
welche die Reste zweier ausgeschnittenen Blatter 
bewahrt haben, auf mindestens fiinfzehn Kapitel 
bestimmen. Wieviel etwa hierauf noch folgte, 
entzieht sich unserer Kenntnis: die ausgeschnit- 
tenen Blatter waren die letzten eines Heftes ; ob 
die Schrift nicht auch noch auf ein folgendes, 
verlorenes Heft ubergriff, lasst sich nicht fest- 
stellen, ist jedoch bei dem Umfang der Einleitung 
nicht unwahrscheinlich. 

Die sechs erhaltenen Kapitel bilden nur eine 
Einleitung fiber die Telle des Schiffes, die ver- 
schiedenen Benennungen der Kriegsschift'e und 
ihrer Befehlshaber, die notwendigen Eigenschaften 



des Seesoldaten, die Ausriistung der Schiffe und 
die bei den larogixoC gebrauchten Ausdriicke. Mit 
dem siebenten geht der Verfasser erst auf die 
Behandlung des Stoffes selbst, die Arten der sta- 
(>a.xd!;et$ ein, und hievon sind nur die folgenden 
Worte (die Sehlnsszeilen des Blattes) erhalten: 

£*. Navfiaftias sidQaxa^ig xvxXixrj. KvxXixov xaXsT- 
xcu xo axiffta xfjs zd£ewg , oxav x<p fir/ didovai 
SiexjzXovv. Fabrieius hat diese Worte nicht, 

10 weil sie in seiner Vorlage, wie in alien jiingeren 
Abschriften fehlen. Auch die Einteilung in sieben 
Kapitel bei Fabrieius stammt hieraus : im Am- 
bros. ist — der Uberschrift entsprechend — Kap. 
II mit I vereinigt. 

Die Sprache ist in Wendungen und Ausdriicken 
vollkommen byzantinisch. 

Der Verfasser hat nach der Vorrede ix sioX- 
Xmv /J,h> laxogiajv, noXXav de axQaxrjyixwv geschOpfl 
(vgl. Kap. II iv xoiq loxoQr)oam . . . svqo/asv. Kap. VI 

20 xcov Xi^scov xa>v ev xoXg loxoQixotg xexayfievwv zijv 

8im.d(pr}aiv). Eine Vorlage war wohl das Ono- 
mastikon des Pollux (vgl. besonders den Schluss 
von Kap. II mit Poll. I 83) ; doch laufen Miss- 
verstandnisse mit unter (vgl. Kap. I turei'pa mit 
Poll. I 85 orsTga; s. auch Poll. VII 121 und 
Hesych. s. aneiga). Auf Beniitzung der Taktik 
Kaiser Leos VI. (886 — 91 1) lasst u, a. der Vergleich 
von Kap. II Anfang mit Leo XIX 12 schliessen. 
Dass der Verfasser litterarische Bildung besass, 

30 zeigen auch die Anfuhrungen aus Homer. Aus 
der Vorrede erfahren wir ferner , dass der Ver- 
fasser <5*' evxoXrjs eines hochstehenden Mannes 
schreibt (vgl. auch die bald nach dem Anfange 
stehenden Worte xal xavxd fioi Sidco; v£avisieo§ai) ; 
er preist ihn als arQat^yixcbxaxos und xaxog&<i>- 
fiaai naai xoofiov/xsvoe, 6 xoaxcuos ftsgdjicov xov 
XQaraiov ftaoiXsw? r\\ia>v , 6 xov do<paXovs aacpa- 
Xtjg vnrjQixrje . , . 6 xote xax' tjnsigov aycovlonaot 
xal avzovg ftaoiXeag svtpQavag u. s. w. 

40 In gleicher Weise wendet sich eine der Schrift 
vorgesetzte Widmung von zwolf Versen offenbar 
an den na.mlich.en Mann; sie feiert ihn als Be- 
sieger des Xa/ifidav (Seif Addawlah, Herrscher 
von Haleb, 916 — 967) und fordert ihn zugleich 
auf, an der Hand der nachfolgenden Schrift Kreta 
zu befreien. Diese Widmung — gleichviel, wer 
ihr Verfasser ist — ist zweifellos der Schrift bei 
ihrem Erscheinen mitgegeben (vgl. auch die eben- 
falls im Ambros. dem xaxxixdr des Urbikios vor- 

50 gesetzten Epigramme; R. Forster Herm. XII 
1877, 462f.). Nun hat aber die fruher vergeb- 
lich versuchte Eroberung von Kreta durch Ni- 
kephoros Phokas 960/61 stattgefunden (Muralt 
Chronogr. Byzant. 533. Hirsch Byzant. Stud. 
299f. Weil Gesch. d. Chalifen m 17). Die Ab- 
fassung unserer Schrift fallt also zwischen das 
J. 960 und einen vorhergegangenen Sieg uber 
Seif Addawlah durch denjenigen, dem die Schrift 
gewidmet ist. 

60 Der naheliegende Schluss , dass Nikephoros 
Phokas, der Seif Addawlah fruher geschlagen hatte, 
und auf den die Lobeserhebungen der Widmung 
und der Vorrede sehr gut passen wiirden, die- 
jenige Person sei, welche die Schrift veranlasst 
habe, wird abgewiesen dadurch, dass die Wid- 
mung im voiletzten Verse an einen B. (bei Fa- 
brieius stent falsch fiaoiXets JieStov statt Ba- 
aiXzie jiidov, wie Muratori richtig giebt) sich 



51 



Basileios 



Basileios 



52 



wendet. In diesern haben wir also den gepriesenen 
Feldherrn zu erkennen. Nach Theophan. contin. 
VI 44 p. 287 D hat aber der naxgixiog xai ixaga- 
xoificb/.iEi'os Baailtiog Seif Addawlah geschlagen 
958/59 (vgl. Abul Mahasin Annalea II 1, 346. 
Elmakin Hist. Saracen. 230. Constant. Porph. 
de adm. imp. 50. Theoph. cont. VI 9 p. 275 C. 
Cedren. p. 636 A. 640 A. Zonar. XVI 22. Muralt 
518. 519. 529. Hirsch 115. 287. 290. Weil 16. 



anderem ein Buch gegen Marcellus und eins de 
virginitate geschrieben. Ausser Synodalschreiben. 
die gewiss von ihm verfasst worden sind (Epiphan. 
Panar. LXXIII), ist dies alles untergegangen. B. 
ist einer der gescheitesten und einflussreichsten 
Theologen aus der Zeit des Constantius. Den 
Ruhm, den Ketzer Photeinos glanzend widerlegfc 
zu haben, hat ihm auch die spatere Orthodoxie 



„ , , T , „ r (Epiphan. LXXI) nicht angetastet, und Gegner 

Rambaud L empire grec au Xe siecle 38f. 421. 10 wieTheodoret reden von ihm nicht ohneAchtung- 
427. Hirsch K. Constants VII. Porph. 14. 15. die argen Beschuldigungen, die 360 seine Ab- 



18). Demnach ist die Schrift diesem B, gewidmet 
und ihre Abfassungszeit fallt in die J. 959/60. 
Daraus ergiebt sich als unabweisliche Folgerung, 
dass dieser B. nicht mehr als Verfasser angesehen 
werden kann: der Name des Auftraggebers ist 
statt desjenigen des vielleicht von Anfang an un- 
bekannten Verfassers der Schrift vorgesetzt wor- 
den (vgl. das ahnliche Verhaltnis bei Nikephoros 



setzung und Verbamiung nach Illyrien (nm 364 
diirfte er im Exil gestorben sein) herbeifiihrten, 
werden im wesentlichen Erfindungen des Partei- 
hasses sein. B. war neben Eustathios von Sebaste 
und Georgios von Laodicea ein Haupt der Semia- 
rianer, die das nicaenische 6/toovotog durch o/iowv- 
otog zu ersetzen wtinschten, aber nach vielen Er- 
folgen gegenuber den Extremen, den Nicaenern 



Phokas n.7iaQa&Qoii.rjg xoMfiov ed. Bonn. XXIII 20 wie den Arianern — 358 beherrschen sie unter 



119 A). Die Schrift ist also als anonym zu be- 
trachten. 

Litteratur: Einzige Ausgabe bei Fabricius 
Bibl. Graeca VIII (1717) 136ff. (fehlerhafter Ab- 
druck nach einer jungen Abschrift) ; nicht wieder- 
holt in der Ausgabe von Harles. Naudaeus 
Sjmtagma de studio milit. (Rom. 1637) 531 = 
N. Bibliogr. milit. cura Schubarti (Jen. 1683) 
63 = Crenius De erudit. compar. tractatus (Lugd. 



der Gunst des Kaisers fast die gesamte ostliche 
Kirche — schliesslich von den vereinigten Ho- 
moeern und Anomoeern, den Gegnern einer Aus- 
sage iiber die ovaia des Sohnes im Bekenntnis, 
verdrangt warden. Vgl. die Kirchengeschich- 
ten von Sokrates, Sozomenos, Theodoret und 
Philostorgios. Harnack Dogmengesch. II 246 
—289. 

15) Basileios ,der Grosse', Bischof von Caesarea 



? T at " J£ 99 \, 5 ? lf ' Muratori Autiquitates Ital. 30 in Kappadokien, mit seinemjiingerenBruderGregor 



II 540ff. (Abdruck der Widmung nach dem Am- 
bros.). Reiske zu Constant. Porph. de cerimon. 
aulae byzant. 350 C ed. Bonn. II 711f. Haase 
Jahrb. f. Philol. XIV 1835, 111 ; De milit. scri- 
ptor. edit, instit. (Berol. 1847) 19f. Graux No- 
tices sommaires des mss. grecs de Copenhague 
(Par. 1879) 42 (vgl. Anm. 3 zu S. 41). Pestgabe 
z. 3. Sacularf. d. Univ. Wttrzburg v. Gramich, 
Haupt, Muller (1882) 22. 27ff. Jahns Gesch. 



von Nyssa und seinem Freunde Gregor von Na- 
zianz das Dreigestirn der grossen Kappadokier bil 
dend, gestorben noch nicht fiinfzigjahrig 1. Januar 
379. Er war der alteste Sohn in einer reichen, 
vornehmen und hochgebildeten Familie, die schon 
seit mehreren Generationen dem Christentum an- 
hing; besonderen Einfluss haben auf den zarten 
und gemiitvollen Knaben seine Mutter Emmelia 
und seine Grossmutter Macrina gewonnen. Seine 



d. Kriegswiss. (Munch., Lpzg. 1889) I 176. Vgl. 40 Jugend verbrachte er in dem pontischen Neocaesa- 



Fincati La pugna navale antica. S. A. a. Biv, 
marittima XII 1879, 3. trim. 5ff. (Griech. fiber- 
setz. n. d. Tit. 'H'Aoxaia Navfiaxtaf v. Petres, 
Athen 1881). Jahns Gesch. d, Kriegswes. Techn. 
Thl. (Lpzg. 1880) 1230f. BreusingNautik 1886. 
(Franzos. Bearbeitung von Vars 1887). Droysen 
in Hermanns Lehrb. d. griech. Ant. II 2, 271ff, 
Bauer Handb. d. klass. Altertumswiss. 2 IV 1,2. 
359ff. 458ff. [K. K. Muller.] 



rea, wohin sein gleichnamiger Vater als Rhetor 
iibergesiedelt war; um sieh eine vollkommene Bil- 
dung nach den Anforderungen der Zeit anzueignen, 
besuchte er wohl iiber ein Jahrzehnt lang die 
Sehulen der beruhmtesten Rhetoren, Sophisten und 
Philosophen in Caesarea, Constantinopel und Athen. 
Die von Gregor von Nazianz , der ihm in dieser 
Periode nahe tfat, dem gestorbenen Freunde ge- 
widmete Gedachtnisrede enthalt viele Ziige, die 



13) Diakon und Archimandrit in Constant!- 50 fiber die Eigentumlichkeiten des damaligen Un'iver- 



nopel, gemeinsam mit dem Lector und MOnch 
Thalassios Verfasser einer umfanglichen Bittschrift 
au die Kaiser Theodosius und Valentinian, worin 
im Namen des christlichen MOnchtums um 429 
Einschreiten gegen die Irrlehre des Nestorius 
gefordert wird. S. die Conciliensammlungen, bei 
Harduin Concil. Collectio I 1335—1340. Ob 
dieser B. identisch ist mit dem auf der Rauber- 
synode 449 anwesenden Bischof B. von Philippo- 



sitatsleben geradeso wertvolle Aufklarung geben 
wie fiber die Entwicklung der beiden Studieren- 
den. Bald nach der Heimkehr 359 beschloss er 
auf alle weltlichen Ehren und Einkunfte zu ver- 
zichten, er liess sich in Caesarea taufen, besuchte 
die syrischen und agyptischen Monche und ver- 
pflanzte durcb sein Wort und Beispiel das Monch- 
tum nach dem Pontus, wo er unweit Neocaesarea 
zugleich Askese, wissenschaftliche Arbeit und ver- 



polis, einem der Adressaten des kaiserlichen 60 trauten Austausch mit Familiengenossen und 

bchreibens vom J. 458, und ob eins von den hsL " 3 " _«>--... 

nur mit dem Namen B. versehenen Schrifrstficken 
auf diesen zuriickgeht, ist nicht auszumachen. 

14) Basileios von Ankyra in Galatien (nach 
Sokr. hist, eccl. DI 42 auch BaadSg genannt), 
Bischof seiner Vaterstadt nach Absetzung des Mar- 
cellus von ca. 336—360. Nach Hieron. de vir. ill. 
89 war er art is medicinae gnarm und hat unter 



Freunden zu pflegen wusste. Um 364 liess er 
sich zum Presbyter im kappadokischen Caesarea 
ordinieren ; zum Dank fur die aufopfernde Treue, 
die er in Zeiten schwerer Not der Gemeinde be- 
wiesen und fur den unerschutterlichen Mut, mit 
dem er alien Anstrengungen des arianischen Kai- 
sers Valens zum Trotz sie bei dem nicaenischen 
Glauben erhalten hatte, wahlte man ihn 370 nach 



53 



Basileios 



Basileios 



54 



dem Tode des Eusebios zum Bischof und dadurch 
zum Metropoliten von Kappadokien. Peinliche 
ErOrterungen iiber die Grenzen seiner Jurisdiction, 
fiber Ehrlichkeit und Rechtglaubigkeit seiner Col- 
legen, iiber dogmatische, kirchenrechtliche und 
etbische Streitfragen scheinen die letzten acht 
Jahre seines Lebens fast auszufiillen ; etwa 250 
Briefe besitzen wir allein aus der Zeit seines 
Episkopats: es sind lauter echte Briefe, und ge- 
radezu bewunderungswurdig sind die Ruhe und 10 
der Tact, womit er die verschiedenartigsten Frage- 
steller zu befriedigen versteht. Unter den Epi- 
stolographen des Altertums ist B. sicher einer der 
vornehmsten; iibrigens hat erst sein Freund Gre- 
gor von Nazianz die Briefe zu sammeln begonnen, 
manches ist ihm entgangen, ihm und Spateren 
aber auch Unechtes wie die Correspondenz zwi- 
schen B. und Libanios untergeschliipft. 

Hohes Ansehen genoss B. auch als Prediger, 
mit Recht, denn wenn er auch nach unserem Ge- 20 
schmack zu wortreich und rhetorisierend spricht, 
so verfugt er docb iiber eigene Gedanken ; und 
man hat den Eindruck, dass er Anerkenrmng die- 
ser Gedanken und nicht Bewunderung seiner Be- 
redsamkeit beim HOrer oder Leser erreichen will. 
Es ist merkwiirdig, dass wir von ihm nur 24 
sicher echte Homilien noch besitzen. Diese sind 
allerdings dem Charakter wie dem Umfang nach 
moglichst mannigfaltig : eine auf die Martyrerin 
Iuletta, eine iiber Lukas 12, 18, eine Qrjfttiaa sv 30 
hfifp xai a.vx[A,<5 , eine on ovx laxiv atzios xwv 
xax&v 6 fisos , eine sig zo ayiov fi&nxtajia , eine 
TiEQt rpd-ovov, eine gegen die Sabellianer und Arius 
und die Anomoeer; am beriihmtestcn ist wohl 
nr. 19 geworden, die mehrmals auch separat heraus- 
gegeben worden ist, zrgog tovg veove ojicog av Jf 
E)2rfvix(av dxpeXolvzo ).6ya>v. Eine so dankbare 
Wiirdigung der klassischen Schriftwerke und der in 
ihn en gegebenen Bildungsmittel hat in der patri- 
stischen Litteratur nicht ihresgleichen ; sie wiegt 40 
um so schwerer, als sie aus dem Munde des Monchs- 
heiligen kommt, der fur die griechischen Menche 
ungefahr dasselbe bedeutet wie Benedict von Nur- 
sia fiir die abendlandischen. Namlich die noch 
heute in der griechischen Msnchswelt giiltigen 
Regeln stammen von B. , sie entwickeln in der 
Form von Antworten auf kurze Fragen die Grund- 
satze des asketischen Lebens und ihre Conse- 
quenzen; sie sind in zwei Reihen verteilt, 55 
ogoi xaza xkdzog und 313 oqoi xaz 1 izzizofiijv. 50 
Ausserdem hat B. noch andere asketische Trac- 
tate, z. B. jzagaiveois jieqI cuiozayfjg fitov xai ze- 

/.eKoaewg TtvEviiazixfjg , schon fruh zu einer ge- 
sonderten Sammlung zusammengenommen, deren 
Kern jetzt die rj&ixa bilden, 80 Regeln — die 
meisten mit Unterabteilungen, z. B. ooos 80 hat 
22 xeqialata — , ethische Thesen, belegt mit Bibel- 
stellen (z. B. ooog 38 : Szi Set xov Xgioxiavov xai 
xtjv dg xovq a^s/.opovg dc^icoatv a&OQvfiov xai ).i- 
zoxzQav 7ioiuo§at, belegt mit Job. 6, 8 — 11. Luc. 60 
10, 38—42). 

Auch als Exeget zahlte B. zu den Meistern 
seiner Kirche ; damit hangt zusammen, dass viele 
minderwertige Arbeiten dieser Art sich unter seinem 
Namen die Eiistenz gesichert haben. Zweifellos 
echt sind 9 schon von Hieronymus gepriesene und 
fruh ins Lateinisehe iibersetzte Homilien iiber das 
Sechstagewerk (d. h. Genesis 1, 1 — 26) und 15 



Homilien iiber Stiicke aus dem Psalter: hier ist 
die Homilie eine hergebrachte Form fiir die Aus- 
legung, deren Starke natiirlich nicht gerade in 
grammatisch-historischer Exactheit beruht. Der 
Schiiler des Origenes verleugnet sich nicht ganz, 
wie wir denn auch dem B. — sein Freund Gre- 
gor unterstiitzte ihn bei dem Werk — die un- 
schatzbare <[>iXoxalia verdanken, die Blumenlese 
von wichtigen Abschnitten aus den Buchern des 
Origenes (neueste Ausgabe von Robinson, Cam- 
bridge 1893). In grossem Zusammenhange hat 
B. die nicaenische Theologie ebensowohl verteidigt 
wie weiterentwickelt in den beiden Werken gegen 
Eunomios und iiber den heiligen Geist. Sein 
'Araxgenxtxdg xov'AnoXoyrjzixov xov dvaoefiovg Evvo- 
fiiov scheint noch in seine Anachoretenzeit zu 
fallen; urspriinglich war er sicher nur auf drei 
Biicher berechnet, die Biicher vier und funf, die 
in alien Ausgaben folgen, kOnntenhflchstens spater 
vom Verfasser angehangt sein; doch spricht vieles 
gegen die Echtheit, und J. Draseke in v. Geb- 
hardt und Harnack Texte u. Untersuchungen 
z. Gesch. d. altchristl. Litteratur TO. 3. 4, 1892, 
122 — 138 will in ihnen den verloren geglaubten 
'AvTiQQr)xixog xat' Evvofilov des Apollinarios von 
Laodicea wiedererkennen. Zu den reifsteh Arbei- 
ten des B. gehort das um 375 dem Amphilochios 
von Ikonion gewidmete jisqi xov ayiov Ttvev/iaxog, 
worin er die Homousie des hi. Geistes mit dem 
Vater als Lehre der Schrift und der Vater er- 
weist, iibrigens mit leisen Anzeichen einer nicht 
schlechthin athanasianischen Entwicklung. Was 
an der sog. ,Liturgie des hi. Basilius', die in 
griechischen, arabischen, syrischen, koptischen und 
slavischen Texten vorhanden ist, etwa auf B. zu- 
riickgeht, ist ohne neue Forschungen nicht. fest- 
zustellen ; iiberhaupt fehlt es zwar nicht an Uber- 
setzungen der Werke des B. in die modernen 
Sprachen, wohl aber an zuverlassigen und um- 
fassenden Untersuchungen fiber seine Arbeiten, 
deren Uberlieferung und ihren Einfluss auf die 
Kirche. Aus Catenen und Florilegien wiirde wohl 
noch manches verlorene Gut dem B. zuruckgestellt 
werden konnen. Die beste Ausgabe seiner Werke 
ist die der Mauriner J. Garhier und Pr. Maran, 
Paris 1721 — 1730 ; nachgedruckt mit Erganzungen 
in Migne Patrolog. gr. XXIX— XXXII 1857. 
Von zweifelhafter Autenthie sind die von J. B. 
Pitra veroffentlichten B.-Fragmente : Analecta 
sacra et classica, Paris 1888 I 76-110. Vgl. Fr.und 
P. Boh ringer Die Kirche Christi u. ihre Zeugen^ 
VLT 1, Stuttg. 1875, 1—184. A. Jahnius Ba- 
silius M. Plotinizans, Bern 1838. E. Fialon 
Etude historique et litteraire sur St. Basile, Paris 
1869. DCrgens Der h. Bas. und die klassischen 
Studien, Lpz. 1857. 

16) Basileios SKilif, ein Zeitgenosse der Kaiser 
Anastasius, Iustin I. und lustinian, Presbyter in 
Antiochien und spater Bischof von Eirenopolis in 
Kilikien. Nach Photios bibl. cod. 42 verfasste er 
eine (verlorene) IxxXrjaiaaxixi] lozooia in 3 Buchern, 
deren zweites — nur dies lag dem Photios vor 
— von 483 — 518 reicht; da das erste im J. 450 
zu beginnen scheint, diirfte das dritte etwa bis 
540 gereicht haben. Das breit und unfibersichtlich 
geschriebene Werk enthielt viele Quellenbelege, 
namentlich Briefe von BischSfen ; vielleicht stam- 
men dorther die zahlreichen unechtcn(?) Briefe 



oo 



uaailsiog noTccfAog 



Basileus 



56 



gegen Petrus Fullo; vgl. Art. Antheon. Fruher 
schon hatte B. eine draraatisch angelegte Streit- 
schrift gegen Johannes, spateien Biachof von Sky- 
thopolis, in 16 Buchern verfasst, Phot. cod. 107, 
darin vertritt er in leidenschaftlicher Weise die 
antiochenische Theologie, so dass sein Gegner und 
Photios ihn des Nestorianismus beschuldigen. Ja 
cod. 95 spricht Photios die Vermutung aus, dieser 
B. sei der Verfasser einer anonym unter dem 
heuchlerisehen Titel xaxa Nsotoqiov erschienenen 10 
Schrift, welche den erwahnten Johannes veran- 
lasste^, sein zwOlfbandiges Werk xaxa x&v amo- 
axiotmy xrjg exxXijalag zu publicieren; vgl. Loofs 
Leontius von Byzanz in v. Gebhardt und Har- 
naek Texte und Untersuch. Ill 1, 271 N. Aber 
jNestorianer' und Bekampfer des Dyophysitismus 
kann B. nicht zugleich gewesen sein. Suidas s. 
Baoi'Xetog, der ihn viel gunstiger beurteilt, schreibt 
ihm eine Streitschrift gegen eineD Presbyter Ar- 
cbelaus in Colonia zu. 20 

17) Basileios, Bischof von Seleukeia, der Me- 
tropolis von Isaurien, um 435—460. Er ist nicht 
zu identiflcieren mit dem Landsmann und Studien- 
genossen des Chrysostomos B., den wir aus dessen 
Buchern iuqi tsQcoovrrjg kennen (so Photios bib 1. 
c. 168 und Suidas), ebensowenig mit dem MOnchs- 
heiligen B. in der Nahe von Seleakobelos , dem 
Jtinger des Markianos in Theodorets ydo&eog 
toxoQla III (Opp. ed. Schulze III 1148f.). Auf der 
Synode zu Constantinopel 448 hilft er den Euty- 30 
ches wegen Ketzerei verdammen, ist aber auf der 
Baubersynode 449 an den entgegengesetzten Be- 
schlussen beteiligt. 451 zu Chalkedon entgeht er 
der Absetzung durch nochmaligen Meinungswech- 
sel; 458 giebt er in der Proteriosangelegenheit 
im Namen der isaurischen Bischofe eine orthodoxe 
Erklarang an Kaiser Leo ab. Photios kennt von 
ihm 15 geistliche Beden; die Edit, princ. seiner 
Werke (Heidelberg 1 596 besorgt von Andr. S ch o 1 1) 
enthalt deren 44, unter denen freilich einige von 40 
zweifelhafter Echtheit sind, die anode&s xaxa 
'lovSaicov p. 316—335 ist sicher spateren Ur- 
spmngs. Die rhetorische Begabung des B. ist 
nicht gering, aber er halt mit den Ornamenten 
nicht Mass und versteht es nicht zu erwarmen; 
in den Gedanken zeigt sich wem'g Originelles! 
Unter den anderen litter arischen Arbeiten des B. 
hebt Photios noch ein Gedicht hervor auf die 
ipya xai a&Xa xai vtxrjrriQia der Protomartyrin 
Thekla. Diese Dichtung scheint verloren ; die 1608 50 
in Antwerpen veroffentlichten zwei Bticher avy- 
ygayixoj xaeaxrfjQi de vita ac miraculis D. The- 
clae konnen unserm B. nicht mit Sicherheit zu 
geschrieben werden. S. Migne Patrolog. graec. 
LXXXV 9—618. Tillemont Memoires XV 340 
—347. Lipsius D. apokryphen Apostelgesehich- 
ten u. Apostellegenden II 1, 426. [Jiilicher.] 
BaaiXeiog noxafi6g s. Balicha. 
Baailetov <pqovqiov, Bergfestung in der Nahe 
von Amida. Von Iustinian gebaut , um wohl- 60 
habende Dorfer am Fusse des Berges vor persi- 
schen Uberfallen zu sichern, Proc. de aedif. II 4 
(in 223 Bonn.). [Baumgartner.] 

Basileus {fiaaiXevg) ist seiner etymologischen 
Bedeutung nach dunkel, G. Curt i us deutet es 
als .Herzog' von Wurzel (3a und ionisch kev = Xao 
(Gnech. Etym.5 362; Rh. Mas. IV 258), ahnlich 
G. Meyer, nur dass er die Wurzel (3a mit pooxco 



zusammenstellt und dasselbe durch ,Volkerhirte' 
wiedergiebt (Griech. Graining 65, 2), wahrend 
Ad. Kuhn (Indische Studien I 334) den zweiten 
Teil aus la fa = Stein ableitet, also ,Steinbetreter l , 
was aus der germanischen Sitte, dass der neue 
Eonig von einem Steine aus sich dem Volke zeigte. 
erklart wird. 

1) Jedenfalls, wie man sich den Namen auch 
deuten mag, B. bezeichnete seit Homer den ge- 
setzmassigen Volksherrscher , den (meistenteils) 
erblichen KOnig (Etym. Gud. 105, 24 : 6 jtax Q 6d-er 
tj ix yevovg xtjv oqxw hw; vgl. Suid.). Mit der 
Zeit haben aber Name und Begriff in ihrer An- 
wendung sowohl inner- als ausserhalb der helle- 
nischen Welt manche Erweiterung erfahren, so 
dass Aristoteles fiinf Arten der fiaodsia unter- 
scheidet, wobei er noch die Verwendung des Namens 
als Amtstitel von Magistraten beiseite lasst (Pol. 
Ill 1285 a. b). Wenn man die etwas unbestimmte 
TcapPaodsia (die nur ideal ist) und die nur un- 
eigentlich als Konigtum bezeichnete Aisymnetie 
nicht berucksichtigt , bleiben noch drei Arten: 
das Konigtum der heroischen Zeit, das sparta- 
nische und dasjenige der ,barbarischen' Volker — 
dieser Einteilung, welche auf richtiger Auffassung 
der wesentlichen Unterschiede beruht, kann man 
mit gewissen Abweichungen folgen. 

I. § 1. Das Konigtum der heroischen 

Zeit, wie man das urspriinglich bei alien helleni- 

schen Stammen vorhandene KCnigtum aus Mangel 

an einem besseren Namen bezeichnen kann, ist 

fast ausschliesslich nach Homer zu charakteri- 

sieren. Dabei muss aber daran erinnert werden, 

dass auch in dieser Beziehung (was nicht immer 

geniigend beobachtet wird) sich in der Dichtung 

Ziige versehiedener Epochen nebeneinander flnden. 

Wie der Ursprung dieses Konigtums auch gewesen 

sein mag, bezeugt ist der B. als erblicher (vom 

Vater zum Sohne) Alleinherrscher seines Stammes 

oder vielmehr Eeiches, der aber keineswegs als 

Despot, sondern als ein durch die Sitte beschrank- 

ter Gebieter (ava% avSgaiv) regierte (so schon 

Ihuk. I 13: esii Qtjxotg yiqaai iiaxQixai fiaodetat. 

Arist. Pol, III 1285 b: inixioi S' wgiafievoig. Dion. 

Hal. ant. V 74 ; ein Nachklang noch bei Suid. s. 

paailev; • o ajto irgoydvcor xaza SiaSoy^v xrjv aoyjjr 

km otjxoTs laftmv yegaoi). Seine Macht wurde 

auf Zeus Gnade zuruckgefuhrt (£ xs Zeiig xvSo; 

eSojxev II. I 279; rtftij &' ex Aios ion II. LT 197) 

und meist auch sein Geschlecht mit dem Nimbus 

gOttlichen Ursprungs — mehr oder minder reell 

gefasst — umgeben (daher SioxQstp^g, weniger 

ausschliesslich dtoyevrjs, Horn, pass., so auch Hes. 

Theog. 96 und Callim. Hymn, in Iov. 79 : ex bk 

Aid; (laouijes); als ausseres Symbol dieser gott- 

verliehenen Gewalt gilt das oxrjjTTQor (daher axtj- 

jixovxog nur der B., obgleich auch Bichter, Herolde, 

Priester bisweilen dasselbe tragen), welches von 

Zeus gegeben (H, LX 98f.) in der Familie sich ver- 

erbt (II. II lOlff. bei den Pelopiden). Dass es 

schon ursprflnglich in einem Eeiche mehrere B. 

gegeben hatte, lasst sich weder aus den 13 Konigen 

der Phaiaken (Od. VIII 390f.) noch den ,vielen' 

auf Ithaka (Od. I 394f.) schliessen; letztere Verse 

jedenfalls gehSren schon derselben Zeit an, wie 

der schmerzvolle Ausruf : ovx ayadov noXvxotgantj , 

eig xolgavog eoxta , elg paodevg (II. II 204f.) — 

der Zeit, wo die iibermachtig gewordenen Adels- 



57 



Basileus 



Basileus 



58 



geschlechter das Konigtum zu einem Schatten der 
fruheren Macht herabgedriickt hatten. Auch der 
ebendaselbst geausserte Zweifel des Sohnes, ob er 
dem Vatef in der Herrschergewalt folgen wurde, 
lasst sich aus den alteren Gedichten nicht als be- 
rechtigt erweisen — von Wahlkonigtum ist in ihnen 
keine Spur, ebenso wenig von einem Bestatigungs- 
recht des Volkes (wie Gladstone Horn, Stud. 
303 meint). Es scheint nur, dass von der Erb- 
folge in gerader Linie, wohl wegen Minderjahrig- 
keit des Erben, zu Gunsten des Oheiras abge- 
wichen wurde; aber auch dafiir sind die Belege 
so unsicher (II. II lOlff.), dass dies hiichstens als 
Ausnahme die Kegel (II. XX 182ff.) bestatigt. 
Auch das Vorrecht des alteren Bruders vor dem 
jungeren wird nirgends in Zweifel gezogen , im 
Gegenteil als etwas Feststehendes bezeichnet (Od. 
XIX 184). Von Teilungen des Eeiches unter 
verschiedene Erben , von denen die spater zu- 
rechtgemachte Geschichte so viel zu berichten 
wusste (vgl. die Tradition von der Teilung Atti- 
kas unter die Sohne des Pandion, Apollod. Ill 
15, 6 = 206 Wagn. Soph. frg. 872 Nauck = Strab. 
IX 1,6) kommen sichere Falle im alten Epos nicht 
vor (nur im Schiifskatalog und II. VI 193 bei 
den Lykiern). Ebenso kann es zweifelhaft er- 
scheinen, ob es wirklich in der Gewalt des B. 
stand, Teile seines Eeiches an einen Freund zu 
verschenken (Od. IV 3*74ff.) oder seiner Tochter 
als Mitgift zu verleihen (II. IX 149ff.) — beide 
Stellen gehOren nicht zum alteren Bestand der 
Dichtung und deshalb ist es miissig, sie durch 
Annahme von (nirgends bezeugten) ,Perioeken- 
stadten' (so Gladstone und nach ihm Thum- 
ser) zu erklaren. MOglich ist es, dass zuweilen 
beim Fehlen mannlicher Nachkommen der Eidam 
Nachfolger seines Schwiegervaters wurde, aber be- 
weisen lasst sich diese Sitte nicht, am wenigsten 
durch Berufung auf spatere Sagen; so soil Mene- 
laos als Eidam des Tyndareos B. von Sparta ge- 
worden sein, aber noch als Helena entflihrt wurde, 
lebten ihre Briider (II. Ill 236ff.), die doch hatten 
Nachfolger ihres Vaters werden miissen — und 
Qberhaupt war es Sitte, dass der Brautigam dem 
Vater d^egsioia s'Sva zahlte. 

§ 2. Was die Pflichten und Eechte des B. 
betrifft, so sind sie vollkommen richtig und er- 
schapfend von Aristoteles (Pol. Ill 1285 b 9) um- 
schrieben : xvqioi 8' fjoav xfjg xs xaxa stole/tor 
fjytl-wviag xai twv dvoiwv ooai fiij [egaxixai xal 
ziQog xovxoig xix; Sixag sxqivov — hinzugefugt 
muss nur werden , dass mit diesen drei Einzel- 
rechten die ganze Staatsgewalt in den Handen 
des B. vereinigt war bei den damals noch so ein- 
fachen Bedingungen der Verwaltung. Als oberster 
Kriegsherr sammelte er das Volksaufgebot , dem 
sich niemand entziehen durfte (II. XIII 669; Od. 
XIV 238) ohne ausdrfickliche Erlaubnis (II. XXIII 
297), indem er selbst fur seine Ausrustung und 
gehorige Ubung zu sorgen hatte; derB. ordnete 
das Heer (II. II 362), Melt die Disciplin aufrecht 
(wobei er Eecht Uber Leben und Tod hatte, II. 
n S91ff. , wie schon Aristoteles Pol. m 1285 a 
richtig bemerkte, obgleich der von ihm angefiihrte 
Ausdruck naq yag kptoi ddrarog sich nirgends jetzt 
im Texte flndet), stellte die Mannschaften zur 
Schlacht auf (daher das Lob xoo/iijoat tsijiovg xal 
arioag fur Nestor und Menestheus in II. II 554. 



vgl. IV 293ff.) und liihrte sie selbst im Kampfe 
(II. Ill 179. VI 208), solange es nicht das Alter 
hinderte, wo er dann meist in seinem Sohne einen 
Stellvertreter fand (so Peleus in Achilleus). Bun 
stand auch wohl das Eecht zu, uber Beginn eines 
Krieges zu entscheiden, obwohl darliber nichts 
iiberliefert ist; jedenfalls konnte er denselben 
eigenmachtig beendigen durch Eiickzug (II. IX 
357f.) oder durch formellen Vertrag (II. Ill 264ff.). 

10 Zweitens war er Vertreter des Staates vor den 
Gottern und als solcher verpflichtet, alle herkomm- 
Uche (B. IX 534ff., vieUeicht Od. Ill 5ff.) oder 
einmalige Opfer (B. H 402. Ill 271 ; Od. XHI 
181) wohl stets ohne Zuziehung von Priestern 
selbst darzubringen oder durch einen Stellver- 
treter verrichten zu lassen (n. 1 430ff.), den Willen 
der Getter durch Seher zu erforschen (II. I 85ff.), 
wobei er iibrigens deren Weisungen auch vemach- 
lassigen konnte (II. XII 231ff.), endlich deren Zorn, 

20 der sich durch verschiedene Volksplagen offen- 
barte, zu beschwichtigen und iiberhaupt das gute 
Verhaltnis zwischen Staat und Gottheit aufrecht 
zu erhalten: fur die Sunden und religiose Nach- 
lassigkeit des B. biisst das ganze Volk (II. I 94ff. 
IX 533ff.), wie es fiir seine Gerechtigkeit belohnt 
wird (Od. XIX 108ff.). Von einer Oberaufsicht 
des B. uber den Privatkult einzelner oder ganzer 
Gemeinschaften, wie auch iiber das religiose Ver- 
halten der Unterthanen ist nichts iiberliefert, solche 

30 auch nicht wahrscheinlich. Da von Tempeln in 
den homerischen Gedichten fast nicht die Rede 
ist (II. I 89. VI 88; Od. XII 346. VI 10 u. wenig. 
and.) , so ist auch nichts fiber Tempelgut und 
dessen Verwaltung bekannt, ex silentio darf man 
aber schliessen, dass solches in alteren Zeiten auch 
nicht existierte : zur Bestreitung der Ausgaben 
des Kultes, der einzigen nennenswerten des noch 
so einfachen Staates, wurde dem B. ein ausge- 
wahltes Stuck Land (xefievog) verliehen (II. VI 194. 

40 IX 578. XII 313. XX 184 ; Od. I 393. VI 293. 
XI 185. XVII 299), das von seinem Privatgut 
(aygog) deutlich unterschieden wird (Od. XXIV 
205). Dass nicht blosse Ehrenbezeugung, sondern 
eben die Bestreitung der Ausgaben llir die Opfer, 
iiberhaupt den Kult, der Hauptzweck dieser Ver- 
leihung war, beweist sowohl der Name, der spater 
geradezu zur Benennung des Tempelgutes wurde 
(noch nicht in den alteren Gedichten bei Homer, 
wie Eustathios 1564 richtig bemerkt, nur H. VIII 

50 48. XXIII 144; Od. VIII 363 ev»a dk oi rifisvog 
Piofiog xs tivrfeig), als auch der Umstand, dass die 
iiltesten Heiligtiimer in engster Verbindung mit 
der Wohnung des B., also auf seinem Grund und 
Boden, seinem xefievog entstanden sind (so auf der 
Burg von Mykenai , Troia, Athen ; vgl. Od. VII 
81). Drittens lag dem B. die innere Verwaltung 
des Staates ob, die sich aber in jener Zeit vor- 
wiegend auf Abhaltung des Gerichtes beschrankte. 
Zwar wird er auch als ^ov?.rj<p6gog haufig genannt 

60 (II. II 24. VII 126. XIII 219 u. a.), aber die Ge- 
schafte, die er mit den Geronten meist beim Mahle 
besprach (II. IX 70; Od. VII 189. VIII 42), um 
dieselben dann an die Volksversammlung zu 
bringen, kOnnen nicht zahlreich und mannigfaltig 
gewesen sein. Viel bedeutender erscheint, dass 
er als SixaajioXog (z. B. Od. XI 186) oder defii- 
ozcaokog (H. in Cer. 103) die Mfuaxeg des Zeus 
bewahrt und behtitet (II. I 238. IX 98 ; Od. XI 



59 



Basileus 



Basileus 



60 



185); welche Wichtigkeit dieser Function zuge- 
schrieben wurde, zeigt nicht nur das Lob des 
,milden' B. (Od. II 230f.), sondern auch der Segen, 
der ihm von den Gottern verliehen wird (Od. XIX 
108ff., Gegensatz dazu II. XVI 387ff.); aber diese 
richterliche Gewalt ist eigentlich nichts weiter, 
als em Schiedsrichteramt zwischen streitenden 
Parteien. Weder ist ein Einschreiten der Staats- 
gewalt gegen gemeinschadliche Verbrecher be- 



fasst werden, als es meist geschieht. Wie das 
Leben des B. kaum verschieden war von dem- 
jenigen jedes anderen reichen Besitzers, wie seine 
Gewalt nur auf der Macht seiner PersOnlichkeit 
und dem Ansehen seines Anhanges beruhte — 
Zwangsmittel besass er sonst keine — und manch- 
mal dem Einflusse eines beliebigen Adeligen nach- 
stand (sebr belehrend das Beispiel des Telemachos, 
der sich selbst die ungebetenen Gaste nicht ans 



kannt, ausser einigen Fallen von Lynchjustiz (II. 10 dem Hause schaffen kann), ebenso muss man sich 



III 57; Od. XVI 424: sehr bezeichnend straft 
hier der B. den Staatsverbrecher nicht, sondern 
schutzt ihn gegen die Volkswut), noch wird durch 
sie die Person des Burgers geschiitzt, nur die 
kleinereGemeinschaft(das Geschlecht, diePhratrie) 
schiitzt ihre Mitglieder und racht sie — die Blut- 
rache und Mordsiihne sind reine Pvivatsache (II. 
IX 632; Od. XXIV 433; auch die Stelle II. XVHI 
497 beweist nichts dagegen, wie richtig Lipsius 



seine TJbergriffe, und deren geschahen (abgesehen 
von den erkauften Richterspriichen) wohl nicht 
wenige in dieser rohen Zeit, vorstellen als von 
mehr privater Natur (Od. IV 690), wie sich solche 
auch jeder auf seine Macht trotzende und durch 
einen Anhang gedeckte Mann erlaubte. Solches 
Verhaltnis scheint auch noch durch die stark 
idealisierende Darstellung des Epos durch, nament- 
lich in den Stellen, wo von der ^cctejnj Stf/iov 



Leipz. Stud. XII 225 gegen Dareste, Leaf und 20 yijfiig oder tpdng die Rede ist (II. IX 460; Od. 



Leist erklart). Nur bei Eigentumtsstreitigkeiten 

auf Anrufung der Parteien ubt der B. sein Ge- 

richt, ohne dass auch in diesen Fallen sein Spruch 

entscheidende Wirkung hatte: dem Belieben der 

Streitenden war es iiberlassen, ob sie ihm Folge 

leisten wollten, und nur die zuweilen im voraus er- 

legten Succumbenzgelder garantierten dem Sieger 

sein Recht (so ist gegen Gladstone Horn. Stud. 

297 die Stelle II. XVIII 507 zu deuten mit ebenbiirtigen Adelsgeschlechter, der hiiuflg ge- 

SchOmann Antiq. iur. publ. graec. 73, der nur30nannten fjyrjroQsg ?}8k pidovTeg (II. II 79. XVI 

darin irrt, dass er in den deponierten Geldern 164; Od. VIII 11) oder yigovteg (welcher Name 



XIV 239. XVI 375 u. a.; vgl. Gladstone Horn. 
Stud. 343. Nitzsch Beitr. z. Episch. Poes. I 95. 
II 125). Von Versuchen, die Macht des KOnig- 
tums fester zu begriinden und seine Gewalt aus- 
zubreiten, ist nichts uberliefert, und solche Ver- 
sucbe mussten notwendigerweise scbeitern nicht 
sowohl an dem Widerstande des Volkes, als der 
dem koniglichen an Reichtum und Macht fast 



erne poena terrwre litigandi sieht — sie waren 
zur Sieherheit des Siegers bcstimmt) — sonst 
mochte er selbst sehen, wie er zu seinem Rechte 
kam. Fiir all seine Miihen genoss der B. auch 
gewisse Vorrechte (yega) : als Heerfiihrer hatte er 
Anspruch auf die erlesensten Beutestiicke (z. B. 
II. I 163), als Oberpriester der Gemeinde bekam 
er bei alien mit dem Opfer verbundenen Fest- 



nicht stets auf Alter der Genannten hiiiweist, II. 
II 404. XIX 303 ; Od. II 14. VII 189 u. a.). 
Von einem Einfluss des Volkes auf die Staats- 
leitung ist wenig zu spiiren: ausser bei Kriegs- 
und ahnlichen Unternehmungen, wobei es wichtig 
war, sich dessen Einverstandnisses zu versichern, 
wird es jahrelang nicht zur Versammlung berufen 
(Od. II 26), und auch hier sprechen fast nur die 



mahlzeiten die besten Fleischstucke (II. VIII 161. 40 Adeligen und es gelingt ihnen meist ohne ernst- 



XII 310; Od. XI 185), als Richter empflng er 
von den Parteien Gesehenke, Saiga, ScozTvai, #e- 
fuaze? (II. I 230 u. a. II. IX 155 ; hier zwischen 
dwzivai als freiwilligen und difiioieg als festge- 
setzten Darbringungen zu scheiden und gar letztere 
als bestimmte Abgaben mit Schomann, Thum- 
ser, Busolt zu deuten, giebt es keinen Grund, 
da M/iig nur das von der Sitte Vorgeschriebene 
bedeutet, und Sitte war es, dass niemand, der an 



lichen Widerspruch, das Volk nach ihrem Sinne 
zu lenken (II. II 182ff., besonders die Thersites- 
scene) — diese Ansicht G rotes und der meisten 
Gelehrten wird nicht erschilttert durch das, was 
Gladstone (Homer. Stud. 327f.) und Fanta 
(Staat in d. II. u. Od. 89) dagegen vorbritigen. 
Dagegen ist die Unterstiitzung und der gute Willen 
der immer machtiger werdenden Adelsgeschlechter 
filr den iiusserer Machtmittel entbehrenden B. un- 



den B. ein Anliegen hatte, sich ihm ohne ,frei- 50 umganglich notwendig. Darum werden ihre Ver- 



williges' Geschenk nahte). Dass diese Gesehenke 
den Richterspruch beeinflussen konnten. beweist 
Hesiod, aber er ist nicht der alteste Zeuge fur 
die Habsucht der ,geschenkeliebenden' B. (Scoqo- 
<payoi Hesiod. op. 39; Sr/fiopoQog II. I 231; vgl. 
Od. IV 690 iiber die Ungerechtigkeit , II. XVI 
387 fiber die axohal Ssfiiaxeg der B.). Fremd 
sind noch der Ilias die vom B. eigenmachtig ein- 
gesammelten Auflagen auf das Volk, wie sie an 



treter zu alien wichtigeren Acten der Staatsge- 
walt hinzugezogen , sie fiihren die Heeresabtei- 
lungen im Krieg (II. IV 295f. XVI 17 Iff.) und 
sind die Vorkampfer (agia^eg) in der Schlacht, 
sie nehmen an den Opfern und den damit ver- 
bundenen Schmausen teil (Od. VII 189. VIII 42). 
wie sie auch sonst stete Gaste des B. sind (da- 
her yegovaiog olvog II. IV 259; vgl. II. IV 343; 
Od. XIII 8) , sie beratschlagen mit ihm iiber 



zwei Stellen der Odyssee (Xni 14. XIX 197) vor- 60 offentlidie Angelegenheiteii (II. IX 70ff. XXII 

kommen — wohl Sitte einer spiiteren Zeit. Frei- " " ' " " " " ----- 

lich zu gewissen Frohnden wird wohl das Volk 
verpflichtet gewesen sein, dafiir zeugen die mach- 
tigen Bauten von Mykenai und Tiryns, wie auch 
wohl nicht ohne solche der Palast des Paris er- 
baut wurde (II. VI 314 1. Im allgemcinen war 
die Gewalt des B,nur durch Sitte und Herkonimen 
beschrankt, aber dies muss in anderem Sinne are- 



119 yegovaiog ooxog; Od. XXI 21), sie bilden 
selbst im Gericht seinen Beirat (II. XVIII 503f. 
u. s.). in der Volksversaminlung unterstiitzen sie 
seine Vorschliige. kfinnen ihn aber auch empflnd- 
lieh angreifen (II. IX 100. XII 211), ohne dass 
es ihm bisweilen gelange , seinen Willen durch- 
zusetzen (vgl. den Streit des Agamemnon mit 
Achilleus in II. I und den Widerspruch des Dio- 



61 



Basileus 



Basileus 



62 



medes (II. IX 32). Aus den Reihen dieses Adels 
gingen auch die unmittelbaren Gehiilfen und Ge- 
folgsmanner des B. hervor, die Theraponten, die 
mit den Herolden (die iibrigens weniger ange- 
sehen waren) die einzigen ,Beamten' waren, es 
aber nicht verschmahten, auch niedrigere Dienste 
beim B. zu verrichten (so Patroklos bei Achil- 
leus, Sthenelos bei Diomedes). Entsprechend dem 
steigenden Selbstbewusstsein und der Macht dieses 
Adels begniigte er sich endlich nicht mehr mit 
dem Titel fjyrjrooss . sondern beanspruchte auch 
fiir sich den Namen fiaodrjeg (so in den jiingeren 
Gedichten des Epos, Od. I 394. VIII 390. XVIII 
64. XXIV 179; IL XX 84) und §ovlrj<p6 e oi. (in 
diesem Sinne nur II. X 414), sich dem eigent- 
lichen B. gleichstellend. Litteratur: Grot e Hist, 
of Greece II 61ff. und andere Geschichtswerke. 
Hermann-Thumser Griech, Staatsaltert, § 8. 
SchOmann Griech. Altert. 13 20 (vorziiglieh). 
Nagelsbach- Autenrieth Homerische Theo- 
logie, Nurnberg 1884, 250ff. Gladstone Home- 
rische Studien, bearbeitet von A. Schuster, Leip- 
zig 1863, 280ff. (vielfach zweifelhafte Resultate). 
Fanta Staat in Ilias und Odyssee, Innsbruck 1882, 
56ff. Mistschenko La royaute homenque, Me- 
langes Graux 159ff. Die betreffenden Abschnitte 
in Friedreichs und Buchholzens Homerischen 
Realien. 

§ 3. Von den Adelsgeschlechtern, nicht vom 
Volke ging der allmahlich erstarkende Widerstand 
aus, der zur Schwachung und weiter zum Sturz 
des Konigtums ffihrte, nicht ohne dass in der 
Zwischenzeit dasselbe durch das Erstarken der 
Staatsidee uberhaupt auch einen Zuwachs an 
Macht erhalten hatte: so ist in Athen sicher, wohl 
aber auch in anderen Staaten, noch vor Sturz des 
Konigtums die Entscheidung in Sachen des Blut- 
rechts der privaten Willkiir entzogen und den B. 
mitsamt dem Adelsrate iibertragen worden, was 
scheinbar eine Concession an die Gewalt des B., 
doch in der That, den ewigen Blutfehden zwischen 
den Geschlechtern ein Ende machend, nicht wenig 
beitrug zu deren Erstarkung und Einmiitigkeit 
im Kampf gegen das KOnigtum Dessen Verlauf 
entzieht sich unserer Kenntnis , war wohl auch 
meist local verschicden (obgleich die Alten in 
stereotyper Einformigkeit Entartung der B. zu 
Tyrannen als Grund ihres Sturzes angeben, da- 
mit ihre Unkenntnis des wirklichen Verlaufes be- 
weisend, Plat. Leg. Ill 690 D. Arist. Pol. VIII 
[V] 1311 a ; 'A-9. xoL 3, 2. Polyb. VI 4, 8. 7, 6—9), 
wie auch der Abschluss dieser Bewegung sowohl 
der Zeit nach stark schwankte, als auch mannig- 
faltige Resultate ergab. Haufig waren es Riva- 
litaten zwischen den verscbiedenen Zweigen oder 
Gliedem des koniglichen Geschlechtes, welche die 
Handhabe boten zur Ersetzung des erblichen B. 
durch eine Art Gesamtherrschaft der Geschlechts- 
genossen : so stellte in Korinth das konigliche 
Geschlecht der Bakchiaden (etwa ein Jabrhundert 
lang) den jahrigen Pr>i;anis — das Staatsober- 
haupt (Herod. V 92. Diod. VII frg. 9. Taus. II 
4, 4 1, so die Penthiliden in Mytilene (Arist. Pol. 
VIII [V] 1311b. Plut. de soil. an. 36), so die 
Basiliden in Ephesos (Baton frg. 2, FHG IV 348) 
und in Erfthrai (Arist. Pol. VIII [V] 1305 b), so 
sollen auch in Athen die Medontiden das Vor- 
recht auf das zehnjiibrige Archontat besessen 



haben (vgl. E. Curtius Mon.-Ber. Akad. Berl. 
1873, 284ff, , dessen Ausftthrungen im einzelnen 
starken Zweifeln ausgesetzt sind). Manchmal gab 
die Entartung des Herrschergeschlechts oder die 
Minderjahrigkeit des B. den Vorwand zur Er- 
setzung desselben durch ein anderes Geschlecht 
(so in Argos, Plut. de Alex. M. virt. II 8 ; so an- 
geblich in Athen nach dem Sturze der Theseiden), 
welches seinen Standesgenossen gegeniiber nicht 

10 mehr die friihere Autoritat der B. aufrecht er- 
halten konnte. Der Hauptgrund der Abschaffung 
des Konigtums war das Eintreten friedlicherer 
Zeiten nach der Epoche der Wanderungen, die 
eine Concentration der Gewalt iiberflussig machten, 
die vorwaltende Form nicht Austreibung der Konigs- 
geschlechter, sondern deren Beschrankung auf ge- 
wisse sacrale Ehrenrechte und Pflichten (das be- 
merkte schon Arist. Pol. Ill 1285 b 15), haufig 
blieb selbst der Name des B. erhalten, aber war 

20 nur Titel eines Beamten, der meist mit kultlichen 
Obliegenheiten zu thun hatte — die Vertretung 
des Staates gegeniiber den Gottern scheute man 
sich einem geringeren als einem B. anzuvertrauen 
(ahnlich der rOmische Rex sacrorum nach Liv. II 
2; vgl. Leist Graeco-italische Rechtsgeschichte 
524ff.). In den meisten der hellenischen Staaten 
ward das Xonigtum zwischen dem 8. und 6. Jlidt. 
abgeschafft und zwar meist so friih , dass kaum 
ein Paar einzelne Namen von B. erhalten sind 

30 (aus Sicilien und Italien keiner). Abgesehen von 
Athen haben sich KOnigslisten nur fiir Sikyon und 
Korinth, teilweise fiir Argos erhalten — am lang- 
sten bis gegen Mitte des 5. Jhdts. hat sich das 
Konigtum der Battiaden in Kyrene behauptet 
(Herod. IV 163. Pind. Pyth. IV. V); vgl. die 
kurze, aber treffende Zusammenstellung bei Schfl- 
mann Griech. Altert. 122ff. Bis in die eigent- 
lich klassische Zeit hinein hatten sich von alien 
Hellenen nur bei den Spartanern B. erhalten. 

40 Litteratur zu den Ksnigslisten : Brandis De 
tempornm graecorum antiquissimorum rationibus, 
Bonn. 1857. Gelzer Sextus Iulius Africanus, 2 
Bande, Leipzig 1880 — 85. v. GutschmidChrono- 
logische Untersuchungen, Kl. Schrift.IV Iff. linger 
Philol. XXVI 371ff. XXMII 272ff. C. Friek 
Jahrb. f. Philol. CVII 707ff. Busolt Griech. Gesch. 
I2 611ff. (Argos). 631ff. (Korinth). 665ff. (Sikyon). 
E. Schwartz Konigslisten des Eratosthenes und 
Kastor, Gottingen 1894 (nur die spatere Tradition, 

50 nicht die Entstehung dieser Listen untersucht). 
II. § 1. Die Basileis von Sparta. Weder 
fiber ihre urspriingliche Machtvollkommenheit, die 
man sich nach Analogie der homerischen B. vor- 
stellen muss , noch fiber deren allmahliche Be- 
schrankung durch die erstarkende Aristokratie ist 
es notig, zu dem Gesagten etwas hinzuzufugen. 
Eigentiiinlich war dem spartanischen KOnigtum 
die Teilung der Gewalt oder vielmehr die eollegia- 
lische Handhabung derselben durch zwei B. aus 

60 den Geschlechtern der Agiaden und Eurypontiden 
(s. d.), die beidc ihren Ursprung auf Herakles zu- 
riickfiibrten. Die Entstehung dieses DoppelkOnig- 
tuins, welche von den Alten auf die Zwillings- 
briider Eurysthenes und Prokles, die Sohne des 
Aristodemos, zuruckgeleitet, d. h. bis in die An- 
fange des spartanisch-dorischen Staates hinauf- 
datiert wurde (Herod. VI 52. Ephor. frg. 18 bei 
Strab. VIII 364. Plut. Lye. 2. Paus. Ill 1. 5i, 



63 



Basileus 



Basileus 



64 



ist in unlosbares Dunkel gehfillt (Zusammenstel- 
lung der verschiedenen LOsungsversucne und Hypo- 
thesen bei Busolt Griech. Gesch. 12 546, 4). 
Moglich ist es, dass sich hier die Spur eines 
Synoikismos zweier Gemeinden, einer dorischen 
von Sparta rind einer achaeischen von Amyklai, 
erhalten hat (so Waehsmuth Jahrb. f. Philol. 
XCVni Iff. G. Gilbert Stud. z. altspartan. Gesch. 
57ff. ; Griech. Staatsalt. I 5ff.; iihnlich E. Cur- 
tius, SchSmann u. a.), aber beweisen lasst sich 
dies nicht, denn selbst die Verschiedenheit des 
TJrsprungs beider Geschleehter ist nicht nachzu- 
weisen: weder die Getrenntheit ihrer Begrabnis 
platze (der Agiaden bei der Akropolis, Pans. Ill 
14, 2, der Eurypontiden auf Neusparta, Pans. Ill 
12, 8) lasst sich dafur verwerten — bei der ge 
wOhnlichen Eivalitat derselben war sie sehr ver- 
standlich (so scheinen sie auch nie unter einander 
geheiratet zu haben, G. Hermann Gott. gel. Anz. 
1849, 1230. Kopstadt De rer, Lacon. const. Ly- 
curgea, Gryph. 1849, 96) — noch der Ausruf des 
Kleomenes, dass er nicht Dorer, sondern Achaeer 
sei (Herod. V 72) — als Nachkommen des Hera- 
kles waren es beide B. , und wenn sich fitr eine 
Linie eine bestimmte Tradition bis an den An- 
fang des 5. Jhdts. erhalten hatte, wurde sich 
wohl eine Spur in der Geschichtsiiberlieferung 
finden (vgl. Busolt Die Lakedaimonier I 52). 
Jedenfalls die Idee von einer vermeintlichen dritten 
Konigslinie der Aigeiden (so Gilbert a. a. 0.) 
ist entschieden abzuweisen. Aber auch die Mog- 
liehkeit, dass zwei dorische Geschleehter in ihrer 
Eivalitat die Teilung der KOnigsgewalt hervor- 
gerufen hatten (dazu neigen Duncker und Bu- 
solt), ja dass dieselbe sogar absichtlich zum 
Zwecke von deren Schwachung vorgenommen wor- 
den sei (so Holm Griech. Gesch. I 210), lasst sich 
nicht dadurch widerlegen, dass dies der Tendenz 
der Begriinder einer neuen Gemeinde widersprochen 
hatte (so Thuraser Griech. Staatsalt. 159), denn 
dass die Teilung bis in die Zeit der Anfange des 
Staates zuriickginge, ist gerade so gut bezeugt, 
wie die Zwillingsbruderschaft der ersten B. Un- 
denkbar ware iibrigens nicht, dass die Legende 
diesmal zufallig das Bichtige bewahrt hatte — 
etwas Widersinniges enthalt sie Wht: dass bei 
zweifelhaftem Erbrecht und bei starkem Anhang 
zweier Pratendenten der Ausweg eines Doppel- 
kflnigtums nahe lag, zeigen z. B. die Vorgange 
nach Alexanders d. Gr. Tode. Dass die Zwillings- 
briider Eurysthenes und Prokles spater hinzu- 
erfunden seien zu den Agiaden und Eurypontiden 
(wozu die meisten Gelehrten hinneigen), dieser 
Beweis lasst sich auch umkehren, indem man fragt, 
warum denn die zurechtgemachte KOnigsliste nicht 
den Agis und Eurypon zu Schnen des Aristode- 
mos hatte stempeln kennen, wenn nicht schon in 
der Legende Eurysthenes und Prokles als solche 
genannt waren. Wie dem auch sei, jedenfalls 
hatte die Teilung des Konigtums (zuerst sicher 
bezeugt durch Tyrtaios frg. 4 Bgk., dessen Echt- 
heit von E. Meyer Eh. Mus. XLI 572 mit un- 
genugenden Griinden angefochten worden ist) eine 
Schwachung desselben zur Folge. Die weitere Ein- 
schrankung desselben durch die wachsende Macht 
der Ephoren (s. d.) lasst sich in ihren einzelnen 
Phasen nicht historisch sicher stellen — nur das 
Schlussresuftat liegt klar vor Augen. 



§ 2. Seit dem 6. Jhdt. ist der B. eigentlich 
nicht viel mehr als lebenslanglicher Peldherr des 
Staates (so schon Arist. Pol. Ill 1285 b: sazlv 
atqairiyla xaza ysvos at'Sios; vgl. Isokr. IH 24). 
Zwar alle ausseren Ehren (yiQa) waren ihm ge- 
wahrt, so bezog er sowohl die Einktinfte der Do- 
raanen (Xen. Lac. resp. 15, 3), wie auch die Ab- 
gaben der Perioeken (Plat. Alkib. 1 123 A), deren 
Verhaltnis zu ihm uberhaupt mehr den urspriing- 
10 lichen Charakter bewahrt hatte; bei Festen, Opfern, 
Verteilung der Kriegsbeute kam ihm der Ehren- 
teil zu (Herod. VI 56—57. Xen. Lac. resp. 15, 3 
—6. Phylarch. bei Polyb. DZ 62); jedermann 
musste ihm durch Aufstehen Ehrfurcht beweisen, 
die Ephoren ausgenommen (Xen. Lac. resp. 15, 2); 
sein Haus wurde auf Staatskosten unterhalten 
(Xen. Ages. 8, 7. Plut. Ages. 19. Corn. Nep. Ages. 
7) ; nach dem. Tode ward ihm ein Begrabnis wie 
einem Heros zu teil (Xen. hell. Ill 3, 1 : ae/tvo- 
20 riga rj xaxa av&Qcaxov tarpri) , wobei wieder die 
Perioeken an der Trauer einen beson deren Anteil 
nahmen (Herod. VI 58. Xen. Lac. resp. 15, 9. 
Ps.-Herakl. II 5. Paus. IV 14, 4); zu den Ehren- 
rechten gehort es, dass der B. bei seineni Begie- 
rungsantritt den Staatsschuldnern ihre Schuld er- 
liess (Herod. VI 59). Ein Best der friiheren Macht- 
stellung der B. zeigte sich auch in dem ihnen 
zustehenden Eechte die Gemeinde gegeniiber den 
Gattern zu vertreten (Arist. Pol. Ill 1285 a: In 
30 8i to. tiqoq jovg &sovg djtoSeSorai rote fiaadsvoi), 
sowohl durch Darbringung aller Staatsopfer, zu 
denen ihnen von Staatswegen die Opfertiere gestellt 
wurden (Xen. Lac. resp. 15, 1 : Msiv $. jiqo zij; 
xoXecog to. drjfioaia jtdvra; hell. Ill 3, 4. 4, 23. 
IV 2, 20. Herod. VI 57), wobei sie noch speciell 
die Priestertiimer des Zeus Lakedaimon una Ura- 
nios selbst bekleideten (Herod. VI 56), als auch 
durch Vermittlung des Verkehrs mit Delphi, zu 
welchem Zweck jeder der B. zwei sog. Pythier er- 
40 nannte (Herod. VI 57. Xen. Lac. resp. 15, 5. Plut. 
Pelop. 21). Mit diesem sacralen Charakter der 
B. hing die Forderung korperlicher Makellosig- 
keit fur dieselben zusammen (6X6x).yQoi xal aye- 
XsTs, Xen. hell. Ill 3, 3. Plut. Agis 3). Von poli- 
tischem Einfiuss dagegen auf die Staatsverwaltung 
ist ihiien fast nichts belassen worden, ausser dem 
Sitz in der Gerusie, deren Macht ihrerseits stark 
zu Gunsten des Ephorats eingeschriinkt worden 
war, und auch hier zeigt sich die Gebundenheit 
50 der B. darin , dass im Fall einer derselben von 
der Sitzung fern blieb, auch der andere nicht er- 
scheinen durfte, sondern beide Stimmen einem 
Geronten iibertragen werden mussten (so ist wohl 
Herod. VI 57 im Vergleich mit Thukyd. I 20 zu 
deuten). Wie die B. als Vorsitzende der Gerusie 
uber die Mordsachen zu entscheiden hatten, so 
war ihnen auch eine selbstandige Jurisdiction in 
Sachen des Familienrechtes belassen, welche sich 
aber nur auf die Streitigkeiten wegen einer Erb- 
60 tochter und auf Vornahme von Adoptionen be- 
schrankte; ausserdem sollen sie auch befugt ge- 
wesen sein, ,tiber die effentlichen Wege' zu ent- 
scheiden , ohne dass es klar sei , was damit ge- 
meint war (Herod. VI 57). Nur im Heeresbefehl 
und teilweise in Betreff der auswartigen Ange- 
legenheiten bewabrten die B. eine grOssere Macht, 
aber auch in dieser Beziehung wurden sie im 
Laufe des 5. Jhdts. stark beschrankt. Sowohl 



65 



Basileus 



Basileus 



66 



das ihnen ursprunglich zustehende Eecht eigen- 
machtig, ohne dass sie jemand daran hindern 
durfte, Krieg zu beginnen (Herod. VI 56. Xen. 
Lac. resp. 13, 10. 15, 2) und durch Vertrage zu 
beendigen (Thukyd, V 63), als das Heer nach 
eigenem Ermessen zu fuhren mit Gewalt uber 
Leben und Tod ihrer Krieger (Arist. Pol. HI 1285 a. 
Thukyd. V 66. Xen. Lac. Eesp. 13, 10. Plut, Ages. 
32), wurde ihnen allmahlich genommen, zwei Epho- 
ren begleiteten im Kriege stets den B. als Beob- 
achter," die also spater ihn zur Verantwortung 
Ziehen konnten (Herod. IX 76. Xen. hell. II 4, 
36; Lac. resp. 13, 5), und seit dem J. 418 
wurden ihm noch Eatgeber in verschiedener An- 
zahl (Thukyd. V 63. Xen. hell. Ill 4, 20. IV 1, 5. 
V 3, 8) beigegeben, ohne die er nichts unter- 
nehmen durfte. Auch das Verbot gemeinsamer 
Kriegfiihrung der B. (seit Ende des 6. Jhdts., 
Herod. V 75) hat ihre Macht wohl kaum ver- 
starkt, da es wohl von den Ephoren abhing, wem 
sie den Oberbefehl des Heeres anvertrauen woll- 
ten, und die Schaffung des Amtes des von den 
B. unabhangigen Nauarchen (vgl. Arist. Pol. II 
1271 a) entzog ihnen nicht nur einen nicht un- 
wichtigen Teil der Heereskrafte, sondern schadigte 
auch ihr Ansehen, als der einzigen Heerfiihrer. 
Als schwache Spur des ihnen friiher zukommenden 
Rechtes der Vertretung des Staates gegeniiber dem 
Auslande blieb ihnen die Befugnis, die Proxenen 
zum Empfang der fremden Gaste zu bestimmen 
(Herod. VI 57). Aber selbst diese beschrankte 
Macht der B. , noch geschwacht durch ihre be- 
standige Eifersucht, schien fur den Staat gefahr- 
lich : jeden Monat nahmen ihnen die Ephoren den 
Eid auf die Verfassung ab, ihnen dagegen ihre 
Eechte garantierend {rijv aQ%t)v aorvcpeXimov Jia- 
gi$siv, Xen. Lac. resp. 15, 7), jedes neunte Jahr 
konnten sie dieselben auf Grund religiOser Wahr- 
zeichen von ihrem Amte suspendieren (Plut. Agis 
11); und auch sonst waren sie befugt, auf den 
geringsten Verdacht hin den B. einzukerkern, ihn 
vor Gericht zu stellen und zur Verbannung ver- 
urteilen zu lassen, wie das in der That mehrfach 
geschehen ist (Kleomenes I., Herod. VI 74. Plei- 
stoanax, Thukyd. II 21. Pausanias, Xen. hell. Ill 
5, 25 u. a.). Ja selbst in rein private Angelegen- 
heiten des B. konnten sich die Ephoren unter 
Vorwand des Staatswohls einmischen, wie die Ge- 
schichte des Anaxandridas (Herod. V 39) beweist. 
Die Erbfolge war getrennt fur beide Linien und 
wie in heroischer Zeit rein agnatisch, wobei unter 
mehreren Briidern im allgemeinen der alteste das 
Vorrecht hatte, mit der Ausnahme, dass der ,im 
Purpur geborene' den Vorzug erhielt (Herod. VII 
3). Im Falle der Minderjahrigkeit des Erben 
wurde ihm der nachste Agnate zum Vormund 
faeodixos) bestellt (Plut. Lye. 3. Paus. Ill 4, 9), 
der aber als Trager der ganzen Konigsgewalt 
haufig selbst als B. bezeichnet wurde. Bei etwaigen 
Thronstreitigkeiten entschied die Volksversamm- 
lung meist auf Grund eines delphischen Orakel- 
spruches (Herod. VI 66. Xen. hell. LU 3, 4. Paus. 
Ill 6, 2. 8, 9). Diese Ordnung erhielt sich bis 
auf den Tod des Agis IV., als das Kbnigtum in 
den ausschliesslichen Besitz des Hauses der Agia- 
den in Person des Leonidas H. und Kleomenes III. 
(der nur zum Schein seinen Bruder Eukleidas 
zum Mitregenten einsetzte) kam. Mit dem Tode 
Pauly-Wlssowa ITT 



des Agesipolis III. , der von seinem Mitregenten 
Lykurgos vertrieben wurde, erlosch das legitime 
Konigtum, denn letzterer war selbst kein Hera- 
klide (Polyb. IV 34, lOff.). 

Die spartanische KOnigsliste (s. Eegententafel 
umstehend S. 67/70), welche am ausfuhrlichsten 
von Pausanias HI 2—10 wiedergegeben ist, war 
schon in ihren alteren Teilen um Mitte des 
5. Jhdts. feststehend (TIerod. VH 204. VIII 131), 

10 nur dass spater in die Linie der Eurypontiden, 
um sie mit den Agiaden auszugleichen , Soos 
eingefiigt wurde, schon vor Ephoros. Seit Ana- 
xandridas und Ariston kann sie als vollkommen 
historisch gelten, aber diechronologischeAnsetzung 
der Eegierungsdauer der einzelnen B. unterliegt 
vielfachen Zweifeln, da sie fast ausschliesslich auf 
Angaben des Diodor beruht. Litteratur: Ausser 
den Griechischen Staatsaltertumern von Hermann- 
Thumser(§ 24), SchOmann (1 237ff.), Gilbert, 

20 Busolt, C. O. Miiller Dorier 112 93ff. Auer- 
bach De Laeedaemoniorum regibus, Berlin. Diss. 
1863. Busolt Griech. Gesch. 12 544ff. (kurz, aber 
vorziiglich) und andere Geschichtswerke. Oncken 
Staatsl. des Aristoteles I 287. Uber die KOnigs- 
listen: Gilbert Stud, zur altspartan. Gesch. 2ff. 
Trieber Nachr. d. Getting. Ges. d. Wiss. 1877, 
319ff. UngerPhilol. XL 89f. D u m Spartanische 
KSnigslisten , Innsbruck 1878. v. Gutschmid 
Kl. Schr. IV 20. Hermann-Thumser Griech. 

30 Staatsalt. 268—269. 

III. § 1. Wie in Sparta als lebenslanglicher 
Feldherr, so hat sich in anderen Staaten der B. als 
mit gewissen sacralen Pflichten betrauter Beamte 
erhalten. Von den friiheren Herrschergeschlech- 
tern, welchen nach Zeugnis des Aristoteles (vgl. 
oben) in einigen Staaten gewisse Ehrenvorrechte 
meist in Bezug auf die Vertretung des Staates 
gegeniiber den Gottern erblich vorbehalten waren, 
muss fuglich abgesehen werden ; nur fur das Ge- 

40 schlecht der Basiliden in Ephesos ist es aus- 
driicklich bezeugt, dass sie bis in spatere Zeiten 
hinein mit dem Titel B., welcher alien Mitgliedern 
desselben zukam, den Vorsitz in den Festspielen 
und die Abzeichen des Konigtums, Purpurmantel 
und Scepter bewahrt hatten (Strab. XIV 633). 
Hier sind nur die sicher mit dem Titel B. be- 
zeichneten Beamten, welche nach Aristoteles Wor- 
ten (Pol. VH [VI] 1322b) djrd xrjs xoivfj.g loxiaz 
e%ovai tyjv ri/irjv , zu beriicksichtigen , abgesehen 

50 davon, ob ihr Amt den wirklichen Nachkommen 
des Konigsgeschlechtes vorbehalten war oder nicht. 
Unterschieden muss aber werden zwischen den 
Staaten, filr welche mehrere B. bezeugt sind, und 
denjenigen, wo nur ein Beamter dieses Namens 
vorkommt, denn dieser Unterschied ist nicht zu- 
fallig. Obgleich der Besetzungsmodus fur das 
Amt nirgends ausdrucklich bezeugt ist, so ist es 
doch augenscheinlich , dass mehrere B. nur in 
Staaten mit (wenigstens ursprunglich) ausgepragt 

60 aristokratischer Verfassung vorkommen und folg- 
lich als Nachfolger wenn nicht der Alleinherrscher 
der alteren epischen Gesange, so doch der /?aai- 
Ifje; der jiingeren gelten miissen — aus den Ge- 
schlechtern mussen diese Stellen besetzt worden 
sein, ob auf Grund erblichen Vorrechtes oder durch 
Wahl bleibt dunkel ; dagegen erscheint der B. ge- 
nannte Einzelbeamte nur in Staaten, wo das 
strenge Adelsregiment gesturzt worden war, und 

3 



67 



Basileus 



Basileus 



68 



69 



Basileus 



Basileus 



70 



Agiaden 



Eurysthenes 

Agis I. 

Echestratos 

Labotas 

Doryssos 

Agesilaos 

Archelaos 

Teleklos 

Alkamenes 

Polydoros 

Eurykrates I. 

Anaxandros 

Eurykrates II. 

Leon 

I 
Anaxandridas (um Mitte des 6. Jhdts.) 

Kleomenesl. Dorieus L e o n i d a s Kleombrotos (f 479) 
(?— 488) (reg. n.). (488-80) ^J 

Gorgo 

(vermahlt mit 

Leonid as) 



Stammbaum der 

Herakles 

Hyllos 

Kleodaios 

Aristomachos 

Aristodemos 

I 



spartanisehen Konige. 



Fleistarchos Pausanias Nikomedes 
(480-58) [ 

Pleistoanax (458-445 u. 426-408) 

Pausanias (445-426 u. 408-394) 

Agesipolis I. (394-380) Kleombrotos I. (380-371) 

i 

Agesipolis n. (371-370) Kleomenes 11.(370-309) 

Akrotato s (reg. nicht, f 3 1 2 ?) Kleonymos 
Areus I. (309-265) Leonidas LL (256-243 n. 241-228) 

Akrotatos (265-264?) \ 



X 

X 

I 

X 



Areus LI. (264?-256?) Kleomenes HI. Eukleidas Chilonis oj Kleombrotos II. 

(228-219) I (243-2 41) 

Agesipolis Kleomenes 
i 
Agesipolis III. (219-?). 

i • , A ^™ e F^ u . n S- Mit gesperrter Sohrift sind die Glieder der Kbnigshauser bezeichnet , die reeiert 

Konnen, berucksichtigt aind, wahrend die friiheren als kaum auf sieherer trberlieferung beruhend mit gewbhn- 
Anlass geben kann. " 



Eurypontiden 



Prokles 

[Soos] 

Eurypon 

I 
Prytanis 

Polydektes (Eunomos) 

Eunomos (Polydektes) 

Charillos 

Theopompos 

1 



Archidamos (regierte nicht) Anaxandridas 

I | 

Zeuxidamos Archidamos 

a ■!, i 

Anaxidamos Anaxilaos 

I I 

Archidamos I. Leotychidas 

Agasikles Hippokratidas 

A r i s t o n (um die Mitte des 6. Jhdts.) Agesilaos 

Damaratos (?-491) Menares 



Leotychidas (491-469) 

Zeuxidamos 
I 
Archidamos II. (469-427) 



Agis II. (427-401) Agesilaos (401-361) Teleutias Kyniska 
Leotychidas Archidamos III. (361-338) 

Agis ILL (338-330) Eudamidas I. (330- etwa 300) 



Archidamos IV. (3009-280?) Agesilaos 
Eudamidas LI. (280?-245) Hippomedon 

irfc 



Agis IV. (245-241) Archidamos <*» Tochter 

I 1 



Eurydamidas (241-226) 



X 



hiben, wobei nur die Konige seit Polydoros und Theopompos, welche als ziemlich sicher bezeugt gelten 
lieher Schrift gedruckt sind, was bei der anfanglichen Einfachbxit des Stammbaums zu keinem Missverstandnis 



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Basileus 



Basileus 



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hat vielmehr den Charakter eines biirgerlichen 
Beamten, wobei nicht ausgeschlossen , dass hie 
und da zur Wahlberechtigung Geburtsadel erfor- 
derlich gewesen sein mag. Nach diesen zwei 
Gruppen sollen die bekannten Falle aufgezahlt 
werden. I. Mehrere B. sind bezeugt fifr: 1. Elis 
(IGA 112 = Collitz Dial.-Inschr. I 1152 wohl 
noch aus dem 7. Jbdt.) , wo es aber unklar ist, 
ob nicht uberhaupt Mitglieder der Adelsgeschlech- 
ter (flaodjjeg im Sinne des jiingeren Epos) zu ver- 
stehen sind. 2. Kyme, wo sie ihT Amt, wie es 
scheint, lebenslanglich bekleideten, da sie von 
Zeit zu Zeit vom Eate in geheimer nachtlicher 
Sitzung gepriift wurden (Plut. qu. Gr. 2). 3. My- 
tilene, wo sie noch am Ende des 2. Jhdts. neben 
oder Tor dem Prytanen die Hauptbeamten des 
Staates waren und, wie es scheint, mit dem Ge- 
richtswesen zn thun hatten (Collitz Dial.-Inschr. 
I 214. 215. Theophr. bei Stob. flor. 44, 22); bier 
haben wohl die Geschlechter die pacihla der Pen- 
thiliden iibemommen, von deren Sturz Aristoteles 
(Pol. VIE 1311b) erzahlt. 4. K y z i k o s : hier werden 
in verschiedenen Prytanenverzeichnissen (vor und 
nach Christi Geburt) drei bis sechs B. genannt 
(CIG 3663 A! B. Athen. Mitt. VI 45ff. XVI 438), 
wobei, von ihrem sacralen Charakter abgesehen, 
sich iiber sie nichts Genaueres feststellen lasst. 
II. Einzelbeamte mit dem Namen B. sind bezeugt 
fflr: 1. Argos (Herod. VII 149). 2. Megara 
und seine Colonien: Megara selbst (IGS I Iff.), 
Aigosthenai (ebd. 223), Pagai (ebd. 188), Chal- 
kedon (CIG 3794), Chersonasos (Latyschew 
Inscr. orae septentr. P. Eux. I 185—187. Bull, 
hell. XI 296). In alien diesen Staaten war der 
B. eponymer Beamter (vgl. Latyschew Bull, 
hell. IX 286). 3. Chios (IGA 381, mit sacralen 
Functionen). 4. Miletos (Dittenberger Syll. 
376, an Opfern beteiligt). 5. Olbia (Latyschew 
Inscr. P. Eux. 153). 6. Siphnos, hier kann es 
zweifelhaft sein, ob einer oder mehrere B. waren, 
jedenfalls wurden sie aus gewissen Geschlechtern 
gewahlt (Isokr. XIX 36). Ausserdem kommt der 
B. noch vor in Arkesine auf Amorgos (Athen. 
Mitt. I 342) und Samothrake, wo er als epo- 
nymer Beamte fungiert, da aber in letzterer sicher, 
in ersterer wahrseheinlich ein ganzes Collegium 
von neun Archonten vorhanden war, so ist wohl 
die ganze Institution aus Athen entlehnt. Lit- 
teratur: G. Gilbert Griech. Staatsaltert. II 272f 
323f. 

§ 2. In A t h e n muss das urspriingliche KCnig- 
tum nach seinen Rechten und Pflichten nicht ver- 
schieden gewesen sein von dem sog. .heroischen', 
aber weiter lasst sich selbst hypothetiseh nichts 
aussagen. Freilich wurde schon von den Alten 
dem Theseus eine wichtige Reform desselben zu- 
geschrieben, sowohl in Betreff der Einigung der 
ganzen Landschaft unter der Herrschaft eines B. 
(Thukyd. II 15), als der volkstiimlichen Beschriin- 
kung seiner Gewalt (Arijst. A&. jioX. 41, 2. Plut, 
Thes. 25), aber beide Massregeln sind ihrem Sinne, 
wie ihrer Tragweite nach unbestimmt, selbst wenn 
man davon absieht, dass hier wohl auf eine Per- 
sOnlichkeit das Kesultat langerer Entwicklung 
ubertragen worden ist. Wenn die Beschrankung 
der kOniglichen Gewalt zii'Gunsten des Demos 
jedenfalls undenkbar ist, wie allgemein ange- 
nommen wird, so ist der sog. Synoikismos um 



nichts deutlicher : war es wirklich eine Einigung 
ganz selbstandiger Gemeinden oder nur eine Riick- 
fiihrung unabhangig gewordener Adelsgeschlechter 
zu pflichtsehuldigem Gehorsam? Die tjberlieferung 
von verschiedenen B. in den attischen Gauen (Paus. 
I 14, 7) beweist dagegen nichts — viele B. gab es 
auf Ithake, wo doch niemand an wirklich auto- 
nome Gemeinden denken wird, vier B. herrschten 
in Eleusis (Hymn, in Cer. 473) — womit natiir- 
lOlich nicht die ehemalige Selbstandigkeit gewisser 
Landesteile , wie der marathonischen Tetrapolis 
oder von Eleusis geleugnet werden soil , sondem 
nur auf die Unklarheit der Tradition hingewiesen. 
Ebenso ist die erst recht spat (viel spater als die 
spartanische) zurecht gemachte KOnigsliste ur- 
sprttnglich nicht nur iiusserst arm, sondem auch zu- 
sammenhanglos : Kekrops, Erechtheus und Aigeus, 
dem erst verhaltnismassig spat Pandion zum Vater 
gegeben wurde, stehen ganz vereinzelt, Theseus 
20 selbst ist ein ionischer Zugewanderter (aajlvs 
Plut. Thes. 13), Menestheus scheint attischer Her- 
kunft zu sein, dagegen ist Demophon von zweifel- 
hafter Provenienz , dann folgen etymologisch- 
spielende Namen (Apheidas, Oxyntas, Thymoites) 
und endlich die spat aus ionischer tjberlieferung 
eingedrungenen Melanthos und Kodros — das ist 
die Liste, wie sie noch dem Hellanikos vorlag, 
der dieselbe erweitert haben soil, um sie in Ein- 
klang zu bringen mit den hfiher ninaufreichenden 
30 peloponnesischen (Brandis De temp, graec. anti- 
ques, rationibus 20), was aber sich nicht be- 
weisen lasst und sehr fraglich erscheint (vgl. 
v. Ranke Weltgesch. II Anh.). Selbst noch die 
Geschichte der Medontiden ist ein leeres Blatt, 
und der Versuch, dasselbe durch staatsrechtliche 
Eeconstructionen zu Mien (wie z. B. durch An- 
nahme eines GesamtkOnigtums der Medontiden 
nach Beispiel der Bakchiaden in Korinth, E. Cur- 
tius Monatsber. Akad. Berlin 1873, 284ff.) muss 
40 als verfehlt bezeichnet werden. tiber den Sturz 
des Konigtums, seine Ersetzung durch das Col- 
legium der neun Archonten, von denen der zweite 
den Titel B. beibehielt, und die dem letzteren 
mit seinen Collegen gemeinsamen Eechte und 
Pflichten vgl. unter Archontes. 

§ 3. Der Beamte, welcher den ehrwurdigen 
Namen des B. trug, hatte mit demselben die reli- 
giose Vertretung des Staates vor den Gottern ge- 
erbt, daher war ihm die Sorge fur den ganzen 
50 Kultus (mit allem, was damit zusammenhing) iiber- 
tragen, soweit dies lega ndrgta waren — nur die 
am spatesten eingeftthrten (ejiffiexa) wurden, als 
der religiose Nimbus des Amtes dem Bewusstsein 
der Burger nicht mehr so gegenwartig war, gTSss- 
tenteils dem Archon, noch spater auch anderen 
Beamten iiberlassen. Aus diesem vorwiegend reli- 
giOsen Charakter erklaren sich auch einige Eigen- 
tfimlichkeiten des Amtes. Vor allem bemerkbar 
ist die Rolle, die allein unter alien Beamten bei 
60 ihm die Gemahlin spielte , wie sie aueh einen 
speciellen Titel — jiaoiXiooa — (so lautete die 
am besten bezeugte Form nach Ael. Dionysius, 
vgl. CIA II 374) trug. Infolge dessen musste er 
nicht nur in rechtmassiger Ehe verheiratet sein, 
sondem auch durchaus mit einer Jungfrau: nur 
eine solche Frau gait fiir wiirdig, die ihr aufer- 
legten sacralen Ceremonien fur den Staat zu ver- 
richten, von denen die wichtigste ihre mystische 



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Basileus 



Basileus 



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Vermahlung mit dem Dionysos war. Dieselbe 
wurde in dem sog. BovxoXsTov (welches nicht als 
Viehhof zu deuten ist, sondern als Temenos des 
als Stier gedachten Gottes, vgl. Reitzenstein 
Epigramm und Skolion, Giessen 1893, 193ff. 
Crusius Philol. XLVI1 34 uber die povxoXoi als 
Dionysosverehrer), im altesten Heiligtum desselben 
zu Limnai (Thuk. II 15) gefeiert, wohin sie 
zu diesem Z we eke an den Anthesterien sich in 
feierlieher Procession in Begleitung der vierzehn 
yeeagai begab (Ps.-Dem. LIX 74—77). Uber 
andere Obliegenheiten derselben lasst sich wegen 
Mangels an Zeugnissen nichts sagen ; erinnert sei 
nur an die analoge Rolle, die auf Syros (A&rjv. 
Ill 529f.) die aQ%siv7\ und die Regina sacrorum 
in Rom spielte. Auch das Amtslocal des B. war 
urspriinglieh in dem genannten Bukoleion (Arist. 
*A$. sioX. 3, 5) in einem Gebaude, das nach ihm 
Basileion (s. d.) genannt wurde (Poll. Vm 111, vgl. 
Suid. s. &qxcov. Bekker Anecd. 449, 19), nahe dem 
Prytaneion, dem Herde des Staates. Wo man 
dasselbe ansetzen soil, ob siidlich von der Akro- 
polis (so E. Curtius Stadtgesch. von Athen 51f.) 
oder dort, wo spater das (allein sicher bezeugte) 
Prytaneion lag, war lange strittig: in letz- 
terem Falle wurde der B. auch spater bei der 
Ubertragung des Amtslocals in die nach ihm 
benannte KOnigshalle, wo er wenigstens seit 
Ende des 5. Jhdts. verweilte (Plat. Theaitet. fin.), 
sich nicht weit von dem altgeheiligten Boden 
entfernt haben, da mOglicherweise auf ihm sogar 
die Stoa erricntet war. Jetzt ist durch Doerp- 
felds Ausgrabungen der lenaeische Bezirk samt 
dem Bukoleion am Nordwestabhange der Akro- 
polis festgestellt worden (Athen. Mitt. XX 161ff.). 
Dem B. kam auch nach nicht ganz deutlichen 
Notizen (Poll. VII 77. 85) eine besondere Klei- 
dung und fSaodiSfss genannte Schuhe zu. Von son- 
stigen Ehrenrechten des B. ist nichts bekannt, 
ausser dem Rechte in den von ihm geleitrten 
Blutgerichten (Arist. 'A&. ™L 57, 4. Poll. VIII 
90) mitzustimmen — hier hat sich aber wohl nur 
eine urspriingliche Beschrankung in das Gegen- 
teil verkehrt: wo der Beamte einst seinen Spruch 
selbstandig fallte, da ward sein Gericht zuerst 
durch die Appellation beschrankt und dann ganz 
verdrangt durch die Heliaia; wo er aber von 
alters her nur eine Stimme in zahlreicher Ge- 
richtsversammlung besass, wie der B. im Areopag, 
da schien es unnutz, ihm dieses Recht zu nehmen. 
Wohl um den Grundsatz, dass Beamter und Rich- 
ter verschieden seien, festzuhalten, war es Sitte, 
dass der B. bei Abgabe seiner Stimme den Myr- 
tenkranz, sein Amtsabzeichen, vom Haupte ablegte 
(A. Kirchhoff Mon.-Ber. Akad. Berl. 1874, 105ff. 
Schoemann Jahrb. f. Philol. CXITI 12ff., dessen 
Ausffihrungen aber nicht iiberzeugend sind). 

§ 4. Die Amtspfiichten des B. scheiden sich 
in administrative und gerichtliche ; da aber unter 
letzteren ein Teil, die Blutgerichtbarkeit , eine 
besondere Stellung einnimmt, so ist es passender, 
diese gesondert zu betrachten, dagegen seine son- 
stige iurisdictionelle Thatigkeit im Zusammenhang 
mit der administrativen. Wie gesagt, lag ihm 
vor allem die Oberaufsicht uber den ganzen Kul- 
tus ob, er hatte dafiir zu sorgen, dass die Rechte 
der Gotter gewahrt wurden und der Staat seinen 
Pflichten ihnen gegpm'iber nachkame. Infolge 



dessen musste er uber die regelmassige Besetzung 
aller Priestertlimer wachen und bei solchen, deren 
Besorgung gewissen Geschlechtern zukam, die 
etwa sich erhebenden Streitigkeiten Tiber das An- 
recht auf ein ' solches vor Gericht bringen, ebenso 
die Processe der Priester fiber die ihnen zustehen- 
den Ehrenrechte (Arist. 'A&. noL 57, 2. Poll. VLTI 
90. Phot. s. tjye/iovla dtxaarrjQtov. Bekker Anecd. 
219, 16). Er selbst besorgte die ehrwurdigsten 

10 der altvaterlichen Opfer (Plat. Polit. 290 E. Arist. 
'A&. jioL 57, 1. Schol. Plat. Phaedr. 235 D). Im 
einzelnen ist leider fiber die letzteren wenig iiber- 
liefert, ebenso wie tiber den fta<nU<og voftog (oder 
vofi.oi) , der ausfiihrliche Vorschriften uber die 
kultlichen Verrichtungen enthalten haben muss 
(Ps.-Dem. LIX 76. Poll. HI 39. VI 35. Athen. 
VI 234 f— 235 b), wie die (fiir uns ziemlich dunk- 
len) Bruchstucke fiber die sog. naQaoiroi zeigen, 
welche als priesterliche Gehiilfen des B. aufzu- 

20 fassen sind, der sie von den Demoten wahlen lasst 
(durch Vorwahl, worauf also das Los entschied) 
und sie zur Einsammlung des heiligen Getreides 
im Bukoleion verwendet (Athen. a. a. O.). Fast 
nur von den Mysterien und Lenaeen ist ausdriick- 
lich iiberliefert, dass ihre Besorgung dem B. ob- 
lag mit Beihulfe der /tvorrjgiwv imfJ.eXr)xai , von 
denen zwei aus alien Burgern , je einer aus den 
Geschlechtern der Eumolpiden und Keryken ge- 
wahlt wurde (Arist. 'A&. noL 57, 1. Harpokr. s. 

30 Enifiei.t]tfjs fivozrjQicov. Poll. VIII 90. Bekker Anecd. 
219, 14; tiber die Mysterien speciell Ps.-Lys. VI 
4. CIA II 376. 597. 741) — nur den Agon bei 
den Lenaeen leitete er selbstandig, ebenso wie alle 
Fackelwettlaufe (Arist. Poll. a. a. O.). Ihm kam 
wohl auch die Mitwirkung bei der Wahl der 
Choregen fur die Lenaeen und Bestellung der Gym- 
nasiarchen fiir die Fackelwettlaufe zu(Thumser 
De civium Atheniensium muneribus 83), wenigstens 
nahm er die diesbeziiglichen Klagen an (Dem. 

40 XXXV 48). Ebenso leitete er die Feier der Anthe- 
sterien (Arist. Acharn. 1224; Plut. 1197; Ran. 
209 und die betreffenden Schol. Poll. VIII 108) 
und die Arrhephorien : fur die ersteren bestellte 
er die yegagai (Etym. M. 227), ebenso wie fur letz- 
tere er die Arrhephoren wahlte (Suid. s. ixicoycao). 
Selbstverstandlich hatte er auch die Gerichtsvor- 
standschaft in alien aus den betreffenden Verhalt- 
nissen sich ergebenden Processen (wie er auch be- 
fugt war, eigenmachtig gewisse Strafen — cmfSoXai 

50 — aufzuerlegen oder an den Rat Anzeige zu 
machen, Andok. I 111. CIA IV 53 a), aber von 
einzelnen Klagen, ausser den schon erwahnten, 
ist nur die yQarpi) aotflda; bezeugt (Hypereid. Ill 
21. Arist. 'A&. noX. 57, 2. Poll. VIII 90. Phot. s. 
fj-fEficor dir.aozriQiov. Bekker Anecd. 219, 16), welche 
aber viel weiteren Umfang hatte: wenn gegen Ando- 
kides speciell wegen Mysterienfrevels beim B. eine 
Endeixis gemacht wurde (Andok. I 111), so lautete 
die yoarprj dosfietag gegen Sokrates viel allgemeiner 

60 (Diog. Laert. II 40) und war doch beim B. ein- 
gereicht worden (Plat. Theaitet. fin.). Ob aber 
daraus eine Pflicht desselben abgeleitet werden 
kann, den Privatkultus zu beaufsichtigen und 
speciell dem Eindringen neuer Gottheiten zu weh- 
ren, ist mehr denn zweifelhaft ; ja sogar das aus- 
schliessliche Recht, Klagen wegen aaefieia anzu- 
nehmen, lasst sich bezweifeln (Dem, XXII 27); 
vgl.Meier-Schoemann-Lipsiu? Att.Proc.61ff. 



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Basileus 



Basileus 



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Hauvette-Besnault De archonte rege 73ff. 
(gegen den einzuwenden ist, dass jedenfalls die 
nQoftokri gegen Meidias nicht zu den Anklagen 
aasfoelas zu reclinen ist). 

Ein anderer, nicht minder wichtiger Verwal- 
tungszweig war die Administration des Vermogens 
der Gotter, speciell der ihnen gehOrigen xs^ivfj. 
Preilich muss der Umfang der diesbezfiglichen 
Pflichten des B, sofort stark eingeschrankt wer- 



in alien Blutgerichten zu nennen: alle auf die 
sog, (ponnd bezfiglichen Klagen kamen an ihn, 
und seine Pflicht war es, dem bekannten oder un- 
bekannten MOrder den Zutritt zu den heiligen 
Statten, dem Markt u. s. w. zu verbieten (Arist. 
'A». itoL 57, 2. Poll. VIII 90. Phot. s. ijyepwv 
SixaattjQiov. Bekker Anecd. 310, 6), wonach das 
TiQosiTtuv rip xxsivavxi ev ayoQ^ svxog av(.\pioxr\xog 

(Dem. XLIII 57 und das danach erganzte Gesetz 



den. Entzogen waren seiner Obhut die sohon 10 CIA I 61) nur im Sinne ,die Klage ankiindigen' 

fliissig gemachten heiligen Gelder, welche den ' n ' ...—... 

Tamiai der Gottin (und der anderen Gotter) zur 

Bewahrang anvertraut (so schon im 6. Jhdt., 

wie die Erwahnung der Ta/n'at CIA IV 3, 18—19 

beweist, wodurch auch deren Existenz zu Drakons 

Zeiten an Wahrscheinlichkeit gewinnt, Arist. 'Aft. 

itoX. 4, 2) und von diesen unmittelbar an die ver- 

schiedenen mit Ausgaben fur Peste, Opfer u. s. w. 

betrauten Beamten ausgezah.lt wurden : selbst an 



verstanden werden kann , nicht als Verbot der 
Betretung des Marktes. Weiter hatte der B. die 
Voruntersuchung (dvdxgimg) an drei Terminen 
(zvQodtxactai) , welche auf drei Monate verteilt 
wurden (Antiph. VI 42) , zu leiten und den zu- 
standigen Gerichtshof je nach dem Charakter der 
That zu bestimmen, wobei aber der Beklagte sich 
durch eine (wohl von gewOhnlichen Heliasten zu 
entscheidende) jiaQaygaqirj gegen Willkiir schiitzen 



den Lenaeen wurden die .Hautgelder" nicht vom 20 konnte. Im Falle , dass der Zwischenraum von 



B., sondern von den Epimeleten der Mysterien zu- 
ruckgezahlt (CIA II 741), welchen also wohl auch 
die Verwendung der vom Staate verliehenen Mittel 
oblag. Auch in Betreff der xsfisvtj selbst wurden 
die Grundsatze der Verwaltung derselben, d. h. 
meist die Pachtbedingungen , von der Volksver- 
sammlung ohne Mitwirkung des B. festgestellt; 
ihm lag es nur ob, sowohl nach diesen Normen die 
Grnndstucke zu verpachten (meist auf zehn Jahre, 



drei Monaten wegen Amtsablaufes nicht eingehal- 
ten werden konnte, durfte der B. auch die Klage 
nicht annehmen, da es verboten war, solche Pro- 
cesse dem Amtsnachfolger zu fibertragen (Antiph. 
a. a. 0.) : sie musaten von demselben Beamten bis 
zu Ende gefuhrt werden. Von dem Vorsitz und 
dem Stimmrecht des B. in den Blutgerichten 
war schon die Rede. Diese Pflicht, dem homeri- 
schen B. noeh nicht zukommend, wird wohl noch 



unter besonderen Umst&nden aber auf langere Zeit), 30 vor Abschaffung des Konigtums demselben liber- 



als uber deren Erffillung zu wachen und die et- 
waigen Schuldner anzuzeigen, zu welchem Zwecke 
er ein Verzeichnis der Pachter und ihrer Bfirgen 
fiihren musste (Arist. 'A&. noX. 47, 4. 'Etpr/fi. aQ%. 
1883,110, besonders ausfiihrlich die Bestimmungen 
iiber das Heiligtum des Neleus, CIA IV 2, 53 a) ; 
auch musste er iiberhaupt die liegenden Gfiter in 
unvennindertem Umfang erhalten und zu dem 
Zweck etwaige neue Vermessungen und Grenz 



tragen worden sein, und wenn von den Beamten 
gerade der B. dieselbe zugewiesen erhielt, so mag 
hier der religiose Gedanke an Verunreinigung des 
Landes durch. den MOrder mitgewirkt haben, ur- 
spriinglich aber waltete die Idee des Gemeinwohls 
und der Schadlichkeit der Privatrache unzweifel- 
haft vor, denn sonst wurden nicht die Brandstifter 
und noch mehr die durch das Gesetz gerecht- 
fertigten MOrder, bei denen von einer Verunreini- 



regulierungen vornehmen, wohl aber nur nach aus- 40 gung des Landes nicht die Eede sein kann, dem- 



drficklicher Vorschrift des Volkes — in alien Fallen 
von Ubertretungen war er befugt, Strafe (&«- 
/SoAjJ) aufzuerlegen oder dem Eate Antrag zu stellen 
auf eine Busse von 500 Drachmen (vgl. die Be- 
stimmungen iiber das Pelargikqn CIA IV 27b; 
fiber die heilige Orgas Bull. hell. XIII 434ff.; iiber 
den Bezirk des Apollon Erithaseos CIA II 841). 
Vielleicht lag es in seinen Pflichten, auch auf die 
etwa nOtigen Reparaturen und sonstige Arbeiten 



selben Gericht des B. unterworfen sein ; darum ist 
es eben wahrscheinlieh, dass hier der B. nur Erbe 
des Konigs war, denn bei spaterer Einffihrung 
dieser Klagen wurden sie wohl dem ersten Beamten 
des Staates, dem Archon, iiberwiesen worden sein 
(die Mythen fiber die Stiftung des Areopag, des 
Gerichtes am Palladion u. s. w. haben selbstver- 
standlich keine Beweiskraft). 

Uber die Einzelheiten des Blutgerichtes vgl. 



in den heiligen Bezirken Antrage zu stellen, ob- 50 o. Bd. II S. 628ff. und unter Ephetai. Nur iiber 



gleich in den bezeugten Fallen dies von seiten 
der Priester (CIA II 403) oder von Privatleuten 
(Dem. XXII 69) geschah — jedenfalls die Beauf- 
sichtigung solcher Arbeiten gehorte nicht zu seinen 
Competenzen. da fur gewChnlich zu diesem Zwecke 
die isQwv imoxevaorai -bestellt waren, welche die 
Arbeiten verdingten (Arist. 'AA tcoX. 50, 1. Athen. 
VI 235 b), in ausserordentlichen Fallen besondere 
Commissionen bestellt wurden. Wie weit sich 



das Scheingericht im Prytaneion sind zwei Bemer- 
kungen zu machen. Erstens hat das Zeugnis des 
Aristoteles ('A&. xoL 57, 4) den scheinbaren Wider- 
spruch zwischen Poll. VIII 90 und 120 gelSst: 
es ist kein Grund zu leugnen, dass unter dem 
Vorsitz des B. die Phylobasileis das Urteil fallten 
iiber den unbekannten MOrder und iiber die Tiere 
und Sachen, welche den Tod eines Menschen ver- 
ursacht , aber auch kein Grund darauf weit- 



die Aufsicht des B. fiber die Phylen-, Demen- und 60 gehendere Schliisse iiber die Bedeutung der Phvlo 

sonstige nicht rein private Heihgtiimer und deren '<•—•■'--- —^ " — ■-'■■■■ 

Kultus (iiber die fega Stj/ioom , aber nicht Stjfio- 
xclij) erstreckte, lasst sich nicht feststellen, zweifel- 
haffc ist, ob der Bezirk des Apollon Erithaseos 
dem Gesamtstaate oder einer Gemeinde gehSrte 
(CIA II 841), denn der darin erwahnte Demareh 
kOnnte auch als Beamter.des Staates fungieren. 
Als letzte Function des B. ist die Vorstandschaft 



basileis zu bauen. Zweitens soil vor diesem Ge- 
richt auch fiber die des Strebens nach Tyrannis 
Schuldigen das Urteil gesprochen worden sein, 
wie nicht nur das solonische Amnestiegesetz (Plut. 
Sol. 19), sondern auch das Psephisma des Patro- 
kleides (Andok. I 78) besagte. Dagegen scheint 
zu sprechen, dass im 4. Jhdt. die Anklagen xaxa- 
/.voeo>s xov bijfiov vor die Thesmotheten gehorten. 



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Basileus 



Basileus 



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aber das eine ist mit dem anderen nicht iden- 
tisch ; einen Umsturz der Demokratie konnte das 
Volk im 5. — 4. Jhdt. wohl befiirchten und des- 
halb vor sein Forum (die Heliaia) zu Ziehen wiin- 
schen, eine Tyrannis aber war undenkbar und des- 
halb durfte das halbvergessene Gesetz fortexistie- 
ren, — wenn nicht einfach Patrokleides die solo- 
nischen Bestimmungen gedankenlos ubernahm. Zu- 
gleich ist zu sagen, dass weder der Versuch ein 
Gericht sx nQvxavetov von dem bekannten exi 
TiQvxavsltp zu scheiden annehmbar ist , noch der 
Satz xaxadixaaftevzsg vno xarv (taoiliiar auch auf 
den Areopag und die Epheten bezogen und die 
B. als die verschiedenen Inhaber des Amtes ge- 
deutet werden kann (so (Philippi Areopag und 
Epheten 217ff.) : der Zusatz vno t&v ftaodecov zu 
xa,xabixao$irxzs (was nicht = hixaS^eiv) ware nicht 
nur ganz unnfitz , sondern auch falsch , da das 
ganze Gericht xaxaSixdCet (abgesehen von der un- 
moglichen Verbindung sx xa>v stpsxwv naxadtxa- 
od-evxsg vno rwv §aoiXi r ov) \ so aber mit Beziehung 
auf das Gericht beim Prytaneion hat er vollen 
Sinn, und der Einwand, dass ftamXet,; nicht statt 
tpvXofiaodecg stehen kOnne, ist unhaltbar gewor- 
den , seit sicher ist , dass letztere unter Vorsitz 
des B. richteten — zusammen mit ihm konnten 
sie wohl als (Saadetg bezeichnet werden. Folglich 
gehorte wenigstens in alterer Zeit die Anklage 
auf Streben nach Tyrannis vor das Gericht des B. 
Zum Schluss sei noch erwahnt, dass nach einer 
zwar unklaren Stelle (Ps.-Lys. XXVI 8) der B. 
die Pflichten des Archon versah, wenn letzterer 
bei der Dokimasie entsetzt war, und dass er 
ausser den schon genannten Gehiilfen sich selbst 
zwei Paredren wahlte (Arist. 'A&. twL 56, 1. Poll. 
VIII 92. 'Etpw. &qx- 1883, 110), woruber vgl. 
unter Archontes. Litteratur: ausser den Griech. 
Staatsaltert. von Schoemann, G. Gilbert, Bu- 
solt, Hermann-Thumser vgl. Meier-Schoe- 
mann-Lipsius Attischer Process 61ff. Artikel 
Archontes bei Daremberg et Saglio Diet, des 
antiq. gr. et rom. I 386 und Smith Dictionary 
of gr. and rom. antiq. 3 ed. I 165. Hauvette- 
Besnault De archonte rege, Paris 1884. Le- 
coutere Archontat athenien. Histoire et organi- 
sation d'apres la nohzeia 'Afrqvaieov , Louvain- 
Paris 1893. 

IV. Als B. wurden auch die Herrscher der 
sog. barbarischen Volker bezeichnet, aber alle 
aufzuzahlen, fur deren Oberhaupter dieser Name 
mit mehr oder minder Eecht gebraucht wurde, 
ware unthunlich. Haufig werden auch Hauptlinge 
wilder Horden mit diesem Titel beehrt, nicht viel 
hOher standen auch die B. der Thraker, Hlyrier, 
Paioner und anderer Stamme an den nordlichen 
Grenzen der hellenischen Welt, obgleich dieselben 
sich meist bis in die EOmerzeit erhielten und 
einige von ihnen es zu ansehnlicher Macht brach- 
ten. Hier mogen nur fiber das Konigtum bei den 
halbhellenisierten Volkern Nordgriechenlands, den 
Epeiroten, Thessalern und JIakedonen, sowie in 
den hellenistischen Reichen ein paarNotizen folgen. 

§ 1. Bei den Epeiroten existierten wohl ur- 
sprunglich B. bei jedem einzelnen der verschiede- 
nen Stamme, aber schon zur Zeit des pelopon- 
nesischen Krieges hatten sie sich nur bei den 
Molossern und den Parauaiern erhalten (Thuk. II 
80). Von den Molossern ging auch die Einigung 



des ganzen Landes unter einem B. aus, wohl noch 
vor Ende des 5. Jhdts. unter der Regierung des 
Tharypas (lust. XVII 3), der noch im J. 429 ein 
Kind war (Thuk. LT 80) : wenigstens ist sein Sohn 
Alketas schon Herrscher von ganz Epeiros. Das 
Geschlecht der molossischen B. nannte sich Aiaki- 
den (Strab. VII 324) oder Pyrrhiden (Plut. Pyrrh. 
1) und ffihrte seinen Ursprung auf Pyrrhos, den 
Sohn des Achilleus, zuriick. Die Gewalt dieser 

10 B. war stark beschrankt, wie Aristoteles bezeugt 
(Pol. VIII [V] 1313 a), und daraus hervorgeht, 
dass selbst in den Praescripten der Inschriften 
neben dem B. ein Beamter , nQooTdrtjs , genannt 
wird, der von den einzelnen Stammen bestellt 
wurde (jigoaxdxris MoXoaamv, CollitzDial.-Inschr. 
II 13341T.); jedes Jahr war der B. verpflichtet, 
den Eid auf die Gesetze zu leisten (in Passaron), 
wogegen er den Treueid seiner Unterthanen 
empflng (Plut. Pyrrh. 5) — Genaueres lasst sich 

20 fiber seine Stellung und Rechte nicht sagen. Nicht 
seiten waren die Falle, dass der B. seiner Wurde 
entsetzt wurde (Diod. XV 13. Plut. Pyrrh. 2). 
Nur der beruhmte Pyrrhos scheint, gestfitzt auf 
seine Popularitat bei dem von ihm ausgebildeten 
Heere, die Ktinigsgewalt nach Analogie der ande- 
ren hellenistischen B. verstarkt zu haben, aber 
kurze Zeit nach seinem Tode wurde in der zwei- 
ten Halfte des 3. Jhdts. das Konigtum ganz ab- 
geschafft; vgl. Droysen Gesch. d. Hellen. Ill 

30 2, 25ff. Roberts Inscript. of Dodona, Journ. of 
Hell. Stud. H 109f. 

§ 2. Noch kiirzer sind die Nachrichten in 
Betreff der B. bei den Thessalern. Dass dieselben 
einst als Alleinherrscher fiber das ganze Land ge- 
boten haben, darauf scheint der Brauch hinzu- 
weisen , dass auch in spaterer Zeit der (im Not- 
fall) erwahlte zaydg als Heerfuhrer fur das ganze 
Volk fungierte (Xen. hell. VI 1, 8—12). Von 
diesen B. werden einige aus alterer Zeit genannt 

40 und auf sie gewisse Einrichtungen zuruckgefuhrt 
(ob es wirklich historische PersOnlichkeiten waren, 
unterliegt wohl dem Zweifel), so auf Aleuas den 
Rotkopf die Einteilung des Landes und die Heeres- 
organisation (Arist. noX. Oeaa. frg. 497 Rose), 
auf Skopas die Festsetzung der Abgaben (Xen. 
hell. VI 1, 19). Welches aber die Stellung dieses 
B. war, ist nicht besthnmbar, da schon von alters 
her infolge der Teilung des Landes in Tetraden 
und der Rivalitat mehrerer Geschlechter, vor allem 

50 der Aleuaden (in Larisa, Herod. IX 58) und der 
Skopaden (in Krannon, Herod. VI 127) , die um 
das Konigtum stritten und sich selbst paodijeg 
nannten , dasselbe zu einer Art Teilfurstentum 
herabgesunken war. Sogar die Existenz eines Ge- 
samtkOnigtums auch in alteren Zeiten wird neuer- 
dings in Abrede gestellt; vgl. Hillerv. Gaert- 
r in gen Konigtum bei den Thessalern, Aus der 
Anomia, Berlin 1890, Iff. Vgl. G. Gilbert Griech. 
Staatsalt. II 7ff. 

60 § 3. Ausfuhrlicher sind die Nachrichten fiber 
die B. der Makedonen, die Argeaden, welche sich 
hellenischen Ursprung zuschrieben und ihr Ge- 
schlecht nach der recipierten Genealogie auf den 
Herakliden Temenos zuriickfuhrten (Herod. VIII 
139). Aber wenn fiber deren Geschichte mehr 
bekannt ist, so doch nicht fiber die staatsrecht- 
liche Stellung des KSnigtums : wie von den alteren 
Herrschern sich nur kurze Nachrichten erhalten 



79 



Basileus 



Basileus 



80 



haben, meist auf ihre Verh&ltnisse zu den helle- 
nischen Staaten beziiglich, so eracheint selbst 
Philippos m. fast nur in der Rolle dea Feld- 
herrn und noch mehr Alexander, dessen ganze 
Regierung in einem Feldzug verging und dessen 
Verwaltungsmassregeln nur in Beziehung zu den 
orientalischen Landern seines Eeiches einiger- 
massen hekannt sind, wo er als Erbe der Gross- 
kOnige auftrat. Im allgemeinen nur lasst sich 



die Gewalt eines makedonischen B., nur auf dem 
Herkommen begriindet, sehr verschiedenen TJm- 
fanges sein konnte und hauptsachlich auf der 
Macht der PersQnlichkeit desselben beruhte und 
auf seinem Geschick, den ihn umgebenden Adel 
zu bandigen oder an sich zu fesseln. Daher die 
Sehwierigkeiten , mit denen jeder neue B. bei 
seinem Eegierungsantritte zu kampfen hatte, da- 
her die haufigen Falle der Verbannung oder Er- 



sagen, dass _ die Macht des B. keine absolute war, 10 mordung des Herrschers, daher die fast perma- 



abcr wohl nicht durch Gesetz, sondern eher durch 
Sitte und HeTkommen gemassigfc (Arrian. anab. 
IV 11, 6); von den veranderten Verhaltnissen ab- 
gesehen muss seine Stellung analog derjenigen 
des B. der heroischen Zeit gedacht werden: wie 
dieser war er Vertreter des Staates gegeniiber 
den Go'ttern, oberster FeldheTr und hochster Bich- 
ter, nur dass letztere Pflichten viel complieierter 
gewoTden waren und tiefer in die Privatverhalt- 



nenten Thronstreitigkeiten. Wenn dabei einige 
Forscher (so auch Droysen) auf die Unsicherheit 
der Erbfolge verweisen, so ist das nur verhaltnis- 
massig rich tig; zwar durch Gesetz war dieselbe 
wohl kaum geordnet (wie aus keinem Staate des 
Altertums ijberhaupt ein solches uberliefert ist), 
wohl aber durch die Sitte, welche dem Erstge- 
borenen das Erbe des Vaters sicherte, wie sich 
das nachweisen lasst sowohl durch die legenda- 



nisse eingriffen als in der Urzeit; ebenso auch in 20 rische Genealogie der alteren B. , als durch die 



Beziehung auf die Verwaltung und den Staats- 
haushalt; was diesen betrifft, so bezog der B. 
ausser den Einkiinften der Domanen noch den 
Ertrag der Abgaben und Zolle (Dittenberger 
Syll. 127). Beschrankt war die Macht des B. 
mehr durch einen zahlreichen und stolzen Adel, 
dessen Mitglieder sich, wie schon ihr Name haigoi 
zeigt, als demselben an Ehre gleich erachteten, 
denn durch eine Versammlung des Volkes, von 



Thatsache, dass die Dsurpatoren meist eben als 
Vormiinder dieser legitimen Erben auftreten (so 
noch Philippos III. fur den Sohn seines Bruders 
Perdikkas, Amyntas, den darum Alexander sich 
beeilte aus dem "Wege zu raumen) ; aber bei der 
eben geschilderten Stellung des Konigtums ist es 
selbstverstandlich, dass hei Minderjahrigkeit oder 
Schwache der gesetzmassigen Erben leicht ein 
auf starken Anhang unter dem Adel gestiitzter 



deren Einfluss sich gar keine Spuren crkentien 30 Praetendent auftreten und sogar sein Ziel er- 



lassen. Denn in der Kolle, welche das Heer unter 
Alexander d. Gr. spielte, ein Spiegelbild der Be- 
deutung der Volksversammlung zu sehen, ist eben- 
so richtig, als wenn man nach der Kolle der 
Praetorianer die Bedeutung der Comitien unter 
den Caesaren bemessen wollte: nicht eine nur 
durch die Kriegsdisciplin beschrankte Freiheit der 
Volksversammlung muss man in den Ausbriichen 
meuterischer Stimmung bei diesern Heere an 



reichen konnte, besonders da die bestandige Kriegs- 
gefahr von seiten der umwohnenden Barbaren und 
der Hellenen einen kraftigen Herrscher und Kriegs- 
mann an der Spitze des Staates forderte. Un- 
zweifelhaft dagegen ist, dass die Thronstreitig- 
keiten haufig Nahrung erhielten durch die Sitte, 
jungere Mitglieder des KOnigshauses durch Teil- 
fiirstentumer (in einer Art Lehensverhaltnis) zu 
entschiidigen, wodurch sie die Mittel zu weiteren 



nehmen, sondern im Gegenteil ein allmahlich 40 Unternehmungen erhielten. Bemerkt sei noch, 



starker werdendes Gefuhl seiner Unentbehrlich 
keit, als einziger Stiitze des neugebildeten Staates 
und seines Herrschers — dies stetige Wachsen 
des soldatischen tJbermutes (nicht Pochen auf ge- 
setzmassig zustehende Eechte) mEwht sich schon 
unter Alexander mit der Zeit immer fiihlbarer 
und kommt nach seinem Tode zum vollen Aus- 
bruch. Allenfalls konnte man eine gewisse Auto- 
ritat der Volksversammlung in Capitalprocessen 



dass die KOnigsliste fur die alteren Zeiten schon 
bei Herodot (VIII 139) gegeben ist, dieselbe aber 
spatcr, um sie mit den peloponnesischen Listen 
(speciell der Temeniden) in Einklang zu setzen, 
durch Einschiebung neuerfundener Namen nach 
oben verlangert wurde. tjbrigens steht die Genea- 
logie des makedonischen KOnigshauses selbst im 
5. und 4. Jhdt. durchaus nicht fest, da fur manche 
Herrscher und Pratendenten ihr verwandschaft- 



annehmen_, aber auch dies Recht derselben ist 50 liches Verhaltnis ganz unsicher ist. Litteratur: 

problematisch , denn mOglicherweise handelte es ^ " " ~ ' " - • 

sich in den bezeugten Fallen darum , bei pein- 

lichen Verurteilungen das Odium derselben vom 

Herrscher abzuwalzen, und die Verallgemeinerung 

dieser Sitte ist nur Klugelei eines wenig zuver- 

lilssigen Autors (Curt. Ruf. VI 32) beim Process 

des Philotas; vgl. den analogen Fall der Olym- 

pias (Diod. XIX 51, 2). Ganz anderer Art ist 

die auf hergcbrachter Sitte fussende Opposition 



Droysen Gesch. Alex. d. Gr. 46. Grote Hist, 
of Greece XI 14ff. Zur Kfinigsliste: v. Gut- 
schmid Kl. Schr. IV 33. Busolt Griech. Gesch. 
12 616. 

§ 4. Kurz sei noch erwahnt , dass auch die 
Herrscher der machtigen Kulturvolker des Orients. 
Agypter, Assyrer, Babylonier, Lyder, Meder, Per- 
ser, B. genannt wurden. Der Perserkonig, dessen 
Macht den Hellenen besonders ftihlbar geworden 



des Adels, z. B. in der Person eines Kleitos oder 60 war, genoss den Vorzug, entweder B. ohne Artikel 



Philotas, welche von der machtigen Personlichkeit 
des Herrschers notdurftig im Zaume gehalten, 
nach seinem Abgange den vollen Sieg erlangte, 
indem desselben bedeutendste Mitglieder nach 
morderischem Kampfe gegen das Ksnigtum so- 
wohlwie gegen ihre Nebenbuhler sich zu unab- 
hangigen Herrschern einzelner Reichsteile auf- 
schwangen. Darin zeigt sich am klarsten , dass 



(wenn nicht ein bestimmter Herrscher unter- 
schieden werden soil) oder 6 fieyag (laodevs (so 
schon Herod. I 188) genannt zu werden. Dies 
war eine Wiedergabe des Titels, mit dem sich 
derselbe officiell bezeichnete, der andere Teil dieser 
Titulatur klishajathiya Mishajathijdndm ,Konig 
der KOnige' war dem massvollen Sinn der Hel- 
lenen unliebsam und ist in griechischer SprRohe 



81 



Basileus 



Basilianus 



82 



erst neuerdings, und zwar in einem Briefe des 
Dareios I., zu Tage getreten (Bull. hell. XIII 530): 
flaodevs fiaodswv. In demselben Document hat 
auch die Charakteristik des Aristoteles (Pol. Ill 
1285 a), dass die orientalische Monarchic eine ab- 
solute Herrschaft wie iiber Sclaven sei, eine offl- 
cielle Bestatigung gefunden in der Anrede dovXiy 
radaxa (doch wohl ein hohereT Beamter). Auf 
Grund dieses Giosskonigtums , welches einer ge- 
naueren Charakteristik nicht bedarf, erwuchsen 
die (SaoiXeTat der Diadochen Alexanders. Nach- 
dem zuerst Antigonos und Demetrios sich B. ge- 
nannt hatten, legten sich (im J. 306) auch die 
Herrscher Agyptens , Syriens , Thrakiens , Make- 
doniens denselben Titel bei, und noch spater er- 
standen auf den Trummern der Alexandermonar- 
chie, abgesehen von einigen kleineren halbbar- 
barischen Herrschaften , die vier grossen Eeiche 
der hellenistischen Zeit, das agyptische, syrische, 
pergamenische und makedonische, deren Gebieter 
sich B. nannten. Obgleich aber dieselben ein- 
ander natiirlich an Rang nicht nachgaben, kann 
man doch in ihrer Stellung gegeniiber den Unter- 
thanen, trotz Mangelhaftigkeit der Quellen , ge- 
wisse nicht unbedeutende Unterschiede bemerken. 
Dem Charakter des absoluten Grosskonigtums am 
nachsten stand der B. des syrischen Eeiches aus 
dem Seleukidengeschlecht, der sich auch allein 
den Titel 6 /isyag fiaodevg beimass, und dessen 
Regierung, abgesehen von der Heranziehung hel- 
lenischer Kriifte zur Starkung des Eeiches, einen 
ziemlich ausgepfiigten orientalischen Charakter 
zeigte. Weiter entfernt von demselben war das 
agyptische Konigtum der Ptolemaeer wenigstens 
im 1. Jhdt. seiner Existenz ; zwar den Agyptern 
gegeniiber war der B. der Erbe der Pharaonen, 
aber seine Macht stiitzte sich doch hauptsachlich 
einerseits auf das makedonisch-hellenische Heer 
und Beamtentum , andererseits auf die grflssten- 
teils von Hellenen bewohnte Stadt Alexandreia 
— sowohl die ersteren mussten vorsichtig behandelt 
werden, wie auch der letzteren eine grOssere 
niunicipale Selbstandigkeit im Vergleich mit den 
iigyptischen Stadten verliehen war, darum konnte 
wenigstens in den ersten Zeiten das absolutistische 
Princip nicht so stark hervorgekehrt werden. Noch 
um etwas weiter stand vom Grossko'nigtum ent- 
fernt das Regiment der Attaliden in Pergamon, 
die selbst in ihrer Hauptstadt wenigstens dem 
Scheme nach eine beschliessende Volksversamm- 
lung duldeten und die republicanischen Formen 
mOglichst schonten (Inschr. v. Pergam. 1 5, 18), ob- 
gleich sie natiirlich dafiir sorgten, dass die eigent- 
liche Regierung in ihren Handen sich befand. 
Von den makedonischen B. des 3. und 2. Jhdts. 
endlich muss man wohl annehmen, dass ihre 
Stellung nicht sehr verschieden war von derjenigen, 
welche frilher die Argeaden eingenommen hatten : 
die Vertreibung des Demetrios I. aus Makedonien 
wird seine im Orient angenommenen absolutisti- 
schen Neigungen zur Ursache gehabt haben (Plut, 
Demetr. 41—42). Nur der Unterschied wird obge- 
waltet haben, dass der einst so machtige und un- 
botmassige Adel, durch die Kriege der Diadochen 
und fast noch mehr durch Auswanderung an die 
andern hellenistischen Hofe bedeutend gesch wacht, 
der Konigsgewalt nicht mehr den friiheren Wider- 
stand entgegenzri^etzen im ^tande war; auch wird 



das Beispiel der anderen Hofe nicht ohne starken 
Einfluss geblieben sein. Nominell und thatsach- 
lich fand das Grosskbnigtum der Achaimeniden 
seine Fortsetzung in demjenigen der persischen 
B. aus dem Arsakiden- und noch vollstandiger 
dem Sassanidengeschlecht. Litteratur: Holm 
Griech. Gesch. IV 162 (Seleukiden). 171 (Lagiden) 
u. a. Swoboda Zu den Urkunden von Pergamon, 
Eh. Mus. XLVI497ff. Mahaffy Greek life and 
10 thought, London 1887 pass. [v. Schoeffer.] 

2) Gotterheiwort : a) Zeus. "Wie jeder Gott 
innerhalb seines besonderen Wirkungskreises als 
KOuig gilt, so steht Zeus iiber alien als ,Ki5nig 
der Gotter und Menschen' (Hesiod. Theog, 886. 
923; Op. 668 u. a.) oder schlechthin als ,der 
KSnig' (Thebais frg. 3 Kinkel. Sol. frg. 31 u. a.); 
zahlreiche Belege aus der Poesie bei Bruch- 
mann Epitheta deorum 126, aus der Prosa z. B. 
Xen. anab. Ill 1, 12. VI 1, 22. Aristid. I p. 1. 

2011 Dindorf. Dio Chrysost. or. I 12. Die alten 
HeldenkOnige sind seine Sonne oder haben ihr 
Scepter von ihm erhalten, und auch nach dem 
Untergang des alten hellenischen Konigtums be- 
haltZeus B. den alten Platz; vgl.Welcker Griech. 
Gotterl. II 182. Preller Griech. Myth.4 I 148f. 
Greenwell Journ. Hell. Stud. II 78ff. Der Kult 
des Zeus B. war iiberall verbreitet und lasst sich 
speciell nachweisen fur Athen, wo Zeus B. Schwur- 
gott war (Poll. Vni 122. Preller a. a. O. 110) 

30 und wo ihm die Stoa Basileios geweiht war (He- 
sych. s. (iaedeiog oxoa), fur Lebadeia mit seinem 
bekannten Tempel und Orakel (Paus. IX 39, 4f. 
Diodor. XV 53. Plut. araat. narr. 1. IGS 1 
3073. 3080—3085. 3096. 4136) und den Basileia- 
spielen (IGS I 552. 1711. 2487. 2532. 3091. 4247. 
CIG 1515. Schol. Pind. 01. VII 153), ferner fur 
Paros (CIG 2385), Erythrai (Rev. arch. XXXIV 
107 = Dittenberger Syll. 370), Olbia (Laty- 
schew Inscr. Pont. Eux. I 105) und den Pelo- 

40 ponnes (IGA 564 = Journ. Hell. Stud. II 78 Taf. 
XI). Vgl. auch die Epigramme der Mendaier 
(Paus. V 27, 12) und Arkader, Paus. IV 22, 7. 
Polyb. IV 33. .Baai'A^a-Spiele in Alexandreia 
und Makedonien CIA II 1367. Gegeniiber den 
angeblichen Darstellungen des Zeus B. , welche 
Pan of k a Zeus Basileios und Herakles Kallini- 
kos, Berlin. Winckelmannsprogr. 1847 nachweisen 
wollte, vgl. verbe ck Griech. Kunstmythol. Zeus 
21 If. b) Poseidon als ,Konig des Meeres' Anth. 

50 Pal. VI 70; im Kult von Troizen Paus. II 30, 6. 
c) Apollon Pind. Pyth. Ill 27. CLA II 1527 b u. a. 
Citate beiBruchmann Epithet, deor. 22. d) Ha- 
des Aischyl. Pers. 627. IGI 872 u. a. Bruchmann 
a. a. O. 2. e) Dionysos Hymn, in Bacch. 1. 26 bei 
Abel Orphica 284 u. a. Bruchmann a. a. 0. 81. 
f) Asklepios CIG 5974 B u. a. Bruchmann a. 
a: 0. 51. g) Herakles CIG 5986. h) Anubis CIG 
3724. 

3) Einer der Dolionen, von Telamon wahrend 
60 des Argonautenzuges getotet'; Apoll. Rhod. 1 1043. 

[Jessen.] 

4) Uber den angeblichen Schriftsteller Baat- 
hvs in Schol. Nic. Ther. 7:5 s. Basilis Nr. 3. 

Basilia s. Basileia. 

Basilianus, Praefect von Agypten im J. 217 
n. Chr., von Opellius Macrinus zum Gardepraefec- 
ten erhoben, aber nach dessen Niederlage auf der 
Fluent vnn Agypten nach Ttalien gefangen ge- 



83 



Basilica 



Basilica 



nommen, nach Nicomedia geschickt und setotet 
218 n. Chr. Dio LXXVIII 35. [P. v. fiohden.] 

Basilica, fiaodixtf, flaodix}] oTod , eine in 
romischer Zeit viel verbreitete Form eines offent- 
lichen, dem Marktverkehr und der Eechtspflege 
dienenden Geb&udes, bestebend, dcr Eegel nach, 
aus einem hohen Mittelraum und einem niedrige- 
ren, durch Saulen oder Pfeiler vom Mittelraum 
getrennten Umgange, oder auch zwei solchen Um 



84 



85 



Basilica 



Basilica 



86 



„ s „„ „ ., r °- ,f„i ™o„^o„xvu^ um- outiue iur spateren Ausatz genalten; eemeint ist 

ganger .nut Lichtoffnungen in dem oberen, von 10 wahrscheinlich die B. Fulvia (Eitschl Pareia 
den Saulen und Pfeilern ffetrafronen Twin ^r t orw t„„j__ r, ^r 7^1 „".,.&* 



stattfindet, erst relativ spat eine B. erhalten hat 
(Petron, 57). 

In Rom baute 184 v. Chr. Cato die' nach ihm 
genannte B. Porcia (s. d.), an der Westseite des 
Comitiums; dass es 210 v. Chr. nooh keine B in 
Eom gab, bezeugt Liv. XXVI 27, 3. Zwar wird 
bei Plaut. Cure. 472 (Cap. 815 bezieht sich nicht 
auf Eom) eine B. erwahnt, doch wird die betreffende 
Stelle fur spateren Zusatz gehalten; gemeint ist 



den Saulen und Pfeilern getragenen Teile der 
Wande des Mittelraumes. Meistens, aber nicht 
immer, bat die B. ausserdem noch, als besonderen 
Sitz der Eechtspflege, ein Tribunal, d. h. eine Er- 
weiterung des Umganges, entweder in Form einer 
Apsis oder in Form einer erhohten Exedra mit 
Saulen im Eingange. 

Dass die Konigshalle in Athen eine B. und 
das Vorbild der spateren B. gewesen sei, kann 



dawir von der Form derselben 'zu wenlg « 20 au5 "Mdst/te ZvoZ s 7e?VZ^Z 
nicht bewiesen. sondern hfichstAna wo^i, .w u t,.i:_ /„ j \ i.i_. ... , „, _ .s roh = en 



— — ■ -™ y*.v m. u u ^ii i j. tx± vita 

I 207. Jordan Herm. XV 116. G. Friedrich 
Jahrb. f. Philol. CXLIII 1891, 708. Hills en 
Eom. Mitt. VIII 1893, 282). Schon 179 t. Chr. 
wurde an der Nordseite des Forums die B. Fulvia 
(Fulvia et Aefnilial hieriiber und Tiber ihre wei- 
teren Schicksale s. Aemilia basilica) erbaut; 
dann 170 an der Siidseite des Forums die B. Sem- 
pronia (s. d.), 121 an der Nordwestseite die B 
Opimia (s. d.). Im J. 46 begann dann Caesar 



nicht bewiesen, sondern hOchstens wegen der 
Ahnlichkeit des Namens vermutet werden. Zwar 
wird sie nie paodixrj , sondern f\ rov paodicos 
atod oder fiaoifawg mod genannt (iiber Platon 
Charmid. 153a s. Loeschcke Vermutungen zur 
griech. Kunstgesch. und zur Topogr. Athens, Dor- 
pat 1884, 16); doch nennt Josephus (ant. XV 
411), dem die Gestalt der athenischen Konigshalle 
bekannt sein konnte, die B. des Herodes mit dem 



ttXSzttrrT? 1E«>W=^^^$^*. 



a. lulia (s. d.), welche sich auch auf den Platz der 
friiheren B. Sempronia erstreckte. Von Augustus 
vollendet, brannte sie ab und war in den letzten 
Jahren des Augustus noch im Neubau begriffen; 
spater ist sie dann zwischen 283 und 305 noch 
zweimal abgebrannt und wieder hergestellt, im ' 
J. 377 ausgebessert worden. 

Damit war der Basilikenbau am alten Forum 
abgeschlossen. Schon zu Caesars Zeit muss an 



selben Namen braucht fur B. Again. HI 1 p. 138, 
15 Nieb., und ebenso tf paadiong oxod Procop. de 
aed.1 11, 1. Zos. Ill 11, 3. Andererseits konnte 
freilich der Name B. auch unabhangig von der 
Ktoigshalle in einer der hellenistischen Monarchien 
entstehen. Was sich fur den Zusammenhang der 
Konigshalle mit den B. sagen lasst, ist ausgefiihrt 
von K. Lange Haus und Halle 60ff. 

Unsere Nachrichten iiber B. beginnen mit dem 



V 1, 4) entstanden sein, nach dem Namen zu 
schliessen von einem Aquilius (vielleicht C. Aqui- 
lius Gallus, Freund Ciceros) zu Ehren Caesars 
errichtet. Unbekannt ist auch die Lage der nach 
den beiden To'chtern der Octavia und des M. Anto- 
nius benannten B. Antoniarwn duarum, CIL VI 
5536. Der nachste Basilikenbau war der Traians 
um 112 n. Chr., die B. Ulpia (s. d.) an seinem 
Forum. Bald nachher miissen auch die B. Mar- 



Ban der B. Porcia in Eom durch dto, 184™." Ch, 40 ^unT^S s "d^tTC ^ Te 
Dafur aber, dass auch die hellenistischen TTannt.. „,,„„+ „„„!, tv„;„.,„ d„„i„; _ , -, „', ,s e 



Dafiir aber, dass auch die hellenistischen Haupt- 
stadte B. hatten, kann geltend gemacht werden 
1) der griechische Name, der schon vor dem von 
Cato durch eine Eede uii b. aeddficetur einge- 
leiteten Bau in zweifelloser Weise feststand; 2) die 
Unwahrscheinlichkeit der Einfuhrung einer neuen 
Gebaudeform in Eom ohne ein verbreitetes Vor- 
bild; 3) die von Caesar 47 v. Chr. in Antiochia 
erbaute und Kaia&Qwv genannte B. (Malal. 216 



nannt nach Traians Schwester und deren Toc'hter, 
doch wissen wir von ihnen nur die Namen und 
dass sie in der IX. Eegion (Circus Flaminius) 
lagen. Severus Alexander fmg an, im Marsfeld, 
westlich von den Saepta, die riesenhafte B. Ale- 
xandria (s. d.) zu bauen. Ebenfalls im Mars- 
felde plante Gordian m. grosse Anlagen, zu denen 
auch eine B. gehoren sollte, Hist. Aug. Gord. 32. 



SKStS ?ct tnT^f ^ rST^ h ^ ; Y ° n S ^ teim Basilikenbauten Tn Eom Taben 1 
H^ seit I 9 /: €hr * von ? erod e s auf 4 er Sadseite keine Kenntnis. Wann die im Eegionenverzeichnis 



des Tempelplateaus von Jerusalem erbaute paoi- 
Xetog oTod (Joseph, ant. XV 411); teils die Ver- 
schiedenheit dieser B. von den rOmischen, teils 
die griechischen Neigungen des Herodes (Joseph, 
ant. XIX 329) machen es wahrscheinlich, dass 
er das Vorbild in hellenistischen Hauptstadten 
fand; 5) das auffallend hauflge und fruhzeitige 



Vorkommen der B in. dem^unteTdem Ei= 60 s^tZ S^S^^'^K^SriC 



genannten B. argentaria (VIII. Region), vestilia, 
vascolaria, floscellarm entstanden sind, ist unbe- 
kannt. "VVie sehr es schon in augusteiseher Zeit 
Eegel war, dass jedes Municipium seine B. hatte, 
zeigt der Bericht bei Suet. Aug. 100 iiber den 
Transport der Leiche des Augustus, welche in 
basilica cuiusque oppidi aufgestellt wurde. Aus 



der griechischen Colonien stehenden SMitalien, 
in Copia (Thurii; CIL X 123) und Pompeii stan- 
den sie schon vor dem Bundesgenossenkrieg, dazu 
an letzterem Orte in eigentitmlicher, von der Eegel 
abweichender und daher besondere Traditionen 
voraussetzender Form. Freilich kann dem gegen- 
flber angefiihrt werden, dass die griechis«he Stadt 
in Campanien, in der das Gastmahl der Trimalchio 



namentlich fur Siiditalien, zahlreiche B. bezeugt : 
so m Abellinum, Abella, Xola, Puteoli (B. Alexan- 
driana und B. Augusti Anniana), Cubulteria, Sora 
Ferentinum, Setia, Velitrae (CIL X 1120. 1208 
1782—84. 1838. 4622. 5670. 5902. 6462. 6588^ 
8164), Benevent (zwei B.), Caudium, Telesia, Fagi- 
fulae, Iuvanum, Corfinium, Carsioli, Septempeda 
(CIL IX 1596. 1666. 2174. 2259. 2557. 2961 



3162. 4063. 5576), Praeneste (? s. die Litteratur 
bei Lange Haus und Halle 236), Tibur, Ostia 
(CIL XIV 3671. 352), Caere (CIL XI 3164), Spo- 
letium (Grut. 171, 1), Cingulum (CIL I 1424), 
Veleia (CIL XI 1185), Altinum, Verona (CIL V 
2157. 3446). Ferner in Aquae Sextiae, Nemau- 
sus (Hist. Aug. Hadr. 12), Narbo (CIL XII 530. 
3070.4342; vgl. auch 2332. 2533), Trier, Vesuna 
in Aquitanien (Grut. 171, 4), Abdera und Illiberis 
in Spanien (CIL II 1979. 2083). In Africa sind 
erhalten die Euinen der B. von Theveste in Nu- 
midien (Recueil de Constantine 1866, 186, Grund- 
riss bei Graham Remains of the roman occupa- 
tion of North -Africa with special reference to 
Tunisia, p. 22 des Sep.-Drucks aus Transactions 
of the roy. inst. of brit. architects, new ser. II), 
inschriftlich bezeugt die von Septimia Vaga, Cirta, 
Cuicul (CIL VIII 1219. 7017. 7037—38. 8318—19. 
8324; vgl. auch 9997). 

Als die Hauptstadt nach Constantinopel ver- 
legt wurde, wurden auch hier B. gebaut, Cod. 
lust. VHI 11, 21. Agath. p. 138, 15 ed. Bonn. 
Procop. de aed. p. 206, 12 ed. Bonn. Chron. Pasch. 
I p. 528, 22 ed. Bonn. Zos. Ill 11, 3. Urlichs 
Die Apsis 9. 

Ob etwa in Siiditalien namentlich die griechi- 
schen Colonien und die von ihnen beeinflussten 
Stadte schon friiher als Eom B. hatten , wissen 
wir nicht. Die alteste Nachricht iiber eine B. 
ausserhalb Eoms ist die Inschrift CIL X 5807 
(= I 1166), nach welcher jedenfalls vor 90 v. Chr. 
(s. Moinmsen'a. O.) in Aletrium die B. neu ge- 
tuncht wurde. In Thurii (Copia) wurde auch, wie es 
scheint, schon vor dem Bundesgenossenkriege eine 
B. erbaut, CIL X 123. In Pompeii stand die B. 
schon im J. 78, CIL IV 1842. In Herculaneum 
wurde zur Zeit des Augustus eine B. gebaut, CIL 
X 1425. In dieselbe Zeit, oder etwas friiher, fallt 
auch der Bau der B. der campanischen Stadt, 
in der das Gastmahl des Trimalchio stattfindet, 
Petron. 57. Eine B. in Oea (Tripolis) erwahnt 
Apul. apol. 519. 

Im Orient ist die alteste bekannte B. das von 
Caesar 47 v. Chr. erbaute Kaiadgtov in Antiochia 
(Malal. p. 216 ed. Bonn.), wo spater noch zahl- 
reiche B. erbaut wurden (K. O. Miiller Antiqu. 
Antioch. 115). Seit 19 v. Chr. baute dann Hero- 
des seine flaotXeios atod auf der Siidseite des 
Tempelplateaus von Jerusalem (Joseph, ant. XV 
411). Sonst wissen wir aus dem Orient nur 
von B. spaterer Zeit; so in Ephesos (Falkener 
Ephesus 94. 98), Smyrna (zwei B., CIG 3148). 
Uber die sog. B. in Pergamon ist die Untersuchung 
noch nicht abgeschlossen (Lange Haus und Halle 
239). 

Nach Vitruvs (V 1, 4) Anweisung zum Bau 
einer B. soil der Grundriss langlich sein, 1 : 3 bis 
1:2; wenn die gegebenen Kaumverhaltnisse eine 
grbssere Lange erfordern , so soil man an den 
Schmalseiten Vorballen, choAcidica, vorlegen (eine 
solche findet sich in der B. von Pompeii und in 
der Constantins-B.). Das Innere ist geteilt in 
einen hfiheren Mittelraum und einen niedrigeren, 
durch Saulen von ihm getrennten Umgang (por- 
tictis) , dessen Breite l/ 8 der Breite des Mittel- 
raumes ist. Dieser Breite ist die Hehe der Saulen 
gleich; fiber diesen und ihrem Gebiilk steht eine 
zweite Saulenordrmng, 3 / 4 so hnoh wie die nntere; 



zwischen beide aber ist eine Aufmauerung, plu- 
teus, eingeschoben, die wieder 3/ 4 so hoch ist wie 
die oberen Saulen. Die porticw sind bedacht 
durch eine von dem Gebalk der unteren Saulen 
und andererseits von den Aussenmauern getragene 
fiache Decke, eontignatio, die als Spaziergang 
diente, der Mittelraum durch ein grosses Sattel- 
oder Walmdach, die zwar nicht hier aber V l r 6 
erwahnte mediana testudo , so dass die Inter- 

10 eolumnien der iiber den Umgang aufragenden 
oberen Saulenstellung die Stelle der Fenster ver- 
treten. Fur den Mittelraum ergiebt sich so eine 
Hehe von ca. ?/ g seiner Breite. Uber die Lage 
des Tribunal giebt Vitruv keine Vorschrift. 

Hiermit stimmt das VI 5, 9 iiber den oeeus 
Aegyptius Gesagte : auch hier sind, an den Wan- 
den entlang, zwei Saulenordnungen uber einander, 
in der HOhe des Gebalks der ersten eine eonti- 
gnatio und auf dieser ein oberer eirouitus sub 

20 diu; die oberen Intercolumnien dienen als Fenster. 
Der pluteus fallt hier weg, sonst ist die Anord- 
nung der oben besehriebenen durchaus gleichartig. 
Und Vitruv fiigt hinzu: ita basilicarum ea si- 
militudo, non corinthiorum tricliniorum, vide- 
tur esse. 

Dieses offenbar von Vitruv als das gew6hn- 
liche und normale betrachtete Schema ist aber 
keineswegs immer strenge festgebalten worden. 
Schon die alteste und zugleich am besten erhal- 

30 tene der noch vorhandenen B. , die von Pompeii, 
weicht wesentlich ab. Dieselbe ist nach einer in 
die Wand eingekratzten Inschrift (CIL IV 1842) 
alter als das J. 78 v. Chr. und gehort auch ihrer 
Bauart nach in die vorrOmische Zeit Pompeiis, 
vermutlich ins 2. Jhdt. v. Chr. Auch die Be- 
zeichnung als B. ist durch eine Wandinschrift 
(CIL IV 1779) gesichert. Das Gebaude liegt am 
Forum, diesem eine Schmalseite zuwendend, und 
hat hier eine wahrscheinlich unbedeckte Vorhalle 

40 (ehalcidietim) , aus der man in der Mitte durch 
drei Intercolumnien , rechts und links durch je 
eine Thiir in das Innere tritt, welches auch durch 
zwei Thuren in der Mitte der Langseiten zugang- 
lich ist. Das Innere , circa 55 x 24 m. gross, 
zerfallt auch hier in Mittelraum und Umgang, 
doch war dieser wesentlich eben so hoch wie jener, 
und fiel also das charakteristische Motiv der 
Uberhflhung des Mittelraumes sowie die doppelte 
Saulenordnung um denselben fort. Eine einzige 

50 Ordnung machtiger Saulen , etwa 10 m. hoch, 
trug das (Sattel- oder Walm-) Dach des Mittel- 
raumes und trennte diesen von dem Umgange. 
Die Eiickwande des letzteren zerfielen der Hohe 
nach in zwei stockwerkartige Teile; der untere 
war auf der dem Forum zugewandten Schmalseite 
durch die schon erwahnten Eingangsmotive , auf 
der gegeniiberliegenden Seite durch Front und 
Eingang anderer gleich zu erwahnender Eaume 
eingenommen , auf den Langseiten durch Halb- 

60 saulen, den grossen Saulen entsprechend, geteilt; 
der obere dagegen wurde auf den Langseiten durch 
je eine nur auf ganz kurze Strecken von festen 
Wandstiicken unterbrochene Saulenreihe (je eine 
Saule iiber jeder Halbsaule und fiber den Zwischen- 
raumen derselben) gebildet, deren Intercolumnien 
also als Fenster dienten , wahrend er auf den 
Schmalseiten etwas abweiehend mit Halbsaulen 
und Fenstem in deren Zwischenraumen behandelt 



87 



Basilica 



war. In dieser zweistOckigen Anordnung der 
Aussenwande darf eine Erinnerung an das ur- 
sprungliche und normale Grundmotiv, von dem 
das hier vorliegende abgeleitet ist, erkannt wer- 
den : die ITberhflhung des Mittelraumes ist nicht 
unterdrtlckt, sondern erweitert worden zu einer 
ErhChung des ganzen Innenraumes einschliesslich 
der Umgange ; indem das von der oberen, gleich- 

sam als Fensterwand dienenden Saulenstellung 

gebildete Rechteck erweitert und dieselbe von 10 war bier erweitert durch den sich mit seiner gan 



Basilica 88 

Vitruv das Motiv des zweistOckigen Umganges 
schwerlich erfunden hat, so werden wir annehmen 
diirfen, dass solche Erapore auch in kiinstlerischer 
ausgebildeten Basiliken nicht ungewohnlich waren. 
Eine Langseite war dem Forum zugewandt, und 
hier war der Haupteingang. Diesem gegenuber, 
auf der dem Forum abgewandten Langseite, fehl- 
ten von den acht Mittelranm und TJmgange tren- 
nenden Saulen die beiden mittelsten, und die B. 



ihrer urspriinglichen Stelle, Tiber den Mittelraum 
und Umgang trennenden Saulen , verlegt wurde 
in die Aussenwand des (ursprunglich niedrigeren) 
Umganges, wurde fur Mittelraum und Umgang 
die gleiche grOssere Hohe hergestellt. Fraglich 
bleibt die Art der Bedachung des Umganges; doch 
ist es nicht unwahrscheinlich, dass er eine flache 
Terrasse trug (wie in Vitruvs Normal-B.), die bier 
freilich, da kein Aufgang vorhanden ist, nicht 



zen Frontbreite in oie offnenden Tempel des Au- 
gustus, der mit der B. dergestalt unteT einem 
Dache lag, dass der First des Tempeldaches sich 
fortsetzte bis an den der mediana testudo und 
mit ihm rechtwinklig zusammenstiess. Die Breite 
des Tempels entsprach jenem dreifachen Inter- 
columnium ; seine Tiefe wird nicht angegeben, - 
Natiirlich war vor ihm der zweistcckige Umgang 
unterbrochen. Wenn nun Vitruv sagt, dass in 



als Spaziergang dienen konnte. In der Mitte der 20 diesem Tempel das Tribunal in Form einer ge- 
dem Eingang gegenfiberliegenden Schmalseite liegt rundeten, 46 Fuss breiten und 15 Fuss tiefen 



das Tribunal in Gestalt einer urn 1,65 m. erhoh 
ten, durch zwei seitliehe Treppen zugangliehen 
Exedra, die sich mit vier Saulen und zwei Eck- 
saulen auf den Umgang Offnet, in den hinein sie 
etwas vortritt. Es war zweistockig, den beiden 
Ordnungen der Umgangswand entsprechend. In 
Betreff des Oberstocks, der sich mit Fenstern 
zwischen Halbsaulen auf den Umgang Offnet, ist 



Nische enthalten war, so hat er sich ohne Zweifel 
unpracis ausgedriickt. Denn einerseits ist es selbst- 
verstandlich und ergiebt sich auch aus der Be- 
rechnung der Hohenverhaltnisse, dass der Tempel 
auf einem erhshten Unterbau lag, andererseits mo- 
tiviert Vitruv die Grosse der Tribunatnische da- 
mit, dass die sich um den rechtsprechenden Be- 
amten sammelndeu Menschen den Handelsverkehr 



nicht ersichtlich, zu welchem Gebrauch er dienen 30 in der B. nicht storen sollten : von einer solchen 



konnte; vermutlich ist er nur zu decorativem 
Zweck gemacht worden. Neben dem Tribunal liegen 
noch zwei Raume unbekannter Bestimmung, die 
im Grundriss das Rechteck voll machen; sie waren 
nicht hOher als das Untergeschoss der Umgangs- 
wand und wurden von dem oberen, hier durch je 
ein Fenster durchbrochenen Teil derselben fiber- 
ragt. 

Die alteren Reeonstructionen der pompeia 



Stflrung konnte gar nicht die Rede sein , wenn 
das Tribunal wirklich im Tempel, d. h. auf dem 
Unterbau lag. Vielmehr ist obige Angabe fol- 
gendermassen zu verstehen. Der Augustustempel 
war ein templum in antis. Seine Front lag nicht 
in einer Linie mit der Wand der B., sondern mehr 
als 15 Fuss weiter zuriick; die Seitenmauern des 
Pronaos waren fiber die Front hinaus verlangert, 
und zwar vermutlich, da diese Verlangerungen als 



nischen B., von Mazois Ruines de Pompel IH40aretoe bezeichnet werden, nicht nur bis an die 

pi. 17. 18 (wesentlich wie oben) und Canina ~ ' " ~" 

Architettura antica III 93 (mit uberhehtem Mit- 
telraum) sind unbrauchbar, weil sie die erhaltenen 
Fragmente nicht beriicksichtigen. Obige Recon- 
struction ist ausfiihrlich begrfindet,bei Mau Pom- 
peian. Beitr. 156; Rom. Mitt. Ill 14. VI 67. Vm 
166, an letzteren Stellen auch mit Riicksicht auf 
die von K. Lange Haus u. Halle 351 vertretene 
Reconstruction mit uberhohtem Mittelraum. 



In ganz anderer Richtung ist Vitruv selbst 50 nicht in diesem selbst, aber zwischen den Ver- 



B. , sondern noch etwas in sie hinein. Ebenso 
weit sprang auch der Unterbau vor, und in ihn 
war, von der B. aus in fast seiner ganzen Breite, 
eine gerundete Nische (nicht eine Apsis in mo- 
dernem Sinn, sondern oben offen) von 15 Fuss 
Tiefe eingeschnitten , deren Fussboden entweder 
mit dem der B. in gleichem Niveau lag, oder nur 
wenig fiber ihn erhsht war. Dies war das Tri- 
bunal, welches also im Unterbau des Tempels lag, 



(V 1, 6) beim Bau der B. in Fanum von 
dem Normalschema abgewichen. Zwischen dem 
120x60 Fuss grossen Mittelraum und den Um- 
gangen stand nur eine Saulenordnung, auf deren 
Gebalk die mediana testudo mhte; diese Saulen, 
vier an den Schmal-, acht an den Langseiten, 
waren funfzig Fuss hoch, so dass im Mittelraum 
die Breite sich zur Hohe etwa wie 10:9 verhielt. 
Der Umgang war zweistockig: Zwischenboden und 



langerungen seiner Seitenmauern. Der Unterbau 
konnte also nicht von der Frontseite aus erstiegen 
werden, sondem musste seitliehe Zugange haben 
von seitlichen Erweiterungen des Unterbaues aus, 
welche vermutlich auch yon der B. aus durch 
Treppen neben den antae erstiegen werden konnten. 
Obiger Darstellung kommen am nachsten Z e- 
stermann Basiliken 81 und Tf. 5. Quicherat 
Rev. arch. N. S. XXXV 1878, 23. .65. S. auch, 



Dach desselben ruhten auf Pilastern , welche in 60 ausser den Vitruvausgaben und Ubersetzungen' 



zwei Ordnungen fiber einander, zwanzig und acht- 
zehn Fuss hoch, an die Saulen angelehnt waren, 
so dass diese sich noch fiber das Dach der Por- 
tiken erhoben und ihre Zwischenraume hier als 
Fenster dienten. So war hier das Grundmotiv des 
uberhohten Mittelraumes festgehalten und nur zur 
Verwirklichung desselben eineeigentiimlichjB, wenig 
kunstlerische Anordnung verwandt worden. Da 



Messmer Uber den Ursprung der B. 30. Die 
altere, neuerdings von K. Lange Haus u. Halle 
191 vertretene Auffassung, welche das Tribunal 
an die Riickseite des Tempels verlegt, ist weder 
mit der erhohten Lage des Tempels, noch mit 
dem Wortlaut des Vitruv vereinbar. 

Eine Erweiterung und Modification des nor- 
malen B.-Typus zeigt die B. Ulpia (s. d.) . in- 



89 



Basilica 



Basilica 



90 



dem hier nicht nur der Umgang um den grossen, 
25 m. breiten Mittelraum verdoppelt war, sondern, 
nach einem Fragment des capitolinischen Stadt- 
planes zu schliessen, auf den Schmalseiten zu den 
zwei Saulenreihen dieser beiden Umgange noch 
eine dritte hinzukam, deren Enden durch kurze 
Mauern mit den Langwanden verbunden waren, 
so dass die B. im Querschnitt fiinfschiffig , im 
Langenschnitt siebenschiffig war. Auf jede Schmal- 
seite Offnete sich .eine halbkreisformige Apsis, so 
gross, dass ihre Offnung fast die ganze Schmal- 
seite einnahm, mit einer inneren Saulenstellung 
verziert und mit einer Aedicula im Hintergrunde. 
Drei Eingange mit Saulenportalen fiihrten vom 
Forum (Sfid) in das Innere. Dass der Mittelraum 
fiber die Umgange, deren Saulen 8,85 m. hoch 
waren, erhOht war, kann bei seiner grossen Breite 
nicht bezweifelt werden. Ob die Umgange zwei- 
stockig waren, und eventuell ob beide oder nur 
der innere, ob etwa fiber dem inneren ein nach 
innen, fiber dem ausseren ein nach aussen geOff- 
neter oberer Saulengang vorhanden war, fiber alles 
dies sind nur Vermutungen gestattet. Den ein- 
zigen Anhalt bieten die an den vier Ecken durch 
die schon erwahnten kurzen Mauerstficke gebil- 
deten Abteilungen, welche moglicherweise Treppen 
enthalten konnten. 

Eine wesentlich andere Form vertritt die B. 
Iulia (s. d.), in der an die Stelle der. Aussenwande 
offene Arkaden getreten sind ; durch Arkaden sind 
auch die beiden Umgange von einander und von 
dem verhaltnismassig schmalen Mittelraum ge- 
trennt. Die gewOlbten Umgange waren zweistockig, 
auch ihr Obergeschoss sowohl nach aussen wie 
nach innen geOffnet; fiber demselben eine Terrasse. 
Der 16 X 82 m, grosse Mittelraum war in der 
letzten Zeit ttberwolbt, vermutlich durch vier 
Kreuzgewolbe mit oifenen Ltinetten, um Licht ein- 
zulassen ; fur die Zeit der urspriinglichen Erbau- 
ung wird mit mehr Vfahrscheinlichkeit ein Dach 
anzunehmen sein, entweder fiber einer Wand mit 
Fenstern, oder mit Fenstergiebeln (etwa vier) auch 
an den Langseiten. Ein Tribunal war nicht vor- 
handen; Sitz des Gerichtsverl'ahrens war der durch 
Marmorschranken gegen die Umgange abgesperrte 
Mittelraum, was damit zusammenhangt, dass fur 
das Centumviralgerichtsverfahren ein grOsserer 
Raum notig war- 

Offene Arkaden statt der Aussenwande hatte 
aueh die B. Aerailia an der Nordseite des Forums 
nach ihrem Neubau .infolge des Brandes vom 
J. 14 v. Chr., bei welchem wohl Gleichmassigkeit 
mit der B. Iulia erstrebt wurde. Dies ergiebt 
sich aus Plut. Galba 26, nach dem Truppen, auch 
Reiter, durch sie durchziehen, und wird bestatigt 
durch die Darstellung auf den Marmorschranken 
vom Forum. Ob sie ein Tribunal hatte , wissen 
wir nicht. 

In dieselbe Reihe gehort auch die oiou fiaoi- 
/.eiog des Herodes. Nach der ausffihrlichen Be- 
schreibung Jos. ant. XV 412ff. war sie eine sehr 
langgestreckte B. mit fiberhohtem Mittelraum; sie 
hatte eine geschlossene, mit Halbsaulen verzierte 
Wand nur an der dem Abhang zugewandten Seite, 
an den anderen Seiten aber nur Saulenreihen. 
Die Umgange waren einstockig, mit flacher, zu- 
ganglicher Decke. Ein Tribunal war nicht vor- 
handen, da die Halle nur dem Handels- und son- 



stigen Verkehr, nicht dem Gerichtsverfahren diente. 
Lange Haus u. Halle 201. 

Der B. des Herodes wurde sehr ahnlich ge- 
worden sein die B. Alexandrina des Alexander 
S events : eine 1000 Fuss lange, 100 Fuss breite 
Halle, nur von Saulen getragen, ohne feste Wande, 
Lange a. O. 213. Als Saulen- oder Pfeiler-B. 
wird auch die zur Zeit des jttngern Theodosius in 
Antiochia erbaute/SauJjK*/ didiponog (Malal. p. 360) 

10 zu verstehen sein. 

Eine ganz besondere Gestalt und die gross- 
artigste Entwicklung des B.-Baues zeigt die Con- 
stantins.-B. (s. d.) an der Via sacra. Charak- 
teristisch ist hier, dass der hohe, 25 m. breite, 
von drei KreuzgewOlben mit offenen Liinetten be- 
deckte Mittelraum sich durch das ganze Gebaude 
der Lange nach erstreckt, vom Eingang (dem ein 
Chalcidicum vorgelegt ist) bis zur Riickseite, wo 
er durch eine Apsis abgeschlossen wird. Es ist 

20 also hier nicht ein Mittelraum mit Umgang, son- 
dern ein Mittelschiff mit Seitenschiffen. Letztere 
kennen aber auch mit diesem Namen nur un- 
eigentlich bezeichnet werden: sie bestehen jedes 
aus drei nur durch Thiiren mit einander verbun- 
denen Raumen, deren jeder von einem Tonnen- 
gewOlbe uberspannt war, dessen Axe zu der des 
ganzen Gebaudes senkrecht stand, Indem nun 
von diesen sechs Seitenraumen je zwei sich ge- 
genuberliegende gewissermassen ein Querschiff bil- 

30 deten, konnten die beiden mittleren auch als Mit- 
telschiff behandelt und ihre Aussenwande auf der 
einen Seite (nach der Via sacra) als Eingang pit 
Saulenportal , auf der anderen als Apsis (diese 
freilich ein etwas spaterer Zusatz) ausgebildet 
werden. Im iibrigen waren diese Aussenwande 
von je sechs gewOlbten Fenstern durchbrochen. 

Die eben erwahnte, ffir den christlichen Kir- 
chenbau vorbildlich gewordene Eigentumlichkeit 
des Grundrisses, dass namlich statt des Umganges 

40 nur zwei Seitenschiffe an den Langseiten vorhan- 
den sind, kommt auch sonst vor, und ohne die 
iibrigen, durch die Anwendung des GewOlbebaues 
bedingten Besonderheiten der Constantins-B. Das 
beste Beispiel ist die B. von Theveste (s. o. S. 85): 
der Innenraum, 65 X 22 m., war durch zwei Reihen 
Arkaden, vor deren Pfeilern je eine Saule von 
0,50 m. Durchmesser und 4,70 m. Hohe stand, 
in zwei 5,30 m. hohe Seitenschiffe und ein hohe- 
res Mittelschiff geteilt. Jedem der drei Schiffe 

50 entsprach an der einen Schmalseite ein Eingang, 
dem Mittelschiff an der andren Schmalseite eine 
halbkreisformige Apsis, deren Offnung 7,90 m. 
weit war. Recueil de Constantine 1860 — 61, 209 
pi. 5. 1866, 186. Ferner ist hier zu nennen ein 
in Ephesos (Falkener Ephesus 98) ausgegra- 
benes, durch zwei Reihen von je sieben Pfeilern 
in drei Schiffe geteiltes, an beiden Schmalseiten 
durch je vier Thiiren zugangliches Gebaude, wel- 
ches K. Lange (Haus und Halle 200) nicht 

60 ohne Wahrscheinlichkeit ffir eine B. halt, wenn 
auch bei der ganzlichen Unbekanntheit des Auf- 
baues einiger Zweifel bleibt. Auch die kleine, 
eigentfimlich gebaute B. von Chaqqa in Syrien 
(Vogue Syrie centrale I pi. 15, danach Lange 
a. O. 223) hat nur Seitenschiffe neben dem Haupt- 
raum. Die gleiche Art Grundriss zeigen auch die 
weiterhin zu erwahnenden Palast-B. 

Angesichts der vielen Variationen, deren, wie 



yi 



Basilica 



Basilica 



92 



aus dem Gesagten hervorgeM, diese Gebaudeform 
fahig war, darf es nieht wundernehmen , dass 
auch die Teilung in Mittelraum und Umgang oder 
Seitensehiffe nicht unverbrlichlieh festgehalten 
wurde, und es auch B. ruit ungeteiltem, Ton einem 
grossen Dache tiberspanntem Innenraum gab. Bin 
ganz sicheres Beispiel dieser Form ist die B. von 
Timgad in Africa (s. das noch unvollendete Werk : 
Cagnat et Boeswillwald Timgad). Das Ge- 
baude, mit der Langseite an das Forum stossend 
und von diesem aus zuganglich, hat an der einen 
Schmalseite erne Apsis, an der andern ein exedra- 
formiges Tribunal; es kann nicht wohl bezweifelt 
werden, dass ihm der Name B. zukommt. Ferner 
gehort hierher die B. von Trier. Es scheint nam- 
lich unvermeidlich , in diesem Gebaude , welches 
isoliert stand und daher nicht, wie man gemeint 
hat, einer Thermenanlage angehOren kann, und 
fiir welches auch sonst schwerlich eine andere 
Benennung zu finden sein diirfte, eine B. zu er- 
kennen, und zwar die, welche nach Paneg. VII 
22 Baehr. von Constantin in Trier erbaut wurde 
und sich durch ihre ausserordentliche Hohe aus- 
zeichnete. Der Name B. haftete naturgemiiss nicht 
an einem bestimmten Schema, sondern an der 
Bestimmung des Gebaudes. Der Innenraum ist 
ein ungeteiltes Eechteck von 56,20 X 27,70 m., 
ca. 30 m. hoch, mit einer etwas erhohten halb- 
kreisformigen Apsis von 19,05 m. Offnung an der 
einen, drei Eingangen auf der andern Schmal- 
seite, vor welcher eine Vorhalle lag, und je einem 
Eingange an den Langseiten in der Nahe der 
Apsis. Die Wande sowohl des Hauptraumes als 
der Apsis waren durch zwei Beihen grosser durch 
Glas geschlossener Fenster durchbrochen , denn 
dem rauheren Klima entsprechend war das Ge- 
baude mittels eines hohlen Fussbodens heizbar; 
da Hohlwande, wie es scheint, fehlten, so konnte 
die Warme nur eine sehr massige sein. Da die 
Wande fur ein Tonnengewolbe zu schwach sind, 
muss der Bau durch ein Dach gedeckt gewesen 
sein. F. Hettner Westd. Zeitschr. X 1891, 223, 
wo die altere Litteratur. 

Es ist gestritten worden (Zestermann Ba- 
siliken 72ff. Urlichs Die Apsis der alten Basi- 
liken), ob die B. regelmassig ein, Tribunal, sei 
es in Form einer Apsis, sei es in anderer Form, 
hatten. Die Apsis ist erhalten in der Constan- 
tins-B. und in der B. in Trier, das Tribunal in 
anderer Form in Pompeii, beides in Timgad. Die 
Apsis ist bezeugt fur Vitruvs B. in Fanum (wo 
auch gesagt wird, dass sie zu Gerichtsverhand- 
lungen bestimmt war), fur die B. Ulpia, fur das 
Kcuodgcov in Antiochia (Malal. 287. 338), das 
Tribunal fur eine B. in Turris Libisonis auf Sar- 
dinien (CIL X 7946). Die Nichterwiihnung in 
der Anweisung Vitruvs V 1 , 4 kann nichts be- 
weisen. Fiir das Fehlen des Tribunal ist die B. 
Iulia das einzige ganz sichere Beispiel, und hier 
erklart es sich durch die Bestimmung fur die 
Centumviralgerichte. Indes ist es wahrschein- 
lich, dass die offenen B. nach Art der B. Iulia, 
namentlich wenn sie nicht am Forum lagen , in 
der Eegel ohne Tribunal waren, wenn gleich es 
moglich war, ihnen an einer Seite eine geschlos- 
sene Wand mit Apsis zu geben. Dagegen wird 
anzunehmen sein, dass die geschlossenen und na- 
mentlich die am Forum gelegenen B. regelmassig 



ein Tribunal, meist wohl in Apsisform, hatten, 
wenn auch in diesem wie in andern Punkten 
aus besonderen Griinden von der Eegel abgewichen 
werden konnte. 

Die Verbindung der B. mit einem Kaisertempel 
findet sich ausser in der B. des Vitruv noch in 
der B. Angusti Anniana in Puteoli, wo der Tem- 
pel zugleich als Curie diente, CIL X 1783, 84. 
Mit andern Eaumen nicht naher bekannten Cha- 

lOrakters stand auch das oben erwahnte Gebaude 
in Ephesos (Falkener Ephesus 98) in Verbin- 
dung; vgl. auch CIG 3148 xtjv §. ti/v ngog t<3 
§ov).svTt)Qlq>. 

Ohne geniigenden Grund ist ein Gebaude in 
Otricoli als B. bezeichnet worden. Es ist ein 
quadratischer Saal mit Apsis, 18 m. lang und 
breit, dessen Decke durch zwei Beihen von je 
drei Saulen gestiitzt wurde, deren aus dem Durch- 
messer zu erschliessende Hohe eine Uberhohung 

20 des Mittels chiffes ausschliesst. Der Innenraum 
ist nur durch eine nicht sehr breite Thiir zu- 
ganglich und von kleineren Raumen umgeben. 
Es fehlen also alle charakteristischen Eigentfim- 
lichkeiten der B. Guattani Mon. ined. 1774 
Apr. Guattani Roma I 68. Zestermann Ba- 
siliken 1 14. Zweifelhaft ist auch die Bezeichnung 
eines Gebaudes in Saepinum als B. Es ist, wie 
es scheint, ein etwa 25x18 m. grosser Saal, 
dessen Decke durch Saulen von 0,45 m. Durch- 

30 messer gestiitzt wurde, welche im Eechteck stan- 
den, vier auf den Schmal-, acht auf den Lang- 
seiten. Und zwar war durch die Saulen auf drei 
Seiten ein 3,50 m. breiter Umgang abgeteilt, 
wahrend die vier Saulen der einen Schmalseite 
die Front und den Eingang des Gebaudes bilde- 
ten. Eine Apsis oder Tribunal war nicht vor- 
handen ; die in dem Gebaude gefundene, den Bau 
eines tribunal columnatum bezeugende Inschrift, 
CIL IX 2448, kann sich also nicht auf dasselbe 

40 beziehen , es sei denn , dass der ganze Bau als 
Tribunal bezeichnet ware. Nach der aus dem 
Durchmesser sich ergehenden Hohe der Saulen 
miissen die Umgange ebenso hoch wie der Mittel- 
raum gewesen sein; wenn also das Gebaude eine 
B. ist, so schliesst es sich dem in Pompeii ver- 
tretenen Typus an. Not. d. Scavi 1877, 280. 
1880, 179. Ganz ohne Grund ist der Name B. 
auf das 317 n. Chr. erbaute, dann in die Kirche 
St. Andrea in Catabarbara verwandelte Gebaude 

50 auf dem Esquilin angewandt worden : es war ein 
grosser, reich mit opus sectile verzierter Saal mit 
Apsis, unbekannter Bestimmung. D e R o s s i Bull, 
di archeol. crist. 1871, 1, 40. Dehio u. Bezold 
Kirchl. Baukunst Tf. 15, 10, S. 82. Lange Haus 
u. Halle 283. 296. Ganzlich unbegriindet ist die 
Benennung B. fur ein in Herculaneum gefundenes 
Gebaude; dasselbe ist ein Porticus mit offenem 
Raum in der Mitte. 

Die B. waren, ihrer Bestimmung nach, Erwei- 

60 terangen des Forums durch einen bedeckten Raum 
und sollten vor allem einen Teil des sonst auf 
dem Forum sich bewegenden Handels- und Ge- 
richtsverkehrs aufnehmen. Die negotiators, ne- 
gotiantes erwahnt Vitruv V 1, 4. 5. 8. In Rom 
gab es in spaterer Zeit B. , die fur den Handel 
mit bestimmten Gegenstanden reserviert waren; 
B. vest ilia, vascolaria, floseellaria werden im 
Eegionsverzeichnis genannt; dass die B. argen- 



93 



Basilica 



Basilica 



94 



taria in der achten Region mit der B. vascolaria 
identisch sei, wie Preller (Eeg. Rom's 145) auf 
Grund der Inschrift CIL XI 3821 (aurarius et 
argentarius de b. mscularia) vermutet, ist doch 
sehr unsicher. Verkauf goldener und silberner 
Schmucksachen in der B. auch Dig. XXXIV 2, 
32, 4. In der B. Iulia hatten Geldwechsler, nwm- 
■nvularii, ihren Stand, CIL VI 9709. 9711. 9712; 
ein twgarius de b. Antoniarum duarum CIL 
VI 5536. Die Handler schlugen in den B. Bretter- 
buden auf, Cod. lust. VIII 11 (12), 21. Als Lo- 
cal fur Geschafte fibcrhaupt erwahnt die B, Sen. 
brev., vit. 12, 1. 

Uber Gerichtsverhandlungen s. Sen. controv. 
IX praef. 3. Quint, inst. or. X 5, 18. Sen. de 
ira III 33, 2. Dass hierzn besonders die Apsis 
(tribunal) bestimmt war, sagt ausdrucklich Vitr. 
VI, 8. Die B. Iulia war der Sitz der Cen- 
tumviralgerichte (Plin. ep. II 14, 1. 4. V 9, 1. 
VI 33, 3), welche wegen ihrer grossen Zahl im 
Mittelraum (m media b. a. O. II 14, 4) sassen. 
Gerichtsverhandlungen in der B. Ulpia Gell. XIII 
25 (24), 2. Fiir Constantinopel Agath. 138, 15 
ed. Bonn. 

Als effentliche Gebaude konnten die B. aber 
auch sonst von verschiedenen BehOrden oder zu 
andern Zwecken dauernd oder gelegentlich be- 
nutzt werden. In Rom hatten eine Zeit lang die 
Volkstribunen ihren Sitz in der B. Porcia, Plut. 
Cato min. 5. Commodus praesidierte in der B. 
Ulpia einer Kornverteihmg, Hist. Aug. Comm. 2, 
1. In Caere hatten die Augustalen ihr phetrium 
in der B., CIL XI 3614. In den Municipien tagte 
gelegentlich der Decurionenrat in der B. , so in 
Abella, Puteoli, Sora, CIL X 1208. 5670 (107 n. 
Chr.). 1782. In Oea (Tripolis) wurden in der B. 
effentliche Vortrage gehalten, Apul. apol. c. 73, 
und nach Cod. lust. VIH 11 (12), 21 kam es 
spgar vor, dass daselbstHochzeiten gefeiert wurden. 
Uberhaupt aber erstreckte sich der ganze Verkehr 
des Forums in die anliegenden B. ; daher die hau- 
fige Verbindung forum et b., Cic. Verr. V 152. 
Tac. ann. XVI 27. Suet. Calig. 41. Paull. sent. 
IV 6, 2. Dig. XLV 1, 83, 5. 137, 6; ahnlich 
basilicis ac templis, Tac. hist. I 40. Die in den 
Basiliken beschaftigten servipubliei (CIL VI 1067. 
1068) hatten wohl fiir Reinigung, Reparaturen u. 
dgl. zu sorgen. 

Ausser den Basiliken am Forum, auf deren 
Benutzung sich in erster Linie das eben Gesagte 
bezieht, gab es auch Basiliken in Verbindung mit 
andren offentlichen Bauten. So sollten die von 
Gordian (Hist. Aug. 32) geplanten Anlagen ausser 
Spaziergangen und Badern auch eine B. enthalten. 
Basiliken in Verbindung mit Badern kommen noch 
vor in Narbo CIL XII 4342 und zwei britanni- 
schen Insehriften CIL VII 287. 445. Mehrere 
Basiliken in Verbindung mit Theatern in Nicaea 
(Plin. et Trai. ep. 39) und wahrscheinlich in Igu- 
vium (Bull. d. Inst. 1863, 228); in Verbindung 
mit einem Macellum in Corfinium, CEL IX 3162. 
Es ist anzunehmen, dass solche Basiliken vorwie- 
gend zum Aufenthalt des Publicums, daneben, 
namentlich beim Macellum, auch fiir den Handel 
dienten, wahrend Gerichtsverhandlungen dort wohl 
nicht stattfanden. In der Regel scheinen die nicht 
am Forum liegenden B. mit einem von Portiken 
umgebenen Platze verbunden gewesen zu sein. So 



wird erwahnt das igdegov des Kaiadgiov in An- 
tiochia (Malal. p. 287) _, mit dem zu vergleichen 
die B. cum hypaethro in Abdera in Baetica, CIL 
II 1979; so auch die von Gordian geplanten An- 
lagen. Portiken in Verbindung mit B. CIL IX 
1596 (Benevent). 2557 (Fagifulae). V 3446 (Ve- 
rona), vm 7037f. (Constantine). 

Besondere Erwahnung verdienen noch die Exer- 
cierbasiliken der Truppen, CIL VII 965, aus Eng- 

10 land, b. equestrem exereitatoriam, und III 6025, 
aus Assuan, auch diese fur eine eohors equitata; 
also Reitbahnen. FerneTHenzen 6811, aus Mainz. 
Dass auch nichtchristliche Kultgemeinschaften 
Versammlungsraume hatten, die den Namen B. 
fiihrten, wird bewiesen durch die im J. 1890 auf 
dem Caelius gefundene Mosaikinschrift des Vor- 
raumes der B. Eilariana der dendrophori ma- 
tris deum magnae Ideae et Attis. Die Inschrift 
lautet: Intrantihus hie deos propitios et basi- 

20 lic(ae) Hilarianae. Zweifelhaft bleibt, ob die B. 
in dem anstossenden nur 7,30 X 3,50 m. grossen 
Raum zu erkennen ist, Bull. com. 1890, 18. 78. 
Not. d. Scavi 1889, 398. 1890, 79. 113. Rom. 
Mitt. VI 1891, 109. 

Endlich gab es auch Basiliken in grOsseren 
Privathausern und namentlich in den Kaiserpa- 
lasten. Nach Vitr. VI 8, 1 dienten dieselben fiir 
publico, consilia et privata indicia arbitriaque. 
Von zu solchem Gebrauche geeigneten und offen- 

30 bar dazu bestimmten Palastbasiliken sind zwei 
sichere Beispiele erhalten: im Flavierpalast auf 
dem Palatin und in der Villa des Hadrian bei 
Tibur; fiber, beide, sowie fiber andere weniger 
sicher als Basiliken zu benennende Raume s. L a u g e 
Haus und Halle 255. Es sind langliche Sale; 
das dem Eingang gegeniiberliegende Tribunal hat 
im Flavierpalast die Form einer Apsis, in der 
Hadriansvilla die einer viereckigen Eiedra; der 
Saal selbst hat keinen Umgang, sondern nur Seiten- 

40 schiffe, welche durch zwei iiber einander stehende 
Saulenordnungen vom Mittelschiff getrennt waren. 
Uberhohung des Mittelschiffes scheint nicht statt- 
gefunden zu haben. Das Fehlen des Umganges 
war durch die Bestimmung solcher Basiliken be- 
dingt, welche nicht dem Handel und Verkehr, 
sondern nur einer in dem Tribunal stattfindenden 
Handlung dienten. Dagegen ist kein Grund zu 
leugnen, dass die Uberhohung des Mittelschiffes 
stattfand, wo sie nicht durch besondere Umstande, 

50 z. B. durch ein Obergeschoss, verhindert war. 

Derartiger, einer hauptsachlich in der Apsis 
stattfindenden Handlung dienender Basiliken gab 
es vermutlich nicht eben viele ; wenigstens Bcheint 
es nach Tac. dial. 39 nicht, dass die privata iu- 
dicia in Basiliken stattzufinden pflegten. Dagegen 
gab es in spaterer Zeit Hausbasillken zum Spa- 
zierengehen, Hieron. ep. 18: instar palatii pri- 
vatorum extructae basilicae, wt vile eorpuseulum 
. hominis pretiosius inambulet. Und wenn in der 

60 Villa der Gordiane drei B. centenariae (d. h. 
wohl 100 passus lange Basiliken) waren, so wer- 
den wir uns diese, ahnlich wie die von Gordian 
im Marsfeld beabskhtigte eben so lange B. , als 
zum Spazicrengehen bestimmte bedeckte Erwei- 
terungen des grossen Porticus [tetrastylum) zu 
denken haben. Derart mochte auch die B. im 
Palast der Laterani sein, welche durch Constantin 
in die Laterankirche verwandelt wurde (Hieron. 



95 



Basilica 



Basilidai 



96 



97 



Basilides 



Basilina 



98 



ep. 30: B. quondam Laterani), und eine solche 
ist auch gemeint, wenn in den Pseudoclement. 
Recogn. X 71, also um Mitte des 2. Jhdts., er- 
zahlt wird, dass in Antiochia Theophilos domus 
suae ingentem basilicam als Kirche geweiht 
habe. 

Wenn Palladius I 18 den die Kelter enthal- 
tenden Teil der eetta vinaria B. nennt, so wird 
daraus zu schliessen sein, dass dieser Kaum mit 



diente. Verwandlung offentlicher Basiliken in 
Kirchen ist nicht nachgewiesen. 

Litteratur. Von Q u a s t Die Basilika der Alten, 
Berlin 1845. Zestermann Die antiken und die 
christl. Basiliken, Leipzig 1854. Mess mer Tiber 
den Ursprung, die Entwicklung und Bedeutung 
der Basilika in der christl. Baukunst , Leipzig 
1854. W. Weingartner Tiber Ursprung und 
Entwicklung des^ christl. Kirchenhaus, Leipzig 



dem erhehten caleatorium zwischen den beiden 10 1858. Mothes Die Basilikenform, Leipzig 1865 
1 " -i- i- ■■- " * ■■ Dehio und v. Bezold Die kirchl. Baukunst des 

Abendlandes, Stuttgart 1884. Lange Haus und 
Halle, Leipzig 1885. [Mau.] 

Ad Basilicam in Mauretania Sitifensis, nach 
Tab. Peut. II 5 Mill. Station an der Strasse von 
Cuicul (= Djemila) nach Igilgili (= Djidjelli), 
15 Milien von Choba (= Ziama), 83 auf dem di- 
recten Weg von Igilgili. Shaw und P e 1 1 i s s i e r 
identificieren es mit Babur, L apie mit den Euinen 



lacm eine der B, ahnliche Form hatte. 

Nach dem uber die verschiedenen Formen und 
den verschiedenen Gebrauch der B. G-esagten ist 
klar, dass das Wort B. weder ausschliessliqhe Form- 
bezeichnung, noch ausschliessliche Zweckbezeich- 
nung geblieben ist. Es liegt in der Natur der 
Sache, dass der Gebrauch desselben sich derart 
ausdehnte, dass einerseits am Forum gelegene und 
demselben Zweck dienende, aber anders geformte, 



andererseits gleichgeformte aber anderswo gelegene 20 von Beni Nundil 



und andern Zwecken dienende Gebaude mit dem- 
selben Namen benannt wurden. 

Auf die Entstehung der B. als christlicher 
Kirche kann hier nicht naher eingegangen wer- 
den. Das gesamte Material mit Angabe der Lit- 
teratuT findet sichbei F. X. Kraus Realencykl. 
d. christl. Altert. s. v.; dazu Dehio und Bezold 
Christl. Baukunst des Abendlandes 62. Lange 
Haus und Halle 270. Die vielbesprpchene Frage, 



[J. Schmidt.] 



Ad Basilicam Diadumeni (Hs. Diadumene, 
Tab. Peut. Ill 3 Mill.) in Numidien, Station auf 
dem Wege von Lambaesis nach den westlich und 
sudlich vom Dj. Aures gelegenen Oasen. Eagot, 
Lapie, Guyon identificieren sie mit Hr. Fegu- 
sia (Eec. de Const. 1878/4, 261), Wilmanns 
dagegen wie Carbuccia mit Hr. el-Biar (CIL 
Till p. 2751). [J. Schmidt.] 

Basil icus sinus (Mela I 16. 17. Plin. n. h. 



ob die offentliche oder die Haus-B. das Vorbild 30 Y-112), die tiefeingeschnittene Bucht sudlich von 



abgegeben habe, kann nicht im einen oder an 
dem Sinne ausschliessend beantwortet werden 
Den Namen B. fur christliche Kirchen braucht 
schon Constantin in dem den Bau der Kirche des 
heiligen Grabes betreffenden Brief vom J. 326 
(Euseb. v. Const. Ill 31) als selbstverstandlich; 
danach kann es schwerlich bios anachronistische 
Ausdrucksweise sein, wenn Optatus von Mileve 
f6r diocletianische Zeit stets von B. spricht (s. 



Branchidai und Ostrich vom Vorgebirge Poseideion 
in Ionien, jetzt Basilicus Bay nach Mediterr. Pi- 
lot (London 1882) IV 163. Ken n ell Geog. of 
"West. As. II 39 identificierte ihn mit der Bucht 
von Kasikli. [Biirchner.] 

Basilidai (Baoil(dai), Bezeichnung der Herr- 
schergeschlechter in verschiedenen Ionerstadten 
Kleinasiens, gleichbedeutend mit Kodridai, die von 
den Schriftstellern gelegentlieh mit den B. zu- 



d. Index der Wiener Ausg.), und ebenso verschie- 40 sammengeworfen werden. Wie aus der Stiftung 



dene Martyreracten. Dass gelegentlieh Hausbasi- 
liken reicher Gemeineglieder zum Gottesdienst 
hergegeben wurden, ist hinlanglich bezeugt, s. o. 
S. 94. Ob dem dort Erwahnten auch die B. 
in palacio Sosoricmo (Lib. pontif. Silvester) hin- 
zuzufiigen ist, bleibt zweifelhaft, da der betref- 
fende Raum keinen deutlich basilicalen Charakter 
hat. Es ist mOglich, aber nicht erweislich, dass 
es die Cftere Uberweisung von Hausbasiliken war, 



unterhalb der Akropolis (CIA IV p. 67) hervor- 
geht, genoss Kodros in Athen Verehrung neben 
Basile, deren gemeinsamer Ursprung vielleicht in 
Ionien zu suchen ist , wo Kodridai und B. syno- 
nyme Begriffe waren. Den Kodriden und B. in 
Kleinasien entsprechen in Athen die Medontiden 
(MedovTiSai, besitzlich im athenischen Stadtge- 
biet), deren Namen gleichfalls das ,Herrscherge- 
schlecht' bezeichnet. Die hervorragende Rolle, 



welche Anlass gab, auch neu erbauten Kirchen, 50 welche die zahlreichen ehelichen wie unehelichen 



nachdem man angefangen hatte, sie grossartiger 
zu gestalten, die Form der B. zu geben. Der 
Grundriss der christlichen B., mit Seitenschiifen 
statt des Uinganges, findet sein Vorbild sowohl in 
den beiden Basiliken im Flavierpalaste und in 
der Villa Hadrians, als auch in der oben erwahn- 
ten B. von Theveste; aus ihm kann also nichts 
geschlossen werden, um so weniger, als von den 
Palastbasiliken vermutlich nur die wenigsten 



Sohne des Kodros in den Griindungssagen der ioni- 
schen Stadte spielen, ist daraus zu erkliiren, dass 
ihr Vater ursprunglich wohl nichts anderes als 
ein appellativer Begriff war, ahnlich dem MiScav, 
und sich erst hieraus im Laufe der Zeit eine in- 
dividuelle Sagengestalt gebildet hat, die als solche 
hauptsachlich fur Attika in Betracht kommt; vgl. 
U. v. Wilamowitz Aristot, und Athen DI 130. 
136. Darauf weist namentlich die in Ionien nach- 



diejenigen, welche zu Gerichtsverhandlungen und 60 weisbare Bestimmung, dass die Bekleidung der 



ahnlichen gewissermassen (Sffentlichen Acten be- 
stimmt waren — diese Form hatten, wahrend 
kein Grand vorliegt, sie auch da vorauszusetzen, 
wo die B. als Erweiterung von Portiken u. dgl. 
zum Spazierengehen diente. Es wird also nur 
im allgemeinen daran festzuhalten sein, dass die 
B. dem christlichen Kirchenbau, als dieser an- 
ting sich grossartiger zu entwickeln als Vorbild 



Kfinigswurde von der Zugehcrigkeit zum Stamm 
des Kodros abhangig sein sollte, Paus. VII 3, 10. 
In Kleinasien hat Kodros nur als Archegetes Be- 
deutung. Wir treffen die B. als Herrscheradel 
in Erythrai, dessen Besiedelung dem Kodriden 
Knopos zugeschrieben wurde, Aristot. pol. VIII 
1305b. Toepffer Att. Geneal. 240. Busolt 
Griech.-Gesch.I2 314. H. Gabler Erythrae (Berl. 



1892) 6. Ferner in Ephesos, wo die Nachkommen 
des Kodros noch zur Zeit des Strabon den Namen 
Baadidai oder BaailsTg flihren : Strab. XIV 633 
xal hi vvv ol ix xov yivovg ovo[id£ovxai BaaileTg. 
Suid. s. IIv&ayoQag 'Etpemog • xaralvaag di' £7X1- 
[iovlfjg xi)v rmv Baathdmv xalovfisvrjv aQ%rjv. Der 
Sturz der ephesischen B. muss in der ersten 
Halfte des 6. Jhdts. v. Chr. erfolgt sein , denn 
Pythagoras wird in die Zeit vor Kyros gesetzt 
(Suid. a. a. O. f\v de jigo Kvqov xov U&qoov, &g 
(prjai Baxwv). Toepffer Att. Geneal. 240. Bu- 
solt Griech. Gesch. 1 2 308. E. Meyer G. d. A. 
II 614. 616. Gabler andert bei Suidas die Uber- 
licferung 'Ecpiaiog in 'EgwdoaTog. und bezieht den 
Sturz der B. und das Schreckensregiment des 
Pythagoras nicht auf Ephesos, sondern auf Ery- 
thrai (a. a. O. 7); vgl. M. Duncker G. d. A. 
VI 5 302. Diese Gewaltmassregel hat keine Be- 
rechtigung. Wir haben liber den Sturz des Kftnig- 
tums in Erythrai eine Erzahlung erhalten , die 
aus dem zweiten Buche xiov txsqi rrjg itaiQidog 
laroQimv des Hippias von Erythrai geflossen ist 
(Athen. VI 259), nach welcher der Basilide Knopos 
von einem Ortyges getotet wurde, der aber bald da- 
rauf durch den Bruder des Knopos, Hippotes, ge- 
stiirzt ward; vgl. Gabler a. a. O. 5, dessen Po- 
lemik gegen Lamprechts (De rebus Erythraeo- 
rum 18) naive Beurteilung dieses Berichtes iiber- 
fliissig ist. Die historische Verwendbarkeit der 
Nachrichten des Hippias wird von E. Meyer (G. 
d. A. II 616) mit Eecht geleugnet. Wie in Ery- 
thrai und Ephesos scheinen auch auf dem benach- 
barten Chios einstmals B. geherrscht zu haben; 
vgl. Herod. VIII 132 : Chier 'Hgodorog 6 Baat- 
i.rjl5sa>. Bull. hell. Ill 244: Kaoxaoiwv 6 BousiXei- 
8ov. Busolt Griech. Gesch 12 314. [Toepffer.] 

Basilides s. Basileides. 

BaaiXiSeg, eine Art Schuhe, nach Hesychios 
von Frauen und Flotenblasern getragen; so ge- 
nannt, weil sie zur Tracht des athenischen aoytov 
tJaodevg gehOrten (Poll. VII 85). [Mau."] 

Basilidia, eine der vuleanischen oder aeoli- 
schen Inseln vor der Nordkuste Siciliens (Geogr. 
Bav. V 23 p. 406 Basilidin), jetzt Basiluzzo bei 
Panaria, s. o. Bd. I S. 1041. [Hiilsen.] 

Basil iensiuiii ci vitas s. B a si lei a Nr. 3. 

BaaiXixa 'Afivvzov , fester Platz in Make- 
donien, von Iustinian wiederhergestellt , Procop. 
de aed. IV 4 p. 279 Bonn. [Oberhummer.] 

BaaiXixoi Jidideq. Unter KOnig Philipp und 
Alexander bestand die Einrichtung, dass die Sohne 
vornehmer Makedonen in einem bestimmten Alter 
an den Hof gezogen wurden, um hier Pagendienste 
beim Konige zu verriehten und eine militarische 
Ausbildung zu erhalten (Arrian. anab. IV 3, 1). 
Sie folgten dem Konige ins Feld, sassen im Ge- 
feeht ab und hatten dann ihren Platz neben den 
Hypaspisten, mit denen sie wahrscheinlich gleiche 
Bewaffnung hatten (was Curtius VTII 6 , 2 fiber 
ihren Dienst beim Konige vorbringt, scheint un- 
zuverliissig). Die pueri regii in der Umgebung 
des Perseus (Liv. XLV 1) sind die letzte Erwah- 
nung dieser Einrichtung. Nur den Namen haben 
mit diesen B. :*. die Hen xaXSeg, die in den 
Heeren des Antigonos und Eurnenes genannt wer- 
den (Diod. XIX 28, 29), gemein. [Droysen.] 

Basllikos (Baachxog). 1) Namhafter Rhetor 
des 2. Jhdts. n. Chr., lehrte in Nikomedeia, wo 

Pauly-Wiesowa III 



ihn Apsines hflrte (Suid. s. 'Ayiivyg 2). Danach 
lebte B. noch um 200 und dariiber hinaus (s. Bd. II 
S. 278). Der Terminus a quo seiner Lebenszeit 
lasst sich annahernd dafaus bestimmen, dass er 
sein Werk jisqi idswv schon vor Hermogenes (Zeit 
Marc-Aurels) verfasst hat (Syrian. Schol. Hermog. 
I 13, If. Rabe = VII 878, If. W. Tzetz. Schol. 
Hermog. bei Cramer Anecd. Oxon. IV 126, 6, wo, 
wie auch sonst ofter, Baaihxog statt Baadiaxog 

10 zu lesen ist) und dass er, wie Graeven Cor- 
nuti art. rhet. epit., Berlin 1891, XXVIIf. aus 
Schol. Hermog. VII 930—932 W. erschliesst, nach 
Lollianos (Zeit Hadrians) uber xofifna, xtoXov, 
ixsQiodog (wohl in xsqi Idemv) gehandelt hat. Ausser 
dem genannten Werke verfasste B. nach Suid. s. 
Baaihxog Schriften jrsgi rmv 8ia tw ke£ewv 
axrjfxaxc&v (etwa ntol xa>v 8ia(votag xaiy rmv 
J.£g~£a>g axrjpidzcovl), jxsqi QTjXOQixrjg imfMOxevfjg 
ijroi jisqi aoxrjasuig, vzsqI fisranoitfeewg xal alia 

20 riva. Auf Commentare zu Demosthenes weist hin 
Syrian, a. 0. 1 13, 6—9 = VII 878, 14—16 W. = 
Tzetz. a. O. Anm. s. Einen iiovofiifilog jieqi ro- 
3io)v erwahnt riihmend derselbe Scholiast I 57, 
6ff. = VII 1024, Uf. W. Ein zur Statuslehre 
gehOriges Fragment wird citiert von Syrianos II 
180, 9ff. = IV 747 W. Von wenig^en Fragmenten 
abgesehen, hat sich von den vielen Schriften des 
B. nichts erhalten. Apsines, der sich auch sonst 
eng an seinen Lehrer angeschlossen zu haben 

30 scheint (vgl. VII 931 W. Hammer De Apsine 
rhetore, Progr. Giinzburg 1876, 9f.), nennt ihn 
nnter den Quellen fiir seine Rhetorik ausser Ari- 
steides allein mit Namen (I 331, 7 Sp. = II 217, 
7 2 ). Bei aller Hochschatzung wurde er von Spa- 
teren auch hart angegriffen, so von Syrianos 1 13, 
1 — 3, der ihm Mangel an svxQiveia und rafes in 
der Lehre jisqi ideaiv vorwirft; vgl. auch II 180, 
9ff. [Brzoska.] 

2} Gnostischer Theolog um 180, in einer Streit- 

40 schrift des Rhodon (Euseb. hist. eccl. V 13, 3) 
zusammen mit Potitus genannt als Vertreter einer 
dualistischen Weltanschauung im engsten An- 
schluss an Markion (8vo agjrag eiarjyovvrai). Da 
bei Theodoret haer. fab. I 25 hinter dem Potitus 
des Rhodon und vor dem dort auch gleich darauf 
besprochenen Syneros ein Marcionit Blastos er- 
wahnt wird, durfte Volkmar Hippolytus u. d. rOm. 
Zeitgenossen 1855, 28 mit Recht dies Blaozog 
in Baailtxo; corrigieren. [Julicher.] 

50 BaaiXixos avXwv (Strab. XVI 756) s. Aulon 
Nr. 12. 

Basilina, Mutter des Kaisers lulianus (Amm. 
XXV 3, 23. Pallad. dial. 13 = Migne Gr. 47, 48), 
Tochter des Caeionius lulianus Camenius, Con- 
suls 325 (Liban. epit. I 524; vgl. Seeek Sym- 
machus p. CLXXVII), verwandt mit Eusebius, 
Bischof von Nicomedia (Amm. XXII 9, 4) , wo- 
durch sie veranlasst wurde , ihren Einfluss bei 
Hofe zu Gunsten des Arianismus geltend zu machen 

60 (Athan. hist. Ar. ad mon. 5. 6 = Migne Gr. 25, 
700. 701), vermahlte sich in Constantinopel, wahr- 
scheinlich bald nach der Einweihung der Stadt 
(330), mit Iulius Constantius, dem Halbbruder 
Constantins d. Gr. , und gebar ebendaselbst im 
J, 331 ihren einzigen Sohn , starb aber schon 
wenige Monate spater (Themist. or. IV 59 a. Iulian. 
misop. 352 b). Durch ihr Testament wurden der 
Kirche Grundstucke hinterlassen (Pallad. a. O.). 

4 



99 



Basilinda 



Basilisk 



100 



101 



Basiliskos 



Basilos 



102 



Nach ihr erhielt die Stadt Basilinupolis in Bi- Hasiliscum (Itin. Hieros. 583), mansio in 

thymen ihren Namen ;_ygl. Iulianus. [Seeck.] Phoinikien zwischen Antarados und Arka; nicht 



Basilinda, ein Kinderspiel, bei dem einer identificiert. 



[Benzinger.] 



durch das Los zum Konig emannt wurde, Poll. Basilisene {Baodwrjvrj) , Landschaffc ~Gross- 

IX 110, und die andern in verschiedenen Rollen, Armeniens am oberen Laufe des Euphrat, Ptol. 

z. B als Soldaten (Hesych.), mm gehorchen muss- Geogr. V 12, wo dieselbe von der weiter strom- 

ten. Derart war das Konigspiel des Kyros (Herod. abwarts gelegenen 'Axticorjvrj unterschieden wird. 

I 114), nur dass dort der Konig gewahlt wurde. Falschlich an Stelle-der letzteren gesetzt steht 
Von dem fiaoiMg als Sieger im Ballspiel (s. Bd. II der Name in Epit. Strab. XI 521, vgl. Kramer 
S. 2833), dem gegeniiber der Unterliegende ovog 10 zu d. St. [Baumgartner.] 
Mess, ist dies Spiel zu unterscheiden. [Mau.] Basilisk. Der B. (paodioxog lat. regulus eo 

Basil inopol is , urspriinglich ein zu Mkaia quod sit rex serpmtium Isid. Orig. XII 4 oder 

gehOriges Dorf in Bithynien , das von Kaiser sibilus ebd.) gehorte nach der Ansicht der Alten 

Iulianus stadtische Gerechtsamkeit und zu Ehren zu den Schlangen. und war in Libyen (Ael. Ill 31), 

seiner Mutter den Namen B. erhielt, Hierocl. 692. besonders in der Provinz Kyrenaika heimisch (Plin. 

Not. eccl. Ill 127 u. a. St. Auf dem Concil VIII 78). Mit der Kroneidechse (basiliscus Laur.) 

zu Chalkedon 451 Gerontius Basilinopolis; vgl. der modernen Zoologie hat er also nichts zu thun. 

ausserdem Man si VII 306. Der Ort lag an den Die Beschreibung dieses fabelhaften Tieres steht 

Grenzen der Dioecesen von Mkaia und Nikomedia ; bei Apollodor (Nic. Ther. 396f. vgl. E. Rohde 
danach ist seine jetzige Lage aufzusuchen; Basi-20Rh. Mus. XXVIII 279), Plinius (VIII 78), Galen 

nupolis bei Synesius ep. 66 (Hercher), vgl. Amm. (XIV 233) d. h. vermutlich Xenokrates (vgl. Gal. 

Marc. XXV 3. 23. Kuhn Verfassung d. rom. XII 250, der offen gesteht, dass er nie einen B. 

Reichs II 239. 263. Nach Ramsay Asia minor gesehen habe, wahrend es bei Aelius Promotus 

179 lag es wahrscheinlich am westlichen Ende von Demokrit heisst: avtom^g zov £mov yiyovev) 

des ascanischen Sees. [Ruge.] und bei Isid Orig. XII 4, 6. Darnach hatte er 

Basilippo, Ort in Hispania Baetica an der einen spitzen Kopf, war goldgelb an Farbe (Nic. 

Strasse zwischen Hispalis und Corduba (Itin. Ant. Gal.) und 1/2 bezw. 1 Elle lang (Nic. Isid. Ael. h. a. 

410, 1 ; beim Geogr. Rav. 316, 13 Balsilipa) in der II 5). Auf dem Kopfe hatte er einen weissen Fleck, 

Gegend des Cerro del Cincho bei Arahal (Guerra der gleichsam ein Diadem vorstellte (Plin. a. a. O.), 
Discurso a Saavedra 87). Ein Basilip [onensis] 30 nach Galen (XIV 233) drei Hervorragungen, sein 

CIL II 1376. [Hiibner.] Korper war mit weissen Flecken gezeichnet (Orig.). 

Basil is (BaotXis). 1) Stadt im arkadischen Eine aus dem Altertum herriihrende Abbildung 

Gau Parrhasia, am linken Ufer des Alpheios, eine zu der Paraphrase des Euteknios im Wiener 

GrimdungdesarkadischenKonigsKypselos,welcher Codex Constantinopolitanus med. gr. nr. 5 des 

dort ein Heiligtum der eleusinischen Demeter mit Dioskurides und in dem illustrierten cod. Bonon. 

einem SchSnheitswettkampf fur Frauen stiftete, bibl. univers. nr. 3632 (saec. XV) S. 383 (sicher 

Paus.VIII29,5. Nikias bei Athen. XIII 609 e, FHG aus dem Constantinopolitanus). Sein Gift sollte 

IV 463. Steph. Byz. Spuren der schon zu Pausa- derart wirken, dass der ganze KCrper anschwelle 

nias Zeit in Tnimmern liegenden Stadt sind bei und schwarz werde, das Haar ausfalle und der Tod 
dem Dorfe Kyparissia nachweisbar. Leake Morea40 binnen kurzem eintrete (Apollodor bei Nic. a. a. O. 

II 293. Ross Reiserouten 89f. K. O. Miiller und Ael. Prom.). Erasistratos, der in seiner Schrift 
Dorier I 64. II 432f. Curtius Pel. I 304. 339. jtegl Swdpecov xai davaotfiwv auch fiber den B. 
Bursian Geogr. II 240. [Oberhummer.] gehandelt hatte (Ps.-Diosk. II 74), empfahl gegen 

2) Der Beiname verschiedener Gottinnen, der seinen Biss Bibergeil und Mohnsaft (Ps.-Diosk. II 
Aphrodite in Tarent (Hesych. s. Paodtg); der Hera 91). Von dem Tiere wurde allerlei gefabelt: er be- 
in Argos (Kaibel Epigr. 822," 7), in Lebadeia wege seinen Korper nicht wie die ubrigen Schlangen 
(IGS I 3097) und bei Pogla in Pisidien (CIG HI in vielfachen Windungen vorwarts, sondern krieche 
4367f. v. Lanckororiski Stadte Pamphyliens in der Mitte sich hoch aufrichtend, seine blosse 
und Pisidiens II 9); der Persephone in Katana Beruhrung und sein Gifthauch lasse Straucher 
(IGSI 450). S. Basileia Nr. 5. [Kern.] 50vergehen und sprenge Steine (Plin. a. a. O.). Sein 

3) Basilis (FHG IV 346. 347. Susemihl Gr. Hauch gait als giftig (Plin. XXIX 19); sein Gift 
Litt.-Gesch. I 663. II 679), verfasste 'IvSixa (Athen. soil Menschen und Tiere toten (Ael. II 5. Luc. 
IX 390b ir to} dcvzEQcp ra>v 'hHixwv), in denen Phars. IX 830 aus Aem. Macer; vgl. Fritzsche 
auch seine Angaben liber Aithiopien Platz gefun- Quaest. Lucaneae, Gothae 1892, 1 Iff.) und sogar 
den haben werden (Plin. VI 183). Agatharchides durch andere Medien hindurch wirken (Ael a O 
(Phot. cod. 250 p. 454 b Bekk., Geogr. gr. rain. I Heliod. Ill 8. Plin. a. a. O. Lucan. a. a. O.). Sein 
156) nennt ihn neben Hekataios als Autoritat fur Zischen verseheucht die Schlangen (Nic. Ther. 399. 
den Osten. Dies allein beweist, dass das Buch Archelaos bei Ael. 117. Plin. a. a. 0.) und totet 
mit nicht nur wissenschaftlichen, sondern auch wie sein Blick (daher Basiliskenblick Gal. XIV 233 
litterarischen Praetentionen auftrat; es ist also 60 Plin. XXIX 66. Amm. Marc. XXVIO 1, 41. Isid. 
gar nicht daran zu denken, dass B. den anonymen Orig. a. a. 0.) und sein Geruch (Isid. a. a. 0.). 
sog. Periplus marisErythraei verfasst haben konnte. Der B. selbst wieder erliegt dem Geruch des Wiese'ls 
Der Zeit nach gehOrt er in das 3. Jhdt. Schol. (Plin. Isid. a. a. 0.), er furchtet den Anblick des 
Nicand. Ther. 715 wird 6 faodevs iv ra e^Qiaxm Hahnes, sein Krahen totet ihn (Ael. Ill 31. V 50). 
citiert: der Artikel macht es unmoglich, bier, Die bekannte Fabel von der Geburt des B. aus 
wie meist geschieht, an B. zu denken, und Bus- einem dotterlosen Hahnenei ist nicht antik, kniipft 
semaker hat wohl das Richtige getroffen, wenn aber an antike Anschauungen an. Von den Agyp- 
er 'lofiae erganzt. [Schwartz.] tern wurde er mit tier Uraensschlange identificiert 



(Horap. I 1), nach Arteinid. oneir. IV 56 bedeutet starken Heere entgegen, nachdem er eidlich Treue 

er seinem Namen gemass grosse Macht. Tiber gelobt hatte. Aber auch er wurde bestochen, so 

fiaodloxog als Vogel vgl. den Artikel Zaun- dass die Hauptstadt ohne Schutz waT. B. floh 

k n i g, [M. Wellmann.] in den Schutz der Kirche, wurde aber von Aka- 

Basiliskos. 1) S._ Basilikos. kios ausgeliefert und von dem Sieger, der ver- 

2) Bruder der Verina, der Schwester Kaiser sprochen hatte, ihn nicht umbringen zu lassen, 

Leos, Consul im J. 465. 476, kampfte als Magister mit Weib und Kind in ein enges Verlies in einer 

militum von Thrakien gegen die Gothen, wurde kappadokischen Stadt (Limnis oder Sasemis oder 

<!%Qazosts86.Qx r ls an Stelle des Rusticius (Theo- Busama) geworfen, wo er durch Hunger umkam 
phan. 5956. 5961. Prise, frg. 39, FHG IV 108 10 (Marc, com. und Vict. Tonn. 475. 476. Ohron. 

aus Constant, legat. Malch. frg. 7, FHG IV 116 Pasch. 600f. Malal. 378f. Theophan. 5966ff. Prok. 

aus Suid.). Im J. 468 wurde B. zum Oberbe- Vand. I 7. Candid, a. a. 0. Malch. a. a. 0. und 

fehlshaber der grossen gegen das Vandalenreich frg. 11, FHG IV 120. Euagr. Ill 3ff. Theodor. 

von Kaiser Leo in Verbindung mit dem West- Lect. I 28ff. Ennod. Paneg. = op. I 3, 12; 464 

reiche ausgeriisteten Expedition emannt: er wird = diet. 6). 

avtoHQaxcoQ zov jioAepov, auch oTQatTjydg xal s!-aQ- 3) Basiliskos der Jiingere, Sohn des Armatus 

xos genannt. Die Geldaufwendung betrug 130 000 (Harmatius) , von Zeno , als er durch die Hiilfe 

Pfund Gold; eine Flotte transportierte ein Heer des Armatus den Aufstand des alteren B. nieder- 

von 100 000 Mann und 7 000 Ruderer. Zugleich geschlagen , zum Caesar ernannt (477). Als Ar- 
mit ihr operierte Heraklius von Tripolis her und 20 matus von Zeno getotet wurde, wurde sein Sohn 

der Commandant von Dalmatien, Marcellinus, ge- durch die Hiilfe der Kaiserm Ariadne geschont 

gen Karthago. Geiserich war durch diesen ge- und zum Lector gemacht. Spater war er Bischof 

waltigen Angriff eingeschuchtert, als B. bei Mer- von Kyzikos, Chron. Pasch. 602f. B. Theophan. 

curium, 280 Stadien von Karthago, landete. Doch 5969 (124f. de Boor). Prokop. Vand. I 7 (343 B.). 

gewahrte B., entweder durch Geld bestochen oder Candid. (Phot. bibl. 79 = frg. 1, FHG IV 136). 
durch die verraterischen Intriguen Aspars und Ar- [Hartmann.] 

daburs gewonnen, einen funftagigen Waffenstill- Basiliuiu (basileum) kornmt in zwei latei- 

stand. Geiserich benutzte ihn , um die kaiser- nischen Inschriften (CIL II 3386. XIV 2215) vor 

liche Flotte unvermutet zu fiberfallen und zu ver- als Kopfschmuck von Isisstatuen. Es ist der 
brennen. B. gelang es, mit einem Schiffe nach Si- 30 agyptische Konigskopfschmuck jiaollsiov, (Saodela 

cilien zu entkommen. Von hier eilte er als Schutz- (Inschr. von Rosette beiLetronne Inscr. de l'Eg. 

flehenderindieSophienkirchenachConstantinopel, I 250, 44f. Diod. I 47 , 5. Plut. Is. et Os. 19. 

und Verina vermittelte ihm die Verzeihung des Horapoll. I 11. 15). Die agyptische Form des- 

Kaisers (Prok. Vand. I 6. Candid, frg. 1, FHG selben Letronne a. O. 309 (vgl. das dort Ci- 

IV 1364 aus Phot. Malal. 373 B. Theodor. Lect. tierte) ; griechisch-romisch stilisiert z. B. Mus. 

I 25. Theophan. 5961). Nun intrigierte er selbst Borb. Ill 26. Clarac 986, 2571; hier besteht es 

gegen Aspar und trug zu dessen Sturze bei (Theo- aus zwei flugelartig aufstehenden Teilen, zwischen 

phan. 5963). Im J. 471 schutzte er Constantinopel denen vorn unten eine Rosette angebracht ist. 

vor einem Angriffe Theoderichs des Sohnes des Letztere wird die grosse Perle (unio) der Inschrift 
Triarius (Theophan. 5964). Als im J. 475 nach 40 II 3386 enthalten haben; ausserdem war das B. 

dem Tode seines Sohnes, des jiingeren Leo, Kaiser nach beiden Inschriften mit kleineren Perlen und 

Zeno vor Verina aus Constantinopel fioh, kam B. Edelsteinen verziert. Hiibner Herm. I 348. 
aus Herakleia in Thrakien herbei und wurde von [Mau.] 

Verina zum Kaiser erhoben. Er kronte seine Frau Basilos (Bdodog), Sohn des Phoroneussohnes 

Zenonis zur Kaiserin , seinen Sohn Marcus zum Lyrkos und der Staphylostochter Hemithea (s. d.). 

Caesar. Unruhen erschiitterten das Reich wahrend Diesen ersten Sohn hatte das Orakel des Ai&v- 

seiner zwanzigmonatlichen Regierung. Er erliess fisvg (Apollon) dem Lyrkos geweissagt von dem 

eine Enkyklika, in der er die Synode von Chal- ersten Weibe , das er nach dem Verlassen des 

kedon verwarf , und rief die wegen Ketze"rei ab- Tempels umarmen wurde. Staphylos , der Gast- 
gesetzten BischOfe zuriick; dadurch brachte er die 50 freund des heimreisenden Lyrkos, nutzt das Orakel 

chalkedonische Partei: Akakios, den Bischof von zu Gunsten seiner Tochter, indem er Lyrkos trunken 

Constantinopel, den Saulenheiligen Daniel, die macht. B. wird nach Heimreise des Lyrkos geboren 

Monche gegen sich auf, musste vor ihnen fliehen und empfangt durch seine Mutter Hemithea den 

und sogar seine erste Enkyklika durch eine zweite Gurt, welchen der Vater als Erkennungszeichen 

widerrufen. Ein Brand zerstOrte wahrend seiner fur den zu gebarenden Sohn zuruckgelassen hatte, 

Regierung einen grossen Teil Constantinopels (vgl. trifft auch in Kaunos (oder Kaunia) den Vater noch 

Byzantion). Sowohl den Clerus als die Gewerbe- als Greis lebend an und empfangt von ihm den 

treibenden bracbte er durch Steuern gegen sich Oberbefehl iiber das Kriegsheer gegen Aigialos, 

auf. Auch Verina reizte er durch die Ermordung den erzurnten Vater der von Lyrkos hinter- 
ihres Liebhabers Patricius. Auch Theoderich, Va- 60 gangenen Ehegattin des Lyrkos, der Heilebie, die 

lamers Sohn, der sich auf die Seite des B. ge- als Stief mutter denB. unterstutzte, Parthen. Erot. 

schlagen hatte, begann die Soldaten gegen ihn auf- 1, laut Randglosse nach dem Lyrkos des Nikai- 

zureizen und hielt es nun mit Kaiser Zeno. Die netos und dem Kaunos (d. i. Kavvov xri'ais) des 

Generate des B., Trokondos und Illos , die Zeno Apollonios von Rhodos, FHG IV 313. Die Herr- 

lange in einer isaurischen Bergfestung eingeschlos- schaft von Kaunos, die Lyrkos, seine Heimat Ar- 

sen hielten, gingen zu Zeno iiber. Dieser konnte gos meidend , der Ehe mit Heilebie verdankte, 

nun gegen Constantinopel marschieren. Im Auf- wird dem B. wohl durch diesen Krieg zugefallen 

trage des B. stellte sich ihm Armatus mit einem sein. [Tiimpel.] 



103 



Basilus 



Bassareus 



104 



Basilus, Advocat und Eedner zur Zeit Iuve- 
nala, Iuv. 7, 145—147. 10, 222; vgl. die Scholien. 

[P. v. Rohden.] 
Basinnoi (Baatwoi), Volk Arabiens, Glaucus 
bei Steph. Byz. Von Sprenger (Alte Geogr. 
310) zweifelnd mit Maaovitai (Wechsel yon b und 
m) bei Ptol. VI 7, 25 verglichen. 

[D. H. MttUer.] 
Baska {Baaxd, Joseph, ant. Iud. XIII 210; 



= Dessau 1326). Schliesslich wurde er zwischen 
161 und 169 (namlich zur Zeit des Kaisers L. 
Verus) zum Praefectus praetorio beftrdert (CIL 
VI 1599. IX 2438. Dio LXXI 5, 2; Bd. V p. 206 
Dind. Philostr. vit. sophist. II 11 p. 68 Kayser), 
zunachst als College des M. Macrinius Vindex 
(OIL IX 2438); nach dessen Tode im J. 172 
n. Chr. (Dio LXXI 3, 5) blieb er alleiniger Prae- 
fect. Als solcher befand er sich um 173 n. Chr. 



I Makk. 13, 23 Baskama), Ort im Ostjordanland ; 10 in der Umgebung des Kaisers in Sirmium (Philostr. 
.._.i 1.-7. j_- ■u...i_„. m.n -n-_.-i_ a ^ q-j un( j war ^ e j m zwe j| en g erma . n i sc h-sarmati- 

schen Peldzuge (177—180 n. Chr.) nicht nur mit 
hohen Orden, sondern auch mit den Consularab- 
zeioben belohnt. Auch wurden ihm vom Senat 
auf Veranlassung des Marcus und Commodus drei 
verschiedene Bildsaulen in Rom gesetzt (CIL VI 
1599 = Dessau 1326); vgl. O. Hirschfeld V.- 
G. I 226f ; [P. v. Rohden.] 

Bassai (Bdaam, dorisch fur jUjooai), Ort am 



wahrscheinlich das heutige Tell BazCLk 

[Benzinger.] 

Baoxavia s. Fascinum. 

Baskatis (Ptol. VI 12, 3), der zweite siidliche 
Zufluss des oberen Iaxartes westlich vom ersten 
Zufluss Dymas; etwa der aus dem Thale von Sokh 
kommende Fluss , welcher sich im Gebiete von 
Chowaqand oder Chdkan in zahlreiche Canale 
auflOst, ohne den Sir-darya zu erreichen. Aus dem 



Iranischen lasst sich der Name schwer deuten; 20 Berge Kotilion im siidwestlichen Arkadien, zuPhi 



vielleicht hiess Chokan einmal Bas-kat d. i . Haupt 
stadt in der Sprache der tiirkischen oder hun 
nischen Anaraioi ; Namen auf -hat in dieser Region 
vermerken die arabischen Geographen in Ffille, und 
schon Theophyl. Sim. VII 8 p. 286 kennt eine 
durch Erdbeben zerstOrte Stadt Ba-xdd- im Ge- 
biete der Unnuguroi. [Tomaschek.] 

Bdaxiaa ogtj, Gebirge der Marmarika, Ptol. 
IV 5, 17, wohl die jetzigen Gerdoba-Berge. 



galia gehorig, mit dem beruhmten, von Iktinos 
erbauten Tempel des Apollon Epikurios (1130 m. 
Tiber dem Meer), Paus. VIII 30, 4. 41, 7—9. Cur- 
tius Pel. I 324—31. 344f. Bursian Geogr. II 
254f. Grasberger Stud. 217, Baumeister 
Denkm. 1319 — 24 und die dort angef. Litt., ausser- 
dem Philippson Pel. 330. [Oberhummer.] 

Bassakes, ein Armenier, Schwiegersohn des 
Buzes, geht zu den Persern, dann wieder zu den 



Basoropeda (BaaoQOJieda) , ein friiher den 
(atropatenischen) Medern gehOrendes, bei der Griin- 
dung des hellenistischen armenischen Reiches unter 
Artaxias und Zariadres denselben entrissenes Ge- 
biet, Strab. XI 528. Nach der Art, wie hier die 
Derxene als auf kleinarmenisches Gebiet hinuber- 
reichend angefiigt wird, ist B. ganz in Gross- 
Armenien und nicht unmittelbar am Euphrat zu 
suchen, also jedenfalls nicht das Basaro lueus 



[Sethe.] 30 Rflmern uber, Prokop. Goth. H 3 p. 162. II 21 



p. 249 B. _ [Hartmann.] 

Bassania,illyrische Stadt, Vm. p. ab Lisso, von 
Gentius belagert, von Anicius entsetzt, Liv. XLIV 
30, 7; die Einwohner Bassanitae. Sie lag in der 
Mitte zwischen Lissus und dem Unterlauf des 
Mathis; doch haben sich Bauwerke hier nicht vor- 
gefunden. [Tomaschek.] 

Bassarai, Bassarides (Baoodgcu, Baooaol- 
Ses), ein besonderer Name fur die thrakischen und 



der Tab. Peut., dagegen wahrscheinlich die Pro- 40 lydischen Mainaden (s. d.). Aischylos schrieb ein 



vinz Waspurakan im Nordosten des Wansees, iiber 
die vgl. St. Martin Mem. s. l'Arm. I 125ff. und 
die sog. Geographie des Mos. Chor. ebd. II 363. 

[Baumgartner.] 
Bassa (Ptol. VII 4, 12), Insel an der Siid- 
seite von Taprobane, nicht etwa ,Gr*at and little 
Basses', portugiesisch Baixos, siido'stlich von Cey- 
lon, welche vielleicht die Stelle angeben, wo nach 
Mahavansa die Insel Giri-dipa ins Meer abge- 



Drama Baoadgat — das zweite Stuck der Lykur- 
geia-Trilogie — , in welchem der Tod des Orpheus 
behandelt war und die B. den Chor bildeten, vgl. 
Aischyl. frg. 23—25. Der Name wird in Poesie 
und Prosa ohne Unterschied von der Bezeichnung 
Mainaden gebraucht, Anakr. frg. 55. Kallixen. Rhod. 
bei Athen. V 198 e. Artem. II 37. Nonn. Dionys. 
VIII llff. u. 6. Propert. IV 17, 30. Pers. 1 101. 
Daher werden auch die Ammen des Dionysos B. 



sunken sein soil, sondern einer der maledivischen 50 genannt, Nonn. XIV 219. Eustath. Hom.il. 989, 



Atolle. [Tomaschek.] 

Bassacheitai (Baaoaxeirai) , Volk im nOrd- 
lichen Teile des Nomos Marmarika, Ptol. IV 5, 
21. [Sethe.] 

Bassaeus. 1) M. Bassaeus M. f. Pal(atina) 

Axius, proe(urator) Aug. viae Ost. et Camp., 

proc. reg. Calabric, CIL X 1795 = Dessau 1401. 

2) M. Bassaeus M. f. Stellatina Rufus (so CIL 

VI 1599 = Dessau 1326), aus niederem Stande, 



27. Der Name stammt wahrscheinlich von den 
langen, bunten, flaaoaQai genannten Gewandern, 
Aischyl. Edon. frg. 59. Hesych. Et. Magn. Poll. 
VII 59. Bekker Anecd. Gr. 222. Schol. Horat. 
od. I 18, 11. Schol. Clem. Al. Protr. 23, 3; nach 
Et. Magn. 191, 2 von einer Fussbekleidung. Vgl. 
Lobeck Aglaoph. 293. SchOne De personarum 
in Eurip. Bacch. habitu scenico 146ff. Andere 



bringen das Wort zusammen mit dem von Hero- 
daher arm und ungebildet (Dio LXXI 5, 2— 3; 60 dot. IV 192 unter den libyschen Tieren genann 
vgl. Bd. V p. 206 Dindorf), diente als Centurio ten §aaad S iov, das als ,Puchs' erklart wird, Hesych 



und Kriegstribun , wurde dann Procurator von 
Asturien und Gallaecien, von Noricum (vgl. CIL 
III 5171), von Belgiea und den beiden Germaniae, 
stieg dann zum Procurator a rationibus, zum 
Praefectus annonae oder vigilum (welches von 
beiden in der Lucke zu erganzen ist, ist unsicher) 
und zum Praefectus Aegypti empor (CIL VI 1599 



Hesych. 
Et. Magn. 190, 51. Suid. Tzetz. Lykophr. 771. Schol. 
Pers. I 101; vgl. Lagarde Ges. Abh. 275. 279. 
Schwartze Das alte Agypten 971. [Jessen.] 

Bassareus (Baaoagevg), Beiname des Dionysos, 
hergeleitet von den Din begleitenden Bassarai (s. 
d.), Cornut. 30. Orph. Hymn. 45. Bekker Anecd. 
Gr. 222, 26. Horat. od. I 18, 11 nebst Schol., vgl. 



105 



Bassarinoi 



Bassianus 



106 



Propert. IV 17, 30. Nach Macrob. sat. I 18, 9 
wird Dionysos B. bartig gebildet. Gegen den von 
Lenormant bei Daremberg-Saglio Diet. I 
598ff. aufgestellten Typus eines androgynen lydi- 
schen B. wendet sich mit Recht Thramer in 
Roschers Lex. I 1110. [Jessen.] 

Bassarinoi (d. i. Baooagnrot) , ein sonst un- 
bekanntes kaukasisches oder skythisches Volk in 
Kolchis, Geogr. Rav. IV 4 p. 174; der Form nach 
schliessen sich die II 12 aufgezahlten armenischen 
Gaustamme an, und man konnte einen Zusammen- 
hang mit Basoropeda Strab. XI 528 oder selbst 
mit der Station Lueus Bassari Tab. Peut. vor- 
aussetzen. [Tomaschek.] 

Bassaros (Bdaoagog), Nebenform zu Bassa- 
reus (s. d.), Orph. Hymn. 45, 2. 52, 12. Clem. 
Alex. Protr. 22' p. 19. [Jessen.] 

Basse (Bdaorj), Nymphe (einer Waldschlucht) 
bei Smyrna; Epigr. adesp. Anth. Pal. IX 678. 

[Tiimpel.] 

BassL 1) Bdaai, unbekannter Ort der Castel- 
lani in Hispania Tarraconensis (Ptol. II 6, 70). 

[Hiibner.] 

2) Bassi(}) fiihrt Plinius n. h. IV 106 als 
Volk in Belgien an nach den Ambiani und Bel- 
lovaci. Die Uberlieferung kann fehlerhaft sein, 
da die Hss. fur Bellovaei Bassi zum Teil Bello- 
basi bieten. [Ihm.] 

Bassiana. 1) Ortschaft in Pannonia superior 
an der Strasse von Savaria nach Arrabo und Bri- 
getio, XVIII m. p. Savaria, Itin. Ant. p. 262; 
der Lage nach das heutige Szombat-hely am Mittel- 
lauf der Raab hinter der Einmiindung der Guns. 

2) Civitas in Pannonia inferior an der Strasse 
von Sirmium nach Taurunum, XVIII m. p. Sir- 
mio, XXX Tauruno , Tab. Peut. Geogr. Rav. 
Itin. Ant. p. 131, 5. Itin. Hieros. p. 563, 9; Baa- 
oidva Ptol. II 15, 4, Baoiavd Hierocl. p. 657, 9 ; 
procurator gynoecii Bassianensis Pannoniae se- 
ctindae, Not. imp, occ. p. 48, 19. lord. Get. 53 
(a. 468): Dintzic films Attilae veniens ad Bas- 
sianam Pannoniae civitatem fines eius coepit 
praedari. Die Lage ist sichergestellt durch die 
betrachtlichen Rumen Ostlich von Ruma und Do- 
brince zwischen den Dcrfern Putince und Petrovce, 
und die hier iiberall gefundeuen Inschriften, CIL 
III p. 417; regio Bassianensis nr. 3336, col. 
Bassian. 10205, dec. col. Bass. 10197. 10204. 
Hinter Sirmium lag zunachst in IX m. p. die 
Station Fossae (jetzt Jarak ,Graben' am Bache 
Jarcina nahe der Save) , dann wandte sich der 
Weg in X m. p. landeinwarts nach B. 

[Tomaschek.] 

3) Verwandte des Libanius, eine Fran, die in 
Antiochia in hohem Ansehen stand (Liban. ep. 
226. 231. 458. 617). Da sie als Brautwerberin 
fur Bassianus, den Sohn des Thalassius (Nr. 5), 
auftritt (ep. 1462) und ihr Procurator Megistos 
(ep. 617) die Geschafte von dessen Tante ftihrt 
(ep. 541), dflrfte sie mit dieser wohl identisch 
sein. Sie war also Schwester oder Schwagerin 
des Thalassius, der 353 Praefectus praetorio Orien- 
tis war (s. Thalassios). 

4) Eine jiSngere B. erwiihnt Liban. ep. 1373. 

[Seeck.] 
Bassianus, Beiname der Kaiserzeit, z. B. 
Aelius Bassianus (o. Bd. I S. 491 Nr. 32). Ins- 
besondere hiessen so : 



1) Der- spatere Kaiser M. Aurelius Severus 
Antoninus (Caracalla), der nach seinem mutter- 
lichen Grossvater (Iulius) Bassianus genannt wurde 
und ursprirnglich Septimius Bassianus geheissen 
haben wird (Vict. epit. 21, 2. 23, 2; vgl. oben 
M. Aurelius Antoninus Bd. II S. 2435). 

2) Der spatere Kaiser M. Aurelius Severus 
Alexander, der ursprunglich Gessius Bassianus 
oder vielleicht M. Iulius Gessius Bassianus ge- 

10 heissen haben wird (ein solcher wird in den Arval- 
acten der J. 213 und 214 genannt); s. auch oben 
Bd. II S. 2526. 

3) Dagegen wird der spatere Kaiser M. Aure- 
lius Antoninus (Elagabalus) ursprunglich nicht 
B. (wie Herodian V 3, 3 wahrscheinlich infolge 
einer Verwechslung angiebt), sondern vielmehr 
Varius Avitus geheissen haben (vgl. Dio LXXVIII 
30, 3. Hist. Aug, Heliog. 1, 1. 1, 4, wo statt 
Bassianus filius wohl Bassiani filius zu lesen 

20 ist). [P. v. Rohden.] 

4) Gemahl von Constantins d. Gr. Schwester 
Anastasia. Sein Schwager hatte ihn 313 dazu 
bestimmt, als Caesar die Herrschaft von Italien 
zu ilbernehmen, und war deswegen mit Licinius 
in Unterhandlung getreten. Doch liess sich B. 
durch seinen Bruder Senecio zu einem Aufstande 
gegen Constantin anstiften , der seinen Tod zur 
Folge hatte, Anon. Vales. 5, 14ff. Seeck Ge- 
schichte des Dntergangs der antiken Welt I 151. 

30 5) Antiochener, Sohn des Thalassius, der 353 
Praefectus praetorio Orientis gewesen war (Liban. 
ep. 1426 b. 1440), und der Theodora (ep. 331. 
696) , Bruder des jungeren Thalassius (ep. 333), 
Verwandter des Libanios (ep. 541. 1426 b. 1440), 
vermahlt mit Prisca (ep. 1462), der Tochter des 
Elpidius (ep. 1440 ; vgl. 1373), von der er einen 
Sohn hatte, der den Namen des Vaters ftihrte 
(ep. 696. 813. 1001), genoss den Unterricht zu- 
erst des Kleobulos (ep. 155. 232), dann des Liba- 

40 mos (ep. 155. 232. 1374. 1426 b. 1440. 1519). 
Da sein Vater mit dem Caesar Gallus in Feind- 
schaft gestanden hatte (s. Thalassios), wurde 
die ganze Familie beim Regierungsantritt von 
dessen Bruder Iulianus, bei dem man Parteilich- 
keit zu ihren Ungunsten erwartete, hart mit Pro- 
cessen bedrangt, in denen Libanios nicht ohne 
Erfolg seinen Einfiuss zu ihren Gunsten geltend 
machte (ep. 5. 535. 1209. 1426 b. 1440; vgl. 
Amm. XXII 9, 16). Damals hielt sich B. in 

50Phoinikien auf (ep. lat. in 202; vgl. 1426 b). 
Bald darauf, jedenfalls noeh unter Iulianus (361 
—363), trat er in den Staatsdienst (ep. 592) und 
wurde Notarius. Als er in dieser Laufbahn schon 
zu einer der hOchsten Stellen aufgestiegen war, 
befragte er Wahrsager, angeblich uber die Nieder- 
kunft seiner Frau, wurde aber beschuldigt, uber 
die Erlangung des Kaisertums gefragt zu haben, 
und dadurch in die Hochverratsprocesse des J. 371 
verwickelt. Durch die Bemuhungen seiner ein- 

60 fiussreichen Verwandtschaft entging er dem Tode, 
wurde aber mit Guterconfiscation bestraft (Amm. 
XXIX 2, 5). An ihn gerichtet Liban. ep. 155. 
232. 592. 696. 1374. 1519; lat. II 18; noch er- 
wahnt ep. 355. Sie vers Libanius 226. 

6) Sohn des Vorhergehenden, Liban. ep. 813. 
1001; vgl. 696. 

7) Rationalis urbis Romae im J. 384, Symm. 
rel. 41. 2. [Seeck.] 



107 



Bassidai 



Bassus 



108 



Bassidai (BaoolSai), Adelsgeschlecht auf der 
Insel Aigina, Pind. Nem. YI 58. Schol. z. d. St.: 
Bdoaog yap jiQoyovog zcbv avwriQCO xov 'Alxifil- 
8ov • sou 8h xai tpvkr) iv Alylvrj Baooiddai. In 
romischer Zeit riihmt sich ein' Bassus der Ab- 
kunft von diesem Geschlecht, Inschrift aus Epi- 
dauros, Kaibel Epigr. gr. 892 'AXxISov Bdaoov 
yevsfjs SQixvdsa ywra; vgl. v. Wilamowitz 
Aristot. u. Athen II 27. [Toepffer.] 

Bassidina (Baaaidiva), Castell in der thraki- 
achen Provinz Mysia, von Iustinian I. angelegt, 
nach der Reihenfolge bei Procop. de aed. IV 11 
p. 307f. Bonn, zwischen Xallatis und Abrytos, 
s - "• t [Oberhummer.] 

Bassidins. BassidiusLauriciuss.Lauricius. 
Bassilius. P. Bassilius P. f. Crescens, pro- 
curator) ludi matutini, proe. annonae Auq. 
Ostis, CIL XIV 160 = Dessau 1428. 

[P. v. Rohden.] 
Bassillus. . . . us Bassilflus], Salius Pala- 
tini, CIL VI 1977. [P. v . Rohden.] 

Bassius. Bassia, Gattin des Papius Mutilus, 
Gran. Licinian. p. 38 B.; vgl. Bastia Nr. 2. 

[Klebs.] 
Bassnlns, romischer Beiname, z. B. M. Pom- 
ponius Bassulus (CIL IX 1164f.). [P. v. Rohden.] 

Bassus, romisches Cognomen insbesondere der 
Kaiserzeit; vgl. z. B. Caesius, Gavius, Iulius, 
Saleius u. a. 

1) Bassos, Sohn des Menophilos, Samier. 'Enxa 
in einer Weihinschrift CIG 2249 b. [Kirchner.] 

2) Bassus noster, erwahnt Cic. ad fain. VII 
20, 3 (geschrieben im Juli 710 = 44). [Klebs.] 

3) Zeitgenosse und Freund des Ovid, clarus 
iambo, Ovid. Trist. IV 10, 47f. Man halt ihn lin- 
den B., an welchen Propert. I 4 gerichtet ist, 
und fur den Rhetor Julius Bassus, der bei dem 
alteren Seneca otters erwahnt wird. [F. Marx.] 

4) Bassus, Unterbeamter oder Diener des L. 
Avillius Placcus um 37 n. Chr., Philo in Flac- 
cum § 11 p. 530. 

5) Bassus, Centurio, der von dem Kaiser Gaius 
im J. 37 n. Chr. aus Italien nach Agypten ge- 
sandt wurde, um den Praefecten L. Avillius Flac- 
cus nach Rom zu bringen, Philo iniFlaccum 8 13 
p. 533f. 

6) Bassus, Tragoediendichter zur Zeit Mar- 
tials, Mart. Ill 47. 58, 1. V 23. 53. VII 96. VIII 
10 (wo ubrigens nicht immer derselbe B. gemeint 
zu sein braucht). Wohl verschieden von Salehis 
Bassus, vgl. Teuffel L.-G. » § 318, 2. 

7) Bassus, Sophist, Lucian. adv. ind. 23. 

8) Bassus, Stadtpraefect, im J. 193 von Sep- 
timius Severus abgesetzt, Hist. Aug. Sev 8 8- 
vgl. Vict. epit. 20, 6. 

9) Bassas, Adressat (des Vopiscus ?), Hist. Aug. 
Firm. 2, 1, s. u. Nr. 19. 

10) Bassus, dt&v fiovXaiog avdxrcov, d. h. a 
consiliis der Kaiser, CIG 1167. 

11) Bassus Aug. lib., proximus ab epistulis 
Graeeis, procurator) tractus Carthaginiensis, 
CIL VI 8608 = Dessau 1485. [P. v. Rohden.] 

12) M. Magrius Bassus, Consul im J. 289, 
CLL X 3698. 4631. Die Fasten des Chronographen 
T ™ 3 £? ffi S en secern Consulat die Iterations- 
ziffer hinzu, doch ist diese sowohl den Inschriften, 
als auch den ubrigen Fasten fremd. 

13) Septimius Bassus, bekleidete 315 ein hohe- 



res Amt, vielleicht den Vicariat von Rom (Ztschr. 
f. Rechtsgesch. X 215). Vom 15. Mai 317 bis 
zum 1. September 319 war er Praefectus nrbi 
(Mommsen Chron. min. I 67. Cod. Theod. n 
16, 2. IV 9, 1. IX 10, 2. 12, 1. 16, 3. XI 30, 
7. 8. Cod. lust. II 12, 22. VII 57, 7; fiber die 
vielfach entstellten Datienmgen s. Ztschr f 
Rechtsgesch. X 218ff.). 

14) Iunius Bassus, Consul 317, De Rossi 
10 Bull. d. arch, christ. 1871, 43, 

15) Vicarius Italiae in den J. 317—318, Cod. 
Theod. I 16, 2. IX 8, 1 ; vgl. Ztschr. f. Rechts- 
gesch. X 219. 220. Er konnte mit Nr. 16. 17 
oder 18 identisch sein. 

16) Praefectus praetorio in den J. 320—321, 
Cod. Theod. II 6, 3. V 1, 1. 2. XI 35, 1. Cod. 
lust. I 51, 2. HI 36, 26. Er kOnnte mit Nr. 13. 
14. 15. 17 oder 18 identisch sein. 

17) Praefectus praetorio im J. 326, Cod. Theod. 
20 n 10, 4. XVI 2, 3. 5, 2. Konnte gleichfalls mit 

Nr. 13. 14. 15. 16 oder 18 identisch sein. 

18) Annius Bassus, Consul 331 (Larsow 
Festbriefe des heil. Athanasius 27. 70), Praefec- 
tus praetorio 330—331 (Cod. Theod. I 5, 3. II 
26, 2), kennte mit Nr. 15. 16 oder 17 identisch sein. 
Er war mit einer Tochter des Amnius Anicius 
Iulianus vermahlt und wurde durch sie Vater des 
Anicius Auchenius Bassas, s. Bd. I S. 2200 Nr. 29. 

19) Der B., an welchen PorplyTius Optatianus 
30 sein carm. 21 gerichtet hat, lasst sich mit jedem 

beliebigen der Vorhergehenden Nr. 12—18 iden- 
tiflcieren. Dagegen ist derjenige, welchen der 
sog. Vopiscus Hist. Aug. Firm. 2, 1 anredet, sicher 
eine fingierte Personlichkeit , Seeck Jahrh. f. 
Philol. 1890, 621. 

20) Vater des Kalliopios, bekleidete um 355 
ein hones Amt bei Hofe. An ihn gerichtet Liban. 
ep. 362. 369. 1263; lat. II 32, erwahnt ep. 361. 

21) Phoinikervon geringem Vermogen, studierte 
40zuerst in Damaskos, dann in Antiochia bei Li- 

banios, und ging um 360 mit Empfehlungs- 
schreiben seines Lehrers an den Hof, um irgend 
ein Amt zu erhalten (Liban. ep. 175. 605), was 
ihm auch gelang (Liban. ep. 1207). An ihn ge- 
richtet Liban. ep. 1207. 

22) Andere Homonymen aus dem Kreise des 
Libanios ep. 323. 1088. 1274. 1479; lat. II 23 

III 237. 238. 

23) Iunius Bassus, Christ, Praefectus urbis 
50Romae, starb zweiundvierzigjahrig bald nach 

seiner Ernennung am 25. August 359; De Rossi 
Inscr. christ. urb. Rom. I 141. Amm. XVII 11, 5. 

24) Anicius Auchenius Bassus, s. Bd. I S 2200 
Nr. 30. 

25) Tarracius Bassus, Bruder des Camenius, 
wurde um 370 wegen Zauberei angeklagt, aber 
freigesprochen. Nach 375 war er Praefectus urbis 
Romae, Amm. XXVIII 1, 27. Henzen 6430. 

26) L. Valerius Septimius Bassus, Praefectus 
60 urbis Romae zwischen 379 und 383, Dessau 782. 

27) Ein B., der 396 schon Vir spectabilis war, 
wird von Symm. ep. IV 36 erwahnt. Derselbe 
Name und vielleicht derselbe Mann auch ep. I 72. 

IV 48. LX 20. 24. 

28) Der Consul des J. 431 wird CIL X 7168 
Flavius Bassus genannt, ist aber wohl identisch 
mit Anicius Auchenius Bassus, s. B* I S, 2200 
Nr. 33. 



109 



Bassus 



Bastariiae 



110 



29) Flavius Bassus Herculanus, s. Hercula- 
nus. [Seeck.] 

30) Im J. 541 erwahnt als Comes domesti- 
corum und Stellvertreter des Praef. praet. Jo- 
hannes (Nov. lust. 107. 108), selbst Praef. praet. im 
J. 547 (Nov. lust. 127. 167. Edict. lust. 8), aber 
nurkurze Zeithindurch (Procop. anecd. 21 p. 119). 

31) Ein B. vir elarissimus, amplitudo, wird 
von Ennodius 25 (ep. 1, 20) und 158 (ep. 4, 25) 
erwahnt. [Hartmann.] 

32) Eine aus drei Distichen bestehende Grab- 
schrift auf Monica, die Mutter Augustins, von 
einem B. steht bei Riese Anthol. lat. 670; sie 
tragt im codex Paris. 8093 saec. IX die t)ber- 
schrift Versus inlustrissime memorie Bassi ex- 
cosul. e. seripti in tumulo u. s. w., in andern 
Hss. fehlt der Verfassername. [Wissowa.] 

33) Bassus aus Smyrna, als Verfasser eines 
Epigramms der Anthol. Pal. XI 72 genannt, wel- 
ches Planudes dem Nikarch zuschreibt. Ahnlich 
unsicher ist der Name bei IX 30 und IX 53; doch 
gehoren alle drei Epigramme ihrem Stil nach 
keinesfalls dem Lollius Bassus, dem Dichter des 
Philipposkranzes , sondern scheinen aus jfingerer 
Zeit (anders Sakolowski De anthol. Pal. quaest. 
49). [Reitzenstein.] 

34) Freund des Galen, auf dessen Wunsch 
seine Schrift jisqi tow ISicov pifSMwv -entstanden 
ist (Gal. XIX 8). [M. Wellmann.] 

35) Bassos, Verfertiger von Thor.figuren , s. 
E. Pottier et S. Reinach La necropole de 
Myrina 176ff. Der Name und die bulla am Halse 
einer von ihm signierten Knabenfigur weist auf 
riimische Zeit hin. [0. Rossbach.] 

36) Bassus, gallischer Topfer der Kaiserzeit, 
Dragendorff Rhein. Jahrb. XCVI 109. 

[C. Robert.] 

37) Bassa, Gemahlin des Q. Vitellius (eines 
Oheims des Kaisers Vitellius), Mutter des Q. Vi- 
tellius Q. f., CIL VI 359. — Eine Geminia Bassa 
Lanciani Silloge aq. 134, eine Rubellia Bassa 
ebd. 159 a b. CIL XIV 2610. 

Consuln der Kaiserzeit mit diesem Beinamen; 

a) P. Ventidius P. f. Bassus, Cos. suff. im 
J. 711 = 43 v. Chr. mit C. Carrinas C. f. 

b) C. Laecanius Bassus, cos. suff. 40 n. Chr. 
mit Q. Terentius Culleo (CIL II Suppl. 5792). 

c) C. Laecanius Bassus, cos. ord. 64 n. Chr. 
mit M. Licinius Crassus Frugi. 

d) L. Annius Bassus, cos. suff. um 70 n. Chr. 
mit C. Caecina Paetus. 

e) L. Flavius Silva Nonius Bassus, cos. ord. 
81 n. Chr. mit Asinius Pollio Verrucosus. 

f) D. Aburius Bassas, cos. suff. 85 n. Chr. 
mit Q. Iulius Balbus. 

g) C. Iulius Bassas, cos. suff. 105 n. Chr. 
mit Cn. Afranius Dexter. 

h) L. Pomponius Bassus, cos. suff. 118 n. Chr. 
mit L. [Lic]inius B[arba]rus (?). 

i) Bassus, cos. ord. 211 n. Chr. mit Gentia- 
nus, vielleicht Pomponius Bassus (Dio LXXVIII 
21, 2. LXXVIHI 5, 1. 4). 

k) Bassus, cos. ord. 258 n. Chr. mit Mem- 
mius Tuscus, auch vielleicht ein Pomponius Bas- 
sus (CIL VI 3836 = IGI 1076). 

1) Bassus, cos. ord. 259 n. Chr. mit Aemi- 
lianus ; auch auf ihn kann sich CIL VI 3836 
= IGI 1076 beziehen. 



m) Bassus, cos. ord. II 271 n. Chr. nut Kaiser 
Aurelianus, wohl sicher Pomponius Bassus (Vict, 
epit. 34, 3. CIL VI 3836 = IGI 1076; vgl. 
Mommsen Eph. ep. I p. 139). [P. v. Rohden.] 

S. auch Cassianus, Iulius, Pomponius 
Bassus. 

Basta, Stadt in Calabrien (Iapygien) bei Plin. 
n. h. Ill 100; der Namensahntichkeit kalber fur 
das heutige Vaste gehalten, wo mancherlei Alter- 

10 turner gefunden sind. Mommsen Unterital. 
Dialekte 52. [Hulsen.] 

Bastaga, abgeleitet von fiaojdfriv, eine Ein- 
richtung fur den Transport fiscalischer Gtiter. Ein 
praepositus bastagis copiarum devekendarum, aus 
dem Stande der Centurionen hervorgegangen, wird 
zuerst im Anfang des 3. Jhdts. erwahnt (Dessau 
2764). Diese Transportleistungen scheinen eine 
Reallast gewesen zu sein, die an bestimmten 
Grundstficken haftete (Nov. Theod. 5, 3, 1) und 

20deren Inhaber, falls sie nicht durch besondere 
Privilegien geschiitzt waren (Cod. Theod. VIII 4, 
11), zu Bastagarii machte. Gleichwohl wurden 
diese als ein Beamtencollegium, ihr Dienst als 
militia betrachtet, die anfangs wohl lebenslang- 
lich war (Cod. Theod. X 20, 11), spater nach 
einer bestimmten Reihe von Jahren aufgegeben 
werden konnte (Cod, lust. XI 8, 8, wo in dem 
eben genannten Gesetze : aeternam fiximus legem, 
ne umquam bastagariis militiam suam deserere 

30 lioeat vel aliam [antequam earn impleverint] 
subrepiiva impetratione temptare die eingeklam- 
merten Worte interpoliert sind , was auf eine 
Anderung des Rechtes in iustinianischer Zeit hin- 
weist). Unter Valens wurde ihnen, um einer zeit- 
weiligen Not abzuhelfen, auf je neun Lasttiere 
eines von Staatswegen gestellt (Cod. Theod. X 
20, 4) ; spater scheint sich daraus ein regelmas- 
siger Ersatz des fiinften Tieres ausgebildet zu 
haben (Cod. lust. XI 8, 4). Die Aufsicht iiber 

40 die Bastagarii war Praepositi iibergeben, von denen 
jeder einen bestimmten Strassenzug unter sich 
gehabt zu haben scheint (Not. dign. Occ. XI 78 
—85. XII 28. 29). Je nachdem sie die Trans- 
porte des Fiscus oder der kaiserlichen Domanen- 
verwaltung leiteten, standen sie unter dem Comes 
sacrarum largitionum oder unter dem Comes rerum 
privatarum, Not. dign. Or. XIII 19. 33. XIV 5; 
Occ. XI 78ft. 99. XII 28. 29. [Seeck.] 

Bastagaza, beachtenswerte Lesart fur Staga- 

50 baza (s. d.). [Tomaschek.] 

Bastarnae (Basfernae, fiber die Namensform 
s. den Schluss des Artikels). Die B. sind das 
erste grossere germanische Volk, das aus seinen 
Stammsitzen (vermutlich an der oberen Weichsel, 
Zeuss Die Deutschen 129) aufbrach und in den 
naheren Bereich der Kultur welt trat. Zu Anfang 
des 2. Jhdts. v. Chr. finden wir sie bereits bis 
zurMiindung der Donau vorgeruckt (auf demnord- 
lichen Ufer der Donau). Als mrjlvdeg in der Nahe 

60 des Pontus bezeichnet sie Ps.-Skymn. 797 (s. 
Mfillenhoff Deutsche Altertumskunde II 104). 
Konig Philipp von Makedonien suchte sie im 
J. 182 zu einer weiteren Auswanderung an die 
Nordgrenze seines Reiches zu veranlassen, einmal 
um ein Gegengewicht gegen die Dardaner, die 
alten Feinde Makedoniens, zu schaffen, dann ura 
sie zu einem Angriff auf die Rflmer in Italien zu 
gebrauchen. Der Tod des KOnigs Hess es nicht 



Ill 



Bastarnae 



Bastarnae 



112 



zur Ausfiihrung des ganzen Unternehmens kommen. 
Sein Nachfolger Perseus wusste sie gleichfalls 
fur sich zu gewinnen. Ein Heerhaufe von 30000 
Mann unter Fiihrung des Clondicus maehte den 
Dardanern viel zu schaffen (Liv. XL 5. 57. 58. 
Polyb. XXVI 9. Liv. XLI 19. 23. Oros. IV 20, 34). 
Im J. 168 war derselbe Clondicus noch einmal 
bereit mit 20 000 Mann (10 000 Reitem und 10 000 
Parabaten) dem Perseus gegen die Romer beizu 



>. x. i.' 3 t> • PP , """-^ ™.™- luiuiiicuig, uauei grossmung gegen Feinae, nur 
stehen, aber der Komg entfremdete sich die Bun- 10 auf Krieg bedacht, urn Ackerbau und Viehzucht 

OftPfpftllfissen nnrch spinpn Q-e-ii (TAtt vr TXT oat ^™ j. — -: . * v • i , rrr .. ■.»*-., 



Von Spateren erwahnen ihren Namen nooh Clau- 
dian. de IV cons. Honorii 450; de cons. Stil. I 
96 und Sidon. Apoll. carm. V 474. VTI 323. 
Claudian scheint unter den B. Gothen zu ver- 
stehen (Zeuss a. O. 442). 

Die B. waren nach der polybianischen Schil- 
derung (vgl. Liv. und Plut.) von grossem starkem 
Korperbau (Athen. V 213), streitlustig, verwegen, 
ruhmredig, dabei grossmiitig gegen Feinde, nur 



desgenossen durch seinen Geiz (Liv. XLIV 26f 
Diod. XXX 24. Plut. Aem. Paul. 9. 12. 13. Ap- 
pian. Maked. 18; vgl. Nissen Untersuchungen 
238. 240f. 264. 299f. [Polybios die Hauptquelle 
dieser Nachrichten]. Mommsen E. G. 18 759ff. 
Mullenhoff a. O. II 105). Dagegen waren sie 
unter den Verbundeten des Konigs Mithradates 
und zeichneten sich durch kriegerische Tuchtig- 
keit aus (Appian. Mithr. 15. 69. 71. MemnonFHG 



kiimmerten sie sich nicht. Weiber und Kinder 
fiihrten sie auf ihren Kriegsziigen mit sich. Ihre 
Reiter kampften mit Fussvolk gemischt, so dass 
jeder Reiter einen Parabaten hatte (Plut. a. O 
12; vgl. Liv. XLIV 26. Val. Flacc. VI 95f.), 
eine Einrichtung, die Kelten und Germanen ge- 
meinsam war (Zeuss 129). Dio LI 24 spricht von 
ihrer Liebe znra Trunk. Sie zerflelen in mehrere 
Starome (rig jikstm yvka diflQrjfiivoi Strab. VII 



HI 545. lust XSXVin 3); sie flguneren daher20 306) und standen unter Konigen und Hiiuptlingen 
unter nen Vfillrem iihar -nrol/»lm ~Pi*™~«;,..~ *«; — «„~ i ^ i i i . , T . ^-r- ~ r .P. 



unter den Volkern, fiber welche Pompeius trium- 
phierte (Plin. n. h. VII 98, wo allerdings Bastreni 
iiberliefert ist, s. Mullenhoff a. O. II 107 
Mommsen R. G. II 276. Ill 56). C. Antonius^ 
der College Ciceros, bekam wahrend seiner Statt- 
halterschaft in Makedonien mit ihnen zu thun 
undholte sich eine Schlappe (Dio XXXVIII 10); 
schliesslich brachte ihnen M. Licinius Crassus 
mehrere Niederlagen bei (im J. 29 v. Chr.), ohne 



. , -. -p -- --- \--~~; -" ■• v/««.;i uuiic ouo uoji vrcingeu emaiienen ivamen ein jjeweis 

jedoch ihren wiederholten Einfallen in Thrakien 30 nicht fuhren; doch ist kein Zweifel, dass wir es 

ein /ifil set/en an >/inTion H .iv a™4- IDA T\,'„ ~:j- „: j.._±_.v_ tt h , . — 



aus vornehmem Geschlecht (Liv. XL 5 nobiles 
iuvenes et regii quosdam generis, quorum unus 
sororem suam in matrimonium Philippi filio 
pollicebatur, XL 57 Cotto iwbilis Bastarna. XL 
58 Clondicus dux. XLIV 26 Clondicus regulus. 
Dio LI 24 AUScdv paadsvg. CIL XIV 3608 re- 
gibm Bastarnarum), vgl. Mullenhoff a. O. II 
105f. Uber die Abstammung der B. lasst sich 
aus den wenigen erhaltenen Namen ein Beweis 



ein Ziel setzen zu kOnnen (Liv. epit. 134. Dio 
LI 23ff. Vict. epit. 1,7; vgl. Schiller Gesch. 
der rOm. Kaiserzeit I 234. Mullenhoff a. O. Ill 
148ff.). Jedenfalls konnte sich Augustus riihmen 
nostram amieitiam peXierunt per legatos Bastar- 
nae Scytlmeque Mon. Ancyr. V 51f. (gr. XVI 
18f.). Ihre Wohnsitze erstreckten sich damals 
von der Ostseite der Karpathen bis zu den Donau- 
miindungen, sie werden als Nachbarn der Daker 



mit einem deutschen Volk zu thun haben. Den 
Griechen galten sie als Galater (Polybios, aus 
dem Livius schOpft, und Plut. a. O.), als Geten 
(Appian.) oder gar als Skythen (Dio LI 23). Erst 
Strabon vermutete den deutschen Ursprung, ist 
seiner Sache aber auch nicht sicher (VII 306 
cXeSov xi xal avxol zov Fegfiavixov ysvovs wwj). 
Besser wussten die Eomer Kelten und Germanen 
zu unterscheiden ; Plinius rechnet die B. unbe- 



o . -- -— --• --- r„ ™ ""*" "^ l "™ cl "^ «j".ciamiciueii; runius recnneT; aie a. unDe- 
Sr^WS- f. YI JJ 8 Vl 4 V°^ lk }t " ^£ermanen (n. h. IV 81), und mit 



S05f. Plin. n. h. IV 80f. 100). Ptol. Ill 5, 7 
fuhrt als Bewohner des europaischen Sarmatiens 
an vjisq zijv AaxCav Ilwxivoi xe xal Baarcgvat 
und III 5, 10 fuxa^v IIcvxivwv xal BaaxsQvdiv 
KaQjiiavoi (vgl. den Artikel Peucini. Zeussa 
O. 130. 442. Mullenhoff a. O. 107f). Peucini 
wurden sie spater von den Romern vielfach ge- 
nannt (von der Donauinsel Peuke), Tac. Germ. 46. 
Auch nach dem Friedensschluss unter Augustus 



etwas geringerer Sicherheit aueh Tacitus Germ. 46 
Peucini, quos quidam Bastarnas vocant, sermone 
eultu sede ac domicilii^ ut Oermani agunt ; vgl 
Zeuss 128. Mullenhoff II 106. 108f. Marcks 
in der Festschrift der 43. Philologenversammlung 
(Coin) 188. Der Name B. ist noch nicht sicher 
gedeutet. Die Deutungsversuche von Zeuss und 
Grimm werden von Mullenhoff abgewiesen. 
R. Much (Deutsche Stammsitze 37) deutet sie 



blieben sie knegensch. Uber die Garungen der 50 als ,Blendlinge< (vgl. Bastard). Was die Form des 



Velker an der unteren Donau (vgl. Tac. ann. II 
65) haben wir aus der letzten Zeit des Nero den 
Bericht des damaligen Statthalters von Moesien, 
Ti. Plautius Silvanus Aelianus (CIL XIV 3608 
= Dessau Inscr. 986), worin es u. a. heisst: 
regions Bastarnarum et Rhoomlanorum filios, 
Daeorum fratrum (lies fratres ?) captos aut ho- 
stibus ereptos remisit (Mommsen R. G. V 198). 
Im Markomannenkrieg erscheinen sie unter den 



„„„„„ „ r ~ v P tt ti , T ;C ttu - ±cul - >,»eueu jLipes nastarmce). J«ur 

gegen Rom verbundeten Volkern (Hist. Aug. ILWBasterme spricht die Uberlieferung (einstimmi* 

Anton. II). auch im Verein mit Hon finrtm o^lVn nA,.- ,sV,» : A\ v.: rr t> " v , „„ ~2 



Anton. 22), auch im Verein mit den Gothen sollen 
sie mehrere Raubziige unternommen haben (Zos. 
I 42. 71). Mit diesen und andern andringenden 
Volkern werden sie sich immer mehr verschmolzen 
haben. Ihre Reste sollen in einer Starke von 
100000 vom Kaiser Probus (Hist. Aug. Probus 18) 
auf das rechte Donauufer versetzt worden sein. 
Damit verschwindet ihr Name aus der Geschichte. 



Namens angeht, so ist Bastarnae besser beglaubigt 
und sicher die altere Form, so bei Polybios, Ps.- 
Skymn. 797, Livius, Strabon, im Mon. Ancvranum 
CIL XIV 3608, Tacitus Germ. 46 (dagegen ann! 
LT 65 Basfemas, was Rhenanus in Bastarnas 
anderte), Dion, perieg. 302 (Steph. Byz.), Dio, 
Sidon. Apoll., Batarnas bietet Val. Flacc. VI 96 
(wohl des Metrums wegen), Blustarni verschrieben 
die Tab. Peut. (neben. Alpes Bastarnice). Fur 



oder ilberwiegend) bei Trog. Pomp. prol. 28. 32 
(dagegen Bastarn. lust.), Ovid. tr. II 198, Plin. 
n. h. IV 100 (vgl. IV 81 Bastemaei, VII 98 
Bastrenis, var. Bostrenis und Ba-stmis, s. o.), 
Appian (einzelne Hss. BaoxaQv.), Memnon bei 
Phot. bibl. p. 233 Bk., Ptol. Ill 5, 7 (var. Ba- 
oxaQr.). Hist. Aug., Eutrop. IX 25, Orosius u. a. 
Einen Soldaten Namens L. Valerius Basterna er- 



113 



Bastarnicae Alpes 



Batalon 



114 



wahnt das Militardiplom vom J. 98, CIL III 
p. 862. [Ihm.f 

Bastarnicae Alpes, der Ostliche Teil der 
Karpaten (Tab. Peut.) , benannt nach dem an- 
wohnenden Volk der Bastarnae; nach Zeuss (Die 
Deutschen 4. 130) identisch mit dem Ilsvxrj oqo? 
(xa IlfsvxTva ogrj) bei Ptolemaios. [Ihm.] 

Bastavena, beim Geogr. Rav. II 9 p. 63 Berol. 
unter Berufung auf Castorius als in Media maior 
gelegene Stadt erwahnt, wahrend Tab. Peut. XI 
4 ed. Mill, das entsprechende Vastauna ostlich 
von Tigranocerta auffuhrt. [Baumgartner.] 

Basterbini s. Bausta. 

Basterna, eine in spatrSmischer Zeit ublich 
gewordene Art Sanfte, wohl zuerst erwahnt Hist. 
Aug. Elag. 21, 7. Die B. war geschlossen und 
hatte vorn und hinten je zwei Stangen (amites), 
an denen sie meist von Maultieren getragen 
wurde, Baehrens PLM IV 289. Pallad. VII 2, 
3. Dass sie auch von Mannern getragen wurde, 
ist aus der Glosse basterna : teota manualis (Lowe 
Prodr. 67) zu schliessen. Dass auch Manner sich 
ihrer bedienten, beweist Symm. ep. VI 15. Uber 
die Ableitung des Namens von der mit [laaxa&iv 
verwandten vulgarlateinischen Wurzel bast s. Kor- 
ting Lat.-roman. Wtb. s. v. Ginzrot Die Wa- 
gen d. Alt. II 280. [Mau,] 

Basternae s. Bastarnae. 

Basternai (BaaxsQvai), Castell in Moesia in- 
ferior landeinwarts von Odessos, Procop. de aedif. 
IV 4 p. 307, 28 ; wahrscheinlich eine Ansiedlung 
nach Moesia versetzter Bastarnai. DeT arabische 
Geograph Edrisi (im J. 1150) nennt einen Ort 
Basternas, nordcstlich von der Tundza-beuge; 
ebenso Nicetas Chon. p. 518 (im J. 1188) xara 
xonov xov BaoxeQvae KEyofievov ; zwischen Lardeas 
und BeroS. [Tomaschek.] 

Bastetani (Baoxrjzavoi) ist die jlingere Nam ens- 
form fur das alte Volk der Massieni (s. d.); Baste- 
taner nennen sie Liv. XXXVII 46, 7. Strab. Ill 
141f. und ihr Land Bastetania Strab. a. a. O. 
und Plin. Ill lOff. 19; ein Basletanus CIL II 
3423. 3424; Bastitanus. 5941. Die Form Basti- 
tani haben Plin. Ill 25 (fiir den Stadtnamen). 
Appian. Hisp. 66. Ptol. II 6, 13. 60. Nicht ver- 
schieden von ihnen sind wohl die so von den 
ROmern benannten Bastuli , wie die Turduli 
neben den Turdetani : Baaxrjxavol ovg xal Baoxov- 
Xovg xaXovai Strab. Ill 141 ; neqite Basculus (so 
die Hss.) neque Turdulus Varro de r. r. II 10, 4. 
Mela III 4. Plin. Ill 8f. 19. Wenn sie bei Marcian. 

II 9 BdorovXoi IIoTrm, bei Ptol. II 4, 6 Baaxov- 
Xo)v x&v xaXovfievrnv TloivCtv und bei Appian. 
Hisp. 56 BAaoxotpoivixes (d. h. Baozovlocpolvixsg) 
genannt werden, so bedeutet das (ahnlich wie 
Libyphoenices gebraucht wird), dass in ihrem Ge- 
biete phoinikische und karthagische Stadte lagen. 
Sie wohnten langs der Sfldkiiste Hispaniens, so- 
wohl in Baetica (Ptol. II 4, 6. 9) vom Anas ost- 
warts (Mela III 4) gegen Gades und Calpe hin 
(Strab. Ill 141) als in Hispania Tarraconensis 
(Ptol. n 6, 13. 61) am Orospeda (Strab. in 162f.) 
und bis Barea an der Kiiste hin (Ptol. a. a. O.J. 
Ihr Gebiet grenzte im Norden an das der Ore- 
taner (Strab. HI 156). Poseidonios bei Strab. Ill 
155 beschreibt einen eigentumlichen Tanz der 
Manner und Frauen. Vgl. auch Basti, Mas- 
sieni, Mentesa. [Hubner.] 



Basti, Stadt der Bastetaner in Hispania Tar- 
raconensis an der Strasse von Karthago Nova nach 
Castulo (Itin. Ant. 401, 8), eine civ. stipendiaria 
(Plin. Ill 25), jetzt Baza. Vgl. Massieni und 
Mastia. [Hubner.] 

Basti a. 1) S. Mentesa. 
2) Mutilcas (die Edit, princ. dafttr Metdlus) 
units ex proseriptis (von Sulla) clam eapite ado- 
perto ad postieas aedes Bastiae nxoris cum ae- 

10 eessisset, admissus non est, quia ilium proscrip- 
tion diceret . itaqzte ipse se trans fodit et sanguine 
suo fores vermis respersit, Liv. per. LXXXIX. 
Es ist Papius Mutilus, der Fflhrer der Samniter, 
gemeint, wie sich aus Gran. Licinian. p. 38 B. 
ergiebt. Papiusque Mutilus inde (= Nola) fugiens, 
quom ne ab uxore quidem Bassia noctu Teani 
reeiperetur, quod erat in proseriptorum nu/mero, 
usus est pugionis auxilio. Welche der beiden 
Namenformen (Bastia , Bassia) die riehtige ist, 

20 lasst sich nicht entscheiden. [Klebs.] 

Bastuli s. Bastetani. 
Bata. 1) Bei Ptol. VH 1, 90 Ortschaft im 
Inlande der am argalischen Golf (Palkstrasse) 
zwischen dem Pandyareich und dem Kavgridelta 
hausenden Batai oder Batoi. Dieses Volk wird 
schwerlich von den im Bereiche der Nila-giri hau- 
senden Badaga oder Vadaga verschieden gewesen 
sein, falls sich diese einst bis zur Tamilkiiste er- 
streckt haben mochten. Fur uns werden sie zuerst 

30 in portugiesischen Berichten erwahnt als Unter- 
gebene des Naique de Madura im Reiche Pandi, 
welche in Verein mit den Marava die seit 1542 
zum Christentum bekehrten, von Cap Comorin bis 
Ramanancor sesshaften Pescadores Paravas e Ca- 
reas wiederholt tiberfielen und ztichtigten, vgl. 
Fr. de Sousa Oriente conquistado I 212. 231. 
267. 317f. Der Vorort B. lasst nicht naher be- 
stimmen; vgl. skr. vat a .Gehege, Umzaunung'? 
2) Bata, Dorf und Hafen an der kaukasischen 

40 Nordkuste des Pontos im Gebiete der Sindoi, das 
von den Tfirken angelegte Fort Sudzuq-kale. In 
dieser Lage kennt Scyl. 72 den Ort Patus; Bdxa 
xcbfirj xal fofirjv erwahnt zuerst Artemidoros in 
seinem Paraplus der kaukasischen Kiiste bei Strab. 
XI 496, 400 Stadien Ostlich vom Hafen Sindikos 
(Anapa); von da beginnt sich die von den Ker- 
ketai bewohnte Kiiste gegen Siidosten zu wenden ; 
ungenau ist die Angabe, dass B. im Meridian von 
Sinope liege — es ware vielmehr das Vorgebirge 

50 Iasonion zu nennen gewesen. Ebenso vermerkt Ptol. 
V 9, 8 siidlich vom sindischen Hafen B. h/itfr und 
dahinter B. xd>/irj. Agrippa bei Plin. VI 17 nennt 
m. p. LXVII siidlich von der eivitas Sindica op- 
pidum et flumen Hierum, ebenso Arrian. peripl. 
18 in 300 Stadien den Hafen Hieros. Die italie- 
nischen Seekarten verzeichnen hinter Anapa zu- 
niichst Trinisie, d. i. to xgla vtjaia des Const. 
Porphyr. de adm. imp. 42, hierauf Calolimena 
(jetzt Gelendzik, das antike Pagrai). 

60 [Tomaschek.] 

B) Bata (GeogT. Rav. II 15 p. 87, 9), s. Bath- 
nai Nr. 1. [Benzinger.] 

Batakcs scheint als Schiiler des Karneades 
genannt zu werden Ind. Acad. Here. col. 23, 7 
ed. Biicheler. Vgl. Zeller Philos. d. Gr. rp 
525, 1. [v. Arnim.] 

Batalon (paxalov), das xqovh&'Qiov (s.d.) oder 
scabiUum. die Tactmaschine der den Chor leiten- 



115 



Batalos 



Batanaia 



116 



den Auleten, Phot. lex. Schol. Aeschin. 1 126. B au- 
meister Denkmaler III 1662. [v. Jan.] 

Batalos (BazaXog), angeblich ein ephesischer 
Aulet des 4. Jhdts. v. Chr., der auf der Btihne 
Weiberschuhe trug und sich nicht minder weich- 
lich in seiner Kunst zeigte. Libanios vit. Demosth. 
p. 294 Westerm. und bei Phot. Bibl, 265 p. 495 a 
Bk.; vgl. Luk. adv. indoct. 23. Bekker Anecd. 
221, 26. Antiphanes verspottete ihu in der Ko 



Astarot und Adraa (s. d.) auch als Mittelpunkte 
des alten Basan genannt werden (Jos. 12, 4 u. a.j 
vgl. auch Euseb. Onom. s. 'Aaza@oo^ ed. La- 
garde 213, 35ff. 268, _98ff. u. a.). Ganz genau ist 
der Umfang von B. im engeren Sinn nicht fest- 
zustellen; er mag auch geschwankt haben. Euse- 
bius (Onom. ed. Lagarde 268, 98ff. u. a.) begreift 
B. unter Arabia; Ptolemaios (V 15, 26) rechnet 
es zu Koilesyrien, erwahnt aber auch in Arabia 



— ',. ,, — ±"-""^» >™ P ™,^ ii,,i m uci jvu- c S zu n.oiiesyrien , erwannx aDer aucn in AraDia 
moedieAvX V Trj S ,mnt. Demosth. 4. Meineke Hist. 10 deserta an der syrischen Grenze Bazavaioi (V 
cnt. 333; Fragnu com. Ill 24. Wie ubrigens 19, 2) 



Schol. Aesch. I 126 andeutet, war B. nur der 
Spottname jenes Auleten, sein eigentlicher Name 
vielmehT Tigranes. Auch Demosthenes hat seines 
schwachlichen KOrpers wegen in der Jugend sich 
diesen Beinamen gefallen lassen mtissen. Lib. und 
Plut. a. a. 0. [v. Jan.] 

liataiiabos (Bardvaflos) , Ort (azadpoe) in 
Arabien (Steph. Byz.). [D. H. Miiller ." 



._„.. v — r „. „_,_., r .ii. iuuiMi.j j-igiam jrnesar uuueien synscne una araDisciM 

Batanagra (Var. Batanagara Ptol. VII 1, 48), 20 Stamme die Hauptbevolkerung. Zeitweilig schei 



Als die Israeliten sich in diese Gegend vor- 
schoben, fanden sie in Basan ein machtiges Reich 
unter dem sagenhaften Konig Og, mit zahlreichen 
festen Stadten (Deut. 3, 4ff.). Durch die damas- 
cenischen Syrer wurde die Gegend schon friihe 
dem israelitischen Reich streitig gemacht (II Eeg. 
10, 32. 14, 25ff.). Nach der Deportation durch 
Tiglath Pilesar bildeten syrische und arabische 



Ortschaft der vorderindischen Kaspeiraioi Ostlich. 
von Labokla (Lahuvara*?), etwa an der von Buke- 
phala zur Yamuna fuhrenden Strasse. St. Martin 
erkennt darin Bhatta-nagara .Stadt der Ragaputra- 
tribus Bhattiya' und vergleicht dazu den am linken 
Ufer des Chagar in 29° 31' nOrdlich, 74° 21' Ost- 
lich gelegenen Vorort Bhatnair, welchen Mahmud 
von Ghazna im J. 1001 erobert hatte. 

[Tomaschek. 



Batanaia. 



nen die Nabataeer von Petra aus ihre Herrschaft 
fiber Basan ausgedehnt zu haben. Von Aretas III. 
berichtet Josephus (ant. Iud. XIII 392), dass 
er (urn das J.. 85 v. Chr.) in den Besitz von Da- 
maskus und Koilesyrien gelangt sei. Doch hatte 
ihre Herrschaft keinen langen Bestand; schon 
unter Pompeius war Damaskus und wonl auch 
die Landstriche siidlich davon unter romische Ober- 
hoheit gebracht worden (Schurer Gesch. d. jiid. 



1) Landschaft im Ostjordanland 30 Volkes I 614ff.). Die rauberischen Nomaden der 



(Ptol. V .15, 26. Polyb. XVI 39, 3. Joseph, ant. 
Iud. XV 342. XVH 189. XVIII 106. XX 138; 
bell. Iud. I 20, 4. H 6, 3. in 3, 5; ant. Iud. 
IV 173 Bazavk; Vita 54 Bazavm. Euseb. Onom. 
ed. Lagarde 231, 35ff. u. (5.). Der alttestament- 
liche Name ist Basan (Deut. 3, 10. 13. Jos. 12, 
4 u. a.), griechisch-lateinische Form Basanitis 
(LXX. Joseph. Epiphan. Euseb. Hieron.); B. und 
Batanis sind der spateren aramaeischen Aussprache 



Gegend, mit denen sich Zenodoros verband, machten 
den Romern viel zu schaffen. Augustus schenkte 
deshalb nach Besiegung des Zenodoros, im J. 23 
v. Chr., das ganze Gebiet desselben Herodes d. Gr. 
(Joseph, ant. Iud. XV 342ff.; bell. Iud. I 20, 4). 
Dieser siedelte zur Bekampfung der unruhigen 
Elemente dort mehrmals fremde Colonisten an (s. 
Bathyra). So blieb die Bevolkerung immer sehr 
geinischt (Joseph, bell. Iud. Ill 3, 5), und noch 



_ _ r . ., — nmuiiuuofuuii gcmiHcuii (j osepii. uen. iuu. hi. o, oi, una nocn 

entsprechende Formen. Der Name B. kommt in 40 spater wird von einem der beiden Agrippa in einem 



doppelter Bedeutung vor: B. in weiterem Sinn 
(Joseph, ant. Iud. IV 173; Vita 54, sonst me es 
scheint seltener gebrauchlich) deckt sich mit der 
alttestamentlichen Landschaft Basan, die vom 
Hermon im Norden bis zum Hieromyces (Scheri'at 
el- Menadire), der die Grenze gegen Gilead bildete, 
im Siiden, vom Jordanthal im Westen bis nach 
Sakha am Siidfuss des Haurangebirges im Osten 
reichte (Deut. 3, 10. 13' u. a.). Innerhalb dieses 



Edict fiber die ,tierische Lebensweise' ({hi(}i(bdt]g 
Hardaraois) der Einwohner und ihren Aufenthalt 
in Hohlen (evqxoXeveiv) geklagt (die Fragmente 
des Edicts s. bei Le Bas-"Waddington 2329). 
Von Herodes ging B. an dessen Sohn Philippus 
iiber (Joseph, ant. Iud. XVII 189; bell. Iud. II 
6, 3), spater kam es an Agrippa II. (Joseph, ant. 
Iud. XX 138). Mit den Kulturbestrebungen des 
Herodes zog auch das griechische Element in jene 



- .-- \-~~-~' --■ -» -. "•/• i.n.^-moiu mci!^ iiciuues zug aucu uas gnecniscne Element m jen< 
Gebiets 1 age n die spateren Landschaften Gaulani- 50 Gegenden ein. wovon zahlreiche Ruinen von Tem 

tlfi. HflSaniillS im pnorprAn Sinn r rV.j^li^Ti,+.; c . A«« rt 1„ J __j /-(_T_.. _ j . -r » .«. 



tis, Basanitis im engeren Sinn, Trachonitis, Aura 
nitis. Heute tragt dieses Gebiet die Bezeich- 
nung Hauran (im weiteren Sinn, s. Auranitis). 
Der Name B. hat sich in der Form Ard el- Be- 
thenije noch erhalten, haftet aber an einer nicht 
zum alten B. gehorigen Gegend ostlich von Tracho- 
nitis. B. im engern Sinn (Joseph, gewohnlich) 
ist nur ein kleiner Teil von ganz Basan. Da 
Gaulanitis dem heutigen Dscholan am westlichen 



peln und anderen Gebauden, sowie Inschriften 
Zeugnis ablegen. Um das J. 35 n. Chr. (Flucht 
des Apostels Paulus nach Damaskus) gehorte B. 
wieder zum Gebiet des Nabataeerreichs ; Damas- 
kus stand unter einem Statthalter (s-dvaQyms) des 
Kfinigs Aretas IV. (II Kor. 11, 32). Eine neue 
Zeit der Blute begann fur den Hauran, wie fur 
das ganze Ostjordanland, als um 200 n. Chr. siid- 
arabische Stamme hier das Reich der Dschefniden 



p l,- 3 3 "--"o—- -"-"«•"" <«" ncsmiucu tiiauiscue obaiuiiie Hier uas iveicn aer uscneimaen 

lieDirgsrand der Hochebene gegen den Jordan 60 oder Ghassaniden grandeten. Diese 4raber sollen 



entspricht, Auranitis dem Haurangebirge, Tracho 
nitis der heutigen el- Ledschah, dem rauhen Pla- 
teau zwischen Damaskus und dem Haurangebirge, 
sudlich bis gegen Bostra hin reichend, so bleibt 
fur B. nur die fruchtbare Hochebene, die sich 
Ostlich und siidOstlich von Dscholan hinzieht, also 
der grOssere sudliche Teil der heutigen en- Nukra. 
Damit stimmt, dass die hier liegenden Stadte 



Christen gewesen sein, und es wird schon aus dem 
3. Jhdt. die Erbauung vieler Klflster berichtet. 
Als mit dem Auftreten des Islam die Wander- 
stamme des inneren Arabiens sich gegen Svrien 
ergossen, ging 637 n. Chr. das Ghassanidenreich, 
von den griechischen Kaisern nicht genligend unter- 
stutzt, zu Grunde. Aus der muslimischen Periode 
wissen wir wenig iiber den Hauran. 



117 



Batanaia 



Batavi 



118 



Der Hauran ist ein im Mittel etwa 600 m. 
hohes Plateau von vulcanischer Formation. Die 
eigentlichen Hauranberge im Osten sind eine Reihe 
ausgebrannter Vulcane, ebensolche linden sich 
auch am Westrand. Die Abhange der Hauran- 
berge und der Abfall des Plateaus gegen den Jor- 
dan waren in alter Zeit mit prachtigen Eichen- 
walderrt bestanden (Ez. 27, 6. Jes. 2, 13) und 
boten gute Weideplatze. Die Ebene in der Mitte 
ist mit rotbraunem Humus aus verwitterten Lava- 
undBasaltmassen bedeckt, daher ihre ausserordent- 
liche Fruchtbarkeit. In alter Zeit waren nament- 
lich die fetten Weiden und die Rinderherden Ba- 
sans beruhmt (Jer. 50, 19. Micha 7, 14 u. oft). 
Noch heute gilt der halb durchscheinende Weizen 
des Hauran fiir besonders vortrefflich und wird 
viel exportiert. Eine Bahn, die den Hauran mit 
der Kttste (Haifa und Akko) verbinden soil, ist 
im Bau begriffen. 

Eine Menge sehr interessanter Ruinen finden 
sich im Hauran. Die zahlreichen Troglodyten- 
wohnungen reichen in eine alte Zeit zurlick. Die 
zum Teil sehr gut erhaltenen ,Toten Stadte' zeigen 
eine eigentumliche Bauart der Hauser. Diese sind 
ganz aus Stein (Lava und Dolerit) erbaut , ohne 
Verwendung von Holz; die Thiiren bestehen aus 
grossen Doleritplatten, in den Zimmern bemerkt 
man steinerne "Wandschranke und Banke. Aus 
rOmischer Zeit stammen viele wohlerhaltene Pracht- 
bauten: Tempel, Theater, Triumphbogen. 

RelandPalaestina 106—110. 193—203. Rit- 
terErdkundeXVSOO— 1001. RaumerPalaestina 
226ff. Baedeker Palaestina und Syrien3 195 
— 212. Schultz Artikel Basan in Herzogs 
Realencyclopadie2 II 112—116. Miihlau Artikel 
Basan in Riehm Bibl. Handworterbuch 2 I 188 
— 190. Porter Historico-geographical history of 
Bashan: Journal of Sacred Literature New Series 
VI 1854, 281—313; Fife years in Damascus 1855 
II 250 — 275. Wetzstein Reisebericht iiber 
Hauran und die Trachonen, Berlin 1860; Exkurs 
iiber den Hauran in Delitzsch Comment, z. Hiob; 
Das batanaeische Giebelgebirge, Leipzig 1884; 
Uber die Gebirgsnamen in Psalm 68. Ztschr. f. 
kirchl. Wissenschaft 1884 (III) 113—127. Bur- 
ton and Drake Unexplorated Svria 1872 I 132 
—261. Schumacher Der Dsch61an ZDPV IX 
1886 , 167—363 mit Karte ; Across the Jordan 
1886; The Jaulan 1888. Dr. A. Stiibels Reise 
nach der Diret et-Tuliil und Hauran herausg. von 
Guthe ZDPV XII 1889, 225—302. Scharling 
Hauran, Stockholm 1889, deutsch von Willatzen 
Bremen 1890. Karte des Dschebel Hauran gez. 
von Fischer ZDPV XH 1889. Noe'ldeke Zur 
Topographic und Geschichte des damascenischen 
Gebiets und der Haurangegend, ZDMG XXIX 1875, 
419—444. Kuhn Die stadtische und biirgerl. 
Verfassung des rOm. Reichs II 381f. 384f. W al- 
dington Comptes rendus de l'Academie des in- 
scriptions et belles-lettres 1865,82—89. 102—109. 
Vogue Syrie centrale, Architecture civile et reli- 
gieuse (giebt viele Abbildungen von Bauten a. 
d. Hauran). Schurer Gesch. d. jud. Volkes I 
353ff. II 202if. G. A. Smith The historical geo- 
graphy of the holy land 542. 609ff. Buhl Studien 
zur Topographie des nOrdlichen Ostjordanlandes 
1894. Vgl. auch die'Artikel Auranitis, Gola- 
nitis, Ituraia, Trachonitis. 



2) Ort im Westjordanland (Hieron. Onom. ed. 
Lagarde 236, 46. 224, 70 Bauoavata. Euseb. ebd. 
105, 20 Baihanaea; 95, 4 Bethoaenea. Steph. Byz. 
Batavsai und Baravsa), 15 Millien Ostlich von 
Kaisareia auf einem Berge gelegen. Nach Hiero- 
nymus befanden sich dort Heilquellen. Steph. 
Byz. (s. Ayfiaxava) identificiert B. mit Agbatana 
bei Herodot (III 62), wo Kambyses sich tOtlich 
yerwundete; s. Ekbatana (in Palaestina). 

10 [Benzinger.] 

Batankaissara (Ptol. VII 1, 51), Stadt der 
vorderindischen Daitichai (Gatika?) zwischen der 
Yamuna und Ganga, etwa im Gebiet von Mirath 
nordostlich von Dehli, wo jetzt islamitische Nomen- 
clatur vorherrscht. Cunningham dachte an den 
sagenberiihmten Ort Thanessar, skr. Sthane'cvara; 
Yule an die unbedeutende Ortschaft Kesarwa. 
Zu Grunde liegt vielleicht eine Vulgiirform fur 
skr. Prasthana KavicvaTa oder auch -Kegara (cae- 

20 saries, vgl. Ke^a, Beiname des aus Visnus Haupt- 
haar entstandenen Krsna). [Tomaschek.] 

Batava (castra), Standort einer Batavercohorte 
in Raeti'en am Zusammenfluss von Inn und Donau, 
das heutige Passau. Erst in der Not. dign. occ. 
35, 24 tribunus cohortis nonae (noua die Hss.) 
Batavorum Batavis und ofter bei Eugippius vita 
s. Severini erwahnt: XIX 1 Batavis appellattir 
oppidum inter utraque flumina, Henum vide- 
licet atque Danuvium, eonstitutum. XXII 4. 

30 XXIV 1. XXVII 1, oppidum Batavinum XXII 1, 
Umes Batavinus XX 1 ; die Einwohner Batdvini 
XXVII 3. Dass die eoh. IX Batavorum etwa 
seit der Mitte des 2. Jhdts. in Raetien stand, 
wird auch inschriftlich bezeugt, Ruggiero Diz. 
I 982. Vgl. Mommsen Eph. ep. V p. 92. 174; 
CIL III p. 690. 730. 734. Mflllenhoff Deutsche 
Altertumskunde II 363f. Hubner Rhein. Jahrb. 
LXXX 38, wo neuere Litteratur verzeichnet ist, 
FOrstemann Namenbuch 112 216. Gegeniiber 

40 lag die norische Zollstation Boiodurum (s. d.). 

[Tnm.] 
Batavi, germanisches , nach Tacitus mehr- 
faehem Zeugnis von den Chatten abstammendes 
Volk, welches infolge innerer Spaltungen seine Hei- 
mat verlassen und eine Insel im Miindungsgebiet 
des Rheins, die nach ihnen benannte insula Bata- 
vorum, in Besitz genommen hatte. Tac. Germ. 29 
omnium harum gentium praeeipui Batavi non 
multum ex ripa, sed insulam Rhefii amnis in- 

50 eolunt, Chattorum quondam populus et seditione 
domestica in eas sedes transgressus , in quibus 
pars Bomani imperii fierent; hist. IV 12 Ba- 
tavi, donee trans Rhenum agebant, pars Chat- 
torum, seditione domestica pulsi eodrema Gal- 
licae orae vacua cultoribus simulque insulam 
iuxta sitam oeeupavere, quam mare Oceanus a 
fronte, Rhenvs amnis tergum ac latera circum- 
luit. IV 15 missi ad Canninefates qui consilia 
sociarent. ea gens partem insulae colit, origine 

60 lingua virtnte par Batavis, numero superantur. 
Da Veil. Paterc. II 105 in dieser Gegend nebst 
den Canninefaten die Chattuarii (Attuari) an Stelle 
der B. nennt, schliesst Zeuss (Die Deutschen 
100), dass Chattuarii der gemeinsame Name der 
beiden Stamme gewesen sei. Miillenhoff (Ztschr. 
f. Dtsch. Altert. N. F. XI 7) leugnet die Ab- 
stammung der B. und Canninefaten von den Chat- 
ten. Die B. miissen jedenfalls schon langere Zeit 



119 



Batavi 



Batavi 



yor Caesar, der sie zuerst nennt (b. G. IV 10), 
jene Wohnsitze an der Bheinmiindung inne ge- 
habt haben. Die Bezeichnung ihres Landes als 
insula Batavorum war zuerst die allein ubliche 

(Caes. a, 0. Mosa parte quadam ex Rlw.no 

reeepta, quae appellator Yaealus, insulam effi- 
eit Batavorum, -risque longius ah Rheno milibus 
passuum LXXX in Ooeanum influit. Plin. n. 
h. IV 101 in Rheno autem ipso prope G in lon- 
gitudinem nobilissima Batavorum insula Gan- 
nenefatium etc. (vgl. IV 106). Tac. ann LT 6- 
hist. IV 12. 18. V 23. Dio LIV 32 («^ zd 
Bazaovwv vrjaov, LV 24) ; spater kam der Name 
Batavia auf (s. d.). Der Name des Volkes, der 
fortlebt in der Landschaft Betuwe (zwischen Waal 
und Leek mit dem Hauptort Noviomagus = Nym- 
wegen) lautet richtiger Batavi als Batavi (Lucan. 
I 431 Batavi, dagegen a bei Sil. It. Ill 608 
Iuven. VIH 51. Martial. VI 82, 6. VIII 23 20 
XIV 176, 1. OIL III 3676 Batavos; bei Ptol. II 
9, 1. 9, 8 accentuieren die Hss. die letzte Silbe) 
und bedeutet die .Tiichtigen' oder die ,Glucklichen< 
(ygl. got. bats, ahd. bax,, bexxiro), Schweizer- 
Sidler zu Tac. Germ. 29. E. Much Deutsche 
btammsitze 148. Die Wohnsitze waren iibrigens 
nicht auf jene Insel beschr&nkt, sondern erstreck- 
ten sich auch siidlich von der Waal und der Maas 
ms Gallische hinein (Tac. hist. IV 12) ; dass die 
B. ebemals keltisches Gebiet besetzt batten, be- 
weisen die meist keltischen Ortsnamen (Lugdu- 
num Batavorum, Batavodurum, Noviomagus u. a.) 
Caesar hatte mit den B. noch nichts zu schaffen; 
wie es scheint, sind sie durch Drusus auf fried- 
hchem Wege mit dem rOmischen Eeiche vereinigt 
worden (Mommsen R. G. V 110). Drusus konnte 
von lhrer Insel aus den Ehein tiberschreiten (Dio 
LIV 32) und den Kanal zwischen dem Ehein und 
der Zuydersee bauen , die fossa Drusiana Tac 
S^.S 8- Suet. Claud. 1; vgl. Tac. hist. V 19.' 
bcniller Gesch. d. rOm. Kaiserzeit I 217. Die E0- 
mer hatten an ihnen treue Verbtindete in den ger- 
manischen und andern Kriegen (Tac. hist. IV 12) 
Die grosse Masse der batavischen Truppen stand 
erne Zeit lang beim obergermanischen Heere als 
Auxilia der 14. Legion (vgl. Tac. hist. I 59 
Mommsen E. G. V 118), dann "zeichneten sie 
sich in Bntannien aus unter Claudius (Tac. hist 
IV 12). An den Kampfen des J. 69 nahmen sie 
hervorragenden Anteil. In dieser Zeit begann es 
unter ihnen zu garen: es kam zu jenem furcht- 
baren Aufstand der B. unter Civilis, der schliess- 
lich (im J. 70) mit der Wiederherstellung der friihe- 
ren Verhaltnisse endigte (s. Tac. hist. Schiller 
a. 0. I 500ff. Mommsen E. G. V 118ff.). 
Diese Insurrection war, wie es scheint, die ein- 
zige, die sie sich zu Schulden kommen liessen. 
In Bntannien kampften sie wieder im Heer des 
Agricola mit Auszeichnung (Tac. Agr. 36). Die 
B. nahmen, weil sie sich als gehorsame und nfltz- 
liche Lnterthanen erwiesen, im romischen Reichs- 
verband und namentlich in der Heeresorganisation 
erne bevorzugte Stellung ein, die ihnen auch nach 
dem Aufstand unter Civilis verblieb. Sie waren 
steuerfrei, wurden dagegen sehr stark zum Heeres- 
dienst herangezogen (Tac. Germ. 29 manet honos 
et anUquae societatis insigne; nam me tributis 
contemnuntur , nee ptMieanus atterit : exempli 
onertbus et collationibus et tantum in usum proe- 



120 



121 



Batavia 



BuTi'ia 



122 



liorum sepositi velut tela atque arma bellis reser- 
vantur; hist. IV 17 Batavos quamquam tribu- 
torum expertes arma contra communes dominos 
cepisse, vgl. IV 12). Die kaiserlichen Leibwach- 
ter, Qermani oder Batavi (Suet. Calig. 43) ge- 
nannt, wurden vorzugsweise aus ihnen rekrutiert, 
ebenso das seit Traian bestehende, zur kaiserlichen 
Garde gehorige Eeitercorps, die equites singulares 
,„ (Marquardt St.-V. 112 4 87. Mommsen' Herm. 
10 XVI 459. XIX 30; Eph. epigr. V p. 233; Cor- 
respondenzbl. d. Westd. Ztschr. 1886, 124. Z ange 
meister Neue Heidelberg. Jahrb. V 46f.). Auf 
einer der zahlreichen Inschriften der equites sin- 
gulares (Henzen Annah' 1885, 272 aus dem J. 219) 
nennen sich die Dedicanten eives Batavi sive 
Thraces adlecti ex provincia Germania inferiori 
(s. dartiber Mommsen Corr.-Bl. d. Westd. Ztschr. 
1886,51). Uberhauptgeben die Inschriften dankens- 
werte Nachweise iiber die Verwendung der B. im 
20 romischen Heer (ausreichende Zeugnisse bei Rug- 
8 iero Diz. I 981f.). Die ala Batavorum miliaria 
(1000 Reiter) wird mehrfach erwahnt, z. B. CIL 
III 7800, einer ihrer Praefecten HI 5331. Im 
J. 158 war sie in Dacien stationiert, IH p. 1989 
(vgl. Tac. hist. IV 18. Hiibner Herm. XVI 552. 
556. Vaders De alis exercitus Eomani, Halle 
1883, 9). Von Cohorten erwahnt Tacitus hist. I 
59 acht, die als Auxilia der 14. Legion im J. 69 
in eivitate Lingonum standen. Diese Zahl scheint 
30 nach der Dnterdriickung des Aufstands des Civilis 
erheblich vermindert worden zu sein (Mommsen 
E. G. V 130), denn inschriftlich werden nur er- 
wahnt die I, II, III (Hassencamp De cob. Rom 
auxil., Gflttingen 1869, 21ff.), ausserdem die IX, 
die seit der Mitte des 2. Jhdts. in Eaetien stand 

in i P- 1991 nnd nr - U 918 ' V S L den Ar " 
tikel Batava). Auch nachdem die Franken 

im Bataverlande ihre Wohnsitze aufgeschlagen 
(Zos. Ill 6, vgl. Zeuss a. 0. 329ff. K. Schroder 
40 Ztschr. der Savigny-Stiftung 1881, 8ff.) und sich 
mit den alten Bewohnem zu einem Volke ver- 
einigt hatten, erscheint ihr Name noch unter den 
auxilia Palatina in der Not. dign. Batavi se- 
niores und iuniores (Occ. V 163 — VII 14 V 
186 = VII 72. VI 47 = VII 167. VI 51 = VII 
169; Or. V 8 = 49. VI 30; vgl. Occ. XL 39 
trtbuntis coh. I Batavorum Procolitia, XLII 34. 
40. 41 praefectus laetorum Batavorum), auch 
auf einigen Inschriften Oberitaliens (Ruggiero 
50 a 0. I 982). Nicht wenige Mitglieder dieser 
Nationahtat geben ihre Heimat auf den Inschrif- 
ten an, die hier nicht samtlich aufgefiihrt werden 
kfinnen: domo Betavos CIL III 3681 (= 3577). 
4368, Ulpia Noviomagi Bataus 5918b, domo 
Batavos Brambach CIRh 2003, natione Bataus 
ebd. 1517, ein retiarius natione Bataus CIL XI 
1070 u. s. w, (s. Indices des CIL). 

Dass die B. sehr kriegerisch und tapfer waren, 
dann stimmen die Zeugnisse der Schriftsteller 
60 fiberem. Namentlich waren sie anerkannt tiich- 
tige Eeiter und Schwimmer (Tac. ann. B 8; hist. 
IV 12. 17. Plut. Otho 12. Dio LV 24 xearwzot 
uzxeveiv. ^LXIX 9 ro hiJttKov x&v Kalovfih(ov Baza- 
ovaiv xov'IazQov ueza zedv SnXtov dievqgavro); einen 
hubschen Beleg dafiir bietet auch die metrische 
Grabschrift des fortis Batavos aus der Zeit Ha- 
dnans CIL III 3676. De Eossi Inscr. christ. II 
260, 2 (= Biicheler Anthol. epigr. nr. 427) Hie 



ego Pannoniis quondam notissimus oris inter 
mitte viros primus fortisque Batavos Hadria.no 
potui qui iudice vasta profundi aequora Danuvii 
cunctis transnare sub armis e. q. s. Dass sie 
als Matrosen verwandt wurden, geht aus Tac. hist. 
IV 16 hervor. Derselbe hebt ihren grossen Korper- 
wuchs hervor, hist. IV 14. V 18. Sie waren 
blond(rot)haarig (Sil. It. Ill 608 aurieomo Ba- 
tavo. Martial. XIV 176), welche Farbe sie durch 



heutigen Dorfes Patisia (Ilax^aia = Barfjai; bei 
Stuart, Pouqueville, Dodwell, Gell, 
Surmelis heisst dasselbe iibrigens noch tiir- 
kisch Padischah). Immerhin darf B. auf dem Ge- 
biete zwischen Kolonos (Hippios) und Diomeia 
gesucht werden (dass ich letzteren Demos nach 
wie vor Ostlich von Athen ansetze, wird heute 
[1896] ausdriicklich zu betonen nicht uberfliissig 
sein). Vgl. Milchhofer Untersuchungen iiber 



ein kiinstlicb.es Mittel, die spuma Batava, zu er- 10 die Demenordn. d. Kleisth. 15, auch Athen. Mitt, 



hOhen wussten (Martial. VIE 33, 20). Den ROmern 
erschienen sie ausserdem stolz und roh (Lucan. 
I 431. Martial. VI 87, 6. Tac. hist. I 59). Uber 
ihre Waffen und Kriegsmaschinen s. Tac. hist. 
IV 23. 28. 29. 30. 61 ; Agr. 36. Ihre hauptsach- 
lichsten Stadte sind bereits oben genannt. Tac. 
hist. V 19 bietet die Hs. oppidum Batavorum, 
die Vulgata ist oppida. Lipsius dachte an op- 
pidum Batavodurum (vgl. hist. V 20) , andere 



XVII 351ff. XVIII 292. [MilchhSfer.] 

Bateia. 1) Bazua (auch Bazteia, Arrian. bei 
Eustath. zu II. II 814; Bdvzeia Dion. Chrys. or. 
XI p. 157, von fiazog ,der Brombeerstrauch', s. 
Grasberger Stud. 242. Murr Progr. Hall Tir. 
1890, 20) in der Troas, Hugel (II. H 813), Grabmal 
(Strab. XII 573. XIII 597. 623), (spater?) Stadt 
(Hesych. u. a.), zonog zrjs Tgoiag viprjkog (Steph. 
Byz.), isolierter Hugel bei dem skaiischen Thor 



wollen unter dem oppidum Noviomagus (Nym- 20 Ilions zwischen Skamandros und Simoeis, in der 



wegen) verstehen (z. B. Hermann Rhein. Jahrb 
LXXVII 90). Die Insehrift aus Eummel (Hoi 
land) bei Brambach CIRh 134 (= Orelli2004), 
die, wie es scheint, einen summus magistratus 
eivitatis Batavorum erwahnt, ist verdachtig. Zur 
neueren Litteratur fiber das Bataverland vgl. noch 
Hiibner Ehein. Jahrb. LXXX 135. [Ihm.] 

Batavia. die spatere Bezeichnung der insula 
Batavorum (s, Batavi), Dio LV 24 (to xa>v Ba- 



Gottersprache arjfxa Mvgtvrje (s. Myrine), Plat. 
Crat. 392a. Nach Choiseul-Gouffier Voy. 
pittor. de la Grece II (C. G. Lenz D. Eb. v. Tr. 
nach Ch. G., Ncustrel. 1798, 31) = Bunarbaschi, 
nachv. HahnAusgr. a. d. hom. Perg. 32f. Hasper 
Beitr. z. Top. d. II. 59f. = Garlik, nach Spratt, 
Graves, Schliemann (Ilios 732 u. Abbild., vgl. 
170. 212. 781) = Pascha tepe\ [Biirchner.l 
2) Bdzeia, auch Bazlsia {Dion. Hal. antiq. 



zaovcov ano zrjg Bazaovag zfjg sv zip 'Pfjvm vrjaov 30 Eom. I 62), Tochter des Teukros , Gemahlin des 



ovojj-a). Zos. Ill 6 (Baxafila). Panegyr. lat. ed. 
Bahrens 131, 18. 134, 14. 151,14. 163,22.211, 
22. Paiavia die Tab. Peut. , Batavio , Patavio 
las Iulius Honorius, s. Miillenhoff Weltkarte 
des Augustus 10 (Deutsche Altertumskunde III 
224). Im Volksmunde (sermone rustieo) hiess 
die insula Batavorum im Mittelalter auch Bat- 
tua, vgl. Aimoini hist. Francor. praef. 4 (Migne 
Patrol, lat. CXXXIX 633). Forstemann Na- 
menbuch IP 216. [Ihm.] 

Batavini s. Batava. 

Bataroduruin, Stadt der Batavi in Germania 
inferior. Ptol. II 9, 8 (rsQ/iavia fj xdzco, iv § 
jzoXeig ajio Svo/tcov zov 'Prjvov Tiozafiov, zoiv fiev 
BazaovCov jxeaoyetog BaxavodovQov . . . v<p' fjv 
Oiihiooa xzi.), auch von Tacitus hist. V 20 er- 
wahnt (vgl. V 19 oppidum [oppida?] Batavorum). 
Die nahere Lage steht nicht fest, die Identificie- 
rung mit Noviomagus-(Nymwegen) ist mindestens 
zweifelhaft, C. Muller zu Ptol. a. O. Rhein. 50 



Dardanos, Mutter des Ilos, Erichthonios (und 
Zakynthos, Dion. Hal. antiq. Eom. I 50); nach 
ihr soil die Stadt Bateia (Baxieia Steph. Byz. s. v.) 
in Troas benannt sein (der Hugel Bazista bereits 
bei Hom. II II 813), Hellanik. FHG I 63, 130 
(Steph. Byz. s. 'Agio^r/ und Baxisia, erganzt durch 
Schol. V Hom. II. XX 236 ; vgl. Etym. M. 191, 
45). Mnaseas FHG III 154, 28 (Steph. Byz. s. 
Adgtiavog mit der Verbesserung L o b e cks Aglao'ph . 
40 1222). Dion. Hal. a. a. O. Arrian. FHG III 598, 
64 (Eustath. Hom. II. II p. 351, 30, der noch 
eine Schwester Neso [s. d.] kennt). Apollod. Ill 
12, 1 (danach Tzetz. Lykophr. 29, der sie irr- 
tiimlich Schwester des Skamandros nennt, richtig 
z. Lykophr. 1306). Diod. IV 75. Serv. Aen. I 
38. Wellmann Comment, philol. in honor, sodal. 
philol. Gryphiswald. (Berl. 1887) 57, 6. Nach 
Lykophr. 1308 und Kephalon b. Steph. Byz. s. 
'Aqio^ij heisst sie Arisbe, s. d. Nr. 3. 

3) Naiade, mit der Oibalos drei Sdhne zeugte, 
Tyndareos, Hippokoon, Ikarios, Apollod. Ill 10, 
4, 3 (auch eine Tochter Arene? s. d. Nr. 4). 

[Knaack.] 

Bateni (Plin. VI 48), ein sonst unbekanntes 
Volk siidlich vom Oxus in der Nachbarschaft der 
Derbices, Saraparae, Bactri u. a. [Tomaschek.] 

Bazr/Q, die Schwelle (Poll. II 200), insbe- 
sondere die Absprungstelle beim Springkampf der 
Pentathloi, Hesych. Eust. Od. p. 1404, 56. Die 



Jahrb. LXXVII 90. LXXX 135. Holder Alt 
kelt. Sprachschatz s. v. Die Endung ist keltisch 
(= arx), Gluck Kelt. Namen 133. [Ihm.] 

Batavorum eiyitas, oppidum s. Batavi. 

Bate (Bairj, Demot. Bazrj&gv, Bazfjg; Orts- 
bez. Battjai , von fiaxog), kleinerer attischer De- 
mos der Phyle Aigeis. Die haufige Verbindung 
von B. mit Hestiaia, Kolonos, Diomeia in den 
Katalogen lehrt, dass unser Demos der stadti- 
schen Trittys angehfirte , also im Osten oder 60 genauere Begriffsbestimmung dieses /?. war schon 



4 



Norden Athens lag. Fur letztere Eichtung spricht 
die Zugeh5rigkeit zum Verbande der Msooyswi. 
Vgl. besonders CIA II 602. Doch vermOgen wir 
B. weder (mit Pittakis, Nikolaidis za Bla- 
Qadslaia xai 6 Arjuog Baxrj 1887) in dem Namen 
der Gegend Bd&sia vor dem acharnischen Thor 
wiederzuerkennen , noch (mit Bursian, Dra- 
gumis, Loeper u. a.) in dem des bekannten 



im Altertum strittig; vgl. Bekker Anekd. 224, 
12: flazrjg ' zo Slxqov zov zoiv izevzae&kajv oxdfi- 
fiazog, ay? ov 8}.lovzai zo 7i(>a>zov. SsXevxog. Svfi- 
fia%os Se zo fiioov, d<p' ov aM.6fj.evoi jidliv eifdl- 
).ovtai • apsivov tog 2£Xsvxog. Danach darf man 
/I. nicht *als ein fedemdes Springbrett , sondern 
nur als Sprungschwelle innerhalb oder am An- 
fang der Springbahn erklaren; vgl. Fedde Uber 



146 



Baternae 



den Fiinfkampf der Hellenen (Leipzig 1889) 25f. 
Je nach den Vorstellungen, die man sich von der 
Art des Pentathlonsprunges macht, sind auch die 
Ansichten der neueren Gelehrten iiber das 0. ver- 
schieden. S. Skamma und Sprung. Poll. Ill 
147 bezeichnet auch die Stelle, wo der Wettlauf 
endet {tsq/io), als £., im allgemeineren Sinn von 
,Schwelle' ahnlich wie falfiig (s. d.). [Reisch.] 

Baternae (Val. Flacc. VI 96) s. Bastarnae. 

Batetara {BaxhaQa), nach Steph. Byz. eine 10 
Stadt Liguriens. Ethnikon BaTsra S aTog. 

■». ., ~ [Hiilsen.] 

Batha s. Batta. 

BathanarlnSj vermahlt mit der Sch wester 

Stilichos, lasst sich seit 401 als Comes Africae 

nachweisen (Cod. Theod. IX 42, 18). Nach der 

Ermordung seines Schwagers wurde auch er im 

J. 408 getfltet und sein Amt dem Heraclianus 

ubertragen, Zosim. V 37, 6. [Seeck] 



BathyMes 124 

riert. Versuchsweise denkt Gooss (Archiv f. sieben- 
burg. Landeskunde XIII 1876, 453) an den siid- 
lich von Varazdin fliessenden Bach Bedr!a, welcher 
der Drau zufliesst; ofter findet sich in Kroatien 
der Name Batina z. B. Mon. episc. Zagreb. I 141 
terra quam rims Batina interfluit (13. Jhdt.), 
doch ist auf solche Namensahnlichkeiten nicht vie! 
zu S eben - [Tomaschek.] 

Bathios, Ort Agyptens, Geogr. Eav. Ill 2. 

™ , [Sethe.] 

Bathippos, Athener. Er erhebt Anklage der 
Gesetzwidrigkeit gegen das leptineische Gesetz. 
Er stirbt wahrend der Einleitung des Processes, 
seme Klage wird von seinem Sohn Apsephion auf- 
genommen im J. 355/4, Dem. XX 144; vgl. S cha- 
fer Dem. 12 395. [Kirchner.] 

Bathnal. 1) Ort in der syrischen Provinz 
Kyrrhestika (Itin. Ant. 191, 7. Tab. Pent. Bathna. 
Geogr. Eav. II 15 p. 87, 9 ed. Pinder Bata. Iu- 



125 



Bathykles 



Bathykles 



126 



BatWattc .sein gather Haup^^Er 20 ^^^P^vTlf £lf uSt^ 
rte die galatisehen Skordisten an die Dorian v^hL b„^„ rAi ^ '* ttT."'™,? , Fl 1 ™'' 



fiihrte die galatisehen Skordisten an die Donau 
und siedelte sie hier an (Athen. VI 234 a. b). 
D , Q [Wilcken.l 

Ba&ea rov II6vrov (Arist. meteor. 1 13. Plin. 
H 224) eine Stelle des Pontos an der kaukasischen 
beite, 360 Stadien von der Kiiste der Koraxoi, un- 
ergriindlich tief, wo die im kaspisehen Becken ge- 
sammelten Flusswasser nach unterirdischem Laufe 
wiederhervortretensollen; an drei Stellen sprudelt 



S^SS ™rz «nE - s=™araffi^ss 



Kaukasos erscheint von da am hOchsten. Die 
Schiffer hatten , obwohl an Lotungen nicht zu 
denken ist, die richtige Boobachtung gemacht, 
dags der Pontos im Gegensatz zu seiner seichten 
Nordseite in seinem sudOstlichen Winkel die grOsste 
Tiefe erreiche, auch mOgen sudlich von Dioskurias, 
wo nach Arrian. peripl. 11, 5 der kaukasische 
Hochgipfel Strobilos sichtbar wird, Siisswasser- 
quellen hervorbrechen — ein Phaenomen, das zu- 
erst Demokntos bei Herakleia beoachtet hat; viel- 40 
leicht hiess deshalb der Bach Astelephos spater 
EvQimog (Anon, peripl., cod. Lond.). 

[Tomaschek.] 

Batheia (Ba&cTa) s. Baria. 

Ba&eZa 2xonid, Ortlichkeit am oberen Ende 
des Goldenen Horns , Dion. Byz.. frg. 16 Miill 
(Geogr. Gr. min. II 26) = 23 Wesch. (p. 10, 46). 

„ ,, [Oberhummer.] 

Batnezor s. Bethezob 



zwischen Beroia (Aleppo) und Hierapolis (el- Man- 
bedsch) gelegen. Der Name soil heute noch in 
emem Thai zwischen diesen Orten erhalten sein. 

2) Bothnia, Anon. Rav. II 15 p. 86, 12 ist 
entweder mit Nr. 1, oder wahrscheinlicher mit 
Banms der Tab. Peut. identisch, s. d. 

[Benzinger.] 

3) Bathnae s. Batnai. 
Bathos (Bddog), Ortlichkeit (Schlucht) im sud- 



Bathiatai, illyrischer Volksstamro in der Nacb- 50 gestellt 



barschait der Oxyaioi, Partheniatai und Taulan- 
tioi, Appian IUyr. 16; in gleicher Lage nennt 
Pun. Ill 143 Arthttae — doch ware es voreilig, 
einen Namen aus dem anderen zu verbessern. Bei 
dem im Albanischen haufig auftretenden Wechsel 
von b, mb, m im Anlaut konnte man die B fur 
Anwohner des Plusses Mathis (Vib. Seq.) zwischen 
Lissos und Dyrrachion, des heutigen Ma0(i) haltem 
der Albanenheld Skander-beg stammte aus der 



Jahre den Grossen Gottinnen ein Fest gefeiert 
wurde. Dort stieg neben der Quelle Olympias 
Feuer vom Boden auf, was zur Localisierung des 
Gigantenkampfes Anlass gab, Paus. VIII 29, 1. 5. 
Em ahnlicher Erdbrand, wahrscheinlich infolge 
von Entziindung eines Braunkohlenflotzes, wurde 
dort auch in neuerer Zeit beobachtet. Ross Reise- 
routen 90. Curtius Pel. I 304. 339f. Bursian 
Geogr. II 240. Philippson Pel. 254. 

[Oberhummer.] 
Bathrikon (Badowov), Name einer karischen 
Localitat, Le Bas 1643 a. n [Burchner.] 

Bathy [Ba&v), je eine Ortlichkeit an der euro- 
paeischen und asiatischen Seite des Bosporos, s. 
Dion. Byz. Bosp. navig. ed. Wescher p. 38f 57- 
Schol. 38. 71 p. 49. [Oberhummer.] ' 

Bathychaitai, .Langhaare', nordische Stamme 
oberhalb der Maiotis, Orph. Argon. 1064; Skythen 
und Sarmaten werden mit langen Haaren dar- 



[Tomaschek. 



Bathykleon aus Teos (rov IIovov xvpyov 
nQvtSrjg), Archon. CIG 3064. [Kirchner 1 

Bathykles {Badvxlijs). 1) Sohn des Chalkon 
ein Mynnidone, von Glaukos vor Troia getotet, 
II. XVI 594ff. und Schol. Twl. [Hoefer.] 

2) Aus Magnesia am Maeander, der Ktinstler 
des amyklaeischen Throns, von dem Pans. Ill 
18, 6—19, 5 eine detaillierte, aber nicht in alien 
Punkten klare Beschreibung giebt. In dem eine 



u,,!;. „j a „ im' a 7- V ~ ° „ , . d ' U1 ' aer r «nKten klare JBeschrei bung giebt In dem einp 



_ [Tomaschek. j 

Bathinns, Pluss im siidlichen Teile von Pan- 
nonia, wo Ende des J. 8 n. Chr. Tiberius das 
pannomsche Heer des Pinnes und Bato vollstan- 
dig schlug, Veil. H 114; das Jahr vorher hatten 
die beiden Baton e im Sumpfgebiet an der Dlca 
(jetzt Vuka zwischen Eszeg und Vinkovce) ope- 



den dort von Tzuntas gemachten Funden in 
mykenische Zeit hinaufreichenden Kultstatte, ver- 
chrte man einen alten, nach der Schatzung bei 
Pausanias 30 Ellen (14,760 m. nach attischem, 
13,320 m. nach griechisch-romischem Fuss) hohen 
Apolloncoloss, an dem nur der Kopf und die Extre- 
mitaten menschliche Formen hatten, wahrend der 



I 



Eumpf mit einer ehernen Saule verglichen wird. 
Das Idol war i>ehelmt und trug in seinen Handen 
Pfeil und Bogen, vgl. den Apollon auf der 'E<pri(f. 
d@x- 1883 air. 3 abgebildeten Vasenscherbe und 
iiber andere behelmte oder ganz bewaffnete Apol- 
lontypen Preller-Eobert Griech. Myth. 274, 3; 
ob die spartanische Mflnze aus der Zeit des Anti- 
gonos Doson (P. Gardner Typ. of gr. coins pi. 
XV 28; vgl. Imhoof-Blumer und P. Gardner 
Journ. Hell. Stud. VII 1886 p. 63 nr. 9) dieses 
Kultbild darstellt, ist unsicher, da auch der Ge- 
danke Furtwanglers (Eoschers Myth. Lex. I 
408) an die bewaffnete Aphrodite Urania manches 
fur sich hat. Nach der angefiihrten Schilderung 
wird man sich das Idol als aus einem mit ge- 
triebenen Bronzeplatten iiberkleideten Holzkern 
bestehend zu denken haben; das Gesicht wurde 
im 6. Jhdt. vergoldet (Theopomp. bei Athen. VI 
232 A. Paus. Ill 10, 8). Seinen Platz hatte das 
Bild iiber dem Grab des Hyakinthos, dessen altar- 
artiger Aufsatz ihm als Basis diente. Tiber die 
Zeit der Errichtung lasst sich nur sagen, dass 
sie selbstverstandlich spater als die mykenische 
Periode, aber betrachtlich vor B. fallen muss, 
also etwa in das 7., vielleicht sogar das 8. Jhdt.: 
Sgyov Si ov Ba/Ovxliovg iaxiv , all' dgxaiov xai 
ov ovv re%vrj jisjzottjfisvov Paus. Danach ist der 
Einfall, dass B. auch dies Kultbild gefertigt habe, 
entschieden abzuweisen. Diesem fiel vielmehr die 
Aufgabe zu, fur das seit langem existierende Bild 
einen machtigen, reich verzierten Thronsessel zu 
schaffen , auf dessen Sitzflache das Idol aufge- 
stellt wurde; als eigentlicher Trager aber fungierte 
nach wie vor der Hyakinthosaltar , der nun zu- 
gleich die Mittelstiitze des im Grunde rein decora- 
tiven Sessels wurde. In ahnlicher Weise steht 
auf Miinzen von Ainos eine grosse Herme auf 
dem Sitzbrett eines Sessels (P. Gardner Typ. of 
gr. coins pi. 12, 9). Eine weitere Analogie hat 
Furtwangler Meisterw. 691 in den auf Thon- 
oder Bronzesesseln stehenden kanoposartigen Ido- 
len aus Grabern von Chiusi (z. B. Museo italiano I 
t. 9. 12) aufgewiesen. 

Versuehe, an der Hand des Pausanias den 
Grundriss und Aufbau des Thrones zu recon- 
struieren, sind mehrfach gemacht worden: Qua- 
tremdre de Quincy Jupiter Olympien 196ff. 
pi. 6. 7. Pyl Arch. Zeit. 1852, 465 Taf. 48 (wider- 
legt vonBotticherebd. 1853, 137ff.). Ruhl ebd. 
1854, 257 Taf. 70. Klein Arch.-ep. Mitt. IX 
1885, 145 (widerlegt von E. Pernice Arch. Jahrb. 
Ill 1888, 369ff. und Overbeck Ber. Sachs. Ge- 
sellsch. 1892, 10). Murray Greek sculpt. I 90fi. 
Furtwangler a. O. 689ff. Eine sichere Grund- 
lage fur solche Versuehe haben aber erst die 1891 
durch Tzuntas an der durch gleichzeitig ge- 
machte Inschriftfunde gesicherten Stelle des Amy- 
klaions aufgedeckten Fundamente gegeben, die 
Furtwangler fur seine Eeconstruction bereits 
verwerten konnte. Gefunden wurden Eeste einer 
ausseren hufeisenformigen und einer inneren im Vier- 
eek laufendenMauer, z'wischen denen die alte Pflaste- 
rung noch zum Teil erhalten ist, Wahrend nun 
Furtwangler in der ausseren runden Mauer das 
Fundament des Hyakinthosaltars sehen mfichte, 
dessen urspriinglich vollkommen elliptischer Grund- 
riss bei Aufstellung des Idols an der Vorderseite 
gerade abgeschnitten worden sei, spricht der ganze 



Thatbestand, vornehmlich die zwischen denMauern 
constatierte Pflasterung, unzweifelhaft mehr fur die 
Annahme von Tzuntas, nach der wir in der huf- 
eisenformigen, 0,70—0,75 starken Mauer das Fun- 
dament des Thrones, in der innern das des Altars 
zu erkennen haben. Denn ein viereckiger Grund- 
riss des Thrones geht keineswegs, wie behauptet 
worden ist, aus den Worten des Pausanias mit 
Notwendigkeit hervor. Da nun die rundgeschnit- 

10 tenen, ca. 0,25 dicken Mannorplatten, die T zunta s 
teils in die nahegelegenen Kirche Agia Kyriaki ver- 
mauert, teils als Deckplatten byzantinischer Graber 
verwandt gefunden hat, von ihm mit grosser Wahr- 
scheinlichkeit zu der hufeisenformigen Mauer in 
Beziehung gesetzt werden, so scheint auch die 
Fra'ge nach dem Material des Thrones, iiber das 
Pausanias keinen Aufschluss giebt, nunmehr end- 
giiltig gelost. Es war nicht, wie die neueren Be- 
sprechungen auf Grund zahlreicher Analogien ge- 

20 rade aus der archaischen Kunst nicht ohne Wahr- 
scheinlichkeit angenommen hatten , ein Holzbau 
mit Metallincrustation, sondern, wie bereits Ruhl 
und Murray erkannt haben, ein mit Mannor- 
platten bekleideter Steinbau, und so wird man sich 
auch die in grosser Anzahl angebrachten Reliefs 
als Marmorarbeiten zu denken haben, wofur die 
Spalliera Boncompagni (Ant. Denkm. II Taf. 6. 7. 
Helbig Fuhrer nr. 886) und das doch am wahr- 
scheinlichsten als Sessellehne zu verstehende samo- 

30 thrakische Relief die nachsten Analogien bieten. 
Insofern enthalt die bisherige Annahme allerdings 
etwas Eichtiges, als diese Marmorsessel gewiss in 
derselben Weise auf incrustierte Holzsessel zuruck- 
gehen, wie die sculpierten Marmorsaulen auf 
Holzsaulen mit Metallbekleidung, woran die Er- 
innerung in ihren Namen columnae caelatae d. i. 
xioveg roQevtoi fortlebt. 

Sowohl an der Vorder- als an der Rftckseite 
stiitzten zwei Horen und zwei Chariten den Thron : 

40 a.vk%ovaiv efiHQOo&ev avxov , xata ravta 8e nai 
onioco XaQtrsg re Svo xal *Qq<xi Svo. Der aller- 
dings wenig pracise Ausdruck nOtigt keineswegs 
zu dem von Quatremere de Quincy, Schu- 
bart, Murray und Furtwangler gezogenen 
Schluss, dass im ganzen acht Stutzflguren, vom 
sowohl als hinten je zwei Horen und je zwei 
Chariten, angebracht gewesen seien, so wenig es 
jemandem einfallen wird, aus den spater folgenden 
Worten III 18, 14 rov ftgovov Si MQog zotg ava> 

50 xeoaoiv «<£>' Tjijicov exatiQiodiv eiaiv ol Tvvddgeco 
itaXSng eine zweimalige Darstellung der beiden 
Dioskuren zu entnehmen. Fur die Besehrankung 
auf vier Stutzflguren spricht die Erwagung, dass 
zu der mythischen Deutung der doch gewiss, wie 
auch Furtwangler zugiebt, rein decorativen 
Frauengestalten, die man nach Analogie der sog. 
Karyatiden vom Erechtheion am richtigsten als 
xoqai bezeichnen wird, die gerade in Amyklai 
in "der Zweizahl verehrten Chariten (Paus. Ill 

60 19, 6. IX 35, 2) den Anlass gegeben zu haben 
scheinen, wahrend von vier Chariten weder Pausa- 
nias noch das Altertum uberhaupt etwas weiss. 
Als weitere Stutzflguren haben Klein und Furt- 
wa'ngler den Typhon und die Echidna, die 
Pausanias als links, und die Tritonen, die er als 
rechts stehencV bezeichnet , erkannt. Auch hier 
liegt der Verdacht willkiirlich mythologischer Deu- 
tung vor, da eine Mehrheit von Tritonen in so 



-i-'ajuiijftjLCo 



Bathykles 



128 



99, aber eine probable Deutung d££ ShlaS frZht ^ "^ T 11 * 6 ' w <* en des Wider " 

und Fischfussler wird sich ™? auf Gnmd "fuer C p a 'l° ^ f 6 ^ ZU der B <^eibu„g 

Funde geben lassen. Auch die VerteiW dTeser nW w/^ -"l^' *£ u D nmSglich; denn nach 
beiden Classen yon Stiitzfiguren mach SchwieX d f %^ T^^ ^ SphiMe ' Sondern auch 
keit, doch liegt es, da wifzu dHanatarTwe!" dL£^ n*?,?*?* U " tCT ^ Pferden der 
terer unfigurlicher Stiitzen durch nichts bwechto ™ l«tn £• V° d ^ 5"" 1 : Um den Wi der S pruch 
sind, am nachsten, die vier Madchen mit den S so & ? 10s ' £ l lren und B^ » die Rata, tauschen, 
Ecken des Hyakinthosaltars corresCdieren TninLiS eibt docb ™r noch das Bedenken, dass bei 
lassen, zumal an der Vorder^te d^^^s " 10 itr^T/^f *? f*^ ™ ihn Furt " 
nung wegen Mittelstiitzen, wie sie IhnlYch auch J^iF " ™ rf Z61gt ' die Wahl des Aus " 

Purtwanglerannimm^kaumzuentffen™ S SS T° "* Jl fr" f ? tatt **' ^^ namIich 
Als Eckstiitzen fungierten dann dL ShJesta?' ?^f ^T ^ ^"^ ware. Dieser 
ten, die so in der That rechts nnd li^k, Sph ^ ,, Tlelmehr ■ 3 **** Spbinxe und Bestien un- 
weiblichen Tragern , soVX den VO rde rn 1 Sen l7f ^ ""^ ^ P £ erden ZU denken sind " End " 
hintern, zu stehen kommen Ob dTe EcMdna und IzL™ M Uch dle Bezeichnung der Stelle der 
der Typhon einer-, die Tritonen aXerseirs ™„ tanZOna . en M . an ™F als *"»«*«» hochst unpassend, 
weise'verbunden 'die BcSteTbUdS ^" Z 1 ne, ^ , * 1 R P !- rt ' i,lgl,r ' auf demselben 
ob nur eine dieser Figuren als EcfaS dt on« U -T*i- den B ^ tien S estand en batten. Hin- 
andere als seitliche MitfelstLe dint muL dt °S ^ — Furtwangler aus dem Aus- 
hmgestellt bleiben; doch erscheint let'zterefvon I £ . o^WoXiS^und^lT^r ^f^' 
vornherem als das wahrscheinlichere. Wenn also b™ «1„ j n 5 ™ n lhnen untrenn - 
spater Pausanias die Beschreibung der auf de? IZZ It J und B / st J ei1 m Belief gebildet 
Innenseite des Thrones angebrachten Reliefs van Z i?'/ ««™« Bedeutungr; sie wird bestatigt 
den Tritonen an' beginnt so heisst das so vie? W " M S ' cherbeit zu erschliessende Vor- 
wie von der rechten Seite Da ma „ unter den i"^ 861 " ^ ?*? hriften - ohne d « Pausanias 
Thron, d. h. unter die Sitz- oder Siger Stand iTft^ Wissen k8nnen > welcher d ^ 

flache de S Idols hinuntertreten konnte To mSse„ ^ter Slur Strf" ^ Als ? eei g"«t- 
die genannten acht Stiitzfigurei. raindestens leW <m £»„£ ■ I- o Re'iefcomposition rait nnver- 
gross gewesen sein. minoestens lebens- 30 kennbar in die Hohe strebender Tendenz stellen 

Wenn ferner die Standflache wie die sie vor S fTS 11 der runden ' nach den Vord er- 

bereitende Form des Fundaments erkennen \LZ~ ?Xl ^ Slt ^ ehe ™™^ ausgesehweiften 

an der Hinterseite abgorundet war k Tkann aurh ^Tl »• ^\ m ° gm ZU unterst die Bestie ". 

die nach Furtwanglers richti>er Bemerkuno t ™L ^ n * er 1 tat 1 ze . n aufgerichtet und von dem 

H0he gewiss weit hinter dem KulSd zurfck lltZ f* ghl t &m " ach oben laufend - s « 

bleibende Lehne nicht die gerade Form eehabt SSut u ? be ^ eme . R f»? ™& glucklichste aus- 

haben die ihr alle bisherfgen BaSSof S iSL^elTanfotw^ ^ ^^ 

versuche, auch der Furtwanfflersche srahpn „ \a- ' e " al T ganz oben (jrpo ? tots avco niga- 
Manwird sie sich rund und nach^ ie„ Vordefecken 40 seii ^Vr^T^^ mm angebracht geweL 

zu abfallend zu denken haben, wie bei ^ den oben SwJ f ? \ Y ? h ^ i f 8s | warea fiir alle di ^« 

erwahnten Cxrabsesseln aus Chiusi Xin! fy g I "f ? e ?° he der Anbri ngi«g geboten. 

Marmorsesseln romischer Zeit A„ ihrer hSen !iTT fe H del ri J ^ ne ^ edurfte - da * e Etiok - 

Stelle, also im Biicken des Idols wareTtanzende S?? d ^ daS / do1 verdeckt wurde »«d die 

rov # e A,oy). Es war ein in Marmor verewie-ter m-Jc^i ^ u , der an dem Thron »» 

Reigen zu Ehren des Gottes, KHRwE fS angebrachten Beliefs ist die Mei- 
tanzenden Bronzefiguren aus Olymp^rBronzen S0 "™PJ erschlede "heit gross. Pausanias zahlt sie in 
von Olympia Taf. XVI 263) und Hem Daidalos A Tt f fl' T denen J die zweite nach s «»er 

zugeschriebene Beigen zu Ehren der Ariadne ver tt r "" ^ et ™? tet w ? rden konnte - wenn ^an 
gleichen lassen. Venn ttber den Pk?z diLer L™ -Tf ^ ^^ h ^j. nt ^ Siekanxi also 
tanzenden Figuren im a%emeLn EiniX t 12 Zhl er Innense 'H unte j: ha »> d «r Standflache an- 
herrscht, so gehen die Ansichtf nlber det^ i de ^vo ^ bracht / ewesen sein - H.ngegen war die erstere 
her vou Pausanias erwahnten Dioskuren um so" S l^™ IZ aus |f n , s i chtbar - Pausanias er- 
weiter auseinander. Sie befanden sich nach ihm BeSf, Z S t ^ Stu * zfi ^ re " • ^ber vor den 
^o,- T0& &w ^ , unter ih P fe rden t arP n I f , der ^ ehne " ,Pi e alteren Eeconstructio- 
Sphinxe und nach oben laufende Bestien auf de? «n t.n v f ^.len die^e Relxefs auf die vorausgesetz- 

einenSeite ein Panther, auf der ande r „ eine Lo win 6 ° auf ^^Ta^T. ^ deren <*™™&. 
angebracht (*«; „ v fy y£S ri dmv ^ e ™ *£ ™> *f f le Stirnseiten des Sitzbrettes, auf die Seiten- 

* rov nokvdzvxrjr UatlaV Fu rtwf n Se^s An fnH R- m * rarm . orwande - die bei ihm die Seiten- 

ordnung, die Sphinxe au den obeTen Ecken die Sen nnf A^ ^T' Z 1 e D in 0rdnet sie auf der 

Dioskuren und die Bestien auf den flbefstehenden Zf?" ^ Auesens « te der K^k- und Seifcenlehne 

Enden zweier Querbalken der nach dem M us ter A ZJ« $ ™5- F*^^^ endlich bringt 

Fischer Terracottasessel entworf^n ^ ^^^-^^^^^^ 



129 



Bathykles 



Bathykles 



130 



nen Biicklehne, die kleinere auf supponierten Quer- Medusa. 7) Herakles kampft mit dem Giganten 
riegeln unter. Der Frage, wie bei einer so hohen Thurios, Tyndareos mit Eurytos. Herakles allein 
Anbringung der grOsseren Gruppe die Reliefflguren ohne Zeus und Athene einen einzelnen Giganten 
flberhaupt noch kenntlich sein konnten, begegnet bekampfend ist in der antiken Kunst ohne Bei- 
Furtwangler durch die Annahme, dass aus dem spiel; denn mit den Alkyoneusdarstellungen hat 
Innern des Thronbaues ein Zugang auf die Stand- es seine besondere Bewandnis (s. Herm. XI x 973ff.). 
flache gefuhrt hahe und dass von diesem Platze Ein Gigant Thurios ist anderweitig nicht bezeugt. 
aus auch die bei Pausanias vorliegende Beschrei- Der Wortlaut naQsvti 8s 'HQaxlsovg fiaxnv tiqos 
bung aufgenommen worden sei. Er sowohl wie Oovqiov xa>v yiydncov xal TvvSaQew tzqos Evqv- 
Klein gehen bei ihrer Reconstruction davon aus, 10 xov fitsst nach dem Sprachgebrauch des Pausanias 
dass es sich um Bronzereliefs handle, eine Vor- nur die Auffassung zu, dass auch Eurytos zu den 
aussetzung, die durch den Tzunt as sehen Fund hin- Giganten gerechnet wird, unter denen er ja offcer 
fllllig geworden ist. Da nun auch die Annahme z. B. bei Apollod. I 6, 2, 2 genannt wird, und 
von Querriegeln zwischen figurlichen Stiitzen nicht dass also, allerdings seltsam genug, auch Tynda- 
allzu viel fiir sich hat, so bleiben fur die im Innern reos als Mitkampfer gegen die Giganten angenom- 
angebrachten Reliefs nur die Schwingen der Stand- men ist. Da aber Eurytos hier zweifellos der bei 
flache iibrig, die bei einem solchen Marmorbau Alkman frg. 23, 10. Apollod. TH 10, 5 u. 0. er- 
doch wohl die Form eines ionischen Gebalkes ge- wahnte Sohn des Hippokoon ist, so wird man auch 
habt haben werden. Man wird sich also die Beliefs in Thurios einen der Hippokoontiden oder Deri- 
friesartig geordnet zu denken haben, sei es dass 20 tiden zu erkennen haben, dessen Name nns zufallig 
dieser Fries unmittelbar auf den Ktipfen der Stutz- sonst nicht iiberliefert ist. In Wahrheit stellte 
figuren ruhte oder dass, was wohl wahrscheinlicher also die Scene den Kampf des Herakles und 
ist, ein Architrav zwischengeschoben war. In der Tyndareos mit den Hippokoontiden dar; s. auch 
ersten grOsseren Serie hat man somit die aul der Diels Herm. XXXI 341ff. 8) Eaub der Leu- 
Aussenseite des Frieses angebrachten Beliefs zu kippiden. 9) Hermes tragt das Dionysoskind in den 
erkennen. Aber wahrend dieser aussere Fries ver- Olymp (richtig bemerkt Brunn, dass er es viel- 
mutlich um den ganzen Thron herumlief, scheint mehr zu den Nymphen tragt). 10) Herakles wird 
der innere nur bis zu den seitlichen Stiltzfiguren von Athena in den Olymp gefuhrt (dass sich die- 
gereicht zu haben, denn von diesen — and z<ov selbe Scene auf dem Hyakinthosaltar wiederholt, 
Tgirwvoiv — hebt die Beschreibung an. Das 30 ist wiederum kein Grand, an der Richtigkeit der 
erklart sich ohne Schwierigkeit durch einen Blick Deutung zu zweifeln und an eine auf die Figuren 
auf die erhaltenen Fundamentreste; denn die des Herakles und der Athena beschrankte mythische 
hinteren Ecken des Altars liegen der Rundung Genrescene zu denken, wie Furtwangler thut). 
des Thrones so nahe, dass man den Zwischenraum 11) Peleus bringt den Achill zu Chiron. 12) Eos 
schwerlich betreten konnte. Auch versteht man raubt den Kephalos. 13) Die Getter bringen zur 
auf diese Weise, warum Pausanias vom ausseren Hochzeit der Harmonia Geschenke. 14) Aohilleus 
Fries fast doppelt so viel Scenen aufzahlen kann, kampft mit Memnon. 15) Herakles bestraft den 
als vom inneren. Diomedes (mit Recht denkt Furtwangler an 
Die Scenen des ausseren Frieses waren: 1) Zeus die auf griechischen Skarabaeen dargestellte Scene, 
und Poseidon entfilhren die Tfichter des Atlas, der 40 wie Diomedes seinen eigenen Rossen zum Frass 
die Scene abschloss (so richtig Brunn und Furt- vorgeworfen wird; ein Zweikampf zwischen Hera- 
wangler, wahrend Klein die Figur des Atlas als kles und Diomedes ist weder litterarisch noch 
besondere Scene abtrennen will). 2)Herakles kampft bildlich bezeugt). 16) Herakles totet den Nessos. 
mit Kyknos. 3) Herakles im Kentaurenkampf (^ 17) Hermes fiihrt die drei Gottinnen zu Paris. 
Tiaga <P6).q> z<ov KevtavQwv ftd^t] ; die beabsich- 1 8) Adrast und Tydeus trennen Amphiaraos und 
tigte Antithese zu der fiovo/taxia xgd$ Kvxvov Lykurg (nach dem schlagenden Nachweis von 
widerlegt die Annahme Furtwanglers, der mit Overbeck Her. Gall. 114 und Stephani Par. 
Berufung auf Schubarts unnotige Anderung x<p arch. YI 15-9f. sind hier die Beischriften Amphia- 
Kevzavgq) die Scene dargestellt glaubt, wie Pholos raos und Tydeus auf die falschen Figuren be- 
das den Kentauren gemeinsam gehorige Fass in 50 zogen : Tydeus und Lykurg waren die Streiten- 
Gegenwart des Herakles Offnet). 4) Theseus fiihrt den, die von Amphiaraos und Adrast getrennt war- 
den gefesselten Minotauros mit sich fort. Nach den). 19) Hera auf die kuhgestaltete Io blickend. 
Diimmler Arch. Jahrb. H 1887, 22 hatte Pau- 20) Athena vor Hephaistos fliehend. Es befremdet 
sanias ein altertumliches Schema des Minotauros- einigermassen diesen in Athen erst in der zweiten 
kampfes missverstanden. Eher mOchte man an Halfte des 5. Jhdts. auftauchenden Mythos (s. 
eine Darstellung des Vorgangs wie auf der Schale Pr eller-Eobert 198, 2. Robert Marathon- 
des Aison (Ant. Denkm. II 1) denken. Dass der- schlacht 75) schon auf einem so alten Bildwerk 
selbe Mythos auf dem inneren Fries wiederkehrt, zu finden , und man mOchte daher am liebsten 
berechtigt uns nicht, an der Deutung zu zweifeln, annehmen, dass Pausanias die Situation missver- 
da dort auch Herakles im Kentaurenkampf wieder- 60 standen habe. Aber immerhin ist die Existenz 
holt wird. Den marathonischen Stier, an den einer alteren ionischen Sage von einer Werhung 
Stephani, Klein und Furtwangler denken, des Hephaistos um Athena, aus der dann jene 
wflrde Pausanias schwerlich mit dem Minotau- attische Sage sich entwickelt haben wtirde, wohl 
ros verwechselt haben. 5) Die Phaiaken tanzen mOglich. Nur ist naturhch bei der Scene am amy- 
zum Gesang des Demodokos (ohne Grand nimmt klaeischen Throne jeder Gedanke an die Erzeugung 
Klein an, dass Pausanias den Beigentanz des des Erichthonios fernzuhalten. 21) Herakles totet 
Theseus und der athenischen Kinder in dieser die Hydra. 22) Herakles holt den Kerberos herauf. 
Weise missverstanden habe). 6) Perseus totet die 23) Die Sohne der Dioskuren, Anaxias und Mna- 

I'aulj'-Wissowa III 5 



131 



Bathykles 



sinoos, zu Eoss und ihr Vetter Mkostratos , der 
Sohn der Helena, mit seinem Stiefbruder Mega- 
penthes, beide auf demselben Pferd. Kleins Ge- 
danke, dass letztere Angabe auf einem Sehfehler 
des Pausanias beruhen kOnne, ist nicht so ohne 
weiteres abzuweisen, wie es von Furtwangler 
geschieht, zumal wenn man sich vergegenwartigt, 
dass sehr wohl ein Wettrennen dieser vier Heroen- 
knaben dargestellt gewesen sein kann. Dass zwei 



. B „ ..„„„„„„ „„„„. ^„ 00 n „^ ^uuciiiimus auigenuuiiu™ wuraei. vier weiten 

Keiter aui demselben Pferd auch sonst m der 10 Scenen, die arkadische Kentauromachie , Nessos 



Bathykles 132 

Dadurch ist fur die Annahme von Irrtumem eine 
feste Schranke gezogen. Die Situation kann miss- 
verstanden sein, aber die tiberlieferte Benennung 
der Figuren muss, von den genannten Fallen ab- 
gesehen, fur gesichert gelten. 

Was den Stoff der Darstellungen angeht, so 
ist Herakles nicht weniger als neunmal vertreten, 
darunter viermal mit Thaten, die spater in den 
Dodekathlos aufgenommen wurden. Vier weitere 



133 



Bathykles 



Bathykles 



134 



griechischen Kunst nachweisbar sind (Mars Arch. 
Zeit. 1885, 271), ist kein triftiger Gegengrund. 
24) Bellerophon tOtet die Chimaira. 25) Herakles 
entfuhrt die Binder des Geryoneus. Statt dieser 
25 Scenen zahlen Brunn und Furtwangler 27, 
indem sie die 7. und 23. in zwei zerlegen, Klein 
28, indem er ausserdem nock in der ersten den 
Atlas abtrennt. Bine bestimmte formelle Eespon- 
sion glaubte Brnnn herstellen zu konnen, indem 



er innernalb seiner 27 Scenen grtssere und kleinere 20 tiden und LeuMppiden und die Sehne der Dioskuren 



Kyknos und die Einfuhrung in den Olymp (vgl. 
Journ. Hell. Stud. 1884 pi. 41; dann von der rotflg. 
Vasenmalerei ubernommen, Sosiasschale und die 
gegenstandlich mit ihr zusammengehorige Vasen- 
gruppe) gehSren zum festen Typenbestand der 
archaischen Kunst, wahrend die neunte, der Kampf 
mit den Hippokoontiden, offenbar aus localer Efick- 
sicht neu geschaffen ist. Denselben localen Charak- 
ter tragen die Scenen 1. 8. 23: Eaub der Atlan- 



zu unterscheiden suchte und auf diese Weise drei 
neungliedrige Gruppen erhielt, in denen jedesmal 
eine figurenreiche Darstellung in die Mitte und 
an die Ecken zu stehen kommt (Kunst bei Homer 
22ff.; Kunstgeschichte 178ff.). Furtwangler, 
der ihm hierin folgt, ordnet diese drei Gruppen 
reihenformig auf der Rucklehne an. Einem solchen 
Versuch stellt sich von vornherein das Bedenken 
entgegen, dass Pausanias, wenn er auch wahr 



und des Menelaos. Von den ubrigen Scenen ent- 
halten neun mehr oder weniger typische Darstel- 
lungen aus der Gotter- und Heldensage, darunter 
drei aus dem troischen Kreis (11. 14. 17). Alte 
Typen in neuer Verwendung scheinen zweimal vor- 
zuliegen, beim Chortanz der Phaiaken (5), der wohl 
in der That aus dem Eeigen der athenischen Kinder 
aufDelos, den Klein statt seiner einsetzen will, 
entwickelt war, und bei der Hochzeit der Harmonia 



, •=. °~ v ,. „ — »•"""•». "^- " ou<^ nam- ciibwiuitBio war, una oei aer nocnzeit aer riarmoma 
scneinlicn die Scenen vollstiindig aufzahlt, doch in 30 (13), die in dem gleichen Verhaltnis zu dem auf 
der Anerabe der Fhruren. wie die einleitflTidpTi Hon Vbooti a« tthkoo „-„a q~„i,;i„„ „„i: j__ 



der Angabe^ der Figuren, wie die einleitenden 
Worte d>s <5s SyXwoai ovMajlovTi lehren, durchaus 
keine Vollstandigkeit anstrebt, Es ist daher keines- 
wegs gesagt, dass scheinbar kleine Scenen, wie 
2. 4. 5. 6. 9. 12. 16. 19. 24 wirklich nur aus den 
beiden Figuren bestanden haben, die Pausanias 
als die fur die Deutung massgebenden allein er- 
wiihnt. Vielmehr kann in alien diesen Fallen der 
Kern des Typus durch eine Eeihe anderer Figuren 
erweitert gewesen sein, z. B. die Kyknosscene 40 
durch die "Wagen der Kampfer und die Gestalt 
des Zeus, der Minotauroskampf durch Ariadne und 
die athenischen Kinder, die Totung der Medusa 
durch die fliehenden Gorgonen und die gOttlichen 
Begleiter Hermes und Athena, der Eaub des Ke- 
phalos durch seine Eltern und GeSpielen u. s. w. 
Sieht sich doch Furtwangler selbst genotigt, 
der voraasgesetzten Eesponsion zu Liebe in 9. 
19. 22 Figuren einzusetzen. von denen Pausanias 



_.„.. ....vu, ,™ uguclI1 „„ MUlas mc *uiueienuiig uazu, aiso uie itucKKenr des 

nichts sagt, wie er andererseits um desselben Prin- 50 Hephaistos in den Olymp, wie auf der Francois- 



den Vasen des Klitias und Sophilos vorliegenden 
Schema der Thetishochzeit gestanden haben wird. 
Vielleicht war d'asselbe bei der Streitscene zwischen 
Tydeus und Lykurg der Fall, die man, einen Ge- 
danken von Jahn (Ber. Sachs. Gesellsch. 1853, 
2lff.) etwas modiflcierend , aus dem Typus des 
Streits zwischen Aias und Odysseus (s. Robert 
Bild und Lied 2l3ff.) ableiten konnte. Ganz singular 
ist endlich 20 Athena und Hephaistos. 

Der innere Fries enthielt 14 Scenen: 1) Die 
kalydonische Jagd. 2) Herakles im Kampf mit den 
Aktorionen. 3) Die J3oreaden verfolgen die Har- 
pyien. 4) Theseus und Perithoos rauben die Helena. 
5) Herakles und der L6we. 6) Apollon und Artemis 
tGten den Tityos. 7) Herakles im Kampf mit dem 
Kentauren Oreios. 8) Theseus und Minotauros. 
9) Herakles und Acheloos. 10) Hera von Hephaistos 
gefesselt (doch wohl ihre LCsung oder vielmehr 
die Vorbereitung dazu, also die Euckkehr des 



tips willen anscheinend ausgedehnte Compositionen 
wie 3 und 10 unter Annahme eines Missverstand- 
nisses der Beschreibung auf zwei Figuren be- 
schranken muss. Wenn aber diese beiden Mog- 
lichkeiten zugegeben werden, kann das ganze Prin- 
cip auf Probabilitat kaum noch Anspruch erheben. 
Nur in einem Falle bei der ersten und achten 
(nach Brunn und Furtwangler neunten) Scene, 
dem Eaub der Atlantiden und dem der LeuMppiden, 



vase). 11) Die Leichenspiele des Pelias. 12) Mene- 
laos ringt mit Proteus (auch hier nimmt Klein 
ohne Grand an, dass Pausanias eine Darstellung 
von Herakles Eingkampf mit dem Halios Geron 
in dieser Weise missverstanden habe). 13) Admet 
schirrt Lowen und Eber an seinen Hochzeitswagen. 
14) Die Troer bringen dem Hektor Totenspenden, 
of Towns ijii<pigovte; joas "Extoqi. Nach Klein 
und Furtwangler vielmehr Hektors Losung; 



— u^uuv^ucuc^ppucu, unu e un w augier vieimenr ±leK:tX)rs L/6suner; 

scheint die Eesponsion klar zu Tage zu liegen.60die von den Begleitem des Priamos als LOsegeld 

Man WITH narans vipllpi/»>if 4Vilm»™ Aa-^fr.-^ A~ nn «„* n .^- t__t__ t» . rt _ °»„ 



Man wird daraus vielleicht folgern durfen, dass 
diese Darstellungen an den Ecken der Vorderseite 
angebracht waren, so dass auf den geraden Teil 
des Frieses 8, auf den halbkreisfOnnigen 17 Scenen 
kamen. 

Die bei der siebenten und aehtzehnten Scene 
constatierten Missverstandnisse zeigen zur Evidenz, 
dass die Figuren mit Beischriften versehen waren. 



getragenen Gefasse habe Pausanias falschlich ftir 
Behaltnisse von Gfabesspenden gehalten. Die An- 
nahme ist mSglich, aber nicht zwingend; denn sehr 
gut konnte wie auf dem homerischen Becher D 
(50 Berl. Winckelmannsprogr. 26) der raq>og °Exxo- 
qos dargestellt gewesen sein, auch wenn das Epos 
eine solche Scene nicht kennt. 

Von diesen vierzehn Scenen haben wieder zwei 



einen ausgesprochen localen Charakter, der Eaub 
der Helena und der Eingkampf des Menelaos mit 
Proteus. Da sie an vierter und zwOlfter Stelle 
erscheinen, lasst sich die Frage aufwerfen, ob diese 
auf einheimische Heroen beziiglichen Darstellungen 
nicht wieder die Enden der Vorderseite einnahmen. 
Diese hatte dann neun Scenen enthalten, wahrend 
Techts uber den sog. Tritonen deren drei, links 
iiber den Schlangenfusslern zwei angebracht ge- 
wesen waren. Der Eingkampf des Menelaos wird 10 
wohl — insoweit mag wieder Klein Eecht haben — 
in der That nach dem Schema des mit dem Meer- 
greis ringenden Herakles gebildet gewesen sein. 
Auf Herakles kommen wieder vier Scenen, dar- 
unter eine aus dem Dodekathlos. Singular ist der 
Kampf mit den Aktorionen, falls nicht die Ofters 
auf sehwarzflgurigen Vasen begegnende meist als 
Gigantomachie gedeutete Darstellung des mit zwei 
Hopliten kampfenden Herakles sich eben auf diesen 
Mythos bezieht. Von den ubrigen 8 Scenen ge-20 
horen 6 zum archaischen Typenbestand, wahrend 
die beiden letzten, Admet mit seinem wunder- 
baren Gespann und die Grabesspende fur Hektor, 
sich bis jetzt auf altern griechischen Kunstwerken 
noch nicht gefunden haben. Auffallend ist, dass 
unter samtlichen 39 Scenen nur eine, der Kampf 
mit Tityos, oder, wenn man die Admetscene hinzu- 
rechnen darf, zwei eine directe Beziehung zu Apol- 
lon haben. 

Licht empfingen die Beliefs des inneren Frieses 30 
sowie der Hyakinthosaltar und der ganze Eaum 
unterhalb des Thrans nicht nur von der Seite, son- 
dem auch von oben durch die zwischen den Mar- 
morplatten der Standflache gelassenen Zwischen- 
raume. Denn der Teil des Thrones, auf dem, 
wie Pausanias es ausdrilckt, der Gott sich hatte 
niedersetzen konnen, bildete keine ununterbrochene 
Flache, sondern bestand aus einer Anzahl Marmor- 
balken, die wie die Ruderbanke eines SchifFes oder 
die Sparren eines Daches in bestimmten Abstan- 40 
den gelegt waren. Zwischen den beiden mittelsten 
war der Abstand grosser und hier war die Basis 
des Bildes so eingelassen, dass sie auf der Ober- 
flache des Altars aufeass (tov &qovov 6e fj xa&i- 
£ouo av 6 ■&eog ov dia Jiavzo; xaxa tovro avve- 
Xovg ottos, aXXa xa^iSgas nage)(OfiEvov ji).Eiovas, 
jiaga dk xafiddoav ixaarr/v Xeuiofievrjg xal evgv- 
Xcoglas, to jxiaov ioiiv siigvxwgks /tdi.toza xal to 
ayaXfia ivxavd-a evsatrjxsv). Die Zeichnung bei 
Furtwangler giebt von diesem Arrangement, 50 
abgesehen von der viel zu gross angenommenen 
Breite, ein im wesentlichen gewiss richtiges Bild. 
Nur entbehrt die im Text vorgetragene Annahme, 
dass diese Zwischenraume {evgvx<oQiai) vertiefte 
sitzartige Flachen gewesen seien, in denen man an 
hohen Festtagen noch andere Gotteridole aufge- 
stellt hatte, sowohl der Begriindung als der innem 
WahrscheinKchkeit; sie scheint auf einer falschen 
Auffassung des Ausdrucks xa&e&gai zu beruhen, 
die um so weniger gerechtfertigt ist, als auch bei 60 
Furtwangler diese Balken eher alles andere 
als Sitzbanke sind. 

Das Idol schante, wie die Orientierung des 
hufeisenfOrmigen Fundaments lehrt, nach Nord- 
osten. Die hnke Seite des Altars, in der sich 
nach Pausanias eine eherne Thur befand, durch 
welche die dem Hyakinthos bestimmten Toten- 
spenden in die Gruft gelangten, war also die Cst- 



liche, und damit steht im Einklang, dass Tzuntas 
siiddstlich von dem Thronrundament Spuren von 
Brandopfern und Eeste von Weihgeschenken ge- 
funden hat. Hier im Osten wurden also dem 
Apollon die Opfer gebracht, denen die Spende an 
Hyakinthos vorausging. Dass man durch jene 
Thur in das Innere des Altars hineingehen konnte, 
wird vielfach angenommen und ist sehr gut denk- 
bar, folgt aber aus den Worten des Pausanias is 
tovtov 'Yaxiv&cp tov fico/iov iia dvgas xalxi)s 
kvayi£ovoiv keineswegs mit Notwendigkeit. Die 
GrOsse der Thure ist somit ganz unsicher, und so 
muss es auch unentschieden bleiben, inwieweit 
sie in den Reliefschmuck eingriff. 

Dass die Beliefs des Hyakinthos altars gleich- 
falls von B. herriihrten, sagt zwar Pausanias nicht 
ausdriicklich , da sie aber sicherlich aus spaterer 
Zeit stammen als das Idol, und die Herstellung 
des Thrones den Hyakinthosaltar keinesfalls ganz 
unberiihrt lassen konnte, so hat die von Klein 
und Furtwangler vertretene Zuteilung an B. 
manches fur sich. Aus den Angaben des Pausanias 
Genaueres fiber die Abgrenzung und Bedeutung 
der Scenen zu ermitteln, haben Trendelenburg 
Bull. d. Inst. 1871, 124 und an ihn anknlipfend 
Klein und Furtwangler versucht. Die An- 
nahme der beiden letzteren, dass sich der Eelief- 
schmack auf die Vorder- und die beiden Neben- 
seiten beschrankte, wird auch durch den von Tzun- 
tas aufgedeckten Grundriss empfohlen. Cberdies 
scheint eine Scheidung in drei Scenen bei Pausa- 
nias selbst angedeutet zu sein. Auch der Gegen- 
stand dieser Scenen ist im allgemeinen klar: 
1) Einfuhrung des Dionysos, seiner Mutter Semele 
und seiner Pflegmutter Ino in den Olymp oder 
correcter und der mythologischen Anschauung ent- 
sprechender: Einfuhrung der Semele und Ino durch 
Dionysos. 2) Einfuhrung des Hyakinthos und seiner 
Schwester Polyboia. 3) Einfuhrung des Herakles. 
Fest steht auch, dass zur ersten Scene Iris oder, 
wie Pausanias auf Grund der dialektischen Bei- 
schrift sagt, Biris, Poseidon, Amphitrite, Zeus im 
Gesprach mit Hermes, Dionysos, Semele und Ino, 
zur zweiteu die Moiren und Horen, Aphrodite, 
Athena und Artemis, Hyakinthos und Polyboia, 
zur dritten Herakles und Athena, die Thestiaden, 
Musen und Horen und eine Anzahl von Pausanias 
nicht namhaft gemachter Gotter gehOrten. Allein 
zweifelhaft ist, ob die Gruppe Demeter, Kore und 
Pluton zur ersten oder zur zweiten Scene gehOrt, 
da die Annahme, dass mit der zweimal wieder- 
kehrenden Formel mnoirixai Ss Ixi tov jScoptov xod 
zu einer andern Seite des Altars tibergangen werde, 
so nahe sie zu liegen scheint, doch mit Kiick- 
sicht auf den Sprachgebrauch des Pausanias keines- 
wegs fur sicher gelten kann. Zur ersten Scene 
gezogen wurde sie einen guten Abschluss geben 
und den Ort bezeichnen, von wo Semele und Ino 
weggefuhrt werden; an den Anfang der zweiten 
Scene gestellt wurde sie bewirken, dass der Zug 
der zweiten Scene in anderer Richtung dargestellt 
werden musste als der der ersten, obgleich beide 
dasselbe Ziel haben. Da ferner dieses, der Olymp, 
nur auf der einen Seite durch Zeus und seine Um- 
gebung angedeutet ist, wurde man wunschen, alle 
drei Scenen zu einer Einheit zusammenfassen zu 
kOnnen, wie dies Klein versucht. Allein ein 
solcher Versuch scheitert an dem Umstand, dass 



135 



Bathykles 



Bathykles 



136 



137 



ausser den Horen Athena sowohl fur die zweite Pausanias III 10, 8 aber nicht fur diesen, sondern 

als die dritte Seite bezeugt ist, und so gern man fur den amyklaeischen Apollon verwandte Gold 

in dei Hyakinthosscene statt ihrer Apollon ein- nicht nur zur Vergoldung des Gesichts, von der 

setzen mCehte, dessen Fehlen bei diesem Vorgang Theopomp allein etwas weiss , sondern auch zur 

kaum zu begreifen ist, so verbietet sich dieses Verkleidung des Thrones gedient babe; mit dem 

doch durch die aus der Namensform Biris mit Material habe Kroisos auch den Kiinstler geliefert. 

Sicherheit anzunehmende Thatsache, dass die Fi- Die augenscheinliche Unsicherheit dieser Combi- 

gnren mit Beischriften versehen waren. Aus nation ist durchFurtwiinglers eingehende Kritik 

demselben Grunde ist es unzuliissig, die zweimal der Uberlieferung noch besonders klar gestellt wor- 
vorkommenden Horen das eine mal durch die Chari- 10 den. Dagegen hat Klein wohl mit Recht den 

ten zu ersetzen. Noch weniger aber geht es an, Kiinstler von Magnesia mit dem Arkadier B. iden- 

sie mit Siebelis das einemal dadurch zu elimi- tiflciert (Athen. XI 495 D. Diog. Laert. I 28. 

nieren, dass man das Wort an der zweiten Stelle Plut. Sol. 4; sept. sap. conv. 13), dessen goldner 

als verkehrte Wiederholung aus der ersten streicht Becher in der altesten auf Hellanikos zuriick- 

(MoTgai zs xal r Qgat — Movaal zs xal t Qq<u) ; gehenden Fassung der Novelle von den sieben 

denn einen Satz, wie tiol 8s xal at Osottov fivya- Weisen in ahnlicher Weise bei diesen die Runde 

zsqss sal zqi (Swfiqi xal Movoat wiirde Pausanias macht, wie in der jungeren der Dreifuss (H. Wulf 

nur bilden, wenn er einen auf die Musen beziig- De fabellis cum eollegii septem sapientium memoria 

lichen loyog folgen lassen wollte , was er aber coniunctis, Dissert, phil. Halens. XIII 185f. 203ff.). 
hier nicht thut. Auch die Thestiaden hat man20Daraus ergiebtsich zwar, dassB. schonim 5. Jhdt. 

durch Annahme eines Lesefehlers entfernen wollen, in ahnlicher Weise eine legendarische Figur gewor- . 

wahrend doch gerade in Amyklai ihre Heroisie- den war, wie Theodoros von Samos, aber eine 

rung sehr begreiflich ist. Somit wird man sich chronologische Folgerung lasst sich bei der Frei- 

in alien diesen Fallen bei den von Pausanias iiber- heit, mit der sich die antike Novelle uberhaupt und 

lieferten Namen beruhigen und mit der Thatsache die von den sieben Weisen insbesondere iiber zeit- 

abfinden rnussen, dass drei zeitlieh getrennte Vor- liche Abstande hinwegsetzt, daraus nicht Ziehen, 

giinge dargestellt waren, von denen man sich am Wollte man dennoch daraus einen Anhalt zu ge- 

wahrscheinlichsten mit Furtwangler die zweite winnen versuchen, so wiirde die Ansassigkeit des B. 

(HyaMnthos)aufder Vorderseite, die erste (Semele) in Arkadien, also sein Verbleiben im Peloponnes, 
und dritte (Herakles)_ auf den beiden Nebenseiten 30 gerade mehr fur die Silligsche als die Klein sche 

vorzustellen haben wird. Hypothese sprechen. Ebenso unsicher ist der An- 

Ausserdem befanden sich im Amyklaion von halt, den die Bildwerke selbst geben. Ein grosser 

der Hand des B. auch noch die Statuen der Artemis Teil der Darstellungen gehSrt zwar zu den Typen 

Leukophryene und der Chariten, also der Haupt- der archaischen Kunst, aber zu solchen, die sich bis 

gottin seiner Vaterstadt und ihrer gottlichen Die- tief in die Periode der rotfigurigen Vasenmalerei 

nerinnen, Weihgeschenke zum Dank fur die gliick- erhalten. Richtig beobachtet scheinen auch die 

liche Vollendung des grossen Werkes, wie Pausa- mannigfachen Beruhrungspunkte mit den Bronze- 

nias gewiss auf Grund der Votivinschrift angiebt. reliefs des Gitiadas im Tempel der Chalkioikos, 

Auch den Lehrer des B. und den spartanischen aber soweit es sich dabei nicht urn typisches Ge- 
KOnig, unter dem der Thron errichtet wurde, fand 40 meingut handelt, also namentlich bei der epichori- 

Pausanias in seiner Quelle angegeben. So gewiss schen Darstellung des Leukippidenraubs, bleibt die 

der letztere der Inschrift entnommen war, so sicher Frage offen, ob B. oder Gitiadas der empfangende 

beruht der erstere auf blosser Combination eines ist. Als die Zeit des Kfinstlers wird sich also bei 

antiken Kunstschriftstellers, da Angaben liber den dem jetzigen Stand unseres Wissens nur sehr all- 

Lehrer und die Schule in antike,n Kiinstlersigna- gemein das 6. Jhdt. bezeichnen lassen, wobei aller- 

turen vor dem letzten Jhdt. v. Chr. etwas Un- dings die grfissereWahrscheinlichkeit fur die zweite 

erhortessind. Diese wichtigen Notizen hat indessen Hiilfte spricht und selbst die Moglichkeit offen 

Pausanias seinen Lesern vorenthalten : 6'zov 8k gehalten werden muss, dass er in den Anfang 

ovrog 6 Ba&vxlrit; fwdijzrjg iysyovu tj xov &qovov des 5. gehSrt. 

e<p ozov fiaodevovzog Aaxedaifiovl<ov sTzotyoE, zd- 50 Auch die von Pausanias verschwiegene Schule 

8s ph jiaQiriiu. Man hat diese Unterlassungs- des B. hat Klein auf dem Wege der Combina- 

siinde durch historische Combinationen zucompen- tion ermitteln wollen, und Furtwangler ist ihm 

sieren gesucht. Sillig, dem die meisten Neueren gefolgt. Er soil dem samischen Kiinstlerkreiseange- 

(Brunn, Furtwangler, Collignon) gefolgt horen, von Rhoikos und Theodoros beeinfiusst sein 

sind , bringt die Thatigkeit des B. in Lakonien und seinerseits wieder den Lakonier Gitiadas, den 

mit der Eroberung Ioniens durch die Perser in Ver- Kfinstler der Erzreliefe im Tempel der Athena Chal- 

bindung. Aber dass B. mit seinen Gehiilfen, deren kioikos, gebildet haben. Eine wesentliche Stiitze, 

Mitarbeiterschaft allerdings mehr aus innern Grfln- die Voraussetzung, dass der Schmuck des Thrones 

den , als aus der sehr problematischen Deutung aus Metallarbeit bestanden habe, ist dieser Hypo- 
der Grappe auf der Thronlehne zu folgern ist, aus 60 these durch die auf Marmorreliefs weisenden Funde 

Mangel an Auftragen in seinem Vaterlande und von Tzuntas entzogen, und damit fallt auch die 

nicht infolge einer ehrenvollen Berufung nach Berechtigung, sich B. in einem engeren Verhalt- 

Sparta gekommen sei, ist eine durehaus unsichere nis zur samischen Schule zu denken, als die Kunst- 

Voraussetzung. Umgekehrt lasst Klein den Kunst- ler des ionischen Festlandes uberhaupt, z. B. die 

ler im Auftrage des Kroisos nach Sparta gehen, Ephesier und Milesier, die die Saulen des Ar- 

macht lhn also etwas alter als Sillig. Er nimmt temistempels sculpiert und die Sitzstatuen des 

an, dass das nach Herodot. I 69 von Kroisos fur heiligen Weges zum Didymaion gebildet haben. 

den Apollon Pythaeus zur Verfugung gestellte, nach Vgl. ausser den angefuhrten Monographien O v e r - 



Bathykolpos 



Bathyra 



138 



beck Griech, Plast. I* 67ff. Collignon Sculpt, nach derselben Quelle, einer Schrift des Aristo- 

grecque 230. [C. Robert.] nikos). In ernsten Partien vermochte er ebenso- 

Bathykolpos {Ba&vxohzog), tiefe Bucht, in wenig etwas zu leisten, wie Pylades in heitern 

welche ein gleichnamiger Fluss miindet, an der (Senec. contr, HI praef, 10), Natflrlich blieben 

Westseite des Bosporos, beim jetzigen Bojiikdere, Streitigkeiten zwischeu den beiden Nebenbuhlern 

Dion. Byz. frg. 43 Mull. (Geogr. gr. min. II 53) nicht aus. Sie iibertrugen sich auch auf ihre An- 

= 71 Wesch. Gyllius z. d. St. v. Hammer <3on- hanger und ftihrten bereits im J. 17 v. Chr. zu 

stantinopolis II 244f. [Oberhummer.] ernstlichen Unordnungen im Theater. Augustus 

Bathyllos {Ba.d-vU.og). 1) Quelle, welche zu aber , dem es ganz willkommen war , wenn die 

Megalopolis in den Helisson mundete, Pans. VHI 10 Aufmerksamkeit des Volks von der Politik ab- 

81, 9. Curtius Pel. I 288. 335. gelenkt wurde, sah von einer strengen Bestrafung 

[Oberhummer.] der Urheber ab (Cass. Dio LIV 17 ; Macrob. sat. II 

2) Athener (IIsiQaiEve). TgitfgaQxog in eineT 7, 19 dagegen erzahlt, die Unruhen seien wegen 
Seeurkunde urn 342 v. Chr. CIA II 803 f 27. der Rivalitat des Pylades und Hylas entstanden). 

3) Sohn des Polyaratos, Athener (Xolapyevg), Nach Tac. ann. I 54 gab Augustus auch dem Ein- 
Bruder des Menexenos und Periandros von Cho- flusse des Maecenas nach, dessen Liebling und 
largos. Dem. XL 6, (nach dem Schol. Pers. V 123 ; vgl. Senec. contr. 

4) B&9v\og, Sohn des Aiakidas, Archon in X praef. 8) Freigelassener B. war. Wie beliebt 
Delphoi. Curtius Anecdota Delph. p. 56, 2. B. war, sehen wir daraus, dass er mehrfach als 

[Kirchner.] 20 Beispiel eines bedeutenden Pantomimen erwahnt 

5) Nach Herodian Etym. M. 142, 56. 143, 3 wird (Phaedr. V 7, 4. Pers. V 123. Senec. contr. 
= Herod. II p. 205. 907. 859 xapa to Bafruxlijg HI praef. 16). Seine Kunst pflanzte sich, wie die 
B. ovopa xvgtov 6 eQobfievog'Avaxgiovzos; es ware des Pylades, durch seine Schiiler fort (Senec. quaest. 
immerhin mOglich, dass bei Anakreon neben der. nat. VH 32, 3; auf einer Tessera CIL VI 10128 
Koseform (Fick-Bechtel Personennamen 77) wird eine Sophe Theorobathylliana genannt, also 
der Vollnamen vorgekommen ware. Zufall wird eine Schulerin des B. und des ebenfalls als Panto- 
es sein, dass der Name in den uns erhaltenen mimus beriihmten Theoros) und bluhte noch zur 
Fragmenten des Anakreon nicht nachweisbar ist, Zeit des Plutarch (a. a. O.). Allmahlich aber 
s. Bd.I S. 2037, 32ff., wo auch die meisten ubrigen wurde sie vom tragischen Pantomimus zuriickge- 
Stellen schon verzeichnet sind; es wardanach aber 30 drangt, und als Lucian seine Schrift neql oQxfj- 
vor allem die spatere Epigrammen- und No- asms verfasste, kannte er nur noch letztere Gat- 
vellenpoesie und griechisch-rCmische Anakreontik, tung. Ob der von Iuvenal (VI 63) erwahnte mollis 
die diesen B. (von dem der Tanzer wohl seinen B., der die Leda tanzte, ein Nachkomme des B. 
Namen empfing) zu Ehren gebracht hat. Nach- war, oder ob er bios einem weit verbreiteten Ge^- 
getragen sei hier noch die Notiz aus Apuleius brauche folgend sich den Namen seines beruhm- 
Florida XV 51 p. 17, 4 Kr., wonach im Hera- ten Vorgangers beigelegt hatte, ist strittig (Fried- 
tempel zu Samos zu sehen war ante aram Ba- lander Sittengesch. 116 Anh. 16, S. 622ff.). 
thylli statua a Poly crate tyranno dioata, qua Letzteres hat indessen grfissere Wahrscheinlichkeit. 
nihil videor effectius cognovisse : quidam Pytha- Vgl. Friedlander Sittengesch. lis 447 ff. und 
gorae earn f "also existimant. adulescens est vi- 40 bei Marquardt RCm. Staatsverw. Ill 2 551f. 
senda puhhritudine, . . . eique prorsits citharoedi- Teuffel Rem. Litteraturgesch. 5 12. [Gensel.l 
cm status . . canenti similis, tunioam picturis 8) Als poeta quidam mediocris zur Zeit des 
variegatam deorsus ad pedes deieotus ipsos . . . Vergil, an dem er ein Plagiat begangen haben 
eitJiara balteo caelato apta strietius sustinetur . . . soil, erwahnt in der interpolierten Fassung der 
verum haec quidem statua est euiuspiam pu- donatischen Vergilvita (in Reifferscheids Suet. 
berum, quos Polycrati . . dilectos . . Anaereon . . p. 66f. unter dem Text), eine Erflndung der Re- 
cantillat etc. Aus der ganzen Fassung der Satze naissancezeit, aus der diese Interpolationen stam- 
scheint hervorzugehen, dass die Bezeichnung des men. [Wissowa.] 
Kitharoden im Heratempel als B. eine Hypothese Bathymi, Volk Arabiens bei Plin. VI 148, an 
ist, die man kaum wahrscheinlich nennen kann. 50 der mittlerenWestkuste Arabiens, nach Sprenger 

[Crusius.] (Alte Geogr. 160) wahrscheinlich mit der Kuste 

6) Ein Pythagoreer aus Poseidonia, an welchen Batina in 'Oman identisch. [D. H. Miiller.] 
Alkmaion aus Kroton seine Schrift mit richtete, Bathynias (Bafhviag), Fluss in Thrakien, 
Diog. Laert. VHI 83. Iamblich. v. Pythag. 267. wahrscheinlich der westlich von Constantinopel 

[E. Wellmann.] bei Kutschuk Tschekmekdsche mundende Sazly 

7) Bathyllus aus Alexandria (Athen. I 20 D) (Taslii) Dere, s. Plin. n. h. IV 47. Ptol. ni 11, 
bildete neben dem Kilikier Pylades um 23 v. Chr. 4 (6). Strab. VII 331 frg. 56. Kiepert Karte 
(Suet. frg. p. 22, 3 Reiffersch.) den Pantomimus von Westkleinasien H. Wahrscheinlich derselbe, 
als selbstandige Kunstgattung aus (Athen. a. a. O. welcher App. Mithr. 1 Bithyas heisst. 

Zosim. I 6, 1 und auf ihn zuruckgehend Suidas 60 _ [Oberhummer.] 

s. ogjctjoig). Wahrend aber Pylades sich in dem Bathypelon (Ba&ujtisi.ov), Ortlichkeit im epei- 

pathetischen und feierlichen tragischen Pantomi- rotischen Gau Chaonia beim jetzigen Pano Lam- 

mus auszeichnete, verdankte B. seine Erfolge dem bovo, Epirot. frg. VI p. 269 Bonn. 
Pan, Echo, dem mit Eros schwarmenden Satyrn [Oberhummer.] 

(Plut. qu. conv. VII 8, 3) und andern Stoffen des Bathyra (Bafruga, Joseph, ant. Iud. XVTI 26; 

einfachen und heitern komischen Pantomimus, der die Lesart Baodvga bei Niese durfte Verschrei- 

mit dem Kordax der alten griechischen Komoedie bung aus BadvQga sein), Ort im Ostjordanland 

verwandt war (Pint, und Athen. aa. OO., beide (in Batanaia), eine Griindnng Herode 1 ? d. Gr., 



139 



Bathyrsos 



Batnai 



140 



der dort jiidische Colonisten aus Babylon unter 
Fuhrung eines gewissen Zamaris zum Schutz gegen 
die Baubziige der Bewohner der Trachonitis an- 
gesiedelt hatte. Nach Josephos (Vita 54) lag das 
Gebiet dieser Colonisten nicht weit von der Festung 
Gamala. Das von Josephos in diesem Zusammen- 
hang genannte Ekbatana muss mit B. identisch 
sein (entwedcr zweiter Name von B. oder falsche 
Lesart)._ Mflglicherweise sind Baitarrhus (Steph, 



mit der yidlr) verglichen, also eine flache Schale ; 
so auch die Glossen. Nicht verstandlich ist, wie 
Didymos bei Athen. XI 484 e die B. dem (ionflv- 
kog gleichsetzt. Man verfertigte sie aus Gold 
und Silber, aber auch aus geringerem Metall, Ari- 
stot. mir. ausc. 834 a 4. Athen. XI 480 a. 784 a. 
Plaut. a. 0. [Man.] 

Batiana, Station an der von Lugudunum 
nach Elusa fuhrenden Strasse, zwischen Valentia 



Byz.), Betthora (Not. Dign.) und der Bischofs- 10 und Acunum (Tab. Peut.); mutatio Vaoihnis im 



sitz Herri (6. Jhdt.) mit B. gleiehzusetzen (s. Bai- 
tarrhus). Heute wahrscheinlich B6t Ert (oder 
Erri) an einem no'Tdlichen Seitenfliisschen des 
Hieromyces, Eeland Palastina 616. Buhl Stu- 
dien zur Tppographie des nOrdlichen Ostjordan- 
Iandes 19f. Uber die sehr problematischen ,Miinzen 
der Zamariden' vgl. De Saulcy Monnaies des Za- 
marides (Numismatic Chron. 1871, 157 — 161). 

[Benzinger.] 



Itin. Hieron. p. 554, Untiana beim Geogr. Eav. 
IV 26 p. 289. Nach d'Anville (Notice 144) 
u. a. das heutige Baix am rechten Ehfineufer. 
Desjardins Table de Peut. 47. Holder Alt- 
kelt. Sprachschatz s. Badamis (Beauchatel ?) und 
Batiana. [Ihm.] 

Batieia s. Bateia. 

Batillnm s. Vatillum. 

Batina (Bativa), Ort im innern Medien, Ptol. 



Bathyrsos (Bd&vQoog), falsche Lesart bei 20 VI 2, 12. Lage nach dieser Stelle 89° L. , 38 tt 



Theoph. cont. V 94 p. 340 Bonn, far Bafivgoov 
bezw. Bagfivoov, s. Barbyses. [Oberhummer.] 

Bathys (Ba&vg). 1) Fluss an der pontischen 
Kuste, wo dieselbe einen halbmondformigen Busen 
bildet, 75 Stadien nfirdlich von der Miinde des 
Akampsis, 180 sudlich vom Isis, Arrian. peripl. 
7, 5. Plin. VI 12, Arjatmv jiora/ids bei Scyl. 81. 
An seiner Mtindung lag ein Hafen gleichen Namens, 
Portus altus Tab. Peut., m. p. IVApsaro, XII 



40' B. Mannerts (Geogr. d. Griech. u. E. V 2, 
152) Identificierung mit dem heutigen Sultanijeh 
ist unbegrtindete Vermutung. [WeissbacbJ 

BaxivijTis x<°G a {Barivtjrk [?] von pdxog ,der 
Brombeerstrauch', Murr Progr. Hall Tir. 1890, 
20), Gebiet Ioniens bei Priene, uber dessen Besitz 
Prieneer und Samier sich befehdeten und einen im 
3. Jhdt. v. Chr. entschiedenen Eechtshandel hat- 
ten, CIG 2254. Le Bas 190. 191. Hicks Greek 



Ad Isidem, denselben nennt der trapezuntische 30 Hist. Inscr. nr. 152. Anc. Gr. Inscr. in the Brit. 



Chronist Panaretos Bativv (ed. Ba&rjv); die italie 
nischen Seekarten vermerken la Vaty oder Vati 
und golfo del Vaty nOrdlich von Gonea; nach 
Ambrogio Contareno besass Gorgora de Mengrelia, 
Herr von Achalcichea, das Castell al Vati, vgl. 
Chalcocondyles p. 467, wo Ba&v mit 'AxaXtfrxrj 
als Besitz des Gurguros erwahnt wird; die geor- 
gische Chronik schreibt Bathomi, daher tiirkisch 
Batiim , jetzt in russischem Besitz. 

[Tomaschek.] 

2) Fluss, der bei Dorylaeum in Phrygien sich 
den Thymbres ergiesst, Cinnam. IV 22; heute 
wahrscheinlich der Sari-su-tschai. Humann und 
Puchstein Eeisen in Kleinasien 17. Toma- 
schek S.-Ber. Akad. Wien 1891 vm 83. 

[Euge.] 

3) Fluss in Sicilien, auf der Nordkiiste zwi- 
schen Panormos und Drepanon mlindend (Ptol. 
Ill 4, 4), jetzt lati. [Hillsen.] 



Mus. Ill nr. 405ff. p. Iff.; fruher Panofka Ees 
Samiorum 28. 99. Darin lag ein Ort Battvrjtog, 
CIG 2905A. LeBas 190. 191. Anc. Gr. Inscr. 
IH nr. 403. [Biirchner.] 

Biitini (Baieivol), Volk Germaniens, nur von 
Ptolemaios II 11, 10 erwahnt, etwa im heutigen 
BOhmen, Nachbarn der Markomannen. Zeuss Die 
Deutschen 123 (vgl. 100). R. Much Deutsche 
Stammsitze 108£ und Zeitschr. f. Deutsches Alt. 
40 1895, 31. [Ihm.] 

Batinna (Bdnvva), Stadt im nOrdlichen Gross- 
Armenien, Ptol. V 13, 11. [Baumgartner.] 

Bathing, Fluss in Picenum (Plin. n. h. Ill 
110), zwischen dem Truentus und Vomanus mlin- 
dend, jetzt Salinello. [Hulsen.] 

Batis (Bang, nach Arrian II 25, 4; bei Curt. 
IV 6, 7ff. Betis genannt), Befehlshaber von Gaza, 
leistete Alexander d. Gr., als dieser nach der Er- 
oberang von Tyros nach Agypten marschierte, 



Ba&vg Xi/trjv. 1) An der troglodytischen 50 einen hartnackigen Widerstand. Erst nach zwei 



Kuste zwischen Berenike Nr. 5 und Ptolemais 
Theron, Ptol. IV 7, 5, nach Mannert Geogr. d. 
Griech. und Rom. X 1, 42 vielleicht jetzt Arekea. 

[Settle.] 

2) S. Bathys Nr. 1. 

3) Hafen von Aulis (s. d.), noch jetzt to Ba&v 
genannt, Strab. IX 403. Diod. XIX 77, 4. Bur- 
si an Geogr. I 218. [Oberhummer.] 

Ba&vg giiaf, Bach vor Byzantion, an welchem 



monatlicher Belagerung wurde die Stadt genom- 
men, Ende 332 ; der grOsste Teil der mannlichen 
BevOlkerung fand dabei seinen Untergang, wahr- 
scheinlich auch B. Etwas Genaueres kOnnen wir 
uber sein Schicksal nicht feststellen, da Arrian. 
a. O. Plut. Alex. 25. Diod. XVII 48, 7 davon 
nichts erwahnen, die Berichte des Curtius a. 0. 
und Hegesias frg. 3 aber offenbar starke rheto- 
rische Ubertreibungen enthalten. Grote Hist, of 



ein Heiligtum des Theodoros lag , Ann. Comm. 60 Greece XI 469 hat ihnen zu grossen Glauben ge- 
Alex. Vni 3. [Oberhummer.] schenkt. — 



Bati, Ortsname aus Mauretania Tingitana 
beim Geogr. Eav. in 11 p. 163. [Dessau.] 

Batiai (Baxlat) s. Bitia. 

BaTtamj (fjaztaxiov, batiaea, batioea, batiola, 
Plant. Stich. 694 und bei Non. 545,20. Loewe 
Prodr. 276. 280. Keller Volksetym. 82), ein per- 
sisches Trinkgefass, bei Athen. XI 784a (vgL 497 f) 



[Kaerst.] 
Bati tas, Ort Mesopotamiens an der vom 
Euphrat durch die Wiiste nach Hatrae fuhrenden 
Strasse, Tab. Peut. [Fraenkel.] 

Batmizomanes s. Banizomeneis. 
Batnai (Bdtvcu), Bathnae, Stadt in Osrhoene, 
unweit des Euphrat, in der Nahe von Edessa, von 
den Makedoniern gegriindet, von Traian (116) er- 



141 



Baton 



Baton 



142 



obert. Hier fand nach Ammian. Marc. XIV 3, 
3 alljahrlich im September ein vielbesuehter Markt 
hauptsachlich in indischen und serischen Waren 
statt, vermutlich, wie aus Ammians Andeutungen 
hervorzugehen scneint, im Anschlusse an eine reli- 
giose Feier (fur die Festeszeit vgl. Wellhausen 
Skizzen und Vorarbeiten HI 97f.). Dio LXVIII 
23. Amm. Marc. XXIII 2, 7. Zosim. Ill 12. Proc. 
bell.Pers.II2; deaedif. 118. Steph. Byz. Hierocl. 
Itin. Ant. Tab. Peut. Geogr. Eav. II 15 {Bath- 
nis). Bei Isid. Charac. 3, Geogr. gr. min. I 246 
steht Kogaia f) hi Batavrj, wo Ba.za.vri, der Name 
des Hauptorts, auf den Gau iibertragen scheint. 
Bei den Syrern Bat nan, bei den Arabern Sarug. 

[Fraenkel.] 
Baton (Bdrtov). 1) Ein fast verschollener 
Heros. Einen Knit hatte er dauernd in Argos, 
wo Pausanias II 23, 2 ein tegov neben einem 
tefievog des Asklepios nahe bei dem Heiligtume 
des Amphiaraos erwahnt. Nach Steph. Byz. s. 
"Agxvia hat Polybios den B. als fJQtog xriarrjg der 
Stadt Harpyia in Illyrien genannt, was wegen 
der Beziehungen dieser Gegend gerade zum the- 
banisch - argivischen Sagenkreise nicht unwahr- 
scheinlich ist. Nach Argos weist wie sein Kult 
auch seine einzige erhaltene Genealogie (Paus. II 
23, 2), er sei wie Amphiaraos Melampodide. B. 
ist nur noch als Wagenlenker des Amphiaraos 
(s. d.) bekannt. Er wird mit ihm in der Schlacht 
vor Theben von der Erde verschlungen, Apollod. 
hibl. Ill §77"W. (wo der Wagenlenker nach einigen 
auch Elaton genannt wird). Schol. Pind. 01. VI 21 
(wo ein dritter Name, Schoinikos, erwahnt wird). 
Paus. II 23, 2. Die Darstellungen der Hinab- 
fahrt des Amphiaraos zeigen nur zum Teil neben 
diesem einen Wagenlenker, Benndorf Heroon 
von Gjolbachi-Trysa 197. Entsprechend ist B. 
auch bei der Ausfahrt des Amphiaraos zugegen, 
so auf der Kypseloslade (Paus. V 17, 4) und dem 
nach demselben Typus gemalten korinthischen 
Krater, Mon. d. Inst. X4 = Baumeister Denk- 
maler I 67 = Wiener Vorlegebl. 1889 , X. Da 
dieseBilder wahrscheinlich auf die Thebais zuriick- 
gehen (Bethe Thebanische Heldenlieder 127), so 
wird B. in diesem Epos der Wagenlenker des 
Amphiaraos gewesen sein. Statuarisch war B. 
auch in dem argivischen Weihgeschenk zu Delphi 
dargestellt (Paus. X 10,2; vgl. Robert Hermes 
XXV 412). Uber die von Welcker Alte Denkm. 
n 178 auf B. gedeutete Tuxsche Broncestatuette 
s. F. Hauser Arch. Jahrb. H 1887, 95ff. 

2) Ein Konig im troianischen Lande, von dem 
die Stadt Batieia oder Bateia (s. d.) den Namen 
haben sollte, Et. M. s. Bdxeia. [Bethe.] 

3) Bato, Sohn des Longarus, Hiiuptling der 
Dardaner, schloss sich den Eomern in ihrem Kriege 
gegen Philippos von Makedonien im J. 554 = 200 
an, Liv. XXXI 28, 1 — 2. Die Gleichsetzung dieses 
B. mit dem von Strabon VII 314 erwahnten 
AcuoiTiazai 5>v Bdicov yyeftcbv ist ganz unbegriind- 
bar. [Klebs.] 

4) Bato der Pannonier (Quellen: Dio Cass. 
LV 29ft Veil. Pat. H 110—116). Dem Beispiele 
der aufstandischen Dalmatier folgen im J. 6 n. 
Chr. die Breuker, ein pannonischer Stamm, ge- 
gewinnen andere ihrer Stammesgenossen undriicken 
unter Fiihrung ihres Landsmannes B. gegen Sir- 
mium, mussen aber vor dem St atth alter von Moe- 



sien, Caecina Sevens, an die Drau zurfickweichen 
und werden dort von ihm geschlagen. Caecina 
ist wohl zunachst in seine Statthalterei zuriick- 
gegangen; denn B. , dem sich jetzt die dalma- 
tischen Aufriihrer anschliessen, besetzt den Alma 
mons und halt sich trotz einiger Misserfolge gegen 
Ehoemetalces den Winter hindurch. Im nachsten 
Jahre (7 n. Chr.) wird er allerdings mit seinen 
Bundesgenossen bei den Volcaeischen Siimpfen von 

10 Caecina Severus geschlagen (vgl. Nr. 5). Neben 
B. hat iiber die Breuker noch Pinnes das Com- 
mando gefiihrt; ihn hat B. verraterisch beseitigt, 
vielleicht, da das alterum deditum bei Velleius 
(II 114, 4) nur auf den Dalmatier B. gehen kann, 
den Eomern in die Hande gespielt. Die Strafe 
dafiir trifft ihn von seiten des dalmatinischen 
Fiihrers, der gleichfalls B. heisst: er wird im J. 8 
von einem Kriegsgericht zum Tode verurteilt und 
hingerichtet. Litteratur: Schiller Kaiserzeit I 

20 225 — 227. Abraham Zur Geschichte der ger- 
manischen und pannonischen Kriege unter Augustus 
(Progr. der Sophienrealschule), Berlin 1875, 11-12. 
5) Bato der Dalmatier (Quellen: Dio Cass. 
LV 29ff. LVI 11—16. Veil. Pat. H 110—116). 
Im J. 6 n. Chr. erregte B. aus dem dalmatischen 
Stamme der Desidiaten bei seinen engeren Lands- 
leuten einen Aufstand gegen den Druck der rtf- 
mischen Herrschaft, der bald grosseren Dmfang 
annahm und bei den benachbarten Pannoniern 

30 Nachahmung erweckte. Wahrend die Eomer durch 
letztere an der Drau beschaftigt waren, drang B. 
gegen Salona vor, wurde dabei zwar selbst ver- 
wundet, liess aber seine Truppen bis gegen Apol- 
lonia streifen und konnte trotz kleinerer Miss- 
erfolge zunachst nicht zum Weichen gebracht 
werden. Aus Gallien riickt auf Tiberius Befehl 
Messalinus heran; ihm erliegt B. und verbindet 
sich infolge dessen mit dem pannonischen Heere. 
Sie besetzen die Gelande nOrdlich von Sirmium 

40 und sudlich der Donau, auch den mons Alma des 
Dio (LV 30, 2), der voraussichtlich mit des Vel- 
leius (II 112, 3) mons Claudius identisch ist 
(Mommsen CIL IH p. 415). Der Thrakerfurst 
Ehoemetalces, den der Statthalter von Moesien, 
Caecina Severus, vorausgesehickt hat, schlagt sie 
zwar, doch leisten sie dem Severus selbst erfolg- 
reich Widerstand. Im folgenden Jahre, 7 n. Chr., 
uberfallen dann B. und seine Bundesgenossen den 
aus Moesien wiederum heranziehenden Caecina bei 

50 den Volcaeischen Siimpfen, die bei andern Schrift- 
stellern mit dem Namen Hiulcasumpf bezeichnet 
werden (Mommsen CIL III p. 422). Der Sieg 
bleibt schliesslich bei den Eomern. Die Verbin- 
dung des B. mit den Pannoniern lost sich da- 
durch, dass er im J. 8 den verraterischen panno- 
nischen Anfuhrer, der ebenfalls B. heisst, gefangen 
nimmt, ihn von einem Kriegsgerichte zum Tode 
verurteilen lasst und damit den Aufstand in Pan- 
nonien seines Leiters beraubt. 

60 Trotz der Fortschritte, die Germaniens in Dal- 
matien macht, bedarf es aber doch noch des Ein- 
greifens von seiten des Tiberius, ehe auch in Dal- 
matien die Euhe wiederhergestellt wird. Im J. 9 
nimmt Tiberius wahrend der Belagerung von An- 
detrium (vgl. dazu CIL LTI p. 361) die Unter- 
werfung des B. entgegen, der damit die Sache 
seiner Landsleute aufgiebt. Uber das Jahr, in 
welches die Unterwerfung des B. (und die sicher- 



143 



Baton 



Batrache 



144 



lich bald folgende Beendigung des ganzen Krieges, Isthm. IV 104 ist iiberliefert /5<xto? h> Sevxegm 

den ein Zeitgenosse geradezu als [bellum] Bato- Azxixwv laxogi&v). Das Citat Plutarchs Agis 15, 

nianum bezeichnet, CIL V 3346) fallt, s. A b r a- das den spartanischen Reformkonig in so un- 

ham a. 0. 12 — 13; fiber die Versuche zur Be- gfinstiger Beleuchtung zeigt, lasst sicb in den 

stimmung des Tages der Einnahme von Andetrium, sonst bekannten Bttchern nicht unterbringen. Das 

die einen Rfiekschluss wenigstens auf den Monat spateste von Baton erwahnte Ereignis ist der Tod 

erlauben wtirde, in dera sich B. ergeben hat, s. des syrakusischen Fursten Hieronymos (215/4), 

0. HirschfeldHerm. XXV358 — 362. B. wirdbe- andererseits muss seine ganze Lebenszeit vor die 

gnadigt (Ovid, ex Ponto II 1, 46) und in Ravenna Strabons fallen. Da nun aber nicht nur die Po- 
interniert, wie Sueton (Tiber. 20) meldet, der ihn 10 lemik des Polybios gegen die rhetorischen Dar- 

allerdings ungenau Pannonium ducem nennt. In stellungen der Katastrophe des Hieronymos (VII 7) 

die ernsten Kampfe bei Andetrium unmittelbar nach einer sehr plausiblen Vermutung C. Mtillers 

vor der Ergebung des B., von denen Dio Cassius auf B. zielt, sondern auch das Buch des Era- 

(LVI 12. 13) spricht, konnte das Ereignis fallen, tosthenes n e 6g Bdraiva (Diog. Laert. VIII 89. 

das Sueton a. 0. als Grund fur die Milde des Ti- v. Wilamowitz Antigon. 28, 2) dem Sinopeer 

benus gegen B. anffihrt , dass namlich B. den gelten wird, ist es nOtig, ibn der zweiten Halfte 

Tiberius mit semen Truppen aus einer gefahr- des 3. Jhdts. zuzuweisen und anzunehmen, dass 

lichen Lage habe entkommen lassen. Litteratur: er von Agis und Hieronymos als Zeitgenosse be- 

Schiller Kaiserzeit I 225— 227. Abraham Zur richtete. Das merkwfirdigste an dem Manne ist, 
Geschichte der germanisehen und pannonischen 20 dass er ausdrucklich 6 grjxwg genannt wird (Athen. 

Kriege unter Augustus (Progr. der Sophienreal- XIV 639 d), was nicht etwa den rhetorischen Stil 

schule), Berlin 1875, 11—22. 0. Hirschfeld seiner Werke bezeichnen, sondern nur heissen 

Herm. XXV 351— 362. B a u e r Arch.-epigr. Mitt. kann, dass B. Rhetor von Beruf war; die beste 

XVH 1894, 135—148. [Henze.] Parallele zu diesem Einbruch der Bhetoren in die 

6) Komoediendichter. Seine Zeit bestimmt Domane der Peripatetiker und Philologen "bietet 
sich nach der bei Plutarch de adul. ab amico die Schriftstellerei des Magneten Hegesias. Die 
mternosc. lip. 55 c erhaltenen Anekdote : xal Bd- Namen der Herakleskinder Schol. Pind. Isthm. 
xmvi {fidxwi Hs) xijv oyoXrjv ojiunsv AgxeoiXaog IV 104 verraten eine sehr ahnliche Mache, wie 
ors agog lO.ndr&ijv oxixov ijtoujaev iv xcofi^Sia, die, welche Matris im 'Eyxcofiiov 'HgaxXiovg den 
itEtaavrog 6k xov Kleardyv xal pEzafj-ekoftevov ditjk- 30 Kentauren und Amazonen beilegt (Diod. IV 12. 
Xdyr\. Kleanthes, geb. 331, gest. 251, iibernahm 16). [Schwartz.] 
die Leitung der Stoa etwa im J. 270, Arkesilaos 8) Baton aus Herakleia, in Attika thatiger 
lebte von 315 (?)— 240, B. dichtete also etwa in Erzgiesser aus dem Ende des 3. Jhdt. v. Chr. 
der ersten Halfte des 3. Jhdts. Die zweimalige Sein Name begegnet in den Kunstlersignaturen 
Erwahnung Epikurs (gest. 270) ergiebt nichts Ge- dreier Statuenbasen, von denen zwei in Athen bei 
naueres, da das von Epikur Gesagte ebenso gut H. Dimitrios Katiphoris (CIA II 1631. 1632. 
nach dessen Tode gesagt sein konnte. Dramen- Loewy Inschr. gr. Bildh. 61. 258) gefunden sind, 
titel sindviernachweisbar, Aixoolog bei Stobaeus, wiihrend die dritte (CIA II 1630. Loewy 61a) 
'Avdgoqvovog Evsgyexat 2vvs$~axaz6)v bei Athenaeus aus Eleusis stammt. Wegen des etwas spateren 
citiert (aus Athen. bei Suid. s. Bdxcov). Die 40 Schriftcharakters der zweiten wollte Loewy einen 
wenigen Bruchstiicke beschiiftigen sich wesentlich alteren und jiingeren B. unterscheiden, was KShler 
mit der Verhohnung der Philosophen, deren strenge im Corpus widerlegt. H&chst wahrscheinlich ist 
Lehren mit ihrem lockeren Leben nicht im Ein- der Kunstler identisch mit dem B. , den Plinius 
klang stiinden ; Epikur wird als Mahner zum in der Erzgiessergeschichte sowohl im ersten alpha- 
Lebensgenuss gepriesen. Im Swe^cu-xaxdiv sind betischen Verzeichnis XXXIV 73 als Kunstler 
Philosophen aufgetreten xa h xotg ()i§?Uoig anog- einer Hera und eines Apollon , die sich damals 
grim ov novov exleyovxeg aUa xal i^ogvxxovxsg zu Rom im Concordiatempel befanden, als im 
(Athen. XV 678 f). Meineke Hist. crit. 480. dritten XXXIV 91 als Verfertiger von Votiv- 
Pragmente bei Meineke IV 499. Kock IH 326. statuen (atkletae, armati, venatores, sacrificantes) 

[Kaibel.] 50 nennt. [C. Robert.l 

7) Baton yon Sinope (PHG IV347— 350. Suse- Batoning, mit Cicero und Atticus befreundet, 
mihl Gr. Litt.-Gesch. I 635f.), verfasste eine tiberbrachte jenem in Ephesus am 31. October 
Reihe von Werken historischen und litterarge- 704 = 50 einen Brief von diesem, Cic. ad Art 
schichtlichen Charakters. Als Hauptwerk nennt VI 8, 1. 2. [Klebs.] 
Strabon im Verzeichnis der Litteraturgrossen Si- Bator a, Stadt in Hispania Baetica von un- 
nopes (XDI 546 xov Tigayiiaxevdivza xa Ilegaixa) bekannter Lage; der ordo Batvres(is) wird in der 
ems fiber Persien, von dem sich keine sichere Inschrift von Tucci CIL II 1677 erwahnt. 
Spur erhalten hat ; aus Citaten sind bekannt die [Hubner.1 
Bficher fiber die Tyrannen von Ephesos (Athen. Bdxog s. Brombeerstrauch. 

(VLT 289 c iv xoig IIsqi x&v ev Eyeou) zvgdvvow), 60 Batracharta, Stadt Babyloniens zwischen dem 

kl Tvranms des Hieronymos von Syrakus Tigris und der Kuste, unterhalb Apamea, Ptol. 

(Athen. VI 251 e iv ™ risgi xijg xov 'hgrnvvfiov V 20, 4. Fur den zweiten Teil des Namens vgl. 

xvgavrido;), fiber Thessalien und Haimonien (Athen. ZDMG XXX 139ff. XXXI 495ff. XXXII 724ff. 

XIV 639d iv i^3 Iltgl GsaaaXlas xal A!fj.ovias), XXXIII 143ff.. [Fraenkel ] 

fiber den Dichter Ion (Athen. X 436 f iv xotg Batrache [Baxgaxt, Ptol. V 5, 30), Ortschaft 

Uegi "Imvog xov xoirjxov) ; Axxixal laxogiai ge- am Oberlauf des Thessyris , welcher im Gebiet 

hOren ihm nuT nach einer, freilich recht wahr- der Heniochoi nOrdlich vom Korax angesetzt er- 

schemhehen Conjectur Boeckhs (Schol. Pind. scheint. [Tomaschek ] 



145 



BavQayta &dlaaacc 



Battos 



146 



Bazgaxia fraXaooa, falsche Lesart fur Bga- Battakes (Baxxdxrjg). 1) Priester der Ky- 

xsia -frdlaoea, s. d. bele zu Pessinus in Galatien. Von ihm und seinem 

Batrachiun (Baxgaxiovv) ist Name eines Ge- Mitpriester Attis wird dem 190 v. Chr. gegen Ga- 

richtshofes in Athen, der nur bei Pausanias I 28, latien vorriickenden Cn. Manlius eine Gesandij 

8 erwahnt wird; er ist von der ,froschgrunen' schaft entgegengeschiekt, um im Namen der Got- 

Farbe entnommen und hangt — ebenso wie der tin den Romern den Sieg zu verheissen , Polyb. 

Name ipomxwvv , den ein anderer trug — mit XXI 37, 5 (XXII 20, 5). Beachtenswert ist die 

der Sitte zusammen , die einzelnen GerichtshOfe antigalatische Haltung der pessinuntischen Prie- 

durch besondere Farbung der a<prjxlaxoi zu mar- sterschaft. Sie kommt auch in dem von Mordt- 
kieren. Von dieser Sitte konnten wir uns aus 10 man n entdeckten geheimen Briefwechsel vom 

denbisherigenNaohrichtenkeinklaresBildmachen; J. 164 (S.-Ber. Akad. Miinchen 1860, 180ff.) zum 

durch die Autoritat von Arist. 'A&. uoX. (p. XXXII Ausdruck, wo ebenfalls ein pessinuntischer Priester 

des Papyrus) ist jetzt alles aufgeklart; vgl. Thum- Attis (vielleicht identisch mit dem von Polybios 

ser in Hermanns Staatsalt. 545. Wachsmuth genannten) mit den.Pergamenern gegen die Ga- 

Stadt Athen II 379. [Wachsmuth.] later conspiriert. Uber diese Beziehungen vgl. 

Batrachos (Bdzgaxog). 1) Sykophant in Thraemer Die Siege der Pergamener fiber die 

Athen zur Zeit der 30 Tyrannen, Lys. VI 45. Galater (Fellin 1876) 16. 
XII 48. Er stammte aus Oreos in Euboia, Athen. 2) Priester der Kybele zu Pessinus , kommt 

VII 329c; vgl. Curtius Gr. Gesch.eUI 15. 18. 102 v. Chr. nach Rom, um den Sieg fiber die 
43. 732. [Kirchner.] 20 Cimbern und Teutonen vorauszuverkunden, Diod. 

2) Batraehus und Sauras aus Lakonien wer- XXXVI 6. Plut. Marius 17. [ThramerJ 
den Plin. n. h. XXXVI 42 als Erbauer der von Battara(s), als eben gestorben erwahnt, Cic. 
der Porticus Octaviae in Rom umschlossenen ad fam. VII 9, 2 (geschrieben August 700 = 54). 
Tempel (Iuppiter Stator und Iuno Regina) genannt; [Klebs.] 
da ihnen der Wunsch, in der Weihinschrift ge- Battarios, zwOlfjahriger Knabe, Ffihrer einer 
nannt zu werden, versagt worden sei, hatten sie, Friedensgesandtschaft an Kaiser Marcus Aurelius 
wie noch zu Plinius Zeit sichtbar, mit Anspielung im J. 174 n. Chr., Dio LXXI 11, 1. 
auf ihre Namen an den Siiulenbasen (in colum- [P. v. Rohden.] 
narwm spiris) einen Frosch und eine Eidechse Battarus s. Valerius Cato. 
eingemeisselt. Die ganze Erzahlung seheint eine 30 Battea, Ort in Phrygien oder Pisidien, von 
anekdotenhafte Deutung der beiden Tierfiguren dem nur Baxteavog als Mfoixvv uberliefert ist auf 
zu sein, begunstigt durch den Umstand, dass an einer in Saghir, nOrdlich vom Hoiran Gol, gefun- 
den im 2. Jhdt. v. Chr. erbauten Tempeln sich denen Inschrift, Sterret Papers of the American 
keine We'ihinschriften befanden (Veil. I 11, 3). school Athens m 378, 7. [Ruge.] 
Der Iuppitertempel war nach Vitr. Ill 2, 5 p. 69, Batteia s. Bateia Nr. 1. 
19 ein Werk des Hermodoros. Ein von Winckel- Batthina (Baxftlva), Stadt im innern Persien, 
mann Monum. ined. 206 verfiffentlichtes ionisches nach Ptol. VI 4, 6 90° L., 32° 20' B. 
Kapital aus Rom, in dessen Voluten Frosch und [Weissbach.] 
Eidechse angebracht sind, scheint aus spater Zeit Battiadai s. Battos Nr. 3. 
zu stammen. Vgl. Brunn Kiinstlergesch. II 343. 40 Battos. 1) Messenier, geschwatziger Hirt (bei 
Pellegrini Ann. d. Inst. 1868, 113. [Fabricius.] Ovid Aufseher fiber die Herden des Neleus), sieht, 

BdzQaxos fofirjv an der Kuste des Nomos wie Hermes die dem Apollon gestohlenen Rinder 

Marmarika, zwischen nhgas ftixgog und Plateia, vorbeitreibt. Gegen eine Belohnung gelobt er 

Ptol. IV 5, 2. Stad. mar. magn. 40. 41 (= Geogr. eidlich zu schweigen, bricht aber, als Hermes, 

gr. min. 1 442), bei Ain Gazal im innersten Wkikel um ihn auf die Probe zu stellen, in anderer Ge- 

des seichten Busens von Bomba, vgl. Pacho Voyage stalt zurfickkehrt, gegen ein schOnes Geschenk 

dans la Marmar. et Cyren. 51. Barth Wande- den Schwur. Zur Strafe wird er in einen Felsen 

rungen durch die Ktlstenlander des Mittelmeers verwandelt. (Bdxxov oxomal, davon ist zu schei- 

I 509. [Sethe.] den Bdxxov oxoxid ■ x<ogtov At/fays , and Bdx- 

Baxgdxov (x<ogCov), Grundstuck auf Astypa- 50 xov, Hesych.). Anton. Lib. 23 (mit den Verbesse- 

laia, CIG 8657. [Oberhummer.] rungen O. Schneiders und E, Oders [De Anton. 

Batrasabbes (Var. Batrasavanes), Stadt der Lib. 22]; fiber die Quelle vgl. Oder 44), mit 

Omani im nordOstlichsten Teile von Arabien (Plin. Abweichungen erzahlt von Ovid. met. II 676—707 

VI 147). Nach Sprenger (Alte Geogr. 160) ist (Ibis 586). Ursprfinglich wohl Volkssage mit 

Omanorum B. in jenem Lande zu suchen, das spielender Etymologie (ftaxxoloyeTv) an die Bdx- 

noch jetzt 'Oman heisst, unweit von Mascat, wo- xov oxosiial angeknupft (anders der sog. Lactant. 

zu G 1 a s e r (Skizze 80) unter Hinweis auf die Plae. z. Ovid [Myth. lat. 802 Stav.]). Im home- 

Lage von Omana im Periplus mar. Erythr. 36 rischen Hermeshymnus 87f. 185ff. ist ein namen- 

B. sfidlich der Halbinsel Katar ansetzt. Etymo- loser Greis aus Onchestos der Verrater (sehr un- 
logisch denkt er an Bait Rasaba (oder Rasafa), 60 wahrscheinlich klingt die Vermutung Ficks Bez- 

die freilich in jener Gegend nicht nachzuweisen zenb. Beitr. XVI 28 trotz der Billigung Ross- 

sind. [D. H. Muller.] bach a Jahrb. f. Philol. 1891, 89). Eine ver- 

Batrioi (schlechte Var. Baktrioi) , Volk in wandte kyprische Localsage deutet Lykophr. Alex. 

Drangiane an der Grenze von Arachosia, Ptol. VI 826 (vgl. Schol. und Tzetz.) an. 
19, 3. [Tomaschek.] 2) Herrscber von Melite, nimmt Anna, die 

Batta (frfihere Lesart Batha), Stadt in Aithio- Schwester Didos, auf der Flucht auf, Ovid. fast, 

pien am rechten Ufer des Nils. Iuba bei Plin. Ill 570; vgl. Sil. Ital. VIII 57 und dazu Stud- 

n. h. VI 179. [Sethe.] niczka Kyrene 112. [Knaack.] 



147 



Battos 



Battos 



148 



3) Name des Oikisten von Kyrene. Nach 
Herodot. IV 155 ist der Name aus dem libyschen 
Wort ftlr ,KSmg' entstanden, daher vermutet er, 
derselbe habe fruher einen andern Namen gehabt 
und die Pythia habe ihn in den Worten des be- 
kannten Orakels, das dem nm Heilung seiner 
stotternden Stimme bitten den Mann den Auftrag 
giebt, nach Libyen zu gehen (Bdrr' ltd qxovqv 
ijX&eg • aval- Si as <PoTjios 'AxoXXcov ig Aiflvtjv Jtijinsi 
fir\Xa<if>6<pov oixiaTijQa), prophetisch als ,Konig' an- 10 
geredet. Andere wissen denn auch seinen ursprung- 
lichen Namen: entweder Aristoteles (Pind. Pyth. 
Y 87 [neben Battos Pyth. IV 6. 280. V 28. 55. 124] 
mit den Sehol. Heraklid. [d. i. Aristoteles) polit. 4. 
Diod. VIII 29 Vogel [Ephoros]. Kallim. hymn. 
2, 76. Schol. Apoll. Ehod. IV 1750. 1764. Euseb. 
a. Abr, 1258) oder Aristaios (Iustin. XIII 7); 
ursprunglich sind beide identisch und aus dem 
Namen des in Kyrene verehrten Gottes Aristaios 
gebildet. Dass B. wirklich ursprfinglich der li-20 
bysche KOnigstitel war, ist mCglich; dann haben 
die Griechen den Namen als ,Stammler' (vgl. jlax- 
raoi&iv u. a.) gedeutet und darauf die Griindungs- 
geschichte und das Orakel basiert, und Herodot, 
Pindar und die Spateren reprasentieren somit eine 
dritte Stufe der Cberlieferung. 

Historisch wissen wir von dem Griinder Kyrenes 
nicht mehr als hcchstens den Namen und die Her- 
kunft aus Thera. Das Datum der Grundung (nach 
gewOhnlicher Annahme urn 630) steht keineswegs 30 
fest, s. Meyer Gesch. d. Alt. II 301 und Kyrene. 
Urn so mehr weiss die Sage von seinen Schick- 
salen zu erzahlen. Denn Kyrenes Grtindung hatte 
in die spatere — jedenfalls in die hesiodeische — 
Gestalt der Argonautensage Eingang gefunden: 
dem Minyer (d. h. Argonauten) Euphemos, einem 
Sohne Poseidons, hatte Eurypylos am Triton eine 
Erdscholle als Symbol seiner zukiinftigen Herr- 
schaft liber das Land als Gastgeschenk gegeben; 
im siebzehnten Geschlecht stammte der Grander 40 
Kyrenes von ihm ab (Pind. Pyth. IV 10). Deshalb 
mussen die Spartaner von Thera zu Minyern von 
Lemnos werden, die fiber Sparta auf die Insel ge- 
kommen sind ; deshalb wird B.s Vater Polymnestos 
ein Nachiomme des Euphemos (Herodot. IV 150). 
Die theraeischen und kyrenaeisflien Traditionen 
fiber der Grundung Kyrenes s. Herod. IV 150ff. 
Nach jener wird das Orakel, in Libyen eine Stadt 
zu grunden, dem Konig Grinnos von Thera zu teil, 
der die Aufgabe auf seinen Begleiter B. abwalzt; 50 
nach dieser dem B. selbst. Dem entspricht die 
schon angeffthrte, ausfuhrlicher , bei Diod. VIII 
frg. 29 mitgeteilte Fassung des Orakels. Dieselbe 
Erzahlung setzt Pind. Pyth. IV 50ff. voraus, der 
auch B.s Vater Polymnastos . nennt. Bei Iustin. 
XDII 7 wird Aristaios-B. zum Sohn des Grinnos 
gemacht. Nach der hier, bei Pans. X 15, 7 und 
Schol. Kallim. h. 2, 65 vorliegenden Ausmalung 
der Sage erhalt er bei Grundung Kyrenes seine 
voile Sprache wieder. Von dem naXaiog SXfiog 60 
des B. redet Pind. Pyth. V 55 : B.-Aristoteles hat 
Kyrene gebaut und seine Kulte begrundet. Am 
Bande des Marktes liegt er als Oikist begraben, 
wahrend seine Nachfolger vor dem Palast begra- 
ben waren. ,Gliicklich weilte er unter den Men- 
schen, dann ward er ein vom Volk verehrter Heros' 
Pind. Pyth. V 87ff. Ephoros (Diod. VII frg. 30 
Vogel) lasst durch das Orakel seine milde und 



fromme Herrschaft im Gegensatz zu seinen tyran- 
nischen Nachkommen preisen. 

Herodot. IV 159 lasst Battos 1. 40, seinen Sohn 
Arkesilaos I. 16 Jahre regieren, wahrend er bei 
den folgenden KCnigen keine Zahlen giebt — ein 
Beweis, wie wenig wir hier auf historisehem Boden 
sind. Weihgeschenk der Kyrenaeer in Delphi, 
den von Libye gekrOnten B. auf einem von Kyrene 
gelenkten Wagen darstellend, von Amphion Sohn 
des Akestor von Knossos Paus. X 15, 6 (5. Jhdt., 
s. Bd. I S. 1948). B.s Geschichte erzahlt auch Tzetz. 
chil. VI 48. In die Geschichte der mit Anna 
Perenna identificierten Anna, der Schw ester der 
Dido, und ihrer Irrfahrten, setzt Sil. Ital. Pun. 
VTII 57ff. den mitis Battus als Herrscher Kyrenes. 
B.s Nachkommen heissen abwechselnd Arkesilaos 
(s. d.) und B. 

4) Battos II. 6 Evdaifimv ,der Eeiche' Herod. 
IV 159 (auch Plut. Coriol. 11) erliess einen von 
der Pythia unterstiitzten Aufruf an alle Griechen, 
nach Kyrene zu kommen im yfjg avadao/up, und 
nahm mit den starken Scharen, die namentlich aus 
dem Peloponnes, Kreta und den Inseln (IV 161) 
gekommen waren, den Libyern und ihTem Kfinig 
Adikran viel Land ab. Darauf wandten sich diese 
an Apries von Agypten um Hiilfe, dessen Heer aber 
von den Kyrenaeern ,bei dem Ort Irasa und der 
Quelle Theste' geschlagen wurde — das gab den 
Anlass zu der Usurpation des Amasis 570/69 v. 
Chr. Von da nimmt Kyrene grossen Aufschwung, 
daraus erwachsen zugleich die inneren und ausseren 
Wirren unter B.s LT. Sohn Arkesilaos II., s. d. 

5) Nach Arkesilaos II. Ermordung folgte sein 
Sohn Battos III. der Lahme, dank der Energie 
seiner Mutter Eryxo, die Arkesilaos MSrder, seinen 
Bruder Heliarchos oder Learchos, aus dem Wege 
raumte, Herodot. IV 160f. Plut. virt. mul. 25. Nic. 
Dam. frg. 52. Unter ihm wandten sich die Kyre- 
naeer zur Beilegung der inneren Wirren nach 
Delphi, dies verwies sie nach Mantinea, und von 
hier sandte man den Demonax als Ordner des 
Staats. Demonax ,liess dem KOnig seine Do- 
manen und Priestertfimer, alles andere aber, was 
fruher die Konige besassen, iibergab er der Ent- 
scheidung des Demos' Herodot. a. a. O. ; ebd. fiber 
seine neue Phylenordnung. B. III. hat sich dem 
gefiigt, sein Sohn von der Pheretime Arkesilaos III. 
hat mit Unterstiitzung des Polykrates um 530 die 
Verfassung des Demonax gesturzt. Dem Herodot 
ist Ephoros gefolgt, s. Diod. VIII 30. 

6) Von Battos IV. S xaXog erfahren wir nur 
durch Heraklides (d. i. Aristot.) pol. 4, 3 den Namen. 
Er wird der Sohn des Arkesilaos III. gewesen sein. 
Denn nach dem Orakel Herod. IV 163 haben acht 
Generationen von Konigen, vier B. und vier Arke- 
silaos, fiber Kyrene geherrscht. Der letzte K6nig 
war bekanntlich der von Pind. Pyth. IV. V ge- 
feierte, um 460 gesturzte und in Euhesperides er- 
schlagene Arkesilaos IV., der bei Heraklid. a. a. O. 
falschlich B. genannt wird. [Ed. Meyer.] 

7) Battos aus Kyrene , Vater des Dichters 
Kallimachos, Suid. s. Kcdh'fiaxog. Prokl. bei Phot, 
bibl. 319 b Bekk. Kallimachos ffthrte sich mit 
Stolz auf den Griinder des Herrschergeschlechtes 
von Kyrene zurtick, Strab. XVII 694 (— frg. 550 
Schn.) und nannte sich Battiade (BaTridStjs ep. 
35 Wil. ; vgl. hymn, in Apoll. 96). Dieser Ehren- 
name blieb ihm bei den Spateren, Anon. Anth. 



149 



Battua 



Baubo 



150 



Pal. VII 42. Catull. LXV 16. CXVI 2. Ovid. am. 
I 15, 13; trist. II 367. V 5, 38; lb. 55. Stat, 
silv. V 3, 157. Petron. 135. Terentian. Maur. 1886 
Lachra. Apollonios von Rhodos scheint ihn durch 
Zuruckfuhrung auf den doppelzungigen messeni- 
echen Hirten (s. Nr. 1) verspottet zu haben, 
Lemma zu Anton. Lib. 23. Knaack Jahrb. f. 
Philol. 1891, 771, dagegen mit unzureich«nden 
Grunden Sakolowski De Anth. Pal. quaest. 
Lpz. 1893, 5 If. 

8). Angeblicher Hivt , Theokrit. IV (in X ist 
die Uberlieferung unsicher), unter dessen Maske 
hochst wahrscheinlich Kallimachos verborgen ist, 
ReitzensteinRostockerLekt.-Verz. 1891/92, 5ff.; 
Epigramm und Skolion 228 — 243 (mit sehr kuhnen 
Fohjerungen). [Knaack.] 

9) reXioTonows naoa Kaiaagt Plut. quaest. 
conv. VIII 6, 1. 

10) Korinthischer Heerfuhrer im J. 425, Thuk. 
IV 43. [Kirchner.] 

Battua s. Batavia. 

Baxxov oKOJiia, befestigter Platz Libyens 
(xcoqiov xijg At(Lvt]$) , nach dem Namen zu ver- 
muten wohl der Kyrenaika , Hesych. Antoninus 
Liberalis 23 (der hier aus einer auch von Hesy- 
ehios viel benutzten Quelle [Pamphilos] schopft) 
erklart den Namen des Ortes, den er nach Mes- 
senien verlegt, aus der Geschichte vom Hirten 
Battos (s. d. Nr. 1). [Sethe.] 

Batulum, Ort in Campanien bei Verg. Aen. 

VII 739 nach Servius z. d. St. eastellum Cam- 
paniae a Samnitibus eonditum, von Sil. Ital. 

VIII 564 unter den Samniten aufgefiihrt. Lage 
ganz ungewiss. [Hfilsen.] 

Batum s. Baletus. 

Batyllos (BdxvXXog), ein Satyr im bakchischen 
Thiasos auf einer rotfigurigen Vase, Jahn Va- 
senb. II 2 (CIG 8439), moglicherweise auch her- 
zustellen auf der Apotheose des Herakles in Villa 
Albani (Jahn-Michaelis Griech. Bilderchron. 
Anm. 267). Die Ableitung des Namens vom 
Stamme /Jar- macht die Anderung in BadvXXog 
flberflussig. Heydemann Satyr- und Bakchen- 
namen 19 und 35. [Wagner.] 

Baua s. Bana Nr. 1. 

Bavares (so die meisten Inschriften ; im Ve- 
roneseT Provinzenverzeichnis , bei Kiese Geogr. 
lat. min. p. 129 Baveres , bei Iul. Honor, ebd. 
53. 54 Barbares; im It. Ant. p. 2 Barbari; in 
der Inschrift CIL VIII 9324 Babari), maurische 
Vfllkerschaft (Mauri Baveres im Veroneser Ver- 
zeichnis) , die im 3. und 4. Jhdt. die rOmische 
Provinz Mauretanien und den angrenzenden Teil 
Numidiens unsicher machte, nach einer Iambae- 
sitanischen (CIL VUI 2615) und mehreren maure- 
tanischen Inschriften (CIL Vffl 9047. 9324. Eph. 
ep. V 1062, vgL VH 549. 530. 551). Die alteste 
dieser Inschriften gehOrt dem J. 260 n. Chr. an, 
CIL VIII 9047; ungefahr derselben Zeit CIL VIII 
2615, der ersten Halfte der Regierung Diocletians 
und Maximians die Inschrift von Caesarea CIL 
VIII 9324, in der ein Statthalter von Maure- 
tanien sich rfihmt, die Barbari Transtagnenses, 
d. h. die jenseits der Salzseen im Suden der Pro- 
vinz Mauretanien (Schott el-Hodna u. a.) wohnen- 
den, ganzlich vernichtet zu haben (vgl. Partsch 
zu CIL a. a. O.). In einer andern Inschrift (Eph. 
ep. VTI 530) werden sie Bavares Mesegneitses 



(so !) genannt, womit vielleicht Macenites Barbari 
im It. Ant. p. 2 zusammenzuhalten ist. Zweifel- 
haft ist, ob der Djebel Babor im Norden von 
Sitifis seinen Namen von den B. erhalten hat 
(Tissot Geogr. de l'Afrique I 459). Iulius Ho- 
norius (p. 53 Eiese) setzt sie in das westliche 
Mauretanien. Damit ist zusammenzuhalten, dass 
in Arbal, in derNahe von Oian, sich zwei Grab- 
schriften von Personen gefunden haben, die vi Ba- 

10 varum umgekommen sind (Eph. ep. V 1062. VII 
551). Mit den B. verhandelte auch Theodosius 
der Altere im. J. 373 (Ammian. XXIX 5, 33, wo 
Davares iiberliefert ist). [Dessau.] 

Banbo. 1) Der Kult der B. begegnet uns 
allein auf der Insel Paros, deren alten Demeter- 
dienst bereits der homerische Demeterhymnos, der 
legos Xoyog von Eleusis, kennt. Er ist bezeugt 
durch die Inschrift 'A&rjvmov V (1876) 15 nr. 5 
(Bjechtel Inschr. ion. Dial. nr. 65), welche ihr 

20 zusammen mit Hera, Demeter Thesmophoros, Kore 
und Zeus Eubuleus von Erasippe, der Tochter des 
Prason, geweiht ist. Der Stein giebt BafloT statt 
BavfloZ, wie statt des Zeitworts {tavfiav auch die 
Form fiafiav bezeugt ist. Es kann kein Zweifel 
sein, dass dieselbe Gottheit gemeint ist. Dieselbe 
Namensfonn kommt auch in der Litteratur vor: 
Michael Psellos bei Leo Allatius De Graecorum 
hodie quorundam opinationibus, Coloniae Agrippin. 
1645 p. 139 (E. Abel Orphica frg. 216): S n&v 

30 Tot BaflovxCixaQiog el; iAXtjVixrjg (pXvagiag aaQsis- 
ecp&aQfj t(p /Si'(j). evsart ydg itov rots OQ(pixotg snsot 
Ba/3a> Tig 6yo/Mx£o/*evri &aifiwv wkxsqivt], STiifirj- 
xtjg to oxrjptx, ital axtcodrjg rijv vmnofyv. 'IotoqcT 
de xai IJoQtpvpiog 6 (pdoaoqpog jzeqi tovtcov. Dass 
die ursprungliche Namensform aber Bavpcb ist, 
haben jetzt die Untersuchungen von O. Crusius 
(Untere. zu den Mimiamben des Herondas 128) und 
A. Dieterieh (Philol. LH 1894, 3) gelehrt, die 
an Herondas $iXta£;ovoai (VI) 19 anknupfen. Den 

40 dort erwahnten xoxxirov pavpwva , um den sich 
die Unterhaltung der Freundinnen dreht, iibersetzt 
F. Bucheler mit coeeineum tutunum, und mit 
Recht erinnert Crusius a. a. O. 128 an das scor- 
teum fascinum des Petron. 138 (s. auch Crusius 
Philol. LII 12*). Hierher gehCrt auch die bei 
Hesych. s. jJavftcb erhaltene Nachricht, dass §av- 
(ico bei Empedokles xodia bedeute, und wenn 
man auch Dieterieh a. a. O. nicht ohne weiteres 
zugeben wird, dass es einen alten phallischen 

50 Daemon Bavflwv gegeben habe, so wird doch nie- 
mand mehr die Gottin B. von dem fiavflwv trennen 
wollen, liber den uns Herondas in so unerfreulicher 
Weise aufgeklart hat, und ganz hinfallig ist die 
Ansicht, nach welcber B. als Hypostase derHekate 
aufzufassen ware (Kern Athen. Mitt. XVI 1891, 
7, 2). 

Wo der Kult dieser merkwurdigen G5ttin ur- 
sprunglich zu Hause ist, konnen wir nicht mehr 
entscheiden. Fest steht die wichtige Thatsache, 

60 dass sie in Paros einen Kult hatte und eine Rolle 
in der durch die Orphiker geschaffenen Fassung 
des hgdg Xoyog der eleusinischen Mysterien spielte. 
Denn es ist eine orphische Dichtung, in der sie 
die Iambe des homerischen Hymnos, deren Namen 
auch nach Paros weist , vertritt , wobei es nicht 
unwesentlich ist, dass uns eine Spur ihres Daseins 
schon bei Empedokles begegnet, dessen Beein- 
flussung durch orphische Dichtungen vollig sicher 



151 



Baubo 



Bavhis 



152 



ist (Archiv f. Gesch. der Philosophic 1 1888, 498. 
Dieterich a. a. 0.)- Die orphische Dichtung hat 
sich dieser Gottheit, wie auch des durch dieselbe 
Inschrift fur Paros bezeugten Zeus Eubuleus be- 
machtigt und sie dann zu den unzfiehtigsten 
Scherzen und Spassen verwandt. Aus den Kirchen- 
vatern (Clemens Alex. Protr. p. 16 Pott. = Euseb. 
praep. evang. II 3. Amob. V 25 p. 196 K. [Abel 
Orphica frg. 215] ; vgl. Suidas s. Arjiiw und Michael 
Psellos de operatione daemonum ed. Boissonade 
p. 40) wissen wir, dass B. als Gattin des Dysaules 
die irrende Demeter in Eleusis empfangt und be- 
wirtet, und es sind uns in zwei verschiedenen 
Fassungen bei Clemens und Arnobius auch die 
Verse erhalten, welche die unanstandigen Scherze 
sehildern , mit denen B. die traurige Gottin zu 
erheitern sucht. Was unter den formatae inguini- 
bus res der bei Arnobius erhaltenen Verse zu ver- 
stehen ist, hat uns jetzt der xoxxivog ftavflcbv des 
Herondas gelehrt. Wenn bei Hesych. s. BavfStb 
(cod. Bavfiri)) B. als xi&^vrj A^fujxgog bezeichnet 
wird, so wird das auf einem Missverstandnisse 
beruhen. Wie alt die orphische Dichtung ist, aus 
der uns jene Episode erhalten ist, lasst sich nicht 
bestimmen. Dass aber schon im 4. Jhdt. v. Chr. 
B. als Gattin des Dysaules bekannt war, beweist 
Harpokration s. Avgavlrjg ■ 'Aoxktjmddrjg sv 8' Tga- 
yo>8oviisvo>v xov AvgavXr/v avxox&ova elval tptjat, 
ovvoixr\G<xvxa Ss BavfloT ay^uv jccudag IlQWToyQvrjv 
xe xai Miaav. Die Hss. bieten jigcoxovorjv xe xai 
vijaav bezw. xvTaav; vgl. aber Dieterich a. a. 0.2. 
L. Bloch ebd. 577. Protogone kann man von 
dem orphischen Phanes Protogonos nicht trennen, 
und dass B.s zweite Toehter Misa eine der B. ganz 
ahnliche Gestalt ist, hat Dieterich a. a. 0. im 
Anschluss an die xadodog Miotjg im ersten Mimiam- 
bns des Herondas erwiesen. Aus orphischen Ge- 
heimkulten ist B. dann auch in das Wirrsal der 
Zauberpapyri gelangt, und da erscheint sie dann 
einmal allerdings auch der Hekate gleichgesetzt, 
wo C. Dilthey, dem Abel Orphica p. 289 ge- 
folgt ist, mit Unrecht Boppta fur B. eingesetzt 
hat; vgl. die Stellen bei Dieterich a. a. 0. und 
Abraxas 148, 3. 201, 19. 

Auf B. ist schliesslich eine merkwurdige im Ber- 
liner Antiquarium befindliche Terra'cottengruppe 
aus Italien gedeutet worden, welche eine nackte 
Fran mit unanstandiger Bewegung auf einem 
Schwein reitend darstellt (Millingen Ann. d. 
Inst. XV 1843 tav. E.); diese Deutung ist wohl 
lediglich durch Goethes Walpurgisnacht veranlasst 
worden. 

Litteratur: Lobeck Aglaophamus II 818. 
Preller Demeter und Persephone 134. F. Lenor- 
mant in Daremberg-Saglio Dictionnaire I 
683. R. F first er Raub und Ruckkehr der Perse- 
phone 282. A. Ludwich Neue Jahrb. f. Philol. 
CXLI1890, 51. Crusius a. a, 0. Dieterich 
a. a. 0. und Nekyia 87. 

2) Name einer Mainade vom Geschlecht der 
Kadmostochter Ino, welche nach einem inschrift- 
lich erhaltenen Orakel aus hadrianischer Zeit zu- 
sammen mit Kosko und Thettale auf Geheiss des 
delphischen Apollon den Dionysoskult aus Theben 
in Magnesia am Maiandros einfuhrt. Der Name 
ist gewahlt, well er fur die Stifterin eines mysti- 
schen Dionysoskults vortrefflich passt, in deutlicher 
Anspielung auf die orphische B. (Nr. 1). Die 



wichtige Inschrift ist neu herausgegeben und aus- 
ffihrlich behandelt von 0. Kern in den von P. 
Wendland und ihm herausgegebenen Beitragen 
zur Geschichte der griechischen Philosophie und 
Religion (H. Diels zum 22. December 1895), wo 
auch die fibrige Litteratur verzeichnet ist. Hin- 
zuzufiigen ist nur noch A. Dieterich Abraxas 
148, 3. [Kern.] 

Bauconica, Stadt an der Heerstrasse zwischen 

10 Mogontiacum und Borbitomagus, heut Oppenheim, 
Itin. Ant. 355. Auf der Tab. Peut. Boneonica, 
auf dem Meilenstein von Tongern (Orelli-Hen- 
zen 5236) . . . CONIC A (vgl. Desj ardins Table 
de Peut. 10), nach Desjardins Geogr. de la 
Gaule IV 31 jedoch . . NCONICA (auf der pi. VI 
gegebenen Abbildung ist von dem N vor C nichts 
zu erkennen). [Ihm.] 

Bundo s. Bauto. 
Baudobriga. 1) Ort in Germanien am Rhein 

20 an der- von Mainz nach Koln fuhrenden Heer- 
strasse, 22 Millien siidlich von Bonn (Itin. Ant. 
254. Tab. Peut.), heute Boppard. Der Name wird 
verschieden uberliefert. Auf dem Meilenstein von 
Tongern steht . . udobriga (0relli-Henzen5236. 
Desjardins Geogr. de la Gaule IV p. 31 pi. VI, 
also Boudobriga oder Baudobriga, fur ersteres ent- 
scheidet sich Holder Altkelt. Sprachschatz), nicht 
..ndobrica (so Creuly Revue arch. n. s. HI 410). 
Die Lesarten im Itin. Ant. 254 sind Boudobriea 

30 (-briga), Baudobrica, Bondobrica (-briga), Tab. 
Peut. Bontobriee, Not. dign. occ. XLI 1 1 = 28 Bodo- 
brica, Geogr. Rav. IV 24 p. 227 Bodorecas. Wir 
finden briga (= eollis, mom) in keltischen Orts- 
namen hauflg, vgl. Magetobriga u. a., Glttck Kelt. 
Namen 130f. Vgl. Bendermacher Rhein. Jahrb. 
L/LI 53ff. Die richtige keltische Form wird wohl 
Boudobriga sein, Marjan Keltische Ortsnamen 
in der Rheinprovinz II (1881 Progr. Aachen) 9f. 
2) Baudobriga (Baudobrica Itin. Ant. 374, 

40var. Baudobrigra) , Ort im Gebiet der Treveri, 
an der von Trier (fiber Mainz und Worms) nach 
Strassburg fuhrenden Strasse, 18 Millien von Trier. 
Er wird verschieden angesetzt. Nach Holder 
(Altkelt. Sprachschatz s. v.) das heutige Bupprich 
(Kreis Saarlouis). Schwerlich sind Nr. 1 und Nr. 2 
identisch, wie Pinder und Parthey annehmen. 

[Ihm.] 
Baudus (Mela I 12), Fluss in Syrien, wahr- 
scheinlich identisch mit dem Badas bei Strabon, 

50 s. d. [Benzinger.J 

M. Bavins, durch Verg. Eel. m 90 [qui Ba- 
viwm non odit amet tua carmina, Mevi, wozu 
Servius: pro poena ei contingat ut diligat Me- 
viwm peiorem poetam: nam Mevius et Bavitts 
pessimi fuerunt poetae, inimiei tarn Horatio 
quarn Vergilio) und Horatius epod. X als schlech- 
ter Dichter am Ende der rfimischen Republik be- 
kannt geworden. Nach Philargyrus zu Vergilius 
a. 0. war er curator und lebte (s. Domitius Marsus 

60 a. 0.) mit seinem Bruder in Gfitergemeinschaft, 
bis sich dieselbe auch auf die Frau ausdehnte. 
Hieronymus Chron. berichtet zu Abr. 1982 = 35 
v. Chr. : M. Bavins poeta, quern Vergilius in Bu- 
colicis notat, in Cappadocia moritur. Er seiner- 
seits iibte hinwiederum an Vergils Gedichten in 
seiner Weise Kritik ; vgl. Serv. Dan. Verg. Ge. I 
210 repreliensus Vergilius dieitnr a Bavio et (aut 
W e i c h e r t) Mevio hoe versu : hordea (Eclog. V 36) 



153 



Bccvxahs 



BaiiM 



154 



qui dixit superest ut tritica dieat. Reitz en- 
stein Ind. lect. Rostock 1891/92, 6, 2. All diese 
Feinde Vergils waren offenbar Beruhmtheiten nach 
Art Pustkuchens. [F. Marx.] 

BavxaXig (fiavxalr), (lavxahov, lat. gillo, gello 
L8we Prodr. corp. gloss. 69), ein urspriinglich 
besonders in Alexandria ubliches glasernes (Athen. 
XI 748b. c) oder thonernes (Baehrens Poet. lat. 
min. IV nr. 343, 3. Cassian. inst. IV 16, 20. Phi- 
lostorg. hist. eccl. I 4) Gefass zum Trinken, Auf- 
bewahren und Kiihlen (Anth. Pal. XI 244, 4. 
Baehrens Poet. lat. min. IV nr. 305. 324) von 
Flflssigkeiten. Die Form ergiebt sich teils aus 
Philost. a. 0., wo ein beieibter Mann spottweise 
B. genannt wird, teils daraus, dass beim Fallen 
(Alex. Aphrod. probl. I) und Ausgiessen (Baeh- 
rens a. 0. nr. 324, 1) ein glucksender Ton ent- 
stand; also ein bauchiges Gefass mit engem Halse, 
verschieden von dem weit offenen ipvxxrjQ. Wenn 
bei Athenaios a. 0. statt des uberiieferten xexqo.- 
xvxlos mit Recht xexyaxoxvlog gelesen wird, so 
fasste die B. fiber ein Liter. In byzantinischer 
Zeit bezeichnet jiavxakwv einen Wasserkrug (s. Du 
Cange), und in dieser Bedeutung ist das Wort 
(ital. boeeale) in die rotnanischen Sprachen liber 
gegangen. [Mau.] 

BavHideg , eine Art elegantcr Frauenschuhe, 
nach Poll. VII 94 safranfarbig ; bei Alexis Athen. 
XILT 568 b Hetaerentracht. Nach Anon, in Arist. 
Eth. Nicom., Comm. in Aristot. XX 200, 10 und 
Et. M. 192, 17 ionischen Ursprunges. Bei Lucian 
Lexiph. 10 erscheinen B. wohl irrtiimlich als Teil 
einer diirftigen Mannertracht. [Mau.] 

Baukidias, Insel bei Argolis, Troizen gegen- 
iiber, Plin. n. n. IV 56. [Oberhummer.] 

Baukis (fiavxa • tjSia Hesych.). 1) Der Name 
der frommen phrygischen Alten, die mit ihrem 
Gatten Philemon die als mude Wanderer in ihre 
armliche Hiitte einkehrenden Gotter Zeus und 
Hermes gastlich aufnahm und nach Kraften be- 
wirtete. Als darauf die Gotter die ganze Gegend 
zur Strafe dafur , dass die Bewohner ihnen ihre 
Thiiren verschlossen hatten, durch eine Wasserflut 
vernichteten , blieb allein die Hiitte der beiden 
bewabrt und wurde in einen prachtigen Tempel 
verwandelt. Die Getter sichern den Erschrockenen 
die Erfiillung eines Wunsches zu, und sie erbitten 
sich die Gnade, in diesem Tempel als Priester zu 
walten und einst gemeinsara zu sterben. Im hohen 
Alter werden sie gleichzeitig in zwei Baume, eine 
Eiche und eine Linde, verwandelt, die vor dem 
Tempel stehend noch lange fur die Umwohner 
ein Gegenstand der Verehrung waren. Ovid met. 
VIII 610—715 (Lactant. Placid, arg. Ov. met. 
VIH 7 — 9). Die Einkleidung der von Ovid, mit 
liebenswurdigen Einzelzugen ausgestatteten Er- 
zahlung weist darauf hin, dass wir es mit einer 
wirklichen phrygischen Localsage zn thun haben, 
die, zusammengefiigt aus zwei verbreiteten Sagen- 
ziigen, der Einkehr von Gottern bei Sterblichen 
und der Errettung einzelner aus der Flut, die 
Heiligkeit des Gastrechts vor Augen stellen soil. 
Fur thatsachliches Fortleben der Sage in Klein- 
asien wird geltend gemacht, dass die Bewohner 
von Lystra nach Heilung des Lahmen durch Paulus 
und Barnabas glauben, Hermes und Zeus seien 
in Menschengestalt zu ihnen herabgestiegen (Act. 
apost. 14, llff., vgl. Winer Bibl. Realworterb. 



u. Iuppiter). Eine ganz entsprechende Sage aus 
der Schweiz, in der ein Zwerg die Stelle der 
Gotter einnimmt, fiihrt J. Grimm an (D. Myth. 
B XXX. XXXII. 481), eine andere aus Konde- 
land in Deutsch-Ostafrika, Merensky (Deutsche 
Arbeit am Njassa 108). [Wagner,] 

2) Troizenier. Er siegt in Olympia im Ring- 
kampf. Sein Standbild in Olympia von Naukydes 
aus Argos, Paus. VT 8, 4. [Kirchner.] 

10 3) Von Tenos, fruhverstorbene Freundin der 
Erinna nach dem Epigramm Anth. Pal. VTI 710 
(Erinn. frg. 5, PLG HI 144 Bgk.): %3ni xaxrjo 
fiixaksi BavxiSa, ^<Srt ysvog Ttjvla, &g eldcovxi 
(xrjvidmoudcovxi cod., corr. Pauw) ■ xai oxxt fioi 
a ovvexaiQts "Hqivv h xvfiflq} yQ&fifi &x&Q a & 
, xods. Stcph. Byz. s. Tfjvog (. . dip' v\g xai "Hgivva 
Trjvia xoirfXQia) stiitzt sich wohl eben auf dies 
Epigramm der Erinna. Welcker (kl. Schr. II 
146, s. Bergk p. 145) will freilich TtjXia schrei- 

20 ber. Naheres iiber Heimat und Zeit im Zusam- 
menhang einer Darlegung fiber Erinna, die ledig- 
lich durch einen leicht aufzudeckenden Irrtum 
Schulerin und Freundin des Sappho geworden ist 
und vielmehr ins 4. Jhdt. gehsrt (Crusius 
Unters. zu Herondas 118. Reitzenstein Epi- 
gramm und' Skolion 143). [Crusius.] 

Bavmofi6s, Name einer Tanzart, nach Pollux 
TV 100 : Bavxov oQ^rjaxov xibfiog ijicovv/xog, afigd 
rig ogxioig xai xo owfia Eg~vyQaivovoa, nach Hesych 

30 eine Imvixij og^tjaig. Bavxi'Qsadat bei athenischen 
Symposien bezeugt Alexis frg. 222, Ko ck n 379. 
Vgl. noch Schol. II. XXII 391. Schol. Aristoph. 
eq. 20. Hesych. s. f)avxi£ea&ai. '[Reisch.] 

Bauli (BavXoi), Villenort ohne Stadtrecht 
zwischen Misenum und Baiae (Plin. n. h. Ill 61), 
an der Punta dell' Epitafio (falsch die nur auf 
Namensahnlichkeit beruhende Identification mit 
dem 21/2 K m - sudlicher gelegenen modernen Dorfe 
Bacoli). Den Namen leiten Sil. Ital. XII 156. 

40 Servius Aen. VII 662. Symmachos ep. I 1 ab 
von §oavha, weil Hercules dort die Rinder des 
Geryones in Hiirden untergebracht habe. In repu- 
blicanischer Zeit wird namentlich die Villa des 
Redners Q. Hortensius genannt. die ihrer Fisch- 
teiche wegen beruhmt war (Varro de r. r. IH 17, 
5. Cic. Acad. pr. II 9. 100. 125); dieselbe kam 
spater in den Besitz der Antonia, Gattin des 
Drusus (Plin. n. h. IX 112). Auch Pompeius 
hatte vielleicht in B. eine eigene Villa (Caelius 

50 bei Cic. ad fam. VIII 1, 4). Ausgedehnt waren 
spater in und um B. die Besitzungen der Kaiser; 
von B. nach Puteoli schlug Caligula seine Briicke 
fiber den Golf (Suet. Calig. 19. Cass. Dio LIX 
17); hier lag die Villa der Agripphia, die ge- 
legentlich der Erzahlung von ihrem Morde mehr- 
fach erwahnt wird (Tac. ann. XIV 4. Martial. IV 
63. Suet. Nero 4). Auf £in Collegium innerhalb 
der kaiserlichen Sclavenschaft beziehtMommsen 
gewiss mit Recht den ordo Baulanorum CIL X 

60 1746 und das collegium Bavla(iwrum) ebd. 1747, 
aus denen man friiher mit Unrecht auf die Exi- 
stenz einer Colonie B. geschlossen hat. Wenn 
Mommsens AuflOsung der Siglen am Schlusse 
der Inschrift CIL X 1748: l(oeo) d(ato) d(ecreto) 
dfeeurionnmj e f(amilia) vfillae) LfueuManae) 
richtig ist, so lag im Gebicte von B. auch die 
spater kaiserliche Villa des Lucullus, welche bald 
als Baiana (Varro de r. r. Ill 17, 9. Senec. ep. 



155 



Baumai 



Baumkultus 



156 



51, 11), bald als Misenensis bezeichnet wird 
(Plin. n. h. XVIII 32. Phaedr. II 5, 7. Suet. 
Tib. 73. Tac. ann. VI 50) und auf der Hdhe, von 
der man den Golf und das tyrrhenische Meer sah, 
ihren Platz hatte (Phaedr. a. a. 0.). Sie war 
ursprunglich von C. Marius erbaut (Pint. Mar. 34); 
in ihr starb der Kaiser Tiberius; vgl. Beloch 
Campanien 176— 180. Mommsen CIL X p. 353. 

[Hiilsen.] 



der kithaironischen Hera bezeugt, und wie Ma- 
surias Sabinus bei Serv. Aen. II 225 demnach 
das "Wort delubrum als effigies erklart, a deli- 
bratione aortitis ; nam antiqui feliciwm arborum 
ramos eortiee detraeto in effigies deorum for- 
maba/nt, unde Oraeei £"6avov dieunt (Overbeck 
Das Kultusobject bei den Griechen in seinen alte- 
sten Gestaltungen, Ber. der Sachs. Gesellscfr. d. 
Wiss. 1864, 149). "Wo uns in wirklieh alten Kul- 



Banmai (Bavptu, Var. Mavfiau), Ort Mesopo- 10 ten Bretter, Klctze oder Pfahle als Gotterbilder 



tamiens am Euphrat, Ptol. V 18, 5. [Fraenkel.] 

Baumkultus. Die griechische Religion ist 
eine allmahlich gewordene, die sich von Stufe zu 
Stufe entwickelt hat, und deren einzelne Phasen 
noch zu verfolgen sind. Der Versuch, eine Ge- 
schichte der griechischen Religion zu schreiben. 



ist tosher noch nicht unternommen worden, und haufens, direct entwickelt hat (s. Agyol XlSoi). 



(s. "Ayaijta) begegnen, ist von einem B. nicht 
zu reden; diese haben vielmehr dieselbe Bedeu- 
tung wie die agyol Xi&oi, die weiter nichts als 
Petische aind, wie das am deutlichsten im Knit 
des Hermes zu beobachten ist, dessen Gotterge- 
stalt sich aus dem Fetisch des egfia, des Stein- 

hnmnna rtt-nfini- i-v*\4-»in «1tj-.I4- lint /_ 3 A _ _. _ ^ 1 / .0 _ \ 



es ist deshalb ausserordentlich schwierig, ein ein 
zelnes Kapitel, wie z. B, den B., vorwegzunehmen 



Ist es richtig, dass sich auch die griechische 
Religion aus dem Fetischdienste allmahlich empor- 



Denn in der Isolierung betrachtet kann eine solche 20 gehoben hat, so wird schon durch diese Erkennt 



einzelne Phase der Entwicklung nur iiber- oder 
unterschatzt werden. Beides ist dem B. wider- 
fahren, und das "Werk, welches bereits 1856 unter- 
nommen hat den B. darzustellen , C. Boetti- 
chers B. der Hellenen, hat dem geschichtlichen 
Verstandnis der griechischen Religion mehr ge- 
schadet als geniitzt. Denn so sehr das Bestreben 
des Verfassers auch anzuerkennen ist, Analogien 
aus den Religionen der anderen alten Volker bei 



nis allein die Bedeutung des B. erheblich einge- 
schrankt. Der Fetisch ist zunachst an keinen 
Ort gebunden. Er ist auf dem Felde ein dgyog 
Xi&og; er hangt aber auch als Amulet um den 
Hals des Menschen, der in ihm seinen Schutzgeist 
sieht und verehrt. Der Fetisch wandert mit dem 
Menschen, wohin dieser geht. Zunachst hat jeder 
Mensch seinen eigenen Fetisch. Es ist ein weiterer 
Schritt der Entwicklung, wenn von einer Familie, 



zubringen, das grosse und kaum iibersehbare Ma- 30 einer Sippe, einem Volksstamme in einem Fetisch 



terial aus den Sagen und Gebrauchen der verschie 
denen Volker, namentlich der nordischen, ist doch 
erst in W. M a n n h a r d t s Werk Wald- und Feldkulte 
I Der Baumkultus der Germanen und ihrer Nach- 
barstamme 1875, n Antike "Wald- und Feldkulte 
aus nordeuropa-ischer tfberlieferung erlautert, 1877 
gesammelt, geordnet und gesichtet worden. Aber 
auch Mannhardt ist trotz des weiten Blickes, 
den ihm eine erataunliche Gelehrsamkeit gestattete, 



der eine gemeinsame Gott verehrt wird. Dann 
muss der Ort heilig und geweiht werden, an dem 
der Fetisch gefunden oder aufbewahrt wird. Zu- 
erst ist es ■ ein Platz unter freiem Himmel ; so- 
lange es ein dgydg Xi&og ist, bedarf es keines 
Schutzdaches. Aber schon der Holzfetisch ver- 
langt Schutz vor der Witterung, und je weiter 
sich dieser dann zu einem ikonischen Kultgegen- 
stande, zu einem wirklichen Kultbilde, entwickelt, 



zu mannigfachen Ubertreibungen gekommen und 40 desto notwendiger ist ein schiitzender Raum. Sehr 
ist oft verleitet worden, bei den Griechen und •■•■*■ - - - , . . , 
ROmern auch da Spuren eines B. zu linden, wo 
sie ein unbefangener Betrachter der Entwicklung 
der griechischen Religion nicht anerkennen wird. 
Die griechische Religion hat nicht mit dem 
bildnislosen Kultus eines hOchsten Gottes begon- 
nen, sondern auch ihre erste Phase war die des 
Fetischdienstes, wie wir ihn noch heute bei alien 
Naturvolkern finden. Auf das Material des Fe- 



viel alter als der Tempel ist der Altar. Der 
Altar steht unter freiem Himmel, daneben des 
Gottes Bild. Es entspricht nur dem naturlichen 
Bedurfnis, wenn der Mensch sich in der Natur 
einen Platz sucht, wo er vor allem Schutz fur 
sein Kultbild findet, eine HOhle oder einen dicht- 
belaubten Hain. Auch der Tempel dient doch 
zunachst zu weiter nichts als zum Schutze des 
heiligen Bildes, das vor den Einflussen der Wit- 



tisches kommt nichts an. Es ist einerlei, ob der 50 terung bewahrt werden muss. So tritt der Baum 



Gegenstand, welchen der Mensch gOttlich verehrt, 
aus Stein, aus Holz, aus Horn oder Glas ist. So 
ist es sicherlich unrichtig, da ohne weiteres von 
einem B. zu reden, wo wir die Verehrung eines 
Brettes, eines Klotzes oder eines Pfahles finden, 
wie in dem alten Knit der samischen Hera (Clem. 
Alexandria Protr. 4 p. 40 Pott. Kallim. frg. 105 
[Schneider II 366]. R. Foerster Uber die alte- 
sten Herabilder, Progr. Breslau 1868, 4), der Leto 



als Schutzdach des Gotterbildes in den Kultus 
der Griechen ein, als Wohnhaus des Gottes, aber 
nicht als Fetisch, nicht als Abbild des Gottes. 
Der ausgehohlte Baum vor allem, in den das 
Kultbild Mneingestellt wird, ist der erste Tempel. 
Kenntlich ist uns jedenfalls nur noch diese Pe- 
riode; uberall wo wir dem B. bei den Alten be- 
gegnen, finden wir die Auffassung lebendig, wel- 
cher Silius Italicus in Betreff der Zeuseiche in 



in Delos (tyhvov apogcpov Semos bei Athen. XIV 60 Dodona Ausdruck gegeben hat HI 691 : arbor 



614 B), der ikarischen Artemis {^vXov ovx elgya- 
afisvov Clem. Alex. Protr. 4 p. 40 Pott. ; lignum 
indolatum Arnob. VI 11 p. 222, 14 Reiffersch.), 
der Dioskuren in Sparta (rd doxava Plut. de frat. 
amore 1) u. s. w. Denn hier konnte von einem 
B. nur die Rede sein, wenn das Holz, aus dem 
der Fetisch gemacht ist, von einem heiligen Baume 
stammt, wie Pausanias IX 3, 4 dies fur den Kult 



numen habet eoliturque tepentibus arts. Die 
Gottheit weilt in dem Baum ; er ist ihr Hans (vgl. 
Aristoph. av. 615), er wird heilig durch sie — 
aber Baum und Gottheit sind niemals identisch. 
Von den alten Schriftstellern ist die Bedeu- 
tung des B. nirgends uberschatzt worden: kaee 
fuere wwminum templa, priscoque ritu simplieia 
rura eOamnunc deo praecellentem arborem di- 



157 



Baumkultus 



Baumkultus 



158 



cant, nee magis auro fulgentia atque ebore si- 
mulacra quam Ittcos et in its silentia ipsa ado- 
ramus (Plin. n. h. XII 1 ; vgl. Lukian. de sacrif. 
10), und an eine Bemerkung J. Grimms an- 
kntipfend hat jetzt O. Schrader Sprachverglei- 
chung und Urgeschichte 2 1890, 403 nachgewiesen, 
dass wir fur den Stamm des Wortes injog (vafo-) 
eine urspriingliche Bedeutung als Baumstamm an- 
setzen mussen. Bestatigt wird diese Ansicht durch 
das von demselben Stamm abgeleitete Wort vavg ; 
denn ein ausgehshlter Baumstamm stellte auch 
das alteste, primitive, Boot dar. 

Wie lange die Erinnerung an diese Periode 
des griechischen Gottesdienstes wach und lebendig 
blieb, hat jetzt der in Magnesia am Maiandros 
gefundene aQxaXos xQV<fP°s gelehrt, den etwa in 
hadrianischer Zeit der dgxatos pvaxr\s 'AxoXlcbviog 
MoxoXXtjg dem Gott Dionysos geweiht hat, P. 
Wen dland und O. Kern Beitrage zur Gesehichte 
der griechischen Philosophie und Religion (H. 
Diels zum 22. December 1895) 79—101, wo auch 
die iibrigen Publicationen verzeichnet sind. Bei 
der Griindung der Stadt haben die Magneten des 
Dionysos vergessen. Da erscheint pl&tzlich in 
den Zweigen einer durch einen Sturm zerborstenen 
Platane ein Bild (&tpidov/j.a) des Dionysos. Dieses 
g6ttliche Zeichen veranlasst eine Befragung des 
delphischen Gottes, und Apollon regt dann, was 
er oft thut, die Griindung eines Dionysoskultes 
an, bestellt als Pflegerinnen des Heiligtums drei 
Mainaden aus Theben, Kosko, Baubo, Thessale, 
von denen — bezeichnend genug — Kosko den 
Thiasos xu>v nlataviatrivwv anfiihrt. Dieser in 
der Platane erschienene Dionysos ist ein echter 
Dionysos devdgevg (Studemund Anecdota varia 
I 268) oder dEvbghng (Plut. quaest. conv. V 3, 1 
p. 675 F) oder evSerhgog, unter welchem Namen 
er in Boiotien verehrt wurde (Hesych. s. erdsvdgog). 
Namentlich die letzte Epiklesis driickt unzwei- 
deutig das Verhaltnis des Gottes zum Baume aus : 
Dionysos wohnt in dem Baume. Denselben Bei- 
namen fuhrte Zeus bei den Rhodiern (Hesych. s. 
SrSsvSgog), und auf dieser Insel gab es auch ein 
Heiligtum der Helena Dendritis, dessen Kultlegende 
Paus. HI 19, 10 erzahlt. Ein ahnlicher Kult ist 
ferner der Dienst der Artemis Kedreatis in dem 
arkadischen Orchomenos (Paus. VIII 13, 2: jcgog 
8i xy Tiolti £6avov iativ 'AQre/M.i8og • ZdgvTai de iv 
xe&Qm fieyaXij, xal zi/v &gov crvofia^ovaiv ano tijg 
xsSgov Kedgeanv), wahrend die von Overbeck 
a. a. O. 131 aufgezahlten Kulte schwerlich hier- 
her gehfiren , am wahrscheinlichsten wohl noch 
der des Dionysos Sykites (Wide Lakon. Kulte 
167). Ganz ahnliche Stiftungslegenden eines 
Gottesdienstes kennen wir aus den Sagen anderer 
Lander, z. B. des Elsasses, wo von einem bei 
Plobsheim jagenden Ritter erzahlt wird, der durch 
zwei wilde Tauben zu einem hohlen Eichstamme 
gefuhrt wird, in dem er ein Marienbild mit dem 
Jesusknaben erblickt, und der dann durch dies 
Zeichen vom Himmel zur Erbauung der Wall- 
fahrtskapelle Maria zur Eich veranlasst wird 
(StOber Die Sagen des Elsasses 152; mehr bei 
P. Wagler Die Eiche in alter und neuer Zeit 
II. Berliner Studien XHI 2, 49). Die Erschei- 
nung von Gottern in den Zweigen der Baume 
kennt auch die indische Religion; Oldenberg 
Religion des Veda 260. 



Ahnliche Epikleseis von Gottern wie die eben 
aufgezahlten kommen in dem griechischen Kultus 
oft vor. Es ist nur immer dabei zu erwagen, ob 
der Beiname seinen Ursprung daher hat, dass der 
betreffende Baum als Wohnhaus des Gottes gilt, 
ob er also so zu beurteilen ist wie der Name der 
,Maria zur Eich', oder ob der Beiname den Gott 
nur als den Beschutzer einer bestimmten Baum- 
gattung bezeichnen soil, wie das z. B. beim Askle- 

10 pios Agnites der Fall ist, dem das Keuschlamm 
(ayvog) heilig ist, weil es in der Heilkunde eine 
grosse Rolle spielt. Ein solcher Beiname des 
Zeus, tpnyovaiog (Steph. Byz. s. dwdmvw) fiihrt 
uns zu dem heiligsten Baume im Gottesdienste 
der Hellenen, zu der Eiche von Dodona, aus deren 
Rauschen der hOchste Gott seinen Willen kund 
that, in deren Stamm seine Wohnung war (He- 
siod. frg. 156 Rz. rtjv Se Zevg s<piXt]ae xal ov 
XQi^oxriQiov sivai rl/tiov av^Qcosioig vaisi 

20[Schenkl; vaTov cod.] 5' ivl nv&fievi (pvyov). 
Die Eiche spielt aber nicht nur bei den Griechen 
diese hervorragende Rolle, sondern fast Iiberall 
begegnet sie uns im Kulte der Indogermanen, so 
bei den italischen Volkern (Preller- Jordan 
Rom. Myth. 13 108), deren altestes Iuppiterheilig- 
tum die Eiche auf dem Capitol war, an deren 
Fuss Romulus seine Spolien niederlegte (Liv. I 
10), bei den Kelten und bei den Deutschen; vgl. 
Wagler a. a. O. Dem Zeus (prjyovauog der 

30 Griechen entspricht genau der lupiter Fagutalis 
der Romer auf dem Esquilin, und mit Recht be- 
zeichnen Varro de 1. 1. V 152 und Festus ep. 87, 
6 s. fagutal die esquilinische Buche nur als sa- 
eellum Iovis, als den Wohnort des hOchsten Gottes. 
tTber den GottFagus in Aquitanien vgl. O. Hirsch- 
feld S.-Ber. Akad. Berl. 1896, 447. 

Der entwickelte griechische Kultus ist fester 
als der eines anderen Volkes an den Ort gebun- 
den. Zwischen Kult und Ort finden Wechsel- 

40 beziehungen statt, welche eine Darstellung der 
Gesehichte der griechischen Religion vor allem 
zu beriicksichtigen hatte. Nicht jedem Gotte ist 
jeder Ort genehm; aber Iiberall finden wir im 
Kultus die Vorliebe fur einen Hain, in dem der 
Altar steht und in spaterer Zeit der Tempel. Es 
ist da uberall eine Reminiscenz vorhanden an die 
Zeit, in welcher der Mensch seines Gottes Woh- 
nung in und unter den Baumen suchte; es ist 
aber auch namentlich von der hellenistischen Zeit 

50 an aus rein asthetischen Griinden die Kultstatte 
mit Baumen bepflanzt worden, wie man auch die 
Graber gern mit diesem ernsten Schmuck zu um- 
geben pflegte (E. Curtius Gesammelte Abhand- 
lungen I 80). Das Gefuhl, welches die Menschen 
ihre Gfltter in den Hainen suchen liess, hat der 
Romer Seneca (epist. IV 12 [41]) in den Worten 
ausgedruckt : si tibi oceurrerit vetustis arboribus 
et solitam aUitudinem egressis frequens lucus et 
eonspectum caeli ramorum aliorum alios prote- 

60 gentium umbra submovens : ilia proceritas silvae 
et seeretum loci et admiratio umbrae in aperto 
tarn densae atque cotitinuae fidem tibi numinis 
faeit. Von den grossen Hainen und Waldungen, 
die sich in Griechenland im Altertum uberall be- 
funden haben mussen, sieht der moderne Reisende 
nur noch die letzten kummerlichen Reste; aber 
wir werden uns erst dann ein richtiges Bild von 
dem Kultus der Griechen machen, wenn wir uns 



159 



Baumkultus 



Baumkultus 



160 



161 



Baumkultus 



Baumkultus 



162 



mit der Phantasie in die alten Haine zuriickver- a. 0.). Es giebt nicht ein einziges bildliches oder 

setzen, wenn wir auch oft da fur den Kult ernes litterarisches Zeugnis , aus dem man schliessen 

Gottes einen Hain voraussetzen , wo uns ein sol- kann, dass das Opfer dem Baum als solchem sel- 

cher nicht ausdrucklich iiberliefert ist, wie z. B. ber gilt; denn die beiden von Overbeck a. a. 

der 'AfQodioiov genannte Hain bei Thelpusa in 0. 131 angefiihrten Falle , die Stelle aus Silius 

Arkadien (Paus. VIII 25, 1) oder der Lykoswald Italicus , wo ausdrucklich das numen erwahnt 

in Messenien (Paus. IV 1, 6), der seinen Namen wird, dessen Haus die dodonaeische Eiche ist, und 

vielleicht daher hat, dass hier in alter Zeit ein Oyid met. VIII 715, wo es von den in Baume 

Grott in Wolfsgestalt verehrt wurde (Ed. Meyer verwandelten Philemon und Baucis heisst euro, 
Gesch. d. Altertums II 98, 65). Solch ein heiliger 10 deum di sint, et qui eoluere, colantur, kann man 

Hain musste naturlich von der profanen TJmgebung unmOglich als beweiskraftig gelten lassen. Bei 

abgetrennt werden , und so entstand das Wort den bildlichen Zeugnissen vollends kann niemand 

rs/isvog (von rsftvsiv ; vgl. templum) , mit dem entscheiden, ob der Altar oder der Baum als das 

allerdings spater oft nur ein Bezirk bezeichnet Prius gedacht ist, und von dieser Entscheidung 

wurde, welcher einem Gotte geweiht war, ohne allein hiingt ihre Verwertung fur diese Funda- 

Eiicksicht darauf, ob Baume in ihm standen oder mentalfrage ab. Mit Sicherheit nachgewiesen ist 

nicht, wahrend der Hain SXaog genannt wurde ebenfalls bisher kein Pall, aus dem klar wurde, 

(Strab. IX 412. E. Waentig Haine und Garten dass Baume mit den Attributen eines Gottes ge- 

im griechisch. Altertum, Progr. Chemnitz 1893, 11). schmiickt werden, was namentlich Overbeck a. 
Gilt der ganze Hain oder der einzelne Baum 20 a. 0. 135 zu beweisen suchte. Denn auf der 

als des Gottes Wohnung, so ist es selbstverstand- Kandelaberbasis des Vaticans bei Gerhard Antike 

lich, dass er bald als solcher gekennzeichnet wurde, Bildwerke Taf. 83, 1 (Boetticher nr. 9. 10) 

nicht nur durch die Umfriedung oder durch das brauchen die an dem Baume aufgehangten Jagd- 

Kultbild, das in der Hohlung des Stammes stand, waffen durchaus nicht als das Attribut der Ar- 

sondern auch durch Binden und Kranze, wie man temis angesehen werden: Speer, Bogenund Kocher 

auch die dgyol Xi&oi, die alten Steinfetische, schon kann man da mindestens mit demselben Bechte 

so zu schmucken pflegte, ist doch auch der Om- als geweihte Jagdwaffen auffassen, und durchaus 

phalos, der owo'^fev xdofiog des delphischen Tern- missverstanden ist sowohl von Boetticher a. a. 

pels, wie ihn der eben in Delphi gefundene Hym- 0. 108 wie von Overbeck a. a. 0. 134 das 
nos auf Dionysos bezeichnet, urspriinglich nichts 30 Fragment 362 N. aus dem euripideischen Erech- 

anderes als ein dgyog Xffiog, der mit Binden und theus, aus dem nur Voreingenommenheit schlies- 

Bandern geschmuckt ist (s. Agyol Xiboi). Schon sen kann, dass der Olbaum der Athene mit einem 

die Odyssee schildert uns III 273 den Aigisthos, Gorgoneion als Attribut der Gottin ausgestattet 

wie er den Gottern auf heiligen Altaren opfert gewesen sei. Euripides stellt in jenen Versen die 

und dabei Votivbilder, Gewebe und Goldsachen Atheneverehrer den Dienern des Poseidon gegen- 

an den vorauszusetzenden Baumen auf h&ngt (He 1- uber, die Athener den Thrakern des Eumolpos, 

big Homer. Epos 2 420), und um mit diesem den Olbaum und das Gorgoneion der Athene dem 

alten Zeugnis eins von den vielen aus der romi- Dreizack des Poseidon; vgl. v. Wilamowitz Aus 

schen, bezw. hellenistischen Zeit zu verbinden, der Kydathen 125. tJber ein Gorgoneion als Schmuck 
Baum , den Erysichthon im Haine der Demeter 40 des heiligen Olbaums lehrt die Euripidesstelle 

fallt, war mit solchen Gegenstanden reichlich be- nichts , und von einem solchen Schmuck weiss 

hangen : stabat in his ingens annoso robore quer- auch die litterarische und bildliche tTberlieferung 

eus, una nemits, vittae mediam memoresque ta- nichts. Auch die an Baumen aufgehangten Kro- 

bellae sertaque cingebant, voti argumenta potsn- tala, Tympana und Doppelfloten (Boetticher 

tis (Ovid. met. VIII 734). Auf zahlreichen Vasen- nr. 5. 7. 11. 13) kBnnen nicht als Attribute des 

bildern, Beliefs und pompeianischen Wandgemal- Dionysos oder der Megale Meter gelten; es sind 

den finden sich Darstellungen von Baumen, an Gerate des Kuitus, welche an den heiligen Baumen 

deren Zweigen Binden, Weihtafelchen und andere aufgehangt werden wie Handwerkszeug und Spiel- 

geweihte Gegenstande hangen, deren Abbildungen sachen. Aus diesen Erscheinungen alien lasst 
bei Boetticher auf den angefiigten Tafeln zu- 50 sich in keiner Weise der Schluss ziehen, dass die 

sammengestellt sind, z. B. nr 1. 2. 3. 4. 5. 6 u. s. w. ; Baume direct als Kultbilder galten. Sie beweisen 

dazu kommt jetzt noch namentlich die Journ. of vielmehr alle nur die Thatsache, dass die Baume 

hell. stud. IX 1888 Taf. 1 (Stengel Griech. Sa- oft fur das Wohnhaus des Gottes gehalten wur- 

kralaltertiimer Taf. I 1) verOffentlichte rotfigurige den und also Analoga der Tempel waren. 

Vasenscherbe mit der Darstellung eines Athena- Aber es giebt allerdings Falle, welche dieser 

opfers. Etwa 1000 alte Weihtafelchen aus Thon Auffassung zu widersprechen scheinen, das sind 

mit Widmungen an Poseidon sind bei Pente-Sku- die mit Kleidungsstucken und Gesichtsmaske aus- 

phia in der Nahe von Akrokorinth gefunden wor- staffierten Baumstamme , die durchaus den Ein- 

den, die dort offenbar an den Baumen eines dem druck von GrOtterbildern machen. Es sind nur 
Poseidon geweihten Hains aufgehangt waren : An- 60 Dionysosbilder , die uns in solcher Erscheinung 

tike Denkmaler I Taf. 7. 8. Weihtafelchen im Haine auf den Vasenbildern erscheinen , z. B. auf der 

von Aricia: Ovid. fast. Ill 267. Baume mit In- Vase des Malers Hieron (Wien. Vorlegebl. Serie A 

schriften: Plin. XII 11. XVI 237. Boetticher a. Taf. IV), und bei Boetticher nr. 42 (von der 

a. 0. 52. Ebenso hauflg sind die Darstellungen, Hieronvase). 43. 44. Jedoch auch hier kann ich 

auf denen unter den Baumen Altare erscheinen, die Sache nicht ahders beurteilen, als dass sich 

Boetticher nr. 5. 6. 8. 10. 13 u. s. w., deren aus dem ursprunglichen Fetisch, d. h. einem Pfahl 

Opfer dem Numen gelten, das in den Zweigen oder Brett, allmahlich das Kultbild entwickelt 

des Baumes Wohnung genommen hat (Sil, It. a, hat. Es ist nicht zufallig, dass es gerade land- 



liche Kulte sind, fur welche Plinius XII 1 und Gfltterbild erscheint, und den man gelten lassen 

Maxim. Tyr.^diss. 8, 1 ysmgyoi Aiovvoov zifiaioi, konnte, gehort der orientalischen und nicht der 

nrj^avxsg fa oqi&zq avxoyvh jige/ivov, dygoixixov griechischen Religion an. Es ist das die Er- 

ayaXfia diesen Brauch noch fur ihre Zeit bezeugen. zahlung von der Platane in Lydien, die Xerxes 

Denn gerade auf dem Lande hat sich manch alter verehrt, mit Gewandern und Schmucksachen aus- 

Kultus in seiner Ursprunglichkeit erhalten. Ein stattet und durch einen Leibwachter bewachen 

sehr lehrreiches Beispiel liefert uns der arvlog lasst (Ael. v. h. II 14). Auch wenn diese Ge- 

des kadmeischen Dionysos in Theben, dessen Kult- schichte ernsthaft zu nehmen ware, fur den grie- 

legende aus Mnaseas beim Schol. zu Euripides chisehen B. ergiebt sie so wenig, wie die vtiotxze- 

Phoinissai 651 iiberliefert ist: Aiovvoov xiooog 10 Qog dgvg des Pherekydes von Syros (Kern De 

tg~co$Ev xnQmlaxdg hi flQscpog Svra xata rov vd>- theogoniis 87 frg. 4), die auch herhalten muss, 

rov exaXvyev, iarogsT yag Mvaaiag Sri xa>v Kad- obwohl sie mit dern B. gar nichts zu thun hat 

fisicov flaodeiojr x".Qavvw4svzo>v xioodg tieqI xovg und einzig und allein aus der Lehre des Anaxi- 

xiovag^ <pvtlg sxdkvtpsv^ avxdv, ojirog fit] avfoj/iEgov mandros von der cylinderfCrmigen Gestalt der 

xal iv ptidevi to feiyos Sia<pSagfi [xalvydiv Erde und der alten hesiodeischen Vorstellung von 

xwaai-] &i6 xal jzepixidviog 6 ftsdg exXrj&r} mpa den Wurzeln der Erde zu verstehen ist (Diels 

6r)fiaioig. Nach dieser Legende nun steckt das Arehiv f. Gesch. der Philosophie I 15). 

Gottliche nicht in der Saule, an welcher sich der Es sind die schOnsten und hochsten Baume 

Epheu emporwindet, sondern in diesem selbst, vor allem, welche zu Wohnsitzen der Gottheit 

und mit Kecht ist an den Dionysos Ktoaog in 20 ausgesucht werden, Baume, die in den Himmel 

Acharnai (Paus. I 31, 6) erinnert worden, wahrend hineinzuragen scheinen und sich durch ihren Wuchs 

der Dionysos evdevSgoe hier wohl fernzuhalten ist. vor den anderen auszeichnen. Namentlich die 

Ganz im Sinne des von Mnaseas referierten leQog Eiche war es, deren Bedeutung im Kultus wir bei 

Myog _ fasst den Dionysos Perikionios auch ein fast alien indogermanischen Volkern anerkannt und 

Kultlied auf, das uns in der Sammlung der sog. verbreitet fanden, und alle heiligen Baume der 

orphischen Hymnen erhalten ist (XL VII). Trotz- Griechen iiberragt trotz Pausanias VIII 23, 5 an 

dem geben uns Kultlegende und Kultlied, wie Bedeutung die Zeuseiche von Dodona(s. Do don a), 

leider so oft, schwerlich mehr als eine Ausdeutung deren Holz so heilig war, dass die Sage dichtete, 

und Auffassung eines bestehenden Kultbrauches Athene habe ein redendes und weissagendes Stuck 

wieder. Wir kOnnen aus beiden nur lernen, dass 30 von ihr am Kiel, am Vorder- oder Hinterteil der 

eine epheuumrankte Saule Thebens altesten Dio- Argo eingefiigt (s. Argo), wodurchdas Schiff gegen 

nysos darstellte.. Das ist sicher , und dann ist viele Gefahren gefeit und vor dem Dntergang be- 

eben die Saule urspriinglich nur der Fetisch. der wahrt worden sei. Aber auch thessalische Local- 

mit Epheu bekranzt wird. Fur diese Auffassung tradition nahm die heilige Eiche fur sich in An- 

spricht das z. B. auch von Eeitzenstein Epi- spruch, die Einwohner der Stadt Phegos behaup- 

gramm und Skolion 207 unrichtig gedeutete Frag- teten, dass das alte Zeusorakel erst von hier aus 

ment aus der Antiope frg. 202 K, deren Schau- nach Dodona verlegt worden sei (Kineas bei Steph. 

platz_ ebenfalls Theben ist: k'vdov dk dald/uoig Byz. s. Acadwvri). Es ist (iberhaupt die Eiche, 

(iovxokov xo/iwvxa mooqi ozvkov evtov ftmv. Unter welche immer in besondere Beziehung zu Zeus 

dem arvlog ist nicht ein Thyrsosstab, sondern der 40 gesetzt wurde (Schol. Aristoph. av. 480), wie auch 

wirkliche ozvkog des Dionysos zu verstehen, von z. B. im arkadischen Kult des Zeus Lykaios, in 

dem auch ein bei Clem. Alex. Strom. I 24 p. 418 welchem ein von einem Priester in der heiligen 

Pott, bewahrter Orakel vers mvlog 0t}§moi<ii Aim- Quelle benetzter Eichenzweig eine bedeutsame 

waos .toXvytj&ijs spricht. Diese Saule, die doch Eolle spielte (Paus, VIII 38, 4). So erklart sich 

wahrscheinlich aus Holz gewesen sein wird, ist der Zug der Sage von selbst, dass Herakles, der 

dann mehr und mehr als Dionysosbild ausstaffiert Sohn des Zeus , unter einer Eiche den Feuertod 

worden, so dass man z. B. auf der Hieronvase sucht:tCTo Spvtyvia decadels Kallim.Hymn. Artem. 

nur noch an den oberen und unteren Enden die 159. Die Ilias erwahnt an mehreren Stellen eine 

eigentliche Saule erkennen kann. Ehe man die Eiche des Zeus, die vor dem skaeischen Thore vor 

Saule mit Kleidungsstucken versah, hat man 50 Troia stand (II. V 693. VI 237. 1X354), auf die 

an der Saule in einfacher Weise eine Dionysos- sich die in zwei Geier verwandelten Zeuskinder 

maske befestigt, oder auch zwei, wie das eine Athene und Apollon setzen, um liber Achaeer 

kurzlich in Rhodos gefundene, jetzt im Berliner and Troer Heerschau zu halten (II. VII 60). An 

Antiquarium befindliche kleine Lekythos atti- denselben heiligen Baum seines Vaters lehnt sich 

scher Fabrik deutlich zeigt , verOffentlicht Arch. Apollon II. XXI 549, um dem Agenor im Kampfe 

Jahrb. XI (1896) 115. Dargestellt ist auf diesem gegen Achilleus beizustehen. Doch ists nicht Zeus 

unscheinbaren, aber fur die Kultus altertiimer wich- allein, dem die Eiche als Wohnsitz dient. Sie ist 

tigen Bildchen eine Saule, von der zwei grosse auch seiner Mutter Rhea heilig, welcher die Argo - 

bartige Masken herabhangen. Von beiden Seiten nauten bei Apoll. Rhod. I 1123 einen Altar er- 

nahen sich je zwei Frauen in langen Gewandern, 60 richten, den sie mit Eichenlaub bekranzen, wozu 

die in den Handen Epheuranken halten, um die der Scholiast bemerkt: tj yap dgvg fega tfjg 'Peag. 

vor ihnen stehende Saule zu bekranzen und einem Wenn der Scholiast aber weiter sagt , dass nach 

echten Dionysos jiegixidviog ihre Verehrung dar- Apollodor ueqi fawr (3 B.) die Eiche der Rhea 

zubringen. Also auch hier bei diesen Dionysos- deswegen heilig sei, weil sie dem Menschen zu- 

bildern kann man von eigentlichem B. nicht spre- erst zur Wohnung und Nahrung gedient habe, so 

chen. Boetticher ist a. a. O. lOlff. wieder ist das wohl schwerlich richtig, sondern der wirk- 

viel zu weit gegangen, und der einzige von ihm liche Grund wird hier der sein, dass die Vereh- 

angefuhrte Fall, wo in der That ein Baum als rung der Eiche aus dem Kult des Zeus in den 

Pauly-Wissowa III 6 



163 



Baumkultus 



Baumkultus 



164 



Bheakult Iibertragen worden ist. Jedoch ist es 
bei anderen Gottern, wie bci Demeter, Dionysos 
und Pan von vomehcrein klar, warum auch die 
Eiche mit ihnen in Beziehung gesetzt wird. Diese 
Gottheiten sind Getter der Vegetation, und ledig- 
lich aus diesem Grunde ist ihnen auch die Eiche 
geheiligt worden. Dagegen ist die Eiche ala Wohn- 
sitz der Artemis wieder aufzufassen in dem ephe- 
sischen Kult, von dem Kallimachos Hymn. Ill 238 
erzahlt, dass unter einer schonstammigen Eiche 
(fVYV vxo jige/Livcp) ein holzernes Gotterbild von 
den Amazonen geweiht worden sei. Dieser Baum 
ist der Vorganger des beriihmten Tempels in Ephe- 
sos. Zunachst auch nur als Wohnsitz erscheint 
die Eiche in der bekannten antiken Vorstellung, 
dass in jeder Eiche eine Nymphe lebe, die als 
Dryas oder Hamadryas bezeichnet wurde , eine 
Vorstellung, aus der sich dann der Glaube ent- 
wickelt hat, dass das Leben einer solchen Nymphe 
von dem einen Baume abhangig sei, dass mit 
seinem Ende auch ihr Tod zusammenfalle. Es 
scheint dies eine poetische Ansehauung zu sein, 
eine vom Volk geschaffene, anmutige Dichtung, 
wic denn auch der Dichter des sog. homerischen 
Aphroditehymnos 259 von ihnen ausdrucklich sagt: 
at q ovtE ■&vt]toXg ovz' ad-avazoioiv Snovzai (W a g- 
ler a. a. 0. 16). tjber das Nachleben dieser Vor- 
stellung im heutigen Griechcnland vgl. Bcrnh. 
Schmidt Volksleben der Neugriechen 102. ISO. 
tJber die Bedeutung des Worts <ptji>6s, mit dem 
die Eiche des dodonaeischen Kults so oft bezeich- 
net wird, vgl. zuletzt P. Kretschmer Einleitung 
in die Geschichte der griech. Sprache 65, 1. Cher 
das aus einem mit erbeuteten Waffen umhangenen 
Eichenstamme bestehende Tropaion s. Wagler a, 
a. 0. 20 und unten. 

Pausanias bezeichnet VIII 23, 5 als den alte- 
sten heiligen Baum die im Heiligtum der sami- 
schen Hera gepflanzte/Wyoj, eine Weidenart, welche 
die Attiker ayvog nennen, und die unserem Keusch- 
lamm entspricht. Der auch heute in Griechen- 
land und Kleinasien noch weit verbreitete Strauch 
ist im Altertum namentlich mit solchen Gottheiten 
in Beziehung gesetzt, welche als Schiitzer und 
FOrderer der korperlichen Gesundheit verehrt wur- 
den, da das Keuschlamm in der Medicin viel ver- 
wandt wurde. Namentlich Prauen gebrauchten 
Blatter und Zweige des Keuschlamms, um sich 
ihre Keuschheit zu bewahren, wie z. B. die athe- 
nischen Prauen wahrend des Thesruophorienfestes 
sich aus diesem Grunde solche Zweige in ihr Bett 
legten. So ist es nur natiirlich, dass den Gottinnen, 
die in besonders naher Beziehung zu dem Ge- 
schlechtsleben der Fiauen stehen, wie Hera und 
Artemis, das Keuschlamm heilig war, dass z. B. 
die samische Kultlegende auch dichtete, Hera sei 
unter einem Lygosstrauche geboren worden (Paus, 
VII 4, 4). Denn es ist etwas durchaus GewOhn- 
ltches, wenn die Kultlegende erzahlt, dass ein Gott 
unter dem ihm geweihten Baume geboren sei, 
oder dass er doit dem von ihm erwahlten Weibe 
in Liebe genaht sei, wie das von der beriihmten 
Platane des Zeus bei Gortyn auf Kreta erzahlt 
wurde, deren Abbild man auf kretischen Miinzen 
zu finden glaubte (dagegen Svoronos Rev. beige 
de numism. 1894, 1). 

Eine sehr grosse Eolle im Kult spielt der 01- 
baum, sowohl der wilde (xotlvos), wie der edle 



(ela(a), beide von unverwiistlicher Kraft und grosser 
Triebkraft. tTber ganz Grieehenland ist seine Kul- 
tur verbreitet, und so finden wir ihn in verschie- 
denen Gotterkulten, am bedeutsamsten aber ver- 
wandt in denen des Zeus und der Athene. In 
Delos stroitet er mit dem heiligen Palmbaum um 
den Vorrang; den Palmbaum umfasst die kreisende 
Leto; aber von dem delischen Olbaum berichtet 
Kallimachos Hymn. IV 321, dass kein Schiff an De- 

10 los voriibergehe, ehe man sich nicht um den Altar des 
Apollon unter Schlagen springend gewunden habe 
und in die Rinde des Olbaums bei zuriickgewand- 
ten Handen eingebissen habe. Das hangt mit der 
kathartischen Wirkung auch dieses Baumes zu- 
sammen ; denn es ist vor allem die Pflanzenwelt, 
der die Kraft der Reinigung und Siihnung (Diels 
Sibyll. Blatter 120) in erster Linie beiwohnt. So 
hatte z. B. die Peige eine hervorragende Bedeu- 
tung in kathartischen Kulten, sie gait geradezu 

20 als qye/idiv. xov xa&aQdov ftiov (Magnes bei Athen. 
HI 74 d). In Athen gab es am Wege nach Eleusis 
eine isga Svxfj genannte Gegend, wo der grosse 
Mystenzug Station zu machen pflegte. Hier haftet 
die Sage von Phytalos, den Demeter mit der Feigen- 
kultur beschenkt, und welcher — eine Hypostase 
des Poseidon Phytalmios — der Gentilgott des 
Geschlechts der Phytaliden wurde (Toepffer Att. 
Genealogie 247). An verschiedenen Siihnfesten 
werden die Feigen als Eeinigungsmittel verwandt, 

30 so an den Plynterien (Toepffer 135) und Thar- 
gelien (Toepffer 249). Wir finden sie dann 
namentlich in den Kulten der Demeter und des 
Dionysos , zweier Gottheiten , die mit Kathartik 
und Feldkultur eng verbunden sind. 

Der Lorbeer ist in erster Linie mit dem Kult 
des Apollon verwachsen , vor allem mit dem des 
pythischen, dessen erster Tempel in Delphoi ganz 
aus Lorbeerreisern gewesen sein soil, die man aus 
dem thessalischen Tempe geholt habe (Paus. X 

40 5, 9; s. o. Bd. II S. 110). In verschiedenen Kul- 
ten trug Apollon den Beinamen des AatpvaToe oder 
AcupvrjyoQos (s. o. Bd. II S. 46; zu streichen ist 
da jetzt aber nr. 5, das Heiligtum der Kephaliden 
zwischen Athen und Eleusis, da das heutige Kloster 
Dafni seinen Nam en nur als Filial der Ilavayia 
tijs Adqivt}; in Constantinopel erhalten hat: Kevue 
archeol. in ser. tome XXII 1893, 246). Nament- 
lich aber in kathartischen Kulten des Apollon ist 
der Lorbeer von grosser Bedeutung, da ihm lustrale 

50 Kraft innewohnt; im Gegensatz zur chthonischen 
Olive steht er stets im Dienste der uranischen 
Gottheiten: Diels Sibyll. Blatter 120. 

Spielt der Baum eine so hervorragende Rolle 
im griechischen Kultus (vgl. auch Phaedrus fab. 
HI 17. Plin. XII 3), so bedarf es keiner Er- 
klarung mehr, warum auch seine einzelnen Teile 
bei so vielen sacralen Handlungen verwandt wer- 
den ; ist der Baum heilig, so ist auch heilig alles. 
was von ihm kommt, die Frucht, welche den Got- 

60 tern auf dem Altar geweiht wird, der Zweig, den 
der Verfolgte in der Hand hat, um von den Got- 
tern Schutz zu erflehen, und der Blatterkranz. 
den sich der Opfernde auf das Haupt setzt. Die 
Bekranzung ist eine religiose Sitte, welche, wie 
v. Wilamowitz Herakles 2 II 156 sehr richtig 
bemerkt hat, die Weihung des bekranzten Gegen- 
standes bedeutet. Sie durchdringt vom Anfang 
des 6. Jhdts. an das ganze Leben der Hellenen, 



165 



Baumkultus 



Baumkultus 



166 



wahrend sie dem Epos noch fremd ist. Der Priester 
setzt sich den Kranz auf das Haupt und erhalt 
deshalb in hellenistischer Zeit (namentlich in Klein- 
asien) den Titel axsrpavt]q>oQo?. Die Blatter des 
Krauzes werden von den Baumen gewahlt, die den 
einzelnen Gottern heilig sind; Lorbeer-, Eichen- 
«nd Olbaumkranze spielen die Hauptrolle. Auf 
die Altare werden die ersten Priichte des Herbstes 
gelegt, und wie die ganzen Baume mit Binden 
und Kranzen geschmiickt werden , so auch der 
einzelne Olbaumzweig, der als Eiresione in Athen 
an den Pyanepsien von Haus zu Haus getragen 
wurde und der schwerlich mehr vorstellt als ein 
Opfer von den Gaben des Herbstes (anders Usener 
Gotternamen 284). Mit der Eiresione vergleicht 
Furtwangler Arch. Anz. 1892, 106 das Zweig- 
biindel der eleusinischen Mysten; vgl. auch F. 
Hauser Philologus LIV 1895, 389. 

Aber nicht nur mit Binden , Kranzen und 
Weihgeschenken tritt der Fromme an den Baum 
heran, in welchem das Numen der Gottheit wohnt. 
Des Gottes Wille sucht er durch das Los zu er- 
grunden. Mit dem B. ist das Baumorakel un- 
zertrennlich verbunden, nicht nur im griechischen 
Gottesdienst , sondern auch sonst bei den Indo- 
germanen. Denn das deutsche Wort los (althd. 
Muz) entspricht dem griechischen Worte xladog. 
Die Zweige des heiligen Baumes werden abge- 
t>rochen, Baumsfcabchen sind die altesten Lose (vgl. 
0. Schrader a. a. 0. 404); die Worte xlav, 
xkddos, xk(bv, xkiJQog gehiiren eng zusammen. Die 
deutlichste Beschreibung eines Baumorakels ver- 
danken wir Tacitus Germania 10 , welcher das 
Losen der Germanen mit Baumstabchen also be- 
schreibt : auspicia sortesqiis ut qui maxime obser- 
vant, sortium consuetudo simplex, virgam fru- 
giferae arbori decisam in surculos amputant, 
eosque notis quibusdam discretos super candi- 
dam vestem temere ae fortuito spargunt. mox, 
si publice consulitur, saeerdos eiritatis, sin pri- 
•vatim, ipse pater familiae, precatus deos ea-elum- 
que suspicimis, ter singidos tollit, sublatos secun- 
dum impressam ante notam interpretatur. Ahn- 
lieh veri'uhr die Mantik der Skythen, von welcher 
Herodot. IV 67 berichtet, und dass das Baum- 
orakel der Griechen auf demselben Princip be- 
rulite, wurde allein schon der urspriingliche Sinn 
des Wortes avaiQsTv beweisen, das zuerst Lobeck 
Aglaophanius II 814 durch das lateinische sortes 
tollere richtig wiedergegeben hat; vgl. Bergk 
Gr. Litteraturgesch. I 334. Eohde Psyche 345. 
Von den Skythen erzahlt Herodot a. a. 0., dass sie 
weissagen, indem sie von den Stiibchen je eines 
hinter das andere legen. Dieser Brauch hat seine 
nachste Analogie mit dem Verfahren der Bomer, 
wenn anders wir aus der Bedeutung des Wortes 
sors (von serere = reihen) diesen Schluss zu ziehen 
berechtigt sind. Bei den Germanen und Griechen 
kam es auf die Marken an, mit denen die einzel- 
nen Stiibchen bezeichnet waren. Der Wahrsagende 
liob sie in die HOhe und Verkiindete dann den 
Willen des Gottes. Bei den Skythen scheint da- 
gegen das Losen dem Kartenlegen ahnlich ge- 
wesen zu sein. Bei dem Orakel der Fortuna in 
Praeneste fanden Lose aus Eichenholz Verwen- 
dung, die sog. sortes Praenestinae; denn besonders 
der Eiche wohnt eine prophetische Kraft inne; 
nicht minder aber auch dem Lorbeer, und so waren 



zwei Zeichenorakel in Grieehenland namentlich be- 
ruhmt, das dodonaeische und das delphische. In 
Dodona freilich scheint das Zeichenorakel erst in 
spiiterer Zeit aufgekommen zu sein. In der alte- 
sten Zeit weissagten die Priester aus dem Eauschen 
der Zweige der heiligen Eiche und dem Eauschen 
des Wasserquells zu ihren Fiissen, Preller-Eo- 
bert Gr. Myth. 1.4 124. Dagegen ist das Zeichen- 
orakel in Delphoi uralt; es ist jedenfalls viel alter 

10 als die dort spater mit so grossem Erfolge ge- 
pflegte Inspirationsmantik , Eohde Psyche 345. 
Der Baum ist festgewurzelt an das Erdreich, 
auf dem er steht; er ist mit der Erde fest ver- 
bunden. So bewacht ihn auch die Schlange, das 
Tier, welches alles Chthonische am besten bezeich- 
net. Vgl. die Munze von Myra in Kilikien bei 
Svoronos a. a. 0. 24. Die Sage erzahlt oft 
von Baumen, welchen eine 'Schlange als Huterin 
beigesellt ist, so von der Schlange des Hespe- 

20 ridenbaumes, an dem die goldenen Apfel hangen, 
die Herakles holen muss, von der Schlange der 
Areseiche in Kolchis, welche Iason mit Medeias 
Hiilfe besiegen muss, ehe er das goldene Vlies 
entflihrt, von der lernaeischen Hydra , die unter 
einer Platane beim Quell Amymone haust. Na- 
mentlich diese drei Baumschlangen sehen wir auf 
Bildwerken aller Art dargestellt. Vor allem fin- 
den wir die von Schlangen bewachten Baume 
aber da, wo ihre Beziehung zur Unterwelt, zu 

30 Tod und Grab deutlich ist. Denn die Sitte, 
Baume um das Grab zu pflanzen, ist uralt und 
schon durch Homer II. VI 419 bezeugt; um das 
Grabmal des Eetion haben die Bergnymphen sel- 
ber die Ulmen gepfianzt. Sie hat sich durch 
das ganze Altertum erhalten und findet sich noch 
heute in Grieehenland und in Kleinasien, nament- 
lich bei den Grabern von vornehmen Turken oder 
mohamedanischen Heiligen; vgl. v. Warsberg 
Wallfahrt nach Dodona 52. Ganze Haine legte 

40 man um das Grab an, in dem frommen Glauben. 
dass sie den Seelen der Verstorbenen ein freund- 
licher und angenehmer Aufenthalt waren, vgl. das 
Epigramm beiKaibel 546, 14 (oyga xai Ir'Aidy 
TEQTivbv exonu totiov) und Eohde Psyche 212. Pla- 
ten leg. XII 947 D verlangt ausdrucklich die An- 
pflanzung eines Hains, und wehe dem Menscheu, 
der es wagt diese heiligen Baume anzufassen und 
zu verletzen. Todesstrafe veThiingt iiber einen 
solchen Grabesschander geradezu ein athenisches 

50 Gesetz (Aelian. v. h. V 17), und auf einer Leky- 
thos aus Eretria (Arch. Jahrb. VI 1891 Taf. 4) 
wird nichts anderes dargestellt sein als ein Jung- 
ling, der von zwei grabhutenden Schlangen ver- 
folgt wird, weil er durch die Wegnahme des auf 
dem Grabe befindlichen Blatterschmucks den Gra- 
besfrieden gestort hat. Vor allem auf Grabsteinen 
und Totenmahlreliefs erscheint oft der von der 
Schlange umwundene Baum, vgl. z. B. Boet- 
ticher Baumkultus 204 nr. 63. 

60 Mit dem B. ist auch oft die Errichtung des 
Tropaions in Verbindung gesetzt worden, das uns 
vom 5. Jhdt. an in Litteratur und Kunst oft be- 
gegnet und das in seinem Wesen nnverandert das- 
selbe geblieben ist, bis in unsere Tage hinein. 
Benndorf hat in seiner schonen Untersuchun g 
iiber das Tropaion , mit welcher er G. T o c i - 
lescos VerOffentlichung iiber das Monument von 
Adamklissi (Tropaeum Traiani) 127ff. geschmiickt 



167 



Baumwolle 



Baumwolle 



168 



hat, nachgewiesen, dass die Sitte gewiss noch viel 
alter und wahrscheinlich ein Eigentum des dori- 
schen Stammes ist, da wir sie zuerst am meisten 
in der Peloponnes verbreitet finden. Zeus Tro- 
paios ist es vornehralieh, dem die Waffen des er- 
schlagenen Kriegers geweiht werden. Benndorf 
hat gezeigt, dass der Sinn des Tropaions in der 
uralten griechischen Vorstellung zu finden ist, dass 
der Mensch die unheimliche Wirkung der Psyche 



die antiken Bezeichnungen iqiov (ep. und ion. 
slfrov) dad S,vlm> (vgl. Herod. Ill 47, 106. VII 
65. Pollux VII 75; Theophr. h. pi. IV 7, 7: 
Sev8(>a sQiocpoQa) und lana arborea (Plin. n. h. 
XII 38 : arbores lanigerae). Der wirkliche Name 
der B.-Pflanze bei den Hellenen und Rsmern war 
gossypinus (Ableitung unsicher, vgl. Leunis 
Sjnops. II. 3 II 322, 14) oder gossipion (gossy- 
pium) oder £~vlov (— lignum, Plin. n. h. XII 



fiirchtet, dass er alles vornichtet und verbrennt, 10 39. XIX 14), vollstandig igiogvXov, vgl. Digest. 



was an den Toten erinnert, und dass er so auch 
die erbeuteten Waffen des Feindes unschadlicb. 
macht , welche dem hochsten Gotte geweiht als 
ein wirksames Apotropaion auf dem Felde an 
einem Baumstamm aufgehangen werden. Nicht 
also auf diesen Baumstamm kommt es an, welcher 
dem Waffenschmuck nur als Stiitze dient ; sondern 
es kommt einzig und allein auf die Waffen an. 
Es ist lediglich eines Dichters Wort und kein 



XXXII 70, 4. 9. Die Sanskritbezeichnung fiir 
,Baumwollenstrauch' ist harpdsi, fur .Baumwolle' 
karpasd, vgl. Br an des fiber das Zeitalter des 
Geogr. Eudoxos. Uber die antiken Namen und 
die geographische VeTbreitung der B. im Alter- 
tum, Leipzig 1886, 102 (— 5. Jahresber. des Vereins 
von Freunden d. Erdkunde in Leipzig, 1865, 9 Iff.). 
Murr Die Pflanzenw. i. d, gr. Myth, 206. Dieser 
Name scheint schon friihe nach Spanien gedrungen 



Zeugnis, das wir fur die sacrale Bedeutung des 20 zu sein, wahrscheinlich durch die Phoinikier (vgl. 



Tropaions irgendwie verwenden dflrfen, wenn Euri- 
pides Phoiniss. 1250 die Gefahrten zu Polyneikes 
sagen lasst: IloXvvsixsg , iv aoi Zr/vog 0Q§&aat 
Pqixae TQonaiov "AQyei -i evxAea Sovvai Xoyov (vgl. 
Eurip. Heraclid. 936). Auch Overbeck, dessen 
Arbeit sonst einen grossen Fortschritt uber Boet- 
tichers Werk bedeutet, hat dies a. a. O. 133 
verkannt. Mit dem B. hat die Errichtung des 
Tropaions nichts zu thun, Benndorf a. a. 0. 133. 



Hehn Kulturpfi. u. Haustiere 5 147), wo bei Tar- 
rakon ein Stoff fabriciert wurde, der den indi- 
schen Namen earbasus fiihrte. Plinius, der so- 
gar zu glauben scheint, dass die carbasa in Spanien 
erfunden seien, ruhmt ihre tenuitas mirabilis 
(n. h. XIX 10). Ubrigens ist bei der Deutung 
des griechischen xaQjcaoog, lateinisch earbasus, 
die grOsste Vorsicht geboten, vgl. Brandes a. a. 
O. 102f. Die Alten haben keineswegs immer die 



Niemand wild die grosse Bedeutung verkennen, 30 Stofi'e scharf unterschieden, so dass die Zahl der 



welche der Baum im Gottesdienst der Griechen 
und Remer spielt. Cberall wird er heilige Haine 
und Baume finden, Fruchte und Zweige bei Kul- 
tushandlungen verwandt sehen; aber von einem 
wirklichen B. im Altertum kann nicht die Rede 
sein. Der lebendige Baum mit semen Zweigen 
und Asten ist nie ein Fetisch gewesen und hat 
nie das Kultbild eines Gottes dargestellt. Er 
war auch den Alten kein toter Gegenstand; die 



Stellen, wo mit dem eben genannten Worte 
zweifelsohne die B. gemeint ist, relativ klein ist. 
Immerhin sind Stellen wie Strab. XV 719. Peripl. 
mar. er. 41. Schol. Aristoph. Lys. 733 (736). 
Curt. VIII 9, 21 . 24. Lucan. Ill 239 nicht miss- 
zuverstehen und gehen mit Sicherheit auf die B., 
mindestens aber auf ein feines orientalisehes Ge- 
webe, wie Musselin oder Nanking, welches viel 
B. enthalt, vgl. Bitter Erdk. IV 1, 436. An 



Gottheit lebte in ihm wie in einem Tempel, und 40 zahlreichen Stellen bedeutet xaqnaaog oder car- 



sobald sie den unendlichen Segen erkannten, der 
von Baumen und Strauchern taglich ausging, so 
haben sie besonders wichtige Baumarten bestimm- 
ten Gottern zugeeignet und ihre Zweige und Blatter 
in vielen Kulthandlungen verwandt. 

Litteratur: Eschenbach De consecratis gen- 
tilium lucis, Diss. acad. Ill 133, Norib. 1705. Blum 
De dsvdeoospsia gentium, Lips. 1711. Dresler 
De lucis religioni gentilium destinat., Lips. 1720 



basus ganz allgemein so viel wie Zeltbekleidung r 
Vorhang, Segel, feiner Stoff, Charpie u. dergl., 
ohne dass sich Speeielleres uber die Art des Stoffes 
erschliessen lasst. Da die Alten dazu neigten, 
in der B. eine Ait Leinen zu erblicken (Plin. n. 
h. XIX 14. Prop. IV 3, 64 : carbasa Una) , so 
sind unter xaQjiaoog sicher oft genug Flachs- 
producte zu verstehen. In densemitischen Sprachen 
heisst die B. nach Josephus (ant. Iud. Ill 153) 



Boetticher a. a. O. K, B. Stark Mytholog. 50 Keton , xstiwv; davon franz. coton, engl. cotton, 



Parallelen. Erstes Stuck. Die Wachtel, Sternen 
insel und der Olbaum im Bereiche phoinikischer 
und griechischer Mythen, Ber. der saechs, Gesellsch. 
der Wiss. 1856, 82. Overbeck a. a. O. Mann- 
hardt a. a. O. ; Mythologische Forschungen heraus- 
gegeben von H. Patzig 1884. Baumeister Denk- 
malef des klass. Altertums I 295ff. Murr Die 
Pflanzenwelt in der griech. Myth. 1890. Frazer 
The golden bough, London 1890. Wagler a. 



ital. eotons oder bambagio (bambagia), hebr. ke- 
tonet, arab. kutn. Viel gestritten worden ist uber 
die Bedeutung von §voaog oder byssus. FoTsters 
Ansicht (Liber singularis de bysso antiquorum, 
London 1776), wonaeh bysstis allenthalben mit 
B. identisch sei, muss nach den Auseinander- 
setzungen von Yates Textrinum antiquorum, 
London 1843, 267ff. fiir widerlegt gehalten wer- 
den, wenn auch nicht alle Argumente, die Yates 



a. O. und Programm von Wurzen 1891. Diete- 60 vorbringt, ohne weiteres zu unterschreiben sind 



rich Abraxas 98. R. Waentiga. a. O. Weniger 
Der heilige Olbaum in Olympia, Progr. Weimar 
1895. Usener Gfltternamen 280. Vgl. auch K. 
Weinhold Zur Geschichte des heidn. Ritus, Abh. 
Akad. Berl. 1896 (an verschiedenen Stellen). 

[Kern.] 
Baumwolle. AntikeNomenclatur. Unse- 
rem Worte .Baumwolle' entsprechen in erster Linie 



Wenn er z. B. sagt, bei Herodot (VII 181), wo 
ein Verwundeter verbunden wird mit StTeifen 
oivdovog fSvoolvrjs, kOnne dieser Ausdruck nicht 
auf die B. gehen, weil letztere zu solchem Zwecke 
unbrauchbar sei, so ist dem entgegenzuhalten, dass 
nach den allerneuesten Erfabrungen auf dem Ge- 
biete der Heilkunde aus B. bereitete Watte sich 
als Verbandmittel gut bewahrt und hinter der 



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Baumwolle 



Baumwolle 



170 






1 



leinenen Charpie nicht wesentlich zurucksteht. 
Am uberzeugendsten wird die Annahme alterer 
Natur- und Altertumsforscher , wie Forster, 
Heeren, Bottiger, Hartmann, Sprengel, 
Blumenbach u. s. w. , ftvoaog bedeute durch- 
weg ,B.', widerlegt durch die chemische und mi- 
kroskopische Untersuchung der Zeugstreifen, mit 
denen die alten agyptischen Mumien umwickelt 
sind. Mit den besseren Hfilfsmitteln der neueren 
Wissenschaft ist namlich (vgl. Yates a. a. 0. 10 
256-264gegenRoselliniMonumentiIIl,333ff.) 
das gesicherte Resultat gewonnen worden, dass 
sich bei den alleraltesten Dynastien der Stoff als 
Schafwolle, von der 12. Dynastie an aber als 
Leinfaser darstellt, nicht als B. ; vgl. Bmgsch 
Allgern. Monatsschrift 1854, August 633. Hehn 
Kulturpfi. 5 136. Die Streifen aber, die zum Um- 
wickeln der Mumien gebraucht wurden , nennt 
Herodot (II 86) rska/ioveg mvbovog fivaaivng; vgl. 
Joseph, a. a. 0. Daraus ergiebt sich unzweifel- 20 
haft, dass wenigstens Herodot mit B. eine Art 
Leinen bezeichnet hat, vgl. La s s en Indische Alter- 
tumsk. I 250, 2. Alles in allem ist die Deutung 
des byssus als ,feines Leinen'. bezw. feiner gelb- 
licher Flachs entschieden vorzuziehen (vgl. Poll. 
VII 75. Paulin. ad Cytherium in Max. bibl. patr. 
VI p. 264. Philo de soran. I 37. Isidor. orig. 
XIX 22, 15. 27,9. Philostr. vit. Apoll. 20. Yates 
a. a. 0. 274ff.), nur dass, wie so oft, wenn es 
sich um antike Terminologie handelt, irrtumlich 30 
byssus hie und da auch einmal gesagt worden 
sein mag, wo man die B. meinte: es ist also ein 
wechselnder Sprachgebrauch anzunehmen. ,Baum- 
wollstoffe und feines Linnen mCgen in Sprache 
und Verkehr nicht immer unterschieden worden 
sein' Hehn a. a. 0. 137. Oft genug mSgen auch 
gemischte Stoffe in der Weise hergestellt worden 
sein, dass die Einschlagfaden aus B. bestanden, 
dagegen die Aufzugs- oder Kettenfaden aus Lein- 
wand. Eine in Iudaia gezogene jjiooog-kxt war 40 
ubrigens weder Flachs noch B. ; Naheres dariiber 
bei Movers Die Phonizier II 3, 1 p. 218f. Uber 
die Bedeutung von §vo<sog handelt mit erschOpfen- 
der Benutzung der alten Litteratur eingehend und 
besonnen Brandes a. a. 0. 96ff. ,In Hellas und 
Eom einheimisch und in der Bedeutung sicher 
war daher der Ausdruck fivooog jedenfalls nicht, 
obwohl man annehmen darf, dass derselbe in den 
meisten Fallen (richtiger ware: ,in manchen Fallen') 
auf die B. bezogen werden darf ; Brandes a. a. 0. 50 
100; mehr s. unter By ssos. Das Wort linum hat 
in der Hauptsache entschieden einen Leinenstoff, 
bezw. ein Flachsfabricat bezeichnet. Aber man 
nahm es nicht immer allzu peinlicb damit. So be- 
deutet vestes lineae bei Plinius n. h. XII 25 ohne 
Zweifel .baumwollene Kleider' . vgl. Plin. n. h. 
XIX 14. Arrian. Ind. 16. Gegen die zwar geist- 
reiche, aber unhaltbare Vennutung Ritters, oir- 
bdyv und 6&6rq (dfioviov) bezeichneten beide aus- 
schliesslich die B., das erste Wort kame von Sin- 60 
dhu = Indus, und odavtj gehore zu arabisch kutn 
(= Coton, Kattun), so dass die Ware benannt 
ware nach dem Orte ihrer Entstehung, bezw. 
nach ihrem Handelswege, wandte sich mit Recht 
schon Movers Die Phonizier II 319; vgl. Mar- 
quardt Privatl. 472. Denn abgesehen davon, 
dass namentlich die letztere Etymologie bedenk- 
lich erscheinen muss, steht fest. dass beide Worte 



vielmehr ganz allgemein ,ein Stiick Zeug oder 
Tuch' bedeuten, nicht selten inshesondere auch 
fertige Stiicke, z. B. die Art eines Kleidungs- 
stiickes , nicht aber den Stoff. Letzterer kann 
allerdings bei genannten Worten auch B. sein (so 
notwendig bei Theophr. h. pi. IV 7, 7. Strab. 
XV 693), aber ebenso oft etwas ganz anderes, 
z. B. Linnen (Auson. ephem. parecb. 2: lintea 
sindori) oder Byssus oder Pinnafaser ; vgl. Bran- 
des a. a. 0. 105. Nach Strabon (a. a. 0.) wurden 
aus der indischen B. die ev^tqioi atvdovsg gewebt 
(schon und fein gewebte Stoffe), vgl. Eustath. 
ad Dionys. Perieg., Geogr. Gr. min. II 400. 620. 
Theophr. a. a. 0. : i f ov tag otrdovag v<pa(vovai. 
Die im Periplus des roten Meeres mehrfach er- 
wahnten indischen aivSSveg und o&ovai werden 
naturlich in der Hauptsache fur B.-Zeuge zu halten 
sein. Uber die 6&6vrj bei Homer vgl. Hehn 
139. 

B eschreibung der Pflanze. Die B.-Staude 
(Gossypium L.) gehort in die Familie der Mal- 
vaceen und ist die Erzeugerin einer der wichtig- 
sten Waren des Welthandels. Sie ist ausgezeichnet 
durch die von langen , fadenfOrmigen Haaren 
(B.) eingehiillten , erbsengrossen Samen in einer 
3— 5klappigen, walnussgrossen Kapsel. Zur Zeit 
der Reife quillt die Wolle als flaumartiger, fase- 
riger Stoff (lana, lanugo) aus der Kapsel hervor 
und dehnt sich bis zur Grosse eines Apfels aus. 
Sind die Kapseln aufgesprungen , so werden sie 
abgepfltickt und getrocknet, die weisse (bis gelbe) 
B. wird herausgenommen , mittels Walzen von 
den Samen gereinigt und kommt alsdann in den 
Handel, Theophr. h. pi. IV 4, 8. 7, 7. Strab. 
XV 698f. Poll. VII 75. Arrian. Ind. 16. Plin. 
n. h. XII 25. 38. 39. XIX 14. Ihre Arteri sind 
teils Straucher, teils ausdauernde oder hauflg 
nur einjahrige Krauter und werden jetzt in den 
warmeren Landern der ganzen Erde angebaut; 
vgl. Leunis Synops. II. Teillis § 515, 11. Lenz 
Bot. d. a. Gr. u. R. 637. Die Hohe, die von den 
B.-Gewachsen erreicht wird, ist je nach der Art 
(Gossypium herbaceum und arboreum) und je nach 
den Boden- und Klimaverhaltnissen sehr ver- 
schieden; daher auch die Alten teils von dev&qa 
reden (arbores) — devdgov bezeichnet oft bios 
,hohes Gewachs' — teils von fndices. Der Aus- 
druck severe, den Plinius n. h. XII 25 gebraucht, 
passt offenbar nur auf die B.-Staude. Die Blatter 
sind nach Theophrast und Plinius den Wein- 
blattern ahnlich (passt auf Gossypium herba- 
ceum). Die Frucht wird hinsichtlich der Form und 
Grosse mit einer walschen Nuss verglichen (Poll. 
VH 75. Plin. n. h. XIX 14) oder mit einem Apfel 
(Theophr. h. pi. IV 7, 7. Plin. n. h. XIX 15) oder 
mit einem Kurbis von der Grosse einer Quitte 
(Plin. n. h. XII 38. XIX 15); vgl. Billerbeck 
Flora class. 177. 

Heimat und VerbTeitungsbezirk. Ill 106 
erzahlt Herodot von Indien : ,Auch tragen daselbst 
die wilden Straucher als Frucht eine Wolle, die 
an Feinheit und Gttte weit uber die Schafwolle 
kommt; wie denn auch die Indier von diesen 
Baumen ihre Kleider haben'; ahnlich Vll 65. Plin. 
n. h. XII 39. Varro bei Serv. Aen. I 649. Philo- 
strat. vit. Apoll. HI 15. Mela HI 62 : lanas silvae 
ferunt (in Indien). Die B. gait also schon zu 
Herndots Zeit mit vollem Rechte als ein Product 



171 



Baumwolle 



Baumwolle 



172 



Ostindiens, welch letzteres als die urspriingliche 
Heimat des Strauches zu gelten hat; Theophr. 
h. pi. IV 7, 8. Strab. XV 693. Peripl. mar. erythr. 
41. Philostr. vit. Apoll. II 9 (vgl. Phot. bibl. 
p. 324 Bekker). Poll. VII 75. Br an des a. a. 
0. 109. Nur im tropischen Asien und Africa 
fand sich die B.-Staude urspriinglich wild. Sie 
verlangt ein feuchtwarmes Klima mit einer mitt- 
leren Temperatur von 15 — 20°. Gossypium her- 
baceum L. wachst noch jetzt in Ostindien mid, 10 
wahrend Gossypium arboreum L. sein Vaterland 
im tropischen Africa hat, wo es (z. B. in Ober- 
agypten, Abessinien und Oberguinea) noch jetzt 
wild vorkommt; vgl. Leunis Synops II. Teil 13 
§ 324 , 4, 2. Ganz besonders reich an B. Ge- 
wachsen war die im arabischen Meerhusen ge- 
legene Insel Tylos, deren B.-Producte den indi- 
schen sogar vorgezogen wurden; Theophr. h. pi. 
IV 7, 7. Plin. n. h. XII 38. Ferner Persien, 
Palaestina (Herzog-Plitt Realencyclopadie 120 
116. VIII 33. Hehn 137. Movers Die Phoni- 
zier II 219), Arabien (Theophr. a. a. O. Plin. n. 
h. XIX 15 — eine B. tragende Baumart in Arabien 
hiess cyna, nach Forster eine Bombaxart, Plin. 
n. h. XII 39 — ), Athiopien (Verg. Georg. II 120. 
Plin. n. h. XHI 90) und Agypten (Plin. n. h. XIX 
1.4. Poll. a. a, O. Brandes a. a. 0. 101). Die 
Stadt Hierapolis in Koilesyrien (Plin. n. h. V 81. 
89) hiess mit einem alten einheimischen Namen 
Mabog oder Bambyke = Baumwollenstadt , vgl. 30 
Forbiger Alte Geogr. II 85. 643 (Bombyx zend. 
pembeh wird nicht nur vom Seidenstoff gebraucht, 
sondern gelegentlich auch von seidenartiger B., 
z. B. Plin. n. h. XIX 14). Sicherlich hat sich 
die B.-Kultur von Indien aus auf dem Seewege 
westwarts verbreitet (n ach Vorderasien und Europa) . 
Die Griechen erhielten die feinsten Musseline aus 
dem Gebiete des Ganges. In erster Linie sind 
es sicher die Phoinikier gewesen, welche den An- 
bau der B. allenthalben an den Kiisten des Mittel- 40 
meeres, tibrigens vielleicht auch im Gebiete von 
Karthago , unternahmen. Bald heferte auch die 
Insel Kos vorziigliche Gewebe, und auf Malta er- 
richteten die Karthager Manufacturen, deren weiche 
und feine Stoffe sie den africanischen Volkern zu- 
filhrten. In Agypten war um 550 v. Chr. die 
B.-Weberei bereits kunstreich ausgebildet. Die 
Griechen erlangten eine genauere Kenntnis der 
B. wahrscheinlich erst durch die Orientzuge Ale- 
xanders d. Gr.; wenigstens ist vor dieser Zeit das 50 
griechische Wort y.agnaoog, das dem sanskritischen 
karpasd nachgebildet ist, nirgends zu finden. 
Auch die Romer sind, wenngleieh viel spater (wohl 
erst seit den asiatischen Kriegen, etwa 190 v. Chr.) 
mit der uberaus nutzlichen Kulturpflanze bekannt 
geworden. Der erste Romer, der das Adjectiv car- 
basinus gebraucht, ist der Komiker Caecilius 
Statins (bei Non. p. 548, 14). Gossypium her- 
haceum L. heisst neugriechiseh rd Bafiflar.i (vgl. 
Fraas Synops. pi. fl. cl. 102) — pelasg. pumbak, 60 
-ku und karikii, -ca die Samenkapseln. Die B. 
■wird jetzt in Griechenland haufig und im grossen 
kultiviert , namentlich in Boiotien , hei Lamia, 
Misolungi, Argos, in Messenien, auf Andros und 
Aigina, Leider ist die B, zumeist kurzstaklich 
und von geringer Qualitiit; vgl. v. Heldreich 
Die Nutzpfl. Griechenlands 52 ; Pflanzen d. att. 
Ebene = Griech. Jahresz. Heft V 596. Ob, wie 



manche annehmen, schon im alten Elis die B.- 
Staude kultiviert worden ist, muss dahingestellt 
bleiben, da aus Pausanias VI 26, 6 (25, 5) wegen 
der Unsicherheit der Nomenclatur etwas Bestimm- 
tes leider nicht zu erschliessen ist. 

Verwendung. Da die B.-Pflanze im Alter- 
tum vorzugsweise in Ostindien und Oberagypten 
heimisch war, werden wir nicht fehl gehen mit der 
Annahme, dass auch die Fabrication, wenngleicb. 
keineswegs ausschliesslich, so doch in der Haupt- 
sache, wenigstens in der allerfruhesten Periode, an 
Ort und Stelle erfolgt ist. Ein grosser Teil der B. 
diente schon im rohen Zustand zum Polstern, Wat- 
tieren, Verpacken u. s. f. Der grossere Teil indessen 
wurde gesponnen und entweder als Garn oder 
zum Weben verschiedener Zeuge verwendet. Leider 
erfahren wir weder iiber die Behandlung des Roh- 
stoffes noch fiber das Spinnen und Weben Ge- 
naueres. Dass die B. als Rohmaterial auch massen- 
haft aus Indien exportiert wurde, stent fest; zu 
Gam gesponnen ward sie besonders in Ozone und 
Thina ; vgl. Peripl. mar. erythr. 49. 64. In dem 
uralten Kulturstaate Agypten, wo die B. sehr 
hoch geschatzt wurde, fertigte man aus ihr Kleider 
fur die agyptischen Priester (Plin. n. h. XIX 14). 
Joseph erhielt von Pharao als Geschenk ein baum- 
wollenes Gewand. Schon im 6. Jhdt. fand in 
Agypten die B. kunstreiche Verwendung. So be- 
richtet Herodot (III 47), der Kflnig Amasis habe den 
Lakedaimoniern einen Brustharnisch geschenkt, 
in dem jeder Faden, obgleich selbst fein, 360 
Faden (wohl mit Riicksicht auf die rund 360 Tage 
des Jahres) enthalten habe, die einzeln zu erkennen 
gewesen seien, In dem Harnisch seien Tier- 
flguren eingewebt und er sei ausgeschmiickt ge- 
wesen mit Gold und B. (stQioim dud £vlov). Die 
alten Indier bekleideten sich teils mit Leinen, 
teils mit B. ; vgl. Herodot. Ill 106. Arrian. Ind. 
16. Serv. Aen. I 653. Mela in 63. Strab. XV 
719. Plin. n. h. XII 25. 39. Curt. VIII 9. Las- 
sen Ind. Altertumsk. I 250. Die £vfova iptdxia 
der Inder, die ausser bei Herodot (VII 65 : ei'aara 
ajio g'vkwv 7iexoitj/.izya) in einem Ktesiasfragment 
vorkommen (ed. Muller p. 84), werden wohl mit 
Recht auf die B. bezogen, nicht auf den Baum- 
bast. Ausser in Indien wurden B.-Fabricate he- 
sonders in Arabien angefertigt, uberhaupt in 
den Kiistenlandern des persischen und arabischen 
Meeres, vgl. Plin. n. h. XII 39. Peripl. mar. erythr. 
36. In China scheinen zwar B.-Gewebe zu den 
Zeiten des Kaisers Yao (um 2300 v. Chr.) her- 
gestellt worden zu sein, aber dass die B. damals 
schon in China kultiviert wurde, ist wenig wahr- 
scheinlich, da die Chinesen noch sehr viel spater 
B. aus Indien holten. Bedeutend waren Handel 
und Industrie in der B.-Branche sicher auch bei 
den Phoinikiern, ferner bei den Hebraeern nnd 
Syriern. Tyrus und Sidon waren beruhmt als 
Fabricationsplatze von B.-Zeugen. Es ist uber- 
haupt unzweifelhaft , dass die meisten Kultur- 
volker des Altertums sich nicht nur der Wolle 
und Leinwand, sondern auch der B. zu Beklei- 
dungsstoffen bedient haben; vgl. Brandes a. a. 
0. 92. Weshalb batten sie sich auch die in mehr 
als einer Beziehung vorteilhafte Benutzung des 
von der Natur bequem dargebotenen Faserstoffes 
entgehen lassen sollen? Das griechische Wort 
rvkn bedeutet ,polsterartige Unterlage , Pfuhl, 



173 



Baunne 



Bautai 



174 






Unterbett, Kopfkissen u. drgl. Nun bedeutet aber 
im Sanskrit tula soviel wie ,rohe B.' Darnach 
liegt die Vermutung nahe, dass man vielfach im 
Altertum allerlei Kissen und Unterlagen mit B. 
gestopft haben wird. Dass die makedonischen 
Soldaten auf dem Zuge Alexanders schon so ver- 
fuhren, bezeugt Nearch bei Strabon (XV 693). 
Die B.-Industrie scheint in fOrmlichen Fabriken 
gebluht zu haben, so in Tralles in Karien, in 
Antinoupolis in Agypten und im syrisehen Da- 
maskos; vgl. Ed. Diocl. XVIII 46." Selbst auf 
Malta, einer phoinikischen Colonie, die spater in 
den Besitz der Karthager gelangte, gab es weit- 
hin bekannte Fabriken feiner Zeuge. Die 3Ie- 
litensia (sc. vestimenta) und vestis Melitensis 
(darunter auch Decken, Teppiche u. drgl.) werden 
von Cicero wiederholt erwahnt, z. B. in Verr. II 
176. 183. IV 103; vgl. auch Varro bei Non. p. 539, 
27. Diod. V 12. Hesych. s. MskcraTa. Wahr- 
scheinlich hildete die B. einen Hauptteil des da- 
selbst verarbeiteten Materials. In Hellas hat die 
B.-Industrie keinesfalls fruh bestanden. Sie scheint 
iibrigens nur in Elis (Hauptfabrikplatz Patrai in 
Achaia) von einiger Bedeutung gewesen zu sein, 
vorausgesetzt , dass wir unter (Svaoos bei Pausa- 
nias (V 5, 2. VI 26, 6. VII 21, 14) und Plinius 
(XIX 21) die B. zu verstehen haben, was hier 
zwar nicht unwahrscheinlich, aber doch nicht er- 
wiesen ist. In der rfimischen Kaiserzeit gehorte 
B. mit zu den Waren, die bei Einfiihrung nach 
Italien versteuert werden mussten ; vgl. Dig. 
XXXIX 4, 16, .7. 

Im allgemeinen vgl. Yates Textrinum anti- 
quorum, Lond. 1843, 334—354. Bliimner 
Technol. I 187f. Marqu ardt Privatleben 470 
— 474. Ritter IJber die geogr. Verbreitung der 
B. und ihr Verhaltnis zur Industrie der Volker 
alter und neuer Zeit, Abh. Akad. Berl. 1851, 
297—359. Brandes Uber das Zeitalter d. Geogr. 
Eudoxos. Uber die antiken Namen und die geo- 
graphische Verbreitung der B. im Altertum, Leip- 
zig 1866, 71 — 119. Royle Culture and commerce 
of cotton in India, Lond. 1851. Reybaud Le 
coton ; son rCgime , ses problemes, son influence 
en Europe, Paris 1863. Todaro Relazione sulla 
cultura dei cotoni in Italia, Rom 1878. Jannasch 
Die europaische B.-Industrie, Berl. 1882. 

[Wagler.l 

Baunne, Ort in Thrakien an der Propontis, 
12 Milien ostlich Perinthos, 10 Milien westlich 
Selymbria, Itin. Hieros. 570, nach Kiepert N. 
Atl. v. Hell. IX = Aavviov zelyog (Steph. Byz.). 

[Oberhummer.] 

Baunonia (?). Plin. n. h. IV 94 insulae com- 
plures sine iwminibus eo situ traduntur, ex qui- 
bus ante Seythiam , quae appellator Baunonia 
Ivar. Rauronia, Rauroniam, Raunomiam), unam 
abesse diei cursu, in quam reris tempore flue- 
tibus eleetrum eieiatur, Timaeus prodidit. Ge- 
meint ist die Bernsteininsel Abalus oder Basilia 
(Plin. XXXVII 35) ; der Name ist nicht genannt, 
denn B. (oder Raunonia'?) bezeichnet wohl den 
Kiistenstrich Skythiens, vor dem jene Insel liegt. 
Miillenhoff Deutsche Altertumskunde I 476. 
481. 483. Hergt Nordlandsfahrt des Pytheas 
(Halle 1893) 33f. Andere (z. B. Holder Altkelt. 
Sprachschatz s. v.) sprechen von einer Insel B.; 
vgl. auch Zeuss Die Deutschen 269. [Ihm.] 



BaTO (richtiger Bova) insula contra [Trajgu- 
rium, Plin. Ill 152; s. Boa. [Tomaschek.] 

Bausiona, id est Drido (cod. AC, Orido B), 
Ortschaft zwischen Tragurium und Praetorium 
Caesaris in Dalmatia, Geogr. Rav. IV 16 p. 209, 
12 ; die Tab. Peut. hat in gleicher Lage Lorano. 
Arausione oder Arau&ona (s. d.) darf schwerlich 
verbessert werden, da dieser nOrdlichere Ort ohne- 
hin zweimal verzeichnet erscheint, eher kommt 

10 Tariona oastellum Plin. HI 141 in Betracht, und 
fur Orido oder Drido etwa Rider, municipium 
Riditarum (jetzt S. Danilo), iiberhaupt lasst sich 
die Namenhaufung zwischen Tragurium und Scar- 
dona schwer entwirren. [Tomaschek.] 

Bausta {Bavata, var. Bavata), ein von Ptol. 
.Ill 1, 76 zwischen Aletium und Uxentum ge- 
nannter Ort der Sallentiner in Calabrien, vielleicht 
identisch mit den Basterbini bei Plin. n. h. Ill 
105. [Hfllsen.] 

20 Bautai (Var. Baitai, Batai, Ptol. VI 16, 5), 
ein hinterasiatisches Volk im Norden der emodi- 
schen und serischen Gebirge , stidlich von dem 
grossen Volke der Issedones und den ,pferdezuch- 
tenden' Aspakarai bis zu den Ottorokorrai, durch 
dessen Gebiet der Bautisos (s. d.) floss. Da die 
Issedones die an der serischen Passage am Nord- 
abhang des Nan . san gelegenen Oasen inne hatten, 
die Aspakarai etwa in das Tsai .dam-Becken fallen, 
und da der Name der indischen Hyperboreer Ut- 

30 tara-Kuru auf die zu hoher Kulturblute gelangten 
sinischen Ansiedler von Ching.tu.fu in Sse.cuan 
ilbertragen worden sein mochte, so bleibt fur die 
B. das Hochland zwischen dem Himavat und Nan- 
.san oder das Quellgebiet des Ho und Kiang bis 
zur Beuge des Dzang.bo ubrig. Der Tibeter 
nennt sich und seine Nation Bod.ba (entweder 
von bod , zurufen, nennen' oder nach Schiefner von 
phod ,stark sein, Macht haben') und sein Land 
Bod.yul; die indischen Ausdriicke hiefilr lauten 

40 Bhota. Bhutia und Bhotanga; der Iranier mochte 
das Volk Bauta, benannt haben, was Marinos mit 
Bavzai wiedergab. Die Ursitze der tibetischen 
San.miao lagen im Nan. san; von da hat sich 
diese Nation nach mehreren Richtungen verbreitet, 
zumal nach Siiden bis fiber den Himalaya hinab, 
in dessen Hochthalern sich zahlreiche vortibetische 
Stiimme z. B. die Kirata zusammenpferchten. 
Glieder der tibetischen Volkerwelt waren die alt- 
bertthmten Issedones selbst, auch wohl die Pialdai 

50 und Damnai (s. d.) sudlich vom ThiSn.san, ferner 
die nach Westen ausgewanderten Tocharoi (skr. 
Tukhara, sin. Yug.ci), und der im Quellgebiet 
des Indus und Dzang.bo hausenden Chauranaioi ; 
weite Raume des sterilen Hochlandes hatten die 
nomadischen Khiang inne, die Kanka des indischen 
Epos, ,haarreiche und Hornschmuck tragende Man- 
ner', welche die als Fliegenwedel verwendeten Yag- 
schwanze (skr. Samara) , ferner Felle , Bambus, 
Eisen und Seidenstoffe den indischen Fursten zu- 

60 fiihrten. In den tief eingeschnittenen Thalgebie- 
ten des oberen Kiang und Yar.lung hausten den 
sinischen Annalen zufolge die eigentlichen Bod 
(sin. Fu) als Inwohner von ,sechs bis zehn Hafter 
hohen Steinnestern' und als begeisterte Anhanger 
des Ahnenkultus und der Daemonenverehrung (tib. 
dpon ,Herr, Naturgeist'); von da aus eroberten sie 
allmahlich das Hochthal des Dzang.bo und das 
goldreiche Amazonenreich (skr. Stri-rdgya) bis La- 



175 



Bautas 



Baxeae 



176 



dak und Balti, wo gerade noch bis heute das mono- 
sjllabische, zahllosen Lautveranderungen unter- 
liegende tibetische Idiom seine altere Aussprachs- 
stufe bewahrt hat. [Tomaschek.] 

Bantas (var. Bantas) verzeicbnet das Itin, 
Ant. 347 in Gallia Narbonensis an der Strasse 
von Augusta Praetoria nach Genava, 25 Millien 
von letzterer Stadt entfernt. Vielleicht der vicus 
Bo der Inschrift von Annecy, CIL XII 2532 



(Cina) bei den armenischen Chronisten Levont 
cap. VI und Asotik II 4 zum J. 730 n. Chr. ; 
der arabische Geograph el-Khowarezmi oder el- 
Khwarezmi fand in seinem Ptolemaios die vul- 
gare Lesart Batis. Allerdings konnte Marinos 
in diesen seinen Bericht auch eine Kunde von 
dem Handelswege aus Palibothra nach Sera ein- 
gemengt haben; sinische Seide gelangte durch 
Vermittlung der Zwischenvolker schon zu Ale-' 



(1. Jhdt. n.Chr.), wo Allmer allerdings vicanis 10 xanders Zeit nach Indien; anderseits ist es gar 



Bo[villensibus] erganzen will. Die Station B. ist 
jedenfalls bei dem heutigen Annecy zu suchen, 
0. Hirscbfeld CIL XII p. 305. [Ihm.] 

Bauterna , Station auf dem Wege von Ale- 
xandria Bucephalos am Hydaspes nach dem ge- 
drosischen ,Konigssitz' Bana (Pangpur, jetzt Pang- 
gur), 20 Parasangen siidlich von Cotrica (jetzt 
Kotri) und 50 vor Rana, Tab. Peut. Geogr. Rav. 
p. 43, 4. Da bereits Cotrica auf die Westseite 



nicht ausgeschlossen, dass die indische Sage von 
den Uttara-Kum auch den baktrianischen Handels- 
leuten bekannt gewesen sein mochte und dass sich 
diesen mitunter auch Leute aus Indien anschlossen; 
lebhaft war iiberdies der Verkehr der Tukhara von 
Baktra mit den indischen Grenzlanden. Beach- 
tung verdient gleichwohl die Auff'assung v. Eicht- 
hofens (Verh. d. Ges. f. Erdkunde, Berlin 1877, 
117; China I 486f. 490f.), der B. habe ursprung- 



des Indus fallt, so muss B. noch weiter inland- 20 lich , nach indischen Berichten, den tibetischen 



warts siidlich vom Mulapass gesucht werden, wo 
seit der arabischen Zeit als Vorort des von jeher 
unter indischem Kultureinflusse stehenden Berg- 
landes Turan die Peste Qosdar Bedeutung hat; 
der Ort mag skr. Bahu-tarna .dichten Graswuchs 
besitzend' geheissen haben.' [Tomaschek.] 

Bantisos, nach dem aus Marinos geschopften 
und auf Erkundigungen persischer oder baktrischer 
Handelsagenten (ca. 80 n. Chr.) zuriickgehenden 



Ya.ru-dzang.bo bezeichnet, und Marinos habe die- 
sen Namen auf den durch iranische Agenten er- 
kundeten serischen Hoang.ho iibertragen, so dass 
hiedurch der tibetische Strom mit dem sinischen 
zu einem einzigen grossen System geeinigt worden 
ware. [Tomaschek.] 

Banto. Plavius Bauto (Bull. com. 1884, 56), 
dessen Name auch Baudo geschrieben wird (De 
B:Ossi Inscr. christ. urb. Bom. I 356. Zosim. IV 



Bericht bei Ptol. VI 16, 3 ein grosser Strom des 30 33, 1. 53, 1. Sokr. V 12. Philost. XI 6), trans 

Ostlandes Serike, in dessen Bereich die Metropolis -' -•--!--■■ ™ "■» • tt — _ , , 

Sera (Si.ngan.fu) lag, was weiter ostwarts lag 
und die Miindung des Stromes selbst blieb un- 
bekannt; man erfuhr bios, dass sich dort weite, 
mit Bambus bewachsene Sumpfstrecken und Seen 
hinzfigen — was sich auf das Inundationsgebiet 
des Ho und Hoai und auf das seenreiche Marsch- 
land des Kiang bezieht. Der Strom soil aus drei 
Hauptquellen entstehen ; die eine kommt von Westen 



rhenanischer Pranke (Zosim. IV 33, 1. Ambr. ep. 
I 24, 8 = Migne L. 16, 1037), aber, wie es 
scheint, zum Christentum bekehrt (Ambr. ep' I 
57, 3; vgl. Seeck Symmachus p. CXL), trat in 
rOmische Dienste und war durch Tapferkeit und 
Unbestechlichkeit schon unter Gratian zum Ma- 
gister militum aufgestiegen. In dieser Eigenschaft 
wurde er 381 dem Theodosius in seinem Kampfe 
gegen die Gothen zu Hiilfe geschickt (Zosim. a. 



aus den kasiscben Bergen (Kuan.lun und Nan. san) 40 O.). Aber schon 383 war er wieder am Hofe 



— das ist der heutige Ta.tung-Ho oder Hoang. 
sui, an dessen Siidseite Si.ning liegt; die zweite 
kommt weit aus Siidwesten, aus den emodischen 
Bergen — es ist die Hauptquelle des Ho, und 
der Himavat bezeichnet bier die sudlichen Schnee- 
gebirge Bayan-chara-aolaundTa. siu« . san z wischen 
Ho und Kiang; die dritte kommt aus dem siid- 
Ostlichen Bergzuge Ottorokorras — es ist der 
Tao.ho, dessen Quellen im Min.san liegen, der 



diegrosseKulturebenevonChing.tu.fuimNorden50ep. IV 15. 16 



Valentinians II. und gait dort als der entschei- 
dende Leiter des kaiserlichen Knaben (Ambr. ep. 
I 24, 4). Im J. 385 bekleidete er in Mailand 
das Consulat, wobei ihm Augustinus den ublichen 
Panegyrikus hielt (Aug. confess. VI 6 ; c. litt. Petil. 
IE 30). Nicht sehr lange darauf, jedenfalls vor 
392, starb er (Zosim. IV 53, 1). Seine Tochter 
Eudoxia wurde spater die Gattin des Kaisers 
Arcadius (Philost. XI 6). An ihn gerichtet Symm. 



begrenzt. Uber den vereinigten Strom setzten die 
nach Sera ziehenden Karawanen kurz vor der Sta- 
tion Daxata (jetzt Lan.ceu); bis zu dieser Uber- 
gangsstelle heisst der ganze Oberlauf und das 
Oberland noch jetzt San-Ho d. i. .die drei Strome'. 
Wir haben durchaus keine Notigung mit Ferd. 
v. Richthofen anzunehmen, dass Ptolemaios in 
schematischer Wiederholung jene drei Quellfliisse 
nach Analogie des Oichardes in den Pinax ein- 



[Seeck.] 



Bauvarii, Volk Germaniens beim Geogr. Eav. 
IV 37 p. 292, hbchst wahrscheinlich statt Baiu- 
varii (Z e u s s Die Deutschen 366), trotz des Wider- 
sprucbes Mommsens S.-Ber. Leipzig 1851, 106 
(die Hss. bieten ab auua/riis, ab annarus, aban- 
nariis, die friiheren Ausgaben ab Aunariis). S. 
Baiovarii. [Ihm.] 

Bauxare. Ort in Eaetien, jetzt Bozen, Cod. 
Theod. VI 30, 3 (J. 379). Bamanum bei Paul. 



getragen und erfunden habe. Der Name B. (Bau- 60 Diac. hist. Lang. V 36. Hormayr Gesch. v. Tvroi 



tisa oder Bautica) erscheint kiinstlich abgeleitet 
von dem am Oberlauf des Stromes sesshaften Volke 
der Bauta (skr. Bh6ta, tib. Bod) und zeigt ira- 
nisches Lautgeprage.'wie sich iiberhaupt auf der 
ganzen serischen Passage die Namengebung als 
vorwiegend iranisch erweist; aus der Bekannt- 
schaft mit Ptolemaios erfloss die Erwahnung 
des grossen Stromes Bautis im Lande der Cen 



I 1, 105. [Thm;] 

Bauzanum s. Bauxare. 

Baxala (Bd£cda, Var. Bdala), Ort in Meso- 
potamien, Ptol. V 18, 11. [Fraenkel] 

Baxeae, eine Art Sandalen (CIL VI 9404; 
collegium fabrum soliarium baxiarium) aus 
Palmblattern (Apul. met. II 28), Papyrus (agyp- 
tische Funde) oder Weiden (Isid. or. XIX 34," 6) 



177 



Bazaira 



Bepaiwaiq 



178 



und sicher auch aus anderen ahnlichen Materialien 
geflochten. Auch den aus Strohgeilecht bestehen- 
den Sandalen im Museum zu Neapel (aus Pom- 
peii) wird dieser Name zukommen, Erste Erwah- 
nung Plaut. Men. 391. Sie wurden getragen von 
agyptischen Priestern (Apul. a. O. ; vjcoSr/ftara. 
fiv(fhva Herodot. II 37) und als bequeme und 
wohlfeile Tracht von Philosophen (Apul. met. XI 
8; flor. I 9), auch von Frauen (Varro bei Keil 
Gramm. Lat. V 572, 21. Isid. or. XIX 34, 6). 10 
Doch scheint man spater auch Luxusschuhe dieser 
Form und dieses Namens verfertigt zu haben 
{baxae Tertull. de pall. 4; de idol. 8). B. wer- 
den haufig in Agypten gefunden (Abbildungen 
bei Erman Agypten 312); doch wird diese In- 
dustrie durch die oben angefuhrte Inschrift auch 
fur Rom bezeugt. Die Identification mit calories 
(s. d.) bei Isid. or. XIX 34, 6 ist wohl irrig. 

[Mau.] 

Bazaira s. Bazista. 20 

Bazakata (Ptol. VII 2, 26), Insel im gange- 
tischen Golf an der Kiiste von Argyra, im Pinax 
sudwestlich von Sada (Sandoway) stark ins Meer 
gerfickt. Lassen Ind. Alt. Ill 250 dachte an 
die Diamantinsel bei Cap Negra'is, Tule an^Gross- 
Andaman, Wilford an die felsige Insel Ceduba 
19° nOrdlich, von welch er der Portugiese Pereira 
im J. 1635 berichtet: e povoada de Mogos (Mug, 
s. u. 'Agyvga ^d>Qa) getite traidora. Der Name 
liesse sich deuten aus skr. vasu- (vgl. BaCo-drjo 30 
gleich Vasu-deva) oder aus vagra (bdga) -kata ,die 
stahlscharfe , zackige' wegen der felsigen Vor- 
sprunge. [Tomaschek,] 

Bazanis (Bd£avig) , zweiter Name der Stadt 
Leontopolis, der Metropole des ersten Armeniens 
nach der iustinianischen Einteilung , lust. nov. 
XXXI 1 und daraus Eustath. zu Dion. Perieg. 
694. [Baumgartner.] 

Bazela, beim Geogr. Rav. IV 26 p. 231 = 
Basilia (Basel), s. Basileia Nr. 3. [Ihm.] 40 

Bazigraban (Ba£iyQd§av), Zollstation (rsXco- 
viov) in Obermedien an der grossen parthischen 
Heerstrasse, 3 Schoenen von Konkobar (s. d.) und 
4 Schoenen von Adrapanan (s. Beltra) ent- 
fernt, Isid. Char. 6. Der Ort mag etwa bei dem 
heutigen Muradabad oder mit Tomaschek bei 
Matbah-i-Hosrau in der Nahe von Minderabad 
zu suchen sein. Der Name ist urspriinglich Ap- 
pellativum : altpers. bag'i ,Steuer, Zoll' entspricht 
einem avest. ba-xi, neupers. bwx,, und altpers., 50 
avest. garb, skr. grabh bedeutet ,nehmen', also 
,Stenereinnahme' ; vgl. T o m a s che k S.-Ber. Akad. 
Wien CII 152. [Weissbach.] 

Bazinos (Bd&vog) , Castell in Makedonien, 
Procop. de aed. IV 4 p. 280 Bonn. 

[Oberhummer.] 

Bd£iov axQov, Vorgebirge der Westkiiste des 
arabischen Meerbusens, wenig sudlich von Bere- 
nike Nr. 5 an der Grenze von Agypten und Aithio- 
pien (Trogodytike) , Ptol. IV 5, 15. 7, 5. 28.60 
Markian. bei Steph. Byz. s. 'AardgTrj ; nach Man- 
nert Geogr. der Griechen und Romer X 1, 33 
vielleicht das hentige Ras en Naschef. [Sethe.] 

Bazira (Norn, pi.), Bergfeste im Grenzgebiet der 
Gandharastamme der Assakanoi und Astakenoi, 
westlich von der Felsenburg Aornos; die von 
Koinos belagerten Bewohner von B. fliichteten 
nachts nach Aornos; Alexander stellte die Mauern 



von B. wieder her; Arrian. anab. IV 26—28. Curt. 
Vni 10, 22 (Beira). Itin. Alex. 107 (Bax4fara). 
Cunningham Anc. Geogr. of India I 65 halt 
B. fur den heutigen Afghanen-,markt' Bazar am 
Bache Kalipani sudlich vom Grenzgebirge von 
Buner; sicher ist diese Gleichstellung keineswegs. 

[Tomaschek.] 

Bazis (Ba£is), Ort in Kappadokien, ostllch 
von Tyana, Ptol. V 6, 18. Ramsay Asia minor 
347. [Rnge.] 

Bazista (to Bdaiaza Diod. XVII prol. 26; 
Bazaira Curt. VIII 1, 10f.), baum- und quellen- 
reiche Gebirgsgegend im Gebiet von Marakanda 
(Samarkand) , mit einem ummauerten "Wildpark, 
wo Alexander mit seinem Heere 4000 Tiere er- 
legte; iranisch bcixist'a ,sehr uppig'. Genau lasst 
sich die Lage nicht bestimmen , man denkt an 
Pengkend, an Magian, an das platanenreiche Fluss- 
thal von Urgut; dieses letztere erscheint als ,wohl- 
bewassertes und baumreiches Thai' bei den arabi- 
schen Geographen unter dem Namen Maimurgh, 
Mi. mo. ho bei Hjuan-Thsang im J. 630, und nach 
dem Han.su hiess dessen Vorort Po.si.the. 

[Tomaschek.] 

Bcantunaecns (?), spanische Gottheit, nur er- 
wahnt CIL II 861. Lesart zweifelhaft. Im Re- 
gister p. 758 ist auch die Lesung Cantunaecus 
vorgemerkt. [Ihm.] 

Bdora s. Boderia. 

Beana s. Be on a. 

Bearcus s. Biarchus. 

Beathee, statt Beatae d. i. Fortunatae in- 
sulae, beim Geogr. Rav. V 34 p. 444, [Dessau,] 

Beatia s. Vicatia. 

Bebaia (Bnpa(a), Quelle auf Euboia, Teukros 
in Etym. M., FHG IV 508f. [Oberhummer.] 

Bsfialcoaig ist zunachst die Erfiillung eines 
Vertrages, Xen. an. VII 6, 17. CIA II 1058,21, 
insbesondere die eines Kaufvertrages seitens des 
Verkaufers durch Ubergabe des verkauften Gegen- 
standes (Dein. I 42. Poll. VIII 99). Harpokration 
berichtet (vgl. Bekk. An. I 220), der Kaufer habe 
mitunter nach Zahlung des Angeldes (agQafiaiv) 
gegen den Verkaufer, der den Vertrag nicht er- 
fiillen wollte, durch fiefiaicoostng Si'xtj geklagt. 
Dann ist dies aber zu Unrecht geschehen, denn in 
den Beispielen bei Plautus wird der vertrags- 
briichige Verkaufer nur durch Verlust des Angeldes 
bestraft (s. J. Bekker De emtione venditione quae 
Plauti fabulis fuisse probatur 17f.). Zur vollen 
Erfiillung des Kaufvertrages gehort aber noch, 
dass der Verkaufer den Kaufer gegen Anspriiche 
Dritter an den verkauften Gegenstand sicher stellt. 
Auch dies heisst flejtaiovv (Isai. V 22. Demosth. 
XXXVII 12), und hierauf bezieht sich die /?«- 
fiatcboews dixr). Erhob namlich ein Dritter An 
spriiche auf den Terkauften Gegenstand, so konnte 
der Kaufer entweder seine Rechte selbst vertreten 
(s. AvTo/uaxeiv) oder diesen Dritten mit seinen 
Anspriichen an den Verkaufer verweisen (s. 'Avd- 
ysiv). Weigerte sich der Verkaufer, die Rechte des 
Kaufers vor Gericht zu vertreten, so unterlag er der 
§efim<oaeojg Sixtj, bei welcher die Richter entschei- 
den, ob der Verkaufer zur Gewahrleistung bezw. 
Schaden ersatz verpflichtet war oder nicht (Harp. 
Poll. VIII 34f.). Die brnudsiQaza waren gesetz- 
lich gegen Anspriiche Dritter geschutzt (Demosth. 
XXIV 54. XXXVII 19). Die Klage gehOrte vor 



179 



Bebase 



die Thesmotheten. Eine wahrscheinlich auf p. 
beziigliche voreukleidische Urkunde teilt Milch- 
hoefer Berl. Phil. Woch. 1887, 1451 (= CIA IV 
134) mit; vgl. Heffter Gerichtsverf. 436. Plat- 
ner Proc. II 340f. Meier-Lipsius Att. Proc. 
720f. Herman n-ThalheimRechtsaltert. 77. Urn 
die Sicherheit des Kaufers Dritten gegeniiber za 
erhohen, wurden in manchen Staaten Kaufhelfer, 
auctores secundi, zu dem Kaufgeschaft hinzuge- 
zogen. In Delphi waren sie gesetzlich vorge- 
schriehen (Dittenberger Syll. 449, 4. 457, 15 
u. a.) und hiessen ^mcot^qs;, ebenso in den 
Nachbarstaaten (ebd. 462, 5. 465, 6; doch auch 
TiQoajioSoras 446, 6 und Anm. 6). Sie scheinen 
dort mit dem Verkaufer solidarisch zu haften, so 
dasa sich der Kaufer halten kann, an wen er will 
(ebd. 462, 8. 465, 9). Solehe Kaufhelfer ^cuco- 
xai finden sich auch in Amphipolis (ebd. 439, 5), 
Mylasa in Karien (LeBas416, 1, 5. Bull. hell. 
V 108 A 12 B 5), in Tenos heissen sie nQaxijesg, 
einmal Inscr. Brit. Mus. II 377, L08 vrQarijgeg xai 
fteficManai, sie haften zumeist solidarisch. rnanch- 
mal fQr genau bestimmte Sumraen (ebd. 57. 83. 
95), mitunter jedoch fehlen sie ganz. Sie scheinen 
neben oder hinter dem Verkaufer verpflichtet (ebd. 
93). Ahnliches wird berichtet aus Halikarnassos 
avfipepaiovv (Dittenberger Syll. 6, 6) und Iasos 
owenioXrjoav (ebd. 77). Auch in Agypten fand 
unter den Ptolemaeern der uqo^a,l^tt)g xai {Le- 
Pa«oTTJs Eingang, die Einrichtung wird aber zur 
leeren Form, indem mit Zustimmung des Kaufers 
der Verkaufer fur sich selbst burgt. Obwohl auch 
die platonisehen Gesetze (XII 954 a) den xqojio- 
Xcbv kennen, ist es Caillemer Revue de legisl. 
1873, 21 nicht gelungen , denselben fur Athen 
nachzuweisen ; vgl. H e r m a n n-T h a 1 h e i m Rechts- 
alt. 78. Anthes De emtione venditione Graeco- 
rum 40f. Dareste Inscr. jur. gr. 97f. Mitteis 
Reichsrecht und Volksrecht 503f. In Delphi, wo 
die Einrichtung am meisten ausgebildet war, findet 
sich der §e§<uo}jrjg auch bei der Hypothek, um 
fur das Recht des Pfandgebers an dem verpfandeten 
Grundstuck Gewahr zu leisten (Dittenberger 
Syll. 233, 33). [Thalheim ] 

Bebase, Ort in Mesopotamien westlich von 
Dara (Amm. Marc. XVIII 7, 9. 40, 1), wahr- 
scheinlich in der Gegend des heutigen Tel Bes. 
40 km, von Dara, vgl. Noldeke S.-Ber. Akad. 
Wien CXXVIII ix (die von Guidi herausg. syrische 
Chronik) 16, 2. Damit identisch ist to Bijlas 
Theophyl. I 15, 15 und vielleicht x&ozqov Bipa- 
aaomv Georg. Cypr. descr. orb. Rom. 935 Gelzer. 
Zur Form vgl. Baidfiaoi I Mace. 9, 62. 

[Fraenkel.] 
Beberaci laens, See in Mesopotamien, Tab. 
Peut - [Fraenkel.] 

Bipia o S tf (Ptol. II 14, 1 ; vgl. Chrestomath. 
Strab. VI 41 p. 571, 23), ostlich vom Albanos an 
der Grenze von Pannonia superior und Dalmatia 
bis nahe zur Grenze von Pannonia inferior. Streng 
genommen waren es die Berge zu beiden Seiten 
der Una zwischen der Kulpa und Sana ; Kiepert 
versteht darunter die gegen Sudosten streichen- 
den Zfige am Oberlauf der Sana; C. M filler da- 
gegen das Kapellagebirge, die Wasserscheide zwi- 
schen dem kroatischen Karstbecken und der Sawe, 
indem er auf die Station Bibium des Itin. Ant. 
p. 274 hinweist und Bibia fur richtig erachtet. 



Bebrykes 



180 



181 



Bebrykia 



Beda 



182 



Fruher hatte man auch an einen Zusammenhang 
dieses Gebirgsnamens mit der 44 v. Chr. erfolgten 
Niederlage des Baebius, des Unterfeldherrn des 
Vatinius, durch die Dalmatai gedacht. 

e'omaschek.] 
ame eines der 
Genossen des agyptischen' Gottes Seth-Typhon, 
nach Manethos ein Beiname dieses Gottes selbst. 
Pint, de Is. et Os. 49. 62 (vgl. Babys Nr. 1). 
10 Hieroglyphisch ist der Name nicht nachgewiesen, 
die von Pleyte (Ztschr. f. ag. Sprache 1865, 54) be- 
fiirwortete Identification mit einem im Totenbuche 
genannten Daemonen B'V (Blbl, Bb) ist ganz un- 
begrundet..Auch die von der vielleicht recht frag- 
wiirdigen Ubersetzung des Namens bei Plutarch 
ausgehenden Erklarungsversuche sind samtlich ver- 
geblich gewesen, vgl. Parthey zu Plut. a. a. O. 

[Sethe.] 
Bebriacun , s. Betriacum. Verfehlt ist 
20na,mlich der von L. Herr Revue de Philol. XVII 
1893, 208ff. gemachte Versuch, Bebriacwm = 
Biberstadt als die richtige Namensform nachzu- 
weisen. Vgl. die Gegenbemerkungen von He! m- 
reich Jahresber. LXXXIX 40. [Hiilsen.] 

Bebryke' {Befigvxi}), soil den bithynischen He- 
brykern den Namen gegeben haben (Steph. Byz. 
s. BepQvxa>v E-dvrj). Eustathios (Dionys. Perieg. 
805) fiigt hinzu, sie sei eine der TOchtef des Da- 
naos gewesen, die, wie Hypermnestra den Lyn- 
30 keus, ihren Gatten Hippolytos verschonte und mit 
ihm nach Bithynien floh. Dort sei sie dadurch, 
dass sie den Barbaren agyptische Weisheit mit- 
teilte, zu hohem Ansehen gelangt. Die Erzahlung 
ist offenbar erfunden, um jene B. mit der Danaide, 
die bei Apollodor (II 1, 5, 7) und vielleicht auch 
Marm. Par. 15 Bpvxrj heisst, zu identificieren. 

[Wagner.] 

Bebrykes (Befevxeg). 1) Altes iberisches Volk 

an der Kfiste des Mittelmeeres, nOrdlich und sud- 

40 lich von den Pyrenaeen, wild und roh, mit vielen 

Herden, Berybraces nach dem alten Periplus bei 

Avien. ora marit. 485 und Ephoros bei Skymn. 

199f. Die Fabel von der angeblich bebryki- 

schen Konigstochter Pyrene wird, wir wissen nicht 

durch wen, auf die Nordseite der Pyrenaeen ver- 

legt und damit das Volk selbst, wie andere iberische 

Volker, als auch diesseits des Gebirges ansassig 

bezeichnet (Sil. It. Ill 420—443; vgl. XV 497. 

Steph. Byz. Dio frg. 56, 2. Tzetz. zu Lykophr. 

50 516. 1305. Zonar. VIII 21). Vgl. Mullenhoff 

D. A.-K. 12 167. [Hiibner.] 

2) Volk in Bithynien und in Mysien, das un- 
gefahr im 8. Jhdt. von den Bithyniern vernichtet 
wurde. Eratosthenes (Plin. n. h. V 127) nennt 
sie unter den in Asien untergegangenen Volkern. 
Meyer Gesch. d. Altertums I §452; Geschichte 
der Troas 12. In der Mythologie, besonders in 
Verbindung mit dem Argonautenzug, spielten sie 
eine grosse Rolle ; Apoll. Rhod. Argon. II 2ff. und 
60 Schol. II 752. 758. 794. Appian. Mithr. 1. Dionys. 
perieg. 805. Avien. ora marit. 974. Lycophr. 516. 
Serv. Aen. Ill 108. Nach dem Volke hiess Bi- 
thynien fruher Bebrycia, Eustath. ad Dionys. 
perieg. a. a. O. Serv. Aen. V 373. Mart. Cap. 
§ 687. Solin. 42, 1. Ihren KOnig Amykos erschlug 
Polydenkes, Amm. Marc. XXII 8, 14. Schol. Apoll. 
Rhod. II If. Hygin. fab. XVII 1. Val. Flacc. 
argon, IV 99ff. Nach Strab. VII 295 und XII 






541 waren sie thrakischen Urspnmgs und um- 
geben von Phrygiern XIV 678; vgl. XII 542. 554. 
XIII 586. Uber das Verhaltnis der bithynisch- 
mysischen Bebryker zu den pyrrhenaeischen vgl. 
Pais Studi storici IV 1895, 81fF., der annimmt, 
dass diese nach jenen benannt worden seien. 

[Ruge.] 

Bebrykia (»? Be§Qvxia), alter Name des Ge- 
bietes der Lampsakener am Hellespontos im asia- 
tischen Mysien (Phrygia minor), Charon frg. 7, 
FHG I 33 aus Schol. Apollon. II 2. Von dem 
Namen des Volkes der Bebryker (Kult des bebry- 
kischen Priapos in Lampsakos) genannt, wie die 
berekyntische Gegend in Karien vom Volk der 
phrygischen Berekynter. [Biirchner.] 

Bebryx (Bepevtft. 1) Eponymos der bithy- 
nischen Bebryker nach Steph. Byz. s. Be§qvx<ov 
e&vf] und Eustath. Dionys. Perieg. 805. 

2) Eponymos der iberischen Bebryker. Bei 
ihm kehrte Herakles auf der Fahrt nach den 
Rindern des Geryones ein und vergewaltigte in 
der Trunkenheit seine Tochter Pyrene. Aus Furcht 
vor dem Zorn ihres Vaters floh diese in die Berge 
und wurde dort von wilden Tieren zerrissen. Das 
Gebirge aber erhielt nach ihr den Namen der 
Pyrenaeen (Sil. It. Ill 420—441). [Wagner,] 

Bebns (Befiovs Ptol. V 16, 6; var. Sepovg 
und 'Eofiovg), Ort in Iudaea ; sonst unbekannt. 

[Benzinger.] 

Beeciacus, Vicus im pagus Arbatilicus (s. d.), 
Greg. Tur. in glor'. mart. 89, heute Bessay (Ven- 
due). Holder Altkelt. Sprachschatz s. v. Long- 
non Geogr. de la Gaule au Vie siecle 565. 

[Ihm.] 

Becheires (Be/eiQeg), ein Aboriginervolk des 
pontischen Kiistenstrichs ostlich von Trapezus, 
das die Potamiai des Ophius , Psychros , Kalos, 
Rhizios und Askuros bis zum Kamm des Parya- 
dres (Par/ar, Bal/ar) hinauf inne hatte; west- 
lich schlossen sich die Makrones, Ostlich die Eke- 
cheirieis und Machelones an, gegen Suden die 
Saspeires und Choi (richtiger Taoi). Diese Gren- 
zen der Becheirike (Beeheirice Tab. Peut.) er- 
geben sich aus Hekat. frg. 190 und Skyl. 84; 
Skylax vermerkt an der Kiiste in der Lage von 
Rhizus (jetzt Riz6) die hellenische Stadt Be- 
cheirias mit dem Hafen Becheirikos ; Apoll. Rhod. 
II 394. 1241 erwahnt Land und Stamroe der B., 
ebenso Orph. Arg. 744. Dion, per 765, vgl. Mela 
I 107. Plin. VI 11 gentes Beehires. Von diesen 
kaukasischen Stammen erzahlten sich die Griechen 
manche Sonderlichkeiten ; so sollen sich die Bax- 
ytifjioi nach Zenobios V 23, wenn sie von schwe- 
rer Krankheit genasen, den Hunden zum Frasse 
hingegeben haben. Bkyuq stellt, gemass der Volu- 
bilitat der kaukasischen Dialekte, eine blosse 
Nebenform zu M6.xqg>v. Maceron, Machelon vor 
und lasst sich aus kaukasisehem Sprachgut mit 
,oben befindlich, Montagnard' (thus : mayre) deuten. 

[Tomaschek.] 

Bechig {Bfjy_ig), spaterer Name deT agypti- 
schen Stadt Metelis im nordwestlichen Teile des 
Deltas, Steph. Byz. s. Mhrj/.ig. [Sethe.] 

Bechnni (Bezovvoi), Alpenvolk, bei Ptol. Ill 
1, 32, der ihm die Stadte Vannia, Carraca, Bre- 
tena und Anaunium zuschreibt. Der letzte Name 
weist auf das heutige Val di Non nOrdlich von 
Tridentum. S. CIL V p. 537. [Hiilsen.] 



Beclanum, Station auf der durch Dardania 
fiihrenden Strasse von Lissus nach Naissus, Geogr. 
Rav. IV 15 p. 206, 3; in der Tab. Peut. entspricht 
Viciano, m. p. XXV Tkeranda, XIX Vindmis. 
Kiepert (CIL III p. 1024) setzt Vicianum gleich 
Ov7.ma.v6v des Ptolemaios (jetzt Lypljan an der 
Sitnica, vgl. Ztschr. f. d. Osterr. Gymnasien 1874, 
661); v. Domaszewski Arch.-epigr. Mitt. XIII 
145 nimmt Veclanum als richtige Form an, gleich 
10 OvsMavfc (OvexXavig) des Ptolemaios, und ver- 
iest es nordlich von Ulpianum, etwa nach Vuci- 
tern; Kanitz sucht Vicianum in dem, zwischen 
Pristina und Lypljan gelegenen Dorfe Caglavica, 
wo sich ri5mische Baureste vorflnden. 

[Tomaschek.] 

Beda. 1) Gottin der Friesen, eine der beiden 

Alaisiagae, die im Verein mit Mars Thingsus an- 

gerufen werden. S. Alaisiagae. Die Endung 

-beda im Namen der britannischen Gottin Riea- 

ZQgambeda CIL VII 1072. 

2) Vims im Gebiet der Treveri an der Heer- 
strasse von Trier nach Koln (Itin. Ant. 372. Tab. 
Peut., Bidana Geogr. Rav. IV 26 p. 238), das 
heutige Bitburg. Eine hier gefundene Inschrift 
aus dem J. 245 erwahnt die Bewohner vikani 
Bedenses, s. Wallenborn Korrespondenzbl. d. 
Westdeutschen Zeitschr. X 102ff. Vgl. Bergk 
Zur Gesch. u. Topographie 115. v. Veith Rhein. 
Jahrb. LXXVIII 15. Ohlenschlager S.-Ber. 

30 Akad. Munch. 1885, 388. Desjardins Table de 
Peutinger 17. Holder Altkelt. Spr. s. v. Tiber 
rOmische Befestigungen daselbst (aus der Zeit 
nach Diocletian) F. Hettner Westd. Zeitschr. X 
284 ff. [Ihm.] 

3) Beda (Baeda, vgl. iiber die Schreibung des 
Namens H. Zim mer N. Archiv XVI 599fF.), schon 
im 9. Jhdt. unter dem Beinamen Venerabilis be- 
kannt, Lehrer und Zierde des angelsachsischen 
Volkes, einflussreicher Vertreter mittelalterlicher 

40 Wissenschaft in Westeuropa, lebte von 673—735 
(? vgl. Mommsen Mon. Germ. Auct. antiquiss. 
XTII 2 S. 225f,), vom siebenten Jahr an im Klo- 
ster, teils in Wearmouth (Viuraemuda) , teils in 
der Zweigniederlassung zu Jarrow (Ingyruum), 
wurde mit 19 Jahren Diakon , mit 30 Jahren 
Presbyter und entfaltete von dieser Zeit an eine 
ausgedehnte, vielseitige schriftstellerische Thatig- 
keit, iiber die er selber (im 59. Jahre) am Schluss 
seiner Kirchengeschichte eine IJbersicht gegeben 

50 hat. Dem Inhalte nach gehort die Mehrzahl 
seiner Schritten dem theologischen Gebiete an 
(Erklarung des alten und neuen Testaments). Nach 
ihrer Bedeutung iiberrageri die welt- und kirchen- 
geschichtlichen bezw. chronologischen Werke alle 
andern {de temporum rations, de temporibus, 
Mstoria ecclesiastiea gentis Anglorum, vita bea- 
torum abbatum Wiremuthensium et Girvensium 
Benedicti Ceolfridi Easterwini Sigfrvli atqtie 
Huetberti, de vita et miraeulis S. Outliberti epi- 

60 seopi Lindisfartiensis, martyrologium de nata- 
litiis sanctorum diebus). Uber die grossere Welt- 
chronik (Quellen: Hieronymus, Prosper, Marcel- 
linus, Isidor u. a.) vgl. Mommsen a. a. O. S. 227ff. 
Von erheblich geringerem Werte sind die poe- 
tischen Leistungen (de miraeulis S. Guthberti, 
Hymnen , Epigramme und anderes ; vgl. M a n i- 
tius Gesch. d. christlich-lat. Poesie 496flf.). Eine 
Compilation aus alteren Quellen ist der Tractat 



183 



Bedaium 



Beelmaus 



184 



de natura rerum, ein kurzes Compendium der 
Erd- und Himmelskunde. Tiber diese sowie an- 
dere Schriften kann auf SchOll in Herzogs 
Enclycl. tind Ebert I» 636ff. verwiesen werden. 
In Betracht kommen noch folgende Werke : 1. <m- 
nabula grammatieae artis Donati restituta; 
2. de octo partibus orationis; 3. de schematibus 
et tropis saerae seripturae; 4. de arte metri- 
ea; 5. de ortkograpkia. Die beiden ersten sind 



Ptol. II 13, 3, wohl fehlerhafte Lesung fiir Bs- 
ddl'ov. S. Bedaium. [Ihm.] 

Bedas s. Boedas. 

Bedeiron (Bideioov), Ort im Innern Libyens 
in der Gegend urn die Quellen des Kinyphos, Ptol. 
IV 6, 30. [Settle.] 

Bedenses {vihani) s, B e d a Nr. 2. 

Bederiana (Bsbsoiava), Castell in Dardania, 
mit dem Dorfe Tauresion, wo .Iustinianns I. ge- 



. „. . „, / ..„. w . ^,„, „,,«icii .__.__t.__ sum mil, ueui .uorie jtauresion, wo .iustinianns 1. ge- 

nicnts als schulmassige Bearbeitungen der ars 10 boren war; in der Nahe griindete der Kaiser im 

minor Und mwinr T>n*inti >Jt a .0+ om V,.., ,+.-,,, T eot ,. v:_.i.«ri:.i cii._i.iT__.i- • 



m*«or und maior Donati. Nr. 3 1st am besten 
ediert bei Halm Rhet. L. M. 607—618; B. 
giebt die Definition der einzelnen rhetoris'ehen 
Formen im Anschluss an altere Lehrbticher und 
fiigt Erlauterungen aus der Bibelvulgata hinzu. 
Der metrische Tractat (bei Keil GL VII 227 
—260) enthalt in der Hauptsache eine Compi- 
lation aus rfimischen Metrikern und Grammati- 
kern (Donat, Pompeius, Sergius, Audax, den er 



J. 535 den erzbischsflichen StuM Iustiniana prima; 
Procop. de aedif. IV 1 p. 266, 4. 267, 16; vgl. hist, 
are. 6 p. 43 «_ Be&sQiavfjg und Agathias V 21 
itohg'IlXvQmi] Bedsolava; ferner Ioannes Antioch. 
(Herm. YI 1872, 339) a. 492: 'Iovawog ex Be- 
Seoiavov cpQovglov akrjaid^ovrog Naioaip xfj 'Rkv- 
qi&i, und Chron. Pasch. 611 'IovarTvog 6'Bzvda- 
Qirtjg (fur BsSsQiavh^;). Seit Mannert A. Geogr. 
VII 107 halt man Iustiniana I. fur Skupoi (Skopia, 



' ,£.,'. ""s'™! __Luvi_._L, ucii o_ vuiui uait man lusomana i. iur iSKupoi BKopia. 
Audacms nennt, Victormus, Mallius Theodoras 20 tJskub); v. Hahn Reise yon Belgrad nach Sa- 



m < y • -w^*_-«_ 1 "v»_j ; inwiiiuo X11CUUU1UO 

citiert der Verfasser selber; hinzu kommen Cha- 
nsius und Diomedes; vgl. Keil GL VII 221). 
Ausser traditionellen Beispielen finden sich Ci- 
tate aus christlichen Dichtern, die fur mittel- 
lateinische Litteratur- und Verskunde von Inter- 
esse sind. Die Schrift de orthogra-phia (bei Keil 
GL VII 261—294; zu den von Keil besprochenen 
Hss. kommen einige andere hinzu; vgl. Jahres- 
bericht LXVIII 131) giebt eine alphabetisch ge 



loniks 106 fand siidostlich von Skopia an der 
Einmiindung der Pcinja in den Vardar zwei nahe 
bei einander gelegene Orte Tawor und Bader, die 
er fiir Tauresion und B. hielt; doch ko'nnen solche 
Anklange auf Zufall beruhen; so giebt es z. B. 
bei Agram einen Ort Beder oder Bedar, und ein 
Towrjan (Tauriana) im siidlichen Serbien. 

[Tomaschek.] 
Bedesis, kleiner Fluss Oberitaliens, der durch 



, , a , 1 »*""" "","" ^jju-*i_-i-ii-v_i gc - ufurais, Kienier xiuss uDeritanens, aer aurcn 

ordnete bammlung grammatischer Notizen teils 30 RavenDa floss und in den siidlichen Arm des Pa- 

OrthopTa.T.hlsrripr \r+. I T_ t o m \. o /. I. -\T„ _-i„l.i. J..-. __.i /to... __ i ttt ,,., . . . „ 



orthographischer Art (Brambach Neugestaltung 
der 1. Orth. 57), teils in das Gebiet der Diffe- 
rentien gehfirig (Beck De diff. script. 23), teils 
Eigentflmlichkeiten der Casus, Genera, Flexion 
oder der Construction erOrternd. Fast alle Artikel 
lassen sich bei andern Autoren nachweisen; in 
Betracht kommen namentlich Caper, Agroecius, 
Differentiensammlungen, Charisius, Dositheus und 
der Anonymus Bobiensis (Keil 223f.). 



dus fiel (Plin. n. h. Ill 115), jetzt Ronco. 

[Hulsen.] 
Bedini (Var. Bidini), Station in den centralen 
oder nOrdlichen Teilen von Dalmatia, Geogr. Rav. 
IV 19 p. 217, 9; an Entstellung aus Raetimum, 
'Painvov, wird man schwerlich denken kOnnen. 

[Tomaschek.] 
Bedizum, Ort {mutatio) in Thrakien, 12 Millien 
vrestlich von Rhaidestos (jetzt Rodosto), Itin. 



lutteratur. The complete works of Venerable 40 Hieros. 601; anscheinend identisch mit dem By- 

le COl a.t Wl+.Tl t>ia miiTiii..Ti'T 1 ._ r.~A -...-....,._. J.-...-^ J^_ 1l.c_1_ TT _1_ -r.-, , m . _^ "t. 



Bede collat. with the manuscripts and various 
printed editions, accompanied by a new english 
translation of the histor. works and life of the 
author. By Giles. 6 Voll. London 1843. Ve- 
nerab. Bedae historicae eccles. gent. Angl. libri 
III. IV edit, by Mayor and L urn by, Cambridge 
1878. Hist, eccles. ed. A. Holder, Freiburg 1882. 
Ausgabe der Chroniken bei Mommsen a. a. O. 
K. Werner Beda der Ehrwiirdige u. s. Zeit 
Wien 1875. [GoetzJ 



Bedaium (wohl = Bedanov bei Ptol. II 13, J 3), 
Stadt in Noricum an der Strasse zwischen Iuva- 
vum (Salzburg) und Pons Aeni (bei dem heutigen 
Rosenheim), in der Gegend des heutigen Seebruck; 
Itin. Ant. 236. 257. 258 (Bidaio, Var. Badaio, 
Bxdatio) Tab. Peut. (Bedaio). Hier wurde der 
durch mehrere Inschriften bekannte Gott Bedaiius 
verehrt. CIL III 5572 (Chieming, vom J. 237) Be- 
daio Aug(usto). 5575 (StOttham, vom J. 226) 
/. O. M. Arvb(iano) et sancto Bed(aio). 5580 (bei 60 
Seeon, vom J. 219) I. O. M. Arubiano et Bedaio 
sancto. 5581 (ebd.) Bedaio Aug(usto) et Alounis 
sacr(um). Ohlenschlager S.-Ber. Akad. Miin- 
chen 1883, 204ff. CIL III Suppl. 11777. 11778. 
Hiibn er Rhein. Jahrb. LXXX 43. CIL III p. 672. 
1889. Holder Altkelt. Sprachschatz s. Bedaion 
und Bedaios. [Ihm.] 

Bedakon (BsSay.ov) , Stadt in Noricum bei 



tinis des Mela II 24, Bitenas der Tab. Peut. VIII 
und dem Bithena des Geogr. Rav. IV 6. Vgl. 
auch Beodizum. [Oberhummer.] 

Bedoro {Bt]do>iou> Ptol. V 16, 8) s. Be- 
th or on. 

Bedriacnm f. Betriacum. 

Bedunia {Betunia) s. Baedunia. 

Bed) iidia (BeSvvdia, var. pedrjvdia, xsdtfvdia). 
Ort in der thrakischen Landschaft Bisaltia, west- 
501ir.h von Amphipolis, Diod. XIX 50, 7. Niese 



Gesch. d. griech. u. maked. Staat. I 254, 1, 
Vgl. Bendidium templum. 

[Oberhummer.) 

Beellefarns (lupiter). Dieser Gott wird auf 
einer einzigen Inschrift aus Rom (Ann. d. Inst. 
1885, 288) genannt. Dieselbe ist offenbar von 
zwei syrischen Soldaten (Iidianus et Diofantus 
equ(ites) singfulares)) ihrem Stammgotte (Be'el 
'ephar dominus arenas'}) errichtet. [Cumont.] 

Beelmaris (Be£l/m S t^j). Auf einer in Tyros 
gefundenen Lampe liest man dieWidmung Maqda, 
ix t(ov idlwv avUhjxr. deoi Besluagi (de Rossi 
Bull. d. Inst. 1875, 35). Das Wort ist eigent- 
lich aus zwei Synonymen zusammengesetzt : Be'el- 
mar i = Aeajioitjs xvgiog /nov; aber der nrspriing- 
liche Sinn des Eigennamens Bel scheint damals 
verwischt gewesen zu sein. [Cumont,] 

Beelmaus undBeelmeon (Beel/movg und Bcel- 



185 



Beelphegor 



Befestigung 



186 



fismv Euseb. Onom. ed. Lagarde 232, 45. HieTon. 
ebd. 102, 5ff. ; alttestamentlich Ba'al Me' on oder 
BSth Me'6n Num. 32, 38), Ort im Ostjordanlaud, 
9 Millien von Hesbon entfernt, nahe dem Baairas- 
fluss (Zerfca Ma'in) und seinen heissen Quellen 
gelegen ; die heutige Ruinenstatte MSfin, ll/o Stun- 
den siidwestlich von Madeba. Reland Palastina 
611. Baedeker Palastina u. Syrien » 192. ZDPV 
II 1879; 5. [Benzinger.] 

Beelphegor (BEeXtpeycbe). So nennt die Sep- 
tuaginta (Num. 25, 3. 5. Jos. 22, 17. Ps. 105, 
28. Ose 9, 10) den Ba c al des Berges Pe'or in 
Moab. Dass sein Kultus mit Unzucht verbunden 
war, ist aus der Erzahlung Num. 25 zu schliessen, 
und die Uberlieferung, dass B. eine Art Priapus 
idolum tentiginis (Hieron. in Os. II 9 [VI 896 
Migne]) sei, wird wohl richtig sein ; aber die daran 
ankniipfende Herleitung des Wortes aus myrj 
hiatus {quia aperit hym-en virginum), welche die 
Rabbiner sich ausgesucht hatten (Hieron. a. a. O. 
vgl. Philo de mut. nom. I 595 M.; de eonfus. 
lingu. I 413 M.). i3t ofl'enbar erfunden. Daneben 
ist ubrigens die richtige Deutung auch gegeben 
(Euseb. Onom. 3102 Parthey. Hieron. de nom. 
hebr. 170. Theodor. in Psalm. 105, 28 [Migne graec. 
80, 1730]. Suid. Etym. M.). [Cumont.] 

Beelzebub, ainTbm 4er Fliegenbal', welcher 
dem griechischen Zeus axofiviog (Paus. V 14, 1) 
entspricht, war der Gott der Stadt Aqqaron im 
Philisterland (II Reg. 1, 3). In den Evangelien 
ist bekanntlich Btel&fSovl (so, der Grund der 
Anderung ist bestritten) zum Haupt der bfisen 
Geister geworden (Mat. 12, 24. Marc. 3, 24. Luc. 
11, 5) und wird als solcher bei den Kirchen- 
schriftstellem oft erwahnt (z. B. Tertull. adv. 
Marc. 26. Prud. perist. V 267). Wohl durch die 
jiidischen Wahrsager ist sein Name in die Zauber- 
litteratur eingedrungen {Bstiefiv IGI 872). Ge- 
senius s. Belzebub in Ersch und Grubers Encycl. 
Smith Diction, of the Bible s. v. Stark Gaza 
2(>lff. [Cumont.] 

Beerbeniakou (Besofisviaxov , Bsopevlaxov, 
Ephraim 7975 BeofltvUov) , Name keltischen (?) 
Ursprungs : Verbeniacum (?) oder slawisch Ver- 
benik von ivruba (salix)'} Ort bei Poimanenos 
im asiatischen Mysien zwischen Lampsakos und 
Pegai, Georg. A crop. c. 22 p. 39 (p. 15 Venet., 
p. 19 Par.) a. 1224; vgl. Tomaschek S.-Ber. Akad. 
Wien CXXIV (1891) vm 94. [Burchner.] 

Beeroth (B>joo& Euseb. Onom. 233,83; Hieron. 
ebd. 103, 12 Beeroth, ebenso im Alten Testament 
z. B. Josua 9, 17 u. a.), Ort in Iudaea, 7 Millien 
von Ierusalem entfernt, nach Eusebios an der 
Strasse nach Nikopolis, nach Hieronymos an der 
Strasse nach Neapolis (Nabulus). Letzteres diirfte 
richtiger sein; dann wahrscheinlich das heutige 
el-Bire, etwa 3 Stunden nOrdlich von Jerusalem; 
dieNamen sind gleichbedeutend(,Brunnen'). Anders 
Reland Palastina 618f. u. u. [Benzinger.] 

Befania s. M e v a n i a. 

Befestigung. 

I. Griech en. Unsere Kenntnis der B.-Kunst 
bei den Griechen beruht auf zweierlei Quellen : 
den Resten von Stadtbefestigungen und den Aus- 
einandersetzungen des Philon aus der zweiten 
Halfte des 3. Jhdts. v. Chr. Den Wert des sehr 
reichhaltigen Materiales der ersten Art beeintrach- 
tigt der Umstand, dass iiber die Frage der Ent- 



stehungszeit der ganzen Anlage oder der einzelnen 
Teile derselben ein sicheres Urteil nicht immer 
ausgesprochen werden kann; bei den Angaben des 
Philon lasst sich nicht immer feststellen, wie weit 
sie rein theoretiseher Art sind. 

Die altesten Befestigungen in Griechenland 
stammen aus vorhomerischer Zeit; es sind die 
befestigten Ki> nigsburgen von Tiryns, Mykenai, 
Athen, die im wesentlichen nach denselben Grund- 

10 satzen angelegt sind : auf den Randern einer Fels- 
kuppe, die an alien oder mehreren Seiten steil 
abfallen oder die kiinstlieh abgeschrofft sind, sitzen 
gewaltige Mauern auf entweder massiv aus grossen 
BlOcken zusammengefiigt, oder von kasematten- 
artigen Aufbewahrungsraumen durchbrochen , an 
manchen Stellen zu gewaltigen Bastionen ver- 
starkt; sie umschliessen deu auf dem hoheren 
Teile des Plateaus gelegenen kOniglichen Palast 
und durch eine Mauer abgetrennt die niedriger 

20 gelegenen Wohnungen fiir das Gesinde, die Stal- 
lungen, Bergungsraume u. s. w. Der Mauerzug 
wird ausser von ein oder zwei kleinen, versteckt 
angebrachten Pfflrtchen, nur von einem grossen 
Thoreingang unterbrochen ; der Zugang zu diesem 
fiihrt, langsam aufsteigend, ein mOglichst langes 
Stiick unmittelbar unter der Burgmauer entlang, 
so dass die unbeschildete Seite des Angreifers 
flankiert wurde, und endet in einem langen Gange, 
der von der Burgmauer auf der einen, einer langen 

30 auf der Aussenseite des Weges vorgeschobenen 
Bastion auf der andern Seite gebildet wird (fiir 
alle Einzelnheiten vgl. Schliemann Mykenai. 
Steffen Karten von Mykenai. Adler bei Schlie- 
mann Tiryns IXff.). Zwei Grundsatze, die auch 
die spatere griechische B. - Kunst beherrschen, 
linden sich schon hier deutlich ausgesprochen : 
mOglichster Anschluss der Mauerlinie an die ge- 
gebenen Ortlichen Verhaltnisse und kiinstliche 
Verstarkung der Zugange, der schwachsten Puukte 

40 der Verteidigung. durch Herstellung von flankie- 
renden Bauten. 

Es lasst sich nicht mehr mit Sicherheit fest- 
stellen, wann und wo zuerst eine stadtische 
Niederlassung mit einem schiitzenden Mauer- 
ringe von welehem Material auch immer umgeben 
worden ist ; es scheint fast, als ob in der alteren 
Zeit weniger Nachdruck auf eine verteidigungs- 
fahige B. der Unterstadt als auf den Besitz einer 
vor alien Dingen durch natiirliche Festigkeit ge- 

50sicherten Akropolis gelegt worden sei; erst in 
der Persergefahr um 560, so wird berichtet (Herod. 
I 141), hatten sich die kleinasiatischen Griechen- 
stiidte mit einer , Mauer' umgeben, und dass die 
Phokaeer in dieser Zeit durch die Munificenz eines 
Barbarenfursten in den Stand gesetzt worden sind, 
eine Steinmauer um ihre Stadt aufzufuhren, gilt 
als besonderer Erwahnung wert (Herod. I 163). 
Nach der Mitte des 5. Jhdts. wird es in Griechen- 
land ausser Sparta wenige unbefestigte Stadte 

60 gegeben haben, keine frerlich, deren B. sich mit 
der Athens hatte messen kOnnen. Schon am Ende 
des 6. Jhdts. hatte die Stadt Athen ausser der 
befestigten Burg, deren Aufgang im Westen durch 
die ,neun Thore' auf dem Pelargikon verteidigt 
wurde, eine Ummauerung gehabt, allein zur Zeit 
des Perserangriffes war dieselbe verfallen (damals 
scheint in Mittelgriechenland allein Theben eine 
leistungsfahige Stadt-B. gehabt zu haben, Herod. 



18Y 



Beiestigung 



IX 86). Die schon vor 490 begonnene B. der 
Hafenstadt wurde nach dem Kriege wieder auf- 
genommen und in massivem Mauerwerk zu Ende 
gefiihrt, gleichzeitig eine neue, weiter herausge- 
schobene Mauer um die Stadt Athen in Angriff 
genommen, schliesslich die erweiterte Akropolis 
mit neuen Umfassungsmauern und einer vorge- 
schobenen Bastion an dem neu angelcgten Auf- 
gang verteidigungsfahig gemacht. Es waren so 

TVll-f- citK j-»4«n TT^-*^ ^-I^aum*-*.^ .-.. _— J ■ TI jT" »1 



° .7° ■--"-';"■& ^"6-"""6 6" u ~"» ^ VYO.ICH ou- lagtjn in uer jioene am i/rpyion, aeren ursprung- 
nut ant eine Entfermmg von rund einer Meile 10 licher Plan besonders stark durcb spatere Ein- und 



Befestigung 188 

erhaltenen Eeste lassen weder den Verlauf der 
Mauer im ganzen mit Sicherheit wiedererkennen, 
noch genau feststellen, welcher Zeit die einzelnen 
Stiicke angehOren. Nach den deutlich erkenn- 
baren Spuren auf dem Hiigel im Westen war hier 
die Mauer 2 — 3 m. stark, mit viereckigen aus- 
springenden Tiirmen von 8 m. Tiefe und 13 m. 
Breite in Abstanden von etwa 80 m. ; die An- 
lagen in der Ebene am Dipylon, deren urspriing- 



zwei befestigte Stadte entstanden ; allein moclite 
auch jede einzelne von ihnen durch Ausdehnung 
und Anlage so gut wie uneinnehmbar sein, es 
■war doch zu befiirchten, dass sich ein feindliches 
Heer zwischen beide legte, die Verbindung zwi- 
sclien Stadt und Hai'en dauemd oder auf langere 
Zeit iinterbrach; daheT wurden , vielleicht nach 
dem Muster von Megara der Peiraieus und die 
Stadt Athen durch zwei ,lange Mauern' verbun 



~ „™™ „^^ „„ vi ,K.ii g5 mauciu vciuuii- iiu/ier Ausuennung , weicner rings von JViauern 

den und so eme dauernde Verbindung zwischen 20 umgeben ist und auf dessen Riickseite in der 



Neubauten verandert ist, lassen das System der 
Thoranlagen deutlich erkenn en, das sich an den 
beiden auf der Landseite der Peiraieus-B. befind- 
lichen Thore wiederfindet : der aussere Thorein- 
gang liegt in der Mauerlinie oder wird hinter 
dieselbe zuriickgenommen und darch vorspringende 
Turme_ oder links durch die Mauer fiankiert , er 
fuhrt in einen viereckigen Thorhof von betracht- 
licher Ausdehnung, welcher rings von Mauern 



beiden hergestellt; die Burg konnte ihres Charak- 
ters als Citadelle entkleidet werden, an die Stelle 
des Festungsthores traten die Propylaeen. Mit 
diesen Anlagen war ein befestigter Platz ge- 
schaffen, gross genug, um der Bevolkerung Atti- 
kas in Zeiten der Not wohl oder libel Unterkunft 
zu gewahren, zu gross, um bei dem damaligen 
Stande der Belagerungskunst von irgend einem 
griechischen Heere dauernd und vollstiindig ein- 



Achse des vorderen Einganges ein Ausgang nach 
innen fuhrt (vgl. Kaupert M.-Ber. Akad. Berl. 
1879, 608ff. v. Alten Athen. Mitt. Ill 28ff. 
Wachsmuth Stadt Athen II 197). 

Besser als diese Triimmer veranschaulicht den 
Stand der alteren griechischen B.-Kunst infolge 
ihrer sehr guten Erhaltung die im J. 369 neu- 
angelcgte B. der Stadt Messene, welche sich an 
den Berg Ithome , die natiirliche Akropolis der 



1.1 «««-« ^^m,* u.,v. muotoiiuig cm- ucu jjuig liuumt , uie naiurncne AKropons aer 

geschlossen zu werden. Der Katastrophe von 404 30 Stadt , anlehnt: eine meist massive Mauer von 

Iielen die la.IlCrPn MailPTn Unf\ (lie TT«fnn_T! r>n m O Kf\ ~. Q+::..l-„ i rn TT--T._ J. ■- i ■ -rrr n 



fielen die langen Mauern und die Hafen-B. zum 
Opfer, aber schon 395 war man wieder dabei, 
auf der Eetioneia auf den stehengebliebenen Fun - 
damenten neue Mauern aufzufiihren, 394 begann 
die Neu-B. des Peiraieus durch Konon. Was von 
Befestigungen der Hafenstadt erhalten ist, stammt 
im wesentlichen von diesem kononischen Neubau, 
der moglicherweise im wesentlichen die Richtung 
der Themistokleischen B. beibehielt: auf der 



~ . r — --'"™'"-^ '""'"' "■ uoiucuicii, . a.m u«i werne; uas unrere (oaer emzigel, aus welchem 
.Peiraieushalbinsel zieht sich an der Seeseite 20 40rechts und links eine Thur auf den Walleans 



2,50 m. Starke, 4,50 m. Hohe tragt einen Wall- 
gang von 2 m. Breite, zu dem auf der Innenseite 
der Mauer 1,25 m. breite Steintreppen hinauf- 
fiihren; viereckige Turme von 6 in. Breite (nur 
in den vorspringenden Ecken sind sie rund) treten 
in Abstanden von rund 100 m. 6 — 7 in. aus der 
Mauer heraus; sie sind bis zur Hohe des Wall- 
ganges massiv und enthalten ein oder zwei Stock- 
werke; das untere (oder einzige), aus welchem 



— 40 m. vom Meere eine Fullmauer von 3—3,60 m. 
Starke, auf je 70 m. von viereckigen, 4-6 m. 
vorspringenden Turmen unterbrochen , hin, der 
Zwischenraum zwischen Meer und Mauer ist fur 
den Feind ungangbar gemacht; auf der ausge- 
setzteren Landseite ist eine massive Mauer auf- 
gefahrt, die an den gefahrdetsten Stellen im 
Norden bis zu 8 m. stark ist ; die Hafeneingange 
waren durch gewaltige Molen, die auf ihren 



fuhrt, bat vorne und an den Seiten Schiessschar- 
ten, in dem oberen statt deren mit Laden ver- 
schliessbare Fenster; ein Giebeldach bildete den 
Abschluss; einige einstcickige Turme sind noch 
in einer Hohe von 10i/ 2 m. erhalten. Das grosse 
auf der Nordseite gelegene Thor zeigt' dieselbe 
Anordnung wie die Thore in Athen, nur dass der 
von 7 m. hohen Mauern eingeschlossene Hof einen 
Kreis von 19,7 m. Durchmesser bildet (Expedition 



-■~~~ ^ 6""»"»s= -uiuicii, uic aui mien jireis von iy,< m. uurenmesser Diiaet (Expedition 

bpitzen lurme trugen, bis auf schmale Einfahrten 50 scientif. de la MorCe I Taf. 32. 37ff.). Fast gleich- 



gesperrt, den breiten Canal, der nach dem Zea- 
hafen hereinfuhrt, begleiteten die Mauern auf 
beiden Seiten und endeten in zwei vorspringen- 
den Turmen. Den Abschluss der Hafen-B. bildet 
die durch mancherlei spatere Zubauten verstarkte 
Anlage auf der Eetioneia, die noch dadurch merk- 
wiirdig ist, dass die auf der Westseite fehlende 
Sturmfreiheit durch einen in den Fels gehauenen 
10 m. breiten Graben geschaffen worden ist (wann 



zeitig (vom J. 371) sind die noch erhaltenen Fun- 
damente der B. von Mantinea, deswegen lehrreich, 
wcil sie erkenn en lassen, wie man sich behalf, 
wenn sich gar keine natiirliche Unterstiitzung 
weder durch einen einzelnen, beherrschenden Hiigel 
zur Akropolis, noch durch bewegtes Gelande fur 
die Fiihrung der Stadtmauer vorfand; da die 
Stadt mitten in der Ebene und vollig flach lag. 
erhielt die B. einen fast kreisrunden Grundriss 



ri r< ill (in &" u '-""" v -" "»u™ «i iuujjh Ernies, uie d. eujKii iasi, Kreisrunaen ijrunariss 
aas oasteli aut der HOhe von Munychia angelegt 60 und wurde nicht massiv aufgefuhrt, sondern so, 



ist, ist nicht auszumachen). Vgl" im einzelnen 
v. Alten Karten von Attika, Text Heft I lOff. 
Bull. hell. XI 129ff. 202ff. XII 337ft. Wachs- 
muth Stadt Athen II 13ff. Die B. der Stadt 
Athen ist 404 unberuhrt geblieben, aber sie 
scheint im 4. Jhdt. allmahlich verfallen zu sein, 
so dass erst mehrfache Ausbesserungen, schliess- 
lich ein Neubau notig wurde. Die wenigen noch 



dass auf einem rund 4 m. breiten Steinsockel 
eine Mauer von Lehmziegeln aufgefuhrt wurde. 
Sehr zahlreiche viereckige Tiirme von durchsehnitt- 
lich 6,75 m. Breite springen im Abstande von 
rund 26 m. ca. 4,50—5 m. vor die Mauer vor; 
ihre Riickseite liegt nicht, wie es sonst meist der 
Fall ist, in der Mauerlinie, sondern sie ragen 
stadtwiirts gegen die Mauer vor. Auffallend ist 



189 



Befestigung 



Befestigung 



190 



die grosse Zahl der Stadtthore (1 0), auf ihre An- 
lage ist ganz besondere Sorgfalt verwandt: ent- 
sprechend der Anordnung des alten tirynthischen 
Thores liegt die Thorgasse in der Richtung der 
Stadtmauer zwischen dieser und einer weit vor- 
geschobenen Bastion, die aber nicht ausserlich an 
die Stadtmauer angesetzt ist, sondern von der Stadt- 
mauer selbst gebildet wird (Gell Proben antiker 
Stiidtemauern Taf. 35. Bull. hell. XIV 65ff. Taf. I). 

Diese drei Beispiele reichen vollig aus, die 10 
Forderungen der alteren griechischen B.-Weise 
erkennen zu lassen: Mauern von hinreichender 
Starke und Hohe, deren Sturmfreiheit durch An- 
schmiegen an die im Gelande vorgezeichneten 
Linien erhoht wird, Verstarkung schwacher Punkte, 
vor allem der Thore, durch besondere Werke, vor- 
springende Tiirme zur Flankierung der Mauer 
und Beherrschung des Vorterrains ; alles dies ge- 
niigte vollkommen , wenigstens was die ausser- 
lichen Mittel anbetrifft, dem Feinde eine Blokade 20 
entweder ganz zu verleiden oder doch sehr zu 
erschweren. 

In vollig andere Anschauungen von den Auf- 
gaben der Stadt-B. fiihren die Uberreste der unter 
Dionysios 402 — 385 begonnenen und vollendeten 
B. von Syrakus. Schon der Umfang derselben, auf 
der Land- und Seeseite fast 271/2 Km. , ist ein 
so grosser, damals nach dem Falle Athens der 
grosste in ganz Griechenland, dass zur wirksamen 
Einschliessung das Zusammenwirken eines gerade- 30 
zu ungeheueren Landheeres mit einer betrachtlichen 
Flotte erforderlich gewesen ware. Die Anlage 
der Werke selbst ergiebt ohne weiteres , dass es 
hier nicht mehr die Abwehr einer ,gemutlichen' 
Blokade, sondern die Verteidung gegen einen form- 
lichen Angriff gait, der mit alien Htilfsmitteln des 
,modernen' Belagerungskrieges : Turmen, Sturm- 
bocken, Unterminieren der Mauern, schwerem Ge- 
schiitz operierte und von einem Gegner ausge- 
fiihrt wurde, der, wie die Belagerungen der west- 40 
sicilischen Griechenstadte am Ende des 5. Jhdts. 
gezeigt hatten, sich dieser Hiilfsmittel mit ebenso 
grosser Meisterschaft wie zaher Energie bediente. 
Um die Stadt von der Seeseite gegen den An- 
griff der Karthager zu sichern , wurde die Insel 
Ortygia, die Akropolis der Stadt, mit einer dop- 
pelten Mauer umgeben ; um ein Festsetzen und 
Vorgehen der Feinde auf dem Plateau von Epi- 
polai (wie es seinerzeit die Atbener gethan hatten) 
uumoglich zu machen , wurde dieses in seiner 50 
ganzen Ausdehnung in die neue B. hineingezogen 
und rings von Mauern umgeben, welche auf den 
15 m. und mehr steil nach der Ebene und dem 
Meere abfallenden Plateaurandern unmittelbar auf- 
sassen. Aber einen schwachen Punkt hatte dies 
sonst unangreifbare Plateau : im Westen verengt 
es sich zu einem schmalen Sattel, auf dessen Siid- 
seite ein alles Umliegende iiberhohendes Plateau 
liegt, und zieht sich nach den landeinwarts ge- 
legenen Hohen hin, hier fiihrte n&rdlich von der 60 
Erhebung des Euryalos die einzige Strasse von 
Westen in die Stadt; dies war der gegebene 
Punkt, wo der Angreifer einsetzen konnte und 
musste, hier hatten die Athener ihren letzten bei- 
nahe entscheidenden Sturm versucht. Diese Liicke 
zu sperren wurde das Fort auf dem Euryalos 
wenn auch nicht erst angelegt, so doch erweitert, 
es wurde der Schlussstein der ganzen Stadt-B. 



Diese Anlage beherrscht nicht nur das ganze Epi- 
polai, sondern auch die weiten Ebenen nordlich 
und sildlich, den einzigen Verkehrsweg, der zuLand 
zwischen beiden vorhanden war, im Westen. Die 
Anniiherung des Feindes mit seinen Turmen und 
SturmbOcken an die Mauer unmoglich, die Wir- 
kung seiner weittra genden Geschiitze uuwirksam 
zu machen, sind drei breite, bis zu 9 m. tiefe 
Graben in den Fels geschnitten , ganz oder fast 
ganz von Rand zu Rand rcichend, der ausserste 
liegt 170 m. weit vorgeschoben ; erst hintei*dem 
innersten dieser Graben erhebt sich die gewaltige 
6 m. staTke Mauer, jetzt noch fast 10 m. hoch, 
an welche sich zwei grosse von Mauern einge- 
fasste, im Siiden durch einen tief eingeschnittenen 
Graben, dann durch den natiirlichen Abhang ge- 
schiitzte Hofe anschliessen. Zu diesen Anlagen 
iiber der Erde kommt ein Netz von unterirdischen 
Gangen, welche von dem innersten Graben nach 
vorwarts und riickwarts, zum Teil auch nach oben 
fiihren ; durch sie sammeln sich, unbemerkt vom 
Feinde, in dem innersten Graben Truppenmassen, 
um bei einem Angriff auf das nCrdlich unterhalb 
des Castells gelegene Thor dem Feinde in den 
Riicken und in die unbeschildete Flanke zu fallen 
(Diod. XIV 7. 10. Cavallari-Holm Topografia 
archeologica di Siracusa, deutsch von Lupus Die 
Stadt Syrakus im Altertum 46ff. 275ff.). Es ist 
gewiss nicht zufallig, dass das zweite Beispiel 
einer derartigen Anlage gleichfalls auf Sicilien 
liegt; es waren eben dieselben Feinde, deren es 
sich zu erwehren gait: die B. der 409 von den 
Karthagern eroberten Stadt Selinunt ist, wie 
neuerdings die Ausgrabungen gezeigt haben, durch 
Verstarkungen und Neuanlagen so hergerichtet, 
dass die Ahnlichkeit mit dem Euryaloscastell eine 
schlagende ist (vgl. den bis jetzt nur vorlaufigen 
Bericht von Petersen Rom. Mitt. 1892, 186ff.). 
Fast 50 Jahre spater hat man in Griechen- 
land die neuere Art der Belagerung praktisch 
kennen zu lernen die Gelegenheit gehabt, es er- 
hob sich die unabweisliche Forderung, die fur 
ganz andere Anforderungen gebauten Stadtbe- 
festigungen durch Umbauten oder Neubauten die- 
sen voTlig veranderten Verhaltnissen anzupassen. 
Ein lehrreiches Beispiel dafiir, wie man sich den 
veranderten Uinstamlen anpasste, bietet der In- 
halt des Volksbeschlusses vom J. 307/6, der den 
Neubau der Mauern der Stadt Athen anordnet 
(CIA II 167, dazu Wachsmuth Stadt Athen II 
203ff. Fabricius Berl. Philol. Wocbenschr. 1884. 
1118): auf einem Steinsockel von etwa 0,60 m. 
Hohe sitzt eine 3,27 m. starke Mauer aus Lehm- 
ziegeln auf, deren Hohe nicht angegeben ist; sic 
tragt einen etwas iiber 2 m. breiten, ebenso hohen 
Wallgang ; derselbe ist vorne durch eine 0,60 m. 
starke Mauer geschlossen, in welcher etwa 0,90 m. 
iiber dem Fussboden je 0,60 m. aus einander 
Schiessscharten (0,45 m. hoch, 0,60 m. breit) ge- 
lassen sind. Auf dem inneren Rande des Wall- 
ganges sind Pfeiler aus Lehmziegeln aufgemauert, 
auf denen ein nach aussen geneigtes , mit einer 
Lehmschicht gegen Feuersgefahr geschiitztes 
Dac.h ruht. Pallisaden und ein Graben befinden 
sich vor der Mauer. Der Wiederaufbau der langen 
Mauern ist bei derselben Gelegenheit angeordnet ; 
danach waren es nur zwei Steindamme mit Fiil- 
lung und daraufliegenden offenem Wallgang. 



191 



Befestigung 



Befestigung 



192 



Die Ergebnisse der fiir die Entwicklung des stufenfflrmig zieht sich die Mauer von Thasos 

Festungskrieges und der Stadt-B. gleich Ab- und Alt-Iasos bin, bei letzterem noch in eigen- 

schnitt bildenden makedonischen und hellenisti- tiimlicher Weise durch vorspringende halbrunde 

schen Zeit hat Philon in seiner Schrift gezogen Turme verstarkt und durch zahlreiche Pforten 

and zu einer fOrmlichen Fortificationslehre. zu- durchbrochen (Athen. Mitt. XV 144ff.). Die Mauer 

sammengefasst. Danach hat die B. einer Stadt selbst soil nach Philons Vorschrift mindestens 

dreierlei Aufgaben: die Annaherung des Feindes 9 m, hoch sein (die hOchsten erhaltenen Mauern, 

rait schwerem Geschiitz in die Nahe der Stadt- die von Assos, stehen noch fast 18i/ 2 m.), eine 

mauer, dann mit Maschinen unmittelbar an die Starke von 4i/ 2 m. haben; sie ist entweder massiv 
Stadtmauer mOglichst zu verhindern, sodann die 10 aufzufiihren, oder es sind in ihr gewoibte, naeh 

Mauer so anzulegen, dass die Curtinen und ihr hinten offene Raume auszusparen zur Unte'rbring- 

Vorterrain von den sie einschliessenden Turmen ung von Mannschaft oder Geschiitzen. Der Wall- 

moghchst bestrichen werden, schliesslich den gang, der offen oder gedeckt sein kann, braucht 

Mauerkorper selbst gegen die Wirkung des groben nicht die ganze Breite der Mauer zu betragen. 

Geschfltzes wie der Sturmbocke durch Anlage und Das beste Beispiel solcher mehrstSckigen Stadt- 

Material moglichst widerstandsfahig zu machen. mauern, fur welche Philon die B. von Ehodos als 

Der erste Zweck wird erreicht durch ein System Muster anfiihrt. sind die Mauern von Side. Die 

von Graben, das einen ebenso notwendigen Be- Mauer 3,60 m. stark, innen durch Pfeiler von 

standteil jeder modernen B. bildet, wie in der 5 m. Abstand verstarkt, tragt einen Wallgang 
alteren B.-Wcise das Fehlen eines Grabens urn 20 von 1,70 m. Breite; auch die Aussenmauern dieses 

die Stadt herum die Regel ist (die Anlage eines, oberen Stockwerkes sind durch Pfeiler von 0,60 m. 

noch dazu nassen Grabens urn Mantinea ist eine Breite verstarkt , die den balben Abstand der 

ganz vereinzelte Erscheinung, veranlasst durch unteren Pfeiler haben; zwischen je zwei Pfeilern 

die traurigen Erfahrungen der Belagerung von sind zwei Sehiessscharten, eine (1,10 zu 0,10) in 

395 , vgl. Xen. hell. V 2, 4) : mindestens drei der Mitte, eine halb so hohe und breite in einer 

Graben nicht unter 31 m. breit sind, der innerste Ecke am Pfeiler. Ein offener Wallgang bildet 

fast 30 m. von der Stadtmauer, die beiden andern das oberste mit Zinnen gekrOnte Stockwerk. An 

in emem Abstand von je 17l/ 2 m., auszuheben, manchen Stellen ist spiiterhin das Erdgeschoss 

die so gewonnene Erde zu Dammen aufzuschiitten, noch dadurch verstarkt worden. dass Gewolbe von 
die mit Pallisaden besetzt werden; der noch iibrig 30 7 m. Abstand innen angelegt sind, wodurch der 

bleibende Raum zwischen den beiden ausseren Wallgang des mittleren Stockwerkes urn 2 m. 

Wallen sowie noch eine Strecke weit feindwarts verbreitert ist. Eine ahnliche Disposition, abge- 

vom aussersten Graben ist mit Pfahlen, Dorn- sehen von dem nicht mehr erhaltenen obersten 

strauchen, eirigegrabenen^ und leicht verdeckten offenen Wallgang zeigfc die B. von Perge: die 

Tbpfen ungangbar zu machen. Der innerste Damra, Mauer unten 2 m. stark, ist verstarkt mit innen 

das Proietchisma, aussen mit Steinen verkleidet, angelegten Verstiirkungspfeilern, welche 4,15 m. 

ist mit einer Mauer und schrag am Eskarpenfusse auseinander stehen, oben 4 m. iiber dem Fuss- 

eingegrabenen Pallisaden noch besonders zu be- boden befindet sich ein Wallgang 1,50 m. breit, 

festigen, binter ihm sind Geschutzbettungen an- abgeschlossen vorne durch eine mit Schiessschar- 
zubringen. Der Raum zwischen ihm und der 40 ten versehene Mauer von 0,60 m. Zwischen je 

Stadtmauer dient als gedeckter ' Gang zur An- zwei Pfeilern ist ein Tonnengewolbe gespannt, 

sammlung von Truppen. Die aus den Stadtthoren in welchem auf dem Wallgange Thiiren von 0,60 

fiihrenden Strassen diirfen nicht in einer geraden, X 1.90 m. ausgespart sind, wodurch ein fort- 

ununterbrochenen Linie diese Graben durchschnei- laufender Gang auf der ganzen Mauer hergestellt 

den, sondern werden hinter jedem Erddamm ein wird (vgl. G. Larickoronski Stadte Pamphvliens 

Stuck seitlich gefiihrt. Eine mOglichst wirksame und Pisidiens I 129, 63, dazu die Abbildung S. 

Flankierung der Curtinen, d. h. der zwischen den 39; die Mauern von Side ungenau abgebildet bei 

Turmen liegenden Mauerabschnitte, ist durch ver- Beaufort Karamania 139). Die Turme , auf 

schiedengestaltete Traces zu erreichen , deren viereckiger Basis mit mehrwinkligem oder rundem 
Wahl von der Beschaffenheit des Gelandes ab- 50 Oberbau , von mindestens 4i/ 2 m. Mauerstarke, 

hangt. Die Curtine ist so anzulegen , dass sie sollen nicht eine breite Seite wie die meisten er- 

stets von den beiden einschliessenden Turmen be- haltenen Befestigungen, nach aussen haben, son- 

strichen werden kann, und es ergiebt das nicht dern zum Zwecke wirksamer Flankierung wie 

nur eine verschiedene Richtung der Turme zur grOsserer Sicherheit gegen die Stosse der Belage- 

Curtine,_ sondern beeinflusst auch den Grundriss rungsmaschinen und des Geschiitzes so an die 

der Curtine; so erhalt man eine ganze Reihe ver- Mauer anlehnen, dass eine oder mehrere Ecken 

schiedener Grundrisse : maeanderformig, in Gestalt feindwarts gekehrt sind ; irn Erdgeschosse der 

einer Sage, aus Halbkreisen mit nach innen zu- Turme sind fur schwere Geschiitze kasematten- 

ruckgezogenen Curtinen, doppelt, schrag u.s.w. Die artige Raume, nach hinten geoffnet, anzulegen. 
Praxis der erhaltenen Stadtbefestigungen zeigt, 60 Im ganzen Verlauf der Mauer sind dicht ttber 

dass es weitaus das gewohnlichste war, die Cur- den Mauerfuss wie auch in den oberen Stock- 

tinen in gerader Richtung von Tumi zu Turm werken Sehiessscharten, auch fur grobes Geschiitz 

zu Ziehen, die Turme in nicht zu grossen Ab- geeignet, einzubrecben, 3eren Unterseite nach aus- 

standen von einander an die von Natur vorge- warts geneigt eine wirksame Beschiessung des 

zeichneten Stellen zu setzen ;. die kunstlichen For- ,toten Winkels' am Mauerfuss ermoglicht. Kleine 

men, die Philon nennt, flnden sich sehr selten: Ausfallpforten , wie sie die erhaltenen Befesti- 

ein sageformiges Trace ist in der B, von Samo- gungen, z. B. Mantinea, Alt-Iasos, zeigen, sind wo- 

thrake, einem Stuck der Mauer von Kolophon, moglich zwei neben jedem Turm anzulegen, so 



193 



Begabris 



Begorritis lacus 



194 



dass die eine zum Ausriicken , die andere zum (etwas entfernt von dem erst urn 1700 gegriinde- 

Wiedereinrficken der Mannschaften dient, Stadt- ten neuen Ort Bigastro) gefunden wurde (CIL II 

warts der B. soil eine Wallgasse von fast 40 m. 5948), bezeichnet seine Lage. Die eeelesia Biga- 

freibleiben, in der Praxis begniigte man sich mit strensis wird in einer ebendaher stammenden christ- 

weniger, man kam mit 3 und 5 Fuss aus (Dit- lichen Inschrift (Inscr. Hisp. christ. Append. [Brit.] 

tenberger SyU. 308. 309). Als Material fiir nr. 2) und in Urkunden vom 6. Jhdt. abwarts er- 

den Bau der Mauer empfiehlt Philon Bruchstein wahnl. Vgl. CIL II p. 956 und G u e r r a Deitania 9ff. 
ebenso wie Lehmziegel; die Anwendung des einen [Htibner.] 

oder des anderen Materiales wird vor allem von Begerri s. Bigerriones. 

localen Bedingungen abgehangen haben; es ist 10 Begesse, eines der zehn Castelle am Anto- 

gewiss nicht zufallig, dass in Boiotien die B. mit ninuswall im nOrdlichen Britannien, nur bei dem 

Lehmziegeln besonders hiking wiederkehrt, dass sie Geogr. Rav. 435, 6 erwahnt; dem Castell von 

sich bei Mantinea wie Tegea, flndet, dass der Stym- Barhill entsprechend (CIL VII p. 198 vgl. C. Mul- 

phalier Aineias (um 360) sie als die gewShnliche ler zu Ptol. II 3, 7). [Hubner.] 

voraussetzt (vgl. im allgemeinen iiber Stadt-B. im Begetos (Bsyezog). 'Efyyrirrjg in Olympia um 

griechischenAlterturaRustowundKochlyGescb. 181 n. Chr., Arch. Ztg. 1879, 60 nr. 245. 
des gr. Kriegswesens 196ff. 405ff. Rochas [Kirchner.] 

d'AiglunPrincipes de fortification antique 1881. Begialis (BeyiaXtg), verderbte Lesart bei Ptol. 

Graux und Rochas d'Aiglun Rev. phil. N. S. V 2, 31 fiir AiyialCg, s. Aigiale Nr. 1. 
Ill 108ff. Ausgabe der Abschnitte iiber B. aus 20 [Oberhummer.] 

Philons funftem Buch mit Erlauterungen). Begis (Bfjyig), ein Gauvorort der seit alters 

Zu diesen Anlagen, deren Aufgabe es ist, die in der siidlichen Illyris angesiedelten thrakischen 

Landeshauptstadt unmittelbar gegen einen Angriff Tralleis, Steph. Byz.; vgl. Boluros. 
zu sichern, treten noch haufig fortiflcatorische An- [Tomaschek.] 

lagen zum Schutz der Landesgrenze; es lassen Begoe, nach Serv. Aen. VI 72 nymphaquae 

sich zwei verschiedene Arten erkennen: Wart- artem senpserat fulguritfirum apud Tuscos; ihre 

tiirme und Castelle oder eine ffirmliche Grenz- Blitzweissagungen wurden zusammen mit den libri 

sperre. Das Urspningliche war wohl, auf hoch- Sibyllini und den Weissagungen des Marcius (seit 

gelegenen Stellen, die die im Thale vorbeiziehende Augustus) im palatinischen Apollontempel aufbe- 
Straase beherrschen , an der Landesgrenze ent- 30 wahrt. Gewiss von diesen nicht verschieden sind 

lang Wartturme aufzufiihren , vielleicht weniger die von Ammian. Marc. XVII 10, 2 (ut in Tage- 

zur dauernden Beherrschung der Strassen als zur ticis libris legitur vel [vel addid. M. Haupt] 

Alarmierung beim Anmarsch des Feindes; um Vegonicis) angefQhrten libri Vegoniei und die 

solche Tiirme wurden einfache Burghofe mit Wohn- Sammlung , aus der in den Gromat. lat. p. 350 

raumen und Cisternen u. s. w. angelegt wie auf (idem Vegoiae Arrunti Veltymno; vorher p. 348 

Amorgos (Ross Inselreisen II 43), oder an die ex libris Magonis et Vegoiae auctorum) eine 

Stelle eines Wartturmes oder eines Burghofes trat Prophezeiung iiber die Heiligkeit der Grenzen und 

ein Castell, nach den Principien der Stadt-B. an- die Bestrafung ihrer frevelhaften Verletzung mit- 

gelegt, wofur Oinoe (gewohnlich Eleutheriae ge- geteilt wird (vgl. W. M. v. Goethe De frag- 
nannt) das beste Beispiel ist (Erbkam Ztschr. 40 mento Vegoiae cuius sit momenti in tractandis 

fiir Bauwesen XXIX 285 u. Taf. 44). Die ganze antiquitatibus iuris Romani, Stuttgart- Tubingen 

Grenze von Attika war mit einer Kette solcher 1845). Das bei Aram. Marc. a. a O. iiberlieferte 

Castelle besetzt: Sunion, Thorikos, Rhamnus auf Bruchstiick zeigt hexametriscbe Form (Muller- 

der Seeseite, Oropos, Dekeleia, Phyle, Panakton, Deecke Etrusker II 25, 24. E. Bormann Arch.- 

Oinoe landeinwarts, als Abschluss die Burg von epigr. Mitt. XI 1887, 100. Baehrens FPRp. 422), 

Eleusis und Budoron auf Salamis. Eine Grenz- aus dem bei den Feldmessern erhaltenen Frag- 

sperre, d. h. die Abschliessung der Grenze ganz mente geht hervor, dass diese Prophezeiung beim 

oder teilweise durch Mauern und Tiirme mit Hin- Beginne des achten etruskischen saeeulum, d. h. 

einziehung der natiirlichen Hindernisse findet sich im J. 666 d. St. = 88 v. Chr. (Mommsen Rom. 
in Attika, wo gegen die thriasische Ebene von 50 Chronol.2 188f.) in Umlauf gesetzt wurde. Welche 

den Rheitoi erst auf dem Aigaleos eine Reihe von Namensform die richtige ist, die mit B oder die 

Turmen sich hinzieht, dann die Senkung zwischen mit V anlautende , ist schwer zu entscheiden ; 

Aigaleos und Parnes durch eine von Tfirmen unter- M, Haupt (Opusc. LT. 493) schrieb bei Amm. 

brochene Mauer gesperrt ist (Curtius und Kau- Marc. a. a. O. Begoicis fur Vegonicis, Salma- 

pert Karten von Attika Heft II 44). Eine ahn- sius bei den Grom. lat. a. a. O. Begoe; dagegen 

liche Grenzmauer mit Tiinnen zieht sich von der fuhren Deecke (zu Muller Etrusk. LT 30, 45) 

Stadt Pergamon nach Norden (vgl. auf dem Plan und G. Schmeisser (Die Etruskische Disciplin 

in Petermanns Mitteilungen Erganzungsheft 94 vom Bundesgenossenkriege bis zum Untergang des 

Taf. I). Genaueres iiber die Anlagen zur Landes- Heidentums , Liegnitz 1881, 21, 100) die ver- 
verteidigung in Droysen Heerwesen und Krieg- 60schiedenen Varianten auf die Grundform Vegone 

fuhrung_ der Griechen 257fF. [Droysen.] zuriick. Das Schwindelcitat Labeo qui disciplines 

LT. Uber rOmische Befestigungskunst vgl. den Etruscas Tagetis et Backetidis XV voluminibw 

Artikel Castra. explanavit bei Fulg. de abstr. serm. p. 559 Merc. 

Begabris s. Betaris. ist mit Unrecht hierher bezogen worden (s. Ba- 

Begastrum, Stadt in Hispania Tarraconensis, chetis). [Wissowa.] 

zum Conventus von Carthago nova gehorig; die Begorra s. Bigerriones. 

r(es) pfublica) Begastresium einer Inschrift, die Begorritis lacus, See in der makedonischen 

in der Nahe von Cehegin im Kfinigreich Murcia Landschaft Eordaia, Liv. XLII 53, 5; wahrschein- 

Pauly-Wisaowa III 7 



iy5 



.oeguensis regio 



Beiudaes 



196 



lich der See von Ostrovo (so auch Kiepert, wiih- 
rend ihn Leake u. a. fiir den sumpfartigen Sari 
GjOl hielten). Vgl. Leake N. Gr. Ill 289. 316f. 
Dimitsas rsmyg. Maxed. I 189f. 

[Oberhummer.] 
_ Beguensis regio (Beguensis saltus), Gegend 
m der Byzacena mit gleichnamiger Gutsherrschaft, 
CIL V1TI 270 = Suppl. 11 451. [Dessau.] 

Beifuss, Artemisia L., a^Ts/tiata, artemisia, 
ist eine Pflanzengattung aus der Familie der 
Compositen, Abteilung der Korymbiferen, mit zahl- 
reichen Arten, die teils den ausdauernden Krau- 
tern angehoren, teils den Halbstrauchern, vgl. Ps - 
Apul. herb. lOff. Der Name Artemisia kommt 
nicht von der karischen Konigin Artemisia, der 
Gemahlin des Mausolos, auch nicht von dgre^g 
= .gesund', sondern wohl von der Geburtshulfe 
leistenden FrauengCttin (vgl. o. Bd. II g. 1347f. 
Schreiber in Kosehers Lex. I 571ff. § 9) Artemis, 
friiher hiess die Pflanze naeh der Patronin der 
Jungfrauen partkenis; vgl. Plin. n. h. XXV 73. 
Macer Florid, de vir. herb. I 1—7. Koch Baume 
u. Stiaucher d. alten Griechenl. 145. Noch hente 
wie im Mittelalter (vgl. Walafrid Strabo hort. 181 
mater herbarum) gilt B. als Mittel bei Frauen- 
krankheiten. B. kommt von Mbog, pipo%, bybos, 
beybos (bozen = schlagen). Aus der niederdeutschen 
Wortform bifot evtstmdi untervolksetymologischem 
Tasten nach Ankniipfung an ein bekanntes Wort 
das neuhochdeutsche B. Somit hat diese Benen- 
rmng mit ,Fuss' im Grande nichts zu schaffen, 
obgleich die Wurzel der Pflanze in aberglaubischer 
Meinung gegen das Ermfiden allerdings an die 
Fiisse gelegt wurde ; btbdi bedeutet vielmehr ,was 
als Gewiirz zur Speise hinzugestossen (beigestos- 
sen) wird', oder aber es waren aberglaubische Ge- 
brauche die Veranlassung zur Namengebung, etwa 
weil man an das Kraut klopfte, oder — was wahr- 
scheinlicher — weil man damit auf Menschen 
schlug. Cber die weit verbreitcte Sitte des Euten- 
schlagens s. Mannhardt Myth. Forschungen 115ff. 
140ff. Die beiden Gruppen Artemisia abrotanum 
L. und Artemisia absinthium L. s. u. Eberraute 
und Wermut. Hier soil nur von den anderen 
Artemisiaarten die Rede sein. Unser gemeiner B. 
(A. vulgaris L.), das bekannte, wegen seines athe- 
nschen Oles und seiner aromatischen Stoffe nament- 
lich zu Giinse- und Entenbraten verwendete Kiichen- 
gewiirz, kommt in Griechenland nicht vor (vgl 
Fraas Synops. plant, flor. class. 207), wohl aber 
andere, dem Wermut zum Teil sehr nahestehende 
Arten, z. B. Artemisia arborescens s. arborea L., 
neugr. fj 'Ayupyd, auch "^"V, und in Kret&Ilio- 
oidija, wild auf den Inseln, sonst hiiufig in Garten 
gezogen, vgl. v. Heldreich Nutzpfl. Griechenl. 
26; in A. Hommsens Griech. Jahresz. V 589. 
Dierbach Flora myth. 207. Die Blatter des 
Baumchens sirid weisslich, fein behaart und samt- 
artig anzufuhlen. Die gelblichen Blttten stehen 
an der Spitze der Aste und Trauben. Die Pflanze 
ist bitter, aber von angenehm aromatischem Ge- 
ruch, vgl. Billerbeck Flora class. 213. Leunis 
Synops. H. TeO ns § 694, 38. Das erste eldos 
bei Dioskondes — dere/tjom nolvxlmvog (III 117) 
— geht mit Sicherheit auf A. arborescens. Ferner 
ist zu eTwahnen der Meerstrands-B. oder See-B., 
A. maritima L., von Dioskorides (ID! 24) axpivQiw 
Valaooiov genannt; er wachst hie und da in 



Griechenland und Italien am Seestrande wild, vgl. 
Murr Die geogr. u. myth. Namen der altgriechi- 
schen Welt in ihrer Verwertung fiir antike Pfianzen- 
geogr. II nr. 38. Von manchen wurde der See- 
B. (apsirdhium marinum) auch Seriphos genannt. 
Er wuchs hiiufig in Kappadokien auf dem Taurus- 
gebirge, auch in Agypten, bei Taposiris nicht weit 
von Alexandria. Die Leute gebrauchten dort die 
Pflanze statt der Olivenzweige; man benutzte sie 
10 auch als Arznei und in Kappadokien zur Vieh- 
mast. Die Priester der Isis pflegten einen Zweig 
davon bei feierlicheu Processionen vor sich her zu 
tragen, Diosk. a. 0., ahnlich Plin. n. h. XXVII 
53; vgl. Lenz Bot. d. a. Gr. u. E. 475. Dier- 
bach Flora myth. 179. Die Gottin Isis selbst 
wurde mit B. gekront oder einen B.-Zweig in der 
Hand haltend dargestellt. Eine weitere Art ist 
der Feld-B., A. campestris L. <■ Dieser ist zwar in 
Griechenland noch nirgends gefunden, wohl aber 
20 in Karien und Mysien von Sibthorp. In Nord- 
italien ist er heimisch; vgl. Diosk. HI 117: Aqxs- 
fiiala fyovoa . . . ienxoTSQa <pvlXa. Alle B.-Arten 
galten fur sehr heilkraftig, so dass die Pflanze, 
die auch in dem Eufe stand, die fiblen Wirknngen 
genossenen Giftes aufzuheben, auch ocbfrvoa, die 
Eettende, genannt wurde. Die Wurzeln fast aller 
Arten galten fur krampfstillend und schweiss- 
treibend, sowie als Mittel gegen- Epilepsie. Be- 
sonders bei Frauenleiden , gehemmter Menstrua- 
30 tion u. dergl. , ferner urn Fehlgeburten zu ver- 
hindern, wurde B. gem angewandt; vgl. Plin. n. 
h. XXV 73. Galen. XI 839. XVI 181 K. Scrib. 
Larg. 106. Murr Die Pflanzenwelt. i. d. griech. 
Mythol. 190. Aus diesem Grunde war der B. der 
Artemis Eileithyia heilig, desgleichen der miitter- 
lichen Gottin und Geburtshelferin (vgl. Ov. amor. 
II 13. Eoschers Lex. II 50 Iff.) Isis. Der Wan- 
derer, der B. in der Hand trug, wurde nie miide. 
Wer die Pflanze am Fusse trug, vor dem flohen 
40 alle Tiere und Gespenster; vgl. Anonym, xegi 
floTavaiv 30—32 und Schol. (bei Sill ig in d. Ausg. 
d. Macer Florid, de vir. herb. p. 201 u. p. 212). 

[Wagler.] 
Beina s. Benna Nr. 1. 
Beira s. Bazira. 

Beisirisse (Dat.), iberischer (?) Gott, nur be- 
kannt durch eine Inschrift aus Cadeac-les-Bains 
(Hautes-Pyrenees): Ifiovi) o(ptimo) m(aximo) Bei- 
sirisse M. Valerius) Potem v. s. I, m. Bull, epigr. 
50 II 184. Sacaze Inscript. des Pyren. nr. 406 = 
CIL XIII 370; vgl. Me'rime'e De antiquis aquar. 
rehgiombus 72. Holder Altkelt. Sprachschatz s. 
Beisirissfis). O. Hirschfeld S.-Ber. Akad. Ber- 
lin 1896^ 448. phm.] 

Beisitalog, Besitzer oder Stcinschneider eines 
Achatsardonyx mit einem auf eine Lanze gestfltz- 
ten Eros spa ten Stiles (Gori Inscript. Etrascae 
56 Taf. 5, 2; Mus. Florentin. II 15f. Taf. 5, 2. 
Brunn Gesch. d. griech. Kiinstl. II 606f.). Der 
60 Name ist ungriechisch, aber nicht unmoglich. 

[O. Rossbach.] 
Beithanin (Btjt&aviv) s. Bet hen im. 
Beitylos s. Bitylos. 

Beiudaes (BciovSaeg). Castell im oberen Meso- 
potamien, Theophyl. II 18 (106 de Boor), dem 
Namen nach eine arsprunglich jiidische Ansiede- 
lung. Es ist aramaisch: Be ludde ,Judenhausen\ 
Damit ist vielleicht identisch xckstqov Buov&ag 



197 



Bekis 



Belcae 



198 



(var. Briwvfiai&ag) Georg. Cypr. descr. orb. Rom. 
930 Gelzer. [Fraenkel.] 

Bekis (Bexig), Castell in der byzantinischen 
Provinz Thrake, am Istros, von Iustinianl. angelegt, 
Piocop. aed. IV 11 p. 308 Bonn. [Oberhummer.] 

Bekuli (Bsnotdi), Castell im Bezirk Rhodope 
der byzantinischen Provinz Thrake, von Justinian I. 
angelegt, Procop. aed. IV 11 p. 307 Bonn. 

[Oberhummer.] 

Belabitine (Bekafiinvrj), Landschaft des re- 10 
mischen Gross-Armenien , deren Satrapie als zur 
Zeit des Kaisers Zeno besonders geringfugig gait, 
Procop. de aedif. Ill 1. Vielleicht = Bcdparjvij, 
s. d. [Baumgartner.] 

Belaci, Belacorum eivitas, eine der zum Eeich 
des Cottius gehOrenden Gemeinden, genannt auf 
dem Triumphbogen von Susa (CIL V 7231) zwi- 
schen den civitates Segusinorum und Gaturigum. 
Desjardins Ge"ogr. de la Gaule II 95. Det- 
1 e f s e n Henn. XXI 538. Holder Altkelt. Sprach- 20 
schatz s. v. Ruggiero Dizionario I 985. Nach 
Glvick Renos etc. 25 = bellicosi (kymr. bei = 
bellum), vgl. Belatucadrus. [Dim.] 

Beladonni (Dativ), keltischer Beiname des 
Mars auf der bei Aix gefundenen, jetzt verschol- 
lenen Inschrift CIL XII 503: Marti Beladonni 
T. Fl(aviua) Iustus ex ittssu. Allmer Revue 
epigr. 1895, 360 nr. 1125. [Dam.] 

Belagerung s. Festungskrieg. 

Belaidipara {Belaid biaga), Castell in der by- 30 
zantinischen Eparchie Thrake, von Iustinian I. 
angelegt, Procop, aed. IV 11 p. 305 Bonn. 

[Oberhummer.] 

Belaios. 1) BrjXouog s. Belos Nr. 1. 

2) Als Beiwort des Zeus aufgefuhrt bei Anon. 
Ambros. 24. Laurent. 19 (Schoell-Studemund 
Anecdota II 265f.). Zeus B. ist wohl kein anderer 
als Zeus Belos (s. d. Nr. 3). [Jessen.] 

3) Belaios, Heide (Liban. ep. 673. 730), Lehrer 
der Rhetorik (ep. 730. 659. 686. 1182), wurde 40 
miter dem Kaiser Lilian (ep. 673. 730) zum Praeses 
Arabiae erhoben (ep. 672 b. 673), bekleidete also das 
Amt urn 362. An ihn gerichtet Liban. ep. 659. 672b. 
673. 686. 730. 1105. 1182; lat. I 54. [Seeck.] 

Belalitenses, Einwohner einer Stadt in Africa, 
deren Bischof im J. 411 erwahnt wird (coll. Carth. 
1 126). Als Belalitanus bezeichnet sich ein Priester 
der Caelestis, CIL VIII 1360. [Dessau.] 

Belalus, eine sonst vOllig unbekannte Ort- 
schaft sfldlich vom kaspischen Meere , etwa im 50 
anarischen Teile von Atropatene, Geogr. Rav. II 8 ; 
etwa syrisch B6-Lales? [Tomaschek.] 

Belas (BskSg), Castell in Dardania, Procop. 
de aedif. IV 4 p. 281, 11. [Tomaschek.] 

Belates (Lapithe bei Ovid. met. XII 255) s. 
Pelates. [Hoefer.] 

Belatucadrus (-os) , brittischer Kriegsgott 
(Mars), auf zahlreichen in verschiedenen Gegenden 
Britanniens gefundenen Inschriften genannt. Be- 
latucadrus z. B. CIL VII 369. Eph. epigr. VTI 60 
965; dew Belatucadrus CLL VII 294. 295. 333. 
745. 873. 934. 935. Eph. epigr. HI 84. 85 (= 
Brnce Lapid. sept. p. 412 nr. 806. 807); deus 
sanetus Belatucadrus (oder B. sanetus) CLL VII 
314. 337. 874. Eph. epigr. Ill 92; deus Mars 
Belatucadrus CIL VII 318. 746. 885 (?). 957. 
Eph. epigr. VII 1084 (vgl. 953 Deo Blatumiro. 
1053 Baliticauro ?). Unecht die Inschrift Eph. 



epigr. VII 1186. Hubner Westd. Zeitschr. HI 
124. Holder Altkelt. Sprachschatz s. v. Glflck 
Kelt. Namen 6. 52 ; Eenos etc. 21. 25 (bei kymr. 
— bellum, kadr kymr. = pulcher, vgl. die Eigen- 
namen Belatullus und Belatumara, Zeugnisse auf 
Inschriften bei Holder). [Ihm.] 

Belbina (Belfitva, Theognost. in Cramer Anecd. 
Oxon. II 100, 32f.). 1) Kleine Insel, 22 km. siid- 
siidwestlich von Cap Sunion am Ein gang des sa- 
ronischen Meerbusens gelegen, 5 km. lang, 2 km. 
breit (iiber das Areal s. Petermanns Mitteil. Er- 
ganzungsh. 101, 34). Die Insel wird von einem 
einzigen, aus Thon- und Glimmerschiefer bestehen- 
den Bergriicken gebildet, dessen Gipfel nach der 
franzflsischen Karte Bl. 14 820 m. (?), nach dem 
Mediterranean Pilot IV 34 329 m. erreicht. An 
den Abhangen erkennt man noch uberall die an- 
tiken Terrassen, ein Beweis sorgfaltigen Anbaues ; 
auch von dem gleichnamigen , von Skyl. 51 er- 
wahnten Stadtchen sind noch Spuren vorhanden. 
Herod. VHI 125 (vgl. Bahrz. St.) nennt die 
Insel als Beispiel eines winzigen Gemeinwesens 
(Ethn. Be^m'trjg, bei Steph. Byz. Belpivtjztjg)-, 
als solches gehorte sie dem attischen Seebunde 
an, s. CIA I 37 (01. 88, 4). Boeckh Staatshaus- 
haltung ins 365. 430. Sonst wird die Insel noch 
von Artemidor bei Steph. Byz. Strab. VLTI 375. 
IX 398. Plin. n. h. IV 57 erwahnt. Jetzt heisst 
die Insel H. Georgios oder S. Giorgio d'Arbore 
und enthalt nur ein einziges Geheft. Eoss In- 
selreisen 14. II 172f. Bursian Geogr. II 476. 

2) Stadt im oberen Eurotasthale, deren Name 
in verschiedenen Formen uberliefert ist. Sie lag 
100 Stadien von Pellana aufwiirts, Paus. Ill 21, 3 
(Befefilva), und gehorte wahrscheinlich zur lako- 
nischen Tripolis (s. d.). Bar Gebiet (Btluivattg 
Pol. II 54, 3; Bh/Mvang Strab. VLTI 343; ager 
Belbinates Liv. XXXVIII 34, 8) war die wasser- 
reichste Strecke Lakoniens (Paus. a. a. O.), soil 
aber urspriinglich zu Arkadien gehOrt haben, Paus. 
VIII 35, 4. Zur Zeit Philipps II. kam es aus 
dem spartanischen Besitz an Megalopolis (Liv. a. 
a. O.), zu dessen Grundung die Einwohnerschaft 
von B. nach Paus. VIII 27, 3, wo unter Bleviva 
(in der Aigytis) wohl dieselbe Stadt zu verstehen 
ist, ebenfalls herangezogen worden zu sein scheint. 
Unter Kleomenes III. wurde sie wieder von Sparta 
aus besetzt (Plut. Kleom. 4 [BeXfiira]. Pol. a. a, O.), 
aber durch Philopoimen im J. 189 v. Chr. an 
Megalopolis zuriickgegeben, Liv. a. a. O. In der 
Kaiserzeit gehorte sie wieder zu Lakonien, Paus. 
aa. OO. Ptol. Ill 14, 43 (16, 22 BUuiva, s. C. 
Miiller z. St.). Steph. Byz. s. BiXfitva. Hesych. 
s. Bekfit'va. Hire Ruin en glaubt man beim Dorfe 
Petrina am Berge Chelmos gefunden zu haben. 
Leake MoreaIII20; Pelop. 203. 234. 237. 366. 
Curtius Pelop. I 337. II 257. 320. Bursian 
Geogr. II 113. 

3) S. Bembina. [Oberhummer.] 
Belca, Ort in Gallia Lugudunensis an der von 

Augustodunum nach Cenabum (Orleans) fuhrenden 
Strasse, 22 Millien von letzterem entfernt (Itin. 
Ant. 367. Tab. Pent.). Nach d' An ville (Notice 
146) das heutige Boazi, Welches im Mittelalter 
Belciacum geheissen haben soil. Desjardins 
Table de Peutinger 33. Vgl. Holder Altkelt. 
Sprachschatz s. Belca und Belciaco. [Thm.] 
Belcae. 1) Gesamtbezeichnung der skythi- 



199 



Beldalin 



Belenus 



200 



201 



Belephantes 



Beletaras 



202 



schen Volker, Mela III 36; aus III 57 Thyle Bel- 
carum Utori adposita est ergiebt sich, dass hier 
unter Skythen die Bewohner der britannischen 
Inseln zu verstehen sind; die Nachricht geht wohl 
auf Pytheas zurilck. [Tomaschek.] 

2) Auson. ord. urb. nob. 114f. (p. 151 Peiper) in- 
teriusque premunt Aquitaniea rura Cebmnae us- 
que in Teutosagos paganaque nomina Belcas (Var. 
Belcos). Gemeint sind die Vbloae (s, d.) und Tecto- 
sagen. Holder Altkelt. Sprachschatz s. v. [Ilim.] 

Beldalin , ein nor voni Geogr. Rav. 312, 1 
zwischen Gracurris und Ercavica genannter Ort 
in Hispania Tarraconensis ; die Form ist sicber 
nicht richtig iiberliefert. [Htibner.] 

Belebatos (BsXefiaxog), nach Hesych. o xov 
ixvoo; (A. Heringa: xoqoek) aoxyg bei den 
Babyloniem, vielleicht = dem von den Chaldae- 
ern AeXeyaz (Hesych s. v.) genannten Stern, mit 
der von Ahrens (Dial. dor. 81) nachgewiesenen 
Vertauschung von d und /J. [TumpeL] 

Beledina (Bskediva), Castell in der byzanti- 
nischen Provinz Thrake, von Iustinian I. angelegt, 
Procop. aed. IV 11 p. 308 Bonn. [Oberhummer.] 

Beledonlij BsXt/Sovioi pffoos jiag' 'Qxsavw 
Steph. Byz. (erwahnt von Parthenios). Vielleicht 
identisch mit den Belendi des Plinius (s. d.). flhm.] 

Beleia (Itin. Ant. 454, 8; BiXsia bei Ptol. 
II 6, 62; Bdegia beim Geogr. Rav. 318, 7), 
Stadt der Edetaner (Ptol. a. a. 0.) in Hispania 
Tarraconensis an der Strasse von Asturica nach 
Burdigala, zwischen Deobriga und Suessatium. 
Nicht verschieden davon sind wahrscheinlich des 
Plinius zum Conventus von Clunia gehOrige Velien- 
ses (III 26) sowie die Stadt der Carister OvsXeia 
bei Ptol. II 6, 64 und Veleia in der Notit. dign. 
oce. XLII 32. Die Lage ist noch nieht ermittelt; 
Guerra (Discurso a Saavedra 88) setzt sie in die 
Nahe von Estavillo bei Quintanilla und Rivabel- 
losa. Der alte Name hangt vielleicht zusammen 
mit dem Volk der Belli (s. d.). [Hiibner.] 

Beleia (Gen. BeXtjXag), eine als EimoQia be- 
zeichnete Gottin, die mit unbekannten ihr zuge- 
hSrigen ,anderen GOttern' zusammen einen vpvrj- 
xr\s hatte und von ihren Orgeonen zusammen mit 
Aphrodite und der Svoia &eos zjir Kaiserzeit ver- 
ehrt wurde, CIA III 1280 a (Hydraiika). G. 
Hirschfeld S.-Ber. Sachs. Ges. d. W. 1878, 27, 42. 

[TumpeL] 

Belemina (BsXtfilva) s. Be lb in a Nr. 2. 

Belenatensis mons bei Greg. Tur. in glor. 
confess. 5. Abznleiten von dem keltischen Bele- 
nus. Der Name scheint erhalten in Saint-Bonnet 
(Puy-de-Dflme). Longnon Geogr. de la Gaule 
an VI e siecle 491. Holder Altkelt. Sprachschatz 
s. Belenos Sp. 373. [Ihm.] 

Belendi , Volk in Aquitaniea bei Plin. n. h. 
IV 108. Vielleicht identisch die BeXnSortoi bei 
Steph. Byz. Vgl. Desjardins Geogr. de la 
Gaule II 371. 374f. Holder Altkelt. Sprach- 
schatz s. v. [Dan.] 

Belenus (seltener, aber verhaltnismassig haufig 
auf Inschriften Bdinus), keltischer Gott, der zur 
Zeit des Verfalls der rflmischen Religion grosse 
Verehrung genoss. Tertullian apol. 24 und ad 
flat. DI 8 bezeichnet ihn als einen speciellen Gott 
von Noricum, und eine der ziemlich zahlreichen 
Dischriften ist auch im Gebiete von Noricum ge- 
funden worden (CIL DII 4774 Belino Aug. sac., 



bei Klagenfurt). Die Mehrzahl der Inschriften 
stammt aus Aquileia und Umgebung, wo in dem 
Ort Beligna der Name des Gottes fortzuleben 
scheint (OIL V 732—734 736—755. 8212; dazu 
neuere Punde im Archeografo Triestino XX 1894 
—1895 p. 189 nr. 44f., vgl. Cagnat Revue ar- 
ch eol. 3. ser. XXVII 131); und dass hier beson- 
derer Grand zu seiner Verehrung vorhanden war, 
erhellt aus den Zeugnissen Herodian. VIII 3, 8 

10 und Hist. Aug. Maximini duo 22. Maximinus be- 
lagerte Aquileia, und als die Stadt bereits auf 
dem Punkte stand sich zu iibergeben, wussten die 
Befehlshaber den Mut der Bewohner zu beleben, 
indem sie die Hiilfe ihres Schutzgottes (xov hu- 
X<oqiov &eov) B. in Aussicht stellten; wirklich 
behaupteten nachher die Soldaten Maximins, das 
Bildnis des Gottes in der Luft sich am Kampfe 
beteiligend gesehen zu haben (auf einer der 
neuen Inschriften wird der Gott defensor Aug. 

20 genannt). Aus diesem Bericht sehen wir zugleich, 
dass der Gott dem Apollon verglichen war (Bi- 
Xsvov 8h xaX<yS<si xovxov, osflovoi xs vjitgqrvwg 
'An6XXa>va slvai s&sXovtss Herodian. a. O.), was 
dureh einen Teil der Inschriften (Apollini Be- 
leno oder Apollini Beleno Augusto) bestatigt 
wird (die Zeugnisse vollstandig bei Holder Alt- 
keltischer Sprachschatz s. Belenos; vgl. beson- 
ders auch CIL V 741, wonach dem Apollo Be- 
lenus Augustus ein signum Oupidinis geweiht 

80 wurde). Wie gross die Verehrung war, die der 
Gott in jener Gegend in spaterer Zeit genoss, be- 
weist die Dedication der Kaiser Diocletian und 
Maximian CIL V 732 [Apollini] Beleno [impera- 
torjes Caesares [C. Aur. Val. Dijocletianus et 
[M. Aur. Val. M]ammianus [p. f. invictji 
Augg.f. . . . .] dedicaverunt (vgl. nr. 803, von den- 
selben Kaisern Deo Soli gewidmet). Da auch 
Dedicationen an den Fans Bel(eni) erscheinen 
(CIL V 754 add. 755, vgl. 8250), so ist die An- 

40 nahme wahrscheinlich, dass er auch als Gott einer 
Heilquelle verehrt wurde, wozu seine Identiflcie- 
rung mit Apollon gut passt. Ein Hauptkultort 
des Gottes war jedenfalls Aquileia und Umgebung, 
aber wir durfen kaum annehmen, dass wir es ledig- 
lich mit einer Localgottheit zu thun haben, deren 
Kult sich von hier aus verbreitet hatte. Eine In- 
schrift bezeugt einen Tempel des Gottes in Iulium 
Carnicum (Zuglio) CIL V 1829 aedem Belini 
[su]a pe&unia refecere et [clujpea inaurata in 

50 fastigio V et stgna duo dedere; wir finden De- 
dicationen an ihn in Concordia V 1826 M. Por- 
efius) Tertius Belfeno) Augus(U) ?) Concord., in 
Altinum V2143 L. AquUius Narcissw August(a- 
lis) Belfeno) v. s. (vgl. dazu die Anmerkung 
Mommsens und nr. 745, wo der Dedicant sich 
als domu Altinas bezeichnet), in Venedig V 2144 
— 2146 (aus Aquileia verschleppt ?, s. Maionica 
Xenia Austriaca I 303) : also erstreckt sich seine 
Verehrung auf Venetien und jenes ganze Cstliche 

60 Alpengebiet, sicherlich auch auf Noricum, wie das 
nicht anfechtbare Zeugnis des Tertullian nnd 
die oben angefflhrte Inschrift beweisen. Weitere 
Spuren auf italischem Boden finden wir in Rimini 

CIL XI 353 Belenfo) v. s., in Rom CIL VI 

2800 Belinfo] zu Ehren eines Kaisers [Cajes. 
M . . . . (Caracalla oder ein spaterer Kaiser mit 
dem Praenomen Marcus), in Tivoli auf dem Grab- 
epigramm CIL XIV 3535 (= Bucheler AnthoL 



epigr. nr. 879), wo Antinous und Belenus (= Apol- 
lon) in Parallele gestellt sind (die Echtheit der In- 
schrift ist mit Unrecht von Wissowa Roschers 
Lex. d. Myth. I 756 und Holder a. O. Sp. 373 
bezweifelt worden). An diese Orte kann die Kunde 
des Gottes von Oberitalien aus gelangt sein. Anders 
steht es mit den Spuren der Verehrung des Gottes 
im sudlichen Gallien. Wir haben hier zunachst 
das Zeugnis des Ausonius, welcher (prof. X 17ff. 



der angeblich 325/24 von der babylonischen Prie- 
sterschaft Alesandros d. Gr. entgegengeschickten 
Gesandtschaft, welche ihn warnen sollte, die Stadt 
zu betreten, in der ihn der Tod erwarte. Diod. 
XVn 112. [Baumstark.] 

Belesami s. Belisama Nr. 2. 

Belesasenses, Einwohner einer Stadt Numi- 
diens, deren Bischof im J. 482 erwahnt wird (No- 
titia episcoporum provinciae Numidiae nr. 106, in 



undrV7ff.) den aus Burdigala stammenden Phoe- 10 Halms Victor Vitensis p. 66). [Dessau.] 



bicius als Beleni aedituus bezeichnet und von 
Attius Patera bemerkt Beleni sacratv/m ducis e 
templo genus. Mommsen (zu CIL V 732) ver- 
wirft unter Zustimmung von W issowa dies Zeug- 
nis, indem Ausonius einfach aus gelehrter Spielerei 
den entlegenen Namen B. statt Apollon gebrauche. 
Der Name B. war aber in Gallien sehr bekannt. 
Das beweisen die Namen Belenius (ein Beispiel 
dieses Namens bietet auch die Veroneser Basis 



Belesibiblada {BrjXeal BiflXdda. Isidor. Charac. 
bei Mii Her Geogr. gr. min. H 248; var. Bt]Xst 
otCifSXada) , Stadt Mesopotamiens am Euphrat, 
unterhalb der Miindung des Chaboras; vielleicht 
das heutige Bulak. [Benzinger.] 

Belestis, Gottheit auf der Inschrift CIL III 
4773: Belesti Augfustae?) T. Tapponius Maeri- 
nus et luiia SexftiJ l(iberta) Cara cum suis v. 
s. I. m. Der Stein beflndet sich als Opferstock 



CIL V 735 add. = Kaibel IGI 2341 B£A£NJ20im Wegkreuz unter der Passhohe auf dem Berg 

VATDe „ IT«lJ rt - „ n ™ D_1' TJ" J. J T Jll LJ fll T 1 Jl //l T7-.. .1 X 



XAIP&, s. Holder a. O. s. BeXeviog ,Priester des 
Belenos?'), Belenia, Belenos, Belena (auf galli- 
schen Mfinzen), Bellinus, Bellina (die Zeugnisse 
bei Holder s. v.), der Belenatensis mons (s. d.), 
Beleno eastro (s. Holder) u. a. Die Verehrung 
des Gottes bezeugen ferner einige Inschriften: 
CIL XII 401 (= Bull, epigr. V 294, .Vallee de 
l'Huveaune') Bellifno] T. Atil(ius) Servatus v. s. 
I. m. (vgl. XII 400 Deo Apollini). CIL XII 5958 



Loibl bei St. Leonhard (Grenze von Kamthen und 
Krain). [Him.] 

Belesys (BiXeovg). 1) In der ktesianischen 
und den von dieser abhangigen jfingeren griechi- 
schen Darstellungen der assyrisch-babylonischen 
Geschichte ein Chaldaer, Oberpriester und oxqol- 
rtjyog (Diod.) oder aq^cav (Nicol. Damasc.) von 
Babylon unter Sardanapal. Im Traume sieht er 
die kiinftige GrOsse des Meders Arbakes, stachelt 



(aus Narbo) = Sacaze Inscr. ant. des Pyrene'es 30 diesen zur EmpSrung gegen den gemeinsamen 



nr. 2 Beleno C. Turpio v. s. I. Jullian Bull, 
epigr. VI 182 (im Museum von Clermont) Iul. 
Paulin. T. f. Allia Laineni uxor Belino d. d. 
Hierzu kame noch die Aufschrift einer Gemme 
BHAHNOC CIL XII 5693, 12 (,onyx a eoueke 
blanche sur fond now 1 , dargestellt ,vieillard a 
longue barbe coiffe d'une mitre surmontee de 
deux etoiles et drape d'un manteau orne de cinq 
autres etoUes 1 ), deren Echtheit nicht ganz so 



Oberfeldherrn in Ninive auf und unterstiitzt ihn 
thatig bei derselben. Nach dem Palle des assy- 
rischen Reiches wird er von Arbakes mit der 
Herrschaft iiber Babylonien belohnt. Nicol. Da- 
masc. frg. 9 (exc. de insid.) nach Ktesias, Diod. 
n 23ff. durch Vermittelung des Agatharchides 
(vgl. MarquaTt Die Assyriaka des Ktesias, Philol. 
Suppl. VI- 515ff.) nach Ktesias und einer jiingeren 
Quelle (Duris? vgl. Athen. XII 529a. Mar- 



zweifellos scheint, wie behauptet wird. Wir durfen 40 quart a. a. 0. 550ff.) und Agath. DI 63d nach 



also den Kult des Gottes nicht auf Venetien be- 
schranken; dass in Gallien bis jetzt verhaltnis- 
massig wenige Denkmaler aufgetaucht sind, braucht 
nicht zu befremden; weitere Funde sind ja nicht 
ausgeschlossen (Jullian Bull, epigr. VI 181f.). 
Die Inschriften lassen sich meist nicht genauer da- 
tieren; die von Aquileia scheinen fast samtlich der 
spateren Zeit (2. — 4. Jhdt.) anzugehoren. Die Deu- 
tung des Namens ist strittig. Nach d'Arbois 



Alexandros Polyhistor und Bion von Soloi. 

2) Persischer Satrap von Syrien und Assyrien 
unter Artaxerxes II. Makrocheir. Seine in der 
Nahe der Quellen des Dardes gelegenen fiaoileta 
warden durch das Heer des jiingeren Kyros zer- 
st6rt. Xen. anab. I 4, 10. VII 8, 25. 

3) Persischer Satrap von Syrien unter Arta- 
xerses HI. Ochos. Zusammen mit Mazaios, dem 
Satrapen von Kilikien, kampfte er 351/50 gegen 



de Jubainville (s. Holder a. O.) bedeutet er 50 die aufstandischen Phoinikier, wurde aber von 



,brillant, resplendissant, ardent' ; er gilt gemein- 
hin als der keltische Sonnengott. Vgl. Mone 
Geschichte des Heidentums im nOrdl. Europa n 
416. J. Becker Annalen des Vereins f. Nass. 
Altertumsk. IV 365ff. Grimm Deutsche Mvth.4 
510. H. Muller Rhein. Jahrb. XXXHI/XXXIV 
68ff. Gluck Renos 21. d'Arbois de Jubain- 
ville Rev. arch. XIV 1873, 197ff. Preller Rom. 
Myth. 13 270. 312. Friedlander Sittengesch. 



dem sidonischen KOnig Tennes geschlagen. Diod. 
XVI 42. [Baumstark.] 

Beletaras. 1) BsXtjiaQae (Agath. H 63 c; Be- 
Xnaoav Sync. 359 c ; Beltxava Phot. cod. 72, 21 ; 
BaXaxogrjs Euseb. chron. I 65. Sync. 147 a. Xqo- 
voyf>. avvxoft. ; BaXejidgr/s Euseb. chron. H 36 
[Hieronym. Bellepares] nnd die Vorlage der Araber 
Al-Ia'qubi ed. Houtsma 91 und Al-Ma'sudi ed. Mey- 
nard-Courteille I 98 und des Syrers Bar-Hebraeus, 



His 581. Wissowa in Roschers Lex. I 755f.60Hist. dyn. ed. Pococke 38; Belleroparus Exc. lat. 



Vaglieri in Ruggieros Dizionario I 985f. Des 
jardins Geogr. de la Gaule II 508ff. Schaaff- 
h aus en Rhein. Jahrb. LXXXVI 77. Die In- 
schriften an den B. bespricht neuerdings auch 
Allmer Revue epigr. 1895, 360ff. 372ff. (unter 
nr. 1126 und 1133). Mit dem keltischen AbeUio 
hat B. nichts zn thun. [Ihm.] 

Belephantes (BeXsfpavzti?), Babylonier, Fuhrer 



barb, bei F rick Chronica minora 1282), dernenn- 
zehnte AssyrerkOnig der nach Ktesias und einer 
hellenistischen Quelle gearbeiteten assyrischen Ko- 
nigsliste des Kastor, die bei den christlichen Chro- 
nographen zu Grunde liegt. Nach Alexandres Po- 
lyhistor und Bion von Soloi bei Agath. a. a. O. 
Sync. 359 c ist er ursprunglich Aufseher der kO- 
niglichen Garten und erlangt — vermutlich mit 



203 



Beleus 



Belgae 



204 



der Hand von dessen Tochter Atossa (vgl. v. G u t- 
schmid Kl. Schriften II 104) — an Stelle des 
letzten mannlichen Nachkommen des Ninos und 
der Semiramis die kOnigliche Wtiide. Diese Er- 
zahlung stammt wahrscheinlich nicht, wie Bran- 
dis Eegum Assyriorum tempoia emendata, Bonn 
1858, 11 mid Mar quart Die Assyriaka des Ktesias, 
Philol.Suppl.VI 573ff. annimmtundNiebuhr Ge- 
scbichte Assurs und Babels seit Phul, Berlin 1857, 
306ff. wenigstens anzutiehmen geneigt ist, schon 
von Ktesias, sondern erst aus hellenistischer Zeit. 
Dagegen erwahnt Ktesias bei Phot. a. a. 0. das 
von Diod. XVIII 112. Strab. XVI 738. Ael. v. 
h. XIII 3 als Grab des Belos bezeichnete Bau- 
werk in Babylon als Grab des B. 

2) BsXixaoag , Diener der Parysatis , dessen 
Hfllfe sie sich bei der Vergiftung der Stateira 
bediente. Ktesias bei Plut. Artax. 19. 

[Baumstark.] 

Beleus. 1) BeXsovg, letzter Konig von Assy- 
rien aus dem Stamme des Ninos und der Semi- 
ramis, in dessen Diensten der spatere TJsurpator 
Beletaras, Sardanapals Abnherr, Hofgartner "war : 
Bion v. Soloi frg. 6 und Alex. Polyhist. frg. 1 
aus Synkellos I 676 B und Agathias II 25, FHG 
IV 351, 6 und III 210, If. Er ist der Belochos 
des Synkellos; vgl. Belos Nr. 3. 

2) BrjXsvg, dorisch fur 'HXsvg, d. i. 'HXeTog; 
Sohn des Poseidon , eponymer KOnig von Elis, 
Leandros im Etym. M. 426, 12ff. ; vgl. Ahrens 
Dial. dor. 44if. [Tumpel.] 

Belfra s. Beltra. 

Belgae {BsXyixoi bei Dio XXXIX 1. XL 42, 
Adi. Belgicus Verg. georg. Ill 204 dazu Serv. 
Propert. V 10, 40. Plin. n. h. XVI 161. Sil. X 
77 u. &.), nach Caesar b. g. I 1 (vgl. II 1. Strab. 
IV 176. Plut. Caes. 20. Amm. Marc. XV 11, 1. 
Oros. VI 7, 11 aus Caes.) der dritte Teil der gal- 
lischen BevOlkerung, von den Celtae (Galli) ge- 
schieden durch Sequana und Matrona (Auson. Mos. 
462). Ihr Gebiet erstreckte sich nSrdlich und 
Ostlich bis an die Nordsee und den Bhein (Caes. 
b. g. I 1. Strab. IV 191. 194. Mela in 20; vgl. 
Dio XXXIX 1. Plin. n. h. IV 105; fiber Strab. 
IV 196 s. u.). Die stidlichen Grenzen lassen sich 
fur Caesar nicht genauer bestim'men (Zeuss Die 
Deutschen 186ff.), ob er die Mediomatrici, Leuci 
und Treveri zu den Belgen rechnet oder zu den 
Galli, lasst sich mit Sicherheit nicht ausmachen 
(Zeuss 187); die Sitze der Volker, die sicher als 
Belgen gelten konnen (s. u.), fallen in den Strich 
zwischen Sequana, Matrona, Arduennawald, Nie- 
derrhein und Nordsee. "Was die Abstammung der 
B. anlangt, so erfuhr Caesar, als er beim Aus- 
bruch des belgischen Krieges zu den Kemi kam 
und sich uber die BelgenvOlker erkundigte, pleros- 
que Belgas esse ortos a Germanis, sie seien vor 
alters uber den Rhein hergekommen und hatten 
sich in den fruchtbaren Gegenden, aus denen sie 
die Gallier vertrieben, niedergelassen (vgl. Tac. 
Germ. 2); sie seien die einzigen gewesen, die dem 
Andrang der Cimbern und Teutonen widerstanden 
hatten (b. g. II 4. Mommsen E. G. lis 183). 
Damit steht im Widerspruch (s. Zeuss a. O. 190) 
die Angabe (b. g. II 29), die Aduatuci, die mitten 
unter den Belgen wohnten, seien AbkOinmlinge der 
Cimbern und Teutonen gewesen, von denen eine 
Abteilung von 6000 Mann sich feste Sitze unter 



den B. erkampft hatte. Zeuss verweist daher die 
Nachricht von der germanischen Abstammung der 
B. in das Keich der Fabel. Zur Zeit Caesars 
waren die B. jedenfalls keine Germanen, ihre 
Sprache kann, wie die Namen beweisen, sich nicht 
sehr erheblich. von der keltischen unterschieden 
haben, wenn auch Caes. I 1 sagt, die Aquitanier, 
Kelten und Belgen hatten sich wie in Gesetzen 
und Sitten so auch noch durch ihre Sprache unter- 

10 schieden (vgl. die genauere Angabe Strab. IV 176 
ol (ikv drj XQi%fj diiJQOvv 'Axvixavovg xal BiXyae 
xaXovvxsg xal KsXxag • xovg ftsv 'Axvixavovg xsXscog 
egrjXXay/j.svovg ov xfj yXoixxrj [tovov aXXa xal zotg 
ocb/taoi, sfitpsQsig "Ifttjooi fiSXXov r) TaXdxaig, xovg 
8s Xouiovg raXaxixovg [liv xtjv oy>iv, Sjj-oyXmxxovg 
<5* ov Tidvxag , <UA' sviovg jmxqov itaQaXXaxxovxag 
xatg yXwxxaig ■ xai itoXixsta ds xal ol plot uixqov 
sSgrjXXay/tsvoi elaiv). Bei Kelten und Belgen zeigen 
sich dieselben StammwOrter und dieselben Na- 

20 men, z. B. Divitiacus Konig der Suessiones (b. g. 
II 4) und Divitiacus ein Aeduer (II 5), Mediola- 
nium in Belgien und in Gallia cisalpina u. s. w. 
(Zeuss a. O. 189). ,Auch zugegeben, Germanen 
waren schon friihe tiber den Rhein gegangen und 
hatten sich auf seinem Westufer niedergelassen, 
so ging ja nach Caesars Nachrichten selbst die 
Mischung nicht durch die ganze Masse des Volkes, 
welche der Name Belgen umfasst, so dass man 
dessen Entstehung eben aus dieser Mischung ab- 

30 leiten konnte, sondern beschrankte sich auf die 
Ostlich en Gegenden, wahrend der Kern des bei 
gischen Zweiges und seine Hauptmacht gerade 
nicht im Osten sondern im Westen lag, bei den 
Bellovaken und ihren Nachbarn'. Diese Gegen- 
den heissen daher bei Caesar vorzugsweise.Bei!<jriK»j, 
eine Bezeichnung, die ausser bei Caesar (b. g. V 
12. 24. 25. Hirt. VIII 46. 49. 54; bei Dio XXXIX 
50 BeXyixrf) auch auf einer Inschrift nachgewiesen 
ist (aus St. Pierre-les-Eglises bei Chauvigny, 

40Vienne, Espdrandieu Epigraphie du Poitou et 
de la Saintonge p. 236 nr. 82 . . . . Anextlo . . . 
in Belgio . . . sororis f. [. . . AJnextli patris, vgl. 
R. Mow at Notice epigraphique [Paris 1887] 59). 
Von diesem engeren Bereich scheint dann der 
Belgenname auch auf andere Stamme ausgedehnt 
worden zu sein (Holder Altkelt. Sprachseh. s. 
Belgium. Much Deutsche Stammsitze 159). Die 
B. galten unter den Galliern als die tapfersten, 
Caes. b. g. I 1 propterea quod a cultu atque 

50 humanitate provincial longissime absunt mini- 
meque ad eos mereatores saepe corrvmcant atque 
ea quae adeffeminandos animos pertinent, impor- 
tant, proximique sunt Qermanis qui trans Rhe- 
num ineolunt, quibuscum contincnter helium ge- 
runt (vgl. Hirt. VIII 54. Strab. IV 196. Amm. 
Marc. XV 11, 4 aus Caes.); sie konnten 300000 
Bewaffnete ins Feld stellen (Strab. IV 196). Sie 
leisteten Caesar den gro'ssten Widerstand (Des- 
jardins G6ogr. de la Gaule II 623ff.). Im J. 57 

60 unternahm er die belgische Expedition, die mit der 
Unterwerfung der B. endigte (Mommsen B. G. 
IH8 259ff.). An dem allgemeinen Gallieraufstand 
(52) beteiligten sie sich gleichfalls (Mommsen 
a, O. 2861T.). Aber auch 51 waren sie nicht vOllig 
zur Ruhe gebracht. Im J. 46 empOrten sich die 
Bellovaci (Liv. epit. 117), die kriegerischsten unter 
den Belgen (Caes. b. g. II 4. Hirt. VEI 6. Strab. 
IV 196). Organisiert wurden die gallischen Er- 



205 



Belgae 



Belgae 



206 



oberungen Caesars erst unter Augustus (Mar- 
quardt St.-V. 12 264. Schiller Gesch. d. r6m. 
Kais. I 209ff.). An dem Gallieraufstand unter 
Tiberius waren auch B. beteiligt (Tac. ann. Ill 
40. Schiller a. O. I 282). Die weiteren Schrift- 
stellerzeugnisse bei Holder a. 0. s. Belgae. B. 
im rOmischen Heere der Kaiserzeit (coh. Belgarum) 
werden auf den Inschriften mehrfach genannt 
(Holder a. 0. Sp. 378. Ruggiero Dizionario 

I 986f.; vgl. Tac. hist. IV 17. 20). 

Caesar kennt keine bestimmte Zahl von Volker- 
schaften in Belgien. Ausdrucklich als B. be- 
zeichnet er die Remi (H 3. Ill 11), Nervii (H 
4. 19) und Bellovaci (II 4. Hirt. VIH 6; diese 
nennt als die tapfersten auch Strabon IV 196, nach 
ihnen die Suessiones). Dann gehoren nach ihm (vgl. 

II 3. 4) zu ihnen die Suessiones, Atrebates, Am- 
biani, Morini, Menapii, Caleti, Veliocasses, Viro- 
mandui, Aduatuci, Condrusi, Eburones, Caerosi, Pae- 



(Germ. inf. u. sup.), wahrend Veliocasses, Caleti, 
Veneti, Osismii zu Gallia Lugud. gehOren (IV 107). 
Die beiden Germanien scheidet er noch nicht von 
der Provinz, und auch Ptolemaios (II 9) bespricht 
sie in dem Kapitel uber Belgica (vgl. II 7, 1 f\ 

KeXxoyaXaxia SijjQtjxai etg sjiao%ias zeooaoag/Axovt- 
xavfav xal Aovydovvrjm'av xal BeXytxfjv xal Nag- 
fSwvrjoiav, auch Dio LIII 12). Die Vo'lker, die 
Ptolemaios zwischen Seine und Rhein aufzahlt, 
10 sind folgende: Atrebates, Bellovaci, Ambiani, Mo- 
rini, Tungri, Menapii, Nervii, Subanecti, Viro- 
mandui, Suessones, Remi, Treveri, Mediomatrici, 
Leuci (dazu die Volker von Germ. inf. und sup., 
s. die betreffenden Artikel. Desjardins Gengr. 
ILT 448ff.). Als Grenzen der neu eingerichteten 
Provinz Belgica, die bei Schriftstellern und auf 
Inschriften noch mehrfach erwahnt wird (Plin. 
n. h. I aus B. IV. VII 76 Be/gicae GaUiae. XV 
103 in Belgica. XXXVI 159. Tac. ann. XIII 53; 



mani (oder Caemani), ferner (VI 32) Segni (Segni 20 hist. I 59. CTCr 4011. CIL n 4114. HI 1017 u. s. w., 



Condrusique ex gente et numero Germanoritm) 
Strabon IV 196 giebt die Zahl der belgischen 
VoTkerschaften auf 15 an, und diese 15, deren 
genaue Aufzahlung Strabon unterlasst, sucht Des- 
jardins (Geogr. de la Gaule II 427ff.) auch fiir 
Caesar herzustellen, indem er Eburones und Adua- 
tici (spater Tungri) als ein Volk fasst, die Con- 
drusi, Segni, Caerosi und Paemani weglasst und 
Treveri (diese bezeichnet Mela III 20 als elaris- 



die Zeugnisse vollstandig bei Holder Altkelt. 
Sprachseh. s. Belgae Sp. 379£f.), ergeben sich also 
im Westen die Seine und Sa6ne, im Norden die 
Nordsee, im Osten der Rhein von der Miindung 
bis zum Bodensee. Ihr sfidlichstes Gebiet um- 
fasste den westlichen Teil der Schweiz , in dem 
bereits im J. 43 v. Chr. zwei Colonien (Colonia 
Equestris und Colonia Raurica) angelegt waren. 
Die Residenz des Statthalters der Provinz war 



simi Belgarum), Mediomatrici und Leuci hinzu- 30 Durocortorum (Strab. IV 194. Marquardt St.-V. 



fiigt, wahrend Strab. IV 193—196 bunt durch- 
einander aufzahlt Leuci, Mediomatrici, Treveri, 
Nervii, Senones (diese Nachbarn der Belgier, Caes. 
b. g. II 2), Remi, Atrebatii, Eburones, Menapii, 
Morini, Bellovaci, Ambiani, Suessiones, Caleti und 
zu den Belgen ferner die zu Gallia Lugud. ge- 
horigen Veneti und Osismii rechnet. Funfzehn 
Volker kftnnte man also, wenn man von' den Se- 
nones absieht, aus Strabon herausrechnen. Wenn 



I 2 261ff.; naheres uber die Verwaltung im Artikel 
Gallia; die Legati von Belgica beiLiebenam 
Forschungen zur Verwaltungsgesch. d. rOm. Kaiser- 
reiehs I 71ff. Mommsen Sachs. Ber. IV 1852, 
230ff.). Nach Diocletian ist die Einteilung eine 
andere (Marquardt a. 0. 282). Der eine der 
beiden grossen Landercomplexe, die dioecesis Gal- 
liarum, zerfallt in aeht Provinzen : Belgica prima 
und seeunda, Germania prima und seeunda, 



seine Beschreibung auf der administrativen Ein- 40 Maxima Sequanorum {Sequania) , Lugdunensis 



teilung des Augustus beruhte (IV 177 BsXyag S' 
sXeyov xovg Xomoig xs rcov Jtaocoxsavizcov fAE%Qi 
xmv exftoXaiv xov 'Prjvov xal xivag xd>v jiagoixovv- 
zaiv xov 'Prjvov xal xag "AXjieig . ovxeog. de xai 6 
&eog KaToaQ ev xotg vnofivrjfiaoiv siQrjXsv. 6 8s 
Ssflaaxog KaToaQ xeXQaxrj dieXiov xovg fiiv KsXxag 
xrjg NaQpojvlzidog enapxias ajieqpijvsv, Axvixavovg 
8' ovottsq xdxsTvog, jiqoos&t/xs 8s xeooaosgxaiSsxa 
s&vtj x<bv luxag'v xov ragovva xal xov AslytjQog no- 



prima und seeunda und Alpes Graiae et Poeninae 
(Latere. Veron. VLH p. 249 Seeck, hierzu die Karte 
bei Desjardins Geogr. Ill pi. XIX. Mullen- 
hoff D. Alt. IH 324. Latere. Polem. Silv. II 9 
Belgica prima in qua est Treveris. H 10 Bel- 
gica seeunda de qua transitus Britannorum. 
Amm. Marc. XV 11, 9 post has Belgica prima 
Mediomatricos praetendit et Treviros domicilium 
principum clarum. 11, 10 huic adnexa seeunda 



xap-ov vsjiojisvmv . xijv 8's Xoaxrjv SisXcov 8lya xrjv /isv 50 est Belgica, qua Ambiani sunt, urbs inter alias 



AovySovvci) 3iQood>Qios fis%QC xwv avoa fisoa>v xov 
'Pffvov, xijv 8'e xotg BeXyaig, vgl. IV 191), so kamen 
die Veneti und Osismii in Wegfall. Seine Angabe 
(IV 196), dass die 15 VoTker zwischen Rhein und 
Loire am Ocean wohnten, ist zum mindesten un- 
genau. Doeh scheint daraus hervorzugehen, dass 
seine Beschreibung in ethnographischem Sinne 
aufzufassen ist. Plinius verzeichnet n. h. IV 105. 
106 die Volker der von Augustus eingerichteten 



eminens et Catelauni et Remi. 17, 13 seeundae 
Belgicae. Not. dign. occ. I 46. 73. 74. LTI 19. 
20 u. 0.). Die Not. Gall. V zahlt in provincia 
Belgica prima 4 eivitates auf: metropolis civ. 
Treverorum, civ. Mediomatricum (Mettis), Leu- 
corum (Tullo), Verodunensium, VI in prov. Bel- 
gica seeunda 12 eivitates: metropolis civ. Remo- 
rum, civ. Suessionum, Catalaunorum, Veroman- 
dorum, Atrabatum, Camaracensium, Turna<xn- 



Provinz Belgica (a Scalde ad Sequanam Bel- 60 sium , Silvanectum , Bellovacorum , Ambianen- 



giea). Die meisten der aus Caesar und Strabon 
bekannten Namen kehren bei ihm wieder (Menapii, 
Morini, Ambiani, Bellovaci, Atrebates, Nervii, Viro- 
mandui, Suessiones, Tungri, Leuci, Treveri, Remi, 
Mediomatrici), ausserdem Texuandri, Marsaci, Bri- 
tanni, Bassi, Catuslogi, Suaeuconi, Ulmanectes, 
Sunuci, Frisiavones, Baetasii, Lingones, Sequani, 
Raurici, Helvetii, ferner die Anwohner des Rheins 



sium, Morinum, Bononiensium (L o n g n o n Geogr. 
de la Gaule an Vie siecle 367ff. 390ff.). 

Dass sich die Belgier auf dem Festland fiber 
den von Caesar bezeichneten Umfang ausgebreitet 
hatten, lasst sich nicht nachweisen. Dagegen 
hatte sie ihr Unternehmungsgeist nach Britan- 
nien gefuhrt. Caesar (b. g. II 4) gedenkt des 
Divitiacus, eines der machtigsten KOnige der Sues- 



&\}( 



.Belgica 



Belimos 



208 



siones, dessen Herrschaft sich einst anch iiber 
Britannien erstreckt habe; zu seiner Zeit war nur 
noch der sudliche Teil Britanniens mit B. be- 
yClkert (b. g. V 12 Britanniae pars interior ab 
iis ineolitur, quos natos in insula ipsi memoria 
proditum dicunt, maritima pars ab iis, qui prae- 
dae ae belli inferendi causa ex Belgio transio- 
rant u. s. w., vgl. V 14. V 11). Auch Ptol. II 
3, 13 verzeichnet im Sfiden Britanniens Belyat 
mit den Stadten "loxaXig , "Ydaza fc ef td (Aquae 10 
Sulis, heut Bath), Ovivm {Venta Belgarum das 
heutige Winchester, Itin. Ant. 478. 483. 486. 
Geogr. Rav. V31 Venta Velgarom, vgl. Hiibner 

Zur Deutung des Namens vgl. Holder a. 0. 
Sp. 374. Nach Much Deutsche Stammsitze 171. 
224 bedeutet er nicht sowohl ,die Geschwollenen', 
als ,die Starken' oder ,die Zornigen' (air. bolgaim 
,ich schwelle', ahd. belgan, mhd. bdgen .schwellen', 
,zornig sein'). Vgl. die Namen Belgius (Pomp. 20 
Trog. prol. 24, 7 u. Iustin.), Bolyios (Paus. X 19, 
4._ 7) und die Ortsnamen Belgica (Nr. 2) und Bel- 
ginum. 

Weitere Litteratur: Roulez Melanges de 
philol. fasc. VI 1850 nr. 7. A. G. B. Schayes 
Essai hist, sur les usages, les croyances etc. des 
Beiges anciens et modernes, Louvain 1834; La 
Belgique et leg Pays-Bas avant et pendant la do- 
mination romaine, 2. Aufl. 4 Bde. Bruxelles 1877. 
H. G. Moke La Belgique ancienne et ses origines 30 
gauloises, germaniques et franques, Gand 1855. 
Hettner Zur Kultur in Germanien und Gallia 
Belgica, Westd. Ztschr. n 18ff. [Ihm.] 

Belgica. 1) Die rBmische Provinz B. s. unter 
B e 1 g ae. 

2) Belgica, vims in Gallia Belgica an der 
Heerstrasse Trier -Keln, zwischen Marcomagus 
(Marmagen) und Tolbiacum (Ziilpich), Itin. Ant. 
373; jetzt Billig (Kreis Euskirehen). Vgl. u a 
Rhein.Jahrb.LXXVIII4. LXXVHII15f. flhm.] 40 

3) In Hispania Tarraconensis, s. Vellica. 
Belgici {Bslyixoi) s. Belgae. 
Belgida {BeylSa Diodor XXXI 39; BsXyMt] 

Appian. Hisp. 100; bei Oros. V 23, 11 Belgida), 
Ort der Keltiberer in Hispania Tarraconensis von 
ungewisser Lage. Vgl. Segeda. AuS einer Mosaik- 
inschrift aus Cabeza del Griego ist neuerdings 
Beleilefnsis ajrtifex zum Vorschein gekommen; 
wahrscheinlich ist zu schreiben Belgidensis (Ephem 
epigr. VIII 1896 p. 436). [Hiibner.] 50 

Belginum verzeichnet die Tab. Peut. an der 
Tner-BingenerRomerstrasse zwischen Noviomagus 
(Neumagen) und Dnmnissus (Kirchberg?). Die Be- 
wohner vieani Belg(inatzs) auf der beim stumpfen 
Turm bei Heinzerath (Kr. Bernkastel) gefundenen 
Inschrift, BTambach CIRh. 864 = Wilmanns 
2282: In h(<moremJ d(omus) d(ivinae). Deafe] 
Epon(a)e vieani Belg. p(osuerunt) curante G. Ye- 
lorio Saerillio q(uaestore). P. Hettner Die rOm. 
Steindenkmaler des Provinzialmuseums zu Trier 60 
(1893) nr. 105. Desjardins Table de Peutinger 
18. Sehr zweifelhaft die Ergiinzung [Belg] ini auf 
einer im Luxemburgischen gefundenen Inschrift, 
Villefosse Revue arch. n. s. XXXII 176ff. Rhein. 
Jahrb. LXVH 5. flhrn.] 

Belgites, eine, wie der Name bekundet, kel- 
tische Volkerschaft in Pannonia, Plin. Ill 148. 

[Tomaschek.] 



209 



Belinus 



Beliaarios 



210 



Belgium s. Belgae. 

Belgius (B67.yiog bei Pausanias), Anftthrer der 
keltischen Schar, die 280 v. Chr. in Makedonien 
einbrach. Der Konig Ptolemaios Keraunos zog 
ihm entgegen; B. erbot sich, gegen Zahlung einer 
Geldsnmme den Angriff aufzugeben, ward aber 
von Ptolemaios abgewiesen. Bald darauf kam es 
zur Schlacht, in der Ptolemaios geschlagen ward 
und mit einem grossen Teil seines Heeres zu Grande 
ging. B. iiberzog und pliinderte nunmehr Make- 
donien, bis es dem Sosthenes gelang, ihn durch 
einige gluckliche Waffenthaten zum Abzuge zu 
bringen. Iustin. XXIV 5. Pausan. X 19, 7. Vgl. 
L. Contzen Die Wanderungen der Kelten 190. 
van Gelder Galatarum res in Graeeia et Asia 
gestae 25f. Droysen Gesch. des Hellenism. II 
2, 342f. Miillenhoff Deutsche Altertumsk. II 
269 - [Niese.] 

Belgula s. Bergula. 

Belgynaia (BeXyvvcua), Ort in Arabia deserta 
am Euphrat, Ptol. V 19, 3. [D. H. Mfiller.] 

Beliandrum, Ort in Noricum an der von Viru- 
num naeh Iuvavum (Salzburg) fiihrenden Strasse 
(Tab. Peut. Beliandro), deren Lauf noch nicht 
hinlanglich bestimmt ist. Mommsen CIL III 
P- 622. [Thm.] 

Beliar ist die recipierte Lesart des neuen 
Testaments {2 Corinth. VI 15) fur den eigentlich 
Belial heissenden bosen Geist (BeXlag Sqodkov 
Hesych.); schon von Hieronymus berichtigt (in 
epistolam ad Ephesios IV 27 = Migne VH 511). 
Vgl. Dieterich Nekyia 185. Von Lagarde 
(Abh. Gott. Ges. XXXV 139, 15) erkliirt als 
'?l2?r belcher nicht hinauflasst', also Hellen- 
geist, Unterweltsdaemon. Der Name flndet sich 
inschriftlich auf einem anscheinend verschollenen 
Pectorale des Doms von Monza, das als Amulet 
gilt (CIG 9065 b = IGI 2413, 18). Doch hat 
Garrucci (Civilta cattolica ser. X, VII 197ff.) 
nachgewiesen , dass die Inschrift nur fliichtige 
Copie eines Gedichtes des Gregorios von Nazianz 
ist (III 1399f. nr. 55 Migne), und dass im Urtext 
Belty steht (von Bettys = Belias, wie auch Hip- 
polytos ref. haer. V 26 p. 218, 81 D. S. schreibt, 
wo B. unter den [itjrgixol ayyeXoi des Ketzers 
lustinus erscheint). Aus der Reihe der auf Amu- 
letten genannten Geister ist B. also zu streichen. 

[Riess.l 
Belias (Amm. Marc. XXIII 3, 7) s. Balieha. 
Belibos (BrjXipog Sync. 208 a. 209 d; Br/Xdos 
Sync. 208 d. Elilm-s Euseb. chron. ed. Schone I 
27, assyrisch-babylonisch Bel-ipuseh, wohl rich- 
tigere Lesung als Bel-ibni), ein Chaldaeer am 
assyrischen Kfinigshofe aufgewachsen. Sanherib 
machte ihn 702 v. Chr. zum Konig von Babylon 
unter assyrischer Oberhoheit. Aber, nachdem er 
sich nicht fahig oder nicht willig gezeigt hatte, 
700 erneute Unruhen der Elamiten und Chaldaeer 
ira Sfiden zu ersticken, wurde er schon 699 durch 
Sanheribs Sohn Aschschur-nadin-schum ersetztund 
nach Assyrien weggefuhrt. Babylon. KOnigsliste 
A. Babylon. Chronik B II 19—26. Inschr. Bel- 
Imocylind. 131 = Eb. Schrader Keilschriftliche 
Bibliothek II 114f. 278f. 287. Ptolem. Canon, 
bei Sync. a. a. O. Beros. bei Euseb. a. a. O. 

[Baumstark.] 
Belicenses s. Bellicenses. 
Belimos (Btttftos) bei Kephalion frg. 1 (aus 



Euseb. chron. ed. Schone I 61. Sync. 167 d) un- 
mittelbar nach einer dem Mnaseas verwandten my- 
thographischen Quelle (vgl. Marquart Die As- 
syriakadesKtesias, Philol. Suppl. VI579f.), mittel- 
bar wahrschemlich nach der von Kastor neben 
Ktesias fur seine assyrische KOnigsliste beniitzten 
hellenistischen Geschichtsquelle , assyrischer Ko- 
nig, 640 Jahre junger als Ninos und Semiramis, 
zu dessen Zeit Perseus auf der Flueht vor Dionysos 



aus der Stadt Gennania ,an der Grenze von Thra- 
kien und Illyrien' (Prok. Vand. I 11 p. 361 B.; 
vgl. de aedif. IV 1 p. 267. 4 p. 283), also aus 
derselben Gegend, in welcber auch die Heimat 
Iustinians war. Da in jener Zeit die Kaiser ihre 
Leibgarde hauptsachlich aus ihren Heimatgegen- 
den zu recrutieren pflegten, mag die Landsmann- 
schaft die erste Veranlassung zu dem Verhaltnisse 
B.s zu Iustinian gewesen sein. Es scheint sogar 



mit 100 Schiffen nach Babylonien gekommen sein 10 zwischen dem Peldherrn und dem Kaiser ein eigen- 



soll. In der durch Kastor tiberarbeiteten assyri- 
schen KOnigsliste des Ktesias entspricht der zweite 
Belochos (vgl. Euseb. chron. I 65), bei Agath. II 
63 c. Sync. 359 c nach Bion und Alexandros Po- 
lyhistor Beleus, der hier sogaT vielleicht nur durch 
Verseben statt B. genannt wird. [Baumstark.] 

Belinus s. Belenus. 

Belion s. Limia. 

Belippo s. Baesippo 



ttimliches, durch Schwur besiegeltes Treuverhaltnis 
bestanden zu haben (Prok. Goth. II 29 p. 268). 
Prokop schildert ihn als hoch gewachsen und schOn 
(Goth. Ill 1 p. 281). Sein Geburtsjahr ist un- 
bekannt (Anhaltspunkte geben Prok. Pers. I 12 
p. 59 und Agath. V 16 p. 312 : also etwa 500 
n. Chr.). 

Die ersten Sporen verdiente sich B. ^noch 
unter der Regierung Kaiser lusting, als er und 



Belis, Sohn des Laomedon (identisch mit Ca- 20 Sittas , die beide damals Stellen in der Garde 



tamitus-Ganymedes), der seinem Vater geweissagt 
haben soil, Troia werde zerstOrt werden, wenn 
vom Berg Metios ein Felsstiick von selbst herab- 
falle, Serv. Aen. I 28 mit Berufung auf Tkeo- 
dotius qui Iliaeas res perseripsit. [Hoefer.] 

Belisama. 1) BsXioafta sia^vais, die Miindung 
des Merseyflusses in England (Ptol. II 3, 2); der 
Name kehrt als Beiname der von den Kelten ver- 
ehrten Minerva wieder; s. Nr. 2. [Hiibner.] 



des nachherigen Kaisers und damaligen Magister 
militum Iustinian bekleideten , den Auftrag er- 
hielten, in Persamenien einzufallen, wahrend ein 
anderes rOmisches Heer gegen Nisibis marscbieren 
sollte. Ein erster Beutezug gelang, bei einem 
zweiten wurden die beiden jungen Offlciere un- 
vermutet von den Persern angegriffen und ge- 
schlagen. Nichtsdestoweniger wurde B., da sich 
der General des gegen Nisibis gesendeten Heeres 



2) Keltische Gflttin, mit Minerva identificiert 30 nicht bewahrte , zum Commandanten des wich- 



auf der Inschrift von St. Lizier Orelli 1431 = 
1969 Mmervae Belisamae sacrum Q. Valerius 
Montarms (vgl. Bull, epigr. III 152 u. a.). Die 
keltische Form Belesami (Dativ) auf der viel- 
besprochenen Inschrift aus Vaison Zeyofiagos OviX- 
Xovsoq Toovttovg Na/iavoaTig eicogov BrjXrjaafii ao- 
atv vi/utjtw. Dictionnaire archeol. de la Gaule, 
fipoque celtique, Inscr. gauloises (Taf.) nr. 2. 
Allmer Inscr. de Vienne IH 128 u. Rev. epigr. 



tigen Daras und der mesopotamischen Grenztrup- 
pen (wohl als Dux Mesopotamiae) ernannt (im 
J. 526. Prok. Pers. I 12 p. 59f.). Damals wurde 
ihm als Consiliarius Prokop attachiert, der ihn 
von nun an in amtlicher Stellung auf alien seinen 
Kriegsztigen begleitete und seine Thaten der Nach- 
welt uberliefert hat. Als Iustinian zur Regierung 
kam , erhielt B. den Auftrag, seine Grenzmark 
durch Anlegung eines Castells in Mindon, un- 



1895, 375 nr. 1134. CIL XII p. 162. Zur Deutung 40 mittelbar an der persischen Grenze, zu verstarken. 



vgl. Pietet Rev. arch. n. ~s. XV 1867, 385ff. 
Stokes Bezzenbergers Beitr. XI 122ff. d'Arbois 
de Jubainville Rev. arch. XXV 1873, 197ff. 
(derselbe Stamm belo in Belenos). Rhein. Jahrb. 
LXXXIII 17. Vgl. Nr. 1 und Rigisamus, Tri- 
gisamum. Zeuss Gram. Celt. 2 769. Holder 
Altkelt. Sprachsch. s. v. |Thm.] 

Belisaria porta (nvXn fj BeXioa^la) in Rom, 
nur genannt von Procop. b. Goth. I 18 p. 89 D 



Die Perser suchten den Bau zu verhindern; B. 
war nicht stark genug, sie abzuwehren, und auch 
ein aus Phoinikien herbeieilendes Hulfsheer wurde 
vernichtet, das Castell dem Erdboden gleichge- 
macht. B. selbst rettete sich fliehend aus der 
Schlacht (Malal. p. 442 B.; vgl. Chron. Pasch. 
p. 618B. Theophan. z. J. 6020). Bald darauf 
wurde B. zum Magister militum per Orientem 
ernannt und riickte mit einem ansehnlichen Heere 



22 p. 106 D., wahrscheinlich Doppelname der Pin- 50 und dem Magister officiorum Hermogenes nach 

----- - 1 '- -i— — j— - r> ti-jj. .1. ... Daras, wahrend Iustinian sich zugleich anschickte, 

Friedensunterbandlungen einzuleiten. Die Perser 
riickten, 40 000 Mann stark, unter Perozes aus 
Nisibis den 25 000 Mann B.s entgegen. B. bezog 
eine feste Stellung vor den Mauem von Daras, 
indem er einen langen Graben zog, in den er das 
Gros seiner Truppen legte, wahrend er die vor- 
gescbobenen Fliigel mit Foderierten und Reiterei 
deckte und er selbst, sowie der Magister officio- 



ciana, die zwar schon vor dem 6. Jhdt. als po- 
sterula existierte (daher in der Einsiedler Mauer- 
beschreibung vorkommt) , aber spater zu einem 
Hauptthor umgebaut wurde. Jordans Bedenken 
(Topogr. I 354) werden durch die von Lanciani 
Bull, coram. 1892, 102 gegebene bauliche Analyse 
des Thores beseitigt. [Hulsen.] 

Belisarios (gewOhnliche Namensform : BeXt- 
odgiog, Belisarius; Jordanes schreibt Belesarius 



einmal Belexaritis], ebenso Victor Tonn. ; Vilisa- 60 rum Hermogenes mit ihren Truppen hinter der 






rius kommt vor bei Spateren und ist auch die 
Schreibart des Lib. pont. ; Velisarius in der Pa- 
pyrusurkunde s. VI bei Marini Pap. dipl. nr. 140 ; 
die rcimischen Inschriften bei de Rossi Inscript. 
Christ. I nr. 1055 — 1063 haben ViUsarius, Vuili- 
sarius, Bilisarius, Velesarius ; einmal [nr. 1056] 
Flfamus) Belisarius; iiber die Etymologie E. S c h r 0- 
deT Ztschr.f.D. Altert. XXXV 1891, 244), stammte 



Schlacbtordnung in der Reserve standen. Am 
ersten Tage kam es nur zu unbedeutenden Ge- 
fechten, am zweiten zogen die Perser aus Nisibis 
noch 10000 Mann zur Verstarkung heran. B. 
machte den vielleicht ernstlichen Versuch, die 
Perser zur Waffenruhe zu bewegen, sein Vorschlag 
wurde aber mit Hohn zuriickgewiesen. Die Perser 
griffen am Nachmittage des folgenden Tages an, 



211 



Belisarios 



Belisarios 



212 



™ t iefe * Scnlach - t()rd nung aufgestellt, die zwei wobl, wie Prokop behauptet, B. selbst mit Eeiterei 
Treffen bildete, welche abwechselnd kampfen soil- und dem Fussvolk auf dem linken Flugel der 
ten; in der Eeserve standen die Unsterblichen. persischen Beiterei lange standhielt. AlsdieNacht 
Der Wind war den RCmern giinstig,*so dass ihre heranbrach, rettete sich ein Teil des romischen 
Pieile wirksam waren, die persischen unwirksam Heeres und B. selbst, urn am folgenden Tage nach 
blieben. Der rechte Flugel der Perser wurde Kallinikon iiberzusetzen , auf eine Euphratinsel, 
durch einen Ruckenangnff der an B.s ausserstem -wain-end Sunicas und Simmas den Riickzug deck- 
hnken Flugel aufgestellten Heruler nach grossen ten. Die Perser konnten das Sehlachtfeld pliin- 
Verlusten m die Flucht geschlagen; noch grOssere dem und nun ungestort nach Hause marschieren, 
Verluste erhtt der persische linke Flugel, der, lOobwohl sie ebenfalls bedeutende Verluste erlitten 
nachdem er schembar siegreich vorgedrungen, hatten (Proc. Pers. I 18 und Malal. p. 461ff. 
durch emen Seitenangriff und durch die Garde welche die entgegengesetzten Standpunkte ver- 
B.s auseinandergesprengt wurde ; der hier com- treten). Der Kaiser rief B. aus dem Osten zu- 
mandierende persische General M. Im ganzen ruck und setzte ihn ab, nachdem eine Unter- 
berechnet Prokop den Verlust der Perser auf 8000 suchung uber die Ursachen der Niederlage durch- 
T .°*f- Trotzdem wurde die begonnene Verfolgung gefiihrt worden war . die nicht zu Gunsten von 
nicht fortgesetzt, was dafiir spricht, dass der Sieg B. ausgefallen zu sein scheint (Malal. p. 468) 
mcht entscheidend war. Immerhin wurde, wie es Sittas und Hermogenes blieben zuruck, wahrend 
scheint, durch die Schlacht bei Daras das tiber- die Diplomaten bald darauf (532) mit dem Nach- 
gewicht der ro'mischen Waffen hergestellt und die 20 folger des Kabades, Chosroes , den sog ewigen 
Grenze gesichert — ein Erfolg, der der Disciplin Frieden vereinbarten, der es Iustinian ermSglichte 
der Truppen B.s zu danken war (Juni 530. Prok. seine gegen die germanischen Keiche des Westens 
Pers. I 13. 14. Malal. p. 445. 452f. B. Theophan. gerichteten Plane ins "Werk zu setzen 
z J. 6021. 6022). Obwohl die Perser auch auf Prokop berichtet, dass Iustinian den B. schon 

dem nOrdlichen Knegsschauplatze , in Armenien, mit der Absicht yom Perserkriege abberief urn 

gegen Sittas den kiirzeren zogen, ging Kabades ihm den Vandalenkrieg zu ubergeben (Pers' I 21 

doch nicht auf die byzantinischen Friedensvor- p. 107). Wahrend seines Aufenthaltes in Byzanz 

schlage ein ; es schien vielmehr, dass er sich die kam der von den Circusfactionen erregte und durch 

Herstellung der Waffenmhe durch Subsidien oder die Unzufriedenheit der BevOlkerang mit dem 
Tnbut von den Eomern abkaufen lassen wollte, 30 Steuerdrucke und der Corruption der Verwaltun°- 

und darauf einzugehen war Iustinian noch nieht genahrte Nikaaufstand zum Ausbruche (13 Ja- 

gesonnen. So fiel im folgenden Jahre abermals ein nuar 532). Die erregten Massen konnten nicht 

persisches Heer von 15 000 Mann unter dem Com- dadurch beschwichtigt werden, dass Iustinian die 

mandodesAzarethasundvondemSarazenenfiirsten verhasstesten Beamten aus ihren Stellungen ent- 

Alamundarus (s. d. Nr.2) gefiihrt, in romisches ferate; auch ein Angriff B.s auf die Volksmen°-e 

Gebiet em, vermied aber diesmal die gut befestigte fruchtete nichts ; man rief den Neffen des Kaisers 

mesopotamische Grenze und ruckte unvermutet Anastasius, Hypatios, zum Kaiser aus. Iustinian 

welter sudlich, direct gegen Syrien und Antiochia zitterte in seinem Palaste und war bereit, aus 

vor. B. war genfitigt, nach Hinterlassung von Bvzanz zu fliehen, bis die energischen Worte der 
Besatzungen in den mesopotamischen Grenzstadten 40 Kaiserin Theodora ihn und seine Berater zu ent- 

uber den Euphrat nach Syrien bis Chalkis zu schlossenem Widerstande bestimmten Auf die 

marschieren, um dem Feinde, der schon in Gab- Palastgarden und die Treue der iibrigen in By- 

bula, einer Stadt der Euphratprovinz, angelangt zanz garnisonierenden Truppen war freilich kein 

war, den Weg nach Antiochia zu verlegen. Die Verlass. Aber B. verfiigte iiber seine starke und 

Perser wurden wider B.s Willen von seinem Unter- in den Perserkriegen erprobte Gefolgschaft und 

befehlshaber Sumcas angegriffen , sahen ihren auch Mundus, der Magister militum per Illyricum 

Handstreich vereitelt, kehrten um und zogen den stand dem Kaiser mit einer Schar von foderierten 

Euphrat entlang heimwiirts. B. folgte ihnen, nach- Herulern zur Verfiigung. B. unternahm es ge- 

dem Hermogenes zu ihm gestossen war, in der radenwegs gegen die kaiserliche Loge im Hippo- 
Distanz von emem Tagmarsche, da er, offenbar 50 drom vorzugehen, in der Hypatios den Thron be- 

aus Misstrauen gegen seine zum Teil neu aus- stiegen hatte, wahrend sieh die Menge im Hip- 

gehobenen und ungeschulten Truppen , nicht zu podrom versammelt hatte. Allein er kam unver- 

scnlagen wagte. Unter den Feldherren selbst richteter Dinge zuruck, da ihm die Palastwache 

herrschte Uneinigkeit. Indes eben die Truppen die entschlossen war, in neutraler Stellung die 

drangten B., wenn wir Prokop glauben kOnnen, Entscheidung abzuwarten, die Thore nicht Offnen 

zu emer entscheidenden Action, bevor die Perser wollte und er die Sache des Kaisers verloren gab 

aus dem Bereiche der romischen Hachtsphaere Indes kehrte er auf Befehl Iustinians nochmals 

entkommen konnten. Hinter Sura, gegeniiber der zum Hippodrome zurfick und drang nun das 

romischen Stadt Kallinikon, am rechten Ufer des Schwert in der Hand, an der Spitze eines wohl- 
Euphrat kam es am Ostersamstage (19. April) 60 bewaffneten Gefolges auf die wehrlose Menge ein 

531 zur fechlacht. Im Femkampfe, der zwei Drit- Von einer anderen Seite her unterstiitzte Mundus 

tel des Tages wahrte, behielten die ROmer die den Angriff. Narses streute im Auftrage des 

Uberhand. Dann wich aber ihr rechter Flugel Kaisers Gold unter die Menge, und schon wur- 

vor emem wuchtigen persischen Angriffe in die den wieder Hochrufe auf Iustinian laut, wahrend 

fluent, so dass den hier aufgestellten romischen die kaiserlichen Generate wahllos mehr als 30 000 

baracenen der Vorwurf des Verrates nicht erspart Bewohner Konstantinopels niedermetzeln liessen 

blieb. dadurch genet auch der iibrige Teil der Hypatios und seine Verwandten kamen vor Iusti- 

rOmiscnen Schlachtordnung ins Gedrange, wie- nians Richterstuhl. So wurde nach einer Dauer 



213 



Belisarios 



Belisarios 



214 



von nur wenigen Tagen der Nikaaufstand, dem 
ein grosser Teil der schOnsten Gebaude von 
Constantinopel zum Opfer gefallen war und der 
Iustinian beinahe seinen Thron gekostet hatte, in 
StrOmen von Blut erstickt, und Iustinians Herr- 
schaft war neu begrundet durch die Entschlosseu- 
heit seiner Gemahlin, durch die Treue einiger 
weniger ihm treu gebliebener Generale und eine 
Anzahl von barbarischen Soldaten (Prok. Pers. I 



schluss fasste, und die Entscheidung scheint ihm 
erst der Einfluss der katholischen BischSfe abge- 
rungen zu haben, die in ihrem Eifer gegen den 
Arianismus und fur die eigene Weltherrschaft 
natttrlich eine Stutze der Weltpolitik des romi- 
schen Kaisers waren. Nun ernannte er B. zum Ge- 
neTalissimus fur den vandalischen Krieg {atQarrj- 
ydg avxoxQat<0Q) ; B. war mit der Wurde eines 
Magister militum (so nennt ihn schon wieder die 



24. Malal. p. 473ff. B. Chron. Pasch. p. 620ff. B. 10 Nov. 155 vom 1. Febr. 633) per Orientem be- 

Theophan. zum J. 6024; vgl. Joh. Lyd. de mag. kleidet, wurde aber mit ausserordentlichen Voll- 

III 69ff. Marcell. zum J. 532). machten ausgestattet, durch welche alle seine Ver- 

Man wird nicht fehlgehen, wenn man annimmt, fiigungen von vornherein gebilligt wurden und er 

dass diese in schwierigen Verhaltnissen hier zum als einziger StelTvertreter des Kaisers mit unbe- 

erstenmal erprobte Treue mehr als die keineswegs schrankter Machtvolfkommenheit erschien; ihnbe- 

glanzenden Erfolge im persischen Kriege B. die gleitete als Praefect Archelaos, als Domesticus 

Gunst seines Landsmannes und Kaisers in noch Solomon und die verschiedenen Abteilungschefs 

hoherem Masse gewannen. In dieselbe Zeit oder des bunten, aus regularen Truppen und Fcderier- 

etwas frtiher fallt auch B.s Vermahlung mit An- ten bestehenden, im ganzen 15 000 Mann starken 
tonina, die vielfach entscheidend auf sein spateres 20 Heeres. Es waren alle Waffengattungen vertreten, 

Leben einwirkte und ihn auch bei dem africa- den Kern des Heeres aber bUdete B.s starke, an 

nischen Kriegszuge begleitete, den er nun ihn persOnlich attachierte Gefolgschaft. Die Flotte 

im Auftrage Iustinians unternahm (Prok. Vand. bestand aus 500 Transportschiffen unter dem Com- 

I 14 p. 369). Denn er war dazu ausersehen, das mando des Kalonymos mit einem Gehalt von 3000 

Werkzeug der auf die Wiedergewinnung des — 50000 Medimnen, bemannt mit 20000 agyp- 

Westens gerichteten Restaurationspolitik Iustinians tischen, ionischen, kilikischen Schiffern, und 92 

zu werden. Die Invasion war von langer Hand schnellsegelnden Kriegsschiffen, bemannt mit 2000 

diplomatisch vorbereitet worden, seitdem der Byzantinern (Prok. Vand. I 10. 11, aus ihm Theo- 

romerfreundliehe Vandalenkonig Hilderich durch phan.). Nachdem durch eine religiose Cerimonie 
Gelimer gestiirzt worden war und der Kaiser die 30 der Flotte ein gutes Omen auf den Weg gegeben 

Moglichkeit hatte— ahnlich wie spater im Gothen- war, wurden im Monate Juni 533 die Anker ge- 

kriege — als Verfechter nicht nur der Orthodoxie lichtet; an der Spitze der Flotte segelte B.s Schiff 

und des Romertums, sondern auch des rechtmas- mit zwei anderen, die unter Tags durch rote Segel, 

sigen Konigs aufzutreten. Als es gelungen war, in der Nacht durch Laternen kenntlich gemacht 

den lange ersehnten Frieden mit den Persern ab- waren. Uber Perinth , Abydos , Sigeum, Malea, 

zuschliessen , entblosste Iustinian die Ostgrenze Taenarum ging die Fahrt nach Methone, wo die 

von Truppen, um seinen Lieblingsplan durchzu- unter Valerianus und Martinus vorausgeschickten 

fiihren. Die politische Constellation war auch Truppen aufgenommen wurden. Die Schwierig- 

deshalb giinstig, weil das ostgothische und das keiten, die B. zu iiber winden hatte, ergaben sich 
vandalische Eeich seit dem Tode Thrasamunds 40 zum Teil aus der ungewohnten langen Seefahrt; 

(523) auf gespanntem Fusse standen ; ferner hatte mit Strenge war er bestrebt, die Disciplin, nament- 

sich der vandalische Statthalter von Sardinien, lich unter den foderierteu Hunnen, aufrecht zu 

Godas, empert, so dass ein vandalisches Heer nach erhalten ; durch die Schuld der Sparsamkeit des 

Sardinien abgehen musste , wahrend die Land- Praefecten Johannes war der fur die Truppen be- 

schaft Tripolis unter Fiihrung eines gewissen Pu- stimmte Brotvorrat verdorben und musste auf dem 

dentius und mit Unterstutzung einer romischen Wege der Requisition ersetzt werden, und es gingen 

Truppenabteilung zu den Romern uberging. Immer- gegen 500 Soldaten infolge der schlechten Ver- 

hin waren aber gegen die Expedition auch sehr proviantierung zu Grunde. Neue Widerwartig- 

emsthafte Bedenken laut geworden, Bedenken, die keiten ergaben sich, als man in Zakynthos Wasser 
sich gegen die gesamte Reichspolitik Iustinians 50 eingenommen und infolge des schlechten Windes 

richteten, die sich auf die erschopften Finanzen erst am sechzehnten Tage am Fusse des Aetna 

des Staates grundeten und die im Kronrate ihren in Sicilien landen konnte (Vand. I 12. 13). In 

Ausdruck fanden, als der Praefectus praetorio, der dem gothischen Sicilien fand B. die Moglichkeit, 

doch zunachst fur die Kosten aufkommen musste, sich frisch zu verproviantieren und Pferde fur seine 

Johannes, euergisch gegen den Krieg sprach. Auch Cavallerie anzukaufen (Vand. I 14 p. 371 ; Goth, 

die Generale. so berichtet Prokop, seien gegen den I 3 p. 19f.). B.s Heer war aber durch die lange 

Krieg gewesen ; sie dachten an das Scheitern der Seefahrt demoralisiert und erklarte deutlich, dass 

grossen Expedition des Basiliskos und zweifelten, es nicht gesonnen sei, zur See der gefurchteten 

ob man Lorbeeren ernten konne mit Truppen, die vandalischen Flotte entgegenzutreten. B. selbst 
vor der langen Seefahrt zuruckscheuten und das 60 war uber die gegenwartigen Verhaltnisse im Van- 

Garnisonsleben den Strapazen eines Feldzuges bei dalenreiche durchaus nicht orientiert und fur die 

weitem vorzogen. Andererseits waT die chauvi- Zukunft seiner Expedition besorgt. Er sendete 

nistische Weltpolitik naturlich bei dem Teile der Prokop nach Syrakus aus, um Erkundigungen ein- 

BevOlkerung von Constantinopel beliebt, der feme zuziehen, und erst als dieser ihm die Gewissheit 

vom Schuss und ohne eigenes Risico spannende brachte, dass die Vandalen noch keine Nachricht 

Kriegsbulletins und glanzende Siegesfeste erwar- von der Expedition hatten, dass ein Teil der van- 

tete. Iustinian selbst schwankte, bevor er den dalischen Macht in Sardinien engagiert war und 

fur seine ganze Begierung entscheidenden Ent- dass Konig Gelimer selbst vier Tagmarsche von 



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der Kflste in Hermione stand, entschloss er sich, nachgeruckt war, wurde von Johannes zersprengt 

von Kaukana aus an Gaulos und Malta vorbei und teilweise niedergemetzelt, teilweise nach der 

nach Africa iiberzusetzen ; ein Wind trieb die Stadt zuruekgeworfen. Indes stiess die von Ge- 

Schiffe sfidlich bis Caputvada (Vand. 1 14). Unter limer zur Umgehung bestimmte Schar auf dem 

B,s Vorsitze fand ein Kriegsrat statt; der von sog. Salzfelde auf B.8 Hunnen und wurde von 

Archelaos entwickelte Plan, man solle direct nord- diesen wilden Scharen mit ihrer neuartigen Kampf- 

warts steuern und versuchen, die schwach besetzte weise aufgerieben und verfolgt (Vand. I 18). B. 

Hauptstadt Karthago, seit Geiserich die einzige selbst, von diesen Vorgangen noch nicht unter- 

Festung des Landes, mit einem Handstreiche zu richtet, schlug vor Decimum an einem geeigneten 
nehmeii, hatte strategisch viele Vorteile. Trotz- 10 Orte ein Lager. Dann schickte er die Foderierten 

dem entschloss sich B., sofort zu landen, weil er gegen Decimum voraus; bier erfuhren sie von der 

seinen Truppen nicht eine nochmalige Seefahrt Niederlage des Ammatas; schon kam aber auch 

zumuten wollte und nicht auf seine Flotte ver- das Hauptheer der Vandalen von Siiden her, dem 

traute. Er bezog ein festes Lager und beschloss, es gelang, die POderierten in einem hitzigen Ge- 

mit seinem Heere zu Lande gegen Karthago zu fechte zuriickzuwerfen, so dass sie sogar eine Ab- 

marschieren , wahrend die Flotte an der Kttste teilung von B.s Garde in ihrer Fluent mit sich 

folgte. Dieser Plan hatte strategisch den Nachteil, rissen. Gelimer schien nach Prokops Urteil den 

dass B. mit seinem Heere zwischen den siidwestlich Sieg schon in der Hand zu haben oder wenig- 

stehenden Gelimer mit der vandalischen Haupt- stens die Eettung seiner Hauptstadt und die Ver- 
macht und die vandalische Hauptstadt geraten 20 nichtung der vorgesehobenen Truppen des Johan- 

konnte ; _ andererseits konnte er nun den Propa- nes, die er von B.s Hauptmacht trennte. Allein 

gandakrieg ftthren, indem er im Namen des Kaisers nun stiess er auf die Leiche seines Bruders Am- 

als Befreier der BevOlkerung von der Tyrannis matas und der Seinen ; er dachte nur noch an 

Gelimers auftrat. Eine Proclamation Iustinians die Bergung der Leiche, und diese Sentimenta- 

erklarte ausdrucklieh, dass der rOmische Feldherr litat kostete dem VandalenkOnig seinen Thron oder 

nur fur das alte , von Gelimer verletzte Recht wenigstens den Tag von Decimum. Denn B. fand 

kampfe und Frieden und Freiheit bringe. Den Zeit, seine Garde und seine Reiterei neuerlich zu 

Soldaten wurde das Marodieren strengstens unter- ordnen ; er stiirmte , jetzt von alien Vorgangen 

sagt; sie sollten schon ihrer eigenen Sicherheit des blutigen Tages unterrichtet, gegen das un- 
wegen die rOmische BevOlkerung nicht als Feinde 30 geordnete Vandalenheer, das mit grossen Verlusten 

behandeln. So wurde die Proviantversorgung er- westlich nach Bulla fliehen musste. B. konnte 

leichtert , die BevOlkerung freundlich gestimmt, seine zerstreuten Scharen an sich Ziehen und iiber- 

so stellten sich Uberlaufer ein. Die Stadt Syl- nachtete am 13. September 533 (Papencordt 

lectum, die von ihren Bewohne.rn gegen die Mauren- 152) mit dem Heere, soweit es an der Schlacht 

einfalle befestigt war, iibersendete ihre Schlttssel teilgenommen, auf dem Schlachtfelde (Vand. 1 19). 

an B,, nachdem einige Soldaten B.s eingedrungen Am zweiten Tage nach der Schlacht rtickte B., 

waren. Nun zog das Heer auf der Strasse nach ohne Widerstand zu linden, in Karthago ein und 

Karthago in Tagemarschen von 80 Stadien fiber bezog Gelimers Konigsburg, wahrend die Flotte 

Syllectum, Leptis, Adrumetum bis zum kOnig- an der benachbarten Kfiste vor Anker gegangen 
lichen Lustschlosse Grasse ; als Vorhut zog der 40 war. Konig Hilderich war schon vot der Schlacht 

Armenier Johannes mit 300 Beitern ; zur Deckung im Gefangnisse auf Auftrag Gelimers niederge- 

der linken Flanke waren die Hunnen detachiert; macht worden, so dass die Romer ohne beengende 

die rechte Planke war durch das Meer und die Rticksicht auf die Legitimitat, die sie angeblich 

Flotte geschutzt. Bei Grasse bekamen die Kund- bee chtttzten , das Erbe der VandalenkOnige an- 

sehafter B.s und Gelimers Ffihlung mit einander. tTeten konnten. Eine Anzahl von Kaufleuten aus 

Der VandalenkOnig war namlich auf die Kunde dem rOmischen Reiche, die in Karthago gefangen 

von B.s Landung von Hermione aufgebrochen und waren, gewannen ihre Freiheit, und B. sah auch 

B.s Heere nachgeriickt. Jetzt, da sich B.s Heer jetzt, so gut es eben anging, darauf, dass die 

von der Kuste entfernen musste, um landeinwarts BevOlkerung von seiner Soldateska mOglichst wenig 
gegen Karthago zu marschieren, sollte es bei De- 50 zu leiden hatte; die Einqnartierung ging ord- 

cimum, 70 Stadien von Karthago, zugleich in der nungsmassig vor sich, Handel und Verkehr wur- 

Front vom Bruder des KOnigs Ammatas, der in den nicht unterbrochen (Prok. Vand. I 20. 21). 

Karthago commandierte, und im Riicken von Ge- Aber der entscheidende Kampf stand noch bevor. 

limer mit der vandalischen Hauptmacht ange- B. liess zunachst die schadhaften Mauern von 

griffen werden (Vand. I 15—17). 2000 Mann Karthago wiederherstellen. Das Landvolk in der 

unter dem Commando des Gibamund wurden ferner Umgebung der Stadt, dem eigentlichen Centrum 

von Gelimer detachiert, um die ROmer zu um- der vandalischen Besiedelung, war den ROmern 

gehen und ihnen in die linke Flanke zu fallen. trotz aller Bemtihungen feindlich gesinnt, und 

Die Lage B.s ware eine kritiscbe gewesen, wenn wo sich Romer einzeln blicken liessen, wurden sie 
ihn nicht die eigenen vorsichtigen Dispositionen 60 niedergemacht. Die Mauren hingegen suchten bei 

und die geringe Geschicklichkeit der Gegner aus B. um die Belehnung ihrer Hauptlinge nach und 

seiner gefahrvollen Lage befreit hatten. B.s Vor- hielten sich im ganzen neutral ; nur wenige gingen 

hut unter Johannes stiess zuerst auf Ammatas, zu Gelimer, der in Bulla seine Streitkrafte con- 

der mit zu geringen Truppen und einige Stunden centrierte und seinen Bruder Tzazo, der mit 5000 

vor der von seinem Bruder festgesetzten Zeit gegen Mann der besten vandalischen Truppen Sardinien 

Decimum vorgeriickt war ; bei dem Zusammen- wieder unterworfen hatte, an sich zog. B. wurde 

stosse flel er selbst nach tapferem Kampfe, und nur durch die 400 Mann unter Cyrillus verstarkt, 

was an Truppen in loser Ordnung aus Karthago die nach Sardinien bestimmt gewesen waren, aber 



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nach den Erfolgen des Tzazo die Expedition auf- war, durch eine dreimonatliche enge Umschliee- 
gegeben hatten (Prok. Vand. I 23. 24). Mit den sung den Gelimer zur Ubergabe zu zwingen. Ihm 
Verstarkungen ruckte Gelimer naher an Karthago und den Seinen garantierte B. im Namen des 
heran, sperrte die Strassen, zerstOrte die Wasser- Kaisers , wie es damals fremden Furstlichkeiten 
leitung und rechnete auf Verbindungen, die er in gegeniiber Sitte waT, nicht nur Sicherheit des 
der Stadt unterhielt, auf die Sympathien der Lebens, sondern auch einen hohen Rang und 
Arianer und auf den Verrat der Hunnen in B.s standesgemasse Versorgung in der Nahe von By- 
Heere. B. riickte 140 Stadien von Karthago bis zanz. Auch nach der Gefangennahme des Van- 
Trikameron, wo er, nur durch einen schmalen dalenkSnigs war die Aufgabe des byzantinischen 
Bach von den Vandalen getrennt, sein Heer auf- 10 Heeres in Africa noch keineswegs beendet. Denn 
stellte, auf dem linken Flilgel die Foderierten, auf es stand ihm nach der Niederwerfung der Yan- 
dem rechten die rOmische Reiterei. In der Mitte dalen noch der schwierige Kampf gegen die Mauren 
stand der Armenier Johannes mit der Fahne und bevor, die sich, alluberall zu regen begannen. 
mit B.s Garde, hier traf auch B. selbst mit 500 Schon hatte B. ein Corps nach Tripolis detachieren 
Reitern ein , wahrend die Infanterie langsamer miissen, wo die BevOlkerung, die sich zuerst gegen 
nachriickte. Dreimal griff Johannes das vanda- die Vandalen erhoben hatte, von den Mauren be- 
lische Centrum, das Tzazo befehligte, an, das sich lastigt wurde. Der an B. gerichtete kaiseriiche 
tapfer im Handgemenge wehrte. Erst beim drit- Erlass Aber die provisorische militarische Organi- 
ten Angriffe fiel Tzazo selbst, und als das ganze sation von Africa (Cod. lust. I 27, 2) ist vom 
rOmische Heer den Bach uberschritt, Hohen die 20 13. April 534 datiert; eigentlich nur die fruhere 
Vandalen in ihr Lager. Nun griffen auch die proconsularische Provinz und die Kttste war von 
Hunnen, die, abseits aufgestellt, den Verlauf des den Byzantinern besetzt , die Reorganisation der 
Kampfes abgewartet hatten, in die Verfolgung Civilverwaltung erst in ihren Anfangen, die Or- 
ein. Nach Prokops Angabe fielen 800 Vandalen ganisation der militarischen Limites kaum bo- 
und nur 50 ROmer. Indes verfolgten die ROmer gonnen, als B. sich nach Byzanz einschiffte und 
ihren Sieg zunachst nicht und beschaftigten sich zugleich ein maurischer Einfoll alle Erfolge wieder 
damit, die Toten zu plimdern. Erst als gegen in Frage zu stellen schien. Es ist sebr wahr- 
Abend das Fussvolk anruckte, zog B. mit ge- scheinlich, dass B. selbst den Wunsch hegte, nach 
samter Macht gegen das Lager der Vandalen. Byzanz zuriickzukehren ; jetzt, nachdem er Africa 
Gelimer gab alles verloren und rettete sich mit 30 scheinbar unterworfen hatte, und zwar im weeent- 
wenigen Begleitern durch die Flucht, und als des lichen mit einem Cavalleriecorps von 5000 Mann 
KOnigs Flucht .bekannt wurde, verliess, was sich — die Infanterie war, wie Prokop bemerkt, auf 
noch retten konnte, eiligst das Lager. Die ROmer dem ganzen Feldzuge nicht in Action getreten 
mordeten und pliinderten die ganze Nacht hin- — da er Gelimer und dessen gesamte Sippe mit 
durch, metzelten die Manner nieder und nahmen dem KOnigsschatze in seinen Handen hatte, mochte 
die im Lager aufgehauften Schatze und die Frauen er vielleicht seinen gianzenden Ruhm nicht bei 
als gute Prise (Mitte December 533). Mit Miihe der Durchfuhrang der Verwaltung und in neuen 
konnte B. am andern Tage seine Soldaten wieder langwierigen Kampfen aufs Spiel setzen._ Daza 
zu Ordnung und Disciplin zunickbringen und kam aber noch ein anderer Umstand : einige Offi- 
wenigstens diejenigen Vandalen vor dem Tode 40 ciere B.s hatten ihn, gewiss falschlicherweise, beim 
retten und als Gefangene nach Karthago schicken, Kaiser denunciert und behauptet, dass er auf Un- 
welche sich in die Kirchen gefluchtet hatten. Jo- treue gegen Iustinian sinne und die Tyrannis an- 
hannes wurde zur Verfolgung Gelimers ausge- strebe. Iustinian hatte ihm freilich die Wahl ge- 
schickt, fiel aber einem ungliicklichen Zufall nach lassen, ob er in Africa bleiben oder mit der Beute 
wenigen Tagen zum Opfer. B. selbst ruckte mit nach Byzanz zuruckkehren wolle. Aber es gab 
der Hauptmacht nach und kam bis Hippo Regius, keine bessere Widerlegung des Verdachtes, als 
wo ihm durch einen Zufall der KOnigsschatz Ge- dass er sofort die Riickreise antrat ; sein Bleiben 
limers in die Hande fiel. Hier erfuhr er , dass hatte vielleicht als Verrat gegolten. Seinem sehon 
Gelimer sich zu befreundeten Mauren nach der bestellten Nachfolger Solomon, der ihm den Brief 
Gebirgsstadt Medeos an der numidischen Grenze 50 des Kaisers tlberbracht hatte , uberliess er einen 
gefluchtet hatte , liess den Pharas mit den fode- Teil seiner Garde und die schwierigen Aufgaben, 
rierten Henuern zur Cernierung des Platzes zu- die noch zu erledigen waren. Dafur wurde er 
riick und kehrte selbst nach Karthago zuruck von Iustinian nach seiner Ruckkehr mit Auszeich- 
(Prok. a. a. O. II 1 — 4). Ein Corps schiffte sich nungen bectacht, deren seit Jahrhunderten kein 
ein und nahm Sardinien und Corsica fur den Privatmann teilhaft^ geworden war. Er feierte 
Kaiser in Besitz, ein anderes Caesarea und Maure- seinen Triumph in urachtigem Festzuge von seinem 
tanien, ein drittes das Castell Septum an der Hause bis zum Hippodrom ziehend, wo sich der 
Meerenge von Gibraltar, ein viertes die Balearen. siegreiche Feldherr und der besiegte Konig vor 
War durch diese Besatzungen das spanisch-west- der kaiserlichen Majestat beugten. Eine damals 
gothische Reich des Theudis bedroht, der es ver- 60 gepragte Miinze zeigte auf der einen Seite das 
saumt hatt«, den Vandalen zu Hiilfe zu kommen, Bild des Kaisers und auf dem Reverse das BiW 
so ergaben sich infolge des Anspruches, welchen B.s mit der Umschrift : B., »J do£a %Sn'P(ofuxiwv 
B. nun auf das sicilische Lilybaeum als auf (Banduri Imper. Orient. 13; Anonym. Antiquit. 
vandalischen Besitz erhob , Verwieklungen mit Cpol. p. 80). Am 1. Januar des folgenden Jahres 
den Ostgothen; fiber diese Streitfrage wurde auf (535) aber trat er sein Consulat an und streute, 
Wunsch der Regentin Amalasuntha direct zwischen von Gefangenen getragen, die Reichtiimer der 
Ravenna und Byzanz verhandelt. Dem Pharas vandalischen Beute unter das Volk von Byzanz 
aber gelang es, nachdem ein Sturm missglfickt (Prok. Vand. II 5—9. Marc. Com. u. Vict. Torm. 



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534. 535; uber die chronologische Bezeiehnung 
des Consulatsjahres B.s vgl. de Rossi Inscr. christ. 
I p. 479ff. 611). 

In demselben Jahre beschloss der Kaiser, den 
diplomatisoh lange vorbereiteten Kriegmitdem 
Gothenreiche zu beginnen, da er auch hier nicbt 
nur als Befreier von der Barbarenherrschaft, son- 
dern zugleich als Racher der rechtmassigen Koni- 
gin Amalasuntha und der amaliscben Legitimitat 
auftreten konnte. Auch zur Ausfuhrang dieser 
neuen Aufgabe, welche die Restaurationspolitik 
stellte, wurde B. vom Kaiser berufen und stach 
abermals als argazrjyos amoxQaxatQ (er war da- 
mals jedenfalls auch schon Patricius) mit Flotte 
und Heer nach Sicilien in See; es sollte aber 
scheinen, als ware die Expedition abermals gegen 
Karthago gerichtet. Das Heer war mimerisch 
noch schwacher, als im africanischen Peldzuge; 
es bestand aus 1000 regularen und foederierten 
Truppen, 3000 Isauriern, 200 Hurnien und 300 
Mauren , durchweg unter bewahrten Fiihrern. 
Dazu kam B.s bewahrte Garde, die im Laufe des 
Feldzuges bis zu 7000 Mann anwuchs. Die Rei- 
terei war aber weit starker vertreten, als im 
africanischen Kriege. B.s Angriff sollte durch 
einen Binfall des Magister militum Mundus in 
Dalmatien und durch ein Biindnis des Kaisers 
mit den Franken, das den Norden Italiens be- 
drohte, unterstutzt werden. Sicilien war von den 
Gothen, da sie die Kornkammer Italiens schonen 
wollten, nur schwach besetzt. Catania, Syrakus 
samt seiner Besatzung und die meisten Stadte 
der Insel gingen ohne Widerstand zu den Kaiser- 
lichen liber. ' Nur die gothische Besatzung von 
Palermo wollte Widerstand leisten, wurde aber 
von B.s Flotte leicht zur Ubergabe genOtigt. Am 
letzten Tage seines Consulates zog B. wieder in 
Syrakus ein , nachdem er dem Kaiser die ganze 
Insel unterworfen hatte (Prok. Goth. I 5. lord. 
Get. 60, 308; Rom. 369). Wahrend B. in Sicilien 
die Winterquartiere bezog, wurden die Verhand- 
lungen zwischen dem Kaiser und dem erschreckten 
GothenkSnige fortgesponnen. Zu Ostern 536 brach 
in dem benachbarten Africa eine Meuterei der 
rOmischen Soldaten aus , die zum Teile in ihren 
arianischen Sympathien, zum Teile in der von 
ihnen erhobenen Forderung ihren Grund hatte, 
dass sie mit den vandalischen Landlosen beteilt 
werden sollten, die Solomon zu Gunsten des Fis- 
cus einzog. Mit Miihe konnte Solomon mit nur 
wenigen Begleitern (unter ihnen Prokop) sich nach 
Syrakus zu B. fluchten. Schon war Karthago 
selbst von 9000 Aufstandischen bedroht, die sich 
den Stotzas zum Fiihrer gewahlt und die Uber- 
reste der wehrhaften vandalischen BevOlkerung 
an sich gezogen hatten, als B. mit einem Schiffe 
und 100 Mann seiner Garde landete. Auf das 
blosse Gerucht von seiner Ankunft flohen die Auf- 
standischen, die ja zum Teil unter B. gedient, 
zum Teil von lhm besiegt worden waren. B. raffte 
2000 Mann, die treu geblieben waren und deren 
Treue er noch durch Teichliche Geschenke ge- 
festigt hatte, zusammen und verfolgte den Stotzas 
bis an den Bagradas. Bei Membresa zersprengte 
er die Meuterer und liess ihr Lager plundern. Doch 
musste er den weiteren Kampf mit den Aufstan- 
dischen den africanischen Anfflhrern uberlassen, 
da seine Truppen zu weiterer Verfolgung nicht 



stark genug waren und er genCtigt war, nach 
Sicilien zuriickzukehren, wo unter seinen eigenen 
Truppen eine Meuterei auszubrechen drohte (Prok. 
Vand. II 14. 15. lord. Rom. 370. Marc. Com. 
535). Sie soheint indes nicht zum Ausbruch ge- 
kommen zu sein. und B. konnte, als die Verhand- 
lungen zwischen KOnig Theodahad und Iustinian 
abgebrochen wurden, auf Befehl des Kaisers von 
Messina nach Regium ubersetzen. Der Schwieger- 

10 sohn des GothenkOnigs, der das gothische Sudheer 
commandieren sollte, ging zu B. iiber, der nun 
ungestOrt durch Bruttien und Lucanien, wo keine 
gothischenBesatzungen lagen und die Bevolkemng 
sich willig anschloss, immer von der Flotte be- 
gleitet, bis vor Neapel kam (Prok. Goth. I 8 p. 38f. 
lord. Get. 60, 309; Rom. 370. Marc. Com. 536). 
Diese Stadt, den Mittelpunkt der gothischen Macht 
in SMitalien, in der der gothische Statthalter mit 
einer ziemlich starken Garnison lag, konnte B. 

20 nicht in seinem Riicken lassen. Er blokierte die 
gut befestigte Stadt von der See und vom Lande 
her, und es gelang ihm auch, ein Aussenfort durch 
Capitulation zu nehmen. Aber die Verhandlungen 
mit der kaiserlichen Partei in der Stadt fiihrten 
,zu keinem Resultate, und die Proclamationen des 
Befreiers verflngen nicht bei der stadtischen Be- 
vOlkerung, die sich unter gothischer Regierung 
ganz wohl fiihlte. Schon waren einige Sttirme 
B.s von der Besatzung, die von der BevOlkerung 

30 unterstiitzt wurde und die immer, allerdings ver- 
geblich, auf Htilfe vom GothenkSnige hoffte, blutig 
zuriickgewiesen worden. Schon war B. entschlossen, 
die Belagerung, die bereits drei Wochen wahrte, 
abzubrechen, um noch vor Winter in Rom einzu- 
treffen. Es zeigte sich, dass bei dem damaligen 
Stande der Kriegstechnik auch fur ein romisches 
Heer eine gut verteidigte und verproviantierte 
feste Stadt ein fast unuberwindlicb.es Hindernis 
war, und dass die Belagerten bei regelmassigem 

40 Verlaufe der Dinge immer im Vorteile waren, 
namentlich wenn die Belagerungstruppen nume- 
risch so geringfiigig waren, wie die B.s. Doch 
hier, wie so oft, war es eine IJberraschung, eine 
Pinte, welche die Situation vollstandig zu Gunsten 
des rCmischen Heeres veranderte. Ein Isaurer 
hatte entdeckt, dass ein Aquaeduct, der nicht be- 
wacht war, den Zngang in die Stadt ermOglichte ; 
so drangen auf B.s Geheiss einige hundert Sol- 
daten bei nachtlicher Weile in die Stadt, die 

50 nun durch einen Doppelangriff von aussen und 
innen uberwaltigt wurde. Die Soldateska ergoss 
sich plundernd und ohne Schonung zu kennen 
iiber die Stadt. Mit Miihe gelang es B. , dem 
Morden ein. Ende zu machen und die Soldaten 
zu zwingen, wenigstens Frauen und Kinder der 
Neapolitan er herauszugeben , wahrend er ihnen 
alles bewegliche Eigentum, das sie erbeutet hatten, 
liess. Die Plunderang Neapels war eine sonder- 
bare Illustration zu den volltonenden Worten von 

60 rSmischer Befreiung und machte in Italien grossen 
Eindruck. Indes konnte B. nunmehr nach Hinter- 
lassung einer Besatzung von 300 Fusssoldaten 
unter Herodianus in Neapel und einer anderen 
kleinen Besatzung in Cumae und nach Einreihung 
von 800 Mann der gothischen Truppen in sein 
eigenes HeeT auf der Via Latina gegen Rom 
marschieren (Prok. Goth. I 8 — 10. lord. Rom. 
370. Mare. Com. 536. Lib. pont, v. Silverii 3; 



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sieben Tiirme von B. in Neapel erbaut nach der 
Vita Athanasii Neapol. in Mon. Germ. Script. 
Lang. p. 440). Er fand keinen Widerstand. Denn 
der neu gewahlte Gothenkonig Wittiges war nach 
Rkvenna gegangen, um von dort aus alle gothischen 
Streitkrafte zu sammeln, und hatte nur eine Be- 
satzung von 4000 Mann in Rom zunickgelassen. 
Da aber die rCmische BevOlkerung eine Belagerung 
furchtete und auf Veranlassung des Papstes Sil- 



auf den Mauern und Thoren, beruhigte die durch 
alarmierende Geruchte erschreckten Soldaten und 
inspicierte die Ausfiihrung der von ihm angeord- 
neten Massregeln, bis es endlich spat in der Nacht 
seiner Frau und seinen Freunden gelang, ihn dazu 
zu bewegen, dass er auch an sein eigenes leib- 
liches Wohl dachte (Prok. Goth. I 15—18). Er 
liess die Eingange der Wasserleitungen verstopfen 
und lehrte die Remer ihre Muhlen, die bisher von 



verius sich mit B. ins Einvernehmen setzte, fiihlte 10 den Wasserleitungen getrieben waren, auf Kahnen 



sich die gothische Besatzung zu schwach zum 
Widerstande und raumte in der Nacht vom 9. auf 
den 10. December 536 durch die Porta Flaminia 
die Stadt, wahrend B. durch die Porta Asinaria 
einzog (Prok. Goth. I 14). Der Eindruck, den 
die Nachricht hervorrief, dass B. seinem Kaiser 
die SchltLssel von Rom iibersendet habe, war gross. 
B. hat sicherlich mit diesem moralischen Factor 
gerechnet. Nicht minder klar war es ihm aber, 



im Tiber anzubringen. Die Thore wurden von 
innen verrammelt. B. selbst residierte auf dem 
Pincio und behielt sich das unmittelbare Com-, 
mando iiber die Porta Pinciana und Porta Sala- 
ria vor. Schon am folgenden Tage (am 21. Fe- 
bruar 537 nach dem Lib. .pont. , Anfang Marz 
nach Prok.) schlug Wittiges mit seinen Truppen 
sechs feste Lager, die den nordostlichen Teil der 
Stadt umfassten, wahrend die aus Gallien herbei- 



dass er den Besitz von Rom werde verteidigen 20 gezogenen gothischen Truppen unter Marcias am 



miissen und mit Rom zugleich ganz SMitalien, 
das sich ihm allmahlich angeschlossen hatte. Ah 
eine Offensive gegen das gothische Aufgebot, das 
Wittiges eben organisierte, waT mit B.s geringen 
Streitkraften gar nicht zu denken. So musste 
sich B. auf die Mauern von Rom verlassen, die 
er, wo es notig war, wieder in guten Zustand 
brachte, mit Schutzwehren versah und mit einem 
Graben umgab. Auch zwang er die Leute, ihr 



rechten Tiberufer lagerten, die Verbindung iiber 
den Ponte Molle sicherten und zugleich das Land 
bis zur Tibermiindung beherrschten. Eine voll- 
standige Umschliessung der Stadt wagten die 
Gothen trotz ihreT Masse nicht ; denn sie wollten 
ihre Truppen nicht zersplittern , um an jedem 
Punkte den taktisch so weit ttberlegenen Kaiser- 
lichen sogar fur den Fall eines gemeinsamen Aus- 
falles wenigstens numerisch iiberlegen zu sein. 



Getreide von der Campagna in die Stadt zubringen, 30 Eine gothische Gesandtschaft, die den Kaiserlichen 



und sorgte durch seine Flotte fiir mOgliehst reich- 
liche Getreidebeschaffung von Sicilien her — sehr 
zum Verdrusse der StadtrOmer, die gerade ge- 
dacht hatten, durch ihren Ubergang zu den Kaiser- 
lichen einer Belagerung zu entgehen. Indes liess 
B. auch die wichtigen AppenninemYbergange von 
Spoleto, Perugia, Narnia durch kleine Truppen- 
abteilungen besetzen — eine Massregel, die zeigt, 
dass er die weitere Entwicklung des Krieges klar 



freien Abzug anbot, wies B. stolz mit der Ver- 
sicherung zuriick, dass er lebend Rom niemals 
aufgeben werde. Als darauf am achtzehnten Tage 
Wittiges den Sturm befahl und selbst gegen die 
Porta Salaria vorging, war es B., der den ersten 
Schuss gegen die Feinde abgab; die Geschosse 
der Bogenschtltzen und Schleuderer wie der Bal- 
listen schlugen in die dichten Haufen der Feinde 
ein; die Zugtiere, welche die holzernen Belage- 



voraussah. Nun brach aber Wittiges mit einem 40 rungsturme heranftihren sollten , fielen , die Be- 



Heere von 150 000 Mann gegen Rom auf, so dass 
es manchem rCmischen Soldaten als allzu kiihnes 
Wagnis erscheinen mochte, wenn B. es wagen 
wollte, diesen Anprall mit seinen etwa 5000 Mann 
abzuwehren. Die kleine Abteilung, der B. die 
Aufgabe zugeteilt hatte, den Gothen den Fluss- 
ubergang (Tevere oder Teverone? Ponte Molle? 
wahrscheinlicher Ponte Salario, vgl. Gregorovius 
B. 2 Cap. 4; dieselbe Verwechslung bei Prok, 



lagerungsmaschinen selbst wurden dadurch un- 
brauchbar und bald darauf von den ausfallenden 
Romem verbrannt. B. selbst musste mit einem 
Teile seiner Garde der bedrangten Porta Praene- 
stina zu Hulfe eilen, wo die Gothen die Aussen- 
mauer durchbroch en hatten, aberjetzt durch einen 
combinierten Ausfall zuruckgedrahgt und bis an 
ihr Lager verfolgt wurden. Auch vom Castell 
St. Angelo aus und an der Porta St. Panerazio 



Goth. Ill 10 p. 319) zu wehren, um so noch eine 50 wurde der gothische Angriff zuriickgeschlagen. Es 



weitere Prist zur Verproviantierung zu gewinnen, 
stob auseinander, und wider Erwarten sah sich 
B., der mit 1000 Reitern zur Unterstiltzung jener 
Abteilung ausgeriickt war, plotzlich diesseits des 
Flusses der feindlichen Hauptmacht gegenuber. 
Es entspann sich ein Reitergefecht , und mitten 
im Getummel unter den Truppen kampfte B., 
weithin kenntlich durch sein Schlachtross und von 
den feindlichen Geschossen vor alien gesucht, ver 



sollen nach Prokops Angabe die Gothen einen Ver- 
lust von 30 000 Toten und noch niebr Verwunde- 
ten erlitten haben (Prok. Goth. I 19—23. Jord. 
Rom. 374). B. bereitete sich auf eine lange Be- 
lagerung vor, indem er alle verdachtigen Elemente 
und alles, was nur essen, aber keine Waffen tragen 
konnte, aus der Stadt schaffte, so lange es noch 
Zeit war. Die Bevolkemng, die zunlckblieb, wurde 
militarisch organisiert und musste Wachdienst 



teidigt von seiner getreuen auserlesenen Garde. 60 leisten , da sich die Geringfflgigkeit der kaiser- 



Nach langem Kampfe mussten die Kaiserlichen 
gegen Rom zuriickweichen. Nochmals stand das 
Gefecht vor der spater so genannten Porta Beli- 
saria (Salaria), da die Romer, zu denen ein Ge- 
rucht von B.s Tode gedrungen war, sich weiger- 
ten , das Thor zu offhen , und B. sich erst den 
Feinden gegenuber Luft machen musste, bevor 
sie ihn einliessen. Nun verteilte B. die Wachen 



lichen Streitkrafte sehr fiihlbar machte. Wittiges 
seinerseits besetzte am dritten Tage nach dem 
Sturme Porto an der Tibermundung, um der Stadt 
Rom die Communicationen zu verlegen, konnte 
aber nicht verhindern, dass zwanzig Tage darauf 
1600 Reiter unter Martinus und Valerianus, grOss- 
tenteils Hunnen und Slaven, die schon im Herbst 
von Constantinopel abgegangen waren, B. zu 



ZZ6 



rielisarios 



Behsanos 



224 



Htilfe kamen. Weitere Verstarkungen , die auf ger, und B. konnte sie nur durch das Yersprechen 

B.s Wunsch in Constantinopel mobil gemacht baldigen und ausgiebigen Ersatzes, den er vom 

wurden, liessen noch lange auf sich warten. Trotz- Kaiser erwartete, einigermassen beschwichtigen. 

dem wagte B. noch einige Yorstosse, in denen er Er selbst war sich seiner kritischen Lage voli 

regelmassig im Vorteile war, da die Gotten der bewusst und machte die aussersten Anstrengunge*n, 

kaiserlichen Cavallerie, die mit Femwaffen ver- urn auszuhalten. Prokop schlich sich bei nitcht- 

sehen war und balrl da bald dort angriff, ohne licher "Weile an den feindlichen Posten vorbei 

doch selbst ereilt werden zu konnen, keine aim- nach Campanien, um bier Truppen aus den Gar- 

liche Truppe entgegenzustellen hatten. Angeb- nisonen und Getreide zu beschaffen. Die Kirche 
lich durch die kriegerische Stimmutig der ROmer 10 S. Paul fuori an der Strasse nach Ostia wurde 

und der Soldaten verleitet, wagte B. auch noch von einem Detaehement besetzt, ein anderes von 

einen allgemeinen Ausfall; allein nun kam die 1000 Mann brachte die Antonina in Sicherheit 

Uberzahl der Gegner zur Geltung, auch zeigten und beunrahigte die Gothen im Rucken von Ter- 

sich die StadtrOmer nicht genug discipliniert und racina aus, die Castelle Alha und Tivoli wurden 

die Belagerten wurden iiberall mit blutigen KOpfen besetzt. So wagte B. seine Besatzungsmannschaft 

zurttckgeschlagen. Darauf kam es nur noch zu noch weiter zu schwachen, erreichte aber dadurch 

kleineren ZusammenstCssen : Prokop berechnet, den doppelten Yorteil, dass er den Nahrungs- 

dass die Feinde wahrend der Dauer der Belage- mangel in Rom wenigstens einigermassen behob 

rung 69 Gefechte gegen einander zu bestehen und den Gothen durch die detaehierten Abteilungen 
hatten (Proc. Goth. I 24—29). Auch in Rom 20 die ohnedies infolge der vorhergegangenen Plfin- 

selbst hatte B. mit Schwierigkeiten zu kampfen ; derungen nicht leichte Verproviantierung fur ihr 

er war gezwungen , eine Anzahl von Senatoren, immer noch grosses Heer derart erschwerte, dass 

welche des Einverstandnisses mit den Gothen be- es schwer war , zu entscheiden, ob sie eigenthch 

zichtigt wurden, aus der Stadt zu verbannen. Auf belagerten oder belagert warden. Mussten sie 

dieselbe Anklage hin wurde Papst Silverius ab- doch sogar. ihre feste Stellung an der Via Appia 

gesetzt und nach dem Orient geschickt , wie es aufgeben (Prok. Goth. II 1—4. Lib. pont. v. Silv. 

scheint, auf Grand falscher Zeugenaussagen. Eine 5). Indes hatten Prokop und Antonina in Cam- 

unserer Quellen behauptet, B. sei durch den Dia- panien 500 Mann gesammelt und Getreideschiffe 

kon Yigilius, den er zum Nachfolger des Silverius beladen. Und endlich lief auch das lange er- 
machte, im Auftrage der Kaiserin Theodora be-30wartete Hiilfsheer in die Hafen von Neapel und 

stochen worden. Wie dem auch sei, jedenfalls Hydrunt ein, im ganzen 4800 Mann. Die Haupt- 

waT es der Einfluss der Kaiserin, welche den dem macht dieses Ersatzheeres sammelte sich in Neapel 

Patriarchen von Constantinopel und den von und gelangte nach dem Hafen von Ostia, wahrend 

ihr verfochtenen Dogmen widerstrebenden Papst B. die Gothen durch einen Ausfall im Norden der 

namentlich durch die Mithulfe der Antonina be- Stadt durch die Porta Plaminia und Pinciana fest- 

seitigen liess, wie es scheint, nicht durchaus in hielt. Nun hielten sich die Gothen vollends fur 

Ubereinstimmung _ mit Iustinian. Wie weit B. dem Peinde nicht mehr gewachsen. Wittiges hot 

selbst in das Intriguenspiel eingeweiht war, wie den Frieden an und war bereit, Sicilien und Cam- 

weit er selbst betrogen wurde, lasst sich nicht panien abzutreten und dem Kaiser Tribut zu zah- 
entscheiden. Sehr anschaulich wird uns aber das 40 len. B., dem das Anerbieten offenbar sehr gelegen 

Verhor des Papstes geschildert , als Silverius im war, verschanzte sich doch hinter seine Vollmach- 

Palaste auf dem Pincio erschien und in ein Ge- ten, die ihm, wie er behauptete, nicht erlaubten, 

mach gefuhrt wurde , in welchem auf ein Sopha einen Fuss breit kaiserlichen Gebietes, worunter 

hingestreckt Antonina und ihr zu Fiissen B. sass der gesamte Umfang des alten romischen Reichs 

(Prok. Goth. 125 p. 121 ; Anekd, 1 p. 13. Liberal verstanden war, abzutreten. Die Folge war, dass 

brev. c. 22. Lib. pont. v. Silvepi : V id. mai., die Gothen die Erlaubnis begehrten, Gesandte zum 

naeh Duchesne eher V id. mart. Marc. Com. Kaiser selbst zu schicken, und dass B. diese Er- 

zum J. 537. Yict. Tonn. zum J. 542). Im Sommer laubnis gegen eine Waffenruhe von drei Monaten, 

stellten sich in Rom in voller Heftigkeit alle wahrend welcher die Gesandten die Verhandlungen 
Leiden einer belagerten Stadt, Hunger und Pest 50 abschliessen sollten, zugestand. In der darauf- 

ein. Fur das Brot der Soldaten war wenigstens folgenden Nacht eilte B. nach Ostia, verabredete 

einigermassen gesorgt. Die Reichen konnten sich mit dem Ersatzheere, wie Truppen und Proviant 

um schweres Geld das Getreide erkaufen, das die in die Stadt zu schaffen seien , und kehrte noch 

ausschwarmenden Soldaten von ihren vielfachen in derselben Nacht nach Rom zuriick. Am fol- 

Streifziigen heimbrachten. Die arme BevOlkerung genden Tage zog ein Teil des Heeres am linken 

aber, die ohnedies von der Stockung eines jeden Tiberufer und die Proviantschiffe auf dem Flusse 

Verkehres am meisten zu leiden hatte , war auf in die Stadt ein, unbehelligt von den am rechten 

Krauter und auf das Fleisch gefallener Tiere an- Tiberufer liegenden Gothen, die nicht durch einen 

gewiesen. Dass der ausstandige Sold von Stiden fJbcrfall B. den Vorwand zur Verweigerung des 
her nach Rom gebracht wurde , wahrend B. die 60 Waffenstillstandes bieten wollten. Denn formell 

Feinde durch eine Diversion nach der anderen wurde der Waffenstillstand durch Auswechslung 

Seite ablenkte, konnte den Leiden der BevOlkerung von Geiseln erst jetzt ratificiert, nachdem Rom 

nicht abhelfen , und die Not steigerte sich ins thatsachlich entsetzt war (December 537). Diplo- 

Unertragliche, als 7000 Gothen eine feste Stellung matisch und strategisch waren jetzt die Gothen 

an der Siidseite zwischen Via Appia und Via La- geschlagen. Denn ohwohl der Waffenstillstand 

tina einnahmen und dadurch thatsachlich fast alle offenbar auf Grund des Status quo geschlossen 

Communicationen der Stadt abgeschnitten waren. war, sahen sich die Gothen durch Proviantmangel 

Die rOmische BevOlkerung wurde immer schwieri- genOtigt, eine Stellung nach der andern aufzu- 



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Belisarios 



Belisarios 



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gehen, namentlich die Hafenstadte Porto und Cen- lich. Allein bald zeigte sich der Zwiespalt zwi- 

tumcellae, welche jetzt von den Kaiserlichen be- schen B., der nichts unternehmen wollte, so lange 

setzt wurden, die, da sie mit ihrer Flotte das ihn das starke Auximum im Riicken bedrohte, 

Meer beherrsch ten, der Nahrungssorgen jetzt fiber- und Narses und der Actionspartei unter den neu 

hohen waren, und zu denen noch nachtraglich angekommenen Generalen, welche es fur eine 

Hiilfstruppen unter Hildiger aus Africa gestossen Ehrensache erklarten, den hart bedriingten Johan- 

waren. B. konnte es sogar wagen, den hervor- nes in Ariminum zu entsetzen, und dem Kriege 

ragendsten General des Hiilfsheeres, Johannes wo m^glich durch einen kraftigen Vorstoss ein 

(Neffen des Vitalianus), mit 2000 Reitern, worunter Ende machen wollten. Die letztere Partei siegte, 
800 aus der Garde B.s, zu detachieren und nach 10 da es B. offenbar nicht' auf eine Kraftprobe an- 

Alba (Fucentia) in die Winterquartiere zu legen, kommen lassen wollte. Man liess eine Abteilung 

von wo aus er die gothische Kiiste des adriatischen zur Riickendeckung zuriick, wahrend das fibrige 

Meeres bedrohte. Es war naturlich vergeblich, Heer in zwei Abteilungen — Martinus an der 

dass sich Wittiges tiber die Verletzung des Waffen- Kiiste, B. und Narses die Berge entlang — und 

stillstandes beklagte (Prok. Goth. II 5 — 7). That- die Flotte unter Hildiger gegen Ariminum zogen. 

sachlich wurde er nicht eingehalten, und als Wit- Durch diese combinierte Bewegung sahen sich die 

tiges bemerkte, dass ihn B. nur zum besten hatte Gothen von drei Seiten bedroht, verliessen ineilen- 

und, seinerseits die Waffenruhe nicht beachtend, der Flucht ihr Lager und retteten sich nach Ra- 

vergebliche Versuche machte, sich doch noch Roms venna. Johannes war entsetzt, allein dadurch die 
zu bemachtigen, gab dies B. den erwtmschten Vor- 20 Einigkeit unter den Feldherren keineswegs her- 

wand, den Johannes ins Picenische vorrficken zu gestellt (Prok. Goth. II 11 — 13. 16. 17). Als B. 

lassen. Er verwustete alles Gothische, was ihm in Urbinum belagerte, um seinem Plane gem&ss dem 

den Weg kam, die rOmische Colonenbevolkerung, ihm immer noch gefahrlich erscheinenden Feinde 

die er schonte , wird ihm gegen die gothischen einen Fuss breit Landes nach dem andern abzu- 

Herren, die in dieser Gegend niedergelassen waren, gewinnen , verliessen ihn Narses und seine An- 

beigestanden haben. Schrecken verbreitete die hanger mit 10 000 Mann, um auf eigene Faust 

Niederlage einer gothischen Abteilung , die sich in die Aemilia vorzudringen, trotzdem sich B. auf 

ihm in den Weg stellte, und als er an Auximum seine kaiserliche Vollmacht berief und es auch an 

und Urbinum vorbei gen Ariminum kam, Offnete flehentlichen Bitten nicht fehlen liess. Indes ge- 

ihm die romische BevOlkerung die Thore , wah- 30 lang es ihm nach kurzer Belagerung im Decem- 

rend die gothische Besatzung nach Ravenna floh; her, die Stadt einzunehmen; auch Orvieto, jetzt 

ja, er konnte sogar mit der Konigin Matasuntha, das siidlichste Bollwerk der Gothen, flel in seine 

die in Ravenna auf Verrat sann, ein Einveratand- Hande , bevor er selbst die Winterquartiere in 

nis anknupfen. Das gothische Belagerungsheer Rom nahm und ein Beobachtungscorps in Fir- 

aber brach, nachdem der Waffenstillstand schon mum uberwintern liess (Prok. Goth. II 18 — 20; 

abgelaufen war, im Monat Marz 538 auf die Kunde fiber B.s Liberalitat gegen die Kirche Lib. pont. 

hin auf, dass die ROmer das Eigentum der Gothen v. Vig. 2 ; u. a. erbaute er das Xenodoehium in 

verwfisteten, Weib und Kind bedrohten. Auf dem Via Lata in Rom und das Kloster des hi. Iuve- 

Rfickzuge iiberfiel sie B. nochmals beim Tiber- nalis in Horta, vgl. Duchesne z. d. St. und 

iibergange und fugte ihnen betrachtliehen Schaden 40 Platner-Bunsen Beschreib. d. St. Rom HI 3, 

zu, nachdem die Belagerung Roms ein Jahr und 193). Im Friihjahr brach B. wieder gegen die 

neun Tage gedauert hatte (Prok. Goth. 119. 10; adriatische Kiiste auf und verbrachte sieben Mo- 

14 menses: Jord. Get. 60, 312; per anni spa- nate mit 11000 Mann mit der Belagerung von 

tiwm : Jord. Rom. 374. Marcell. Com. 538 ; annum Auximum , wahrend eine andere Abteilung das 

unum: Lib. pont. v. Silv. c. 5). Der allzu kuhne gothische Faesulae, das Ausfallthor von Ravenna 

Vorstoss des Johannes war offenbar nicht nach nach Etrurien, belagerte. Wahrend des Marsehes 

dem Sinne B.s , dessen Plan nun , da er selbst traf bei ihm die Nachricht ein , dass Mailand, 

wieder zum Angriffe ubergehen konnte. dahin das von einem Corps der Kaiserlichen besetzt 

ging, die Gothen in dem Centrum ihrer Macht und worden war , von den Gothen wiedererobert und 

ihren eigentlichen Sitzen zu umstellen und syste- 50 zerstOrt sei. B. konnte dies mit einigem Recht 

matisch von alien Seiten zu erdrucken. Diesem dem Ungehorsam der frondierenden Generale zu- 

Zwecke diente die Expedition gegen Midland, die schreiben, die der bedrohten Hauptstadt Nordita- 

in demselben Jahre mit Gliick ausgefiihrt wurde. liens nicht rechtzeitig zu Hiilfe gekommen waren. 

Ebendeshalb verlangte B. auch von Johannes, dass Der Bericht B.s bewirkte , dass der Kaiser den 

er sich mit seinen Kerntruppen auf die Haupt- Narses aus Italien abberief. Hatte dies auch eine 

macht zuriickziehe ; allein Johannes, pochend auf unbequeme Schwachung des kaiserlichen Heeres 

seine bisherigen Erfolge und auf die ihm ergebenen zur Folge, da die 2000 Heruler sich weigerten, 

Soldaten, gehorchte nicht, und nur die Gardisten nach Narses Abgang in Italien zu dienen, so war 

B.s, die in Ariminum waren, folgten dem Befehl doch wenigstens die thatsachlich unterbrochene 

ihres Herrn. Ariminum wurde bald von der gothi- 60 Einheit des Oberbefehls wieder hergestellt (Prok. 

schen Hauptmacht unter Wittiges eingeschlossen, a. a. O. II 21 — 23). Zunachst wurde allerdings 

wahrend B. zu Beginn des Sommers auf der Via ein kaiserliches Heer, das bei Ticinum stand, von 

Flaminia nach Wegnahme von Clusium und Tuder einem Schwarme von 100 000 Franken, die unter 

an die adriatische Kiiste zog. Bei Firmum ver- KOnig Theodebert einen Plunderungszug fiber die 

einigte er sich mit den 7000 Mann, welche Nar- Alpen unternommen hatten, fiber den Haufen ge- 

ses und der Magister militum per Illyricum Iusti- rannt; allein das gothische Heer, das die Polinie 

nus mit der Flotte herbeigebracht hatten. Die verteidigte, erlitt dasselbe Schicksal, und Wit- 

numerische Starkung des Heeres war sehr betracht- tiges wurde durch die Furcht vor einer feind- 

Pauly-Wissowa III 8 



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Belisarios 



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lichen Bewegung der Franken nicht minder, als 
durch die Furoht vor Johannes davon abgehalten, 
von Ravenna aus seinen beiden hart bedrangten 
Festungen zu Hiilfe zu kommen. Als nun end- 
lich die tapferen Besatzungen von Faesulae und 
von Auximum sich ergeben hatten und zum Teil 
sogar B.s Heer verstarkten, konnte der Oberfeld- 
herr sich zur Belagerung von Ravenna wenden, 
da die frankischen Schwarme, ohne ein dauerndes 
Eesultat erzielt zu haben, in ihre Heimat zuriick- 
kehrten. Von Norden her bedrohte die Stadt Yi- 
talius, der nach Beendignng des dalmatinischen 
Krieges heranzog. Das Meer war von der kaiser- 
lichen Flotte beherrscht (Herbst 539). Die Gothen 
hatten sich schon vor langerer Zeit, um einen 
Ausweg aus ihrer bedrangten Lage zu finden, nach 
Yerbiindeten umgesehen und durch eine Gesandt- 
SGhaft dazu beigetragen, dass der Perserkonig ins 
rSmische Gebiet einflel, so dass es Iustinian wiin- 
schenswert erschien, den Frieden im Westen wie- 
derherzustellen. Zunachst wurden die seiner Zeit 
von Eom aus nach Constantinopel geschickten 
und hier lange Zeit zuTUckgehaltenen gothischen 
Gesandten mit dem Bedeuten nach Italien ent- 
lassen, dass bald eine romische Gesandtschaft ein- 
treffen werde, um Friedensverhandlungen anzu- 
kniipfen. B. hatte sie nur gegen RGckgabe der 
lange widerrechtlich festgehaltenen kaiserlichen 
Gesandten Athanasios und Petros durchgelassen. 
Bald darauf boten die Franken dem Wittiges ein 
Bundnis gegen Uberlassung eines Teils von Ita- 
lien an. B. erkannte die Gefahr und bewog die 
Gofchen, das frankische Biindnis fahren zu lassen 
und lieber mit ihm zu unterhandeln, wahrend er Ea- 
venna iminer mehr bedrangte und die Kornspeicher 
in der Stadt , angeblich im Einverstandnis mit 
der verraterischen Konigin, in Brand stecken liess, 
und wahrend Johannes einen Versuch des Uraias, 
von der Lombardei her Eavenna zu entsetzen, ver- 
eitelte (Prok. Goth. II 24—28). Schon waren 
auch die kaiserlichen Gesandten, Domnicus und 
Maximums, eingetroffen ; sie waren bereit, im Auf- 
trage des Kaisers mit Wittiges auf folgende Be- 
dingungen Frieden abzuschliessen: den Gothen solle 
das Land nordlich des Po, das thatsaclilich zum 
grOssten Teile noch in ihren Handen war, bleiben ; 
der Kaiser begniigte sich mit dem iibrigen Italien 
und der Halfte des Konigsschatzes als Kriegs- 
entschadigung. Die Gothen betrachteten diese Be- 
dingungen noch als sehr giinstig. B. aber weigerte 
sich auf das entschiedenste , einen solchen Ver- 
trag zu unterschreiben, der ein gothisches Keich 
weiterbestehen liess, der ihm den Euhm, den er 
schon in Handen zu haben glaubte , genommen 
hatte , in Italien ebenso wie in Africa der Bar- 
barenherrschaft ein definitives Ende gemacht und 
den Konig als Beweis dafur gefangen nach Con- 
stantinopel geftthrt zu haben; der aber auch an- 
dererseits, wie B. wohl behaupten konnte, die In- 
teressen des Kaisers nicht genugend wahrte. Er 
wagte ein kiihnes Spiel, da es unter seinen Ge- 
neralen nicht an solchen fehlte, die behaupteten, 
dass er nur im eigenen ehrgeizigen Interesse den 
Krieg nicht beenden wolle, dessen schliesslicher 
Ausgang, wie sie auf B.s Wunsch zu Protokoll 
gaben, nach ihrer Meinung doch sehr zweifelhaft 
war und nicht zu einer vollstandigen Vernichtung 
der Gothenherrschaft fiihren werde. Fiir die Gothen 



war natiirlich B. nicht nur der einzige Vertreter 
des Kaisers, sondern auch der Mann, in dem sie 
die thatsachliche Macht der Eomer in Italien ver- 
kOrpert sahen. Mit ihm unterhandelten sie weiter, 
und da sie die UTsache ihres eigenen Missge- 
schickes in der Unfahigkeit des Wittiges sahen, 
der bereit war, seine Krone aufzugeben, aber B.s 
PersOnlichkeit die Erfolge der kaiserlichen Waffen 
zuschrieben , boten sie ihm insgeheim die Herr- 

10 schaft iiber Gothen und Romer in ganz Italien an, 
wenn er ihnen dagegen Eigentum und Freiheit 
garantiere. Diese letztere Bedingung beschwor 
B.; daran zu zweifeln, dass er den andern, ihn 
selbst betreffenden Teil der Abmachung einhalten 
werde, sahen die Gothen keinen Grand. War es 
doch schon oft genug vorgekommen, dass ein glttck- 
licher General und Soldnerfuhrer seinem Kaiser 
die Treue gebrochen hatte, iind sogar die Regel, 
dass die Begriinder der romanisch-germanisehen 

20 KOnigreiche im Dienste des Reiches gestanden 
hatten. Im Fruhjahr (oder Winter nach Prokop; 
Agnell. c. 63 in mense madeo ist sicherlich falsch. 
Marcell. Com. 540. Mar. Avent. 540) des J. 540 
fuhr eine romische Getreideflotte im Hafen von 
Classis ein, wahrend das romische Heer in Ea- 
venna einzog. B. nahm den Schatz in Besitz und 
hielt Wittiges gefangen ; die Gothen von diesseits 
des Po entliess er auf ihren Grundbesitz ; die jen- 
seits des Po stationierten gothischen Officiere mit 

30Ausnahme des Ildebad stellten sich ihm in Ea- 
venna zur Verfugung. Darauf machte B. Vorbe- 
reitungen, um nach Constantinopel zuruckzukehren, 
da ihn der Kaiser abberufen hatte, wie die einen 
sagten , weil B.s Vorgehen bei ihm verdachtigt 
worden war, wie andere meinten, nur um ihm 
den Oberbefehl im persischen Kriege zu iiber- 
tragen. Die Gothen bestiirmten ihn noch einmal, 
sein Versprechen wahr zu machen, sahen sich aber 
getauscht und stellten nun den Ildebad als KOnig 

40 an ihre Spitzc (Prok. Goth. II 29. 30. Jord. Get. 
60, 313, vgl. Lib. pont. v. Vig. 1, wonach B. von 
Ravenna iiber Eom nach Constantinopel gereist 
ware). 

Als B. mit dem GothenkOnige und dessen Frau, 
der letzten Amalerin, mit einer grossen Anzahl 
gefangener vornehmer Gothen und mit dem Konigs- 
schatze an den Hof seines Kaisers zuriickkehrte, 
war er der gefeiertste und popularste, durch seinen 
Reichtum und seine Haustruppen der machtigste 

50 Mann im Staate. Allein diesmal bewilligte Iusti- 
nian seinem getreuen Feldherrn den Triumph 
nicht. Mochte er auch vielleicht von seiner Treue 
tiberzeugt sein, so schien B. doch fast schon Tiber 
das Mass hinausgewachsen zu sein, das einem 
Unterthanen im absoluten Staate zukommt (Prok. 
Goth. Ill 1). Seine Dienste freilich konnte Iusti- 
nian gerade jetzt am wenigsten entbehren, da der 
Perserkrieg sehr gefahrliche Dimensionen an- 
genommen und der Perserkonig sogar Antiochia 

60 eingenommen hatte. Schon war von den Generalen, 
die mit B. aus Italien zuriickgekehrt waren, Mar- 
tinus nach Daras abgegangen. B. folgte zu Be- 
ginn des Friihjahrs 541 (Marcell. Com. zum J. 541; 
dazu Nov. lust. 109. Ill) mit Yalerianus , der 
nach Armenien bestimmt war, und mit seinen 
Haustruppen, die jetzt durch die gothischen Capi- 
tulanten noch wesentlich verstarkt waren. Seine 
erste Arbeit musste die Reorganisation des voll- 



standig desorganisierten mesopotamischen Heeres 
sein. Nachdem er auch die Truppen aus der Li- 
banonprovinz und den Saracenenfiirsten Arethas 
an sich gezogen hatte, hielt er in Daras (etwa 
im Juni) Kriegsrat und beschloss einen Yorstoss 
in das persische Gebiet, da die Armee des Perser- 
konigs gerade auf einer Expedition in die Lazica 
■begriffen war. B. riickte gegen Nisibis vor, 
schwenkte aber gegen Sttden ab, um hier in einer 
guten Stellung auf einen Angriff der starken Be- 
satzung dieser wichtigen Festung zu warten. Ein 
Teil der Generale verweigerte den Gehorsam und 
riickte naher an die Stadt heran, wurde aber fiber- 
fallen und, nachdem sie ein Feldzeichen verloren 
batten, nur durch das Einschreiten der Haupt- 
macht unter B. und namentlich der gothischen 
<Jarde gerettet. Nach dieser Erfahrung hielt B. sein 
Heer ftr ungeeignet, um die Belagerung von Ni- 
sibis durchzufuhren. Dagegen hielt er sich mit 
•der Belagerung des Castells Sisauranon, einen 
Tagmarsch hinter Msibis, auf und schickte nur 
Sie Saracenen unter Arethas und einen Teil seiner 
■Garde als Streifpartie weiter vor ins feindliche 
Land. Diese Truppen streiften bis jenseits des 
Tigris und pliinderten weit und breit das unver- 
teidigte Land, bis Arethas es fur gut fand, seine 
Beute in Sicherheit zu bringen, und sich nicht 
wieder mit dem romischen Heere vereinigte, wah- 
rend die Manner von der Garde auf das falsche 
•Geriicht vom Nahen eines gfbssen feindlichen 
Heeres iiber den Euphrat gingen und, vom Haupt- 
heere durch grbsse Strecken getrennt , zunachst 
als verschollen galten. Dieser Umstand, ferner 
die Krankheit, die infolge der Hitze nach der 
Einnahme des Castells unter den romischen Trup- 
pen ausbrach, und die Angst vor einem Einfalle 
der Saracenen in die siidlichen Provinzen des 
Reiches wurden officiell als die Ursachen ange- 
geben, welche B. jetzt zu seinem uberraschenden 
und hastigen Riickzuge nach dem romischen Teil 
von Mesopotamien bewogen, ohne dass er auch 
nur versucht hatte, dem Perserkonig den Weg zu 
verlegen, der auf die Nachricht vom Einfalle B.s 
zum Schutze seines Landes herbeieilte (Prok. Pers. 
II 14 — 19). Allein es scheinen in der That ausser 
diesen Ursachen und vielleicht auch der Unzuver- 
lassigkeit seines Heeres noch andere, rein persCn- 
liche Umstande fur B. in Betraeht gekommen zu 
sein. Der kulturgeschichtlich interessante Sitten- 
roman des Mannes B. verflicht sich immer enger 
mit den Kriegsannalen jener Zeit, welche den 
Namen des Feldherrn B. unsterblich gemacht 
haben. Daruber kann kein Zweifel bestehen, dass 
der machtige Feldherr im eigenen Hause der Sclave 
war. Zeitgenossen konnten sich seine blinde Liebe 
zu der alteren Antonina nur durch die Einwirkung 
Ton Liebestranken erklaren, so gross war die Ge- 
walt dieser Frau iiber B., so sehr hatte sie sich 
ihm auch unentbehrlich zu machen- gewusst. Ehr- 
geizig und eine Intrigantin, der am kaiserlichen 
Hofe keine andere gewaehsen war, stellte sie alle 
Kunste ihrer fiDdigen Natur in den Dienst der 
Aufgabe, die aussere Stellung, Macht und Reich- 
tum ihres Mannes zu heben. Allein dies hinderte 
sie nicht, ebenso skrupellos in ihrem Privatleben 
ihrem heissen Temperamente nachzugeben und 
ihrem eigenen Helden die Horner aufzusetzen. Ein 
Tmbedeutender Mensch, Theodosius, der dem B., 



seinem Adoptivvater, alles verdankte, dessen ein- 
zige Leidenschaft das Geld gewesen zu sein und 
der selbst vor der gefahrlichen Rolle, die er spielte, 
Angst gehabt zu haben scheint, wurde schon in 
Africa, vielleicht sehr gegen seinen Willen, der 
gliicklichere Concurrent des gefeierten Feldherrn 
bei dessen eigenem Weibe. Eine kiihne Ltige der 
Antonina soil geniigt haben, um B. zu beschwich- 
tigen, als er sie in Karthago beinahe in flagranti 

10 ertappte. In Sicilien fand sich dann eine Kammer- 
frau, die dem B. allerlei ausplauderte , so dass 
dieser seinen Nebenbuhler beiseite schaffen wollte. 
Allein im eigenen Hause konnte er seinen Willen 
nicht durchsetzen. Theodosius erfuhr noch recht- 
zeitig von der Sache und machte sich aus dem 
Staube. Antonina wusste ihrem Gemahl einzu- 
rcden, dass sie ein Opfer der Yerleuradung ge- 
worden sei; die Kammerfrau musste nun die Ein- 
tracht ihrer Herren biissen ; Theodosius kam zu- 

20 ruck, und Photius, der eigene Sohn der Antonina 
aus einer Mheren Ehe , musste fort , weil er zu 
seinem Stiefvater hielt und sich mit dem Gelieb- 
ten der Mutter nicht vertrug. Constantinus aber, 
einer der tiichtigsten Feldherren B.s in Italien, 
musste dafiir biissen, dass er gemeint hatte, B. 
hatte besser gethan, sich an seiner untreuen Gat- 
tin, als an deren Geliebtem zu rachen. Er liess 
sich freilich wahrend der Belagerung von Eom 
eine schwere Insubordination zu Schulden kommen, 

30 allein keine solche, die man nach damaligen Be- 
griffen bei einem vornehmen Generale mit dem 
Tode bestraft hatte; er wurde in Gewahrsam ge- 
nommen und dann im Gefangnis aus dem Leben 
geschafft. Dass Prokop sogar in seiner officiellen 
Geschichte (Prok. Goth. II 8 p. 181) diese Hand- 
lung B.s ausdriicklich tadelt, spricht dafiir, dass 
die Darstellung seiner Geheimgeschichte, in wel- 
cher der Tod des Constantinus den Ranken der 
Antonina zugeschrieben wird, auf Wabrheit be- 

40 ruht. Als Theodosius nun mit B. und Antonina 
nach Constantinopel zuriickgekehrt war, scheint 
er den Scandal gefiirchtet zu haben, den sein Ver- 
haltnis zu Antonina, die in dieser Beziehung 
durchaus nicht vorsichtig war, am Hofe erregen 
musste, und die Folgen, die filr ihn daraus ent- 
stehen konnten ; so floh er in ein Kloster nach 
Ephesus. Allein die Klagen der Antonina brach- 
ten es dahin, dass B. selbst das Kaiserpaar um 
die Eiickberufung des Theodosius bat. Und erst 

50 als B. gegen die Perser aufgebrochen war und 
ihn Antonina gegen ihre Gewohnheit nicht be- 
gleitete, kam er unter dem Einflusse des Photius 
so weit zur Besinnung, dass er den Photius mit 
der Beseitigung des Theodosius beauftragte und 
ihm die heiligsten Eide schwur, dass er ihn gegen 
die Folgen seiner Handlungen scbutzen werde. 
Indes war Theodosius wieder zeitweilig zu Anto- 
nina nach Constantinopel znruekgekehxt und An 
tonina hatte weiter intrigiert, indem sie den poli- 

60 tischen und persOnlichen Feind ihres Mannes und 
ihrer eigenen Machtstellung, den Praefectus prae- 
torio Johannes, auf listige und wenig ehrenvolle, 
aber damals nicht gerade ungewohnliche Weise 
anschwarzte und zu Fall brachte, wodurch sie 
sich zugleich die unauslOschliche Dankbarkeit der 
Kaiserin Theodora errang. Der Palast des Ge- 
stiirzten wurde zur Belohnung dem B. geschenkt 
(Prok. Pers. I 25. Marc. Com. zum J. 544). Nun 



231 



Belisarios 



Belisarios 



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entliess sie ihren Geliebten nach Ephesus und ihrer Person erblickte, ganz abgesehen davon, 

eilte gen Mesopotamien in das Feldlager ihres dass es in jener Zeit schon als Majestatsverbrechen 

Mannes. Auf die Nachricht Ton ihrem Heran- gedeutet werden konnte, wenn iiberhaupt vom 

nahen ordnete B, , der thatsachlich den ganzen Tode des Herrschers gesprochen wurde. Theodora 

Feldzug nicbt mit gewohntem Eifer gefuhrt hatte, begniigte sich aber damit , B. sein Commando 

schleunig den Ruckzug an und traf sie schon auf nehmen zu lassen , sein VermOgen zum grossen 

rOmischem Gebiete. B. nahm alle Energie, deren Teil einzuziehen und ihn dadurch ohnmachtig zu 

er fahig war, zusammen und hielt sein untreues maehen, dass sie seine Garde, die Hauptstiitze 

Weib in engem Gewahrsam, konnte es aber doch seiner Macht, an verschiedene Generale und Hof- 
nicht iibers Herz bringen, sie zu toten, so oft er lOlinge verteilte. B. war in Ungnade, und der 

auch daran gedacht haben mag. Photius aber Neid, der sich gegen ihn angesammelt hatte, und 

eilte nach Ephesus, brachte den Theodosius (und der ganze ,Byzantinismus' der Hofgesellschaft zeigte 

dessen Schatze) in seine Gewalt und verbarg ihn sich darin , dass ihn , den Gesturzten , jetzt alle 

in Oilicien vor den Augen der Menschen. Allein mieden, die sich frfiher seine Freunde genannt 

die Kaiserin wachte fiber das Heil ihrer Freundin. hatten. Aber auch B. selbst scheint keine An- 

Sie befreite die Antonina. indem sie B. nach Con- wandlung yon Emporung gefiihlt , sondern sich 

stantinopel berief, warf den Photius und einige zitternd und ergeben in sein Schicksal gefiigt zu 

von dessen Genossen ins Gefangnis und brachte haben. Als sich aber die Herrscher eines Teils 

auch den Theodosius (der fibrigens bald darauf seines Reichtums bemachtigt und sich wohl auch 
starb) wieder in die Arme seiner Freundin. Wir 20 von seiner vollstandigen politischen Ungefahrlich- 

hOren nichts davon, dass B. Schritte zu Gunsten keit genflgend tiberzeugt hatten, nahmen sie ihn 

des Photius unternommen hatte, ebensowenig aber wieder in Gnaden auf unter der Bedingung, dass 

davon, dass man gegen seine Person vorgegangen er sich mit seiner Gemahlin versOhne. Seine ein- 

ware : es lag dies nicht im Interesse der Antonina, zige Tochter Johannina wurde mit einem Enkel 

und er besass offenbar auch noch in zu hohem der Kaiserin verlobt. Und B. widmete abermals 

Grade das Vertrauen des Kaisers. Im folgenden dem Kaiser seine Dienste, er wurde zum Ober- 

Jahre (542) flnden wir ihn wieder als Hochst- stallmeister ernannt und mit der Aufgabe betraut, 

commandierenden im Perserkriege (Prok. Anekd. die fast verlorene kaiserliche Herrschaft in Italien 

1 — 3). Chosroes hatte den Euphrat iiberschritten wieder herzustellen (Prok. Anekd. 4. Marcell. Com. 
und war abermals in rflmisches Gebiet einge- 30 zum J. 545). 

fallen, fand in der Euphratprovinz keinen Wider- Nach B.s Abgang aus Italien hatte es sich 

stand, da sich die schwachen romischen Abtei- gezeigt, dass die gothische Macht noch keineswegs 

lungen in die festen Platze geflflchtet hatten und vernichtet war. Die Gothen jenseits des Po 

bedrohte Palaestina mit einem Einfalle. B. kam wollten sich nicht unterwerfen und wahlten sich 

mit geringer Begleitung in der kaiserlichen Eil- Kiinige, wahrend die byzantinischen Generale das 

post herbei und sammelte bei Europos mOglichst Land auspressten und die Armee durch Disciplin- 

viele von den zerstreuten Streitkraften urn sich. losigkeit und das chronische Ausbleiben des Sol- 

Trotzdem war er viel zu schwach, um dem star- des desorganisiert wurde. Totilas , der neu ge- 

ken Perserheere in offenem Felde Widerstand wahlte Gothenkonig, schlugsie in zwei Schlachten 
leisten zu konnen. Allein Chosroes scheint iiber 40 dermassen, dass die Kaiserlichen das flache Land 

die Verhaltnisse im romischen Heere schlecht unter- preisgaben und sich in die Festungen zurtickzogen. 

richtet, dazu von B. getauscbt worden zu sein; Sein Heer schwoll an durch die Masse der Un- 

auch der Name B.s hatte bei den Feinden des zufriedenen, und mit geschickter Politik wusste er 

romischen Reiches einen gefahrlichen Klang. Kurz, die italienische BevOlkerung gegen ihre romischen 

der PerserkOnig entschloss sich, iib^r den Euphrat Grundherren auszuspielen und auf seine Seite her- 

zuriickzugehen aus Angst, dass ihm B. den Ruck- iiberzuziehen. Schon hatte er Neapel genommen 

zug abschneiden kftnnte, und liess sich sogar auf und bedrohte Rom. Im Sflden Italiens hielt sich 

Friedensunterhandlungen ein, ohne sich freilich mit Miihe in Hydruntum eine kaiserliche Be- 

dadurch abhalten zu lassen , die rSmische Stadt satzung, und auch die festen Platze in der Nahe 
Callinicum zn zerstOien. Vielleicht ist es unge- 50 von Ravenna wurden bedrangt. B. aber kam nun 

recht, wenn man B. einen Vorwurf daraus machte, (544), abermals zum Generalissimus ernannt, aber 

dass er dies geschehen liess. Hatte er doch die ohne seine Garde, ohne sein Veteranenbeer , das 

Ungeschicklichkeit des Gegners auf das beste aus- zum Teil im persischen Feldzug verwendet wurde, 

genutzt , um ihn aus den bedrohten romischen und sollte helfen. Es scheint, dass ihm Iustinian 

Provinzen herausznmandvrieren ; allein glanzende gar keine Truppen (ausser den schon in Italien 

Waffenerfolge waren freilich in diesem Feldzuge beiindlichen) zur Verfugung stellte , und dass er 

nicht zu verzeichnen (Prok. Pers. II 20. 21 ; Anekd. sogar die 4000 Rekruten, die er in Thrakien im 

3 p. 29. lord. Rom. 377). Als er nach Constan- Verein mit Vitalius , dem Magister militum per 

tinopel zuruekgekehrt war, schien sein Stern vol- Illyricum, anwarb, auf eigene Kosten anwerben 
lends im ErlOschen zu sein. Er wurde denunciert, 60 und erhalten musste (Prok. Anekd. 4 p. 35; Goth, 

dass er wahrend der schweren Krankheit, die III 10. Jord. Rom. 380). Zunachst wagte sich 

Iustinian damals durchzumachen hatte, als eine B. gar nicht nach Italien; von Salona aus sen- 

schwere Epidemie alle Lander am Mittelmeere dete er zu Schiff eine Abteilung, der es zwar ge- 

heimsuehte, sich mit anderen Generalen dahin gc- lang , Proviant fur ein Jahr nach Hydrant zu 

aussert habe, dass das Heer einen Nachfolger, der schaffen und die erschopfte Besatzung abzulOsen, 

in Constantinopel aufgestellt werden wurde, nicht der aber bei einer Streifung von den Gothen nicht 

anerkennen werde. Es scheint, dass Theodora in unbetrachtliche Verluste beigebracht wurden. Von 

dieser Ausserung hauptsachlich eine Beleidigung Salona fuhr B. nach Pola, wo er langere Zeit ver- 



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Belisanos 



Uelisanos 



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weilte , offenbar um seine Mannschaft ungestort befanden, und wagte nicht oder wollte nicht den 
einexercieren zu konnen, und von hier erst nach Angriff gegen das Hauptheer vor Rom yersuchen. 
Ravenna. Allein hier musste er bald einsehen, B. harrte vergebens. Da entschloss er sich, einen 
dass er mit semen Mitteln nichts ausrichten konnte. verzweifelten Versuch zu maehen, die Stadt, deren 
Die Steuern aus Italien , auf die er allein ange- BevOlkerung ausgehungert war, wahrend der Com- 
wiesen war, gingen natiirlich nicht ein. Das mandant Bessas das aufgespeicherte Getreide nur 
Heer, das er vor wenigen Jahren zum Siege ge- um "Wucherpreise verkaufte, mit Proviant zu ver- 
fuhrt hatte, war durchaus unzuverlassig geworden ; sehen. Bessas war nicht dazu zu bewegen, die 
die illyriscnen Truppen, die schon lange ohne Sold Action von Rom aus zu unterstiitzen. B. setzte 
waren, machten sich bei Gelegenheit einer Expe- 10 sich mit seinen getreidebeladenen Schlachtschiffen 
dition gegen Bononia aus dem Staube, als sie von in Bewegung, am rechten Tiberufer von seinem 
einem Barbareneinfalle in ihre Heimat hOrten; Fussvolke begleitet. Der Angriff richtete sich 
die Aufforderung B.s an alle Abgefallenen und gegen die Sperrkette und-die Sperrbriicke, welche 
Uberlaufer, deren Zahl Legion war, sich wieder die Gothen iiber den Fluss gelegt hatten. Schon 
den kaiserlichen Waffen anzuschliessen, blieb ganz war von einem schwimmenden Turme, den B. vor- 
wirkungslos. Ein Versuch, das wichtige Ausi- bereitet hatte, aus der gothische Wachturm am 
mum zu befreien , missgliickte. Nur Pisaurum rechten Tiberufer in Brand gesteckt worden, und 
vermochte B. wieder besetzen und befestigen zu es schien, dass das kuhne Unternehmen gelingen 
lassen, um nicht Ravenna den directen Angriffen wiirde. Da brach Isaak , der mit den Reserve- 
der Gothen auszusetzen. Es zeigte sich die Wir- 20 truppen zum Schutze der Riickzugslinie und zum 
knng der vorsichtigen Massregel des Totilas, der Schutze der Antonina in Porto zuriickgelassen 
die Festungen , die er genommen hatte , regel- war, gegen den ausdriicklichen Befehl B.s auf ein 
massig schleifen liess, so dass es den Kaiserlichen falsches Geriicht hin aus seiner Reserve hervor 
an Stiitzpunkten fur ihre Operationen fehlte (Prok. und uberfiel das gothische Lager am linken Tiber- 
Goth. Ill 10. 11. Jord. Rom. 380). B. sendete ufer. Die Gothen flohen zuerst, kehrten aber bald 
den Johannes, seinen langjahrigen Gegner, nach zuruck und richteten unter den Kaiserlichen, die 
Constantinopel mit der Bitte um wirksame Unter- ohne jede Vorsicht das Lager zu pliindern be- 
stutzung und schilderte dem Kaiser brieflich die gonnen hatten, ein Blutbad an und nahmen sogar 
elende Lage der Provinz und desHeeres; er ver- Isaak gefangen. Als B. nun hOrte, dass Isaak 
langte seine Garde zuruck und and ere Hiilfstrup- 30 gefangen sei, verlor er jede Geistesgegenwart, sah 
pen und Geld. Namentlich als Herodian — an- schon in Gedanken Porto von den Gothen genom- 
geblich weil B. von ihm wegen seiner bisherigen men, sein Weib gefangen, seine Rtickzugslime ab- 
Amtsfuhrung Rechensehaft verlangt hatte (Prok. geschnitten. Eiligst kehrte er um, um zu retten, 
Goth. Ill 12; Anekd. 5 p. 37) — Spoleto iiber- was noch zu retten war. Nach Porto zuruckge- 
geben und die Gothen auch Assisi in ihre Gewalt kehrt sah er, dass seine Furcht unbegriindet ge- 
bekommen hatten und von den wichtigeren Platzen wesen war. Von nun an unternahm er keinen 
im Appennin nur noch Perugia sich fur die Romer Versuch mehr, um Rom zu ontsetzen ; selbst fieber- 
hielt, wurde es B. ganz klar, dass er von Ravenna krank musste er mit seiner geringftigigen Trup- 
aus auf den Gang des Krieges iiberhaupt nicht penmacht von Porto aus den unausweichlichen 
einwirken und insbesondere Rom, das von Totilas 40 Fall von Rom beobachten (Prok. Goth. Ill 18. 
belagert wurde, nicht retten konnte. Er liess den 19; in das J. 546 gehort auch der Brief des Vi- 
Iustinus zum Schutze von Ravenna zuruck, segelte gilius, Jaffe-K. 918 = Mansi IX 46, in dem B. 
nach Dyrrhachion (545), von wo aus er nochmals erwahnt wird). Die Wiedergewinnung Roms durch 
den Kaiser dringend um Hiilfe bat. Es stiessen die Gothen (December 546) war fur Totilas ein 
denn auch in der That Truppen unter Johannes gliinzender Erfolg. Er suchte diesen Moment zu 
und Isaak zu ihm, wahrend die herulischen Htilfs- benutzen , um durch Gesandte in Constantinopel 
truppen unter Narses auf dem Marsche zogerten Friedensunterhandlungen anzukniipfen. Allein Iu- 
und dann durch einen Slaveneinfall von der Ver- stinian wies ihn an seinen Generalissimus B. Dass 
einigung mit B. abgehalten wurden. Auch dies nun in der That zwischen Porto und Rom Ver- 
Kriegsjahr blieb fur die Kaiserlichen vollstandig 50 handlungen iiber den Frieden gepflogen worden 
ergebnislos. Denn weder der Versuch einer kleinen, waren, berichten unsere Quellen nicht. Man konnte 
von B. nach Porto detachierten Abteilung , im aber geneigt sein, dies anzunehmen, um die weitere 
Vereine mit dem Befehlshaber von Porto , Inno- Entwicklung zu verstehen. Es ist sehr wahrschein- 
centius, Rom Luft zu maehen, noch der Ver- lich , dass B. in seiner Zahigkeit, auch falls er 
such des Vigilius, von Sicilien aus iiber Ostia die Vollmacht hatte, auch jetzt noch nicht ge- 
Getreide nach Rom zu schaffen , gelang. Indes neigt war, einen Fuss breit Landes den Gothen zu 
scheint sich der alte Hader der Feldherrn, der iiberlassen, und dass er den Totilas durch Unter- 
jeden einheitlichen Kriegsplan vereitelte, in Dyr- liandlungen hinzuhalten suchte. Schon dem Kaiser 
rhachion emeuert zu haben (Prok. Goth. Ill 12. gegeniiber hatte Totilas gedroht, dass er, falls 
13. 15. Jord. Rom. 380). B. segelte im J. 546 60 ihm kein Vertrag zugestanden wurde, Rom dem 
iiber Hydruntum. wo die Gothen die Belagerung Erdboden gleich maehen und gegen die Senatoren 
aufhoben, weiter nach Porto, da er es fur das vorgehen werde, die sich in seiner Gewalt befan- 
wichtigste hielt , Rom nicht in die Gewalt der den. B. setzte es nun bei Totilas durch, dass er 
Feinde fallen zu lassen, wahrend Johannes von von seinem angeblichen Vorhaben abstand, ver- 
Calabrien durch Campanien gegen Rom vor- nrntlich indem er dies als Vorbedingung fiir jede 
dringen sollte. Dieser hielt sich aber in Sud- Verhandlung bezeichnete. Moglich auch, dass 
italien mit der Unterwerfung Calabriens und Apu- Totilas nicht daran dachte, dass ihm durch das 
liens auf, wo sich keine starken gothischen Heere Fortbestehen von Rom in der nachsten Zeit Ge- 



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Behsanos 



Belisarios 



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fahr erwachsen konnte — jedenfalls aber haben im Frlihjahr, nachdem der Kaiser 2000 Fusssol- 

derartige Erwagungen und nicht romantische Sen- daten zur Verstarkung und einen dringenden Be- 

timentalitat den Reatpolitiker Totilas dazu ge- fehl an B. hatte abgehen lassen, vereinigten sich 

bracht, Rom bestehen zu lassen. Er begniigte endlich Valerianus und B. in Hydruntum. Um 

sich damit, etwa den dritten Teil der Umfassungs- Mittsommer entschlossen sich die Peldherren end- 

mauer niederzulegen, und Hess zur Bewachung B.s lich zu einer gemeinsamen Unternehmung zum 

den grfissten Teil seiner Truppen in der Nahe von Entsatze des von Totilas hart bedriingten Ruscia ; 

Rom zuriick, wahrend er selbst sich nach Sfid- allein ein erster Versuch scheiterte an den wid- 

italien gegen Johannes wendete (Prok. Goth. Ill rigen Winden, ein zweiter an der Entschlossen- 
22). Eine Recognoscierung, die B. mit 1000 Mann 10 heit des Totilas, der seine Truppen an der Kiiste 

gegen Rom unternahm, fiihrte zwar zu einem aufstellte, um die Landung zu verhindern. Die 

gliicklichen Gefechte mit den Gothen, aber sonst Peldherren zogen sich nach Kroton zuriick und 

zu keinem Eesultate (Prok. a. O. Ill 23 p. 375). beschlossen, nun wieder getrennt zu operieren; 

Erst als Totilas, viellcicht um einen Schlag gegen B.behielt sich abermals die Operationen zurUnter- 

Ravenna auszufiihren, seine Truppen aus der Cam- stiltzung von Rom vor , wo die meuternden Sol- 

pagna weggezogen hatte, konnte B. nach Hinter- daten ihren Befehlshaber Konon niedergemacht 

lassung eines schwachen Postens in Porto in die hatten. Bevor er indes diese neue Expedition 

verOdete Stadt einziehen (547, etwa Februar). unternahm, wurde er nach Constantinopel zuriick- 

Rasch verproviantierte er sie zu Schiffe auf dem berufen. Er hatte namlich die Antonina mit der 
Tiber und zog die in der Umgebung zerstreute 20 Bitte um Verstarkungen an den Hof geschickt, 

Beyolkerung herein. Die Mauern wurden, so gut und als in diesem Jahre die Kaiserin Theodora 

es in der Eile ging, notdurftig wiederaufgebaut ; gestorben war, setzte Antonina wenigstens die 

sie hatten noch keine Thore, als Totilas auf die Abberufung ihres Mannes aus Italien durch, der 

Nachricht von B.s kijhnem Strciche nach 25 Tagen unter diesen Umstanden an einer gliicklichen Be- 

— schwerlich mit seiner gesamten Macht — heran- endigung des- Krieges verzweifelte. Er kehrte 

ruckte. Im Laufe von wenigen Tagen versuchte diesmal nicht als Sieger zuriick, und es wurden 

er dreimal die Stadt zu erstiirmen; allein ver- wegen seiner Kriegfuhrung gegen ihn schwere 

gebens; die Truppen B.s schlugen sich vortreff- Vorwiirfe erboben. Allein die Hauptschuld fur 

lich, und die Gothen wurden blutig abgewiesen. seinen Misserfolg wird man in den Verhaltnissen 
Totilas sah sich um die Frucht seiner jahrelangen 30 sehen diirfen: in der Desorganisation des italie- 

Bemiihungen gebracht und ffihlte sich zu schwach, nischen Heeres und der vollstandigen Verande- 

um Rom jetzt wiederzugewinnen. Er begniigte rung" der politischen Lage ; in dem Geldmangel, 

sich damit, die Tiberbriicken (mit Ausnahme des der ihn dazu zwang, die ohnedies, schwer herge- 

Ponte Molle , der in der Gewalt B.s gewesen zu nommenen Provinzen nach byzantinischer Art mit 

sein scheint) abzubrechen und sich in Tibur, dessen Steuern zu belasten , was ibm den Vorwurf der 

Befestigungen er wiederherstellen liess , festzu- Habsucht eintrug ; schliesslich in dem Mangel an 

setzen (Prok. Goth. Ill 24. lord. Rom. 381. Mar- Subordination der Generate, namentlich des Johan- 

cell. Com. 547). Allein trotz alledem war die nes und seiner Partei, die, wie es scheint, sich 

Lage der Kaiserlichen in Italien, die durchaus in in Opposition zur Kaiserin und damit auch gegen 
die Defensive gedrangt waren, die in getrennten 40 den Einfluss der Antonina stellte und nach dem 

kleinen Abteilungen operierten und gerade damals Tode der Kaiserin durch die Abberufung B.s und 

auch in Siiditalien Verluste erlitten , unhaltbar. die folgenden Ereignisse die Oberhand bekam 

Auf B.s dringende Vorstellungen entschloss sich (Prok. Goth. Ill 30; Anekd. 5. lord. Rom. 381). 

endhch der Kaiser, Verstarkungen zu schicken, Wie sehr aber auch jetzt noch B. als Sttitze des 

freihch in durchaus ungeniigendem Ausmasse. Thrones angesehen wurde, geht daraus hervor, 

Einige wenige Abteilungen vereinigten sich mit dass eine Verschworung zum Sturze des Kaisers, 

Johannes in Siiditalien; das Gros unter dem Ma- die kurze Zeit vor B.s Ankunft in Constantinopel 

gister militum per Armeniam Valerianus hielt sich entdeckt und vereitelt wurde, zugleich den Zweck 

an der griechischen Kiiste und wollte vor dem hatte, B. aus der Welt zu schaffen (Prok. Goth. 
PrflhjahT nicht iibersetzen. Da an einen Entsatz 50 III 31. 32). 

von Rom nicht zu denken war, erging an B. der Die folgenden Jahre verbrachte B. ruhig in 

kaiserliche Befehl, sich mit den iibrigen Truppen Constantinopel , im Genusse seiner Ehren und 

in Calabnen zu vereinigen und von hier aus die Reichtumer, nach Prokops Aussage unbedingt 

Offensive zu ergreifen ; es wurde also offenbar B.s seinem Ansehen nach der erste Mann im Staate, 

Feldzugsplan, der auf iihnlichen Voraussetzungen als Magister militum per Orientem , dann auch 

aufgebaut war, wie bei der ersten Eroberung Ita- in der Vertrauensstellung eines Commandanten 

liens, in Constantinopel nicht gebilligt. B. nahm der kaiserlichen Leibgarde (Comes domesticorum), 

ausgewahlte 700 Reiter und 200 Fusssoldaten mit aber politisch und militarisch , wie es scheint, 

sich, liess den iibrigen Teil seiner Armee unter vollstandig annulliert (Prok. Goth. Ill 35 p. 427' 
Konon in Rom und schiffte sich ein. Da ihn die 60 IV 21 p. 569 B. ; seine Thaten waren in den 

Wintersturme verhinderten, wie es in seiner Ab- Mosaiken des von Iustinian neu erbauten Palastes 

sicht lag, bis nach Tarent zu gelangen, landete verherrlicht : Prok. de aedif. 1 10; seine vergoldete 

er in Kroton. Hierhersollte Johannes nun kommen, Statue wird erwahnt vom Anon, de antiq. Cpol. 

um sich mit B. zu vereinigen. Als aber B.s Truppen bei B anduri Imper. Orientale I 3 p. 7. 95). Das 

in der Nahe von Ruscia von Totilas geschlagen letzte Decennium von lustinians Regiening ver- 

wurden, gab B. auch diesen Plan auf und scgelte floss ohne grosse Expeditionen, wie sie den Beginn 

nach Messana zuriick (Winter 548. Prok. Goth, in seiner Regierung gekennzeichnet hatten. Schwer 

27. 28. Marcell. Com. 548. lord. Rom. 381). Erst lastete auch jetzt der Steuerdruck auf den Unter- 



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Belisarios 



Uehsanos 



za» 



thanen, allein die Armeen wurden vernachlassigt, lungen und seine Garde wurden ihm genommen, 

und der alte Kaiser zog es vor, den Prieden seines er wurde in seinem Palast in Haft gehalten, da 

Reiches von den unruhigen Nachbarn zu erkaufen. eine nochmalige Eolterung der Angeber dasselbe 

AlsnunimMarzdesJ.559hunnischeScharen Resultat ergab (Malal. p. 493ff. Theophan. zum 

unter Zabergan iiber den Balkan vordrangen, fan- J. 6055). Allein schon am 19. Juli des folgenden 

den sie nirgends Widerstand. Wahrend ein Teil Jahres (563), nachdem der Praefect Prokop kurz 

verheerend und pliindernd gegen die thrakische vorher gestiirzt worden war, wurde B. in alle 

Chersonnes vorging , zog Zabergan selbst mit Amter und Wurden wieder eingesetzt (Theophan. 

7000 Mann gegen die langen Mauern, fand diese zum J. 6055 p. 370 B.). Im Marz des J. 565 ist 
unbesetzt und konnte sein Lager bei Melantias 10 er in Constantinopel gestorben, sein VermOgen 

am Athyras, nur 140 Stadien von Constantinopel fiel an den Fiscus (Theophan. zum J. 6057 p. 371 B.). 

entfernt, aufschlagen. Der Schrecken, den die Des beriihmten Feldherrn Leben wurde den Epi- 

fliichtenden Bauern in Constantinopel verbreiteten, gonen zur Legende und ausgeschmiickt zu einem 

war gross, schon wurden auch die Kirchenschatze lehrhaften Beispiele der Wandelbarkeit des Schick- 

aus der Umgegend nach Constantinopel gerettet. sales und der Furstengunst ; diese Sagenbildung 

Jetzt forderte der Kaiser B. auf, die Feinde zu- wurde dadurch erleichtert, dass Prokops Werk 

Tiickzuweisen. B. konnte sich nur auf etwa 300 vor B.s Tode abbricht und der Phantasie zur Aus- 

Veteranen verlassen, die wahrseheinlich zu seiner schmiickung der letzten Lebensjahre des Feld- 

Garde gehorten. Die Palasttruppen waren ganz herrn freien Spielraum lasst. In das Gebiet der 
unbrauchbar, da die Stellen in diesem Corps in 20 Fabel ist die Erzahlung zu verweisen, dass B. 

der letzten Zeit als Pfriinden vergeben worden auf Befehl des Kaisers geblendet wurde und durch 

waren. Eine ungeordnete Menge aus Stadt und Erbetteln milder Gaben sein Leben fristen musste. 

Land bot dem gefeierten Feldherrn ihre Dienste Diese Anekdote geht nur auf die Autoritaten des 

an, konnte aber natiirlicn nur mit Vorsicht ver- Tzetzes (Chiliad. Ill 334ff.) und des Anonymus 

wendet werden. Nachdem die Mauern von Con- de antiquitatibus Constantinopol. zuriick (bei Ban- 

stantinopel besetzt worden waren, machte B. seine duri Imp. Or. I 3 p. 7; derselbe Autor bringt 

Truppen beritten , zog eiligst vor die Stadt und an einer anderen Stelle die Version, dass die An- 

schlug iv Xdrrov x&mi ein festes Lager. Er ver- tonina ihren Gatten iiberlebt und die Kirche des 

suchte die Feinde iiber die Geringfiigigkeit seiner hi. Procop erbaut habe). 

Truppenmacht zu tauschen ; als aber 2000 Hunnen 30 Die Gestalt B.s stand durch Decenmen im 

angriffen, widerstand er selbst im Handgemenge Mittelpunkte der Interessen seiner Zeitgenossen, 

mit einem Teile seiner Kerntruppen tapfer, wah- und durch den gunstigen Zufall , dass Prokops 

rend er die iibrigen Veteranen seitwarts von der Werke seine Thaten erzahlen und uns erhalten 

feindlichen Angriffslinie in Hinterhalte legte. Als sind, ist B. auch fur uns die Verkorperung erner 

diese hervorbrachen und zugleich die Hauptmasse ganzen Zeitepoche geworden ; leicht sind wir des- 

der Truppen B.s sich zeigte. mehr um zu demon- halb geneigt, die Bedeutung seiner PersOnlichkeit 

strieren, als um zu kiimpfen, gerieten die Hunnen zu iiberschatzen. B. war aber nicht der Urheber, 

in Verwirrung, eilten mit Hinterlassung von 400 sondern nur eines der Werkzeuge der ins Grosse 

Toten in wilder Flucht in ihr Lager zuriick, gehenden iustinianischen Reichspolitik, die freihch 
brachen ■ sogar das Lager ab und zogen jenseits 40 mit dem namentlich dem reichsangehorigen Germa- 

der langen Mauern zuriick. Dass B., der durch nen tief eingewurzelten Respect vor dem rSmischen 

seinen Mut und seine Entschlossenheit Constan- Reiche wohl zusammenstimmte ; er war nur das 

tinopel gerettet zu haben schien, als alles den allerdings vortreffliche Schwert, das Iustinian sehr 

Kopf verloren hatte, von der Bevolkerung iiber- geschickt ausgewahlt hatte, um seine Schlachten 

schwenglich gefeiert wurde, ist natiirlich, obwohl zu schlagen. Er war vertraut genug mit den 

man mit Fug bezweifeln darf, ob Constantinopel politischen Pliinen des Kaisers, um sie strategisch 

selbst auch nur einen Augenblick in wirklicher mit der ihm eigenen Ziibigkeit durchfiihren zu 

Gefahr war. Indes contrastierte mit der Sffent- konnen, hat aber niemals eigene Politik gemacht, 

lichen Meinung das Verhalten des Kaisers , der die seinem Gesichtskreise und wahrseheinlich auch 
den B. nicht nur zurfickberief , als man dachte, 50 seinem Bildungsgange ganz feme lag. Wenn die 

dass er noch seinen Sieg hatte verfolgen kOnnen, Diplomatic in den Gang des Krieges emgriff und 

sondern dem Retter seines Thrones aus Argwohn der Feldherr Diplomat sein musste , wendete er 

auch keinerlei officielle Ehren zu teil werden liess den Barbaren gegeniiber dieselben Knegshsten 

(Wath V 15—20. Theophan. zum J. 6051. Vict. an, die er als Feldherr anzuwenden gewehnt war, 

f onn. zum J. 559 ; vgl. Malal. p. 490 B.). Ver- und sie waren ihm immer nur ein Mittel zui 

mutlich hat sich unter diesen Umstanden von vorn- Durchfuhrung seiner strategischen Plane. Er hat 

herein der Verdacht auch gegen B. gewendet, als wohl zu organisiercn verstanden , aber nur fur 

im November des J. 562 eine Verschworung gegen den Zweck des Krieges, und dauernde politische 

das Leben des Kaisers entdeckt wurde. Einer der Organisationen sind nicht an seinen Namen ge- 
VerschwoTenen gab auf der Folter an, dass auch 60 kniipft. Gerade ein solches Werkzeug brauchte 

einige Freunde und Bedienstete B.s von der Ver- Iustinian ; denn es war sicherlich nicht minder, 

schwfirung gewusst hatten, und als diese verhaftet als das personliche Treuverhaltms zum Kaiser, 

wurden, denuncierten sie vor dem Stadtpraefecten der vollstandige Mangel an eigenen politischen 

Prokop, der die Untersuchung fiihrte . auch den Conceptionen, welche in B. niemals auch nur den 

B. selbst. Am 5. December wurden diese Aus- Gedanken aufkommen liessen. dass er etwas ande- 

sagen in einer feierlichen Staatsratssitzung unter res sein konnte , als ein Unterthan des Kaisers. 

Vorsitz des Kaisers verlesen und B., der selbst ,Ich dien" war auch sein Wahlspruch; zieht man 

zugegen war, fiel in Ungnade; seine Ehrenstel- dies in Rechnung, so kann es nicht mehr wunder- 



-L"^ .LID OJ.1U0 



rjeiKama 



240 



bar erscheinen, mit welcher Eigebenheit er die 
schandlichsten Demfitigungen ertrug, in einer Zeit 
des organisierten Servilismus, der nur in der Re- 
volte sein natfirliches Correlat fand. B. war rait 
Leib und Seele Soldat. In manchem Gefechte 
hat er selbst tapfer mitgefochten und sich selbst 
mitten in die Gefahr begeben. Mochte schon dies 
ihm die Gunst des gemeinen Soldaten erringcn, 
so hat seine Freigebigkeit den Soldaten gegen- 
uber seine Beliebtheit noch wesentlich gesteigert. 
Diese personliche Anhanglichkeit an den Feld- 
herrn und Aussicht auf materiellen Erfolg Melt 
aber allein die zusammengewiirfelten Heere jener 
Tage zusammen, die an der Sache, fur die sie 
kampften, nicht das geringste Interesse batten. 
Dieselben Momente ermoglichten es B., sich die 
Garde zn schaffen, auf der seine Hauptmacht be 
ruhte, deren Ttichtigkeit und Brauchbarkeit bis- 
her unerreicht war und auf deren Zuverlassigkeit 
hauptsachlich die Disciplin beruhte, die B. in fur 
damalige Verbaltnisse anerkennenswerter Weise 
aufrecht zu erhalten suchte. Er wusste seine 
Truppen so auszubilden, dass sie widerstands- 
kraftig und vor allem schnell beweglich waren; 
deshalb bevorzugte er ganz besonders und in noch 
hoherem Masse, als dies uberhaupt im rfimischen 
Heere geschah, die Eeiterei. Denn durch schnelle 
Beweghchkeit und gute Ausbildung musste ersetzt 
werden, was den Barbaren gegeniiber an Masse 
fehlte. Die Aufgabe des Feldherm war unter 
diesen Verhaltnissen besonders compliciert, da es 
seine Hauptaufgabe war, die Stellungen und Com- 
binationen ausfindig zu machen, in denen die Vor- 
ztige der eigenen Truppen nicht nur zur Geltung 
kommen konnten, sondern auch von der Masse 
der Feinde nicht erdriickt wurden ; da er bestandig 
in die Notwendigkeit versetzt wurde, seine Trup- 
pen zu zersplittern , um alien Aufgaben gerecht 
zu werden, und doch eine rasehe Verbindung inimer 
aufrechtzuerhalten. Mit denselben Umstanden 
hangt es zusammen , dass die Verwendung der 
Specialwaffen der verschiedenen foederierten Vol- 
kerschaften unter B. eine grosse Eolle spielt, und 
dass bei den bestandig neuen Combinationen die 
Erfhidung immer neuer Uberraschungen des Geg- 
ners B.s grflsste Starke war; namentlich war bei 
dem damaligen Stande der Techifik der Belage- 
rungskrieg auf solche Aushiilfen angewiesen, da 
der Sturm auf eine befestigte Stadt beinahe immer 
aussichtslos sein und eine regelrechte Aushunge- 
rung allzu viel Zeit erfordern musste. Mit dieser 
Erfindungsgabe, die in der Schule der Erfahrung 
gesteigert war, hangt die Zahigkeit zusammen, 
mit der B. seinen einmal entworfenen Feldzugs- 
plan festhalt, da er in den Einzelheiten der Aus- 
fuhrung fur unerwartete Schwierigkeiten immer 
unerwartete Losungen zu finden weiss. Dagegen 
sehen wir ihn wohl vor grossen Unternehmungen 
und grossen Entschliissen . deren Tragweite er 
als blosser Soldat nicht vollig ermessen konnte, 
zaudern, im Nika-Aufstand schon verzweifeln. Ein 
solcher Mann war nicht zu selbstandigem Handeln 
im grossen geschaffen. Wie von seinem Kaiser 
liess er sich von seiner Gattin, deren uberlegenen 
Verstand er anerkennen musste, leiten ; und wenn 
sie abwesend war, konnte er auch fremden Ein- 
flflssen anheimfallen. Es ist sehr wahrscheinlich, 
dass mancher auch von seinen Zeitgenossen ge- 



rtigte unschOne Zug in seinem Leben auf seine 
Beeinflussbarkeit zuruckzufiihren ist, die sich not- 
wendig aus dem MissverhSltnisse seiner ausseren 
Stellung und seiner inneren Yeranlagung ergab. 
Es ist mOglich, dass Antoninas Ranke viel zu dem 
colossalen Anwachsen seines YermOgens beige- 
tragen haben, und nicht anzunehmen, dass er seine 
Stellung in materieller Beziehung in einer Weise 
ausgentttzt hatte, welche fur damalige Begriffe 
10 als ungewohnlich bezeichnet werden kann. Andrer- 
seits ist es sicher, dass sein Eeichtum eine der 
notwendigen Grundlagen seiner Stellung im Heere 
war und dass, wenn er auch bei Fouragierungen 
und Einquartierungen Disciplin zu halten suchte, 
auch hier manche Ungesetzlichkeiten untergelaufen 
sein werden. Und nicht minder ist aus der da- 
maligen Zeit heraus zur Genuge erklarlich, dass 
dieser Mann, der seine wirkliche Macht im Staats- 
wesen weder gebrauchen wollte, noch sie zu ge- 
20 brauehen verstand, ausseren Ehren und ausserem 
Glanze sehr zuganglich war. Was aber ihn, der 
wahrscheinlich aus kleinen Verhaltnissen hervor- 
gegangen war, den Soldaten, der seine Jugend 
grflsstenteils nicht in den bequemen Stellungen 
der Hauptstadt, sondern in den Strapazen ernster 
Kriege verbrachte, vor der uberwiegeiiden Mehr- 
zahl seiner vornehmen Zeitgenossen auszeichnete, 
war seine Niichternheit und Sittenstrenge, die 
wohl zu den iibrigen Ziigen des Bildes passt, das 
30 uns Prokop von Iustinians gefeiertstem Feldherm 
iiberliefert hat. 

Litteratur. Im allgemeinen : v Gibbon Decline 
and fall of the Rom. Emp. IV chap. 40—43. 
Finlay Greece under the Romans, chap. 3. Hodg- 
kin Italy and her invaders HI (1885) chap. 15 
und IV (1885) chap. 1—14. 17—20. Lord Mahon 
Life of B. (1829). Chr. F. Zeller B. der rOm. 
Feldherr (1809). Dazu kommen die verschiedenen 
Erklarer von Prokop und Dahn Prokopius von 
40 Caesarea (1865). Ferner fiir die Chronologie : C 1 i n- 
ton Fasti Eomani und Muralt Essay de Chrono- 
graphie Byzantine. Fiir einzelne Teile seiner Ge 
schichte kommen in Betracht namentlich: Ad. 
Schmidt Aufstand in Oonstantinopel unter Kaiser 
Iustinian. Papencordt Gesch. d. vandalischen 
HeiTschaft in Africa (1837) B. 2 Kap. 3. Dahn 
Kcnige der Germanen I (1861) 171-181. II 195 
—234. Pflugk-Hartung B.s Vandalenkrieg, 
Hist. Ztschr. LXI 1889, 69—96. Man so Ge- 
50schichte des ostgoth. Reichs in Italien. Grego- 
rovius Gesch. d. St. Rom im M.-A. I, B. 2 
Cap. 3—6. K. L. Roth Uber B.s Ungnade (1847), 
Progr. Basel. [Hartmann.] 

lielisarinm s. Belsinum Nr. 2. 
Belistiche (Bchaziyjj und Butazt/j]), hr. Ma- 
xeboviag zijg im ftcddoorj. Sie siegt zuerst in 
Olympia mit dem Fohlenzweigespann im J. 264 
v. Chr., Paus. V 8, 11; vgl. Afric. bei Euseb. I 
207. Sie war nach Ptol. Euerg. bei Athen. XIII 
60 576 e. f die Geliebte des agyptischen Konigs Ptole- 
maios Philadelphos , vgl. Plut. amat. IX 9 und 
Clem. Alei-andr. protr. IV 48, wo sie BXlaziyig 
heisst. Bei Athen. XIII 596 e ist sie 'Agyeia, 
zo ysvos duo za>v 'AzoF.idoJv od>£ovoa. 

[Kirchner.] 
Belkailia (Bdy.avta), Stadt Gross-Armenicns 
in der Nahe der Thospitis, d. i. der Gegend des 
Wansees, Ptol. V 13, 9. [Baumgartner.] 



241 



BelMana. 



Bellerophon 



242 



Belklana (Bslxiava) , Stadt Assyriens am 
linken Ufer des Tigris, Ptol. VI 1, 3. [Fraenkel.] 

Bell. Die Inschrift auf einer in Mandeure 
gefundenen Bronzepatera lautet Deae Bell Scan- 
trus Oxtai fA(ius). C as tan Eev. archeol. XLIII 
(1882) 271 pi. VIII. Mowat Notice e"pigr. 122. 
Allmer Eevue _ej>igr. 1895, 377 nr. 1135. Ob 
Bell/onae)"! Die keltischen Scordisci verehrten 
unter diesem lateinischen Namen ihre EriegsgOttin 
(Amm. Marc. XXVII 4,4). Holder Altkelt. 
Sprachsch. s. Bell und Bellona. [Ihm.] 

Bella (BrjXAa), Castell in Dardania, Procop. 
de aedlf. IV 4 p. 281, 26. [Tomaschek.] 

Bellanica s. Bellenica. 

Bellator, Presbyter in der Zeit Iustinians, 
wohl in Rom. Sein ,Freund' Cassiodorius berichtet 
uns de institutione divin. litter. c.I. V. VI, auf seinen 
Wunsch habe B., da ein alter Commentar zum 
Buche Ruth nicht aufzutreiben gewesen, einen 
solchen in zwei Biichern verfasst, die er mit den 
Homilien des Origenes zu den vorangehenden sieben 
Biichern des alten Testaments verbunden habe. 
Einen noch ausfuhrlicheren Commentar scheint 
der gelehrte Presbyter in acht Biichern zur Sa- 
pientia Salomonis verfasst zu haben , ahnlich zu 
Tobias in fiinf, zu Esther in sechs, zu Judith in 
sieben, zu I. und n. Maccab. in zehn Biichern. 
Ausserdem hat er die Homilien des Origenes zu 
Esra und Nehemia ins Lateinische iibersetzt. Dies 
alles ist untergegangen ; die Moglichkeit, dass von 
den namenlos flberlieferten lateinischen Ubersetz- 
ungen origenianischer Homilien einige , die in 
spatere Zeit geh&ren, von B. herruhren konnten 
— so Huet — hilft uns wenig. [Julicher.] 

Bellenica, Stadt im Alpengebiet beim Geogr. 
Rav. IV 30 p. 251 (genannt zwischen Bellitiona 
und Lebontia); bei Guido c. 14 p. 458 ist Bel- 
lanioa iiberliefert. Holder Altkelt. Sprachschatz 
s. v. [Ihm.] 

Bellenus (Bellirms) s. Bel en us. 

Bellerldus, Domesticus des Gothen Sarus, 
der als Feldherr in den Diensten des Honorius 
stand, wurde ermordet, ohne dass der Kaiser des- 
halb eine Untersuchung anordnete. Dies trieb 
den Sarus, dem Honorius abzusagen und auf die 
Seite der gallischen Usurpatoren zu treten, Olymp. 
frg. 17, FHG IV 61. [Seeck.] 

Bellerophon. BeXXeQoqiovTrjc ist im Griechi- 
schen die gewOhnliche Form, im Lateinischen nicht 
haufig (Auson. ep. 25, 72. Hyg. fab. 263. Serv. 
Aen. V 118. VI 288). Be/J.egoy&v, im Griechi- 
sehen selten (z. B. Theokr. XV 92 ; vgl. Herodian. 
mpl fior. /.ff . I 9), ist im Lateinischen ublich (Cic. 
Tusc. Ill 63. Horat. c. IU 7, 15. 12, 8. Manil. 
V 97. Iuv. X 325. Apul. met. VH 26 etc.). 

Die antiken Etymologen leiten den Namen 
durchgangig von <povTrjs — Toter ab und er- 
kennen in seiner ersten Halfte entweder einen 
Personennamen Be'/leQoe (Schol. ABDTw. Horn. 
II. VI 155. Tzetz. Chil. VTI 810), oder erklaren 
den ersten Teil = fu.iqa — nana (vgl. Suid. s. v.), 
von der vielleicht nur dieser Etymologie zu liebe 
gebildeten Form'fiX/.seoyoVT^s ausgehend(Eustath. 
Horn. H. VI 162. 181). An letztere Form kniipfen 
an Max Miiller (Kuhns Ztschr. V 140; Essays 
112 155) und R ap p (Roscher Myth. Lei. I 768), 
der jedoch -(povztjs von <paiva> ableitet. Pott 
(Kuhns Ztschr. V 416) vergleicht Vrtrahan mit 



B. H. Lewy leitet B. aus dem Semitischen her 
(Semitische Fremdwflrter im Griech., Berlin 1895, 
190). Ein einleuchtende Erklarung des Namens 
ist bisher noch nicht gegeben. 

B. ist, soweit wir wissenschaftlich erkennen 
konnen, ein urgriechischer Gott. Sam Wide 
Lakon. Kulte 40 erklart ihn fiir einen Doppel- 
ganger des Poseidon. Nachweislich ist sein Kult 
in der Nordostecke der Peloponnes (Argos, Se- 

lOkyon, Trozen, Korinth). Von hier ist B. nach 
Kleinasien, besonders Lykien, aber auch in die 
ionischen Colonien gelangt. Bereits friih seines 
iiberirdischen Wesens entkleidet, ist er als Heros 
lange , besonders lebhaft in Lykien verehrt wor- 
den. Schon bei Homer ist sein urspriinglicher 
Mythos von der Novelle, die sich an ihn setzte, 
fast ganz verdeckt. Doch konnen wir die ein- 
zelnen Teile dieses Marchenkranzes noch schei- 
den und seine Entstehung Spross fur Spross er- 

20 kennen. Deshalb erscheint die Untersuchung der 
B.-Sage vorbildlich fiir die griechische Mythen- 
forschung und wird eine eingehendere Behand- 
lung rechtfertigen , um so mehr als an B. die 
immer wieder auflauchende Vermutung vpm semi- 
tischen Ursprunge griechischer Heroen (vgl. v. Wi- 
lamowitz Herakles 12 Vorrede) einen besonders 
festen Stiitzpunkt zu haben glaubt. Ich nehme 
diese Frage vorweg, um dann die Entwicklung 
der B. Sage ungestOrt verfolgen zu kOnnen. 

30 Mutterland. Wir kennen hier nur einen 
Kult des B. Auf dem Wege von Kenchreai nach 
Korinth befand sich im Kqclvsiov akaog von Cypres- 
sen ein refisvo; des B. und ein vaos 'ArpQoSitrjs 
MskaivlSoe , Paus. II 2, 4. Sein Bild erwahnt 
Paus. II 1, 9 im Tempel des Poseidon auf dem 
Isthmos. 

Geschleeht: Nach allgemeiner Sage stammt 
B. aus dieser Gegend. Horn. H. VI 152 nennt 
ihn Sohn des Glaukos, Enkel des Sisyphos Aloli- 

40 Srjg, der in 'ErpvQr) fivy<f> "AQysos binoftozoio sitzt, 
was falschlich mit Korinth identiflciert ist (Bet he 
Theban. Heldenlieder 182). Ebenso Schol. Pind. 
01. XIH 78. 82. Apoll. I § 85 Wagn. Paus. II 4, 3. 
Poseidon wird als seiu Vater genannt von Pind. 
01. XIII 69; vgl. Schol. 98. Schol. ABD Horn. II. 
VI 155, Twl. 191. Hyg. fab. 157. Beide Vorstel- 
lungen gehen schon bei Pindar neben einander, die 
genannten Scholiasten vereinigen sie in der tibli- 
chen Weise cpvosi IlooetScovog, X6y<p Si rkavxov. 

50 Thatsachlich ist Poseidon mit Glaukos identisch, 
ebenso wie mit Aigeus (vgl. Theseus), O. Mfiller 
Prolegomena z. Myth. 273. Gadechens Glaukos 
1860, 203. Poseidon Vater des B. erklart die An- 
wesenheit desselben mit Athena beim Chimaira- 
kampf des B. auf der Vase Ann. d. Inst. 1874 
tav. D nr. 64 und die lykische Sage aus Nymphis 
bei Plut, de mulier. virt. p. 248 A, s. u. S. 247. 
Als Mutter des B. nennt Schol. Twl. Horn. II. 
VI 191 MrjazQa Toehter des Erysichthon (so von 

60Preller und v. Wilamowitz statt des iiber- 
lieferten /iyzgos hergestellt), Apollod. I § 85 Wagn. 
EvQVfzEdrj , Hyg. fab 157 Eurynome Xysi filia, 
welcher Name unter den TOchtern des Okeanos 
und Asopos erscheint. 

Von Thaten und Abenteuern des B. in seiner 
Heimat erfahren wir sehr wenig, weil die Sagen 
dieser Gegend durch kein Gedicht allgemeine Ver- 
breitung erlangt haben und von der asiatischen 



243 



Bellerophon 



Bellerophon 



244 



bei Horn. II. VI aufgenommenen Form friih ver- 
drangt warden. Horn. II. VI 157 erwahnt nur kurz 
sein Verhaltnis zum Argiverftirsten Proitos. Zur 
Erklarung desselben erzahlten Schol. 155. Apollod. 
II § 30 W. Diod. VI 8 (vgl. Hyg. fab. 57). Plat. 
Pro v. Alex. 16 (Tzetz. Cbil. VII 810 = Schol. 
Horn. -+- Apollod.), B. sei wegen Mordes zu ihm ge- 
flohen und von ihm gesiihnt worden. Das Scho- 
lion benutzt dies, um den Namen B. zu erklaren : 
er habe den BeXZegog geto'tet, sei deshalb B. ge- 10 
nannt, wahrend er friiher Ae<o<p6vTrjg oder 'kixo- 
vovg (so auch Etym. M. s. Be)lsQo<p6vxris) ge- 
heissen habe. Wertvollere , offenbar aus Local- 
sagen stammende Notizen giebt Apollod. II § 30 W. : 
B. habe den Peiren (= Plut. prov. Al. 16) ge- 
tfitet oder Deliades oder Alkimenes. Denn der 
Name Peiren ist gerade dieser Gegend eigentiim- 
lich; Peiren heisst auch der Vater der Io bei 
Apollod. II § 5W. nach Hesiod, Akusilaos; Pei- 



und stets im Volksbewusstsein lebendig geblieben 
sind. Ob der Chimairakampf hier localisiert war, 
kOnnen wir nicht wissen, zumal er seiner Natur 
nach einer Localisierung widerstrebt (s. u. S. 245. 
246). Sicher wurde hier von ihm erzahlt und an B. 
geglaubt. Korinth hat als Vbrort dieser Gegend 
den B. zu sein em speciellen Heros erwahlt, obwohl 
er ihr ebensowenig wie Oidipus und Polybos eignet 
(Bethe Theb. Heldenl. 182). 

Die Vermutung liegt sehr nahe, dass B. auch 
in die Nordostecke der Peloponnes erst eingewan- 
dert ist, und zwar von Norden her. Seinen Ur- 
sprung aber direct nach Thessalien zu verlegen 
(0. Kern Magnesia am Maiandros, Berlin 1894, 
17) scheint bei dem dflrftigen Material zu kuhn. 
Preilich weist die eine Genealogie des B. durch 
Mestra die Tochter des Erysichthon nach Thessa- 
lien, Sisyphos hat Beziehungen dahin und Ephyre 
ist wie inArgos so in Thessalien nachweisbar, auch 



rene ist eine Danaide bei Apollod. n § 18 W. 20 Aithra und Antikleia, deren Verhaltnis zu B. die 



und die Quellnymphe von Korinth (Strab. VIII 
379 u. a.). 

Wiehtig ist die Nachricht bei Paus. II 31, 9, 
dass B. in Trozen um Aithra des Pitheus Tochter 
angehalten habe, zumal derselbe dort auch eine 
Quelle "Ijijtov xqrjvrj erwahnt, die der Pegasos auf- 
geschlagen habe. Die Namen der Gattin des 
Proitos, die nach der schon bei Homer erschei- 
nenden Novelle den B. geliebt und, von ihm ab- 
gewiesen , ihn bei ihrem Gatten verklagt hat, 30 
Anteia, wie sie Homer, Stheneboia , wie sie die 
Tragiker (Apollod. II § 25f. W.) nennen, bieten 
keine localen Anknupfungen. Die Fran des B., 
die nach der homerischen allgemein angenomme- 
nen Version Tochter des Lykierkonigs Iobates ist, 
wird von Homer nicht benannt, bei Apollod. II 
§ 33 W. heisst sie &dov6 v , Schol. ABD II. VI 
155 (,Asklepiades', nach Welekers unbegriindeter 

Vermutung aus Sophokles Iobates), Twl. 192. 

Schol. Stat. Theb ; IV 689 Kassandra, Schol. Twl. 40 das Gricchentum des B. winf doppelt bestatigt. 
?• YJ. 1 ? 2 'Aatvfu8oyaa,_Schol. Find. 01. XIII 82 Einerseits weisen zahlreiche Colonisationssagen der 

Sudkiiste Kleinasiens und von Rhodos gerade nach 



Sage erzahlte, sind weit nach Norden zu verfolgen, 
auch die Hippokrene auf dem Helikon (s. d.) darf 
wahrscheinlich mit der B.-Sage in Verbindung 
gebracht werden, von B. selbst aber finden wir 
nCrdlich der Peloponnes keine Spur. 

Dass nun die mutterlandische Sage von B. und 
sein Kult dort alter ist als die asiatischen, liegt 
auf der Hand. Beweis genug ist schon , dass 
die von Horn. B. VI 150 erzahlte lykische B.-Sage 
— denn es ist die Stammsage der lykischen PiirsteiT, 
s. u. S. 246 — den B. aus Argos ableitet, dass 
sie seine argivische Heimat festhalt, obgleich B. 
dort gar nichts mehr nach dieser Version leistet. 
Durchschlagend ist, dass die lykischen Heroen- 
geschlechter, die Griechen waren und sein wollten, 
jederzeit ihre griechische Herkunft durch ihre Ab- 
leitung von B. legitimiert haben(Benndor f Heroon 
von Gjolbaschi-Trysa 63 und unten S. 246). Der 
Glaube dieser altesten und competensten Zeugen an 



Antikleia. Eine andre Frau 'Aaxt.qla r/'YStov er- 
wahnt Steph. Byz. s. "Ydwoog aus 'Ahollmqiog 
KaQix&v rexa.Qt(o. Von diesen ist Kassandra in 
Argos neben Agamemnon bekannt, Antikleia (s. 
d.) erscheint mit Sisyphos in Verbindung. 

Die Hauptthat des B., sein Kampf mit der 
Chiraaira, wird zwar in der litterarischen tiber- 
lieferung nirgends in das Mutterland verlegt, den- 



Argos. Andrerseits verehrten die kleinasiatischen 
Ionier, die vordem nach Herodots I 145 durch 
Namen und Sagen bestatigten Zeugnisse am Nord- 
rande der Peloponnes sassen , ebenfalls B. (s. u. 
S. 247), und ein Teil ihrer Kflnige leitete sich 
von ihm ab (Herodot. I 147). Sie haben also B., 
ebenso wie die lykischen Griechen, mitgebracht 



noch weisen ihn dorthin unumstOcsliche Beweise. 50 aus ihrer alten Heimat , dem Norden der Pelo 



Die Munzen von Korinth zeigen seit altester Zeit 
den Pegasos, seltener B. auf ihm, und die Chi- 
maira entweder auf demselben Bilde oder auf dem 
Revers, Head HN 334 (vgl. Theokr. XV 92. Lu- 
kian. de salt. 42); ebenso die korinthische Colonie 
Leukas, Head HN 279. Auch Sekyon fiihrt die 
Chimaira auf den Munzen, Head HN 345. Noch 
auf einer Miinze von Achaia erscheint Antinoos 
als B. mit dem Pegasos, Head HN 353. Bedenkt 



ponnes, wo das Andenken an B. sich dauernd ge- 
halten hat. Jede von Lykien ausgehende Deu- 
tung des Namens und der Sage des B. ist somit 
des freilich bei Mythologen iiblichen groben me- 
thodischen Fehlers schuldig, auf einer spaten Va- 
riante statt auf der altesten Form zu bauen. 
Als Kern der B.-Sagen ist riehtig sein Kampf 
gegen die Chimaira und sein Verhaltnis zum Pe- 
gasos erkannt. Hier zeigt er sich als gCttliches 



man, dass stets die Miinzbilder bedeutungsvoll ge- 60 Wesen im Einklang mit seiner Abstammung von 



wahlt worden sind, und dass speciell B. oder Pe- 
gasos oder Chimaira nur auf den Munzen derjeni- 
gen Stadte erscheinen. deren Beziehungen zu B. wir 
noch litterarisch nachweisen oder doch wahrschein- 
lich machen kOnnen, so sind die Munzbilder von 
Korinth mid Sekyon vollig beweisend dafiir, dass 
B., seine Verbindung mit Pegasos und sein Kampf 
gegen die Chimaira in dieser Gegend heimisch 



Poseidon-Glaukos. Alle ubrigen Erzahlungen von 
B. sind teils echte Sagen vom schutzenden Heros, 
wie die seiner Bekampfung der Solymer und Ama- 
zonen, oder genealogische Fabeln, teils begriindende 
Ausdichtungen , wie die von der Bandigung des 
Pegasos und dem Ende des B., teils Novellen. die 
sich an diese wie an viele andere Gestalten anor- 
ganisch angesetzt haben. 



245 



Bellerophon 



Bellerophon 



246 



I. Naturmythos. Die Besiegung der Chi- 
maira (s. d.) ist bei den altesten wie spatesten 
Zeugen die Hauptthat des B. Nach Horn. II. VI 
179, der den Pegasos nicht erwahnt, totet er sie 
&ecbv rsQasaai xtfrtjoag, ein unwiderstehliches gCtt- 
liches, feuerschnaubendes "Wesen, ngoo&e Xscov, 
om&ev de dgdxwv, /xiaatj de /('/tcuga. Nach Hesiod. 
Theog. 320 ist Chimaira ein Kind der Echidna 
und des Typhaon, feuerschnaubend , dreikOpfig, 
furchtbar, gross, schnell und stark; Pegasos und 
B. toten sie. Wahrend Hesiod die Chimaira und 
ihre Totung nicht localisiert, dachte sie Homer 
wohl in Lykien, da der Konig von Lykien den B. 
gegen sie sendet. Vgl. Pind. 01. XIII 90. Eurip. 
Ion 202. . Amisodaros, Vater zweier Gefahrten des 
Sarpedon, hat sie aufgezogen nach Horn. II. XVI 
328, also in Lykien (s. jedoch Schol.). Palaeph. 
29 fiihrt die Chimaira als Tochter des Konigs 
Amisodaros am Xanthos auf. Vgl. Plut. mulier. 
virt. p. 247f. So wird allgemein Lykien als die 
Heimat der Chimaira und Ort des Kampfes ge- 
nannt auch von Apollod. II § 31 W. Hyg. fab. 
57. Pomp. Mela 1 80; Strab. XIV 665 (vgl. Eurip. 
Stheneb. frg. 669) localisiert die Chimaira am ly- 
kischen Kragosgebirge fiber den Stadten Xanthos, 
Patara, ebenso Nonnos ad Gregor. invect, I 50 
p. 144 (Westerm. Myth. Gr. p. 388) vgl. Narrat. 
ad Orat. in Basil. 8 p. 77, dagegen bei Phellos 
in Lykien Strab. XIV 666, bei Phaselis Plin. n. h. 
II 236. V 100. 131, in OMcia Serv. Aen. VI 288. 
Von der Localisation der Chimaira in Lykien sind 
auch meist die Neueren bei Behandlung der B.- 
Sage falschlich ausgegangen. Vgl. besonders B enn - 
dorf-Niemann Reisen in Lykien und Karien 82, 
dazu Treuber Beitr. z. Gesch. d. Lykier 17. 

Das Bestreben, die Chimaira irgendwo zu loca- 
lisieren, ist natiirlich seeundar. Ihre Ansiedlung 
in Lykien ist jedenfalls spater, als die mutter- 
landische Sage. 

Ebenso fest und alt wie B.s Verbindung mit 
der Chimaira scheint auch die mit Pegasos zu 
sein, obgleich Homer diesen nicht erwahnt. Denn 
zu einer secundaren Verbindung mit diesem ur- 
alten Erzeugnis sagenbildender Phantasie , dem 
Gotterrosse, an sich unwahrscheinlich , ist kein 
Grund erkennbar. Wenn irgendwo, so liegt der 
Sage von B.s Kampf gegen die Chimaira ein 
Naturmythos zu Grunde wie ihrer offenbaren Pa- 
rallele, dem Kampf des Zeus gegen Typhon. In 
einen solchen gehort der Pegasos urspriinglich und 
unlosbar hinein, Deshalb ist der Pegasos der 
dauernde Begleiter. das Charakteristicum des B. 
alle Zeit und allerorts geblieben auch in den spa- 
teren Sagen von B. , in denen er zwecklos und 
tin vers tandlich ist. Die Nichterwiihnung des Pega- 
sos in der B.-Sage bei Horn. II. VI ist ein klarer 
Beweis, wie junge Sagenformen bei ihm vorkom- 
inen. Die durchgangig zu machende Beobachtung 
bestatigt sich auch hier, dass das Mutterland die 
Sagen in ihrer alteren Gestalt viel zaher bewahrt 
and langer festhalt, als Asien. Bei Hesiod. Theog, 
325 steht die Verbindung der Chimaira, des Pe- 
gasos und des B. fest . und die Bedeutung des 
Pegasos als des Gewitterrosses des Zeus ist wie 
Hesiod. Theog. 285 noch Pind. 01. XIII 92 und 
Eurip. frg. 312 gelaufig, und Lykophr. 17 giebt 
es als Gotterross der Eos, ebenso Schol. ABD II. 
VI 155 (,Asklepiades'). 



Dieser Kern der B.-Sage, sein Kampf auf dem 
Pegasos gegen die Chimaira, ist im Interesse mehr 
und mehr zuriickgetreten, wie B. auch eine gOtt- 
liehe Verehrung, die ihm nach diesem Mythos zu 
schliessen zweifellos zukam, fast ganz eingebtisst 

. hat. Er hat als Marchen fortgelebt und, der Ver- 
menschlichung und motivierendenFortbildung friih 
anheimgefallen , ist er von diesen Wucherungen 
und fremden Zusatzen fast verdeckt worden. Nur 

10 in der Nordostecke der Peloponnes und in Klein- 
asien , besonders in Lykien , hat B. , wenn auch 
stark verkiimmert, sein gcttliches Wesen im Be- 
wusstsein der Griechen lebendig bewahrt. Gerade 
seine Ubertragung nach Lykien aus der Peloponnes 
ist fur die Weiterbildung und Erhaltung seiner 
Sage von entscheidender Bedeutung ge worden. Hier 
ist sein Chimairakampf localisiert worden und 
diese Festsetzung zu fast allgemeiner Geltung 
durchgedrungen. 

20 II. Asiatische B.-Sagen. Besonders in 
Lykien kOnnen wir gut beobachten, wie sich an 
den aus der pelonnesischen Heimat heriiberge- 
brachten Gott B. historische Sagen, Niedersehlage 
der Erlebnisse seiner Verehrer, und Localsagen 
ansetzen, die allmahlig sein Wesen verandern. 

Die Kampfe des B. und seiner Nachkommen 
gegen die Solymer — sein Sohn "loavdQog (bei 
Strab. XII 573. XIII 631 IIdaavd S os) fallt gegen 
sie, Horn. II. VI 203 — sind offenbar ein mythi- 

30sches Spiegelbild der Kampfe der Griechen um 
den Besitz von Lykien; die Solymer wurden in 
die Gebirge zuriickgedrangt , Strab. I 21. Vgl. 
Pind. 01. XIII 90. Antimachos Lyde (Schol. B 
II. VI 200). Apollod. II § 82 W. Hyg. fab. 57. 
Serv. Aen. V 118 (corrupt). Tzetz. Chil. VII 838. 
Bei Horn. II. VI 184 ist der Kampf gegen die 
Solymer die zweite Aufgabe, die der LykierkOnig 
dem B. stellt. 

B.s Sohn Hippolochos und seine Enkel Glaukos 

40 (von Hippolochos) und Sarpedon (von seiner Toch- 
ter Laodemeia und Zeus) sind lykische KCnige 
schon bei Horn. II. VI 196ff. Dass diese home- 
rische Episode auf die Descendenz des B. hinaus- 
lauft und hauptsiichlich ihretwegen aufgenommen 
ist, zeigt schon, dass hier die officielle Stammsage 
der lykischen Fursten vorliegt. Dies wird be- 
statigt durch die BeobachtungBenndorfs(Heroon 
von Gjolbaschi-Trysa 61—63), dass in den griechi- 
schen Heroengeschlechter bei Xanthos, Tlos, Trysa 

50 die Namen Hippolochos, Glaukos, Sarpedon dauernd 
forterbten, und dass sie an ihren Grabem (Heroon 
von Trysa, Grab bei Tlos, Sarkophag von Xan- 
thos, Abbild. bei Benndorf) B. auf dem Pegasos 
im Kampfe gegen die Chimaira oder ohne diese 
oder diese allein gewissermassen als Geschlechts- 
wappen darstellten. Daraus erhellt iibrigens, dass 
die Nichterwahnung des Pegasos bei Homer nur 
zufallig ist. 

Genaueres von diesen sicherlich reich ausge- 

60 stalteten lykischen B.-Sagen wissen wir nicht. 
Nach Homer giebt der LykierkOnig dem B. nach 
Besiegung der Chimaira, Solymer, Amazonen und 
der besten in Hinterhalt gelegten Lykier, und 
nachdem er yivwoxe #eoC yovov rjvv eovra, seine 
Tochter (beiHomernamenlos. Philonoe bei Apollod. 
II § 33 W., Kassandra bei Schol. ABD 11. VI 155 
[Asklepiades] , Twl. 192. Schol. Stat. Theb. IV 
689, Antikleia bei Schol. Pind. 01. XIII 82) 



247 



Bellerophon 



Bellerophon 



248 



nebst der Halfte seiner KOnigsherrschaft, die Ly- 
kier weisen ihm ein besonderes Landgut zu. Der 
LykierkOnig ist bei Homer noch namenlos, darni 
wird er Iobates genannt (Sophokl. FTG 2 p. 194. 
Eurip. Stheneb. FTG a p. 567 etc., s. Iobates), 
von einigen Amphianax (Schol. B II. VI 200. Schol. 
Od. XII 325. Apollod. n § 25 W.), auch Amiso- 
daros (Schol. Twl. II. VI 170 wohl versehentlich). 
Seine Kinder sind Isandros, Hippolochos, Laoda- 
meia, die Brant des Zeus. Tefinvog" und afjfia des 
B. in Lykien, xvSaktfitje TtTtjridog ay%6&i nhgrjg 
erwahnt Quint. Smyrn. X 162. Ein Demos Bel- 
Xsgocpovrsiog bei Tlos im Xanthosthale wird er- 
wahnt CIG III 4235 b Z. 12 und auf anderen ly- 
kischen Tnschriften , die Benndorf herausgeben 
■wird. Auf einer lykischen Miinze Pegasos mit 
kreisrundem Sonnendiskos, Head HN 572. Vgl. 
die rf. Vase bei 0. Jahn Arch. Beitr. Taf. 5. 

Auch andere Triebe hat in Lykien der B.- 
Mythos getrieben. Denn als Parallele zum Chi- 
mairakampf wird die specifisch lykische Sage zu 
verstehen sein, die Plut. de mulier. virt. p. 248 
tiberliefert. Nach dem vierten Buche negi 'Hga- 
xhiag des Nymphis erzahlt er, dass B. einen wil- 
den, das Land der Xanthier verwtistenden Eber 
besiegt habe. Darauf ist der Eber als Wappentier 
der lykischen Miinzen zu beziehen Head HN 572. 
Wohl auf lykischen Kultgebrauchen beruht die 
andere Sage, die Plutarch aus Nymphis p. 248 D 
und p. 248 A noch aus einer zweiten ungenann- 
ten Quelle giebt; fiber den Undank der Lykier 
erzlirnt, erfleht B. von Poseidon die (Jberflutung 
des Landes. Der Flut treten schliesslich die 
Weiber mit entblOsster Scham entgegen und scham- 
haft weicht B. und mit ihm das Wasser. Vgl. 
zur Deutung Benndorf Heroon Giolbaschi-Trysa 
50, 1. 

Auch ausserhalb des eigentlichen Lykien sind 
vielfache Spuren des B. nachweisbar. B. wird von 
Steph. Byz. s. v. als Oriinder der karischen Stadt 
Bargylia am iasischen Meerbusen, genannt, das 
fast immer B. und Pegasos auf seinen Miinzen fiihrt 
(Head HN 522), und Hydissos als Grundung sei- 
nes und der Asteria Sohn Hydissos oder Hydes von 
demselben s. v. erwahnt. Alabanda in Karien hat 
das Pegasos wappen auf seinen Miinten, Head HN 
519. Leukippos, der xnoirjg und agxrjyhtjg von 
Magnesia am Maiandros, ist ein Nachkomme des 
B., Parthenios 5. Vgl. 0. Kern Die Griindungs- 
gedichte von Magnesia 17 und die dort behandelte 
Inschrift Z. 37ff. Sarpedon, der Griinder Milets, 
(Apollod. m § 6 W. Strab. XII 573) ist wenigstens 
bei Horn. II. VI 199 Enkel des B. Vgl. Eobert 
Bild u. Lied 116. Dazu stimmt, dasa die milesische 
Colonie Kyzikos u. a. auch die Chimaira auf ihren 
Miinzen fiihrt, Head HN 451. Im Cod. Matrit. 
A 16 saec. XIII membr. fol. 166 habe ich unter 
den sieben Weltwundern gefunden als nr. 4 simu- 
lacrum Bellerophontis ferreunt cum equo suo in 
Smyrna ciritate, suspensum in acre .... 

Allgemein sagt Herodot. I 147 die Konige der 
lonier leiteten sich teils von Melanthos (Kodriden) 
ab, teils von Glaukos, dem Enkel des B. Auch 
B.s Kampf gegen die Amazonen I'll. VI 186. Pind. 
01. XIII 89. Apollod. II § 2-W. Hyg. fab. 57) 
diirfte kaum speciell Lykien angehOren, da nur 
Aristid. Panath. 118 erwahnt, dass die Amazonen 
bei Lykien, Karien, Pamphylien gestreift seien. 



Er wird vielmehr in das ionische Kleinasien ge- 
horen, das neben dem aiolischen allein Amazonen- 
sagen hat. Eine Miinze von Zeleia mit der Chi- 
maira, Num. Chron. 1875 pi. X 9. 

Nach Kilikien dagegen scheint B. nur des 'Alitor 
Tisdiov (Herodot. VI 95) wegen versetzt zu sein. 
Dort wird sein Sturz und Ende localisiert und der 
Name der Stadt Tarsos damit in etyraologischer 
Spielerei verbunden. Steph. Byz. s. v. (Dionysios 

10 Thrax und Alexander Polyh.). Dionys. Perieg. 869 
mit Schol. Der B.-Sarkophag Athen. Mitt. II Taf. 
10 stammt .wahrscheinlich' aus Kilikien, s. Benn- 
dorf Gjolbaschi 64, 2. 

III. Ausgestaltung des Naturmythos: 
Zfihmung des Pegasos und B.s Ende. Als 
B. friih an seiner Gottlichkeit verlor, die Sage 
von seinem Kampf auf dem Pegasos gegen die 
Chimaira aber fortlebte, wuchs naturgemass diese 
Sage nach zwei Kichtungen aus, um die Pragen 

20 zu beantworten: 1) wie kam B. in den Besitz des 
Pegasos, 2) wie verlor er den Pegasos? Denn der 
vermenschlichte B. musste darch besondere Gotter- 
gunst das himmlische Ross sich dienstbar gemacht 
haben, und er musste es wieder verloren haben, 
weil er nicht' unter den grossen Gottern lebte und 
Pegasos dem Zeus noch Blitz und Donner tragt 
(Euripides Bellerophon frg. 312). 

Schol. ABD II. VI 155 (Asklepiades ?) giebt ein- 
fach an, Poseidon, sein Vater, habe dem B. den Pega- 

30 sos ubergeben. Die Bandigung des Pegasos erzahlt 
Pind. 01. XIII 65ff. in Korinth. Athene giebt ihm 
im Traum den Zaum und heisst inn dem Poseidon 
AafiaTog einen Stier opfern. Er thut es, baut der 
Athena 'Inula einen Altar und fangt den Pegasos, 
avafias S 1 sv-d-vs evonXia %a.Xy.o} r d'Elg ekcu&v. Dies 
erweist Paus. II 4, 1 als korinthische Localsage, 
da er ein Heiligtum der Athena XaXivTxig in Ko- 
rinth bezeugt und ihren Beinamen durch die Le- 
gende begriindet, die Gottin selbst habe den Pe- 

40gasos gezaumt. Nach Strab. VIII 379 hat ihn 
B. gefangen, als er aus der Quelle Peirene trank. 
Wegen dieser Sage wird B. bei Plin. VLT 202 in 
der Liste der Erfinder als Begriinder der Reit- 
kunst genannt. Vermutlich auch nur als Besitzer 
des Gfltterrosses figuriert B. als Sieger im Pferde- 
rennen bei den von Akastos fur Pelias veranstal- 
teten Spielen in Argos, Hyg. fab. 273. 

Viel reicher und mit grossartigem Tiefsinn 
haben die Griechen die zweite Frage beantwortet: 

50 wie verlor B. den Pegasos? Bei Homer, der die 
lykische Geschlechtersage II. VI 150 — 210 wieder- 
giebt, erscheint die auf jene Frage entwickelte 
Sage bereits abgeblasst und unverstandlich, weil 
der Pegasos iiberhaupt nicht erwahnt ist, ein 
Beweis fur ihr hohes Alter. Homer erzahlt nur: 
als B. alien Gottern verhasst worden war, irrte 
er allein fiber das 'A'/.tjiov xebiov hin, trubsinnig 
und die Pfade der Menschen meidend. Den Grand 
des Hasses der Gotter gegen B. lemen wir aus 

60 Pindar und Euripides kennen. Pindar geht zwar 
01. XIII 91, wo er sich eng an II. VI gehalten, 
iiber das Ende des B. mit Schweigen hinweg und 
deutet den Zusammenhang nur durch den Zusatz 
an : und den Pegasos nahmen im Olymp die alten 
Krippen des Zeus auf, vgl. das Scholion. Doch Isthm. 
VI 44ff. erzahlt Pindar, B. habe in den Himmel 
zu den Gottern dringen wollen, da habe ihn Pe- 
gasos abgeworfen. 



249 



Bellerophon 



Bellerophon 



250 



Die grossartigste Gestaltung hat Euripides 
dieser Sage in seinem vor 425 (vgl. Aristoph. 
Acharn. 426) und nach 428 (Bet he Prol. z. Gesch. 
d. Theaters 143. 205) aufgefuhrten B. gegeben. 
Die reichen Fragment* lassen ungefahr den Inhalt 
und im Schol. A.BD H. VI 155 (% latogia jiaga 
'AaxXtjmadrj iv xgaycodovjiivoig) wenigstens Telle 
der Hypothesis erkennen. Verdustert durch seine 
Schicksale erklart B. als das gliicklichste Los, 



Existenz nur noch aus wenigen Spuren (s. o. S. 242f.) 
kenntlich ist. Obgleich Pindar die 13. olym- 
pische Ode fur Korinth dichtete und die korin- 
thische Localsage (s.o. S. 242. 243) beriicksichtigte. 
schloss er sich doch an die von Homer canoni- 
sierte Form eng an. Nur die Zahmung des Pegasos 
beliess er dem Mutterlande, weil eine Kultsage 
des machtigen Korinth sie fiir sich forderte und 
Homer den Pegasos iiberhaupt nicht nennt. Die 



nimmer geboren zu sein , er zweifelt am Dasein 10 Novelle hat das Verhaltnis des B. zu Proitos ganz 



der Gotter, da er sieht, dass die BOsen reichen 
Lohn ernten. Den Himmel zu erforschen, steigt 
er auf mit dem Pegasos. Doch der wirft den 
Sterblichen ab und entschwebt zu Zeus. B., durch 
den Sturz lahm geworden, stirbt schliesslich mit 
dem Bewusstsein , gut gelebt zu haben. So hat 
den Gang der Tragoedie Welcker Gr, Trag. II 
785ff. reconstruiert, dem Wecklein S.-Ber. Akad. 
Munch. 1888 I 103ff. beistimmt. Hartung 



verdunkelt. Bei Homer ist B. ohne weitere Er- 
klarung dem ArgiverkOnig Proitos unterthan. tlber 
die Motivierung dieser Stellung durch die Erzah- 
lnng, B. sei eines Mordes wegen aus seiner Heimat 
zu Proitos geflohen und von ihm gesuhnt worden, 
die auch Euripides in der Stheneboia benutzt hat 
(Schol. Gregor. Cor. s. Nauck TGF2 S. 567), s. o. 
S. 243. Nach Homer veTsueht Anteia, die Gattin 
des Proitos, vergeblich den B. zu verfuhren und 



(Eurip. restit. I 389ft.) lasst die Tragoedie mit 20 verleumdet ihn bei Proitos. Der scheut sich, selbst 



der Himmelfahrt beginnen ; s. bes. Aristoph. Pax 
146. Vgl. Fischer Beller. 50ff. Welcker hat 
fur den B. des Euripides noch das 15. kyzike- 
nische Epigramm (Anth. Pal. Ill 15) beansprucht, 
dessen zugeheriges Relief den B. darstellte von 
seinem Sohn Glaukos gerettet, als ihn, vom Pegasos 
ins 'Alt)iov nedtov gestiirzt, Megapenthes, der Sohn 
des Proitos, to ten wollte. Welcker bezieht des- 
halb frg. 291 m not . . . auf Glaukos. Ebenso 



die Rache zu vollstrecken, und sendet ihn zu seinem 
Schwiegervater, dem KOnig von Lykien, uioqsv o" 
Sys arjjiaza Xvyga, ygdipas sv mvaxi htvxt^i {hifio- 
(f&oga noXla. Dieser nimmt B. freundlich auf, 
sendet ihn aber, nachdem er des Proitos Urias- 
brief gelesen, um ihn zu verderben, gegen die 
Chimaira, Solymer, Amazonen und beauftragt 
schliesslich auserwahlte Lykier ihn aus dem Hinter- 
halt zu teten. B. besteht alle Kampfe und erhalt 



Wecklein ohne Begrundung. Zwei bei Sto- 30 die Halfte der Herrschaft und die Tochter des 



baeus unter dem Titel B. iiberlieferte Fragmente 
662. 666, die sich auf ein schlechtes Weib beziehen, 
spricht man der Stheneboia zu. 

B.s Versuch den Himmel zu erniegen und sei- 
nen Sturz erzahlen ferner Schol. ABD II. VI 155 
(Asklepiades?). Schol. Pind. 01, XIII 130. Hyg. 
fab. 57; poet. astr. II 18. [Eratosthen.] Cataste- 
rism. 18. Schol. Arat. 208 (vgl. Robert Eratosth. 
Catast. p. 120ff.). Dionys. Perieg. 869 mit Schol, 



Konigs. Wie Horn. II. VI 155ff., so seiue Schol. 
Euripides in der Stheneboia (Schol. Gregor. Cor. 
bei Nauck TGF2 S. 567). Horat. c. Ill 7, 12. 
Ovid. Trist. II 397. Apollod. II § 30f. W. Hyg. 
fab. 57. Serv. Aen. V 1 18. Schol. Aristoph. Ran. 
1043. Tzetz. Lykophr. 17. Joh. Malalas p. 84, 
die jedoch des Proitos Gattin Stheneboia (nach 
,den Tragikern' Apollod. II § 25 W.) nennen. Dra- 
matisch behandelt vielleicht im Iobates des So- 



Tzetz. Lyk. 17, vgl. Horat. c. IV 11, 26. 0ft40phokles (Naucks S. 195, vgl. Kb- Mus. XL VII 



wird an den Sturz des B. sein Dmhsrschweifen 
im 'Alrjiov nedtov, das nach Schol. ABD II. VI 155 
in Lykien, nach andern in Kilikien licgt, wie bei 
Homer angefugt. Wie diese beiden Ziige und ob 
sie iiberhaupt urspriinglich zusammenhangen, ist 
nicht ersichtlich , wie auch das Umherschweifen 
des B. unklar bleibt. Fur den Hass der Gotter 
gegen B., der eine ayiogla der Homererklarer war, 
giebt Schol. B II. VI 200 (Porphyrius = Schra 



407), dessen Inhalt jedoch unbekannt , wie auch 
deT des B. des jtingeren Astydamas. 

Noch weiter hat die Novelle gesponnen. Das 
Schicksal des verbrecherischen Weibes machte neu- 
gierig, ihre Hinterlist forderte Suhne. Von diesem 
Standpunkte der jiingsten Novellenschicht hat Euri- 
pides die B.-Sage in der Stheneboia (vor 423, vgl. 
Aristoph. Vesp. 1074) behandelt. Ein vonWelcker 
(Gr. Trag. II 777) ediertes, verstiimmeltes Scho- 



der 95) ausser der Erklarung seines Trubsinns 50 lion zu Gregor von Korinth (Nauck TG^F 2 S. 567) 

aus seinen Verleumdungen bei Proitos und Iobates ' ' T " ,r "~ J 

nach Ae.mv h toig Xgvoaogixol; die Notiz aus der 
Lyde des Antimachos, die Totung der Solymer, die 
die Gotter geliebt, habe ihm ihren Hass zugezogen. 
IV. Novellistische Weiterbildungen. 
Vgl. Bender Die marchenhaften Bestandteile der 
homer. Gedichtc, Gymn.-Progr. Darmstadt 1878, 
12ff. Die beiden Novcllenmotive des keuschen, von 
der abgewiesenen Frau verleumdeten Junglings 



giebt den Inhalt so an : B.. wegen Mordes aus Ko- 
rinth fluchtig, wird von Proitos, dem KOnig von 
Tiryns, aufgenommen, von dessen Weibe Sthene- 
boia mit Liebesantragen verfolgt und schliesslich 
bei Proitos verleumdet. Von diesem mit dem 
Uriasbrief zu Iobates nach Karien gesandt, totet 
er die Chimaira. B. erfahrt die Tucke der Sthene- 
boia, kehrt zuruck nach Tiryns . . . (das folgende 
ist nicht sicher hergestellt, vgl. Schol. Aristoph. 



und des Uriasbriefes haben sich an B. angesetzt, 60 Pac. 140) . . . veranlasst Stheneboia mit ihm den 



am die Verbindung zwischen dem argivischen und 
lykischen B. herzustellen. Es ist das offenbar in 
Asien geschehen, weil durch diese Umfonnung der 
Schauplatz auch des Chimairakampfes nach Asien 
verlegt wird. Friih ausgebildet, wurde diese asia- 
tische, speciell lykische (s. o.) Sagenform durch 
Homer (II. VI 150) so machtig, dass sie die altere 
mutterlandische fast ganz nnterdruckt hat, deren 



Pegasos zu besteigen und sturzt sie bei Melos ins 
Meer. Fischer bringen sie nach Tiryns, wo sich 
B. als Morder bekennt, der aber gerechte Rache 
fiir doppelte Nachstellung genommen. Die Zu- 
verlassigkeit dieser Hypothesis wird durch Frag- 
ment 670 (Fischerreden) und 671 (Leiche der Sthe- 
neboia auf der Biihne) bestatigt. Jedoch ist das 
Verhaltnis zwischen B. und Stheneboia nicht ganz 



251 



Belleros 



Bellienus 



252 



klar. Vgl. W e 1 c k e r Gr. Tragoed. II 780. W e c k- 
lein S.-Ber. Akad. Munch. 1888 I 100. 

Daneben sind noch Spuren einer zweiten, ab- 
weichenden Gestalt dieser Schlussnovelle nach- 
weisbar. Naeh Schol. Aristoph. Ran. 1043, dem 
Schlusssatz von Hyg. fab. 57 und fab. 243 hat sich 
Stheneboia, als B. siegreich zuriickgekehrt, selbst 
den Tod gegeben. Die Notiz bei Hyg. fab. 57 und 
der Irrtum des Scholiasten, der offenbar fiber die 
euripideische Stheneboia berichten wollte, bewei- 
sen , dass diese Variante neben der Hypothesis 
der euripideischen Tragoedie angemerkt war. Ihre 
Quelle ist nicht kenntlich, vermutlich eine Tra- 
goedie. Nach Welcker Gr. Trag. II 784 und 
Wecklein a. a. 0. 107 war dieser Tod der Sthe- 
neboia im B. des Euripides erwahnt. 

Rationalistische Deutungen sind dem B.-My- 
thos _ im Altertum zahlreich geworden. B. wird 
fur einen Astronomen erklart von Lukian de astrol. 
13. Palladas Anth. Pal. VII 683. Anonymos jieqi 
caiiaxcov Westermann Mythogr. Gr 324, 12, Pe- 
gasos fur ein Schiff von Pajaiphatos 29. Plut. 
mulier. virt. 9, Chimaira fur einen feuerspeienden 
Berg, ein Schiff, eine Hure: Herakl. nepl djiloxwv 
15. Schol. Twl. II. VI 181 und die genannten, 

Moderne Deutungen der B.-Sage: Ztschr. f. 
vergleich. Sprachf. IV 416. V 140. Schwartz 
Urspr. d. Mythol. 21. Rapp bei Roscher Hythol, 
Lex. I 766. H. Lewy Die semitischen Fremd- 
worter im Griech. 190. 

Darstellungen der B.-Sage bei Fischer B., 
solche des B. und Pegasos sarnmelte R. Engel- 
mann Aim. d. Inst. 1874, 1. Ferner: Sal. Rei- 
nacbs Index zu Stephani CR 1859—1881 in 
Antiquity du Bosphore Cimmenen 153. Benn- 
dorf Heroon von Gjolbaschi-Trysa 61ff. Arch 
Zeit. XLI 105. Arch. Jahrb. X 37. G. Korte 
Etrusk. Spiegel V 72f. Robert Sarkoph. II 146 
Tf. 50. Komische Darstellung auf der Kabiren- 
vase Athen. Mitt. 1888 Tf. 11 (eine"Komoedie 
BsXlegocpcoov schrieb Eubulos). 

Litteratur: H. A. Fischer Bellerophon. Leipz. 
1851. Preller -Griech. Myth. II 83. Rapp 
Roschers Myth. Lex. I 757ff. Osk. Treuber 
Beitrage zur Geschichte der Lykier, Gymn -Progr 
Tubingen 1886, 15ff. und Geschichfe der Lykier" 
Stuttgart 1887. [Bethe.] 

Belleros s. Bellerophon. 
Belli (BeUoi), keltiberisches Volk in Hispania 
Tarraconensis , Nachbarn der Arevaker (Polyb. 
XXXV 2, 3. 11. Appian. Hisp. 44. 48. 50. 63. 
68). Der spater verschollene Volksname ist in den 
ibenschen Personennamen Pdlus und Pellius er- 
halten, da die Iberer p und b nicht schieden. 

[Hiibner.] 
Bellicenses, die Bewohner des in einer Ur- 
kunde vom J 585 Belica genannten Orts, des 
heutigen Belley. Eine Votivinschrift an die Mater 
deum und den Attis aus Belley (O r e 1 1 i 1 898) bietet 
vic(anis)^ Bell(icensibus). Vgl. Holder Altkelt. 
Sprachsch. s. Beliea und Belieensis. Longnon 
Geogr. de la Gaule an Vie siecle 230. [Bam.] 

Bellicias und Bellicus. 1) C. Bellieus Cal- 
pwmius Torquatus, cos. (CIL XII 1853), von 
Borghesi (Oeuvr. VTH 613) als verwandt, viel- 
leicht sogar als identisch mit Nr. 7 betrachtet, 
der aber auch wieder mit Nr. 6 gleich gesetzt wer- 
den kOnnte.. 



2) C. Bellicus Natalis, Consul im J. 68 mit 
P. Cornelius Scipio Asiaticus und zwar, soweit 
nachweislich', nur unter der Regierung des Kaisers 
Galba. Die DedicationsinschriftCIL VI 471 stammt 
vom 15. October, die Militardiplome CIL III 
p. 847f. X 7891 sind am 22. December ausge- 
fcrtigt. Die Grabschrift (Bull. com. XVI 1888, 
468) erwiese den 27. September, sofern sie mit 
Sicherheit auf diesen B. Natalis zu beziehen ist. 

10 3) C. Bellieus Natalis Tebanianus, Consul im 
J. 87 mit C. Ducenius Proculus und zwar min- 
destens seit dem 19. Mai und nicht mehr am 
10. September (Acta fratr. Arv. CIL VI 2065 n 
15. 54). Sein Sarkophag in Pisae CIL XI 1430. 
Moglicherweise ist er der Sohn von Nr. 2. 

4) Bellicius Sollers, der Gatte der Claudia 
Marcellina (CIL V 3337. 3338 u. a.), war, wie 
3337 ergiebt, der Sohn eines Tib. Claudius Tib. 
f. Quir(ina) Augnstanus und hiess selbst ursprung- 

20 lich Tib. Claudius Tib. f. Quir(ma) Alpinus (CIL 
V 3356). Erst nach seiner Heirat (V 3356) mit 
Claudia Marcellina ist er von einem B. Sollers adop- 
tiert worden (Borghesi Oeuvr. VI 411f.); den 
Adoptivvater hat man auf Grund falscher Lesung 
in CIL III 291 = 6818 entdecken zu konnen ge- 
glaubt. Das bellum Germanieum (CIL V 3356) 
ist moglicherweise das des Domitian und damit 
gehorte das Consulat des B. (3338), das er 3356 
noch nicht bekleidet hatte, in des Domitian oder' 

30 seiner beiden Nachfolger Zeit, aus der ein vir 
praetorius Sollers durch Plinius (ep. V 4) mit 
Namen bekannt ist. Dass B. Sollers in diese Zeit 
gehort, wird auch noch wahrscheinlich gemacht 
durch Borghesi (a. O.), der in dem Polyonymus 
von Tivoli (Nr. 5) einen Descendenten des B. Sol- 
lers erkennt. 

o) Verwandt mit Nr. 4, ist, wie aus der Uber- 
einstimmung der Namen mit CIL V 3337 her- 
vorgeht, ein . . . cius T. f. Clfaudia) Dexter Au- 

40 gusftanus Alpin/us Bellicius Sollers Metilius 
. . . us Rutilianus, dessen Name und Carriere 
sich auf einer Inschrift (Hicks Journ. hell, stud 
1890 , 251 = D e s s a u 1050) flndet. Da sich 
sein Name in dem des Consuls des J. 169 (Klein 
Fast. cons. z. d. J. CIL XIV 3609) wiederkehrt, 
so ist er wohl alter als dieser und gehort damit 
der ersten Halfte des 2. Jhdts. an. Ob das Con- 
sulat, davon das Epigramm auf der Inschrift 
spricht, Thatsache oderWunsch ist, lasst sich nicht 

50 deutlich ersehen. 

6) C. Bellicius Torquatus, Consul im J. 143 
mit Herodes Atticus zusammen (Klein Fast. cons. 
zum J. 143) und vielleicht identisch mit dem 
Consul des J. 148 (Klein zum J. 148) O. Bel- 
licius Torquatus. 

7) C. Bellicius Torquatus Tebanianus, Consul 
im J. 124 (Klein Fast. cons. z. d. J.). Er muss 
auch den Beinamen Fl-faccus?] gefuhrt haben 
naeh der in seinem Consulatsjahre gesetzten In- 

60 schrift CIL XII 169. [Henze.] 

8) .... rius Bellicius, Stadtpraefect von Rom 
nach dem J. 375, Rom. Mitt. VIII 299. [Seeck.] 

Bellienus und BUlienus, regelrecht gebildete 
Nomina gentilicia auf -enus, wie denn auch der 
Freigelassene Nr. 7 regelrecht Bellienus Demetrius 
heisst. Die Form Bellienus hat Jordan zu Sail, 
lug. 104, 1 (vgl. Nr. 5) bestritten und unter Be- 
rufung auf Hiibner bemerkt, dass in den In- 



253 



Bellienus 



Bellona 



254 



schriften zwar Ofter Billieni, aber niemals Bel- 
lirni vorkommen. Indes wenn mir fur diese Form 
auch kein Beispiel bekannt ist, so kommen doch 
nebeneinander die abgeleiteten Formen Billenia 
CIL VI 13588 und Bellenius VIII 4695, Belenia 
VIII 937. 1799 vor. "Wenn man daher auch fur 
diese Frage dem Zeugnis der Hss. nicht allzu viel 
Wert beilegen wird, so liegt doch kein Grund 
vor. den Gebrauch der Form Bellienus liberhaupt 
zu leugnen. _ 10 

1) Bellienus (dieser lateinische Name liegt un- 
zweifelhaft dem BsUXvov bei Plutarch zu Grunde) 
und Sextilius waren Praetoren und wurden in 
vollem Ornat samt ihren Lictoren von den See- 
raubern (einige Zeit vor dem J. 67) gefangen ge- 
nommen, Plut. Pomp. 24, dasselbe ohne Angabe 
der Namen Appian. Mithr. 93. 

2) Bellienus: Caelius schreibt im Februar des 
J. 705 = 49 an Cicero, er musse nach den Alpen 
gehen : ideo, quod Intimelii in armis sunt neque 20 
de magna causa: Bellienus, verna Demetrii (da- 
rnals aber schon Freigelassener, wie der Name be- 
weist), qui ibi cum praesidio erat, Domitium 
quendam nobilem illic, Caesaris hospitem a con- 
traria factione, nummis acceptis comprekendit et 

strangulavit usque, quaque, inquis, se Do- 

■mitii male dani. vellem quidem Venere progna- 
tus (= Caesar) tantum animd habuisset in vestro 
Domitio, quantum Psecade natus (so Pantaga 



der Witz natfirlich nichts iiber die correcte Form 
des Namens. Bellienus verna Demetrii Cic. ad 
fain. VIII 15, 2, vgl. Nr. 2. Er wird ausser der 
zuerst angefiihrten Stelle noch zweimal in den 
Briefen an Tiro XVI 17, 2. 19 erwahnt, aus denen 
hervorgeht, dass Cicero ihn zwar nicht leiden 
mochte, sich aber um seine Gunst bemiihte.^ Nach 
dem Cognomen Demetrius war er unzweifelhaft 
selbst ein Freigelassener eines B. [Klebs.] 

Bellintum (mutatio Bellinto Itin. Hier. 553), 
Station in Gallia Narbon. an der Strasse Arelate- 
Arausio, zwischen der mutatio Arnagine und der 
civitas Avenione (Avignon), 5 Millien von letzterer 
entf ernt. Heute Barbentane (?nachWalckenaer). 
Herzog Gall. Narb. 138. Holder Altkelt. Sprach- 
schatz s. v. [Thm.] 

Bellitiona, Stadt im Alpengebiet beim Geogr. 
Rav. IV 30 p. 251, bei Guido c. 14 p. 458 Bel- 
lineiona, heute Bellinzona. S. Bilitio. [Dim.] 

Bellius, wurde mit demselben Lautwechsel 
wie in bellum — duellum nach Cicero der Duellius 
(nach der gew&hnlichen spateren Schreibung Dui- 
lius) genannt, qui Poenos elasse devicit, Cic. or. 
153; vgl. iiber die verschiedenen Schreibungen 
dieses Namens CIL I p. 39 und den Artikel 
Duilius. [Klebs.] 

Bellocassi, falsche Lesart fiir Veiiocasses 
(-cassi). Gliick Kelt. Namen 161f. [Ihm.] 

Bellona (Bue(l)lma CIL 1 196, 2 = X 104, 2. 



thus fiir ipsa cadenatus des Cod. Medic.) in hoc 30 Varro de 1. 1. V 78. VII 49. Priscian. ni 497 Keil. 



habuit Cic. ad fam. VIII 15, 2. 

3) C. Bellienus. Item in iure et ante hos 
M. Brutus et paulo post cum G. Bellienus homo 
per se eognitus prope sine ulla oratione summus 
evaserat ; qui consul / "actus esset, nisi in Maria- 
nas consulatus et in eas petitionis angustias in- 
cidisset, Cic. Brut. 175. . Sonst nicht weiter be- 
kannt; aus Cicero folgt, dass B. wahrscheinlich 
die Praetur erreicht hat. [Klebs " 



Aug. c. d. IV 24; wohl nur verschrieben ist die 
Widmung Belolai pocolom auf einer jetzt in Rom 
befindlichen Trinkschale aus dem Museum zu Flo- 
renz CIL I 44), ist die KriegsgOttin der ROmer. 
Sie wird in der Formel bei der Todesweihe des 
P. Decius Mus in der Schlacht am Vesuv ange- 
Tufen (Liv. VIII 9, 6), ebenso von dessen Enkel 
bei Sentinum (Liv. X 28, 15). Nach Plinius 
(n. h. XXXV 12) soil bereits Appius Claudius 



4) Dem C. Billienus C. f. setzen die rOmischen 40 Regillensis, der Consul des Jahres 259 = 495, die 



Kaufleute zu Delos eine Inschrift, CIG 2285b; 
in Delos ist ferner eine Statue gefunden, die nach 
der Unterschrift ebenfalls einen C. Billienus C. f. 
darstellt : Bull. hell. XI 1887, 270. Auf der ersten 
Inschrift heisst er: xQeofovrris (= legatus), auf 
der zweiten : oigarjjj'os avdvjzaros (= praetor pro 
consule, Mommsen St.-R. II 3 647). Die Lebens- 
zeit des B. lasst sich nur berechnen, wenn man 
in ihm nach Boeckhs Vorgange (CIG a. a. O. 



Bilder seiner Vorfahren in einem natiirlich von 
ihm selbst geweihten Tempel der B. aufgestellt 
haben; es kOnnte dies nur ein kleineres Heilig- 
tum gewesen sein, an dessen Stelle spater ein 
umfangreicherer Neubau trat, denn die Senats- 
sitzungen daselbst, die in spaterer Zeit so haufig 
waren (s. u.), finden sich erst seit dem zweiten 
punischen Kriege verzeichnet. Wahrscheinlich aber 
hat man mit Urlichs (Chrestom. Plin. p. 337) 



den bei Cicero (Brut. 175) genannten redegewand- 50 die Worte qui consid cum P. Servilw fuit anno 

~~ urbis GGLIX als Zusatz eines Abschreibers aus 

dem Teste zu entfernen und die ganze Stelle auf 
den beriihmten Claudius Caecus zu beziehen. Von 
diesem wissen wir namlich bestimmt, dass er als 
Consul im Jahre 458 = 296 im heissen Kampfe 
gegen Samniter und Etrusker der B. einen Tem- 
pel gelobte (Liv. X 19, 17. Ovid. f. VI 203). Ge- 
weiht hat er ihn wahrscheinlich erst nach 461 = 
293, da Livius in der ersten Dekade die Dedi- 



ten B. Nr. 3 sieht. [Henze._ 

5) L. Bellienus (L. Bellienum oder Bellige- 
num die Hss., Billienum Jordan), Praetor im 
J. 647 = 107 Sail. lug. 104, 1. Wohl derselbe 
ist L. Bellienus (so die Hss.), der Oheim (avun- 
culus) Catilinas, der im J. 81 auf Befehl Sullas 
den Q. Lucretius Ofella getCtet hatte (vgl. Appian. 
b. c. I 101) und deswegen im J. 64 verurteilt 
wurde, Ascon, in Cornel, p. 81 K.-S. 



6)'L. Bellienus. Sein Haus wurde bei der Be- 60 cation nicht mehr erwahnt {CIL I p. 287 elog. 



stattung Caesars von der Menge angezundet und 
niedergebrannt , Cic. Phil. II 91. Die Behaup- 
tung Drumanns I 104, er sei ,ohne Zweifel' der 
Freigelassene Nr. 7, entbehrt jeder Begrtindung. 
7) Bellienus Demetrius. Demetrius iste nun- 
quam omnino Phalereus fuit, sed nunc plane 
Billienus est, Cic. ad fam. XVI 22, 2, da hier 
ein Wortspiel mit hilis vorliegt, so entscheidet 



XXVIII = XI 1827). Der Stiftungstag fiel auf 
den dritten Juni. Dem Charakter der Gottheit 
entsprechend war das Heiligtum ausserhalb des 
Pomeriums erbaut und zwar in der neunten Re- 
gion an der sehmalen Ostseite des Circus Fla- 
minius unweit der in campo Martio extremo ge- 
legenen (Varr. r. r. Ill 2) villa publica (fast. 
Venus. CLL I p. 301 = IX 421. Ovid. f. VI 201. 



255 



Bellona 



Bellona 



256 



Mirabilia Romae bei Jordan Top. Eoms II 629, 
vgl. 422f. Liv. ep. 88. Plut. Sull. 30. Cassius 
Dio frg. 109 Bekker. Sen. de clem. I 12). Der 
Senat verhandelte hier mit den aus dem Kriege 
heimkehrenden Feldherrn, die auf einen Triumph 
Anspruch machten (Liv. XXVI 21, 1. XXVIII 
9, 5. 38,2. XXXI 47, 6. XXXIII 22, 1. XXXVI 
39, 5. XXXVIII 44, 9. XXXIX 29, 4. XLI 6, 
4. XLII 9, 2. 21, 6. 28, 2. Cic. in Verr. V 41. 



satz zu dem in der Nahe befindlichen alten Hei- 
ligtum fiihrte das neue, in dem ein Bild der 
Gottin stand (Tibull. I 6, 48), von dem pulvinar 
deorum im Circus (Fest. p. 364) den Namen aedes 
B. Pulvinensis. Diese Benennung sowohl wie 
der abweichende Charakter des Kultes verbieten, 
an eine Vereinigung beider Gcttinnen in dem- 
selben Locale zu denken. Der Dienst der asia- 
tischen B., in vielen Punkten mit dem der Magna 



Sen. a. 0.), und mit den Gesandten auswartiger 10 mater und der Isis ubereinstimmend, wurde einem 



Volker, welche die Stadt nicht betreten durften 
(Liv. XXX 21, 12. 40, 1. XXXIII 24, 5. XLII 
36, 2. Fest. p. 347). Zu den Ceremonien bei der 
Kriegserklarung geherte die Sitte, dass der pater 
patratus im Auftrage der Fetialen eine Lanze 
ins feindliche Land schleuderte. Da bei der stetig 
wachsenden Entfernung der Kriegsschauplatze die 
Ausfiihrung auf grosse Schwierigkeiten stiess, so 
trat zu den Zeiten des Pyrrhus an Stelle des alten 



Collegium kappadokischer Priester (Tibull. I 6, 
43ff. nennt auch Priesterinnen) iibertragen, welche 
fanatici de aede B, Pulvinensis (OIL VI 490. 
2232. 2235. Iuv. IV 123) oder bellonarii (Aero 
Horat. sat. II 3, 223) genannt werden. Einen 
eistophoros aedis B. Pulvinensis erwahnt die In- 
schrift CIL VI 2233. 2318. An den Festen der 
Gottin zogen die Priester, von heiligem Wahn- 
sinn ergritfen, durch die Stadt in schwarzer Klei- 



Brauches eine symbolische Handlung, die vor dem 20 dung, auf dem Haupte Miitzen von zottigem Fell 

m , j._ -n _..i. -v- ; -u- «- i=— i--- (Xertull. de pall. 4. Martial. XII 57, 11). In 

ihrem Tempel liefen sie in fanatischer Wut mit 
fliegeflQen Haaren und gezuckten Schwertern um 
den Altar, verwundeten sieh an Armen und Schen- 
keln (vgl. CIL VI 2233), gaben das der Gottin 
zum Opfer vergossene Blut einander zu trinken 
und weissagten unter dem wilden Larm der Pau- 
ken und Trompeten. Mit ihrem Blute, dem man 
eine suhnende Wirkung zuschrieb, besprengten 



Tempel der B. sich abspielte. Man liess hier 
einen gefangenen Soldaten ein Stuck Landes an- 
kaufen und errichtete darauf als Sinnbild eines 
Grenzpfeilers die sogenannte columna bellica, 
uber diese Saule warf von jetzt an bei Ausbrach 
eines Krieges der Fetial seine Lanze in jenen 
Raum, der das Feindesland bedeutete (Ovid. f. VI 
206—8. Serv. Aen. IX 52. Fest. ep. p. 33. Pla- 
cid, p. 14, 2 Deuerl.). Der Brauch wird noch 



unter Augustus und Marc Aurel ausgeubt (Cass. 30 sie auch die Menge , die es mit der Hand auf- 



Dio L 4, 5. LXXI 33, 3). Statius (Theb. IV 6) 
iibertragt die Handlung auf die Gottin selbst. 
Die oben genannte Trinkschale, die dem 6. Jhdt. 
angehOrt und aus Etrurien zu stammen scheint, 
zeigt neben der Widmung Belolai pooolam das 
zur Umscbrift gehorige Haupt der Enyo mit 
Schlangen im Haar (Jordan Krit. Beitr. 7; Ann. 
d. Inst. 1872, 54), ein Beweis, dass in der all 
gemeinen Anschauung die Gleichsetzung der B 



flng und davon genoss (vgl. ausser d. a. St. Lu- 
can. Phars. I 565ff. Iuv. VI 105. 511ff. Minuc. 
Fel. Oct. 30. Tertull. apol. 9. Aug. c. d. IV 34. 
Sen. de vit. beat. 26, 8. Amm. Marc. XXI 5). 
Commodus hielt streng darauf, dass die Verwun- 
dung der Priester keine bios scheinbare war (Hist. 
Aug. Comm. 9). Auf einer stadtromischen In- 
schrift (CIL VI 2234) lesen wir von einer aedes 
B. Bufiliae; die Zusammenstellung mit Isis und 



mit der griechischen Enyo schon in friiher Zeit 40 Serapis wie die Nennung eines fanaticus lassen 



vollzogen wurde 

Von der alteren rftmischen B. durchaus ver- 
schieden ist die unter demselben Namen zu Bom 
verehrte Gottin von Comana in Kappadokien (Hirt. 
bell. Alex. Q6), eine in Vorderasien heimische, 
verschiedenartig benaunte Naturgottheit mit orien- 
talisch fanatischem Kulte (Strab. XII 535. Plut. 
Sull. 9). Die Obertragung des Namens findet in 
den grausamen, an die KriegsgOttin erinnernden 



keinen Zweifel, dass die asiatische Gottin gemeint 
ist, fraglich bleibt nur, ob der Name im Hinblick 
auf den Kult (s. o.) von rufus (blutigrot) ab- 
zuleiten ist, oder ob an ein andres nach dem Er^ 
bauer benanntes Heiligtum gedacht werden muss 
(vgl. Fortunae Ilaviae CIL VI 187). Fur die 
Ausbreitung des Dienstes sorgte der excentrische 
Ritus und der Eifer der Bettelpriester, die wan- 
dernd von Ort zu Ort zogen. In der Schilderung 



Gebrauchen ihre ErklJirung. Der Kult wurde zur 50 der Dichter werden die Vorstellungen von der 



Zeit des ersten mithridatischen Krieges auf Ver 
anlassung Sullas zu Rom eingefuhrt (Plut. a. O.), 
und zwar von Staatswegen, da Lactanz (inst. I 
21, 16) die Opfer als sacra publico, bezeichnet. 
Wir erfahren zwar, dass 706 = 48 infolge von 
Prodigien ausser den Heiligtumern der Isis und 
des Serapis auch ein 'EwaXor auf dem Capitol 
polizeilich zerstOrt wurde (Cass. Dio XLII 26, 2), 
indes lag der Grund hierfur wohl in der damals 



einheimischen Gottin mit denen der griechischen 
Enyo und der asiatischen B. derart verschmolzen, 
dass die Erinnerung an die erste mehr und mehr 
verblasst. So entspricht es griechischer Anschau- 
ung (Horn. II. V 333. 592;, wenn sie zu Mars 
und den ihn begleitenden Gottem in Beziehung 
gesetzt wird (Plaut. Amph. pr. 42. Petron. 124. 
256. Sil Ital. Pun. IV 436. Stat. Theb. V 155. 
Claudian. de laud. Stiiich. II 371ff., vgl. Amm. 



noch geltenden Bestimmung, wonach die Verehrung 60 Marc. XXX 1, 1), wahrend in den Beinamcn der 

auslandischer Gottheiten in Privattempeln inner- T> -*- '"-"-'■ -— - n " " 

halb des Pomeriums nicht gestattet war. Fiir 
den neuen Kult wurde beim Circus Flaminius eine 
Statte gescbaffen und die Lage des comanischen 
Heiligtums in ticfen engen Schluchten (Strab. a. 
O.) durch einen Hain (CIL VI 2232) und kleine 
Erhebungen (montes, vgl. Tertull. de pall. 4. 
Orelli 4983) kfin«tlieh nachgeahmt. Im Gegen- 



B., ihrerer Attribute und Opfer der wilde, grau- 
sam blutige Charakter der comanischen Gottin 
iramer starker hervortritt (Verg. Aen. VIII 703. 
Sil. Ital. IV 223. 436ff. V 221ff. Stat. Theb. 
VII 72ff.; silv. IV 5, 10. Sen. Here. Oet, 1312. 
Claudian. in Eutrop. II 109ff. 144 ; in Prob. cons. 
121. Aug. c. d. V 12. Amm. Marc. XXIV 7, 4. 
XXIX 2, 20. XXX 13, 1). Dcrselben Gottin 



257 



Bellonarii 



Belochos 



258 



galten demnach wahrscheinlich auch die Inschrif- 
ten der Kaiserzeit CIRh 998. CIL XI 1315. 1737. 
CIL IX 1456 (ein Sclave des Ti. Claudius Nero 
weiht als magisier Bellonae eine lueerna im 
J. 12 n. Chr.). X 6482 (zwei Frauen stiften eine 
aedes B. pro salute Traiani im J. 104 n. Chr.). IX 
3146 (sacerdos Matris Magnae refecit Bellonam). 
VII 338 und II Suppl. 5277 (der B. ein Altar 
geweiht). Die spateve Zeit identificierte B. mit 
Virtus (CIL V 6507. Orelli 4983. CIRh 1336. 
Lactant. inst. I 21, 16). Daraus, dass auch die 
sabinische Nerio durch Virtus erklart wurde, und 
aus den Beziehungen der B. zu Mars (s. o.), die 
sie gleichfalls mit jener Gottin teilte (Gell. XIII 
23, 3ff. Sen. bei Aug. c. d. VI 10. Suet. Tib. 1. 
Porphyr. Horat. ep. II 2, 209. Lyd. de mens. IV 
42) , hat man auf die Identitat beider und auf 
den sabinischen Ursprung der alteren B. schliessen 
wollen. Indes weder die Gleichsetzung mit Virtus 
zu einer Zeit, die uber die Eigenart der Gotter 
durchaus unklare Begrifte hatte, noch das auf 
griechischen Einfluss zuriickgehende Verhaltnis 
zu Mars kann fiir diese Ansicht geltend gemacht 
werden , ebensowenig die sehr zweifelhafte Be- 
teiligung des alteren Claudiers an der Erbauung 
des Tempels. Vgl. Tiesler De Bellonae cultu et 
sacris, Berl. 1842. Mit demselben Namen bezeichnet 
Aram. Marc. XXVII 4, 4 die Kriegsgottin der 
keltischen Scordisci (vgl. Zeuss Die Deutschen 
132ff.)- [Aust.] 

Bellonarii , eine nur in den Horazscholien 
(Aero Horat. sat. II 3, 223) sich findende Be- 
nennung der Priester der asiatischen Bellona (s. 
d.), die inschriftlich als fanatici de aede Bellonae 
Pulvinensis bezeichnet werden. [Aust.] 

Bellomun (Itin. Ant. 276 nach dem Cod. 
Escorial. ; die iibrigen haben Beloium), Flecken 
in Camien an der Strasse von Aquileia nach Vi- 
runum in Noricum, 30 Millien von ersterem; wahr- 
scheinlich der Flecken Tricesimo nOrdlich von 
Udine. S. Mommsen CIL V p. 167. Pais Suppl. 
442—445. 1232. [Hiilsen.] 

BellOTaci, das tapferste Volk Belgiens (Caes. 
b. g. VII 59. Hirt. VIII 6. Strab. IV 196 avx&v 
hi twv BAyStv B&Xoaxovq aQiaiovq cpaal. Oros. 
VI 7, 11 aus Caesar), welches allein 100 000 Be- 
waffnete ins Feld stellen konnte (Caes. b. g. II 4). 
Sie beteiligten sich an dem allgemeinen Gallier- 
aufstand im J. 52 und wurden besiegt (Caes. b. 
g. Vn 59. 75. Hirt. VIII 6-22. Liv. epit. 108; 
vgl. Cic. ad fam. VIII 1, 4). Im J. 46 dampfte 
Brutus als Legat Caesars noch einen Aufstand 
(Liv. epit. 114). Seitdem waren sie ohne Bedeu- 
tung. Mit den Ambiani zusammen , deren siid- 
liche Nacbbarn sie waren, werden sie erwahnt von 
Strab. IV 194. V 208. Plin. n. h. IV 106. Inc. 
panegyr. Constantio Caes. d. 21. Ihre Haupt- 
stadt Caesaroinagus (Ptol. II 9, 4 BM.ovaxoi <bt> 
xohs KaioaQoptayog) hiess spater Bellovaci (Not. 
Gall. VI 20 Oivitas Bellovaeorum) und hieraus 
(Bellovacis) ist das heutige Beauvais (im Beau- 
vaisis) entstanden. Gives Bellovaci werden auch 
auf Inschriften erwahnt, CIL XII 1922 (Vienne) 
civi Bellovafco]. J u Hi an Inscr. de Bordeaux 
nr. 58 Dfis) Mfanibus) ob monoriam Vestini 
Onatedonis ' cfivis) Bel[l(ovaci)] . Tocilescu 
Philol. Versamml. XLIII (Koln) 198. Die spa- 
teren Zeugnisse bei Holder Altkelt. Sprach- 

Fauly-Wissowa III 



schatz s. v. Der erste Bestandteil des Wortes 
kehrt in andern keltischen Namen wieder (Bello- 
rix, Bello-vesus), zum zweiten vgl. Vac-alus u. a. 
GliickKelt. Namen 152. 161. DesjardinsGeogr. 
de la Gaule II 435. 451. Longnon G^ogr. de la 
Gaule au VI« siecle 415f. S. auch Caesaroina- 
gus. [Ihm.] 

Bellovesns. Nach der gallischen Wandersage 
schickte KCnig Ambigatus von Gallien die beiden 
10 Sohne seiner Schwester , B. und Segovesus , um 
sein eigenes iibervolkertes Reich zu entlasten, mit 
gallischen Scharen auf Eroberungsziige ; jenem 
wiesen die Gotter den Weg nach Italien, wo er 
nach Besiegung der Etrusker Mediolanium grtin- 
dete. Liv. V 34. 35, 1. [Klebs.] 

Bellnm, neben der KultgOttin Bellona eine 
besondere Personification des Krieges, von den 
augusteischen Dichtern an Aussehen und Gestalt 
unter dem Einfluss des grausam blutigen Dienstes 
20 der asiatischen Bellona und der alexandrinischen 
Kunst geschaffen (Verg. Aen. I 293ff. VI 279. 
Ovid met. I 143ff.). Unter den Kunstschatzen, 
mit denen Augustus das von ihm erbaute Fo- 
rum schmiickte, nennt Plinius zwei Gemalde des 
Apelles, von denen das eine die Gottheit zur 
Darstellung brachte, restrictis ad terga manibus 
Alexandra in curru triumphante (Plin. n. h. 
XXXV 93; vgl. Brunn Griech. Kiinstlergesch. 
II 141). Diese Nachricht wird von Serv. Aen. 
30 1 294 dahin erweitert , dass der Beschauer , der 
das Forum betrat , das Bild zu seiner Linken 
hatte. Damit lOsen sich auch Panofkas Zweifel 
an der Richtigkeit jener ersten Notiz (Arch. Ztg. 
VI 1848, 100). [Aust.] 

Belluntes, wahrscheinlich Beiname der Tri- 
tienses (s. Tritium) in Cantabrien, an der Nord- 
kfiste des tarraconensischen Hispanien, nach Mela 
HI 15 (tritinobellunte). Vgl. Belli. [Hiibner.] 

Bellunum (so CIL V 993. VI 2612; BeXov- 
40vov Ptol. Ill 1, 30, Velunum die Hss. bei Plin. 
n. h. Ill 130), Municipium in Venetien (Plin. und 
Ptol. a. a. O. Paul, Diac. hist. rom. VI 26) ; noch 
jetzt Belluno. Es gehOrte zur Tribus Papiria 
(Kubitschek Imp. rom. tributim discr. 108). 
Bedeutende Reste praehistorischer (venetischer) An- 
siedelungen finden sich in der Nahe von B. ; uber 
die Nekropole von Caverzano vgl. Ghirardini 
Not. d. scavi 1883, 27 — 43. Lateinische Inschrif- 
ten aus B. CIL V 2036—2065. [Hiilsen.] 
50 Belliiros (Bi/dovgog), wohlhabender und volk- 
reicher Flecken im thrakischen Bezirk Rhodope, 
durch Iustinian I. zum Schutz gegen die Angriffe 
der Barbaren befestigt und zur Stadt erhoben, 
Procop. aed. IV 11 p. 303 Bonn. Vgl. Bolerus.- 

[Oberhummer.] 

Bellas. 1) Freigelassener des Faustus Cor- 
nelius Sulla, Cic. p. Sull. 55. [Klebs.] 

2) Gallischer Vasenfabriiant der Kaiserzeit, 
Dragendorff Bonn. Jahrb. XCVI 109. 
60 [C. Robert.] 

Belmina (Belminatis) s. Belbina Nr. 2. 

Belnar, Station der Strasse von Nisibis (s. 
d.) nach Thelser (s. d.), in der Nahe des Tigris 
und wohl zu Mesopotamien gehorig, Tab. Pent. 

[Weissbach.] 

Belo s. Baelo. 

Belochos (BriX(ox°s Euseb. chron. ed. SchOne 
I 65. Sync. 108 c. 147 a. Exc. lat. barb, bei 

9 



259 



Beloium 



Belos 



260 



261 



Prick Chronica minora I 282; B^Xovxo; Clem. 
Alex. Strom. I 21. Euseb. Praep. Ev. X 497c; 
B>jk6 X oog Xqovoyq. avvroft.). 1) Der achte Assy- 
rerkOnig in der nach Ktesias und einer hellenisti- 
schen Quelle (Bion?) gearbeiteten assyrischen K6- 
nigsliste des Kastor, die bei den christlichen Chro- 
nographen zu Grunde licgt. Der Name scheint erst 
der hellenistischen Quelle eigen gewesen zu sein, 
2) Der achtzehnte Assyrerkonig derselben Liste, 
so vermutlich schon yon Ktesias genannt, nach 10 
einer Notiz bei dem Syrer Bar-Hebraeus Chron. 
Syr. ed. Bruns-Kirsch 18. Hist. dyn. ed. Pococke 
38. Griinder yon Chaleb-Beroia. [Baumstark.] 
Beloinm s. Bellonum. 
Belola s. Bellona. 

BeXo/iavzela oder Qa^Sofiavxeia war nach 
Hieronymus ad Ezechielem XXI 18ff. (VI 206 
Migne) der griechische Name fur die Ton dem 
Propheten erwahnte assyrische Art der Losman- 
tik. Man beschrieb die Pfeile mit Namen, steckte 20 
sie in den KCcher und schuttelte sie, bis einer 
herausfiel. Vgl. Lenormant La divination chez 
les Chalde'ens 17ff. Bouche"-Leelercq Histoire 
de la diTination I 197, s. auch'PapSop arxeia. 

[Riess.] 
Belone, die Erfinderin der Nadel {faXovrj), 
Hyg. fab. 274; Tiber den Fisch B. s. Acus. 

[Hoefer.] 
Belos (BijXoe). 1) Kiistenfluss in Phoinikien 
(Plin. n. h. V 75. XXXVI 190. Tac. hist. V 7. 30 
Isid. Orig. XVI 15. Joseph, bell. Iud. II 10, 2 
BjXatog. Steph. Byz. s. " Axrj), nach Plinius (n. 
h. V 75) audi Pagidus genannt; er entspringt nach 
Plinius (a. a. O.) aus einem'See Cendebia am Fusse • 
des Berges Carmelus und mundet in der Nahe 
yon Ptolemais (Ake) ins Mittelmeer. Plinius nennt 
ihn caerimoniis saeer ; Josephos(a. a. 0.) berichtet, 
dass an dem Ufer ein Grabmal des Memnon ge- 
zeigt wurde. An seinem Ufer war nach Josephos (a. 
a. 0.) ein kleincr Platz, wo der Wind den fein-40 
sten Glassand in reicher Menge zusammentrieb ; 
daher wurde die Erfindung des Glases hieher ver- 
legt (Joseph. Plin. Tac. a. a. 0., vgl. Strab. XVI 



Belos 



Belos 



262 



758. Isid. a. a. 0.). Nach Claudius Iulius (bei 
Steph. Byz. a. a. 0.) wuchs an dem Fluss die 
Heilpflanze xoXoxdaiov, durch welche Herakles 
geheilt wurde. Auch Purpurschnecken fand man, 
wie noch heute, in Menge an seiner Miindung. 
Heute Nahr Na'men. 

2) Gebirge in Syrien (Ptol. V 15, 16. Plin 50 
n. h. V 81. 82. Steph. Byz. s. ZeXevxofyXos). 
Ptolemaios und Steph. Byz. (a. a. 0.) nennen ein 
ItXevxua agog Br)Xq>; Plinius (a. a. 0.) ausser- 
dem auch noch ein Chaleis ad Belum. Aller- 
dings wird nirgends B. ausdriicklich als ein Ge- 
birge genannt. Nach dem, was wir uber die Lage 
dieser Stiidte wissen, scheint B. etwa dem heuti- 
gen Dschebel Nosairije zu entsprechen, welcher 
nOrdlich vom Libanon dem Lauf des Orontes auf 
der Westseite folgt. [Benzinger.] 60 

$) Ein schon in den hesiodischen Ehoien im 
Kassiepeiamythos erscheinender , spater auch in 
die Danaidensage verflochtener Name, der viel- 
kieht wie Arabos (s. d.) und Aigyptos (s. Art. 
Babys) ursprunglich hellenisch ist, aber mit dem 
onentalischen Baal (s. d., chaldaeisch: Bel) je 
lSnger je mehr zusammenwuchs. a) Als Vater der 
Thronie (eponymen Nymphe der nach Eustath. II. 



II 533 p. 277, 49 durch alte Sagen beruhmten 
epiknemidisch-lokrischen Stadt Thronion, Schol. 
H. a. 0.), Schwiegervater des Hermaon, Grossvater 
des Arabos (von Aulis-Chalkis ? s. d.), des Vaters 
der Kassiepeia (von Ji#<cw«a-Euboia : E. Maass 
Ind. lect. Gryph. 1890, 22ff.) im hesiodischen Ka- 
talog frg. 43 Xi. und bei Stesiehoros frg. 64 Bgk. 
aus Strab. I 42 (vgl. Antonin. Lib. 40) gehort 
B. dem Euripos an. b) Fur B. im Danaiden- 
mythos ist Aisch. Hik. 318 der erste Zeuge (uber- 
sehen von Wernicke o. Bd. I S. 1005, 32ff. und 
Bernhard in Eoschers Myth. Lex. I 155, llff.). 
B. ist hier Sohn der Libye, Enkel des von Zens 
und Io erzeugten Epaphos, Vater des Danaos und 
Aigyptos, Grossvater mithin der Danaiden und 
Aigyptiaden (= Schol. Aisch. Prom. 773. Schol. 
ABMI Eur. Orest. 932. Apostol. XIII 29. Arsen. 
XL 93). Als Vater des B. ( = Zeis Alfivg) und 
Gatten der Libye kennt Nonnos (Dionys. Ill 291) 
den Poseidon. B. gilt als Vater des (wohl alt-aigia- 
leischen) Aigyptos in localer Legende vom [tvtjfia 
Alybmov zu Patiaj, Paus. VII 21, 13. Vater des 
ArgeierkOnigs Danaos auch bei Hygin. fab. 124 
168. 273. Schol. Germ. 172, 7 Breys. ; vgl. Bo- 
lides = Danaides Ovid. met. IV 463. Iuv. sat. 
VI 656. Zugleich mit Libye, Aigyptos, Danaos bei 
Tzetz. Lyk. 630. Dasselbe Stemma, nur mit Phoi- 
nix und Agenor als Sohnen, Kadmos als Enkel, 
Schol. Gu. Bar. Leid. Eur. Phoin. 247, BI v. 
291 und M v. 678 (wiederkehrend , nur unter 
Auslassung der Zwischenglieder B. und Phoinix 
und vermehrt urn Poseidon als Gatten der Libye, 
Schol. M v. 158). Bruder des Agenor, Gatte der 
Antiope, Vater des Kadmos, Phoinix, Kilix ist B. 
im Stemma mit Epaphos, Libye und Poseidon, 
als Eltern und Ahn, Schol. ABCMI Eur. Phoin. 5. 
Ebenso kennt den Poseidon und die Libye als 
Eltern, Epaphos als Memphiten, Agenor als Bru- 
der, und dazu die Neilostochter Anchinoe als 
Gattin des iigyptischen Konigs B., der seine 
Sonne, Danaos nach Libyen, Aigyptos in das Me- 
lampodidenland und Aigyptos einsetzt, die apol- 
lod. Bibl. II l, 4, 2f. (= III 1, 2) und, nur ohne 
den dortigen Zusatz ,nach Euripides ist B. auch 
Vater des Kepheus und Phineus', das Schol. AD 
II. I 42. Vater des Aigyptos, Bruder Agenors ist 
B. auch bei einem Mythographen des Steph. Byz. 
s. 6doog, der ihn als Grossvater des Lynkeus (vgl 
Ovid. Her. XIV 73), liber diesen als Ahnherr des 
Abas und seiner Tochter Danae kennt. Dem obigen 
Stemma (Poseidon, Libye, Agenor, Aigyptos, Da- 
naos) setzt noch den Enyalios als Sohn des B. 
von Libye und die Side als Gattin des B. und 
Mutter des Danaos und Aigyptos hinzu Ioann. 
Ant. frg. 6, 15, FHG IV 544 = Malal. p. 30. 
Kedren. p. 38. Tochter des B. ist dagegen diese 
Side nach Eustath. Dion. Per. 912, nach Murr's 
Vermutung (Pflanzenwelt in der griech. Mytho- 
logie 85) mit Beziehung auf die alte Kultur der 
Granate (o%) im Orient. Charax Xgovixa I frg. 
24 aus Steph. Byz. s. Atyvmog, FHG HI 642 nennt 
B. Gatten der noxafuxig 'Aegta, Vater des Aigy- 
ptos. Nonnos nennt ihn (Dion. Ill 295) Vater 
nicht nnr des Aigyptos, Agenor und Phoinix, son- 
dern auch des Phineus. Eine Verknupfung dieses 
B. a hellenischer Mythen mit dem als B. transcri- 
bierten Bel Mesopotamiens (s. unten f. g. i. k) ver- 
sucht die ktesianische Sage von der Wanderung des 



,Aigypters' B, nach Babylon bei Diodoros I 28 (K0- 
nig B., Sohn des Poseidon und der Libye, stiftet nach 
agyptischem Muster am Euphrat eine steuerfreie 
Priester- und Astrologenkaste der Chaldaeer; vgl. II 
8) und Paus. IV 23, 10 (B. stiftet in Babylon einen 
Tempel dem Gotte, der nach ihm den Namen B. be- 
kommt, vgl. Diod. LI 8f. und unten k : Alex. Poly- 
hist.). Pausanias wahrt durch Nennung der Libye, 
wie Diodor. 1 28 durch Erwahnung des Danaos, die 



Zeus zu Babylon; II 9: Heiligtum des Zeus.-B. in- 
mitten der Stadt, nebst Standbild, zwischen denen 
der Hera und Rhea, und heiligem Krater, Arrian. 
anab. Ill 16, 4. Ps.-Hekataios v. Abdera (frg. 
14, FHG II 394 a bei Joseph, c. Apion. I 22) 
erzahlt, wie Alexander der Grosse den zerstSrten 
Tempel des B. zu Babylon habe durch seine Trup- 
pen wieder aufbauen wollen, die jiidischen Sol- 
daten aber sicb weigerten, Material beizuschleppen. 



Fuhlung mit dem argivischen Mythos, in den B. 10 Bilder von wunderbaren Mischgestalten aus Tier 

wohl zusammen mit dem nach Maass (a. 0. 24) n " - - ■• - - - - 

ursprunglich euboeischen Epaphos eingedrungen 

war. c) Vater der Damno, die mit dem Posei- 

donsohne Agenor den Phoinix, die Isaie und Me- 

lia, die Gattinnen des Aigyptos und Danaos, er- 

zeugt, ist B. bei Pherekydes (t. Leros) im Schol. 

Apoll. Rhod. Ill 1185, FHG I 82, 40. d) Vater, 

oder wohl richtiger Ahnherr im dritten Glied 

(Jahrb. f. Philol. Suppl. XVI 1887, 178, 126), des 



und Menschenleibern daselbst: Berossos Bafiv- 
Xcoviaxa I frg. 1, 4 (aus Synkell. p. 28, 5f., 
FHG II 497; Tgl. Euseb. chron. I 16 Scbone). 
Derselbe (a. 0. § 5f.) erzahlt, wie B. das weib- 
liche Drwesen Thalatth-Omorka halbierte und 
aus .den Halften Himmel und Erde schuf nach 
Yernichtung aller Tiere, darauf sein eigenes Haupt 
sich abschlug und aus dem mit Erde vermischten 
Blute Menschen entstehen liess. Berossos selbst 



zum Eponymos der mesopotamischen Artaioi-Ke- 20 war Priester des B. : Tatian. or. adv. Graec. 58 ; 



phenes gewordenen Kepheus ist B. bei Herodot. 
VII 61. e) Sohn der Augeiastochter Agamede 
von Poseidon und Bruder des Aktor und Diktys 
beisst B. bei Hyg. fab. 157, wo vielleicht eher ,der 
Eleier' Br/Xevg (s. d. Nr. 2) gemeint ist. f) In der 
Didosage ist B. Vater der Dido-Elissa, Hyg. fab. 
243; bei Verg. Aen. I 621ff. mit Schol. v. 621 
(anstatt des Mettes, Serv. Aen. I 343; Meton, 
Myth. vat. I 214; Mutto, Iustin. XVIII 4, 3— 6. 



er erzahlt (frg. 14 aus Joseph. Ant. Iud. X 224, 
FHG n 507), Nabuchodonosoros habe bei seinem 
Regierungsantritt von der Beute des Feldzugs 
nach Syrien, Palaestina und Aegypten den Tem- 
pel des B. neu geschmtickt. Krates von Mallos 
im Schol. B (L) II. I 590 kennt B. als cbaldae- 
isches Wort. Mit der ,Konigin BfjXxig' stellt den 
B. als Urahn Nabukodonosors ein angebliches 
chaldaeisches Orakel aus Megasthenes bei Aby- 



8) auch Kdnig von Sidon, Besieger und Verwtister 30 denos (frg. 9 aus Euseb. praep. ev. IX 41, FHG 



von Kypros, nimmt den aus Salamis vertriebenen 
Teukros auf und giebt ihm Kypros (Salamis), bezw. 
Hiilfe zur Eroberung dieses Landes. Darum heissen 
auf Kypros Lapathos und Kittion ,Stadte des B.' 
bei Alexander v. Ephes. bei Steph. Byz. s. Aajirj- 
■&og. g) Griinder des babylonischen Reichs, Er- 
bauer von Babylon, Ahnherr des Orchamos, des 
Fiirsten der Achaimeniden , der mit Eurynome 
Leukothea, die Geliebte des Helios, erzeugt, nennt 



IV 283) zusammen. Ebenda nannte Aby denos 
den B. als Griinder der Mauer Babylons, der, 
nachdem er die Flut hatte sich verlaufen lassen, 
einem jeden sein Gebiet anwies und dann ent- 
riickt ward. Nach Michael d. Gr. a. 0. 35 und 
Bar-Hebraeus a. 0. war B. ein EmpOrer, der von 
einem alten chaldaeischen Reiche abfallend, nach 
siebenjahrigem Kampfe sich in Assyrien eine von 
Babylon unabhangige Herrschaft grundete (B aum- 



den B. die rhodische Sage bei Ovid. met. IV 213, 40 stark). Abydenos (frg. llf. aus Euseb. chron 



nach Lactant. argum. angeblich aus Hesiodos, frg, 
44 Ki. = Euseb. praep. ev. 419 dff. 456 d; vgl. 
Iuv. sat. VI 656. Vater des Babylon nennt ihn 
Steph. Byz. s. BafivXmv. Eustath. Dion. Perieg. 
1005. Etym. M. s. BfjXog, wo als Nebenformen 
BadX (Et, Gud. s. BdX), ferner BrjXwv genannt 
und von letzteremvBa/fylcuv (so), Griinder Babylons 
hergeleitet wird. Vgl. unter k. h) Vater des Theias, 
der mit der Nymphe Oreithyia im Libanon die 



FHG IV 2841), zuruckgehend auf Moses v. Cho- 
rene I 4, nennt ihn Vater des Babios, Grossvater 
des Anebos, Urahn des Ninos, im Zusammenhang 
der armenischen tTberlieferung vom Kriege des B 
mit Armenien. Berossos frg. 22 (bei Agathias II 
62, FHG II 498) lasst den Zeus unter dem Namen 
B. von den Assyrern verehrt werden, Plin. n. h. 
VI 121 als Iuppiter Belus, Erflnder der Stern- 
kunde. Sein Grabmal kennt Strab. XVI 738, 



Smyrna erzeugt, ist B. bei Ant. Lib. 33. i) Die 50 die ZerstOrung durch die Perser Diodor. XVII 



Historiker und Geographen verstehen immer den 
babylonischen Bel (s. Baal); so Herodot. I 181: 
Zeus B., Eponymos der BriXidsg mvXat Babylons 
<vgl. Ill 155), = Eustath. Dion. Per. 1007, der 
noch den von Semiramis gestifteten Gold-Silber- 
Elfenbeinaltar des Konigs B. nennt. Auf Hellani- 
ios von Lesbos und Ktesias beruft sich (ausser 
auf Herodotos) auch Kephalion frg. 1 (aus Syn- 
kellos p. 167 a und Euseb. chron. I 59 Schone, 



112, ausfuhrlicher Aelian v. h. XIII 3, demzu 
folge Xerxes darin den Leichnam des B. in 01 
schwimmend in einem Krystallsarg vorfand und 
das Wunder erlebte, dass trotz Nachgiessens un- 
geheuerer Mengen Ols immer das Haupt zum 
Teil aus der Fliissigkeit herausschaute, Joseph, ant. 
X 11. Statt der sonst gebrauchten Form BijXos 
(VIII 33, 3) hat Pausanias einmal (I 16, 3) B>]X 
als Besitzer des Heiligtums in der babylonisehen 



FHG ILT 626) fur Ninos als .Belides 1 d. h. Sohn 60 Landschaft Chaldaia. In Elymaia nennt ein solches 



des B., offenbar den assyrischen Konigslisten enfc 
sprechend; vgl. Dionysios v. Tellmahar 16 Tull- 
berg. Michael d. Gr. 37 Langlois. Bar-Hebraeus 
Chron. syr. 11 Bruns-Kirsch (nach Annianos, 
vermutet A. Baumstark in schriftl. Mitt.). Mit 
B. beginnt auch die syrische Konigsliste des Ar- 
meniers Samuel 15 ed. Mai-Zohrab (Baumstark). 
Ktesias bei Diodor. 118: Erzbilder des B. genannten 



Strab. XVI 744, ein bebraeisches des ,tyrischen' 
Gottes B. Joseph. Ant. Iud. Vffl 318 ; syrischen 
Kult des B. genannten Zeus bezeugt Cass. Dio 
LXXVIII 8 fur Palmyra; vgl. die Inschriften 
CIG 4482, 10 und den Priester CIG 4485, 15; 
rtSmischen des BfjXog-Behia zusammen mit andereu 
Gottern die Inschrift eines von einem Palmy- 
rener gestifteten Tempels, CIG 6015. GIL VI 



263 



Belos 



By/ua 



264 



50f., vgl. 710; gallischen im Vocontiergebiete 
der Altar des Ev&vvxijQ xvp^g B. = Belus for- 
tunes rector menftjisquemagister, gestiftet wiede- 
rum zur Erinnerung an den Palmyrener Mutter- 
kult, CIL XII 1277 (zweisprachige" metrische In- 
schrift). Das spatere Antiocheia am Orontes soil 
zuerst von B. und Kasos, den Sohnen des Inachos, 
gegriindet sein nach Synkellos I 237 B. und (nach 
Annianos: A. Baumstark in schriftl. Mitteilung) 
beimSyrerDionysiosvonTellmaharp.23. k)M}'tho- 10 



Nach Et. M. s. BrjXog sollte B. em ohaldaiscb.es 
Wort fur die avcoxdxw xov ovqchvov iteoMpdgeia sein : 
ein kilnstlichcr Versu'ch, den chaldaischen Bel als 
Himmelsgott zu erklaren. [Tumpel.1 

4) S. Baal. 

Belphoi (BeXcpoi), aiolische Form fur Au<poi\ 
Etym. M. 196, 55. 200, 29. IGS I 2385. 2418. 
Meister Griech. Dial. I 118. 216. 259. 

[Oberhummer.] 

Belsalino (Geogr. Eav. IV 20 p. 220 , 8) s. 



logeme entspannen sich aus der Vermischung des Vetus Salina. 

Baal (Bel) nicht nur mit .B^lo? a, sondern auch mit * Belsinuin, 1) An der Strasse von Aginnum 



Zeus (s. o. i: Herodotos, Ktesias, Agathias u. a.) 
So hat Philon v. By bios frg. 2 (aus Euseb. pracp. ev. I 
10, 21, FHG III 568) den Zeus-B. als Solm des 
Kronos I. und Bruder des Apollon und Kronos II., 
Eupolemos (jr. 'Iovdaicov bei Alexander Polvhist. 
frg. 3 aus Euseb. praep. ev. IX 17, FHG III' 212) 
den B. H als Sohn des B,-Kronos (I.), Bruder 



nach Lugdunum, Itin. Ant. 463. Nahere Lage 
unbestimmt. Desjardins Geogr. de la Gaule II 
404. Vgl. Besinum. [Ihm.] 

2) Ort der Keltiberer in Hispania Tarraco- 
nensis nach Ptol. II 6, 57 (beim Geogr. Eav. 313, 7 
Belisarium); nicht verschieden von del an der 
Strasse von Turiaso nach Caesaraugusta, 20 Million 



des Chanaan. Dem Ioann. Ant. frg. 5, 4f. (FHG 20 von ersterer gelegenen Station Balsione (Itin. Ant. 



IV 541f.) ist B. als Konig der Assyrer Sohn des 
Pikos-Zeus und der Hera-Nemesis, Enkel des 
Kronos und der Semiramis, Vorganger seines 
Oheims Ninos, genannt Sta x6 o&xaxov elrar, 
bei Thallos frg. 2 (aus Theophilos ad Autolyc. 
Ill 29 und Lactant. inst. I 23, FHG III 517) ein 
assyrischer Konig, 322 Jahre vor den Troika lebend 
und mit den Titanen zusammen gegen Zeus und 
die anderen Gotter kampfend (Theoph.) , verehrt 



443, 4), Bettisione (451, 1), Belsionem (Geogr. 
Eav. 310, 18). Guerra (Discurso a Saavedra 87) 
setzt sie nach Mallen zwischen Cascante und Zara- 
goza. [Hubner.] 

Belsonaucum, villa quae in medio Ardoen- 
nensis silvae sita est, Greg. Tur. hist. Franc. VIII 
21 (z. J. 585) Frahere Gelehrte identiflcierten 
es mit Bastogne im Luxemburgischen , richtiger 
Longnon Ge"ogr. de la Gaule au Vie sidcle 388 



von Assyriern und Babyloniern. Im frg. 5 aus 30 mit Nieder-Beslingen (frz. Bas-Bellain, Luxern 



Synkellos p. 92 soil derselbe auch den B. an der 
Spitze einer assyricshen Liste von 41 KOnigen ge- 
nannt haben; doch vgl. C. Miiller a. O. 518 zu 
frg. 4 und Gelzer Africanus II 204ff. Nonnos 
Dion. XVIII 302 nennt B, einen Assyrer und itqo- 
jiaTojQ des Staphylos und lasst ihn den Kampf 
des Zeus mit Kronos erzahlen ; nach XL 392 ist 
B. der Name des Helios am Euphrat. Bei Ale- 
xander Polybist. frg. 3 aus Euseb. praep. ev. 



burg), das in einer Urkunde vom J. 770 Bels- 
langum heisst. Holder Altkelt. Sprachsch. s. v. 
u. s. Beslancium. [Ihm.] 

Belsurdos (BeXoovqSos), Beiname des Zeus 
in einer thrakischen Inschrift, Dumont Inscrip- 
tions et monuments figures de la Thrace 72 a. 
Borghesi Oeuvres III 274. Arch, des missions 
scientifiqu. Ill 3 p. 148. 182. Ob es sich um 
einen urspriinglich thrakischen Gott oder um eine 



I 10 (nach Artapanos 'IovSaVxd), FHG III 213 40 von einem Ortsnamen (vgl. BeXXovpog Procop 



soil gar B., der eponyme Erbauer und Bewohner 
des ,Belos' genannten Turmes von Babylon, der 
einzige fibrigbleibende der Giganten gewesen sein, 
die (miter ihnen Abraham !) von den Gottern wegen 
ihres Ubermuts bestraft worden sjien. Mit dem 
biblischen Nimrod wird B. auch von Ps.-Agathan- 
gelos , Michael d. Gr. u. a. syrischen und arme- 
nischen Schriftstellern identiflciert (Baumstark). 
1) Der lydische Konig B. ist nach Herodot. I 7 



de aedif. IV 11) abgeleitete Epiklesis handelt, ist 
zweifelhaft. [Jessen.] 

Beltra, auf der Tab. Peut. eine Station zwi- 
schen Ekbatana und Ehagae. Wenn man auch 
Tomascheks Correctur der ganzen Route (S.-Ber. 
Akad. Wien CII 147ff.) nicht ohne weiteres zu- 
stimmen wird, so ist doch sicher-, dass ein schwerer 
Irrtum der Tabula vorliegt, und hOchst wahr- 
scheinlich, dass B. zwischen Konkobar-Kongaver 



Sohn des Alkaios, Vater des Ninos, Grossvater 50 und Ekbatana-Hamadan zu suchen ist. Toma 



des Agron , des ersten KOnigs aus dem Hera- 
kleidengeschlecht , also vielleicht = BeXeovs (s. 
Beleus Nr. 1), vgl. Tzetz. Chil. VII 159ff. Babr. 
fab. prooem. m) Ein indischer Gott, dem funf- 
ten Herakles gleieh, ist B. dem Cicero de nat. 
deor. Ill 42. Beli oculus (Katzenauge), ein Edel- 
stein, bei Plin. XXXVII 149 (nach dem Assyrer- 
konig genannt). Den Schwur /iu rov BrjXov s. 
bei Hercher Erot. gr. Addenda LXI. Vor der 
Verschmelzung mit dem babylonischen Bel ist 60 
BrjXog wohl ein mittelgriechischer (lokrischer ? 
vgl. oben a) Gottesbeiname gewesen, abzuleiten 
von fiijj.og = ovgavdg xa.1 6 Zevg y.al 6 lloaei- 
dmvog vidg , Bekker Anecd. 225, 9 = Hesych. s. 
BrjXog, wofiir Achaeer und Dryoper faXog (= ov- 
Qavog und olvfinog) betonten, Phot. s. BrjXog. Hero- 
dian. zu II. I 590 (=Et. M. verkiirzt) und Schol. 
AB (L) a. O.: fltjXo;. xaxa AqvoTxag 6 "OXvfixog. 



schek (a. a. O. 152) halt es fur identisch mit 
Adrapanan, welches in der Nahe von Musaabad 
oder Asadabad (so Tomaschek) gelegen haben 
muss. Seine Etymologie des Namens Beltra ,von 
Bel geschutzt' ist hOchst unwahrscheinlich. Unter 
der Form Belfra nennt Geogr. Eav. II 2 eine 
Stadt, die er zu Gross-Indien rechnet. 

[Weissbach.] 

Belnnum s. Bellunum. 

Bijfia. \)Bfj!A.a, ,Tritt', Trittstufe, erhohter 
Standplatz. Ein solcb.es p. ist uberall dort erfor- 
derlich, wo ein einzelner hervorgehoben und einer 
grosseren Menge sichtbar gemacht wcrden soil. 
Das /?. besteht aus einer einfachen Platte oder 
aus einer auf Stufen emporgehobenen Plattform, 
die sowohl Steinbau als Holzgerust sein kann. 
Dort, wo auf dem Versammlungsplatz ein Altar vor- 
handen ist, dient die Trittstufe des Altares selbst 



265 



Bfjfict 



Bematistai 



266 



als ^. Der Athener versteht unter ji. schlechtweg 
•vorzugsweise den Felsaltar auf der Pnyx (s. d.) als 
Standplatz der Eednerin den effentlichen Versamm- 
lungen (Plut. Them. 19; s. Eednerbuhne). An 
diesen Standplatz der politischen und gerichtlichen 
Bedner denkt wohl Plutarch praec. ger. reipubl. 
26 p. 819 E: xoivov eaxiv isgov to fifjfia BovXaiov 
re Aiog xai BioXdaig aal &e/uidog xai Aixqg. Bei 
Plut. Phok. 34 scheinen die Ausdriicke p. und 
MaxQov die beiden Orte der Volksversammlungen 
(Pnyx und dionysisches Theater) bezeichnen zu 
sollen. B. und XoyeTov (,Sprechstelle' im Gerichts- 
hof oder im Theater?) werden als die Orte des 
noXixeveoftat neben einander genannt (Plut. reip. 
ger. praec. 31 p. 823 B); o< <bio xov firjftaxog sind 
■die Kedner im Gegensatz zu den Leuten von der 
,Buhne' (oi cbio 4vixeXrjg), Plut. Dem. 12. 

Ein anderes /?. gab es in rSmischer Zeit vor 
der Attalos-Stoa, von wo aus die Praetoren dem 
Volke ihre Mitteilungen machten, Athen. V 211 E, 
vgl. Wachsmuth Stadt Athen I 647. Diesem 
Sprachgebrauch entspricht es , wenn spatere 
Schriftsteller auch die Rostra zu Rom als (5. be- 
zeichnen. 

In den Gerichtshofen (s. A i h a a x r\ q i a) wird so- 
wohl die erhohte Estrade des vorsitzenden Beam- 
ten (Aristoph. Eccles. 677. Dem. XIX 311) wie 
der Platz der Redner (Aeschin. II 59. Ill 55) und 
die davon verschiedenen Standplatze der Parteien 
(Aristoph. Plut. 382. Dem. XL VIII 31. Aeschin. 
Ill 207) als /?. bezeich.net, vgl. Wachsmuth 
Stadt Athen II 369. 373. 

Auch dort, wo andere Vortrage rednerischer 
oder musikalischer Art abgehalten werden sollten, 
bedarf es eines /?. Auf den attischen Vasen sehen 
wir die Musiker und Sanger dort, wo sie vor Zu- 
hOrern auftreten, haufig auf einem ein- oder mehr- 
stuflgen /?. dargestellt. Das B. als Standplatz des 
Rhapsoden wird Plat. Ion 535 E genannt. Wie 
in den Odeen, so mussten auch in den Orchestren 
der Theater fitf/iaxa vorhanden sein, sei es dass 
dazu ein besonderer Aufbau (aus Holz oder Stein) 
oder ein Altar verwendet wurde. Als seit dem 
4. Jhdt. die Sitte immer allgemeiner wurde, auch 
die Volksversammlungen in den Theatern abzu- 
halten , musste das /J. nicht nur den Einzelvir- 
tuosen, sondern auch den Rednern dienen. So ist 
wohl die Weihung eines /?. xeo Aiovvow xal x<o 
drifico im Theater von Iasos, CIG 2661 (LeBas 
ni 269, 1. Halfte des 2. Jhdts. v. Chr.), zu 
verstehen. In ganz spater Zeit wird im fiber- 
tragenen Sinn auch die steinerne Spielbiihne ft. 
&erjxqov genannt, CIA III 239 (metrische Inschrift 
des Phaidros aus dem 3. oder 4. Jhdt. n. Chr.). 
To Bdxyov firi/iara in dem Epigramm des Ad- 
daios Anth. Pal. VII 51 beruhen auf einer Con- 
jectur von Jacobs. [Reisch.] 

2) Als Langenmass wird das §. zwar erst in 
einer Masstabelle erwahnt , welche einer jiingern 
Bearbeitung der heronischen Geometrie angefugt 
und Mhestens gegen Ende des 1. Jhdts. n. Chr. 
in die uns uberlieferte Form gebracht worden ist. 
Dass aber dieses Mass schon frfiher gebrauchlich 
war, ist zunachst deshalb wahrscheinlich , weil 
die eben erwahnte Bearbeitung der heronischen 
Geometrie ihrem wesentlichen Bestande nach ein 
von Heron von Alexandreia gegen Ende des 2. Jhdts. 
v. Chr. verfasstes Lehrbuch der praktischen Geo- 



metrie darstellt. Damals war aber etwa ein Jahr- 
hundert verflossen , seitdem auf Anregung des 
Mathematikers Eratosthenes die Wegstrecke von 
Syene nach Meroe durch konigliche Bematisten 
mOglichst genau bestimmt worden war, und friiher 
schon hatte Alexander d. Gr. die auf Marschen 
zuruckgelegten Entfernungen nach Schritten aus- 
messen lassen (s. Bematistai). Dass es zugleich 
makedonischer Gebrauch war, die Schrittlange 

10 in ein festes Verhaltnis zum Fussmasse zu setzen, 
lehrt die Gloss e prj/j,axi&iv bei Hesychios. Auch 
bei dem Ruckzuge der zehntausend Griechen sind 
die durchzogenen Strecken, soweit man nicht auf 
Strassen marschierte, die bereits von den Persern 
vermessen waren, nach dem Schrittmass abge- 
schatzt worden. Wahrscheinlich wurden von je- 
her 240 Schritte als 1 Stadion, mithin der Schritt 
zu 21/2 Fuss gerechnet, und so wird das /?. so- 
wohl in der altesten heronischen Masstafel als in 

20 anderen jiingeren Quellen gerechnet (Heronis geom. 
et stercom. rel. ed. Hultsch S. 138ff. Metrol. 
script. I 9ff. 23f. 33ff. 180ff. Hultsch Metro- 
logie2 8f. 37. 52if. 60ff., dem sich Tannery Re- 
cherches sur l'histoire de l'astronomie ancienne, 
Paris 1893, 107ff. anschliesst). Nach der Ver- 
schiedenheit der griechischen Fussmasse (s. Ilovg) 
ist auch der Normalbetrag des p. verschieden ge- 
wesen. 'Eine durch die Praxis trefflich bewahrte 
Norm haben die Romer in ihrem Doppelschritt 

30 (passus) von 5 rOmischen Fuss geschaffen , wo- 
nach auf den einfachen Schritt 0,74 m. kamen. 
Zu dem von den Ptolemaeern in Agypten einge- 
fiihrten Masssystem geho'rte ein ft. von 0,875 m., 
welches spater mit 3 rSmischen Fuss geglichen 
worden ist (Metrologies 52f. 606f. 609f. 613). 
Auf dieselbe Norm sind auch einige anderweit 
uberlieferte Gleichungen von 7 Stadien mit 1 
rOmischen Meile zuruckzufuhren (ebd. 568f.). Allein 
ein so hohes Schrittmass konnte beim wirklichen 

40 Ausschreiten grosserer Entfernungen niemals er- 
reicht werden. Die von den griechischen Bema- 
tisten im Durchschnitt geleistete Schrittlange hat 
etwa 0,66 m., wenn nicht noch weniger beteagen, 
stent also hinter dem rOmischen Schritte merk- 
lich zuriick (ebd. 54f.). Eratosthenes hat die von 
ihm veranlassten Wegmessungen auf ein durch- 
schnittliches Schrittmass von 0,656 m., mithin auf 
ein Stadion von 157,5 m. zuruckgefuhrt. Vierzig 
solche Stadien gingen auf den Schoinos = 12000 

50kSnigliche agyptische Ellen. Hultsch Metrol. 2 
60ff. Tannery a. a. 0. 109ff. Durch die sach- 
verstandige Darstellung Tannerys sind zugleich 
die abweichenden Hypothesen von L e p s i n s 
Zeitschr. f, agypt. Sprache 1877, 3ff.; Langen- 
masse der Alten, Berlin 1884, 13ff. 86 erledigt. 

[Hultsch.] 
Bemarchios {Brfpagyiog) , aus Kaisareia in 
Kappadokien, Rhetor am Hofe des Constantius, 
Eivale des Libanios, Verfasser von Reden, /isXhat 

60 und einer Geschichte Constantins d. Gr. in zehn 
Biichern; Liban. vol. I p. 24. 30ff. Reiske. Suid. 
G. Sie vers Leben des Liban. 50ff. 

[W. Schmid.] 
Bemaste (Bsfidms , Var. Bs/idoxsg) , Castell 
in Dacia mediterranea , Procop. de aedif. IV 4 
p. 283, 7. [Tomaschek.] 

Bematistai wurden die Leute genannt, welche 
Alexander anstellte, um die von ihm zuriickge- 



ZbV 



Bembina 



Bendas 



268 



legten Distanzen auszumessen (Inschrift von Olym- 
pia Arch. Zeit. XXXVII 139. 209 Baodecog 'AXs- 
[HvdQov] fineQodQOfiog xai firjpiaviatfjs r-fjg'Aoiag 
<Pdam'dt)g ZwtXov Kgrjg Xsgoovdoiog ave-ihjxt Ail 
'Olvfinloi. Diog. Laert. II 17 in der Homqnymen- 
liste der 'Agx^Xaoi : 6 x^>8oygd<pog xfjg for' 'AXel-dv- 
dgov narrj^datjg yrjg. Plin. VI 61 Diognetus et 
Baeton itinerum eius mensores. VII 11 Boston 
itinerum eius mensor, vgl. VI 45. Eratosthenes 
bei Strab. II 79. 80). Die Berichte dieser ,topo- 
graphischen Abteilung des Grossen Generalstabs' 
wurden im Reichsarchiv aufbewahrt (Eratosthenes 
Bach Patrokles bei Strab. II 69). Wie Seleukos 
seinem Admiral Patrokles solche Berichte zur 
Verfiigung stellen liess, so setzte er bei seinem 
indischen Zug das Werk Alexanders fort (Plin. 
VI 63. Eratosthenes bei Strab. XV 689). Es ist 
nur naturlich, dass neben den officiellen Exem- 
plaren private Abschriften umliefen und es an 
Discrepanzen nicht fehlte (Plin. VI 62 in quibus- 
dam exemplarihus diversi numeri repperiuntur. 
Eratosthenes bei Strab. XV 689 ex zfjg dvayQayrjg 
rwv oza&/j.&v xfjg jiejitonvfih'^g /.idXiaza). Aus 
solchen Abschriften sind dann, wenn sie mit 
anderen Nachrichten und Schilderungen combi- 
niert wurden, Reisebeschreibungenziemlich roman- 
hafter Natur unter dem Titel2ra#,<W entstanden; 
sie wurden Bematisten zugeschrieben , um das 
Bomanhafte durch den Schein offlcieller Authen- 
ticitat noch pikanter zu machen, ahnlich wie der 
Alexanderroman sich aus apokryphen Reisebriefen 
entwickelt hat (Strab. XV 702. Rohde Griech 
Eoman 187). Vgl. Amyntas Nr. 22 und Baiton. 
Dagegen hat Eratosthenes seine neue Karte von 
Asien wesentlich auf Grund der echten Beraa- 
tistenberiehte, von denen er sich so viel wie mCg- 
lich zu verschaffen suchte, gezeichnet (Strab II 
69. XI 514. XV 689). [Schwartz.] 

( Bembina {Bififiiva; Hellan. bei Steph. Byz. 
Bififiivog), Dorf im Thale von Nemea, Strab. VIII 
377 (Hs. BiXpiva). Steph. Byz. Plin. n. h. IV 20 
(regio Bembinadia). Ethn. Buftfitvatos Theocr. 
XXV 202 ; Be/i^ivdztjg Ehian. bei Steph. Byz. ; 
Befi^tvrjzTje Panyas. Herakl. I ebd.; Be/utjirting 
ebd. CurtiusPel. II 506. 587. Bursian Geogr. 
H 36. [Qberhummer.] 

Beinhines (Befiflivijg) , Name einer der funf 
Phylen in dem ionischen Ephesos. "Wood Discov. 
at Ephes. Inscr. from the temple of Diana 1. 
12. 16; from the Augusteum 1; Alywxeoi ihre 
Xthamvg. Bei Steph. Byz. wird Bivva als eine 
der funf ephesischen Phylen genannt, vgl. CIG 
2956 und add. II p. 1125 Bevvalog yvfXexcov]. 
Bsvr a vielleicht vulgare Aussprache. [Burchner.] 
Bcpflig s. Kreisel. 

Bemeselis [B^eosXtg Joseph, bell. Iud. I 4, 
6), eine jetzt unbekannte Stadt Iudaeas. In der 
Parallelstelle Joseph, ant. Iud. XIII 380 stent 
dafflr Bethome, s. d. [Benzinger.] 

Bemilnciovi (Dativ) , auf einer Inschrift aus 
AmpiIly-les-Bordes (C6te-d'Or) DEO BEjMILV- 
GIOjVL Mont fa neon Ant, expliq. II 427 pi. 92. 
Lejay Inscr. de la Cote-d'Or p. 38 nr. 28 (Orelli 
1970). Mowat mOchte Bemilugori lesen. All- 
mer Rev. epigr. 1895, 377 nr. 1136. Holder 
Altkelt. Sprachschatz s. Bemilugus. Vgl. Steu- 
ding in Roschers Lex. d. Myth. s. Bemilucius. 

[Thro.] 



Bemmarls, Ort Mesopotamiens an der Strasse 
von Zeugma nach Edessa, Itin. Ant. p. 185. 190. 

[Fraenkel.] 
Bena s. Benna Nr. 1. 
Benacenses, die Anwohner des westlichen 
Ufers des Gardasees auf der Inschrift CIL V4313; 
der Stein ist in Brescia gesetzt, zu welcher Stadt 
jenes Gebiet gehorte. Vgl. Mo mm sen CIL V 
P- 507. [Hfllsen.] 

10 Benacns, der Gott des Benacus lacus (s. d.), 
erscheint bei Verg. Aen. X 205 personificiert als 
Vater des Mincius, weil dieser Pluss den See durch- 
iiiuft. Eine Weihinschrift an B., am Ufer des 
Sees gefunden, OIL V 3998: lae(ui) Benaco Sue- 
eessus u. s. w. [Wissowa.j 

Benacus laeus {Bffvaxog Xiftvt} Polyb. Strab., 
Baivaxog Xiftvt] Ptol. Ill 1, 24), der grOsste unter 
den Alpenseen Oberitaliens (Lange 52 km., mitt- 
lere Breite 7 km., grOsste 16,5 km. — ganz iiber- 
20 trieben bestimmt Strabon IV 209 dem Polybios 
folgend seine Dimensjonen auf 500 und 150 Sta- 
dien — Flache 361 LM-), vom Mincius durch- ) 
stromt, jetzt Lago di Garda. Gleich den iibrigen 
oberitalischen Seen aus einem ehemaligen Fjorde 
entstanden, senkt er sich mit seinem Boden bedeu- 
tend unter den Meeresspiegel (Spiegel des Sees 
69 m. u. M. , grOsste Tiefe angeblich 294 m.). 
Da die Langsaxe des Sees ziemlich genau von 
Nordost nach Sudwest geht, treffen ihn die nord- 
30 lichen Winde mit ungebrochener Gewalt und 
machen ihn zum unruhigsten und stiirmischsten 
der grossen italischen Alpenseen (Vergil. Georg. 
II 160 te . . . fluotibus et fremitu adsurgens, 
Benaee, marind mit d. Scholien). Vgl Plin II 
224. Ill 131. IX 75. Aur. Vict. epit. 34, 2. Hist. 
Aug. Prob. 24. Geogr. Rav. IV 30 p. 253 P. 
Serv. Aen. X 205. Claudian. carm. min. 20 (52), ' 
18. 25 (31), 107. Ambros. Hexaem. Ill 3, 16. Isid. 
orig. XIII 19, 7. Nissen Ital. Landesk. 179. 190. " 
40 [Hfllsen.] 

Benaguron (Br/vdyovgov Ptol. VII 1, 78), Ort- 
schaft der vorderindischen Salakenoi, welche land- 
einwarts von den Maisoloi, demnach ostwarts von 
der Beuge der Godavari sassen ; sonst werden hier 
die Andhra, gegen Nordost die Dacarna und Oa- 
bara vermerkt. Die Lage der Stadt ' lasst sich 
nicht genauer ermitteln. [Tomaschek.] 

Benaruum (Benarnenses) s. Beneharnum. 
Bencennensis civitas, Ortsehaft in Africa, 
50 nach der Inschrift Eph. ep. V 558 = CIL VIII 
Suppl. 15 447; ein Bischof derselben wird im 
J. 411 erwahnt (s. J. Schmidt zu CIL a. a. O.). 
Zweifelhaft ist, ob die Beneennenses auch in der 
Inschrift CLL VLTI 10530 = Suppl. 12552 er- 
wahnt werden. [Dessau.] 

Bendas {Bfrdag. Var. Bivdag Ptol. VII 1,' 6), 
Fluss an der Kuste des vorderindischen Reiches 
Ariake siidlich von Supara und von der Goaris- 
munde, nOrdlich vom Vorgebirge Simylla (Cawul); 
60 nahe muss das im Peripl. mar. Erythr. 52 ver- 
merkte Emporion Kalliena (skr. Kalyani) gelegeu 
haben, von wo der Handelsweg nach Paithana und 
Tagara fuhrte. Des Ptolemaios Angabe § 32, der 
aus dem Vindhya kommende Strom Nanagunas 
spalte sich an der Kuste in den Goaris und B., 
eine sagenhafte Vorstellung, beruht vielleieht auf 
der Deutung des Namens von bhid .spalten' (vgl. 
bheda .Spaltung', bhindu .Zerspalter'). Im Strom- 



269 



Bendeia 



Bendis 



270 






gebiet der Narmada wird ein Fluss Vinda erwahnt; 
dieser kann hier nicht gemeint sein. Lassen halt 
den B. fiir den nOrdlich von Bassein miindenden 
Kiistenfluss; besser vergleicht J. M. Campbell 
den Ort Bhivandi zwischen Bassein und Kalyani, 
10 miles nordostlich von Thana; Joao de Castro 
Roteiro desde Goa ate Diu a. 1538 p. 74 nennt 
diesen Ort Biondi und spricht von einem Eio grande, 
der sich hier mit dem Rio de Thana vereinige. 

[Tomaschek.] 

Bendeia (Bevdaa Palaiphat, 32), Nebenform 
fiir Bendis, s. d. [Knaack.] 

Bendideia (Bevdidsia), Fest der Bendis (s. d.), 
Hesych. s. BerdTg. Strab. X 470. Es fand in 
Athen im Piraeus (Plat. rep. I 354, vgl. 327 a) 
am 19. Thargelion (Schol. Plat. rep. 327 a. Prokl. 
in Tim. 9 b), nach Aristoteles (Aristokles) von 
Rhodos bei Prokl. in Tim. 27 a am 20. statt ; 
beide Angaben sueht zu vereinigen Mommsen 
Heortol. 425. Sehilderung des Festes bei Platon 
a. a. O. (Strab. X 471. Prokl. in Tim. 3d. 26 e 
[hier allegorisch gedeutet]). Hautgelder sy Bev- 
StSsaov jioqci Isqohoi&v Dittenberger Syll. 
374, 22. 53 (= CIA II 741). Uber das Jahr der 
Einfuhrung (zur Zeit des Perikles): Bergk Eeliq. 
com. Att. 76ff. K. F. Hermann De reip. Platon. 
temp. 12. Susemihl Philol. Suppl. Ill 123; vgl. 
noch G. Hirschfeld Ber. der sachs. Ges. d. Wiss. 
1878, 8. Milchhoefer Kart. v. Attika, Text I 
27. 61. [Knaack.] 

Bendidinm templum, Heiligtum der Gottin 
Bendis (s. d.) in Thrakien, unweit des unteren 
Hebros, Liv. XXXVIII 41, 1. Vgl. Bedyndia. 

[Oberhummer.] 

Bendideios (BevdiSsiog) , Name eines bithy- 
nischen Monats , etwa dem attischen Elaphe- 
bolion entsprechend (Gloss, bei Lobeck Aglaoph. 
1165. Usser De ann. Maeed. 41). 

[Knaack.] 

Bendina (BsvSiva oder Bsvdrjva), Stadt in 
Africa, unter den zwischen Thabraka und dem Ba- 
gradas gelegenen Stadten aufgezahlt von Ptol. IV 
3, 32. [Dessau.] 

Bendis (Btv&Zg, Bsvitdog, BsvStv nach Hero- 
dian. I 107. 21. H 760, 34f., wechselnd mit an- 
lautendem M [Bekker anecd.1192, 24], worauf auch 
die Bildungen Mendideum statt Bendideum [so 
die Uberlieferung bei Liv. XXXVIII 41, 1], Mev- 
M&aoog [CIG 2034. Steph. Byz., vgl, Mordt- 
man"n Athen. Mitt. 1881, 122], MsvSag [Mordt- 
m an n Denkschr. d. Wien. Akad. XIII 69 nr. 50] u. a. 
ftihren), thrakische, der Artemis verwandte, von 
den Alten (Hesych. s. BevSTg. Schol. Plat. rep. I 
327 a. Palaiphat. 32) dieser gleichgesetzte Gottin, 
auch mit Hekate (Hesych. s. 'AS/xtfrov xd^r/) und 
Persephone (Orph. frg. 184 bei Prokl. in Plat. rep. 
p. 353) identiflciert. Alteste Erwahnung bei Hip- 
ponax frg. 120 (Hesych. s. Kv^^tj [cod. Kvftrfxrj], 
Bergk PLG 4 II 496): xai Aiog xovqij Kvfirjfiri 
xal 0Qt}ixitj BevdTg (nach Bergk), vgl. Kratin. 
frg. 82 (CAF I 38 K.). Zur Zeit des Perikles 
wurde ihr Knit, der den Komikern reiche Gelegen- 
heit zum Spotte (Strab. X 471) hot (Kratinos 
Oqaxicu, CAF I 34 — 38. Aristophanes A^fiviai, 
CAF I 486—490) in Athen eingefiihrt, eine aus- 
fuhrlichere Sehilderung desselben bei Platon im 
Anfang der Republik, wo von ihrem Feste im Pi- 
raeus die Rede ist. Der daselbst neben der Ar- 



temis Munichia stehende Tempel spielt 404 im 
Kampfe der dreissig Tyrannen mit der Partei des 
Thrasybulos eine Rolle (Xen. hell. II 4, 11), ferner 
lag auf Salamis ein Heiligtum der Gottin (CIA 
II 620, vgl. 61 und die Liste der Thiasoten nr. 987, 
dazuLudersDionys. Kiinstl. 19. Foucart Assoc, 
relig. 221). Eecipiert im Kultus erscheint B. CIA 
I 210 (neben Adrasteia) und CIA II 741 (Haut- 
gelder iy Bevdideicov Tta^a isQoxoimv) , auch die 

10 Namenform BevSiSd^a (CIG 496) spricht fiir seine 
Verbreitung. Unmittelbar am Hafen von Alexan- 
dria scheint nach Synes. epist. 4 ein Bendideion 
gestanden zu haben, Lumbroso L'Egitto dei Greci 
e dei Romani, Eom 1895, 159, vgl. Puchstein 
oben Bd. I S. 1386. Doch wird die Sache etwas 
zweifelhaft durch Ps.-Kallisth. I 31, wo die alteste 
Hs. Mevdtov und Mevdr/oiov (Iul. Valer. indi- 
dium) bietet, so dass Drexler Wochenschr. f. 
kl. Ph. 1894, 1244ff. an ein Heiligtum des Men- 

20 des gedacht hat. Auch in Vorderasien scheint 
der in der thrakischen Heimat sehr verbreitete 
Kultus (Strab. a. a. O. Liv. XXXVIII 41. Lukian. 
Iupit. trag. 10; Ikaromen. 24) Eingang gefun- 
den zu haben, wenigstens deutet der bithynische 
Monatsname BevMdeiog (s. d.) darauf hin. Viel- 
leieht ist die auf einer Miinze des KSnigs Niko- 
medes I. von Bithynien erscheinende mit zwei 
Lanzen und einem Dolche bewehrte Gottin (Mion- 
net BE 503, 1. 2) B. zu benennen. B. ist in der 

30 thrakischen Gottertrias (Herod. V 7: &covg <3e 
oefSovTai /uovvovg zovods, "Aq&cl xai Aidvvoov xai 
"Asrefiiv) das weibliche Gegenstiick zu dem Kriegs- 
gotte, ihr Beiname Baodsirj (IV 33) wahrschein- 
lich tibersetzung des barbarischen Namens. Unter 
den drei Erklarungen der bei Kratinos in den 
,Thrakerinnen' erwahnten Benennung SCXoyxog (He- 
sych.), entweder weil sie zwei Amter gehabt, ein 
himmlisches und ein irdisches (Lobeck Aglaoph. 
500), oder weil sie zwei Lanzen trage, oder weil 

40 sie zweifaches Licht, das eigene und das der Sonne, 
habe, diirfte die zweite (xvvrjystixrj ovoa) die rich- 
tige sein, da auf den von Heuzey und Daumet 
publicierten Reliefs aus Thrakien (Mission ar- 
cheolog. de Mace'doine, Paris 1876 p. 80 pi. IV 
2. 3. 8) ein ahnlicher Typus der Jagerin Ar- 
temis erscheint, vgl. die Miinzen bei Mionnet 
I nr. 58 (Anchialos). 130 (Deultum). 15 (Koile). 
Das von den Thrakern gefeierte Fest im Piraeus 
bestand nach Platon aus einer Procession, einem 

50 abendlichen Fackelwettrennen und einer Nacht- 
feier (jtavw/Jg ) , deren orgiastischen Charakter 
Prokl. in Tim. p. 26 e andeutet. Nach dieser 
Seite beriihrt sich der Kultus der B. mit dem 
des thrakischen Vegetationsdaemons Kotytto (s. 
d. und Mannhardt Wald- und Feldkulte II 
258ff.) ; beide Kulte verbindet Strabon X 470. 
Schon Kratinos (frg. 84) scheint dies beriihrt 
zu haben , und wenn wirklich der Vers r«o- 
firjvEwv u xatvor eQyaairjQiov ( s. K o C k Z. d. 

60 St.) von ihm stammt, so kann man das ar- 
givische Dionysosfest TvQpt] vergleichen (Paus. II 
24, 6). Von den thrakischen Frauen erwahnt 
Herod. IV 33 Opfer von Getreidegarben an B., 
ebenso findet ein solches in der attischen Filiale 
statt (CIA I 210), ein ahnliches ferner auf Lem- 
nos fur die MeydXtj &c6g (a. d.), die bereits Ari- 
stophanes in den Lemnierinnen (Hesych. s. Me- 
ydXrj #edg. CAF I 489) mit B. identiflciert hat. 



" i i- .Dene 

Neuerdings ist die Gestalt der bithynischen Arte- 
mis (Bendis) aus Kallinikos Vita S. Hypatii (p. 97 
ed. Bonn. Lpz. 1895) bekannter geworden. In 
iibermenschlicher Grosse, spinnend und Ferkel 
weidend tritt sie zur Zeit ihres Kalathos (23. Marz 
— 22. April nach Usener) dem Heiligen entgetren. 
Usener Rh. Mus. L 145. 

Litteratur: Lobeck Aglaoph. 500. 628. 1165. 
1214. Bergk De reliq. com. Attic. 76—92 
J. Grimm Kl. Schrift. V 430ff. (erklart unter 
dem Banne seiner Theorie vom Zusammenhange 
der germanischen Volker mit den thrakischen B. 
= altnord. Vanadis , scb5ne , leuchtende Frau). 
Rapp Die Beziehungen des Dionysoskultus zu 
Thrakien u. Kleinasien, Progr. des Stuttgarter 
KarlsGrymn. 1882, 31ff. (vgl. Roschers Lex. I 
779—783). Tomaschek Die alten Thraker II 
1 (S.-Ber. Akad. Wien 1893) 47 (mit Deutungs- 
versuch). Preller- Robert Griech. Mythol. I 
327f. (fast vollstandige Stellensammlung). Rohde 
Psyche 397, 1. [Knaack.] 

Bene (Byrn) , Stadt auf Kreta . zum Gebiet 
von Gortyn gehorig, Gebnrtsort des Dichters Rhia- 
nos, Steph. Byz. Suid. s. 'Pmvog. Paus. IV 6, 1 
Ruinen bei Veni. Bursian Geogr. II 568f. Spratt 
Travels in Crete II 105f. [Oberhummer.] 

Benearum s. Beneharnum. 
Benedictus. Flavius Vivias Benedictus, Praeses 
Provinciae Tripolitanae unter Valentinian II. (375 
— 392) oder Valentinian III. (424—455), CIL VIII 
12. 10489 = Dessau 779. [Seeck.] 

Beneficiarius. Nach Fest. ep. p. 33 bene- 
ficiari dieebantur milites, qui vacabant muneri- 
bus beneficio und Veget. II 7 beneficiarii ah eo 
appellati, quod promoventur. beneficio tribunorum 
ist ein beneficiarius ein Soldat, welcher durch 
einen dazu berechtigten Officier von den munera 
befreit ist. tber die weitere Bedeutung von Benefi- 
cium im militarischen Sinne als Ernennungsrecht 
vgl. Mommsen St.-R. II 1126, 1. Diese Einrich- 
tung bestand bereits unter der Republik, Caesar b. 
c. I 75. Ill 88 (an letzterer Stelle ist das Wort im 
weiteren Sinne gebraucht). In der Kaiserzeit wird 
das Recht der Ernennung dieser prineipales dem 
Commandanten des exercitus provinciae zuge- 
standen haben. Tacit, hist. IV 48 (von dem Pro- 
consul von Africa und dem Legaten der legio III 
Augusta) aequatus inter duos beneficiorum Hu- 
merus. Beneficiarii befinden sich in dem Stabe 
der Armeecommandanten, also den legati Augusti 
pro praetore, consukrischen und praetorischen 
Ranges; erstere werden regelmassig beneficiarii 
consular is genannt, mit und ohne den Zusatz der 
Legion, deren Mannsehaften sie entnommen sind. 
Gelangt der praetorische Statthalter wiihrend seiner 
Amtszeit zum Consulat, so heissen seine bene- 
ficiarii ebenfalls beneficiarii consularis, z. B. in 
Numidien, CIL VIII 2586. Ebenso bedienen im 
Stabe den procuratorischen Statthalter beneficiarii 
procuratoris. Auch dem legatus legionis, praefec- 
tus eastrorum und den tribuni legionis sind bene- 
ficiarii zugeteilt; ferner den Commandanten der 
aitxilia , den praefeeti alae und den tribuni und 
praefeeti cohortis. Dieselbe Einrichtung kehrt 
wieder bei den hauptstadtischen Truppen. Es fin- 
den sich beneficiarii des praefectus praetorio. pra e- 
feettis urbi (vgl.O. H i rschfe Id S.-Ber. Akad. Berl. 
1891, 850), praefectus vigilum, subpraefeetusvigi- 



Benencmm 



272 



273 



Beneharnum 



Beneventum 



274 



torn und der tribuni der eohortes praetoriae, urba- 
nae, vigilum, sowie der equites singulares. Verein- 
zelt steht der beneficiarius stolarehi (CIL X 3413) 
der Flotte von Misenum. Die Inschriften der bene- 
fieiarii sind vollstandig gesammelt bei deRug- 
giero Dizionario epigrafico I 934. Dienstlicb 
werden diese beneficiarii als Bureauchargen ver- 
wendet. Vgl. v. Domaszewski Westd. Zeitschr. 
XIV 99ff. und Tertullian. de fuga in pers. 13. 
10 Auch die den Finanzprocuratoren zugeteilten Sol- 
daten fiihren den Titel beneficiarii, Plin. ep. X 
21. 24. In den Inschriften unterscbeiden sich 
diese beneficiarii als beneficiarii procuratoris 
titular facM von den beneficiarii der procura- 
torischen Statthalter, so dass nur der Fundort 
fiber die Bedeutung Auskunft giebt. 

[v. Domaszewski.] 
Beneflcinm heisst bei den romischen Juristen 
die durch einen Rechtssatz gewahrte Wohlthat, 
20 zuweilen sogar in einem so weiten Sinne, dass 
sich benefieium nahezu mit ius deckt, vgl. Cod. 
Theodos. VIII 18, 9 (Theodosius et Valentinianus) ) 
pro prisco beneficio iuris ac legum circa usum- 
fructum retinendum, quam diu filii in potestate 
eonsistunt, and in praebenda filiis libertate circa 
trientem sibi ex Constantinianae legis beneficio 
conquirendum. In diesem weiten Sinne gilt wohl 
auch der Ausspruch des Paulus Dig. L 17, 69: 
Invito benefieium non datur. In der Regel unter - 
30scheidet sich aber das benefieium von dem ge- 
wOhnlichen Rechte, obgleich auch diesem eine wohl- 
thatige Kraft zugesprochen wird, vgl. Dig. L 16, 
49 (Ulpianus) : Bona ex eo dicuntur, quod beant, 
hoc est beatos faciunt. B. ist namlich zumeist 
ein solcher Vorteil, der nicht auf einer allgemeinen 
Rechtsregel beraht, sondern auf einem Ausnahme- 
satze oder einer Regel, die fttr einen beschrankten 
Kreis bestimmt ist. Als Ausnahme von dem eigent- 
lichen Rechte erschien den Romern namentlich "* 
40 auch die vom Praetor verliehene Erbfolge (Ulp. 
XXVIII 12: benefieium praetoris), vgl. ferner 
das benefieium der lex Iulia et Papia, invito pa- 
trono libertam, quae ei nupta est, alii nubcre 
non posse (Dig. XXIII 9, 45 pr. und 48, 1), ferner 
das benefieium S. G. Velleiani Dig. XVI 1, 24, 2. 
das den Frauen eine Einrede gegeniiber ihren 
Burgschaften und sonstigen Intercessionen ge- 
wahrt und in Deutschland als .weibliche Rechts- 
wohlthat' bezeichnet wird. In diesem Sinne wer- 
50 den die Ausdriicke benefieium und ,Rechtswohl- 
that' in der heutigen Redeweise vielfach verwendet, 
auch da, wo die Quellen sie nicht gehrauchen (z. 
B. die bencfieia excussionis und cedendarum 
actionum fiir Burgen und das benefieium inven- 
tarii des Erben, vgl. Mflller Lehrhuch der Insti- 
tutionen 1858, 482. 844). Auch die Bezeichnung 
der Lehen im Mittelalter als beneficia hangt da- 
mit zusammen, dass B. das durch besondere Ver- 
gunstigung erworbene Recht bedeutet. 
60 Die Quellen benennen die beneficia teils nach 
der Rechtsquelle, der sie entstammen (s. o., auch 
Gaius III 124 benefieium legis Corneliae), teils 
nach ihren thatsachlichen Vorbedingungen, z. B. 
das zur Ablehnung des Richteramtes berechtigende 
bmeficium. liberorum pel aelatis aut privilegii, 
Dig. XLIX 8, 1, 2. Zuweilen wird aber das' B. 
auch nach der Befugnis genannt, die es giebt, 
l. B. frg. Vat, 154 Imnefieium excusationis. Diese 



Redeweise ist namentlich der nachrCmischen Wis- 
senschaft gelaufig. 

Vielfach bezeichnet B. iibrigens nicht sowohl 
ein Recht aus einer Ausnahmeregel als eine be- 
sondere Befugnis, die nur fur eine einzelne be- 
stimmte Person, Sache oder Sachlage gegeben ist 
(privilegium) Dig. I 4, 3 benefieium imperatoris, 
quod a divina scilicet eius indulgentia profici- 
scitur, quam plenissime interpretari debemus. 
Ein Beispiel findet sich Gromat. Lat. 202; vgl. 
hierzu und iiber den liber beneficiorum. Rudorff 
Gromat. Institutionen 406. 

Litteratur. Miiller Lekrbuch der Institutio- 
nen 1858, 15 § 10. Puchta-Kruger Institu- 
tionen io I 52 § 31. B. Kuebler Dizionario epi- 
grafica I 996. [Leonhard.] 

Beneharnniiij Ort Aquitaniens an den Pyre- 
naeen an der Strasse Aquae Tarbellicae-Tolosa ge- 
legen (Itin. Ant. 457, vgl. "452. 453, an alien drei 
Stellen Benearn. oder Beneharn. tiberliefert) ; 
spatere Namen sind civitas Benarnensium (Not. 
Gall. XIV 8), Benarnum, Benarna (Greg. Tur.); 
vgl. Holder Altkelt. Sprachschatz s. v. Benarni. 
Die heutige Landschaft BCarn hat daher ihren 
Namen. Der Ort selbst ist wahrscheinlich beim 
heutigen Lescar zu suchen. Vielleicht ist auch 
bei Plin. n. h. IV 108 Benarni (Venarni) fiir 
Venami herzustellen. Desjardins Ge'ogr. de 
la Gaule II 366ff. Longnon G0ogr. de la Gaule 
au Vie siecle 594f. [Ihm.] 

Benela (eigentlich Venela'i), Ortschaftin Car- 
niola nahe demCorestus (Karst), Geogr. Rav. IV 21. 

[Tomaschek.] 

Beneventanus paarus, im Gebiete der Ligures 
Baebiani, genannt auf der Alimentartafel CIL IX 
1455 in 28. [Hiilsen.] 

BeneTentum. 1) Mutatio an der Strasse von 
Verona nach Brisia, 10 mp. vom ersteren, 21 
(zu verbessern 31) vom letzteren, also beim heu- 
tigen Castel nuovo, 5 km. Ostlich von Arilica (Pe- 
schiera). 

2) Beneventum (Beneventus Geogr. Rav. IV 
33 p. 276 P. ; BeveficvTog Appian. Steph. Byz. 
Suid., Beveoveviov sonst meist die Griechen; Ein- 
wohner Beneventanus), Stadt der Hirpiner (Plin. 
Ill 105) in Samnium, am Flusse Calor, in frucht- 
barer, von den Vorbergen des Taburnus und des 
Appennins eingeschlossener Ebene. Hire Griin- 
dung wird in mythische Zeiten versetzt, und als 
Grander Diomedes (Solin. II 10. Schol. Pind. Nem. 
X 12. Serv. Aen. VIII 9. XI 226. 243. Martian. 
Capell. VI 642. Steph. Byz. Procop. b. Goth. 1 15. 
Suid. s. Bsvefisvzo; xm&Aiofiridetog drdyxtj) genannt. 
Der ursprfingliche Name war Maluentum oder 
Maleventum (Li v. IX 27, 14. Fest. p. 340. Plin. 
n. h. Ill 105 ; Mai.osr tog Steph. Byz. Procop. aa. 
OO.), was vielleicht einem griechischen Ma).6ng 
oder MaXovg entspricht (s. Buxentum — Ilvg'ovg 
u. a.). Dass die seltenen Kupfermiinzen (Berli- 
ner Munzkatalog III 1, 164) mit der Aufschrift 
MALIES (die Inschrift gemischt aus griechischen 
und lateinischen Buchstaben, Dres'sel in v. Sal- 
lets Numism. Ztschr. XIV 1886, 17 If.) in B. 
gepragt seien, nehmen nach M i 1 1 i n g e n s (Numisi a. 
de Pane. Italie 223) Vorgange Garrucci (Monete 
dell' Italia 98) und Dressel (a. a. O.) an, wahrend 
Friedlander (Oskische Miinzen 67) und Momm- 
sen es bezweifeln. Zum erstenmal erscheint es 



in der Geschichte des Samniterkrieges 314 v. Chr. 
(Liv. IX 27, 14): ob der 38 Jahre spater von 
M.' Curius erfochtene grosse Sieg fiber Pyrrhos 
wirklich (wie Plutarch Pyrrh. 25 angiebt), bei 
Maleventum, oder in Lucanien bei einem sonst un- 
bekannten Orte Fatuentum (var. Statuentum, 
Front, strat. IV 1, 14) zu localisieren sei, bleibt 
ungewiss (s. unter Arusini campi). Nach 
Beendigung des Krieges gegen Pyrrhos wurde 

10 268 v. Chr. eine Colonie von Biirgern latinischen 
Recbtes nach Maluentum gelegt (Polyb. Ill 90, 8. 
Liv. epit. 15. Vellei. Paterc. I 14. Eutrop. LT 16) 
und der Name boni ominis gratia in Ben(e)ven- 
tum geandert (Plin. n. h. Ill 105. Fest. 340 u. 
epit. 34. Procop. b. Goth. 1 15. Steph. Byz.). Aus 
der friihen Zeit der rOmisehen Colonie srtammen 
die Kupfermiinzen mit der Aufschrift BENVEN- 
TOD (Mommsen R. M.-W. 117. Garrucci 
Monete dell' Italia II 98) und dem Wappenbilde 

20 eines laufenden Rosses (Anspielung auf den Stadt- 
grunder Diomedes?). Wahrscheinlich bald nach 
der Deduction der Colonie wurde die Via Appia 
von Capua bis B. verlangert; schon im 2. Jhdt. 
v. Chr. scheint ihre Fortsetzung bis Brundisium 
in Gebrauch gewesen zu sein (s. Bd. II S. 241). 
Durch Lage und Bedeutung war B. ein wicbtiger 
Stiitzpunkt fiir die romische Herrschaft in Sud- 
italien. Im hannibalischen Kriege Melt es treu 
zu Rom (Polyb. Ill 90, 8. Liv. XXII 13, 1. XXIV 

30 12, 6. 14, 1. 16, 14. 17, 1. XXV 13, 9. 14, 2. 17, 
1. XXVII 10, 8. Val. Max. V 6, 8. Appian. Han- 
nib. 36. 37). Die hfichsten Magistrate der Stadt 
fuhrten den Titel consules (CIL IX 1547. 1633), 
auch quaestores (CIL IX 1636) und vielleicht 
praetores kamen vor (CIL IX 1547), eine ehren- 
volle Gleichstellung mit der Mutterstadt Rom, 
die sich auch in den Bezeiehnungen mehrerer Ort- 
lichkeiten ausspricht ( Capitolium Beneventi Suet. 
de granim. 9; regio Esquilina CIL IX 1569; 

40 regio viae novae ebd. 1596). Nach dem Bundes- 
genossenkriege scheint sie zum Municipium um- 
gewandelt zu sein, und ihre Magistrate heissen 
seitdem Illlviri, IITIviri aediles, Illlviri quin- 
qitennales (CIL IX 1632. 1634. 2117. 2121); doch 
sind auch die alteren Bezeiehnungen praetor cen- 
sor interrex quaestor noch nicht ganz verschwun- 
den (CIL IX 1635). Im J. 42 v. Chr. bestimm- 
ten die Triumvirn B. als eine der bluhendsten 
Stadte Unteritaliens (Cic. in Verr. 115) zur De- 

50 duction einer Militarcolonie (Appian. b. c. IV 3), 
Munatius Plancus leitete die Verteilung (Grab- 
schrift desselben CIL X 6087). Augustus ver- 
starkte, wie es scheint nach der Schlacht bei 
Actium, die Colonie durch Veteranen der legio VI 
ferrata und XXX (classica). Den vollen Namen 
giebt eine Inschrift von Caudium aus severischer 
Zeit (CIL IX 2165): Colonia Iulia Concordia 
Augusta Felix Beneventum. Die Burger stimm- 
ten in der Tribus Stellatina (Kubitschek Imp. 

60 Romanum rributim discr. 38). Wiederum ver- 
starkt wurde die Colonie unter Nero (Lib. colon. 
231). In der Kaiserzeit wird die Stadt offers als 
reich und bliihend erwahnt (Strab. V 250), was 
sie namentlich ihrer Stellung im Mittelpunkt des 
ganzen unteritalischen Strassennetzes verdankt. 
Ausser der oben erwiihnten Via Appia nach Ca- 
pua war deren Verlangerung iiber Venusia nach 
Tarentum und Brundisium vielleicht schon im 



" • " -oenevoius 

2. Jhdt. v. Chr. in Gebrauch (oben Bd. II S 241) 
dazu kamen spater die Strasse fiber Canusiuni 
una Barium nach Brundisium, ferrier kleinere 
btrassen: nach Saepinum und weiter ins samni- 
tische Gebiet, nach Telesia und Campanien , zur 
Kuste fiber Abellinum nach Salernum. Infold 
dessen wird B. hauflg bei Gelegenheit von ReisV 
beschreibungen genannt (Cic. ad Att V 3 3 
IX 15 6. Horat sat. I 5, 71); auch die Kaiser 
besuchten die Stadt mcht selten, so Nero (Tacit. 10 
"™- V^H' ^spasian und Domitian (Cass. 

dehnte Gebiet der Stadt erfuhr unter den Kaisern 
noch weitere Vergrflsserungen : Augustus ffigte ihm 
das Stadtgebiet yon Caudiura zu (daher haufig 
in der Tabula ahmentaria in Beneventano und 
porttou Beneventana Mommsen CIL IX p 198- 
Dedication an Iulia Domna gefunden in Arpaia 
1A <Slo5: eoloma Iulia Concordia Aug(usta) Fe- 
Iw Beneventum ...in territorio su6 quod tin- 20 
gtt etwm Caudznorum civitatem m.itro tenus] 
Traian i einen Teil des Gebietes der Ligures Bae- 
biam (CIL IX p. 128). Als Handelsartikel von 
a. salsamenta erwahnt bei Plin. XXXII 19 trber 
die zahlreichen und interessanten MunicipalmajH- 
strate und Pnestertumer von B. in der Kaiserzeit 

bluhenden Zustande der Stadt legen die Baureste 
noch heuteZeugnis ab : vor allem der Bogen des 

^TT a ?Y (j i1f fil 0Tt t Au . r t a) ' 115 n ' Chr " errichtet30 
( At ■ aI 5 5 8 ^™ lt , reic hem auf die kriegerischen 
und fnedhchen Verdienste des Kaisers bezuglichen 
bculpturenschmuck. (Rossini Archi trionfali tav. 
mo M /° m / r t lni Monumenti di Benevento 9 
IiS 289 *K V 2 ^ P^ersen Rom. Mitt. 
,\ 7 ' .? , 4) ; em ander er schmuckloser Bogen 
(Arco del sacramento, Meomartini 219-240 
li ™~7. , 5 )' be <ieutende Resto eines Theaters, 
antike Bracken. Bemerkenswert sind auch die auf 
agyptische Kulte deutenden Monumente, besonders 40 
em unter der Regierang des Domitian gesetzter 

o^!, i Schlaparelli Notizie d - scavi 1893, 267 
-274. Erman Rom. Mitt. 1893, 210-218). Dio- 
cletian trennte B. von der zweiten Region Italiens 
der es Augustus zugewiesen hatte, und schlug es 
zu Campanien Noch in spater. Zeit erhielt es 
8icl,ffahrenddes allgemeinen Nlederganges der 
snditalischen Landschaften und trotz mehrfacher 
Beschad^igungen durch Erdbeben (Symmach. ep. 
W) und Gothenknege, in relativer Blfite (Procop. 50 
b. Goth I 15 Paul. Diac. hist. Lang. II 20) 
Genannt wird B. von den Geographen (Pto 

EFnfSn ^NL 249 ' VI 283 > und P Itine a en 
(Ant. 111. 118-122. 304; Hierosolym. 610. Tab. 
Peat Geogr. Rav. IV 33 p. 276 P.). Lateinisch 

«9cS e «,a a , US 5-. CIL IX 1538-2082 d. 6281 
—6292. 6407. Eph. epigr. VIII 93-102. 812 
—814. A. Meomartini I monumenti antichi e 
-1896 dUk dl Benevento ' Ben - 1889 

Benevolo s. Benivolu, ^^ 6 ° 

itt ?^ n !' .^akisches Volk am Hebros (Plin. n h 

Korpiien und Bessem genannt. Sie bildeten in 
1 firafT',^ «e«W& BsvvtxS, , Ptol. Ill 
IhJ T^. ) ■ i gl ' T B D L nna Nr " L Tomaschek Die 
alien Thraker I 83f. [Oberhummer.] 

Bemgnus, Praeses Sardiniae (Symm. epist. IX 



Bennios 



276 



rWT 1 S. s TT u ^ ls , Eomae 399-400 (Cod. Theod. 

2°' , 5 ' P h m - 6 ' 26 )- [Seeck.1 

■ T o ol TOlu . S ' Ma g lster Memoriae Valentinians H 
im J. 385 weigerte sich das Gesetz zu Gunsten der 
Ananer, das im Cod. Theod. XVI 1, 4 erhalten 
ist zu concipieren, und legte, als die Kaiserin 
lustina darauf bestand, sein Amt nieder. Rufin 

L e o" ^rif igneL - 21 ' 524, daraus i2^ 

_ Benkasos {Biy Xa0 o S ) , Ortlichkeit (BeL- 
rucken?) auf Kreta zwischen Lato und Olus CIG 

11 « ; , , D , [Oberhummer.) 

Benlannl (BsvXavvo,. Ptol. II 12, 3) Velker 
sehaft im siidlichen Vindelicien (in der Gegend 
von "Veldidena?). C. Miiller zu Ptol. a. Ot ver- 
mutet (nach dem Vorgange von Zeuss Die Deut- 
sche 235. 237f.), es se i vielleicht zu lesen Ke- 
vavvoi oder Kaivavvot unter Berufung auf Plin 

£'n xr 13 J-- 5°? CMm - W 14 ' 1° {Cfenames). 
Der Name bei Ptolemaios scheint auf jeden Fall 
verderbt zu sein. Holder Altkelt. Sprachsch. s. v. 

u ■»-. r.- [Ihm.] 

in Thrakien (Steph. By Z .), vermutlich im Gebiet 

Thraker I 84 .derselbe Ort, der seit Hadrian Plo- 
tmopolis hiess, das byzantinische A idv naze frog* ; 
vgl. ebd. n 2, 58. [Oberhummer.] 

• • I *Z a i 1Same einer der fiinf Phylen des 
lomschen Ephesos, s. Bembines. [Burchner.l 

6) Benna kommt nur vor Fest. ep 32 14- 
B. hngva Gallica genus vehiculi appellator, 'uncle 
voeantur combennones eadem benna sedentes, wor- 
aus sich nur ergiebt, dass ein solcher Wagen auch 
zum Personentransport diente. Das Wort kommt 
als benne, benna, bonne in romanischen Sprachen 
(K. Or ting Lat.-roman. WOrterb. nr. 1123) und 
f 1 a ln , de , u tschen Dialekten einst romanischer 
Lander (Schweiz und Tirol) vor, und bedeutet 
einen Korbwagen, auch einen Tragkorb. Man ver- 
mutet daher, dass auch die antike B. ein Korb- 
wagen gewesen sei, was freilich sehr unsicher ist 

k ^A mi i h P kt of - &• and ™. ant. a. v. 
abgebildete Korbwagen von der Antoninssaule 
scheint zum Personentransport merit geeignet. 

Bennamareim (B V vv afia oeift Euseb. Onom! ed. 
Lagarde 284, 38; Hieron. ebd. 143, 12 Benname- 
rium), Ort im Ostjordanland, nordlich von Zoora 
in den moaktischen Bergen. [Benzinger 1 ' 

Bennarentnin s. Bannaventa. 

Benneneke. Mordtmann (Munch. Gelehrte 
Anzeigen I860 279) hat auf einer Inschrift aus 
Iasili-kaia, Ostlich von Kutahia. gelesen x aT9 i g 
fftr, BtwevEKt]; aber die Lesung ist sehr unsicher 
iexier Descnpt. de l'Asie mineure I 156 giebt 
erne ganz unverstiindliche Lesart, und Perrot 
Exploration de la Bithynie I 147 wurde durch 
einen LnfaU verhmdert, die betreffende Zeile ab- 
zuschreiben. r R -, 

Bennike (Bsvny.rj) s. Beni. 

B Evvinte x6Xjco S , Meerbusen im Gebiet der 
thrakischen Beni (Steph. Byz. s. Bswa), falls nicht 
vielmehr an das Gebiet von Ephesos zu denken 

n ' V t M ^ le , r ZU T PtoL IXI "> 6 - Tomaschek 
Die alten Thraker I 83. [Oberhummer 1 

Bennios (Biwwg , Beweis). Ein Zeus oder 
Hermes B. wird auf mehreren Inschriften aus 



277 



Bennisoa 



Bere 



278 



Phrygien (Journ. Hell. Stud. V 259. Perrot 
Explor. Galatie 123 nr. 85), namentlich aus Ben- 
nisoa (? CIG 3857 1 [= Le Bas III 774] und add. 
3857 p. 1086; vgl. Reinach Chron. d'Orient 498) 
erwahnt. Ramsay (Journ. Hell. Stud. VIII 1887, 
512) setzt diesen Beinamen mit dem thrakischen 
Wort benna ,Wagen' (Dee eke Rh. Mus. XXXVII 
385) in Verbindung, und sieht in diesem Gott 
einen Zeus, der auf dem Wagen steht, einen Iup- 
piter Stator. [Cumont.] 

Bennisoa s. S o a. 

Bennins. M. Bennio M, f. Bufo ■procura- 
tor i imp. Caesaris Augusti setzen die Bewohner 
von Oea in der Provinz Africa eine Inschrift CIL 
X 1684. Der Vorname und die zweite Silbe des 
Beinamens sind hinzugefugt aus CIL X 3713. 

[Henze.] 

Benosabae (Not. dign. or. XXXIV 18) s. 
Berosaba. 

Benta (Bhna), Ort im Innern von Mauretania 
Tingitana, Ptol. IV 1, 14. [Dessau.] 

Bentbesikyme (pbwos-xvpta), Tochter des 
Poseidon und der Amphitrite, Gattin des Enalos 
in Aithiopien. Ihr bringt Poseidon den von seiner 
Mutter Chione ins Meer geworfenen Eumolpos. 
Apollod. Ill 201 W. Eur. frg. 351 N. ('Eoszfcvs). 
Tiber Aithiopien s. Toepffer Att. Genealogie 29. 
Tumpel Berl. phil. Wochenschr, XIII 1898, 554. 

[Escher.] 

Beodizum, Ort (mutatio) in Thrakien, 9 Mil- 
lien nordwestlich von Perinthos (Herakleia), Itin. 
Hieros. 570. Vgl. Bedizum. [Oberhummer.] 

Beon s. B n o n. 

Beona (Bsebva, Var. Beava, Blava), Ort Baby- 
loniens in der Nahe des wusten Arabiens, Ptol. 
V 20, 7. Bei Isid. Charac, Geogr. Graec. min. I 
247 Brjovav. Vgl. den biblischen Ortsnamen *Ond 
(LXX Qvav) I Chr. 8, 12 u. 0. [Fraenkel,] 

Beorgor, Konig "der Alanen, brach in Italien 
ein und wurde am 6. Februar 464 von Ricimer 
bei Bergomum geschlagen und getotet. Momm- 
sen Chron. min. I 305. II 88. 158. Jord. Get. 
45, 236. Paul. Diac. hist. Rom. XV 1. 

[Seeck.] 

Bepara {Bina^a), Castell in der thrakischen 
Provinz Rhodope, von Iustinian I. angelegt, Procop. 
aed. IV 11 p. 305 Bonn. [Oberhummer.] 

Bephyras (Btjqwgag) s. Baphyras. 

Bepsipon s. Baesippo. 

B4\3tvQQov 6'qos (Ptol. VII 2, 8. 9), ein jenseits 
des Ganges zwischen dem Imaos und Maiandros 
sich erstreckender Bergzug, woher dem Ganges 
zwei ungenannte StrOme (etwa die K691 oder Kau- 
^iki und die Tista) zufliessen ; vom Brahmaputra 
scheint Ptolemaios keineKunde zu besitzen. Nach 
§ 15. 18 schlossen sich ostwarts die Tiladai-Besei- 
dai sowie die Nangalokastamme an, wahrend dem 
Ganges zu die Passalai, Korankalai und Takoraioi 
sassen. Der Name scheint demnach den Kiranta- 
.und Sikkim-Himalaya zu bezeichnen, vgl. Lassen 
Ind. Alt. I 549f. Ill 230; teilweise dem Griechi- 
scben angepasst (vgl. Boxvqov oqos Arist. de 
vent. 1), lautete derselbe skr. Vipula oder Vai- 
pula, *Vaipura; einer der ffinf Hiigel von Raga- 
grha in Magadha sudlich von Pataliputra hiess 
Vipula-giri. [Tomaschek.] 

Bcra {Brigd Euseb. Onom. ed. Lagarde 238, 
73. Hieron. ebd. 106, 20), Ort in Iudaea, 8 Mil- 



lien nOrdlich von Eleutheropolis (B6t Dschibrin) ; 
walrscheinlich das heutige Chirbet el-Bire. 

[Benzinger.] 

Berabal {Bfcapcu Ptol. VII 2, 4), hinter- 
indische Kilstenstadt am Golf von Sahara der Be- 
syngeitai (Golf von Pegu-Martaban) sudlich von 
der Mttnde des Besyngas (Sittang, Sa.lwin?) nahe 
dem Vorgebirge, wo die Halbinsel Chryse beginnt; 
entweder Re (barm. ,Wasser') 15° 5' oder Ta.vay 
10 14° 5' nOrdlich. Bis dahin erstreckten sich vor- 
mals die Sitze der M6n ; im Mergui-Archipel be- 
ginnt bereits das Verbreitungsgebiet der malayi- 
schen Selong. JTomaschek.] 

Berabonna (Bijga^owa Ptol. VII 2, 3), Empo- 
rion an der Kliste der hinterindiscnen Argyra 
(Arrakan) sudlich von Sada (Sandoway) und ober- 
halb der Miindung des Temalas (Bassein-river), 
etwa in der Lage von Gua, [Tomaschek.] 

Berande (BrjQ&vSrj), Ort Babyloniens in der 
20 Nahe von Arabia deserta, Ptol. V 20, 7. 

[Fraenkel.] 

Berathbasia (Nikeph. Kail. XII 48. Sozom. 
hist. eccl. VII 29 BrjQa&aazla) , Ort im Gebiet 
von Eleutheropolis, 10 Stadien von Ke'ila, (Chir- 
bet Kila) entfernt; dort wurde das Grab des Pro- 
pheten Micha gezeigt. Mcht identiflciert. 

[Benzinger.] 

Berbe s. Verbis. 

Berbeia (Begpeta? fiberliefert ist: fieQfleal 

30 jtolvtl/itjte), vielleicht ein Beiname der Aphrodite 

auf Kypros, Eriphos MeUfioia frg. 2 bei Athen. 

IH 84 c, CAF H 429 Kock; s. 0. Bd. I S. 2759, 

56. [Jessen.j 

Berberis , heute la Bebre , Nebenfluss der 
Loire, Gregor. Tur. virt. Mart. I 36. Davon der 
vicus Berberensis bei Greg. Tur. vit. patrum 13, 
jetzt Dompierre-sur-Bebre (Allier). Longnon 
G6ogr. de la Gaule au Vie siecle 160. 208. 501. 
502. Holder Altkelt. Spraehschatz s. v. [Ihm.] 
40 Berbis. 1) S. Verbis. 

2) S. Berebis. 

Bercium (Bercio Geogr. Rav. IV 19) s. Ber- 
g i n i u m. 

Berconum, Stadt auf der Insel Lerina (Saint- 
Honorat), Antipolis gegeniiber, erwahnt yon Plin. 
n. h. Ill 79 Lerina adversum Antipolim, in qtia 
Berconi (Var. Bergoni, Bereoani, Vergoani) op- 
pidi memoria. Desjardins Geogr. de la Gaule 
II 176. Vgl. Bergine, Bergonia. [Thm.] 
50 Bercorcates, Volkerschaft in Aquitanien (an 
den Pyrenaeen) bei Plin. n. h. IV 108. Des- 
jardins Geogr. de la Gaule II 375. Holder 
Altkelt. Spraehschatz s. v. phm.] 

Berdan (BrjoSdv Euseb. Onom. ed. Lagarde 
299, 76. Hieron. ebd. 145, 2), Ort im Siiden 
Iudaeas im District Geraritica; sonst nnbekannt. 

[Benzinger.] 

Berdanna, Station an der Strasse von Seleukeia 
nach Ekbatana , nach Tab. Pent, genan in der 
60 Mitte zwischen beiden Stadten, also entweder im 
siidlichen Medien oder im nOrdlichen Susiana ge- 
legen. Im letzteren Falle ist der Ort mOglicher- 
weise mit Bergan (s. d.) zu identiflcieren. 

[Weissbach.] 

Berdri^ae, eine nicht weiter bekannte Volker- 
schaft im Bergland sudlich vom Oxus, Plin. VI 47. 

[Tomaschek.] 

Bere [Been). 1) Vorderindische Ortschaft der 



279 



Berea 



Berenike 



280 



dravidischen Soretai oder Soringai (skr. Cora, 
Cdla) nahe dem Kenigssitz Orthura (Ptol. VII 1, 
91). f [Tomaschek.] 

2) Beqtj, Ort im siidostlichsten Teile von Ara- 
bia deserta (Ptol. V 19, 7). [D. H. Mailer.] 

Berea (Beeea I Makk. 9, 4), Ort in Iudaea; 
sonst unbekannt. [Benzinger.] 

Berebis (Tab. Pent.; Berems Geogr. Rav. IV 
19 p. 215, 6; Be e (lCg Ptol. H 15, 4; Verms Itin. 
Ant. p. 130, 6 und Itin. Hieros. p. 562, 10), Halt- 
ort in Pannonia inferior an der Strasse von Poe- 
tovio nach Mursa (Eszeg), XXVI m. p. westlich 
von Mursa; demnach am Bache Karasics, welcher 
der Drau zwischen S. Georg und Valpovo zufliesst, 
etwa bei Crnevci und Gaj ; naher an S. Georg, bei 
Podgajci, wurde der Meilenstein OIL III 6465 
a PoetfovioneJ <m. p. CXXXVII gefunAen; bis B. 
zahlen die Itinerarien m. p. CXXXXI. 

[Tomaschek.] 
Berecyntins tractus (oodd. auch Bereeyn- 
thius), Landstrich in Karien, wohl an der gross- 
phrygischen Grenze (Plin. n. h. V 108), reich be- 
standen mit Buchsbaumen (Plin. n. h. XVI 71), 
genannt nacb dem Volk der Berekyntes (Etymolo- 
gie: die Vornehmen, Vanicek FremdwOrter im 
Gr. u. Lat. 8). [Biirchner.] 

Bereda s. V o r e d a. 

Beregrani nennt unter den picenischen Ge- 
meinden im Binnenlande Plin. n. h. Ill 111 ; der 
Stadtname erscheint bei Ptol. Ill ] , 58 als' Bk- 
getga, der ager Veregranus im Liber colon. 259. 
Aus Ptolemaios scheint hervorzugehen, dasa der 
Ort nicht weit von Interamnia, aus dem Liber 
coloniarum, dass er unweit von Teate lag. Bar- 
nab ei Giornale degli scavi di Pompei N. S. I 
1868, 82f. glaubt, dass B. bei dem heutigen Mon- 
torio am Vomano gelegen habe. Vgl. CIL V 
P- 558. - [Hiilsen.] 

Berekes (Begsxsg, Sing. Bsgeg), eine sonst un- 
bekannte Volkerschaft , zwischen India und Aithio- 
pia', Herodian. bei Steph. Byz. [Tomaschek.] 

Berekyntes oder Berekyntai {BsQsxvvmg, Bs- 
gsxivtai), ein spiiter untergegangener Volksstamm 
der Phrygier, Strab. X 469. XII 580. XIV 680. 
Steph. Byz. Hesych. , Von ihnen hiess eine an 
Buchsbaum reiche Gegend an deri karischen and 
lydischen Grenze Berecyntius tractus (s, d. und 
vgl. Aischyl. Niobe frg. 155 D. Kallim. hymn, in 
Dian. 246). Stesimbrotos bei Strab. X 472 nennt 
einen Berg Kabeiros b> rfj Beocxwria. Die Dich- 
ter (z. B. Horat, carm. I 18, 13. Ill 19, 18. IV 1, 
22) gebrauchten Berecyntius haufig fur Phrygius, 
daher auch die Magna mater Deum den Namen 
Berecyntia hat. Die Einwohner von Sinope nann- 
ten den Ostwind BBQuxvvziag (Aristot. vent. sit. 
Hesych.) ; offenbar hatten sie diese Benennung 
von ihrer Mutterstadt Miletos entlehnt, welcher 
der Berecyntius tractus ostlich lag. Die Stadt 
oder das Castell Bereeyntus am Sangarius (Serv. 
Aen. VI 785. Acr. in Hor. carm. Ill 19, 15. Vib. 
Seq. de flum. p. 151 Riesej ist vielleicht nur Er- 
findung der Grammatiker. Agathokles bei Fest. 
p. 269 nennt eine Stadt Bereeynthia proxime 
flumm Xolon. Auch der Berg Bereeyntus (Vib. 
Seq. de mont. p. 155 Biese ; 8 Q og Bsqsxvv&iov Ps.- 
Plut. de fluv. X 4. Ps.-Arist, de mir. ausc. 173; 
vgl. Claudian. in Eutr. II 300) hat wohl keine 
andere Quelle. Uber die Sehreibart s. Serv. Aen. 



281 



Berenike 



Berenike 



282 



IX 82. Auch ein Heros Begexvvrtis wird von 
Steph. Byz. s. Begexwrog genannt. [Buge.j 

Berekynthos ? Gebirge auf Kreta bei Aptera, 
Diod. V 64, 5, j. Malaxa. Bur si an Geogr. II 
540. [Oberhummer.] 

Berekyntia, Epiklesis der Meter (Rhea, Ky- 
bele) von ihrer Verehrung bei dem phrygischen 
Stamm der Berekynter, Strab. X 469. Ovid. fast. 
IV 355. Verg. Aen. VI 784. IX 82 nebst Serv. 
10 Myth. Vat. I 230. Ill 2, 1. Arnob. V 10. Au- 
gustin. civ. dei II 5, 7. [Jessen.] 

Berelis oder Beleris (Accus. Berelida oder 
Belerida), kleine Insel bei Sardinien (Plin. n. h. 
ILT 85), ungewisser Lage. [Htilsen.] 

Beremnd, Vater des Viterich, Grossvater 
des Eutharich, mit dem Theodorich der Grosse 
seine Tochter Amalasuintha verheiratete, stand im 
Dienste des Westgothenkonigs Theodorid (419 
— 451) und soil sich bei diesem grossen Ansehens 
20 erfreut haben. Wie Cassiodor behauptete, war B. 
ein in Gallien eingewanderter Ostgothe, der lurch 
seinen Vater Thorismud sein Geschlecht in gerader 
Linie auf den Stamm der Amaler zuriickfiihren 
konnte; doch soil er diesen seinen vornehmen Ur- 
sprung immer sorgfaltig geheim gehalten haben, 
um dem Konige nicht verdiichtig zu werden. Dar- 
aus darf man wohl schliessen, dass bei Lebzeiten 
des B. noch keiner diesen Stammbaum kannte und 
er erst unter Theodorich dem Grossen erfunden ist, 
30 um den Schwiegersohn des Konigs auch dem Blute 
nach an das Konigsgeschlecht der Amaler anzu- 
kniipfen. Jord. Get. 14, 81. 33, 174. 175. 48, 
251. 58, 298. [Seeck.] 

Berenicis s. Berenike Nr. 5 und 8. 

Berenike (Begevixti). 1) Stadt in Kilikien, 
ein wenig ostlich von Kelenderis, Steph. Byz. 
Stadiasm. 190. Leake in Walpoles Travels in 
the East 277f. Nach Tomaschek S.-Ber. Akad 
Wien CXXIV 1891 vm 62 zwischen Gulnar und 
40 Papadola. [Ruge.] 

2) Stadt in Epeiros, von Pyrrhos auf dem 
,epeirotischen Chersones', also wohl an der Stelle 
des spateren Nikopolis, gegriindet und seiner 
Scbwiegermutter zu Ehren Begovixig benannt 
Plut. Pyrrh. 5. Droysen Hell. II 2, 261. Ill 
1, 248, 3. Steph. Byz. nennt Pyrrhos den Jun- 
geren als Griinder. Nach App. Mithr. 4 war 
Begrixt] ein kleiner Ort (aokwpdnov) und lag 
an der See. Bursian Geogr. I 34. 

50 [Oberhummer.] 

3) In Syrien, nach Steph. Byz. anderer Name 
ron Pella in der Dekapolis Syriens, s. d. 

4) In Arabia petraea (Jos. ant. Iud. VUI 163. 
Pomp. Mela III 80) am Nordende des atlantischen 
Meerbusen; nach Josephos (a. a. O.) ist B. der 
spatere Name des alten Ezeon Geber {Amatyya^sg), 
welches in unmittelbarer Nahe von Elath lag (s. 
A i 1 a n a) und im Alten Testament mehrfaeh als 
Hafenstadt genannt wird (I Reg. 9, 26. 22, 40 

60 u. a.). Die genaue Lage von Ezeon Geber ist 
nicht mit Sicherheit bestimmt; auch die Nach- 
richt des Josephos kann angezweifelt werden, vgl. 
Riehm HandwCrterbuch 2 I 434. [Benzinger.] 

5) Handelsstadt an der Westkiiste des arabi- 
schen Meerbusens, im Innern des sog. 'Axaitagxog 
*o'/broj (jetzt Bai Umm el Ketef), an der Grenze 
von Agypten und Troglodytike , gegriindet von 
Ptolemaios II. Philadelphos (Steph. Byz.) und 






nach dessen Mutter benannt (Plin. n. h. VI 168). 
Seine Bedeutung als Haupthafenplatz ffir den ge- 
samten agj'ptischen Seehandel mit Indien, Arabien 
und Aithiopien verdankte es lediglich der von 
Philadelphos angelegten Wtistenstrasse (iaS/iog), 
die von Koptos aus an den Smaragdgruben des 
Gebel Zebara vorbei dorthin ans rote Meer fiihrte, 
Artemidor. bei Strab. XVI 770. XVII 815. Ps.- 
Arrian. peripl. mar. erythr. 1. 2. 18. 19.21 (Miiller 
Geogr. gr. min. I 257ff.). Plin. n. h. VI 103 (So- 
lin. LIV 7). XXXVII 136. Ptol. IV 5, 15. Ps.- 
Agathem. V 17 (Miiller a. a. O. II 498). Itin. 
Ant. Epiphan. haeres. LXVI 1. Geogr. Rav. II 
7 (Berenicide). Tab. Peut. (Femicide). Obwohl 
dieser Weg bedeutend langer als die von den 
Agyptem vordem bentitzten Strassen von Koptos 
nach Myoshormos und Leukos Limen war, so hot 
er doch den grossen Vorteil einer betrachtlichen 
Verkiirzmig der gefahrvollen Seefahrt. Uber die 
einzelnen Stationen des Wegs, deren Namen und 
Entfernungen uns mehrfaeh uberliefert sind (Plin. 
n. h. VI 103. Itin. Ant. Geogr. Rav. II 7. Tab. 
Peut.), vgl. Golenischeff Recueil de trav. rel. 
a la philol. et archeol. egyptiennes XIII 75ff. 
Mehrere dieser Stationen wurden unter Augustus 
wiederbergestellt , CIL III 6627. Eine andere 
Strasse, die von Antinoupolis in Mittelagypten 
aus Ostlich ans rote Meer und dann sudlich an 
der Kuste entlang nach B. fiihrte , wurde von 
Hadrian im J. 137 angelegt, Miller Rev. arch. 
N. S. XXI (1870) 314. Eine dritte Strasse 
fiihrte von Contra-Apollonospolis (gegeniiber von 
Edfu) direct nach B., s. Golenischeff a. a. O. 
In den Zeiten, als die R5mer die Umgegend von 
B. besetzt hielten (Plin. n. h. VI 103), stand die 
Stadt und ihr Bdzirk, zu dem auch der sonst 
nicht genannte mans Beronices oder Bemiefidis) 
gehOrte, unter eigenen Praefecten (praef. Bemi- 
cidis CIL X 1129. Ill 55, praef. montis Bernie. 
Ill 32, praef. pracsidiorum et montis Beronices 
IX 3083). Ende des 3. Jhdts. waren die Wiisten- 
strassen anscheinend zeitweilig von den Blemyes 
(s. d.) besetzt, im 5. wird B. wie die benachbarten 
Smaragdgruben sieher in ihrer Hand gewesen sein ; 
die Not. dign. nennt in der That keine Besatzung 
in B. Nach der Angabe der Alten lag die Stadt 
unter dem Wendekreise (Strab. II 133. Plin. II 
183. VI 171. Ptol. VIII 5, 19), jetzt liegen die 
Ruinen bei Sikket Bender el Kebir unter 24° 
nttrdlicher Breite, etwa V2 nordlicher als der 
Wendekreis des Krebses. In den Uberresten des 
Tempels inmitten der alten Stadt haben sich hiero- 
glyphische Inschriften von Tiberius und Hadrian (?) 
gefunden. Caillaud Voyage a Meroe, Ztschr. 
d. Ges. f. Erdk., Berlin 1889 XVI 469ff. Kosmos 
1889 X 19ff. Bull, de la Soc. khediv. de geogr., 
Cairo 1887 II. Golenischeff a. a. O. Baedeker 
Oberagypten 83—89. 

6) Sudlieh vom vorigen, beim Orte Sabai (fj 
xaxa Zaffag) , Strab. XVI 771, vermutlich iden- 
tisch mit dem B. in Troglodytike (Steph. Byz.) 
und dem mit dem Beinamen Panchrysos (Plin. n. 
h. VI 170). 

7) An den fauces Bulrri maris (Strasse von 
Bab el Mandeb) mit Beinamen Epidires, Plin. 
n. h. VI 170, weil auf dem Vorgebirge Deire ge- 
legen (s. d.). Die anderen Schriftsteller kennen 
hier nur eine gleichnamige Stadt Deire und auch 



Iuba erwahnte, wie Plinius a. a. O. ausdriicklich 
bemerkt, dieses B. wie das vorige nicht. — Mit 
keiner der letzten Nr. 5 — 7 lassen sich annahernd 
sieher die beiden bei Mela III 80 unter den Stad- 
ten der Westkiiste des arabischen Meerbusens auf- 
gefiihrten identificieren, von denen die eine inter 
Heropolitieum . et Strobilum gelegen haben soil. 
Nr. 6 oder 7 ist wohl mit der bei Mahaffy Flind. 
Petrie Papyri n xl erwahnten Stadt B. gemeint, 
10 in der sich eine iXeyavTcov d-r)Qa befand. 

8) "Westlichste Stadt der kyrenaischen Penta- 
polis, an der aussersten Spitze der grossen Syrte, 
auf dem Vorgebirge Pseudopenias, etwas westlich 
voin Flusse Lethon (s. d.) gelegen, benannt nach 
der Gemahlin des Ptolemaios III. Euergetes, Toch- 
ter des Magas (Steph. Byz. Solin. XXVH 54, vgl. 
Droysen Gesch. d. Hellenism. ILT 2, 331), fruher 
Euhesperides (s. d.), Euhesperis, Hesperides, He- 
speris genannt, einer der Orte, an den die grie- 

20 chische Mythologie die Garten der Hesperiden 
versetzte, Stad. mar. magn. (Miiller Geogr gr. 
min. I) 57. 58 (BfQvixk). Ptol. Euerg. H bei 
Athen. II 71 B (= THG III 186, 2). Strab. XVII 
836. 837. Plin. n. h. V 31 (Solin. XXVH 54. 
Mart. Cap. § 672). Ptol. IV 4, 4. VIII 15, 3. 
Serv. Aen. IV 483. Amm. Marc. XXII 16, 4. Steph. 
Byz s. 'Eamqig. Begevixai. Itin. Ant. Synes. 
ep. 58 p. 201. ep. 79 p. 224. Hierokl. (Beronike). 
Tab. Peut. Geogr. Rav. m 4. V 6 = Guido 91 

30 ( Vemicide). Auch bei Lucan. Phars. IX 524. 
Sil. Ital. Ill 249 ist mit Berenicis die Stadt, 
nicht die Umgegend gemeint. Uber den See Tri- 
tonis, an dem es nach Strab. XVII 836 lag, s. d. 
Wie die anderen Stadte der Kyrenaika, war B. 
stark mit Juden bevolkert, die hier ein eigenes 
xoXhevfia mit Archonten bildeten, CIG 5361. 5362. 
Iustinian liess die Stadt neu befestigen, Procop. 
de aedif. VI 2 {BsQvlxrf). Bischofsitz Lequien 
Oriens christianus II 618ff. Jetzt Bengazi, Barth 

40 Wanderungen dure"h die Kiistenlander des Mittel- 
meers I 382ff. [Sethe.] 

9) Berenike I., Tochter des Lagos (Schol. 
Theokr. XVII 34) und der Antigone, einer Toch- 
ter des Kassandros, also eine Halbschwester des 
Ptolemaios I. von Agypten (Schol. ebd. 61; Ma- 
haffy Emp. 37 meint, der Scholiast habe die 
Abstammung vom Lagos lediglich aus dem spa- 
teren Titel ,Schwester und Gemahlin' abstrahiert, 
doch liegt kein specieller Grund zu dieser An- 

50 nahme vor ; ubrigens ist der Titel gerade fiir 
B. I. wohl noch nicht nachgewiesen). Sie war 
in erster Ehe mit dem Makedonier Philippos ver- 
heiratet, der nach Pausanias (I 7, 1) ein schlichter 
Mann aus dem Volk war. Diesem Philippos ge- 
bar sie den Magas, den spateren Konig von Kyrene 
(Paus. a. O. und I 6, 8), auch mehrere Tcchter, 
darunter Antigone, die spatere Gemahlin des 
Pvrrhos von Epeiros (Plut. Pyrrh. 4). Als Witwe 
begleitete sie Eurydike, die Tochter des Anti- 

60 pater, also ihre Tante, nach Agypten, als diese 
den Satrapen Agyptens Ptolemaios, des Lagos 
Sohn, heiratete. Bald fand Ptolemaios mehr Ge- 
fallen an der Nichte als an der Tante und heiratete 
B., seine Halbschwester, etwa im J. 317 (Paus. I 
6, 8). Etwa 316 gebar sie ihm eine Tochter 
Arsinoe (vgl. oben Bd. II S. 1282ff. Arsinoe Nr. 
26) , im J. 308 einen Ptolemaios (vgl. Theokr. 
XVII 60f.). Wenn auch die Ehe mit Eurydike da- 



283 



Berenike 



rum mcht geltfst wurde — die Diadochen pflegten 
mehrere Frauen neben einander zu haben — , so 
war B. doch entschieden seine Lieblingsfrau, die 
durch Tugend und Geist die erste Stelle dauernd 
zu bewahren verstand (Theokr. XVII 34f. Plut. 
Pyrrh. 4). So hat denn auch ihr Sohn Ptole- 
maios fder spatere Philadelphos) den alteren Sohn 
der Eurydike (Keraunos) aus der Erbfolge ver- 
dr&ngt, wobei freilich auch noch andere Ge- 



Berenike 



284 



Zeit lhres Todes ist nichts Genaueres bekannt 
Da B. bei der Naehfolge nicht in Betracht 
gekommen ist, so wird sie vor ihrem Manne ge- 
storben sein. Unter der Regierung ihres Sohnes 
Philadelphos wurden ihr, zusammen mit ihrem 
verstorbenen Gemahl, gottlicbe Ehren zu teil 
(Theokr. XVII 121ff. ; vgl. auch Kallixenos FHG 
HI 59 und 65). tiher den Kult der deoi 2m- 
Twe?, d. h. des Ptolemaios I und der B 



Vni 50. Iustin. XXVII 1. Hieronym. a. 0. Valer 
Max. IX 10 est. 1. IX 14 est. 1). Die Ermor- 
dung der B. wurde durch den glanzenden Sieges- 
zug ihres Bruders Ptolemaios III. Euergetes ge- 
racht. Droysen Hell. Ill 376ff. 

11) Berenike II., einzige Tochter des Magas, 
Komgs von Kyrene und der Apama, der Tochter des 
Antiochos I. (s. o. Apama Nr. 3). Als ihr Vater 
Magas die Streitigkeiten mit seinem Halbbruder, 

i\ (\-m ITk»^_ I J. - T» 1 t » -m--w -r.-. _ _ _ 



fmswis-KS ssi »ES"IS^^5"sai 



t£^ l ^^j^™^&E^^siiaz 



Gott. Gel. Anz. 1895, 139f., wo ein Hinweis auf 
die adulitanische Inschrift (CIG III 5 127 A) ein- 
zufttgen ist, in der die fool 2<atfJQ SS auch ge- 
nannt smd. Als Mutter des Philadelphos bezw 
der Arsinoe- wird sie u. a. in zwei Inschriften in 
Olympia genannt (Dittenberger Syll 152) 
ferner in CIG III 5184 und 5795 (= IGI 727) 
als Gemahlin des Konigs Ptolemaios I. in CIG II 
l 6 i. 4 V £ ie wird auch in der delischen Inschrift 



beilegte, verlobte er B. mit dem Sohne und prae- 
sumtiven Thronfolger jenes, dem damaligen Mit- 
regenten Ptolemaios (dem spatercn Euergetes I.) 
Dies wird nicht Iange vor 258 gewesen sein, in 
welchem Jahre Magas starb (Iustin. XXVI 3 2 
Vahlen S.-Ber. Akad. Berl. 1888, 1361ff. Br. 
Ehrhch De Callim. hymnis, Bresl. phil. Abk 
VII 3, 55f.). Apama, als syrische Prinzessin, 
wunschte aber nicht, dass Kyrene mit Agypten 



Bull, hell XIV 407 ^n^nTTjT-i ,„ rusreren ; 01Kes und liess den Uemetrios im Schlaf- 
^eschenk eter ffJZ^tri"' "^ , daS .5 ei . h : 30zlmmer der ^tter toten : _die Mutter selbst aber 



gestorben war, Demetrios den Schflnen, den Bru- 
der des makedonischen Kfinigs Antigonos Gona- 
tas, herbei, um ihm die Hand der Tochter und 
den kyrenaeischen Thron zu geben. Als aber De- 
metrios zu Apama in ein unzuchtiges Verhalt- 
nis trat, bewies B. trotz ihrer Jugend eme er- 
staunliche Energie. Sie leitete den Aufstand des 
uber die Vorgiinge im kCniglichen Palaste ent- 
rusteten Volkes und liess den Demetrios im Schlaf- 



geschenk einer BsqevIxt] fur einen nroXe/icSoe er- 
wahnt wird, doch muss sie, da beide ohne Konigs- 
titel erscheinen, vor 305 das Geschenk dargebracht 
haben Ihr Portrait neben dem des Ptolemaios I 
auf Mtinzen des Philadelphos bei Poole Cata- 
logue of Greek Coins in the Brit. Mus Ptole- 
mies Taf.VLL 

10) Tochter des Ptolemaios II. Philadelphos 
« ! I 6 '™ T 106 L ' der Tochter des Lysimachos 



schonte sie (Iustin. XXVI 3). Hierauf beziehen 
sich die Worte Catulls in dem aus Kallimachos 
ubernommenen Gedichte com. Beren. 25f: at te 
ego certe cognoram a parva virgine magna- 
nimam. Wie alt B. damals war, lasst sich mit 
Sicherheit nicht sagen. Fest steht nur, dass ihre 
Eltern spatestens Anfang 274 geheiratet haben 
(s. o. Apama Nr. 3). Immerhin ist es hiemach 
wahrscheinlich, dass sie damals schon etwa 15 



(Sehol Theokr XVIT \1fi\ T™ T 7a*J , T on ,„ V u cneinucn . tos s sie damals schon etwa 1{ 



Jahre alt, vgl. o. Bd. II S. 1281f.) wurde B. zur Be- 
kraftigung des eben geschlossenen Friedens rait 
dem syrischen KOnig Antiochos II. Theos vermahlt. 
Philadelphos fiihrte selbst die Tochter, die wegen 
ihrer aussergewOhnlich reichen Mitgift den Spitz- 
namen 9 eQv 0lp 6 e og erhielt (vgl. A. v. Guts ch mid 
bei Sharpe Gesch. Agyptens 216, 1) dem Syrer 
bis felusion entgegen (Hieronymus in Dan XII 
5; vgl. Polyb. frg^ 154 Hultsch). B. wurde ein 



delphos schemt sie nur unter dpr Rprlin^n„„ a»„ „!„ tj....^--. ;. ^ p ' ...h .* ss aer ^ nnz 



delphos scheint sie nur unter der Bedingung dem 
Syrer gegeben zu haben, dass ihre eventuelle 
Nachkommenschaft zur Regierung gelange. Jeden- 
falls wurde die bisherige GemahUn des Antiochos, 
seine bcnwester Laodike, verstossen und damit 
ihre Sohne Seleukos und Antiochos von der Thron- 
folge ausgeschlossen (Hieron. a. 0. Polychron 
bei Mai Script, vet. nov. coll. I p. 146; "vgl. o. 
Bd. I S. 2457). Etwa nach einem Jahre s?ebar B.' 



.. -^ „._.„ viwuu uuigv ilia o , iyo K^ - 

hfiren, hat Vahlen (a. 0.) gegen Miebuhr, 
Droysen u. a. erwiesen. Nach Br. Ehrlich 
a. 0. ist der Artemishymnus des Kallimachos 
(zwischen 258 und 247 geschrieben) eine Ver- 
herrhchung dieser Thaten der B. Nach der Be- 
seitigung des Demetrios hatte nun wieder der 
agyptische Prinz, der Bestimmung des Magas 
gemass, die Anwartschaft auf B.s Hand. Ma- 
haffys Hypothese (Emp. of Ptol. 193ff- vgl 



ft^ii^'tff}M^«^S^'C»W:#r , SK 



gait. Doch inzwischen hatte Laodike es ver- 
standen, den ungetreuen Antiochos wieder an sich 
zu fesseln. Als dieser noch in demselben J. 246 
starb hatte er den Sohn der Laodike, Seleukos 
zur Naehfolge bestimmt (Polyaen. VHI50). Gegen 
die unglucklicho B. und ihr Kind richtete sich 
nun die Raphe der Laodike. Auf ihr Geheiss 
wurde B. mit ihrem Knaben ermordet (Polyaen 



als Brautigam der B. von 258 bis zu seiner 
Thronbesteigung 247 die Regierung in Kyrene 
mit gefuhrt habe und darum in dieser Zeit aus 
den agyptischen Protokollen verschwinde, ist sehr 
ansprechend. Doch ist zu bemerken. dass B. als 
Erbtochter des Magas von 258—247 KOnigin 
von Kyrene gewesen ist, wie durch die damals 
gepragten kyrenaeischen Miinzen mit der Um- 
schrift BeQsvixrjg paodworjs (z. T. mit Mono- 



Cat. a. 0. p. XLVII und 59f.). Die Hochzeit 
konnte nach ptolemaeischer Sitte erst stattfinden, 
als Ptolemaios nach dem Tode seines Vaters Phila- 
delphos den agyptischen Thron bestieg (Mahaffy 
Reven. Pap. a. 0. und Emp. Ptol. 491). Die 
junge KOnigin musste sich sehr bald wieder von 
ihrem Gatten trennen, da dieser unmittelbar nach 
dem Regierungsantritt den Feldzug gegen Syrien 



285 



Berenike 



Berenike 



286 



unteraahm (fur die Zeitbestinmrang vgl. Catull. 
com. Ber. llff.). Fiir eine gliickbche Heimkehr 
weihte sie ihre Locke in den Tempel der Arsinoe* 
Zephyritis. Als die Locke von dort verschwunden 
war, entdeckte sie der hofische Astronom Konon 
als Sternbild am Himmel (noch heute Coma Be- 
renices genannt), was dem Kallimachos den Stoff 
zu seiner ,Locke der B.' gab (Catull. c. 66, vgl. 
Susemihl Litt. d. Ales. I 362. II 669). Im 
iibrigen sind fiber B. als KOnigin nur wenige 
Nachrichten erhalten. Atbenaios (XV 689 a) er- 
zahlt, dass die Salbenindustrie dank dem Interesse 
der B. zu ihrer Zeit in Alexandrien und Kyrene 
gebluht habe. Von dem Einfluss , den sie auf 
ihren Mann ausubte, erzahlt Aelian (XIV 43) eine 
Anekdote. In den ersten Jahren der Regierung, vor 
der Apotheose (s. u.) , weihte sie zusammen mit 
ihrem Gemahl dem Osiris in Kanopos ein Heilig- 
tum, dessen Stiftungsurkunde (auf einer Goldplatte) 
erhalten ist (CIG III 4694). In den Soldaten- 
testamenten dieser Zeit wird B. haufig mit ihrem 
Gatten zusammen als emxQonos eingesetzt (Ma- 
haffy Flind. Petr. Pap. I 43, 20. 54, 28 u. s. w.). 
In all diesen officiellen Actenstticken ftihrt sie 
abgesehen von fiaoihooa den Titel: fj absXyr] 

xal yvvr) {rov §aaiXsa>g). Dass adeXcprj titular ist, 

erkaDnte schon Letronne Rec. Inscr. I 3f. Es 
ist bemerkenswert, dass trotz dieses Titels ge- 
wOhnlich doch nur ihr Mann als Sohn des vor- 
hergehenden Herrscherpaares bezeichnet wird; vgl. 
CIG 4694: Baadevs IlToXsfiaToz IlroXs/iaiov xal 
'Agoivdtjs fiswr'ASeXipaiv xal (laoiliooa Bsgevixri 
■ft ddcX<f>ij xal yvvrj avrov. Ebenso Deer. Kanop. 
7f.; vgl. jedoch Deer. Kanop. 21: jiaodsT Ilxole- 
fiaiq) xal ftaoMoor) BeQsvixfl deoig Evepyeraig 
xal xoig yovevaiv avx&v ■freoig 'AdsX<poTg. Sie 
hat dem Gatten mindestens vier Kinder geboren: 
den Ptolemaios, den spateren Philopator, die Ar- 
sinoe (s. o. Arsinoe Nr. 27), eine Berenike (s. Nr. 
12) und den Magas (Polyb. XV 25,2). B. hat ihren 
Gatten nur um weniges uberlebt. Es ist nicht 
unwahrscheinlich, dass B. als KOnigin -Witwe An- 
spruch auf den Thron erhoben und zunachst 
zusammen mit ihrem Sohn Ptolemaios IV. re- 
giert habe. Unter dieser Voraussetzungen gewin- 
nen die Nachrichten fiber ihre Ermordung, die, wie 
es scheint, sehr bald nach dem Tode des Euer- 
getes erfolgte , eine neue Beleuchtung. Es wird 
erzahlt, dass Ptolemaios IV. durch seinen schand- 
lichen Helfershelfer Sosibios die Mutter ermordet 
habe, weil er fiirchtete, dass sein Bruder Magas 
im Heere durch ihren Einfluss eine zu machtige 
Stellung gewinne (Polyb. V. 34, 1. 36, 1 und 6. 
XV 25, 2. Plut. Cleom. 33). Die Vemratung 
liegt nahe, dass B. daran gedacht hat, statt des 
liederlichen Ptolemaios den Magas zum Mitregen- 
ten zu erheben (ahnlicb wie fiber hundert Jahre 
spater Kleopatra III. den jungeren Sohn dem alte- 
ren vorzog!, und dass aus diesem Grunde Ptole- 
maios die Mutter umbringen liess (lust. XXX 1: 
regno -parricidio parto et ad necem utriusque [?] 
parentis caede etiam fratris adstructa ; vgl. Polyb. 
V 34, 1, wo unter 'den awsgyovvrag auch B. ge- 
meint sein wird, vgl. 36, 1). B. scheint sich 
die Energie, die sie schon als junges Madchen 
in Kyrene bewiesen hatte, bis in ihr Alter be- 
wahrt zu haben. Polybios hebt noch fur ihre 
letzten Tage ihre roXfia hervor, durch die sie 



dem Sosibios Angst einflosste (Pol. V 36, 1). 
B. ist bei Lebzeiten wie nach ihrem Tode als 
Gottheit verehrt worden. Schon bei Lebzeiten 
wurden sie und ihr Gemahl zu fool Evsgyhai 
erhoben. Uber diesen Kultus s. unter Ptole- 
maios. Hier sei nur hervorgehoben, dass diese 
&eol Evsgysrat wie in Alexandrien neben dem 
Gott Alexander, so in den agyptischen Stadten 
und Dflrfern neben den betreffenden LocalgOttern 

10 verehrt worden sind; vgl. Decret von Kanopos 
22, und dazu Wilcken Herm. XXII 8. Ausser- 
dem wurde in Alexandrien ein specielles Priester- 
tum der B. unter der Regierung ihres Sohnes 
und MOrders Philopator errichtet, das des afrXo- 
cpogog BeQEvixrjg Evsgyhtdog. Die Vergleichung 
eines demotischen Papyrus bei Revillout Rev. 
Egyptol. Ill 2, 5 mit einem anderen demotischen 
Papyrus bei Revillout Nouv. Chrest. D^m. 4 
zeigt, dass diese Athlophorie zwischen dem Mechir 

20 und Payni des zwOlften Jahres des Philopator 
(= 211/10) eingesetzt worden ist; vgl. Wilcken 
G8tt. Gel. Anz. 1895, 164. Diese Athlophorie 
begegnet in griechischen Terfcen zuerst bei Ma- 
haffy Flind. Petr. Pap. II [154] aus dem droi- 
zehnten Jahr des Philopator (Wilcken a. 0.) und 
dann vielfach. Ihr Portrait zeigen sowohl die 
oben erwahnten Mtinzen, die sie als KOnigin von 
Kyrene zwischen 258 und 247 gepragt hat, als 
auch die spater gepragten, die in gleicher Weise 

30 die TJmschrift Bcqsvixijs (laoiXiooris tragen (auf 
Kypros ausserdem noch nroXefiaiov fSaodicog) ; 
vgl. Poole Catalogue of Greek coins in the Bnt. 
Mus. Ptolemies p. XLV. 59f. Taf. XLH. 

12) Berenike, Tochter des Ptolemaios 111. Euer- 
getes I. und der B. II. Schon bald nach ihrer 
Geburt wurde sie zur (laotXiooa proclamiert. Sie 
starb im neunten Regierungsjahre ihres Vaters 
(239/8); also kann sie, da die Ehe der Eltern 
erst 247 geschlossen wnrde, nicht alter als hOch- 

40 stens acht Jahre geworden sein. Die Depu- 
tierten der Priesterschaften Agyptens, die sich 
zur Zeit des Todes gerade in Alexandrien zur 
Huldigung bei dem KOnig aufhielten, sagten grosse 
Kirchentrauer an und beschlossen darauf in ihrer 
Versammlung zu Kanopos, dass die junge Prin- 
zessin als Bsgevixt) dvdaot] jiaQ&ercov apotheosiert 
werde. Die ausserst lehrreichen Details flber 
diese Apotheose zugleich mit den sonstigen Nach- 
richten fiber diese B. enthalt das Dceret von 

50 Kanopos; vgl. R. Lepsius D. Dekret von Ka- 
nopos, 1866. Revillout Chrestomath. D&not. 
125. Mahaffy Emp. Ptol. 226f. 

13) Berenike III., genauer Kleopatra Berenike : 
Tochter des Ptolemaios X. Soter, s. unter Kleo- 
patra. 

14) Berenike IV., die einzige legitime Tochter 
des Ptolemaios XIII., des sog. Auletes (Strabo 
XVII 796). Als im J. 58 v. Chr. Auletes aus 
Alexandrien entwich, iibergaben die Alexandriner 

60 die Regierung seiner Gemahlin Kleopatra Try- 
phaina (Porphyr. FHG III 723 neurit sie falsch- 
licb seine Tochter; vgL Lepsius Abb- Akad. 
Berl. 1852, 478f.) und der B. Als nach einem 
Jahre die Mutter starb, regierte B. noch zwei 
Jahre lang allein (Porphyr. a. 0. ; ungenau Cass. 
Dio XXXIX 13, 1). Da Auletes in Rom anti- 
chambrierte und eine Verwicklung mit Rom da- 
her vorauszusehen war, so wiinschten die Alexan- 



287 



Berenike 



Berenike 



288 



driner die Regierung dadurch zu stutzen, dass 
sie der jungen Konigin einen thatkraftigen Ge- 
mahl und Mitregenten verschafften (dies Motiv 
bei Cass. Dio XXXIX 57, 1). Nachdem zwei echte 
Seleukidenprinzen vergeblich aufgefordert waren 
— der eine starb, der andere wurde von Gabi- 
nius verhindert (Torphyr. FHG III 716) — , liess 
man sich durch einen obscuren Menschen tiiuschen, 
der sich als Seleukiden ausgab. Doch schon nach 
wenigen Tagen der Ehe war B. fiber die Gemein- 
heit und Inferioritiit dieses ,Seleukos' so empOrt, 
dass sie ihn erdrosseln liess , die Alexandriner 
aber gaben ihm den Spottnamen Kybiosaktes, 
d. h. .Piikelfischhandler' (Strab. a. . Cass. Dio a. . ; 
Mahaffy Emp. Ptol. 436 identiflciert den Ky- 
biosaktes irrtiimlich mit dem IIa e sioanTos ; vgl. 
dagegen v. Gutschmid bei Sharpe II 9 Anm.). 
Statt seiner wurde Archelaos, der Sohn des pon- 
tischen Feldherrn gleichen Namens, der Hohe- 
priester von Comana, der sich als Sohn des grossen 
Mithradates ausgab (s. o. Archelaos Nr. 13), zum 
kOniglichen Gemahl und Mitregenten berufen 
(Strab. Dio aa. 00.). Auch diese Ehe fand in 
kurzem, nach achtzehn Tagen, ihr Ende (Clemens 
Alex. Strom. I 21 p. 396, 10, dazu v. Gutschmid 
bei Sharp e II 38, 4). Archelaos flel im Kampf 
gegen Gabinius, der in Agypten einflel, um Au- 
letes wieder auf den Thron zu setzen (55). Gleich 
darauf ward B. von ihrem Vater getetet (Strab. 
XVII 796. Dio XXXIX 58. Porphyr. FHG III 
723). Sharpe Geschichte Agyptens 112 34^ 
Mommsen E.G. III6 163f. Mahaffy Empire of 
the Ptolemies 436f. 

15) Berenike, alteste Tochter des jiidischen 
Konigs Aprippa I. und der Kypros, der Tochter 
des Phasael (Jos. ant. XVIII 132; bell. Iud. II 
220). Beim Tode ihres Vaters (44 n. Chr.) war 
sie sechzehn Jahre alt, also war sie im J 28 
n. Chr. geboren (Jos. ant. XIX 354; deT Zu- 
sammenhang spricht fur diese Dentung, ,nach dem 
Wortlaut wiirde man die Altersangabe auf die Hei- 
rat mit Herodes beziehen). Durch ihren Vater ge- 
hflrte sie zur gens Iulia, und als 'lovkia BtQt- 
rslxr) ftaoifoaoa fieyaA?}, 'lovliov 'AyQinna §aoi- 
tecog tivydxriQ wird sie in einem athenischen De- 
cret gefeiert (CIA III 556). Als 'Kaiser Clau- 
dius gleich nach seinem Regierungsantritt (41) 
den Alabarchen Alexandres in Freiheit setzte, 
wurde B. (damals dreizehnjahrig) mit dessen Sohn 
Marcus vermahlt (Jos. ant. XIX 276; die Ansicht 
Schiirers I 606, 49, sie sei nur verlobt mit 
ihm gewesen, wird durch das vorhergehende ya- 
ficT widerlegt). Nach dem wie es scheint gleich 
darauf erfolgenden Tode des Marcus gab ihr Vater 
sie seinem Bruder, ihrem Oheim, Herodes. dem 
Konig von Chalkis, zur Frau (Jos. ant. XIX 277 ; 
bell. II 217). Diesem gebar sie zwei Sohne, Be- 
renikianos nnd Hyrkanos (Jos. ant. XX 104; bell. 
II 221). Nachdem Herodes im J. 48 gestorben 
war, lebte B. mehrere Jahre mit ihrem Bruder 
Agrippa II. zusammen, und zwar, wie die Fama 
vielleicht nicht mit Unrecht wissen wollte, in un- 
erlaubter Weise (vgl. auch Iuvenal. sat. VI 156ff.). 
Um diese Geriichte aus der Welt zu schaffen (so 
Josephus!), bot sie Polemon, dem Konig Kilikiens, 
ihre Hand an. Dieser ging, wiewohl die Be- 
dmgung der Beschneidung gestellt war, von ihrem 
grossen Reiehtum angelockt, darauf ein. Doch 



trennte sie sich bald von ihm (Jos. ant. XX 145— 
146) und lebte wieder — wohl in derselben Weise — 
mit dem Bruder zusammen. In den folgenden 
Jahren tritt sie an der Seite des Agrippa mehr- 
fach in der Offentlichkeit auf. So ging sie im 
J. 60 mit ihm zusammen nach Caesarea, um den 
neuen Procurator Festus zu begriissen. Hier nahm 
sie dann auch an der Gerichtsverhandlung gegen 
Paulus teil (Act. apost. 25, 13ff. 26). Als im 
10 J. 66 der Procurator Floras durch sein Einschrei- 
ten in Jerusalem einen Aufstand hervorrief, be- 
rniihte sich B., die sich damals wegen eines Na- 
siraeatsgeliibdes ausnahmsweise vom Bruder ge- 
trennt hatte und sich in Jerusalem aufhielt, ver- 
geblich, ihm Einhalt zu thun (bell. II 310—314). 
Bald darauf war sie wieder mit Agrippa zusam- 
men und fiihrte mit ihm beim Statthalter Cestius 
Klage iiber Florus (Jos. bell. II 333). Auch als 
Agrippa versuchte, das Volk von Jerusalem zu 
20 beruhigen, stand sie an seiner Seite (bell. II 344. 
402). Nachdem dann ihr und ihres Bruders Pa- 
last von den Aufstiindischen eingeaschert war 
(bell. II 426), schlossen sich beide fest an die 
romische Partei an. B. wurde eine eifrige Ver- 
treterin der flavischen Sache, als im Juli 69 die 
syrischen Truppen den Vespasian zum Kaiser aus- 
gerufen hatten. Ehrgeizige Plane mochten sie' 
dabei leiten, denn wie sie sich dem alten Vespa- 
sian durch ihren Reiehtum wert machte, so ver- 
30 stand sie es, das Herz des jungen Titus, mit dem 
sie vielleicht schon vorher kokettiert hatte (vgl. 
Tac. hist. II 2), zu fangen (Tac. hist. II 81).' 
Nach obiger Berechnung war sie damals (69) 
bereits einundvierzig Jahra alt, womit Tacitus 
Charakteristik (II 81) florens aetate im Wider- 
spruch steht. Auch der Zusatz formaque darf 
vielleicht nicht zu genau genommen werden. Jeden- 
falls beneidete und verfolgte sie ihre jiingere 
Schwester Drusilla wegen ihrer SchOnheit (Jos. 
40 ant. XX 143; vgl. auch 146). Da Titus im J. 41 
geboren war, demselben Jahre, in welchem B. 
dreizehnjahrig ihre erste und vielleicht auch schon 
ihre zweite Ehe einging, so ist sein Verhaltnis 
zu der dreizehn Jahre alteren Frau schwer be- 
greiflich, wenn man nicht annimmt, dass neben 
der Sinnlichkeit der iippigen Orientalin auch 
ihre Millionen Eindruck auf ihn gemacht haben. 
Dies Verhaltnis wird sich weiter befestigt haben, 
als er vom Vespasian zur Fortfuhrung des jii- 
50dischen Krieges auserwahlt war. Da Agrippa 
sich in seinem Lager befand (Tac. hist. V 1), 
wird auch B. dort nicht gefehlt haben. Im J. 75 
kam B. mit dem Bruder nach Rom , und es ge- 
lang ihr, den Titus wieder in die alten Bande 
zu verstricken. Sie wohnte mit Titus zusammen, 
und man erzahlte sich in Rom, dass Titus, der 
eifersiichtig iiber ihren Besitz wachte (Aurel. Vict, 
epit, 10, 7), ihr die Ehe versprochen habe (Suet. 
Tit. 7). Jedenfalls betrieb und erwartete sie es 
60 (so Dio LXVI 15, 4). Als sie aber anting, sich 
offentlich als Frau des Titus zu gerieren, wurde 
dieser durch den Unwillen des Volkes gezwungen 
sie fortzuschicken (Dio a. O.). Noch einmal ver- 
suchte sie, ihn wieder einzufangen. Auf die Nach- 
richt vom Tode des Vespasian eilte sie nach Rom, 
doch der junge Kaiser Titus wies sie zuruck (Dio 
LXVI 18; ungenau Suet. Aurel. Vict. aa. OO.). 
Vielleicht sprachen bei diesem .vernunftigen' Ent- 



289 



Beqevixr^g jikoxuftoi 



Bergan 



290 



schluss nicht nur die Staatsraison, sondern auch 
ihre einundfiinfzig Jahre mit. Rom aber blieb 
die jiidische Kaiserin erspart. Uber ihr Ende 
ist nichts bekannt. Nicht mit Unrecht nennt 
Mommsen (R.G. V 540) diese Frau, deren Leben 
sich aus Sinnlichkeit und Ehrgeiz zusammensetzt, 
eine ,Kleopatra im kleinen'. Sie hatte nur das 
Ungltick, dass Titus kein Antonius war. Vgl. 
Schfirer Geschichte d. jiid. Volks I 493ff. 

16) Berenike , Tochter des Ptolemaios , des 10 
Solmes des Lysimachos, eines avyyevijg am syri- 
schen Hofe. Durch einen uns erhaltenen Erlass 
des KOnigs Antiochos II. (261 — 246) wurde sie zur 
aQxidQcia der kOniglichen Gemahlin und Schwester 
Laodike fur das Gebiet einer (ungenannten) Satra- 
pie ernannt (Bull. hell. XIII 523ff.). 

17) Berenike, Tochter des Sosipolis, war Kane- 
phore der Arsinoe Philadelphos im einundzwanzig- 
sten Jahre des Ptolemaios III. Euergetes (= 227/6 



Berenikldai (BeQsnxldai, BsQsvstxlftai, Bsq- 
vEixtfiai), attischer Demos, zu Ehren der Berenike 
bei Errichtung der Phyle Ptolemais neu geschaifen. 
Nach der Inschriftenstatistik erweist sich B. neben 
Phlya dauernd als der weitaus bedeutendste De- 
mos dieser Phyle. Die ausserathenischen, aufAn- 
gehOrige von B. beziiglichen Grabsteinfunde weisen 
in die Gegend um Eleusis. Vgl. Milehhofer 
Untersuch. iib. d. Demenordn. d. Kleisth. 40, 1. 

[Milehhofer.] 

Berenikis (Begsvixis, 'Bsgvixig) und Bsgsri- 
xlg &£0(io<p6eos, Orte im agyptischen Nomos Arsi- 
noites (dem heutigen Faijum), Ag. Urk. Berl. Mus. 
Mahaffy Flind. Petrie Papyri II. [Sethe.] 

Berenus, Gottheit(?) auf einer Inschrift aus 
Sainte-Sabine (C&te-d'Or). Lejay Inscr. de la 
Cdte-d'Or nr. 253 Bereno Cicetim. Holder Alt- 
kelt. Sprachschatz s. v. Ob Belenol [Ihm.] 

Beres {Beg^g), 1) Thrakische Stadt, nach 



v. Chr.). Mahaffy Flind. Petr. Pap. I [75] ; 20 dem gleichnamigen Sohne des Makedon (s. Nr. 2) 



vgl. dazu Wilcken Gott. gel. Anz. 1895, 143. 

18) Berenike, Tochter des Kallianax, war Kane- 
phore der Arsinoe Philadelphos im zweiundzwan- 
zigsten Jahre des Ptolemaios III Euergetes (= 
226/5 v. Chr.). Mahaffy Flind. Petr. Pap. I [54] 
[57]; vgl. dazu Wile ken a.a.O. 138. [Wilcken.] 

Begevixrig nXoxafioi (oder nloxa/iog), Bere- 
nices crinis (oder erines). Ein Sternbild der nord- 
lichen Halbkugel des Himniels in der Nahe des 
Schwanzes vom LOwen, so benannt nach Berenike 30 
Nr. 11, der Gemahlin des Ptolemaios Euergetes. Das 
Altertum weist ihm sieben Sterne zu und berichtet 
iiber die Entstehung des Namens folgendes. Als 
Euergetes unmittelbar nach seiner VermiLhlung nach 
Asien in den Krieg zog, habe seine junge Gemahlin 
gelobt, falls ihr Gatte als Sieger heimkehre, ihr 
Haupthaar der Gottheit (Venus-Arsinoe) darzu- 
bringen. Dies Gelubde sei denn auch spater wi,rk- 
lich erfiillt worden, das Haar der KOnigin ware 



aber auf unerklarte Weise aus dem Tempel ver- 40 in Anspruch genommen. 



benannt, Steph. Byz. Vielleicht = Beroia Nr. 3, 
s. d. Vgl. auch Beros. [Oberhummer.] 

2) Eponymos der makedonischen Stadt Beqrjg 
(Steph. Byz.) , Vater der Mieza , der Beroia und 
des Olganos, makedonischer Stadteponymen, Thea- 
genes Maxsdovixd frg. 7 aus Steph. Byz. s. Mie^a 
und BtQota, FHG IV 509, wo das B auf * zu- 
ruckgefiihrt wird; vgl. Etym. M. s. Begoia. 

[Tiimpel.] 

Beretra s. Beregrani. 

Bereum, Donaucastell an der Strasse von 
Durostorum nach Troesmis (Iglica) in Scythia 
minor, Tab. Peut. ; Biraeon Geogr. Rav. IV 5 
p. 179; BireonlVl p. 186; Biroe m. p. XVIII 
Troesmis, Itin. Ant. p. 225; euneus equitum 
stablesianorum Bireo , Not. dign. or. 36 p. 99. 
Wahrscheinlich die heutige Castellraine Hasarlyk 
am Baroju, 40 km. sudlich von Iglica, Arch.-epigr. 
Mitt. VI 48; dieselbe wird freilich auch fur Cium 



schwunden. Da nun Euergetes sehr ungehalten 
dariiber war, so habe der Astronom Konon aus 
Samos erklarfc, das Haar der Ko'nigin sei unter 
die Sterne versetzt worden. Hygin. poet, astron. 
II 24. Cosinas aus Jerusalem bei E. Maass 
Analecta Eratosth. 5. Ps.-Eratosth. Catast. XII. 
Schol. German, bei C. Robert Eratosthenis Ca- 
tast. reliquiae 98. Schol. Arat. 146 (Bekker 
S. 64). Achilles Isagoge in Arati Phaen. c. 14 



[Toniaschek.] 



Berga (Bioya und Bigytj, auch Begyiov nach 
Steph. Byz.), Stadt am Strymon, 200 Stadien von 
Amphipolis (Strab. VII frg. 36. Skymn. 653f. 
Hierokl. 640), von Strabon dem Gebiet der Bisalten, 
von Ptol. Ill 12, 28 (13, 31) dem der Odomanten 
zugerechnet. Die nochmalige Erwahnung bei 
letzterem 12, 32 (13, 35) beruht auf Einschie- 
bung, wonach auch die schlecht bezeugte Lesart 
BcQza hinfallig wird, s. Muller zu Ptol. a. a. 0. 



p. 134 Petav. Geniinus Elem. astron. II p. 12 E 50 Sie gehsrte zum thrakisehen Bezirk des delisch- 



Petav. Proclus de Sphaera (Basel 1547) p. 38. 
Hesych. I p. 372. Eudoc. Violar. p. 90. 

Dasselbe Sternbild wurde von Eratosthenes 
auch in Verbindung gebracht mit irgendwelchen 
lesbischen Miidchen (iiber diese dunkle Beziehung 
vgl. C. Robert a. a. 0. 5), vielleicht auch (von 
wem?) mit Ariadne (Robert a. a. 0. 68f. ; vgl. 
Ptol. ed. Halma II 56). Das neue Sternbild wurde 
in einem eignen Gedichte von Kalliniachos ver- 



attischen Bundes (CIA I 228f. 233. 242. 244. 256f.) 
und war bekannt als Geburtsort des Schriftstellers 
Antiphanes (s. d. Nr. 19), Skvmn. a. a. 0. Strab. I 
47. II 100. 104. Steph. Byz. Markian. Herakl. epit. 
peripl. Menipp. prooem. 1 (Geogr. gr. min. I 565). 
Hesych. Nach Leake North. Gr. Ill 229 lag sie 
beim heutigen Tachyno, wahrend Muller a. a. 0. 
sie passender an der Miindung des Strymon in 
den See Kerkine sucht. Vgl. auch Desdevises- 



herrlicht, das seinerseits dem 66. Gedichte von 60 du-Dezert Gdogr. de laMace'd. 389f. und Berge- 



Catull zum Vorbilde gedient hat (0. Schneider 
Callimachea II 144ff.). Von Plhiius (II 70f.) wird 
das Sternbild falschlich nach der sudlichen Halb- 
kugel des Himmels erlegt. [Hiibler.] 

Begevixrjg jioXig. 'A<pgodhrjs Beotvixrj; Tiohg, 
Stadt im agyptischen Nomos Arsinoites (Faijum), 
Mahaffy Flind. Petrie Papvri II xxxn. 

[Sethe.] 

PatilyWlssowa III 



polis, Bergison. [Oberhummer.] 

Bergali, Alpengemeinde im Thai Bergell 
(Pregaglia) nordlich vom Comer-See, erwahnt im 
Edict des Kaisers Claudius vom J. 46, CIL V 
5050 (vgl. p. 559). Bruns Fontes iuris& 224. 

[Ihm.] 
Bergan {Bepyav), Ort im Inneren Susianas, 
Ptol. VI 3, 5, ist vielleicht mit Berdanna (s. d.) 

10 



zyi 



Berganti 



zu ldentificierea, obwohl die von Ptolemaios an- 
gegebenc Lage (84° 15' Lange, 34° 45' Breite) 
mcht genau die Mitte zwischen Seleukeia und 
Ekbatana ist. [Weissback] 

_ Berganti deo und n(uminibus) Aug(ustorum) 
ist geweiht eine in Longwood bei Slalt gefundene 
Inschrift Eph. epigr. VII 920. Der Stein bietet 
B3R&NTI , was allenfalls auch = Breganti sein 
kann. Jedenfalls soil Berganti = Briganti sein. 
In derselben Gegend wurde die dea Brigantia 
verehrt (s. d.). \l\m\ 

Bergepolis (Be e ydxoXig), Ort im Gebiete von 
Abdera, Steph. Byz. Vgl. Berga. Bergison. 

[Oberhummer.] 
Bergi(?). Plinius nennt n. h. IV 104, wo er 
von der Insel Thule spricht, noch folgende Inseln: 
Scandias, Dumnam, Bergos (Accus., Var. Ver- 
gos) maximamqite omnium Berricen, ex qua in 
Tylen navigettir, eine Nachricht, die auf Pytheas 
zuruckgehen dtirfte. Welche Insel gemeint ist, 
wird sich schwerlieh feststellen lassen. Zeuss 
Die Deutschen 194f. Mullenhoff Deutsche Al- 
tertuinsk. I 387. Der Name erinnert an das in 
Skandinavien anzusetzende Volk Bergio. welches 
Iordan. Get. 3, 22 erwahnt (Zeuss a. 0. 503. 506 
Mullenhoff a. 0. H 62) und an den bei Mela 
II 78 genannten mythischen Bergi/os (Bursian 
Host Dercynon), vgl. Mullenhoff a. 0. Ill 181 

„ . , [Him.] 

_ Bergidum (Bl Q yi8ov). 1) Unbekannter Ort 
bei den Ilergeten in Hispania Tarraconensis (Ptol 
II 6, 67); vgl. Bergistani. 

i) Flarium B. (BegyiSov <t>laoviov Ptol., beim 
Geogr. Rav. 320, 10 Berg/don), Stadt einer astu- 
nschen Volkerscbaft in Hispania Tarraconensis 
(Ptol. II 6, 28), an der Strasse von Bracara nach 
Astunca (Itin. Ant. 425, 4. 429, 2. 431, 1|, Castro 
de la Ventosa bei Villa Franca im District* Vierzo 
(so nach den alteren Autoren zuletzt Guerra 
Discurso a Saavedra 88). Ein Bergidofl(ariensis) 
in der Inschrift von Tarraco CIL II 4248. Das Ber- 
gidense terri/orium (jetzt el Vierzo) ist erwahnt 
in der Vita S. Fructuosi episc. Bracar. cap. 1- 
westgothische Munzen tragen die Aufschrift Bergio 
(Heiss Monn. Wisigoth. S. 45). [Hubner.] 

Berghnus, keltischer Gott auft drei Inschrif- 
ten aus Brescia erwahnt: CIL V 4200 (der De- 
dicant M. Nonius M. f. Fab. Senecianus). 4201 
L. Vibius Visci Ifibertm) Kymphodotus Ber- 
gimo votum (aus dem J. 8 v. Chr.). 4202 Bri- 
x[iae et] Berg [into] geweiht; und auf einer vierten 
aus Arco (bei Riva) CIL V 4981 Sex. Xigidius 
tab. Pnmus aedil. Brix. decur. honvre qrat. d. 
d. ex postulation. pleb. aram Bergimo nstil(uit). 
Vielleicht der Gott von Bergomum (heut Bergamo) 
oder einem Orte ahnlichen Namens. CIL V p 54* 
Holder Altkelt. Sprachschatz s. v. Die Ziegel- 
lnschnft aus Rom CIL XV 889 weist den Namen 
BERGim auf. r Ihra j 

Bergine, Stadt in Gallia Narbonensis bei 
Ayien. or. marit. 700 {gens hint Kearchi Ber- 
gtneqw civitas), wie man glaubt das heutige Ver- 
negues (dep. Bouches-du-Rh6ne, arrond. Aries), 
Holder Altkelt. Sprachschatz s. v. Desjardins 
Geogr. de la Gaule II 83. [Ihm.] 

Bergininni , Ortschaft im Grenzgebiet von 
Fannoma und Dalmatia, Geogr. Rav. IV 19 p. 
218, 16: AsinoK Clmidate, Bergimo. Kurz vor- 



Bergomum 



292 



293 



Bergonia 



her wurden vermerkt: Clande, Assino, Beroio 
(— Berginio); es folgt Servitium, woraus sich 
allerdings noch kein sicherer Schluss fur die An- 
knupfung des in der Tab. Peut. iibergangenen 
Strassenzuges ergiebt; nur Inschriften konnen da 
Aufklarung bieten. [Tomaschek.] 

Bergintrum, Station in Gallia Narbonensis 
an der von Mailand nach Vienne (und Strass- 
hurg) fiihrenden Strasse (Itin. Ant. 345. 347. Tab. 
10 Peut.), zwischen Augusta Praetoria und Daran- 
tasia; wahrscheinlich = Breniton beim Geogr 
Rav. IV 26 p. 238. Nach d'Anville (Notice 
152) heute Bourg- Saint -Maurice, nach anderen 
anders. Desjardins Table de Peut. 57; Ge"o«r 
de la Gaule II 84. Holder Altkelt. Sprach- 
schatz s. v. Gliick Kelt. Namen 191. [Ihm.] 

Bergison (B%wov), Castell in der thrakisc'hen 
Provmz Rhodope, von lustinian I. angele^t. Procop 
. aed. IV 11 p. 305 Bonn. Vgl. Tomaschek Die alten 
20 Thraker II 2, 59 und o. Berga. [Oberhummer.] 

Bergistani, Volk in Hispania Tarraconensis, - 
bei Liv. XXXIV 16, 9. 17, 5. 21, 2. 6; das Castell 
Bergmm wird von ihm XXXIV 21, 1 genannt 
Wahrscheinlich ist es nicht verschieden von dem 
Bergida des Flor. II 33. 49 (obgleich der Palatinus 
dort Belgiea hat; vgl. den Artikel Vellica) und 
dem Bepytdor der Ilergeten bei Ptol. II 6, 67 
(Gergium beim Geogr. Rav. 310, 8). Die Lage 
ist unbekannt; vielleicht das heutige Berga S 
30Bergidum. [Hubner.] 

Bergium (Bi S yiov), Stadt im inneren Germa- 
nien bei Ptolem. II 11, 14. Nahore La>*e un- 
bestimmt. Ob keltisch? Derselbe Ortsname im 
Nordosten Spaniens (s. Bergidum Nr. 2 und 
Bergistani). [ rhm j 

Bergius, falsche Lesart bei Pompon. Mela II 
78 (Bergyon), von Bursian in Dem/non ver- 
bessert; s. d. und Alebion. [Knaack.J 

Bergomum (so die Inschriften und Hss. aus 
40besserer Zfeit durchgehend; Bergome Itin. Ant. 
127; Bergamum [Vergamum] Itin. Hierosolvm 
548. Paul. Diac. hist, Lang. II 23. VI 20 und 
die hist, misc.; Pergamum Geogr. Rav. IV 30 
p. 252 P.; Berga mux Paul. Diac. hist. Lang. II 
14. IV 3; Bmyogov Ptol. Ill 1, 31; Einwohner 
meist Bergomas. Bergomenses bei Paul. Diac. VI 
18), Stadt in Oberitalien , am Fusse der Alpen, 
jetzt Bergamo. Nach Cato bei Plin. Ill 124. 125 
gehorte B. dem Volksstamm der Orobier , Ptole- 
50maios schreibt es den Cenomanen zu, Iustinus 
XX 5, 8 nennt es eine gallische Griindung nach 
Vertreibung der Etrusker. Der Name erinnert 
an den im Gebiete von Brixia vorkommenden 
Deus Bergimus (s. o.). Strabon rechnet es zu den 
Mittelstadten des cisalpinischen Galliens (V 213; 
iiberliefert ist 'Pr/yiov, was aber Cluver wohl 
mit Recht verbessert); bedeutend war die Industrie 
der Kupferminen in der Nahe ^Plin. n. h. XXXIV 
2). Es war Municipium und gehorte zu'r Tribus 
60Voturia (Kubitschek Imp. rom. tributim discr. 
118). Ln J. 452 wurde es von Attila genommen 
und verwustet (Hst. miscell. XV 7); im J. 460 
besiegte Ricimer die Alanen bei B. (hist, misc 
XVI 1). Erwahnt auf der Tab. Peut. und 
bei Procop. b. Goth. II 12; inschriftlicb audi 
Pais Suppl. 1195. Keller und Meyer Inscr 
Helv. suppl. 36. Lateinische Inschriften aus B 
CIL V 5112-5195. 8893-8895. Pais Suppl' 



Berithis 



294 






720—722. Neuere Funde in B. Not. d. scavi 
1881, 206. 1890, 26. [Hulsen.] 

Bergonia, keltische Localgottheit , erwahnt 
auf einer in Viens bei Apt (Gall. Narb.) gefun- 
denen Inschrift, CIL XII 1061 (,arula, litteris 
malis' bemerkt O. Hirschfeld dazu, der die In- 
schrift im Museum von Avignon copierte). A li- 
ra er Revue epigr. 1895, 378 nr. 1137. Der 
Mannsname Bergonius CIL IX 1644 (Benevent). 
Vgl. Berconum. _ [Ihm.] 10 

Bergonum (Bergonium?) s. Berconum, 

Bergula (Begyovla, einige Hss. Bspyovda und 
Bskyovla), Stadt der Bastitaner in Hispania Tarra- 
conensis (Ptol. II 6, 60); vgl. Vergilia. Die 
Lage ist nicht sicher; vielleicht das heutige Berja. 

[Hubner.] 

Bergule (Begyovltj , bei Kedr. BsQyovLov), 
Stadt in Thrakien an der Strasse von Adrianopel 
nach Constantinopel , zwischen Burtudizos und 
Druzipara, Itin. Ant. 137. 230. 323; Hieros. 569 20 
(Virgolis). Tab. Peut. VIII. Geogr. Rav. IV 6. 
Ptol. Ill 11, 7. Hierokl. 632. Von Theodosios d. 
Gr. wurde sie seinem Sohne Arkadios zu Ehren 
'AoxaSiovjTolig genannt und befestigt, Georg. Kedr. 

I 568, nach Theoph. chron. \ 77 u. A. jedoch von 
Arkadios selbst, s. Arkadiupolis, wo auch die 
zweimalige Eroberung durch die Hunnen berichtet 
ist. Unter Leon I. wurde sie im J. 473 durch Theodo- 
rich belagert, Malch. 2 vgl. 4 (FHG IV 114f.), unter 
Michael II. war dort im J. 824 der aufruhrerische 30 
General Th omas eingeschlossen, HertzbergGesch. 

d. Byzant. 128." Im J. 970 drangen die Russen bis 
dorthin vor, Hertzberg a. a. O. 174; Gesch. 
Griech. I 285. Schiemann Russland I 61; 1124 
wurde hier Isaak II. durch die Bulgaren und 
Wlachen gescblagen, Hertzberg Bvz. 335; Gesch. 
Griechenl. I 395; 1206 wurde die Stadt durch die 
Bulgaren zerstort. Hertzberg Gesch. Griechenl. 

II 32. Jetzt Liile Bergas (Burgas). Vgl. Miiller 
zu Ptol. a. a. O. Tomaschek Die alten Thraker 40 
II 2, 59. [Oberhummer.] 

Bergusia. 1) Bergusia, oder Bergusium, Ort 
im Gebiet der Allobroger, heut Bo'urgoin (Ber- 
gusia Itin. Ant. 346; Bergusium Tab. Peut.; 
Birgusia Geogr. Rav. IV 26 p. 239). Vgl. O. 
Hirschfeld CIL XII p. 296. Desjardins Table 
de Peut. 55. Das Ethnikon Bergusitanus der 
Inschrift von Narbo CIL XII 4529 beziehen die 
friiheren Herausgeber auf diesen vious der Allo- 
broger, O. Hirschfeld dagegen auf das Bergusia 50 
in Hispania Tarraconensis (Ptol. II 6, 67). [Ihm.] 

2) In Hispania Tarraconensis (Ptol. II 6, 67), 
8. Bargusii. 

Beria. 1) Ort in Italien, nur genannt in der 
Inschrift von Aquileia CIL V 947 : Q. Vettidius 
Q. f. Gla(udia tribuj Beria, mil. teg. Villi. 
Vielleicht identisch mit Berua, s. d. [Hulsen.] 

2) Beim Geogr. Rav. II 15 p. 86 wohl iden- 
tisch mit Berga der Tab. Peut. und mit Beroia 
Nr. 5, s. d. [Benzinger.] 60 

Berich. 1) Sagenhafter KOnig der Gothen, 
der das Volk bei seiner Auswanderung aus Scandza 
angefiihrt haben soil. Jord. Get. 4, 25. 17, 94. 

2) Wurdentrager am Hofe des Attila, von diesem 
448 als Gesandter nach Constantinopel geschickt. 
Prise, frg. 8 p. 91. 94. 95. [Seeck.] 

Bericns, wird von seinen Landsleuten in einem 
Aufstande aus Britannien vertrieben und wendet 



sich um Hiilfe an den Kaiser Claudius, der im 
J. 43 n. Chr. erst den A. Plautius schickt, dann 
sogar selbst nach Britannien kommt: Cass. Dio 
LX 19, Iff. In diesem B. sehen Akerman (Nu- 
mism. chronicle XI 155) und Hubner (Herm. 
XVI 1881, 519f.) den auf britannischen Munzen 
vorkommenden Veriea (Virica) Bex Commi f(i- 
liusj und finden in ihm auch den Sohn des aus 
Caesar bekannten Atrebaten Commius. Evans 
(The coins of the ancient Britons I70f.) erklart 
sich nach dem altertumlichen Stile der Munzen 
gegen die Identification, weniger bestimmt aller- 
dings a. a. O. Suppl. 516, wo er Stilahnlichkeit 
einer VericamUnze mit augusteischen erkennen 
zu miissen glaubt. Dass der Name Berieus und 
Veriea der gleiche ist, leuchtet ein; die An- 
knupfung an den bekannten Commius und die 
Feststellungdes Verwandtschaftsgradesbleibt wohl 
Vermutung. [Henze.] 

Berigiema, Berghohe des Apenninus in der Ge- 
gend yon Genua, neben dem flovius Veraglasea ge- 
nannt in der sententia Minueinrum de agro Genuate 
(117 v. Chr.) CIL 1 190 = V 7749 Z. 19. [Hiilsen.] 

Begixoxxiov s. Aprikose. 

Berimud s. Beremud. 

Beris (Bij^tg), Fluss in Pontus, der 90 (Ano- 
nym, peripl. Ponti 60) Stadien Sstlich vom Ther- 
modori in den Pontus Eusinus sich ergiesst, Arrian. 
peripl. Pont. 23. In Anonym. 29 heisst er BiQtjg. 
Jetzt Melitsch Tschai; vgl. Hamilton Reisen in 
Kleinasien (tlbers.) 262 und Miiller zu Arrian. 
a. a. O. [Knge.] 

Berisades {Brjoioddtjs), thrakischer Fiirst aus 
dem Hause der Odrysen, ein Verwandter, aber 
wahrscheinlich nicht ein Sohn des Kotys (s. d.), 
trat nach Kotys Tode im J. 359 mit Amadokos II. 
gegen Kersobleptes als Bewerber um die Odrysen- 
herrschaft auf (Demosth. XXIII 8). Er schloss 
mit Amadokos ein Bundnis, verschwagerte sich 
mit dem athenischen SOldnerfiihrer Athenodoros 
von Imbros und erreichte durch dessen geschickte 
und energische Politik noch 359 eine Reichstei- 
lung, bei der B. wahrscheinlich das Makedonien 
benachbarte westlichste thrakische Gebiet erhielt 
(Demosth. XXIII 10. 170; vgl, Hoeck Herm, 
XXVI 1891, 102). Die Teilung kam zunachst 
nicht zum Vollzug, da Athen, auf das sich B. und 
Amadokos stiitzten, nicht thatkriiftig gemig Hiilfe 
leistete, aber im J. 358/7 ist sie wahrscheinlich 
erneuert worden (Demosth. XXIII 174. Strab. VII 
333 frg. 48. 'Etprni. &Qz- 1886, 97f. vgl. Hoeck 
a. 0. 103f.). Weiterhin scheint B. durch Philipp II. 
von Makedonieu bedrangt worden zu sein, bis er 
Ende 357 oder Anfang 356 starb (Demosth. XXIII 
10. CIA II Add. 66 b; vgl. Hoeck a. 0. 106). 
Seine Sohne, von denen wir namentlich Ketriporis 
(s. d.) kennen, folgten ihm in der Regierung. Vgl. 
Pairisades. [Judeich.] 

Berissa oder Verisa, Stadt im Innern von 
Pontus, spater zu Armenia minor, seit lustinian 
zu Armenia prima gerechnet, zwischen Sebasto- 
polis und Sebastia, Bischofsitz, Not. eccl. Ill 1 70. 
Itin. Ant. p. 205. Cramer Asia minor I 318. 
Nach Kiepert Baulus; ihm stimmt bei Ram- 
say Asia minor 329. [Ruge-] 

BeritMs [Bsqi&Is oder Begtj&ig), Stadt in 
Aithiopien am rechten Ufer des Nils, siidlich ron 
Pnups, Ptol. IV 7, 18. [Sethe.] 



295 



Beritini 



Bernstein 



296 



Beritiui, Bewohner eines pagus, der im Ge- 
biet der Seealpen bei Vintium (Vence) zu suchen 
ist, CIL XII 2 Deo Marti Ieusdrino fiag(ani) 
Beritini de suo sibi posuerunt (dassu die An- 
merkung von 0. Hirschfeld). [Ihm.] 

Berito s. Berytos. 

Berkadion (Bsoxd&wv), Castell in Dacia ine- 
diterranea, Bezirk Naissos, Procop. de aedif. IV 4 
p. 283, 41. [Tomaschek.] 



Halsband, rait dem ein phoinikischer Handelsmann 
die Amme des Eumaios besticht, aus Gold und 
Elektron ; ein iihnliches wird XVIII 295 erwahnt, 
auch hymn, in Apoll. 103. Buttmann Lexilogus 
II 337 (wo eingehend iiber die Bedeutung von 
ijXeHTQov gehandelt ist). Mfiller Homer. Mine- 
ralogie 26. Ukert Ztschr. f. Altertumsw. 1838 
nr. 52ff. Mtillenhoff Altertumskunde I 212 u. 
a. nehmen an alien den ansefuhrten Stellen die 



Berketesion (Bsonsrrjowv Ptol. Ill 13, 19) 10 Bedeutung B. an; doch ist dies keineswegs fur 

alle sicher. Beim Halsschmuck ist, sowohl wegen 
des dabei gebrauchten Plurals 1[Uxxqoioiv , der 
beim Metall auffallend ware, wahrend er bei dem 
nur in Stiieken sich findcnden B. sehr erklarlich 
ist, als wegen der an der einen Stelle berichteten 
Beziehung auf phoinikischen Handel, und endlich, 
weil Gold und Mattgold keinen solchen Gegen- 
satz Widen, wie Gold und B., sicherlich an B. 
als Bestandteil des Schmuckes zu denken (vgl. 



s. Kerketesion. 

Berniion (Bsqpiov 6'pog), Berg in Makedonien, 
an dessen Puss die Stadt Beroia (s. d. Nr. 1) und 
die Garten des Midas lagen, Herod. VIII 138. Strab. 
VII 330 frg. 25f. XIV 680. Ptol. Ill 12, 16. Nach 
Diod. XXXI 8, 8 Dind. , der ihn Bdgvov nennt, 
bildete er in rOmischer Zeit die Grenze der Kan- 
tone yon Pella und Pelagonia, wonach er mit dem 
von Liv. XLV 29, 8f. erwahnten Bora identisch 



zuseinscheint; jetzt A6£a. Vgl. Baehr zu Herod. 20 Helbig D. Homer Epos2 269), zumal anch die 



a. a. O. Dimitsas Acoyo. z. Mazed. I 80f. 

[Oberhummer.] 

Bernaba (B^Qvafia.) oder besser Bernaca, un- 
bekannte Stadt der Edetaner in Hispania Tarra- 
conensis (Ptol. II 6, 62). [Hubner.] 

Bernasda, Ort Babyloniens, Geogr. Rav. II 5. 
An den Namen klingt das im babylonischen Tal- 
mud 'Erubin 21 a genannte Barnis an, dessen 
Lesung aber nicht vollig sicher ist. [Fraenkel.] 



Funde zahlreiche Analogien bieten (s. u.); da- 
gegen bleibt es IV 72 zweifelhaft, da unter Um- 
standen ebensogut wie Email auch kleinere B.- 
Stiickchen , an'dererseits aber auch Goldsilber .so 
gut wie die unlegierten Edelmetalle zur Wand- 
incrustation verwandt werden konnte (vgl. Hel- 
big a. a. O. 106f. und Osservaz. sopra il com- 
mercio dell 1 ambra [Accad. dei Lincei 1876/77] 
10). Ebenso bleibt ungewiss, welches Material 



Berueikianos , agyptischer Bhetor aus der 30 bei Hes. scut. Here. l4lf. (Schild verzicrt mit 



1. Halfte des 2. Jhdts. n. Chr. Agyptische Urkun 
den aus den K. Museen zu. Berlin nr. 136, 5. 

[W. Schmid.] 
Bemike (Bernikis) s. Berenike Nr. 2. 5. 8. 
Bernitiae, Geogr. Rav. II 7 mit Orten der 
Westkiiste des arabischen Meerbusens genannt, 
vielleicht mit Berenike Nr. 6 oder 7 identisch. 

[Sethe.j 
Bernou {Bsqvov) s. Bermion 



rhavog Levxog, £)Jtpag, tjIekzoov, XQvaog und y.va- 
vog), sowie in der EiQeaiwrrj 10: avxtj <5' laxov 
vtpaivei L-i' r)).exzQq> fSefiavTa gcnieint ist ; doch 
wird man an letzterer Stelle, da B. weniger ge- 
eignet erscheint, wohl eher mit Helbig Homer. 
Epos 116 an metallisches Elektron zu denken 
haben, als mit Ukert a. a. 0. 427, 20 einen 
mit B. ausgelegten Fuss des Webstuhls anneh- 
men. Auch bei Soph. Ant. 1037, wo r aitb Zan- 



Bernstein, ijh.y.zgov, eleetrum, sucinum. Der 40 dew rjtexzgov neben dem 'IvSixog %qvoos als Wert 



B., der den Volkern des Orients, wie die Funde 
ausweisen, schon in sehr friihen Zeiten bekannt 
geworden ist, fiihrt bei den Griechen den Namen 
f)"/xy.zQov und kommt unter diesem bereits bei 
Homer, wenn auch nur in der Odyssee, vor. Aller- 
dings ist die Bedeutung, die das Wort bei Homer 
hat, nicht unbestritten ; so wollte Hiillmann 
Handelsgesch. 66 darunter einen Edelstein er- 
kennen, de-Lasteyrie Rev. archeol. XVI 1859, 



sache erscheint, ist wohl Metall gemeint, obschon 
Jacob Artikcl Elektron bei Daremberg-Saglio 
Diet. II 532 in alien diesen Stellen B. erkennen 
will. Uber den Namen Elektron und seine Be- 
deutung sind ausser den bereits angefiihrten Schrif- 
ten noch zu vergleichen BeckmannD. Bernstein- 
name Elektron, Berlin 1859 (aus der Ztschr. f. 
Gesch. u. Altertumskunde Ermelands) und Pier- 
son Elektron, Berlin 1869, sowie die Special- 



235 und Lagrange Recherches sur la peinture 50 schriften , die weiter unten noch angefiihrt sind. 
en email dans l'antiqu., Paris 1856, Glasfluss Bei den Romern kommt als Bezeichnung fur 

(Smalte). Fevs in der Revue de l'instruct. publ. " ' ' - - -- 

de Belg. 1863, 461 Glas. Doch hat keine dieser 
Annahmen Wahrscheinlichkeit fiir sich , und nur 
darum kann es sich handeln, ob bei Homer so- 
wie in einigen spateren Erwahnungen ties tp.ty.zgov 
B. oder die den gleichen Namen fiihrende Gold- 
legierung (Silber mit Gold, vgl. den Art. Elek- 
tron) gemeint sei. Nun hat zwar Lepsius in 



B. eleetrum vornehmlich bei den Schriftstellern 
vor Plinius vor, doch ist der eigentliche Name 
im Latein sucinum. Waldmann Der Bern- 
stein im Altertum (Progr. d. livland. Landesgvnm. 
f. 1882, Fellin 1883) 81 Anm. macht darauf'auf- 
merksam , dass Plinius eleetrum, ausschliesslich 
nur da gebraucht, wo er griechischen Quellen 
folgt, sucinum aber als nationales Wort demsel- 



den Abh. der Berl. Akad. 1871, 129 den Nach- 60 ben mit Geflissenheit entgegenstellt. Doch ist in 



weis zu fuhren gesucht, dass in der alteren Sprache 
das Metall in der Regel 6 ijlcxTgog , der B. da- 
gegen to ffi.sy.xoov genannt werde; doch kann dies 
fiir die Homerstellen nicht entscbeiden, da dort 
das Geschlecht der Worter nicht erkennbar ist. 
Od. IV 72 erscheint i}Xe-y,xQov mit Gold, Silber, 
Erz, Email (xvavo?), Elfenbein zusammen als 
Material fiir Wnndschmiick; XV 459 besteht ein 



unseren Quellen jene Bezeichnung iiberwiegend, 
und sucinum kommt ausser bei Plinius (nach die- 
sem Solin. c. 2 u. 3 und Isid. XVI 8, 6) nur noch 
bei Tac. Germ. 45 (nach diesem Cassiod. var. V 
2), Martial und Iuvenal vor (die Stellen s. u.). 
Im spateren Griechisch findet sich davon heriiber- 
genommen ooixwog, Artemid. II 5. Geop. XV 1, 
29. Suid. .?. v. Als deutschc Bezeichnung fiir B. 



297 



Bernstein 



Bernstein 



298 



iiberliefern uns Tac. a. a. 0. und Plin. XXXVII 
42 glaesum, das man etymologisch mit Glas zu- 
sammen bringt; vgl. hieriiber Mtillenhoff a. a. 
0. 482 und Ztschr. f. dtsch. Altert. N. F. XI 23. 
Diefenbach Origines Europeae (Frankf. 1861) 
356ff. Waldmann a. a. 0. 17, 36. 

Die Beschaffenheit des B. war im Altertum 
ebenso wie seine Herkunft vielfach nur ungenau 
bekannt (vgl. die Zusammenstellung aus der alte- 
ren Litteratur bei Plin. a. a. 0. 32 — 40). Doch 10 
deutet immerhin die bekannte Sage von der Ent- 
stehung des B. aus den Thranen der ihren Bruder 
Phacthon beweinenden und in Pappeln yerwandel- 
ten Heliaden (vgl. z. B. Eur. Hippol. 732. Apoll. 
Ehod. IV 602. Strab. V 215. Paus. I 4, 1. Ov. 
met. II 363 u. a. m. ; vgl. Dilthey De electro 
et Eridano, Darmst. 1824) auf die richtige Er- 
kenntnis hin, dass der Stoff ein Baumharz sei 
(vgl. Dahn Bausteine I 23), welche Ansicht denn 
von den Naturforschern auch mehrfach direct aus- 20 
gesprocheu worden ist, so von Aristot. meteor. IV 
10 p. 388b 18. Plin. a. a. 0. 42 (dagegen nennt 
Theophr. de lapid. 29 den B. /«?os) ; nur glaubte 
man, dass diese Harzbildung noch bestiindig fort- 
dauere, und war iiber die B. erzeugenden Baume 
durchaus im unklaren (vgl. Waldmann 12, 18). 
Ebenso waren iiber den Eridanos. den Fluss, an 
dessen Ufer die Sage die Verwandlung der He- 
liaden verlegte und den die spatere Mythendeutung 
als den Provenienzort des B. betrachtete , sehr 30 
verschiedene Ansichten verbreitet ; Aischylos lden- 
tificierte ihn nach Plin. § 32 mit der Rhone, die 
er jedoch in Spanien suchte; den meisten gait er 
fiir den Po, den Euripides und Apollonios nach 
Plin. ebd. zusammen mit der Rhone ins adriatische 
Meer fliessen liessen, wahrend Herod. Ill 115 die 
auch sonst verbreitete Ansicht mitteilt und be- 
kiimpft, dass der Eridanos in ein nOrdlich be- 
legenes Meer fliesse. Waldmann 11 weist dar- 
auf hin. dass alien drei Deutungen etwas Wahres 40 
zu Grunde liege, insofern die Alten den B. von 
den Ufern der Rhone durch die Massilier und Li- 
gurer, von denen des Po durch die Etrusker und 
Veneter erhielten, wahrend in der dritten Ansicht 
eine richtigere Vorstellung von dem fernen B.- 
Lande im Norden durchschimmere. Moderne For- 
scher haben denn auch den Eridanos als einen 
wirklich im Norden zu suchenden Fluss betrachtet; 
man hat an Elbe, Weichsel, Diina u. a. m. (auch 
aus etymologischer Spielerei an die Radaune bei 50 
Danzig) gedacht, vgl. Werlauff Beitr. z. Gesch. 
d. nord. B.-Handels (im Neuen staatsburgerl. Ma- 
gaz. f. Schlesw.-Holst. 1840) 745ff. (nach Wald- 
mann Anm. 15). Olshausen Verb. d. Berl. 
anthrop. Gesellsch. f. 1890 CZeitschr. f. Ethnol. 
Bd. XXII) 270 spricht sich fiir die Elbe aus. 

Was die Herkunft des von den Alten ver- 
arbeiteten B. anlangt (hieriiber ausfiihrlich Wald- 
mann 22ff.), so ist zwar die friiher ganz allge- 
mein verbreitete Ansicht, dass die Phoinikier den 60 
B. direct vom Samlande. von der preussischen Ost- 
seekiiste, wo heut die ergiebigste B.-Fischerei und 
-Baggerei besteht, geholt hatten (vgl. Heeren 
Ideen I 70), in neuerer Zeit mehr und mehr in 
Zweifel gezogen mid namentlich von Mtillen- 
hoff a. a. 0. I 213ff. 482 (vgl. Vorw. Ill) be- 
stritten worden ; letzterer meint vielmehr. dass der 
.samlahdiselie B. erst seii Jer Mitte des 1. Jhdts. 



n. Chr. directer Handelsgegenstand geworden sei, 
wahrend die friihere Fundstatte und Handelscen- 
trum die Nordseekiiste gewesen sei; derselben An- 
sicht ist Lohmeyer Gesch. v. Ost- und West- 
preussen I 5. Dagegen tritt Waldmann unter 
sorgfaltiger Beurteihmg der alten Nachrichten, 
der B.- und Mtozfunde dafiir ein, dass der B. der 
Alten in der That der von der Ostsee stammende 
gewesen sei. Die Nachrichten des Reisenden Py- 
theas von Massilia, der zuerst in seinen Berichten 
vom B.-Lande, und zwar als einer Insel im hohen 
Norden, sprach, sind bei Diod. V 23 nach Aus- 
ziigen bei Timaios, ferner bei Plin. IV 94. XXXVII 
35 erhalten; die moderne Forschung hat dieselben 
bald auf Ostpreussen, bald auf die cimbrische 
Halbinsel bezogen, doch ohne sichere Resultate, 
da ebensowohl die Etymologie der tiberlieferten 
Ortsnamen grosstenteils ganz in der Luft schwebt, 
als die geographischen Angaben, namentlich be- 
treffs der Entfernungen jener Insel vom Festland, 
iiber ihre Grosse u. s. w. durchaus schwanken. 
Immerhin stimmen die meisten darin uberein, dass 
Pytheas nicht iiber das Nordseegebiet hinausge- 
kommen und dass seine B.-Insel die cimbrische 
Halbinsel nebst den dazu gehorigen Inseln ge- 
wesen , dass aber der B. auch dorthin von der 
Ostseekiiste gekommeu sei; vgl. Mullenhoff 
473. Waldmann 30f. und (von diesem citiert) 
Pierson a. a. 0. Redslob Thule, die phoenic. 
Handelswege nach dem Norden (Leipz. 1855) 26. 
Abweichend Olshausen Verhandl. der Berl. an- 
thropol. Gesellsch. 1891 (Ztschr. f. Ethnol. Bd. 
XXIII) 299, der der Ansicht ist, dass die Alten 
wirklich cimbrischen, nicht samlandischen B. ein- 
bandelten, und fiir diesen Handel den Seeweg be- 
streitet, vielmehr annimmt, dass der B. auf dem 
Landwege, teils auf der Rhein-Rbonestrasse, teils 
die Elbe entlang gefuhrt wurde. Dagegen sucht 
Kothe Neue Jahrb. f. Philol. CXLI (1890)_ 184 
fiir den samlandischen B. zwei Wege nachzuweisen : 
einen quer durch Europa zum Po, einen iiber Born- 
holm und Falster nach Holstein und von da durch 
Gallien nach Massilia. Dass, namentlich in der 
alteren Zeit. fiir den B. auch der Seeweg in Be- 
tracht kam. ist, obschon unbeweisbar, doch sehr 
wahrscheinlich, wenn auch eben in der Art, dass 
er von der Ostseekiiste nach dem Westen zur See 
gelangte ; dagegen ist die Hypothese , dass die 
Phoinikier. denen wir bei Homer als Handlern 
mit B.-Waren begegnen. selbst auf ihren Seereisen 
bis zur Ostsee vorgedrungen seien , sicher abzu- 
weisen. 

Die Frage, auf welchen Landwegen der bal- 
tische B. dem Siiden zugefahrt wurde , ist flber- 
haupt schwer und nicht mit Sicherheit zu beant- 
worten. Aus altgriechischen Funden im Norden 
(besonders dem Funde von Schubin bei Bromberg, 
s. v. Levezow Abh. Akad. Berl. 1833, 181) hat 
man schliessen wollen, dass schon im 5. Jhdt. 
v. Chr. eine Handelsverbindung, die vornehmlich 
auch B. betraf, zwischen der Ostsee und dem 
schwarzen Meere bestand; diese, neuerdings na- 
mentlich von S a d o w s k i Handelsstrassen der 
Griechen 72 (vgl. 179); Congre's internat. pre- 
histor. de Budapest I 413, dem sich Wald- 
mann 31ff. anschliesst, naher begriindete Hypo- 
these hatte schon bei Humboldt Kosmos II 411 
u. a, Billigung gefunden, vgl. Wilberg Einfluss 



-Dbrnsiem 



Bernstein 



300 



fiiltige Kritik aller einschla5gf „ nordis hen Fund e veXt^ f ock ^ lm ft 873 ) ™ ^ die Ansicht 
zu dem Resultat, dass zwar die phSrX Mfe lkrW p '-k " die zab r « cben B,Funde der ita- 
lichkeit eines p^riisch-baltiscLn Weg s zu diref h™ L^w' 'T^ ^ ? 0l °^ a ' ans so1 " 
tem Handel zuzugeben , die thatslhliche Re ^t (M ^ r Emilla ' in L ^anien, auf Si- 

nutzung dieses wfges aber gesch Imth unb ' 5 TrilZ k ™™ nA ™) ?■ bestanden; ferner hat 
wei8barsei( T gLPnrtw4n»leV^dSLTrf^nL ^ ^ nde -I ln der Arch ~ Zeit ^ 1871,49 
tersfelde, Berk 1883, 49); lohl «,bt erlhZe dt M £^ ^"J*? , aUS ahnliobem > durch dunkel- 
Thatsache eines lebhaften ^tlcWen Trie hLch 1 ?? S ? h ke ™ zeichncnden B. aufmerk- 

baltischen Verkehrs seit .dem 4 S f Ch bis W ttl? Gnardabassi im Bull, d. 
ms 2. Jhdt. n. Chr. durch die Pnnde ffesichert IJLo' I ' J**^ 11 tat He] big Comm. d. 
fur diesen Verkehr nimmt Genthe die Strassen' Z^Z 7 \ ^ "** *«** dagegen ausge- 
richtung von Makedonien durch Serbien UnTarn' «™ R £' " *! Be f haff f heit der in Eede rteheVi- 
Schlesien, Posen und Westpreussen an (8 W\ S f durchaus dem 0sts ee-B. entspricht, 

Ebenfalls sicher ist, teils dure h ^et uskische Funde 7eft ^ if' ^ d ' 6 ^ tteratnr der klassischen 
an der O.tseekiiste , teils to B GeSand^fe ?! allg t eme,ne ? ,T° n d ° m in Italien gefundenen 
^^chen Grabern, die Ve^ speaell anch Herodot den B. ganz 

Ostsee und Adria. Wenn die Autoren ™ der ~h» + ? ™ "l 3 * dor fernsten Oceanakflate 
Kaiserzeit hiervon nichts wissen so will Wafd watt O sX ^J * 1 ™ 8 * die 5 n ^™ B. er- 
mann 34 den Widersprueh zwischen d™ Fund !! ', Schneider Mturwissenschaftl. Beitr. 
thateachen nnd der UberlieferZ der Alten da" wekt TK' I C " tui P s . cb - ^ Dresden 1883 ) 179 
durch erklfiren, dass die Etrusker fwk "act I seined IXL,T' f* ^ f ° Ssilen Harze < die in "^en 
Ansicht auch die pontischen GrieXn\ L Z gel f d ? n w « rdcn > kein eigentlicher B. sind, wah- 
schliesslichen Besitz" der Kunde Z etnTlichen ten B P™ ^f ^ a " B - SaMe untersucb - 
B.-Lande gewesen waren und nu™ dfe Waren W^i^M !" ob u er itali«chen Graber aller 
nicht aber diese Kenntnis verbreitet ha ten w^h bVh r f^^ ^ 0stsee - B - sind - Zu ^n- 
rend die griechischen SchrifteteTler £tt W !w k t* ^ H* dif ( ™ Helm ausgefuhrte) 
B.-Land schrieben, sich an «£!£«! £"■ ^fT 11 ^ VOn B-^ndei. ans My- 
Erst bei Plinius und Tacitus fe£ ^ deXnh *Tl i? eflI , hrt ' dl f ebenf a"« alle Eigenschaften 
die Knnde vom ostpreussischen B Plln SvTT d *T ^n ?" ( r rU " ter allerd ^g« nicht nur 

45: 7)0W^. /ere a CtaSfti,^ V ?" ^ 0stseekiiste . ^ondern ttSerhanpt der 

/«V«, id £rLm a e"^ZTZ"oZ Z t.^f " d ? der 0ste ^ P rovinzen bis 
turn est nuper, womit d!r saS sche B de " »,^ ?° lland * U L vorkom »' en de verstanden wird) 
lich bezeichnet ist (obgleich shausen 7U<£ auf ^ eisen i *' Schhemann Tiryns 425. ' 

f. Ethnol. XXII 287 annmimt Plini us Lbe Ji," h f. t fraghch ist die Be ^harFenheit des sagen- 
Nord.eekuste .ge.eint) undS^GeC 5 te^o T^YTTvtte ^ • t* f"^ W " 
«m» dextro Suebiei maris Htore Aestiorum Jn An P <f™£L!i • beschneben : darnach wird 

tes alhmntur .... se d et mare ferutZiTr Z Ztli fi ^^S^chmtt^, ist hart wie Stein, 
soli omnium sucinu,,* , quod ivsialTZm 1 *?X\ ^ ^ n ™ hungsk ™ ft wie der B - ist d « c K- 
cant. inter vada atque inTsoVarelZ wo" der £ T^' T" fi ? de CS in der Erde > in 
man unter den Aestiern die (nkhtTerrnfwhp^ [ Luchs au.s dessen Urin es entsteht, diesen 

Altpreussen versteht, s . JBaumstaTiCSr } nf^"' A f%l S ? dl %' die von diest ' m Stoffi > 
Erlauterg. der Gennania des Tac (Leipz 1S8C i d« nth T > ^^ - IV 200 {h ' r ^' a nnter 
274. Diefenbach a. a. 0. 357 CW die 3 fbri l ach T Britannlcn m.portierten Sachen). 202 
wege, auf denen der B. nach den. Suden k a ,n ( 4 gyWn Mewd ^ ™ *» hytfowy , 8 
handeln besonders Sadowski a To MuHen' PlT„ ? fevTVIT^^T']: AeL "• W1 - IV 17 " 
hoff Altertumsk. I 211. 462 Genthe Etrmk" W R m f! ? 52£ i 7 nach die Autoren e « vom 
Tauschhandel n. d. Norden ^Frankf a J] \*W P'n ^ n « s «™eden; doch wurde es. wie Strab. a. 
65 und in der Monatsschr. f. rhein wes'tnhal r^ t ?n ? V aU . Ch ? ■* ^. eSem identi fi«ert, ebenso 
schichtrforschg. H 1. M u 1 1 er - D e e c k e S EtS" I , De ^ strato T s J be ?. ,™ n - § 34 , ferner Hesych. 
kerI265. Waldmann 37ff der vomehml?cb 1CSer Ide J ntlfi « e ^g - wonach i.v?Li- 

die Eheinstrasse, die adriatLch'-ba Itisch ?ti die hXr, 11 ^, f W ""^ B T ch ™Z ^ B. ware, 
(bezweifelte, s. o.) adriatisch-ponfec-he behandelt W ™ v Uere ^ n f 1 stlm,nt ' »■ die Abhand- 
Die Ansichten von Kothe und OlshauteTrind SliT- ^ a P. 10ne S^ ]?. ncuri o. die mir unzu- 
oben angefuhrt ; letzterer stfitzt ieh dabei tor f of f 1St ( T a !l b H ^ 1Mg C ° mmeTe - d " ambra 
nehmlich auf die Hypothese dass die if r r C,' & ?k ftr " er G , enth e Etrnsk - Tauschhandel 105. 
S ichfindendengoldene,r5ral"n^ Etrusker I 267. Freilich ist 

der Weg des B.-Handels , den er bis zur rfimi ^LIF i ,° 1 168 kommt er an " 

schen Kaiserzeit von der \ordsee herkZ^Jn la«r T I £\ ^° f unter anderen Edelsteinen 

bestimmt werden musse "erkommen lasst, vor) benehtet wird, so fabelhaft und auf Aber- 

Eine sehr bestrittene Frage ist inwieweit die fwL'LfT^ ' w'l^ elb ^ avf ^ ese Notizen 

Alten fossilen B. gekannt und verarbeltel ^^haben tiiTi "^ ^ ert legen wiU und ^ M °g" 

Theophr. lapid. 29 spricht v"„ dem in Lieurien ^ chkel \ daraus die Ve rwendul]g fossiIen italische e n 

gegrabenen ^ xxoov ) wag Pli ° n n f^ $.**■ ebd rl , g6n * aWehnt AUein die von den oben 

rim. gddcitiert, ebd. Genannten angenommene Entstellung des Namens 



301 



Bernstein 



Bernstein 



302 



aus hyovQiov = hyvoTixov hat doch viel fiir sich, Vasen aus dem Ende des 5. und Anfang des 4 

vgl. M. Schmidt Ztschr. f. vergl. Sprachforschg. Jhdts. bertjhren. Anders westlich vom Appennin" 

XV (1860) 400. Waldmann 18, 39, und die In den Grabern, die in der Kultur den Funden 

Veraratung von Genthe a. a. O., dass der B. von Villanova entsprechen (z. B. vom Esquilin, 

von italischen Handlem unter dem Namen Ityoi- von Alba Longa), ist B. fast gar nicht vertreten •' 

qicv daxtiv, Ligurerharz, nach Griechenland ge- dagegen sind reich daran die jiingeren Graber- 

bracht wden sei, wohin es durch den Land- funde , die phoinikischen Import aufweisen, wie 

handel uber Galhen kam, ist urn so beachtens- in Corneto, Veii (Grab Eegulini-Galassi) u. s w • 

werter, als Liguxien auch sonst von Schriftstellern namentlich sind Schmucksachen, Fibeln, Schwert- 
als Heimat des B. angegeben wird (Theophr. a. lOund Messergritfe vielfach damit verziert. In den- 

a. 0. 29. Plin. a. a. 0. 23f.). Mindere Wahrschein- jenigen Grabern dagegen, die griechische Yasen 

lichkeit hat die Ansicht von Schneider Natur- mit schwarzen oder roten Figuren aufweisen, fehlt 

wissensch. Beitr. 183, der, vom sicilischen B. han- -westlich vom Appennin der B. beinahe ganz'. Mit 

delnd, diesen fiir das Lyncurium erkliiren, den dem griechischen Einfluss verschwindet also im 

Eridanos im sicilischen Flusse Symaithos und in eigcntlichen Etrurien, in Latium und Campanien 

der Bezeichnung sacal, wie nach Plin. § 36 der der B.-Import. Es stimmt mit diesen Beobach- 

B. m Agypten hiess, die Beziehung auf Sicilien tungen, dass die rOmischen Autoren jener Zeit, 

erkeimen will zumal die Komiker, den B. gar nicht erwahnen.' 

V\ as den Gebrauch des B. anlangt , so hat Erst in der letzten Zeit der Eepublik beginnt er 
Helbig a. a. 0. lOff. aus den Graberfunden den 20 wieder als Material fiir Schmucksachen. Gerate 

interessanten Nachweis gefuhrt, dass in der Wert- u, dgl. beliebt zu werden, und in der Kaiserzeit 

schiitzung dieses Materials bei den Alten gewisse muss er, worauf besonders die Schriftsteller hin- 

im Lauf der Jahrhunderte eingetretene Wand- deuten, ganz besonders geschatzt gewesen sein 

lungen zu unterscheiden sind. Sehr geschatzt war (s. die ausftihrlichen Belege hieriur bei Helbig 

er unzweifelhaft im homerisehen Zeitalter, was Comm. d. ambral2ff.; vgl. Martha L'art dtrus- 

sowohl aus den Erwahnungen bei Homer hervor- que 81. 85. 558). Auch dies darf als Beweis fur 

geht, als aus den Funden von Mykenai, unter das Jahrhunderte hindurch andauernde Stocken 

denen der B. sehr zahlreich vertreten ist (in Troia im B.-Verbrauch Italiens gelten, dass allem An- 

und Tiryns fehlt er), sowie vom Kuppelgrab von schein nach Herkunft und Handelswege in dieser 
Menidhi (Kuppelgr. 22. 37). Dagegen fehlen alle 30 Zeit in Vergessenheit gerieten, so dass Plin. § 45 

Anzeichen, dass er von der Zeit ab, wo griechische sagen konnte, dieselben seien erst neuerdings naher 

Kunst und Kunstgewerbe sich zu entwickeln an- bekannt geworden, vornehmlich durch einen rCmi- 

flngen, bis auf die rOmische Epoche in Griechen- schen Ritter aus der Zeit Neros, der damals die 

land irgendwie umfangreiche Verwendung gefun- B.-Kiiste und die Handler dort aufsuchte; und 

den habe. Die Naturforscher und Philosophen weiter stimmt dazu der Umstand, dass auf den 

(schon Thales nach Diog. Laert. I 24) sprechen Handelsstrassen nach dem Samland sich Munzen 

zwar von dem Material, dessen merkwiirdige Eigen- aus der republicanisehcn Zeit so gut wie gar 

schaften, zumal die Anziehungskraft, sie interes- nicht, solche aus der ersten Kaiserzeit sehr selten 

sierten (vgl. Plat. Tim. 80 C. Aristot. Theophr. dagegen seit dem Ende des 1. Jhdts. n. Chr. in 
aa. 00. u. h. pi. IX 18. 2), und die Dichter nennen 40 immer zunebmender Mcnge finden, s. Waldmann 

ihn gclegentlicb der Phaethon- und Heliadensage 55; vgl. Sadowski Handelsstrassen 186, der die 

(s. o.); dass man ihn kannte, zeigen auch die Zeit Vespasians als die des lebhafter werdenden B.- 

Vergleiche, zu denen seine Farbe und Aussehen Handels betrachtet. v. Bitter Mitt. d. k. k. Cen- 

beniitzt wird, s. Hippocr. morb. vulg. Ill 535 K. tralcommission 1889, 106. Dazu Plin. § 41: 

Xenoph. anab. 113, 15 (so auch Athen. XIV in e.a re quae cotidie imehaiur atque abundet vgl. 

651 B). Anst. an. gener. II 2, 736a 5; und fur mit Tac. a. a. 0.: dm quin etiam inter cetera 

gelegentliche Verwendung zur Zierrat spricht auch eiectamenta maris iaeebat, donee luxuria nostra 

Anst. Equ. 531 (fiber diese Stelle, die Helbig dedit nomen. 

anders auffasst, s. Bliimner Technologie II 384. Was die Arten des B. betrifft, so war nach 
2). Dass aber im allgemcinen der B. im Kunst- 50 Plin. § 47 zu seiner Zeit der weisse und wachs- 

gewerbe und Schmuck damals keine Bolle spielte, farbene (ccrinum] ohne Wert und wurde nur zum 

das geht ebensowohl aus dem Fehlen von Erwah- Riiuchern beniitzt. Fiir Schmucksachen bediente 

nungen derart in der Litteratur jener Zeit , als man sich vornehmlich des rotlichen {fulrmm) und 

aus den Graberfunden hervor, in denen B. durch- schatzte bei diesem wieder ganz besonders die 

aus mangelt. Helbig fiihrt dies darauf znriick, durchsichtige Gattung (wahrend heut der wolkigc, 

dass der B. sich fur kilnstlerische Behandlung undurchsichtige der teuerste ist) ; die beste Sorte 

nicht gut eignet, wegen seiner glanzenden Ober- hiess Falerner , wegen der Ahnlichkeit mit der 

fiache und Durchsichtigkeit. Ahnlich steht es Farbe dieses Weines. Zu kiinstlicher Farbung 

mit der Verwendung des B. in Italien. In den diente Abkochen in Honig (s. Blumner a. a. 
PfahldOrfern der Poebene ist B. bekannt, scheint 60 386, 1), ferner Bockstalg, farbende Ochsenzunge 

aber noch selten gewesen zu sein (vgl. Helbig (Anchusa), Meerpurpur (Plin. § 48); heute ist 

Italiker in d. Po-Ebene 21); spaterhin bildet der Kochen in siedendem 01 iiblich (Runge Bernsteiu 

Appennin eine gewisse Grenzscheidc, indem Ostlich in Ostpreussen 67). Auch liebte man es, durch 

davon der B. sich zunachst in denjenigen Schich- solche Farbemittel dem B. das Aussehen von Edel- 

ten findet, in denen die sog. geometrische Deco- stein, besonders des Amethysts, zu verleihen (Plin 

ration beliebt ist (Bologna bes. Villanova), dann § 51). 

aber auch in denen der folgenden Epoche (Cer- Verarbeitet wurde der B. vornehmlich zu 

tosa, Marzabotto), so dass sich hier B.-Funde mit Schmucksachen und kleineren Geraten. Seine Ver- 



303 



Bernstein 



wendung fur Frauenschmucfc hebt Ovid, met II 
366 hervor; vgl. Verg. Cir. 434 (neben Korallen). 
Plm. § 30: in delieiis, feminarum tamen ad- 
hue tantum. So waren besonders die Halsketten 
aus B.-Perlen, wie die bei Homer (vgl. Etym. M. 
p. 425, 15) erwahnten, nach Plin. § 44 bei den 
Transpadanorum agrestibus feminis monilium 
vice beliebt, und zwar maxime decoris gratia, 
sed et medieinae, ereditur quippe tansillis resi- 



Beroia 



304 



as V=. fL sS ss&b- » SS?3 =^5^^ 



noren grcisstenteils die in Graber gefundenen B - 
Perlen an, so von Mykenai, Schliemann My- 
kenae 235. 283. 353. Ferner fertigte man dar- 
aus Binge (Theophr. lap. 28. Artemid. On. II 
5; vgl. Bull. d. Inst. 1861, 66. v. Bitter a. a. 
0. 154), Besatz oder Verzierung von Spangen 
Fibeln, Brustschilden u. dgl. (Heliod. Aeth III 3* 
Genthe Etrusk. Tauschh. 37. 48. 139 u. s.), an 
Griffen von Schwertern oder Messern (Plin. 6 45. 



zusammenstellungen bieten Baumstark Ausfiihrl. 
Erlauterg. d. Germania d. Tacitus 267ff. Wald- 
mann a. a. 0. 5f.; Zusammenstellung von Fun- 
den ebd. 85. A. Jacob in Daremberg-Saglio 
Dictionn. des antiqu. II 534, 56. rBliimner 1 

Beroe. 1) S. Beroia. 
_ 2) Tochter der Aphrodite von Adonis. Sie vvird 
jedenfalls nicht vor hellenistischer Zeit Eponyme der 
phoinikischen Stadt Berytos (Brigvros, s. d.), die 



Kti^ 5 s-s°f^EK»== ff •tsrsa.'afsA 



Bull d. Inst. 1875, 219), Anhangsel, die zugleich 
als Amulette dienten, vgl. Plin. § 51 (solche z 
B. Bull. d. Inst. 1842, 37 und vgl. Jahn Ber 
d. Sachs. Gesellsch. 1855, 44), kleinere Gefasse 
(oxevri fjlsxxotva, Dio Chrys. or. XIV p 434 R ) 
und Gerate (Iuv. 5, 37, wohl auch 14, 307 Apul 
met. II 19. Dig. XXXIV 2, 32, 5 kann auch an 
das metallische electrum gedacht werden, wie 
auch Hist. Aug. trig. tyr. 13; ungewiss beziig- 



Auf Miinzert dieser Stadt aus der Zeit des Elagabal 
und des Macrinus ist dargestellt, wie Poseidon sie 
beim Wasserholen ereilt, ganz wie auf altern Dar- 
stellungen die Amymone (Overbeck Gr. Kunst- 
mythologie III 340 Taf. VI 30. Mionnet V 347 
80). Nach Nonnos Dionys. XLI 153 fiihrt sie auch 
den Beinamen Amymone; also hatten die Berytier 
sich diese Sage anzueignen versacht, und Nonnos 
niaeht ihnen durch Erwahnung des Namens eine 



lich der Verwendun/Mart TV 19 VTi^ w ^' qa Sat m Munz ^P us ™ d der freien Dichtung 
zum mS^r^vS^SnXrh 1 ^ I^ 30 ^„ Non , n0 -r e ™ ittel »' i^-verwerfen, ebens! 



zum Herrichten der Pilze (Plin. XXII 99), Spinn- 
wirtel (ebd. XXXVII 37 : in Syria), Kugeln, die die 
Eomermnen zur Abkuhlung oder des Wohlgeruchs 
wegen in den Handen trugen (Mart. Ill 65 5 
V 37, 11. XI 8, 6. Iuv. 6, 573. 9, 50). Bildliche 
Darstellungen finden sich natflrlicherweise nur in 
kleineren Stiicken, vgl. Plin. § 49: taxatio in de- 
acts tanta ut ho minis quamvis parva effigies 
mvorum hominum vigentiumque pretia exsu 



B. XLI— XLIII die Liebesgeschichte anders in 
fteicr Nachbildung der Thetissage. Poseidon und 
Dtonysos hatten nach ihm urn die Liebe der Jung- 
frau gekampft, schliesslich habe Dionysos auf Be- 
fehl des Zeus, den die Bitten der Psamathe be- 
wegtcn, von weiterem Kampfe abgestanden, und 
Poseidon B. in feierlicher Hochzeit heimgefuhrt 
Der Versuch Eckhels Doct. num. Ill 358, zwi- 
schen dem Miinztypus und der freien Dichtung 



Wieselers Ausfiihrungen Gott. gel. Anz. 1874, 
326,. Vorsichtiger E. K (Shier Tiber die Diony- 
siaka des Nonnos 83, 1 und Overbeck a. a. O. 
(Rigler De Beroe Nonnica, Potsdam I860, ist mir 
nicht zuganglich). Echter Sagengehalt ist in bei- 
den Formen des Mythos nicht vorhanden. 

3) Nach Ovid. met. Ill 278. Hygin. fab. 167 
u. 179 hiess die Amme der Semele B., in deren 
Gestalt Hera Semele zu der verhangaisvollen Bitte 



veret- eine bernstp „p™ ' *7 y l . ^ ~ nera semele zu der verhangaisvollen Bitte 



Olympia erwahnt Paus. V 12, 7 (vgl. dazu Schu- 

bart Rh. Mus. XV 103); erhaltene fl^Urliche 

Darstellungen s. Bull. d. Inst. 1842 37 1876 97 

Ann. d. Inst. VI 1834, 271. Panofka Mus<5e 

Pourtalfe p. 220. v. Eitter a. a. O. 155. 244, 

aus Aquileia, u. a. m. Abgesehen von dieser Ver- 

wendung fur Schmuck und Gerate bediente man 

sich des B. zum Riiuchern, vgl. Plin § 47 wo- 

her wohl auch der Name der einen Sorte bei Plin. ,u verorennen. jjie ^amenget 

metallene Nadeln aufgercihten B.-Perlen in Grii- 
bern (s. die Abb. ebd. 250) dazu gedient hatten, 
vom Stab abgestreift in die Flamme des Opfers 
oder des Scheiterhaufens geworfen zu werden weni°- 
Wahrscheinlichkeit. Auch in der Medicin fand 
der B. haufig An wendung, vgl. Plin. 8 44 50f 
Diosc. I 110 (113). II 100. Galen. XIII 86 K 
Onbas. V 131. 872 Daremb. Mich. Psell. t. X&. 
Svvau. XIV 36. 



_ Uber den B. im Orient vgl. J. Op pert L'ambre 
jaune chez les Assyriens, Recueil d. trav. rdlat. 
a la philol. et a larchtol. ^gvpt, II (1880) 33ff. 
K. G. Jacob B. im Orient, ZD1IG XLIII (1889) 
6hi. Aur dem Namen nach ist mir bekannt 
geworden (ausser einigen der oben angefiihrten 
bchnften) Henry Martin Du succin, desesnoms 
divers et de ses varieWs, Paris 1860. Litteratur- 



die Amme namenlos. R. Kohler a. a. O. 16f. 

4) _Bei Vergil. Georg. IV 341 erscheint eine 
Oeeanitis Beroe und ihre Schwester Clio. Hy^in. 
Geneal. 20 nennt B. und Cleio unter den TOchtern 
des Nereus und der Doris. 

5) Vergil. Aen. V 618 nennt B. die Gattin des 
Doryclus, eines Gefahrten des Aeneas, in deren 
Gestalt Iris die Troerinnen beredet, die Schiffe 
zu verbrennen. Die Namengebung ist freie Er- 

3 beeinflusst. 
[Dunimler.] 
«) Gemahlin des Illyriers Glaukias, des Konigs 
des Taulantier. die den Knaben Pyrrhos bei sich 
aufzog (lust. XVII 3, 19; vgl. audi Plut. Pvrrh. 
3 )- [Kaers't.] 

Beroia (altere Form Beooia, spiiter Bsoooia. 

daneben Bsqoiij und Bego>). Ethn. BeoofOevYxmd 

BsgofiJaTo;, s. Pol. XXVII 8, 5. XXVIII 1 \rrian 

an. Ill 6, 4; Ind. 18, 6. Steph. Bvz. Ditten- 

60berger Syll. 451. CIA III '2395, bei Kantakuz. 



I 274f. u. o. BegooiwTat). 

1) Stadt in der makedonischen Landschaft 
Emathia, Ptol. Ill 12, 36 (13, 39), am Fuss des 
Bermios, Strab. VII 330 frg. 28. Kamen. 6, als 
deren Stifter Pheron (mak. Beronl oder Beroia, 
Tochter des Beros, gait, Steph. Bvz. s. v. und s 
MUZa (FHG IV 509f.) Ihre frflheste Erwahnung 
gelegentlich der militiirischen Unternehmun^en 



305 



Beroia 



Beroia 



306 



Athens im J. 432 v. Chr. bei Thuk. I 61, 4 ist 
zweifelhaft, s. Classen z. St. und Grote Griech. 
Gesch. Ill 368f., wogegen Duncker Gesch. d. Alt. 
IX 355 die Uberlieferung verteidigt. Sicher er- 
scheint sie in einer Inschrift vom Ende des 4. Jhdts. 
(CIA IV 2, 2961). Hier verlor im J. 288 (287) 
v. Chr. Demetrios semen Thron an Pyrrhos, Plut. 
Pyrrh. 11; Dem. 44. Droysen Hell. II 2, 296ff. 
Nies e Gesch. hell. Staat. 1 375. Nach der Schlacht 
bei Pydna (168 v. Chr.) war B. die erste Stadt, 
welche sich den Bomern ergab (Liv. XLIV 45, 
2. 5) und gehOrte der neuern Einteilung zufolge 
zur 3. regio, Liv. XLV 29, 9. Diod. XXXI 8, 8. 
Einige Grab schrif ten aus spaterer Zeit zeugen filr 
das Eindringen rOmischen Einflusses, s. Leake 
N. Gr. Ill 292. Im Winter 49/48 hatte Pompeius 
dort das Hauptquartier seiner Infanterie , Plut. 
Pomp. 64. Zu Beginn der chrlstlichen Zeitrech- 
nung flnden wir in B. eine Judengemeinde , in 
welcher der Apostel Paulus mit Erfolg das Evange- 
lium predigte (54 oder 55 n. Chr.) , Act. apost. 
17, 10. 13. 20, 4. So wurde sie fruhzeitig Sitz 
eines Bistums, Lequien Oriens christ. II 70ff. 
Mansi Concil. VI 847. 951. Ihre Bedeutung als 
einer der volkreichsten Stadte Makedoniens in da- 
maliger Zeit beleuchten Stellen wie Skymn. 625 
und Lukian. Luc. 34 estr., wiihrend aus anderen 
Zeugnissen wenigstens ihr Fortbestehen erhellt, 
so Cic. Pis. 89. Plin. n. h. IV 33. VI 210. Itin. 
Ant. 328. Tab. Peut. VIII. Geogr. Rav. IV 9. 
V 12. Guido 109. Jord. 56 (Bereu). Uber Mttnzen 
von B. aus dem 3. Jhdt. n. Chr. s. Head HN 211. 
Itischr. CIA IH 129. CIG II 1957 d— f. CIL III 
596. Nach der spateren Eeichseinteilung gehOrte 
sie zur Provinz Macedonia I (Hierokl. 638. Mansi 
a. a. O. Const. Porph. them. II 2 p. 49), in kirch- 
licher Beziehung stand das Bistum unter dem 
Metropoliten von Thessalonike (Not. episc. II 125. 

III 199. 452. X321 Parth. Nov. Tact. 1390 Gelz.), 
und so auch nach der Kirchenordnung des latei- 
nischen Kaisertums (s. Innocent. III. ep. XV 18 
bei Migne gr. 216, 557), bis Andronikos II. (1283 
— 1328) B. selbst zur Metropolis erhob, Not. episc. 

IV 58. XI 31. XII 31. XIII 180. Obwohl um 
900 durch ein Erdbeben stark beschadigt (Kamen. 
14), blieb sie doch einer der bedeutendsten Pliitze 
des Landes (Kamen. 6) und bot alle Vorteile einer 
grOsseren Stadt (Kantakuz. II 351. Ill 120 Bonn.). 
Einen dov$ (Commandanten) von B, nennt Theophyl, 
Bulg. ep. 68 bei Migne gr. 126, 488 (um 1100 n. 
Chr.). Gegen Ende des 10. Jhdts. fiel B. in die 
Hande der Bulgaren unter Dobromir, wurde aber 
im J. 1001 von Basileios II. zuriickerobert, Kedr. 
II 452 Bonn. Zonar. XVII 8. Die lateinische 
Herrschaft (120+ — 6 1), wiihrend der B. ( Verre) zum 
Konigreich Thessalonich gehOrte (Henri de Valenc. 
bei Buchon Coll. Ill 227. 250), scheint ohne 
nachhaltige Folgen fur die Stadt vorubergegangen 
zu sein; dagegen fiihrte ihre Besetzung durch die 
Serben im J. 1347 zahlreiche serbische Truppen 
(daneben auch deutsche!) und Ansiedler in ihre 
Mauem, wahrend viele der fruheren Inwohner ver- 
trieben wnrden, Kantakuz. Ill 31. 120f. Nikeph. 
Greg. 795 Bonn. Doch schon 1350 wurde sie vom 
Kaiser zuriickerobert, Kantakuz. Ill 122f. 137. 156. 
Auch sonst wird die Stadt in den Eampfen zwi- 
schen Griechen und Serben haufig erwahnt, s. Ind. 
zu Kantakuz. und Nikeph. Greg., von denen ersterer 



schatzbare Mitteilungen iiber die Befestigung und 
Topographie dersclhen giebt (u. a. eine fiaoihxfj 
und eine 'Oytxxtavq xvXij 120. . 123). Man vgl. 
sonst noch Anth. Pal. VII 390 (Begottj). Philost. 
IX 8. Ann. Komn. I 7. V 5. Niket. Akom. 819 
Bonn. Epirot. 213. Taf el Thessalonica 58f. 252. 
312 A. Die griechische Zeit endigte fur B. mit der 
tiirkischen Eroberung im J. 775 H. = 1373/4 n. 
Chr., tiber welche Hadschi Chalfa Rumeli und 
lOBosna (Wien 1812) 86 zu vgl. S. ferner iiber die 
noch immer Verria gr. (tilrk. Karaferia, slav. 
Ber) genannte Stadt Steph. Gerlaen Turk. Ta- 
gebuch (Frankfurt 1674) 460. Pouqueville Vov. 
d. 1. Gr. 12 143. Ill 93f. Cousinery Voy. en 
Mac. I57ff. Leake KGr. Ill 290ff. Jirecek 
M.-Ber. Ak. Berl. 1881 , 446. Zur Etymologie 
s. Tomasehek D. alt. Thrak. II 2, 58f. 

2) Die Vermntung von Grote, welcher zur 
Erklarung von Thuk. I 61 ein zweites B. an der 

20 Westkuste der Chalkidike annimmt (s. Nr. 1), er- 
halt eine scheinbare Stiitze durch Schol. Dem. I 9. 
XVin69. Hierokl. ed. Parth. app. 66. 118, wo- 
nachPotidaia spater Bsqgoia geheissen habe; doch 
beruht diese Notiz offenbar nur auf Unmssenheit 
iiber die Lage von Potidaia. 

3) Stadt in Thrakien, nach dem Namen (meist 
Beroe) und Miinzfunden (M.-Ber. Akad. Berl. 1881, 
446) zu urteilen, vorromischen Ursprungs, doch 
erst in der Kaiserzeit genannt. Nach neueren 

30 Untersuchungen ist sie identisch mit einer Stadt, 
welche in Inschriften TPAIANEQN IIQAIZ, auf 
Miinzen AYrOYSTE TPAIANH genannt wird, 
also rOmisch Augusta Iraiana hiess, offenbar in- 
folge Erweiteruhg durch Traian (oder Hadrian), 
s. Dumont Bull. hell. II 402ff.; MeT. d'ar- 
che'ol. et d'hist. 349ff. Foucart Bull. hell. VI 
177ff. Jir.ecek M.-Ber. Akad. Berl. 1881, 434ff. 
Uber die Einrichtungen derselben {dij/uog, povXij, 
ysQovaia, aoyovxes u. s. w.) belehren uns die In- 

40schriften (Dumont 404f.), aus welchen zugleich 
erhellt, dass Griechisch die herrschende Sprache 
war. Geschichtlich wird sie zuerst erwahnt an- 
lasslich einer unglucklichen Schlacht, welche dort 
Decius 251 n. Chr. den Gothen unter Cniva lieferte 
(Jord. Get. 18, 102), wobei auch die Bedeutung 
der Stadt als eines Schlussels zu den Balkan- 
passen hervortritt. Ihre Lage im Strassennetz er- 
hellt aus Itin. Ant. 231. Tab. Peut. VIII (Be- 
rone). Geogr. Eav. IV 7, vgl. Act. Alex. 2 bei 

50Wesseling 231. Sie gehOrte nach der spateren 
Eeichseinteilung zurEparchie Thrake (in der gleich- 
namigen Dioecese), deren bedeutendste Stadt sie 
neben Philippopolis war, Amm. Marcell. XXVII 
4, 12. Hierokl. 635. Konst. Porph. them. II 1 
p. 47 Bonn. In der Kirchengeschichte tritt sie 
zuerst als Verbannungsort des rOmischen Bischofs 
Liberius (355— 58) hervor, Sozom. IV 11. Theodor. 
II 13 (16). Theoph. 40 de Boor. Als Bischofsitz 
wird B. in den spateren Bistumverzeichnissen 

GO genannt (Not. epise. VI 57. VII 53. VIII 57 
Parth. Basil. 53 Gelz. Nikeph. Patr. 115 de Boor). 
Von ihren ausseren Schicksalen im Mittelalter, 
wozu besonders Jirecek a. a. O. 449ff. zu ver- 
gleichen , ist zu erwahnen die Belagerung durch 
die Avaren im J. 587 (Theophyl. Sim. II 16, 12), 
ihre Neubefestigung durch Kaiserin Irene (797 
— 802), nach welcher sie auch Elf>rjv6.-ioh; be- 
nannt wurde (Theophan. I 707 Bonn, Zonar. XV 



307 



Beroia 



/o o ' Misc- XXV 12 )' worauf Mkephm-os I. 

(802—11) noch kleinasiatische Christen in dersel- 
ben ansiedelte. Diese Massnahmen lassen auf eine 
Schwachung der Stadt durch vorhergegangene 
Barbareneinfalle schliessen, die sieh auch unter 
Michael I. 811—31 wiederholten (Theoph. 496 
de Boor); ebenso wird sie im 12. Jhdt. anlass- 
lichder Kampfe gegen Bulgaren und Petsche- 
negen (,Skythen') viel genannt (Ann. Komn. YD. 
8f. 6. X 2. Mket. Akom. 20. "~ ~ 



Io. Kun. 133. Hertzberg Gesch. d. Byz. 335) 
Wahrend des dritten Kreuzzuges (1190) wurde B 
(Verot), das damals eine Besatzung tiirkischer 
Soldner hatte und als civitas opulentissima be- 
zeicb.net wird, von den Kreuzfahrern gepliindert 
und verbrannt, Ansbert in Font. rer. Austr. I 5, 
31. 33. 47. Doch erholte sie sich anscheinend 
rasch wieder, denn nachdem sie zu Beginn des 
lateimschen Kaisertums in die Hande der BuVa 



Beronikianos 308 

bon (Ezechiel 27, 18) und XaXvfitov (Strab. XV 
735) ist unmoglieh, trotz der Ahnlichkeit der Na- 
men (s. u.). Dagegen ist hochst wahrscheinlich 
das Berya der Tab. Peut. und Beria des Geogr 
Rav. II 15 p. 86 mit unserem B. identisch. B. 
lag m der Mitte zwischen Antiocheia und Hiera- 
polis (Procop. Pers. II 7 p. 181). Durch die An- 
gaben des Ptolemaios, Prokopios, Itin. Ant. ist 
die Lage gesichert: B. entspricht dem heutigen 



309 



Beros 



Berossos 



310 



c-io r> .. ,„;, tvR^vucu. ±j. cjiuspriciic uem neutigen 

fi «i T ( l aleb) am Flusse ? uwei ^ dem al * en 



Chalos (Xenoph. anab. I 4, 9). Das Dasein von 
Aleppo wird durch agyptische Monumente bereits 
fur das zweite Jahrtausend v. Chr. bezeugt Den 
Namen B. erhielt die Stadt von Seleukos Nikator 
der sie vergrOsserte (App. a. a. O. Georg. Cedr. 
a. a. 0.). In der byzantiniscben Zeit wurde der 
Name in Chaleb (Xatei) umgewandelt (Locorum 
nom. immutata a. a. 0.). Noch Strabon nennt 
B. emjtoXi X vtov. Von den Persern unter Chos- 



Er H^^ SiC W L ^-n uX 2 0ro-,sV3r;ie nTde S^nKS, tal' 
Kaisei Heinrich wieder reicheBeute.Geonr. Akron. lict nam ^, n/S,? ^ annt J, „ ke , p .^, K ? U 



Kaiser Heinrich wieder reiche Beute, Georg Akrop 
56. Niket.Akom. 852 (Bogeys). Villehardouin 266f 
10X0 a t ly ( Fero *)- Nochmals siegte dort Heinrich 
1208 uber die Bulgaren, s. Henri de Valenciennes 
bei Villehardouin 309 (Berua); doch erst 1255 
kam sie durch Theodores II. Laskaris wieder zum 
byzantiniscben Beich, urn spater abermals in die 
Hande der Bulgaren zu fallen, aus welchen sie 
unter Murad I. (1359-89) in jene der Tiirken 



3sss..» ri,S%2? *E»sra?»- .^sr-^s 



(,Alt-Sagra l ) , wahrend der antike Name in den 
slavischen Formen Borvijska chora und Boruigrad 
(vgl. BoQetjg o. bei Niket. Akom.) sich noch bis 
urn 1600 vorflndet, s. Jirecek 451. Der neu- 
bulgarischeName Sehelesriik = Zt8 m 6nolis ge- 
langte nie in allgemeinen Gebrauch, wogegen die 
gewohnliche bulgarische Bezeichnung Stara Za- 
gora als Cbersetzung des tiirkischen Eski Sagra 
anzusehen ist. Cber die heutige Stadt, in welcher 



list, a a. 0.), die Citadelle aber auf Fiirbitte des 
Bischofs Megas verschont (Prokop. a. a. 0.). Den 
Arabern unter Abu 'Ubeida ergab sie sich ohne 
Widerstand. Sie gewann an Bedeutung infolge 
der Zerstorung von Chalkis (Kinnesrin) durch die 
Araber. Der Hamdanide Seifeddaule machte sie 
zu seiner Residenz ; unter Kaiser Nikephoros ge- 
lang es den Byzantinern, die Stadt fur kurze Zeit 
einzunehmen. Unter den Kreuzziigen hatte die 



»»^^S«~isS^^ 



romischen Stadtmauer vorflnden, vgl. Jirecek 
436ff., im iibrigen auch dessen Schriften Die 
Heerstrasse von Belgrad nach Const. (Prag 1877) 
154f. ; Gesch. d. Bulg. (Prag 1876). Cber die 
Munzen von B. , welche friiher irrtumlich mit 
jenen von Traianopolis (ad Hebrum) zusammen- 
geworfen wurden, vgl. Foucart Bull, hell VI 
179. Catal. of Gr. Coins, Taur. Chers. 177ff K 
Mus. z. Berl. Beschr. d. ant. Miinz, I 238ff. Zu 
den Inschr. s. noch Arch.-epigr. Mitt. XV lOOff. 50 



mal durch Erdbeben zerstort. dann 1260 und 128a 
durch dieMongolen, 1400 durch Timur verheert 
Das lmmerwahrende Wiederaufbluhen verdankte 
Aleppo grosstenteils dem Karawanenhandel als 
Station an der directen Route nach Persien und 
Indien. Auch in diesem Jahrhundert litt die 
btadt mehrfach unter Erdbeben und feindlicher 
\ erheerung. Die heutige Einwohnerzahl betragt 
ca. 120 000 Seelen; grosse europiiische Colonie; 



n ahrscheinhch identisch mit B. ist das von Steph. 
Byz. erwahnte Beres, s. d. An eine locale Ver- 
schiedenheit von B. und Augusta Traiana denkt 
Jvalopathakes De Thrac. prov. Bom. 28ff., doch 
s. dazu Kieperts Formae XVII Text 2, 20. 

4) Beroe, Stadt in Moesien, bei Troesm'is, Itin. 
Ant 225. [Oberhummer.] 

qq-°Vttt jn€n {Bi S° la Joseph, ant. lud. XII 
rfeo. XIII 384; var. BsQQoia; Strab. XVI 751 
Tar. BtQQoia; Ptol. V 15, 13 Biooota; Itin. Ant. 60 
BeroaiPlm. Beroeemcs ; Steph. B vz. Bd G oia, Xeben- 
torm BegSr,; Appian. Syr. 57 Beogoia. II Makk. 

}t' c «J? 0C0 V- Pers " H 6 P- 179 - II 7 p. 181AF. 
^.^W- Theophyl. Simok. 116. Nikeph. 
KaUist. XIV 39. XVII 14. Georg. Cedr. I p. 292. 
11 p. 344 ed. Bekker. Locor. nom. immutata ed. 
Parthey p. 312. 315 App. 24. 80) in der Provirz 
Ayrrneshka gelegen. Die Gleichsetzung mit Chel- 



dem Mittelalter, gar keine von dem alten B. In- 
sehnften CIG III 4545— 4455. CIL III 191—192 
Munzen bei Eckhel III 259f. Head HN 654' 
Bitter Erdkunde XVII 1592—1599. Baedeker 
Palastuia u. Syrien» 404—409. [Benzinger.] 

6) Eponyme der makedonischen Stadt Nr 1 
lochter des Beres, Schwester der Mieza und der 
Olganos, Theagenes frg. 7 aus Steph. Byz. s Bs- 
(pia und Mii-:a, FHG IV 509. [Tumpel.l 

Berones (Bt'jfjaree), iberisches Volk zwischen 



den Kantabrern und Keltiberern in Hispania Tarra- 
conensis (Strab. Ill 158. 162. Pell Alex 53 1 
Ptol. II 6, 54); bei Liv. frg. 1. XCI als Xachbarn'der 
\ ascones genannt. Wenn Strabon (III 158 unter 
den emgewanderten Volkern nach den Tyriem und 
Karthagern die Kelten nennt, o7 vi-y ktXzlj5 m s 5 
xai Btjomves xatovviae, so liegt dem wohl nur eine 
\ ergleichung des Namens mit Verona durch seinen 
Gewahrsraann Artemidoros zu Grunde. [Hubner.l 
Beronike (Beronikis) s. B e r e n i k e Xr. 2 und 5 
Beronikianos. 1) Vicarius Asiae im J. 334. 
Ud. Theod. VIII 1, 4. 15, 2 und falsch datiert 
XI 16, 6. Ztschr. f. Bechtsgesch. X 244. 

2) Vlr spectabilis im J. 438. Gesta de reap 
tod. Theod. am Schluss. 

8) 'O xadootcbuevos or\xqr}xaotoq zov deiov 
xovowToowv im J. 451. Man si Concil. coll 
VI1 9 - [Seeck.l 



. 



4) Aus Sardes, Schulnachfolger von Eunapios' 
Lehrer Chrysanthios , Philosoph und Grammati- 
ker (xaT? yaQiaiv Wvos Eunap. V. Soph. p. 120, 
woriiber vgl. Boissonade ad Eunap. p. 177), 
Eunap. a. a. O. mit der Anmerkung von Boisso- 
nade p. 454. Dionys. Antiochen. ep. 3 in Her- 
chers Epistologr. gr. p. 260. [W. Schmid.] 

Beros (Bfjpos) , Castell in der thrakischen 
Provinz Haimimontos , von Iustinian I. angelegt, 
Procop. aed. IV 11 p. 306 Bonn. Vgl. Beres und 
Bairos. [Oberhummer.] 

Berosaba (Not. dign. or. XXXIV 5; ebd. 
XXXIV 18 Benosabae). Militarstation (egirites 
Dabnatae lllyrieiani) im Gebiet des Dux Palae- 
stinae; diirfte identisch sein mit Bersabe an der 
Siidgrenze Palastinas, wo nach Hieron. Onom. ed. 
Lagarde 103, 32ff. eine rcVmische Besatzung lag, 
s. Bersabe Nr. 1. [Benzinger.] 

Berossos. 1) Tn Beroso Taurorum mile 
haben bei Plin. n. h. II 231 einige Hss. (vgl. den 
B. , Vater des Tanais , Nr. 2 und phoinik. fiijg 
jQuelle'), die beste tjberlieferung giebt jedoch in 
Liberoso. [Tomaschek.] 

2) Btiqooooos , Gatte der Amazone Lysippe, 
Vater des Tanais; nach ihm ist das Stkatov 
BrjQOioaov , skythisch ahvSa, genannt, Ps.-Plut. 
de fluv. XIV If. angeblich nach Ktesiphon de 
plantis I, wo Hercher den Ausfall eines Stadt- 
namens Alinda, C. Miiller Geogr. gr. min. II 
653 die nordischen Galindae vermutet und fur B. 
eine Confusion mit den an den Tana'isquellen 
am Rhipaeengebirge wohnenden BoQovoxm (Ptol. 
Ill 5, 22) annimmt. Alexandre dagegen (zu 
Paus. X 12, 10, Exc. ad. Sibyll. 83) versteht 
unter ihm den folgenden. 

3) Brjqoaoe, Gatte der Erymanthe, Vater der 
weissagenden Palaestinenserin Sabbe, die bei an- 
deren die babylonische , bei anderen die agyp- 
tische Sibylle(s. A.) heisst, Paus. X 12, 10, nach 
E. Maass De Sibyll. indie, Gryph. 1879, 18 
(vgl. 12ff.) aus Alexandres Polyhistor. Derselbe 
halt (gegen Alexandre a. O.) diesen B. fur iden- 
tisch mit dem Verfasser der chaldaeisehen Ge- 
schichtc, Alexanders d. Gr. Zeitgenossen (Nr. 4). 
Vgl. Ps.-Iustin. cohort, ad. graee. p. 34 E, der diese 
,indische* Sibylle mit der erythraeischen und cu- 
manischen verwechselt. Moses v. Chor. hist. Ar- 
meu. I 5 nennt sie Sibylla Berosiana. Nach 
Freudenthal (Hellenist. Stud. II 15ff.) berubt 
die Genealogie aufMissverstandnis, nachE. Maass 
(a. O. 16) auf kiinstlicher Maehe. [Tiimpel.] 

4) Berossos (FHG II 495—510. Susemihl 
Gr. Litt-Gesch. I 605—607) oder Berosos — die 
griechische Transscription wendet beide Formen 
an — . der Herkunft nach Babylonier und Priester 
des Bel, widmete Antiochos I. Soter (281/0— 262/1) 
ein Werk fiber Babylonien (Tatian. or. ad Gr. 36 
p. 38, 4 if. ; falsch giebt Eusebios in dem Excerpt 
praep. ev. X 11 Antiochos II. an) ; da er zur Zeit 
Alexanders schon am Leben war (Euseb. chron. I 
p. 11), hat er jenes Werk als reifer, wahrschein- 
lich als bejahrter Mann geschrieben. Als Titel 
geben Alexander Polyhistor (Euseb. a. a. O.) und 
Athenaios (XIV 639 C sv xgdnat BajlvXcaviaxcbv) 
richtig BafivXoirtvLHa , wahrend die andere von 
Josephos (ant. X 219 h ifi t(jCt>ji xtiiv Xak- 

SatXCJV tOTOQLtOV — C. Ap. I 142 £V Ztjl TQ177JI 

f)i'^X<ot zwv Xa/.Ha'ixiov, X 20 6 za XaAdai'xa 



avyyQaymftcvos. I 107 6 za XaXdmxa avvayaydiv) 
und Clemens (protr. 1, 65 p. 57 P. iv zqiztji, XaX- 
daixwv) gebotene Form einem incorrecten Sprach- 
gebrauch angehort , der zwar bei den Griechen 
ganz gewOhnlich ist, einem babyloniscben Gelehr- 
ten aber flbel anstehen wurde. 

B. teilte sein Werk nach dem Stoff in drei 
Biicher ein (Tatian. a. a. O.) : das erste behan- 
delte die Urzeit bis zur Flut, das zweite die Zeit 

10 von der Flut bis Nabonassar, das dritte die von 
Nabonassar bis Alexander (Abydenos bei Euseb. 
chron. I p. 53). Die historische, eingehende Er- 
zahlung begann erst im letzten Buch; vorher gab 
B. im wesentlichen nur die nackten Konigslisten 
(Euseb. chron. I p. 7 ; die verstlimmelte Stelle ist 
aus Synkell. p. 390 Dind. zu erganzen). Wegen 
des Einschnitts bei Nabonassar muss angenommen 
werden, dass B. dieselben oder sehr verwandte 
Gewahrsmanner gehabt hat, wie der ptolemaeische 

20 Konigskanon, der dadurch, dass er die Regenten- 
reihe mit Nabonassar beginnt, unzweideutig be- 
kundet, dass dem, der ihn abfasste, fur die Zeit 
vor 747/6 keine chronologisch zu keinen Bedenken 
Anlass gebenden Urkunden zu Gebote standen. Der 
Vergleich der Restc des dritten Buchs mit dem 
Konigskanon und den assyrischen und babyloni- 
schen Quellen lehrt , dass B. sein Versprechen, 
nach den einheimischen Urkunden seine Geschichte 
zu schreiben, erfullt hat (Euseb. chron. I p. 11): 

30 es ist ihm gar nicht hoch genug anzurechnen, 
dass er die Schwindeleien des Ktesias, welche die 
griechische Uberlieferung liber die Euphratlander 
verwiistet haben, radical beiseite geworfen hat. 
Seine Chronologie der letzten babylonischen Konige 
von Samuges (Shamash-shumukin) bis Naboned 
stimmt durchaus mit der des Kanons und der In- 
schriften iiberein, wenn man die kleinen, nur hsl. 
Fehler bei Nabopolassar — 21 fur 20 Jahre (vgl. 
Euseb. aus Josephos I p. 45) — und bei Evil- 

40 merodakh — 2 fur 12 Jahre (vgl. Euseb. chron. 
I p. 49f.) — verbessert. Dagegen machen auf 
den ersten Blick Schwierigkeiten die Regierungen 
Senacherims und seines Sohnes Asserhaddon, die 
falsch zu 18 und 8 Jahren angegeben sind (Euseb. 
chron. I p. 27). Fiir die 8 Jahre AsseThaddons 
sind zunachst unbedingt 13 nach dem Konigs- 
kanon einzusetzen. Schwieriger sind die Sena- 
cherims zu erledigen. Zu bedenken ist, dass 
Eusebios gar nicht die vollstandige Regierungs- 

50 zeit Senacherims angeben, sondern nur nachweisen 
will, dass die 88 Jahre der drei judischen KSnige, 
die zwischen Ezekias und Jojakim, dem Zeitge- 
nossen Nabukhodonosors, regierten, in der baby- 
lonischen und assyrischen Liste von Nabukhodo- 
nosors erstem Jahr zuruckgerechnet in die Zeit 
Senacherims fuhren ; dann ist namlicb der biblische 
Synchronismus Ezekias und SeDacherim auch fur 
B. constatiert. Da nun die Regierungen Asser- 
haddons, Shamash-shumukins, Assurbanipals und 

60 Nabopolassars zusammen 13 -+- 20 -+- 22 — 21 = 76 
Jahre betragen, so bleiben fiir Senacberim noch 
12 Jahre ubrig, die einzusetzen sind. Die Cor- 
ruptel ist wahrscheinlich durch Verwechslung von 
tji mit Tr, entstanden; dies im Verein mit dem 
Wegfall des Einers bei Nabopolassar hat dann 
dazu gefiihrt, dass die Zahl Asserhaddons — if — 
willkurlich in fj geandert ivurde , uni die not- 
wendige Summe von 58 Jahren herauszubringen. 



311 



Berossos 



Die zwelf Jahre Senacherims sind nach Ausweis 
des ptolemaeiscben Kanons die vier des Mesesi- 
mordakos = Muchezib-Maruduk (692/1—688/7) 
mid die acht d^aolXevza h v , d. h. die Zeit von 
der Zerstorung Babylons durch Senacherim bis 
zur Thronbesteigung Asserhaddons (688/7-680/79) 
Das letzte Ereignis, das Eusebios nach dem Ex- 
cerpt Alexanders aus der Regierung Senacherims 
benchtet, sein Krieg mit den Griechen in Kilikien 
und die Griindung von Tarsos, ist also mit einiger 
Wahrscheinlichkeit in das babylonische J. 692/1, 
■Oder noch besser in das vorhergehende J 693/2 
zu setzen Diese Erledigung der Schwierigkeit 
ist zugleich einfacher und nimrat mehr Riicksicht 
ant den Charakter der eusebianischen Uberliefe- 
rung als die von Schrader (Ber. d. sachs. Ges. 
d. Wiss. XXXII 1880, Iff.) vorgeschlagene. Tiber 
die Zeit von Nabonassar bis Senacherim hat Euse- 
bios nur eine kurze Notiz iiber Phul = Tiglat- 
Pilesar zu excerpieren fur gut befunden, dagegen 
den chronologischen Aufriss des ersten und zwei- 
ten Buches m Kurze angegeben. Die Zahlen be- 
ruhen zum grossten Teil nur auf dem Armenier; 
beim Synkellos sind nur die beiden ersten brauch- 
bar, da er von da an Interpolationen der friih- 
byzantimschon Genealogen einschwarzt (vgl die 
ireilich ungenaue und nicht erschopfende Behand- 
!?"&<£? P T a ^ bei Gelzer S. Iulius Africanus 
11 198ff.). In der Uberlieferung sieht das System 

so aus- •" 



Berossos 



312 



313 



Berossos 



Berossos 



314 



so aus; 

I. Buch, bis zur Flut: 10 Konige = 120 Saroi 
-432 000 Jahre. * 

_ Die Uberlieferung (Euseb. I p. 9. Synk. p 71) 
ist variantenlos. 

II. Buch, von der Flut bis Nabonassar: 

Synkell p. 147, 12 Armenier (I p. 26) 

86 Konige = 34090 86 Konige = 33091 

Beim Synkellos wird zu 34 090 hinzugefiigt als 
Erlauterung 9 Saroi zu 3600 , 2 Neroi zu 600 
8 Sossoi zu 60 Jahren. Die Summe 34 080, nicht 
34 090 , wird dann nach der Gleichung 1 Jahr 
der Babylonier = l/ 3fi0 Sonnenjahr (L e p s i u s Chro- 
nol. d Aeg. 7f.) auf 942/ 3 Sonnenjahre reduciert. 
IJie btelle stammt zweifellos aus'Panodor, und 
lhm muss nicht nur die Reduction, sondern auch 
die der Reduction zu Grande liegende Zahl zu- 
geschneben werden ; sie ist eine zu Gunsten seines 
Systems erdachte Anderung der bei Eusebios iiber- 
lieferten und komrat fur B. nicht in Betracht. 
Von jetzt an steht nur der Armenier zu Gebot: 

8 medische Usurpatoren 224, am Rand 34 

11 ^F- , fehlt, am Rand 48 

49 cnaldaeische Konige 458 

9 Araberkonige 245 
45 Kenige 526 

Von den Randlesungen ist die erste keine echte 
Vanante, da sie nur auf G beruht, also Conjec- 
tur ist (vgl. Mommsen Herm. XXX 32lff > • 
wahrscheinlich bezieht sie sich gar nicht auf die 
zweite, sondern die erste Zahl und will deren 
*enler in den Tausenden beseitigen. 

v. Gutschmid versuchte eine Reconstruction 
der Liste zuerst 1853 iRh. Mus. VIII 252ff. = Kl 
fcchr. II 97ff.) ; sie wird sonderbarerweise noch 
immer von Assyriologen citiert (vgl. z. B. Tiele 



Babyl.-ass. Gesch. I 95. Winckler Unters z 

altoriental. Gesch. 3), obgleich v. Gutschmid 

selbst sie schon 1856 (Jahrb. f. Philol. LXXIII 

405ff. = Kl. Schr. II 115ff.) zuriickgenommen und 

dann .medernm 1858 (Beitr. z. Gesch. d. alten 

Orients 18ff.) und 1876 (Neue Beitr. z. Gesch. d 

alten Or 11 5f.) modificiert hat. Der letzte fur 

die Kritik allein in Prage kommende Versuch 

,/ 1 erg i e r TT fo J? endes geschlossene System fiir das II 
10 una III, Bueh: 

86 Konige 34 091 

8 224 
11 [2]48 
M 458 

9 245 
45 526 

[Nabonassar bis Kyros 208] 

36 000"-^ 10 Saroi. 
20 In dieser Reconstruction steckt allerdings ein 
tehler, doch ist er leicht zu beseitigen. Nach 
dem Konigskanon ist Nabonassar zwischen dem 
27. lebruar 747 und 26. Februar 746 KoW <r e - 
worden, also doch wohl nach dem babylonischen 
von Fruhlmg zu Friihling laufenden Jahr ausge- 
druckt, 747/6. Kyros muss nach dem combinier- 
ten Zeugms des Kanons und der sog. Cyrusannalen 
im November 538 (vgl. Tiele Babvl,ass. Gesch. 
co iu 7 m Sabylon eingezogen sein; als sein erstes 
dO Jahr kann fruhestens 538/7, keinenfalls 539/8 an- 
gesehen werden. Also betragt die Differenz zwi- 
schen Nabonassar und Kyros nicht 208, sondern 
im. boll die runde Summe herauskommen so 
muss als erste Zahl nach Synkellos 34090 gesetzt 
werden was gar keine Schwierigkeiten macht 

Es lasst sich noch auf anderem Wege wahr- 
scheinlich machen, dass v. Gutschmid das Rich- 
tige getroffen hat. B. hat am Anfang seines 
Werkes die Gesamtzahl der Jahre, von denen die 
40 Babylonier eine Uberlieferung zu besitzen behaup- 
teten, angegeben. Die in beiden Uberlieferungen 
verdorbene Stelle lautet bei dem Armenier Beros- 
sus ... se . . . ait . . fransscripsis.se multorum 
volumma quae etiam Babelone multa cura a du- 
cenhs et qmndenm annorum myriadibus a-sserva- 
bantur; bei dem Synkellos p. 50, 7 B^coaoog . 
<pr/ai . . . avavQacph 3s nollwv iv Bafivk&vi yvkao- 
oeoVai imto. xoklijg im/iehias d.~io hS>v tiov fi.-zko 
fiVQiadoiv te X£(,i n ovoag yqovov. v.Gutschmids 
ijUConjectur a™ htiv tiov ,v,.t &r«o fivoiddojv mi 
mQKyovaai yoovov ist sprachlich und sachlich 
unmOghch; auch pflegt 480 000 griechisch nicht 
durch ,v-r. sondern durch ii n iwmafc; bezeichuet 
!?„"*"■ 1st die Summe be"im Svnkellos — 
loO 000 - zu klein fiir die aus B. iiberlieferten 
zanien, so ist die beim Armenier — 2 150 000 — 
zn gross. Die Ziffern 215 konnen, wenn sie uber- 
hanpt nchtig sind, nur Hunderte. Zehner und 
„. ^ lne r, bezeichnen. Nun ergiebt 538 7-215 323/2 
oOd. L das Datum von Alexanders Tod, auf das ba- 
bylonische Jahr gestellt. Es steht fest, dass B 
die babylonischen Konige bis Alexander aufge- 
zahlt hat (s. o.) ; danach und nach der v Gut- 
schmidschen Reduction wurde die Gesamtzahl 
von Jahren, die B. an dieser Stelle angegeben 
haben muss, 468000 + 215 sein. Fur how nov 
viieo ftvgiadwv^ts ware also zu lesen kxmv tiov 
pc nvotddojv {>]a)ir, eine Anderung, die nicht als 



iibermassig gewaltsam erscheinen kann. Die ganze 
Stelle ist vollstandig nicht zu heilen ; sie muss 
etwa gelautet haben avayga/pac 8s sroXlmv (alcovo>v 
fieiay(>dy.>ai a?) ir Bapvkcori (pvkdaaeo&ai ftsra 

I. 10 Kenige vor der Flut 120 Saroi = 
II. 86 . nach „ , . . 

8 medische Usurpatoren . . 

11 Kenige 

49 chaldaeische Konige . . 

9 Araberkonige 

45 Konige 

III. Von Nabonassar bis Kyros 

" Summe = 
Von Kyros bis Alexanders Tod . . 

Gesamtsumme 



noiltjg imfie/.etas vtzo (tojv leQ&mv), srmv tiov Jig 
fiVQiddcov rjoii jiegcexovaag xqovov. Das ganze 
System des B. gewinnt nun folgende Gestalt, die 
als hinreichend gesichert gelten kann : 



= 432000 Jahre 




34090 


D 




224 


n 


[2448/7 v. Chr.— 2224/3] 


248 


n 


2224/3—1976/5] 


458 


n 


1976/5—1518/7] 


245 


j) 


1518/7—1273/2] 


526 


n 


1273/2—747/6] 


209 


B 


747/6—538/7] 


= 468000 Jahre = 


= 130 Saroi 


215 


71 


[538/7—323/2] 


= 468215 


Jahre. 





Das System kann in dieser Form nur zur persi- 
sischen Zeit aufgestellt sein ; dazu passt auch das 
dem grossen babylonischen KOnig Nabukhodonosor 
in den Mund gelegte Orakel, das die Eroberung 
durch Kyros legitimieren soil (Euseb. chron. 1 42). 
Aus dem bei Nabonassar gemachten Einschnitt 
geht hervor, dass von dem vor 747/6 liegenden 
Material viel verloren gegangen war, sei es durch 
Neubauten Nabonassars, sei es durch Verfall und 
ZerstOrung in persischer Zeit. Dass man damals 
sich mit dem Copieren alterer Chroniken abgab, 
beweist die Subscription der babylonischen Chro- 
nik, die im 22. Jahr des Dareios von dem Ori- 
ginal abgeschrieben sein soil (vgl. Wachsmuth 
Einleitung in d."Stud. d. alt. Gesch. 391). Es 
kann nunmehr auch nicht wunderbar erscheinen, 
wenn das System des B. mit dem der keilschrift- 
lichen babylonischen Kflnigslisten nicht iiberein- 
stimmen will, wie am deutlichsten daraus hervor- 
geht, dass hier bei Nabonassar kein Einschnitt 
gemacht wird ; die gelegentlich von Assyriologen 
unternommenen Versuche, die tjbereinstimmung 
zu erzwingen, sind treffend von Tiele (Bab.-ass. 
Gesch. I 95ff.) und Winckler (Unters. z. alt- 
oriental. Gesch. 3ff.) zurfickgewiesen ; die von 
Peiser (Ztschr. f. Assyriol. VI 264ff.) unlangst 
entwickelte Hypothese ist schon darumunannehm- 
bar, weil sie ein in der eusebianischen Uberliefe- 
rung unerho'rtes Mass von Corruptel der Zahlen 
voraussetzen muss. Das System des B. und das 
der Liste stammen aber aus verschiedenen Zeiten; 
welches das bessere ist, lasst sich mit unseren 
Mitteln noch nicht ausmachen ; sehr wichtig wurde 
es , nicht nur fiir diese Frage , sein , wenn sich 
herausbekommen liesse,welcheYolkerbeiB,Meder, 
Araber, Chaldaeer genannt werden. Es giebt 
aber doch zu denken, dass die vorhandene Cber- 
lieferung zu einer so verschiedenen Anordnung 
Raum gab. Wo die Grenze zwischen wenn auch 
noch so durftiger, aber doch echter Uberlieferung 
und reiner Construction liegt, ist ebenfalls nicht 
zu sagen; sicher ist nur, dass von den ersten 
86 Konigen des II. Buchs zum mindesten die ersten 
fictiv gewesen sind ; nach der grossen Summe und 
der einzigen genaueren Notiz iiber diesen Zeit- 
raum, die aus B. erhalten ist (Euseb. chron. I 
p. 25), reichen die fabelhaft langen Regierungs- 
zeiten noch in diese Periode hinein. Naturlich 
haben neben der von B. vertretenen noch andere 
Constructionen der Urzeit existiert; die griechi- 
schen Nachrichten verraten deutlich, dass sie alle 



mit der babylonischen Himmelskunde im Zusam- 
menhang stehen. Porphyries (Simplic. in Aristot 

20 de caelo II 12 p. 506, 13 Heiberg) behauptete, Kal- 
listhenes habe in Aristoteles Auftrag babylonische 
Sternbeobachtungen nach Griechenland geschickt, 
die bis zu 31 000 Jahren vor Alexander zurttck- 
reichten; die mOglicherweise leicht verstlimmelte 
Zahl stellt sich zu der, welche B. den ersten 
Konigen nach der Flut zuweist. Dagegen sind 
mit der Gesamtsumme verwandt die Angaben 
Diodors in dem Excurs iiber die .Chaldaeer' (II 
31, 9), der den babylonischen Beobachtungen das 

30 Alter von 473 000 Jahren zuschreibt, und Ciceros 
(de divin. I 19), dessen philosophischer Gewahrs- 
mann die Zahl auf 470 000 abrundet, sodann die 
480 000 des Africanus (Synk. p. 31, 11) und die 
490 000, die Plinius (VII 193) auf B. — mit Un- 
recht — und Kritodemos zuruckfuhrt. Hingegen 
ist bei Epigenes (Plin. a. a. O.) und einem un- 
bekannten, von Simplicius (comm. in Aristot. de 
caelo I 3 p. 117, 26 Heib.) benutzten Gewahrs- 
mann die Zahl der Saroi auf 200 (= 720000 

40 Jahren) und 400 (= 1440 000) erhcht. 

B. widmete sein Werk KOnig Antiochos Soter, 
demselben, der den Nebotempel in Borsippa resti- 
tuierte (vgl. Bd. I S. 2454); es gehOrt im ge- 
wissen Sinn ebenso zur Politik der Seleukiden, 
wie das Manethos zu der der Ptolemaeer. Auf 
die griechische Litteratur ist das Historische ohne 
Einfluss geblieben, und niemals ist es ihm ge- 
lungen, die Chronologie des Ktesias aus dem Felde 
zu schlagen ; mitgewirkt hat dabei, dass B. baby- 

50 lonische und nicht assyrische Geschichte schrieb, 
doch war viel verhangnisvoller, dass der Chroniken- 
stil und die endlosen Reihen barbarischer, unaus- 
sprechbarer Namen den Griechen diesen Teil des 
Werkes als eine ungeniessbare Curiositat erschei- 
nen liessen. Wenn der Anschein nicht trtigt, so. 
hat der Fortsetzer der apollodorischen Chronik 
nach oben fs. Bd. I S. 2861f.) zuerst das Werk 
des B. der Vergessenheit entrissen, aber insofern 
ohne Erfolg, als Kastors neue Redaction der 

60 ktesianischen Liste (vgl. E. Schwartz Die 
Kflnigslisten des Eratosthenes und Kastor, Abh. 
d. Getting. Akad. d. Wiss. XL) die alten Liigen 
wieder zu neuen Ehren brachte. Dagegen nahm 
Alexander Polyhistor, der auf epichorische Tradi- 
tionen besonders Jagd machte, in sein Werk uber 
babylonische Geschichte umfangreiche Excerpte- 
aus B. auf, machte ihn aber auch zum Vater der 
jiidischen Sibylle (Maass De Sibyllarum indicibus 



VJ -" joerossos 

18ft and o. Nr. 3). Dera Beispiel Alexanders folgte 
der unwissenschaftlich fleissige Ko'nig Iuba der 
8ei So r ?W> a6a An £ ab e nach (Tatian. or. ad Gr. 36 
P- M, 13) seine zwei Biicher n S gi 'Aoovoimv aus 
#. zusammenschrieb. Schliesslich ist von heid- 
nischen Schriftstellern noeh Abydenos zu nennen 
-Uadurch, dass er ebenso wie Alexander, em Excerpt 
aus dem dritten Sibyllinenbuch mit donen aus B 
combimert, wird bewiesen, dass ihtn jener, weni* 
steus in letzter Linie, die Kenntnis des B ver- 
mrttelt hat. Die Discrepanzen zwischen Abyde- 
nos und Alexander sind zum allergrossten Teil auf 

SfIST • ^ zurackzufahr ». sei es der 
des Eusebios sei es der von Eusebios beniitzten; 
wem das nicht gem.gt, der mag zwischen Aby- 

tZllT M T niei meh Iuba als Mittelglied 
emschieben. Dagegen i st es methodisch unzu- 

h fl wi MZ ? e ^ me ^ aSS Ab ydenos neben B. andere 
babylomsche Traditionen gekannt (Gelzer S. Iul 
Africanus II 29f.) oder B. und Ktesias durch 
emandergeworfen hatte (Winckler Altoriental 
Forsch. II 175). War bei den Heiden der baby- 
lonische Pnester eine Specialitat gelehrter Curio- 
a tatenkramer gewesen, so wurde die Sache anders, 

rthZ f ™. ChnSt T a " fin - en > sich mit Wsto^ 
Z iJT^?^ abz ^eben; di «e stellten an 
die Schonheit der Rede keine Anforderungen und 

SIT rV Qr den Babylonier w <* en der -™ 

reichen Beruhrungen mit dem alten Testament 
167?, Allerdings haben sie ihn nS 
direct benutzt, auch Josephos nicht; das bei ihra 
wiederkehrende Zeugnis der Sibylle iiber den 
Turn , von Babel (ant. I 118) und das Ci tat 
aus Megasthenes (ant. X 227 L tA I IU) 
d« i bei Abydenos .(Enseb.. I p. 42) volls'tandige 
steht zwmgen memes Erachtens dazu, anzunih- 
inen, dass Josephos nur Alexander oder, was auf 
dasselbe hmauskommen wurde, Iuba vor sich se- 
habt hat; vgl auch die sehr beachtenswerten Be- 
merkungen Wincklers (Altoriental. Forsch. II 
K? f g o e 1 n ff Fr ! U J Ie . ntbal ( Hellen - Stud. I 271. 
\ j 21 £ lst kein Foment des B., wie es 
nach i dem Nieseschen Texte scheinen konnte, da 
die_ Schlussworte von 20 U 7 <ov ovr„ H sicher mit 
!eW n • Z " w? iche ? sind " Eusebios bezeugt 

e?AW.fnT Sen h ft v, U i ld ehrlkh wie er L < ^ss 
er Alexander und Abydenos excerpiert hat; er hat 
diesen wahrscheinlich fur eine selbstandig Quelle 
geha-lten. Die hohen Zahlen der Urzeit und das 
Ansehen Kastors, vielleicht auch die Unmoglich- 

SLhri™ d v blb ! lsche " Konigslisten zuW 
menzubringen hinderten ,hn, die Liste der baby- 
lonischen Konige in den Kanon aufzunehmer i 
Z,ur mxogCa gehort nach griechischen Beeriffen 

von a F^- n ° Ch h ^ 6r T G , rade als die ErSS 
i; t Ee f ssen ' die Beschreibung von Land und 
Volk, und .venn B. die Hellenen mit den Babv- 

5.« ?v I ^ maC . ben W0,Ite > so durfte « in s o!- 
cher Abschmtt m seinem Werk nicht fehlen. Am 
wemgsten ln Jen Zeit> in der die Erachu 

ihm V a\ ? en S««hischen Geist auf eine Fiille 

anrVnprV " S °^ gUt ^ ie ^ anz fremder Kulturen 

aufmerksam machte und die politische Lage ihm 

Df P w U /f b< l St ! llte ' Sich mit ihnen abznfinden. 
Die weitverbreitete, aber noch nicht zu do-ma- 

KT f 7Ste Tl ^ St ? rrte P hil osophische Specu- 

NaWh . v rh6lt il e Auslft,lfer der ioni ^hen 
^aturph,losophie, verfuhrten dazu, auch bei den 



Berravus vicus 



316 



317 



Berressa 



Berua 



Onentalen eine .Phdosophie' zu suchen, und es 
versteht sich ganz von selbst, dass die helleni- 
sierten onentalischen Berichterstatter den Wun- 
sehen der griechischen Ethnologen bereitwillio- 
entgegenkamen ; bei Manetho und B. bildeten die 
9Uoao<pov/j.sva ebenso einen unerliisslichen Teil 
der Landesbeschreibung, w ie bei den Griechen 
Hekataic-s von Teos und Megasthenes. Das Ex- 
«rpt Alemfa, das mit einer Beschreibung 
lOBabylons beginnt, zum kosmologischen x \Iythus 
ubergeht und diesen schliesslich in hellenischer 
V7eise allegonsiert, lasst noch die Art des Schrift- 
stellers erkennen; naturlich war alles uralte Weis- 

! inooft™? des Bel selbst ( Se 'i- "at. 
t^,' it U •, , qUl Bdum interpretatus est). 
Der Hauptteil der ,babylonischen Philosophic' 
konnte aber nur die Sternkunde sein; in alien 
griechischen Zeugmssen wird das Alter der babv- 

MWht UltUr n f h dem Alter der Stembeo- 

M bachtungen angegeben. Fflr die Mischung der 
Gedanken ist bezejchnend, dass B. die exxiocoo l? 
der griechischen Philosophie - an die Stoa speciell 
zu denken ,st mcht ratsam - auf astrologischem 
Wege berechnete (Sen. a. a. 0.). Diese Kapitel 
die im ersten Buche gestanden haben mlsen, 
smd ebenso wie die entsprechenden Manethos 
dem hellenischen Publicum sehr yiel intere.ssantei : 
gewesen, als die langweiligen Konigslisten und 
Onroniknotizen; aus ihnen stamraen alle Frae- 
SOmente, die mcht auf Alexander zuriickzufuhren 
sind, und Josephos (c. Ap. I 129) sagt geradezu, 
B sei dem gebildeten Publicum bekanntT weil er 
als Mitwisser die Geheimnisse der chaldaeischen 
- soil heissen babylonischen - Sternkunde und 
V7eisheit j unter die Griechen gebracht hatte (bnah 
: xeqi re aorgovo^as xa l „ e . e l Ta> ^aQa Xa/.dawi; 
qnloootpovLizvav amo ? ek rov; "Ellyvag ehmyxe 
rag ovyyeaqDas); der Zusammenhang zwingt zu der 
Annahme, dass damit die Baflvfataxd gemeint 
40 sind Unwahrscheinlich aber ist es ,' diss der 
Pnester des Bel seine gute Pfriinde in Babylon 
Sf ™. f c ' ne T a S trologische Schulc in Ko zu 
grunden (Vitruv. IX 7); es spricht ebenso ge-en 

t S \T, g ^ m die auch aus and «en Grlnden 
sehr bedenkhche Nachricht des Plinius (711 12Si 
von der Statue des B. in Athen, dass in ihnen 
B. nur Astro loge, mcht babylonischer Priester ist 
und ich mochte yiel eher glauben, dass diese Be 
hauptungen sich ebenso aus den astrologischen 
50Kapiteln der Ba(Svko>v M xa entwickelt hab?n wie 
das Marchen von seiner Tochter, der Sibylle aus 
deri kosmologischen als mit Maass (Aratea 226. 
Ai<) histonsche Schlusse aus ihnen Ziehen. 

■o i.i. ,r, , r. T [Schwartz.l 

Berothe {B n o^ n Joseph, ant, lud. V 63' 
alt estam. Berothai II Sam. 8, 8), Ort in Ob£ 
fl U 1 " alt " Zeit zum Aramaeerreich yon 
^oba gehong. Vielleicht das heutige Bereitan, 
M 1( '* St ™den sudhch von Ba'albek (Heliopolis). 
ISerozicha s. Brendike eilzln ger,J 

Berrabloion (B^oafil^v) , Ort im Gebiet 
Mylasas m Kanen, Le Bas 416. [Biirchnerl 

Berraras nens bei Greg. Tur. hist. Fr.Vl 
l (li) graviter tunc pagus Siodwtensis ae Ber- 
TEfS'V* 1 ? Jo / 0,licae ^astati sunt. Holder 

fcKr y P ?! « h ; atz S - V - stellt damit ^sammen 
mst. tr.x 61, 6 hums tempore aedificatae sunt 



318 



ecclesiae in vicis, id est Evina, Mediconno, Bar- 
rao, Balatedine, Vernao. Heut Barrou, dep. Indre- 
•et-Loire. Longnon Ge'ogr. de la Gaule au Vie 
siecle 263. [Ihm.] 

Berressa (fruhere Lesart Berresa), Stadt in 
Aithiopien am linken Ufer des Nils, Plin. n. h. 
YI 180. [Sethe.j 

Berrice. 1) Insel im nOrdlichen Meer, von 
Plin. n. h. IV 104 genannt : sunt qui et alias 
prodant, Srandias, Dumnam, Bergos maximam- 
que omnium Berricsn (Var. Nerigon, Verigori), 
ex qua in Ti/len navic/etur. Zeuss DieDeutschen 
195. Mulienhoff Deutsche Altertumsk. I 387 
(das shetliindische Mainland?). [Ihm.] 

2) Ortsname aus dem Innern Numidiens, Geogr. 
Kav. Ill 6 p. 149. S. Berzeo. [Dessau.] 

Berroia s. B e r o i a, 

Bersabe. 1) Ort in Siidpalastina (Euseb. 
Onom. ed. Lagardc 234, 100 Brjoaa^I; 299, 74 
Bt)ooao§d ; Hieron. ebd. 103, 32. 136, 14. Joseph, 
ant lud. I 212 Brjooovfiai; VI 32 Btoaovfid; 
VIII 348 BeQcjov^se- Not. dign. or. XXXIV 5. 
18 Berosaba und Benosabae; hebraische Form 
des Namens Be'er-scheba'). Damit identisch ist 
entweder der Bischofsitz Barsamon in der Land- 
schaft Geraritica (Not. episc. V 108) oder Biro- 
sabon in Palaestina tertia (Birosamon '? Not. episc. 
I 1006. V 133); moglicherweise auch das Ber- 
zamma des Ptolemaios (V 16, 10). B. lag im 
Aussersten Siiden von Palastina, daher die iibliehe 
Eedensart von Dan bis B. Der Ort , ,Sieben- 
"brunnen' oder ,Schwurbrunnen' genannt, spielt in 
den Patriarchensagen eine grosse Bolle. In der 
Geschichte ist er selten genannt; zur Zeit des 
Eusebios und Hieronymus bestand er noch als 
cin ansehnlicher Flecken mit rOmischer Garnison 
{Hieron. a. a. O.) ; spater Bischofsitz ; im 14. Jhdt. 
schon ganz verfallen; heute Euinenstatte Bir es- 
Seba' mit uralten Cisternen. Reland Palastina 
640f. B obin son Palastina I 337ff. Bitter Erd- 
kunde XIV 105—107. Palmer The desert of the 
Exodus II 387ff. Survey of Western Palestine 
Memoirs III 394f. 

2) Ort in Nordpalastina (Btjoaa/h} Joseph, bell, 
lud. II 20, 6. Ill 3, 1 ; Vita 188 Bngaov^vU) an 
der Grenze von Ober- und Untergalilaea gelegen, 
von Josephus wahrend des jiidischen Aufstandes 
unter Nero befestigt. Die Identification mit Be- 
Tosaba der Not. dign. or. XXXIV 5 ist sehr un- 
wahrscheinlich (s. Nr. 1). Dagegen ist unser B. 
als Birsaba bei alten Pilgern erwahnt und dem 
mittelalterlichen Heptapegon gleichzusetzen , wie 
der Name zeigt. Wahrscheinlich entspricht ihm 
die heutige Quelle 'Ain et-Tabigha am Nordwest- 
nfer des Tiberiassees. [Benzinger.] 

Bersabora s. P i r i s a b o r a. 

Berselum, Station in den centralen oder sud- 
lichen Teilen von Dalmatia. neben Situa. Derva. 
Bisua und Sapua vermerkt, Geogr. Eav. IV 19 
p. 218, 1. Zum illyrischen Nainen vgl. Ber- 
zela, ein Dorf im Gebiete der albanischen Skrelji; 
eher slawisch ist der Ort Brcelo oder Brceli, 
Monum. Serb. ed. Miklosich p. 112f. 

[Tomaschek.] 

Bersera (Tab. Peut.) , Ort in Syrien an der 
Strasse von Apameia nach Bathna und Hierapolis. 
Identisch damit ist wahrscheinlich Byrsa beim 
Geogr. Eav. II 15 p. 87. [Benzinger.] 



Bersima (Bsqoiuo), Ort in Mesopotamien, auf 
dem linken Ufer des Euphrat, Ptol. V 18, 5. 

[FraenkeL] 

Bersoyia (Tab. Peut. Geogr. Eav. IV 14 
p. 204, 3), Ortschaft in Dacia an der Strasse von 
Viminacium nach Sarmizegethusa , m. p. XXIV 
Arcidava (Versec), XXV Tibisco (Zupa bei Karan- 
sebes); vgl. Traianus Commentar. libra I (Priscia- 
nus VI p. 682 P.): inde Berxobim, inde ^Aixixi 
10 processimus. Noch jetzt erinnert die bei Zidovin 
vorbeifliessende Berzava, die sich mit dem Temes 
vereinigt, an den alten Namen, der im Dakischen 
.Birkenbach' bedeuten mochte, vgl. os. bane, lit. 
berlas, slaw, hrtxa (aus berxa) ,Birke'. 

[Tomaschek.] 

Bersnbai s. Bersabe Nr. 2. 

Bersnla, siidlicher Nebenfluss des Padus in 

Oberitalien (Tab. Peut.), wahrscheinlich zwischen 

Turin und der Tanarusmlindung. Nahere Bestim- 

20 mung bei der corrupten Zeichnung der Karte un- 

moglich. [Hiilsen.] 

Bersnmnum, Castell in Dalmatia, im Gebiet 
der Docleates, an der Strasse von Salona nach 
Scodra, Tab. Peut.; Halata • X- Bersumno • XVI- 
Sinna • XX ■ Scodra ; vgl. Burxumifnio), Bur- 
xum/inijo, Geogr. Eav.; Itin. Ant. p. 339: Alata 
• X- Birximinio • XVIII- China -XII- Scodra. 
Hoernes sucht Alata in Danilov-grad, demnach 
B. an der Vereinigung der Zeta mit der Moraca, 
30 zwischen Spuz und Podgorica (Doclea). 

[Tomaschek.] 

Berta (Br.oza), falsche Lesart bei Ptol. Ill 
12, 32 (13, 35) fur Bsgya, s. d. [Oberhummer.] 

Bertiskos (B^QTlaxog oder Beortoxov ogog), 
Berg in Makedonien, nach Strab. VII 329 frg. 10 
im Nordwesten zwischen Skardos und Adria, also 
etwa die ,nordalbanischen Alpen' (vgl. Kieperts 
Formae XVII), nach Ptol. Ill 12, 16 (13, 19) 
jedoch im ostlichen Makedonien, etwa der heutige 
40 Beschikdagh, s. Miiller z. St. und Kiepert N. 
Atl. v. Hell. VII. XIII. Entweder liegt also an 
einer Stellc cin Missverstandnis vor, oder es gab 
zwei Berge des gleichen Namens. In vollstan- 
diger Verwirrung liber beide Angaben befindet 
sich Chrest. Strab. Geogr. gr. min. II 575, wo 
noch dazu der Ursprung des Drilon auf den B. 
verlegt wird. [Oberhummer.] 

Bertula, kleine Insel an der Nordspitze Sar- 

diniens (Tab. Peut.). Nach La Marmora Voyage 

50 en Sardaigne (Atlas 2 a part. pi. 1) die kleine 

Insel Mai di Ventre gegeniiber Uapo Mannu. Spano 

Bull. arch. Sardo II 1856, 79. [Hiilsen.] 

Bertunum, Greg. Tur. in glor. mart. 62 apud 
Bertunensim oppidum. Birten bei Xanten? S. 
Holder Altkelt. Sprachschatz s. v. und den Artikel 
Beurtina. Longnon Geogr. de la Gaule au VI« 
siecle 384. A. Riese Das rheinische Germanien 
409. 466. [Ihm.] 

Berua, Name einer Stadt auf der stadtromi- 
60schen Vigiles-Liste, CIL VI 1058 (ant. 13) vom 
J. 210 n. Chr. und der wahrscheinlich den Prae- 
torianern angehdrende vom J. 168 VI 3559. Viel- 
leicht ist sie identisch mit den Beruenses , die 
Plin. HI 130 unter den Raetica oppida nennt. 
Ein collegium fabrorfum) centfonariorum) den- 
drfophororum} Bertien \s(ivm) auf der Inschrift 
von Feltria, CIL V 2071. Detlefsen Herm. XXI 
1886, 527 vermutet, dass der Name der Monti 



319 



Beruani 



Beryllos 



320 



321 



Berytos 



Berici bei Vicenza auf B.zuriickgehe. Vgl.Momm- rus wohl oft genug inofficiell bezeichnet worden 

sen CIL V p. 537. S. audi Beria Nr. 1. sein — falschlich eine massgebende Stellung in 

[Hnlsen.] der kaiserlichen Briefkanzlei hinzuzuerfinden, zu- 

Beruani (Tab. Peut.) s. Abritani. mal wenn gerade erzahlt wird, dass er die kaiser- 

Berurn, Castell im hispanischen Callaecien; lichen Erlasse zu beeinfiussen im stande ist, als 

das Bereme eastellum Limicorum (also vielleicht einem Kanzleibeamten jene hohe Wiirde anzu- 

am Fluss Limia gelegen) wird nur auf der In- dichten. Mithin neigt sich das Ubergewicht der 

schril't OIL II 5353 genannt. [Hiibner.] Grunde dahin, bier an Afranius Burrus zu denken, 

Beruth (BrjQovd), phoinikische Gottin ; nach wenngleich unbedingte Sicberheit nicht zu crzielen 
Philo Bybl. (bei Euseb. praep. ev. I 10 = FHG 10 sein wird. Friedlanders Bemerkungen (Sitten- 

III 567) war B. in der Sage die Schwester des geschichte 16 182) tiber die Person dieses (Beryl- 

Eliun (s. d.) nnd sie wohnten zusammen in der los-) Burrus gehen von der irrigen Voraussetzung 

Nahe von Byblos. Der Name ist verscbieden ge- aus, als sei Burrus die iiberlieferte Lesart im Texte 

deutet warden ; Ba'alat beruth = hebraeisch m-q des Josephus. [Henze.] 

,SchutzgOttin der Biindnisse' ; Ba'alat beruth = 2) Bisehof von Bostra in Arabia Petraea 'um 

hebraeisch ai1= ,Herrin der Cypresse' (Baud is- 235, dem Enseb als hervorragender Schriftsteller, 

sin Stud. z. semit. Relig.-Gesch. II 196). Steu- Verfasser vieler Briefe und Abhandlungen wohl- 

ding(in Roschers Lexik. I 784) weist darauf hin, bekannt, Seine Hinneigung zum Monarchianis- 

dass nach Steph. Byz. (s. BygvTog) BrjQovrl phoi- mus veranlasste.den Origenes, auf einer Svnode 
nikisch ,Fisch' bedeute (vgl. Hesycb. s. Bijovg). 20 zu Bostra (um 244) mit ihm liber die Trinitats- 

Also ware B. die Fischgottin ? Wenn der Name lehre Verstandigung zu suchen ; es gelang, den B. 

Ba'alat beruth^ iiberhaupt iiberliefert ware, wiirde fflr die — d"amalige — Orthodoxie (Euseb sagt 

am nachsten liegen, an die StadtgOttin von Bei- schonend : ,wieder') zu gewinnen. Euseb. hist, 

ruth ,bei Byblos' zu denken; vgl. Ba'alat Gebal eccl. VI 20, If. 33, 1—3. Danach Hieron. de vir. 

u- s. w. [Cumont] ill. 33, auch Sokrates hist. eccl. Ill 7 (schwerlicb 

Berya (Tab. Peut.), Ort in Syrien an der selbstandig). Erhalten ist von seiner Schrift- 

Strasse von Antiocheia nach Hicrapolis zwischen stellereinichts. VgLFr.Nitzsch Christl.Dogmen- 

Chalkis undBathna; hiichst wahrscheinlich iden- geschichte I 1870, 202f. [Jiilicher.] 

tisch mit Beroia, weil auch die Angaben der Tab. 3) Dass der von den Alten fir/Qv/.Acg, beryllus 
Peut. iiber die Lage nicht genau stimmen, s. B e- 30 (berullus) genannte Edelstein mit unserem heuti- 

roia Nr. 5. [Benzinger.] gen B. identisch sei, ist fruher oft bezweifelt 

Berybraces, iiberliefert bei Avien. or. marit. worden, wird aber heut allgemein angenommen; 

485 (p. 162 ed. Holder), herzustellen der Name vgl. Corsi Delle pietre antiche 277. LenzMine- 

des iberischen Volkes der Bebryccs. [Ihm.] ralogie d. Gr. u. Rom. 165. Plinius, der XXXVII 

Beryllos. 1) Von B. berichtet Josephus (ant. 76ff. iiber den B. handelt (darnach Isid. XVI 7, 

XX 183f.), die syrisch-griechische Partei in Kaisa- 5. Solin. 53), unterscheidet folgende Arten: meer- 

reia habe sich in ihren Streitigkeiten mit ihren griine (qui viriditatem maris puri imitantur), 

jiidischen Mitburgern an ihn gewandt und von die beste (heut den Namen Aquamarin ftihrendc) 

ihm .ein Schreiben des Nero erwirkt, wonach den Sorte; es ist die am haufigsten erwiihnte, bei 
Juden die biirgerliche Gleichstellung mit den 40 Dion. Per. 1011 u. 1119 als ylavxij lido;, Tryphiod. 

Griechen in Kaisareia wieder abgesproehen wurde ; exc. Troi. 69. Epiphan. de duod. gemm. 11: 

vgl. im allgemeinen Mommsen R. G. \ T 3 529. y\avxit,o}v ij,ev sBei, &a?.aTTopa<pr/g. Marbod. de 

Schiirer Geschichte des jiidischen Volkes I« 485. gemmisl2: lymphae marinae similes. Ferner 

Josephus nennt den B. einerseits xai&aycoyog des goldgelbe (in aureum colorem exeunfe fulgore), 

Kaisers Nero, anderseits liisst er ihn einen Posten auch chrysoberulli genannt (doch nicht identisch 

in der kaiserlichen Kanzleiabteilung ab epistulis mit dem heut so benannten Edelstein); blassere, 

Graeeis bekleiden. Ein solcher Beamter der letz- von manchen mit dem Chrysopras identificierte 

teren Art, selbst wenn er eine hohere Stelle inne (der aber zum Chalcedon gehOrt) ; hyacinthfarbene, 

hatte, konnte uns leicht unbekannt sein, von einem himmelblaue, wachsfarbe (auch bei" Epiphan. a. a. 
Erzieher des Nero mit diesem Namen sollten wir 50 0. aufgefuhrt) , olfarbige (colore olei, auch bei 

dagegen doch wohl etwas wissen. Diese tfber- Marbod. v. 200 : oleo similes), krystallartige. Als 

leguiig hat seit Hudson (s. Niese z. d. St.) Herkunftsort wird vornehmlich Indien bezeichnet, 

manche Herausgeber veranlasst, wohl in Erinne- Plin. 76 ; vgl. 78. Strab. XV 718. Diod. II 52, 3. 

rung an das taciteische (Tac. ann. XIII 2)' rector Dion. Per. 1115; als andere Fundorte werden ge- 

imperatoriae iuventae, in diesem xaidaywyog den nannt das Gcbiet des Euphrat, Dion. Per 1011 

Afranius Burrus (s. Bd. I S. 712 Afranius Nr. 8) Epiphan. a. a. O., der Taurus, Epiphan. a. a. O., 

zu suchen und aus B. im Texte des Josephus Pontus, Plin. 79, Scythien. Sid. Apoll. carm. 11, 

Burrus herzustellen. Niese in seiner Ausgabe 22 (wo jedoch Mohr Scythicus von beryllus 

nimmt die Anderung nicht auf, entschieden da- trennt, so dass darunter eher Smaragde zu ver- 
gegen spricht sich Sehurer (a. a. O. Aran. 40) 60 stehen wiiren, wie bei den calices yemmati des 

aus. Seine' Begrundung, die Charakterisierung Mart. XIV 109). Einen dem B. sehr ahnlichen 

des B. einerseits als naibaymybg tov Mgcovoe und Stein fand man im Inachos nach Ps.-Plut. de 

anderseits als ab epistulis Graeeis passe auf den fluv. 18, 3 p. 1160 E. In Indien waren nach 

Praefectus praetorio Afranius Burrus nicht, der Plinius besonders die langlichen B. beliebt, die 

dem_ Josephus (ant. XX 152) als solcher bekannt man durchbohrt als Schmuck trug, namentlich in 

sei, ist doch wohl nur in ihrem zweiten Teile an- Cylinderform ; die gewfihnliche Form des B. ist 

zuerkennen. Nun ist es wohl leichter , einem sonst das sechsseitige Prisma, nnd Plinius wusste 

xaidaywydg xov Ncgmrog — so mag Afranius Bur- nicht genau , ob sie in dieser Form von Natur 



Berytos 



322 



sich finden oder erst so geschliffen werden (76: deutend gewesen zu sein. Es wird zwar schon 

poliuntur omnes sexangula figura artificum vor Alexander als Hafenstadt genannt (Skyl. a. 

ingeniis, quoniam hebes unitate surda color re- a. O.), aber bei seinen Kriegsziigen nicht erwahnt. 

pereussa angulorum excitetur. 79 : quidam et Bei Gelegenheit der Thronstreitigkeiten zwischen 

angulosas statim putant nasci). Man verwandte Tryphon und Demetrios II. bezw. Antiochos VII. 

sie in rfimischer Zeit als Ringsteine , Prop. V 7, Sidetes (145—138 v. Chr.) wurde B. von Tryphon 

9, auch als Gemmen geschnitten, Anth. Pal. IX zerstbrt (Strab. XVI 735). Die ROmer bauten die 

544 (vgl. T 01k en Erklar. Verz. d. preuss. Gem- Stadt wieder auf; Agrippa siedelte dort die Ve- 

mensammlg. , Vorr. VIII) , odor besetzte damit teranen zweier Legionen (leg. V Macedonica und 
kostbare Gefasse, luv. 5, 37. Der B. gait stets 10%. VIII Augusta) an; die Stadt wurde zur romi- 

als ein besonders schoner und wertvoller Edelstein schen Colonie mit italischem Recht erhoben (Strab. 

(daher die Erfindungen bei Luc. var. hist. II 11. a. a. O. Eckheim356. Mommsen Res gestae 

28); nach Plin. 79 hatten die Inder nachgemachte divi Aug. 2 119), wahrscheinlich im J. 15 v. Chr. f 

B. durch Farbung von Bergkrystallen hergestellt in welches Jahr (= 2001 Abrah.) auch Eusebios 

(was Lenz 166 Anm. 612 fur unmo'glich halt). (chron. ed. Schoene II 142) die Griindung der 

TJber Aberglauben bezuglich des B. bieten die Colonie B. setzt. Der voile Name derselben war 

alten Schriftsteller nichts, wahrendMarbod v. 203ff. Colonia Mia Augusta Felix Berytus (CIL III 

anffihrt, dass er die Gattentreue zuriickfuhre, 161. 165. 166. 6041. LeBas 1842. Plin. n. h. 

seinen Trager bertihmt mache; auch sei Wasser, V 78. Joseph, bell. Iud. VII 3, 1. Digest. L 15, 
in dem ein B. liege, gut fur die Augen, beseitige 20 7. 8, 3; vgl. die Munzen). Auf einer Miinze aus 

getrunkenSchlucken,heileLeberleidenu. dergl. m. der Zeit Caracallas tragt sie den Namen Anto- 

Man pflegt unser Wort Brille etymologisch auf niniana (Eckhel III 357). Der Reihe nach ver- 

B. zuriickzufiihren, indem man annimmt, dass die schonerten Herodes d. Gr., Herodes Agrippa I. und 

altesten Brillen aus beryllfarbigem Glase herge- Herodes Agrippa II. die Stadt durch prachtige 

stellt worden seien, vgl. Beckmann ad Marbod. Bauten, besonders Theater (Joseph, bell. Iud. I 

206. tiber den heutigen B. , seine Varietaten, 21,11; ant. Iud. XIX 335ff. XX 211); glanzende 

Fundorte U. s. w. vgl. Kluge Handb. d. Edel- Spiele wurden dort abgehalten, so von Titus zur 

steinkunde 318ff. [Bliimner.] Feier der ZerstOrung Jerusalems (Joseph. beE. Iud. 

Berytos (B^vtog Skyl. peripl. 104beiMiil- VII 3, 1 u. a.). Aus jener Zeit diirften auch. die 
ler Geogr. gr. min. I 78. Strab. XVI 683. 755f. 30 Reste eines stattlichen Aquaeducts, welcher der 

Mela I 12. Plin. n. h. V 78. VI 213. XIV 74. Stadt Wasser aus dem Magoras zufiihrte, stammen. 

XV 66. Ptol. V 15, 5. Dion, perieg. 911. Steph. Seit der Mitte des 3. Jhdts. war B. Sitz einer 

Byz. Hierokl. 715. Not. episc. I 971. Nil. 82. weltberuhmten Hochschule fur romisehes Recht, 

Anon. Paraphrasis bei Miiller Geogr. gr. min. daher Iustinian sie nutrix legum nannte (Cod. 

II 421. Anon, orbis descriptio 25. 31f.; ebd. II lust. Anon, orbis descr. Gregor. Thaumat. Sokrat. 

517ff. Tab. Peut. Beritho; Itin. Anton. 149 Be- Sozom. aa. OO. u. a.). Im J. 529 zerstOrte ein 

rito; Itin. Hieros. 583 Birito; Geogr. Rav. II 15 furchtbares Erdbeben die ganze Stadt (Agath. 

p. 89 Birithon; V 7 p. 375 Piriton; Guido 94 Theophan. Georg. Cedr. aa. 00.); sie wurde nicht 

Biritos; Polyb. V 61, 9. Joseph, ant. Iud. XVI mehr in ihrem alten Glanz aufgebaut. Im J. 600 
361. XVII 287. XIX 335ff. XX 211; bell. Iud. 40 lag sie noeh in Trummern; 635 wurde sie von 

I 21, 11. 27, 2. II 5, 1. VII 3, 1. Herodian. Ill den Muslimcn mit leichter Muhe erobert. Von 

3,8. Amm. Marc. XIV 8, 9. Nonn. Dionys. XLI 1125— 1291 war B. mit geringen Unterbrechungen 

— XLIII Begot]. Malal. Chron. XVIII p. 485 ed. im Besitz der Kreuzfahrer. Dank der Fruchtbar- 

Dindorf. Gregor. Thaumatnrg. panegyr. ad Orige- keit des Bodens und der trefflichen Lage des 

nem p. 186f. Sozom. hist. eccl. I 11. Sokrat. hist. Hafens wurde B. bald wieder zu einer bedeuten- 

eccl. IV 27. Theophan. chron. 352 ed. Classen. den Handelsstadt ; namentlich dem Drusenfursten 

Nikeph. Kail. XIV 52. Georg. Cedr. I 523 ed. Fachreddin (1595—1634), der dort residierte, ver- 

Bekker. Prokop, hist. Arc. 25, ed. Dindorf III 140. dankte sie die Hebung ihres Handels. 

Agathias hist. II 15 p. 95f. ed. Niebuhr. Codex Die Umgegend von B. war wegen ihrer Lieb- 
Iust. I 17, 2. 9. X 49, 1. XI 21), Hafenstadt an 50 lichkeit und Fruchtbarkeit in alter Zeit beruhmt 

der phoinikischen Kiiste, an der Miindung des (Dion. a. a. 0.). Plinius (a. a. 0.) preist ihre 

Magoras (Nahr Beirut, Plin. n. h. V 78) gelegen. Trauben und ihren Wein ; die Producte ihrer 

Wie die meisten phoinikischen Stadte erhebt auch Leinenindustrie gingen friihe schon in die ganze 

B. den Anspruch hohen Altertums (Steph, Byz. Welt (Anon, orbis descr. a. a. 0.); in der spateren 

y.tiouaKqovov; vgl. Sanchuniaton bei Euseb. praep. Kaiserzeit war hier (und in Tyrus) der Mittel- 

evang. I 10 p. 45 ed. Heinichen : dem Poseidon punkt des grossten Seidenhandels und der Seiden- 

und den Kabiren geweiht). Nach Nonnus (Dionys. fabrication (Prokop. a. a. 0.). In Puteoli gab es 

XLI 364ff.) soil der urspriingliche Name der Stadt im 2. Jhdt, n. Chr. eine Colonie berytensischer 

Beroe (BeQorj) gewesen sein. Die Ableitung des Handelsleute (CIL X 1634). 
Namens B. ist nicht sieher; die urspriingliche 60 Das heutige Beirut (33° 50' nordlicher Breite) 

Form diirfte wohl Beerot (d. h. die .Brunnen') ist an der Siidseite der St. Georgsbai herrlich ge- 

gewesen sein (so schon von Steph. Byz. erklart) ; legen ; mildes Klima, flppige Garten ringsum. Be- 

weniger Wahrscheinlichkeit hat die andere An- deutendste Handelsstadt Syriens mit gutem Hafen ; 

nahme, dass B. wegen seiner Pinien (berosch) so Export von Getreide, Seide, Wolle. Hauptstadt 

benannt worden sei. Mit dem alttestamentlichen des gleichnamigen Wilajets, Centrum des orien- 

Berothai (II Sam. 8, 8. Ezech. 47, 16) ist es talischen Buchhandels in Syrien, ca. 115 000 Ein- 

nicht zu identificieren. wohner; zahlreiche europaische Institute. Nur 

In der phoinikischen Zeit scheint B. unbe- unbedeutende Altertumer. 



Pauly-WiBSOwa III 



11 



323 



Berzamis 



Besas 



324 



Inschriften s. CIL III 153—176 (vgl. add. 
p. 971). 6004—6042; Suppl. Ill 6668— 6695. CIG 
III 4529—4536. Le Bas et Waddington in 
1842—1850. Miinzen bei Eokhel III 354—359. 
Mionnet V 334—351; Suppl. VIII 238—250. 
Head HN 668. 

Forbiger Handbuch II 668. Robinson Pa- 
lastina Ill 725ff. Ritter Erdkunde XVII 62-64. 
432—459. Eenan Mission de Phenicie 342—353. 
Baedeker Paliistinau. Syrien 3 284— 294. Zumpt 
Comment, epigr. I 379. Marquardt R. Staats- 
verw. 12 427f. Movers Die Phonicier II HOf. 
Pietschmann Gesch. d.Phoenicier 50f. Schiirer 
Gesch. d. jiid. Volkes I 340. [Benzinger.] 

Berzamis (Var. Bersamis), Geogr. Rav. IV 7 
p. 187, 16, Ortschaft siidlich vom Haemus, dem- 
nach bereits in Thrake gelegen, zwischen Aquae 
calidae und Cabyle; etwa in der Lage von Kar- 
nabad oder Karnow. [Tomaschek.] 

Berzamma (Ptolem. V 16, 10), Ort in Sud- 
palastina in der Landschaft Idumaea; durfte ent- 
weder mit Birsama der Not. dign. oder mit Ber- 
sabe identisch sein; s. Bersabe Nr. 1 und Bir- 
sama. [Benzinger.] 

Berzana (BegCava), Castell Dardaniens (Pro- 
cop, de aed. IV 4 p. 281) , wahrscheinlich das 
heutige Nova-Berda. [Biirchner.] 

Bcrzeo, Ort Numidiens zwischen Milev (Mi- 
lah) nnd Cuicul (Djemila), Tab. Peut. Vgl. Tis- 
sot Geogr. compared de l'Afrique II 409. Viel- 
leicht nicht verscliieden von Berrice, Geogr. Rav. 
Ill 6 p. 149. [Dessau.] 

Berzetho (.B»?eC v&<*> Joseph, ant. Iud. XII 397; 
var. Bij&C »?#<" S I Makk. 7, 19 Bt}l;i&; wohl iden- 
tisch mit Zrj&ii) var. Bt]QCt)&a> Joseph, ant. Iud. 
XII 422), Ort in Iudaea in der Nahe von Jeru- 
salem; sonst unbekannt. [Benzinger.] 

Berzobis s. Bersovia. 

Besa {Brjoa, mit einem a: Strab. IX 426, vgl. 
auch B e s s a ; Demot. : Btjocusvg, auch Brjosevg ; vgl. 
sy BtioeEwr, Brjoate), attischer Demos im Kusten- 
bezirk der Phyle Antiochis, spater der Hadrianis 
zugeteilt, in welcher er, obwohl friiher nicht be- 
deutend , nach den Inschriften zu urteilen eine 
Hauptrolle spielte. Die Lage von B., im Berg- 
werksdistrict von Laurion, wird am genauesten 
durch die Angabe Xenophons (de vect. IV 43f.) 
bestimmt : sou fiiv yag drjTiov tizqI ra /iszcdXa 
h> xfj TiQoi ftecr/fiftgtav daXarxr/ rcTyog iv 'Ava- 
(pXvozct), t'<m 5' iv xfj Tigog agxxov tsXyog iv €>o- 
gixqj ■ djisysi dk rama tbr' ai./.rj).<ov a/upi za !£>;- 
xovxa oxdota. el ovr xal iv fieoqj xovro>v ysvoixo 
hzi Tip vyrjXozdxco Bi'jarjg xglxov sgv/na etc. Die 
Entfernung von Anaphlystos bis Thorikos betragt 
auf der nachsten Wegeverbindung tiber den Gruben- 
ort Kamiiresa zwischen 10 und 11 Kilometer, was 
zu den 60 Stadien bestens stimmt (Karten v. Att. 
Text VII. VIE 3 Anm.). Kamaresa liegt nur we- 
nig naher an Thorikos. Der westlich angrenzende, 
ma mehr als 110 m. hoher aufsteigende Kama- 
resaberg beherrseht auch die nordsiidlichen Thal- 
gange ; ihn wird Xenophon im Auge gehabt haben; 
(vgl. K. v. A. Text III— VI 25). B. konnte sich 
auch an seinem West- und Nordfuss (Thalgegend 
Syntcrini) ausgedehnt haben. Die Gegend von 
Barbaliaki oder gar Plaka, wo Loeper Athen. 
Mitt. XVII 422 B. ansetzen mOchte, liegt 1) zu 
weit nordlich von der Linie Anaphlystos und Tho- 



rikos; 2) innerhalb des alten Bergwerkbetriebes 
nicht central genug und 3) zu hoch fur den Na- 
men einer Waldschlucht {fifjooa). [MilchhOfer.] 

Besanduke (Beoavdovxr/ Sozom. hist. eccl. VI 
32. Nikeph. Kail. XI 39), Dorf in Iudaea, im 
Gebiet von Eleutheropolis (Bet Dschibrin). 

[Benzinger.] 
Besantinos (BtjoavzTvog) heisst im cod. Ambros. 
B 99 (saec. XIII) und Vatic. 434 (saec. XIV) der 

10 Verfasser eines in Gestalt eines Altars abgefassten 
Pigurengedichtes (Anth. Pal. XV 25, hier ddeoxo- 
xov), wohl nach dem zu Ehren des Antinoos um- 
genannten agyptischen Stadtchen Besa (Btjoavzi- 
voov nolie Hellad. bei Phot. bibl. p. 535 b 39). 
Der Eigenname ist vor dem Ethnikon ausgefallen 
und schwerlich jemals zu ermitteln. Die Lebenszeit 
des Dichters ist aus diesem jedenfalls richtig von 
Haeberlin Carm. fig. graec. 65 erschlossen; fur 
das hadrianische Zeitalter passt auch der ionische 

20 Dialekt , in dem dies metrische Kunststiick ge- 
schrieben ist, und das Akrostichon 'OXv/iats no).- 
Xoig i'leoi (lateinischer Ausdruck!) ■frvoeiag. Die 
Person dieses Olympios aber (nach v. 18. 19 offen- 
bar ein Dichter) muss unbestimmt bleiben; an 
Hadrian denkt Haeberlin a. a. O. 65 (vgl. Philol. 
N. P. Ill 283) schwerlich mit Recht. B. ist Nach- 
ahmer des Altars des Dosiades (s. d.), den er zu 
iiberbieten trachtet, doch ist seine Sprache im 
Vergleich zu dem schweren glossematischen Aus- 

30 druck seines Vorbildes verhaitnismassig einfach. 
Alteste Beniitzung durch den falschen Plutarch 
parall. 5, der nach dem ratselhaften (vcrderbten ?) 
Ayyovgov nllvfioig (v. 7) seine Mythistorie vom 
Midassotme Anchuros erfunden hat (angedeutet 
von B e r g k Anth. lyr. 2 LXXXIX, danach H a e b e r- 
lin Philol. a. a. O. 279, wo die zahlreichen Emen- 
dationsversuche verzeichnet sind). Zur Zeit Kon- 
stantins d. Gr. hat der eifrige Leser der griechi- 
schen Teehnopaignien Publilius Optatianus Por- 

40 fyrius neben Dosiades auch dieses Gedicht in seinem 
, Altar' nachgeahmt (26 Mull.). In der Pfalzer 
Hs. der Anthologie wird dem B. auch das Ei des 
Simias falschlich zugeschrieben, Bergk a. a. O. 
LXXXV, der p. LXXXVII noch eine andere irr- 
tumliche Erwahnung beseitigt. Bergk a. a. 0. 
LXXXV— XCI. Haeberlin Carm. fig. Graec. 31. 
63-66; Philol. a. a. 0. 279-284. [Knaack.] 

Br/aavTivoov (noXtg), nacb Phot. bibl. cod. 
279 (ed. Bekk. p. 529 b 25. 535 b 39ff.) anderer 

50 Name der mittelagyptischen Stadt Antinoupolis 
(s. d. Nr. 2). Der erste Bestandteil des Namens war 
vielleicht der einheimische Name der Stadt und 
hangt jedenfalls wohl mit dem Gotte Besas zusam- 
men, der hier vermutlich besonders verehrt wurde. 

[Sethe.] 
Besantio s. Bisontii und Vesontio. 
Besara. 1) Byo-apa (Joseph, vita 118), Ort 
in Paliistina im Gebiet von Ptolemais fAkka); 
nicht identificiert. [Benzinger.] 

60 2) S. BaeteTrae. 

Bessiro, nach Plin. Ill 1 5 eine zum Conventus von 
Gades gehOrige deltas stipendiaria in Hispania 
Baetica; die Lage ist unbekannt. [Hubner.] 

Besas (Bycag, Bi)oag) oder Besa [?] , iigypti- 
scher Gott, der sich erst seit dem 15. Jhdt. v. Chr. 
nachweisen liisst; urspriinglich eine Gottheit unter- 
geordneten Ranges, die sich in spaterer Zeit, 
namentlich als die Griechen mit den Agyptern 






325 



Besas 



Beseidai 



326 



in nahere Beruhrung kamen, einer ausserordent- 
lichen Popularitat erfreute. Die charakteristische 
komische Gestalt des B., unter der spater wahr- 
scheinlich aber auch andere ahnlich gehaltene 
Volksgottheiten (z. B. Harpokrates) dargestellt 
wurden, ist die eines missgestalteten zwerghaften 
Wesens (meist mannlich, bisweilen auch weiblich) 
mit halb tierischem Gesicht, mit grosser Haar- 
mahne (mitunter direct Lowen- oder Pavianskopf) 



diesem Orakel mag auch die Schrift des Leon von 
Byzanz (s. d.) jisqI Brjaaiov (Suid, s. Aeaiv) ge- 
handelt haben. Eine andere Kultusstatte war viel- 
leicht Antinoupolis in Mittelagypten, s.Bijoav- 
xiv6ov(n6i.ig). Darstellungen desB.,dessenTypus 
sich auch auf griechisch-arabischen Miinzen ge- 
funden hat (Erman Ztschr. f. Numism. IX 296ff.) 
und wahrscheinlich auch in die syrische und grie- 
chische Kunst aufgenommen ist (Six De Gorgone, 



und mit glotzenden Augen um die Lenden ein 10 Amsterdam 1885. Ed. Meyer Gesch. d. Alter- 



Pantherfell gebunden, dessen Schwanz herabhangt. 
Dass diese Pigur nicht einheimisches agyptisches 
Phantasieproduct war, geht mit ziemlicher Sicher- 
heit daraus hervor, dass sie meist gegen alle agyp- 
tische Regel en face statt en profil dargestellt wird; 
darauf weisen auch die Pradicate hin, die der Gott 
B. in den Inschriften erhalt : ,kommend aus dem 
Gotteslande' und ,Herr von Pwnt ; , ersteres eine all- 
gemeine Bezeichnung der im Svidosten von Agyp- 



tums I § 218), s. bei Krall Jahrb. d. kunsthist. 
Samml. des Kaiserhauses, Wien 1889, 72ff. Lan- 
zone Dizion. di mitologia egiziana I 202—221. 
Ill 73—79. Vgl. auch Drexler Mythol. Beitr. 
I 95f. 152 und in Roschers Lexikon I 2880f. 

[Sethe.] 
Besblkos. 1) Kleine Insel in der Propontis, 
ostlich von Kyzikos, der Miindung des Rhyndakos 
gegeniiber, Plin. n. h. V 151. Sie hatte urspriing- 



ten gelegenen und za Schiff durch das rote Meer 20 lich mit Bithynien zusammengehangen Plin n 

erreichbaren Weihrauchlander (etwa Sudarabien ' T "' " "' " ' — -— - -■'- 

oder die Somalikiiste) , letzteres der Name eines 
dieser Lander, dessen Bewohnern etwa der B. 
als GOtze gedient haben kOnnte. Die Rolle, 
die der B. auf den Denkmalern spielt, ist sehr 
mannigfaltig, seine wichtigsten Erscheinungsfor- 
men sind diese. Als Gott der Toilette wird er mit 
Vorliebe auf Toilettengegenstanden, wie Spiegeln, 
Schmink- und Salbnapfchen, oder auch selbst einen 



h. II 204. Skyl. 94. Strab. XII 576. Dioskor. mat. 
med. V 135 (136). Amm. Marc. XXII 8, 6. Steph. 
Byz. Jetzt Kalolimeno ; Texier Descript. de l'Asie 
Mineure II 155. Kiepert Specialkarte vom 
westlichen Kleinasien Bl. II; Form. orb. ant. IX. 
Bei B. fand sich eine besondere Sorte aXxvovsiov 
nach Dioskor. a. a. O. [Ruge.l 

2) Eponymos der kleinen ostlich von Kyzikos 
gelegenen Insel, nach Agathokles v. Kyz. nsgl 



l°} C ^y.f ^ e ? enst f. nd ^ tra g| nd k d 5g e f t ? 11 ^ in d e n 30 Kvfrxov frg. 1 (aus Steph. Byz. s. Beafimos] FHG 

ra- IV 288f.) einer der Giganten, welche Uferstucke 

losbrachen und durch das Meer (Propontis) walz- 
ten, um die Miindungen des Rhyndakos zu ver- 
stopfen. Aber Persephone, in Besorgnis um Ky- 
zikos, fesselte die FelsblOcke als Inseln und bannte 
unter sie mit Herakles' Hilfe die (aus dem Kampfe) 
iibrig bleibenden Giganten, darunter auch den B. 
{ffy&vioe). Als Parenthese zu vrjoov ist in dieses 
Excerpt eine fremde Angabe eingedrungen, die 



griechisch - agyptischen Zauberpapyri (K e n y o n 
Greek Papyri in .the Brit. Mus., Lond. 1893 p. 91) 
spielt der pifoog, d. i. die Schminke , des B. 
eine Rolle. Sodann erscheint der B. oft tanzend 
oder musicierend, vgl. den oQyrjoxrjv Btjoav Ai- 
yiinxiov , og hyvr f^ym aai.m£ci Anth. gr. app. 
30; Zwerge verwandten die Agypter seit alters 
zum Tanzen, besonders geschatzte erhielten sie 
zu diesem Zweck, wie wir wissen, gerade aus 



dem Lande Pwnt , der vermutlichen Heimat des 40 im Stephanos plenior ihren selbstandisren Platz 



B. (vgl. Maspero Recueil de trav. rel. a la philol 
et archeol. egypt. XIV 186f.). Ferner tritt derB 
mit der ungestalten Nilpferdgottin Thogris, die ein 
iihnliches Ansehen genoss, regelmassig in den Ge- 
biirtsdarstellungen auf, und seine Figur dient dem- 
gemass in den sog. ,Geburtshausern', die sich in 
der Nahe der grossen Heiligtiimer befanden, als 
Schmuck der Wande und Saulen. Friedlich wie 
in alien diesen Darstellungen ist auch der Charak 



gefunden hatte; B. sei genannt nach einem der 
spater hier angesiedelten Pelasger. tiber die 
Konkurrenz beider Bezeichnungen in der kyzi- 
kenischen Stadtgeschichte vgl. Artikel Encheiro- 
g as tores. [Tumpel.] 

Bescera Mess vielleicht im Altertum die 
Oase Biskra (im Siiden der algerischen Provinz 
Constantine) , nach einer Vermutung von Wil- 
manns (CIL VIII p. 276. 278), der darauf den 



ter des B. da, wo man ihn neuerdings falschlich 50 in der Collatio Carthaginiensis vom J. 411 ge 

als kriegerisch aufgefasst hat, niimlich wenn er i — " -**-.. - , . , 

mit Messern bewaifnet erscheint. Hier gilt er 
als Beschutzer, speciell als Abwehrer der schad- 
lichen Tiere (LOwen, Schlangen, Krokodile), und 
wird dabei nicht selten ein solches verriicntend 
dargestellt. Als Schutzgott fungiert er auch auf 
den Amuletten. Auf den agyptischen Gott B. hat 
Bernhardy mit Recht das Sprichwort Brjoa; 
iorrjxnv (Suid. s. v. Apost. IV 90 = Arsen. XII 96. 
App. proverb. I 54 ed. v. Leutsch), von einem mit 60 
aufgesperrtem Munde dastehenden dumm drein- 
glotzenden Menschen gesagt, bezogen. Als Ver- 
ehrungsort des B. nennt Ammian. Marc. XIX 12, 
3 die Stadt Abydos in Oberagypten, wo der Gott 
noch unter Constantin ein besuchtes Orakel hatte, 
wie durch zahlreiche dort gefundene griechische 
Proskynemata bestatigt wird (S a vce Proceed, of 
the Soc. of Biblical archeology XI 318). Von 



nannten episcopus Vesceritanus, und den in dem 
Bischofsverzeichnis vom J. 482 vorkommenden 
Berceritanus episcopus bezieht. [Dessau.] 

Besechana (Bsor/zava), Stadt inBabylonien am 
rechten Dfer des Euphrat, Isid. Charac. Geogr. 
Graec. min. I 249. [Fraenkel.] 

Beseda (Beat]Sa), Stadt der Caatellaner in 
Hispania Tarraconensis (Ptol. II 6, 70); die Lage 
ist unbekannt. [Hubner.] 

r Beseidai (B^aeidai Ptol. VII 2. 15, Var. Bt)- 
o&dat, Bioadai. Palladius de Brahman.), ein jen- 
seits des Ganges tiber dem Maiandros (zwischen 
Asam und Birma) hausendes Volk, das auch unter 
dem Namen Tiladai bekannt war ; es wareu Leute 

xoloflol xal n).axeig xal SaaeTg xal fckaxvTtQoocoxot, 
Xtvxol fievxoi xag y_goag — woraus deutlich ihre Zu- 
gehOrigkeit zur tibeto-birmanischen Volkerfamilie 
erhellt. Sie brachten das im Lande Kirradia ge- 



327 



Besera 



Bessas 



328 



329 



deihende ftaAdfla&Qov (skr. tamdla-patra , auch heit in die Zeit nach Beendigung des Dakerkriegs 
tvae~a-patra, hind, teg-pat), d.h. die ein aetherisches (102) verlegt werden ; vgl. noch Cagnat L'armee 
01 enthaltenden utid als Magenwiirze und Heil- romaine d'Afrique 321. [Henze.] 
mittel dienenden jungen Blatter hhgai) des Kas- Bessa (Bijaaa , von einigen Grammatikern 
siastrauches cinnamomumalbiflorum, -welche fiber Bfjoa geschrieben ; vgl. Be s a). 1) Stadt der Ost- 
einander gelegt und zuKiigelchen geballt wurden, lichen Lokrer, im Gebiet von Skarpheia, nach 
in den Handel, zumal nach dem Grenzlande von ihrer waldigen Umgebung (vgl. Bassai) benannt, 
Cina; diesen stummen Tauschverkehr der alljahr- II. II 532 mit Schol. Strab. IX 426. Steph. Byz. 
lich mit Weib und Kind zu den Sinai ziehenden 2) Ort, aus welchem Schreiben rfimischer Kaiser 
Brjoazai schildert in etwas verworrener Weise 10 von 330 und 340 datiert sind, Cod. lust. Ill 93, 3. 
bereits der Peripl. mar. Erythr. 65, wo sie eben- VIII 4, 5. Cod. Theod. VII 1, 30; wahrscheinlich 
falls Holofioi xai o<p68Qa TtXaxvnQoooinoi heissen = Bessapara in Thrakien, s. d. [Oberhummer.] 
und wo drei Sorten des folium Indicum unter- 3) Hauptort der rauberischen Bovxoioi (s. d. 
schieden werden, a<5<jo'-, fieao- und [uxoo-ofpaioov, Nr. 1) im nordwestlichen Teile des Nildeltas, He- 
welches letztere Plinius n. h. XII 44 laudatissi- liod. Aeth. VI 3. 9. 12 u. o. [Sethe.] 
mum nennt. Noch jetzt gedeiht der Kassiastrauch Bessaiana (Bsooatava , apogr. Monac. .Be- 
in Silhet und Rangpur, in den Khasiya- und (rain- £alava), Castell in Dardania, Procop. de aedif. 
tyahills, in Asam, Sikkim, Bhutan und Nepal, vgl. IV 4 p. 281, 47; vgl. Beaiava p. 281, 2. 
Lassen Ind. Alt. I 329f. Der Name der B. hatte [Tomaschek.] 
wohl skoptischen Sinn; Lassen Ind. Alt.-K. Ill 20 Bessapara (,Bessen-Markt'), Ort in Thrakien, 
37f. deutet ihn aus skr. vaisada ,triige, triibselig', Aparchie Thrake, an der Strasse von Serdika nach 
eigentlieh ,Giftesser', von visa ,Gift', neupers. beS Philippopolis , durch Iustinian I. befestigt, Itin. 
,aeonitum'; die persischen und arabischen Dro- Ant. 136 {Bessapara). Itin. Hieros. 568 (Basa- 
guisten z. B. Ibn-Baitar berichten, dass ein Volk pare). Procop. de aed. IV 11 {OvsaovnaQov). Jetzt 
im Sstlichen Himalaya, genannt Halhal (pi. Ha- BeSikara (Basikerowo) siidlich bei Tatar-Bazar- 
lahil), das Kraut bes als Zukost und ohne Able dzik, s. Tomaschek Die alt. Thrak. I 75. II 
Folgen, wie Lattich geniesst. Vivien de St. 2, 60. Kiepert Formae XVII Text 2. Jirecek 
Martin Histoire de la Ge'ographie 191. 193 ver- Heerstr. v. Belgr. n. Const. (Prag 1877) 37f.; 
gleicht das indische Volk Bhasada, dessen Sitze Arch.-epigr. Mitt. X 92f. bezieht aufB. die Ruinen 
nicht genauer bekannt sind. [Tomaschek.] 30 von Batkun (Barxoivwv der Byz.), siidwestlich 
Besera {Bqoijga, Joseph, ant. Iud. VJJ 34, von Besikaras, doch liegen dieselben abseits der 
var. BiorjQa und BrjoiQa), Ort in Sudpalastina, Strasse. Vgl. auch Kalopathakes De Thracia 
20 Stadien von Hebron entfernt. [Benzinger.] prov.Kom.30f. CIL IH suppl. 7412— 14. Bessa 

Besidiae, Stadt in Bruttium am Crathis (Liv. Nr. 2. [Oberhummer.] 

XXX 19), ungewisser Lage; s. u. Badiza. Bessara {BsooaQa), Stadt Assyriens am linkeri 

[Hfilsen.] Ufer des Tigris. Ptol.' VI 1, 3. [Fraenkel.] 
Besimoth (Btjoifico& Joseph, b. Iud. IV 7, 6) Bessas, ein Gothe aus Thrakien (Prok. Goth, 

s. Bethsimuth. I 10 p. 51. I 16 p. 81; vgl. Pers. I 8 p. 39, da- 

Besiimm (Besino Tab. Pent.), Ort in Aqui- zu Iordan. Get. 50, 265 und Mommsen Ausg. 
tanien an der von Lugdunum tiber Arelate, To- 40 p. VII), diente im ersten Perserkriege Iustinians 

losa nach Elusa ffihrenden Strasse, zwischen Eli- (bis 533) im kaiserlichen Heere, zuletzt mit Buzes 

berre (Auch) und Elusa (Eause). Schwerlich iden- als Commandant in Martyropolis (Pers. I 21 p. 107). 

tisch mit Belsinum (Itin. p. 463), und auch die Im italienischen Kriege diente er als Abteilungs- 

Identificierung mit Vanesia (Itin. Hier. 550) ist commandant unter Belisar (s. o. S. 219ff. Prok. 

nicht zweifellos. d'Anville Notice 671. Des- Goth. I 5 p. 26. I 10 p. 51), nahm Narnia, be- 

jardins Table de Peut. 53. Holder Altk. Sprach- stand dort ein Gefecht mit dem voriiberziehenden 

schatz s. Belsinum. [Ihm.] Gothenheere des Wittiges und zog sich auf Belisars- 

Besippo s. Baesippo. Befehl nach Rom zuriiek (Prok. Goth, I 16 p. 81. 

Besiiis. P. Besius P. f. Betuinianus C. Marius I 17 p. 84f.), wo ihm der Befehl iiber die Posten 
Memmius Sabinus aus der Tribus Quirina, diente 50 am praenestinischen Thore anvertraut wurde (Goth. 

im Felde als praefectus der cohors I Maetorum, I 18 p. 92. I 19 p. 96) und wo er sich wahrend 

als tribunus der legio X gfeminaj p(ia) ffidelisj der einjahrigen Belagerung in mehreren Gefechten 

und als praefectus der ala Dardanorum. Er ver- auszeichnete (Goth. I 27 p. 128. II 1 p. 145). ' 

sah ferner den Posten als Procurator in der kaiser- Auch an der Belagerung von Ravenna (539 — 40) 

lichen Miinze und als Procurator der fiinfprozen- nahm er teil, scheint aber zu den Generalen ge- 

tigen Erbschaftssteuer, w-ar dazwischen Procurator hort zu haben, die gegen Belisar intrigierten (Goth. 

in der Provinz Hispania Baetica und nachher stell- II 29 p. 270). Er blieb in Italien zuriiek , als 

vertretender Statthalter der Provinz Mauretania Belisar abberufen wurde, und nahm teil an dem 

Tingitana mit dem Titel procurator pro legfato) ; ungliicklichen Zuge gegen Verona (541) und an 
im Dakerkriege Traians hat er sich militarische 60 der Schlacht bei Mucella (Prok. Goth. II 30 p. 272. 

Auszeichnungenetworben: CIL VIII 9990. Nach IH 3. 4) und hielt dann Spoleto besetzt (Prok. 

diesem Kriege, zu Lebzeiten Traians, wahrschein- Goth. HI 6 p. 302). Belisar schickte ihn nach 

lich wegen der fehlenden Zusatze Optimus und Rom, wo er die 3000 Mann starke Besatzung be- 

Parthicus vor 114/115, ist diese Inschrift gesetzt fehligte, als Totilas zur Belagerung der Stadt 

worden. Darf man aus dem Umstande, dass die schritt, war aber nicht dazu zu be wegen, mit den 

Inschrift _ in Mauretanien gefunden ist , folgern, remischen Hiilfstruppen, die sich in Porto festge- 

dass sie ihm wahrend seiner dortigen Verwaltung setzt hatten, nach gemeinsamem Plane gegen die 

gesetzt ist, so mass diese Thatigkeit mit Sicher- Gothen vorzugehen (545—546), und auch als Be- 



Bessike 



Bessoi 



330 



lisar selbst von Porto aus einen Entsetzungsver- schaft erst nach langen Kampfen, welche M. Lu- 

such machte, verhielt sich B. ganz unthatig. cullus im J. 72 mit einer grossen Schlacht am 

Hunger und Not waren in der Stadt aufs ausserste Haimos und Eroberuug ihrer Stadt Uscudama be- 

gestiegen; aber B. dachte nur an die Vermehrung gann, Eutrop. VI 10 (8). Ruf. Fest. 9. Amm. 

seiner Reichtumer, hielt die fur Soldaten und Volk Marcell. XXVII 4, 11. Ebenso unterlagen sie im 

bestimmten Getreidevorrate zuriiek und verkaufte J. 60 dem C. Octavius (Vater des Augustus), Suet, 

nur um schweres Geld das Allernotwendigste oder Aug/3. Bald darauf (57/56) hatten sie unter der 

die Erlaubnis , aus Rom zu entfliehen (Marcell. Gewaltthatigkeit des L. Calpurnius Piso zu leiden, 

Com. zum J. 545. Prok. Goth. Ill 13 p. 327. BEI welcher ihren Fiirsten Rabocentus toten liess, Cic. 
15. 19, vollstiindig bestatigt durch Pragm. sanctio 10 Pis. 84. Im Bilrgerkriege (48) finden wir B. im 

pro pet. Vig. 7). Als dann die ungenugend be- Heere des Pompeius, Caes. b. c. Ill 4, 6; doch 

wachte Stadt von Totilas tiberrumpelt wurde, floh bald darauf (43) musste sie Brutus fur ihre Riiu- 

er ohne Kampf aus Rom (Prok. Goth. Ill 20 bereien ziichtigen, Cass. Dio XL VII 25, 1. Spater 

p. 363f.). Im J. 550 wurde B. zum Magister mi- (29 v. Chr.) zog M. Licinius Crassus wider sie 

litum per Armeniam ernannt (Iordan. a. a. O. zu Felde und iiberwies das in ihrem Gebiete ge- 

nennt ihn patricius) und in die Lazica geschickt, legene Heiligtum des Dionysos den Odrysen, Cass, 

wo er an Stelle des Dagisthaios trat. Er be- Dio LI 25, 5. Dies hatte neue Aufstande und 

stimmte einen Teil seines Heeres gegen die ab- Kampfe mit den Odrysen zur Folge, deren Fiirst 

gefallenen Abasger und belagerte selbst mit 6000 Rhoimetalkes mit Hfilfe des M. Lollius die B. 
Mann Petra, das von 2300 persischen Kerntruppen 20 besiegte, ebd. LIV 20, 3 ( jedenfalls vor 16 , in 

verteidigt und auf das beste befestigt und ver- welchem Jahre Lollius in Germanien befehligte, 

proviantiert war. Nach langerer Belagerung ge- und nach dessen Consulat im J. 21). Neuerdings 

lang es, die tapfer verteidigte Stadt mit grossen erhoben sie sich unter Fuhrung des Dionysos- 

Verlusten im Sturm zu nehmen und die Citadelle priesters Vologaeses und drangen bis zum Cher- 

in Brand zu steeken (Winter 550—551). Der sones vor, erlitten aber im J. 11 durch L. Piso 

mehr als 70jahrige B. hatte selbst die Sturmleiter eine entscheidende Niederlage, ebd. 34, 6, vgl. 

bestiegen, war in die grosste Lebensgefahr ge- Sen. ep. XII 1, 14. Flor. IV 12, 17. Veil. II 98. 

kommen, hatte aber nicht abgelassen, zu kampfen Antip. Anth. Pal. VI 335. IX 428. Appian. 111. 

und die Seinen anzufeuern, bis die Stadt genom- 16 (wenn hier nicht ein gleichnamiges Volk in 
men war (Prok. Goth. IV 9. 11. 12). Nach dem 30 Illyrien gemeint ist). Seitdem blieben sie der 

Siege aberging B. nach Armenien zuriiek, um romischen Herrschaft unterworfen, galten aber 

den Provincialeh Geld auszupressen, und iiberliess immer noch als ein sehr rauberisches Volk , das 

die rOmischen Heere jenseits und am Phasis ihrem in armseligen Hutten wohnte, Strab. VII 318. 

Schicksale und dem_ drohenden Angriffe der Per- 331 frg. 48. Ihre Wohnsitze waren nach Strabon 

ser (Prok. Goth. IV 13 p. 525). Als nun die am oberen Hebros zwischen Haimos und Rhodope, 

romischen Heere gegen die Perser den kiirzeren als NachbarvOlker bezeichnet er die Paionen, Au- 

zogen, beschuldigte der KOnig der Lazer, Gubazes, tariaten, Dardaner, Odrysen, Sapaeer. Nach Plin. 

die rfimischen Generale bei Iustinian wegen ihrer n. h. IV 40, der sie zwischen Strymon und Nestos 

Pflichtvergessenheit ; und der Kaiser entsetzte in wohnen lasst, zerfielen sie in zahlreiche Stamme, 
der That den B., confiscierte seine Giiter und ver- 40 zu denen wohl die Diobessi (s. d.) gehorten. Un- 

bannte ihn bis auf weiteres in das Land der klar ist, ob mit TexeaymQixai oder TexQay-co/ioi 

Abasger (im J. 554. Agath. II 18 p. 104. Ill 2 bei Steph. Byz. (s. o.) em einzclner Stamm oder 

P- 140). _ [Hartmann.] das ganze Volk gemeint ist. Ihr Gebiet (Bessiea 

Bessike {Beoocxr}, Bessiea), das Gebiet der Plin. n. h. XI 217, Beomxr]) bildete nach Ptol. 

Bessoi, s. d. [Oberhummer.] Ill 11, 6 (9) einen der vierzehn (50 nach Plin.) 

Bessol [Brjaaoi, Biaooi, s. fiber Schreibweise Verwaltungsbezirke (aToar^yiat), in welche die seit 

undAbleitung des Namens Tomaschek Die alt. 46 n. Chr. eingerichtete Provinz Thracia zerfiel, 

Thrak. I 72f.), ein thrakisches Volk, zuerst ge- s. Kalopathakes De Thrac. prov. Rom. (Lips, 

nannt bei Herod. VII 111 , wo dasselbe als ein 1893) 22. Noch lange galten die B. als eines 
Bestandteil der Satren (s. d.) und mit dem Dienst 50 der HauptvSlker Thrakiens, Ovid, trist. Ill 10, 5. 

im Orakel des Dionysos betraut erscheint, s. Bah r IV 1, 67. Lucan. V 441 m. Schol. Gal. XIX 88. 

z. St. In der Geschichte der Kriege Philipps II. Isid. orig. IX 2, 91. Hauflg erscheinen Ange- 

und Alexanders d. Gr. flndet sich der Name der hOrige desselben in Inschriften der Kaiserzeit, CIL 

B. in unseren Quellen nicht, doch gedenkt Polyaen. Ill 104. 557f. 4378. 5796. 6109. 6233. Ill p. 844, 

IV 4, 1 eines Feldzuges des Antipatros gegen die 22. 854. 31. 863. 25. V 6733. VI 2699. 3177. 

TtiQayaoTzai , unter welchen nach Strabon bei 3205. X 1754. XIV 234, eine cohors II Flavia 

Steph. Byz. B. zu verstehen sind ; dieser Zug fallt Bessorum ist fur 105 in Moesia inferior , fur 

wahrscheinlich in das J. 331, s. Droysen Hellen. 129 in Dacia bezeugt, CIL III p. 865, lOf. 876, 

I 1, 394f. Auch bei Polyaen. IV 2, 16 und Arrian. 6f. S. auch CIG H 3497. IGS I 23. Ruhmend 
I 1, 6f. wird man zunachst an die B. zu denken 60 wird ihrer Geschicklichkeit im Bergbau gedacht, 

haben, s. Tomaschek 73f. Erst gelegentlich Veget, II 11. IV 24. Claud. Mall. Theod. cons. 

eines Feldzuges Philipps III. im J. 183 v. Chr. 41. Paul. Nol. carm. 17, 269ff. Pacat. paneg. 

werden die B. wieder ausdriicklich erwahnt, Pol. Theod. d. 28. Tomaschek 76. Jirecek Heerstr. 

XXni 8 (XXIV 6), 4. Liv. XXXIX 53, 12. Sie v. Belgrad nach Const. 39f. Ihre sprichwortliche 

spielen von nun ab als Hauptvolk Thrakiens eine Wildheit wurde jedoch erst durch das C'hristen- 

ahnliche Rolle wie friiher die Odrysen. Von den turn gebandigt , dessen Ausbreituhg bei den B. 

makedonischen Konigen kaum je 'dauernd unter- gegen Ende des 4. Jhdts. hauptsachlich dem daki- 

wnrfen, fiigten sie sich auch der rOmischen Herr- schen Bischof Niketas zu danken ist. Paul. Nol. 



331 



Bessos 



Bestattung 



332 



cam. 17, 205ff. Hieron. ep. 60, 4 (XXII 592 
Migne). Noch im 6. Jhdt. und spater erscheint 
das Volkstum der B. in kirchlichen Zeugnissen, 
welche Tomaschek 77 anfiihrt, ebenso in byzan- 
tinisohen Schriftstellern bis auf Iustinian I., ebd. 
78. Prokop. Goth. II 26. Theoph. 145. 379 de 
Boor. Vgl. Tomaschek Brumalia und Rosalia, 
S.-Ber. Wien LX (1868) 357. 388. 393ff.; Die 
alt. Thraker I (ebd. CXXVIII 1893). Mommsen 
R. G. V 22. [Oberhummer.] 

Bessos (Brjooog), Satrap von Baktriane, wird 
in der Schlacht bei Gaugamela als Befehlshaber 
der baktrischen, sogdianischen mid indischen Con- 
tingente in Dareios Heer erwahnt (Arrian. Ill 8, 
3; vgl. auch Curt. IV 6, 2. 12, 6). Als Alexan- 
der von Ekbatana aus Dareios verfolgte, nahm B, 
im Verein mit andern persischen Befehlshabern 
letzteren gefangen, uberliess ihn aber dann seinem 
Schicksal (Jnli 330) und setzte mit den Genossen 
seines Abfalles seine Flucht nach Baktrien fort 
(Arrian. Ill 21ff. Diod. XVII 73f. Curt. V 8ff. 
Plut. Alex. 42). Der Grund, den B. nach Arrian. 
Ill 30, 4 nach seiner Gefangennahme als aus- 
schlaggebend fiir sein Vorgehen gegen Dareios Ale- 
xander gegenliber aussprach , bezeichnet gewiss 
nicht das wahre Motiv, sondern er wollte offenbar 
selbst KOnig werden und als solcher in wirksame- 
Ter Weise die letzten Krafto des Perserreiches zum 
Widerstande gegen Alexander zusammenfassen, wie 
sich dies auch aus dem, was er naehher that, er- 
giebt. Alexander (s. Bd. I S. 1426) trat dann von 
Hyrkanien aus die Verfolgung des B. , der jetzt 
als persischer GrosskCnig auftrat und sich den 
Namen Artaxerxes beilegte, an, verliess aber in- 
folge des Abfalles des Satibarzanes, des Satrapen 
von Areia, zu B. die Strasse nach Baktra und 
wandte sich sudwiirts (Arrian. Ill 25, 3ff. Curt. 
VI 6, 13. 20ff.). Erst nachdem er die sfidostlichen 
Landschaften des Perserreiches unterworfen hatte, 
zog Alexander im Fruhjahr 329 von neuem gegen 
B., der das Land no'rdlich vom Parapamisos.(Hm- 
dukusch) verwiistet hatte, um seinem Gegner den 
Durchmarsch durch dasselbe unmeglich zu machen 
(Arrian. Ill 28, 8). Der Plan des B. misslang 
aber, A. fiberschritt den Oxos. B., der haupt- 
sachlich von seiten der sogdianischen Reiter unter 
Spitamenes und der Daher Unterstiitzung gefun- 
den hatte, wurde jetzt (329) von seinen Genossen 
im Stich gelassen und fiel in die Hande des Ptole- 
maios, der von Alexander ausgesandt war, um sich 
des B. zu bemachtigen (Arrian. Ill 29, 6f. 30, Iff. 
nach Ptolemaios selbst; dem gegenfiber ist der 
Bericht des Aristobul, anscheinend zugleich die 
vulgare Tradition , dass Spitamenes und Data- 
phernes B. an Alexander ausgeliefert hatten, Ar- 
rian. Ill 30, 5; vgl. auch den ausgeschmuckteren 
Bericht bei Curt. VII 5, 19ff. 36ff. — kurzer Diod. 
XVTI 83, 7ff. — zu verwerfen). B. wurde nach 
Baktra gesandt, dort fiber ihn als Hochverrater 
das Todesurteil ausgcsprochen, dieses aber in Ekba- 
tana in einer Versammlung von Medern und Persern 
vollstreckt (Arrian. HI 30, 5. IV 7, 3. Curt. VII 
10, 10; vgl. auch Kaerst Forsch. z. Gesch. Alex. 
d. Gr. 61f.). [Kaerst.] 

Bestattung. Das alteste Zeugnis fur grie- 
chische B.s-Sitte sind die einer um 1500 v. Chr. 
bliihenden Kultur angehorigen Graber in Mykene 
(s. d.) und anderen Teilen des ostlichen Griechen- 



lands. Die Leichen wurden vollstandig bekleidet 
und geschmuckt, vornehme mit reichem Gold- 
schmuck, die Manner mit ihren Waifen, unver- 
brannt beigesetzt; mehrfach wurde bei Mannern 
und Kindern das Gesicht mit einer Goldmaske 
bedeckt, bei Kindern auch Hande und Fiisse in 
Goldblech eingehiillt. Neben den Toten stellte 
man allerlei Gerat, dessen er sich im Leben 
bedient hatte: bei Frauen ausser mancherlei 

10 Schmucksachen auch Loffel, Messer, Becher und 
Gefasse aus Silber, Kupferkessel , Thongefasse, 
Wagen, Thonidole; bei Mannern ausser den Waf- 
fen (Schwerter, Dolche, Lanzen, Pfeilspitzen, Brust- 
platten, Schilde) auch goldene und silberne Becher 
und Kannen, Kessel und Kannen aus Kupfer u. s. w. 
Auch kleine G&tterbilder wurden den Toten mit- 
gegeben. Schliemann Mykene 185. Die Bei- 
setzung geschah teils in rechteckigen Gruben, die 
1 — 5 Leichen in einem durch Steinplatten ge- 

20 deckten Hohlraum enthielten , teils in kuppel- 
fermigen oder rechteckigen, durch einen Gang zu- 
ganglichen Grabkammern. Und wie man durch 
die erwahnten Beigaben den Aufenthalt im Grabe 
als Fortsetzung des Lebens charakterisierte, so ist 
auch die Form der Grabkammern der der Woh- 
nung nachgebildet: die der Kuppelgraber vermut- 
lich einer primitiven Hiitte, die viereckigen" Kam- 
mern spateren Hausern, mit Andeutung der Dach- 
schriigung. Beide Arten von Grabkammern waren 

30 Familien graber: einige Kuppelgraber hatten Thu- 
ren; im ubrigen wurde nach jeder B. der Zugang 
roh vermauert und der Gang verschfittet und 
bei einer folgenden B. wieder uufgegraben. Die 
Leichen wurden in denselben entweder einfach 
auf den Boden gelegt oder in mit Steinplatten 
ausgelegten Gruben, wie es scheint in sitzen- 
der Stellung (T sunt as 'Ey. &q X . 1888, 132), 
beigesetzt: eine sicher erhaltene Grube der Art, 
im Kuppelgrab von Vaphio, ist 2,25 X 1,10 m. 

40 gross und 1 m. tief. Solche Familiengraber wur- 
den lange Zeit hindurch benutzt: war der Raum 
zu eng geworden, so schob man die Gebeine alterer 
Leichen zu einem Haufen zusammen. Nach einer 
Vevmutung Orsi's (Ant. Mon. dei Lincei I 219ff.) 
dienten zur Aufnahme solcher alteren Gebeine 
gewisse in kretischen Grabern derselben Periode 
gefundene Thonsiirge (a. O. Taf. I. II), die fiir 
Aschcnurnen zu gross, fiir Beisetzung unverbrann- 
ter Leichen zu klein sind (0,70— 0,99 X 0.35—0,45 ; 

50hoch 0,52 — 0,64). Wie die Grabkammern, so 
geben auch diese Siirge sich durch die dachartige 
Form des Deckels unzweifelhaft als Abbild des 
Hauses zu erkennen. Ausserhalb Kretas sind 
Sarge mykenischer Zeit bisher nicht gefunden 
word en. 

In einem vereinzelten Falle liess die Erhal- 
tung der Leiche auf eine Art Einbalsamierung 
schliessen (Schliemann Mykene 341); diese fand 
wohl nur statt, um die Leiche bis zur Beisetzung 

60 zu conservieren. Streitig ist noch, ob auch Lei- 
chenverbrennung stattfand. Zwar von vollstan- 
diger Verbrennung ist keine Spur gefunden wor- 
den; jedoch schliessen Schliemann (Mvkene 181. 
192. 247. 334. Vorr. XLI) und Stamatakis 
(Athen. Mitt. Ill 1878, 277) aus den in den Schacht- 
grabem auf deT Burg von Mykene und auch in 
einem Kuppelgrab (beim Heraion) gefundenen 
Brandspuren auf eine teilweise (rituelle) Verbren- 



333 



Bestattung 



Bestattung 



334 



nung. Dagegeu Helbig Horn. Epos 2 51, welcher 
namentlich die Erhaltung des dlinnen Goldblech- 
schmucks geltend macht und die Asche auf im 
Grabe selbst verbrannte Totenopfer zuriickfuhrt; 
dieselbe ware dann iiber die Leiche gestreut wor- 
den. Fur teilweise Verbrennung auch Orsi Mon. 
ant. dei Lincei I 219: der Goldschmuck ware dann 
erst nach derselben angelegt worden. Da aber 
die Annahme der Bekleidung (denn die Gold- 
sachen — Plattchen zum Aufhahen — sind von der 
Kleidung nicht zu trennen) und Schmuckung nach 
einer teilweisen Verbrennung im Grabe selbst 
(und nur auf eine solche fiihren die Brandspuren) 
sehr bedenklich ist, so wird wohl bis auf weiteres 
daran festzuhalten sein, dass die Leichen unver- 
brannt beigesetzt wurden, die Brandspuren aber 
von Totenopfern herriihren. 

Diese waren also in der Grube selbst vor Bei- 
setzung der Leiche verbrannt worden. Andere 
Spuren von bei der B. dargebrachten Opfern sind 
folgende. In dem Schutt des Ganges einer Grab- 
kammer bei Mykene, vor dem Eingange zu dieser, 
fand man Knochen von Tieren und mehreren 
Menschen : letztere wohl nur durch die Annahme 
von Menschenopfern , wie bei der B. des Patro- 
klos, zu erklaren (Tsuntas 'Etp. aQ%. 1888, 130). 
In der Nebenkammer des sog. Atreusgrabes ist 
eine runde Vertiefung in Form einer grossen Wasch- 
sehussel, die als Opfergrube erklart wird. Im Ein- 
gangsraum (aro/ntov) des Kuppelgrabes von Vaphio 
ist eine Opfergrube, gross 1,93x1,60 — 1,80 m., 
ticf 1,90. Eine ummauerte Opfergrube fand sich 
auch fiber dem 4. Grabe auf der Burg von Mykene, 
8 Fuss unter der Oberflache. In den einf'achen 
Grabern von Nauplia (Ath. Mitt. V 1880, 154) 
und in den Kuppelgrabern von'Menidi (Koehler 
Kuppelgr. v. Men. 55) und Dimini (Ath. Mitt. 
XII 138) fand man Reste von vcrbrannten Opfer- 
tieren. 

Die Litteratur iiber die Ausgrabungen siehe 
unter Mykenai. Zusammeivfassend Helbig Horn. 
Epos2 50ff. Schuchhardt Schliemanns Ausgra- 
bungen 2 174ff. Von Rohden in Baumeisters 
Denkm. II 983ff. Busolt Griech. Gesch. 18ff., 
ebenda 3ff. gute Ubersicht der Litteratur. Perro t- 
Chipiez Hist, de Tart VI 561ff. 

Wie heilig die in erster Linie den nachsten 
Verwandten obliegende Pflicht der B. gehalten 
wurde, auch nach einer Schlacht, ist bekannt ge- 
mig ; es geniigt an Sophokles Antigone und an 
den Arginusenprocess zu erinnern. Selbst Feinde 
nicht zu begraben gait fiir gottlos. Paus. I 32, 5. 
IX 32, 9. In Athen gait fiir hayr/s, wer einen 
Leichnam fand und nicht mit Erde bedeckte, 
Schol. Soph. Ant. 255. Ael. v. h. V 14. Der 
Sohn, den der Vater zur Unzueht vermietet hat, 
ist nicht zur Ernahrung, wohl aber zur B. des- 
selben verpflichtet, Aeschin. I 13. Ist die Leiche 
nicht zu erreichen, so wird wenigstens, bei Homer 
und spater, ein Denkmal, ein ,leeres Grab' (Keno- 
taphion : s. d.) errichtet und an diesem die Toten- 
opfer dargebracht. Die in der Fremde gefallenen 
Genossen, deren Leichen er nicht mitnehmen kann, 
ruft Odysseus jeden dreimal mit Namen (Od. IX 
65), d. h. er ruft ihre Seelen, ihm zu folgen in 
die Heimat, wo ihnen eben das Kenotaphion er- 
richtet werden soil. Und gewiss ist es griechische 
Sitte, dass auch an diesem wieder, gleich nach 



der Errichtung und wieder beim Opfer, die Seele 
dreimal mit Namen gerufen wird. Verg. Aen. 
VI 505; vgl. Ill 303. 

Von der Zeit der homerischen Gedichte an 
sind die B.s-Gebriiuche bei den Griechen wesent- 
lich dieselben geblieben, und zum Teil stellen- 
weise noch heute iiblich: s. hieriiber C. Wachs- 
muth Das alte Griechenland im Neuen, Bonn 
1864, 105—125, nach Vorgang von Proto- 

lOdikos IIsqI xrj; naQ jjptv tafpfjg fisra arjfisi- 
o>oea>v xal TvagafiaXmv jtQog xtjv xa<pr/v tav &Q- 
yaicov, Athen 1860. An manchen Orten waren 
sie Gegenstand der Gesetzgebung, durchweg im 
Sinne einer Einschrankung des Luxus und der uber- 
massigen Ausserungen des Schmerzes. In Athen 
gab Solon hierauf beziigliche Gesetze: Plut. Sol. 21. 
Demosth. XLIII 62. Cic. de leg. II 59ff.; von 
spateren Gesetzen spricht Cic. a. O. 64; weiterc 
Bestimmungen gab Demetrios von Phaleron, Cic. 

20 a. O. 66. Plutarch (a. O.) sagt, dass in seiner 
Heimat Chaironeia ahnliche Bestimmungen galten 
wie die Solonischen. Auch in Sparta galten auf 
Lykurg zuruckgefuhrte Bestimmungen fiber B. 
tjber Gesetze des Pittakos in Mytilene s. Cic. 
a. O. 63, fiber Syrakus Diodor XI 38, 2. Er- 
halten ist ein Gesetz fiber B. aus Iulis auf Keos 
in einer Inschrift aus der 2. Hiilfte des 5. Jhdts. ; 
doch ist das Gesetz alter. Dittenberger Syl- 
loge468. Koehler Ath. Mitt. I 1876, 139. Rh. 

30 Mus. N. F. XV 467ff. Gesetz von Gambreion fiber 
die Trauer, aus der Zeit nach Alexander, CIG II 
3562. 

Nach dem Zudrucken der Augen und des 
Mundes (Horn. II. XI 453; Od. XI 426. XXIV 
296. Plat. Phaed. 118) wurde die Leiche von 
den weiblichen Angehorigen gewaschen (Horn. II. 
XVIII 350. Plat. Phaed. 115 a. Isae. VI 41. VIII 
22. Eur. Hec. 613; Tro. 1085; Phoen. 1319. 1667. 
Galen. X 915 K. Luc. de luetu 11) und gesalbt 

40 (Horn. a. O. Aristoph. frg. 445 a D. Schol. Plat. 
Hipp. min. 368 c. Luc. a. O.), mit in der Regel 
weissen Gewandern bekleidet und bedeckt (Horn. 
II. XVIII 352. Archil, bei Plut. de aud. poet. 6. 
Paus. IV 13, 3. Artemid. II 3. IV 2. Inschr. von 
Iulis auf Keos, Dittenberger Syll. 468; auf 
Vasenbildern immer bunt, Benndorf Griech. u. 
sicil. Vasenb. S. 8) und bekranzt (Eur. Tro. 1144; 
Phoen. 1632. Plut. Pericl. 36. Aristoph. Eccl. 
538; Lysistr. 602; frg. 445 a D. Luc. de luctu 11. 

50 Mon. d. Inst. Ill 60. Heydemann Neap. Vasens. 
3255), bisweilen mit goldenen oder vergoldeten 
Kranzen (Ross Arch. Aufs. 125. 28. 37. Wieseler 
Gott. Anz. 1869, 2110. Stephani C.R. 1874, 138. 
1875, 17), 

Auf das Waschen und Schmucken folgt die 
Ausstellung, die oft erwahnte (Plat. Phaed. 115c; 
leg. XII 959e. Eur. Hec. 613; Phoen. 1319. Isae. 
IX 4. Luc. de luctu 11) und mehrfach auf Vasen- 
bildern (Dipylonvasen: Mon. d. Inst. IX 39. Ath. 

60 Mitt. XVni. 1893, 104; spatere: Mon. d. Inst. 
Ill 60. VIII 4. 5. Ann. d. Inst, XXXVI 1864 
OP. Heydemann Vasens. in Neap. 3255. Benn- 
dorf Griech. u. sicil. Vasenb. Taf. 1. 2. 17, 1; 
mehr ebenda S. 6 und bei Wo Iters Ath. Mitt. 
XVI 1891, 378ff. Winter Lekvthos des Mus. zu 
Berlin, 55. Berl. Winckelm.-Pr. 1896) dargestellte 
noo&Eoig. Der Tote liegt , bekleidet und bekranzt, 
auch wohl mit goldenen oder vergoldeten Kriin- 



335 



Bestattiing 



Bestattung: 



336 



zen (s. oben) auf einem Bette im Vorhause, mit 
den Fussen nach der Thiir (Horn. II. XIX 212; 
vgl. Hesych. s. diix ih>e&v). In Athen legte man 
Origanos und vier Weinreben unter den Toten, 
Aristoph. Eccl. 1030; neben ihn stellte man Salben- 
gefasse, tyxv&oi (Aristoph. Eccl. 538. 1030). Auch 
die Knochen der im Auslande verbrannten Leichen 
wurden ausgestellt, Isae. IX 4. Time. II 34, 1. 
Vor die Hausthiir stellte man ein Gefass mit 
Wasser (Eur. Ale. 100. Aristoph. Eccl. 1033), 
deddviov genannt, zur Eeinigung der aus dem 
Hause kommenden. Poll. VIII 65. Hesych. s. ag- 
davia. Das Wasser musste (nach Poll. a. O.) aus 
einem anderen Hause geholt sein. 

Um den so Ausgestellten versammelten sich 
die Verwandten und Freunde; Einladung dazu 
Theophr. char. 14. Solon schrieb vor, dass von 
Frauen unter 60 Jahren nur die nachsten Ver- 
wandten (ivzdg dveyjiadaiv) erscheinen sollten, De- 
mosth. XLIII 62. Nun fand die Totenklage statt, 
Horn. II. XVIII 354. Diese wurde, wie es scheint, 
respondierend gesungen: bei Benndorf Vasenb. 1 
singen die Manner, die Frauen schweigen: man 
berief dazu eigene Sanger. Horn. II. XXIV 719 
vgl. Od. XXIV 58. Luc. de luctu. 20. Solon (Plut. 
21; vgl. Cic. de leg. II 59) soil aber das ■dotjvsiv 
nenoirifJva verboten haben. Die nachsten An- 
gehorigen berflhrten dabei mit der Hand den 
Toten. Horn. II. XVIII 317. XXIV 724. Luc. 
de luctu 13 (hier auch die dabei gesprochenen 
Worte). Mon. d. Inst. VIII 4. 5. Ann. d. Inst 
XXXVI 1864 OP. Benndorf Vasenb. 1. Die 
hierbei vorkommenden leidenschaftlichen Ausse- 
rungen des Schmerzes: Zerkratzen der Wangen, 
Schlagen auf die Brust, Zerreissen der Kleider! 
werden oft erwahnt (Aeschyl. Cho. 24. Eur Hec 
655; Hel. 1089. Plut. cons, ad m. 4. Luc. de 
luctu 12). Allesdies ist noch jetzt iiblich (Wachs- 
muth a. O. 109). Auch dies soil Solon verboten 
haben, Plat. Sol. 21. Cic. de leg. II 59. 64, Ein 
kriegerischer Gebrauch ist bei Horn. II. XXIII 
13 das dreimalige Umfahren mit den Streitwagen, 
ebenda 46. 135ff. (vgl. Od. XXIV 68ff.) die sftte, 
das zum Zeichen der Trauer abgesehnittene Haar 
auf den Toten zu legen. Die Prothesis durfte in 
Athen nach solonischem Gesetz (Demosth. XLIII 
62) nicht langer als einen Tag dauern, so dass 
in der Eegel die Leiche am Tage nach dem Tode 
ausgestellt, am folgenden beigesetzt wurde, Anti- 
phon VI 34. Auch bei der gemeinsamen B. der 
Keste der mi Kriege Gefallenen dauerte sie cinen 
vollen Tag, Thuc. II 34 , 1; mehr bei Eohde 
Psyche 206, 3. Dass auch langere Dauer vor- 
kam, beweist wohl Platens Verbot lee XII 959 a- 
die Prothesis des Aehilleus, Od. XXIV 68, dauert 
17 Tage. Nur zu diesem Zwecke und fur den 
Transport im Auslande Gestorbener, die man nicht 
verbrennen wollte, ist wohl in alterer Zeit auch 
manchmal ein der Einbalsamierung (s. d.) ahn- 
licbes Verfahren in An wendung gekomm en. Z week 
der Prothesis ist Ehrung des Toten, nicht Fest- 
stellung des wirklichen (Platon a. O.) oder des 
naturhchen (Poll. VIII 65. Photios s. xoodeon) 
lodes. Jsach Menand. ,-r. L-u6. Ill 2 fand sie in 
inurn (der Name beruht freilich auf Conjectur) 
nachts statt. ; 

j Auf die Prothesis folgt das Leichenbegangnia, 
ey.qpoQa. Dass vor demselben ein Opfertier ge- 



337 



schlachtet wurde, bezeichnet Ps.-Platon Minos 315 e 
als Sitte vergangener Zeiten, mit der man das 
am Tage vor der B. stattfiudende Totemnahl des 
Patroklos (Horn. II. XXIII 29ff.) vergleichen kann. 
Ob das solonische Verbot des fiovv ivayl'Qeiv sich 
hierauf oder auf Opfer am Grabe bezog, ist nicht 
zu entscheiden. Vielleicht auf beides, und war 
die Sitte ebenso wenig fest wie in homerischer 
Zeit, wo das naturlich mit Opfer verbundene Lei- 
lOchenmahl, bei dem das Blut der Opfertiere um 
den Leichnam fliesst, bald vor (a. 0.) bald nach 
der B. (II. XXIV 801) gefeiert wird. 

Die Ixyoea findet bei Homer (II. XXIII 154. 
217. 226) abends statt, so dass der Scheiterhaufen 
die Nacht hindurch brennt. Dagegen schrieb 
Solon (Dem. XLIH 62) vor, dass sie in der Morgen- 
dammerung stattfinden sollte; so auch Plat, leg 
XII 960 a. Anth. Pal. VII 517, 1; Heraclides alleg. 
Horn. 68 bezeichnet als alte Sitte das exxopi&iv 
20 am fnihen Morgen, aber doch nach Sonnenauf- 
gang. Ein Begrabnis in dunkler Nacht gait nach 
Eurip. Tro. 446 fur schimpflich. Wenn aber De- 
metrios von Phaleron die intpogd vor Tagesan- 
bruch von neuein einscharfte, so geht daraus her- 
vor, dass die solonische Vorschrift nicht mehr 
beachtet wurde. 

Der Tote war bei der ky.cpogd gekleidet und 
geschmuckt wie bei der Ausstellung. Die Zahl der 
Gewander war durch Solon (Plut. Sol. 21) auf drei 
30 beschrankt, was durch die Inschrift von Iulis auf 
Keos (Dittenberger Syll. 468) erlautert wird: 
Unterlage, Kleid und Decke; hier ist auch be- 
stimmt, dass alle drei nicht fiber 100 Drachmen 
wert sein sollen. Wenn auf Dipylonvasen (Mon. 
d. Inst. IX 39. Ann. d. Inst. 1872, 145) der Tote 
nackt erscheint, so ist daraus nicht auf die da- 
malige Sitte zu schliessen; denn auch die be- 
gleitenden Frauen sind nackt gemalt, was sicher 
nicht dem Leben entnommen ist, Nach dem Ge- 
40 setz von Iulis musste der Tote bedeckt sein. Der 
Transport fand, wenigstens in alterer Zeit, auch 
zu Wagen statt; so stent auf den Dipylonvasen 
Mon. IX 39. Ath. Mitt. XVIII 1893, 101 die 
Kline auf einem vierradrigen Karren unter einem 
Baldachin. Auf der letztgenannten Vase ist der 
Wagen so gross, dass noch mehrere Personen dar- 
auf Platz haben: der Transport ist hier eine Fort- 
setzung der Prothesis. Auf einem Wagen liegt 
der Tote auch auf der schwarzfig. Vase Micali 
50 Monum. 96, 1. Spater ist immer nur vom Tragen 
(exyigeiv, Ixcpoga) die Rede. Dies geschah auf 
der xllvr) (Plat. leg. XII 947 c. Inschr. von Iulis 
14; xMvxrio Anth. Pal. VII 634, 1) entweder durch 
Leichentrager (v£x e o<poQoi Plut. Cat. 9. Poll. VII 
195) oder durch die Angehorigen oder, als be- 
sondere Auszeichnung, durch ausgewahlte Jiing- 
linge (Plut. Timol. 39; vgl. Plat. leg. XII 947 c. 
Philostr. v. soph. II 1, 15) oder solche. die den 
"V erstorbenen besonders zu ehren Anlass hatten, 
60 Luc Demon. 67. Die Begleiter ritterlichen Stan- 
des folgten in der Dipylonzeit auch zu Wagen 
und in voller Rushing, Mon. d. Inst. IX 39. Spater 
gingen sie zu Fuss; und zwar bestimmte Solon, 
dass die Manner vor, die Frauen hinter der Leiche 
gehen (so auch Plat. leg. XII 947 c. d) und dass 
von Frauen unter 60 Jahren nur die irro; dve- 
rpiadmv folgen sollten; doch wurde wenigstens 
letzteres spater nicht strenge beobachtet, Lys. 



Bestattung 



Bestattung 



338 



I 8. Ter. Andr. 117. Den Leiehenzug des Patro- 
klos bildeten die Myrmidonen in Kriegsriistung, 
zu Wagen und zu Fuss (II. XXIII 128 ff.), und so 
mag es im Kriege auch spater noch geschehen sein. 
Pen Zug der nach Hause gebrachten Eeste der 
im Auslande gefallenen und verbrannten Athener 
teschreibt Thuk. II 34: es ist der gewShnliche 
Leiehenzug im grossen, bei dem die Eeste der 
Gefallenen je einer Phyle in einem grossen Sarge 



Hier sind die den italischen tombe a pozzo ver- 
gleichbaren, nur fiir verbrannte Leichen verwend- 
baren ,Ostotheken' die jiingere Form, wahrend 
die Graber, die Kammern und die Thonsarkophage 
an den Beisetzungsritus der mykenischen Zeit an- 
knilpfen. 

Doch herrschte auch in homerischer Zeit in 
Kleinasien die Verbrennungssitte wohl nicht aus- 
schliesslich. In der kleinen Ilias (Kinkel Epic. 



gefahren werden. Das solonische Verbot iiber- 10 Graec. frg. I 40, 3) wird das Begraben der unver- 

triebener Schmerzensausserungen bezog sich selbst- '" ' -...,.. 

verstandlich auch und hauptsiichlich auf die ix- 
quoQd, vgl. auch Plat. leg. XII 960 a; doch waren 
laute Klagen nicht ausgeschlossen (Thuk. II 34, 2) ; 
dagegen schrieb das Gesetz von Iulis (Z. 10) vor, 
dass der Tote aiwrn] hinausgetragen werden sollte. 
Gemietete &Qrjva>Soi beiderlei Geschlechts, und 
zwar Karier, bezeugen Plat. leg. VII 800e m. d. 
Schol. Hesych. s. Kagivai. Nach Menand. bei Ath. 



brannten Leiche als minder ehrenvoll betrachtet: 
die homerischen Dichter schrieben der Heroenzeit 
die vornehmere Bestattungsweise zu. Im eigent- 
lichen Griechenland tritt die Sitte der Vcrbren- 
nung erst spater auf und ist nie vorherrschend 
gewesen. Der Volksglaube erkannte hier in un- 
verbrannten Leichen die Keste des Pelops (Paus. V 
13, 4), Theseus (Plut. Thes. 36) Protesilaos (Herod. 
XI 120), Orestes (Herod. I 68), der Ariadne (Paus. 



IV 175a und Poll. IV 75 kann vernmtet werden, 20 II 23, 8); vgl. auch Ap. Rhod. IV 480. 1530—34. 



dass sie ihre Klagelieder mit FlOtenbegleitung 
vortrugen. Klageweiber sind noch jetzt iiblich, 
Wachsmuth a. 0. 113. Den gewaltsamen Todes 
Gestorbenen wurde ein Speer als Symbol der Blut- 
rache vorgetragen. [Demosth.] XL VII 69. Poll. 
VIII 65. Lexikogr. S. eneveyxEiv Soqv. 

Die Leiche wurde nun entweder unverbrannt 
beigesetzt, oder verbrannt, dann aber die Asche 
begraben, ein deutlicher Beweis, dass das Be. 



In der historischen Zeit ist dann das Begraben 
durchaus vorherrschend. Als allgemein griechische 
Sitte bezeichnet es Herodot IV 190; fur Attika 
und Megaris Plut. Sol. 10; fiir Attika die Ko- 
miker: Pherecr. bei Poll. X 150. Aristoph. Lys. 
600; Vesp. 1365; auch Cic. de leg. II 63 (nach 
dem die Sitte auf Kekrops zuriickgefuhrt wurde); 
fiir Sparta Plut. Lvc. 27; fiir Sikyon Paus. LT 
7, 2. Ferner Diog. Laort. I 48. VI 31. Ael. v. h. 



graben der unverbrannten Leiche die altcre Sitte 30 V 14. VII 19. Petron. 111. Phlegon mirab. 1. 



ist. Bei Homer herrscht ausschliesslich die Sitte 
der Verbrennung;-es ist unmoglich, dies auf Grund 
von II. VIII 334 aus dem Wunsche zu erklilren, 
die Eeste der in der Fremde Gestorbenen in die 
Heimat zu bringen. Obige Stelle verstosst gegen 
die sonstige homerische Anschauung und wurde 
deshalb von Aristarch beanstandet (Schol. z. d. 
St., zu IV 174 und zu Od. Ill 109). ■ Bei den 
Troern fallt dieser Grund ganz fort, aber auch 



Apul. met. IV 18. X 12. Ganz vereinzelt bezeichnet 
Lucian de hict. 21 das Verbrennen als speciell grie- 
chische Sitte : er selbst setzt Hermot. 78 ; dial. mort. 
6, 4 die Sitte der Beisetzung voraus. Nach Diog. 
Laert. V 70 erscheint um 250 v. Chr. das Verbrennen 
als das Ubliche. Daneben aber war freilich jeder- 
zeit das Verbrennen gleichberechtigte Sitte. Und 
zwar scheint man es in einigen Fallen aus be- 
sonderen Griinden vorgezogen zu haben; nament- 



bei den Griechen ist sonst eine solche Absicht 40 lich wenn es sich darum handelte, die Keste 



nicht vorhandeu, II. IV 174. VI 418. VII 428; 
Od. Ill 109. XII 10. XXIV 76; vgl. Eohde 
Psyche 28. Vielmehr muss zu der Zeit und in 
den Gegenden, wo die homerischen Gedichte ent- 
standen, d. h. an der kleinasiatischen Kiiste, das 
Verbrennen die durchaus vorherrschende Sitte ge- 
wesen sein. Dies wird bestatigt durch die von 
W. E. Paton Journ. of hellen. st. VIII 1887, 
66ff. beschriebene Nekropole zwischen Myndos und 



fern von der Heimat Gestorbener zu transpor- 
tieren; so schon Horn. II. VII 334f.; so verhalt 
es sich Isae. IV 19. Thuk. VI 71. Plut. Philop. 
21; Phoc. 37, vielleicht auch Archil, bei Plut. d. 
aud. poet. 6; auch die angebliche Verbrennung des 
Solon (Plut. Sol. 32) hat einen besonderen Grund. 
Dagegen bei Plat. Phaed. 115e. Chrysipp. bei 
Athen. IV 159 b. Diog. Laert, V 70. Plut. Timol. 
39. Ter. Andr. 129. Lucian. de luctu 18. Anth. 



Halikarnass, mit Vasen geometrischen Stils, aus 50 Pal. VII 517, 3 wird ohne derartige Riicksichten 



der Zeit vor der dorischen Wanderung. Vgl 
Dummler Ath. Mitt. XIII 1888, 273ff. Helbig 
Sur la n^cropole de"couverte pres d'Assarlik en 
Carie, Mem. de l'ac. des inscr. XXXV. Die Toten 
sind bier durchaus verbrannt, die Asche beige- 
setzt teils in mit Thonplatten ausgelegten, mit 
einem grossen runden Stein bedeckten Aachen 
Gruben (,Ostotheken'), teils in Grabern, die gross 
genug sind, einen unverbrannten Leichnam auf- 



das Verbrennen als ubliche B.s-Weise betrachtet. 
Auch bei Thuk. VI 52, 3 ist das Verbrennen nicht 
durch die Menge der Toten zu erklaren, da es 
sich nicht um Massenverbrennungen handelt. 

Damit stimmen die Graberfunde. In der alte- 
sten Graberschicht nach der mykenischen, den 
sogenannten Dipylongrabern , welche der Ent- 
stehung der homerischen Gedichte etwa gleich- 
zeitig sind, erscheint die Verbrennung nur aus- 



zunehmen, teils endlich in aus Steinen aufge- 60 nahmsweise. In dem Ath. Mitt. XVIII 1893, 



bauten und mit einem Tumulus bedeckten, durch 
einen Gang (,Dromos') zuganglichen Kammern; 
und zwar waren innerhalb dieser letzteren die 
Knochen entweder in einer auf dem Boden, bis- 
weilen in einem Thonsarkophag stehenden Urne, 
oder in Grabern im Boden der Kammer bei- 
gesetzt. Auch in den Grabern und Ostotheken 
waren die Gebeine bisweilen in Urnen enthalten. 



73ff. besprochenen Friedhof am Dipylon fand sich 
unter 19 Grabern dieser Periode nur eines mit 
einer bronzenen Aschenurne; das Grab selbst war 
in der Form von den Beisetzungsgrabern nicht 
verschieden. Der Verbrannte war vielleicht in der 
Feme gestorben. Auch in Eleusis zeigten die 
Graber dieser Schicht vorwiegend Beisetzung, nur 
zweimal Verbrennung (Ef. dn%. 1889, 171—187). 



say 



Bestattung 



Dipylonvasen init Asche n e a^nxd 1873—74 17 • 
in anderen Fallen handelt es sich um nachtrag- 
liche Verbrennung bei Wiederbenutzung des Gra- 
bes; s. hieriiber Athen. Mitt. XVin 149. In 
demselben Priedbofe beim Dipylon enthielten von 
186 jungeren Grabern, aus dem 6.-4. Jhdt 133 
unverbrannte Leichen, 58 Asche; vgl. fiir Attika 
auch Ross Arch. Aufs. I 23. Auch in Myrina 
( ,r ,,- T ' Chr ") war die Verbrennung weit 



selteneralsdieBeisetzung; ^^^110^^1 ■ E 1 rde T ! licht ™mittelbar auf der 

lich aus dem 6. Jhdt. T . ghr sZmend „ S." "t &' IV*!™ Dipjlongrabern, MK Mitt. 



lich aus dem 6. Jhdt. v. Chr. stammenden Nekro- 
pole von Megara Hyblaia, wo sich die Beerdigten 
zu den ^Verbrannten etwa wie 4 zn 1 verhalten 
In der von P. Orsi Not. d. sc. 1893, 445ff be- 
£ Ti e Jf n f n ^ ekr °P ol ° bei Syrakus, die bis ins 
5. Jhdt. herabreicht, kommen auf 122 Begrabene 
nur 4 sicher Verbrannte. Sonstige Funde von 
Aschenurnen Ross Arch. Aufs. I 24— 33. 62 63 
"Welche Torstellungen die Griechen init deni 
irbrennfin ilpr T ai/>V.c> ;™ tt„j. t_- j ■, 



Bestattung 340 

der Not. d. sc. 1893, 445ff. beschriebenen Nekro- 
pole bei Syrakus. Reich sculpierte Holzsarge in 
der Xnm: Ant. du Bosph. Oimm. Taf. 81—84 
Einsenkung eines Sarges auf einer schwarzfigurisren 
Vase Mon. d. Inst. VIII 4, auoh bei Baumeister 
Denkm. I 306. Wo man ohne Sarg beerdigte 
stellte man wohl in der Grube selbst einen durch 
Bretter oder Steinplatten abgedeckten Hohlraum 
her so dass die Erde nicht unmittelbar auf der 



341 



Bestattung 



Bestattung 



342 



Verbrennen der Leiche & i im UnterTchied von T SO&m^' n £ ^Fl 184 ' Abbildung be: 
alteren Sitte des Begrabens veXnde eZ.^^l ^5^^..^ Hellenen Tal Vlf; da- 



alteren Sitte des Begrabens verbandeu, entzieht 
sich unserer Kenntnis. Von der Auffassung, als 
sei das Verbrennen ein Opfer an die Gottheit 
(J. Grimm Kl. Schr. II 216. 220), findet sich 
bei ihnen kerne Spur. Und auch dafiir, dass man 



V1TTTT1EA '"J— r , "'i , J" JU S 1U " C11J l -»■<■"■ JJ11M. 

AV1I1 150, und, viel spatcr, in Myrina: Pottier- 
Reinach Myrina 61ff. Bei Syrakus findet sich 
regelmassig ein solcher Hohlraum, in dem auch 
die Sarge stehen. Dasselbe erreichte man, indem 
man die Leiehe auf eine Unterlage von Ziegeln 
legte und durch dachformig an einander gelehnte 
Ziegel einen Hohlraum bildete, wie dies beim 
Dipylon namentlich seit dem 4. Jhdt v Chr 
geschah: Ath. Mitt. XVIII 184. Abbildung bei 



nach bei Durm Baukunst der Griecheni 243 In 

Grabkammern legte man die Leichen ohne Sarg 

auf stemerne Betten, Plat. leg. XII 94 7 d und 

viel spater Phlegon mirab. 1. Xen. Eph III 7 4 

Dies bestatigen auch die Punde. Die steinenien 



geglaubt habe; durch die VerbrennW die VpX b n be f atl & en a ° dl dle Funde ' Die steinenien 

schnellerganzl ch in den Hades z bannl Rohde Si ( T?T dfd als T ™lmmm angeordnet) 

Psyche 26ff.), fehlt ieder Beweis Zwar w 7d I At f " + m ? hr ^ h ^ die Stelle des Kopfkissens 

al/ WirW' der vl^enZTJZtT^B T^tlT^* ** ^ A ?V ^ 
II. XXIII 75) aber nicht iin Unterschied 1 vom 30 d! Maceloin T Se 2?6fl "^fiff Sa'* TT, 

Begraben, sondern nur deshalb weil bei R„ m p, w,»£ t J i 4 - 46ff " Sehr verbreitet 

cnT , ^,-„„„„ „ ; „ J; . t,., . , dw X wen Dei Uomer war diese Art der Beisetzung in Etrurien. Doch 



' --- — *" ««* ^^oii^w, (yen uei nomer 
von diesem me die Kede 1st. Das ganze spfitere 
Gnechentum kennt in Betreff des Zustandes der 
heele kemen Unterschied zwischen beiden B s-Arten 
Dass die Sitte der Verbrennung aus Asien zu 
den Griechen kam, ist wohl kaum zu bezweifeln 
]\ach allgemeiner Sitte der historischen Zeit 
wurden dze Leichen oder die Gebeine vor den 
Ihoren begraben. Die aus Sparta (Pint. Lye 



27) auch nach Taren (Po lvb V I 80 61 m ii - 4* T> « ' der T Prothesi *. "0 auch im Grabe auf Laub 
genommene Sitte des Begrabt ^Mt S 40 d^tt'J^M? ^M^V ^ 27 > ^. 



genommene Sitte des Begrabens in der Stadt gait 
als eine Besonderheit und wurde fiir Tarent durch 
em Orakel motiviert, Ebenso die Heroengraber 
aut dem Markte und im Eathause von Me«-ara 
(Jt'aus. I 43, 3) aus vordorischer Zeit. Auch in 
Mykene befanden sich die Konigsgraber auf der 
Burg Auf eme solche alte Sitte geht wohl auch 
die Nachncht bei Ps.-Platon Minos 315 d, dass 
man in Athen in alter Zeit die Toten im Hause 



.tellte man auch Sarkophage in Grabkammern 
aui; das bekannteste Beispiel ist das grosse Grab 
init den schOnen , jetzt in Constantinopel beflnd- 
hchen Sarkophagen bei Sidon; Hamdi-Bey et 
Reinach Necrop. roy. a Sidon. Fiir Etrurien 
vgl. Dennis Cities and cemet. of Etr 12 328 
Martha Art etr. 195f. Die Sitte, den Toten,' 
wie bei der Pro thesis, so auch im Grabe auf Laub 



beigesetzt habe. S hieriiber DB mi! lir \Zi\n r ^^^einUch die Grabkammern (Busolt 
Mitt, XIII 1888, 294 J""™!" Athen. 50 Gnech. Gesch. I 67ff.) und die Sarge orientalischen 



Mitt. Xni 1888, 294. 

Die unverbrannte Leiehe in einen Sarg zu 
legen, war kemeswegs allgemein und am wenig- 
sten m aiterer Zeit ublich. In Dipylongrabern 

(Ath. Mitt, XVIII 1893, 151), und auch die Dar- 
steiiung der extfogd auf Dipylonvasen (s. o. S 336) 
wo der Tote frei auf der Kline liegt, spricht da- 
gegen. Doch waren auch Sarge sehr friih ublich: 



die Pythagoraeer Plin. n. h. XXXV 160 (myrti 
et o/eacet pojmti nigrae foliis); sie wird bestatigt 
durch Graberfunde: Ross Arch Aufs I 31 fOl 
zvveige). Ath. Mitt. XVIII 184 (Weinreben). Doch 
kam es auch vor, dass man ihn auf Kissen bettcte 
Ross a. O. 187. 

Der Ursprung dieser verschiedenen Arten der 
Beisetzung ist noch n icht geniigend aufgeklart : doch 
sind wahrscheinlich die Grabkammern (Busolt 



in Kreta schon r i d er mykenis hen Pe iode ^ «n ln - klei " erGm Ma , SS - Stabe wescntlich derselbe 8*^» 
f. 332 ); In den jung^tX^B.^ldfe 6 ° T^JZ^^S^.™ ^ E™ 



fe. 332) In den jiingeren Grabem (6.^. Jhdt ) 
der >sekropole beim Dipylon lagen in den Erd- 
schachtgrabern die Leichen in Holzsiirgen, seltener 
in btemsarkophagen, Kinder vielfach in Thon- 
amphoren: Ath. Mitt. XVIII 186, wo auch die 

JVaermrhfpTi iiTiai. «%.,iU„ i7.._j- T, , 



Ursprunges. Im Grabe des Kvros in Persepolis 
stand in der Grabkammer der Sarg auf einer 
Kline (Arrian. anab. VI 29, 4ff.). Weiteres hie- 
ruber s. u. Graber. 

L'ber den Vorgang der Verbrennung finden wir 
Ausfuhrhches nur bei Homer. Die Verbrennung 
des Patroklos (II. XXIII 38ff.) ist eine besonders 
grossartige, doch wird der gewohnliche Hergan* 
mkleineremMassstabe wescntlich derselbe gewesen 

C^l»l l?i», » nn . n 14-! 0,1- 'j -1 a -P _ 



o- . — T" --"iviunmcu lull lUUPttiS 

im Quadrat wird auigeschichtet, auf ihn das Bett 
(171) mit der Leiehe gestellt, Viele Schafe und 
Kinder werden vor demselben geschlachtet (so 
auch bei der Verbrennung des Achilleus, Od. XXIV 
65) d. h. dem Toten geopfert, der mit ihrem Fett 



Naehrichten iiber frii'here Funde von HolzsLen l\ t ?T, Tot ™ ? eo P fert ' d « mit ihrem Fef 
in Attika zusammengestellt 3 H™. und S S?* TV™ h T" ZU brennen ^ die ab S e " 
-ge, oder auch ein KW^tZ^ ^^^^^^^^^l 



leus vor dem Scheiterhaufen tstet. Bei Homer 
erscheint dies als Bache (yolm&dg 23), ist aber 
ohne Zweifel als Menschenopfer zu fassen, welches 
der Dichter missbilligt (xaxa 8h <pQeal firjdexo 
e$ya 176). Opfer sind wohl auch die an das 
Lager gelehnten Kriige mit Honig und 01 (vgl. 
Od. XXIV 67f.). Dagegen sind die vier Pferde 
und die zwei Hunde, die geWtet und mit ver- 
brannt werden, als Beigaben zu fassen, als Besitz 
des Toten, der ihm m das Jenseits folgen soil. 10 
So werden mit Eetion (H. VI 418) und Elpenor 
(Od. XII 13) ihre Rustungen verbrannt. Dann 
wird, am Abend, der Scheiterhaufen angeziindet 
und brennt die Nacht hindurch, wahrend Achilleus 
unter Anrufung der yv%ri des Toten, also als 
Opfer an dieselbe, Wein auf die Erde giesst. Am 
Morgen wird dann die Asche mit Wein geloscht 
(Darstellungen bei Baumeister Dcnkm. I 307. 
308), die Gebeine des Patroklos gesammelt und, 
in Fett gehiillt, in ein goldenes Gefass gethan, 20 
welches, in ein Leintuch gehiillt, im Zeit des Achil- 
leus aufbewahrt wird. Beigesetzt, unter einem 
grossen Grabhiigel, werden sie erst nach dem Tode 
des Achilleus, in einem goldenen ap<pt<poQiv$, der 
in Wein und 01 die Gebeine beider Freunde ent- 
halt. Auf der Brandstelle wird ein Grabhiigel 
{ofjfia) errichtet. Zu beachten ist hierbei, dass 
sofortige Beerdigung fiir die Ruhe der Seele nicht 
erforderlich, sondern dieser durch die Verbrennung 
Geniige geschehen ist, im Gegensatz zu der romi- 30 
schen Anschauung, in der die Nachwirkung der 
alteren Sitte des Begrabens viel starker hervortritt. 

Fiir die spatere Zeit ko'nnen wir das Verfahren 
beim Verbrennen nur aus den in den Grabem 
erhaltenen Spuren erschliesen ; namentlich ist lehr- 
reich die Nekropole beim Dipylon. Die Verbren- 
nung fand auf zweierlei Art statt: entweder im 
Grabe selbst oder ausserhalb desselben; nur in 
letzterem Falle wurden die Knochen in eine Urne 
gesammelt, in ersterem blieben sie in ihrer natiir- 40 
lichen Lage. Bei Verbrennung im Grabe wurde 
im Grunde desselben, in der Langenrichtung, eine 
etwa 10 cm. breite Rinne, zur Luftzufiihrung ge- 
graben. Der Tote wurde auf Weinreben gebettet. 
Wahrend des Brandes spendete man mit Tellern, 
die dann in das Grab geworfen wurden. Diese 
Art Graber reichen in Athen vom 6. bis ins 4. 
Jhdt. Sie sind besonders haufig in Attika, ein- 
schliesslich Eretria, selten in Tanagra; in Myrina 
kommen sie gar nicht, in Megara Hyblaia ein- 50 
mal vor (Ath. Mitt. XVIII 157ff.). " Fiir Ver- 
brennung ausserhalb des Grabes muss bei jeder 
gro'sseren Begrabnisstatte ein besonderer Brand- 
platz gewesen sein, wie er beim Dipylon in der 
That festgestellt worden ist. Reste von Tellern 
(ausserdem Lampen) beweisen auch hier die Dar- 
bringung von Trankopfern (Ath. Mitt. XVIII 158). 
Die Knochen des Toten wurden dann, in Leineu 
gehiillt (Ath. Mitt. XVIII 185), in einem Gefass 
beigesetzt (s. Aschenurnen). Gewissermassen in 60 
der Mitte zwischen beiden Arten der Verbrennung 
steht das Massengrab (TioXvdvdotov) der Marathon- 
kampfer (St als Ath. Mitt. XVIII 46): auf einer 
runden Flache von etwa 60 m. Durehmesser wurde 
eine Art Fussboden hergestellt, auf diesem die 
Leichen verbrannt und iiber den Resten ein grosser 
Hiigel aufgeschuttet. 

Nicht geniigend aufgeklart sind die nament- 



lich in Megara Hyblaia constatierten Beispiele 
teilweiser Verbrennung. Man fand dort in einem 
Grabe drei unverbrannte Leichen und einen ver- 
brannten Kopf, in einem anderen fiinf unverbrannte 
Kinderleichen und den verbrannten Kopf eines 
Erwachsenen, in einem dritten ein Skelett und 
zwei Schadel, Orsi Mon. ant. dei Lincei I 774. 
Bei Syrakus fand man in zwei Grabem nur den 
unverbrannten Schadel, Not. d. Sc. 1893, 449. 
Umgekehrt fand man in Myrina mehrfach unver- 
brannte Leichen ohne Kopf, Pottier-Reinach 
Necrop. de Myrina 75. S. hieriiber Orsi Not. 
d. Sc. 1893, 481, 2, welcher annimmt, dass es 
sich hier um in der Fremde Gestorbene handelt, 
deren Kopf in die Heimat gebracht und dort ver- 
brannt oder unverbrannt beigesetzt wurde. Tiber 
teilweise (rituelle) Verbrennung nordischer Volker 
s. Sacken Grabfeld von Hallstatt 13 — 17. Ols- 
hausen Ztschr. f. Ethnol. 1892 {163)ff. 

Die Sitte, dem Toten eine Munze (Obolos) als 
Fahrgeld fiir den Charon mitzugeben, lasst sich 
fiir alte Zeit nicht belegen. Die erste Erwah- 
nung des Fahrgeldes ist bei Aristoph. ran. 139. 
270; ofter bei Spateren: Luc. de hictii 10; dial. 
mort. 1, 3. 11, 4. 22, 2. Nach Strabo VIII 373 
war es in Hermione nicht ublich, weil man dort 
einen directen "Weg in den Hades zu haben glaubte. 
Auch die Graberfunde haben fiir altere Zeit kein 
Beispiel ergeben, in den Nekropolen beim Dipy- 
lon, bei Syrakus und in Megara Hyblaia kommt 
der Obolos nicht vor (Ath. Mitt. XVIII 187); 
haufig dagegen (aber nicht in alien Grabern) in 
der viel jungeren von Myrina, wo er sich in mehre- 
ren Fallen zwischen den Zahnen fand (Pottier 
et Reinach Necrop. de Myrina 106, 3). Funde 
in Attika und Aigina (auch in Aschenurnen) : 
Ross Arch. Aufs. 129. 30. 32. Hqo.xxix.6. 1884, 
20. Die sonst ansprechende Vermutung von E. 
Rohde (Psyche 23, 3. 281, 3), dass der Obolos 
ein Symbol der friiher iiblichen Mitgabe (Ver- 
brennung) der ganzen beweglichen Habe (xz&Qea 
xTHQst&ir) sei, wird durch obige Thatsachen nicht 
begiinstigt, und es ist wohl wahrscheinlicher, dass 
er wirklich und von Anfang an dem Charon gait, 
einer Gestalt, die ihr Dasein der Phantasie eines 
epischen Dichters verdankt — sie kommt zuerst 
in der Minyas vor — , aber bald in die popularen 
Vorstellungen von der Unterwelt iibergegangen 
ist. Ahnlich verhalt es sich mit dem Gebrauch, 
dem Toten einen Honigkuchen, fishxovna , mit- 
zugeben, um den Kerberos zu besanftigen. Arist. 
Lysistr, 6^1 m. d. Schol.; vgl. Nub. 507. Verg. 
Aen. VI 420. Apul. met. VI 19. Rohde Psyche 
280. 1. Die Miinze gab man dem Toten in den 
Mund, wohl nur deshalb, weil man auch im Leben 
haufig kleines Geld im Munde trug. Aristoph. 
vesp. 609; av. 503; eccl. 818; frg. 111. 144 D. 
Theophr. char. 6. Noch jetzt ist in Griechen- 
land stellenweise die Mitgabe der Munze ublich, 
Wachsmuth a. O. 117. 

Die Sitte, den Toten allerlei Gerat mit in 
das Grab zu geben, tritt seit fruhester Zeit auf. 
Von den mykenischen Grabern war schon oben 
die Rede. In den homerischen Gedichten mag 
man Spuren ahnlicher Sitte in dem Mitverbrennen 
von Haustieren erkennen ; dass der beigesetzten 
Asche irgend etwas mitgegeben ware, wird nirgends 
gesagt, wenn gleicb es nabe liegt zu denken. 



343 Bestattung Bestattung 344 

die Sitte der Beigaben ganz ab; am langsten 
blieb es iiblich, dem Toten eine Lampe mitzu- 
geben. Die Beigaben wurden meist in den Sarg 
Oder die eigentliche Grabhohlung gelegt, nament- 
lich in Athen, wahrend in Tanagra und Myrina 
sie auch ausserhalb letzterer zum Vorschein kamen; 
in Myrina war es iiblich, die Beigaben vorher zu 
zerbreehen (Pottier et Eeinach 102). trber 
ath Mirr XVTTT isoq"Tn7fT""""""; &, ' 6, '"^, n ^ les dies s ' Ath ' Mi *t. XVIII 141iF. 189ff. trber 

SetrS;h x :s ^^^5& n ss io &c? tint* ausgestatteten GraLer in 

Die Angabe Plutarchs (Sol. 10), dass die Me- 
garer ihre Toten nach Osten, die Attiker nach 
Westeii gewandt beisetzten (so fiber die Attiker 
auch Aelian. v. h. V 14; Diog. Laert. I 48 von 
derselben Sache redend sagt, wohl irrtumlieh 
das Gegenteil) wird durch die Graberfunde nicht 
bestatigt; ebenso wenig aber auch die zweifelnd 
ausgesprochene Angabe von Eoss (Arch. Aufs. 



345 



Bestattung 



dass mit dem Aschenkrug der in ihrer Etlstung 
Verbrannten auch die nicht vollig zerstorten Keste 
der Kustung begraben worden seien. Dagegen 
findet sich in der nachstaltesten Grabergruppe, 
den attischen sog. Dipylongrabern (8. Jhdt.), und 
«benso in der etwa gleichzeitigen Nekropole zwi- 
schen Myndos und Halikarnass (Journ. of hell. 
stud. VIII W) obige Sitte noch in roller Bliite! 
Waffen wurden damals noch dem Toten mitgegeben 



Tnnken dienendes Thongeschirr; seltener, nicht 
nur bei Kindern, ganz klein (a. 0. 115. 117) 
Cfter in der dem wirklichen Gebrauch entsprechen- 
den Grosse; bisweilen auch rohe KochtOpfe. reo'el- 
massig aber feines bemaltes Tafelgerat: Ampho- 
ren, Krateren, Kannen, Napfe, Schalen und Becher; 
auch Speisereste hat man in diesen Gefassen ge- 
funden (a. 0. 132); ferner Olflaschchen und 



Bestattung 



346 



Salbenbu^en Frauen gab man Tuch woM "ein 20 flT^ S tolg'iF^t 
Schmuckkastchen oder Spinnw rtel mit TCin,Wn w*JLa« i..,™,,,^ ...„J T,_ : .7 s ?! _ , ?. op . , am 



Schmuckkastchen oder Spinnwirtel mit, Kindern 
kleine thonerne Tierflguren als Spielzeug. Kleine 
Gotterbilder aus Thon wurden, wie schon in My- 
kene, auch in spateren Grabern gefunden Boeh- 
lau Arch. Jahrb. HI 1888, 342ff. Orsi Mon. dei 
Lineei I 777. Ebenso andere Thonfiguren genre- 
hafter Art, von denen die bekanntesten die in 
Tanagra gefundenen sind. Endlich ist neuer- 
dings auch die eigenttimliche Sitte constatiert 
worden, dem Toten eine Hydria mit Badewasser 30 
{/.ovxQotpoQos , a. d.) mit ins Grab zu geben. Spa- 
ter stellte man dies Gefass als Denkmal auf das 
Grab unverheiratetGestorbener; dass auch die altere 
Sitte der Mitgabe des (dann als Hochzeitsbad ge- 
dachten) Bades auf diese beschrankt war, ist nicht 
zu erweisen, aber wahrscheinlich. Alle dem lie<»-t 
die Vorstellung zu Grunde ; dass der Tote im 
teabe fortlebt und man seinen Aufenthalt mit 
dem zum Leben Notigen ausriisten will 



tw q;*+„ a -d • v - "--■""-" ""*• in uiuser xiezienung aer sitte der Vater iola-en 

Qhzti^ 



fruhzeitig sehr beschrankt und vereinfacht worden, 
in den aus dem 6.-4. Jhdt. stammenden jiingeren 
Grabern der Nekropole beim Dipylon sind die Bei- 
gaben viel einformiger: eine Veranderung, die man 
mit den den Begrabnisluxus beschrankenden Ge- 
setzen Solons in Verbindung gebracht hat. Nament- 
lich die Graber der Manner sind arm an Bei- 
gaben: es findet sich nur bisweilen das Schab- 
eisen (Stlengis). Dagegen war es in dieser Zeit 



Westende bevorzugt worden sei (was obigem wider- 
sprechen wiirde). Vielmehr sind die Graber in 
Attika ohne Cnterschied nach alien Eichtungen 
onentiert. Auch in anderen Nekropolen, z. B. 
in Myrina (Pottier et Eeinach Myrina 71), 
herrscht keinerlei Orientierung vor. Eine Aus- 
nahme bildet Syrakus (Not. d. Sc. 1893, 449), 
wo die Leichen mit wenig Ausnahmen mit dem 
Kopf am Ostende hegen. 

Opfer am Grabe fanden, wie in mykenischer Zeit 
(o. S. 333), so auch spater statt. Auf solche bezieht 
man die in Grabern der Dipylonperiode gefun- 
denen Tier- (auch Binds-) knochen , Ath. Mitt 
XVIII 1893, 13. 147, 2. Es scheint, dass in 
Athen in alterer Zeit em Stier das iibliche Opfer- 
tier war, dies aber von Solon verboten wurde 
(Plut. Sol. 21); dagegen verordnet das Qesetz von 
Iulis (Dittenberger Syll. 468, 12), man solle 
m dieser Beziehung der Sitte der Viiter folgen 



in Grabern bei Syrakus (nicht nach dem 5. Jhdt ) 
Not. d. Sc. 1893, 475 nr. 102. 103; in spateren 
Grabern (2.— 1. Jhdt. v. Chr.): Pottier et Eei- 
nach Ne'cropole de Myrina 74. 

Den Scbluss der B. bildet das Leichenmahl. 
Bei den Fiirsten der homerischen Zeit ist es ein 
grosses Gastmahl, bei dem das Volk, d. h der 
Adel, bewirtet wird. II. XXIV 803; Od. Ill 309. 
Bei der B. des Patroklos findet es vor der Ver- 



Gegenstande mitzusreben: Smem?] . KeJimnr-H-sot. yvttt on o_ ai „ „°j ■ ... .., ,., „ ,'..f l 



Gegenstande mitzugeben: Spiegel, Schmuckkast- 
chen, Biichsen mit Schminke und Farbenstifte, 
Salbenflaschchen (Alabastra) mit Loffelchen und 
andere kleine Gefasse. Kindern gab man Spiel- 
zeug mit: Thonfigiirchen, kleine Glasgefasse, Glas- 
perlen u. dgl. Dazu kamen, in alien diesen Grabern, 
zuweilen in betrachtlicher Zahl, die Lekythen 
und Alabastren, von denen erstere zur Aufnahme 
wohlriechenden Ols bei der Prothesis, letztere 



XXin 29. Spater und in gewohnlichen Verhalt- 
nissen feiern die Verwandten im Hause des nach- 
sten AngehSrigen das TiEQibtwov (Demosth. XVIII 
288. Aen. tact. 10, 5. Athen. VII 290 c. Stob. 
flor. CXXIV 34. Heracl. pol. 30. Poll. VIII 66). 
bei dem des Toten lobend gedacht wird, Cic de 
leg. II 63. Zenob. V 28. Nach Cic. a. 0. war 
man bei diesem Mahle bekranzt. Es wird noch 
jetzt unter dem Namen xaQ^yoqlo. in manchen 



dZ Sf" > ^ ei p ^ edient v hatten und dann60Teilen Griechenlands am Abend des B s-Tages 
I'™ l°l% n r ™L™ G „ rabe Segeben wurden (Ath. gefeiert. Wachsmuth a. 0. 121. S 



Mitt. XVIII 189ff.). Dagegen hat sich an anderen 
°rtcn die Sitte, ausser der Stlengis der Maimer 
und den Toilettengegenstanden der Frauen auch 
lischgerat (zum Teil in kleinen Dimensionen) 
in das Grab zu legen. langer gehalten; so in 
Myrina bis ins 2.— 1. Jhdt. v. Chr. (Pottier et 
Eeinach Myrina 105). Weiterhin kam dann 



Die heroische Sitte, der B. Kampfspiele folgen 
zu lassen (II. XXIII 257 unmittelbar nach dem 
Sammeln der Knochen). scheint im 3. Jhdt. wieder 
aufgekommen zu sein. Sauppe Gott. Nachr 
1864, 199ff. 

Nach der B. wurde das Haus und die Bewohner 
durch Waschung von der Befleckung durch den 



Toten gereinigt, Schol. Aristoph. nub. 838. Gesetz 
von Iulis Dittenberger Syll. 468, 14. Sach- 
verstandige fur die Eeinigungsgebrauche waren die 
iyXVTQioxQiai, Ps.-Plat. Minos 315 c m. d. Schol. 
Schol. Aristoph. vesp. 289. Totenopfer (s. d.) wur- 
den am dritten und neunten Tage (tqitch xal 
evara Isae. II 37) am Grabe dargebracht. Die 
Trauer hatte an verschiedenen Orten verschiedene 
Dauer, in Athen wurde sie am dreissigsten Tage 
mit einem Opfer beendigt, Lys. I 14. Poll. I 66, 
Hermann-Blumner Griech. Privataltertiimer 
361ff. Becker-GollChariklesIII114if. Eohde 
Psyche 22ff. 200tf. 

In It alien ist die alteste nachweisbare Sitte 
die der Verbrennung. Die Italikcr iibten sie schon 
in den Pfahlbauten (Terremare und Palafitte) Ober- 
italiens; fiir Latium ergiebt sie sich aus den ur- 
alten Nekropolen am Albaner See (H e lb i g Italiker 
in der Poebene 82, 4), fiir Etrurien aus den sog. 
Brunnengrabern (tonibe a poxxo) von Tarquinii, 
jetzt Corneto. Im Laufe des 8. Jhdts. tritt da- 
neben die Sitte des Begrabens auf; sie ist in Etru- 
rien vertreten durch die .Schachtgraber' (tombe a 
fossa, tombe a cassa). Doch dauerte auch die 
altere Sitte fort. Beide Brauche erscheinen neben 
einander in den mit reichen Beigaben ausgestat- 
teten Grabkammern (seit Ende des 6. Jhdts.). Das 
Verbrennen iiberwiegt in Chiusi, Volterra, Perugia, 
in der fiir Vetulonia gehaltenen Nekropole bei 
Colonna ; das Begraben iiberwiegt in Corneto (Tar- 
quinii) und Orvieto (Volsinii). Und set Ann. d. 
Inst. LVII 1885 r 5ff. Naheres s. unter Graber. 
In Eom iiberwiegt das Begraben in einer ausge- 
dehnten, bis gegen Ende des 6. Jhdts. herabreichen- 
den Begrabnisstatte im Osten und Norden der 
Stadt, deren Graber zum Teil unter dem servia- 
nischen Wall liegen, also alter sind als dieser, 
Lanciani Bull. comm. Ill 1875, 41. M. St.de 
Eossi ebd. XIII 1885, 39 und Ann. d. Inst. LVII 
1885, 295. Die unverbrannten Leichen finden 
sich hier in Kastengrabern (arche a eapanna), 
Thonsargen und Grabkammern, Helbig Ann. d. 
Inst. LVI 1884, 125ff. Die Ansicht, dass die 
Verbreitung des Begrabens mit dem Vordringen 
und der Herrschaft der Etrusker zusammenfalle, 
von F. v. Duhn Bull, di paletn. ital. XVI 1890, 
108 mehr angedeutet als ausfiihrlich begriindet, 
bestritten von Undset a. 0. 19ff., ist hier nicht 
zu erortern (s. Etruria). InPicenum, in Umbrien, 
in den Landern oskischer Zunge sind Brandgraber 
altester Zeit (tombe a poxxo) bisher nicht gefun- 
den worden. Spater war hier das Begraben herr- 
schende Sitte , und erst " mit der Eomanisierung 
fand die Verbrennung Eingang. In Praeneste be- 
grub man noch bis in die Kaiserzeit, CIL I p. 28. 
Wie lange in Eom und Latium das Begraben sich 
als vorherrschende Sitte erhalten hat, ist unbe- 
kannt, da es an Grabern aus der entscheidenden 
Zeit fehlt; eine jungere Nekropole auf dem Esqui- 
lin, mit Verbrennung, scheint nicht iiber das 3. Jhdt. 
hinauf zu reichen. Das Zwolftafelgesetz, Mitte des 
5. Jhdts., beriicksichtigte beide B.s-Arten, Cic. de 
leg. II 58. Nachher iiberwog immer mehr das 
Verbrennen; es war eine Besonderheit , dass die 
Cornelier an der alten Sitte festhielten, Sulla war 
der erste dieses Geschlechts, der verbrannt wurde 
(Cic. de leg. II 56. Plin. n. h. VII 187), wahrend 
die Scipionen in ihrem Grabe an der Via Appia 



alle in Sarkophagen beigesetzt waren, CIL I p. 11. 
Seit den letzten Zeiten der Eepublik war das Ver- 
brennen ganz allgemein; in Pompeii ist kein Grab 
rSmischer Zeit mit unverbrannter Leiche gefunden 
worden. Doch wurden Kinder, die noch keine Zahne 
hatten, unverbrannt begraben, Plin. n. h. VII 22. 
luv. 15, 140. Fulgent, de prisco serm. 7. Dies 
scheint auch etruskische Sitte gewesen zu sein; 
in einem Grabe bei Orvieto (Volsinii) fanden sich 
10 neben Aschenurnen unverbrannte Kinderknochen^ 
Not. d. sc. 1887, 61. Arme Leute wurden in 
republicanischer Zeit unverbrannt in die vor der 
Porta Esquilina gefundenen puticuli geworfen, 
Lanciani Bull. com. HI 1875, 41. Varro de 1. 1. 

V 25. Fest. 217b 8; epit. 216, 6. Hor. sat. I 
8, 10 mit Schol. Spater wird dann wieder die 
Beisetzung in Sarkophagen (s. d.) iiblich; sie ist 
selten im 1. Jhdt. n. Chr. (ein Beispiel Stat. silv. 

V 1, 225), haufig seit der Zeit der Antonine. Mit 
20 der Verbreitung des Christentums ■ schwand die- 

Sitte des Verbrennens ; nach Macrob. VII 7, 5- 
war es zu seiner Zeit, um 400, nicht mehr Iiblich. 
Doch musste noch Karl d. Gr. es verbieten, Wylie 
Archaeologia XXXVII 1857, 463. 

Fiir die altere Zeit sind namentlich. die etrus- 
kischen Funde wichtig. tfber die B.s-Gebrauche 
der Etrusker sind wenig Einzelheiten uberliefert, 
doch kennen wir aus bildlichen 'Darstelhmgen die 
Ausstellung der Leiche, die leidenschaftliche Toten- 

30klage, das TotenmahL die Kampfspiele, nament- 
lich Gladiatorenkampfe, Martha Art 6tr. 177ff. 
Dem Toten wurden Dinge, die ihm im Leben lieb 
waren, mit in das Grab gegeben. In altester Zeit 
vielfach Waifen (tomb a del guerriero in Corneto, 
Ann. d. Inst. XL VI 1874, 249—266); dann auch 
Ackerbaugerate (so das in Vulci haufige ral- 
lum) ; bei Frauen in alterer Zeit Hausgerat, spater 
Schmucksachen; vollstandiges Ameublement in den 
seit Ende des 6. Jhdts. iiblichen, als Wohnung des 

40 Toten eingerichteten Grabkammern. Naheres s. 
unter Graber. 

Die rSmischen B.s-Gebrauche der historischen 
Zeit sind den griechischen sehr ahnlich und sicher 
fruhzeitig auf dem Wege iiber Etrurien von Grie- 
chenland aus beeinflusst worden. Die auf religiOsen 
Vorstellungen beruhenden Bestimmungen iiber B. 
gehflren in das ius pontifieium und waren in den 
Ubri pontificates enthalten. Zur B. waren die 
AngehCrigen strenge verpflichtet. Auch die Leichen 

50 hingerichteter Verbrecher wurden ihnen auf Ver- 
langen iiberlassen, Dig. XL VIII 24, 1. 3. Aus- 
genommen waren nach Pontificabrecht die, welche 
sich erhangt hatten, Serv. Aen. XII 603. Artemid. 
I 4; dass aber diese Vorschrift schon fruh nicht 
mehr beachtet wurde, beweist die aus republica- 
nischer oder frtihester Kaiserzeit stammende In- 
schrift CIL XI 6528, in der ein Baebius Gemellus 
in Sassina bei Stiftung ernes Grundsttlckes zu 
Grabstatten es nStig findet, Hingerichtete , Er- 

60 hangte und solche , die schmutzige Gewerbe ge- 
trieben haben, auszunehmen; ferner das Missver- 
standnis bei Senec. controv. VIII 4, der diese Be- 
stimmum? als noch bestehend fingiert, aber im 
Widerspruch mit der allgemeinen Auffassung des 
Selbstmordes auf alle SelbstmOrder ausdehnt, also 
ihre wahre Bedeutung nicht kennt. Auch Fest. 
178b 22 homo si fulmine occisus est, ei ittsta 
nulla fieri oportet, wird nicht so zu verstehen 



sein, dass er unbestattet blieb; welche iusta an 
semem Grabe nicht stattfanden, bleibt freilich 
dunkel Einen fremden, zufallig angetroffenen 
unbeerdigtenLeichnam bestattete man wenigstens 
symbohsch, mdem man dreimal Brde auf ihn warf 
Hor. od. I 8, 22. Petron. 114. Quintil. decl. 5, 6-' 
a- w „ h f vorgehoben, wie bei Schiffbriichigen 
die Wellen die B. besorgen, indem sie die Leiche 
mit Sand bedecken, Prop III 7, 27. Petron. a 
Senec . contr. VIII 4. Selbst ein Pontifex, der 10 
kernen Toten sehen durfte, begingein nooh grosseres 
Nefas wenn er, falls dies doch geschah, ihn unbe- 
^rdigthess, Serv. Aen. VI 176. Unbemittelte sicher- 
ten sich ihre B durch Einkauf in ein collegium fu- 
yratommfa. Collegium). Auch wenn die Leiche 
mcht zur Stelle ist, wird doch die B. {terrae 
tnwetio) symbohsch vollzogen (Serv. Aen VI 366) 

^erg. Aen. Ill 304. Suet. Claud. 1) snidw n J 



Bestattung 



348 



349 



Bestattung 



" erg. Aen. Ill 304. Suet. Claud. 1) errichtet und 
an diesem die Totenopfer dargebracht, „. Keno-20 
taphion. Die dieser Pflieht zu Grande liegende 
Vorstellung ist, dass die Seele des UnbeerdUen 
ruhelos umhenrrt und den Lebenden feindlich ist 
JJurcn die B und die damit Terbundenen Opfer 

vZl T a m TT d T^o Gr o b ffebannt - se P ulero conditur, 
Verg. Aen. EI 68. Serv. z. d. St. Tertull. de an. 56 
Versaumnis dieser Pflichten, ja sogar Fehler in 
^riullung derselben von seiten der Erben sollten 
Z s P, r ™glich nut dem Tode gebiisst werden, Pest. 
„ ■■{. \ j , blstonscb er Zeit aber wurden sie 30 
gesuhnt durch das alle Jahr zu wiederholende 

IV* ^p ?, 18 £ i 7; epii 223 ' 19 - Mar - v i<=t. 
SfiW^ G f- IV „ 6 ' 8 - D ^s Verhaltnis dieses 
bunnopfers zu dem allgemein dargebrachten Opfer 
des gleichen Namens (Cato de agr. 134. Fest. ep. 

7«? $ I, ^ Cht kkr - Lflbb ert (Comm. pont. 
78) erklartletzteres so dass man angenommen 
nabe, bei jeder B. habe irgend ein Fehler vor- 
Kommen konnen und sei zu suhnen 40 

iCic v Wel T he , al ^f Sitte der Aus druck deposit™ 
970 v 6rr - \ 5 " £ a T ? clL und Lucil - bei Non. IV 

ex p iff' ^V™- 395 - 0vid - tr - m 3 - 4 0; 

- i. , f' ?:> fur emen aufgegebenen Kranken 
zuruckgeht, bleibt dunkel. Servius zu Verg a 
sagt, man habe die Sterbenden vor die Thur gelegt' 
ve ut extremum spiritum redderent terrae, vel 
ut pouent a trameuntibus forte curari, si ali- 
qtiando sinuh laboraverant morbo, ersteres viel- 
leicht richtig nur dass deshalb der Sterbende nicht 50 
gerade vor die Thiir gelegt zu werden brauchte. 

tZ ifl^T d 4\ letz ^ n Hauches d »rch einen 
vZ v rb ? nden ^ahestehenden wird erwahnt Cic. 
1 ToV \ U t- Ve ^' Aen - IV 684 - Stat. silv. V 
v'Jr\ -\} st . dles wohJ nur Ausdruck der Zart- 
hchkeit, n,cht ein Ritus, am wenigsten ein speciell 
rom 1S cher d a wemgstens an den beiden erstge- 
nannten Stellen von Nichtromern die Rede ist. 
i)as Zudrucken der Augen durch einen nahen An- 
gehongen wd oft erwahnt, Verg. Aen. IX 489. 60 

J h yTi,? 1 9 ', 49; ^ m 3 ' 44 ^ 3 ' «■ "in- 
t£ a t ' ^- nd lst dar gest«llt auf der etruski- 
sctien Aschenkiste Arch. Zeit. IV 1846 Taf 47 

fanfd ", ^ ^- 3 ' 43) ° der ^ nachher 
f?J e f<»^niatw, clamor supremus statt; 
durch lautes Eufen aller Anwesenden sollte der Tod 
constatiert werden, Plin. bei Serv. Aen VI 218 



ft mn A lL ■ d S5 L 2 \ 6 ? P ' 8> 2 Ritter - Nach d en Reliefs 
Maffei Mus. Veron. 420 (eines derselben auch 
bei Baumeister Denkm. I 309) scheint es, dass 
man nierzu auch Blasinstrumente verwandte- vsl 
Petron 78. Pers. Ill 103, wo die tubae vor der 
Ausstellung genannt werden. Daher eondamatum 
esivom sicheren Tode, Ter. Eun. 348, und so 
uneigenthch, ist auch zu verstehen Liv IV 40 3 
quae conelama-verant suos. Dass der Tote beim 
JNamen gerufen wurde, ist wahrscheinlich, aber 
nicht uberhefert. Erwahnung der conclamatio 
b ei Lucan II 23. Sen. tranqu. an. 11, 7. Quintil. 
decl 8, 10. Ammian. XXX 10, 1. Demselben 
Zweck sollte nach Serv. a. O. auch das Waschen 
nut warmem — also wohl heissem — Wasser 

riif^i ?« a n n T7 Urd T e TT die Leiche ^ esalbt (Stat. 
silv II 1 160. Pers. Ill 104. Lucian de luctu 11), 
auch wohl geschminkt (Serv. Aen. IX 485), be- 

S?,hA U ? d Zwar die Manner mit der Toga (Iuv 

IE 172. Mart. IX 57, 8. Dig. XV 3, 19)" Magi! 

strate mit der Toga praetexta (Liv. XXXIV 7 2) 

otae Zwdfel Censoren mit der Purpurtoga, Trium- 

phatoren mit der Toga picta , Polyb. VI 53 7 

Nach der freilich kritisch angefochtenen Stelle 

-Liv. a. 0. wurden die Vicorum magistri in der 

loga praetexta, die sie nur ate Spielgeber trugen, 

bestattet. Dass auch anderen Magistraten die 

Iracht des Spielgebers, also dem Stadtpraetor die 

nur bei der Pompa circensis getragene Toga picta 

zugekommen ware, scheint aus Liv. V 41 7 nicht 

geschlossen werden zu diirfen. Uber alles'dies vd 

Mommsen St.-R. 13 441. Verdienten Mannern 

konnte auch fiir das Begrabnis die Tracht eines 

nicht bekleideten Amtes gestattet werden; so in 

Kom beim funus censorium (s. d.); fur die Muni- 

cip.en CIL n 4268. Die Herrichtung der leiche 

war Sache des Pollbctor ( s . d.), eines Sclaven des 

Libitmanus (s. d.), der das ganze Leichenbegangnis 

in Entreprise nahm. So angethan wurde die Leiche 

auf ein hohes Paradebett {alto Pers. Ill 103 • altis 

terts Stat. silv. VI, 214; fidtus cervicalibm mul- 

Us Petron. 78) gelegt (componere Pers. a Sen 

ty if«- ^ 2 °; 3 - 0vid - raet - IX 5M- Lucan! 

in K^ n lm Atnum ("d ostium admotus Sen 

ep. 14 3) mit den Fussen nach der Thur (Plin 

i' h i VI1 46 y ? ers " m 10S ) «""gestoUt/ Die 
Ausstellung der Leiche des Augustus im Vestibu- 
lum (wenn Suet. 100 nicht das Atrium zu ver- 
stehen ist s Vestibulum) war cine Abweichung 
vom Gewohnhchen, wie auch die der Virginia (Dio 
nys. XI 38), des Caesar, der Octavia und des Drusus 

4 T v m o ^? rUI ? (C r aS v- Di0 XLIV 35 ' 4 - "V 35, 
a 'J>- „ Leben gewonnene Ehrenkranze 
und sonstige Ehrenzeichen , mit denen der Tote 
auch begraben wurde (Cic. de leg. II 60) lesrte 
man ihm schon jetzt an, Plin. n. h. XXI 7 Serv 
Aen. XI 80. Dass, abweichend von griechischer 
bitte , sonstige Bekranzung nicht iiblich und im 
^wolitafelgesetz verboten gewesen sei. ist an sich 
unglaubhch und aus Cic. a. 0. mit Unrecht *e- 
schlossen worden; das Gesetz untersagte nur etaen 
ubertnebenen Blumenluxus (longae coronae) Be- 
kranzung ist wenigstens fiir spatere Zeit deutlich 
bezeugt, Tertull. de cor. 10. Minuc. Fel 12 Blu 
men auch Dionys. XI 39. Bekranzt wird' die Tote 
auf dem gleich zu enrahnenden Haterierrelief 
Fund emer weiblichcn Leiche aus dem 3 Jhdt 
n. Chr. nut Myrtenkranz Bull. com. 1889, 17s! 



Bestattung 



350 






Zum Zeichen der Trauer abgeschnittene Haare 
Prop. I 17, 21. Um den Toten standen klagend die 
Leidtragenden und auch gemietete Klageweiber 
(praeficae s. d.) , welche zu FlOten- und Saiten- 
spielbegleitung einen Gesang (nenia s. d.) vor- 
trugen, in dem der Tote beklagt und gepriesen 
wurde. Eine solche Ausstellung zeigt das aus der 
1. Halfte des 3. Jhdts. n. Chr. stammende Hate- 
rierrelief im Lateran, Mon. d. Inst. V 6 (vgl. Ann. 
XXI 1849, 367). Die Tote liegt hier auf einem 10 
Bette, und zwar sehr hoch auf zwei sehr starken 
Matratzen, das Bett selbst steht auf einem hohen 
Untersatz ; sie ist vollstandig bekleidet, bekranzt, 
mit Armband und Ringen geschmiickt (vgl. Prop. 
V 7, 9. Quintil. decl. 373. Dig. XXXIV 2, 40, 2. 
Visconti Op. var. I 6. Raoul-Rochette 3e 
mem. 650. 651). An den Ecken des Bettes stehen 
vier hohe fackelartige Thymiaterien , am Kopf- 
und Fussende je ein Candelaber mit brennender 
Lampe [canddae Pers. Ill 103) und ein kleines 20 
trichterformiges Weihrauchbecken (aoerra, s. d.; 
antistibulum [?] s. d.), die nach Cic. a. O. 60 im 
Zw6lftafelgesetz verboten waren. Neben dem Bette 
steht ein Mann, wohl der Gatte, im Begriff der 
Toten einen Kranz anzulegen, und zwei kleine 
Madchen, wohl Tochter, die mit aufgelSstem Haar 
an die Brust schlagen. Am Kopfende sitzen drei 
trauernde Frauen, mit dem Pileus auf dem Kopfe, 
also wohl testamentarisch Freigelassene. Am Fuss- 
ende steht eine Praefica und sitzt die ihre Klage- 30 
lieder begleitende Flotenblaserin. Vom unten zwei 
Manner und zwei Frauen, in denen wir wohl die 
Dienerschaft zu erkennen haben. 

Dass die griechische Sitte, dem Toten eine 
Miinze (in alterer Zeit auch ein Stuck Aes rude) 
in den Mund zu legen, schon friih bei Etruskern, 
Latinern und Samniten Eingang fand, beweisen 
die Funde, CIL I p. 27. 28. Bull. d. Inst. 1870, 
57. 59. 1876, 14. 1881, 271ff. 1882, 77f. Zannoni 
Scavi della Certosa 71; fiir die Kaiserzeit z. B. 40 
Ficoroni Bolla d'oro 35. 43. Rom. Mitt. Ill 1888, 
122. 125. 132. 141. X 1895, 156; mehr bei Mar- 
quardt Privatl. 2 349. In der Litteratur wird die 
Sitte seiten erwahnt, Prop. V 11, 7. Iuv. Ill 
267 {trims). Apul. met. VI 18. 

Die Dauer der Ausstellung ist unbekannt. Die 
Angabe des Comm. Cruq. Hor. epod. 17, 47, drei 
Tage, beruht wohl nur auf einer falschen Erkla- 
rung des sacrum nwemdiale (s. d.) und einigeu 
Vergilstellen ; die des Servius, Aen. V 64. VI 218, 50 
sieben Tage, ist mit derselben falschen Erklarung 
verbunden und deshalb verdachtig. Auch aus der 
siebentagigen Ausstellung der zu consecrierenden 
Kaiser (Herodian. IV 2, 4) kann nicht mit Sicher- 
heit geschlossen werden, da hier durch die Fiction, 
als sei der Kaiser noch am Leben, und durch die 
vorgangige Beisetzung der Leiche stark von dem, 
was allgemein iiblich sein konnte, abgewichen ist. 
Doch ist es mSglich, dass hier ein altes Herkom- 
men zu Grunde liegt und in der That zu einer 60 
sollennen B. eine siebentagige Ausstellung gehSrte. 
Natiirlich musste dann die Leiche fiir die Aus- 
stellung besonders hergerichtet werden. Schminken 
des Gesichtes darf, auch fiir gewOhnliche Leichen 
und kiirzere Ausstellung, aus Serv. Aen. IX 485 
geschlossen werden, wenn audi die Etymologie von 
pollinetor, a polline quo mortuis os oblinebant, 
Jie Hvor appareret extineti, falsch ist. Es ist auch 



sehr wohl moglich, dass statt dessen dem gewese- 
nen curulischen Beamten die zur Aufstellung im 
Atrium bestimmte Wachsmaske aufgelegt wurde, 
welche vielleicht in altester Zeit durch Abformen 
der Leiche (Benndorf Gesichtshelme 73), spater 
doch sicher in der Regel schon bei Lebzeiten her- 
gestellt wurde. Die Ausstellung gewohnlicher 
Leichen dauerte ohne Zweifel viel kiirzer. 

Wahrend der Ausstellung wurde, wenigstens 
in reicheren Hausern (Lucan. Ill 442), ein Cypressen- 
zweig (Fest. ep. 63, 15. Plin. n. h. XVI 139. Serv. 
Aen. Ill 64. 680. IV 507), in armeren ein Tannen- 
zweig (Plin. a. 0. 40) vor die Thur gestellt, als 
Zeichen der Trauer und Warming fiir die, welche, 
wie die Priester, die domus funesta nicht betre- 
ten durften. 

Der nachste Act der B. ist der Leichenzug, 
die pompa. Darstellung der Pompa eines Mitglie- 
des der Municipalnobilitat auf dem Relief R6m. 
Mitt. V 1890, 72. Dass sie urspriinglicn nachts 
stattgefunden hatte (Serv. Aen. XI 143. Donat. 
Ter. Andr. 108. 115), ist wohl nur aus den bei 
ihr iiblichen Fackeln geschlossen worden ; bezeugt 
ist es nur fiir die B. von Kindern, acerba funera 
(Serv. a. 0. Sen. de tranqu. an. 11, 7; de brev. 
vitae 20, 5; epist. 122, 10. Tac. ann. XIII 17), 
fiir die ohne Begleitung von den vespillones fort- 
geschafften Leichen ganz armer Leute (Fest. ep. 
368, 17. Mart. VIII 75, 11) und fiir die translatio 
cadaveris, Paul. sent. I 21, 1. Erst Iulian schrieb 
die B. bei Nacht allgemein vor, Cod. Theod. IX 
17, 5. Herm. VIII 167. Unsere ausffihrlichen 
Nachrichten beziehen sich fast nur auf die sollenne 
B. , wie sie fiir Mitglieder der Nobilitat iiblich 
war, mit grossem Luxus, gegen den schon alte, 
dem Numa zugeschriebene Gesetze (Plin. n. h. 
XIV 88), besonders aber die ZwOlftafelgesetze (Cic. 
de leg. II 59ff.) Bestimmungen enthielten. Auch 
die lex Cornelia sumptuaria Sullas enthielt der- 
artige Bestimmungen, die aber schon von Sulla 
selbst ubertreten wurden, Plut. Sulla 35. Die 
Beobachtung dieser Gesetze uberwachten die Aedi- 
len (Cic. Phil. IX 17. Ovid. fast. VI 663), wie es 
scheint mit geringem Erfolg. Diese sollenne Pompa 
heisst funus indictivum, weil sie durch den Praeco 
verkundet wird, indicitur, etwa mit den Worten : 
N.N. (die Formel bei Varro de 1. 1. VLT 42. Fest. 
254 a 34 sagt ollus Quit-is) leto dolus; exequias 
ire quibus est eommodum, iam tenipus ; N.N. (ollus 
Varro de 1. 1. V 160) ex aedibus effertur. Der Zug 
wird geordnet durch den dissignator (s. d.); er 
wurde dabei unterstiitzt durch die dem dbminus 
funeris zustehenden schwarzgekleideten Lictoren, 
welche wohl namentlich den Weg frei machten, 
Cic. de leg. II 61. Hor. ep. I 7, 5. Der Zug war 
von Musik begleitet, welche, wie wir annehmen 
diirfen, voranschritt. Erwahnt werden tubae, Hor. 
sat. I 6, 44. Ovid. am. II 6, 6. Prop. Ill 13 b, 20. 
Plut. de soil. an. 19, 6; mehr bei Marquardt 
Privatl. 2 351, 9. Dass das in einer Rede des 
Cato vorkommende, den Spateren unbekannte Wort 
siticiues Leichenblaser bedeute, und dass diese 
eine besondere Art Tuba gehabt hatten, ist nur 
eine Vermutung des Ateius Capito bei Gell. XX 
2, 1. Gornua Hor. sat. I 6, 44. Sen. lud. 12; 
tibiae Suet. Caes. 83. Ovid. fast. VI 657ff.; trist. 
V 1, 48. Cass. Dio LXXIV 5, 3. Fest. ep. 93, 1. 
Die zwolf Tafeln erlaubten nur zehn Tibicines 



351 



Bestattung 



(Cic. de leg. II 59), was der Aedil bei Ovid. fast. 
VI 663 einscharfte. Vielleicht waren bei Kindern 
nur tibiae tiblich, Stat. Theb. VI 121. Serv. Aen. 
V 138. Auf dem Relief Rem. Mitt. V 1890, 72 
erscheinen Tibiae, Cornua und Lituus , welcher 
letztere unter der umfassenderenBezeichnungTuba 
mit einbegriffen ist. 

Weiter gingen vor dem Toten die Praeflcae, 

die auch hier klagten und die Nenia sangen. Gloss.: , „.. „^ # 

Praefiea % n e 6 rfj s xUvrjg h tfi kxyogq xojixo- 10 doch, 'dass das Gesicht frei MiebTVelL II "4 J 6 



Bestattung 352 

der des Marcellus (Serv. Aen. VI 862) ihre Er- 
klarung. 

Die Leiche wurde getragen auf demselben Lectus, 
auf dem sie aufgestellt gewesen war, Herodian. IV 
2, 2. 4. Cass. Dio LVI 34, 1; sie lag' auf kostbaren 
Teppichen (Prop. Ill 13 b, 22. Cass. Dio a. 0.), und 
der Korper war auch wohl mit solchen bedeekt 
(Verg. Aen. VI 221. Val. Max. V 5, 4. Lactant. 
II 14, 19. Hieron. vita Paul. erem. 17), so je- 



353 



Bestattung 



Bestattung 



354 



fierrj. Ferner Mimen und Tanzer, Suet Caes. 84: 
scenici artifices. Dionys. VII 72: rfdov .... xmg 
aaivQiarcov %cQoig xivovfiivovg ttjv oinivviv oqxv- 
aiv. Einer der Mimen stellte den Verstorbenen 
selbst vor (Diod. exc. XXXI 25, 2), wobei ihm 
allerlei Seherz gestattet war, Suet. Vesp. 19. Pest. 
334 b 25 erwahnt auch Kunstreiter (desuttores) 
als zum funus indietivum gehorig. 

Hierauf folgten die imagines (s. d.); Manner, 



(Scipio). Appian. b. c. II 147 (Caesar). Cass. Dio 
LXI 7, 4 (Britannicus). liber dem Lcctus war 
manehmal ein Baldachin angebracht, Belief Eom. 
Mitt, V 1890, 72. Die Ersetzung der nicht vor- 
handenen, etwa (wie die des Germanicus) im Aus- 
lande verbrannten Leiche durch ein plastisches 
Bild des Verstorbenen bezeichnet Tac. ann. Ill 5 
als veterum institutum. Sie wurde zur Kegel bei 
der Apotheose (s. Consecratio), seitdem diese. 



oft wohl Schauspieler, bekleidet mit den Wachs- 20 da das Verbrennen nicht mehr iiblich 



masken und der Amtstracht, bei Patriciern der 
Geschlechtsgenossen, bei Plebeiern der Vorfahren, 
spater auch der Mitglieder verwandter Familien, 
welche curulische Amter bekleidet hatten, Zur 
Zeit des Polybios erschienen sie zu Wagen unter 
Vortritt der einem jeden gebiihrenden Lictoren. 
Es ist fraglich, ob dies auch regelmassig stattfand 
und bei dem steigenden Strassenverkehr mOglich 
war. Zwar aus spatietur Prop. Ill 13 b, 19 wird 
nichts zu schliesscn sein. Aber nach Cass. Dio 30beweisen die oben fiir die UnbedecktheiT des G*e- 



war , zu 
einer symbolischen Feuerbestattung geworden war, 
wahrend die wirkliche Leiche vorher anderweitigbe- 
atattet wurde; so bei derB. des Severus, Herodian. 
IV 2, 2; bei der des Pertinax, Cass. Dio epit. 
LXXIV 4, 2, war die Leiche nicht vorhanden. 
Dass die Leiche- in einem als Lectus gestalteten 
Sarg, auf diesem aber eine Wachsfigur lag, wird 
nur von Augustus berichtet, Cass. Dio LVI 34, 1 ; 
dass es sonst wenigstens nicht "sehr iiblich war, 



LVI 34, 2 wurden bei der B. des Augustus die 
Imagines getragen, itpsQovxo, ebenso Tac. ann. Ill 
76 antclatae sunt. Die Lictoren werden nach Po- 
lybios nicht mehr erwahnt. Die Imagines gingen 
vor der Leiche, Diod. exc, XXXI 25, 2. Tac. ami. 
Ill 76. Hor. epod. 8, 11 iducant). SO. It. X 568. 
Es war also eine Abweichung von dem sonst tb- 
lichen, wenn sie bei der B. des Augustus ihr folg- 
ten , Cass. Dio L VI 34, 2. Auf die Imagines folgten 



sichtes angefuhrten Beispiele. Die aus Weihrauch 
gefertigte Statue des Sulla (Plut, Sulla 38) gehort 
nicht hierher, und das alte Wort capulus oder capu- 
lum (a capiendo, Serv. Aen. VI 222) kann unmoglich 
einem so selten vorkommenden Gebrauch seinen 
Ursprung verdanken. Wenn aber Polyb. VI 53, 1 
erzahlt, dass der Tote auf die Rostra gebracht 
wurde jiots jiev saxu>g ivaQyrjg, OTtavlcog ds xara- 
xexhfievog, so liegt allerdings die Vermutung nahe, 



Andenken der Thaten des Verstorbenen: Beute- 40 dass in erstercm Falle ein plastisches Bild die' 



stucke, Namen und Symbole bezwungener Stadte 
und Volker u. s. w., Dionys. VIII 59. Cass. Dio 
a. O. Tac. ann. I 8. Endlich die der Amtswiirde 
des Verstorbenen entsprechenden Lictoren, schwarz- 
geklcidet und mit gesenkten Fasces, Tac. ann. Ill 2. 
Appian. b. c. I 105. Noch vor diesen (wenn sie 
wegfielen, unmittelbar vor der Leiche) gingen, mit 
dem Pileus bedeekt, die testamentarisch freige- 
lassenen Sclaven, Liv. XXXVIII 55, 2. Appian, 



Leiche vertrat, Benndorf Gesichtshelme 74. Bei 
der B. Caesars wurde ausser der liegenden Leiche 
auch ein aufgerichtetes Wachsbild auf den Rostra 
gezeigt (Appian. b. c. Ill 147), also auch wohl 
iin Zuge getragen. 

Nach Verg. Aen. VI 223 und Serv. z. d. St. 
war es alte Sitte, dass die nachsten Verwandten 
die Leiche trugen, auf den Scheiterhaufen stellten 
und diesen anziindeten; vgl. auch Lucan. VIII 



Mithr. 2. Schol. Pers. Ill 106. Cod. lust. VII 6, 5. 50 732. Als allgemeino Sitte war dies wohi friih 



Dionys. IV 24. Auch noch vor der Leiche (Serv, 
Aen. VI 224) warden die oft erwahnten Fackeln 
getragen (vgl. Verg. Aen. XI 143. Tae. ann. Ill 
4) , schwerlich ein Rest der gewiss nie dauernd 
bestandenen Sitte nachtlicher B., sondern zum An- 
ziinden des Scheiterhaufen s bestimmt. So wurde 
auch der zur Mitverbrennung bestimmte Weih- 
rauch, den Freunde oft in grosser Menge schenkten 
(Plut, Su^l. 38), auf Schiisseln im Zuge getragen 



abgekommen. Als etwas Besonderes wird aus vor- 
nehmen Familien berichtet, dass So'hne oder nahe 
Verwandte die Bahre trugen, Cic. Tusc. I 85 (vgl. 
Val. Max. VII 1, 1. Veil. I 11, 7. Plin. n. h. VII 
146). Cass. Dio LIV 35, 5. Sulla trugen Sena- 
toren, Appian. b. c. I 106, Caesar Magistrate, 
Suet, 84; vgl. auch Plin. n. h. XVIII 16 (popidi 
humeris). Plut. Aem. 39 ; Numa 22. Doch scheint 
es, dass sich diese Ehrenerweisung meist auf die 



(Prop. Ill 13b, 23), vermutlich neben den Fackeln. 60 Strecke von den Rostra zum Scheiterhaufen be- 



Ebenso auch andere, zur Mitverbrennung bestimmte 
und von Freunden geschenkte Gegenstande ; es war 
eine Ausnahme, dass diese mmwra zur Verbren- 
nung Caesars (Suet. Caes. 84) wegen der grossen 
Menge nicht im Zuge, sondern von den Gebern 
direct zum Rogus getragen wurden. Diese Dinge 
wurden wohl auf Lecti getragen; nur so flnden 
die 6000 Lecti bei der B. Sullas und die 600 bei 



schrankte ; dies sagen ausdriicklich Veil, und Suet. 
a. O. ; an anderen Stellen ergiebt es sich aus der 
Art, wie es nach der laudatio berichtet (nament- 
lich Appian. a. O.), oder wie das impoitere in ro- 
gum hervorgehoben wird. Lucullus (Plut. Luc. 43) 
sollte nicht in unmittelbarer Nahe der Stadt, son- 
dern bei Tusculum verbrannt werden ; deshalb 
trugen die vornehmen jungen Manner, die ihm die 



letzte Ehre enveisen wollten, ihn aus dem Trauer- storbenen, dann die seiner als Imagines anwesen- 

hause auf das Forum. Augustus aber wurde von den Ahnen, vom altesten anfangend, schilderte. 

den Magistraten des verfiossenen Jahres aus dem Hauptstelle fur alles dies Polyb. VI 53 , Iff. ; 

Palatium abgeholt (Cass. Dio LVI 34, 2) und so vgl. Dionys. V 17. IX 54. Cass. Dio LTV 28, 

auch wohl spatere Kaiser (Herodian. IV 2, 4). Nach 13. Vor und nach der Laudatio wurden auch 

Pers. Ill 106 muss es zu seiner Zeit iiblich ge- von Choren Lob- und Trauerlieder mit FlOten- 

wesen sein, dass die testamentarisch Freigelasse- begleitung vorgetragen. Appian. b. c. II 146 be- 

nen die Leiche trugen. Tote der niederen Klasse zeichnet dies als n&TQiov Z'#og; vgl. Suet. Caes. 84. 

trugen die beim Libitinarius gemieteten Vespil- Cass. Dio epit. LXXIV 4, 5. Cic. de leg. II 62. 
lones in der oft genannten sandapila (s. d.), einer 10 Tac. ann. Ill 5. Cic. Mil. 87. Lucan. VIII 734. 

kastenformigen Bahre (wohl = capulus, capuhmi, Quintil. VLH 2, 8. Von dem Text eines solchen 

Non. I 4, 18). Gesanges giebt Sen. lud. 12 eine Vorstellung. Die 

Der Gebrauch eines Wagens zum Transport Anwesenden bekundeten durch laute Zurufe ihren 

der Leiche scheint wenig iiblich gewesen zu sein. Schmerz und ihre Beistimmung zu den Worten 

Fiir spatere Zeit wird er bezeugt durch Cod. lust. des Redners und der Chore, Appian. a. O. Cass. 

VII 6, 5, wo die fachelnden Freigelassenen in Dio a. 0. 5, 1. Dass auf dem Forum, vor oder 

ipso JectuJo stantes ihn voraussetzen, und Dig. XI nach der Laudatio, die oben erwahnten Mimen, 

7, 37 (vectura). Tanzer und Kunstreiter irgend welche Darstel- 

Hinter der Leiche gingen die Verwandten und lungeM ausfuhrten, zeigt Suet. Caes. 84 {inter 
wer sonst sich anschliessen wollte ; daher sequi 20 htdos) vgl.. mit Appian. a, 0. Dies sind wohl 

Prop, ni 13 b, 27, prosequi Sen. ep. 30, 5, exsequi auch die ludi Cic. Mil. 87. Fest. 334 b 25. 

Plaut. Epid. 174. Cic. Tusc. I 115. Gell. X 15, Vom Forum ging dann der Zug an den Schei- 

25, exsequiae, exsequias ire,' venire. Man folgte terhaufen, der in der Regel, wie es in der Natur 

in schwarzen (Tib. LTI 2, 18. Prop. V 7, 28. Tac. der Sachc lag, in der Nahe des Grabes errichtet 

ann. Ill 2. Iuv. X 245) oder grauen (pidlae : Na- war. Das Verbot, innerhalb der Stadt zu beerdi- 

turfarbe der Wolle , Varro bei Non. 549, 30) gen und zu verbrennen, wurde seit den zwbTf Tafeln 

Trauerkleidern, Magistrate und Senatoren ohne After eingescharft, Serv. Aen. XI 206. Lex Col. 

die Abzeichen ihrer Wurde, die Ritter ohne den Gen. 73. Dig. XL VII 12, 3, 5 (Hadrian). Hist, 

goldenen Ring, Liv. IX 7, 8. Nur dem dominus Aug. Ant. Pius 12, 3. Paul. sent. I 21, 3. Cod. 
fimeris war gestattet, den ihm sonst zukommen- 30 Theod. IX 17, 6 (381 n. Chr.). Cod. lust. Ill 44, 

den Purpurstreifen auch am Trauergewande zu 12 (Diocletian). In der lex Col. Gen. 74 ist auch 

flihren, Fest. 237 b 24, praetexta pidla. Die mann- verboten, ein Ustrinum naher als 500 Schritt bei 

lichen AngehOrigen hatten die Toga iiber den Kopf der Stadt anzulegen. Dass Begraben in der Stadt 

gezogen, die weiblichen gingen unbedeckten Haup- (auch auf dem Markte, Dionys. Ill 1) friiher ub- 

tes mit aufgelOstem Haar (Plut. qu. rom. 14. Tib. lich war, geht schon aus dem Verbot der zwOlf 

I 1, 67. Petron. Ill), ohne Goldschmuck (Liv. Tafeln hervor. Ausnahmsweise wurde es auch spa- 

XXXIV 7, 10. Dionys. V 48. VIII 62) , unter ter gestattet. Es scheint, dass fruher einmal mit 

leidenschaf'tlichen Ausserungen des Schmerzes, an dem Triumph dies Recht verbunden war; doch 

die Brust schlagend und das Gesicht zerkratzend; war es spater darauf reduciert worden, dass das 
das Verbot der zwoTf Tafeln , midieres genas ne 40 os resectum in der Stadt beigesetzt und ein Monu- 

radunto (Cic. de leg. II 59. Fest. 273 b 30. Plin. ment errichtet werden durfte, Plut. qu. Rom. 79. 

n. h. XI 157) wurde nicht beobachtet, Tib. I 1, 68. Serv. Aen. XI 206. Ferner wurde einzelnen vir- 

Prop. Ill 13b, 27, Petron, 111 ; Varro bei Serv. Mis causa fiir sie und ihre Nachkormnen das Be- 

Aen. Ill 67 erkennt hierin einen Rest eines Opfers grabnis in der Stadt gestattet; daher das Begrab- 

an die Inferi ; in der That war es wohl Rest nis der Valerier auf der Velia, welches dieselben 

eines Menschenopfers. Man rief den Namen des aber in historischer Zeit nicht mehr benutzten; 

Toten (Prop. a. 0.). Bei Todesfallen , die allge- es wurde nur, wenn der Zug an der Stelle vorbei- 

meine Teilnahme erregten. warfen auch solche, kam, durch Unterhaltung einer Fackel unter den 

die nicht im Zuge gingen, Blumen, abgeschnittene Lectus das Recht der Yerbrennung angedeutet, 
Haare und sonstige Gaben auf die vorubergetra- 50 Cic. do leg. II 58. Dionys. V 48. Plut. qu. Rom. 

gene Leiche, Dionys. XI 39. 79; Poplic. 23. Mommsen CIL I p. 285. Dass 

Das fumts solhmne zieht zunachst auf das Fo auch die Fabricier ein gleiches Vorrecht gehabt 

rum, wo die Leiche vor der Rednertribune nieder- hatten, ist vielleicht nur ein Missverstandnis des 

gesetzt wird. Auf ihrem hohen Lager war sie Plutarch, q'u. Rom. 79; nach Cic. a. 0. scheint 

hier sichtbar genttg, und es wurde auch wohl ein es, dass es dem Fabricius nur pers6nlich zugestan- 

eigener Holzbau zu ihrer Aufstellung errichtet, den wurde. Es war eine ganz besondere Aus- 

Suet. Caes. 84. Cass. Dio epit, LXXIV 4, 2. Es nahme, dass Traian auf seinem Forum beigesetzt 

war etwas Besonderes, dass die Leiche der Octavia wurde, Eutrop. 8, 5. Auch die Vestalinnen hatten 

auf die Rostra Iulia (Cass. Dio LIV 35, 4), die das Recht, in der Stadt begraben zu werden. Fiir 
des Augustus (ebd. LVI 34, 4) auf die grossen 60 die Municipien indes beweisen die Ofteren Ein- 

Rostra gestellt wurde. Dagegen ist wohl anzu- scharfungen (s. o.) , dass das Verbot manehmal 

nehmen, dass die Imagines auf die Buhne stiegen uberschritten wurde; es gab sogar solche, deren 

und hier auf curulischen Sesseln Platz nahmen. leges das Begraben in der Stadt erlaubten (Dig. 

Auch von der Buhne hielt dann ein Sohn oder ein a. 0.). Dass man in altester Zeit auch innerhalb 

naher Verwandter oder, namentlich beim fumts der Hiiuser begraben habe (Serv. Aen. V 64. VI 

publicum, ein vom Senat damit beauftragter Ma- 152j, beruht wohl auf keinerL'berlieferung, sondern 

gistrat (Quintil. Ill 7, 2) die laudatio funebris auf einem Riickschluss aus dem Larenkult. Alio 

(s. d.'i. indem er zuerst die Verdienste des Ver- italischen Nekropolen , auch die altesten. liegen 

Pauly-Wissowa III 12 



355 



Bestattung 



Bestattung 



356 



ausserhalb der Stadte. Meistens lagen die Be- 
grabnisstatten an den Strassen, wo sie, nament- 
lich bei Rom und Pompeii, massenhaft gefunden 
werden (Marquardt Privatl.a 361ff.). 

Das alte Verfahren, den Scheiterhaufen in der 
Grube selbst zu errichten (bustuni, s. d.), scheint 
friih ausser Gebrauch gekommen zu sein. Bei 
Familiengrabern war hauflg fur die Verbrennung 
ein eigener ummauerter Platz, ustrinum (s. d. ; 
auch ustrina) vorhanden. Dem Bogus gab man 
kiinstlerische Form; besonders grossartig bei der 
Consecration eines Kaisers (Herodian. IV 2, 6if.); 
aber schon die zwClf Tafeln verboten es (rogum 
aseia ne polito, Cic. de leg. II 59), wohl ohne Er- 
folg. In einer pompeianischen Grabkammer fand 
man in der Erde, mit der die Urnen bedeckt waren, 
Reste des Rogus, darunter eiseme Nagel, mit 
denen er gezimmert war, Rem. Mitt. Ill 1888, 141. 
Nach Verg. Aen. VI 177. Serv. z. d. St. und Ovid, 
trist. Ill 13, 21 scheint Altarform iiblich gewesen 
zu sein. Bemalung bezeugt Plin. n. h. XXXV 49. 
Man bekr&nzte ihn mit Cypressen (Verg. VI 215. 
Ovid. a. 0. Sil. It. X 535), nach Varro bei Serv. 
a. 0. urn dem iibeln Geruch zu begegnen. 

An der Verbrennungsstatte fand noch eine 
Totenklage und die letzte Conclamation statt, Verg. 
Aen. VI 218 (fit gemitus) und Serv. z. d. St. 

Die Leiche wurde mit dem leetus (Tib. I 1, 
61 : arsuro lecto. Appian. b. c. I 48) auf den Ro- 
gus gesetzt, und mit ihr die Beigaben. Diese wa- 
ren dreierlei Art. Erstens Speisen (dapes, Verg. 
Aen. VI 225): Brot (Catull. 59, 4) oder Opfer- 
kuchen (liba CIL III 2919). Zweitens Dinge, die 
dem Verstorbenen gehSrt hatten und ibm lieb ge- 
wesen waren, vor allem Klcider, bei Beamten das 
Amtskleid, bei Triumphatoren die Triumphal- 
tracht (Lucan. IX 175. Stat. silv. II 1, 159. Lu- 
cian. Nigr. 30). Die zwolf Tafeln verboten, mehr 
als drei Gewander mit zu verbrennen; denn so ist 
nach Analogie griechischer Gesetze das tribus 
riciniis Cic. de leg. II 59 zu verstehen. Ferner 
Schmucksachen (Lucian. Philops. 27), Gerate der 
Lieblingsbeschaftigungen (Inschr. Wilmanns 
315), bei Kindem Spielzeug und Lieblingstiere 
(Plin. ep. IV 2, 3). Eeste eines Elfenbeinkast- 
chens fanden sicb unter den Resten des Rogus in 
der eben erwiihnten pompeianischen Grabkammer. 
Dazu kamen Gegenstande gleicher Art, die von 
Freunden zu diesem Zweck ubersandt wurden, 
gleichsam postume Geschenke. Die Menge dieser 
munera, die auch in der Pompa getragen wurden 
(s. o. S. 351), gab einen Massstab fur das Ansehen 
und die Liebe, die der Verstorbene genossen hatte, 
I'lut. Cat, min. 11. Suet. Caes. 84. Tib. II 4, 44. 
Stat. silv. Ill 3, 38. Sie galten fiir so wesent- 
lich, dass bei der Verbrennung Caesars auf dem 
Forum, da die munera in das Marsfeld gebracht 
waren, die Anwesenden, was sie gerade zur Hand 
hatten an Kleidern und Schmucksachen, ins Feuer 
warfen, Suet. a. 0. Auf den Rogus des Augustus 
warfen die Soldaten die ihnen von ihm verliehenen 
Ehrenzeichen, Cass. Dio LVI 42, 2. Drittens die 
oft erwahnten Wohlgeruche, durch die dem iibeln 
Geruch der Verbrennung begegnet werden sollte; 
auch diese wurden, oft in grossen Massen, von 
Freunden geschenkt und gehoren daher zu den 
munera, Plut. Sull. 38; Cat. min. 11. Tib. I 1, 62. 
Plin. n. h. XII 83. Lucan. VIII 729. Stat. silv. 



II 1, 160. Mart. X 97, 2. Eine armliche Ver- 
brennung ohne Wohlgeruche heisst bei Lucan. VIII 
737 sieei igties. Eskam auch vor, dass zu Ehren 
des Toten die munera allein, ohne die Leiche, 
verbrannt wurden, Lucan. IX 175. Tac. ann. Ill 2. 

Urn den Scheiterhaufen , vor der Anziindung 
desselben, fanden bei Kaiserbegrabnissen und wo 
sonst der Staat sich beteiligte (wir konnen nicht 
naher bestimmen, in welchen Fallen) die deeur- 
10 stones (s. d.) der Truppen statt, Appian. b. c. 1 106 
(Sulla). Cass. Dio LVI 42, 2 (Augustus). LXXIV 5, 
5 (Pertinax). LXXVI 15, 3 (Severus). Herodian. 
IV 2, 9 (Severus). 

Nachdem dem Toten die Augen wieder ge- 
Sffhet waren (Plin. n. h. XI 150), ziindcten die 
nachsten Verwandten den Rogus mit abgewand- 
tem Gesicht an, Verg. Aen. V 223. Cass. Dio 
LXXVI 15. Darstellung einer so anziindenden 
Frau, Overbeck Pompeii-* 418. Beim Kaiser 
20 tritt audi wohl der Staat an die Stelle der Fa- 
milie. So wurde der Scheiterhaufen des Pertinax 
von den Consuhl angeziindet (Cass. Dio LXXIV 
5, 5), der des Augustus von Centurionen im Auf- 
trag des Senats (Cass. Dio LVI 42, 3), wie auch 
Verwandte, statt eigenhandig anzuziinden, sich 
darauf beschranken konnten, den Befehl dazu zu 
geben, Lucan. VIII 740. Das Feuer im Gange 
zu erhalten, war Sache der usiores, Catull. 79, 5. 
Lucan. VIII 738. Mart. Ill 93, 26. Solange es 
30 brannte, klagte das Gefolge, indem es der Praefica 
respondierte, Serv. Aen. VI 216. Dass auch ganz 
arme, ohne alle Begleitung von den Vespillonen 
hinausgetragene Leichen verbrannt wurden, be- 
zeugt Martial. VIII 75, 9, es scheint danach eine 
Armenverbrennung auf Staatskosten gegeben zu 
haben. 

War das Feuer ausgebrannt, so wurde die Asche 
mit Wein geldscht, Verg. Aen. VI 226. Stat. silv. 

II 6, 90. Ein dem Numa zugeschriebenes Gesetz 
40 verbot, die zwOlf Tafeln beschriinkten diesen Lu- 

xus, Plin. n. h. XIV 88. Cic. de leg. II 60. Die 
nachsten Verwandten sammelten dann die Kno- 
chen; dies wird oft erwahnt (Prop. V 1, 127. Sen. 
de ira II 33, 6) und ausfiihrlich beschrieben bei Tib. 

III 2, 15ff. Man wusch erst die Hiinde, sammelte 
dann die Knochen in den Sinus des Gewandes 
(Tib. I 3, 6. Sen. cons, ad Helv. 2, 5), begoss 
sie mit Wein, dann mit Milch, trocknete sie mit 
leinenen Tiichern und legte sie in die Urne. Dann 

50 wurden die Anwesenden durch Besprengung mit 
Wasser gereinigt und mit der Fonnel ilicet ent- 
lassen, Verg. Aen. VI 229—231. Serv. Aen. VI 216. 
231. Dass man hierbei barfuss und ungegiirtet war 
(Suet. Aug. 100), scheint doch nicht allgemeine 
Regel gewesen zu scin (incinctae, Tib. Ill 2, 18). 
In die Urne that man allerlei Wohlgeruche (Tib. 
I 3, 7. Pers. 6, 34), fliissig (Tib. Ill 2, 25. Ovid. 
fast. Ill 561) und in Pulverform (Ovid. tr. Ill 
3, 69). Auch die dem Toten mitgegebene Miinze 

60 wird in die Urne gelegt; ebenso manchmal die 
Flaschchen, wekhe die Salben enthalt€n hatten, 
doch kommt es auch vor , dass diese mit der 
Urne, aber ausserhalb derselben, beigesetzt werden, 
Rom. Mitt. UI 1888, 132. X 1895, 156. Seltener 
findet man in der Urne eine Thonlampe, Not. d. 
Sc. 1885. 397. Andere Beigaben waren wenig 
iiblich. Einzeln findet sich der Siegelring, Cla- 
rac Fouille faite a Pompei 45. Not. d. Sc. 1887, 



357 



Bestattung 



Bestattung 



358 



127 , Ofter die Bulla (s. d.) ; in der Urne eines 
Knaben Knochentafelchen mit rOmischen und grie- 
chischen Zahlzeichen, die ihm zum Lernen ge- 
dient hatten, Not. d. Sc. 1886, 240. Auf die 
Knochen wurde auch wohl ein zusammengefalte- 
tes Tuch gelegt,. Rem. Mitt. Ill 1888, 132. Es 
kam auch vor, dass die Knochen in der Urne in 
•eine aus Wein, 01 und Wasser gemischte Fliissig- 
keit gelegt wurden, Overbeck Pompeii* 414; 
vgl. Fiorelli Pomp. ant. hist. I 1, 47. Dass 
Livia erst am fiinften Tage nach der Verbrennung 
die Gebeine des Augustus sammelte CCass. Dio 
LVI 42, 4), war eine besondere, dem Kaiser er- 
wiesene Ehre ; gewOhnlich wird das Sammeln und 
die Beisetzung gleich nach der Verbrennung er- 
folgt sein. 

Aus der Zeit des Begrabens war die Vorstel- 
lung geblieben, dass die Knochen begraben wer- 
den mussten; bis dies geschehen, war die Familie 
unrein, funesta. Geschah es nun nicht unmittel- 
bar nach der Verbrennug, so ergab sich eine zweite 
B.s-Feier. Dor hierbei entfaltete Luxus veranlasste 
die Gesetzgeber der zwolf Tafeln, dies zu verbie- 
ten; die Begrabung musste gleich oder spaterohne 
besondere Feier stattfmden, Cic. de leg. II 60: 
homini mortuo m ossa legito quo post fumes 
faciat; ausgenommen waren Todesfalle im Kriege 
und in der Fremde. Da nun aber, wir wissen 
nicht wie friih, die Sitte aufkam, die Gebeine 
nicht zu begraben, sondern in zuganglichen, auch 
iiberirdischen Grabkammern beizusetzen, ferner 
haufig das Grab nicht gleich fertig war, so wurde 
das Begraben durch eine symbolische Handlung 
ersetzt, und zwar, wie es nach den durftigen An- 
deutungen unserer Quellen (Varro de 1. 1. V 23. 
Cic. a. 0. 55. 57. Fest, ep. 148, 11) scheint, in 
verschiedener Weise. Entweder namlich wurde 
dem Toten vor der Verbrennung ein Finger ab- 
geschnitten (os reseetum Cic, membrum abscidere 
Fest.) und dieser begraben. Oder es wurde nach 
der Verbrennung ein Knochen, sei es wirklich, sei 
es symbolisch, durch eine darauf geworfene Scholle 
(os exeeptum Varro ; in os iniecta gleba Cic.) be- 
graben. Oder endlich man warf eine Scholle auf 
den Ort, wo die Knochen liber der Erde beige- 
setzt waren (in sepulcmm abieeta gleba Varro). 
Natiirlich konnte dies Verfahren nur in Anwen- 
dung kommen, wenn die Grabkammer schon vor 
dem Tode bereit stand. In einem schon erwiihn- 
ten pompeianischen Grabe (Rom. Mitt. Ill 1888, 
140) hatte man sich nicht mit dieser symbolischen 
Handlung begniigt, sondern die in der Grabkam- 
mer beigesetzten Urnen vollstandig mit Erde be- 
deckt. Wurde die Urne wirklich und gleich be- 
graben, so flelen vermutlich diese symbolischen 
Handlungen fort; dem Toten war sein Recht ge- 
schehen (iusta facere), und die Familie war rein, 
quod os supra terrain non extaret (Cic). An 
dieser letzteren Sitte haben daher keineswegs bios 
solche festgehalten, denen die Mittel zur Erbauung 
einer Grabkammer fehlten; sondern wir finden in 
Pompeii grosse und kostspielige Monumente in 
Form von Zellen , Nisehen , BOgen , halbrunden 
Sitzen, in, unter und bei denen die Urnen in der 
Erde begraben und die Pliitze durch Steincippen 
bezeichnet sind, Overbeck Pompeii* 400ff. 406. 
408. Rom. Mitt, in 1888, 121—127. 130—134. 
V 1890, 278ff. IX 1894, 62. Die terrae iniectio 



konnte symbolisch auch dann stattflnden , wenn 
die Leiche nicht zur Stelle war, Serv. Aen, 
VI 366. 

Mit dieser Vorstellung, dass die Gebeine unter 
die Erde kommen rniissten, kreuzte sich das Be- 
streben, sie fiir die Totenspende erreichbar zu 
lassen. Diesem Zweck entsprachen die zugang- 
lichen Grabkammern, in denen die Urnen aufge- 
stellt, oder, wie in den Columbarien (s. d.), im 

lOBoden von Nischen eingemauert wurden. Beide 
Bestrebungen suchte man zu vereinigen durch 
Thon- oder MetallrOhren, die von der Oberflache 
in oder doch auf die begrabene Urne fiihrten. 
S. hieriiber Rom. Mitt. IH 1888, 125. 126f. X 
1895, 156. Auch wo die Urnen in unzuganglichen 
Grabkammern standen, wurden bisweilen solche 
LibationsrOhren auf sie hinabgefiihrt, Rem. Mitt. 
Ill 1888, 128. Ahnliche Vorrichtungen werden 
auch in Africa gefunden; fiir Rom vgl. noch Not. 

20 d. Sc. 1886, 81. In den Columbarien sind die in 
eine an den Wanden entlang laufende Stufe ein- 
gelassenen Urnen mit durchlocherten Inschrift- 
platten bedeckt. 

Nach der Begrabung oder Beisetzung der Ge- 
beine kam die B.s-Feier mit einer letzten Anrufung 
des Toten zum Abschluss, man rief seinen Namen 
und dreimal vale oder salve, Verg. Aen. HI 68. 
VI 506. Serv. Aen. I 219. Ill 68. XI 97. Mit 
der Beisetzung oder, wenn diese erst spater statt- 

30 fand, mit der symbolischen Beerdigungshandlung 
waren verbunden die feriae denicales (s. d.), an 
denen durch das Opfer der porea praesentanea 
das Grab geweiht, durch einen den (ursprunglich 
dem) Laren geopferten Hammel die Familie ge- 
reinigt wurde, Fest. 250 b 25 ; ep. 70, 9. Cic. de 
leg. II 55. An demselben Tage wurde auch das 
Leichenmahl (silicemium, s. d.) am Grabe gefeiert 
(Varro bei Non. 48, 5. Fest. ep. 295, 2. Apul. 
fior. IV 19), und zwar nach der Beisetzung: exse- 

40 quiati Varro a. O. ; das vale, mit dem sich (ebd.) 
die Gaste trennen, ist offenbar verschieden von 
dem nach der Beisetzung dem Toten zugerufenen. 
Die zwelf Tafeln verboten die eircumpotatio beim 
Leichenmahl, Cic. a. 0. 60. 

In die Grabkammer legte man ausser der Urne 
auch die leeren Flaschchen der bei der B. ver- 
wendeten Salben, ferner Lampen, um an den Toten- 
festen die Kammer zu erleuchten. Beides fand 
sich in einigen pompeianischen Grabern ; in einem 

50 derselben auch ein kleiner Thonaltar fur Rauch- 
opfer, Fiorelli Pomp. ant. hist. I 3, 107. 109. 
Sonstige Ausstattung der Grabkammer scheint 
wenig iiblich gewesen zu sein. 

Auf die wirkliche oder symbolische Beerdigung 
folgt eine neuntagige Trauerzeit, novemdial (s. d.), 
an deren Schluss, am neunten Tage, am Grabe 
das sacrtficium noiemdiale dargebracht und die 
cena nmemdialis (nicht notwendig am Grabe) ge- 
feiert wird, Porph. Hor. epod. 17, 48. Donat. Ter. 

60 Phorm. 39. ApuL met. IX 30. Augustin. in Genes. 
I, vol. Ill p. 315 Bened. Tac. ann. VI 5. Cic. 
Vatin. 30. Petron. 65. 

Cber die Gebriiuche bei der B. unverbrannter 
Leichen fehlt es an Nachrichten ; doch kOnnen wir 
annehmen, dass es wesentlich dieselben waren, wie 
bei der Verbrennung, nur dass der Zug vom Trauer- 
hause, bezw. vom Forum direct an das Grab oder 
an den Ort ging, wo der Sarkophag bis zur Voll- 



359 



Bestia 



endung des Grabes aufbewahrt wcrden sollte. So- 
wohl in der friiheren als in der spateren Begra- 
bungsperiode (o. S. 345f.) begrub man armere 
Leiehen in einera einfaehen steinernen, thonernen 
oder holzernen Sarge oder in einem Surrogat des- 
selben (z. B. in zersagten Amphoren), oder auch 
in einem in der Erde aus Steinplatten oder Zie- 
geln hergestellten kastenartigen Behalter, oder 
endlicb in der blossen Erde, wahrend reichere in 
Grabkammern beigesetzt wurden. Und zwar war- 
den in diesen letzteren in der alteren die Leiehen 
auch ohne Sarg aiif die in den Kammern ange- 
brachten Steinbanke gelegt, wahrend sie in den 
Grabkammern der Kaiserzeit der Regel nach in 
Sarkophagen liegen. 

Reich ausgestattete Grabkammern aus der 
friiheren Zeit, wie in Etrurien und Praeneste (s. 
Graber), sind in und bei Rom nicht gefunden 
worden; die wenigen dort gefundenen enthielten 
ausser den Leiehen nur Thongeriit in betrachtlicher 
Menge, Bull. com. II 49. Ill 46. In der Kaiser- 
zeit war Ausstattung der Grabkammer nicht iib- 
lich. In den Sarkophag legte man die Leiche mit 
Kleidern und Schmuck, dazu etwaige Beigaben. 
So enthielt der 1889 in Rom gefundene Sarko- 
phag der Crepereia Tryphaena, aus dem 3. Jhdt. 
n. Chr., ausser reichem Goldschmuck (darunter der 
Verlobungsring) eine Puppe und anderes Spiel- 
zeug, also Erinnerungen an die Jugcndzeit der Ver- 
storbenen, und eine kleine Silberciste, Bull. com. 
1889, 176ff. Auch mit der Leiche einer Frau bei 
Tharros auf Sardinien land man einen Spiegel und 
Mtozen (bis Mitte des 3. Jhdts.), Not. d. Sc. 
1886, 28. Im allgemeinen aber beschranken sich 
die Beigaben auf Thon- oder Glasgefasse (aus 
einem bei Rom gefundenen Sarkophag stammt die 
Portlandvase) und Lampen. 

Es war wohl fruhzeitig iiblich, zii Ehren des 
Toten Spiele und sonstige offentliche Feste zu ver- 
anstalten. Schon die zwolf Tafeln enthielten dar- 
auf beziigliche Bestimmungen. Cic. de leg. II 61. 
Solche Spiele, die seit 264 v. Chr. (Liv. per. XVI. 
Val. Max II 4, 7) oft erwahnt werden, fanden ur- 
spriinglich am Tage des sacrum novemdiak statt 
und hiessen deshalb hidi norcmdiales, Serv. Aen 
V64; vgl. Stat. Theb. VI 238. Es ist kaum zu 
bezweifeln, dass dasselbe auch von den ebenfalls 
oft erwahnten Volksbewirtungen (z. B. Cic. pro 
Mur. 75) oder Pleischverteilungen (visreratin z. B 
Liv. XXXIX 46, 2. XLI 28, 11) gilt, Je grossere 
Dimensionen aber solche Festlichkeiten annahmen, 
um so weniger war es mSglich, sie so schnell vor- 
zubereiten. und sie fanden daher haufig viel spater 
statt. Caesar gab Feste zu Ehren seines Vaters 
und seiner Tochter lange nach dem Tode dersel- 
ben, Suet. Caes. 26. Plut. Caes. 55. Plin. n. h. 
XXXIII 55 ; ebenso Faustus Sulla zu Ehren seines 
Vaters (Cass. Dio XXXVII 51, 4|. Augustus zu 
Ehren des Agrippa. Cass. Dio LV 8, 5. 

Cber B. auf Staats- und Gemeinekosten s. Fu- 
ll us publicum. Im allgemeinen vgl. Griiber. 
Kirchmann De funeribus Romanorum, Lubecae 
1637. Becker-GollGalIusIIl481. Marquardt 
Privatleben der Bomer* 340ff. [Mau.] 

Bestia. 1) Bestia desoluta (desolata?) Tab. 
Petit, Bestigia Dasdeiuja Geogr. Rav. p. 43. 2; 
Station in Gedrosia auf dem Wege von Persien 
nach Indien, zwischen der Landsehaft Paradene 



Besyngas 



360 



361 



Beta 



und dem ,Konigssi'tz' Rana (Pangpur). Wahrschein- 
lich die im siidOstlichen Teile der Bergregion Sar- 
hadd zwischen Chas und dem Maskidfluss gelegene 
Ortschaft Gwast oder Wast (iran. vastiya ,An- 
siedelung'?). Das Itinerar scheint weiterhin Liickeu 
zu enthalten. . [Tomaschek.] 

2) S. Calpurnius. 

Bestiarii sind Leute, die in der Arena des 
Circus oder des Amphitheaters mit wilden Tieren 
10 kiimpfen mussten. Der Sprachgebrauch scheint zwi- 
schen B. und Venator den Unterschied zu machen, 
dass dieses Wort einen im Kampf gegen Tiere 
geiibten, bekleideten und mit Waffen, Schlingen, 
Netzen u. dergl. ausgerusteten Jiiger bezeichnet, 
der sich freiwillig entweder um Lohn (s. Auctora- 
mentuin) oder unentgeltlich aus blosser Lieb- 
haberei und um seinen Mut zn zeigen der Ge- 
fahr unterzieht (s. Venator), wahrend der B. in 
der Regel ein zum Kampf mit den Tieren ver- 
20urteilter Verbrecher oder Kriegsgefangener war, 
der nackt und meist wehrlos, bisweilen sogar an 
einen Pfahl gebunden unrettbar diesem grausamen 
Tode verflel. Sie sind deshalb scblechtere Kampfer 
als die Gladiatoren (Petron. 45, wo sie nur ganz 
wohlfeilen und unbrauchbaren Gladiatoren vor- 
gezogen werden). Dem Kaiser Claudius wird es 
als Grausamkeit ausgelegt, sich an ihrem Anblicke 
zu weiden (Suet. Claud. 34). Friedlander S.-G. ' 
115 391, 10. 536f., wo auch auf bildliche Darstel- 
301ungen verwiesen ist. Cic. in Vat. 17; ad fam. 
VII 1, 3; ad Qu. fratr. II 6; pro Sest. 64. Senec. 
de benef. II 19; ep. 70, 20 {ludus bestiariorum 
s. d.). Tertull. apol. 9, 35; de pudic. 22. Die 
Verurteilung zu den wilden Tieren {ad bestias dam- 
narc) gehSrte zu den verseharften Todesurteilen, 
das nur gegen Nichtbttrger, namentlich Christen, 
und in der spiiteren Kaiserzeit nur gegen Pcr- 
sonen niederen Standes gefallt wurde. Fried- 
lander a. a. O. 363. J. C. Bulenger De vena- 
40 tione circi cap. 30: De bestiariis u. d. f. (Graevii 
thes. IX 80ff.;. Vgl. auch Arenarius. Venatio. 

[Pollack.] 
Bestius, bei Horat. sat. I 15, 37 erwahnt: 
der _ Schlemmer Maenius isst aus Not gemeine 
Speise mit solchem scheinbaren Behagen, scilicet 
id ventres lanma candente nepotum diceret uren- 
dos correct us Bestius, d. h. der durch die Bes.se- 
rung zum Bestius d. h. altvaterischen Sittenprediger 
gewordene. Nach Kiesslings treffender Vermu- 
50 tung zu der Stelle wohl eine Figur der lucilischen 
Satire, aus der auch Persius sat. VI 37 (ct Be- 
stius myet doctores Graios) geschopft zu haben 
scheint. [Klebs.] 

Besuchis (Btjacv/Js), Stadt in Babylonien, in 
deren Niihe ein stark befestigtes Castell lag, Zo- 
sim. Ill 20. Der Name ist wohl aramaeisch, Be 
SanlM ,Haus der Zveige'-, vgl. dazu noch den 
alttestamentliehen Ortsnamen ,%k h 6 {lor/w}, Jos. 
XV 48 u. 0. [Fraenkel.] 

60 Besyngas (Ptol. VII 2, 4. 1 ; Br,oovya S Steph. 
Byz.), ein hinterindischer Fluss, der im Maiandros 
(zwischen Asam und Birma) entspringt und im 
innersten Winkel des Golfes von Sahara bei dem 
Emporion Brjovy/a (n. pi.) in das indische Meer 
ausmiindet; den Golf schliesst im Westen die Spitze 
Temala (C. Negrais) ab. und hier mundet der aus 
der Argyra kommende Fluss Temalas. Lassen 
Ind. Alt, III 342 halt den Temalas fur den Bas- 



Bethariph 



362 



seinriver, den B. fur die Iravadimiinde von Rangun 
Kiepert setzt den Temalas der ganzen Iravadi 
gleich und sucht den B. im Sa.lwin, das Empo- 
rion in Martaban-Maulmein ; Mac Crindle halt 
•den B. schon wegen der Namensahnlichkeit fflr 
den Fluss von Bassein. In der That konnte an 
dieser westlichsten Iravadimiinde eine indische 
Ansiedlung Vasal (skr. vasd ,Wohnsitz'), das heu- 
tige Bassein, emporgekommen sein; Rio Bato- 
basoy oder -basi heisst die. Iravadi noch bei Mendez 10 
Pinto a. 1540 (cap. 88); der Ausgang -nga verrat 
einheimische Sprechweise oder auch dravidische 
Herkunft — zumal die Kalinga haben einen leb- 
haften Verkehr mit der Chryse und Argyra unter- 
halten; doch sind die altestcn Zustande von So- 
banna-bhumi oder Paigii ftir uns in tiefes Dunkel 
gehullt. BijovyyeTzai {ByjoavyTrai Stcph. Byz.) 
nennt Ptolemaios die Anwohner des ganzen Golfes 
von C. Negrais an bis zum Merguiarchipel; sie 
galten fur Anthropophagen, wie auch die Barusai 20 
und Sindai. Ganz denselben Verbreitungsbezirk 
nehmen noch jetzt die Aboriginer von Pegu ein, 
die Mon (Mun, Man, portug. os Moenes), welcbe 
bei den Birmanen Talain heissen; hinsichtlich 
ihrer Sprache (vgl. H a s w r e 1 1 The Peguan language, 
Rangoon 1874) schliessen sie sich an die Abori- 
giner Hinterindiens an, die Moi, Khmer und die 
iibrigen dur^h die Laos San und Mran.ma siid- 
warts gedrangten Stamme; die Ka.rign des inne- 
ren Berglandes jedoch scheinen erst spater ein- 30 
gewandert zu sein und gehoren zur tibeto-birma- 
nischen Volkerfamilie. [Tomaschek.] 

Beta. 1) Ort Mesopotamiens zwischen Edessa 
und Nisibis bei Geogr. Rav. II 13. [Fraenkel.] 

2) S. Rube. 

Betaceni s. Baitarrhus. 

Betagon. Bijrdywv • 6 Kgovog vizo <t>oivlx(oy 
EtjTn. M. s. v. Diese Notiz scheint auf einem 
Irrtum zu beruhen. Im Alten Testament sind 
mehrmals (I Sam. V 2, 5. I Paralip. X 10, auch 40 
bei den LXX, I Makk. X 83 Bti&daymv to eldco- 
}.sTov avt&v) die Tempel des Dagon ,Beth-Dagon' 
genannt, und in der Quelle des Lesikographen 
war wohl nur der zweite Teil als Kronos erklart. 
Vielleicht ist aber B. fur Be'el-Dagon gesetzt: vgl. 
Dagon. [Cumont.] 

Betammali (Tab. Peut.), Ort in Syrien, an 
der Strasse von Apammaris nach Zeugma; wahr- 
scheinlich identisch mit Bethammaria, s. d. 

[Benzinger.] 50 

Betar s. Bethar Nr. 1. 

Betaris (Brjraoig Joseph, bell. Iud. X 8, 1 ; 
var. Vet. lat, Begabris) , Ort in Sudpala,stina, 
,mitten in Idumaea' : sonst unbekannt. Wenn die 
Lesart der lateinischen Ubersetzung Recht hat, 
ware die Identitiit von Begabris mit Baitogabra 
nicht unwahrscheinlieh (s. d.). Dagegen ist die 
versuchte Gleichsetzung mit Beth-ther iiusserst 
fraglich. [Benzinger.] 

Betasil s. Baetasii. 60 

Betchora (BtjzydjQa Jos. ant. Iud. VIII 152) 
s. Bethoron. 

Betere (Geogr. Rav. IV 7 p. 188, 16) s. 
Pons vetus. 

Beterrae s. Baeterrae. 

Bethaba s. Bithaba. 

Bethabara (.Furthaus'; Hieron. Onom. ed. La- 
garde 108, 6. Euseb. ebd. 240, 12. Brfdaaftaoa 



Georg. Cedr. I 329 Bekker), Ort in Palastina, 
auf dem Ostlichen Jordanufer, wo Johannes taufte 
(Evgl. Joh. 1, 28) ; von der Tradition schon fruhe 
Jericho gegeniiber gesucht, aber ohne sicheren An- 
haltspunkt. [Benzinger.] 

Bethafa s. Bethtaphu. 

Bethagatlion {BrjdayaO-cov Sozom. hist. eccl. 
Ill 14), sonst unbekannter Ort Palastinas. 

[Benzinger.] 

Bethagla (Hieron. Onom. ed. Lagarde 85, 17. 
103, 23. Euseb. ebd. 234, 92 £ij#ayi.alfi. Joseph, 
ant. Iud. XIII 26), vier Orte dieses Namens in 
Judaea. 

1) An der Kiiste, 8 Millien von Gaza. 

2) Im Binnenland, 10 Millien westlich von 
Eleutheropolis. 

3) In der Jordanebene, 3 Millien von Jericho 
entfernt, das heutige Kasr Hadschle, 1 Stunde sud- 
Ostlich von Jericho. 

4) In der Wiiste Iuda (Joseph, a. a. O. mit 
offenbarem Schreibfehler Biftakaya ; Parallelquelle 
I Makk. 9, 62. 64 Bcutyaol). [Benzinger.] 

Bethakad (Hieron. Onom. ed. Lagarde 107, 
17. Euseb. ebd. 239, 96 B(u&axa&), Ort in Sa- 
maria, in der Ebene Jesreel, 15 Millien von Legio 
entfernt. Nicht identificiert. [Benzinger.] 

Bethalaga s. Bethagla Nr. 4. 

Betbamari s. Beththamar. 

Bethammaria (Ptol. V 15, 14 Brida^nagla; 
var. Brj&afiavla) , Ort in Syria Kyrrhestika, auf 
dem Westufer des Euphrat ; identisch damit diirfte 
Betammali der Tab. Peut. sein. Vielleicht an der 
Stelle des heutigen Euphratiibergangs KaFat en- 
Nedschm zu suchen. Davon zu unterscheiden ist 
Bemmaris des Itin. Ant. Ritter Erdkunde X 
999f. XI 282. [Benzinger.] 

Bethamnaris s. Bethnemra. 

Bethana {Biftava), Ort im Suden von Baby- 
lonien nahe bei Arabia deserta, Ptol. V 20, 8. 

[Fraenkel.] 

Bethania (Hieron. Onom. ed. Lagarde 108, 3 
vgl. Euseb. ebd. 239, 10. Itin. Hieros. 596, 2 
Vetania, Evgl. Matth. 21, 17 u. oft in den Evan- 
gelien), Flecken in Palastina, 15 Stadien (Evgl. 
Joh. 11, 18) = 40 Minuten von Jerusalem ent- 
fernt, am Fusse des Olbergs gelegen ; bekannt aus 
den Evangelien als der Wohnort des Lazarus und 
seiner Schwestern Maria und Martha. Sebon Hie- 
ronymus (a. a. O.) erwahnt eine zur Erinnerung 
an die Erweckung des Lazarus gestiftete Kirche 
hicr. Heute el-'Azarije {— Lazarium). Robin- 
son Palastina U 309ff. To bier Zwei Biicher 
Topografie v. Jerusalem II 462 — 464. Baedeker 
Palastina u. Syrien 3 164. [Benzinger.] 

Bethamiaba (Hieron. Onom. ed. Lagarde 90, 
25 auch Betfioannaba genannt. Euseb. ebd. 218, 
46 Bcxoawafi), Ort in Judaea, sudOstlich von Dios- 
polis (Lydda); das heutige 'Annabe. 

[Benzinger.] 

Bethar. 1) Ort an der Kuste von Palastina 
(Itin. Ant. 150. 199 Betaro. Itin. Hierosol. 600 
mutatio Betthar), sudlich von Kaisareia, an der 
Strasse nach Lydda gelegen; nicht identificiert. 

2) = Bethel (Itin. Hieros. 588), s. d. 

3) = Bethther, s. d. [Benzinger.] 
Betharauiatbos (und Betharamphtha) s. L i- 

v i a s. 

Bethariph (Hieron. Onom. ed. Lagardp 94, 



363 



Bethasan 



Bethome 



364 



12; Euseb. ebd. 222, 45 giebt dafiir 'Agfa), Ort 
in Judaea, in der Nahe von Diospolis (Lydia). 

[Benzinger.] 

Bethasan (Euseb. Onom. ed. Lagai-de 211, 9. 
Hieron. ebd. 93, 8), Ort im Gebiet von Jerusalem, 
15 Millien davon entfernt. Nicht identiflciert. 

[Benzinger.] 

Bethasimutli s. BethsimutL 

Bethasora a. Bethsur. 

Betliaula s. Bethmagla. 

Beth anna (Bi&avva) , Stadt in Mesopotamien 
am Euphrat, Ptol. V 18, 6. [Fraenkel.] 

Bethbeten (Beftfiezh Euseb. Onom. ed. La- 
garde 236, 41. Hieron. ebd. 105, 14), Ort in Pa- 
lastina, 8 Millien Ostlich von Ptolemais ( c Akka) ; 
nicht identiflciert. [Benzinger.] 

Bethel (Hieron. Onom. ed. Lagarde 83, 31. 
100, 8. 135, 12 u. o. Euseb. ebd. 209, 55. 230, 9. 
274, 2 Bat&rJA; 235, 24 Beihjl; Joseph, ant. hid. 



Bethlehem (Brj&Xeefi Euseb. Onom. ed. La- 
garde 231, 22. 252, 7 u. a. Hieron. ebd. 101, 5. 
117, 16 u. a. Evgl. Matth. 2, 1 u. a. Geogr. Eav. 
II 14 p. 82. Joseph, ant. Iud. V 136. 271. 318. 
323 Gen. BrjUkjimv; V 157 By&Uw, VII 19 
Brjd-hs/j.r! ; VIII 246 Brj&lsi/x; Steph. Byz. Btj- 
rlE^ia; Itiu. Hieros. 598. Procop. de aedif. V 9. 
Georg. Cedr. I p. 60 ed. Bekker. lust. Martyr. 
Apol. I 34. Euseb. vita Constant. III42f.; hist. 
lOeccl. I 8 u. o. ; hobraeische Form Beth-lechem 
I Sam. 16, Iff.), Ort in Judaea, 6 Millien siidlich 
von Jerusalem, in sehr fruchtbarer Gegend gelegen, 
daher der Name B. = ,Brotort' ; jiingere alttesta- 
mentliche Schriftsteller gebrauchen auch die Be- 
zeichnungEphratfurB. (Micha 5, 1 u. a.; vgl. Euseb. 
Onom. a. a. 0. Georg. Cedr. a. a. 0. EvygavM). 
Heimat der judaeischen Dynastie der Davididen ; 
Geburtsort Jesu. Man zeigte dort das Grab des Ar- 
chelaus (Hieron. Onom. 101, 5). Im J. 330 liess Con- 



I 284 Br)frfi).; I 342 Bai&ijlotg ; V 130 Bij&tjia; 20 stantin hier cine prachtigeBasilikab'auen (Euseb. v. 
V 159 5«Va; VIII 226. 284 -B^tf^ ; XIII 15 ^*- *■ » - on. V^L&i,^ J; .oA 



Bs^a ; bell, Iud. IV 9, 9 Btj^ka ; Itin. Hieros. 
588 Betkar; Geogr. Kav. II 14 p. 83. Georg. 
Cedr. I 49 ed. Bekker Bai&rj?. ■ hebraische Form 
Beth- el = .Gotteshaus' Gen. 26, 9. Jud. 1 23ff.), 
Ort in Palastina, an der Strasse von Jerusalem 
Each Neapolis, 12 Millien von Jerusalem entfernt. 
Ihr ursprunglichor Name war Luz ; spater be- 
deutende Stadt des Keicb.es Israel und Mittel 



Const, a. a. Q.); Iustinian flihrte die Stadtmauern 
wieder auf und vollendete das Kloster des Johannes 
(Procop. a. a. 0.) ; um 600 wird es als locus splen- 
didissimus- bezeiclmet. Heute bliihender indu- 
strieller Ort mit 7000 Einwohnem; das Haupt- 
gebaude, die Marienkirche , zeigt vielleicht noch 
viillig die Anlage des constantinischen Baus; nach 
andern ist sie von Iustinian stark restauriert. ' 
Inschriften . s. CIL III 115. Robinson Pa- 



punkt des Jahvehkultus fur das Nordreich; nach 30 lastina II 379ff. Ritter Erdkunde XVI 284ff. 



dem Exil wieder angesiedelt; in der Makkabaeer- 
zeit von Bakchides bef'estigt; von Vespasian ein- 
genommen. Spater ein unbedeutender Fleeken. 
Im Mittelalter suchte man B. in unmittelbarer 
Nahe von Sichem (Nabulns) ; die heute allgemein 
angenommene Identification mit Beitin ist sehr 
wahrscheinlich, aber nicht dnrchaus sicher. Robin- 
son Palastina II 339f. Ritter Erdkunde XVI 
532ff. Forbiger Handb. der alten Geogr. II 698 



Tobler Bethlehem in Palastina 1849. Survey of 
Western Palestine, Memoirs III 28f. 83ff. Bae- 
deker Palastina u. Syrien 8 123ff. [Benzinger.] 

Bethleptepha (Joseph, bell. Iud. IV 8, 1 Bs&- 
Itmtjqxav Tonaqxia; Plin. n. h. V 70 Bethlepte- 
pliene), Ilauptort einer der elf Toparchien, in welche 
Judaea eingeteilt war. Dieselbe lag nach Josephos 
(a. a. p.) zwischen den Toparchien Eramaus und 
Idumaia, also sildwestlich von Jerusalem. Sie 



Eaumer Palastina* 178f. Survey of Western Pa- 40 fehlt in der Aufzahlung bei Josephos bell'. Iud. 



lestine, Memoirs II 169. 2951'. 305f. Baedeker 
Palastina u. Syrien s 215. [Benzinger.] 

Bethelia (Sozom. hist. eccl. V 15. VI 32 Bij- 
&Ma, Brj&eUa, Bozmhog. Nikeph. Kail. XI 39. 
Hierokl. 719 Btzvhj; Not. episc. V 104 ed. Par- 
they Bizihog ; Hieron. vita S. Hilar. 84 Betulia ; 
Georg. Kypr. V 1020 Bizzv/.wg), Ort im Siiden 
von Palastina, im Gebiet von Gaza, volkreich und 
mit schSnen Tempeln versehen, unter denen nainent 



III 3 , 5 , wo an ihrer Stelle irrtiimlicherweise 
Pella genannt ist. Schiirer Gesch. d. jud. Volkes 
II 137—139. [Benzinger.] 

Bethmaela {Br/d/mM Euseb. Onom. ed. La- 
garde 227, 37. Hieron. ebd. 97, 14 Bcthmda), 
Ort in Palastina, in der Jordanebenc, 10 Millien 
siidlich von Skythopolis gelegen, vielleicht das 
heutige c Ain el-Helwe. Hiemit identisch ist Abela 
(Joseph, ant. Iud. VIII 352), das alttestament- 



lich ein Pantheon genannt wird. Wahrscheinlich 50 liche Abel Meholah I KOn. XIX 16 LXX 'A8tl 
das henries RAt T.ah™ n„ r ^.tii,i, ™„ fi„.,., fmov /.d, der Heimatsort des Propheten Elisa. 



das heutige Bet Lahja, nordostlich von Gaza. 

[Benzinger.] 

Bethemi s. Baitarrhus. 

Bethenim (Br/derifi Euseb. Onom. ed. Lagarde 
259, 68. 220, 97 B^idavh. Hieron. ebd. 92, 23. 
121, 27), Ort in Judaea, 4 Millien westlich von 
Hebron. Nicht identiflciert. [Benzinger.] 

Bethennabrig {Bri&swa^oi; Joseph, bell. Iud. 
IV 7,4), Ortschaft im nordlichen Ostjordanl'and ; 
nicht identiflciert. [Benzinger.] 

Bethesana s. Bethsan. 

Bethessa, Stadt in Gross- Armenien , wahr- 
scheinlich Ostlich von Artaxata, Geogr. Eav. II 
12 p. 73. [Baumgartner.] 

Bethezob (Bri&etwfl Joseph, bell. Iud. VI 3, 
4 ; die Lesarten schwanken ubrigens stark; Euseb. 
hist. eccl. Ill 6, 21 BadeZmq), Ort im ostjorda- 
nischen Palastina, sonst unbekannt. [Benzinger.] 



[Benzinger.] 

Bethinaas (B^dfiaovs Joseph, vita 64), Ort 
in Galilaea, 4 Stadien von Tiberias entfernt ; sonst 
unbekannt. [Benzinger.] 

Bethnambris s. Bethnemra. 

Bethneinra (Bijdreuod Euseb. Onom. ed. La- 
garde 234, 89. Hieron. ebd. 103, 19; 232, 42 B v &- 
vaftpQig; 102, 2 Bcthamnaris), das alttestament- 
60 liche Beth Nimra. Stadt im Jordanthal, 5 Millien 
nOrdlich von Livias gelegen ; die Ortslage ent- 
spricht dem heutigen Hiigel Tell Nimrin. 

[Benzinger.] 

Bethoaenea s. Batanaia Nr. 2. 

Bethoannaba s. Bethannaba. 

Bethome (Joseph, ant. Iud. XIII 380 Bat- 
■dofXfxsi, var. Bcudo/j.rj, Be&6/j.tj), Ort in Judaea; 
in der Parallelstelle Joseph, bell. Tnd. I 4, 6 stent 



365 



Bethoron 



Bethsur 



366 



dafiir BefiiaeXig. Nicht identiflciert. Allerlei Ver- 
mutungen s. bei Tuch Quaest. de Joseph, libr. 
hisl. , Progr. Leipzig 1859. Ewald Gesch. des 
Volkes Israel IV 509. Gratz Gesch. d. Juden 
III 131. [Benzinger.] 

Bethoron (Brj&m^wv Euseb. Onom. ed. La- 
garde 233, 69. Hieron. ebd. 102, 29; alttestament- 
lich Beth Ch6r&n ; bei Josephos verschiedene For- 
men : Br\x-(wqa, BalftwQa, Baifid)Qmv, BatftoiQovg, 
Bfj^ooga, By&cocovg ant. Iud. V 60. VIII 152. 
XII 289. 408. XIII 15; bell. Iud. II 12, 2. 19, 1. 
19, 8; Ptol. V 16, 8 Bijdto(im), zwei nahe bei ein- 
ander gelegen e Orte in Judaea, 12 Millien von 
Jerusalem entfernt, in der Riehtung auf Nikopolis 
zu; sie wurden als das ,obere' und ,untere' B. 
unterschieden , ebenso noch heute : Bet 'tjr el- 
F6ku (,das, obere') und Bet r Ur et-Tahta, (,das 
untere'). tiber B. fuhrtc im Altertum ein viel 
begangener Weg von der Kiiste nach Jerusalem ; 
ein Engpass bei B. war der Schauplatz verschie- 
dener Schlachten: Judas Makkabaeus schlug hier 
den syrischen Feldherrn Nikanor (Joseph, ant, Iud. 
XII 408), ebenso wurde hier Cestius von den Juden 
besiegt (Joseph, bell. Iud. II 19, 8). Robinson 
Palastina III 273— 283. Rauroer Palastina 180. 
G u e r i n Jud^e 1 338 — 344. Baedeker Palastina 
u. Syrien 3 21. Survey of Western Palestine, Me- 
moirs III 17. [Benzinger.] 

Bethpliage (Biidyayr) Euseb. Onom. ed. La- 
garde 239, 9. Hieron. ebd. 108, 1, vgl. Evangel. 
Marc. 11, 1 u. a. ,Feigenhaus') , Flecken am 01- 
berg ; zur Kreuzfahrerzeit. etwa '/ 4 Stunde ostlich 
von Kafr et-Tur gesucht. [Benzinger.] 

Bethpbogor (Betfogor, Btdyoyoq Euseb. Onom. 
ed. Lagarde 233, 78. 300, 2 Bti#<poyd>Q. Hieron. 
ebd. 103,7. 123, 20), Ort in Palastina, im Ost- 
jordanland, am Fusse des Herges Fogor, 6 Millien 
von Livias entfernt; nicht identiflciert. Vgl. Fo- 
gor. [Benzinger.] 

Bethramphtha (und Bethzamtha) s. Livias. 

Betlisiiidii, 1) In Palastina, am See Tiberias 
{Brjdoaiha Joseph, ant. Iud. XVIII 28. Euseb. 
Onom. ed. Lagarde 239, 7. Hieron. ebd. 107, 31 ; 
sonst meist unter dem Namen Iulias erwahnt: 
Joseph, ant. Iud. XX 159; bell. Iud. II 9, 1. 13, 
2. Ill 10, 7; vit. 399. Ptol. V 16, 4. Plin. n. h. 
V 71. Geogr. Rav. II 14 p. 85). An Stelle des 
alten Dorfes B., das nordlich vom See Genezareth, 
Ostlich vom Jordan kurz vor dessen Einfluss in 
den See lag (vgl. Joseph, a. a. O. Plin. a. a. 0.). 
griindete Philippus eine neue Stadt, welche er 
zu Ehren der Iulia. der Tochter des Augustus, 
'lov/.tdg nannte (Joseph, ant. Iud. XVIII 28; bell. 
Iud. II 9, 1). Die Griindung wird von Eusebios 
(chron. ed. Srhoene II 146—149) irrtftmlieh in 
die Zeit des Tiberius verlegt ; sie muss vor dem 
J. 2 v. Chr. stattgefunden haben , da in diesem 
Jahr Iulia von Augustus auf die Insel Pandataria 
verbannt wurde. Hurch Nero wurde die Stadt 
dem Agrippa II. verliehen. Das im Neuen Te- 
stament mebrfach (z. B. Evangel. Marc. 6, 45f. 
u. a.) erwahnte B. ist mit dem unsrigen identisch; 
der Zusatz Tfjg rah/.aiag (Evangel. Joh. 12, 21) 
erklart sich daraus, dass zur Zeit der Abfassung 
dieses Evangeliums . schon seit dem T'ode des 
Philippus (34 n. Chr.), Galilaea auf die Ostseite 
des Jordan, bezw. des Tiberiassees hinfiberreichte 
(vgl. Joseph, bell. Iud. Ill 3, 1 u. a. , bei ihm 



schwankt ubrigens der Begriff von Galilaea) ; Pto- 
lemaios (a. a. 0.) rechnet Iulias ebenfalls zu Ga- 
lilaea. Da sich auch die sonstigen Angaben der 
Evangelien ohne Zwang von Iulias verstehen 
lassen,, liegt kein Grund vor, an ein zweites B. 
an der' Westseite des Tiberiassees zu denken. Die 
Angaben des Josephos (a. a. 0., vgl. bes. vit. 399) 
lassen keinen Zweifel iiber die Lage des Oris; 
er entspricht der heutigen Ruinenstiitte von el- 

10'Aradsch 8stlkh von der Miindung des Jordan. 
Eeland Palastina 653ff. 869. Raumer Pa- 
lastina 122. Robinson Palastina III 565 — 567. 
Ritter Erdkunde X 278ff. Guerin Galilee I 329 
—338. Holtzmann Jahrb.f. protest. Theol. 1878, 
383f. Furrer ZDPV II 1879, 66—70. Schu- 
macher Der Dscholan, ZDPV IX 1886, 286f. 310f. 
319. Stave Sjon Gennesaret 59ff., vgl. die Artikel 
in Herzogs Realencykl. f. Theol., Winer Bibl. 
Realworterbuch, Riebm Handworterbuch d. bibl. 

20Altertums. Die Identitat beider Orte verfechten 
besonders Holtzmann und Furrer (a. a. 0.). 

2) An der Ktiste von Palastina (?), Geogr. Rav. 
II 14 p. 82, zwischen Nazareth und Kaisareia, 
Apollonia, lope etc. genannt und von Iulias unter- 
schieden; demnach, wenn nicht ein Irrtum des 
Verfassers vorliegt, an der Meereskiiste zu suchen ; 
sonst ist allerdings von einem B. in dieser Gegend 
gar nichts bekannt. [Benzinger.] 

Bethsalisa (Hieron. Onom. ed. Lagarde 107, 

30 11 ; Euseb. ebd. 239, 92 Batftoaowaft; das alt- 
testamentliche Ba'al Schalischah), Ort in Palastina, 
im Gebiet von Diospolis (Lydda), 15 Millien nOrd- 
lich von diesem ; nicht identiflciert. Survey of 
Western Palestine, Memoirs II 298f. 

[Benzinger,] 
Bethsames (Bq&oaftes Euseb. Onom. ed. La- 
garde 237,59; Bedaauvs ebd. 226, 17. 294, 65. 
Hieron. ebd. 106, 3 u. a. Georg. Cedr. I 109 ed. 
Bekker; hebraeisch Beth Schemesch, ,Haus der 

40 Sonne'), Ort in Judaea, 10 Millien nordlich von 
Eleutheropolis(Bet Dschibrin); heute f Ain Schems. 

[Benzinger.] 
Bethsan (Euseb. Onom. ed. Lagarde 237, 55 
Btjftaav; Hieron. ebd. 105,31 Bethsan; I Makk. 
5, 52 Bm&odr; Joseph, ant. Iud. V 83. VI 374. 
XII 348. XIII 188 Bridrjoavow, vermutlich vom 
Nominativ Brjdrjoava , Bijdadv , B?.dadvr\, Bcud- 
odv; Steph. Byz. s. Sy.vOv^ohg: Brdamr; Synkell. 
ed. Dindorf I 405 Baodr — Batodv) , alter ein- 

50 heimischer Name der Stadt Skythopolis in der 
Jordanebene, s, d. [Benzinger.] 

Bethsimuth (Hieron. Onom. ed. Lagarde 103, 
9; Euseb. ebd. 266, 25. 233, 81 BijOampovd ; 
Joseph, bell. Iud. IV 7, 6 Bijci,uio&; Josua XII 3 
Beth Hajeschimoth) , Stadt in Siidpalastina, auf 
dem linken Jordanufer. in der Nahe des Toten 
MeeTS gelegen, siidlich von Livias ; heute Ruinen- 
statte Chirbet Suweme. [Benzinger.] 

Bethso (Joseph, bell. Iud. V 4, 2) , _ Ortlich- 

60 keit in Jerusalem, s. Jerusalem. [Benzinger.] 
Bethsur. 1) Stadt in Judaea (I Makk. 4, 29. 
61 u. o. rj und to Ba'&acvga; Joseph, ant. Iud. 
VIII 246 Br/doovQ; XII 314 za Bddoovoa; XII 
367 Btjfloovoa; XIII 375 BaJaovya : belf. Iud. I 
1, 5 Br/doovgd ; Euseb. Onom. ed. Lagarde 236, 
25ff. Brjdomom. Hieron. ebd. 104, 27: Itin. Hieros. 
599 Bethasora. Zonar. chron. IV 24, 2; hebrae- 
ische Form Beth Stir = ,Felsenhaus'), auf dem 



367 



Bethtapliu 



Betonica 



368 



Gebirgskamm an der Strasse von Jerusalem nach 
Hebron gelegen, 20Millien siidlich von Jerusalem; 
einer der festesten Platze Judaeas , der in don 
Makkabaeerkriegen und spater eine wichtige Rolle 
als Festung gespielt hat; entspricht der heutigen 
Ruinenstatte Bet Sur nahe bei Halhiil. Robin- 
so n Palastina III 220: Neuere Forschungen 362f. 
Ritter Erdkunde XVI 236. 267. 269. Raumer 
Palastina 181f. Gudrin Judee III 288— 295. Sur- 



744, 15; vgl. auch Babelon Descr. histor. et 
chronol. des monn. de la re'p. romaine I 257. 

2) Betilienus Bassus, Quaestor des Kaisers 
Gaius, wird von diesem gemordet (Seneca de ira 
III 18, 3). Die TOtung eiues Betillinus Cassius 
durch Gaius berichtet Cass. Dio LIX 25, 6 und 
meint damit doch wohl denselben Fall wie Seneca. 
Dio nennt aucb Capito als Beinamen des Vaters. 

3) Betilienus (Capito?), Procurator Augusti 



vey of Western Palestine, Memoirs III 311f. 324f. lOunter der Regierung des Kaisers Gaius, Vater von 



Schurer Gesch. d. jud. Volkes I 2 160f. 

2) Flecken in Judaea, tausend Schritte von 
Eleutheropolis (Bet Dschibrin) entfernt (Euseb. 
Onom. ed. Lagarde 237, 29 Be&oovg. Hieron. ebd. 
104, 32). [Benzinger.] 

Bethtapliu (Br)&xa<pov Euseb. Onom. ed. La- 
garde 235, 17. 260, 12 Btjihatpov. Hieron. ebd. 
104, 17. 156, 20 Bethafu und Betliaffu ; hebraeische 
Form Beth-tappuach, ,Apfelhaus' ?, Jos. 15, 53) 



Nr. 2, wird auf Befehl des Gaius getotet : Cass. 
Dio LIX25, 6. [Henze.] 

Betitius. Betutius (Betucius), in jungerer 
Form Betitius (Betwius). 

1) T. Betutius Barms, Aseulanus omnium 
eloquentissimus extra ham urbem (im Zeitalter 
des_C. Marius), cuius sunt aliquot orationes As- 
culi habitae, una Bomae contra Caepionem (nam- 
lich Q. Servilius Caepio cos. 106, von C. Norbanus 



Ort in Judaea, nach Eusebios nahe der Sudgrenze 20 angeklagt) nobilis sane, mi oratimii Caepi, 

Palastinas, das heutige Taffuh, ca. 2 Stunden west- ~ 

lieh von Hebron. [Benzinger.] 

Beththamar {BwMafiaQ Euseb. Onom. ed. 
Lagarde 238, 97. Hieron. ebd. 100, 14 Bethamari; 
alttestamentlich Ba'al Tamar Jud. 20, 33), Ort 
im nordlichen Judaea; nicht identificiert. 

[Benzinger.] 

Bethther (Euseb. hist. eccl. IV 6 BlMtjQa, 
var. BeMijo, _&fM W i Rufln. Bethar; Talmud 



ore respondit Aelius (namlich Stilo), Cic. Brut. 
169. [Klebs.] 

2) Betitius Perpetuus s. Perpetuus. 

3) Betitius Perpetuus Arzygius s. Arzygius. 

4) Betitius Pius Maximillianus, als eonsularis 
bezeichnet in der ziemlich stark verstummelten 
Inschrift CIL IX 1121 ; das Jahr seines Consulates 
lasst sich nicht bestimmen, der Versuch Borghe- 
sis (Oeuvr. VIII 171) ist missgliickt; vgl. Klein 



Beth-ther) starke Bergfestung in Judaea, die im 30 Fast, consul, z. J. 238. Jedenfalls gehOrt dieser 

Auf stand des Barkochba erne wichtige Rolle spielte; " ' ,- " ,. - - ° - 

nach Eusebios a. a. O. nicht weit von Jerusalem 
entfernt; zweifellos identisch mit dem heutigen 
Bittir, 3 Stunden siidwestlich von Jerusalem, auf 
steiler Landzunge gelegen, mit Resten von Fest- 
ungswerken. Die vielfach angenominene Identi- 
tat mit dem Bethar des Itin. Ant. und Hieros. 
sudlich von Kaisareia (s. Bethar Nr. 1) ist un- 
m6glich ; ebenso ist das Betaris des Josephos nicht 



B. in die engere Verwandtschaft von [G.J Beti- 
tius C. ffil. Q]or(ndia tribu) Pietas, guattuor- 
vir quinquennalis , quattuorvir iure dieundo 
(— quattuorvir quinqu.'? s. Mommsen CIL IX 
p. 99) und Praefect der eohors prima Flavia 
Commagenorum (CIL IX 1132) und seinem Sonne 

C. Neratius C. fit. ft n. G. pron. C. abn. Cor- 
(nelia tribu) Prooulus Betitius Pius Maximil- 
lianus (CIL IX 1160— 1162. 1132). Uber Betitii 



mit B. zu verwechseln. To bier Dritte Wande-40 im Apuler- und Hirpinergebiet und Betutii in Pel 



rung nach Palastina 101—105. Guerin Judee II 
387—395. Sepp Jerusalem^ I 647—650. Ham- 
burger Realencykl. II Art. Bethar. Schurer 
Gesch. d. jud. Volkes 2 1 579^ The Survey of 
Western Palestine, Memoirs III 20. Baedeker 
Palastina und Syrien 3 H7f. Andere Ansichten 
vertreten besonders Robinson Neuere bibl. For- 
schungen 348ff. {= Bethel) und NeubauerGeo- 
graphie du Talmud 103—114 (= Beth-schemesch). 

[Benzinger.] 
Betllzacharia (Be&'^ayaoia. Joseph, ant. Iud. 
XII 369; bell. Iud. I 1, 5;" I Makk. 6, 32 Bac»- 
Zayaoia), Ort in Judaea, zwischen Jerusalem und 
Beth-zur, 70 Stadien n&rdlich von letzterem ; ent- 
spricht der Ruinenstatte Chirbet Bet Sakarja, an 
der Strasse von Bethlehem nach Hebron. Ritter 
Erdkunde XVI 205ff. Robinson Neuere bibl. 
Forschungen371f. Raumer Palastina 181. Guerin 
Judee III 316-319. Survey of Western Palestine, 



tuinum vgl. CIL IX Index s. Betitius. [Henze. 

5) Faltonia Betitia Proba s. Bd. I S. 22~03 
Nr. 38. 

Betogabri s. Baitograba. 

Betonica oder betonica herba, Betonie, ein 
fruher fur ausserordentlich heilkriiftig gehaltener 
iitherisch-aromatischer Lippenblutler, das xioxoov 
oder ipvy_6ioo(pov des Dioskorides (IV 1); vgl. 
Macer Florid. 429: Butonicam snliti sunt eesfmn 
50 dicere Graeci. Letzteres geht mit Sicherheit auf 
eine Betonienart — trotz Fraas (Synops. pi. fl. 
cl. lib), der das syrische Gliedkraut , Sideritis 
Syriaca L. hierher ziehen mochte — , also entweder 
auf Betonica officinalis L. , die in Lakonien und 
in Norditalien wild wachst (ital. betonega und 
betona), oder, was nocli wahrscheinlicher, auf Be- 
tonica alopecuros L. , die Fuchsschwanzbetonie. 
Letztere Art wachst am Parnass und in Italien 
wild; vgl. Billerbeck Fl. cl. 153. Lenz Bot. d. 



^ e i? 0ir T. I Il» 35f- 108 ' Schiirer GescL d. jud. 60 a. Gr. u.'r. 526f. Murr' Die Pflanzenw-. Li 



[Benzinger. 



Volkes iz 165. 

Bethzetho s. Berzetho. 

Betifnltim, nur genannt in der Inschrift aus 
Sulmo CIL IX 3088, scheint ein pagus in der 
Nahe von Sulmo gewesen zu sein. [Hulsen.] 

Betilienas. 1) P. Betilienus Bassus, Miinz- 
meister unter Augustus (Cohen I 115, 376) urn 
das J. 742 = 12 nach Mommsen Munzwesen 



griech. Mythol. 193. Leunis Svnops. II Teil 113 
§ 653, 27. Nach Paulus Aeg. p. 233, 19 gab es 
noch eine andere, von der genannten verschiedene 
Pflanze, die gleiehfalls fisiovixr) genannt wurde. 
Auch Dioskorides spricht in einem iibrigens mit 
Benutzung der Sehrift des Ps.-Antonius Musa de 
herba betonica (ed. Ackermann in Parabil. medic, 
script, ant, Niirnb. 1788, vgl. hieruber Teuffel 



369 



Betoun 



Betten 



370 



Gesch. d. rom. Litt. i § 263, 7 u. § 367, 7 b, oben Bd. 

I S. 2634, 20ff. Murr a. O. 193, 1. L. Muller 
Rh. M. XXIII 187—190. Meyer Gesch. d. Bot. 

II 316. ChoulanT; Biicherk. d. alt. Med. 213) 
von spatcrer Hand stark interpolierten Kapitel 
(IV 2) von einer BgETavrixr/ fj fisxxovixr) noa. 
Welehe Pflanze mit dieser letzteren Bezeichnung 
gemeint ist, vermOgen wir nicht mit Sicherheit 
anzugeben; Vermutungen s. bei Sprengel (zu 
Diosk. a. O.). Plinius, der sich XXV 84 offen- 
bar an Diosk. IV 1 anschliesst, nennt die von 
Dioskorides x&axqoy genannte Pflanze nicht be- 
tonica, sondern vettonica, und erzahlt, sie habe 
ihren Namen von einem spanischen Volksstamme, 
den Vettonen; diese seien als die Entdecker der 
Pflanze zu betrachten. Seitdem heisse sie in 
Gallien vettonica, in Italien serratula, bei den 
Griechen cestros oder psychotrophon. Wurzeln und 
Blatter dieser Betonica L. standen schon fruher 
als vortreffliches Heilmittel bei alien mOglichen 
Leiden in hohem Ansehen, insbesondere beiFrauen- 
krankhciten; ausser Dioskorides (a. O.) und dem an 
M. Agrippa gerichteten, auf eine Betonienart (grie- 
chisch eestros) gehenden Biichlein des Ps.-Anto- 
nius Musa de herba betonica, vgl, Plin. n. h. XXV 
84. XXVI 107. 113. 118. Galen. VI 339. XI 748. 
XII 23. XIV 228. XIX 694 K. Seren. Samm. lib. 
med. 201. 821. Scrib. Larg. 150 (?). 153. Macer 
Florid, de vir. herb. 430—491. Walafr. Strab. 
344_357 ( = p . 153 bei Choulant-Sillig). Uber- 
haupt wurden der Pflanze geheimnisvolle Krafte 
zugeschrieben. Wo Vettonica im Hause war, da 
war das ganze Haus gefeit gegen alles Ungliick, 
Plin. n. h. XXV 84. Schlangen, um die man 
einen Kreis mit bliihender Vettonica zog, ver- 
mochten nicht diesen Kreis lebend zu verlasson, 
sondern machten sich selbst den Garaus, Plin. n. 
h. XXV 101. Macer Florid. 482ft". Man bereitete 
mit B. auch Wein und Essig (Plin. XXV 84) und 
bei Dioskorides (V 54) finden sich genaue Vor- 
schriften, wie medicinischer Wein mit xsovqov ab- 
zuziehen ist (.isgi xearoiiov ol'vov). Dass Per- 
sonennamen wie Kestros, Kestrinos und Kestria 
ihren Ursprung der Pflanze xeozgov verdanken, 
ist nicht unwahrscheinlich. [Wagler.] 

Betoun (Brjroovv, vnr.BrjToov/.i, BrjToovaa), Ort 
Mesopotamiens am oberen Tigris, Ptol. V 18, 9. 

[FraenkeL] 

Betproelis (Not. dign. or. XXXII 12. 27), 
Militarstation (equite-s Saraeeni indigenae) im Ge- 
biet des Dux Foenicis , an der Strasse von Pal- 
myra nach Emesa, der Lage nach dem heutigen 
Brunnen von ed-Duwelib und el-Forl^lus. ca, S 1 /^ 
Stunden Ostlich von Horns, entsprechend ; Moritz 
Abh. Akad. Berl. 1889. 10. [Benzinger.] 

Betriacum (Suet. Vitell. 10. 15. Victor, epit. 
7.2; Btjtqwlxov Pint. Otho 8. 11. 13; corrupt 
Bretiaeum Suet. Otho 9 ; Vesp. 5 ; Betricum 
Eutrop. VH 17) oder Bedriacum (Tac. hist. II 
23. 39. 44. 49. Ill 15. 20. 27. 31. Oros. VH 8, 
6 ; corrupt Brediacum Geogr. Rav. IV 30 p. 252 P. ; 
Beloriacum Tab. Peut.; Bebriacum Iuv. II 106; 
$or)ydid>cov Joseph, b. Iud. IV 9, 9 ; Adiect. Be- 
'Iriatensis Tac. hist. II 39. 50. 52. 66. 70. 86. 

III 31. Plin. n. h. Ill 135; Bedriacus Iuv. II 
106 u. Schol.), Flecken in Oberitalien zwischen 
Cremona und Hostilia (Schol. Iuv. II 106), 20 mp. 
von Cremona (Schol. Iuv. II 99 ; 22 mp. nach der 



Tab. Peut.), also in der Gegend des heutigen Cal- 
vatone; beruhmt nur wegen der beiden Schlach- 
ten erst zwischen Otho und Vitellius, dann zwi- 
schen Vitellius und den Truppen des Vespasian 
im J. 69 n. Chr. S. Mommsen Herm. V 163; 
CIL V p. 411. Pais Suppl. 670—674. Vgl. 
Bebriacum. [Hiilsen] 

Bettegerri^ Volk in Thrakien, Ostlich vom 
nntern Hebros, Tab. Peut. VIII. Tomaschek 

10 Die alt. Thrak. I 87. [Oberhummer.] 

Betten. Das antike Bett, xXlvrj, lectus, sponda, 
bestebt aus einem aus vier Brettern zusammenge- 
fiigten, von vier oder sechs Fiissen getragencn vier- 
eckigen Rahmen , der mit Gurten oder Riemen 
(Horn. Od. XXIII 201. Cato de agric. 10) be- 
spannt und bisweilen (nicht immer, Varro de 1. 1. 
VIH 32) am Kopfende, seltener an beiden Enden 
mit einer Lehne versehen ist. Die griechischen 
Namen der einzelnen Teile des Bettes finden sich 

20 bei Poll. VI 9. X 34ff. Die vier Bretter heissen 
evrjXara (auch Artemid. I 74), die Gurte xovog, 
xovoi, xeiQia, aitioxa, fasciae (Cic. de div. II 134. 
Martial. V 62, 6." XIV 159, 1), institae (Petron. 
97), die Lehne avaxlivxQov , sjtixXivrQov , avdxki- 
xov (Corp. Gloss. II 74, 8), avaxliotg (Etym. M. 
90, 30), fulcrum (Isid. or. XIX 26, oft erwahnt; 
s. hieruber Mau Gett. Nachr. 1896, 76ff.). Ein 
Bett mit Lehnen an beiden Enden heisst xXivtj 
ajxtpixtfpaXog , Poll. X 36 nach W. A. Beckers 

30 Emendation; Abbildung eines solchen El. ce'r. II 
23"A (auch bei Baumeister Denkm. I 315). 
Maffei Mus. Veron. 420 (auch bei Baumeister 
I 309). An den in Pompeii gefundenen leeti tri- 
cliniares sind die krrfXaxa ganz niedrig. Doch 
gab es auch B., an denen sie eine gewisse Hohe 
hatten und die Gurte an ihrer Unterseite befestigt 
waren, so dass eine Bettlade, xolxij (Poll. VI 10), 
entstand. Das Bett hatte ausserdem eine Schranke 
an der Wandseite, welehe daher als pluteus von 

40 der Vorderseite, sponda, unterschieden wird, Isid. 
or. XX 11, 5. Martial. Ill 91, 9; dies ist sehr 
deutlich auf den pompeianischen Bildern bei Rous 
Here, et Pomp. VIII 18. Auf dies Gestell legt 
man bei Homer zuniichst Felle, dann wollene 
Decken (§rjyea, y/.alvai, xajirirt,g), sowohl als Unter- 
lage als zum Zudecken, auch ein Leintuch, dessen 

, Lage und Zweck nicht niiher bezeichnet werden 
(II. IX 661; Od. IV 297. XXIII 179; vgl. XIII 
73. 118). Spater legte man auf die xovoi eine 

50Matratze, xvh], xv/.eTov, attisch xveyaXov, xve- 
rpaiiov (Poll. a. O. Moeris s. xvi<pa).ov), torus, und 
ein Kopfkissen, .-zgooxerpdXaio}', cervical (auch ful- 
crum Ammian. XXVIII 1, 47; fur beide haufiger 
der allgemeine Ausdruck cukita) und Decken, 
oTgoj/iivai, azofofcaxa, tduTrtjre;, stramenta, stragula, 
vestes strat/ulae. Senec. ep. 87, 2 unterscheidet 
stragulum im engeren Sinn als Unterlage von der 
Decke, opertorium. 

In alterer Zeit dienten wohl die gleichen B. 

60 zum Schlafen, zum Speisen und zu sonstigem Auf- 
enthalt, Plat. symp. 217 d. Bei weiterer Ausbil- 
dung des Mobiliars wurden aber besondere leeti 
mbieiriares und tridiniares hergestellt, Varro de 
1. 1. VIII 32. Hyg. fab. 274. Hist. Aug. Elag. 20. 
Nach Varro a. O. waren sie von verschiedener 
Hohe ; und zwar wird die gTOssere Hohe des lectus 
mhkularis, zu dem "man uber Stufen aufstieg, 
efter hervorgehoben, Varro de 1. 1. V 168. Serv. 



371 



Betten 



Betten 



372 



Aen. IV 685. Ovid. fast. II 353. Luean. II 356. 
Drei leeti tricliniares aus Pompeii sind iin Museum 
zuNeapel, Overbeck Pompeii* 427. Sie hatten 
keinen Pluteus an der Riickseite, von der sie be- 
stiegen wurden, auch keine Lehne am Kopfende, 
dafiir aber an den der Offnung des Hufeisens zu- 
gewatidten Schmalseiten eine der Lehne ahnliche 
Schranke (pluteus, fulcrum). Doch zeigen bild- 
liche Darstellungen , dass dies nicht immer der 
Fall war. S. Triclinium. 

Es gab ferner, wenigstens bei den Eomern, 
eigene leeti zum Lesen, Schreiben und sonstigem 
Aufenthalt; das cfter dafiir gebrauchte Diminutiv 
beweist, dass dies ,Studierbett' kleiner war, einem 
Sopha oder Chaiselongue vergleichbar. Lecticula 
lutiibratoria Suet. Aug. 78. Ferner Ovid, ars am 
III 542; trist. I 11, 37. Sen. epist. 72, 2. Pers. 
I 52. Plin. ep. V 5, 5. Natiirlich musste dieser 
Lectus eine Lehne (pluteus Pers. I 166) haben, 
die auch dienen konnte, urn darauf zu schreiben. 
Solche kleinere Leeti kommen auch auf Bildwerken 
Ofter vor; hierher geheren auch wohl die oben 
(S. 370) citierten Darstellungen von ttlivat aptpi- 
xitpaloi, beidemale Kranken-B. 

Ein kleines, einfaches Bett ist oxtftnovg (s. d.), 
axifiJTodtov; auf einem solchen schlaft Sokrates, 
Plat. Protag. 310 c. Gleichbedeutend ist aoxar- 
rtjg und xjoappaTog , gralmtus , letzteres bei den 
Eomern die gewohnliche Bezeichnung cines arm- 
lichen Bettes fz. B. Sen. ep. 18, 7.. 20, 11), wiih- 
rend scimpodium bei ihnen etwas wie den lectn- 
his lucubratorms zu bezeichnen scheint, Gell 
XIX 10, 1. Cass. Dio LXXVI 13; vgl. iibrigens 
auch Arist. nub. 633. 709. Griechisch heisst ein 
niedriges und armliches Bett auch x a t^ v V> X a ~ 
(tevviov (s. d.). 

Die Bettgestelle heissen bei Homer II. Ill 391 
Sivmra Uxea, gedrechselt, was sich nur auf die 
Fiisse beziehen kann ; das haufigere Beiwort xorjxa 
ist nicht gentigend erklart, vielleicht bezeiehnet 
es Schnitzarbeit. Auch an den Speise-B. aus 
Pompeii sind die Fiisse rund, also gedrechselt. 
und so erscheinen sie auch auf einigen bildlicheri 
Darstellungen (Baumeister Denkm. I 313), 
wiihrend andere Vasenbilder andere Formen zeigen 
(a. O. u. II. XVI) mit flacher, manchmal ornamen- 
tierter Vorderseite. So auch die in Bettform ge- 
mauerten Sarkophage eines Grabcs in Xeapel, 
Galante Atti dell' Ace. di archeol. lettere e b. 
arti, Xapoli, XVII, I Taf. Ill, und der Deckel 
einer thonernen etruskischen Aschenkiste Mon. d. 
Inst. VI 59. 

Die Bettgestelle sind in der Eegel aus Holz. 
Und zwar werden genannt Ahorn (vrfh-dafivog), 
Buche und Esche, Poll. X 35. Thcophr. h. pi. Ill 
10, 1. V 6, 4. 7, 6. Aus deni Holze einer Palmen- 
art machten die Perser die Fiisse der B., Theophr. 
h. pi. IV 2, 7. Auch furnierte man geringere 
Holzsorten mit feineren ; so wird au< f Uo/J.og Poll. 
X 34 zu erkliiren sein; ebd. naoariv'Sog, dfKpiao/.- 
/■o; xvgivrj, mit Buchs furniert. Der lectus pa- 
ronimis Martial. XIV 85 war mit Citrus oder Ahorn 
furniert, Plin. n. h. XILT 96. XVI 66. Man fur- 
nierte auch mit anderen Materialien. Besonders 
oft wird Schildplatt erwiihnt, Varro bei Non 86 3 • 
de 1. 1. IX 47. Plin. n. h. IX 39. XVI 233. luv! 
6, 80. Martial. IX 59, 9. XII 66, 5. Lucian. As. 
53. Dig. XXXII 100, 4. Apul. met. X 34. Elfen- 



373 



Betteres 



Betutius 



374 



bein, Varro de 1. 1. IX 47. Plaut, Stich. 377. Suet. 
Caes. 84. Die Fttsse konnten auch ganz aas Elfen- 
bein sein, mit einem Kern aus Metall; solche wur- 
den in Pompeii gefunden, Overbeck* 348. Ganz 
elfenbeinerne B. hatte man nach Timaeus bei 
Ael. v. h. XII 29 in Akragas; doch kOnnen natur- 
lich die h'lp.ara nur furniert gewesen sciu. Mit 
Gold und Silber incrustierte B. fanden sich schon 
in derBeute von Plataiai; Herodot nennt sie IX 
10 80 sntxQvoovg xal ejragyvgovg , 82 xevoeag xal 
oQyvQisag. So sind auch sonst in der Eegel unter 
goldenen und silbernen B. vielmehr mit Gold- und 
Silberplatten verkleidete zu verstehen . Gold : Plaut 
Stich. 377. Cic. Tusc, V 61. Suet. Caes. 49. Sen 
ep. 17, 12. 110, 12. Martial. VIII 33, 5. IX 22, 6 
Dig. XXXIII 10, 3, 3. Silber: Suet. Cal. 32. Plin. 
n. h. XXXIII 144. 146. Massiv silberne B. Hist. 
Aug. Elag. 20. Dig. XXXIII 10, 3, 3. 9, 1. Ganz 
aus Bronze ist das einzige erhaltene antike Bett 
20 im Museo Gregoriano des Vatican, aus einem Grabe 
bei Caere, abgeb. Baumeister Denkm. I 311. 
Hier sind auch die Gurte durch Bronzestreiferi 
ersetzt. 

Von den ganz incrustierten B. sind noch zu 
unterscheiden die mit Verzierungen anderen Ma- 
terials versehenen. Schon Odysseus (Horn Od 
XXIII 200) verzierte sein Bett mit Gold, Silber 
und Elfenbein. Namentlich verzierte man so die 
sichtbarsten Teile, Fiisse und Lehnen. Es scheint, 
30 dass man unter leeti Deliaci B. verstand, die auf 
dieso Art verziert waren, zunachst in Bronze (dies 
sind wohl die leeti nerafi Cic. Verr. IV 59, die 
nach Liv. XXXIX 6, 7. Plin. n. h. XXXIV 14 
zuerst 187 n. Chr. nach Bom kamen); doch wur- 
den sie bald auch in Silber nachgeahmt, Plin. 
XXXIII 144. XXXIV 9. Eine Vorstellung hier- 
von gcben die Speise-B. aus Pompeii Overbeck* 
427, an denen die \'erzierungen der Fiisse und 
Lehnen aus Bronze mit eingelegter Silberarbeit 
40 sind. Die polsterartig ansteigenden Lehnen sind 
hier an den Profilseiten mit Metallplatten bekleidet, 
die innerhalb eines vorstehenden Eandes Silber- 
omaniente zeigen, oben und unten aber mit Biisten 
verziert sind; an der deni Tische abgewandten 
Seite fehlcu die Silberornaiiiente und erscheint 
statt der Biiste nur ein Entenkopf. Ahnliche Mo- 
tive zeigen die in Pompeii gefundenen Bisellien, 
a. O. 426, wo PferdekOpfe statt der EntenkOpfe; 
vgl. hierzu die von Hyg. fab. 274 erwahnte Ver- 
50zierung der Fulcra mit Eselskopfen. Leeti Puni- 
cani sind bei Cic. pro Mur. 75 (vgl. mit Sen. ep. 
95 ; 72) einfache Holz-B., dagegen bei Plin. n. h. 
XXXIII 144 solche, die mit Metall, auch mit Gold 
und Silber verziert sind, aber in geringerem Grade 
als die Deliaci, Bei Horaz ep. I 5, 1 sind Ar- 
ch iaci leeti einfache B. Lectos Soteriri nennt 
Gell. XII 2, 11 eine altmodische Form; fiber beide 
ist Naheres nicht bekaimt. 

B. mit Fiissen aus anderem Material als das 

60iibrige Gestell: Ter. Ad. 585; lectulos if ignis pe- 

clibits; ferner elfenbeinerne und silberne Fiisse, 

Athen. II 48 b. VI 255 e. Clem. Alex. Paed. II 3. 

Poll. X 34. 

Fur die Fullung (tomentum) war das dfirf- 
tigste Material Stroh (Plin. n. h. VLTI 192), Schilf 
(tomentum Circense Martial. XIV 160. Sen. de ?. 
b. 25, 2), Heu (Martial. XIV 162), Rohrbiischel 
(avOrjlrj bei Poll. X 41 = Xvyvig. Plin. n. h. 



XVI 158. Ed. Diocl. XVIII 5. 6; vgl. Goll zu 
Beckers Charikles III 76. Bliimner Maximal- 
tarif 147), Blatter einer gnaphalium genannten 
Pflanze, Plin. n. h. XXVII 88. Dioscor. Ill 120. 
Am haufigsten aber wurde Wolle verwendet, und . 
zwar bestand die billigste Wollfullung aus den 
Abfallen der Tuchbereitung , den vom Fullo ab- 
gebilrsteten Flocken: yva<paiov, xvitpaXXov, Herod, 
si. fiov. Xe£. II 39; die Attiker bezeichneten mit 
ersterer Form die Fullung, mit der zweiten die 10 
Matratze. Diese mit guter, eigens hierfiir zube- 
reiteter Wolle zu fiillen, wie noch heute in Italien 
fast ausschliesslich iiblich, soil nach Plin. n. h. 
VIII 192. XIX 13 gallische Erflndung sein; be- 
riihmt war das aus Gallien stammende tomentum 
Leucmieum, Martial. XI 21, 8. 56, 9. XIV 159. 
160. Auch Federpolster werden oft erwahnt, Plat, 
com. bei Herod, a. O. (frg. 97 K.). Poll. VI 10. 
X 38. Varro bei Non. 86, 3. Cic. Tusc. Ill 46 



naeenpass, dass sie Sia tov 'lovyxagiov neStov xal 
BexrsQOiv xal iov Maga^oivog xalovfiivov nedlov 
rfj Aaxivn yldnxr) nach Tarraco fiihre. Eine Volker- 
schaft dieses Namens in der Hispania Tarraconensis 
zwischen dem Binsen- und dem Fenchelfelde un- 
weit Emporion ist sonst nicht bekannt. Vielleicht 
beruht die Erwahnung nur auf einer Verwechs- 
lung mit Baeterrae (Beziers) jenseits der Pyre- 
naeen, wie schon Casaubonus vermutete. 

[Hiibner.] 

Betthar s. Bethar Nr. 1. 

Betthora (und Bettkoro, Not. dign. or. XXXVII 
12. 22) s. Baitarrhus. 

BettigO (to Byziya, Sqog Ptol. VH 1, 22), 
Gesamtname fur die an der Westkuste Dekkhans 
meridional streichenden West-,ghat' oder die Sahy- 
advi, welche in dem ,blauen Gebirge' Nila-giri 
(Gipfel Dodda-betta , grosser Berg 1 2630 m.) und 
im sudlicheren.Elei'antengebirge' Ana.malai (Gipfel 



Plin. n. h. XVI 158. Martial. XIV 146. 159,20 2690 m.) ihre grOsste Hohe erreicht; der _ Name 



namentlich als Kopfkissen, Eubulos bei Poll. X 
38. Prop. IV 7, 50, doch sicher auch als Matratze, 
Martial. XIV 159. Besonders gesucht waren die 
Daunen der kleinen, weissen germanischen Ganse, 
r/nntae, Plin. n. h. X 54. Daunen von Schwanen 
Martial. XIV 161, von Rebhuhnern Hist. Aug. 
Elag. 19, 9 , wo auch Polster aus Hasenhaaren. 
Nach Strab. XV 693 stopften die Macedonier in 
Asien die Polster mit Baumwolle. Die Vermu- 



selbst zeigt , trotz seines langen r/ , dravidische 
Herkunft, von be-tta, vettu , Gebirge' mit Suffix gu. 
In dieser Kette ontspringen die kurzen Flusslaufe 
Malabars wie der Pseudostomos § 33 (die Netra- 
vati, von Mangalor) und der Baris § 34 (der Bach 
von Nilecvara); ferner der in den Manaargolf 
miindende Solen (^Colian des Abu'lfedha). Daher 
erscheinen am Westabfall des B. auch die Brah- 
mana des Pandyareiches § 74 und die nomadischen 



tung Marquardts Privatl.2 490, dass das Wort 30 C&ra § 68. Ptolemaios hatte ebenso gut die Quellen 
• ' " — -^ der Kaveri, Krsna, ja selbst der Godavari in dieses 

Gebirge verlegeii diirfen, wenn er nicht durch yer- 
worrene Angaben iiber das Ideisathrongebirge 
ware beirrt worden. Denn die nordliche Erstrek- 
kung des B. bis zur Tapti ersieht man aus den 
Angaben fiber die Tabassoi § 65 und fiber die 
.Bergbewohner' Bqmyol § 66, die Nachbaren der 
Bhilla und Ainbastha der Gondvanaregion. 

[Tomaschek.] 
Betncteliini flnmen, erscheint auf der Tab. 



tilt] von sanskr. tula, Baumwolle, komme und 
Verwendung derselben zu solchem Gebrauch be- 
zeuge, ist unhaltbar; vgl. Curtius Etymol. 4 225. 

Der tberzug der Polster war gewohnlich aus 
Leinen, doch gab es auch wollene und lederne, 
Poll. X 34. 40. Besonders geschatzt war ffir 
diesen Gebrauch das cadurcische Leinen, Plin. 
XIX 13. Preise leinener Uberzuge Ed. Diocl. 
XXVIII 46—55, wo als beste Sorten die von Tral- 
les und Antinoupolis erscheinen. Seidene Polster 40 
Prop. 1 14. 22. Hor. epod. 8, 15. Martial. Ill 82, 7. 
Die Uberziige waren meist buntfarbig, Prop. a. O. 
und IV 7, 50. Farbig sind sie auch auf den 
pompeianischen Bildern Helbig Wandgem. 1445 
— 1452, gestreift meistens auf Vasenbildern. 

tfber Kissen und Polster uberhaupt s. Bliim- 
ner Technol. I 205ff.; Masimaltarif 146f. 

Leinene Betttiicher kommen schon im Homer 
vor (II. IX 176). Im Ed. Diocl. werden XXVIII 
16—36 die Preise verschiedener Sorten angegeben, 50 der Sesia. 



Peut. als nOrdlicher Nebenfluss des Padus, schneidet 
aber nach der Karte die Strasse Eporedia (Ivrea) 
—Augusta Praetoria (Aosta) in der Nahe von^ Vi- 
tricium (Verres), wonach er vielmehr von links 
in die Dora Baltea gefallen sein musste (daher 
von Lapie fiir den Torrent de Challant gehal- 
ten). N ah ere Localisierung ist bei dem zerriitteten 
Zustande der Karte nicht moglich; unbegriindet 
die gewohnliche Identification mit dem Oberlauf 
- ' [Hiilsen.] 



auch die einer geringen fur die Dienerschaft. Aus 
der Zwischenzeit haben wir nur die Erwahnung 
des odoviov ivxoi/itjToov in einem Pariser Papvrus 
aus dem J. 163 v. Chr. (Not. et extr. XVIII 2. 
1865, nr. 52—54; auch bei Marquardt Privatl. 2 
489. 9) und Non. 537, 20. 

Fiir die Decken giebt Poll. VI 9ff. X 38. 42 
zahlreiche Bezeichnungcn. je nachdem sie auf einer 
oder auf beiden Seiten zottig waren, und nach der 
Farbe. Auch bei den Eomern werden purpurne 60 
und buntgestickte Decken oft erwahnt, z. B. Cic. 
Phil. II 67. Martial. II 16, 2. Tib. I 2, 75. 77. 
Pelze als Decken Plat. Prot, 315 d. Eine Decke 
aus Ziegenfelleii ist die bei Aristophanes Ofter er- 
wahnte owvga (s. d.). [Mau.] 

Betteres (Berregeg). Strabon berichtet (III 
' 160) von dem Lauf der grossen romischen Strasse 
von den Tropaeer. de= Poroppiiis auf dem Pyre- 



Betunia s. Baedania. 

Beturbon (Geogr. Eav. IV 36 p. 285 P.) oder 
Veturbn (Guido 51 p. 488 P.), Ort in Etrurien, 
das heutige Viterbo. Der Name kommt sonst 
im Altertam nirgends vor, obwohl die Existenz 
einer Ansiedlung schon aus etruskischer Zeit durch 
Funde bewiesen wird. S. Dennis Etruria2 I 
150—155. [Hulsen.] 

Betnriges s. Bituriges und Avaricum. 

Beturnis, Ort in Etrurien an der Strasse von 
Aretium nach Florentia beim Geogr. Eav. IV 36 
p. 287 (Veturris bei Guido 52 p. 489; Biturixa 
Tab. Peut.) ; nach Partheys Vermutung identisch 
mit der massa Vctcrnensis aplid Tuscos , die 
Ammian. Marc. XIV 11, 27 als Geburtsort des 
Caesars Gallus nennt. [Hiilsen.] 

Beturri s. Bituris. 

Betntins s. Betitius. 



375 



Betuus 



_ Betuus. Betuus Chilo, von Otho bei Tacitus 
(hist. I 37) unter den Opfern des Galba bei dessen 
Eegierungsantritt genannt; mOglicherweise iden- 
tisch, jedenfalls verwandt mit G. Betuus C. f. 
Trofmentina trihu) Cilo Minucianus Valens An- 
tomus Celer P. Liguvius Rufmus Liyuvianus, 
aedilis, duumvir quinquennalis, sacerdos trium 
lucorum, procurator oder praeses) Etruriae quin- 
deeim populorum und patrorms munieipii, ver- 
mutlioh von Perusia: CIL XI. 1941. [Henze.] 

Betylua (Bsrvlova Judith 6, lOf. u. a. Zonar 
ann. in 11 ed. Paris. 1686 I 139 Bairovkova), 
feate Stadt in Palastina, nicht weit siidlich von 
der Ebene Esdrelon, nahe bei Dothan. Vielleicht 
das heutige Mithilije, sttdlich von Ginaea (Dsche- 
nin) . Robinson Palastina III 382. 586f . ; Neuere 
bibl. Forschungen 443. Gue"rin Samarie I 344 
—350. Schiirer Gesch. d. jud. Volkes IP 600. 

[Benzinger.] 
Betzas (Bk^ag), Castell in Dacia mediterranea, 
nahe an Bugaraka, Procop. de aedif. IV 4 p. 282, 
33- [Tomaschek.] 

Beuca, Konig der Sarmaten, kampft urn 466 
gegen die Ostgothen. Jord. Get. 54, 277. 

[Seeck.] 
Beudos (ITalawv BevSog, Beudos vetus), Stadt 
in Phrygien. 5 Millien nfirdlich von Synnada, 
Liv. XXXVIII 15. Miinzen aus der Kaiserzeit 
mit der Aufschrift BEYAHNQN IIAAAIQN bei 
Head HN 559. Eamsay Asia minor 405 er- 
klart die Angabe bei Ptol. V 5, 5, wonach Tla- 
Xatov Bevdos in Pisidien bei Bans lag, mit Eecht 
fur falsch. Er sucht (a. a. 0. 143) den Ort bei 
Aghzykara; vorzuzieben ist wohl der Ansatz von 
Kiepert, der es fruher zwar nach Belat verlegt 
(Franz 5 Inschriften), jetzt aber mit der Euinen- 
statte Bel-Karadjfiren, wenig nordlich von Aghzy- 
kara, identificiert ; vgl. seine Karte des westl. 
Kleinasiens IX und Form. orb. ant. IX. Cramer 
Asia minor II 34 vermutet wegen der Namens- 
ahnlichkeit, dass Boudeia bei Nonn. Dion. XIII 
512 dieselbe Stadt ware. [Euge.] 

Bene (Bevy), Stadt in der makedonrschen 
Landschaft, Lynkestis, am Flusse Beuos (s. d.), 
Steph. Byz. Leake N. Gr. Ill 31 Of. 

[Oberhummer.] 
Beuos (Bevos, Beims), Fluss in Makedonien, 
an welchem die Stadt Beue (s. d.) lag. Steph. 
Byz. Nach Liv. XXXI 33. 6 wahrscheinlieh einer 
der sudlichsten Zuflusse des Erigon. Dimitsas 
na> 7 Q. May.. 1 150. Heuzey Miss, de MacM. 302. 

[Oberhummer.] 
Benrtina, beim Geogr. Eav. IV 24 p. 228, 
vielleicht, wie Pin der und Parthev annehmen 
statt Betera (= Vetera), da die Tab. Peut. an 
dieser Stelle Veteribus hat (Birten?) Vgl Ber- 
tunum. pim,.-] 

Beuzavaticuni rusticarium. Gehoft im Bis- 
tum Sarsenterum in Dalmatia. Acta concil. Salonit. 
a. 532; vgl. den ilhrischen Personennamen Beusas. 

[Tomaschek.] 
Bewaffnung. I. Griechen. Die Denkmaler 
der ,mykenischen' Zeit ergeben als Ausrustungs- 
stucke fur den Krieger den Metallhelra und mit 
Metall beschlagenen mannshohen Schild zur Ver- 
teidigung, Schwert und Lanze zum Angriff; den 
Gnechen selbst gait als ihre nationale B. die Pa- 
nophe, d. h. die Ausriistung mit Helm, Panzer, 



Bewaffnung 



376 



377 



Bewaffnung 



Bezabde 



378 



Beinsehienen, Schild sowie Schwert und Lanze. wie 
sie die homerischen Helden tragen ; Jahrhunderte 
lang ist der Burger, welcher die Ehre und die 
Pflicht des "Waffendienstes hatte, mit diesen 
Waffenstiicken als ,Hoplit' ausgezogen oder hat 
sie bei festlichen Gelegenheiten angelegt; auch 
wer von der Burgerschaft zu Eoss diente , trug 
diese schwereB., welcher jedoch der Schild fehlte; 
bei einem griechischen Biirgeraufgebot herrschte 
10 wohl Gleichartigkeit der B.. aber da jeder sich 
seine Ausriistung selbst zu beschaffen hatte, nicht 
Gleichformigkeit der Waffenstiicke, wie dies Dar- 
stellungen auf attischen Vasen aus dem 5. Jhdt. 
recht anschaulich schildern. Nur die Spartiaten 
wichen von dieser allgemeinen griechischen Ubung 
ab: sie trugen ausser Schwert und Lanze den 
mannshohen Schild, der den Panzer, vielleicht 
auch die Beinsehienen uberflussig machte, einen 
eigentumlichen eiformigen Metallhelm, und brach- 
20 ten dureh die von alien im Kampf getragenen 
roten Eocke einen gleichfflrmigen Eindruck der 
ausseren Erscheinung hervor. Was sonst mit aus- 
zog, aber ohne Hoplitenrustung , Heloten oder 
Theten, war das ,leichte' Volk, meist nur be- 
waffnet mit einer Fernwaffe, Bogen, Schleuder, 
Wurfspeeren; im westlichen Mittelgriechenland 
und in Thessalien ist noch im 5. Jhdt. diese 
,leichte'B. die allgemein abliche gewesen. Zwischen 
der schweren und leichten Ausriistung steht die 
30 B. mit dem leichteren runden Lederschild , der 
Pelta, dem langen Schwert, mehreren leichten 
Wurfspiessen, dem breitkrampigen Hute : sie 
stammt aus Thrakien und wurde durch thrakische 
und nordgriechische Soldner im Laufe des pelo- 
ponnesischen Krieges in Griechenland bekannt; 
Iphikrates fuhrte diese ,Peltasten'-B. bei semen 
Soldnern ein. Im Heere Konig Philipps und Ale- 
xanders war die makedonische Eitterschaft grie- 
chisch bewaffnet, die Hypaspistcn, ursprunglich 
40 cine stehende Hof- und Haustrappe der Konige, 
trugen die nordgriechische Ausriistung : den brei- 
ten Hut, die Kausia, den kleinen, runden Schild, 
Schwert und Stosslanze; das Aufgebot der freien 
Makedonen, die Pezetaeren, fuhrte als eigeutiim- 
liche Waffe die 12 griechische Ellen = 5.25 m. 
lange Stosslanze, die Sarisse. wozu ausser dem 
kleinen Schild und einem dolchartigen Schwert 
vielleicht noch Helm und Beinsehienen als Schutz- 
waffen kamen. In der letzten Reorganisation des 
50 Heere.s durch Alexander verlor die B. ihren bis- 
herigen nationalen Charakter: wie da Tausende 
von Orientalen mit makedonischen Waffen aus- 
gerustet und ausgebildet wurden. so fand die 
,makedonische' B.. d. h. vnr allem die Ausriistung 
mit der Sarisse, Eingang in Griechenland, wo sie 
Kleomenes III. und Philopoimen ihren Landsleuten 
in die Hand gaben, und sie wurde im Osten das 
Merkmal des schweren Fussvolkes, das aus Grie- 
chen und Barbaren zusammengesetzt war. In den 
60 Heeren der spateren griechischen Eeiche lassen 
sich Anfange der Uniformierung erkennen : grosse 
Abteihmgen_ fuhren Schilde von gleicher Gestalt 
und Farbe in Nachahmung der alexandrischen 
Argyraspiden , andere tragen dufchg&ngig pur- 
purne Eocke ; auch das Aussehen der Soldner wird 
innerhalb der einzelnen Truppenarten ein gleich- 
artiges gewesen sein, da ihnen die "Waffen aus' 
den kOniglichen Zeughausern geliefert wurden, 



Die barbarischen Contingente, wie sie zuerst in 
den Heeren Alexanders, dann in immer grosserer 
Zahl und Mannigfaltigkeit in denen seiner Nach- 
folger, am starksten in den seleukidischen Heeren 
auftreten, behielten ihre nationale B., jedoch ist 
dieselbe nur in wenigen Fallen bekannt: die Kel- 
ten liatten mannshohe Schilde, lange Hiebschwer- 
ter, die Thraker trugen weisse Schilde, Bein- 
sehienen, schwarze Eocke und grosse eiserne 
Schwerter, die paeonisehen Eeiter urn das J. 300 
werden auf Miinzen eines ihrer Konige abgebildet 
mit Hosen und Chiton, Helm mit Busch und 
Stosslanze (das einzelne s. unter den griechischen 
Namen der einzelnen "Waffenstiicke). [Droysen.] 

II. Bewaffnung des rOmischen Heeres. 
a) Die altesten Nachrichten beziehen sicli auf 
das sog. servianische Heer, Liv. I 43. Dionys. 
ant. IV 16. 17. Das timokratische Princip der 
Stimmordnung ist auch fiir die Gliederung und 
Bewaffnung des Heeres massgebend. Die erste 
Klasse tragt galea, clipeus, ocreae, lorica, omnia 
ex acre als Schutzwaffen, als Angrift'swaffen gla- 
dius und hasta. Es ist die navonlla des griechi- 
schen Hopliten. Vgl. Droysen Heerwesen und 
Kriegfiihrung 3ff. Altitalisch scheint die Bewaff- 
nung der zweiten, dritten, nach Dionysios auch 
der vierten Klasse, welche an Stelle des clipeus das 
scutum, tragen und denen der Panzer fehlt. Nur 
die zweite Klasse hat ocreae. Nach Livius fehlt 
der vierten Klasse das scutum; sie sind nur mit 
hasta und verutum bewaffnet. Die funfte Klasse 
bilden die Leichtbewaffneten, nach Dionysios mit 
Schleuder und "Wurfspiessen bewaffnet , nach Li- 
vius nur mit der Schleuder. Die Eeiterei ist nach 
Polybios VI 25 ebenfalls ungepanzert und tragt 
einen ledernen Rundschild und. eine hasta. b) Das 
Heer zur Zeit des Polybios VI 22. 23. 25. Das 
timokratische Princip der Heerbildung zeigt sich 
noch darin wirksam, dass die Leichtbewaffneten 
aus den armsten Biirgern genommen werden und 
die Burger der ersten Klasse allein den Panzer, 
die lorica hamata tragen. Das schwerbewaffnete 
Fussvolk tragt als navonUa galea, eine ocrea, scu- 
tum, und soweit die Soldaten nicht der ersten 
Biirgerklasse angehoren, tragen sie den y.agdio- 
<fi'/.a$. Als Angviffswaffe haben sie den gladim 
hispaniensis, die hastati und principes zwei pila 
und die triarii eine hasta. Die Leichtbewaffneten 
relites tragen galea, partita, sieben hastae veli- 
tares und einen gladius, Liv. XXVI 4, 4. Die 
Reiterei ist nach Art der griechischen bewaffnet. 
c) Seit Marius ist die ganze Legion gleichmassig 
bewaffhet und besteht nur aus schwerem Fuss- 
volk. Das Iulierdenkmal von St. Eemy, sowie 
die in Alesia gefundenen tberreste der Caesa- 
rischen "Waffen fuhren darauf, dass die Bewaffnung 
dieselbe war, wie in der alteren Kaiserzeit. Jedoch 
sind auf dem Iulierdenkmal die Reliefs nach dem 
Vorbilde griechischer Sarkophage gearbeitet und 
nur mit wenigen realistischen Zugen der rOmischen 
Bewaffnung ausgestattet. d) Kaiserzeit. DieUber 
lieferung beruht fast nur auf den Denkmalem. 
Die Grabsteine mit den Darstellungen rOmischer 
Krieger gehoren mit geringen Ausnahmen alle dem 
1. Jhdt. an. Gewohnlich sind die Soldaten ohne 
Panzer und Helm, also in der Friedenstracht der 
Garnison (Tac. ann. XIII 35. 36; hist. I 27) dar- 
trpctellt. Die <?elaufige Bezeichnunsr die=er Tracht 



als Interimscostiim ist sinnwidrig. Fiir das 2. Jhdt. 
geben ein vollstandiges Bild der Bewaffnung die 
Reliefs der Siegesmonumente , an deren Realitat 
durchaus nicht gezweifelt werden kann. Die Be- 
waffnung der Constantinischen Zeit zeigt das Mo- 
nument von Adam-Klissi, dessen richtige Zeit- 
bestimmung E i e g e 1 Mitteilungen des osterr. 
Museums fiir Kunst und Industrie 1896 I. Heft 
auf Grand der Ornamente und der Architektur 

10 gegeben hat (er liess sich nur durch die angeb- 
liehe Zugehorigkeit der Traiansinschrift zu dem Mo- 
numente beirren; vgl. dariiber M. Dreger Allge- 
meine Bauzeitung 1896 S. A. S. 11): Der Kaiser ist 
Constantin derGrosse, der sich das Haar kammte wie 
Traian und als erster seit Traian sich wieder den 
Bart scheren liess. Ausser den Waffen (vgl. die Na- 
men der einzelnen Waffen) zeigen dies auch die selt- 
samen signet, sowie das Fehlen der Praetorianer- 
signa. Die von Vegetius getadelte Gewohnheit sei- 

20 ner Zeit, (auf dem Marsch) Helm und Panzer abzu- 
legen, zeigen die Reliefs. Diese Friedenstracht im 
Kriege stammt, wie Tacitus zeigt, aus dem Oriente,. 
und Constantin der Grosse, welcher die Orientalisie- 
rung der Reiches zum Abschlusse brachte, wird sie 
im Heere geduldet haben. In der ersten Kaiserzeit 
wird man eine einheitliche Ausriistung der Truppen- 
Legionen wie Auxilia mit dem Lederkoller {lorica) 
und einen eisernen Helm (galea) annehmen diirfen. 
Ebenso fuhren alle Fusstruppen gladius unipugio. 

30 Als Schild ist fiir den Legionar das scutum sicher, 
die Auxilia haben parmae; ebenso ist den_Legio- 
naren daa pilum eigentiimlich, wahrend die Auxilia 
mehrere Wurfspeere (hastae) tragen. Die Eeiter 
fuhren nur ein Schwert (spatha), eine Lanze und 
mehrere Wurfspeere, Jos. b. Iud. Ill 96; auf den 
Denkmiilern tragt die Wurfspeere der calo. In clau- 
discher Zeit tritt als Panzer die lorica, squamata 
ein, um unter dem sparsamen flavischen Eegi- 
mente wieder dem Lederkoller Platz zu machen. 

40 Die ganz geanderte Bewaffnung der traianischen 
Zeit zeigt die Traianssaule. Legionare und Prae- 
torianer tragen die lorica segmentate, die Auxi- 
lia die lorica hamata. Wahrscheinlieh seit Ha- 
drian erhalten die Praetoriauer die lorica squa- 
mata und die panna, an deren Stelle mit der 
Ergiinzung der Praetorianer aus den Legionen 
unter Septimius Severus das scutum tritt, das 
ihnen Macrinus wohl nur voriibergehend wieder 
nahm, Cass. Dio LXXVIII 37, 4. Das Monument 

50 zu Adam-Klissi zeigt cataphractarii in der lorica 
hamata und squamata. und zumeist das scutum, 
seltener die parma, pilum und gladius. 

[v. DomaszewskiJ 
Bexuui (Geogr. Eav. IV 32 p. 269 P. V 2 
p. 337 P.) , Ort in Ligurien an der Strasse von 
Luna nach Genua, unbekannter Lage. [Hiilsen.] 

Bezabue (aramaeisch Be Zabdai ,Haus des 
Zebedaeus'), feste Stadt in Mesopotamien am 
westlichen Ufer des Tigris unterhalb Amid; nach 

60 ihr heissen die Bewohner des Gebietes Zabdiceni 
(die auffallige Endung -iceni geht — durch das 
Araniaeische — wahrscheinlieh mittelbar auf die 
persische Endung ik zuruck; vgl. ebenso im Sy- 
rischen OarmeMjd von Beth Garmu). Es wurde 
von Sapor I. erobert (Amm. Marcell. XX 7, 1), von 
Constantius vergeblich belagert (XX 11,6) und von 
Iovianns beim Friedensschlusse an die Perser ab- 
getreten (Amm. Marc. XXV 7, 9. Zosim. Ill 31). 



379 



Bezedel 



Btm'wv Sixy 



380 



381 



Biana 



Bias 



382 



Bei Sozom. hist. eccl. II 13 ZajidaZov ycoolov 
{arabisch Baxabda Iakiit Geogr. Wortb. I 266; 
syrisch Bet Zahdai). Jetzt Gexire ibn 'Umar; 
vgl. Moltke Briefe lib. Zust. u. Beg. i. d. Turk. 
(Gesamm. Schr. VIII) 251. Sachau Reise in Syr. 
ii. Mesopot. 379. G. Hoffmann Ausz. aus syr. 
Akten pers. Martyrer 24 Not. 177. [Fraenkel.] 

Bezedel (Bcfrdsk Joseph, bell. Iud. Ill 2, 3), 
Dorf Paliistinas in der Niihe von Askalon; sonst 
unbekannt. [Benzinger.] 

Bezek (Be&x Enseb. Onom. ed. Lagarde 237, 
52. Hieron. ebd. 105, 28), zwei Orte gleichen 
Namens in Palastina, nahe bei einander gelegen, 
17 Millien von Neapolis entfernt, in der Rich- 
tung auf Skythopolis; nicht identificiert. 

[Benzinger.] 

Bezereos, nach Itin. Ant. p. 74 Station der 
binnenlandischen Strasse von Tacape (Gabes) nach 
Leptis Magna, am Limes Tripolitanus, 120 Mil- 
lien von Tacape; vgl. liber die Lage Tissot 
Geographic comp. de l'Afrique II 705. 

[Dessau.] 

Bezetha. 1) Befr&d (Joseph, bell. Iud. II 
15, 5. 19, 4. V 4, 2. 5, 8), die nordlichste, von 
der sog. dritten Mauer, der Mauer des Agrippa, 
eingeschlossene Vorstadt von Jerusalem, s. d. 

2) Bt)Za$a (Enseb. Onom. ed. Lagarde 240, 
15. Hieron. ebd. 108,9 Bethsaida; Evang. Joh. 
5, 2 BrjS-^a&a, var. Bi)&eodd), Teich in Jerusalem, 
dessen Wasser dern Yolksglauben als zu gewissen 
Zeiten heilkraftig gait; wie der Name anzeigt, 
in der Vorstadt B., nach Johannes beim ,Schaf- 
thor' gelegen ; von der (iibrigens jungen) Tradition 
mit der heutigen Birket Isra'in an der Nordseite 
des Tempels identificiert. Seine Lage ist noch 
immer nicht mit Sicherheit nachzuweisen ; der 
Bethesdateich des Mittelalters scheint mit einiger 
Wahrscheinlichkeit in dem Doppelteich unter dem 
Kloster der Zionsschwestern wiedergefunden zu 
sein; Schick ZDPV XI 1888, 178—183. 

[Benzinger.] 

Bia (Bid). 1) Personification der Gewalt. Bei 
Hesiodos (Theog. 383ff.), dem Apollodoros (I 
2, 4; so auch Hyg. fab. praef. , wo die Namen 
Inviflia, Victoria, Vis, Potestas lauten; vgl. 
auch Kallim. Hymn. Zeus 67) folgt, sind Zelos 
und Nike, Kratos und B. Kinder des Titanon- 
sohnes Pallas und der Okeanide Styx, mitsamt 
ihrer Mutter bei Zeus hochgeehrt und immer, 
seines Winkes gewartig, in seiner Nahe. Auf 
dieser Dichtnng, in der die vier Geschwister 
nichts anderes als die Symbole der hiichsten GOtter- 
macht darstellen, fusst Aischj'los, wenn er im 
Prolog des IlQOfirjSevg Ssa/icoztjg Kratos und B. 
(letztere stumm) als Personen einfiihrt, die im 
Auftrag des Zeus den Prometheus unter Aufsieht 
des Hephaistos an den Kaukasos fesseln. Im 
Kult erscheint B. mit Ananke (s. d.) verbunden 
auf Akrokorinth {isqov, das nicht betreten werden 
durfte, Paus. II 4, 6) und im pisidischen Adada 
(zusammen mit Apollon angerufen am Eingang 
eines Orakels , CIG HI 4379 o). Dass man in 
spaterer Zeit beide als gleichbedeutend oder doch 
wesensverwandt auffasste , beweist der Umstand, 
dass Plutarch (Themist. 21) in der Wiedergabe 
des hohnenden Scherzwortes, das Herodotos (VIII 
111) dem Themistokles gegeniiber den Andriern 
in den Mnnd legt, fur die Ananke des Herodotos 



einfach B. einsetzt. Zwei Gestalten des polygno- 
tischen Unterweltsbildes deutet Robert (16. Hall. 
Winckelm.-Progr.60) vermutungsweise auf Kratos 
und B. [Wernicke.] 

2) Beiname der Athena bei Lykophr. 520 nebst 
Schol. [Jessen.] 

Biabana (Bmfiava, Var. Biavavva), Stadt im 

Norden von Arabia Felix, Ptol. VI 7, 32. Von 

Sprenger (Alte Geogr. 271) mit al-Byna (De- 

10 mhiutiv Bujaina) verglichen , welches die vierte 

Station von al-Jamama bildet. [D. H. Miiller.] 

Biadas. 2xoaxrjyog 'EksvO-sgolaxcovcop , An- 
fang des 1. Jhdts. v. Chr., Le Bas II 242a = 
Dittenberger Syll. 255. [Kirchner.] 

Biadike (Biadice, d. i. BtadUrj), Gemahlin des 
Aioliden Kretheus; Variante ohne Gewahrsmann 
bei Hyg. poet. astr. II 20. 

[Hiller v. Gaertringen.] 
Biadinnpolis s. Biandyna. 

20 Biaicov Sixrj. Klage wegen Gewaltthatigkeit 
findet zwar wegen alter Gewaltthatigkeit statt 
(Harpokr.), doch wird sie besonders fur zwei Falle 
erwahnt. Einmal namlich wurde sie gegen den 
in Anwendung gebracht, welcher eine bewegliche 
Sache jemandem mit Gewalt entriss, und da auch 
Sclaven unter die beweglichen Gfiter gehorten, so 
konnte auch gegen gewaltthatigen Sclavenraub 
und die gesetzwidrige arpaigsotg slg iXev&eQiar 
diese Klage in Anwendung gebracht werden (Plat. 

30 Leg. XI 914 e). Eines Falles dieser Art gedenkt 
Lysias (XXIII 9f.). Pankleon hatte sich wider- 
rechtlich eingebiirgert, wird verklagt und von 
mehreren als Sclave in Anspruch genommen, von 
anderen aber mit Gewalt ihnen entrissen, wodurch 
sie sich der (1. d. blossstellen. In solchen Fallen 
erhielt der Beschadigte Schadenersatz, und eben so 
viel musste an den Staat bezahlt werden (Demosth. 
XXI 44). Der zweite Fall, wo diese Klage in An- 
wendung kommt, ist, wenn jemand an einem freien 

40 Knaben, einer Jungfrau oder Frau Notzucht ver- 
ubte oder sie in der Absicht raubte, um Dnzucht 
mit ihr zu treiben. In diesem Falle heisst die 
Klage bei den Spatern flias dixrj (Schol. Plat. rep. 
V 464), welche Benennung bei keinem Alteren vor- 
kommt. Nach Plut. Sol. 23 musste der schuldig 
Befundene 100 DTachmen Strafe bezahlen, eine 
unverhaltnismassig geringe Strafe , zumal wenn 
man damit vergleicht, was Lukian. Hermotim. 81 
erzahlen liisst. Ein junger Mann raubte die Toch- 

50 ter seines Nachbars, schandete sie und beschwich- 
tigte, um der /?, S. zu entgehen, den vermogens- 
losen Vater des Madchens mit einem Talente. 
Lysias bemerkt (I 32), dass man nach einem Ge- 
setz, in der /?. S. schuldig befunden, den Schaden 
doppelt habe ersetzen mussen (SiMrjv zijv /S/.d/fyv 
ocpsu.eir). Wahrscheinlicb ist also in spaterer Zeit 
die Strafe verscharft worden. Denn da der Schaden 
jetzt abgeschatzt werden musste, so konnte die 
Strafe sehr hoch ausfallen. Die Klage wurde im 

60 ersten Falle von dem Beschadigten angestellt, im 
zweiten Falle wohl vom y.vptog der Beschadigten. 
Ubrigens stand es dem letzteren auch frei, das 
Vergehen durch die Offentliche Klage vfigeoig (s. 
d.) zu verfolgen (Demosth. XXI 47), ja wenn er 
den Vergewaltiger auf der That betraf, so verlieh 
das Gesetz ihm das Recht straffreier Totung (De- 
mosth. XXIII 53) , ganz ebenso wie gegen den 
Verfiihrer (trotz Lys. I 31). Die Privatklagen 



wegen Gewaltthat wurden bei den 40 dutaomi 
xaxk 8rj/.iovg angebracht (Demosth. XXXVII 33. 
Schol. Plat. a. a. O.). S. Heffter Gerichtsverfass. 
247. Meier-Lipsius Att.Proc.643f. Platner 
Proc. u. Klagen II 176—183. 213. Hermann- 
Thalheim Rechtsalt. 26. 37. [Thalheim.] 

Blana s. Beona. 

Biandyna (Bidvdvva, Biavdiva), Stadt in La- 
konien an der Westkuste der Parnonhalbinsel, 



Plan, adr/lov ot 8s BiaroQog; das Gedicht scheint 
nicht von ihm). Rivalitat mit Antiphilos zeigt 
VII 396 (vgl. 399), mit Apolkmidas IX 223 (vgl. 
265). IX 273 (vgl. 264). [Reitzenstein.] 

Biantiades (Biavnddtjg) , Sohn des Bias (s. 
d. Nr. 2), Talaos, Apoll. Rhod. II 63. 111. 

[Bethe.] 

Biantidai (BtavrlSat), argivisches Herrenge- 
schlecht, Nachkommen des Bias Nr. 2 und der 



zwischen Akriai und Asopos , Ptol. Ill 14, 32 10 Pero, Tochter des Neleus. Ihr Stammbaum steht 



(16, 9); Ethnikon Bia(v)divovxoldms CIG I 1336. 
Curtius Pel. II 291. 328. Bursian Geogr. II 
143, 1. Nach Miiller zu Ptol. a. a. O. wahr- 
scheinlich die auf der franzOsischen Karte mit 
Tour Elia bezeichneten Ruinen. [Oberhummer.] 

Bianna (Biavva), eine kretische Jungfrau (aus 
Biennos ?), welche infolge einer allgemeinen Dtirre 
einst mit andern Kretern nach dem italischen 
Hydrus und von da weiter nach Gallien wanderte. 



mit Abweichungen in Einzelheiten bei Apollod. 
bibl. 19, 12, 8. Paus. II 6, 6. 18, 4. Diod. IV 
68, 4. Schol. Euripid. Phoin. 150. 422. Schol. B 
Horn. II. II 565. Schol. Pind. Nem. IX 30; vgl. 
Apollod. bibl. I 9, 10, 1. Hyg. fab. 14. 51. Von 
dem Zwiste der B. (Talaos, Adrast) mit den bei- 
den andern Fiirstengeschlcchtern von Argos den 
Melampodiden (Amphiaraos) und Anaxagoriden 
(Kapaneus) erzahlte Menaichmos von Sekyon (Schol. 



Als sie am Rhodanus die vom Orakel empfohlene 20 Pindar. Nem. IX 30). Als seine Quelle ist ein 



sumpfige Stelle gefunden und zum Wohnsitze er 
wahlt hatten, verschwand bei festlichem Reigen- 
tanz die Jungfrau B. in einem Erdschlund, wo- 
rauf nach ihr die neue Colonie Bienna, jetzt Vi- 
enna (s. d.), genannt ward, Steph. Byz. s. Btevvog. 

[Tumpel.] 
Bianor (Bi&vcoq). 1) Kentaur, auf der Hoch- 
zeit des Pcirithoos von Theseus erschlagen, Ovid, 
met. XII 345 (Bienoris), 



Epos gewiss, vermutet wurde 'AficpiaQsco i&Xaoir] 
(s. d.) von Bethe Theb. Heldenl. 43ff. [Bethe.] _ 

Biarclms, auch biarcus und bearcus geschrie- 
ben, Titel einer niederen militarischen Charge, 
im J. 327 zuerst nachweisbar (CIL VIII 8491), 
bezeichnet eine hohere Rangstufe als Circitor, eine 
niedrigere als Centenarius (Hieron. adv. Joh. Hier. 
19 = Migne L. 23, 370.' Cod lust, I 27, 2, 22ff. 
XII 20, 3) , doch kommt auch der letztere Titel 



2) Troer, von Agamemnon getOtet, Horn. B. 30 mit dem des B. verbunden vor (0i.ajilm 'Avt<o- 



XI 92 (BirjvoQa, Aristarch schrieb BiavoQa). 

3) Mythischer Grunder von Mantua, Sohn des 
Tiberis und der Manto, der Tochter des Teiresias, 
nach der er die Stadt benannte ; heisst eigentlich 
Ocnus, Verg. Aen. X 198 (richtiger Auetius). 
Serv. eel. IX 60; Aen. X 198. Nach anderen Sohn 
oder Bruder des Aulestes, des Grunders von Pe- 
rusia ; erbaute, um mit dem Brader nicht in Streit 
zu geraten, Felsina (so Cluverius Ital. antiq 



viva ptagxep XErtrjvaguo xo>v xvquov /zov xam 
XaiiMQoxaxmv emxg^wv zov ibqov hqcuzcoqiov A than. 

apol. c. Ar. 74 = Migne Gr. 25, 385). Biarchen 
finden sich wohl in alien TruppenkOrpern der 
Infanterie (CIL III 3370. V 8755. 8776 = Dessau 
2799) und der Cavallerie (Hieron. a. O. Herm. 
XIX 418 = Ag. Urk. d. Berl. Mus. 1 316. Dessau 
2804), sowie in den militarisch organisierten Be- 
amtencollegien , z. B. bei den Agentes in rebus 



I 255 fur Celsena), das spatere Bononia, und er- 40 (Cod. lust. XII 20, 3. Cod. Theod. I 9, 1), bei 



laubte seinem Heere feste Burgen anzulegen, zu 
denen auch Mantua gehOrte, Serv. Aen. X 198. 
Sein Grabmal erwahnt Vergil, eel. IX 60 (freie 
Nachbildung Theokrits VII 10f.). Vgl. Aucnus 
u. Miiller-Deecke Etrusk. I 125. II 287. 

[Knaack.] 
4) Mit Simon (s. d.) Schwager und Soldner- 
fiihrer des seit 359 v. Chr. regierenden Odrysen- 
fursten Amadokos II. (Demosth. XXIII 10. 180), 



den Fabricenses (CIL V 8754, 8757), in den Officia 
der Praefecti Praetorio (Athan. a. O.), der Duces 
(Cod. lust. I 27, 2, 22ff.) u. s. w. O. Hirsch- 
feld Abh. Akad. Berl. 1893, 424. [Seeck.] 

Bias (BCag). 1) Fluss in Messenien, nOrd- 
lich von Korone, angeblich nach Nr. 2 benannt, 
Paus. IV 34, 4 ; wahrscheinlich der jetzt Joannis 
(turkisch DschanC) genannte Bach. Leake Morea 
I 39Cf. 440. 471 pi. 5. Curtius Pel. II 164f. 



wurde von den Athenern mit dem Burgerrecht 50 Bursian Geogr. II 172, 2. [Oberhummer.] 



beschenkt (Demosth. XXIII 12, vgl. 17. 123. 189) 

[Judeich.] 

5) Ein Akarnane, wird von Arrian anab. II 
13, 2 gemeinsam mit Amyntas, dem Sohne des 
Antiochos, erwahnt. Er war zu den Persern iiber- 
gegangen und fand wahrscheinlich mit Amyntas, 
bald nach der Schlacht bei Issos, sein Ende in 
Agypten. [Kaerst.] 

6) Epigrammdichter des Philipposkranzes. Ver 



2) Sohn des Amvthaon und der Eidornene (Apol- 
lod. bibl. I 9, 11, "2) oder der Aglaia (Diod. IV 
68, 3), nur als Bruder des Sehers Melampus und 
Stammvater der argivischen Biantiden bekannt 
ohne eigene Thaten. Kulte nicht nachweisbar, 
B. ist in Pylos und Argos localisiert. a) Nach 
der unklaren Erzahlung Horn. Odyss. XV 237, 
vgl. XI 286ff. ist B. mit seinem Bruder Me- 
lampus in Pylos ansassig; dieser wird von Ne- 



fasser von etwa 20 wenig anmutenden Gedichten 60 leus benachteiligt, erwirbt nach laager Gefangen- 



in manierierter Sprache. welche zum grossen Teil 
Anekdoten erzahlen oder Genrebilder beschreiben 
(uber Anth. Pal. XVI 276 vgl. Benndorf De 
anth. gr. epigr. quae ad artem spect. 62). Seine 
Zeit bestimmt IX 423 (auf das Erdbeben, welches 
Sardes zerstorte. 17 n. Chr.); er stammte nach 
VII 49 und 396 aus Bithynien und war vielleicht 
Lehrer der Grammatik (VII 644 B. yQa/i/iaxiy.ov, 



schaft bei Phylakos desseu Rinder, racht sich 
an Neleus und giebt dem B. dessen Tochter 
Pero. Ausfuhrlicher und mannigfach abweichend 
wird diese gefahrvolle Werbung des Melampus 
fur seinen Bruder B. erzahlt bei Apollod. bibl. I 
9, 12. Paus. IV 36, 3. Schol. Horn. Od. XI 289 
(laxooia napa ^seexvdt] frg. 75). Theokr. HI 43 
mit Scholion, vielleicht zum Teil nach Hesiod, 



383 



Bias 



Bias 



384 



385 



Bias 



Bias 



386 



der diese Sage in dem Epos MsXafixoSia (frg. 194 
Ezach) und Meydlai 'Holai (frg. 168) erzahlt hat. 
Vgl. Diimmler Kb. Mus. XLV 1890, 197. Nach 
Diod. IV 68, 3 1st B. mit Melampus und Neleus 
aus Thessalien nach Pylos eingowandert. Der 
Fluss in Messenien Nr. 1 ist nach Paus. IV 34, 
4 von B. benannt. 

b) In Argos erwirbt Melampus durch Heilung 
der rasenden Weiber zwei Drittteile des Landes, 



bar an seine Lebenszeit heran: Hippon. frg. 79 
p. 488 B. (Strab. XIV 636. Diog. Laert. I 84. 88, 
ausgeschrieben bei Suid. s. Biavxog) xal Sixd^s- 
odai Biavzog zov IJQUjveog xqcoooiv. Demodokos 
frg. 6 p. 67 (Diog. Laert. I 84, daraus Suid. s. 
&ixa£eod , ai) rjv zvyjjg xqivcov , dixd^ev zr/r Ugirj- 
vlrjv Slxrjr. Herakl. frg. 112 Byw. (Diog. Laert. 
I 88) : h> TJqi^vyj Biag eysvszo 6 Tsvzd/iso} , ov 
jiXf.io>v Xoyog jrj z&v aXXcov. Nun weiss Hippon ax 



von denen er eines seinem Bruder B. schenkt. 10 frg. 45 audi schon, dass Apollon den Myson dveT- 



Diese Sage liegt in drei Versionen Tor: 1) Diod. 
IV 68, 4. Apollod. bibl. I 9, 12, 8. Paus. II 18, 4; 

2) Akusilaos frg. 19 bei Apollod. II 2, 2, 2. Phe- 
rekydes[?] frg. 24 in Schol. Horn. Od. XV 225. 
Eustath. p. 1685, 10. Probus zu Vergil Eclog. VI 
48 = Sei-y. Eel. VI 48. Schol. Stat. Theb. IV 453; 

3) Hesiod. frg. 52—54 Bzach. Herodot. IX 34; 
s. auch Horn. Od. XV 239. Vgl. Bethe Theban. 
Heldenlieder 46. 173. B. heiratet eine der Tochter 



mv avdQcbv aaicpQoviaraTov zidvzmv. Danach 
standen diese tlberlieferungen — ein Kreis weiser 
Staatsmanner und der Schiedsspruch des Apoll — 
bereits am Ausgang des 6. Jhdts. in den Grund- 
ziigen fest (E. Meyer a. O.j; B. spielte darin, 
wie in gewissen Versionen der Dreifusssage (iiber 
die Wulf a. 0. 186ff. sorgfaltig gehandelt hat) 
und noch in Plutarchs Gastmahl, die erste Bolle. 
Derartige Erzahlungen werden damals auch bereits 



des Konigs von Argos, Apollod. II 2, 2, 8. Phe- 20 sclrriftlich fixiert sein, in einem jener namenlosen 



rek} r d. [?] frg. 24. Die Nachkommen des B. (s 
Biantidai) sitzen in Argos, nicht in Pylos, doch 
als ihre Stammmutter wird stets Pero, des Neleus 
Tochter genannt. tiber B. handelt A. D. Muller 
Mythologie der griech. Stamme I 161ff. 

S) Sohn des Melampus und der Iphianeira, 
der Tochter des Megapenthes von Argos , Diod. 
IV 68, 5, woWesseling mit Hinvreis auf Apol- 
lod, bibl. I 9, 13, 1 und Paus. I 43, 5 "Apavza 
fiir Blavza vorgeschlagen hat. 

4) Konig von Megara, von seinem Neffen Pylas 
erschlagen, Apollod. bibl. Ill 15, 5, 3. 

5) Sohn des Priamos , Apollod. bibl. Ill 12, 
5, 8. Hygin. fab. 90, wo Biantes iiberliefert ist. 

6) Dnterfeldherr des Nestor vor Troia, II. IV 296. 

7) Athener, Unterfeldherr des Menestheus vor 
Troia, II. Xni 691. 

8) Schol. II. XI 20 heisst in Cod. B der Vater 
des Kinyras fiilschlich B. statt Theias, wie Twl. 
und Eustathios geben. [Bethe.] 

9) Fiihrer der Lakedaimonier gegen Iphikrates 
von A then bei Plut. apophth. Lacon. 219 C. 

[Kirchner.] 

10) Bias, Sohn des Teutames, Staatsmann und 
,Weiser' zu Priene. Litteratur: O. Bernhardt 
Die sieben Weisen 7f. Bohr en De septem sa- 
pientibus (Bonn 1867) 43ff. Zeller Phil. d. Gr. 
I496ff. Hirzel Der Dialog II 133ff. HarroWulf 
De fabellis cum collegii sept. sap. memoria con- 



Volksbiicher, als deren Eepraesentanten wir den 
schon von Herodot und Thukydides als Quelle be- 
nutzten Homer-Hesiod-Agon (Philol. LIV 725. 728) 
und den mit den Sieben-Weisen-tJberlieferungen 
eng zusamrnenhiingenden Aesop-Bios (Philol. LII 
203f. LV 3f.) betrachten diirfen; der Schwerpunkt 
der altesten und besten Uberlieferungen iiber die 
vier ch/w?.c,ytj/iivoi liegt durchaus auf kleinasia- 
tisch-ionisehem Gebiete, wo jene besonders bei Hero- 

30 dot und Hekataios fortwirkende primitivste Prosa- 
erzahlung und Novellendichtung (Erdmanns- 
dOrfer a, 0.) sich entwickelt hat. Ein wenig 
beachtetes Hekataiosfragment bei Eustath. z. Od. 
II 190 ol Btavzifiai av^Qsg oziovdaisozazoi e.ye- 
vovzo lasst sich allenfalls auf den Prienenser be- 
ziehen; doch kann Hekataios auch vom yhog 
der mythischen Biantiden gesproohen und ihren 
von Bethe oben S. 382 behandelten Stamm- 
baum ausgestaltet haben. Auch so bleibt es wahr- 

40 scheinlieh genug , dass man die unverkemibare 
Zwiespaltigkeit der herodotischen Uberlieferungen 
iiber Arion, B., Thales und ihre Genossen durch 
Benutzung von zwei Hauptquellcn erklaren muss ;. 
neben Hellanikos (vgl. meine Nachweise Bd. II 
S. 836 und neuerdings Wulf a. a. 0., der aber den 
Einfluss des Hellanikos wohl zu hoeh einschatzt). 
kommt hier bei der Rolle, die Milet und Thales. 
spielen (Herod. I 20if.), vor allem Hekataios in 
Frage. Herodots eine Quelle (Hekataios? ebenso 



iunctis (Diss. Hal. XIII 164ff. 188). v. Wilamo- 50 Diod. IX 25) berichtete I 27, dass B. (wie Solon 



witz Herm. XXV 196. ErdmannsdSrfer Pr. 
Jahrb. XXV = Das Zeitalter der Novelle in Hel- 
las 321. Duncker Gesch. des Altertums IV 
340. VI 805. 508. E. Mever Gesch. des Altert. 
II § 391 S. 617. 441 S. 715. 472 S. 770. Len- 
schau De rebus Prienensium , Leipz. Stud. XII 
124—136. BergkLitt.-Gesch.II414. Schneide- 
win Philol. I 22. Hi Her Eh. Mus. XXXm 520ff. 
Untergeschobenes melisches Fragment bei Bergk 
PLG III p. 199. 

A. Alteste Zeugnisse. B. gehort zu dem 
urspriinglichen festen Kem des Sieben -Weisen- 
Kreises, zu den vier d>/co/.oy7)fisroi ootpoi Thales, 
B., Pittakos, Solon (so nach der auch aus litte- 
rarischen Katalogen bekannten Peripatetikerme- 
thode Dikaiarchos bei Diog. Laert. 141 und Cicero 
Eep. I 12, s. Bohren 25). 

Die altesten Zeugnisse reiehen bis unmittel- 



u, a.) bei Kroisos in Sardeis zu Gaste gewesen 
sei und ihm von einem Angriff auf die Insel- 
griechen abgeraten habe; die zweite Quelle (ol Sk, 
Hellanikos?) setzte an Stelle des B. Pittakos von 
Mytilenc. Es sind dies die altesten Zeugnisse fiir 
das Auftreten der griechischen Weisen an Dynasten- 
hofen (Schubert Gesch. der KOnige von Lydien 
65. 71. Bohren 19. 31); historischen Chaiakter 
haben sie aber sehwerlich (in diesem Punkt sind 
60 Wulfs Zweifel 166f. wohl berechtigt). Ausserdem 
erzahlt Herodot I 170 (vielleicht aus Hekataios), 
B. habe auf der ionischen Tagsatzung im Panio- 
nion vorgeschlagen, die Ionier sollten nach Sar- 
dinien auswandern und hier ein grosses Gemein- 
wesen grflnden. Diese Nachricht hat Historikern 
verschiedenster Richtung (Grot e Gesch. Griechenl. 
Ubers. IV 473. Duncker a. 0. Schubert 
KOnige von Lydien 62f. E. M ey er 770) stets als. 



geschichtlich gegolten. Neuerdings ist auch sie 
mit grosser Scharfe, aber unzulanglicher Begrim- 
dung als haltlose Fiction bezeichnet von Wulf 
a. 0. 166 Anm.; dass bei Herodot. I 170 das- 
selbe Project ut Bianti ita Thaleti vindicatum 
sei, ist thatsachlich unrichtig. So wenig glaub- 
haft es erscheinen mag, dass von den intimen 
Gesprachen des Kroisos mit seinen griechischen 
Gastfreunden bei den Griechen eine wirkliche Uber- 
lieferung bestand, ebenso begreiflich ist es, dass 
sich die Eunde von seiner politischen Debatte in 
kritischer Zeit bei den Ostgriechen erhielt. 

B. Uberblick iiber die Gesamtiiber- 
lieferung. Die besonders durch Hermippos ver- 
mittelte Summe der einschlagenden Uberliefe- 
rungen bieten vor allem Diog. Laert. I 13ff. 82 
—88. Diodor. IX 13. 25ff. Plut. Sol. 12. 27ff. ; 
de adul. 19 p. 61 D; de aud. 2 p. 38 D; quaest. 
conv. I 2 p. 616; de sera num. vind. 2 p. 548 E; 
quaest. Graec. 20; sept. sap. conv. 2. 4. 6; aber 
schon Aristoteles (Sam. polit. frg. 576 E. p. 356 
ed. 1886; de philos. frg. 3fi. p. 25; de poet. frg. 
75 p. 79 ; eth. Nicom. 1 16 ; rhetor. II 13, 4 u. s. w.) 
kannte sie nachweislich bis in alle Einzelheiten 
hinein, gerade wie er die novellistischen Nach- 
richten iiber Homer und Hesiod seiner Aufmerk- 
samkeit fiir wert gehalten hat (Philol. LIV 928). 
Die Hauptpunkte sollen hier herausgegriffen wer- 
den; fiir den weiteren Zusammenhang vgl. den 
Artikel iiber die Sieben Weisen. 

I. Herkunft. Bei B. wiederholt sich die- 
selbe Debatte, wie bei Thales. Nach den eiuen 
gilt B. als nXovmog und altadliger Nachkomme 
&rjfiaioiv cuioixiav sig Uiiirjvrjv atsiXavtmv , d. h. 
prienensischer .Kadmeer' (Phanod. Diog. Laert. 1 83 
= frg. 4. 5, FHG IV 473), nach andern ist er 
n&Qoixog in Priene (Duris Diog. Laert. I 82 = 
frg. 54, FHG II 482). Der Name seines Vaters 
ist ungriechisch, TevTanr/g: denn diese Form ist 
aus Satyros Tevzd/iov, Diog. Laert. I 82 (daraus 
Tevrafiog bei den Grammatikern , s. Herodian. I 
170. II 126) und Herakleits Tevrd^eco wohl zu 
erschliessen (die Bedenken, die Me is ter Herodas 
840 und Immisch Eh. Mus. XLVIII 297 bei 
einem ahnlichen Falle vorgebracht haben, treffen 
hier kaurnzu; Bia; Tsvzapidov in den Stobaeus- 
Hss. flor. I p. 121 H. ist mit Meine ke als Fehler 
fiir TevTa/j.tfir)g zu betrachten, obgleich derartige 
Doppelformen in der biographischen Uberlieferung 
nicht selten sind). Daraus lasseu sich aber keino 
Folgerungen im Sinne des Duris ziehen, da der 
Name Tevzauog, Tsvzd/it]g langst durchs alte Epos 
(II. II 843. Apollod. II 4, 4) bei den Griechen in 
Kurs gesetzt war. Wahrscheinlich hat Duris hier, 
wie bei Thales, aus der Uberlieferung, dass B. 
den herrschenden Kadmeergeschlechtern angehoren 
soltte (Hesych. II 384 KdSfieiot ol JlQir/veTg, wg 
'E/J.dvixog [frg. 95]), falschlich auf phoinikische 
Herkunft geschlosseu (Crusius Roschers Lexik. 
II 872f. 882ff.; Kadmos 89ff. 116. 130). Apo^ 
phthegmen, die diese Anschauung verwerten (Gno- 
mol. Vat. Wien. Stud. X 33 dxovzog ztvog- ,xai 
Xaleig ov ouzo zoiovzcov yoviwv yeyovcbg;' ,ouz' ifiov 
/.is' utiiv ,d(ii#tui') konnen natiirlich nicht als ge- 
schichtliche Urkunden gelten ; uberdies taucht der 
a. 0. ihm in den Mund gelegte Ausspruch bei 
Themistokles , Iphikrates , Hegesias u. a. wieder 
auf (Sternbach Wiener Studien X 247f.). Doch 

Pauly-Wisaowa III 



sei darauf hingewiesen, dass man wohl schon He- 
kataios als Vorganger des Duris ansehn mttsste, 
wenn die Beziehung des oben erwahnten Frag- 
ments auf unsern B. feststande; die Worte xal 
ol Biavzidai avdgsg aizovdaisazazoi iydvovzo (im 
Gegensatz zu den yovslg) schlOssen sich ganz pas- 
send als Fortsetzung an das eben erwahnte Apo- 
phthegma an. Da Hekataios Kadmos als Phoini- 
kier betrachtete (Eoschers Lexik. II 874. 891), 

10 wiirde die Folgerung seinen Anschauungen durch- 
aus entsprechen. Die alte naive Uberlieferung 
rechnet B. unverkennbar unter den conservativen 
Adel seiner Heimat. 

II. Leben und politische Thatigkeit. 
B. gilt als Typus des gerechten und scharfsinnigen 
Eichters (Hipponax und Demodokos a. 0. Diog. 
Laert. I 84f. Strab. XIV 636); man wird, wie 
von dem weisen Konig Bokchoris (Plut. prov. Alex. 
25 u. Commentar), Eechtsspriiche von ihm Iiber- 

20 liefert haben, auf die sich diese Anschauung grun- 
dete. Auf sein Schiedsrichteramt geht das Apo- 

phthegma %aXsjiwzEQOv slvai ipiXovg HitHpsQO/ierovg 
dicuzfjoai %jisq iy-frgovg (Gnomol. Vat. 150. Plut. 
quaest. conv. I 2 p. 616 D), fiir das die Stellen 
am vollstandigsten nachgewiesen sind bei Stern- 
bach Wiener Stud. X33; eine verwandte Anek- 
dote (&avdzq> fxiXlcav xazadixdCeiv ziva iddxQV- 
oev xxX.) bei Maxim, xsgl eXst/fcoovvtjg serm. VII 
= Migtie gr. 91, 769. Nach der fiir Priene un- 

30 gliicklichen Schlacht xaga Agvi soil er es ver- 
standen haben, die endlose Fehde mit Samos 
durch billige Vorschlage zu beiderseitiger Zu- 
friedenheit beizulegen; s. Aristot. Sam. polit. 
p. 576 R. = Zenob. Ath. II 108 (volg. 512) zo 
napd Aqvv axdxog = Plut. qu. Gr. 20 ; ahnlich der 
inschriftliche Brief des Lysimachos CIG 2254 
(besser bei Hicks Greek hist, inscr. 152): Safilovg 
imQeXeodai zrjv %d>Qav avzS>v • {Tis/ttp&rjvai ovv naQtx) 
IlQiTjvecov Blavza izeqi diaXvoeojy zotg 2a(/i!oig . . . 

40 t6V 5}e diaXvoai zs zds xoXsig xal zovg ol(xovv- 
zag sxsT; vgl. Th. Lenschau De rebus Prienen- 
sium, Leipz. Stud. XII 126f. 135. E. Meyer a. 
a. 0. § 81 S. 435. In dem rhodischen Schieds- 
spmch CIG 2905 p. 573 (Hicks Inscr. Brit. Mus. 
403, 107. Cauer Del. 179 a p. 119) berufen sich 
die Samier auf za zmv lazoQioygd<pa>v /laQzvgia, be- 
sonders auf Maiandrios (FHG II 336), um zu erwei- 
sen, dass nach der Schlacht bil Agvi jzaoav zavxav 
zdv x&oav iv raig ovv&rjxatg avzwv yevsa&at. B. 

50 hatte danach den Feinden starke Concessionen 
machen miissen. Wenn er trotzdem nach Aristo- 
teles xeeofovoag evdoxi/irjos (Aristot. bei Plut. qu. 
Gr. 20, vgl. Eose Aristot. Pseudepigr. 521), so 
haben die Aristoteles vorliegenden Quellen bei 
dieser Gelegenheit Ziige von Geistesgegenwart und 
Gewandtheit berichtet, die wir nicht kennen. An 
andrer Stelle (Diog. Laert. II 46) nennt Aristo- 
teles (de poet. frg. 75 E. = Arist. Pseudepigr. 
p. 84: itpiXovsixci . . Biavzi ZoIoqos rtQirjvEvg) 

60 einen Prienenser Salaros fs. d.) als Rivalen des B. ; 
er wird ihn, wohl als politischen Antagonisten, in 
demselben Zusammenhange kennen gelernt haben. 
Nach der altertflmlich naiven Erzahlung bei Diog. 
Laert. I 83 (Suid. s. xgoftfiva), die auch Plutarch 
conv. 10 p. 153 E vorlag, erwies B. seiner Vater- 
stadt einen noch grfisseren Dienst, als sie von 
Alyattes belagert wurde; er soil namlich den Feind 
iiber die in der Stadt vorhandenen Proviantvor- 

13 



387 



Bias 



Bias 



388 



r^te durch allerlei Listen {mrjvavxa 6vo rjfiiovovg 
igeXaocu^ dg xo oxpazoxedov . . . aa>govg ipdftfiov 
Xeag xai avcodev aXzov 7izQi%ias sdsi£e) SO getauscht 
haben, dass der Konig die Belagerung aufgab und 
Prieden schloss. Ganz ahnliche Strategemata 
werden bei Herodot I 21 dem Thrasjbulos von 
Milet zugeschrieben (Schubert KSnige von Ly- 
dien 47. 50). Wir haben es also orl'enbar mit 
novellistischer Erfindung zu thun ; doch mag der 
allgemeine Hintergrand, wie bei Arion, geschicbt- 
lich sein. In einer andern, wohl jiingern Anek- 
dote(Cic. parad. I 8, vgl. M. Schneider z. d. St.; 
daraus Val. Max. VII 2, 3) erlebt B. die Erobe- 
rung seiner Vaterstadt durch einen hostis und thut 
dabei, quom eeteriita fugerent ut multa de suis 
rebus asportarent, den (sonst Simonides, Stilpo, 
Diogenes in den Mund gelegten) Ausspruch omnia 
mecum porto mm. Auch mit den Ereignissen 
wiihrend des zweiten messenischen Krieges setzten 
die Diogenes Laertius und Plutarch vorliegenden 
Quellen B. in Beziehung. Er kauft kriegsgefangene 
messenische Jungfrauen los (Phanod. frg. 4. 5, FHG 
IV 473 = Diog. Laert. I 82. Diod. IX 13, 1) und 
verheisst dem Verrater Aristokrates ein bCses Ende 
(Plut. de sera num. vind. 2 p. 548 E. F, wo man 
auf Grund von Diog. Laert. I 82 den Satz xi yd e 
Meaorjvlois 8<peXog xolg XQoavatQE&etat zfjg 'Agt- 
ozoxodzovg zipmoiag xzX. in denselben Zusammen- 
hang Ziehen ^kOnnte, wie das vorhergehende to 
tov Biavzog ha^UX . . etptj ydo . . iioog xiva no- 
vr/Qov, cog ov dedie /lit] ov dco dixtjv, 'dXXd fit] ovx 
avxos idji). Die chronologischen Schwierigkeiten 
kOnnen wir auf sich beruhen lassen , da die Ge- 
schichte in den Rahmen der hier nicht weiter zu 
behandelnden Legenden vom Dreifuss und den 
delphischen Spriichen gehort (Wulf a. 0. 175ff.) 
und als freie Dichtung zu betrachten ist. Das 
gleiche Geprage tragen die Uberlieferungen von 
dem Verkehr des B. und Amasis. Auf eine Art 
Agon fiihrt die Geschiehte bei Plutarch de aud. 
2 p. 38f. 'Afidoidi xeltvo-frsig to xeqozozazov 6/liov 
xai (pavXozazov dmncfupat xoeag xov uosiov, 
zrjv yXwxxav cbzijtEfiyjsv (vgl. conv. 2 p. 146 F), WO 
B. dem weisen Amasis gegenuber seinen Scharf- 
sinn bewiihrt (s. Bd. I S. 1747, 25ff.); daraufhin 
wendet sich dann Amasis selbst bei einer Art 
Ratselwette, die er mit dem Aithiopenkonig zu 
bestehen hat, an B., urn seinen Rat einzuholen 
wegen des azonov Imzayfia, das Meer auszutrinken 
(conv. 2 p. 145 F. 6 p. 151 B); B. hilft denn 
auch durch einen witzigen Ausspruch (p. 151 D 
xovg aoxa/iovg ema/jiv). Auch die beriihmte Ant- 
wort auf die Frage zi xtov Ccckov xahxwzazov Plut. 
de adul. 19 p. t51 D {xvoawog und x6).a£) wird 
in diesen Zusammenhang gehSren. Von einer Reise 
seines Sohnes nach Agypten ist die Rede bei Basil, 
de profan. libr. p. 184 C = Migne gr. 31, 587, 
und in den gleichen Zusammenhang fiihrt der 
Brief des Amasis und die Ausspriiche des B. ira 
Parallelenbuch, Max. Conf. serm. 36 p. 627f. = 
Migne gr. 91, 903 u. 8. Stellt man neben diese 
durchaus anekdotenhaften, zum Teil stark naiven 
Einzelzuge Herodots (I 170) Erzahlung von der 
ionischen Tagsatzung und dem Vorschlag des B., 
nach Westen zu ziehen, gewinnt man erst recht 
den Eindruck, dass hier neben und in einem 
"Wust von novellistischen Fictionen ein Stuck 
ernsthafter Geschiehte erhalten ist (s. o. S. 384f.). 



389 



Bias 



Bibasis 



390 



B. tritt auch hier als der erste Mann seiner 

Stadt und seines Stammes auf. Ebenso beweist 

seine sicher historische Thatigkeit als Eichter 

bei der alten Bedeutung dieses Amtes (E. Meyer 

§ 225), dass er thatsachlich das politische Haupt 

von Priene war, wenn auch schwerlich in offi- 

cieller Stellung, wie Pittakos in Mytilene. Mit 

Perikles vergleicht ihn Plutarch, dem diese tflber- 

lieferungen viel vollstiindiger vorlagen, als uns, 

10 de unius dominat. 2 p. 826 D Xeyszai 6h xai 

/?('os dvdgos tzoXizixov xai xoiva XQazxovzog aio- 

hzsla ' xa&o xt/v IIsQixXsovg jioXizsiav iizaivov- 

fisv xai xi]v Btavxog, yeyojiEV Si zfjv 'Yizeq$6Xov 

xai KMmvog (vgl. auch Ael. var. h. Ill 17). Bei 

diesem Urteil mogen Plutarch freilich vielfach 

spate Apophthegmen vorgeschwebt haben, wie das 

im conv. 11 p. 154 E erwahnte: 6 Biag g VV ae 

XQaxtoztjv shai drj/ioxQaxiav iv § jcdvzsg a>g zvgav- 

vov (pofiovvxai xov vojxov. 

20 Die Legende bei Diog. Laert. I 84 lftsst ihn, 

wie so manchen andern beriihmten Mann (Philol. 

Anz. XV 631. 633), bei seiner Lieblingsbeschafti- 

gung^als Sieger sterben: dlnr]v yaQ vjzsq xivog XI- 

iag rjdt} vTiigyrjQwg vjz&qx(ov fisza rd xarajtavaai 

rov loyov ansxlivs xijv xs<palrjv eig rovg xov x-fjg 

■&vyaTQ6g vtov xoXncmg xxl. Das ist wohl junge 

Erfindung, wie sich schon daraus ergiebt, dass 

■ B. als Sachwalter auftritt xu>v 8ixaoza>r xtjv yfj- 

tpov iveyxovztov x<p vjio xov Biavzog (Soti&ovp£V(p ; 

30 in der echten tberlieferung gilt er durchaus als 

Eichter oderAisymnet im altionischen Sinn. Die 

Notiz, dass die Prienenser ihm zsfievo; xadisocoaav 

to Tevzdfisiov Xeyd/isrov, also ihm einen Heroenkult 

stifteten, mag geschichtlich sein; dass in Mytilene 

eine Ilizzdxuog x d>Qa existierte (Diog. Laert. I 

75) darf man nicht, wie geschehen ist, dagegen 

anfuhren. Das angebliche Grabepigramm bei Diog. 

Laert. I 85 ist (wie bei den andern ,Weisen') 

eine Falschung, wahrscheinlich des Lobon, s 

40Preger Inscr. Gr. metr. 245 p. 1981 

III. Apophthegmen und angeblicher' 
litterarischer Nachlass. Schon in den von 
Platon benutzten Siebenweisengeschichten (die Sie- 
benzahl ist, wie Bohr en betont, vor Platon nicbt 
nachweisbar, aber doch wohl erheblich alter) er- 
probten sich die Weisen, darunter B. selber, Thales 
Ulld Pittakos, durch ^/naza a^K^vrjfidvEvxa ixdozcp 
elorjfdva. Aristoteles {xaxd xtjv Biavxog vjzo&jj- 
xrjr xai tpikovoiv <hg fitoqoovxeg xai ftiaovaiv u>g 
50 (pdtjaovxEs Rhet. II 15, 4) fiihrt unter anderm 
gerade auch eine bei den Spatern (Cic. Lael. 59, 
daraus Val. Max. VII 3, 3. Diog. Laert. 1 87 u. s. w.) 
wiederholt erwahnte vxo&qxr) des B. an, ebenso 
eth. Nicom. VI, 16 als xo xov Biavzog die viel- 
umstrittene Gnome do/a. zbv avdga dEifa. Ver- 
wandte Ausspriiche haben wir oben S. 387 bei 
Plutarch de ser. vind. 2 und Cic. parad. I 8 kennen 
gelernt. Diese Beispiele zeigen (ahnlich wie die 
Reden des Solon bei Herodot), dass solche Apo- 
60 phthegmen meist als Spitze einer novellistischen Er- 
zahlung oder einer anekdotenhaften Situation mit 
geteilt wurden und erst dadurch Leben und Reiz 
gewannen. Ahnliches im Siebenweisenmahl, vgl. 
Plut. de aud. 14 p. 35 F; ein Apophthegma h zivi 
xozio bei Plutarch de.garr. 4 p. 503 F; vielleicht 
kommt dabei das Gastmahl des sonst ganz un- 
bekannten Archetimos von Syrakus in Frage (Diog. 
I 40), der kein Historiker war (Wulf 194" 



Schwartz oben Bd. n S. 460), sondern eine 
fingierte Person, wie Plutarchs Diokles, eben weil 
er sich als Ohrenzeugen einfiihrte. Daneben bil- 
dete man aber frflhe einen Agon der Weisen aus, 
den man sich nach dem Vorbilde des Homer-Agon 
{vgl. bes. Z. 166ff. N.) ausmalen kann ; das war 
eine noch reicher strOmende Quelle fur derartige 
Sprnchweisheit (s. oben S. 387). Gewiss waren 
es solche Dichtungen, nicht namenlose Spriiche 



Biatia s. Vivatia. 

Biausius, Beiname des Mercur auf einer In- 
schrift aus Ubbergen (Holland), Brambach CIRh 
97 (iiber der Inschrift Darstellung des Mercurius) : 
D[eo] Merourio Biausio [S]implieiu[s] Inge- 
nu[(u)s] v. s. I. m. [Ihm.] 

Blbaculas s. Furius und Sextius. 

Bibacnm (Bijiaxov), Stadt in Germania Magna 
bei Ptolem. LT 11, 15. Lage unbestimmt. Nach 



quae turn in omnium ore versabantur (Bohren 10 C. Muller (zu Ptol. a. O.) vielleicht Biburg, Fund 



5), die Demetrius von Phaleron nach dem Vor 
gange seiner Lehrer Aristoteles und Theophrast 
(Theophr. izeoi xaQoi/.ua>v Harpokr. p. 36, 15 und 
Stob. flor. XXI 12, Paroem. II p. 750 Gott.; 
\yva>di aavzdv als djzdip&Eyfia Biavxog, das dig 
jzagoifiia Xafiftdvsxar, unzulanglich Theophr. ed. 
Wimmer II p. 201]) fur seine Sammlung der 
aicofptieyftaxa xwv Sjixa ooip&v beniitzte; unvoll- 
standiges Excerpt bei Stob. flor. Ill 74 ML = I 



172 p. lllff. Hense und Diog. Laert. I 86. Diese 20 p. 1164) identiflciert. 



ort der Inschrift CIL IH 5912. Holder Altkelt. 
Sprachschatz s. Bibacon. [Ihm.] 

Bibae (beim Geogr. Eav. in 5 p. 144 Vivas 
oder Vivet), Ort in Africa, zwischen Hadrumetum 
und Thuburbo maius, von diesem angeblich 31 
Millien entfemt, Tab. Peut. Von Tissot Ge"ogr. 
compare'e de l'Afrique II 557 vermutungsweise 
mit den Ruinen Henchir Bir el-Fauwara (CIL VIII 
p. 1166), irrtumlich fruher mit Henchir Harat (ebd. 



Arbeit des Demetrios steht offenbar auf einer 
Stufe mit seinen ftv&cov Atoameiwr ovvaytoyai 
(Diog. Laert. V 80. 81, wenig erspriesslich dariiber 
Le Grand et Tychon Mem. des sav. XXIV, 
Brussel 1852, 138f. und O. Keller Jahrb. fur 
Philol. SuppL IV 384f.), denen, wie sich wahr- 
scheinlich machen liisst, das schon von Aristo- 
phanes gelesene, in PlutaTcbs Gastmahl und der 
Planudischen Aesopbiographie nachwirkende alte 



[DessauJ 



Bibakta, nach Nearchos bei Arrian. Ind. 21 
ein dem ,Alexander-Hafen' (s. 'Als^drdgov Xi- 
firjv, jetzt Karaci) ganz nahe vorgelagertes Insel- 
chen, in dessen Nahe die Makedonen grosse Austern 
und Miesmuscheln fanden. Lassenhat sehr gluck- 
lich in der Prakritform bibakta das skr. Partic. 
pf. vi-bhakta ,abgetrennt, losgelOst' erkannt; noch 
jetzt liegt der inneren Hafenbucht von Karaci 
das Inselchen Baba vor, das dem alten B. eDt- 



Volksbuch von Aesop zu Grunde lag. Bei einigen30 spricht; weiterhin, bei der Aachen Sandinsel Kia- 



Apophthegmen schwankte die t)berlieferung zwi- 
schen Bias und Bion, doch lasst sich jetzt meist 
eine bestimmte Entscheidung treffen ; so ist 
das pointierte Witzwort (iber den Vorzug des 
Junggesellentums, das Gellius V 11 als respon- 
sum Biantis, viri sapientis ae nobilis bezeich- 
net, sicher mit Diog. Laert. IV 48 dem Bion zu- 
zuweisen, s. O. Henze Teletis reliquiae p. LXXXV. 
Wie solche Irrtumer entstehen konnten, zeigen die 



mari, deren auch Nearchos gedenkt, ohne den 
Namen anzufiihren, finden wir die Andrai oder 
, Oyster-islands' ; Perlenaustern werden allerdings 
jetzt nur noch an der Ghizrimiinde selbst gefischt. 
Plin. VI 80 schatzt die Entfernung von dem an 
der nfirdlichen Indusmiinde (jetzt Ghizri) anstehen- 
den Orocala bis Bibaca ostreis et eonehyliis re- 
ferta auf XII m. p. d. i. 12 km. oder 6 nautical 
miles, was genau der Entfernung von Ghizri-ban- 



nach den Namen der TrSger alphabetisch geordneten 40 dar bis Baba und Karaci entspricht. Orthagoras 



Apophthegmensamralungen, z. B. des Gnomol. Vat. 
Wiener Stud. X 34f. (wo Biag und Biwv Nachbarn 
sind). Weiteres bei Orelli Opusc. sent. I 152ff. 
Hense Stob. p. 111 Anm. W. Brunco Act. sem. 
philol. Erlang. ID! 299. Sternbach Wiener Stud. 
X 32ff. Wachsmuth Studien zu den gr. Floril. 
159. Stanjek De sent. sept. sap. collect., Vratisl. 
1891. Wulf 195 (s. den Artikel Sieben Weise). 
Verse von B. , wie von den andern Weisen 



bei Philostr. vita A poll. Ill 53 nennt die Austern- 
insel BifiXog, wofiir Bi{Sa£ verbessert werden darf. 

[Tomaschek.] 
Bibali {BipaXoi Ptol. II 6, 42), callaecisches 
Volk in Hispania Tarraconensis , und zwar ein 
Zweig der Bracari (Plin. Ill 28). Ihr Hauptort 
hiess (pooog (forum) BtfiaX&v ; der Fluss, der ihr 
Gebiet durchfloss, Bibesia (Geogr. Eav. 321, 17), 
jetzt Bibey. Sie gehOrten zu den Volkerschaften, 



verzeichnet Diog. I 85, vielleicht nach Lobon. 50 die dem Vespasian bei der Briicke von Aquae 



Dass sie unecht sind, wie die des Arion (oben 
Bd. II S. 838. 840), darf seit Schneidewin 
und Hiller (a. O.) als ausgemacht gelten. Viel- 
leicht liegt hier aber nicht sowohl eine Falschung, 
als das Missverstandnis einer Dichtung vor; es 
mag einen Agon der Sieben Weisen gegeben haben, 
in dem sie Verse vortrugen , wie Aesop und Kle- 
obuline (vgl. Philol. LII 203f.). Dagegen lauft 
die Notiz, dass B. xeqi 'Icoviag geschrieben hatte, 



Flaviae ein Denkmal errichteten (CIL H 2477 
= 5616). [Hubner.] 

Bibasara s. Bebase. 

Bibasis. 1) Nordlicher Zufluss des Zaradros, 
zugleich der vierte Fluss des indischen Fiinfstrom- 
landes von Norden aus ; an den Quellen des B., 
Zaradros und Diamunas liegt die Berglandschaft 
Kylindrine, skr. Kulinda; PtoL VII 1, 26. 27. 42. 
Es ist deT heutige Bias oder Beias in prakritischer 



zira jidXioza ay zqotzov Evdaiuovolr), eig exr} dia/JXta, 60 Form , welche zuriickgeht auf skr. vi-pdpa ,un- 



auf wirkliche Falschung hinaus; sie ist heraus- 
gesponnen aus den oben besprochenen Herodot- 
stellen I 27. 170 (nvvftdvoiiai yvwptrjr Btavxa . . 
dizodi^ao&ai ~"Iwoi . ., xfj si ixEttiovTO xooeixs o.v 
o<pi EvSatuovdeiv 'EXXrfvwv fidXinxa xxX., sogar im 
Wortlaut anklingend). Vgl. Hiller a. O. 525. 
Tiber das angebliche Grabepigramm bei Diog. 
Laert. I 85 vgl. o. S. 388. [Crusius.] 



gefesselt, entfesselt' ; nach indischer Sage ent- 
ledigte sich der Strom der Fesseln, die ihm der 
weise Vasistha hatte anlegen wollen. Eine kiir- 
zere Form Vipac findet sich schon im Rig- Veda; 
er wird da als Zwillingsstrom der Cutudri hin- 
gestellt. Die iibliche griechische Fomi lautet Hy- 
phasis (s. d.) oder Hypasis. [Tomaschek.] 

2) Springtanz mit Anfersen, der bei den Spar- 



391 



Bibassos 



tanern von Knaben und Madchen geubt wurde und 
auch den Gegenstand eines Wettkampfes bildete 
(Poll. IV 102). Bs gait dabei moglichst oft im 
Sprunge die Beine nach hinten so hoch zu werfen, 
dass sie die Hinterbacken beriihrten. Nach An- 
tyllos bei Oribasios VI 31 wurde die B. abwech- 
selnd bald mit einem Fusse, bald mit beiden aus- 
gefiihrt. Die Spartanerin in Aristophanes Lysi- 
strate (80f.) leitet ihre Starke und ihre Schouheit 



Bibelubersetzungen 392 

der Siracide wird nicht der letzte gewesen sein, 
der verdolmetscht wurde: die Grenzen des Ka- 
nons selber warenja zur Zeit Jesu noch schwan- 
kend. Urspriinglich ffir deri Privatgebrauch be- 
stimmt, sind diese Ubersetzungen heiliger Biicher 
des Judentums allmiihlich und schon vor der christ- 
lichen Zeit gewissermassen zu offlcieller Anerken- 
nung in der Judenschaft gelangt; der griechisch 
redende Teil der Juden beniitzte allerwarts, nicht 



„ ii • i. j- Vt, — — - - — ~ ~^<,.m^„ icraiuc icuaci juuen Denmzte allerwarts nicht 

wesenthch yon dieser Ubung ab : yv^dSSo^ 10 mehr bios in Agypten, zu gottesdienstlichen wie 

yao xai noTi mtvav nXlniim Pnllnv TV 1fi<> nkn,. „., „: i__.cj.v?.i. . ri ,° ,. ^, . 



yog xai tcoti mvyav SXXo/iat. Pollux IV 102 ttber- 
liefert das Epigramm eines Madchens, das mit 
tausend Sprttngen in der B. den Sieg davonge- 
tragenhatte: XtfXi' $8s noxb. pifiavu, nXsTaza drj 
tav jnjjiotia, Berg PLG III* 683. Preger In- 
script. gr. metr. 134. Grasberger Erziehung 
und Unterricht I 35. 157. Verwandte Tiinze waren 
der exkaxrtofios und die &EQ/iavoTQte (Poll. IV 
102), ahnlich auch das §a&ajivyi£eiv (Poll. IX 126. 
Hesych.). ~ - - ■- 



Bibassos (Ramsay Asia min. 424 1) s. By- 
bassos. 

Bibastos (Bifiaozo;), Stadt in Thrakien, Steph. 
B y z - [Oberhummer.] 

Bibba s. Avitta. 

Bibe verzeicbnet die Tab. Peut. als erste Sta- 
tion an der von Augustobona (Troyes) nordwarts 
nach Samarobriva (Amiens) fuhrenden Strasse 
Nach d'Anville das heutige St. Martin d'Ablois 
Desjardins Table de Peutinger 21 " 
Altkelt. Sprachatz s. v. 

Bibelttbersetzungen. Es kOnnen hier nur 
die griechischen und lateinischen Ubersetzungen 
der Bibel znr Sprache kommen — hinter denen 
die zahllosen anderen, grosstenteils Afterversionen, 
auch ohnehin an Bedeutung zurtickstehen — , und 
zwar griechische nur ffir das alte Testament, so- 
weit es in hebraeischer oder aramaeischer Sprache 
geschrieben war; die biblischen Biicher christ- 



zu wissenschaftlichen Zwecken diese trbertragung r 
deren Kuhm durch die Aristeaslegende natiirlich 
nur gesteigert wurde; und wie die meisten christ- 
Iichen Autoren des 1. Jhdts. haben auch Philoa 
und Josephos sie als ihre ,Schrift' besessen. Dieser 
erste Versuch, eine ganze Sammlung semitischer 
Schriftwerke zu einem Bestandteil der hellenischen 
Litteratur zu machen, behiilt etwas Grossartiges, 
so offen die Mangel der Ubersetzung zu Tage- 
[Keisch.] 20 liegen. Merkwilrdigerweise sind die altesten Stticke 



Apokryphen sind von vornherein griechisch con- 
cipiert worden, so dass die lateinische Bibel ganz, 
die griechische aber nur zum Teil durch Uber- 
setzerthatigkeit entstanden ist. 

Mundlich waren in den Synagogen der Dia- 
spora, wo selbst in der Judenschaft die Kenntnis 
der Muttersprache sehr abnahm, die heiligen Texte 
wohl schon langere Zeit in die Landessprache iiber- 
tragen worden, als angeblich auf Befehl des Pto- 
lemaios Philadelphos (s. Aristeas Nr. 13) von 50 
zweiundsiebzig Dolmetschern das Gesetzbuch der 
Juden zum erstenmal schriftlich, und zwar von 
alien gleichlautend, ins Griechische ubersetzt wurde. 
Die legendarischen Ornamente wird niemand fur 
wahr halten, an dem Kern der Geschichte wird 
nicht zu zweifeln sein : die der Sage zu liebe Septua- 
ginta (ol o) genannte Ubersetzung des alten Te- 
staments geht mit ihren Anfangen in das 3. Jhdt. 
v. Chr. zuruck, sie ist in Alexandrien entstanden, 



der Pentateuch, am besten gelungen ; in den Pro- 
phetenbiichern sind ganze Abschnitte fast unver- 
standlich, und bei den jiingsten Schriften wech- 
selt eine buchstabliche WOrtlichkeit — so z. B. 
beim Hohelied — mit einer Freiheit, die mehr um- 
schreibt als ubersetzt und selbst grossere Zusatze- 
anzubringen wagt, so bei Hiob und Daniel. Es 
ware ein Wunder, wenn der Text aller Biicher 
in der LXX gleich gut erhalten worden ware, 
Holder 30 bei der massenhaften Vervielfaltigung des Ganzen 
[Ihm.] und einzelner Teile drangen Fehler und Emen- 

dationen in verschiedenem Grade ein; wenn ein 
alttestamentlicher Vers bei Philon anders als bei 
Paulus citi3rt wird, so ist das kein Beweis, dass 
einer von beiden neben der LXX noch eine an- 
dere Ubersetzung benutzt haben miisste. 

Die Eigentiimlichkeiten der e in z ein en an 
der LXX beteiligten C'bersetzer fangt man neuer- 
dings an zu beobachten, und solche Untersuchung 



hVliAr, rTr r>r„„n.c ,„;„ — ~— --""" ^"-"-. ""' ul "B» a" 2i oeoDacmen, una solche Untersuchunt 



bleibt fur das ganze Werk der Satz giiltig, dass 
es eine besondere Art von griechischer Sprache 
vertritt: lexikalisch und grammatisch ist das Grie- 
chisch der LXX reich an Bildungen, die sonst 
entweder uberhaupt nicht oder nur da, wo Ab- 
hangigkeit von der LXX zweifellos ist,' vorkoin- 
men. Mit dem Ausdruck .Judengriechisch' wiirde 
die Gesamtheit jener Sonderbarkeiten nicht ge- 
nugend umfasst werden; wenn gebildete Juden 
— und nur solche sind als Mitarbeiter an der 
LXX zu denken — sich im Verkehr oder zu lit- 
terarischen Arbeiten der griechischen Sprache be- 
dienten, so bekam ihr Griechisch wohl eine mehr 
oder minder semitische Earbung, aber es blieb 
fur jeden Griechen verstandlich (z. B. Philon, 
Paulus !) ; die LXX zwangt das griechische Idiom 
unter die Regeln der hebraeischen Vorlage und 
schafft so eine Sprache, die bisweilen fast nur 
dem Schein nach griechisch heissen kann. Ihr 



„„^ 1-4.4. ■ i^ t I t,""™ ™" ,mllucu i ucm ociiein nacn griecmscn heissen kann Ihi 

dtfcto'JSlStt SaTR ^ n 6li f S - m * ^ 6 ° EiDfluSS auf daS • J^engriechische', d h d"eRed e 
uurmis veraankt sie ihr Dasein. Doch sind an mu a or oi-v. +3^1;^ „.-4. ,i._ v.. -!. = «.- .. , 



diirfhis verdankt sie ihr Dasein. Doch sind an 
ihr sehr verschiedene Hande und mit sehr ver- 
schiedenem Geschick und verschiedener Methode 
thatig gewesen, und mehr als ein Jahrhundert ist 
bis zu ihrem Abschluss verlaufen; der Verfasser 
o? r ° l0?S Zum & riccnis chen Sirachbuch urn 132 
y. Chr. kennt schon Gesetz, Propheten xal to. 
Iowa xS>v fi$Uan> in griechischem Texte, aber 



weise der sich taglich mit ihr beschaftigenden 
Kreise jQdischen oder christlichen Bekenntnisses 
durfte am gewichtigsten auf lexikalischem Gebiet 
gewesen sein; ein griechiscb.es Wort muss die 
vielleicht sehr versehiedenen Bedeutungen eines 
entsprechenden hebraeischen Wortes tragen ; der 
geborene Grieche wiirde sie oft nicht verstehen; 
aus dem Zusammenhang begreift der jiidische 



393 



Bibelubersetzungen 



Bibelubersetzungen 



394 



Leser den Sinn und gewOhnt sich nun das Wort 
auch seinerseits in solcher durch die griechische 
Wurzel absolut nicht gerechtfertigten Bedeutung 
zu gebrauchen. Dass agyptische Provinzialismen 
gelegentlich mitbeteiligt sein kOnnen, wird nie- 
mand leugnen, aber so selbstandig hebt sich selten 
in der Sprachgeschichte ein fest umgrenztes Lit- 
teraturgebiet heraus, wie die griechischen tTber- 
setzungen des alten Testaments. Leider ist nach 
alteren Ansatzen die methodische Bearbeitung der 10 
hier vorliegenden Probleme lange vernachlassigt 
worden; gute Anfange einer LOsung sind Edw. 
Hatch Essays in Biblical Greek, Oxford 1889 
und A. Deissmann Bibelstudien, Marburg 1895, 
besonders S. 55 — 168: Beitrage zur Sprachge- 
schichte der griech. Bibel. Preilich ist jetzt ein 
LXX-Lexikon ein besonders dringendes Bediirf- 
nis, denn J. F. Schleusner (Novus thesaurus 
phil.-criticus sive lexicon in LXX . . . 1820. 1821 
5 Bde.) ist vfillig veraltet. Das Lexikon wieder20 
setzt eine LXX-Concordanz voraus; bisher war 
die brauchbarste Abr. Trommii Concordantiae 
graecae versionis vulgo dictae LXX intcrpr., 2 Bde., 
Amsterd. 1718 ; im Erscheinen begriffen ist Hatch 
and Redpath A concordance to the LXX and 
the other greek versions of the Old Test. Oxf. 
1892ff. 

Als nach der ZerstOrung Jerusalems 70 n. Chr. 
und vollends seit dem Barkochba-Aufstande unter 
Hadrian der Pharisaeismus die Alleinherrschaft 30 
im Judentum gewann, fing er an, wahrscheinlich 
mitbestimmt durch die Vorliebe der Christen fur 
die LXX, an dieser auf Grund des hebraeischen 
Textes Kritik zu iiben und sie, zunachst durch 
andere Obersetzungen, spater durch Zuriickweisung 
jeder Ubersetzung, aus dem Gebrauch zu \er- 
drangen. Interessant ist, wie die Kirche sich 
von dieser LXX-feindlichen Bewegung hat beein- 
flussen lassen; gerade sie hat mit den Concur- 
rentinnen der LXX sich viel ausdauernder als 40 
das Judentum beschaftigt; was wir von jenen 
spateren Ubcrsetzungen wissen, verdanken wir fast 
ausschliesslich dem Fleiss christlicher Gelehrten 
und Schreiber. Der grOsste von ihnen, Origenes 
(t 254), kannte ausser der LXX drei vollstandige 
tibersetzungen vom alten Testament, von denen 
zwei, Aquila {'AxvXag) und Theodotion — da Ire- 
naeus adv. haer. Ill 24 urn 180 liber sie berich- 
tet — vor 175 angefertigt worden sein mussen, 
die dritte, die des Symmachos, wohl wenig spater. 50 
Aquila (s. d. Nr. 7) war nach Irenaeus, den die Spa- 
teren ausschreiben, ein jiidischer Proselyt, wahr- 
scheinlicher ein geborener Jude; mfiglich, dass er 
im Auftrage der palaestinensischen Rabbinen ge- 
arbeitet hat und seine € T bersetzung sonach von 
Haus aus eine officielle ist. Hieronymus weiss 
von zwei Ausgaben des Aquila, die spatere heisse 
die genaue ; sicher handelt es sich nicht um zwei 
verschiedene Werke, sondern Aquila hat wohl bei 
einer Superrevision einige Incorrectheiten aus sei- 60 
nem Texte — und auch das nur in einem Teil 
der biblischen Biicher — entfernt. Aquila kennt 
das Hebraeische genau, ebenso die exegetische Tra- 
dition der Rabbinen, zugleich scheint er griechi- 
sche Bildung — Field findet Anklange an Ho- 
mer — besessen zu haben ; aber seine Ubersetzung 
wird charakterisiert durch eine sklavische (Origen. 
opist. ad African. : dm'Moyv rfj 'EfiQaiy.ff Xe^et) 



Wfirtlichkeit , das hebraeische Accusativzeichen 
ubersetzt er regelmassig durch avv, weil es im He- 
braeischen auch ,mit' bedeuten kann; und weil das 
Hebraeische von dem Stammwort fur oazeov in 
mannigfach abgeleitetem Sinne Worte fur ,staTk 
machen, stark, Starke' bildet, schafft sich Aquila 
fiir diese Derivata die Worte ooreovv, oati'ivog, 
ooreaxsig. Das Hochgefuhl des Aquila, im Gegen- 
satz zu der verfalschenden LXX den Glaubigen 
nun einen echten griechischen Text vom alten 
Testament zu bieten, beruht in erster Linie auf 
einem, von den christlichen Theologen aber bald 
angeeigneten, Vorurteil, als ware der inzwischen 
"von den Palaestinensern constituierte sog. maso- 
rethische Text des alten Testaments der urspriing- 
liche; in Wahrheit stellt er nur eine spate Re- 
cension des Urtextes dar, die der von der LXX 
benutzten keineswegs iiberall vorzuziehen ist. Von 
Theodotion, dem ephesinischen Proselyten, wissen 
wir leider noch nicht , ob er Aquila bereits be- 
niitzt hat, jedenfalls steht er der LXX naher, er 
will sie nicht sowohl verdrangen als dem neuen 
Texte entsprechend gestalten. Wo in der LXX 
Stticke des masojrethiachen Textes fehlten, hat 
Theodotion sie eingefugt, dabei wie auch sonst 
in seinen Correcturen sprachlich der LXX nahe 
verwandt. Der Ebionit Symmachos halt sich auch 
an den neuen Text, versteht ihn auch mindestens 
so gut wie Aquila, ist aber im Gegensatz zu diesem 
bemiiht, ein allgemein verstandliches Griechisch 
zu schreiben ; man darf seiner Ubersetzung sogar 
eine gewisse Eleganz nachriihmen. 

Dass wir von den drei spateren Ubersetzern 
noch einiges wissen , verdanken wir fast allein 
dem Origenes. Er hat ein Riesenwerk angefertigt 
und in der Bibliothek von Caesarea in Palaestina 
niedergelegt — das Ganze ist wohl nie abge- 
schrieben worden und spatestens um 600 ver- 
loren gegangen — , ta s^ajiXa, d. h. eine Ausgabe 
der alttestamentlichen Texte in sechs Columnen 
{aeXi&eg), von denen 1 den hebraeischen Wortlaut 
in hebraeischen, 2 denselben in griechischen Buch- 
staben enthielt, 3 die Version des Aquila, 4 Sym- 
machos, 5 LXX, 6 Theodotion. Im Interesse 
der Ubersichtlichkeit war dafiir gesorgt, dass 
durch alle Columnen hindurch die entsprechen- 
den Satze — soweit sie vorhanden waren — neben 
einander zu stehen kamen. Mit dem gelegent- 
lich vorkommenden Nainen Oktapla (auch Hep- 
tapla) wird das gleiche Werk bezeichnet; fur 
einige biblische Bucher hatte namlich Origenes 
noch eine fiinfte und sechste — sogar eine siebente 
wird erwahnt — Ubersetzung aufgetrieben, die 
dort in eigenen Columnen ihren Plata neben den 
anderen erhielten; die Uberreste von ihnen rei- 
chen aber nicht aus, um iiber ihre Eigenart und 
die Motive zu ihrer Anfertigung ein Urteil zu 
gestatten: christlichen Glaubens scheinen die Ver- 
fasser gewesen zu sein. Eine besondere, um die 
beiden hebraeischen, nur fur wenige brauchbarerj 
Columnen (vielleicht auch um die quinta, sexta, 
septima?) verkurzte Ausgabe der Hexapla ist die 
Tetrapla, vgl. Euseb. hist. eccL VI 16. Die Riesen- 
arbeit des Origenes hat den erwunschten Erfolg, 
seiner Kirche einen einheitlichen und zugleich 
correcten Text des griechischen alten Testaments 
zu verschaffen, nicht gehabt: von den jiingeren 
tibersetzungen haben doch nur einige Gelehrte, 



395 Bibeliibersetzungen 



wie tot alien Hieronymus, und auch diese mit 
willkiirlicher Auswahl Notiz genommen, zu wei- 
terer Verbreitung ist nur die fiinfte Columne, 
die schon die caesarenischen Origenisten Pam- 
philos und Eusebios um 300 gesondert heraus- 
gaben, gelangt; dadurch ist aber bios zu den schon 
vorhandenen stark von einander abweichenden 
LXX-Recensionen eine neue hinzugekommen, nach 
'ihrem Ursprung die hexaplarische genanrit, und 
in der Kirche von Palaestina, teilweise bei den Sy- 10 
rem alsbald die herrschende. Gewiss hatte Ori- 
genes bei ihrer Herstellung moglichst guteHss. be- 
nutzt und, durch kritische Thatigkeit wohl auch 
alte Fehler beseitigt, aber in dem Vorurteil, dass 
der masorethisch-hebraeische Text die Wahrheit 
darstelle, befangen, hatte er den LXX-Text zu 
emem neuen Mischtext umgestaltet. Wie er selbst 
comment, in Evang. Matth. t. XV c. 14 gelegentlich 
einer Klage iiber die Unsicherheit der Texte in 
den Evangelien bemerkt: xijv p& ovv b> rot? 20 
avxiygdyois xrjg TiaXaias dia-&^xije 8ta<pa>vlav -&eov 
StSorzog evgoftev iaoaa&cu XQiTrjQiqy x^rjod/^svot xak 
XowaTg sx&foeor rwv yog dftqsi^aUofih'cov jiaQa 
xolg o 8ia xr)v xcbv avxiygaqpatv diaqxoviav rtjv xqioiv 
Jioirjadfievoi ajio xmv Xoutmv ixSdoecov xo avvador 
Ixetvaig iyvldga/iev xat xiva fiev oifaUoafisv b> 
rip speai'xqy /lij xsi/iera ov rol/tijaavxeg arret ndr- 
n? TtsQteXsiv xiva de fist' daxsQioxcov nQogetfr/xa/uev 
"va Sfjkov rj on ftrj xsifieva naga xolg o ex xmv 
loiitmv exdooeav ovfuptovm; xqi efioaixoZ jz e og- 30 
e&rjxajiev. Statt sich zu begniigen, durch Neben- 
stellung der ,correcten' Ubersetzungen dem Leser 
der Hexapla das Urteil iiber den LXX-Text zu 
ermoglichen, hat Origenes in dieser neuen Columne 
gleich durchgreifend emendieren zu sollen ge- 
glaubt ; ein Obelos, dem am Schluss ein Metobe- 
los entsprach, bedeutete den Leser, dass der so 
umklammerte Satz der LXX nicht aus dem hc- 
braeischen Urtext stamme; wo aber in LXX ein 
Stuck dieses Textes fehlte, wurde — durch einen 40 
Asteriskos eingefiihrt — einfach aus einer Seiten- 
columne die Erganzung geholt. Sogar gemein- 
schaftlich kommen in den Proverbien Asteriskos 
und Obelos vor, wo der betreffende Satz im Ur- 
text zwar nicht fehlt, aber an anderer Stelle steht: 
ein kiinstliches System, das bei der Kachlassig- 
keit der Abschreiber, die die Zeichen bald ver- 
wechselten, bald fortliessen, lible Folgen haben 
musste. Es sind auf diese Weise viele Abschnitte 
aus Theodotion, der zur Erganzung der LXX ja 50 
naturlich in erster Linie berangezogen werden 
musste, doch anscheinend sogar aus Aquila einige 
(z. B. Jerem. 10, 6—10?) in die LXX iiberge- 
gangen, bei Daniel hat der Text des Theodotion 
den alten der LXX (xoivrj) so vollstiindig verdrangt, 
dass dieser nur noeh in einem griechischen Codex 
erhalten ist. Ausserdem hatte Origenes ohnehin 
schon von seinen LXX-Manuscripten die bevor- 
zugt, die den andern Versionen am nachsten stan- 
den, das heLsst wahrscheinlich solche, die schon 60 
von jenen beeinflusst waren, und da in zahllosen 
Fallen die Differenz auch durch Obeloi und Aste- 
riskoi nicht zu heben war, hat er — nachweislich 
mcht bios in der Orthographie und der Reihen- 
folge der Abschnitte, die z. B. bei Jeremias in LXX 
stark vom Hebraeischen abwich — sich verpflichtet 
geglaubt, der ,Wahrheit' zu lieb die iiberlieferte 
Lesart einfach durch eine .bessere' zu ersetzen. 



Bibeliibersetzungen 



396 



397 



Bibeliibersetzungen 



Bibellibersetzungen 



398 



Neben dem hexaplarischen LXX-Texte wurde 
nun der altere — jetzt xoivrj genannte — weitei- 
gebraucht, aber meistens in Exemplaren, die auf 
besondere gelehrte Arbeit zuriickgingen. Um 300 
hat der Antiochener Lukianos, fast gleichzeitig 
der Agypter Hesychios die xoivrj durchcorrigiert, 
offenbar auch mit Berucksichtigung der jiingeren 
Ubersetzungen, aber conservativer als Origenes: 
die Recension des Hesychios hat sich (s. Hiero- 
nymus praef. in Paralip.) in Alexandrien und 
Agypten, die des Lucian in Asien und Constan- 
tinopel durchgesetzt: Mischungen zwischen ihnen 
wie mit der alten uncorrigierten xoivrj und mit 
der hexaplarischen LXX konnten nicht ausbleibenj 
so ist — gerade auch infolge der Arbeit der Dia- 
skeuasten — in den LXX-Handschriften ein un- 
endliches Durcheinander entstanden, und die erste 
Arbeit, die hier zu thun ist. die Klassiflcierung 
der Zeugen bezw. die Feststellung der Texte der 
verschiedenen Recensionen noch nicht vollzogen. 
Einen colossalen Apparat von Varianten haben 
E. Holmes und J. Parsons in ihrem Vetus 
Test, graec. cum var. lection., Oxon. 1798—1827, 
5 Bde. fol. aufgehauft; ihr handschriftlicher Nach- 
lass — von S wet e bentttzt — enthalt noch manche 
wertyolle Erganzungen. Die altesten Drucke sind 
der in der complutensischen Polyglotte 1514—17 
(vol. I— IV) und die Aldina von 1518; fast die 
Bedeutung einer offlciellen Ausgabe hat die Sixtina 
(weil durch Papst Sixtus V. veranlasste) Eom 1587 
erlangt, deren Abdriicke noch heut das Feld be- 
haupten. E. Grabe edierte Oxon. 1707—20 einen 
selbstiindigen Text auf Grund des wertvollen Codex 
Alexandrinus, durch Tischendorf kennen wir 
den noch alteren, aber unvollstandigen Sinaiticus> 
sehr schatzbar ist Eb. Nestle Vet. Test, graeci 
cod. Vatic, et Sinait. cum textu recepto collati, 
Lps. 1880. Dem dermaligen Stande derFoTschung 
entspncht am besten H. B. Swete The Old Test 
m greek according to the LXX, Cambr. 5 Bde., 
1887 — 94. Unschatzbar, wenn auch durch neuere 
Entdeckungen schon mehrfach erganzt, ist fur 
die Hexapla Fr. Field Origenis Hexaplorum quae 
supersunt, 2 Bde. Oxon. 1875. Unter den Bahn- 
brechern der LXX -Wissenschaft ist nebenCeri- 
ani vor allem P. A. de Lagarde zu nennen; 
seit 1863 (Anmerkungen zur griechischen tber- 
setzung der Proverbien) hat er unermudlich an der 
Forderung dieser Studien gearbeitet; 1883 erschien 
von ihm Libr. Veteris Testamenti canon, pars prior 
graece, eine Ausgabe der Lucian-Eecension der 
LXX; leider ist der zweite wichtigere Band nicht 
erschienen; fiber de Lagardes leitende Ideen 
vgl. besonders: Ankundigung einer neuen Ausgabe 
der griechischen Ubersetzung des alten Testa- 
ments, 1882. 

Gegen Ende des 4. Jhdts. war das Misstrauen 
gegen die LXX und zwar in alien bekannten Ee- 
censionen so gross, dass der griechische Gelehrte 
Sophronios die lateinische UbersetzungseinesFreun- 
des Hieronymus, die dieser teilweise auf sein 
Drangen hin gefertigt hatte, benutzte, um ver- 
mOge einer Afterversion — Hieronymus de vir. 
ill. 134 nennt nur Psalter und Propheten, Sophro- 
nios wird eben 392 noch nicht fertig gewesen 
sein, wie Hieronymus es ja auch nicht war — 
den Griechen einen einwandfreien Text des alten 
Testaments zu bieten. Sophronios ist verschol- 



len, aber bei Theodoret (s. Fr. Field Prole- 
gom. XCIIIf.) wird ein Ubersetzer Johannes Jo- 
sephos erwahnt, von dem Field Uberbleibsel beim 
Jeremiasbuch aufgespiirt hat. Ob diese Uber- 
setzung das ganze alte Testament oder nur den 
Jeremias umfasst hat, lasst sich noeh nicht aus- 
machen, jedenfalls ist sie unabhangig von LXX 
einfach nach dem hebraeischen Texte — in gutem 
Griechisch und fast paraphrasierend — vorge- 
nommen worden. Da auffallende Beriihrungen im 
Textverstandnis mit Hieronymus vorliegen, hat 
Field nicht ohne Grund Beziehungen des Jo- 
hannes Josephos zu Sophronios vermutet. 

Ein Interesse an Ubertragung der heiligen 
Bucher insLateinischeistnurin der christlichen 
Kirche entstanden, und zwar als das Christentum 
in Gegenden Platz griff, wo nicht wie in Rom 
und den gallischen Grossstadten das Griechische 
die gottesdienstliche Sprache sein konnte, wahr- 
scheinlich in Africa. Man pflegt die Uberreste 
der alteren lateinischen Bibeliibersetzung, die am 
besten als vetus latino, bezeichnet wird, Itala zu 
nennen auf Grund von Augustinus de doctr. christ. 
II 15, 22: in ipsis autem interpretationibus 
Itala ceteris praeferatur, nam est verborum te- 
naeior cum perspicuitate sententiae. Die Stelle 
lehrt aber, dass Augustin von mehreren Uber- 
setzungen wusste und unter diesen die Itala, d. h. 
die von ihm in Mailand kennen gelernte bevor- 
zugte. Die alte Frage, ob es nur eine Vetus 
latina gegeben hat, die durch Corruption und 
gutgemeinte Em'endationen so mannigfach um- 
gestaltet worden ware, dass ein Augustin ganz 
verschiedene Ubersetzungen vor sich zu haben 
glauben durfte, oder ob in verschiedenen Provinzen 
verschiedene angefertigt worden sind, die Text- 
mischung hier aber noch starker als bei der grie- 
chischen Bibel gewaltet und so den Schein einer 
Urubersetzung zu stande gebracht habe, ist noch 
nicht befriedigend beantwortet; hOchst wahrschein 
licb liegt die Sache bei den einzelnen Bestand- 
teilen der Bibel verschieden ; die Evangelien z. B. 
kfinnen mehrmals tibersetzt gewesen sein, ehe 
ein solches Bediirfnis fur den Hebraeerbrief oder 
die Chronik empfunden und nun sogleich fur alle 
befriedigt wurde ; auch die Vetus latina ist keinen- 
falls von einer Hand und auf einmal hergestellt 
worden. Zur Zeit des Cyprian (um 250) ist eine 
— ungefahr — vollstandige lateinische Bibel vor- 
handen, sie scheint auch schon zu Tertullians 
Zeit um 200 existiert zu haben, obgleich dieser 
des Griechischen kundige Theologe sie nicht mit 
dem Eifer Cyprians studierte; vor der zweiten 
Halfte des 2. Jhdts. sind ihre Anfange keinen- 
falls anzusetzen. Ihre Heimat aus ihren Sprach- 
eigentiimlichkeiten zu erkennen, ist bis jetzt, da 
das Material zur Vergleichung nicht ausreicht, 
nicht gelungen ; ihren Namen Itala zur Empfeh- 
lung der Hypothese, sie sei in Italien entstanden, 
zu benutzen, ist sehr ungeschickt. Bei alien Diffe- 
renzen im einzelnen gilt von ihren Bestandteilen 
durchweg, dass sie in der Sprache des gemeinen 
Mannes mSglichst wOrtlich die heiligen Texte 
wiederzugeben sucht; die perspicuitas sententiae 
wird, soweit sie uberhaupt anerkannt werden 
darf, hiiufig erst durch spatere Nachhiilfe herge- 
stellt worden sein. Als im 4. Jhdt. die innigen 
Beziehungen zwischen abend- und morgenlan- 



dischen Thcologen auch die Folge hatten, dass 
man die weitgehende Discrepanz zwischen dem 
Bibeltext de* Lateiner und dem der Griechen 
bemerkte, erwuchs das Verlangen nach einer sach- 
kundigen Eevision der lateinischen Bibel auf 
Grund der besten Quellen; als Papst Damasus 
(366 — 384) sieh diesen Wunsch aneignete, hat 
Hieronymus ihn zu befriedigen unternommen: 
das Resultat seiner iiber mehr als zwanzig Jahre, 

10 von 383 bis 405, sieh erstreckenden Arbeit ist die 
officielle Bibel der rOmischen Kirche , die Vulgata. 
Das Verhaltnis der Vulgata zur Vetus Latina ist 
aber der Verschiedenheit des Grundtextes ent- 
sprechend und unter dem Einfluss von kirchlicher 
Gewohnung sowie infolge des Wechsels der Me- 
thoden des tfbersetzers ein sehr verschiedenes. Er 
begann damit, das ihm vorliegende lateinische neue 
Testament nach griechischen Handschriften, wo der 
Sinn gefahrdet schien, durchzucorrigieren (de vir. 

20 ill. 135 : novum testamentum graecae fidei reddidi), 
ahnlich verfuhr er beim Psalter mit Hulfe einer 
Handschrift der alten xmvfj. Bald studierte er 
in Caesarea die hexaplarische Recension der LXX 
und revidierte jetzt den lateinischen Psalter nach 
dieser, andere Bucher folgten; doch war diese 
Arbeit, die fast ganz erfolglos geblieben, ist, noch 
nicbt vollendet, als Hieronymus sie endgiiltig ab- 
brach und sich entschloss, auch dem Abendlande 
die hebraica Veritas zu ubermitteln; schon 392 

30iuhmt er sich a. a. O. vetus testamentum iuxta 
hebraieum transtuli. In der That hat er all- 
mahlich alle in hebraeischer oder aramaeischer Vor- 
lage vorhandenen alttestamentlichen Bucher direct 
ins Lateinische tibersetzt, und sein Werk, bei dem 
ihm die Unterstiitzung jiidischer Schriftgelehrten 
nicht fehlte, darf als ein wohlgelungenes gelten; 
er versteht es, ohne dem Sprachgefuhl des latei- 
nischen Lesers grosse Opfer zuzumuten, den Sinn 
des Urtextes im ganzen correct, klar und ohne 

40 Weitschweifigkeit wiederzugeben. In einem Jahr- 
hunderte wahrenden Kampfe, dessen einzelne Sta- 
dien am besten durch die Bibelcitate in den Wer- 
ken der Kirchenschriftsteller beleuchtet werden, 
hat die von Hieronymus herriibrende Vulgata 
schliesslich die altlateinische Version verdrangt, 
naturlich wieder nicht ohne allerlei Concessionen : 
unter dem Schatten der Vulgata haben sich viele 
Stiicke der Itala erhalten, wie auch neue Fehler 
eingedrungen sind. Freilich bei einem alttesta- 

50 mentlichen Buche hat die kirchliche Gewohnheit 
sich den .hebraeischen' Text des Hieronymus nicht 
aufdrangen lassen, beim Psalter. Dessen letzte 
hieronymianische Version ist ein Gelehrtenbuch 
geblieben; in der offlciellen Vulgata steht dafur 
das sog. psalterium gallicanum, die nach der 
lwxaplaris vorgenommene Revision des alten Itala- 
textes; vereinzelt ist in Rom auch noch die erste 
t'berarbeitung , der die xoivt) zu Grunde lag, in 
Gebrauch. So ist das Verhaltnis der Bestand- 

60teile der offlciellen lateinischen Kirchenbibel zu 
der Vetus latina ein verschiedenartiges -, das neue 
Testament ist nur eine Eeinigung des alten Textes 
von zu groben ,Sprachfehlem' und zu auffallenden 
Abweichungen von dem, was die Unkritik um 383 
graeca fides nannte; beim Psalter steht es ziem- 
lich ebenso, nur dass den Massstab die nicht all. 
gemein im Orient acceptierte LXX- Recension des 
Origenes bildete, die bios griechisch vorhandenen 



399 Bibelubersetzungen 

Apokryphen des alten Testaments, wie Sirach, Weis- 
heit Salomos, Makkabaecrbiicher hat Hieronymus 
unverandert gelassen, und die hebraeischcn Bucher 
des alten Testaments ausser den Psalmen sind 
nach dem Grundtexte ohne Rticksicht auf LXX 
und Vetus Latina flbertragen worden. 

Die auf Anregung des tridentinischen Concils 
vom Papst Sixtus V. herausgegebene authentische 
lateimsche Bibel erschien zu Rom 1590, mit eini- 
gen Verbesseruugen unter Clemens VIII. — daher 
der Name: Sixtino-Clementina — 1592. Sie ist 
in unzahligen Abdriicken verbreitet, erfreulicher- 
weise meist unter Beifiigung der Vorreden des 
Hieronymus zu seinen Ubersetzungen der einzelnen 
Bucher des alten Testaments ; wenn auch nicht nach 
wissenschaftlichen Grundsatzen , ist sie doch mit 
vortrefflichen Hiilfsmitteln und sorgfaltig gefertigt 
Aber den ursprunglichen Vulgatatext kann man 
nur aus alten Handsehriften, die leider meist nicht 
vollstandig smd, erheben : unter ihnen sind von be- 
sonderem Wert der Codex Fuldensis und der Amia- 
tinus, zum neuen Testament von Rank e 1868 und 
C. von Tischendorf 1850 herausgegeben. Die 
Ausgabe von J. Wordsworth und H. J. White 
Novum Testamentum . . . latine secundum editio- 
nem s. Hieronymi, Oxon. 1889ff. schreitet lang- 
sam vor. Das Psalterium iuxta Hebraeos Hiero- 
nymi hat mustergultig de Lagarde 1874 ediert 
Sonst vgl. F. Kaulen Geschichte der Vulgata 
Mainz 1868. S. Berger Histoire de la Vulgate 
pendant les premiers siecles du moyen age, Paris 
1893 — dort S. XXIIff. die reichsten Litteratur- 
angaben. E. von Dobschutz Studien zur Text- 
kntik der Vulgata, Lpz. 1894. 

Von der Vetus latina sind vollst&ndige Exem- 
plare uberhaupt nicht vorhanden, urn so mehr 
Handsehriften mit kleineren Teilen der Bibel oder 
Fragmenten einzelner Bucher, dem Alter nach 
bis ins 4. Jhdt. reichend, und eine Fulle von wSrt- 
hchen Citaten in den Viiterschriften. Urn die 
Mitte des 18. Jhdts. begann man in der rCmi- 
schen Kirche diesen Reliquien Interesse und gross- 
artigen Fleiss zuzuwenden: J. Bianchini publi- 
cierte lm Evangeliarium quadruplex Rom 1749, 2 
Bde. die altesten und wichtigsten Evangelien- 
handschriften, abgedruckt bei Migne Patrolog. 
lat. XXIX; P. Sabatier hatte schon 1743 das 
trotz seiner Unvollstiindigkeit noch immer unent- 
behrliche Sammelwerk Bibliorum sacrorum latinae 
versiones antiquae, 3 Bde. fol. veroffentlicht in 
dem er namentlich die patristische Litteratur in 
erstaunlichem Umfang verwertete; seit einigen 
Jahrzehnten wetteifern Gelehrte aller Kulturna- 
tionen auf dem Gebiet der Italaforschung ; aber 
die Publication von bisher unbekanntem Material 
— von hervorragendem Werte J. Wordsworth 
Old Latin Biblical Texts, Oxford 1883ff. — 
ist noch so im Fluss, dass zusammenfassende 
Arbeiten wie eine Geschichte der Vetus latina 
nicht mfiglich sind. Einer solchen miisste auch 
eine Erneuerung von Sabatiers grossem Werk 
vorangehen; diese wieder setzt die Existenz zu- 
verlassiger und die Varianten vollstandig ver- 
zeichnender Textausgaben von alien lateinischen 
KirchenschriftsteUern der ersten acht Jahrhun- 
derte voraus: ob wir selbst dann mehr als Bau- 
steine fur eine Geschichte der vorhieronymianischen 
latemischen Bibel gewinnen werden, steht dahin 



Biber 



400 



401 



Biber 



Bibernell 



402 



Fflr die Geschichte der Bildung in der lateini- 
schen Kirche, die der Beziehungen zum Morgen- 
land, nicht am wenigsten fiir die der lateinigchen 
Sprache miissen diese Forschungen jedenfalls rei- 
chen Ertrag abwerfen. Die Vetus latina ist eine 
Hauptquelle fiir die Kenntnis der lingua rustiea; 
das Kirchenlatein dieser Version ist, wenn auch 
aus einem andern Grunde, ebenso interessant fiir 
den Sprachforscher wie das Judengriechisch der 

10 LXX. H. Ronsch Itala und Vulgata, 2 Aufl 
MaTburg 1875 hat das Material von diesem Ge- 
sichtspunkte aus durchforscht, zahlreiche Artikel 
in Ed. Welfflins Archiv f. lat. Lexikogr. dienen 
dem gleichen Zweck. 

Naheres iiber den Stand der Fragen und die 
Litteratur in den Einleitungen m das alte und 
das neue Testament; die vollstandigste Orientie- 
rung bietet vielleicht H. A. Scrivener A plain 
introduction to the criticism of the N. T. 4 A. 

20Lond. 1894, 2 Bde.; besonders mustergultig refe- 
nert dort White iiber die lateinischen B. 

, [Jiilicher.] 

lilber {xaoTWQ, lat. fiber, spatlat. beber Schol. 

i j i 1 34 ^" Er war inl Alte i' tum in Deutsch- 
land, Gallien, Spanien (Strab. Ill 16«S), Klein- 
asien, besonders im Pontus, Africa (Plin. VIII 109. 
XXXII 27), Sudrussland bis zum Lande der Sky- 
then (Herod. IV 109. Schol. Nic. Ther. 565) an 
der Donau (Andromachos bei Gal. XIV 41) ver- 
30 breitet, im eigentlichen Griechenland und Italien 
kam er nicht vor. Daraus erklart sich, dass uns 
uber seine Natur nur sparliche Angaben aus dem 
Altertum erhalten sind. Die Beschreibung des B 
steht bei Arist. h. a. VIII 5, 225. Plin VIII 109 
Ael. VI 34. Tim. v. Gaza Herm. Ill 28. Darnach 
wurde er zu den Amphibien gerechnet (Ael. XI 37. 
Tim. v. Gaza a. a. O.), am Tage halte er sich in 
der. Fliissen verborgen, des Nachts gehe er auf 
Nahrung aus (Ael. VI 34.). Sein Schwanz gleiche 
40 dem eines Fisches, der fibrige Korper der Fisch- 
otter (Phn. a. a. O.), sein Bauch soil weiss sein 
(Tim. v. Gaza a. a. 0.). Nach Aristoteles (a. a ) 
gehOrt er zu den Vierfusslern , die an Seen und 
Jblussen ihre Nahrung suchen; er berichtet weiter, 
dass er breiter sei als die Fischotter, nachts aus 
dem Wasser gehe und mit seinen starken Zahnen 
Stamme abnage (vgl. Plin. a. a. 0.). Die Namen 
farag, oa&egiov, oazvgiov {oajirjQiovl bei Tim v 
Gaza a a. 0.) bei Aristoteles und Timotheos sind 
50 wahrscheinlich verschiedene Bezeichnungen des- 
selben Nagers (v. Aubert- Wimmer Arist. Tierk 
I <0). Das B.-Fell war schon im Altertum hoch- 
geschatzt; es wurde von den Budinen im heutigen 
1 olen an ihren Pelzen getragen (Herod. IV 109) 
ierner zu Schuhwerk und Kleidungsstiicken ver- 
arbeitet (Plin. XXXII 110. Tim. v. Gaza a a ) 
Gefangen wurden sie des Nachts bei Fackelschein 
(Tim. v. Gaza). Eine der verbreitetsten natur- 
geschichthchen Fabeln des Altertums ist die Er- 
60 zahlung von der Klugheit des B. , der sich bei 
seiner VerfolguDg seine Hoden abbeisse und sie 
den Verfolgern opfere, da er den Grand seiner 
Verfolgung kenne (Cicero in der Scauriana bei 
Isid. Ong. XII 2, 21. Sostratos im Schol. Nic 
Ther. 565; Alex. 307. Plin. VIII 109,. Andro- 
machos bei Gal. XIV 41. Ael. VI 34. Aeson 
fab. 189 H. Iuv. XII 34. Democrit im Sym- 
pathietractat vgl. Gem oil Progr. Striegau 1884 



4, 1 u. 0.). Die Voraussetzung dieser Fabel ist 
die im Altertum verbeitete Annahme, dass ihre 
Hodensacke der Sitz des als Heilmittel hochge- 
schatzten B.-Geils seien (vgl. Gal. XII 337. Schol. 
Nic. a. a. 0. u. 0.). In Wirklichkeit wird es bei 
beiden GeschlecMern in besonderenDriisen, die im 
Unterteile der Bauchhohle neben den Geschlechts- 
teilen liegen, abgesondert. In unserer Uberliefe- 
rung ist Sextius Niger, d. h. wahrscheinlich schon 
Krateuas, der Leibarzt Mithridates des Grossen, 
der erste, der diese naturwissenschaftliche Fabel 
bekampfte und die richtige Beschreibung der Ca- 
storsacke gab (Plin. XXXII 26. Diosk. II 26. M. 
Wellmann Herm. XXIV 538f.). Seine Beobach- 
tung ist vollkommen richtig, dass sie zwei kleine, 
eingezogene Driisen seien, die mit dem Rtickgrat 
so zusammenhangen, dass ihr Verlust das Leben 
des Tieres gefahrde, und dass die in ihnen ent- 
haltene Flflssigkeit (das Geil, castoreum, tcaaxo- 
qwv) eine wachsahnliche Masse sei, von starkem 
Geruch und bitterlichem Geschmack. Das beste 
B.-Geil kam aus Pontos, Galatien und Africa (Plin. 
a. a. 0. Verg.'Georg. I 50 mit Serv.), das spanische 
wurde geringer geschatzt (Strab. in 163 aus 
Posidonius). Man pflegte es nachzuahmen, indem 
man Ammoniakharz oder Gummi mit Blut und 
B.-Geil mischte und diese Mischung in eine Blase 
goss und trocknete (Diosc. II 26). In der Arznei- 
mittellehre der antiken Medicin spielte das B.-Geil 
wie noch heutigen Tags seit der Zeit des Hippo- 
krates eine wichtige Rolle; schon Herodot (IV 
109) wusste davon zu erzahlen, dass die Budinen 
es gegen Gebarmutterleiden verwandten, eine Ver- 
wendung, die dem Hippokrates (I 476 K.) gleich- 
falls bekannt war. Im iibrigen hat es in der 
alteren Medicin bei weitem nicht die Bedeutung 
wie spater. Seit Herakleides von Tarent wurde 
es in der Therapie ganz besonders bevorzugt. So 
empfahl er es gegen Husten (Cels. V 25, 10), 
Kopfschmerz (Gal. XII 583), Lethargie (Cael. Aurel. 

A. M. II 9) und Phfenitis (C. Aurel. A. M. I 17; 
ebenso Asclepiades C. Aur. A. M. I 15. Plin. 
XXXII 28, wahrend Themison Bahungen mit 

B. Geil, Haarstrang und Raute bei Phrenitis ver- 
bot). Es wurde bald als inneres Mittel, bald in 
Einreibungen, bald als Riechmittel oder als Klystier 
verwandt. In der Schlafsucht war es eines der be- 
liebtesten Mittel; Herakleides von Tarent (C. Aur. 
A. M. II 19), Asclepiades (C. Aur. A. M. II 9), 
Celsus (IH 20), Sextius Niger (Plin. XXXII 132. 
Diosc. II 26), Archigenes (Aret. A. M. I 2 p. 201), 
Ps.-Diosc. (n. eot. p. 1 00) und Alexander von Tralles 
(I 529 P.) empfahlen es in dieser Krankheit als 
Niesmittel, urn die Schlafsuchtigen zum Bewusst- 
sein zu bringen. Mehrere dieser Arzte liessen 
auch den Kopf des Schlafsuchtigen rasieren und 
mit B.-Geil salben (Heracl. bei C. Aur. a. a. 0. 
Cels. Alex. v. Tr. Archig. bei Aret. a. a. 0.) oder 
gaben es zu trinken oder setzten es dem Klystier 
zu (Heracl. Archig. Alex. v. Tr. a. a. 0.). Die vor- 
teilhafte Wirkung des Geils als Medicament be- 
steht darin, dass es den Korper warm und trocken 
macht und die Nerven kraftigt. Die Pneuma- 
tiker, in deren Arzneimittellehre es eine so her- 
vorragende Rolle spielte, dass Archigenes ein 
eigenes Buch ntqi xaazogiov zgrjoeoos verfassen 
konnte, verwandten es demgemass bei alien Krank- 
heiten, die auf iibermassiger Kalte und Feuchtig- 



keit beruhten, und bei Nervenkrankheiten (vgl. auch 
Niger bei Plin. XXXLT 29), insbesondere bei der 
Lethargie (Aret. cur. a. m. I 2, 201. M. Well- 
mann Pneumatische Schule 158), beim Tetanos in 
der Form einer Salbe mit einem Zusatz von Meer- 
schaum, Euphorbiensaft und Natron oder inner- 
lich als Arznei oder als Klystier mit einem Zusatz 
von 01 (Aret. cur. a. m. I 6, 220; vgl. Asclepiades 
bei Cael. Aur. A. M. Ill 8. Scrib. L. 101 p. 44). 

10 bei Apoplexie als ATznei mit Honigmet oder in 
Einreibungen zusammen mit altem Fett zur Krafti- 
gung der gelahmten Teile (Aret. cur. a. m. I 212), 
bei Epilepsie (Aret. cur. ch. m. I 4, 311; ebenso 
Themison bei Cael. Aur. ch. m. I 4, 236), bei der 
Cholera ebenso wie beim Tetanos als Salbe (Aret. 
cur. a. m. H 4), desgleichen bei Herzkrankheit 
(Aret. cur. a. m. II 3), bei hysterischen Erstickungs- 
anfallen (Aret. cur. a. m. II 8), bei der Satyriasis 
und Gonorrhoe als Arznei (Aret. a. m. II 11, 290; 

20chr. m. II 3), beim Kopfschmerz als Niesmittel 
(Aret. cur. chr. m. I 1; vgl. Ps.-Diosc. jisqI sim. 
96) oder als Salbe mit Haarstrang, Balsam, Essig 
und 01 (Gal. XII 554. 568, vgl. Charikles bei 
Gal. XII 556. 558 u. 0. Sext. Nig. bei Plin. XXXLT 
68. Scrib. Larg. 3 p. 7. 5 p. 8. 10 p. 9. Alex. v. 
Tr. I 495 P.). Nach Galen (XII 713) besitzt es 
astringierende, verteilende, erweichende (XII 702) 
und erwarmende Kraft (X 799) und wurde von ihm 
bei Entzundungen des Gehirns und der Gehirn- 

30 haute verwandt. Als Mittel gegen Schlangenbiss 
kannten es Nikander (Ther. 565), d. h. Apollodor, 
Erasistratos (gegen Basiliskenbiss Ps.-Diosc. 91), 
Sextius Niger bezw. Krateuas (Plin. a. a. 0. Diosc. 
II 26), gegen Gifte und giftige Pflanzen Sextius 
Niger, der genauer die Zuthaten bestimmte (Plin. 
Diosc. a. a. 0.), In den Salben gegen Ohren- 
schmerzen kehrt es bei den meisten Arzten der 
christlichen Zeit wieder von Asclepiades an (Cels. 
VI 7, 3, 241. Themison bei Cels. VI 7, 1, 240. 

40 Niger bei Plin. XXXn 77. Gal. X 868. Andro- 
machos bei Gal. XII 624f. Archigenes bei Gal. 
XII 644f. Alex. v. Tr. II 89), ebenso wurde es 
den Augensalben haufig zugesetzt (Plin. a. a. 0. 
Scrib. Larg. 23 p. 14. Gal. XII 713. 755 u. 8.), 
gegen Zahnschmerz empfahl es Niger (Plin. a, a. 
0.) mit der Vorschrift, es mit 01 zusammen in 
das Ohr derjenigen Seite zu traufeln, auf der die 
Schmerzen sind. Seine Verwendung bei Storangen 
der Menstruation, bei Gebarmutterkrampfen und 

50 zur Beseitigung der Nachgeburt kennen es Niger 
(Plin. XXXLT 132. Diosc. II 26) und Galen (XIV 
320), der erstere empfahl es auch bei Darmver- 
schlingungen, Blahungen (Plin. n. h. XXXLT 101), 
Schwindel, Zittern, Krampfen, Ischias, Lahmungs- 
erscheinungen, Magenleiden (Plin. XXXII 29), so- 
wie als Haarvertilgungsmittel (Plin. XXXII 136) 
und gegen Husten (Plin. XXXII 91. Scrib. Larg. 
88 p. 37). Der Urin des B., der in seiner Blase 
auf bewahrt wurde, gait als Gegengift(Plin. XXXII 

60 132), die Asche von B.-Fellen sollte Brandwunden 
heilen und Nasenbluten stillen (Plin. XXXLT 119. 
124). Ein bewahrtes Antipathiemittel gegen Po- 
dagra war das Tragen von Schuhen, die aus den 
Fellen pontischer B. gefertigt waren (Plin. XXXII 
110). [M. Wellmann.] 

Bibernell, gemeine oder Stein-B., auchBocks- 
petersilie genannt, Pimpinella saxifraga L., ein 
auf trockenen Wiesen und steinigen Hiigeln von 



403 



Bibesia 



jeher hauflger, als Weidekraut und Viehfutter sehr 
schatzenswerter Doldenbliitler (jiexaacodrj rijv za>v 
(msQfiatcov &ndXri<ps qpiaiv Phainias bei Athen. 
IX 371 d), xavxakis bezw. caucalis von den Alten 
genannt. Die B. hat einen stielrunden, zartge- 
rippten Stengel und fiederschnittige Blatter. Der 
Gferuch der Wurzel ist stark gewiirzhaft, bocks- 
artig, der Geschmack sflsslich gewiirzhaft und 
brennend; vgl. Lenz Bot. d. Gr. und R. 560 



Btflhvog oivog 404 

(FHG II 339). Vgl. Bibline und BijiXtvos 
oivog. [Oberhummer.] 

Bibliaphorion (Bi§lia<p6qiov), Ort (x<b/it)) des 
agyptischen Nomos Libya, in der Gegend yon 
Apis und Paraitonion, Ptol. IV 5, 81. [Sethe.j . 

Bibline (Btfll.ii*)), Gegend in Thrakien, nach 
welcher der BlfSlivog oivog (s. d.) benannt sein 
sollte, Steph. Byz. Bei Epicharm. in Etym. M. 
(FHG IV 339J werden dafur BifShva Sot) genannt, 



Leunis Synops. II. Teil IP § 491, 16. Die 10 bei auderen heisst sie Biblia (s. d.). Vel auch 

Itin^n UlS«-n- n„tlv„li St ±1 • 1 n! . J -_J Till. »-r V ' . = " ™" 1 " 



jungen Blatter enthalten atherisches 01 und sind 
ein essbares, appetiterregendes Gemfise (Theophr. 
h. pi. VII 7, 1) sowohl in rohem als in gekoch- 
tem Zustande (Diosk. II 168). In Griechenland 
und Italien wachst die B. wild und zwar auf 
Hugeln und Vorbergen bis 650 m. hinauf (neu- 
griechisch xavxaliSpa, xavxaXtf&pa), vgl. Fraas 
Synops. pi. fl. cl. 149. v. Heldreich Nutzpfi. 
Grieehl. 81. Nach Dioskorides (II 168) heisst die 



Biblos Nr. 1. [Oberhummer., 

BiMines (Bifttivijg) s. Biblos Nr. 1. 
BifiXivog oivog. Ihn empfahl Hesiodos (op. 589) 
bei starker Hitze zur Zeit des Sirius zu trinken ; 
ihn nennt Philyllios, ein Dichter der alten Komoedie 
(bei Athen. 1 31a) ; bei Theokritos (XIV 15) spendet 
ihn ein einfacher Gastgeber auf Sicilien seinen 
Gasten, wobei gesagt wird, dass er wohl dufte 
und trotz seiner vier Jahre sich so erhalten habe, 



„**^^.. «>. x^^u viuBivnura \±i mo; uciBBu uic uiiu truus semer vier janre sicn so erfialten nabe, 
Pflanze auch xavxog oder Savxoe ayQtog (vgl. Galen. 20 wie wenn er frisch von der Kelter komme ; ferner 



XII 15 K.). In der Heilkunde gait die B. als 
urinbefbrderndes Mittel (Diosk. a. O.). Der aus- 
gekoebte Saft wurde gegen Appetitlosigkeit und 
sonstigeMagenleiden gebraucht, ferner gegen Stein- 
Harngriesleiden, sowie bei Milz-, Leber-, Nieren- 
und Geschlechtskrankheiten, namentlich bei Men- 
struationsstorungen. Nach Chrysipp befbrderte 
sie die Empfangnis bei Frauen, Plin. n. h. XXII 
83. Geop. XII 32. Galen. XII 15 K. Auch schiitzte 



wird ein Bifilivov n&im von Euripides (Ion 1195) 
und ein Bifllivov sxnm/ia von Achaios (bei Athen. 
I 31 a) erwahnt, und von einem unbekannten Ko- 
miker (im Etym. M. 197, 32) ist uns der Vers 
°YSa>(> de Jiivei , zov Ss Bifllivov arvvei erhalten. 
Seinen Namen sollte er von einer Gegend (Suid.), 
nach Epicharmos den bimblinischen (Hesych. s. 
Bi/^fllivog) oder biblinischen Bergen in Thrakien 
erhalten haben (Athen. Hesych. Etym. M. aa. 00. 



man sich mit lhr vor den schadlichen Wirkungen 30 Anecd. Bekk. I 225 ; vgl. Steph. Byz s BtGlivn) 

tierischen Gift.es tHr. TVipr 813 8Q9 rJiJar rlio T?,.™i;„v, „„ T „;#„u tit„;°„i.. -i. ..! .1' ,. ', " . ,," 



tierischen Giftes, Nic. Ther. 843. 892 (hier die 
Lesart unsicher). Eine andere, besondere Art von 
B. ist die Anis-B., Pimpinella anisum L., gewChn- 
lich kurz Anis genannt, die bekannte Gewfirz- 
pnanze, die auch die Alten sehr wohl kannten, 
avwov bei Dioskorides (III 58), avvrjoov bei Ni- 
cander (Ther. 650. 911), anisum oder cuiesum 
bei Plinius (n. h. XX 185f.), Celsus (II 21. 31), 
Columella (XII 51, 2), Scribonius Largus (52. 70. 



Freilich zweifelt Meineke, ob nicht bei Athe- 
naios wie I 30 d 'EjraQxiSrjg zu lesen sei und die- 
ser Fehler sich bei den spiiteren Grammatikern 
wiederholt habe. In der That leitete der Gram- 
matiker Semos von Delos den Namen von dem 
am Flusse Blfilog (Steph. Byz. s. BifSllvr)) oder 
BiftfiUvr/ (Etym. M. a. a. O.) auf Naxos wach- 
senden Wein her, und nach Proklos (Schol. Hes. 
op. 589 , wo ol Ndfroi statt agio? gelesen wird) 



■Tin iT. v '' u " , "" 1,luo ^-"S" ^"' ,v - «f- oov, 1™ 01 lyaqioi staxt a$iot : gelesen wird) 
113. 120 u. after), Palladius (de r. r. Ill 24, 14. 40 sollte der von Euripides erwahnte Wein unter dem 
IV 9. 11): vs-1. RillerberV Fl pi Sfl ITrana Nnn» n R,';«i,..„, „„ ^:„„™ t?i„„„„ .„i\i _. 



IV 9, 17); vgl. Billerbeck Fl. cl.80. Fraas 
Synops. fl. cl. 149. Lenz Bot. d. Gr. u. R. 559. 
Mit B. oder Bibernelle, auch Pimpinelle (aus bi- 
pinella wegen der doppeltgefiederten Blatter) be- 
zeichnen wir zuweilen auch noch eine von Pimpi- 
nella saxifraga L. durchaus versehiedene Prlanze, 
namlich die gemeine Becherblume, Poterium san- 
guisorba L. , vgl. Leunis Synops. II. Teil 113 
§ 444, 2. Welche antiken Namen zur Bezeich- 



Namen Bvflhvog an einem Flusse auf Naxos ge- 
baut werden und von diesem oder einer thraki- 
schen Stadt benannt sein. Den Wein sollte ferner 
ein KOnig IloV.ig von Sikyon oder Syrakus (Etym. 
M.. a. a. 0.), der nach einer Vermutung C. Miil- 
lers (FHG II 15) vorher in Kalauria oder An- 
thedon gewohnt zu haben scheint, oder ein Argeier 
IloXiog (Poll. VI 16), vielleicht nach Thuk. II 67 
zur Zeit des peloponnesiachen Krieges, nach Sici- 



3 " l """" •*""*"-" *"""™ *"» "whu- iui zjcil ues peiopoiinesisenen Aneges, nacn oici- 
nung der verschiedenen Arten von Poterium L. 50 lien gebracht haben und jener daher auch IloUtos 
gedient haben, 1st hochst unsicher. Niiheres bei genannt sein (Etym. M. a. a Ael v h XIT 
Billerbeck 230. Fraas 78. Lenz 703 raid ' J1 ' -*■>-—-- '- J ™ ■ — ■ '• ■ -" - 



namentlich Koch Baume u. Straucher d. alten 
Griechenl. 169f. [Wagler.] 

Bibesia s. Bibali. 

Bibienses Ticani (Bewohner einer Ortschaft 
Bibium oder Bivium) nennen sich die Dedicanten 
der in Sandweier (Baden) gefundenen Weihinschrift 
an die Kreuzweggottheiten (diis Quadrubisy 



31), wahrend der Bheginer Hippys (bei Athen. I 
31 bi zwar auch sagt, dass ein Argeier Wilis, 
Konig von Syrakus, eine afixelo; fSifllia nach Syra- 
kus gebracht habe , aber aus Italien , und dass 
diese Eebe auch duos genannt werde. Der letztere 
Umstand hat V. Hehn (Kulturpfl. u. Haustieree 
553) zu der Vermutung veranlasst, dass der Name 
davon herruhren konne, dass die Reben sich an 



-- ™^ «.v..i,i f8 v<»iuiui [ui.tc v"-u"iwi/k>), uit»uii iierruuren Konne, aass aie Keuen sich an 
Brambach CIRh 1676, vgl. M. Ihm Rhein. 60 Byblosstricken fortrankten , indem er sich auf 



Jahrb. LXXXIII 91. 132 '(nr. 182)' und den Ar 
tikel Biviae. [Ihm.] 

Bibiscon s. Viviscus. 

Bibium s. Bivium und Bibienses vicani. 

Bible, Ort in Babylonien, Ptol. V 20, 4. 

[Fraenkel.] 

Biblia (Biftlia /.(boa), Gegend in Thrakien, 
bei Oisyme und Antisara, Armen. bei Athen. 1 31 a 



Varro de r. r. I 8, 2 beruft, wo aber nur von testes 
die Rede ist, an denen die Reben bei Brundisium 
gezogen wurden ; auch ist vielleicht TJoliAv statt 
eilsov zu lesen. Von einer (Svfilia und von einer 
flvfttiva fiaoxdla, also wohl von einer Rebenpflan- 
zung, ist nun auch in einer Inschrift von Heraklea 
in Lucanien zu Ende des 4. Jhdts. v. Chr. die 
Rede (CIG III 5774 Z. 58. 92), und darunter wird 



405 



Bi0fooYQu<pog 



Bibliotheken 



406 



eine Rebe verstanden, welche von der phoiniki- 
schen Stadt Byblos (= phoinik. Oubel, s. O. 
Schraderbei Hehn a. a. O. 554) dahin verpflanzt 
war und die auch Archestratos (bei Athen. I 29 b) 
gekannt haben muss, da sein BvfSfooe ofoos schwer- 
lich ,Palmwein', d. h. aus Datteln gepresster Wein 
gewesen ist. Freilich ist nun wiederum dieser 
von dem p. unterschieden (Etym. M. 197, 32. 216, 
42). Da aber der phoinikische Vokal in ftifllos 
oder fivfjlos — Bast der Papyrusstaude sowohl 
durch i als durch v wiedergegeben werden kann, 
so diirfte die Rebe von Heraklea und, da Hippys als 
guter Gewahrsmann gelten muss, die Siciliens wohl 
aus Phoinikien stammen. Denn wenn auch Naxos 
ein hervorragender Sitz des Dionysoskults gewesen 
ist und nach einer bei Hyginus (astron. I 17) er- 
haltenen Fabel dieser Kult nach Etrurien verpflanzt 
sein soil, so ist dies doch kein geniigender Grund, 
als Herkunftsort der Rebe diese Insel anzusehen. 
Anders steht die Frage um den sonst erwahnten 
Wein. Philyllios nennt ihn neben dem von Thasos 
und Mendai, wohl weil er eine Gegend Thrakiens 
im Auge hat; ja Armenidas (bei Athen. I 31 a), 
dessen Zeit allerdings nicht genauer bekannt ist, 
wusste sogar, dass das thrakische BifSlta auch 
Antisare und Oisyme benannt worden sei; der 
Erotiker Achilles Tatios (II 2) nennt ihn neben 
dem maroneischen, also einem thrakischen, und 
andern seit alters bekannten Sorten. Dazu kommt, 
dass als Ausgangspunkt der antiken Weinkultur 
sowohl aus sprachlichen Griinden als nach der 
(jberlieferung die dem eigentlichen Hellas nord- 
lich vorgelagerten Landschaften nach O.Schrader 
(Sprachvergleichung u. Urgescbichte 2 470) anzu- 
sehen sind, dass nach den Uberlieferungen der 
Alten der Kult des Dionysos auf der ganzen nOrd- 
lichen Balkanhalbinsel, selbst bei den thrakischen 
Volkerschaften verbreitet war, und dass Thrakien 
in der altesten Zeit ein Hauptausfuhrland des 
Weins waT (Horn. II. IX 72; Od. XI 196; vgl. 
Plin. XIV 53. 54). Ubrigens giebt Athenaios (I 
31a) fur die thrakische Herkunft auch den Grund 
an, dass Thrakien rjdvoivos sei; nach Plinius (XIV 
54) sollen die dortigen Weine so stark gewesen 
sein, dass sie einen achtfachen Zusatz von Wasser 
vertrugen, ferner von schwarzer Farbe und wohl- 
riechend, aber im Alter fett gewesen seien. 

[Olck.] 

BipXioygaipog s. Schreiber. 

BiplioxanrfXog , BtflXiojioblrjs (bibliopola) s. 
Buchhandel. 

Bif3lio<pvla£ s. Bibliotheken. 

Bibliotheken, d. h. Buchersammlungen, gab 
es im Altertum sowohl bei den orientalischen 
Volkern wie bei den Griechen und ROmern. Das 

Wort fttf}lio&r)xr) (bibliotheca ; fiifilicov &r)xr) = 
tibrorum repositio nach Isid. or. VI 3, 1). Nieder- 
lage von Buchern, wofiir nicht selten cbiodtjxr) 
(oder outo&ijxat) fiifllimv gesagt wurde, wie von 
Cass. Dio XLH 38. Lucian. adv. indoct. 5. Dig. 
XXXILT 7, 12 § 34, zum Teil mit der Neben- 
bedeutung des Umfangreichen (s. Lucian. und 
Dig. a. a. 0.), ist zuerst bei Kratinos dem Jiinge- 
ren im 'Ynoflolifialos nachweisbar (Poll. VII 211). 
Aus Poll. LX 47 (b> X&v xotv&v xal fSifSliodijxai 
f) a>; Evnolls cprjotv ,ov ta flifili'' wrta' xxl.) 

ist zu schliessen, dass das Wort urspninglich von 
Buchladen gebraucht wurde, welche langere Zeit 



wohl die umfangreichsten Sammlungen von Buchern 
waren. Erst die grosse alexandrinische Bibliothek 
mag dem Wort seine feste , noch heute giltige 
Bedeutung gegeben haben. In spatro'mischer Zeit 
tritt auch cariularium im Sinne von B. auf (Mir. 
Rom. p. 21 P.; s. weiter unten). 

I. Schreibung. In voralexandrinischer Zeit 
wurde wahrscheinlich, soweit das Wort iiberhaupt 
vorkam, wenigstens von attischen Schriftstellern, 

10 Pifjlw&rjxr) geschrieben (s. unter Bvfilos). Als 
in der xmvij die ionische, echte Schreibung flvflho- 
&r)xr) Verbreitung gewann, wurde sie in Alexan- 
drien vielleicht offlciell fur die dortigen B. gewahlt 
und erhielt infolge des hohen Ansehens dieser B. 
fur lange Zeit allgemeine, in Inschriften aus- 
schliessliche Geltung, s. CIA II 468, 25 (Anf. d. 
1. Jhdts. v. Chr.). 482, 50 (zw. 39—32 v. Chr.). 
Journ. Hell. Stud. IX 240 (aus Cypern, bald nach 
89 v. Chr.). Athen. Mitt. XIV 109. K. Keil 

20 Rh. Mus. XVIII 268 aus Ma Havda>Qa 1861, 
388 (Ende des 1. Jhdts. n. Chr.; aus Delphi). 
Le Bas 1618, 615 aus Halikarnass. Bull. hell. 
LTI 258f. (aus Syrien ; zur Zeit Hadrians). In IGI 
1085 (im twv iv'Pcbfifl flifSXu>{h)xu>v ; aus Rom?) 
steht i wohl infolge der Einwirkung des Latei- 
nischen. Dem gleichen Umstande mOchte ieh die 
regelmassige Schreibung flifJlio-&r)xr) und fiifilio- 
tpvlaxes in den griechischen Papyrusurkunden 
Agyptens aus rOmischer Zeit zuschreiben (Beispiele 

30 bei U. WilckenHerm. XXVIII 233 Z. 3. 4 u. a.); 
ebenso in Vol. Here. VIII col. 13 (Philod. n. 
cpdoo.). Bull. hell. LT 448. Freilich lasst die 
Praxis der agyptiscben Papyri daran zweifeln, ob 
die ausserattische Schreibung mit v sich auch auf 
Agypten erstreckt babe. Vgl. K. Keil a. 0. 270. 
K. Meisterhans Gram. d. att. Inschr.z (1888) 
22 , der das Auftreten des v seit dem 1 . Jhdt. 
v. Chr. (?) zur veranderten Aussprache des fi in 
Beziehung setzt; eine Wirkung, die je langer 

40 je mehr hatte eintreten mussen, was nicht der 
Fall ist. C. Haeberlin Centralbl. f. Bibl. VII 
273ff„ dazu Jahresber. LXXXV 1895, 139. Fr. P o- 
land Hist. Untersuchungen E. FCrstemann gew. 
(1894) 9. Bei Schriftstellern iiberwiegt in unse- 
ren Hss. sehr die Schreibung mit t, doch ist 
gewiss die ursprtingliche Lesart vielfach durch 
die spater iibliche Orthographie verwischt, indem 
eine andauernde Reaction zu Gunsten der atti- 
schen Klassiker eintrat, wahrscheinlich aber auch 

50 das i der zweiten Silbe auf die Aussprache und 
damit auf die Schreibung der ersten einwirkte. 
Auch im Lateinischen ist in alterer Zeit byblio- 
fheca bei weitem hauflger (M. Ihm Centralbl. f. 
Bibl. X 524, 59). Es findet sich bibliotheca CIL 
HI 431. VI 2132. 2348. 5190: dagegen byblio- 
theea CIL III 607. V 5262. VI 5188. 5189 (zwei- 
mal). 5884. X 1739. 6638 C 1, 12. 2, 22 u. 29. 
3. 3. XI 2704. XIV 2916; ferner VI 5}92\bublio- 
tliem). Lateinische Autoren zeigen in den Hss. 

60 dasselbe Schwanken der Schreibung und das gleiche 
Uberwiegen des i wie die griechischen; vgl. im 
allgemeinen K. Keil a. 0. W. Brambach Hulfs- 
buch d. lat. Rechtschr.3 27. C. Haeberlin a. 
0. 274f. M. Ihm a. 0. 522ff. 

II. Litteratjir. Von den antiken B. im 
ganzen handeln vornehmlich lust. Lipsius Syn- 
tagma de bibliothecis 1607. B. G. Struve Intro - 
ductio in notit. rei litt. et usum biblioth. ed. V 



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Bibliotheken 



Bibliotheken 



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409 



Bibliotheken 



Bibliotheken 



410 



(1729)132-189 L. Ch. Fr. Pet.t-Radel Rech. auch von seiner kga BMw&rJW mit der Auf 

sect. N. Michaut Pauca de bibl. ap. veteres Aeg.(1849)39identifleiertdie S enK0niemitRam S es 
quum publico turn privatis Paris 1876. C. C a- Miamun aus dem 14. Jhdt. v Chr ilsZ £Zen 

storiciie, Bo ogna 1884. Fil. Garbelli Le bibl. fand er auch die Graber zweier Bibliothekare 

WW ; ^ ■ eP ° C . a IT' C °?- m l?P- s - antiche J enes Koni ^ ^ater and Sohn) Ebenso lis t 

bibl di We ed Alessandria Milano 1894. nach ihm die Bezeichnung , welche bestimmte 

sifA °r e M allS D C ir Bibliotheken. Die Gotter und Gettinnen als Herr oder Herr LTdes 
altestenachweisbareBibliothekist die Sammlung 10 .Saales der Biicher< fuhren, JdtaEriSS 

zahlracher gebrannter Thontafeln mit Keilschrift, B. schliessen listens alter 

welche zuerst H. Layard 1849f. unter den Triim- IV. Griechische Bibliotheken vorale 

™Zl2ST(7 h Zt^1 -yrischen K«„i g s xandrinischer z'eit. Dtan££& Z'tl 

British Museum^ i $ 1 entdeckt . e + (jCt 1 m ^ enZ jener alten Bibliothek in Niniveh lasst die 

JJntasn Museum) und die durch weitere Aus- Nachrichten von den B. einzelner iilterer sriechf 

s £Tl™Zt^ d nJi SV 7 " J s f er TjTannen weniger ^^-S 

A en d miss scLt Vn^R ! 77ff Jr I P -Vm * 8 ¥*? ? n ! aeiei Zeit anz <™hmen geneigt ist 
Arcn a. miss, scient. V (1856 ) 177ff. G. Smith namlich der des Polykrates von Samos ( Athen f 

fflK J- Menant Labibl.dupalais20(Athen. a. 0. Gell. VII 17, 1. Tert. apol. 18. 

uLichtZr W^L TV ol • SO p deM , Tu^rf f 8id - ° rig - YI 8 > 3 1 Letztwe Bfichersammlung 

(1889) if 4ff S C iif™ ? E -7-, V/tonS k ° nnte m!t der diese * 1 Herrscher und seinem Kreis! 

208fl • Iam r ™i. Vm 38 ; 5t T al ; VI (1892 ^geschriebenen Sammlung undOrdnung der home- 

Sf" C P TfeleSJ' 1 ^"V S 1^' ? S - Ch f (U n nd Mch Plut Th«. 20 auclf der he!- 

Die GrOsse der elK T,W ° • ^ 4 °v " d f is ? en) Gesan ^ e in Verbindnug gestanden haben, 

L <uiitl% em ? elnen Taf « ll] r «cht nur bis als deren Urheber iibrigens auch sein Sohn Hip 

lth ffef mT'-sWend^ 6 ^^ h"?"^ ^ ^ genmBt wird ^ S - Plat - Hipparch 228 1?. 

,?',,7 mi * steigender Sicherheit entzifTerte Aus nneren Griinden wird indes diese redao+in 

Inhalt beweist, dass ausser Urkanden (VertrBgen, nelle Thatigkeit der l'li stTatWen Z Z in Ab" 
WetHn ge ^ S ser W ihl1 T "S* 6 ****** 30 «*> ^stellf (,. B. von Ed Meyer H^rm. XXvfl 

sie Sriffi P^iSS? a f aufbewa K t WUrden ; 371f " ; Gesch - d " Altert - n 890f.), doch liegen fiber 

TX,n» m Gcschl r7 cht «- Astrononue, Naturwissen- ihre litterarischen Neigungen so viele gute Nach- 

schaften, Medicin, Zauberwesen u. a. Man gedenkt richten vor (z. B. bei Ps .Plat Hinparc^ I T und 

t^T^tT^Vr^ dMt M i Ch ° iC - £.«■ k^ da. wtSnerBibhothek 
S S ™«t , IT 193 astron omische des Peisistratos nicht notwenditr zu zweifeln 

^^Tm^Zi^^^ ™T braUchen ' DasMat «"al derBucher wib ijungeVen 
fet das ^ wth w"t 6 WW k " e ^ e " sc K he Eiemplaren bereits fitfiloc (s. d.), altere bestanden 
i.n?5v, d f Wi chtigste der assynschen, baby- vermutlich noch aus Holztafeln und ahnlichem 

IS U . 7^ h jlT schen Lit teratur ab- Die Bibliothek des Peisistratos »S xSS 
schreiben und wohl auch ubersetzen. Die Bibliothek 40 Persien entfuhrt (Athen. Gell a O) Teleukos 

menen'reZn^ h T ; e - hrZ ? Cke v- U ?, d -lT, al,ge - Wkator aber -^ekgebracht haben Gell Isid 
rneinen Gebrauch bestimmt. Vielleicht hatten a. 0.). Jedenfalls smelte sie nar-h L yLit I 

b rX:oSlSb°e n r he T' "^^ ?^ C ^isisUiden" kein/S ZC td^rlah 
7,?r ff l.rii p^ e ^f™ mlU o? e - n an S ele g t Dle unbedeutend oder blieb nicht lange erhalten. Auch 

•iel S 1 t f h ? ngen vT B ™? m > so in den n * chste " Jahrhunderten gewannen B bei 
viel sich sehen lasst, je am Ende mit den An- aller Freude der Griechen an IJtteratur keinen 

tbriJent fl wft >, i g ' f ol g\ d f St . el ^ e waren zm,achst fiir den ^undlichen Vortrag be- 
eSsteines l m ^nW T g fT le , tZter ; Z<iil \^^ ™d Tnirden auch spater vielfach nufvor- 
eines bteines am Anfang des folgenden (unsere 50 gelesen oder in einzelnen Exemplaren schriftlirb 
.Cnstoden') gewahrt (s. auch C. Bezol d Uber KeU- verbreitet. Auf langere ErhaUut und oft S 

nml% Tul g T'- V ° r \ r , 18> Se ^ ?i t 25 ™^°^ BenutzLg war ma™?g beLht ; 

Ji-Tt 1 v, I/' a UCh scheln « n klelnere Tiifelchen die offenen Laden der Buchhiindler vertraten in 

den Inhalt der zum einzelnen Werke geherigen genugender Weise die B. Pachschriftsteller und 

Steme angegeben und so zur Orientierung gedient Genolsenschaften sammelten m frflhes en d"e 

zu haben. Dass es Verzeichnisse der ganzen Samm- Schriften der Berufsgenossen : Tei Isokr XIX 5 

ung gegeben hat lasst si ch nur vermuten. Ge- ein Seher; Alexis fr|. 135 K L nos a£ Lehrer 

,v,s S besassen auch d.e Agypter, dem Alter ihrer ( V gl. Xen. mem IV 2 10) auch d?e Fursten der 

schnftlichen Aufzeichnungen und ihrem auf Wah- kllinen griechischen S aa en be^esen ^ In eresse 
rung der Tradition gerichteten Sinne entsprechend, 60 dafiir. Im einzeinen werden B des Euthvdemos 

m ihren lempeln und Palasten Sammlungen von (Xen. a. 0.) , des Euripides , d« BiSE von 

Schnften zumeist wohl far rituelle und Lehr- Athen (Archon von 403) und des ^kokrates von 

zwecke, aber auch Tur Rechtspflege (vgl. Diod. I Kypros bei Athen. I 3 a genannt S ; Klearchos der 

i eS™ itS A Dl °V f \ h f C T TyraM V ° n Heraklea - Pontos solt dar In t 

fund de^ Z^L£ e ' aber r r d ?, rC v h de " Be - m andere F(irsten ttbertroffen haben {Memnon 

4 T\ -L v. Sgrabungen nur zum Tel1 bestatigten bei Phot. bibl. 222 b). Von srerWem Umfan*r war 

Abschnitt uber einen grossen Bau (o^a) des alten, sicher des Demosthenea ^ BibHothek di Tr eLen 

S on S tunbek a nnte„K fi „igsOs 3 -mandyasinTheben handig sich zusammen^schrieben haben ToU 



(Luc. adv. indoct. 4). Der erste, welcher vor der bliothek fasste vielleicht schon Ptolemaios Lagi, 

Ptolemaeerzeit eine grOssere Bibliothek anlegte 323 — 284 bezw. 282 v. Chr. Diese Annahme 

und planmassig ordnete, war Aristoteles (Strab. stiitzt sich, von allgemeinen Erwagungen abge- 

XIII 608 hqwzos <ov u}jn,ev avvayaymv fiipUa. Kal sehen, wesentlich auf Euseb. h. e. V 8, 11 (aus Ire- 

dtSd^a; zov; iv Alyvnrq) fSaaiteas fli^kioihjHfjg naeus), eineStellePlutarchs(apophth.reg. p. 189D), 

avvra^iv). Dies entspricht sowohl der Vielseitig- die indes eine andere Erklarung zulasst, und auf 

keit wie der gelehrten und historisch begrtindenden die Nachrichten, welche den Demetrios Phalereus 

Richtung der von ihm und seinen Schiilern ge- (296/5 nach Alexandrien ubergesiedelt) in Verbin- 

pflegten Philosophie. An seine miindliche oder dung bringen mit der Griindungjener Bibliothek 
schriftliche Tradition knupfte vielleicht Artemon 10 (s. Aristeas bei Euseb. pr. ev. VIII 2 p. 350 a. 

von Kassandreia an, welcher ein Buch tisqi avva- Jos. ant. Iud. XII 12. Tert. apol. 18. Epiph. ti. 

ycoyijg flifiXicov (Athen. XII 5 15 e) und wenigstens jxsxq. c. 9), da engere Beziehungen dieses Mannes zu 

zwei Bucher (tipXiwv xgrjoewg (Athen. XV 694 a) dem zweiten Ptolemaeer mit Recht geleugnet wer- 

schrieb, zumal wenn er auch der Sammler der den. Jedenfalls wird auch Ptolemaios Philadelphos 

aristotelischen Briefe ist (s. Susemihl Gesch. d. (284 bezw. 282 — 247/6) mehrfach als Schopfer der 

gr. Litt. I 512). A. Gercke (o. B. II S. 1018) B. genannt (Athen. V 203 e. Euseb. und Epiph. a. 
schatzt auch des Aristoteles Lehrapparat nur auf O. c. 9. 10. Tzetz. a. O. 106; vgl. auch Tert. apol. 

mehrere Hundert von Rollen. Dieser wurde dem 18), und wir dilrfen annehmen, dass erst der zweite 

Nachfolger an der Spitze der Schule Theophrast Lagide , welcher sicher das Museum grundete, 
und von diesem mit der eigenen Sammlung an 20 diesem die Bibliothek als organischen Teil ein- 

Neleus vermacht (Diog. Laert. V 32). trber die fiigte, die Sammlung planmassig vervollstandigte 

weiteren Schicksalc dieser Bibliothek s. unter und den Gelehrten des Museums die Bibliothek 

Apellikon Nr. 1. Teile von ihr kamen an als weites Arbeitsfeld zuwies. Uber die Mittel, 

Apellikon und mit dessen Biicherschatzen durch deren die Ptolemaeer sich beim Sammeln der 

Sulla nach Rom. Hier beniitzten sie Tyrannion, Bucher bedienten , wenn Geld nicht ausreichte, 

Lehrer des Strabon, dessen Nachrichten fiber jene giebt es manche Anekdoten; vgl. J. G. Heyne 

Bibliothek daher besonderen Glauben verdienen, Opusc. acad. I 126 Anm. Die zahlreichen Schiffe, 

durch die Gunst des Verwalters der sullanischen die in Alexandrien einliefen, mussten ihre Bucher- 

Bibliothek, sowie Buchhandler (s. Strab. XIII 609), rollen herausgeben und sich mit Abschriften be- 
besonders auch Andronikos von Rhodos (s. d. Nr.25). 30 gniigen (Galen. XVII 1 p. 603) ; der Stadt Athen, 

Obrigens darf man sich den Einfluss, den Aristo- welche das Staatsexemplar der drei grossen Tra- 

teles auf die Ordnung der alexandrinischen B. giker gegen ein Unterpfand von 15 Talenten ge- 

ausiibte , auch nach den Worten Strabons (s. o.) liehen hatte , sandte Ptolemaios Euergetes eine 

wegen des Plurals ^aauJag nicht als einen directen schone Abschrift und liess das Pfand verfallen 

vorstellen. (Galen. XVII 1 p. 607; vgl. auch Susemihl II 

V. Alexandrinische Bibliotheken. Weit- 667f.). Die GrOsse der B. wird ganz verschieden an- 

aus die hervorragendste Lcistung auf dem Gebiete gegeben (s. Parthey a. O. 77 und Ritschl 31ff.); 

des antiken, ja vielleicht des gesamten B.-Wesens die Zahlen stammen zum Teil aus verschiedenen 

ist die grosse Bibliothek (fj ^yahj fiiflXw&rjx-ri) Zeiten ihrer Entwicklung, beziehen sich wohl auch 
des Museums in dem neugebauten Alexandrien, 40 auf die eine oder die andere der alexandrinischen 

eine Grfindung der ersten Ptolemaeer ; vgl. uber B. und vielleicht nur auf eine der zwei Arten von 

sie Bonamy M£m. de l'ac. d. inscr. Paris IX Buchrollen, die Tzetz. a. 0. deutlich unterscheidet ; 

(1731) 397ff. Ger. Dedel Hist. crit. biblioth. einige Stellen bedurfen aber anscheinend einer 

Alex, (in Annal. acad. Lugd. Bat. 1822, 3). G. Berichtigung der Zahl oder beruhen auf Irrtum. 

Parthey D. alex. Museum (1838). Fr. Ritschl Arist, a. 0. Joseph, a. 0. Zonar. ep. hist. IV Vi 

D. alex. Bibliotheken unter d. ersten Ptolem. p. I 199 P. lassen den Demetrios Phalereus die 

(1838). mit einem Corollarium von 1840 und ande- Zahl der zusammengebrachten Rollen auf mehr 

rem abgedruckt in Opusc. phil. I (1866) Iff. Von als 200 000 angeben mit dem Zusatz, dass er sie 

Ritschl wurde auchS.3f. z-uerst das sog. Scholion in kurzem auf 500000 zu bringen hoffe. Unge- 
Plautinum, eine Hauptquelle unsereT Kenntnis von 50fahr diese Zahl, namlich 400000 ovfi/uiyeZs (lijlloi 

den alexandrinischen B., mitgeteilt, das sich spater und 90 000 dfiiytTg fiifSXoi (s. unter 'AfiiysTg fit- 

als Cbersetzung aus des Jo. Tzetzes Proleg. scho- flkot), umfasste die grosse Bibliothek zur Zeit 

lior. in Aristoph. erwiesen hat (H. Keil Rh. Mus. des Kallimachos (Tzetz. a. O.). Fiir die Zeit 

VI 108ff. 243ff., auch in Ritschl Op. I 197ff.), Caesars vor dem Brande der Bucher verdienen 

und zwar aus dem zweiten, weit reicheren und Gell. VI 17 und Amm. Marc. XXII 16, 13 mit 

besseren Tractat (a. O. 206ff.) ; fiber das Verhaltnis 700 000 Rollen mehr Glauben, als Senec. de tranq. 

dieser und einer anderen Quelle s. Dziatzko Rh. an. 9 und Oros. VI 15, 31 mit der Zahl 400000. 

Mus. XL VI 349ff. Uber die alexandrinischen B. vgl. Xeben der grossen Museumsbibliothek gab es eine 

lerner Ath. Dimitriadis 'Iotoq. Soxi/u. rutv'AXc^. kleinere im Serapeum von Alexandria (s. Epiph. 
flijiX., Diss. Leipz. 1871. C. Haeberlin Centralbl. 60-^. /utq. c. 11 ; vgl. auch L. Traube in Comment. 

f. Bibl. VI 481ff. VII Iff. Fr. Susemihl Gesch. Woelfflin. [1891] 202), von Ptolemaios Philadel- 

d. gr. Litt. I 335ff. II 666ff. Diese SchOpfung phos gegrundet (Tzetz. a. O.); nach Epiphanius 

der Ptolemaeer sollte gleich andern Einrichtungen hiess sie ^vyaxrjg der ersten ; sie zahlte nach 

dem Griechentum unter den starr am Alten hangen- Tzetzes zur Zeit des Kallimachos 42 800 Rollen. 

den und den Fremden abgeneigten Agyptern zur Ritschl vermutet, dass die kleinere aus Rollen 

geistigen Stfitze dienen und als Arsenal bei Aus- gebildet wurde, die beim Ordnen der grossen sich 

breitung und Befestigung der geistigen Herrschaft als entbehrlich herausstellten ; eher lasst sich aber 

der Griechen. Den Plan zur Griindung der Bi- an eine auf die Bedurmisse der Kreise ausserhalb 



411 



Bibliotheken 



Bibliotheken 



412. 



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Bibliotheken 



Bibliotheken 



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des Museums und der Konigsburg berechnete Bi- anstellen liess (s. den in Eopenhagen 1871 ver- 

bliothek in revidierten und modern ausgestatteten Offentlichten Bericht; ferner Stoffel Hist de Jul 

Exemplaren (dfiiysTg fiifilot) denken; vgl. Aphth. C<5sar II [1887] 257ff. und pi. 19; die Karte 

prog. 12 p. 107 W. arjxol x&v otocov . . . totg <pdo- auch in Ztschr. d. Ges. f. Brdk. VII 1872 Taf V 

novovoir avsqiy/tsvoi ydoacxpeiv xai jtohv anaoav und S. 337ff.) , und solche jiingeren Daturas' (s 

ms egovoiav iijg ooyiag sjiaigovtsg. In spatrOmi- Neroutsos-Bey L'anc. Alexandrie, Paris 1888 

scher Zeit wurde der Serapistempel Hauptsitz der ch. 2 p. 7) lassen mit Grand vermuten, dass das 

Gelehrsamkeit und einer beriihmten Bibliothek; Museum etwa in der Mitte der Neustadt, in der 

im J. 390 n. Chr wurde er durch den Patriarchen westlichen Halfte der Stadt, noch sildostlich vom 
lheophilusvonAlexftndrienzerst8rt(Tgl.BonamylOHeptastadion, 400m. vom grossen Hafen lag 

a. U. 413f.). Noch zu Orosius Zeiten waren die An der Spitze der grossen Bibliothek standen 

leeren Buchergestelle (armaria) in den Tempeln der Eeihe nach (s. auch 0. Seemann De pri- 

Alexandnens zu sehen (Oros. a. O. 32). Reste des mis sex bibl. Alex, custodibus, Progr y Essen 

Serapeums sind neuerdings durch Bo tti ausge- 1859. W. Bus ch De bibliothecariis Alex, qui fe- 

graben nach Academy nr. 1220 (1895), 230. runtur primis [Diss. y. Rostock], Schwerin 1884): 

Die Lage der grossen Bibliothek innerhalb des 1) Zenodotos, nach Suid. und Tzetz I. II (S 200 

Bruchion steht erst seit kurzer Zeit mit Wabr- 207 bei Ritschl) unter Ptolemaios Philadelphos 

scneinlicnkeit lest. Dass sie mit dem Museum und Euergetes I. bis gegen 01 136 T234 y Chr 1 

innerlich und daher auch ausserlich eng verbunden (s. W. Busch 10). Auf ihn lassen Ritschl u a 
war, schlossPartheya. a. O. 53. 65 aus der vit. 20 (auchSusemihlI337ff.; W. Weinberger Jah'rb' 

anon, des Apollonius Rhodius fp. 51 Westerm. f. Philol. 1892, 272; Kallim. Stud. [Wiener Progr" 

as xai zwv fltpXwfa/xcov tov Movosiov d^ico&ijvai 1895] 4ff.) den Kallimachos folgen, doch bezeich- 

Z V l? V h r l ? ■ lst dle Stelle anschein end lflcken- net Tzetzes ihn nur als veavloxog zfjg aiirjg (dazu 

halt. Mehr ist aus Athen. V203e zu schliessen s. W. Weinberger Jahrb. f. Philol. 1892,272) 

(Ttegi de jlifilLan, Tilrj&ovg xai p^hodrjxiov xat-a- und dadurch wird auch im Schol. Plaut. der Zu- 

cxevris xai Ttjg slg to Movastov avvaycoyfjg xi Set satz bibliotheeariut hinter aulious reqius ver-" 

xai leyetv xrk). Das Museum nennt Strab. XVII dachtig. Auch sonst flndet sich nichts von seinem 

it ^-i™ de ^ v f^eos, und Tzetzes (a. O. 206, Vorsteheramte , das iiberdies trotz seiner ausge. 

l£) bezeichnet ( die Bibliothek selbst als Saco xtiv dehnten litterarhistorisehen und bibliographischen 
avaxTOQmv xai fiaoddov im Gegensatz znr Sera- 30 Thatigkeit aus chronologischen Griinden unwahr- 

peumsbibliothek (ij extdg). Auch von Herond. mim. scheinlich ist (W. Busch 24. Dziatzko a O 

I 31 wird bei Aufzahlung der Glanzpunkte Ale- 351. 359). 2) Eratosthenes, nach Suid. s. 'AtioX- 

xandriens das fiovotjiov, mcht aber die Bibliothek Iwnog sowie Tzetzes unter Ptolemaios Euergetes I 

besonders genannt. Am Hafen lag die Bibliothek Philopator und Epiphanes, etwa von 01 136 

sicher nicht da Strabon XVII 794 die dort ge- -146, 2 (195 v. Chr.). Die Worte des Tzetzes 

legenen Banten der Reihe nach beschreibt, ohne oder des Schol. Plaut. sind ubrigens an dieser 

Bibliothek oder Museum zuerwahnen. Wennnach Stelle nicht in Ordnung. Auch persSnlich soil 

Oros. VI 15 31 in Caesars Kriege gegen Pom- Eratosthenes nach Hipparchos eine grosse Biblio- 

pems im J. 47 beim Brande der Plotte im Hafen thek besessen haben (Strab. II 69). Als sein 
auch der grosste Teil jener Bibliothek in Flammen 40 Nachfolger wird (3?) von Suidas (s v p 51 We- 

aufgmg die Rollen sich also in der Nahe des sterm.; vgl. s. A e ioxo<pavr,g) und im SlogAnoU. 

Halens betanden, so ist anzunehmen, dass die ausdriicklich , aber an letzterer Stelle nur nach 

Bucher damals gerade aus ihrer eigentlichen Statte Angabe einzelner (zivkg 8S <pamv . . .) Apollonios 

entiernt waren (daher bei Oros. quadringenta milia von Rhodos genannt, doch hat man ihn neuer- 

hbrorum proximis forte aedibus co-ndita exus- dings aus chronologischen Grtinden aus der Reihe 

sit), wahrscheinhch um sie nach Rom zu ver- gestrichen (s. Busch 30ff. Dziatzko 359ft) 

laden (s. Parthey 32f.). Eine Unterstiitzung 3) (oder 4?) Aristophanes von Byzanz, nach Suidas 

hnoet diese Ansicht in Auct. b. Alex. 1 (incendio unter Ptolemaios Epiphanes vom 62. Lebensiahre 

fere tuta est Alexandria, quod sine contignatione an (etwa 01. 146, 2 = 195 v Chr ) bis gegen 
ac materia sunt aedificia et strmturis ae for- 50 01. 149, 4 (= 181 v. Chr) vgl Busch 49f 4) 

mcibus t eonhnentur tectaqim sunt rudere out pa- (oder 5?) Aristarchos von Samothrake (nur nach 

mmentis), was der Verfasser nicht behaupten Tzetz. S. 207; vgl. Dziatzko a. O.) unter Ptole- 

konnte, wenn gerade in jeneni Kriege die Bucher- maios Philometor etwa bis zu dessen Tode (01 152 

samrnlung innerhalb lhres eigenen Baues verbrannt 2 = 171 v. Chr.), langere Zeit vor dem eigenen 

ware. Plutarch Caes. 49 berichtet zwar von einer Ende. Mit ihm ging die Reihe der grossen ale- 

Ubertragung des Feuers^ auf die Bibliothek, und sandrinischen Bibliothekare und die Zeit grosser, 

Cassius Dio XLII 38 (coots a/la zs xai to vsd>- grundlegender Arbeiten zu Ende; mit der politi- 

ejov xag zs ajiodrfxa; xai zov aixov xai tow pi- schen Bedeutung sank auch die ienes wissenschaft- 

pz-av . . . xav&ijrai) meint wohl auch mit ano- lichen Institutes. Auf diese Zeit geht wohl Se- 
nrn ^ X(oy das Bibliotheksgebiiude selbst (wie 60 necas geringschatziges Urteil (de tranqu an 9) 

(LIU 1; b. o. Bd. II S. 184), doch konnen das wahrend Livius (bei Sen. a. a. O.) es elegantiae 

xr ng i? . b * hl " Sse s ® ln , aus der J enen vorliegenden regwn curaeque egregium opus genannt hatte 

JNacnncnt, dass mit dem vsmntov zugleich Bucher- Einen spiiteren Vorsteher der Bibliothek 'Ovr',oar- 

vorrate verbrannt seien. Unter Aurelian wurde doog Navoix e &zovg aus der Zeit bald nach 89 

das Bruchion grflsstenteils zerstort (272 n. Chr.); v. Chr. unter Ptolemaios Soter II., lemen wir 

vgl. o. m. 1 b. 1386). Ausgrabungen, die Ismail aus einer cyprischen Inschrift kennen (Journ. Hell 

Pascha durch Mahmud Bey im J. 1866 fur Na- Stud. IX 240) ; seine Bezeichnung als avyysv^g des 

poleon in. an der Stelle des alten Bruchion KOnigs beweist, dass der iiussere Glanz der Stel- 



lung verblieben war. Im J. 47 v. Chr. verbranute wird von Tzetz. S. 206 Kallimachos zugeschrieben 

der grosste Teil der Bfichersammlung (s. S. 411). (s. S. 412). Das Gleiche lasst sich aus Athen. 

Caesar wollte sie nach Rom tiberfiihren, doch nicht VJLLL 336e schliessen: ovxs yag KaXXl/uaxog ovxs 

bios um dem Volke der Hauptstadt das ganz neue 'Agwzoqpdrijg avto avsygayav, aXV ovd 1 olrag er 

Schauspiel einer im Triumphe aufgefilhrten Bi- JJe^ydfico avayQayag itoirjod/ievoi; indes 

Miothek zu geben (Parthey 32), sondern im rich- war die katalogisierende Thatigkeit jener zugleich 

tigen Verstandnis von der Bedeutung umfassender mit einer kritischen verbunden, indem man z. B. 

Litteratursammlungen (s. u.). Wenige Jahre spater fur unecht gehaltene Schriften nicht mit dem 

schenkte nach Calvisius bei Plut. Ant. 58 Anto- Namen des angeblichen Autors bezeichnete (z. B. 
nius der letzten Kleopatra die Bibliothek von Per- 10 Athen. VIE 336 d. e. Dion. Hal. n. x. &q%. q^z. 

gamonmit 200000 fitfiMa aula. Diese Nachricht p. 332 M.); vgl. auch E. Egger Callimaque con- 

wird von G. Lumbroso L'Egitto ai tempi d. sid. comme bibliographe , Annuaire d. e"t. grecq. 

Greci e d. Romani 2 1895, 134ff. bestritten, doch X 70ff. Wahrscheinlich fasste Kallimachos in den 

scheint gerade der Gebrauch des seltenen biblio- m'vaxsg zum Teil nur die angestrengte bibliothe- 

thekstechnischen Wortes (s. unter 'AfiiytXg ft I- karische Arbeit frttherer und gleichzeitiger Ge- 

/?Ao()mindestens auf eine gute Quelle hinzuweisen. lehrten, welche ftlr jene Bibliothek arbeiteten, 

In der 2. Halfte des 1. Jhdts. n. Chr. war der zusammen, was ubrigens auch von dem litterari- 

Grammatiker Dionysios, Sohn des Glaukos, Vor- schen Werke gelten mag, far das er den bibliothe- 

steher der B., ein Nachfolger seines Lehrers, des karischen Titel Illvaxeg (120 Bucher) beibehielt. 
Philosophen Chairemon (Suid. s. Aiovvawg). S. 20 Die tiefgehende und nachhaltige Wirkung der 

auch S. 423 iiber L. Iulius Vestinus. grossen alexandrinischen Bibliothek zeigt sich, ab- 

Die Anordnung der Bucher in der alexandrini- gesehen von den wichtigen dort ausgefiihrten 

schen B. scheint im ganzen sachlich gewesen zu oder angeregten litterarhistorisehen Arbeiten, auch 

sein(s. Susemihl I337ff.). Der alte Gebrauch des in der festen Praxis, die Yon dort hinsichtlich 

Plurals fur diese B. lasst an niehrere grosse der ausseren und inneren Ausstattung der Buch- 

Gruppen denken. Im einzelnen bildete, wie C. rollen (Bucheinteilung, Stichometrie u. dgl.) aus- 

Haeberlin Centralbl. f. Bibl. VI 494ff. fur die ging, soweit die Exemplare filr den Buchhandel 

Homerausgaben mit Recht ausffihrt, die Provenienz oder fiir B., also fiir die Offentlichkeit bestimmt 

der Bucher sehr sachgemass einen Hauptgesichts- waren ; ferner in der Entwicklung des Buchhan- 
punkt filr die Ordnung der Rollen jedes einzelnen 30 dels, fiir den Alexandrien lange Zeit massgebend 

Autors, bei Homer z. B. ai xaxa nolsig und ai war und dureh Rom erst spater zum Teil ersetzt 

xaza avdQa exddosig ; auch Galen XVII 1 p. 603 wurde (s. Strab. XIII 609, wo allerdings zugleich 

(iiber die Abteilung za ix Tikoiwv) spricht dafiir ; iiber die fehlerhaftcn Buchhandlerexemplare Ale- 

vgl. Vitr. VII praef. 7. Ferner miissen in der xaudriens geklagt wird. Suet. Domit. 20). 

fertig geordneten Bibliothek die avfiftiyeZg und VI. Pergamenische Bibliothek. Junger 

dfuyetg pifttoi laumlich getrennt gewesen sein oder als die alexandrinische Bibliothek ist die von Per- 

andere leicht unterscheidbare aussere Merkmale gamon, welche die Attaliden in Nacheiferung der 

gehabt haben, so dass ihre gesonderte Zahlung Ptolemaeer anlegten. Man ist im Zweifel, oh 

durchfiihrbar war (Dziatzko a. a. O. 369). Die Attalos I. (241—197 v, Chr.) nach Se'vin (Mem. 
den alexandrinischen Bibliothekaren zufallende 40 de l'ac. d. inscr. XII [1734] 237f.) oder dessen 

Thatigkeit, welche sich fiir uns mehr der Sich- Sohn Eumenes II. (197 — 158 v. Chr.) nach Strab. 

tung und Beschreibung einer Hss. -Samrnlung als XIII 624 (so C. Fr. Wegener De aula att. p. I 

einer Bibliothek gedruckter Biicher vergleichen [Hann. 1836] 51 — 57) der erste Begriinder war. 

lasst, bestand fiir den einzelnen Schriftsteller in Vielleicht beziehen sich, wie bei den ersten Ptole- 

der Feststellung seiner verschiedenen Schriften, maeern, die Verdienste des Vaters mehr auf die 

ihrer Echtheit, ihres Umfanges und ihrer Folge, erste Samrnlung der Biicher, die des Sohnes auf 

sowie in ihrer Einteilung in Biicher (Einzelrollen) die Organisation der Bibliothek und den Biblio- 

nach Riicksicht auf Inhaltsabschnitte und ange- theksbau. Von den 'Axzahxoi fiaodstg im allge- 

messene GrOsse ; im grossen aber in der Grup- meinen , welche nach Buchern fiir die pergame- 
pierung der Schriftsteller , vermutlich nach den 50 nische Bibliothek suchten, spricht Strab. XIII 609. 

im Altertum geliiufigen Arten der Schriftstellerei, Nach Plin. n. h. XIII 70 suchte Ptolemaios Euer- 

und in der Aufstellungentsprechender Verzeichnisse getes II. oder Physkon (146—1 17) die Entwicklung 

(mvaxsg) innerhalb der Beniitzungs- und vielleicht der pergamenischen Bibliothek durch ein Verbot 

auch der Lagerraume. Diese betrafen die Namen der Chartaausfuhr zu hindern, was der Pergament- 

der Autoren und ihrer Schriften, vielleicht auch fabrication einen grossen Aufschwung gegeben 

deren Unifang nach Zahl der Verse und Zeilen habe. Unter den dort thatigen Gelehrten war Krates 

(&tj7 und (tt/^oi) u. s. w. Schon der Name xivaxeg, von Mallos der bedeutendste ; Diog. Laert. VLI 34 

der nicht vom Litteraturbuch hergenommen ist, nennt einen Athenodoros (s. d. Nr. 18) als Vor- 

beweist, dass es sich dabei zunaehst um eine B.- steher der Bibliothek unter Attalos II. Die dva- 
Einrichtung handelte. Wie allgem ein solche spater 60 yqacpai (= ziivaxtg) dieser Bibliothek werden bei 

in B. im Gebrauch waren, lehrt Quint, inst. X Athen. VTH 336 e erwahnt. Bauliche Reste der 

1, 57 nee sane quisquam est tarn proeul a eo- pergamenischen Bibliothek glauht man auf der 

gnitione eorum (poetarum) remains, ut non in- Nord-Nordwestseite des den Tempel der Athena 

dicem certe ex Mbliotkeca sumptum transferre in Polias umgebenden Platzes entdeckt zu haben in 

libros suos possit (vgl. Philod. .t. y doa. a. O. einer Saulenhalle und der nOrdlich daran stossenden 

Sg at x dvaygaqiai tmv mvdxmv at xe f}iflJlio&i}xat Zimmerreihe. Von dieser zeigt das ostlichste beson- 

crjfiairovair). Die Abfassung der niraxeg fiir die ders bemerkenswerte Eigenheiten. S. A. Conze 

alexandrinische Bibliothek (/tcia ztjv dvog&coair) S.-Ber. Akad. Berl. 1884, 1259—1270. 1885, 



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37, nachdem vorher Chr. Belger Phil. Wochen- Paullus die Bibliothek des makedonischen KSnigs 
schr. 1882, 452 kurz die gleiche Vermutung ge- Perseus nach Rom (Isid. or. VI 5, 1. Plut. Aem. 
iiussert hatte (vgl. .Rich. Bohn Altert. v. Pergam. Paul. 28), durch Sulla die des Apellikon (s. d. 
II [1885] 56—71 und Taf. 3. 4. 32. 33; Jahrb. und Luc. adv. ind. 4), durch L. Lucullus expon- 
d. pr. Kunsts. Ill [1882] 47ff. 86f.). Jedenfalls tiea praeda eine Bibliothek, die natiirlich an 
war jener Bau im ganzen fiir eine Bibliothek sehr griechischen Texten besonders reich war (Isid. a. 
geeignet; der Fund einer Colossalstatue der Athena 0. Cic. de fln. Ill 7f. Plut. Luc. 42). Die Bi- 
(jetzt in Berlin) vor dem bstlichen Eaume (vgl. bliothek des Grammatikers Tyrannio, in welche 
auch S.-Ber. Akad. Berl. 1893, 207ff.) und ver- durch Sulla auch die Aristotelesbibliothek ge- 
schiedener (4) Sockelinschriften zu (fruher dort 10 langte (s. o. S. 409), erreichte eine Hohe von 30000 
vorhandenen) Statuen des Homer, Alkaios, Hero- Rollen; Atticus hatte eine hochst wertvolle Bi- 
dotos und Timotheos von Milet, die anscheinend bliothek, anscheinend mit vielen Originalmanu- 
im gleichen Bereich sich fanden, spricht positiv scripten oder doch gut revidierten Abschriften, • 
dafiir, wenn wir bedenken, dass bereits die Ktmige deren er ja schon fiir seinen Verlag bedurfte (vgl. 
von Alexandrien und Pergamon nach einer Tra- Cic. ad Att. IV 14, 1. XIII 81, 2. 32, 2). Cicero 
dition des Altertums ihre Bibliothek mit Portrat- hatte gern diese kauflich erworben (ad Att. I 4, 3 
darstellungen der bertthmten Schriftsteller aus- quod si adsequor, supero Orassum divitiis atque 
schmuckten (Plin. n. h. XXXV 10), und dass die omnium vicos et prata eontemno. I 10, 4); auch 
Athenastatue zum regelmassigen Inventar einer lasst er sich von Leuten des Atticus helfen bei 
Bibliothek gehOrte (Iuv. Ill 219; vgl. z. B. Plin. 20 der Neuordnung der eigenen Bibliothek (ad Att. 
n. h. VII 210). Zwei weitere Sockelinschriften I 7. IV 4 b. V 8 a, 2). Viele Stellen zeigen, wie 
auf den Historiker BdXaxoos MeXeayoov und den grossen Wert er auf seine Bibliothek legte (z. B. 
'AnoUwviog $dwrov sind bei Max Frankel ad Att. I 4, 3. II 1, 12. IV 8a, 2 postea vera 
Inschr. v. Perg. I (1890) nr. 202f. erwahnt. Da- quam Tyrannio mihi libros disposuit, mens ad- 
gegen unterstiitzen die baulichen Besonderheiten dita videtur meis aedibus); auch auf seinen Land- 
des ostlichen Hauptsaales, von denen Conze ge- sitzen hatte er deren, z. B. in Antium (s. ad Att. 
rade ausgeht, nicht die Hypothese von seiner Be- II 6, 1). Vgl. tiberhaupt J. M. Unold De bibl. 
stimmung fiir die Bibliothek. Die Deckplatten des M. Tullii Ciceronis, Jenae 1753. Auch Quintus 
Sockels sind ohne Spuren einer Verklammerung Cicero hatte eine Bibliothek (Cic. ad Qu. Ill 4, 5). 
(Bohn 59), und doch konnen ohne solche Biicher- 30 Varro verlor einen ansehnlichen Teil seiner Biicher 
gestelle darauf nicht fest gestanden haben ; auch durch Pliinderung infolge der Proscription ((Jell, 
lassen die Spuren einer Wasserrinne mit Sammel- III 10, 17). Virgils Bibliothek stand nach Don. 
lochern, sowie die Cisternc sich mit der Bestim- vit. Verg. p. 66 ReifF. seinen Freunden in freiester 
mung einer Bibliothek schwer vereinigen. Wahr- Weise offen nach dem Grundsatz za r&v tpiXwv 
scheinlich war also jener Raum zu anderem be- xoivd. Persius vermachte seine Bibliothek von 
stimmt, zunachst zur Aufnahme von Statuen und 700 Rollen (Schriften des Chrysippos) seinemLehrer 
Relieftafeln an den Wanden, etwa ein Festsaal der Cornutus (Suet. p. 74 R.); der Grammatiker Epa- 
Bibliothek (vgl. Strab. XVII 793 fiber den alxog phroditus brachte es zu einer Bibliothek von 30000 
fur die Museumsgelehrten in Alexandrien); auch Rollen (Suid.); des Herennius Severus Bibliothek 
kann er nach Entfernung der Buchersammlung 40 erwahnt Plin. ep. IV 28 , 1 ; die verschiedenen 
umgebaut und fiir andere Zwecke hergerichtet des Silius Italicus ebd. Ill 7, 8; Mart. VII 17 
worden sein. Vgl. Dziatzko Samml. bibl. Arb. die des Iulius Martialis auf dem Ianiculum (IV 
x 38ff. 64, Iff.); die des Stertinius Avitus mit einem 
VII. BibliothekendesROmerreichs. Vgl. Bilde Martials ebd. IX prooem. Dass damals die 
De bibl. Romanorum praes. Brh. Reusch def. Bibliothek eines ATmeren kaum so viel Rollen ent- 
Chr. Curio, Helmstedt 1734. J. F. Eckard De Melt, als das Geschichtswerk des Livius umfasste, 
bibl. Roman., Eisenach 1790. J. F. Poppe De zeigt Mart. XIV 190. Um 200 n. Chr. brachte 
priv. atque illustr. publ. veterum Rom. bibl. earum- Serenus Sammonicus der Vater eine Bibliothek von 
que fatis, Berlin (Progr.) 1826. J. Marquardt ca. 62 000 Rollen zusammen, die sein Sohn dem 
Privatl. 114.4; vor allein O. Hirschfeld Unter- 50jiingeren Gordianus hinterliess (Hist. Aug. Gord. 
such, auf d. Geb. d. rom. Verw.-Gesch. I 186ff. 18, 2). Symmachus (ep. IV 18, 5) erwahnt seine 
und Max Ihm Centralbl. f. Bibl. X 513ff. In Bibliothek, Apollinaris Sidonius (ep. VIII 4, 1) 
Rom entwickelte sich die Bucherliebhaberei und die reiche Bibliothek des Consentius, ep. II 9, 4 
damit die Anlage von B. erst seit dem Eindringen die des Ferreolus, ep. VIII 11, 2 die des Lupus 
griechischer Bildung. Die alten tabulinae der und ep. IV 11, 6 die dreifache Bibliothek (romana, 
romischen Beamtenfamilien und Magistrate hatten attica, Christiana)., deren magister Claudian war -, 
mehr den Charakter von Archiven (Vitr. VI 4, 8. ebenso spricht Hieron. ep. XXII 30 von seiner 
Plin. n. h. XXXV 2. Fest. 356). Xoch am Ende fruheren Bibliothek in Rom und sonst mehrfach 
des zweiten punischen Krieges verschenkte der (z. B. ep. V 2) von seiner spiiteren (christlichen) 
Senat nach der Eroberung Karthagos die erbeute- 60 Bibliothek , die er durch Abschreiber stets ver- 
ten Bucher, die vermutlich zumeist in punischer mehren liess (vgl. Isid. orig. VI 6, 2, wo auch 
Sprache abgefasst waren. an die kleinen Konige vom Sammeleifer des Gennadius berichtet wird). 
Africas (Plin. n. h. XVIII 22). Seit der Mitte Augustinus gedenkt seiner Bibliothek zu Hippo 
und dem Ende des 2. Jhdts. v. Chr. aber waren (op. VIII col. 27 ed. Par. = de haer. 88) ; vgl. 
die siegreichen Feldherrn und Manner ihres Ge- J. M. Chladenius De fortuna bibl. d. August. 
folges um die Wette beinuht, die B. der griechi- in excidio Hippon. (1742). Der Kaiser Iulian er- 
schen Lander als Beute oder durch Kauf nach wahnt die reiche und grosse Bibliothek des Pa- 
Rom zu entftihren. So kam durch L. Aemilius triarchen Georgios von Alexandrien (ep. 36). Beson- 



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418 



ders in den zwei ersten Jahrhunderten der Kaiser- Ihm a. O. 515, 10). Andere Grundungen gleicher 

zeit war eifriges Buchersammeln Mode geworden ; Art folgten zu Rom in den ersten Jahrhunderten 

vgl. Sen. de tranq. an. 9, 4ff. quo innumerabiles der Kaiserzeit (s. M. Ihm 515ff.). Augustus er- 

libros et bibliothecas, quarum dominus vim tota richtete (H) eine Bibliothek auf dem Palatin in den 

vita indices perkgitf 9, 7 iam enim inter bal- Porticos des 28 v. Chr. gewidmeten Apollotem- 

nearia et thermos bibliotheea quoque ut neces- pels (bibliotheea in templo Apollinis Palatini, 

sarium domus ornamentum expolitur; ebenso bibliotheea Palatina, bibliotheea Apollinis oder 

Lucian. adv. indoct. und Auson. epigr. 7 [44] p. 313 templi Apollinis; s. Ovid, trist. Ill 1, 60ff. Suet. 

Peip. ; auch Trimalchio bei Petr. 48 ruhmt sich Aug. 29. Cass. Dio LILT 1. Front, p. 68 Nab. 
seiner drei (zwei nach Biicheler z. d. St.) B. 10 Schol. Iuv. I 128; meist veraltet ist Sylv. Lur- 

(griechisch und lateinisch). Eine Privatbibliothek senius De templo et bibl. Apoll. Palat. etc., 

wurde in Herculanum ausgegraben; in ihr be- Frankfurt 1719). Pompeius Macer hat sie ge- 

fanden sich die spater edierten Volumina Hercu- sammelt (Suet. Caes. 56), nachher stand ihr Hygin 

lanensia; vgl. D. Comparetti e G. de Petra La vor (Suet. gr. 20). Sie zerflel in eine griechische 

villa Ercol. d. Pisoni, i suoi monumenti e la sua und eine lateinische Abteilung, die auch geson- 

bibl., Torino 1883 (weiteres bei M. Ihm 516). dert angefiihrt werden (CIL VI 5188. 5189. 5191. 

Selbst die Landhauser der Reichen waren damit ver- 5884) ; ungewissen Wertes ist die Notiz des Schol. 

sehen ; so die Ciceros (s. o. S. 416), das von Lucullus Iuv. a. O. . . . quia biblioihecam iuris eivilis et 

in Tusculum (Cic. de fin. Ill 7), die des Silius liberalium studiorum in templo Apollinis de- 
Italicus (Plin. ep. Ill 7), das des Consentius (Apoll. 20 dicavit Augustus. Sie brannte wohl unter Com- 

Sidon. ep. VIII 4, 1); vgl. CIG 6186. Ja B. modus ab (Galen. XIII 362), nach M. Ihm 517 

gehorten selbst zum festen Inventar der Land- erst im J. 363 wegen Amm. Marc. XXIII 3, 3, 

hauser, wie Dig. XXXIII 7, 12 § 3 1 (aus Ulpian) welcher indes den Brand des Tempels (nicht der 

lehrt (vgl. Paull. sent. Ill 6, 51): instrueto autem porticus) und die Gefahr der sibyllinischen Bucher 

fundo et biblioihecam et libros qui illie erant, erwahnt, die im Tempel selbst aufbewahrt wur- 

iti quotiem venisset ttteretur, contineri constat. den. Eine zweite Bibliothek grttndete Augustus 

sed si quasi apotlieea lilrrorum utebatur. contra in der Porticus der Octavia (Suet. Aug. 29), die 

erit dicendwm ; vgl. auch Dig. XXX 41 § 9. XXXII Melissus zu ordnen hatte (III). Sie war von der 

7, 12 § 34. 52 § 7. Kein Wunder ist es daher, dalmatinischen Beute gestiftet (nach 33 v. Chr.) 
dass in der Kaiserzeit auch umfangreiche Anlei- 30 und nach seiner Schwester Octavia benannt (Ovid, 

tangen zur Anlage von B. geschrieben warden, trist. Ill 1, 691 Cass. Dio XLIX 43. Suet, gramm. 

vermutlich vor . allem mit namentlicher Angabe 21). Inschriftlich kommt sie als bibliotheea por- 

und Besprechung der erwerbenswertesten Bucher ticus (oder de porticu) Octaviae,^ auch bibliotheea 

(raisonnierende Bibliographien), namlich von He- Octaviae vor , gleichfalls mit einer griechischen 

rennius Philo aus Byblos jisqI xtT/aecoe xai sxXo- und lateinischen Abteilung. Sie brannte 80 n. Chr. 

yfjg fiijiUmv (12 Biicher) und Telephos von Per- ab ; Domitian suchte sie mit grosser Muhe nnd 

gamon ^kiaxijs ZftxeiQiag fltpXia y' , iv oTs di- zum Teil mit Hiilfe der Biicherschatze Alexan- 

ddoxei xa xztjasmg a$ia fiipJa (Suid. s. v.; driens herzustellen (Suet. Domit. 20. Oros. VII 

vgl. BirtBuchw. 362f.). Durch lange Zeit mach- 16. Cass. Dio LXVI 24). Nochmals durch Feuer 
ten iibrigens in Rom griechische Autoren aus nahe- 40 zerstOrt, wurde sie 203 restauiiert (CIL VI 1034). 

liegenden Griinden den Hauptbestandteil der B. A. Pellegrini hat 1860 Spuren eines Saales 

aus; jedenfalls waren gute Exemplare alter latei- dieser Bibliothek gefunden (Boll. d. Inst. 1861, 

nischer Schriftsteller schwer zu erreichen (Cic, ad 24lff.; weiteres bei M. Ihm 518, 31). Plut. Marc. 

Att. H 1; ad Qu. fr. Ill 4. Birt a. O. 363f.). 30 erwahnt eine von Octavia dem Andenken ihres 

Eine erste Offentliche Bibliothek grdssten Sohnes Marcellus 23 v. Chr. geweihte Bibliothek, 

Stils war fiir Rom von Caesar geplant , Varro die ohne Zweifel mit der letztgenannten identisch 

hatte bereits den Auftrag ihrer Sammlung und ist (vgl. Ovid. a. O. Suet. Aug. 29; s. O. Hirsch- 

Ordnung (Suet. d. Iul. 44 bibliothecas graeeas feld a. a. O. 187. M. Ihm 518. 526). Eine Bi- 

latinasque quas maximas posset pitblicare data bliothek im templum Augusti novum auf dem 
Varroni cura comparandarum ac digerendarum ; 50 Palatin (IV) , kurz bibliotheea templi novi oder 

vgl. Isid. or. VI 5, 1). Auf Varros vorbereitende templi Augusti genannt , wurde von Livia und 

Studien dafur gehen wohl manche seiner Schriften Tiberius gestiftet und von Caligula eingeweiht 

zuriick, wie de bibliotliecis I. Ill, vielleicht auch (Suet. Tib. 74. Plin. n. h. XXXIV 43) _; unter 

seine imagines (s. D z i a t z k o Zwei Beitr. z. Kenntn. Vespasian bestand sie noch. Ob die bei Plin. n. h. 

d. ant. Buchw. 1892, 17f.). Mit dem Brande der VII 210 erwahnte bibliotheea in palatio diese 

grossen alexandrinischen Bibliothek (s. o. S. 413) oder nr. II ist, bleibt fraglich. Nach Mart. XTI 

trat der Plan anscheinend in den Hintergrund, und 3, 7f. [hire tuo veneranda novi pete limina templi, 

Caesars Ermordung unterbrach ihn vOllig. Wenig Reddita Pierio sunt ubi tecta [Codd. templo] ehoro) 

spater grfindete C. Asinius Pollio nach seinem scheint die Bibliothek vorher zeitweilig anderswo 
Triuraphe fiber die Parther (715 = 39) aus der 60 untergebracht gewesen zu sein; vielleicht wurde 

Beute des Krieges die erste Cftentliche Bibliothek dort ubrigens besonders moderne schSne Littera- 

zu Rom (T) im Tempel der Libertas [in atrio tur gesammelt (vgl. Mart. IV 53, 2). L. Fried- 

Libertatis), nahe dem Forum (Ovid, trist. Ill 1, lander z. d. St. O. Hirschfeld a. a. O. 188 

71f. Plin. n. h. VII 115. XXXV 10. Isid. or. VI u. A. verstehen unter dieser Bibliothek zugleich 

5,2; vgl. J. H. Felsii Orat. de Asm. Poll, bibl., die bibliotheea domus Tiberianae (V) (s. Gell. 

Jenae 1753. J. R. Thorbecke De C. As. Pol- XIII 20, 1. Hist. Aug. Prob. 2, 1), die auch auf 

lionis vita et stud, doctr. [c. epim. C. J. Chr. dem Palatin lag; doch vgl. dagegen M. Ihm 520. 

Reuvens], Leiden 1820, 35ff. epim. §1.3. M. Ein Tiberianus bibliotheearius kommt bei Fronto 

Pauly-Wissowa III 



^^ -DiujuomeKen 

p. 68 Nab. vor; unter Probus bestand sie noch 
Nacl Ed. Woelfflin (S.-Ber. Akad. Miinchen 

71 x.'- 49? ^ War sie identisch mi* den scrinw 
(Archiv) praefecturae urbanae (Hist. Aug. Aurel 
9, 1). (VI) Die bibliotheea, Paeis Gell. XVI 8 
2; vgl. V 21, 10. Xin 19. XVI 8, 2), die Ve- 
spasian griindete (der Tempel ist vom J. 75), ost- 
hch vom forum Angusti, war zur Zeit des' Gel- 
lms eine der wichtigsten B. der Stadt, enthielt 
besonders gelehrte grammatische Schriften und 
wird noch ira 3. Jhdt. als Versammlungsort lit- 
teranscher Kritiker erwahnt (Hist. Axis, trie- tvr 

fkr°l-'- li -°- Hirschfeld 188). g (Vlf) tie 
btblwtheea Vlpia, auch templi Traiani (Gell XI 

il'l' ^ von Traian S estif tet (Cass. Dio LXVin 
16. 1). Sie tiberflugelte im Laufe der Zeit alle an- 
deren B. Roms Und bestand noch im 5. Jhdt Die Hi- 
storia Augusta beruft sich siebenmal auf sie und er- 
Jtthlt t. Aur. 1 7 und Prob. 2, 1, dass der Stadtprae- 
lect dem Verfasser die Beniitzung von libri lintei 
dieser Bibhothek ermOglichte (vgl Ed Wolff 
lin a. 0. 479. 493. 497). Sie enthielt wichtiges 
Material zur spateren Kaisergesehichte, Original- 
memoiren der Caesaren. Auch sie hatte die iib- 
licnen zwei Abteilungen. Urspriinglich auf dem 
forum Traiam, befand sie sich spater (Hist W 

^vm^'- 1} JlJ^, Thermen des Diocletian! 
(Vm) Eine Bibhothek auf dem Capitol brannte 
unter Commodus ab (Hieron. chron. II p 174 s c h 
und Sync. 668, 4 Bonn.; damals bereits alt nach 
Oros. VII 16). In den Mirab. Eomae p. 21 P ist 
von 28 Offentlichen B. die Rede, eine davon iuxta. 
arcum septem lucemarum im Tempel des Aescu- 
P 'T?.fi. d ?i T0 ? auch d enNamen Cartularium (hier 
= Bibhothek, nicht Archiv) fuhrte (s. M. Ihm 
52^derunnfitigeZweifel hinsichtlich derErklarung 
hegt) Vielleicht aind darunter Genossenschafts 
T+Tn¥ ' me oin? - inschriftlich in Bull, hell 

IX 125 erwahnt ist. Ubrigens waren im 4. Jhdt 
« 1 a 1 lm £ anzen verodet (Amm. Marc XIV 

0, 18 biblwthecis sepulerorum ritu in perpetuum 
clavsis). Dagegen werden Kirchen-B. Eoms von 
Hieron. ep. 49 (op. I col. 235 Vail.) erwahnt. 
iw- ,, . en Provinz en waren offentliche B 
selbst in kleineren Stadten gewohnlich (Polyb XII 
11. Apul. apol. 91). Aus Italien kennen wir solche 
zu Comoro (Plin ep. I 8, 2), ein Geschenk des 
Phnius (CIL V 5262), Cumae (Cic. ad Att. IV 
10). Dyrrhachium (CIL III 607 aus der Zeit 

■ ™% ?~i? a ABrunca (bibliotheea Matidiana 
in CIL X 4760 von 193 n. Chr.), Tibur im Tempel 

( , i- I ■ 04 ^ A nsserhalb Italiens sei der Merk- 
wfirdigkeit wegen zunachst der Bibliothek gedacht 
welche nach Athen. V 207 e Hieron d. Jiing. von 
bvrakus_ in dem von Archimedes erbauten Riesen- 
schiffe emnchtete. Spater besass Athen im Ptole- 
my e*™ Bibliothek, auf welche Inschriften des 
1. Jhdts. v Chr. fiber Bucherschenkungen sich 
beziehen (CIA II 468. 478. 482). Hadrian stiftete 
ebenda eine Bibhothek im Olympieion (Pans. 1 18. 
K. Keil Rh. Mus. XVin 269f.). In Delphi (K. 

XTV fii£' ™ d ° 4 ben S " 406 ) ™<* Smyrna (Strab. 
XIV 646) m Patrai Gell. XVni 9, 5) und Sv- 

rZ (m }nrY\ IIJ 258f )> attch vielleicht n 
Tortona (CIL V 7376 von 22 v. Chr.) gab es 

B. ebenso in Korinth (Dio Chrys. or. XXXVII 

p. 1114 k.); in Hahkarnass sogar mehrere (Le Bas 



Bibliotheken 



420 



HI 1618, b 15 und Expl. 378) 'und in Mylasam 
(Athen. Mitt. XIV 108f.). Manche davon waren 
im zufalhgen Besitz grosser Seltenheiten. Die 
gnechischen B. Griechenlands und Kleinasiens 
soweit sie quellenmassig belegt sind, werden von 
H i. P 1 a n d a. 0. 7—14 behandelt. Da sie 
meist nut den Gymnasien vereinigt sind, nimmt 
er an, dass sie der Jugendbildung galten (doch 
kamen m den Gymnasien nicht bios Knaben und 
10 Junghnge zusammen) und den Leitern der Gym- 
nasien unterstellt waren. Im ganzen seien in 
jenen Provinzen B. nicht sehr verbreitet gewesen • 
uber den Mangel einer Bibliothek in kleinen Stad- 
ten klagt Pint. Dem. 2; de E Delph. 1. Zu Ale- 
xamlrien im X^danoy wird eine Bibliothek von 
Pnilo Iud. leg. ad Cai. 22 erwahnt. Dass iibri- 
gens die Nachricht spater arabischer Schriftsteller 
von der Vernichtung der alexandrinischen Biblio- 
thek durch die Araber im J. 642 keinen Glauben 
20 verdiene , zumal von jener Bibliothek schon da- 
mals wohl nur sparhche Reste bestanden, weist 
Lud. Krehl nach, Atti d. IV. congr. int d 
Orient. 1878 I 433ff. (s. auch K. Reinhard lib' 
a. jungsten Schicksale d. alex. Bibl. [17921 und 
Dimitriadis a. 0. 30f.). In Konstantinopel 
grundete Constantinus eine Bibliothek, die von 
Unstantius und Theodosius II. vermehrt wurde 
(vgl. Cod. Theod. XIV 9, 2 das Edict von 372 
de anttquariis et custodibus bibl. Constant). Zur 
30 Zeit des Malchas (5. Jhdt.) umfasste sie 120000 
BUcher, darunter eine Membranrolle von 120 Fuss 
Lange mit der llias und Odyssee in Goldbuch- 
staben (Zonar. XIV 2, der auch von einer Feuers- 
brunst in der Bibliothek berichtet). Eine (private?) 

ttt 11 a ^ 6 r Iulian an nach Zosim - h - n - 

HI 11, 3 (PifiXto&rixtiv ir zfj ^aadscos otxoSoufaag 

oroa xcu ravzr/ ^Xovg ooag slyer Inanodhievog). 

Leo der Isaurier (8. Jhdt. n. Chr.) brannte eine 

Bibliothek von 36 500 Banden im kaiserlichen 

40Colleg (nahe der Sophienkirche) ebendort nieder 

(Kedren. I p. 454 Par. Zonar. XV 3 p. 104 Par. II. 

Wyk. p . 281). Kaisareia besass eine sehr be- 

deutende Bibliothek, begrtindet von Pamphilus 

Martyr, der fast 30000 Rollen zusammenbrachte 

(Isid or VI 6, 1). Durch den Bischof Euzoius 

wurden ihre schon schadhaft gewordenen Bestiinde 

tn membranis hergestellt, d. h. aus Chartarollen ' 

in Pergamentcodices umgeschrieben (Hier d v 

50 IH 12; c. Pelag. HI 2; com. in ep. ad Tit 3) 
\on den alten B. Palaestinas handelt Alb. Ehr- 
hardt Rom. Quartalschr. 1891, 217—265; die zu 
Jerusalem bei der hi. Grab- oder Patriarchalkirche 
[pipUoVrixt] zfj; ayiag 'Avaordoeag) ist vom Bischof 
Alexander (Anf. des 3. Jhdts.) gegriindet und von 
Euseb.os (h. e. VI 20, hier AlUa = Hierosohma) 
und Hesych. presb. s. Long. mart. (Migne gr. XCHI 
1560) erwahnt (vgl. auch A. Ehrhardt Cen- 
tralbl. f. Bibl IX 441ff.). V7ie allgemein B., 

60 wenn auch nur kleme, schon friih mit christlichen 
Kirchen verbunden waren. lehren z. B. Hier ep 
112 {ecdesiarum biblhtlwcae) und die Acta proc 
fl- Clrt ' ^ 303 (s. Concil. ed. Ph. Labbelcol'- 
1444: cum tentum esset ad domum in qua 
Lhnsham conveniebant , Felix . . . Pmdo epi- 
scopo dtxtt, Proferte scripturas legis et si quid 
ahudliic habetis . . . Posteaquam pervenhim est 
m btbhothecam , inventa sunt armaria inania 



421 



Bibliotheken 



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422 






u. s. w.). Letztere Stelle zeigt zugleich, wie eifrig 
die Schriften von den Christen entliehen wurden. 
Vgl. Jo. Lamii De erud. apostol. ed. 2 (Plorenz 
1766) I 233f. 500. 506ff. 678. 736ff. u. Append. 
1053. 1121ff. 

VLTI. Anlage der Bibliotheken. Ausser 
dem, was fiber die Anlage der pergamenischen 
Bibliothek auf Grund der Ausgrabungen bemerkt 
wurde (s. 0. S. 414f.) , wissen wir von der alexan- 
drinischen Bibliothek, dass sie feuersicher gebaut 
war (s. 0. S, 411), und diirfen annehmen, dass dieser 
Vorgang bei Anlage anderer grosser B. nachge- 
ahnit wurde. Typisch war fur sie die Verbindung 
einer Saulenhalle (azod, porticus) fur die Beniitzung 
mit den eigentlichen Biicherraumen (C. O. Mfiller 
Arch. § 292. 5. A. Conze S.-Ber. Akad. Berl. 
1884, 1263f., der auf Aphthon. prog. 12 p. 107 W. 
wegen der Serapeumsbibliothek in Alexandrien ver- 
weist, vgl. Plut. Luc. 42 und die Angaben fiber 
verschiedenender vorher aufgezahlten B.). Auch 
das Bibliothekszimmer der herculanischen Villa (dei 
Pisoni), das wegen des Rollenf undes beruhmt ist, 
war so construiert (s. 0. S. 417). In kleinen Privat- 
B. flel Lager- und Bentitzungsraum wohl oft zu- 
sammen. Noch wesentlicher ist fur die antiken 
B. ihre stete Verbindung mit einem Heiligtum, 
bezw. einer geweihten Statte, mag der Schutz- 
gott in einem inneren Zusammenhang stehen mit 
der Bibliothek (anfangs wohl stets so, z. B. im 
Museum zu Alexandrien) oder nur in einem aus- 
seren. Auch wo dies nicht ausdrucklich tiber- 
liefert ist, diirferi wir es unbedenklich annehmen. 
Die B. genossen so in allem den Schutz eines ge- 
heiligten Ortes ; auch lehnte sich ihre Verwaltung 
leicht und zweckmassig an die ihres Heiligtumes 
an. Dieses hingegen gewann durch die Verbin- 
dung an Bedeutung und Popularitat. In christ- 
lieher Zeit traten die Kirchen der Christen un- 
mittelbar an die Stelle jener Heiligtiimer, so dass 
z. B. Hier. ep. 112, wo er der christlichen B. im 
allgemeinen gedenkt, von eeclesiarum bibliothecae 
spricht. Im einzelnen schreibt Vitruv (I 2, 7. 
VI 7, 1) fur Bibliotheksraume die Lage nach Osten 
vor wegen des Morgenlichtes , da die Alten lit- 
teTarische Studien in der Regel nur des Vormit- 
tags betrieben, und wegen de3 Schutzes vor den 
feuchten Slid- und Westwinden. Nach Isid. or. 
VI 11 war eine Decke ohne Vergoldung und ein 
Fussboden von griinlichem (karystischem) Marmor 
aus Riicksicht auf die Augen der Beniitzer am 
lieliebtesten. Dass seit den Zeiten der alexan- 
drinischen und pergamenischen B. die Raume 
gem mit Statuen und Bildern, die der Bestim- 
mung des Ortes entspracheti, geschmuckt wurden, 
ist schon. erwahnt (s. 0. S. 415). Plin. n. h. XXXV 
9 bezeichnet es zwar als ein noricium intentum, 
Bilder aus Gold, Silber oder Erz in den B. den- 
jenigen zu weihen, quorum inmortales animae 
in locis isdem locuntur , doch ist er selbst ge- 
neigt anzunehmen, dass dasselbe schon frilher in 
Alexandrien und Pergamon geschehen sei. In 
Rom ging Asinius Pollio zuerst damit vor, jedoch, 
von Varro abgesehen, nur mit Bildern Verstorbener 
(Plin. n. h. XXXV 10. Suet. Tib. 70). Sehr bald 
wurde es ganz gewOhnlich (s. J. Marquardt 
Privatl. 2 615. M. Ihm 516, 14; fiber griechische 
B. s. CIG 6186. Kaibel Ep. gr. 829. Le Bas 
III 1618b 15 [s. 0. S. 419f.]. Dio Chrys. or, 



XXXVn p. 104 R. und Haeberlin a. O. VII 
274). Die innere Einrichtung kOnnen wir aus 
Stellen der Alten und dem Befunde der Aus- 
grabungen schliessen (s. vorher S. 415; ubrigens 
scheinen Reste von Bibliotheksraumen hauflger 
vorzukommen, als man gewfihnlich annimmt) ; vgl. 
auch W. Ad. Becker Gallus 113 363ff. 

Die Bfichermagazine waren, soweit es die Riick- 
sicht auf Licht und Luft gestattete, gewiss eng 

10 mit Gestellen (armaria, foruli, loeuli, loeula- 
menta, figurlich nidi) besetzt (Apoll. Sid. ep. II 9, 
4); bis an die Decke (teeto terms) reichten sie 
(Sen. de tranq. an. 9, 6). Die Enden der wagrech- 
ten Tragbalken waren zum Teil fest in die Wande 
eingelassen (Dig. XXX 41 § 9 bibliotheeis parie- 
tibus inhaerentibus ; vgl. XXXII 52 § 7. Plin. 
ep. II 17, 8). In den Abteilungen der Gestelle 
lagen die Rollen, ihre KOpfe (frontes) mit der 
Titeletikette (index, titulus) ragten hervor (Sen. 

20 a. O.); etwa 170 Rollen mochten auf den []m. 
Ansichtsflache gehen. Man erinnert sich dabei 
der von Leuten des Atticus in der Bibliothek des 
Cicero eingefiihrten Jttjy/iara und der oiXlvflot der 
Rollen, offenbar einer griechischen, in Rom damals 
noch neuen Einrichtung (Cic. ad Att. IV 8 a). Tiber 
die beziiglichen Punde von Herculanum vergl. J. 
J. Winckelmanns Werke I 401f. Haufig waren 
die armaria von kostbarem Stoff (Dig. XXXII 
52 § 7) und mit Gold und Elfenbein verziert. In 

30 grosseren B. waren sie numeriert und darnach 
gewiss die Rollen signiert (Hist. Aug. Tac. 8; vgl. 
W. A. Becker a. 0. 365 und s. auch Abbildungen 
der eapsae in Ztschr. f. Rechtsgesch. 1891). In 
Offentlichen B. waren die Biicher natiirlich kata- 
logisiert (Quint. X 1, 57). Ein Bild von der Be- 
niitzung der B. geben verschiedene Stellen des 
Gellius, z. B. XIU 20, 1. Dass nicht selten und 
ohne grosse Schwierigkeiten Biicher aus Offent- 
lichen B. zur Beniitzung auch nach Hause ver- 

40 liehen wurden. geht aus manchen Stellen hervor 
(z. B. Gell. XIX 5. Marc, ad Front. 4. 5 Nab.). 
Dass man im Altertum bereits die Schriften ein- 
zelner Autoren alphabetisch ordnete, zeigt ausser 
der Uberlieferung antiker Werke die griechische 
Inschrift aus Rom (CIG 6047) mit dem Verzeichnis 
der Dramen des Euripides (A — d) unter dessen 
Reliefbildnis. Reste des Katalogs einer antiken 
(philosophischen) Bibliothek auf einem Petersburger 
Papyrus (gefunden in der Nahe von Alexandrien) 

50 sind von Ed. de Mural t Catal. d. man. grecs d. 
1. bibl. imper. (Petersb. 1864 Abbild. nr. 13) ver- 
Offentlicht und von J. Z u n d e 1 Rh. Mus. XXI 
431f. besprochen. Vgl. CIG 3311. 4815 a. 8613 
(mit Schriftenverzeichnissen) und fiberhaupt E. 
Egger a. 0. X 79ff. 

IX. Verwaltungspersonal. Vgl. besonders 
0. Hirschfeld a. 0. 189ff. M. Ihm a. 0. 522ff. 
An der Spitze der grossen B. standen zunachst 
und durch langere Zeit beruhmte Gelehrte, in der 

60 spateren Kaiserzeit hohere Verwaltungsbeamte. 
Griechisch bezeichnete man sie als ixl lijg fiifiho- 
frrjxr];, ejiitQonos (huozdzrjgl) ^i^Xio&f)xrjg, anschei- 
nend ziemlich spat oder nur provinziell als /Jt/S/io- 
(pvXaxs; ; cpvXa^ xal ^Qo'iarafievog steht bei Glyk. 
p. 281 Par. Aus Rora werden proeuratores biblio- 
thecae citiert ; custos praepositus (Ovid, trist. IH 1 . 
67f.) ist wohl nur dichterisch gebraucht; biblio- 
theearius kommt bei Fronto p. 68 Nab., in Glossen 



423 



Bibliotheken 



Bibona 



424 



425 



Bibracte 



Bidens 



426 



und daraus vielleicht im Schol. Plaut. (s. o. S. 412) 
Tor. k\s procurator bybliotkeeae (oder bibliothecae) 
werden ausser den schon in fruheren Abschnitten 
(V, VI, VII) einzeln angefiihrten Mannern, meist in 
Insehriften, genannt: Tib. Claud. Scirtus, Freige- 
lassener des Claudius (CIL X 1739); L. Iulius Vesti- 
nus (CIG 5900), der unter Hadrian zugleich u. a. 
Vorsteher des alexandrinischen Museums war; einer 
mit versttimmeltem Namen, nach Hirschfeld 
bei ¥. Ihm 523 Eudaimon (Bull. hell. Ill 257. 
CIL III 431), auch unter Hadrians Eegierung; 
der Bitter L. Baebius Aurelius luncinus (CIL X 
7580) ; der Ritter T. Aelhis Largus aus Praeneste 
nach einer angezweifelten Inschrift (CIL XIV 2916? 
Zeit ungewiss), die indes Mommsen fur echt 
halt; Q. Veturius Callistratus, der fibrigens nur 
als Leiter der ausseren Verwaltung (rationum 
summarum) erscheint (CIL VI 2132; s. Hirsch- 
feld 190). Die wissenschaftlichen Beamten waren 
ihm wohl untergeordnet ; zu diesen zahlte ver- 
mutlich der bei Pronto a. 0. erwahnte bibliothe- 
earitis. Aus dieser Stelle mit 0. Hirsc h f eld 188 
auf gemeinsehaftliche Verwaltung der Apollo- 
bibliothek und der tiberianischen durch einen Bi- 
bliothekar zu schliessen, dafiir liegt kein zwingen- 
der Grand vor. Von luncinus wissen wir aus der 
Inschrift, dass sein Einkommen 60 000 Sesterzen 
betrug, die niedrigste Gehaltsstufe der Procura- 
toren (s. Hirschfeld 190. 258ff.). Das Unter- 
personal bestand zumeist aus Sclaven, und zwar 
je nach der Zustandigkeit der einzelnen B. aus 
solchen des Kaisers oder der Stadt (publicus [ser- 
vus]). Sie heissen a (oder ab) bybliotheea [biblio- 
theca), ausnahmsweise ad bibliotheeam, meist mit 
Angabe der Bibliothek, selbst der Abteilung (bibtio- 
tkeca graeea oder latino), an der er angestellt 
war (s. M. Ihm 524ff.) ; Hohergestellte unter ihnen 
hatten den Titel magister (s. Hirschfeld 191). 
Wo der Name der Bibliothek fehlt, ist anzunehmen, 
dass der betreffende Sclave nach der Disposition 
der Generalverwaltung in dieser oder jener Biblio- 
thek thatig war. Pur gewisse Zweige des Dienstes 
gab es besondere Sclaven mit dem Namen vilieus 
ii bybliotheea (und dem der Bibliothek), vermutlich 
fur die Hausverwaltungsgeschafte (CIL VI 4435 und 
[?] 8679, ebenso XIV 196 aus Ostia). Selbst eigene 
Arzte (Freigelassene) scheint die Generalverwal- 
tung der r6mischen B. fur das Bibliothekspersonal 
gehalten zu haben (CIL VI 8907). Anzeichen fur 
erne Oberleitung aller B. (des Kaisers oder samt- 
licher?) giebt es mehrere (vgl. CIG 5900. CIL III 
431 und s. o.). Seit dem Anfang des 2. Jhdts. 
n. Chr. verschwindet in den Insehriften die Be- 
zeichnung a bybliotheea: rein administrative Ruck- 
sichten griffen in der Verwaltung der B. Platz, 
wie in der Oberleitung. so vermutlich beim [Inter- 
personal, und damit gab man es auf, geeignete 
Sclaven in ein engeres und dauerndes Verhaltnis 
zu B. zu bringen. Auf ein solches liess vorher 
schon ihre Wahl entweder ffir die griechische oder 
die lateinische Abteilung schliessen, welche doch 
wahrscheinlich ihrer besonderen Befahigung ent- 
sprochen hat. 

X. Erweiterung und Wechsel der Be- 
deutungvon/Ji/J/jotft/x^bezw.M&^'o^eca. 
Die gute, von der grossen Bibliothek in Alexan- 
dria ausgehende Organisation der B. Agyptens 
und das alte Ansehen, dessen sich gerade dort 



daS Schrift- und Buchwesen und dessen Haupt- 
vertreter erfreuten, brachten es mit sich, dass die- 
sen Instituten und ihren Beamten im Laufe der 
Zeit auch die Aufbewahrang und Verzeichnung 
anderer als litterarischer Schriftstflcke zufielen. 
Nach erhaltenen Drkunden warden Steuerprofes- 
sionen bei den ^hotpvlaxes der btjpooia. %pXto- 
drjxri (z. B. in Arsinopolis) gemacht; jene Beamte 
fuhrten fiber diese Behelligung Beschwerde. Es 
10 ist erklarlich, dass in der Folge das Wort flipXio- 
dtfxtl selbst die entsprechende Bedeutung von 
,Steuerkataster' erhalt; vgl. U. Wilcken Herm 
XXVm 230ff. undL. Mitteis ebd. XXX 60 If. 
Eine andere Wendung nahm die Bedeutung friih 
in christlichen Kreisen, wo bibliotheca die Samm- 
lung aller kanonischen Bucher, Altes nnd Neues 
Testament oder nur eines davon (bibliotheca minor) 
bezeichnet; s. Hieron. ep. 5, 2; de vir. ill. 75 
Isid. or. VI 3, 2; vgl. Watt en bach Schriftw.S 
20 152ff. Ein Bedeutungswechsel anderer (mehr for- 
maler) Art im Worte bibliotheca ist es . worauf 
in Dig. XXXII 52 § 7 (vgl. 8) Bezug genommen 
wird : sed si bibliotheeam legaverit, utrum arma- 
rium solum vel armaria continebuntur an vera 
libri quoque oontineantur, quaeritur. et eleganter 
Nerva ait interesse id quod testator senserit : 
nam et locum significari ,bibliothecam eo' (s. 
Mommsen z. d. St.); alias armarium, sicuti 
dieimus fiboream bibliotheeam emit': alias libros, 
30 sicuti dieimus ,bibliothecam emisse'. quod igitur 
scribit Sabinus libros bibliotheeam non sequi, 
non per omnia serum est : nam interdum armaria 
quoque debentur, quae plerique bibtiotkeeas ap- 
pellant. [Dziatzko.l 
Biblis s. Byblis. 

Biblos. 1) Bi§loi (auch BipUvtjg und Bi/t- 
fltivijs), angeblich Fluss auf Naxos, von welchem 
nach einigen der BifiUvoq olvoq (s. d.) benannt 
sein sollte, Sem. bei Steph. Byz. und Etym. M. 
40 Moschop. in Schol. Hes. op. 589 (FHG IV 494). 
Wahrscheinlich ist der Name nur aus der Bezeich- 
nung fur eine aus Thrakien eingefuhrte Reben- 
sorte erschlossen, Bursian Geogr. II 489, 5. 

[Oberhummer.l 

2) S. Byblos. J 

3) S. Buch. 
Biboblatis oder Aethiopia B. heisst beim 

Geogr. Rav. I 3. IE 5. 9. 12. V 28 ein Teil des 
africanischen Continents, der etwa Sstlich an 

50 Aethiopia Garamantinm, westlich an Mauretania 
Perosis grenzte, am Okeanos lag und nach Norden 
durch grosse Wiistenstrecken von der rSmischen 
Provinz Africa (speciell Africa, Numidia, Maure- 
tania Caesariensis) getrennt war. In diesem Lande, 
das offenbar dem heutigen Oberguinea und dem 
von den Volkern der Fulbe oder Fellata bewohn- 
ten Teil des Sudans entspricht, lagen der Seo 
Tagge oder Tage (der heutige Tsade?), die monies 
Tul/iatodi und floss der Fluss Ger, d. i. der Niger 

60 (Djoliba). Die Bewohner des Landes hausten in 
ErdhOhlen. [Sethe.J 

Bibola, Ortan der Strasse von Luna nach Genua 
(Geogr. Rav. IV 32 p. 269. V 2 p. 336. bei Guide 
35 p. 475 Bibonia). Ein Dorf B. existiert noch im 
Comune di Aulla (an der Magra), aber ca. 20 km. 
von der Kuste; ob identisch? [Hiilsen.] 

Bibona. Bibona auf der Tab. Peut. verschrie- 
ben fur Bibona = Divona (s. d.j. [Ihm.] 



Bibracte (Bibrax?), angesehenste, grOsste und 
volkreichste Stadt der Aeduer, Caes. b. g. I 23. 
VII 55, 63. Vm 2. 4. Strab. IV 192 /unaZv fiiv 
ovv tov AiyrjQo; xal zov "Aqoiqos oixsT to rc&> 
Aldovcov e'Svos, noliv Sx ov Kn^vXlTvov xal cpoov- 
giov Bipgaxta. Inc. gratiar. actio Canstantino 14 
(J. 311) sis licet dominus urbium, omnium na- 
tionum, nos tamenetiam nomen accepimus tuuin: 
iam non antiquum Bibraete, quod hucusque 



15 p. 85, 7), wohl statt Tims, sonst unbekannter 
Ort. 

2) In Mesopotamien (Geogr. Rav. II 13 p. 80, 
2) = Vieus der Tab. Peut. ; nicht identificiert. 

[Benzinger.] 

Bicnrgium (Bixovgyiov) , Stadt im inneren 
Germanien bei Ptol. n 11, 14. Lage unbestimmt, 
Name verderbt aus -burgiuml [Bam.] 

Bida (im Itin. Ant. p. 39 Bidil, nur im Co- 



dietum est Iulia, Folia, Florentia, sed Flavia 10 dex des Escurial Bida, auf der Tab. Peut. Syda), 



est civitas Aeduorum d. h. Augustodunum , das 
heutige Autun (s. Augustodunum). Der Name 
B. wird sonst nicht erwahnt. Er bedeutet nach 
Zeuss , Stadt derBiber' (korn. befer = beber, ahd. 
bibar), Gliick Kelt. Namen 43. Holder Altkelt. 
Sprachschatz s. v. Vgl. Bibrax und die Gottin 
Bibractis. [Ihm.] 

Bibractis (Bibracti Dativ), die Gottin (Quell- 
gOttin?) von Bibracte, heut Mont Beuvray bei 



Autun. Inschrift aus Autun: Deae Bibracti P. 20 Cfearienne 109). 



Ort in Mauretanien (nach den Itinerarien Muni- 
cipium, nach Ptolem. IV 7, 28 rOmische Colonie), 
an einer Strasse, die von Saldae (Bougie) durch 
das Innere nach Rusucurrium (Dellys?) fuhrte, 
nach Itin. Ant. p. 39 40 Millien von Tubusuctu, 
heute Ticlat (vgl. auch Iul. Honorius c. 44); da- 
nach hat man B. mit dem kabylischen Dorf 
Djema-Saharids, 10 Kilometer von Fort National, 
identificiert (CIL VIII p. 768. C at La MaurCtanie 



Capril(ius) Pacatus VIvir Augustalfis) ». s. I. m. 
Orelli 1973. Babelon et Blanchet Catalogue 
des bronzes antiq. de la bibl. nat. (Paris 1895) 
p. 709f. nr. 2304 (daselbst weitere Litteratur). 
Desjardins Geogr. de la Gaule II 467. Dic- 
tionnaire archeol. de la Gaule, Epoque celtique I 
p. 156. Bulliot Revue celt. I 806ff. II 21ff. 
(auch Rhein. Jahrb. LXXXIII 127 Anmerk.). Zwei 
andere Insehriften sind verdachtig, AllmerRev. 



[Dessau.] 



6pigr. 1895, 378 nr. 1138. 



Btdainm s. Bedaium. 

Bldamas (BtSdfiae), Castell in der Nahe von 
Theodosiopolis von Iustinian angelegt, Procop. de 
aedif. II 6. [Fraenkel.] 

Bidana, beim Geogr. Rav. IV 26 p. 238 = 
Beda (vieus), heut Bitburg. S. Be da Nr. 2. 

[Ihm.] 

BidaspeS; nOrdlichster Hauptfluss des indi- 
schen Funfstromlandes oder Pang-ab, welcher, mit 



Bibrax, oppidum Remorum nomine Bibrax 
Caes. b. g. II 6. Holder Altkelt. Sprachschatz 
s. v. fiihrt aus den Acta Sanctor. Jan. IV 24 an: 
ad Laudunum montem qui antiquo sermone 
Bibrax nuncupabatur. Heut wohl Vieux-Laon 
(bei Laon, de"p. de l'Aisne). Desjardins Ge"ogr. 
de la Gaule II 453. 627f. Vgl. Bibracte. [Ihm.] 

Bibroci, von Caesar B. G. V 21 ohne nahere 
Bestimmung genannte Volkerschaft im Siiden Bri- 



[Ihm.] 30 dem Akesines vereinigt, in den Zaradros ein- 



miindet; an den Quellen des B., Sandabal (= Ake- 
sines) und Ruadis liegt die grosse Landschaft 
Kaspeiria; zwischen dem oberen Indos und B. 
liegen Arsa und das Gebiet der Panduaoi (skr. 
Pandava); Ptol. VII 1, 26. 27. 42. 45. 46. Es 
ist der heutige G-halam oder Bihat; letztere Form 
geht zuriick auf prakr. Vi-tattha, d. i. skr. Vi- 
tasta f. ,die entschleuderte , schnelle' oder ,die 
ausgespannte , lange', von der Wurzel tans; mit 



tanniens; der Name erinnerte an Bibracte und 40 der Asikni (= Akesines) verbunden erscheint die 



ahnliche. [Hubner, 

Bibuleiiius. Bibulenius Restitutus s. Resti- 
t n t u s. 

Bibulus s. Calpurnius und Publicius. 

Bicera, Fluss in Gallien (Guasconia) beim 
Geogr. Rav. IV 40 p. 299, nach Pinder und 
Par they heut Vezere (Nebenfluss der Dordogne). 

[Thm.] 

Bicheris (Bix^oig), sechster Konig der vierten 



Vitasta schon im Rig- Veda ; in Kasmir heisst der 
Fluss noch jetzt Bidasta. Mflglicherweise stand 
in dem von Ptolemaios benutzten Berichte Bi- 
SdoTT};. Die vulgare griechische Form lautet mit 
persischem Anklang an -acpa ,Ross' Hydaspes (s. 
d.); eine prakritische Mischform Bidaspa hat es 
gewiss nicht gegeben. [Tomaschek.] 

Bidatas (Bidazas), Epiklesis des Zeus auf 
Kreta in zwei kretischen Insehriften, a) R. Berg- 



agyptischen Dynastie, Manethos nach African, bei 50 man n De inscriptione Cretensi inedita, Branden- 



Synkell. p. 56D, FHG II 548. Lepsius Konigs- 
buch, Quellentafel 6. Ein entsprechender hiero- 
glyphischer Name ist nicht bekannt. Man hat 
zwar mit dem B. den in einer kalendarischen 
Notiz genannten KOnig identificieren wollen, dessen 
neuntes Regierungsjahr sich danach ungefahr be- 
xechnen lasst; der Name ist jedoch nicht, wie man 
annahm, Bagerkre zu lesen, sondera ist der Vor- 
name des KOnigs Amenhotep I., des zweiten KOnigs 



burg 1860, b) CIA II 549 = Voretzsch Herm. 
IV 267. Das Wort wird von J. Schmidt in 
Kuhns Ztschr. f. vergleich. Sprachforsch. XII 217 
als 'Idrjtijs = 'Idaiog erklart, von Voretzsch 
a. a. O. dagegen als vhiog von einem kretischen 
fii&wQ = vScoq. [Jessen.] 

Bidens. 1) Nigidius (bei Gell. XVI 6, 12. 
Macrob. VI 9, 5) sagt, dass nicht nur Schafe, 
sondern alle zweijahrigen Opfertiere bidentes ge- 



der 18. Dynastie, der ini 16. Jhdt. v. Chr. regierte. 60 nannt wfirden. Doch Coruncanins (bei Plin. VHI 



[Sethe/ 

Bicilis, ein Dakier, der dem KOnige Deceba- 
lus nahe stand, geriet in die Gefangenscbaft des 
Traian und zeigte ihm nach dem Tode des Dece- 
balus die Stelle, wo die Schatze des Kfinigs in 
das Wasser versenkt waxen (Cass. Dio LXVIII 
14). [Henze.] 

Bieum. 1) In Nordpalastina (Geogr. Rav. II 



206) spricht nur von den zu Opfern gebraucbten 
Wiederkauern , die bidentes geworden sein muss- 
ten. In der Regel war jedoch mit B. (schlechthin 
als Substantiv) nur das Schaf gemeint (Laberius 
bei Non. 53, 20. Verg. Aen. IV 57, dazu Serv. 
V 96. VII 93. VTII 544. Xn 170. Ovid. met. XV 
575; fast. IV 935. Sen. Oed. 569. Stat. Theb. HI 
457. Corp. Gloss. L. n 29, 37), selten wurde das 



^ ' iiiaens 

Rind (Pest. ep. p. 35, 2) oder der gar nicht zu 
den Wiederkauern gehttrende Eber (L. Pomponius 
bei (Jell. XVI 6, 7. Non. 53, 18. Macrob. VI 9, 4) 
bidens (Adj.) genannt. Das Wort wurde mit dui- 
dens (Fest. ep. p. 66, 16) und falscMich mit ambi- 
dens (oben und unten Zahne habend, ebd. 4, 17) 
identificiert. Ungenau ist auch die Deutung als 
zweijiihrig (Nigid. bei Non. 53, 22. Corp. Gloss. 
L. II 29, 35) oder fast zweijahrig (Serv. Aen. IV 



Bidens 



428 



, 5 l?klME^^^^ 



jw<m biennis entstanden sein soil (Nigid bei 
Gell XVI 6, 13. Macrol). VI 9, 6). Eichtig er- 
klart werden die bidentes als Opfertiere, welche 
zwei Zahne haben, die langer sind als die iibrigen 

PlFi ^ MaCrob - VI 9 ' 7 )- ™ d z ^ ar als solche 
Schafe (Fest. ep. p. 33, 10. Serv. Aen. VI 39. Corp. 

Gloss - L - IV 592, 18). Dabei wird denn auch her- 
vorgehoben, dass diese zwei Zahne unter andern 
acht heryorragten (Hyg. bei Gell. XVI 6, 15). 



fur die Opfer von B. in der Heroenzeit, dass sie 
rtte oder de more geschahen oder dass die ge- 
opferten b. leotae de more waren. Bei Horatius 
werden denn auch ofters Lammer geopfert, auch 
em zartes Kalb (c. IV 2, 54) und ein zweimonat- 
liches Ferkel (c. Ill 17, 15). Ofters ist B. gleich- 
bedeutend mit ovis iiberhaupt fiir ,Schaf ge- 
braucht (Ovid. met. X 227. Phaedr. I 17, 8 Sen 
™ oi 134 ' S y m P hos - aenigm. 33. Corp. Gloss. L. 



429 



Bidental 



Bidental 



430 



aTS.S,?a^^^«^ffl^5^^^S 



(Isid. ong. XII 1, 9), bei welchen diese Erschei- 
nung etwa zu Ende des zweiten Lebensjahres 
ewtrete (Serv. Aen. IV 57 ; vgl. Aero zu Hor. c. 
Ill 23, 13). Eind und Sehaf besitzen namlich 
24 Baeken- und 8 Schneidezahne; letztere beflnden 
sich aber nur im Dnterkiefer. Beim Schaf er- 
scheinen die beiden roittelsten Schneidezahne, die 
Zangen, zuerst von alien Zahnen, namlich etwa 
8 lage nach der Geburt; diese werden auch zu 



altes Weib bezeichnet (bidens arnica Priap. 82 
[83] 26), d. h, ein solches, welches nur noch zwei 
Zahne hat. 

2) Das Wort wurde dann in iibertragenem 
Sinne mitunter fiir verschiedene Werkzeuge mit 
zwei Zacken oder Spitzen, wie die Schere (Verg 
epigr. X [VIII] 9), den zweifliigeligen Anker (Plin. 
VII 209. Corp. Gloss. L. IV 407, 2), regelmassig 
aber als Substantiv fiir den Karst, d. h. die zwei- 



V ? o TV ; ! """" lv - u ""•> i — J-72 Janren, wor- 
aul das Schaf bei uns auch Zweischaufler oder 
Jahrlmg heisst; an die Stelle der ersten, der sog. 
Milchzahne, treten namlich zwei grossere, breitere 
Schneidezahne (vgl. A. N eh ring Jahrb. f. Philol. 
4™V 6 £L auch A - Spengel Blatt. f. bay'r. Gvmn. 
XXIV 1888, 262ff.). Dann folgen die beiden be- 
nachbarten Schneidezahne mit lVz— 2 Jahren die 
ersten Backenzahne u. s. w. Beim Rinde erscheinen 
die Milchzangen mit oder bald nach der Geburt- 



rastrum in der Regel eine mehrzinkige Hacke 
bezeichnete. Eeute nennt man den Karst in 
Italien (und Spanien) bidente, dessen Eisen etwa 
einer zwempfligen Fahne ahnlich sieht, aber wohl 
auch etwas anders gestaltet sein kann. Auf einem 
rtimischen Grabmal ist ein landlieher Arbeiter mit 
einem B. in der Hand abgebildet, dessen Eisen 
zunachst mit einer Seite quer am Stiel befestigt 
1st und dann in zwei ziemlich weit von einander 



erst gewechselt n iimliA miTi 1 Ti, „„ , ™ a aann ln zwei ziemlich weit von einander 



^,^s^-^°=^^ 



SC ^n U £ llge dauernde Zangen ersetzt; mit 25 
—27 Monaten wechseln dann die beiden benach- 
barten Schneidezahne u. s. w. Da die Alten fiir 
den ersten Wechsel ein Alter von fast 2 Jahren 
tur das Schaf angeben, so vermutet Neb, ring 
(a. 0. 67), dass die Schafe der alten RCmer im 
Vergleich mit den wohlgepflegten. auf Friihreife 
gezogenen Rassen unserer heutigen Kulturlander 
hinsiehtlich des Zahnwechsels spatreif gewesen 



lauit (Abb. bei Daremberg et Saglio Diet. I 
709 fig. 854 nach Fabretti Inscr. ant. p. 574). 
Eine antike Gemme zeigt einen ermiideten, sich 
auf eine Hacke mit zwei gebogenen Zinken stiitzen- 
den, gefesselten Amor; diese unterscheidet sich 
aber wesentlich von der vorigen, sofern der Stiel 
wie beim capreolus zwischen dem spitzen Winkel, 
in welchem hier die Zinken zusammenstossen hhi- 
durchgeht und die Enden der Zinken nicht spitz 



855). Auch auf andern Gemmen werden mytho- 
logische Personen, wie Saturnus und Psyche, den 
B. haltend und bisweilen ebenfalls gefesselt' dar- 
gestellt (vgl. E. Saglio a. a. 0. 709, 5). Unter 
diesen Darstellungen findet sich auch ein B 
welcher der angegebenen heutigen Form gleicht 
(Abb. bei Rich 111. Worterb. d. r. Altert., libera 
yon C. Mttller 1862. S. 78). Ein in Mainz ge- 
tundenes Xarsteisen aus rOmischer Zeit ahnelt fast 



:r^?i?S fe£rs=siS»SS«=a?^^^iS 



— * v «iuumiur;nc UUTIUaUUL 

eine Verfruhung im Eintritt des Wechsels der 
beiden mittelsten Schneidezahne beim Schafe sich 
herausgebildet habe. Das Fleisch der Schafe und 
Kinder im Alter von li/ 2 -2 Jahren ist zart und 
wohlschmeckend , so dass es sowohl den Gottern 
als auch den Priestem gefallen konnte. Beim 
Jiber kann B. wohl nur die von den Wieder- 
kauern auf ihn iibertragene Bedeutung von zwei- 
jahrig' gehabt haben, ohne dass die Beschaffenheit 



der Zahne dabei in Betracht kam. tbrigeTs kam fi n 2?T1? m C"?/^' q? 1 ^ L ' H 29 ' 52 " 
sich die Vorschrift der Pontifices. ,7 blt^Z ™l»\f oJ? ^ "i. \ 40 l Sl l°^ r ^'^ (**■ 



sich die Vorschrift der Pontifices , nur" bidentes 
zu opfern, nicht auf Privatopfer bezogen haben 
{vg . Hor. c. Ill 13, 9f.). Denn Varro (r. r. II 
4, 16) sagt, dass das Schwein mit dem zehnteu. 
Phnius (VIII 206,s dass dieses mit dem fiinften! 
das Schaf mit dem siebenten und das Rind mit 
dem dreissigsten Tage fiir das Opfer geeignet 
(pun*) sei. Daher betont Vergilius fast immer 



nngiormigen Teil war in horizontal Richtung 
der istiel hmdurchgegangen (Abb. bei L.Linden- 
schmit Die Altert. unserer heidn. Vorzeit IH 
lat. IV 23). Im heutigen Griechisch heisst der 
Karst to fiiy.b.u oder t^ol-t! , wovon das letztere 
Wort aus dem spatgriechischen r^iiov (Corp. 
Woss. L. Ill 262, 62j hervorgegangen ist. 3Iit 
bidens identificiert wird in den mittelalterlichen 
Glossanen hixiila (Corp. Gloss. L. II 29 52 



£6 40. 326, 1), auch 8t6Sov e (ebd. 262, 60). Xun 
soil onirvr) (Anstoph. av. 602; nub. 1486. 1500- 
bei Bust. II. H 267. Plat. rep. II 370 d. Xen 

hP-,Y? \ 34 - 36; T ^ h Xic - ther - 38 «- Ed. Diocl.' 
15, 44) oder af uvvi (Aristoph. bei Poll. X 173> 
oder ofuvvSwv (ebd. VII 148) attisch gewesen 
sein, namlich a/iivvti von den Attikern nach Gale- 
nos (XVHI 2, 424) statt 6/xMa, nach Moiris 



(p. 345 ed. Piers.) statt oxacpeTov und agin) xka- 
reTa gesagt sein. Doch wurde o/Mvvtj eben ver- 
schieden erklart, teils als dixslka, teils als agivtj 
(Tim. gloss, p. 233), teik auch als oxayeiov (Phot, 
lex. Suid. Eust. a. a. O.) oder onayibiov (Hes.), 
am genauesten als axayiov d. h. Hacke oder df en/ 
la lov hsQov iiiqovs SixsMocidt'je , also als eine 
Ast, welche auf einer Seite karstahnlich war (Schol. 
Plat. a. a. O.). Da ofuvvrj auch neben dixakka ge- 
nannt wird (Poll. X 129. Alciphr. HI 24, 3) und 
sich letzteres auch bei den Attikern findet , so 
scheint doch ein kleiner Unterschied in der Be- 
deutung zwischen beiden Wortern obgewaltet zu 
haben. In den Geoponica findet sich iibrigens 
ofuvvn nicht. Die dlxskla war ein landliches 
Werkzeug (Poll. X 129. Ed. Diocl. 15, 43), mit 
welchem man das Land umgrub (Soph. Ant. 250. 
Ps.-Phocyl. 158 [146]. Bekk. anecd. I 240, 3) wie 
mit dem Pfluge (Aischyl. bei Steph. Byz. s. "Afiwr, 
vgl. Suid.) oder besser als mit diesem (Theophr. 
c. pi. Ill 20, 8), wenigstens in gebirgigen, stiir- 
mischen, regnerischen oder nordlichen Gegenden 
(Geop. II 23, 12), wo nur ein tiefgehender Pflug 
Ersatz schaffen kann (Geop. Ill 11, 8), wahrend 
sich fiir einen leichteren Boden mehr der Pflug 
eignet (Geop. II 23, 5). Von den ROmern wurde 
der B. neben dem Pfluge gebraucht (Tib. I 10, 
49. II 3, 6. Ovid. fast. IV 694. 927. Masur. Sabin. 
Dig. XXXIII 7, 8 pr.), er allein, um Dorngebiisch 
auszuroden (Lucret. V 208), oder auf steinigem 
Boden (Plin. XVIII 46) oder im Garten (Iuv. Ill 
228). Besonders- aber wurden bixelka und B. beim 
Umgraben des Weingartcus angewandt (Verg. ge. 
II 355. 400. Col. Ill 13, 3. IV 5, 5. 14, 1. 18, 8. 
V 5, 3; de arb. 12, 2. Geop. V 3, 2. 25, 4. 42, 1); 
dabei sollten die Zinken 3 Fuss lang sein (Plin. 
XVII 159). Ebenso sollte eine junge Baumpflan- 
zung mit der SCxekla umgegraben werden (Geop. 
X 81, 1); auch Diinger, welcher ein Jahr aufbe- 
wahrt war, damit umgearbeitet (Geop. XII 4, 5). 
TJnkraut sollte im Juli mit kupfernen B. ausge- 
rodet werden (Pall. VIII 5), wobei aber auch noch 
andere dem Aberglauben eigene Massregeln zu 
beobachten waren. Endlich gebrauchten auch die 
Soldaten den B. zum Aufwerfen von Graben (Ve- 
get. r. mil. II 25). [Olck.] 

Bidental, Bezeichnung des Blitzgrabes, d. h. 
der Stelle, an der ein Blitz in die Erde gefahren 
und unter bestimmten Caerimonien bestattet wor- 
den war (s. Fulgur conditum und vgl. vor- 
laufig Mommsen Ber. Gesellsch. d. Wiss. Leipz. 
1849, 292f. Marquardt Staatsverw. Ill 262f.), 
30 genannt von dem Opfer von bidentes Is. Bidens 
Nr. 1), das dort zur Expiation dargebracht wurde: 
Fest. ep. 33 Bidental dieebant quoddatn templum, 
quod in eo bidentibus hostiis saerifiearetur. 
Fronto de diff. vocab. p. 523 K. bidental locus 
fulmine tactus et expiatus oee; bidentes enim 
ores appeUantur. Non. p. 53, 23 Sigidius Fi- 
gulus dicit bidental vocari, quod bimae pecudes 
(dies Erklanmg von bidentes) immolentur. Corp. 
gloss, lat. II 30,8: bidental to.tos xegavroxlr}$. 
348, 9 xcgavrofivhov bidentale. Porph. zu Hor. 
a. p. 471 id quod Iovis fulmine pereusswm est, 
bidental appellatur. Schol. Pers. II 27 bidental 
dicitur locus secundo percussus fulmine , qui 
bidente ab aruspicibus conseeratur, quern eal- 
care nefas est. Die Stelle war eingefriedigt 



(saeptum bidental Apoll. Sid. carm. IX 194; vgl. 
Puteal) und gehorte zu den loea religiosa (Fest. 
ep. p. 92, 17), die weder betreten noch irgendwie 
angetastet werden durften (Hor. a. p. 471 triste 
bidental moverit incestus. Pers. II 27 triste iaces 
lueis evitandumque bidental u. Schol. a. a. O.). 
Nach einer Reihe ubereinstinimender Zeugnisse 
fand das expiatorische Opfer der bidentes nach 
etruskischem Eitual durch die Haruspices statt 

10 (Pers. II 26 fibris avium Ergennaque iubente 
triste iaces . . . bidental, und dazu die Schol. : in 
usu fuit, ut augures vel aruspiees adducti de 
Etruria certis temporibus fulmina transfigurata 
in lapides infra terram abscondereni, cuius in 
paratione rei oves immolabanlur . . Ergennae 
nomen aruspicis fictum secundum morem Etru- 
scorum. Apul. de deo Socr. 7 § 28 p. 10, 14 
Liitj. Tuscorum piacula, fulguratorum bidenta- 
lia. Apoll. Sid. carm. IX 193f. quae fulmine 

20 Tuscus expiate saeptum numina qimerit ad bi- 
dental). Inschriftlich aber kennen wir saeerdotes 
bidentales, die ein Collegium mit dem (in dieser 
Anwendung sonst nicht nachweisbaren) Namen 
decuria unter einem quinquennalis bilden (de- 
curia sacerdotum bidentalium CIL VI 568. Bull. 
arch. com. 1881, 4, decfttriaj sacerdotum viden- 
talium Bull. arch. com. 1887, 8; quinquennalis 
decurfiae) bidentalis CIL VI 567, derselbe Mann 
[quinquejnwilis decuriaa [saeerdojtium viden- 

30 talium CIL XIV 2839 ; saeerdfosj bidentali(sj 
CIL XIV 188), und zwar sind von den sechs be- 
kannten Inschriften drei Weihungen an Dius Fi- 
dius (Semoni Sanco deo Fidio CIL VI 567 ; 
Saneo saneto SemonfiJ deo Fidio ebd. 568; Se- 
moni Sanco saneto deo Fidio Bull. arch. com. 
1881, 4), eine vierte (Bull. arch. com. 1887, 8) 
findet sich auf Bleirohren, die auf dem Quirinal 
an der Stelle, wo einst der Tempel desselben 
Gottes lag (s. Hiilsen Rh. Mus. XLIX 1894, 

40 409f.), ausgegraben worden sind (ebendaher stammt 
auch die Inschrift CIL VI 568). Mit vollem Rechte 
hat man daher eine besonders enge Beziehung 
dieser Priesterschaft zu Dius Fidius angenommen 
(Gilbert Gesch. u. Topogr. d. Stadt Rom I 276f. 
Anm. Gatti Bull. arch. com. 1887, 8f. Hiilsen 
Rom. Mitt. IV 274). Diese erklart sich daraus, 
dass man die bei Tage niederfahrenden Blitze 
ebenso als von Dius Fidius gesandt betrachtete, 
wie die nachtlichen von Summanus, weshalb die 

50 voile Inschrift des Blitzgrabes in diesem Falle 
lautet Summanium fulgur conditum (Bull. arch, 
com. 1881, 6. CIL VI 206), in jenem fulgur Dium 
(CIL VI 205. X 40. 6423, haufig entstellt ful- 
gur ditom CIL V 6778. VII 561. XTI 3047-3049) ; 
wenn Fest. p. 229 und Plin. n. h. II 138 den 
Iuppiter (Fulgur) als den Entsender der Tages- 
blitze bezeichnen, so widerspricht das dem nicht, 
da ja Dius (= Diovis) Fidius von Iuppiter nicht 
verschieden, nur eine besondere Kultform dieses 

60 Gottes ist ; dass das Blitzgrab in seiner Anlage 
mit dem Heiligtume des Dius Fidius die Eigen- 
schaft teilt, dass es nicht bedeckt sein darf, son- 
dern von oben der Hinimel hinein sehen muss 
(Fest. p. 333 vgl. mit Varro de 1. 1. V 66), hat 
Gilbert a. a. O. betont. Jedenfalls haben dann 
diese saeerdotes bidentales nichts mit etruskischem 
Caerimoniell zu thun, sondern vertreten den ritus 
Eomanus. Da wir den Namen in friiherer Zeit 



431 



BiSeoi 



me hflren und die inschriftlichen Zeugnisse erst 
etwa der Zeit der Antonine angehOren, so liegt 
me Vermutung nahe, dass die Priesterschaft erst 
damals gegriindet worden ist, vielleicht als Er- 
neuerung eines wirklichen oder vermeintlichen 
Pnestertums alterer Zeit; die auf der einen In- 
schrift als Grund der Weihung angegebene Notiz 
reeiperatis vectigalibus weist darauf hin, dass 
ihnen die Ertriige gewisser Steuem als Einkilnfte 
zugewiesen waren (Jordan Ann. d. Inst. 188S 
124f ->- , , [Wissowa.] 

Bideov (oder pidvot), der inschriftlich belegte 
ISame einer spartanischen BehOrde, welcher bei 
Pausan. Ill 11, 2 und 12, 4 ^tatot heisst. Uber 
ihre Functionen sagt Pausanias a. a. 0., dass sie 
die Agone der Epheben auszurichten hatten; ihre 
4ahl giebt er auf funf an, ihr Amtslocal als jen- 
seits des Heiligtums der Athena gelegen. Inschrift- 
lich sind sie bezeugt CIG 1268. 1269. 1270. 1271 
und 1364 a; in den beiden letztgenannten Inschrif- 
ten ist ihre Zahl sechs. Tiber die Etymologie 
und Sonstiges Boeckh CIG I p. 609 und 88 
-_,, . [Szanto.l 

. Bideris (Btdegls Ptol. VII 1, 86), Ortschaft 
im lnnern von Limyrike nahe dem Bettigo, und 
zwar im Gebiete des Kerobothraa (Keralaputra) 
dessen Residenz Karura war, das heutige Karur 
an emem Zufluss der oberen Kaveri im District 
Itoimbatur; jetzt nicht mehr sicher nachweisbar. 
Mac Cnndle Ancient India by Ptolemy p 182 
denkt an Yirodu 11° 20' nordlich, 77° 46' ost- 
iich; dem Namen nicht der Lage nach hat man 
truher Bidar verglichen, eine Peste in Nizams 
Gebiet von Haidarabfid 17° 53' nOrdlich, 77° 34' 
ostlich, wo Vasen aus Kupfer, Blei und Bronze 
erzeugt werden. [Tonmschek.l 

Bidiaioi s. Bldsoi. ' 

Bidigis (Bl&i 7 ig), Castell in der byzantinischen 
Dwecese Thrake, am Istros, Procop. de aedif IV 
11 p 307 Bonn. [Oberhummer.l 

Bidis (Cic. Verr. II 53; bei Steph. Byz. 
Btdog; bei Plin. n. h. m 91 die Einwohner 
Bydini) , em Stadtchen oder (nach Steph. Byz ) 
em Castell Siciliens, nach Cluver bei der Kirche 
b. Giovanm di Bidino (oder Bibino) ca. 20 km 
wcstlich von Syrakus, nach Pais Osservazioni 
sulla stona della Sicilia (Palermo 1888) 50. 124 
auf dem jetzt Serra del Biggino genannten Felsen 
wemg nOrdlich von Floridia. Vgl. Holm Storia 
della Siciha I (1896) 158. [Hiilsen.l 

Biducassii s. Viduc asses. 
ooo B o^ 0S ( m £° s )< il'yrisches Castell (Proc. aedif. 
i it? 2' nach W - Tomas « n ek Die alten Thra- 
ker II 2, 60 im Bezirke Kavetzos. [Patsch.] 
r™ Biene * Unter t** } - laaa {Tsvdotjvri bei Nie. al 
560, vgl. Schol. 547; Sa^Sa bei Hesvch.) und apis 
naben die Alten in der Regel die Honig-B., Apis 
mellinca. verstanden. Es kommen dabei zweiEassen 
m Betracht : 1) die einfarbig dunkelbraune deutsche 
B„ von der die griechische oder Hymettos-B., Apis 
tecropia, nur eine secundare Abanderung ist, und 
Z) die ltahemsche B., Apis ligustica, bei der be- 
sonders die beiden ersten Hinterleibsringe durch 
gelbrotliche Querstreifen gezeichnet sind. Den 
schOnsten Typus der letzteren findet man in der 
i;oebene; im iibrigen Italien, besonders im Suden, 
sind die B. von dunklerer Farbe und daher mehr 
oder minder der deutschen ahnlich. Die Wurzel 



Biene 



432 



433 



Biene 



Biene 



434 



mele = streichen, erweichen, welche auch dem 
Worte pkhrco = zeideln (hervorgegangen aus 
.f*i.izuo) zu Gmnde liegt, wird erst in der europae- 
lschen Vclkergruppe gefunden (W. Prellwitz 
Etym. WOrterb. d. gr. Spr. 1892, 195); dv&rfvn, 
avit en 8«,v (bienenartige Tiere) und revert] (Ia- 
kon. & 9 J>va£ bei Hesvch.) haben mit ahd. Drohne 
die mdogermanische Wurzel dhre = tCnen, summen 
(Prellwitz 24 u. 318); verwandt sind auch <W ? 
lUundlmme, vielleicht auch apis (Prellwitz 93)' 
KVyr\v = Drohne gehort zu xcoy6 s (xtxafp&g) und 
hebes = stumpf mit der Grundform ghebh, qhcbh, 
ghabh (A. Pick Gott. Gel. Anz. 1894, 239) Der 
Name Mzlixr, fur das heutige Malta, fiir Samo- 
thrake und einen Demos in Attika hat nichts mit 
nslma zu schaffen, sondern ist phoinikisch und hat 
demnach wohl urspriinglich r%r\n = Rettung 
(hebr. abtt - sermvit) geheissen (H. LewvDie 
20 semit. Premdw. im Griech., 1895, 210). Als Cu- 
nosum ist die Herleitung des Wortes apis seitens 
eimger Grammatiker von a und pes zu erwahnen ' 
wobei sich Probus (II 1, 49; vgl. Prise VI 57' 
Isid. or. XII 8, 1) darauf beruft, dass Vergii 
(georg. IV 31 0) die B. trunea pedum prime, nennt ; 
oder die B. sollten davon benannt sein, dass sie 
sich mit den Fiissen aneinander hangen (Isid. a. a. 
O.). Funis = Drohne hat besonders mit ksl. bu- 
eela = Biene zur Grundform bheuqo- = brummen 
30 summen (A. Fick Vergl. WOrterb. der indog' 
Sprachen4 I 490). Erweckt auch die B. in unserer 
Zeit vielseitiges Interesse, so muss dies doch im 
Altertum viel mehr der Fall gewesen sein, da das 
seit Beginn der Kaiserzeit aus Indien und Arabien 
importierte und wohl nur zu medicinischen Zwecken 
verwendete saccharum, wie man heute annimmt 
mcht der B,ohrzucker, sondern der Tabaschir des 
Bambus gewesen ist. Daher tindet sich in der alt- 
klassischen Litteratur eine grosse Menge von 
40 Stellen, welche auf die B. Bezug haben. In erster 
Linie mussuns interessieren , was Aristoteles in 
seiner Schrift de animalium generatione und in 
seiner histor. anim. sagt, deren neuntes Buch 
freihch nur eine Compilation etwa aus der Mitte 
des 3. Jhdts. v. Chr. ist. Die ganze Schrift ist 
im folgenden einfach mit Ar. (nach der Didotschen 
Ausg. von Bussemaker) citiert. 

Die vielen physiologischen und biologischen 
Irrtiimer der Alten haben iibrigens erst in der 
50 neuen und neuesten Zeit eine Berichtigung er- 
fahren, obwohl schon Plinius erzahlt, dass ein 
Consular auf seinem Landgute bei Rom durch- 
sichtige Stocke von Horn gehabt habe, vermittels 
deren man die Entwicklung der Brut habe be- 
obachten kOnnen (XI 49), und viele solche von 
Manenglas, um die Arbeit der B. zu beobachten 
(XXI 80). So herrschte eine grosse Unklarheit 
uber die Sexualitat der B. Da fiJltaaa (z B Ar 

cJ^-Jl 1 10; L a - IX 40 - !) ^d a p™ m«st 
60schlechthm die Arbeits-B., d. h. das Weibchen 

mit verkiimmerten Geschlechtsteilen , bedeutete 

und diese nur ausnahmsweise noch durch den Zu- 

satz xQnozf, (Ar. V 21, 2. 1X40, 9. 10. 12. 14. 

Antig. Kar. 52) bezeiclmet wurde, muss man sie 

urspriinglich als weiblich angesehen haben (vgl 

Ar. gener. Ill 10). Ebenso waren x^y neben aei- 

Qfy (Plin. IX 48) und dem lakon. dycbvaZ (Hesych ) 

sowie fucus, die Bezeichnungen der Drohne, mami- 



lichen Geschlechts, und einige (bei Ar. V 21, 2; 
vgl. gener. Ill 10) behaupteten, dass die Drohnen 
die Mannchen und die B. die Weibchen seien und 
sich begatteten, aber Hesiodos (theog. 594—99) 
vergleicht die Drohnen mit den menschlichen 
Weibern, doch werden sie allgemein und vor- 
wiegend nur als unniitze Fresser (Hesiod. theog. 
a. a. O.; op. 305. Aristoph. vesp. 1116. Xen. oec. 
17, 14. Plat. r. p. 554 d. 556 a. 564 b. 573 a. Ar. 



der Schwann zu Grunde geht (Ar. IX 40, 6. Antig. 
Kar. 86. Verg. g. IV 214. Sen. a. a. O. Plin. XI 
56. 64. Ambros. hexaem. V 71. Io. Tzetz. chil. 
IV 114). Wenn man auch nicht wusste, dass eine 
Konigin die andere totet, so behaupteten doch 
einige, dass beim Vorhandensein von mehr als 
einer Konigin diose (bis auf eine) von den B. ge- 
tetet wiirden (Plin. XI 56) oder dies vom Warter 
geschehen musse, um eine Entzweiung der B. zu 



V 22, 1. IX 40, 5. 9. 11; gener. HI 10. Varr. Ill 10 verhindern (Varr. r. r. m 16, 18. Geop. XV 2, 



16, 8. Verg. g. IV 168. 244; Aen. I 435. Phaedr. 
Ill 13, 2. Sen. de clem. I 19, 2. Col. IX 15, 1. 2. 
Isid. or. XII 8, 3. Geop. XV 9, 3) oder als eine 
Krankheit des Stockes (Plat. r. p. 552 c) geschil- 
dert oder mit Fremdlmgen im Staat (ebd. 567 d) 
oder gelehrten (Plut. de rect. rat. aud. 8; vgl. 
Dioskorides in Anthol. Pal. VII 708, 3) oder nacht- 
lichen Dieben (Man. Phil, de an. propr. 29. 30) 
verglichen; daher seien sie mit den Wab en heraus 



15; vgl. u. S. 444). Dagegen glaubten andere, was 
z. B. bei der in Agypten, Arabien, Syrien u. s. w. 
lebenden agyptischen B. immer der Fall sein soil, 
dass sich in demselben Stock oder bei einem 
Schwarm mehrere befinden kOnnten (Ar. IX 42, 
2; vgl. 40, 13. Col. IX 9, 6. 7. 15, 6), dass deren 
nur nicht zu viele sein dfirften (Ar. V 22, 2), in 
welchem Falle die iiberflussigen von den B. ge- 
totet wiirden (Ar. IX 40, 11). Da man uber die 



zuschneiden (Plat. r. p. 564 c; vgl. Ar. IX 40, 8) 20 Begattnng der B. nicht ins klare kommen konnte 



oder auf andere Art auszurotten (Geop. XV 9, 1. 2). 
Selten findet sich die irrtumliche Auffassung, dass 
sie fur sieh Zellen bauten (bei Ar. IX 40, 5) oder 
die andern B. bei der Arbeit unterstiitztcn (Plin. 
XI 27) und dass sie di« Warme im Stock ver- 
mehrten und dadurch die Entwicklung der Brut 
ferderten (Col. IX 15, 2. Plin. XI 27). Man war 
jedenfalls im allgemeinen ungewiss, ob man die 
Arbeits-B. oder die Drohnen fiir mannlich bezw. 



(Ar. V 21, 1. Col. IX 2, 4. Plin. XI 46) oder 
sie ganzlich leugnete (Verg, g. IV 197f. Petron. 
in Poet. lat. min. ed. Baehrens IV 90, 7. Quint. 
declam. 13, 16. Ambros. hexaem. V 67. Prudent. 
cathem. III 75), wie auch Rufinus Aquil. comm. 
in symb. apost. 74 (bei Migne XXI p. 350) dauurch 
die jungfranliche Geburt Maria erklart, und man 
ihnen teilweise sowohl das mannliche als das weib- 
liche Geschlecht absprach (Augustin. de civ. dei 



weiblich halten solle, da man eine Begattung zwi- 30 XV 27, 4), so glaubten einige, dass sie ihre Brut 



schen diesen beiden nie wahrgenommen hatte 
(Athen. VIII 352-f. 353 a), wie sie denn auch nicht 
vorkommen kann. Der KOnigin , deren einzige 
Aufgabe das Eierlegen ist, schrieben die Alten zu- 
nachst die Rolle einer Herrscherin im Bienenvolke 
zu (Xen. oec. 7, 32. 33. Ar. I 1, 11. Verg. g. 
IV 154. 210f. Plin. XI 29. 52—54. Ael. n. a. I 
59. Vll. Basil. Magn. horn. VIII in hex. 4. Geop. 
XV 3, 2. 3. 8. 9. Man. Phil, de an. propr. 30, 



anderswoher (bei Ar. V 22, 2; gener. Ill 10), von 
den Bliiten mit dem Munde (Verg. g. IV 201. 
Ambros. a. a. O.) aufsammelten (bei Ar. V 21, 1. 
Theophr. de c. pi. 17, 9. Col. IX 2, 4), zweimal 
im Jahre (Ambros. a. a. O. 72), und zwar von 
denen der Wachsblume, Cerinthus aspera Roth und 
Cerinthus minor L., des Rohrs oder des Olbaums 
(bei Ar. a. a. O.); andere nahmen dies wenigstens 
fiir die Drohnenbrut an (bei Ar. a. a. O.). Sehr 



610f.). Darauf weisen schon die Benennungen 40 ausfuhrlich spricht Aristoteles (gener. Ill 10) uber 



paaiXevg, ijyefMav, rex, dux, imperator hin, Diese 
haben sonst mannliches Geschlecht, nur Xenophon 
(a. a. 0.) sagt fj yye^cbv, jedoch auch o r\y£jidfv, 
(de instit. Cyr. V 1, 23), Auch sagte man iaarjv, 
ein Wort, welches auch fur (laadevs im weiteren 
Sinne (Suid.), besonders von Kallimachos fur Zeus 
(hymn. Iov. 66) und bei den Ephesiern gebraucht 
wurde (Etym. M. 383, 27f.), doch bei letzteren 
wohl nur fiir die Opfervorsteher der Artemis (Paus. 



die Entstehung der B. und kommt zu dem Resultat, 
dass die Weisel zuerst die Arbeits-B. und dann 
auch einige Weisel, aber ohne Begattung, erzeug- 
ten, ebenso die Arbeits.-B. die Drohnen. Unter 
Hinweis hierauf und Verg. g. IV 200 citierend 
wollte Lactantius (instit. I 8) beweisen, dass Gott 
ohne Mithulfe eines Weibes Sohne zeugen kflnne. 
Ein sehr verbreiteter und uber das Mittelalter 
hinaus sich erhaltender Aberglaube nahm an, dass 



VIII 13, 1). A. Fick (Gott. Gel. Anz. 1894, 50 die B. aus verwesenden Rindern entstehen kOnnten 



236) liest dafur soo^r und erklart es als Kurz- 
wort zu vorauszusetzendem kooilaos von toacu 
= setzen. Richtig heisst es, dass die Konigin 
nur mit dem ganzen Schwarm ausfliege (Ar. IX 
40, 6. 13. Plin. XI 54; vgl. Xen. oec. 7, 33), wo- 
bei aber nur an den Auswanderungszug (Plin. a. 
a. O.), nicht auch an den Hochzeitsflug gedacht 
ist, und dass sie nie arbeite (Ar. gener. DII 10. 
Sen. clem. I 19, 2). Obwohl einige behaupteten, 



(Demokritos und Mago bei Col. IX 14, 6. Kalli- 
machos bei Hesych. s. flovycvec&v und im Etym. 
M. 144, 52. Archelaos bei Varr. r. r. ni 16, 4. 
Nie. ther. 742 mit Schol. und Eutecn. Varr. r. r. 
II 5, 5. Ovid. fast. I 377f.; met. XV 364f. Plin. 
XI 70. Sext. Emp. Pyrrh. inst, I 41. Ael. n. a. 
n 57. Isid. or. XI 4, 3. Man. Phil, de an. propr. 
54, 4; man vergleiche noch die ,rinderentsprosse- 
nen' B. des Philetas bei Antig. Kar. 19. Nikan- 



dass das Vorhandensein eines Weisels zur Brut- 60 dros al. 446. Varr. r. r. Ill 2, 11. Meleagros in 



erzeugung notwendig sei (Ar. V 22, 2; gener. Ill 
10), so sollte dies doch nicht fur die Drohnenbrut 
zutreffen (Ar. V 21, 1. 2; gener. a. a. O.) , und 
dabei hielt man ihn teils fiir weiblich (bei Ar. 
V 21, 2) teils fur mannlich (Plin. XI 46), weil 
man die Begattung nie beobachtet hatte (Ar. 
gener. a. a. 0. Plin. a. a. 0.). Daruber allerdings 
herrschte kein Zweifel, dass bei Abgang des Weisels 



Anth. Pal. IX 363. 13. Bianor ebd. IX 548, 2. 
Erykios ebd. VII 36. 3. Straton ebd. XII 249, 1. 
Philo Trikkaios bei Gal. XIII 269. 272. Porphyr. 
de antr. nymph. 15. 18. Simplikios in Arist. phys. 
p. 239 Diels. Suid. s. fiovsiaie). Wenn dieser 
Glaube auch Zweifeln begegnete (Orig. c. Cels. 
IV 57. Georg. Pis. hexaem. 1343. Mich. Psell. 
de op. daem. p. 86 Boiss.), so wurde das Ver- 



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Biene 



Biene 



436 



fahren, aus getoteten Rindern B. zu erzeugen, 
doch umstandlich beschrieben (Verg. g. IV 295f. 
Liban. bov. laud. p. 962, 5 BeiBke. Aen. Gaz. 
155. 511. Isid. or. XII 8, 2. Geop. XV 2, 
21—36). Sieben Tage nach der Totung eines 
Stieres sollten die Wiirmer entstehen, die sich in 
31 Tagen zu fertigen B. entwickelten (Kir. Kiran. 
in Mysteria physico medica etc. 1681 s. ravQog 
p. 107; vgl. Aen. Gaz. a. a. 0. Geop. XV 2, 14. 
29). Die Erfindung wurde dem Aristaios zuge- 
schrieben (Verg. g. IV 283. 315f.), sollte aber be- 
sonders in Agypten verwendet worden sein (Verg, 
a. a. 0. 287f.; vgl. Pint. Cleom. 39. Ant. Kar. 
19). Etwas abweichend behauptet Servius (Aen. 
I 435), dass die B. aus Rindern, die Drohnen aber 
aus Rossen entstanden. Eine ahnliche Entstehung 
aus Faulnisstoffen nahm man iibrigens auch bei 
anderen Insecten an, wie Flohen, Wanzen, Lausen, 
Mficken, Wespen, Skorpionen, Kafern ; bei der B. 
kann eine Verwechselung mit der einer Drohne 
sehr ahnlichen Schlammfliege, Eristalis tenax L., 
vorliegen, die ihre Eier auf Aas legt. 

Da die B. Insecten sind (Ar. I 1, 7. IV 7, 1. 
VIII 17, 4. IX 38; gener. HI 10. Plin. XI 11), 
so haben sie wie die meisten derselben eine Me- 
tamorphose durchzumachen. Falschlich nahm man 
dabei an, dass die B. die in Gestalt von weissen 
Eiern herbeigeschaffte Brut, wie die Vflgel ihre 
Eier, in den Waben zu Wiirmern ausbrfiteten (Ar. 
V22, 6. Plin. XI 48), wahrend dies durch die 
vom Volte erzeugte Waxme geschieht. Zuerst 
erscheint ein weisser Wurm (Plin. a. a. 0.), der 
in die Quere liegt und wie ein Teil des Waehses 
aussieht (Ar. Plin. a. a. 0.), dann sich hebt und 
frisst (Ar. a. a, 0.), so dass er Excremente von 
sich giebt (Ar. V 19, 5. 22, 7). Hierauf wird die 
Zelle von den Arbeits-B. verklebt (Ar. IX 40, 14), 
die Tierchen werden Nymphen (Ar. V 19, 5. Poll. 
VII 148) genannt, fressen nicht und geben keinen 
Kot von sich (anders und daher falsch Ar. IX 
40, 14), sondern verharren in dem versehlossenen 
Kaume unbeweglich (Ar. V 19, 5, vgl. 22, 7). 
Wahrend dieses Zustandes bekommt das Junge 
Fltigel (Poll. a. a. 0.) und Fusse und seine definitive 
Gestaltung (Ar. V 19, 5), durchbricht dann das 
Nymphenhautchen (Ar. a. a. 0. und VIII 17, 4), 
zerreisst den Zellendeckel (V 19, 5. IX 40, 14) 
und schliipft aus (IX 40, 14); schon am dritten 
Tage danach arbeitet es (ebd.), wobei freilich 
irrtiimlich an die Arbeit ausserhalb des Stockes 
gedacht zu sein scheint (vgl, V 22, 7). Die Me- 
tamorphose dauert (von der Legung des Eies an 
gerechnet) 20 Tage (Geop. XV 2, 14), nicht, wie 
Plinius (XI 50) angiebt, 45 Tage. Doch soil 
diese Verwandlung merkwurdigerweise nur bei 
den Arbeits-B. und Drohnen stattfinden (Ar. V 
21, 3. 22, 6); als wenn der Weisel aus den besten 
Blumen unter dem ganzen Vorrat gemaeht ware 
(Plin. XI 48), habe sein Ei die hellgelbe Farbe 
des Honigs, es werde kein Wurm daraus, sondern 
es komme sofort die fertige B. zum Vorschein (Ar. 
V 22, 6. Plin. a. a. 0.); gleichzeitig, an Zahl 
6 oder 7 (Ar. V 21, 3; vgl. Plin. XI 51) ent- 
standen die Weisel auf diese oder ahnliche Weise 
in den an den Eandern der Waben herabhangen- 
den Zellen (Ar. a. a. 0. Hygin. bei Col. IX 11, 5). 
Daher behauptete man zum Teil, dass die in diesea 
Zellen entstehenden Tiere Bremsen seien (Plin. 



XI 47; gewisse Griechen bei Col. IX 14, 4. Pall. 
VI 10). 

Den KOrper der B. hielt man wie den aller 
Insecten (Ar. IV 1, 1. 3) fur blutlos (Ar. I 4; 
de p. an. II 2, 4. 4, 2), was man bei der Klein- 
heit der Tiere begreiflich fand (Plin. XI 12), 
wenn auch der wahre Grand die Farblosigkeit 
des Bluts gewesen sein wird. Auch sollten die 
B. nicht atmen (Ar. II, 7). Einige rein morpho- 
lOlogische Eigenschaften konnten keinem Zweifel 
unterliegen. So zahlte man sechs Beine' (Varr. Ill 
16, 5. 24; vgl. Ar. I 5, 2) und vier Fltigel (Ar. 

IV 7, 4), schrieb ihnen eine Art von Zahnen zu 
(Ar. de p. an. TV 5, 4. 6, 8; anders Plin. XI 165) 
und ein zungenahnliches (Ar. V 22, 5), vermeint- 
lich hohles (Ar. de p. an. II 17, 11. TV 5, 4) 
Organ, mit dem sie die Blfitensafte kosteten und 
aufsogen (ebd.). Die Arbeits.-B. haben einen 
Stachel innerhalb des Leibes (Ar. IV 7, 4) und 

20 zwar des Unterleibes (Plin. XI 60), die Drohnen 
keinen (Hes. op. 304, Aristoph. vesp. 1115. Plat, 
r. p. 552c. Ar. V 21, 3. IX 40, 8. 9. 41, 5. 42, 3; 
gener. Ill 10. Plin. XI 27. 57. Geop. XV 9, 3). 
Den Weiseln sprachen einige den Stachel ab (bei 
Ar. V 21, 3; selbst Sen. clem. I 19, 2. Ael. n. a. 

V 10. Man. Phil. an. propr. 30, 63) oder waren 
dariiber im Zweifel (vgl. Ael. n. a. 1 60), da er 
niemand verletzte (Col. IX 10, 1. Plin. XI 52. 
Pall. VII 7, 7); andere wussten, dass er ihn habe, 

30 aber damit nie (Ar. V 21, 3. Ambros. hexaem. V 
68. Basil. Magn. homil. VIII in hexaem. 4) oder, 
weil er am wenigsten bose sei, selten jemand ver- 
letze (Ar. IX 40, 17). Dagegen wusste man nicht 
oder setzte es stillschweigend voraus, dass die B. 
ihren Stachel ohne Gefahr in die Chitinmasse 
anderer Insecten bohren kann, man behauptete 
nur mit Becht, dass die B. sterben musse, wenn 
sie, was die Eegel sei (Ar. a. a. 0.; vgl. Plin. 
XI 60), durch den Stich den (mit Widerhaken 
40 versehenen) Stachel verliere (Ar. ni 12. IX 40, 
17. Apollon. hist. mir. 44. Basil. Magn. a. a. 0.; 
vgl. Aesop, f. 287), d. h. in der Wunde zurticklasse 
(Nie. ther. 809 u. Eutecn. z. d. St. Sen. clem. I 
19, 2—4. Dio Chrys. de regno IV 69, 20 E.) und 
so die Eingeweide verletze (Ar. IX 40, 17; vgl. 
Plin. XI 60). Der Stich konnte selbst ein Pferd 
toten (Ar, a. a. 0. Elin. XI 61), urn so mehr 
einen Knaben (Antipatros Anthol. Pal. IX 302. 
Bianor ebd. 548), ja die Bewohner von Themi- 
50 skyra im Pontes konnten Bienenschwarme als eine 
Art Waffe gegen die Feinde gebrauchen (Appian. 
bell. Mithr. 78). Zum Schutze gegen den Stich 
soil sich Aristaios in ein leinenes Gewand gehiillt 
haben (Nonn. Dionys. V 24 7f.); eine Menge anderer 
Mittel giebt Plinius an, doch findet sich am meisten 
als Schutzmittel der Saft von Malvenblattern an- 
gegeben (Diosc. II 144; de parab. II 122. Plin. 
XX223. XXI 78. Geop. XV 6, 1. 5,6. Sim. Seth. 
xsQi [xalazrjs). Wahrend die gewOhnliche Lange 
60 einer Arbeits-B. 12, einer Drohne 15 und des 
Weisels 17— 17l/ 2 mm. betragt, wird zum Teil an- 
gegeben, dass der Weisel doppelt so gross sei als 
eine Arbeits-B. (Ar. V 21, 2. IX 40, 9. Plin. XI 
51. Geop. XV 2, 16); andere sagten ricbtiger, dass 
er etwas grosser sei (Col. IX 10, 1. Pall. VII 7, 7; 
vgl. Sen. clem. I 19, 2) und sein Unterleib andert- 
halbmal langer (Ar. V 21, 2), seine Fliigel kleiner 
(Col. a. a. 0. Plin. XI 51. Pall. a. a. 0.) und 



437 



Biene 



Biene 



438 



der Leib, da wenigstens die Behaarung des Unter- 
leibes sehr sparlich ist, glatt ohne Haare sei (Col. 
Pall. aa. 00.; vgl. Sen. u. Plin. aa. 00.). 

Die Drohnen und die Baub-B. ((pwgeg, fures) 
wurden eigentlich als besondere Varietaten neben 
den andern B. angesehen (Ar. V 22, 1. IX 40, 9. 
Plin. XI 57). Sie sind grosser als die B. (Ar. 
a. a. 0. Aem. Mac. bei Serv. Aen. I 435. Col. 
rX 15, 1. Plin. XI 26. 57. Pall. VII 7, 1. Isid. 
or. XII 8, 3. Geop. XV 9, 3). Die grOssten von 
ihnen sind die Diebe (Plin. XI 57), von dunkler 
Farbe (Ar. a. a. Varr. Ill 16, 19. Plin. a. a. 0.) 
und mit glattem Leib (Ar. Varr. aa. 00.). Ubri- 
gens wurden die Eaub-B. auch mit den Drohnen 
verwechselt und xrj<pfjveg genannt (Ael. n. a. I 
9. Man. Phil, de an. propr. 29, 7, 30, 62), und 
die Merkmale der grOsseren Dunkelheit und Be- 
haartheit, welche an sich auf die Drohnen passen, 
als eine Variation des Weisels (Menekrates bei 
Varr. Ill 16, 18 und Varro selbst ebd. Verg. g. 
IV 93. Col. IX 10, 1. Pall. VII 7, 7).. und der 
Arbeits-B. (Verg. ebd. 96) hingestellt. Uberhaupt 
ist es nicht zu rechtfertigen, dass man bei den 
Weiseln fur sich verschiedene Varietaten annahm, 
wenn anch das Colorit der Weisel bei den ita- 
lienischen B. mehr als das der Arbeits-B. und 
besonders der Drohnen in die Augen fallt. So 
wurde ein besserer, rotgelber (Ar. V 21, 2. 22, 1. 
IX 40, 9. Arat. progn. 296. Varr. Ill 16, 18. 
Verg. g. IV 93. Diod. V 70. Col. IX 10, 1. Plin. 
XI 51. Ael. n. a. XVII 35. Geop. XV 2, 16. Man. 
Phil. an. propr. 30, 64) und ein zweiter, dunkler 
und bunterer (Ar. Varr. Plin. Geop. aa. 00.) unter- 
schieden, d. h. die italienische und deutsche B. 
Nur Vergil (georg. IV 95) macbt darauf aufmerk- 
sam, dass sich bei der Arbeits-B. dieselben beiden 
Varietaten fanden wie bei den Weiseln, namlich 
eine rotgelbe oder goldfarbige und eine rauhe mit 
breitem Leibe, wovon die letztere aber, wie er- 
wahnt, in Wirklichkeit eine Drohne gewesen sein 
muss. Was Columella (IX 3, 1. 2) als die von 
Aristoteles angegebenen Merkmale vorgiebt , ist 
ein wirres Durcheinander von allem , was jener 
fiber Varietaten uberhaupt sagt. Fur die bessere 
B. wird die, welche klein, rund und bunt sei, er- 
klart (Ar. V 22, 1. IX 40, 9, vgl. 22. Varr. Ill 
16, 19. Plin. XI 59), fur die schlechtere die lange 
und der Eornis (vgl. Ar. V 23, 1. IX 40, 10; 
gener. Ill 10) oder Wespe ahnliche (Ar. V 22, 1. 
IX 40, 9. Plin. a. a. 0.); beiden werden die 
Wald-B. gegeniibergestellt , welche sehr behaart, 
aber arbeitsamer oder kunstfertiger (Ar. IX 40, 9. 
Varr. Plin. aa. 00.) , wenn auch kleiner (Varr. 
a. a. 0.) und weit jahzorniger seien (Ar. Plin. 
a. 0.). Ubrigens sprechen aueh Columella (IX 
8) und Palladius (V 8) von den Wald-B., indem 
sie angeben, wie dieselben einzufangen seien. Der 
Beruhmtheit des hymettischen Honigs entsprach 
der der hymettischen (Aesop, f. 287 c. Mart. VII 
88, 8. Procop. ep. 146) , kekropischen (Verg. g. 
IV 177. Mart. VI 34, 4. IX 14, 2; vgl. XIU 24, 1. 
105, 2) und attischen B. (Ovid. tr. V 4, 30. Procop. 
ep. 49. Suid. s. Eevoyiav. Eustath. Od. XI 299; 
vgl. Petron. 38). Von einer matinischen B. spricht 
Horaz (c. IV 2, 27), auch von einer calabrischen 
(c. Ill 16, 33). Im Pontos sollte es sehr helle 
B. geben, welche zweimal im Monate Honig be- 
reiteten, und andere von grosser Eigentiimlichkeit 



(Ar. V 22, 8. Plin. XI 59), Angaben, die wohl 
ohne reelle Grundlage sind. Die in ErdlOehern 
und HobJungen des Bimssteins lebende B. (Verg. 
g. IV 42f.) war jedenfalls die Erd-B., Andrena. 
Unter den Sinnesorganen ist besonders der Ge- 
ruchssinn sehr ausgebildet, was bei Behandlung der 
StCcke, Wahl des Bienenstandes und fur den Warter 
(vgl. u. S. 444) in Betracht kam. Die B. riechen 
von fern den Honig und werden . vom Geruch des 

10 Schwefels getotet (Ar. IV 8, 15). Sie meiden alle 
stark, oh wohl- oder tibelriechenden Stoffe (Ar. IX 
40, 18. Ps.-Ar. de mir. ausc. 20. Antig. Kar. 52. 
Varr. Ill 16, 6. Ael. n. a. I 58; anders Eustath. 
op. XXV 11), weshalb sie auch die von Salben 
duftenden Menschen besonders angreifen (Ar. a. 
a. 0. Theophr. c. pi. VI 5, 1. Varr. a. a. 0. Ael. 
n. a. V 11. Geop. XV 2, 19). Von dem GehOrsinn 
wollte man teilweise nicht einmal wissen, ob er 
uberhaupt den B. eigen sei (Ar. IX 40, 23), doch 

20 wurde er, wie sich aus der Schilderung der Lebens- 
gewohnheiten der B. und den- Vorschriften fiber 
die Zucht ergiebt, stillschweigend vorausgesetzt; 
auch heute kennt man nicht den Sitz dieses Sinnes. 
Die Lebensdauer wird auf 6 — 7 Jahre ange- 
geben (Ar. V 22, 8. Verg. g. IV 207. Plin. XI 
69. Athen. VIII 352f.), was nur fur die KOnigin 
zutrifft, obwohl auch diese nur etwa 4 Jahre als 
Stammmutter leistungsfahig bleibt. Von den Droh- 
nen hcisst es richtig, dass die Arbeits-B. jene 

30 toten (Varr. in 16, 8. Plin. XI 57), wie Plinius 
sagt (a. a. 0. 56), wann die Haupttrachtzeit vor- 
iiber ist, oder wann nach dem SommeTsolstitium 
(Col. IX 15, 1. Pall. VII 7, 1) Kaummangel ein- 
tritt (Ar. IX 40, 19; vgl. 40, 11). Auch sprechen 
die Alten davon, dass die Arbeiter diejenigen B. 
aus dem Stocke trieben, welche nicht arbeiten 
wollten (Ar. IX 40, 23; vgl. Varr. a. a. 0.), je- 
doch wussten sie nicht, dass die Arbeits-B. selbst 
im Zustande der Euhe wahrend des Winters nur 

40 ca. 5 Monate leben und dass sie wahrend des 
Sommers schon in ca. 6 Wochen sich abnutzen und 
dann zu einem grossen Teile unter harten Kampfen 
von der kraftigeren Jugend vertrieben werden oder 
bald von selbst, bis 300 und 400 eines Volks an 
einem Tage, sterben. 

Als Nahrung dienen den B. der Honig (Ar. 
IX 40, 2) und andere Sussigkeiten (Ar. I 1, 11), 
jener im Sommer und im Winter (IX 40, 15). 
Woher sie ihn nahmen, dariiber herrschte Unklar- 

50 heit. Er sollte aus der Luft (Amyntas bei Athen. 
XI 500 d. Verg. g. IV 1. Prudent, cathem. HI 73; 
vgl. Ael. n. a. XV 7) als Morgentau (Theophr. frg. 190. 
Cels. bei Col. IX 40, 20; bei Philarg. g. IV 1. 
Plin. XI 30. Basil. M. homil. VIII in hexaem. 4 ; 
vgl. Senec. ep. 84, 4. Petron. 56. Galen. VI 739) 
und von den Baumen (Eur. Bacch. 711. Strab. XI 
509. Verg. eel. 4, 30. Ovid. met. 1 112. Ps.-Aristot. 
demir. ausc. 17—19. Diod. XVII 75. Curt. VI 4, 22. 
Ael. n. a. V 42; vgl. Verg. g. I 131), besonders 

60 von dem Laube der Eiehen (Theophr. a. a. 0. und 
h. pi. ffl 7, 5. Verg. eel. 4, 30. Ps.-Verg. Aetn, 
13) und Linden (Theophr. frg. 190), nie vor dem 
10. Mai (Ar. V 22, 4. Plin. XI 30), besonders aber 
zur Zeit der Weizcnernte (Theophr. a. a. 0.) oder 
im letzten Drittel des Juh' (Plin. ebd.; vgl. 37) 
oder auch spater (Col. IX 14, 10) herabtraufeln. 
Aristoteles (a. 0.) will diese Herkunft damit be- 
griinden, dass die Bienenwarter den Stock nach 



439 



Biene 



Biene 



440 



ein oder zwei Tagen (vgl. Plin. XI 29), was iibrigens 
nicht unmCglich sein soil, voll Honig fanden und 
dass es im Herbst zwar Blumen, aber keinen Honig 
im Stocke gebe, wenn diesem vorher der ganze 
Vorrat daran genommen sei. Er wie die andern 
haben naturlich den von den Blattlausen als Er- 
gebnis ihrer Verdauung ausgesonderten Honigtau 
im Auge gehabt. Zweitens sprechen sie aber offen- 
bar auch von dem Nektar der Bluten (Theophr, 
a. a. 0.), der besonders im Friihjahr gewonnen 
werde (Plin. XI 34), und zwar von alien denjeni- 
gen Blaten, welche einen Kelch hatten oder doch 
Sflssigkeit enthielten (Ar. V 22, 5). Besonders ist 
hier die Rede von dem &v(ios (Kopfthymian, Thy- 
mus capitatns Link, oder Gartenthymian, Thymus 
vulg. L. ; Nic. al. 451. Hor. c, IV 2, 29; ep. I 3, 21. 
Yerg. g. IV 112. 169. 184. Ovid. a. am. 1 96. Col. IX 
4, 2. XI 3, 39. Plut. de rect. rat. and. 8. Gal. VI 740. 
Pall. I 37, 3. Prudent, cathem. Ill 74. Geop. XV 
2, 5) ; er gebe den besten (Varr. HI 16, 26. Col. IX 4, 
6), an Consistenz und Sflssigkeit jeden andern uber- 
treffenden (Ar. V 22, 5), goldfarbigen (Ar. IX 40, 21. 
Plin. XI 38) Honig ; der weissbluhende einen bessern 
als der rotbltihende (Ar. a, a. 0. 20); bliihe er gut, 
stehe eine reiche Honigernte in Anssicht (Theophr. 
h. pi. VI 2, 3. Plin. XXI 56). Ausgezeichneten 
Thymian brachte der Hymettos (Antiphanes bei 
Athen. I 28 d. Val. Max. I 6 ext. 4) hervor, wes- 
halb man ihn auch, aber vergeblich, in Italien zu 
acclimatisieren versuchte (Plin. a. a. 0. 57),<gind 
der sicilianisehe Honig gait fur besonders gut, weil 
dort an zahlreichen Stellen (Varr. Ill 16, 14), be- 
sonders bei Hybla (Verg. eel. 7, 37, vgl. 1, 55. 
Mart. V 39, 3; vgl. II 46, 1. VII 88, 8. IX 11, 3. 
26, 4. X 74, 9. XI 42, 3. XIII 105. Claudian. r. 
Pros. II 124) der Thymian gedieh. Eine poetische 
Licenz ist es, wenn Martial (XI 42, 4) veracht- 
lich vom corsischen Thymian spricht; denn wenn 
auch der Honig von Corsica allgemein im Verruf 
stand, so schrieb man doch die Schnld daran der 
dort wachsenden Eibe (Verg. eel. 9, SO) oder dem 
Schierling (Ovid. amor. I 12, 9) oder Buchsbaum 
(Theophr. h. pi. Ill 15, 5. Diod. V 14. Plin. 
XVI 71) zu; vor der Eibe wird auch sonst ge- 
warnt (Verg. g. IV 47. Col. IX 4, 3): heute schreibt 
man dem in Corsica sehr verbreiteten Buchs- 
baum den schleehten Geschmack des Honigs zu. 
Von dem in Waldern bliihenden Gemeinen Heide- 
kraut (Calluna vulg. Salisb. = Erica vulg. L.), 
wurde der Honig (Nic. al. 451) Ende September 
(Col. IX 14, 11. Plin. XI 41) und im November 
(Pall. XII 8, 1) eingetragen. Aristoteles (V 22, 
8) erklart den Herbsthonig fur den besten, ahn- 
lich Columella (IX 14, 11) den urn das Herbst- 
aequinoctium gesammelten, wahrend sonst mit 
Recht der Fruhjahrshonig fur den besten (Ar. IX 
40, 21), der Heidehonig fur den schlechtesten 
(Plin. XI 41) gehalten wurde. Drittens sollte der 
Honig vom Rohre herruhren (Theophr. frg. 190). 
In Indien wuchs nach Eratosthenes ein grosses 
Bohr mit siisser Wnrzel (bei Strab. XV 693; vgl. 
Varro bei Isid. or. XVII 7, 58) und ein Eohr, das 
ohne Zuthun der B. Honig lieferte (Strab. XV 
694), indem er entweder ak Tau (Sen. ep. 84, 
4) oder als Kegen (Ael. n. a. XV 7) auf das Gras 
und die Blatter desselben falle oder durch die 
eigene Feuchtigkeit desselben erzeugt werde (Sen. 
a. a. O.). Diese Honigart, die sich nicht bios in 



Indien, sondern auch im gliieklichen Arabien fand 
und aaxyaQov genannt wurde (Diosc. II 104. Gal. 

XII 71), wird so beschriehen (von Diosc. II 104 
und Plin. XII 32; vgl. Lucan. Ill 237. Ael. n. a. 

XIII 8), dass man sie frtiher fur unsern Zucker 
von Saccharum officinarum L. gehalten hat, neuer- 
dings aber darin den Tabaschir, Kieselsaure-Con- 
cretionen in den Stengelinternodien besonders von 
Bambusa arandinacea Willd. und Melocanna bam- 

lObusoides Trin. sieht (vgl. Strasburger Dtsch. 
Rundschau 1892/93, 224). Das aaxyaQav kam 
nach Europa (Gal. a. a. O.) von Indien iiber die 
Hafenplatze in der Nahe des Cap Gardafui (Anon, 
peripl. mar. Eryth. in Geogr. Gr. min. I 267) und 
wurde nur zu medicinischen Zwecken verwandt 
(Plin. a. a. 0.). Bemerkt wird, wenn auch teilweise 
unter Reserve (Col. IX 2, 4), weiter, dass die B. 
den Honig in die Zellen spieen (Ar. V 22, 6), 
nachdem sie ihn durch Aufbewahrung in ihrem 

20Magen verschlechtert hatten (Plin. XI 31), und 
da der Nektar erst durch den Speichel der ScMeim- 
driisen den specifischen Honiggeschmack erhalt; 
warf Seneca (ep. 84, 4) die Frage auf, ob die B. 
den fertigen Honig von den Bliiten holten oder ob 
sie den gesammelten verschiedenen Stoffen erst 
durch einen gewissen Zusatz jenen Geschmack ver- 
liehen; das. letztere nahm Macrobius (sat. I pr. 5) 
an. — Das Bienenbrot, eQi&dxrj (Ar. V 22, 6. Plin. 
XI 17, 35 — 42; eines Stammes mit eqi&os ,Tage- 

30 lflhner' und eQiSsvo/A.«i ,arbeite mn Lohn') oder 
xrjQiv&og (Ar. IX 40, 2. Plin. a. a. 0. Hesych. 
s. v.) oder oavdagdxi] (Ar. IX 40, 15. Plin. a. 
a. 0.), hielt Plinius (XI 17) fur eine Art Friih- 
lingstau und Baumsaft, nur Menekrates (bei Plin. 
a. a. 0.) richtig fur Bliitenstaub; dass es haupt- 
sachlich zur Nahrung der Brut dient, wusste 
man nicht, sondern nur, dass es uberhaupt eine 
Nahrung der B. sei (Ar. IX 40, 2), entweder zur 
Arbeitszeit (Plin. a. a. 0.) oder, was richtiger, 

40 wahrend des Winters (Plin. XI 35), besonders 
bis zum Wintersolstitium (Plin. XI 42) ; sein Ge- 
schmack sollte bitter sein (Plin. XI 17) oder etwa 
die Stissigkeit von Feigen haben (Ar. a. a. 0.). 
Die B. tragen ihn mit den Beinen ein (Ar. V 22, 
6. IX 40, 2). Obwohl Plinius seine Beschaffen- 
heit giinzlich verkannte, so schildert er doch (XI 
21) den Vorgang des Einsammelns richtig, indem 
er sagt, dass die B. den Pollen (flos) mit ihren 
borstigen Hinterbeinen eintrfigen, nachdem sie ihn 

50 mit den vordern auf jene geschoben ; falschlich 
nimmt er aber an, dass sie ihn mit einem Schnabel, 
d. h. den Kinnbacken, statt mit den Vorderbeinen 
aus den Bluten, d. h. den Staubbeuteln heraus- 
holten. Wasser holen sie mit dem Munde und in 
Gestalt von Tropfen an den Haaren ihres Ko'rpers 
herbei (Plin. XI 20), wenn sie die Brut zu er- 
nahren haben (Ar. IX 40, 14). 

Das Wachs der Waben, welches die B. be- 
kanntlich an ihren Hinterringen ausschwitzen, 

60sollten sie von den Bluten (Ar. V 22, 4. Celsus 
bei Col. IX 14, 20 und Philarg. g. IV 1. Plin. 
XI 14), und zwar von fast alien (Plin. XI 18), 
wenigstens von mehreren (Ar. IX 40, 22. Varr. IH 
16, 24. 25) mit den Beinen (Ar. V 22, 6. LX 40, 
2) fast auf dieselbe Weise (Ar. IX 40, 7) ein- 
holen, wie es Plinius vom Bienenbrote angiebt. 
Bei dem Stopfwachs , x^qwok (Ar. V 22, 4 , von 
xytxk), xovtaig (Ar. IX 40, 3; wohl mit xovtdoo 



441 



Biene 



Biene 



442 






.bestreue mit Staub' zusammenhangend), melligo 
(Plin. XI 14. XVI 28), unterschied man, wohl 
weil es von verschiedenen Baumen herriihrte, die 
schwarzliche , angeblich aus dem Wachs ausge- 
schiedene fihvs am Flugloche und den moaoxrjQog, 
d. h. Pechwachs (Ar. a. a. 0. 5) oder drei sich fiber 
einander lagernde Schichten, namlich die bittere 
eommosis , den pissoeeros, eine Art weicheren 
Wachses, und die dem Harze des Weinstocks und 
der Pappel (vgl. Plin. XXIV 47) zur Befestigung 
der Scheiben entnommene propolis (Plin. XI 16). 
IIqojioXis wird auch, seiner Herleitung (vgl. Varr. 

III 16, 23) entsprechend, das dem Wachs ahnliche, 
an den Eingilngen der StCcke gefundene Stopf- 
wachs genannt (Diosc. II 106), offenbar weil es 
zur Verengerung des Flugloches diente. Die B. 
holen es von den Ausschwitzungen (Ar. V 22, 4) 
oder Thranen (Ar. IX 40, 3. Antig. Ear. 52. Plin. 
XI 14) gewisser Baume , d. h. ihren klebrigen 
Knospen, oder den Thranen (dem Nektar?) des 
Narcissus (Verg. g. IV 160) oder pillenartigen Ge- 
bilden, d. h. dem Bedeguar, der Eiche (Plin. XVI 
28; vgl. Theophr. h. pi. Ill 7, 5). Vergil (georg. 

IV 38) nennt auffalligerweise das Stopfwachs 
eera, und Varro scheint zwar erithaee mit cibus 
d. h. Bienenbrot (vgl. Plin. XI 17) zu identificieren 
(III 16, 24. 25), doch soil jene auch eine Art 
Stopfwachs zur Verengerung des Fluglochs (a. a. 
0. 8, vgl. Ar. IX 40, 5), aber trotzdem nicht mit 
propolis identisch sein (a. a. 0. 23). Da die 
Waben, wenn es nOtig ist, auch mit eigentlichem 
Wachs verbunden werden konnen, so scheint auch 
dieses egiMxtj (Ps.-Ar. mir. ausc. 16) genannt 
worden zu sein. 

Das Leben der B. ist im Winter tief herab- 
gestimmt, besonders an den kaltesten Tagen (Ar. 
VIII 14). Vom 11. November bis zur Winter- 
wende zehren sie von dem aufgespeicherten Honig 
(Col. IX 14, 12), von da ab 40 (ebd. 17) oder 
60 Tage lang (Col. a. a. 0. Plin. XI 43) ver- 
zehren sie den Rest (Col. a. a. 0.) oder bleiben 
ohne Nahrung (Plin. a. a. 0.) und erhalten sich 
durch ihre Ruhe das Leben (Col. a. a. 0.); dann 
findet sich auch in den Stocken keine Brut, we- 
nigstens 40 Tage nach der Wende (Ar. IX 40, 
14). Die Ruhe dauert also meist vom 11. Novem- 
ber bis 21. Februar (Plin. XI 13. 43), ja sie bleiben 
noch in den Stocken bis zum Fruhlingsaequi- 
noctium (Plin. a. a. 0. Ael. n. a. V 12), in Italien 
bis zum 10. Mai (Plin. a. a. 0. 43; vgl. XVIII 
253). Sie hungern am meisten, wenn sie am Ende 
des Winters wieder erwachen (Ar. IX 40, 24). 
Diese Zeitangaben sind so zu deuten, dass die B. 
vom 21. Februar bis 10. Mai im allgemeinen nur 
innerhalb des Stockes arbeiten und dann die 
Schwarmzeit begrnnt. Doch findet jede gute Laune 
des Winters in der Regsamkeit der B. und einiger 
andern Insecten ihren Ausdruck, und schon im 
Januar lockt in Griecbenland der Duft der Mandel- 
bluten die B. zum Sammeln an (A. Mommsen 
Zur Knnde des gr. Klimas 1870, 17). Daher ist 
die Angabe unverstandlich, dass die B. durch den 
Beginn ihrer Arbeit die Sommerwende anzeigen 
sollen (Ps.-Ar. mir. ausc. 64). Vielmehr heisst es 
denn auch. dass die B. bei milder Witterung den 
Stock verlassen (Ar. IX 40, 15). Zuerst verfer- 
tigen sie die Waben , darauf legen sie die Brut 
hinein und dann erst tragen sie Honig als Nah- 



rung ein (Ar. V 22, 3. Plin. XI 14; vgl. Col. IX 
13, 11). Bei trockenem Wetter bereiten sie mehr 
Honig, bei Regenwetter bringen sie mehr Brut 
hervor (Ar. a. a. 0. Plin. a. a. 0. 58); wenn Mel- 
tau fallt, giebt es weniger Brut (Ar. a. a. 0. und 
IX 40, 26); bei jedem Ausfmge gehen sie nur 
auf Blumen einerlei Art, z. B. von Veilchen zu 
Veilchen (Ar. IX '40, 7), wodurch ihnen das Sor- 
tieren und Unterbringen des Bliltenstaubes in ge- 

10 sonderte Zellen mOglich gemacht wird; die Starke 
eines Stockes kann man daran erkennen, dass das 
Gerausch in ihm stark ist und die B. mit Leb- 
haftigkeit ein- und ausfliegen, weil sie dann mit 
der Aufziehung der Brut beschaftigt sind (Ar. a. 
a. 0. 24). Mit einigem Grunde kann man sagen, 
dass , wahrend die einen wachten , die andern 
schliefen (Varr. Ill 16, 9; anders Verg. g. IV 
190), wenn man an die B. denkt, die in der Nacht 
durch Facheln mit ihren Flugeln dem Honig das 

20 Ubermass seiner wassrigen Bestandteile entziehen; 
dagegen ist es wohl unerwiesen, dass die B. im 
Freien auf dem Riicken liegend schlafen, um die 
Flfigel vor dem Tau zu schiitzen (Plin. XI 19). 
Eine irrige Vorstellung ist es jedenfalls auch, dass 
des Morgens eine B. die anderen durch zwei- bis 
dreimaliges Summen wecke (Ar. IX 40, 23. Plin. 
XI 20) und eine B. durch Summen das Zeichen zum 
Schlafen gebe (Ar. a. a. 0. Plin. XI 26. Io. Tzetz. 
chil. IV 128). Auch die Ansicht, dass einige am 

30 Flugloche Wache hielten (Ar. a. a. 0. 12 Antig. 
Kar. 52. Verg. g. IV 165), sei es am Tage (Plin. 
XI 20), sei es in der Nacht (Man. Phil. an. 
propr. 30, 15f.), ist wohl irrig, da jede B. , die 
sich zufallig am Flugloche beflndet, ankommende 
Rauber abwehrt. tlberhaupt ist die Ansicht, dass 
sowohl die Arbeiten innerhalb als ausserhalb des 
Stockes standig an bestimmte B. verteilt seien 
(Ar. IX 40, 23; vgl. ebd. 14. Plin. XI 20—22. 
Ael. n. a. V 42. Ambros. hexaem. V 68. Io. 

40 Tzetz. chil. IV 118f. Man. Phil. a. a. 0. 6f.) 
dahin zu berichtigen, dass die jungen B. im 
Innern arbeiten, die alteren auf Beute ausfliegen. 
Gerade das Gegenteil davon wird aber behauptet 
(Ar. a. a. 0. 19. Antig. Kar. a. a. 0. Verg. 
g. IV I77f. Plin. XI 21), ein Irrtum, welehev 
davon herruhren mag, dass man die behaarteren 
B. fur die alteren hielt (Ar. a. a. 0.), wahrend 
das UmgekehTte der Fall ist. Zum Teil richtig 
ist die Bemerkung, dass, wenn die Arbeits-B. zu- 

50 ruckkehren, andere die Biirde in Empfang nehmen 
(Verg. g. IV 167. Plin. a. a. 0.), wenn dies auch 
falschlich die KOnigin thun soil (Xen. oec. 7, 33). 
Auf einer Verwechslung mit der Mortel-B., Chal- 
cicodoma muraria, welche zum Bau ihres Nestes 
Sandkornchen herbeitragt, scheint es zu beruhen, 
wenn, zum Teil mit Bezug auf die kretensischen 
B. (Plut. de soil. an. 10), gesagt wird, dass die 
B. zum Schutz gegen starken Wind einen Stein 
mit sich triigen (Ar. a. a. 0. 21. Plin. XI 24. 

60 Ambros. de virginit. 106), wie ein Schiff durch 
Ballast in seiner Lage erhalten werde (Verg. g. 
IV 194. Ael. n. a. I 11. Man. Phil. 31f.). 

Die Waben bauen sie von oben nach unten 
(Ar. IX 40, 4. Plin. XI 22; vgl. Col. IX 15, 9), 
doch so, dass zu beiden Seiten (Plin. a. a. 0.), da 
sie nur wenig an den Seiten anhangen, und auf 
dem Boden Gange frei bleiben , da die Waben 
diesen nicht erreichen (Col. a. a. 0. 7). Wenn 



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Biene 



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Biene 



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zwei Schwarme in einem Stoeke sind, haben die 
Waben auch zwei Kichtungen (Col. a. a. 0. 6. 
Plin. SI 23). An jeder Wabenwand beflnden 
sich je zwei Schichten von Zellen, und die Zellen 
sind wie bei den Doppelbechern (wenn die Waben 
quer gegen das Flugloch gebaut sind) die einen 
nach innen, die andern nach aussen gerichtet (Ar. 
IX 40, 4; vgl. Basil. M. hom. VIII in hexaem. 4). 
Die Zellen sind sechseckig (Ar. V 23, 1. Ovid. 



' v-rr nan i V „ s , v "' *■ *-""*• sauuilBll ^ v a,rr. Ill ID, /. 01. V erg. S. IV 04. 151. 

? et 3 V ^ 2 V^ L S- 1 Y 131 A em Zeichen awlOLucan. 1X288. Quint, decl. 13, 3. 9. Claudian. 

K nTis+TprtitrL-wT. / KSqoiI M o a f\ A™1 — — 1...., .1 . ttt ti ~„« ~ . ■. _ . ' 



Tiiten der jungen Konigin in ihrer Zelle. Falsch- 
lich wurde angenommen, dass die junge Konigin 
mit dem Schwann ausziehe (Xen. oec. 7, 34 Verg 
g. IV 21. Col. IX 9, 2. 11, 1—3), nicht die alte. 
Damit die B. sich nicht zu weit vom Stande ent- 
fernten, wurden sie durch Erzgeklingel oder anderes 
Gerausch zuriickgeschreckt (Col. IX 12, 2. 8, 10. 
Pall. VII 7, 9) oder doch zuruckgehalten oder ge- 
sammelt (Varr. Ill 16, 7. 31. Verg. g. IV 64. 151. 



Kunstfertigkeit (Basil. M. a. a. 0. Ambros. hexaem 
V 68. Geop. XV 3, 10), der Zahl ihrer Fusse ent- 
sprechend (Varr. Ill 16, 5. 24), weil sie mit diesen 
geformt wurden (Plin. a. a. 0. 29), wahrend in 
Wahrheit dies hauptsachlich durch die Kinnladen 
geschieht. Zuerst bauen die Arbeits-B. Zellen fur 
sich selbst (die Brut), dann die der Weisel und 
die der Drohnen (d. h. die der Weisel zuletzt, 
vgl. Plin. XI 26; falschlich vor alien andern 



de VI cons. Hon. 260; vgl. Ovid. fast. Ill 742), 
indem man annahm, dass sie daran Gefallen fan- 
den (Ar. IX 40, 23. Plin. XI 68. Ael. V 13. Geop. 
XV 3, 7. Man. Phil. 30, 44. 92), weshalb sie auch 
Vogel der Musen genannt wurden (Varr. a. a. 0. 
7). Der Zweig oder iiberhaupt der Gegenstand, 
woran sich der Schwann niederlassen sollte, wurde 
besonders mit dem Saft der Citronenmelisse, Melissa 
officinalis L., eingerieben (Varr. a. a. 0. 23 u. 31. 



t, t rp r Z-\ ttt ,A,\ ,. , -""iciii uimauaua u., eingeneDen I v arr. a. a. U. iiSu. 31. 

nach Io. Tata. chil. IV 121), d ie der Weisel nur 20 Verg. g. IV 63; vgl. Plin. XXI 82). Der Schwann 



dann , wenn viel junge Brut vorhanden ist, und 
die der Drohnen (angeblich) nur dann, wenn tjber- 
fluss an Honig vorhanden ist (Ar. IX 40, 4) ; sie 
sollen auch die Drohnenzellen , wenn Mangel an 
Honig bevorsteht (ebd. 11), vernichten, doch ge- 
schieht dies nicht mit den Zellen, sondern mit 
der Brut und zwar auch der Arbeits-B. Die Zellen 
der Arbeits-B. sind klein und die der Drohnen 
kleiner als die der Weisel (ebd. 4), aber nicht, 



lasst sich in Gestalt einer Traube nieder (Col. IX 
9, 7. Pall. VII 7, 6; vgl. Hom. II. II 89. Verg. a. 
IV 558. Plin. XI 55. Iuven. XIII 68). Wenn sich 
der Schwann in Form einer einzigen Traube an 
einen Ast gehangt hat, so ist dies ein Zeichen, 
dass nur ein Weisel oder mehrere, die sich ver- 
tragen. sich unter ihm befindet (Col. Pall. aa. 00.); 
wenn sich der Schwann aber in zwei (Ar. IX 40, 
13; vgl. Verg. g. IV 68) oder mehr Haufen (Col. 



wiePl.nius(XI26)sagt d ie klemsten. Die grossen 30 Pall. aa. 00.)v niedergelassen hat. so geht die 
I sen. clem. T 1 9. 2. Col TY 14. 4. Plin vtoo a„i i-i„,-„„„„ ^.1.7 __ j__ __.„___ ._ ~, & , 



(Sen. clem. 1 19, 2. Col. IX 14, 4. Plin. XI 29. Ael. 
n. a. I 59. Pall. VI 10. VII 7, 9. Isid. or. XII 
8, 3. Io. Tzetz. chil. IV 122. Man. Phil. 30, 73), 
gewolbten (Plin. a. a. 0.), einer Zitze ahnlichen 
(Pall. a. a. 0.) Zellen der Weisel befinden sich 
am Kande (Ar. IX 40, 4. Cels. bei Col. IX 11, 5. 
Col. IX 14, 4. Isid. a. a. 0. Geop. XV 2, 15; 
vgl. Plin. XI 47) oder an der tiefsten Stelle der 
Waben (Ar. V 21, 3. Plin. XI 29) oder mitten 



kleinere Zahl zu der grosseren iiber, und, wenn 
die Konigin nachfolgt, so tSten die B. (d. h. die 
andere Konigin) dieselbe (Ar. ebd.) oder der Waiter 
muss, nachdem er die Hand mit dem Saft der 
Citronenmelisse eingerieben, mit dieser die Konigin 
oder die Koniginnen, welche den Kampf veranlasst 
haben, beseitigen (Col. Pall. aa. 00.; vgl. Verg. 
g. IV 89). Denn damit nicht der ganze Bienen- 
stand ausstirbt, muss man die jungen Schwarme 



, , v — .., . ' ,„;,„' "" 01 ""»«=" swmux aussurux, muss man cue jungen senwarme 
iinter den Anger. Zellen (Ar IX 40, 8. Sen. a. 40 einfangen, urn die Zahl der Stoeke zu vermehren 

a. (). Ka . VII 7 9l nnrl liariiiTi airiQ c1A1 -.lr^««l.+« /-n„1 TV n ax T\.i ■ , , tt «... 



a. 0. Pall. VII 7, 9) und haben eine senkrechte 
Lage (Cels. a. a. 0.) ; sie werden in der Zahl von 
6—7 (Ar. V 21, 3), jedenfalls in geringer Zahl 
(Ar. gener. Ill 10; vgl. Plin. XI 51) und zwar 
zuletzt angelegt (ebd.). Die mit Honig gefullten 
Zellen werden mit einem Wachsdeckel verschlossen 
(Col. IX 14, 4; vgl. Ar. IX 40, 4. 9). Die Be- 
merkung, dass, wenn die Zellen mit Brut besetzt 
seien, auf die gegeniiber liegende Seite Honig 
komme (Ar. V 22, 6), ist sehr ungenau. 

Dir Schwarmzeit fallt in Italien vom 10. Mai 
bis zur Sonnenwende (Col. IX 14, 5), hauptsach- 
lich in den Mai (Pall. VI 10). Die B. schwar- 
men, wenn viele Junge herangewachsen sind (Varr. 
Ill 16, 29) und sie Colonien aussenden wollen 
(Plat, polit. 293d. Xen. oec. 7. 34. Ael. n. a. V 
13). Es giebt grosse Schwarme, wenn eine reiche 
Olivenernte bevorsteht (Ar. V 22, 3). Ein Zeichen, 
dass der Schwann abgehen wird , ist es , wenn 



(Col. IX 3, 4). Der bezeichnete Kampf ist hoch- 
poetisch von Vergil (georg. IV 67—85) gesch.il- 
dert; er wird leicht durch Bewerfen mit Staub 
(Verg. a. a. 0. 87. Plin. XI 58) oder durch Rauch 
(Plin. a. a. 0.) beschwichtigt. Die Stoeke, in 
welchen die Schwarme eingefangen werden sollten, 
wurden mit dem erwahnten Safte oder andern Aro- 
maten (Varr. m 16, 23. 31. Col. IX 8, 13. Plin 
XXI 149. Pall. V 6, 8; vgl. Geop. XV 2, 20. 
50 4, 2) paTfiimiert. Nachdem der Stock an den 
Schwann herangebracht war, wurde dieser durch 
Eauch hineingetrieben (Van. a. a. 0. 31) oder 
mit den Handen oder einer Schopfkelle (Col. IX 
12, 2) hinein gelegt. Falls die Konigin dann 
wieder mit dem Schwann auszuziehen versuchte, 
wurde .sie ihrer Flflgel beraubt (Col. IX 10, 3 
Pall. VII 7, 7; vgl. Verg. g. IV 106. Plin. XI 
54| oder ihr die Spitzen derselben beschnitten oder 
andere Mittel angewandt (Geop. XV 4, 1 3). 



fA m i ge TY € o ^T" V'-% Plh ,T, X ,, h S 0der zwei 60Mehr als ein Nachschwarm wurde nicht geduldet.: 

(UOl. IX 9. 4l his HTPi Tqop/» /Poll VTT 7 K\ T»yv~ ^»™;x j oi. _i_ _*. i-i - ■*■ -. -P ' 



(Col. IX 9, 4) his drei Tage (Pall. VII 7, 5) vor 
dem Aufbruch ans dem Innern des Stocks ein 
tumultuarisches Gerausch vernehmbar wird und, 
besonders am Abend, viele B., in Trauben zu- 
sammengeballt, vor dem Flugloche lagern (Varr 
a. a. 0.; vgl. Col. IX 9, 2. Pall. a. a. 0. 4). Auch 
vernimmt man einige Tage vorher einen vereinzel- 
ten und eigentiimlichen Laut (Ar. IX 40, 13), das 



damit der Stock nicht seine Lebenskraft verliere 
(Geop. a. a. 0. 9). Wenn die B. iiberhaupt nicht 
schwarmen wollten. wurden zwei oder drei Stoeke 
vereinigt (Pall. ebd. 8), was natiirlich nur dann 
seinen Zweck erfullen konnte, wenn in den StOcken 
noch ein Weisel vorhanden war oder herangezo- 
gen werden konnte. Ein Stock sollte hOchstens 
10 Jahre vorhalten (Ar. V 22, 8. Col. IX 3. 3 






Plin. XI 69), wofur natiirlich bei richtiger Be- 
handlung kein Grund vorliegt. 

Krankheiten stellen sich bei den B. besonders 
ein, wenn sie auf Pflanzen sammeln, die vom Mel- 
tau befallen sind (Ar. IX 40, 20), oder infolge von 
Hitze und Kalte (Varr. Ill 16, 37), oder wenn sie 
beim Ausfluge von stark em Eegen iiberrascht werden 
(Van. a. a. 0.), so dass ein grosser Teil umkommt 
und der iiberlebende nicht mehr ausreicht, die 
Waben mit Nahrung zu fullen, weshalb dann die 
leeTen Zellen (oder vielmehr die Brut darin) ver- 
fault (Col. IX 13, 11. 12). Die Krankheit sollte 
angeblich von den Griechen tpayibaiva (Col. a. a. 0.) 
oder claros (Plin. XI 64) genannt werden, und 
der Zustand, bei dem keine Brut erzeugt werde, 
blapsigonia (Plin. a. a. 0.). Der letztere sollte 
entstehen, wenn die B. mehr auf die Tracht als 
auf die Pflege der Brut bedacht seien , und ihm 
dadurch abgeholfen werden, dass die B. durch 
Verengerung der FluglOcher auszufliegen verhin- 
dert wurden (Col. a. a. 0. 13. Pall. IV 15, 3). 
Bei dieser und bei einer andern (angeblich) von 
selbst entstehenden , pestartigen Krankheit (Ar. 
IX 40, 20. Van. HI 16, 36. Col. IX 13, 7. Pall. 
IV 15, 2; vgl. Verg. g. IV 251f.) ist offenbar an 
die gutartige Faulbrut zu denken, da zum Teil 
als Mittel dagegen die Entfernung der fehler- 
haften Waben (Hygin. bei Col. a, a. 0. 8) oder 
das Ausschneiden der faulen Stellen in denselben 
(Pall. a. a. 0.) empfohlen wird, wenn auch vom 
Faulen der Brut nicht die Kede ist. Die Pest 
(d. h. die ansteckende Faulbrut) sollte selten sein 
(Col. a. a. 0. 1). Am haufigsten (Col. a. a. 0. 2) 
tritt die Ruhr auf und zwar im Friihjahr (Varr. 

III 16, 22. Col. a. a. 0.), wenn die B. die Blti- 
ten des Korneliirsch- (Menekrates bei Varr. a. a. 
0. Plin. XXI 72) und Maulbeerbaumes (Varr. a. 
a. 0.) besuchen oder sich von denen der Wolfs- 
milch (Col. a. a. 0. Geop. XV 2, 12, vgl. 17) 
oder der Ulme (Col. a. a. 0. Pall. IV 15, 1) zu 
gierig nahren (vgl. Plin. XI 66). Die infolge 
solcher Krankheiten gestorbenen B. sollten nach 
der Meinung einiger, wenn sie im Winter an einem 
trockenen Orte geborgen und im Friihjahr den 
Sonnenstrahlen ausgesetzt wiirden, wieder auf Ieben 
(Varr. Ill 16, 37. 38. Hyginus bei Col. IX 13, 
3. 4; vgl. Plin. XI 69). Endlich ist auch von 
der BlOdigkeit der Augen die Rede (Geop. XV 2, 
13). Wie alle Insecten (Ar. VTH 27. Ael. n. a. 

IV 18) sterben auch die B. , wenn man sie mit 
01 betupft (Plin. XI 66. Serf. Emp. Pyrrh. inst. 
I 55). 

Die gefahrlichsten Feinde der B. sind , abge- 
sehen von der Raub-B., die Wespen (Ar. IX 40, 
16. Varr. Ill 16, 19. Plin. XI 61. Ael. n. a. I 58. 

V 11. Geop. XV 2, 18. Man. Phil. an. propr. 31, 1), 
Hornisse (Verg. g. IV 245. Col. IX 14, 10. Plin. 
a. a. 0. Pall. IX 7), Meisen (Ar. a. a. 0. Ael. n. a. 
I 58. Man. Phil. a. a. 0. 2), Schwalben (VeTg. a. 
a. 0. 15. Ar. Plin. aa. 00. Ael. a. a. 0. und V 11. 
Geop. XV 2, 18. Man. Phil. a. a. 0. 1), der Bienen- 
wolf, Merops apiaster (Ar. a. a. 0. Verg. g. IV 14. 
Philarg. z. d. St. Prob. Georg. IV 10. Ael. V 11. 
Geop. a. 0. Man. Phil. a. a. 0. 3j, Wiedehopf (Man. 
Phil. a. a. 0. 63), Frflsche (Ar. Plin. Ael. aa. 
00.), Kroten (Ar. a. a. 0. 18. Ael. Man. Phil, 
aa. 00.), Schlangen (Ael. I 58. Man. Phil. a. 0.), 
Eidechsen (Verg. g. IV 13. Col. IX 7, 5. Ael. a. a. 



0. Pall. I 37, 4. Geop. a. a. 0. Man. Phil. a. a. 
0. 3), Sterneidechsen (Verg. g. IV 243. Col. a. a. 
0.), Kellerasseln (Verg. Col. Pall. aa. 00.), Spin- 
nen (Nic. ther. 735. Verg. g. IV 247. Plin. XI 65. 
Pall. IV 15, 4. Geop. a. a. 0. 8. Man. Phil. a. a. 0. 
2), Ameisen (Man. Phil. a. a. 0.), Kafer (Col. 
a. a. 0.), eine Art Miicken (Plin. XI 61), Bienen- 
laxise (Geop. XV 2, 13). Als Insecten, die dem 
Wachsbau gefahrlich sind, sind die Maden und 

lOMotten von Tinea s. Galleria cereana s. mello- 
mella, d. h. die sog. Rankmaden und Wachsmotten 
(Ar. VIII 27. IX 40, 10. 20. Verg. g. IV 246. 
Col. IX 7, 5. 14, 2. 8. Plin. XI 65. 66. Ael. I 58. 
Pall. IV 15, 4. Man. Phil. a. a. 0. 2) zu nennen. 
Unter den Saugetieren wird der Bar als honig- 
liistern genannt, welcher daher die BienenstOcke 
flberfalle (Ar. VIII 5, 3. Solin. 26, 7 ; vgl. Plin. 
VIII 129, X 199). 

Den Mheren Eigenschaften der B. gab man 

20 vielfach eine symbolische Bedeutung mit Bezug 
auf den Menschen. Sie leben gesellig (Ar. IX 
40, 1. Porphyr. de abst. Ill 11) wie der Mensch 
(Cic. off. I 157. Varr. Ill 16, 4), haben eine 
Staatsverfassung (Varr. a. a. 0. 6. Verg. g. IV 
158. Plin. XI 11. Geop. XV 3, 2; vgl. Plotin. 
enn. Ill 4, 2 p. 284 ed. V. Io. Tzetz. chil. IV 
110), einen eigenen Herd (Verg. a. a. 0.) und ge- 
meinsamen Besitz (Verg. a. a. 0. Basil. M. hom. 
VIII in hexaem. 4. Ambros. hexaem. V 67) und 

30 vollkommene Freiheit (Ambr. a. a. 0. 68) , sind 
eintrachtig bei der Arbeit (Sen. ep. 121, 22) und 
gerecht (Porphyr. a. a. 0.); ihr Oberhaupt ist die 
KOnigin (vgl. o.). Sie sind sehr reinliche Tiere 
(Ar. IX 40, 18. Varr. Ill 16, 6. Plin. XI 25. Geop. 
XV 3, 4), weshalb sie ihren Unrat nur ausserhalb 
des Stocks von sich geben (Ar. a. a. 0. 18. 22. 
Ant. Ear. 52) oder in eine einzige Wabe (?) ent- 
leeren (Ar. a. a. 0. 22. Plin. a. a. 0.) und alle 
Toten hinausschaffen (Ar. IX 40, 12. 18. Ant. Kar. 

40 a. a. 0. Verg. g. IV 256. Col. IX 13, 7. Plin. XI 
63. Ael. n. a. V 49. Pall. IV 15, 2. Io. Tzetz. 
chil. IV 129. Man. Phil. an. propr. 30, 13). Sie 
hassen und greifen die Menschen an, welche vom 
Liebesgenuss kommen (Col. IX 14, 3. Plut. coniug. 
praec. 44. Ael. n. a. V 11. Pall. I 37, 4. IV 15, 4. 
Geop. XV 2, 19; vgl. Plin. XI 44). Die B. setzen 
sich auf keinen verwesenden Stoff (Ar. IV 8, 16. 
VIII 11. Man. Phil. a. a. 0. 38; anders Lib. Iudic. 
14, 8. Artemid. oneirocr. II 22). meiden alles Fleisch 

50 (Ar. IX 40, 14. Varr. Ill 16, 6. Plin. XI 72. Ael. 
n. a. V 11), angeblich selbst die Bohne, eine Vor- 
stellung, welche auf der Bedeutung der Bohne als 
Symbol ungehmderterFortpflanzungberuhen sollte 
(Porphyr. antr. nymph. 19), aber wohl auf die Sitte 
der Pythagoreer, sich der Bohnen zu enthalten, 
zuruckzufuhren ist. Dass ihr Fleiss vielfach be- 
wundert wurde, liegt nahe. Ferner wird ihre 
Massigkeit (Plin. XI 67. Porphyr. a. a. 0. Geop. 
XV 3, 4), Sittsamkeit (Ael. a. a. 0.), Keuschheit 

60 (Ambros. hexaem. V 67), aber auch ihre Tapfer- 
keit geriihmt (Ar. IX 40, 16. Varr. Ill 16, 7. 
Ael. a. a. 0. Geop. a. a. 0. 5. Man. Phil. 30, 39), 
weshalb sie heftige Kampfe unter sich (Varr. a. 
a. 0. 9. Col. IX 9, 5), besonders bei Mangel an 
Honig urn den Besitz desselben (Hom. II. XII 167. 
Ar. IX 40, 11. 12. 16. Plin. XI 58), gegen die 
Wespen (Ar. a. a. 0. 16) und alles Lebendige. 
was sie in ihrem Stoeke beunruhigt (Hom. II. XII 



447 



Biene 



Biene 



448 



167. Ar. a. a. 0. 16. Varr. a. a. 0. 7) flihren. Sie 
sind kunstfertig und mit Verstand begabt (Varr. 
a. a. 0. 3. Sen. ep. 121, 22. Plin. XI 12. Ael. n. a. 
V 13, vgl. I 59) , weise (Plut. de amor. prol. 2. 
Lukian. Alkyon. 7. Nonn. Dionys. V 227. Basil. 
M. homiL VIII in hexaem. 4; epist. cl. I 8, 12. 
Geop. a. a. 0. 1. Eustath. op. XXV 11. Man. Phil. 
30, 37) und sollten das Wetter vorauswissen 
(Theophr. de sign. temp. 46. Arat. progn. 296. 



Reifferscheid p. 76f.) iibertragen. B. sollen auf 
den Lippen des jungen Pindaros Waben (Paus. 
IX 23, 2. Christod. Anth. Pal. II 386) oder Honig 
(Eustath. op. X 27. 30) bereitet oder ihn darait 
ernahrt haben (Dio Chrysost. or. 64, 23. Ael. v. 
h. XII 45. PMlostr. im. II 12, 2); sie traufeln 
Honig in den Muiid des Sophoklcs (Philostr. Iun. 
im. 14, 1; vgl. ebd. 2) und in den des jungen 
Ambrosius (Paulini vit. Ambr. 3), oder auf das 



lineopnr. ue sign. lemp. <±u. .rami. iJiugii. mxi. muuiuoiuo ^^... ',' . i-! t> , tttt oa\ 

Ar IX 40, 25; de mir. ausc. 64. Verg. g. IV 191. 10 Grab des Sophokles (Euryc. Antb. Pal. VII 36) 
™. , TT !,„ ^tttit 0/.1 k _i .. . t 11 17 19 „„J j-,...,.„„ ni«<-ovi/ofo„Vi\ in Hpn ATiinri lifts MenaTi- 



Plin. XI 20. XVIII 364. Ael. n, a. I 11. V 13 
Ambros. hex. V 68. Man. Phil. 30, 20f.). Sie gal- 
ten als ein Sinnbild der Unschuld, wie sie in der 
Natur herrsche (Eur. Hipp. 77), und des Priedens 
(Anth. Pal. VI 236), der Tugenden einer Ehegattin 
(Simonid. Amorg. frg. 6, 83), schienen etwas Heili- 
ges (Plat. Ion 534 b. Man. Phil. a. a. 0.) oder gar 
Gottliches (Ar. gener. Ill 10. Verg. g. IV 219. Pe- 
tron. 56. Geop. a. a. 0.) an sich zu haben. Daher 



und tragen Bluten(staub) in den Mund des Menan- 
dros (Anon. ebd. IX 187) oder dereu Saft in den 
eines Hirten (Theocr. VII 80f.). Weil die B. ein 
sehr reinliches Tier ist, wurden die Priesterinnen 
yon den Dichtern B. genannt (Etym. M. 577, 40, 
vgl. Pind. frg. 123), so die der Artemis (jtefaa- 
aovo/ioil Arist. ran. 1273), der Demeter (Kallim. 
hymn. App. 110. Porphyr. antr. nymph. 18. Hesych. 
v. Schol. Theocr. XV 94), und nach Melissa, der 



tron. do. ueop. a. a. u.j an siuii m u»ucu. u»ik> =• ■>■ ""'«'• ^"^^- "■ «v> -"-—---_—- — -> 
wurden der Mond als Vorsteher der Zeugung (Por- 20 Pflegerm des Zeus und ersten Priesterin der Mater 



phyr. antr. nymph. 18) und gerechte und fromme 
Seelen B. genannt {Porphyr. a. a. 0. 18. 19; vgl. 
Schol. Eurip. Hipp. 77) und gute Christen mit 
ihnen verglichen (Eust. op. XVII 1. 2). Da der 
Mond der Gipfelpunkt des Sternbildes des Stieres 
ist, sagt Porphyrios (a. a. 0. 18), so werden die 
B. flovysvEig genannt, d. h. aus dem Cadaver des 
Stieres geborene (s. De Gubernatis D. Tiere i. 
d. indog. Mythol., iibers. v. Hartmann, 1874 II 507) 



Magna, die Priesterinnen derselben Melissae (Di- 
dymos bei Lact. inst. div. I 22; vgl. Hesych. s. 
priTQonoiovt); die Pythia wurde fisfoooa Aslrpk 
genannt (Pind. Pyth. IV 60. Schol. Eurip. Hippol. 
72). Der Schmerz, welchen der Bienenstich ver- 
ursacht, wurde mit dem Liebesschmerz verglichen 
(Theocr. ep. 19. Ps.-Anacr. 36. Argentar. Anth. 
Pal. V 32, 4. Meleager ebd. 163. Strat. ebd. XII 
249, 6; vgl. Achill. Tat. II 7); er erinnert daran, 



In Agvpten wurde das Bild der B. als Hieroglyphe 30 dass Suss und Sauer gepaart sind (Patron. 56) und 

„.. i fe - *W.. . ., i.i./* nr vt^tt a n-i i™:„., T?r.ca aVitia S+.aMipIn ieWnisnirlisin. Fp.scenn. 



fflr den Konig gebraucht (Amm. Marc. XVII 4, 11) 
Wegen ihrer hohen geistigen Eigenschaften und 
wegen der Sussigkeit des von ihnen producierten 
Honigs warden die B. in Beziehung zu den Musen 
gebracht (Aristoph. eccl. 974. Meleager Anth. Pal. 
V 140, 1. Athen. XIV 633 a) ; sie wurden wegen 
ihres Wohlgefallens an Erzgeklingel und rhyth- 
mischem Klatschen Vogel der Musen genannt (Varr. 
IH 16, 7) und erhielten das Epitheton pierisch 



keine Eose ohne Stacheln ist (Claudian. Fescenn. 
108). Ein Bienenschwarm gait als ein Zeichen, 
dass Fremde herannahten (Verg. Aen. VII 64f.); 
daher sollen die Musen in Gestalt von B. die 
Athener, als sie sich in Ionien ansiedelten, be- 
gleitet haben (Philostr. im. II 8, 5. Himer. or. 
10, 1, 28, 7); ein Bienenschwarm soil dem loner 
Timesias den Weg zur Anlegung einer Colonie 
(Plut. de amic. mult, 7^ und den Boiotiern den 



111 ID, VI una ermeneu uas Eipituetuu pienai-u ^ i««. «-= <*mi^. ...«^. .» _ — _ -- -— 

( Christod. Theb. Antb. Pal. II 110. 342). Daher 40 Weg zum Orakel des Trophomos gewiesen haben 



wurden auch Dichter, Redner, Philosophen u. s. w 
mit den B. in Beziehung gebracht. So wurden 
B. genannt Sophokles (nach Hesych. Miles. FHG 
IV 175; vgl. Biogr. gr. ed. Westerm. p. 132. Schol. 
Oed. Col. 17; Ai. 1199. Schol. Arist. vesp. 462. 
Suid. s. 2o<poxlrjg), Xenophon (nach Suid. s. v. 
Eustath. Od. XI 299. Theod. Metoch. misc. p. 149 
M. et K.; vgl. Himer. or. VIII 6). Oder sie wur- 
den mit ihnen verglichen, so Dichter iiberhaupt 



(Paus. IX 40, 2); ein Sprichwort lautete oetgTjr 
fi'ev cpilov ayyiULsi, getvov 8i fielwaa (Phot. s. oei- 
qtjv). Meist sah man das Erscheinen eines Bienen- 
schwarms fur ein bedrohliches Prodigium an (Cic. 
de har. resp. 25. Liv. XXI 46, 2. XXIV 10, 11. 
XXVII 23. 3. Val. Max. I 6, 13. Lucan. VII 161. 
Plin. XI 55. Plut. Dion 24; Brut. 39. 48. Tac. 
ann. XII 64. Sil. It. VIII 635. Flor. II 6, 14. 
Appian. b. c. II 68. IV 134. Cass. Dio XLI 61. 



aen mit innen vergnciien , so uicutci uucma.u F ., a^"*"- "■ v - " — ,;,,,,„„ Tnfni ;; , 
(Plat Ion 534b), oder einzelne von sich selbst50XLII 26. XLVII 2. 40. LIV 33. LVI 24 LX 35. 

<I. . . J,_ '', ~, •.* rmr, ■, r. T TTT TWTir<- T V V VITT Ot i rr, m Mow Y\TTT3 1 



(Pind. frg. 117, vgl. Etym. M. 577, 19. Lucr. Ill 
11. Hor. c. IV 2, 27. Claudian. 1. Ser. 9) oder von 
andern, so Sappho (von Christod. Anth. Pal. II 69), 
Erinna (von Leonidas ebd. VII 13, 1 und Chri- 
stod. ebd. n 110; vgl. ebd. VII 12, 1. IX 190, 1), 
Phrynichos (von Aristoph. av. 750), Xenophon 
(von Christod. Anth. Pal. II 392), Iulius Florus 
(von Horat. ep. I 3, 21), Oreibasios (Anonym. 
Anth. Pal. app. XVI 274), Prokopios (von Mege 



LXXIV 6. LXXVI1I 25. Amm. Marc. XVIII 3, 1. 
Iul. Obseq. passim. Claudian. bell. Get. 241), selten 
war er ein gunstiges Zeichen (Cic. div. I 73. Plin. 
VIII 158. Iustin. XXHI 4, 7. Hist. Aug. Anton. 
Pius 3; vgl. auch Artemid. oneirocr. II 22. Achmet. 
oneirocr. 284}. 

Verschiedene Mythen brachten die B. mit den 
Gottem in Beziehung. Die Demeter sollte diese 
aus dem Leibe einer als Martyrerin gestorbenen 



thios in ep. Proc. 49). ein pergamenischer Ge- 60 Frau haben hervorgehen lassen (Serv. Aen ,1 «0). 



sandter (von Agathias Anthol. Pal. app. XVI 36) 
Wir finden das Bild der an den Lippen des Home- 
ros (Christod. Anth. Pal. II 342) und des jungen 
Platon (Cic. div. I 78. II 66. Val. Max. I 6 extr 
4. Plin. XI 55. Ael. v. h.X21. XII 45. Olympiod. 
vit. Plat, init.) spielenden oder arbeitenden B. 
auch auf Vergilius (Phoc. vit. Verg. 53f.) und 
Lucanus (in einer vita Lucani in Suet, reliq. ed. 



Die rinderentsprossenen B. brachten der Demeter 
Waben als Opfer dar (Nic. al. 450) oder ahmten 
ihr bei der Bereitung des Honigs und Wachses 
nach (Eutecn. z. d. St.), wobei der Schauplatu ihrer 
Entstehung entweder der Hymettos (Schol. z. d. 
St.) oder Nemea (Eutecn.) sein sollte. Den jungen 
Zeus nahrten auf Kreta B. (Verg. g. IV 152. 
Boios bei Antonin. Lib. 19) oder Nymphen, die 



449 



Biene 



Bienenzucht 



450 



TOchter des Kenigs Melisseus, Adrasteia undlde 
(Apollod. bibl. I 1, 6) oder Amaltheia und Me- 
lissa (Didymos bei Lact. inst. div. I 22; vgl. 
Hyg. fab. 139 p. 17 ed. Schm.), oder B., welche 
von den phryxonischen Nymphen erzogen waren 
(Euhemeros oder Eumelos bei Col. IX 2, 3), mit 
Honig (Kallim. Iov. I 49), woher die Tochter des 
Melisseus als Ammen des Zeus dodonische Nymphen 
(Hyg. fab. 182 p. 35, 15 ed. Schm.) und Zeus 
selbst Mshoaaiog (Hesych. s, v,; vgl, u. die Ale- 
xanderdrachmen) genannt wurden. Ein Sohn des 
Zeus erhielt den Namen Mshrsve , weil er als 
Kind von B. ernahrt war, und griindete spater 
die Stadt Mikhr] in Thessalien (Nikandros bei 
Antonin. Lib. 13). Die Nymphe Makris sollte den 
kleinen Dionysos mit Honig genahrt haben (Apol- 
lon. Rh. Arg. IV 1136), Nymphen werden auch 
als Pflegerinnen der B. bezeichnet (Opp. cyn. IV 
275. Dionys. Perieg. 327. Avien. descr. orb. 468). 
Die Wassernymphen hatten die B. zu ihrem S3 r mbol 
(Porphyr. antr. nymph. 17), und alle Nymphen 
nannte manB. (Hesych. s. 6go8e/j,viddes; besonders 
die yvxai nach Porphyr. a. a. O. 18); eine der- 
selben, wiederum Melissa mit Namen, sollte in der 
Peloponnes zuerst die Waben der B. gekostet, 
diese pifoooai benannt und behutet haben (Mnas. 
Patr. beim Schol. Pind. Pyth. IV 104) oder Zeus 
diese Melissa in eine B. verwandelt haben (Col. 
IX 2, 3). Von den Bqtotu genannten Nymphen 
sollte auch Aristaios die Bienenzucht gelernt haben 
(Herakleid. Pont. IX 2, FHG II 214. Etym. M. 
213, 55; vgl. Diod. IV 81); nach einer Nymphe, 
die den Liber genahrt, sollte dieser den Namen Bri- 
saeus erhalten haben, weil er von einigen fur den 
Erflnder der Bienenzucht gehalten wurde (Cornut. 
ad Pers. sat. I 75). Dem Aristaios wurde auch 
sonst die Erfindung der Bienenzucht zugeschrieben 
(Apollon. Rh. IV 1132. Iustin. XIII 7, 10. Oppian. 
cyn. IV 272. Nonn. Dionys. V 227. 242 ; vgl. Verg. 
g. IV 283f. Serv. g. I 14, von Diodoros V 65 den 
Eureten auf Kreta); ja diese sollten unter ihm in 
Thessalien entstanden sein, wahrend Euhemeros 
sie auf der Insel Keos, Euthronios (Euphronios?) 
zur Zeit des Erechtheus auf dem Hymettos und 
Nikandros zur Zeit des Kronos auf Kreta sie ent- 
standen sein liessen (bei Col. IX 2, 4). Dem 
Apollon sollten B. den spater von ihm zu den 
Hvperboreern versetzten Tempel erbaut haben 
(Paus. X 5, 9; vgl. Philostr. vit. Ap. VI 10, 4. 
11, 14). Einmal wird auch von B. des Hermes 

fesprochen (Eustath. op. XXV 11). Unter den 
Imblemen der Statuen der ephesischen Artemis 
ist auch die B. charakeristisch (Baumeister 
Denkm. d. klass. Altert. I 131), welche auf ephe- 
sischen Miinzen als standiges Symbol auftritt 
(s. o. Bd. II S. 1434). Dass aber der Name 
Mvhxxa, welcher der babylonischen Aphrodite 
zukommt (Bd. I S. 2763) und wohl auf ein baby- 
lonisches Belit zuruckzufiihren ist (H. Lewy Die 
semit. Fremdw. im Griech. , 1895, 45) , auch als 
Beiname der ephesischen Artemis gebraucht sei 
und daher ihre Priesterinnen fiB.aim genannt 
seien, wie O. Keller (Lat. Volksetymologie, 1891, 
188. 222. 229) annimmt, ist nicht erwiesen. 

Von Miinzen findet sich (Imhoof-Blumer 
und O. Keller Tier- und Pflanzenbibler auf Miin- 
zen und Gemmen des klass. Altert., Leipz. 1889, 
Taf. VII 15 — 23) das Bild der B. auf einer Bronze- 

Pauly-Wissowa Hi 



miinze von Melitaia in Thessalien als Anspielung 
auf den Namen der Stadt, Drachme von Elyros 
auf Kreta, Bronzemiinze von Iulis auf Keos, Silber- 
munze von Ephesos, drei Tetradrachmen und einer 
Drachme von Ephesos, einer Alexanderdrachme 
(mit einer vor Zeus Aetophoros sitzenden B.) und 
andern Miinzen (a. a. O. S. 46). Ebenso auf Gem- 
men (Taf. XXIII 17. 39—41. 48. 49) und Pasten 
(Taf. XXV 21. 22). Ein eine Fliigelfrau mit B.- 

10 Leib nach Art eines Idols darstellendes Gold- 
plattchen hat man auf Rhodos (Abb. in ArchaeoJ. 
Zeit. XXVII 1869, 111) und ein goldenes Medall- 
ion mit zwei B. auf Melos gefunden (Ohnefalsch- 
Richter Kypros u. s. w., 1893, 431). 

Ein Sprichwort iiijxt fieh fifae fieXiaoag, dem 
deutschen ,Wer Honig lecken will, darf dieBienen- 
stiche nicht scheuen' entsprechend, rtihrt von der 
Sappho (frg. 113) her, ein anderes ovoe ev pe- 
Uoocug (Krates bei Phot. 337, 10 und Diogen. VII 

20 32) geht auf den, der sich unbedacht einer Ge- 
fahr aussetzt. 

Magerstedt D. Bienenzucht der VdTker d. 
Altert., Sondcrsh. 1851 ; D. Bienenz. u. d. Bienen- 
pflanzen d. Rom., Sondersh. 1863. Glock D. Sym- 
bolik d. B., Heidelb. 1891. Robert-Tornow De 
apium mellisque apud veteres significatione et 
symbolica et mythologica, Berol. 1893. [Olck.] 

Bieneches (Bitivexfe), achter KOnig der ersten 
agyptischen Dynastie, Manethos nach African, bei 

30 Synkell. p. 53 C (= Ovfavr)? Euseb. ebd. 55 A, 
Vibesthes Euseb. chron. p. 94), FHG II 539f. 
Lepsius Konigsbueh, Quellentafel 5. Der hiero- 
glyphische Name des entsprechenden KOnigs Kbhw 
zeigt keine Ahnliehkeit damit. [Sethe.j 

Bienenzncht. Die wild lebenden Bienen wahl- 
ten zu ihrer Wohnung vor allem hohle Eichen- 
stamme (Hesiod. op. 232, bei Theophr. h. pi. Ill 
7, 5 und in Phot. bibl. 529 b. Theophr. frg. 190. 
Nic. al. 448f. und Ps.-Phocylid. beim Schol. z. d. 

40 St. = Bergk Poet. lyr. gr. II 173. Aesop. 288 H. 
Oppian. cyn. IV 272. Verg. georg. II 452 ; eel. 7, 13. 
Hor. cpod. 16, 47. Tibull. I 3, 45. Ovid. met. 
I 112; am. Ill 8, 40. Phaedr. Ill 13, 1.. Clau- 
dian. r. Pros. II 109; vgl. Verg. georg. IV 44. Hor. 
c. II 19, 11. Sil. Ital. II 219) oder hohle Ulmen 
(Ovid. fast. Ill 747) und Buchen (Claudian. a. a. 
O. 125). Auch nachdem die klinstliche B. zu- 
folge der Sage von Aristaios eingefuhrt war, brach- 
ten einzelne Bienen zuchter ihre Schwarme in 

50 ausgefaulten Stammen unter (Schol. Nic. a. a. O.). 
Nach der Ilias (II 87. XII 167) nisten die Bienen 
in Felsenhohlungen, doch den steinernen Kriigen 
in einer Nymphenhohle auf Ithaka, in denen 
Bienen ihren Honigbau hatten (Od. XIII 103), 
miissen, wie den steinernen Webstiihlen wirkliche 
Webstiihle, ebenfalls schon in der Wirklichkeit 
solche Gefasse gegenuber gestanden haben, welche 
von Menschenband verfertigt waren (anders Her- 
mann-Bliimner Gr. Privataltert. 3 120, 1) und 

60 in der That wohl den bezeichneten Dienst leisten 
konnten (Porphyr, antr. nymph. 17). Den Be- 
ginn der B. kennzeichnet natiirlich der kiinstliche 
Bienenstock, meist oi/tfikos (vgl. Schol. Aristoph. 
vesp. 241. Hesych. s. v.; zuerst bei Hesiod. theog. 
598), auch ofiijvog (Hesiod. theog. 594. Hesych. s. v. 
Arist. an. V 22, 4. 6. IX 40, 15), was sonst auch 
den Schwarm bezeichnen kann, xvipe/.rj (Plut. de 
exil. 6), xvifjthov (Ar. IX 40, 24), vqov bei den 

15 



451 



Bienenzucht 



Bienenzucht 



452 



Kretern (nach Hes3-ch. s. v.), yavXos (Antiphi- 
los Anthol. Pal. IX 404, 5), fisMoosiov (Schol. 
Nic. al. 547), alms (Varr. Ill 16, 15. Col. IX 

2, 1. IX 6. 14, 7. 15, 11. Plin. XI 22. 23. 69. 
XXI 80. 82 u. a.), alveus (Tib. II 1, 49. Col. IX 

3. 1. 5, 3 ii. a.), alvarium (Cic. frg. bei Charis. 
107, 2. Verg. georg. IV 34. Col. IX 6, 1 u. a.), al- 
vearium (Corp. gloss, lat. II 15, 42. 431 39 
III 262, 11), alvea.re (Col. IX 11, 1. Corp. gloss. 
L. Ill 262, 12). Fiir wilde Bienen benutzte man 
als Stock das abgesagte Stiick eines hohlen Stam- 
mes oder Astes, mit dem jene eingefangen waren 
(Col. IX 8, 11). Das beste Material fur kiinst- 
liche StOcke lieferte die Rinde der Korkeiche (Van- 
Ill 16, 15. 16. Col. IX 6, 1. Plin. XXI 80. Pall. 
I 38, 1 ; vgl. Verg. g. IV 33) , weil diese den 
meisten Schutz gegen Hitze und Kalte gewahrte, 
nachstdem die Ruten des Steckenkrauts (Col. Plin. 
Pall. aa. 00. ; vgl. Varr. a. a. O.), weniger gutes 
Weidenruten (Varr. Col. Plin. Pall. aa. 00.; vgl. 
Verg. g. IV 34. Ovid. rem. am. 186) oder hohle 
Baumstamme oder Bretter (Varr. Col. Plin. Pall. 
aa. 00.); Plorentinus (Geop. XV 2, 17) empfahl 
als die besten StOcke die aus Brettern von Rot- 
buchen-, -Feigen-, Pinien- und Eichenholz herge- 
stellten; die schlechtesten waren die thonernen, 
weil sie dem Eindringen der Temperatur den ge- 
ringsten Widerstand leisten (Varr. a. a. 0. 15. 16 
Col. a. a. 0. 2. Pall. a. a. 0.): die aus Rinder- 
mist hergestellten waren zu feuergefahrlich und 
die aus Ziegelsteinen hergestellten weniger brauch- 
bar, weil nicht transportabel (Cels. bei Col. a. a. 0.). 
Alle Ritzen und Lecher der StOcke mussten im 
November mit Kuhmist verstrichen werden (Col 
IX 14, 14. Pall. XII 8, 2; vgl. Varr. a. a. 0. 15. 
Plin. XXI 80. Geop. XV 2, 7). Die Fluglocher 
sollten in der Mitte des Stockes neben einander 
liegen und moglichst klein sein (Varr. a. a. 0. 1 6), 
damit keine schadlichen Tiere (Col. IX 7, 5. Pall. 
I 38, 3) und Kalte (Col. a. a. 0.) und Hitze (Verg. 
g. TV 35. 36. Pall. I 38. 2) weniger eindringen 
konnten ; es sollten deren zwei bis drei vorhanden 
sein, damit die Bienen auflanernden Feinden besser 
ausweichen konnten (Col. a, a. 0. 6. Pall. a. a. 0.). 
Wenn auch die Form der StOcke mit der von 
Kriigen (Horn. Od. XIII 103) oder, wie es scheint, 
von Eimern, yavkol (Antiphilos Anth. Pal. IX 
404, 6) verglichen wird, so scheinen doch die 
Alten meist LagerstOcke im Sinne gehabt zu haben. 
Besonders die Bemerkung des Plinins (XI 24; vgl. 
die unklare Stelle bei Ar. IX 40, 4 und Schnei- 
der zn Col. IX 15, II, der sich auch fur diese 
Auffassung erklart), dass die ersten drei Waben 
leer blieben, damit nicht Riiuber angelockt wiir- 
den, die hintersten aber am meisten mit Honig 
angefullt und daher die StOcke von hinten ge- 
zeidelt wurden, setzt LagerstOcke mit warmem, 
d. h. Querbau, vorans; denn bei stehenden StOcken 
findet sich der meiste Honig im obern Teile. Varro 
(III 16, 15) sagt, dass die quadratisch geformten 
StOcke ca, 3 Fuss lang und 1 Fuss breit (also auch 
1 Fuss hoch) seien, dass sie hinten {ad extremam 
sc. alvum = operculum a tergo bei Plin. XXI 80) 
bedeckelt wfirden, damit man von hier aus zeideln 
konne (§ 16), dass sie in der Mitte am engsten 
gemacht wurden, damit sie sich mehr der Ge- 
stalt der Bauche naherten, und dass sie, wenn 
der Schwann zu klein sei, verengert wurden (15). 



Damit stimmt, wenn Plinius (a. a. 0.) sagt, dass 
der Deckel hinten verschiebbar sein miisse, damit 
er in das Innere vorgeschoben werden kOnne, wenn 
der Stock zu gross sei. Die Bemerkung des letz- 
teren (XI 22), dass die Bienen ihren Bau von der 
eoncameratio, d. h. von der WOlbung des Stockes 
herab begannen, passt auf einen walzenformigen 
Lagerstock, den auch Hesiodos (theog. 594. 598) 
im Auge gehabt haben kann. Denn die Stoeke 
10 waren bald rund, bald langlich (Col. IX 15, 8. 
Plin. XI 23, wo oblongi statt obliqui zu lesen 
ist), bald quadratisch (Col. a. a. 0.). Auf einen 
Querbau in Lagerstflcken lasst die Behauptung 
schliessen, dass gute Bienen nur solche Waben 
bauten, die einerlei Art von Zellen, entweder mir 
Honig- oder nur Brut- oder nur Drohnenzellen ent- 
hielten (Ar. IX 40, 9), wenn es auch otters vor- 
komme, dass sich in derselben Wabe Brut, Honig 
und Drohnen fanden (ebd. 8). Columella ver- 
20 langt, dass der vordere Teil des Stocks niedriger 
gehalten werde als der hintere, damit kein Regen 
eindringe, und, wenn dies doch geschehe, das 
Wasser wieder durch das Flugloch hinausfiiesse 
(IX 7, 4); beim Zeideln sollten die StOcke von 
hinten berauchert werden, so dass die Bienen sich 
in den vordern Teil der Wohnung, zum Teil zum 
Flugloche hinausbegaben (15, 5); die StOcke. 
welche am Flugloche Querbau bitten, umgedreht 
weTden, so dass der hintere Teil zum Eingange 
30 diene; so wurden beim nachsten Schnitt besonders 
die alten Waben herausgenommen und das Wachs 
werde ernettert werden; feststehende StOcke seien 
abwechselnd von hinten und von vorne zn zeideln 
(ebd. 11). Nach Florentimis (Geop. XV 2, 7) 
sollte die Breite eine, die Lange 2 Ellen (zu 
0,462 m.) betragen. Das Bild eines Bienenstockes 
ist uns auf einem Relief des vaticanischen Museums 
(Galleria lapidaria incert. II) erhalten (abgebild. 
und bespr. von Hfilsen Ein Monument des vat. 
40 Mus., Gross-Lichterfelde 18871; wir sehen darauf 
im Querschnitt zwei walzenfbrmige Korper mit 
polygonalen oder rundlichen Figuren, welche die 
Waben mit ihren hexagonalen Zellen darstellen; 
ein dariiber schwebendes Flugelwesen ist eine 
Biene; der aufsteigende Ranch lasst auf die Vor- 
nahme der Zeidelung schliessen. Ein anderes 
Reliefbild, einen Korb moderner Form darstellend, 
findet sich in Boissards Antiquitates torn. VI 
tab. 60, Frankf. 1597, und ist in die neuesten 
50 Bildwerke als Beispiel eines antiken Stockes auf- 
genommen. Der angebliche Bienenkorb steht bei 
Boissard neben einer weiblichen Statue, deren 
Piedestal die Inschrift ANNONA ■ A VG VSTI ■ 
CERES (vgl. CIL VI 3124*) triigt; doch ist diese 
eine Falschung Boissards selbst oder doch ein 
Machwerk des 16. Jhdts. (Hirtsen a. a. 0. 10). 
Ebenso bedenklich steht es urn die Bedeutung eines 
bronzenen Gerates im Neapolitaner Museum, in 
der Abteilung der Terracotten. Es ist ein etwa 
60meterhob.es, bauchiges Gefass mit abnehmbarem 
Deckel, im Innem in 5 Stockwerke geteilt, die 
nach aussen hin jedes ca. 20 kleine LOcher haben : 
doch das Material und die grosse Zahl der LOcher 
lassen mit Bestimmtheit annehmen, dass dieses 
Gerat mit derB.nichts zuthun hat(Hulsen a. 0.). 
Bei der Wahl des Bienenstandes {fieXnrovrj- 
ysTov Aesop. 289 H; /xeX.iaaoov oder /leXizrcbv Varr. 
m 16, 12, vgl. Gell. II 20, 9. Col. VIII 1, 4. 



453 



Bienenzucht 



Bienenzucht 



454 



Geop. XV 2, 37 u. sonst; fiekixQorpatov Varr. a. 
a. 0.; fiehaaaiov Corp. gloss, lat. Ill 357, 64; 
alvarium Varr. Ill 2, 11. 3, 5. 12, 2. 16, 10. 
11. 15. Plin. XII 98. XXI 70. 80; ahare CIL 

II 2242, was auch den Bienenstock bezeichnen 
tanu; apiarium Col. VIII 1, 4. IX 3, 4. 5, 2. 
7, 1. 4. 12, 4. Plin. XVIII 338. Gell. II 20, 8; 
mellarium Varr. Ill 16, 12, vgl. 3. Gell. a. 
a. 0. 9) bevorzugte man einen nach Sudosten 
gelegenen Ort (Varr. a. a. 0. 12. Col. IX 5, 1. 10 
7, 5. Plin. XVIII 338. XXI 80. Geop. XV 2, 1), 
■der im Sommer kiihl und im Winter warm war 
{Arist. h. a. IX 40, 20. Varr. Geop. aa. 00.), der 
•den Stiirmen nieht ausgesetzt war , wohin kein 
Vieh, keine Eidechsen noch Vogel gelangten (Verg. 

g. IV 9f.; vgl. Col IX 4, 1. Pall. I 37, 1. 4), 
der auch mCglichst fern vom Gerausch der Men- 
schen lag (Col. IX 5, 1. Geop. XV 2, 9). Einen 
solchen boten besonders FelsenhOhlen (Alciphr. ep. 

III 23), Wildgehege (Varr. Ill 12, 2), die Dach- 20 
voTsprunge (Varr, III 3, 5. 16, 16) oder Mauer- 
lOcher des Landhauses, Saulenhallen, Garten (Col. 
IX.pr. 2. Pall. I 37, 1) oder Thalgriinde, welche 
zugleich den Vorteil gewahrten, dass die Bienen 
leichter mit ihrer Last heimkehren konnten (Col. 
IX 5, 1. 2). Doch durfte die Stelle von keinem 
Echo getroffen werden (Varr. Ill 16, 12. Verg. g. 

IV 50. Col. a. a. 0. 6. Plin. XI 65. Pall. a. a. 
O. 5). Von Nebeln freie Luft (Plin. a. a. 0.), klares 
<Ar. VIII 11. Varr. a. a. 0. 27. Verg. g. IV 18.30 
Geop. XV 2, 2—4), fliessendes (Ar. IX 40, 21. 
Col. IX 5, 5), aber seichtes Wasser (Varr. a. a. 0.) 
waren den Bienen zutraglich. Wo das letztere 
fehlte, musste es kfinstlich zugeleitet (Varr. Col. 
aa. 00.) oder aus Brunnen in seichte TrOge ge- 
schopft werden (Geop. a. a. 0. 4), unter Umstan- 
<len den Bienen durch hineingelegte Steinchen 
oder anderes der Art das Trinken erleichtert wer- 
den (Varr. Verg. g. IV 25f.). Wenn auch der 
Stand moglichst nahe der Villa (Varr. a. a. 0. 15) 40 
und so der Aufsicht des Herrn moglichst leicht 
zuganglich sein sollte (Col. IX 5, 2. Pall. I 37, 1), 
so musste doch iibler oder starker Geruch , der 
<Jeruch der Ktichen, Biider, Dungerhaufen (Col. 

a. a. 0. 1. Pall. a. a. 0. 4), gebTannter Krebse 
(Verg. g. IV 48. Col. a. a. 0. 6. Plin. XI 62) u. 
■dergl. von ihnen fern gehalten werden, ebenso 
Wolle (Ar. IX 40, 25), da sie sich leicht in diese 
verwickeln konnten (Plin. a. a. 0.). Die Um- 
gebung musste moglichst reich an Honig spenden- 50 
den Pflanzen sein (Col. IX 4), daher solche auch 
angepflanzt werden mussten (Ar. IX 40, 26. Varr. 
Ill 16, 10. 13. Verg. g. IV 30f. Plin. XXI 70. 
Pall. I 37), namentlich solche, welche der Ge- 
sundheit der Bienen fiirderlich waren (Col. IX 
5, 6). Fur die Stande der ein zelnen Besitzer be- 
stimmte Solon (Plut. Sol. 23) eine Entfernung von 
mindestens 300 Fuss. Columella (IX 7) zog durch 
seinen Bienenstand eine 3 Fuss hohe und ebenso 
dicke Mauer . auf welcher die Stoeke zu stehen 60 
kamen, damit die Eidechsen, Schlangen und andere 
schadliche Tiere nicht zu diesen gelangen konnten ; 
zwischen die StOcke legte er Ziegel- oder Bruch- 
steine oder liess dazwischen kleine Zwischenraume, 
damit man in jeden einzelnen hineinsehen konne, 
ohne die nebenstehenden zu erschuttern. Auf 
dieser Mauer sollten die Stoeke in hOchstens drei 
Stockwerken ubereinander stehen (vgl. Varr. Ill 



16, 16) , weil der Warter die dritte' Reihe nur 
noch mit Muhe besorgen konne. Zum Schutze 
gegen den Regen sollte dariiber ein Dach oder 
wenigstens eine mit Lebm beworfene Decke von 
Zweigen, welche zugleich auch gegen die Hitze 
und Kalte schiitzte, angebracht werden (Col. IX 
14, 14). Eventnell sollte der Stand so angelegt 
sein, dass er durch ein Gebaude vor Nordwinden 
geschiitzt war, jedenfalls so, dass die StOcke von 
der Morgensonne beschienen wurden, also nach Sud- 
osten lagen (vgl. S. 453). Auch konnte der Bienen- 
garten zum Schutze gegen Feuer und Diebe von 
einer Mauer umgeben sein (Col. IX 6, 4; vgl. 
Varr. Ill 3, 5. Col. IX 5, 1. Geop. XV 2, 9), 
welche in einer Hohe von 3 Fuss iiber der Erde 
eine Reihe kleiner Orftrangen zum Durchfluge fiir 
die Bienen hatte (Col. a. a. 0. 3). An diese konnte 
sich auf Herrengutern eine Htitte anlehnen, in 
welcher der Aufseher wohnte, Gerate, heilsame 
Krauter und, was sonst zur Pflege kranker Bienen 
notwendig war, aufbewahrt wurden (ebd.). Wie 
sehr die Bienenstande dem Diebstahle ausgesetzt 
waren, geht aus Aisops Erzahlungen (288 u. 289 H.) 
mid Theokrits ,Eros, der Honigdieb' (19) und 
andern Stellen der alten Schriftsteller hervor (Col. 
IX 6, 4. Pall. I 37, 1), wenn sie auch unter dem 
Schutze des Pan (Nikias Anth. Pal. XVI 189. 
Theokr. V 59), des Priapus (Verg. g. IV 111) und 
der Mellon a (August, de c. d. IV 34. Arnob. IV 
7. 8) standen. Wo die Gegend nur Nahrung bis 
zur ersten Honigernte bbt, versetzte man die StOcke 
in ergiebigere Gegenden, so in Aehaia auf die athe- 
nische Weide, von Euboia und den Kykladen nach 
Skyros , aus ganz Sicilien nach Hybla (Col. IX 
14, 19), auch am Po und in Spanien auf andere 
Weiden (Plin. XXI 73. 74), ein Verfahren, dessen 
Nachahmung Celsus den Romern empfahl (CoL 
a. a. 0.). 

Fiir den Bienenziichter oder -warter finden sich 
die verschiedensten Bezeichnungen ; eofio<pvXa£ 
(Geop. XV 2, 9), /isXiaoevg (Arist. IX 40, 16), 
litliaaoxofioi; (Apoll. Rhod. II 131. Etym. M. 577 
41. Suid. s. v.), fitXiooojiovog (Apollonides Anth. 
Pal. VI 239), tieXwaoTQOfpos (Jos. b. Iud. IV 8, 3), 
pieXirrovoyos (Ar. V 22, 4. IX 40, 2. 3. 15. 19. 25. 
Theophr. h. pi. VI 2. 3. Plat. leg. VIII 842 d. 
Varr. Ill 16, 3. Aesop. 289 H. Ael. n. a. I 9 
Geop. XV 3, 7. Etym. M. 458, 44. 577, 41), fieXiz- 
zonoXog (Arist. mir. ausc. 64) , o/tr/vovQyos (Ael. 
n. a. V 13. Poll. VII 101), apiarius (Plin. XXI 56), 
mellarius (Varr. a. a. 0. 17), auch curator und 
eustos. Derselbe musste nach Varro (III 16, 17) 
dreimal monatlich im Friihling und Sommer die 
Stoeke reinigen und nachsehen, ob sie in gutem 
Zustande seien. Eingehender waren die Vorschrif- 
ten Hygins (bei Col. IX 14) uber die Wartung 
der Bienen. In der Zeit vom Friihlingsaequinoctium 
bis zum 11. Mai sollte der Unrat aus den StOcken 
entfernt und diese mit Rindermist, der den Bienen 
besonders zutraglich sei, geiauchert, dem Mist 
auch Rindermark zugesetzt werden, um die Rank- 
maden und Wachsmotten durch den Rauch zu 
vertreiben (vgl. Pall. IV 15, 4). In der bis zum 
Solstitium folgenden Zeit des Sehwarmens musste 
darauf geachtet werden, dass die jungen Schwarme 
sich nicht verflogen (vgl. Col. IX 9). In den nachsten 
30 Tagen erfolgte nach ihm die erste Honigernte 
(vgl. Pall. IV 15, 1); dann sollten auch bis zum 



455 



Bienenzucht 



Bienenzucht 



45(5 



Herbstaequinoctium jeden zehnten Tag die StOcke 
gerauchert und die leeren Stellen darin mit kaltem 
Wasser zur Kiihhmg besprengt, der Unrat ent- 
fernt and die Bankmaden und Wachsmotten ver- 
nichtet werden. Das letztere wurde dadurch be- 
werkstelligt, dass ein hohes und enges Gefass des 
Abends zwischen die Stocke gestellt -wurde, auf 
dessen Grunde sich ein Licht befand, durch dessen 
Glut die Motten angelockt und getotet wurden 



schien die Zeit daffir gekommen, wenn die Zellen 
rait Wachs zugedeckelt waren (Varr. Ill 16, 32), 
so Ende Juni (Col. XI 2. 50), wenn auch das- 
Gerausch im Stocke schwacher war und die Droh- 
nen vertrieben wurden (Pall. VII 7, 1). Bei der 
Zeidelung sollte man den Bienen weder zu wenig 
noch zu viel Waben (Ar. IX 40, 24. Plin. XI 35), 
jedenfalls Honig (Ar. ebd. 15) oder Bienenbrot 
(Plin. XI 42) zur Nahrung ffir den Winter lasaen. 



t.r^i t> ii -vr o m rf • T --- b~"T"y» "^'^" v* "■"■■ -«■•> ■*"! »i" nauriiug lur uen winter lasaen. 
yrgi. ±"all. V 8, 7). /.wischen Ende Juh und An- 10 Bei der zweimaligen Zeidelung wurde ihnen das 

tftncr XftTvtATnhpr mnoo+Q rUfii*. Sir.*.™ «.,.-*->.,. ™„~ m ~« J. 1 J_- A- i?. ,rt , -r-.^ ?- ~ ~ .. ,^~. _ 



fang September musste dafur Sorge getragen wer 
den, dass die Honig sammelnden Bienen nicht von 
Hornissen belastigt wurden. Urn das Herbst- 
aequinoctium sollte die zweite Honigernte vor sich 
gehen. Anfangs November mussten die StOcke 
abermals gereinigt, alle Eitzen und Looher der- 
selben mit einem aus Lehm und Kuhmist her- 
gestellten Kitt verstrichen (vgl. Pall. XII 8, 2) 
und nur die Fluglocher offen gelassen werden 



erstemal der fiinfte (Col. IX 15, 8. Pall. VII 7, 
2), das zweitemal der dritte Teil (Col. a. a. 0.) oder 
die Halfte (Pall. XI 13), bei der dreimaligen die 
beiden ersten Male ty, (Varr. Ill 16, 33. Geop, 
XV 5, 4) oder das erstemal ty 15 (Plin. XI 35), das. 
zweitemal i/ ln (Cassius Dionysius bei PHn. XI 40) 
das drittemal % der Waben (Varr. a. a. 0. Plin. 
XI 42. Geop. a. a. 0.) gelassen. Herausgenommen 
sollten besonders die fehlerhaften Waben werden 



_ _ _ — „. ™^ 6" m " nwuou, ouiiucii ucsuuuers uie leiuernanen vvaDen weraen 

zugleicn auch durch einen beweglichen Deckel 20 (Col. IX 15, 10. Pall. VII 7, 2; vgl Geon XV 



jeder Stock bis an den Wabenbau verengert wer 
den, damit die Bienen denselben leichter im Winter 
durchwarmen konnten, und zugleicn auch mit 
Stroh und Laub bedeckt werden. Wenn die Bienen 
im Winter Hunger litten, sollten an die Flug- 
locher zerstossene und in Wasser eingeweichte ge- 
trocknete Peigen, eingekochter oder Bosinen-Wein 
u. dergl. in kleinen TrOgen dargereicht werden. 
Besonders gegen Ende des Winters bis in die 

TUMj-J.- J T*_l T rr 



4, 8). Zuruckgetrieben wurden die Bienen durch 
Eauch (Ar. IX 40, 2. Verg. g. IV 230, Aen. XII 
588. Ovid. rem. am. 185. Plin. XI 45. Nonn. 
Dionys. V 250) von galbanum, wahrscheinlich dem 
Harz einer Ferulaart (Col. IX 15, 5. Pall. VII 
7, 2) oder vom Eindermist (ebd. Geop. XV 5, 5. 
6, 2). Dazu bediente man sich einer trichter- 
fOrmigen, mit Henkeln versehenen Schmauchkanne, 
aus deren Spitz e der Eauch durch ein kleines 



Mitte des lebruar, wann der Honigvorrat ver-30Loch ausstrOmte, wenn man sie von unten durch 

hra.n^hr. "War Snllftfm in Aia T?l,ir»lXrtlirt». ^..'i^^^T^l.-i^^i™ „* « T 1. it /n . T-. .. ~~ , — 



braucht war, sollten in die Fluglocher siisse Fliissig^ 
keiten eingespritzt werden. So oft der Warter 
an die Arbeit ging, sollte er schon am vorher- 
gehenden Tage sich des Liebesgenusses, des Trunks 
und des Genusses stark oder iibel riechender 
Speisen u. dergl. enthalten (§ 3; vgl. Pall. I 37, 4). 
Eine besondere Sorgfalt war bei der Versetzung 
der Bienen an einen andern Ort oder in einen 
andern Stock zu beobachten (Varr. Ill 16, 21 



ein grosseres Loch anblies (Col. Pall. aa. OO.). Der 
beste attische Honig wurde freilich ohne Eauche- 
rung gewonnen (Strab. IX 400). Ausser der 
Schmauchkanne bediente sich der Zeidler zweier 
Messer, die ll/ 2 Fuss lang waren, von denen aber 
das eine ein hakenformiges Ende hatte, das andere 
am Ende mOglichst scharf war; mit jenem wurden 
die Waben bei kaltem oder Langsbau, mit diesem 
bei warmem oder Querbau losgelOst; mit jenem 



(reop. XV 2, 11). Celsus (bei Col. IX 14, 20) 40 auch die fehlerhaften Stellen derselben ausgekratzt 



verlangt vor Beginn der von ihm empfohlenen 
Wanderung in andere Gegenden eine sorgfaltige 
Durchsicht der StCcke, nur die besten Waben zu 
belassen und den Transport, ohne die Stocke zu 
erschuttern, nur in der Nacht vorzunehmen. Mit 
diesen Vorschriften war naturlich die Thatigkeit 
des Warters nicht erschopft, vielmehr durfte die 
Beaufsichtigung der Stocke zu keiner Zeit aus- 
gesetzt werden (Col. IX 9, 1) 



oder der herabgefallene Schmutz herausgeschafft 
(Col. IX 15, 4. 5. 9). 

Der Ertrag an Honig, wohl bei der Zeidelung 
im Sommer, sollte sich fur den Stock auf 1— 
IV2 ^°^s", bei sehr wohlbestandenen StOcken auf 
2-21/2, selten 3 yovg (Ar. IX 40, 24), d. h. 3, 
283-9,85 1. = ca. 5—15 kg. belaufen. Merula 
(bei Varr. Ill 16, 10) kannte jemand, der seine 
Stocke fur 5000 Pfund = 1637 kg. jiihrlich ver- 



w tr • j 77, — ,v '' , U ™ M 1UL wviimuu = luoi itg. janrucu ver 

WieHygm und Columella sprechen auch Vergil 50 pachtete, und Varro selbst (a. a. O.) spricht da 



(Georg. IV 231) und Palladius (VII 7. XI 13) nur 
von einer zweimaligen Zeidelung, jener im Mai 
uud November, dieser im Juni und October; doch 
wurde sie auch dreimal vorgenommen , niimlich 
das erstemal im Mai (Varr. Ill 16, 33. Plin. XI 
34. 35. Geop. XV 5, 1), dann um den 12. Sep- 
tember und 11. November (Varr. a. a. O.), das 
zweitemal in den 30 Tagen nach der Sonnen- 
wende (Varr. a. a. 0. Plin. XI 36) oder um den 



von, dass zwei Bruder bei Falerii in Etrurien auf 
einem iugerum = 0,252 ha. sich jahrlich durch 
Verkauf ihres Honigs 10 000 Sest. = ca. 2 280 M. 
verdient hatten. Dabei ist zu berucksichtigen, dass 
der Maximalpreis des Honigs im J. 301 n. Chr., 
dem heutigen ziemlich entsprechend, fur 1 Sextar 
= 1/2 1- abgesehen von dem billigen Dattelhonig, 
20-40 Denare = 37—74 Pf. betrug (Edict. Diocl. 
Ill 10—12). Das Wachs wurde schlecht bezahlt 



100 1 v t>T: ,.; , , A " uv -" iil '" — li,). ua,s nauis wume scniecnt oezanit 

12. September (Plm XI 41; vgl. Geop. a. a. O.), 60 (Col. IX 16, 1), was vielleicht der Grund war, 



das dritte Ende October (Geop. a. a. 0.) bis etwa 
Mitte November (Varr. Plin. aa. OO.); in Attika 
sollte die Sommerernte nach dem 7. Juli oder 
23. August vorgenommen werden (Plin. XI 40j, 
was heute bei der hymettischen B. im August ge- 
schieht; sehr unbestimmt giebt Aristoteles (V 
22, 6) dafur die Zeit an , wann sich die Prucht 
des wilden Feigenbaumes zeige. Im allgemeinen 



warum der pecuniare Erfolg nicht ganz so be- 
deutend gewesen zu sein scheint wie heute, wenn 
auch die Zucht heute rationeller und daher mit 
grosserem Erfolge betrieben werden kann. Jeden- 
falls bildete die B. einen wesentlichen Bestandteil 
der Landwirtschaft (Cic. sen. 56) und war selbst 
auf sterilem Lande lohnend und hier besonders 
empfehleaswert (vgl. Verg. g. IV 125f.). 



457 



Biennos 



Bier 



458 



In juridischer Hinsicht galten die Bienen, die 
nicht in einen Stock eingeschlossen waren, fur 
herrenlos (Gaius Dig. XXXXI 1, 5, 2. lust. inst. 
II 1, 14); als eine Eigentumlichkeit fur die Honig- 
waben wild lebender Bienen in den Bergen Cor- 
sicas betrachtet dies Diodoros V 14. Litteratur 
s. unter Biene oben S. 450, vgl. auch Haber- 
land Biene und Honig im Volksglauben, Globus 
XXXI 1881, 220. 235. 268. [Olck.] 

Biennos. 1) Eleine Stadt im Gstlichen Teil 
von Kreta, abseits vom Meere, angeblich nach 
dem Kureten B. benannt, oder von der Gewalt 
(/?«a), welche hieT Otos und Ephialtes gegen Ares 
verubten, dem dort spater exarop<p6via geopfert 
wurden, Stad. mar. mag. 320f. (Blevog). Steph. 
Byz. (BUwog). Hierokl. 649 {Bievva). Tab. Peut. 

IX (Blenna), Geogr. Eav. V 21 (Blentia). Bruch- 
stiicke eines Vertrages mit Teos, Mnemosyne I 
125. Miinzen Head HN 388. Eeste beim Dorf 
Viano (Btdvog). M ii 1 1 e r zum Stad. a. a. O. 
Pashley Travels in Crete I 276ff. Spratt Tra- 
vels in Crete I 301ff. Bur si an Geogr. II 579f. 

2) Ort an der Westkiiste von Kreta, Stad. mar. 
mag. 335f. (Btewog), Vielleicht identisch mit dem 
"Iva xcogtov bei Ptol. Ill 15 (17), 2. Miiller zu 
Stad. und Ptol. aa. OO. Bursian Geogr. II 550. 

[Oberhummer,] 

8) Einer der Kureten, Eponymos der kreti- 
schen Stadt Nr. 1, Steph. Byz. s. BUvvog. 
■ [Tumpel.] 

Biephi (Ptol. Ill 8, 5), dakischer Volksstamm, 
der von Kiepert Fonnae orbis antiqui XVII 
(vgl, S. 4) hypothetisch zwischen Maros und Bega, 
von W. Tomaschek Die alten Thraker I 105 
,n0rdlich vom Temesfluss am Westrande der Berg- 
umwallung' angesetzt wird. [Patsch.] 

Bier. Schon in den altesten agyptischen Lit- 
teraturdenkmalern, den Inschriftentexten der Pyra- 
miden von Sakkara etwa aus dem Ende des 4. Jahr- 
tausends v. Chr., begegnen wir der Vorstellung, 
dass der Verstorbene im Jenseits zur Stillung 
seines Durstes des B., das nicht sauer werde, be- 
durfe (G. Steindorff Dtsche. Eundschau XXI 
1895, 266). In einem Verzeichnis der Einnahmen 
und Ausgaben des kOniglichen Hofes zu Theben 
aus dem Ende des mittleren Eeiches, etwa um 
1800 v. Chr., welches uns auf einem Papyrus 
des agyptischen Museums zu Kairo erhalten ist 
(L, Borchardt Ztschr. f, agypt. Spr. u. Alter- 
tumskunde XXVni 1890, 66f.), ersehen wir u. a., 
dass an den Hof taglich 130 Kriige B. geliefert 
wurden (S. 72) und die Konigin an einem Tage 
funf solcher Kruge erhielt (S. 70). Das Berauschen 
in B. scheint in Agypten schon fruh ein weit ver- 
hreitetes Cbel gewesen zu sein (Fr. WOnig D. 
Pflanzen im alt. Agypten, 1886, 170f.). Unter 
den Ptolemaeera wurde der B.-Veikauf (avrj f«- 
tijqo) mit einer Steuer belegt, welche im Finanz- 
wesen dieser Zeit eine grosse Eolle gespielt und 
sich auch unter romischer Herrschaft erhalten zu 
haben scheint (K. Wessely Zythos und Zythera, 
13. Jahresber. d. K. K. Staatsgymn. in Hernals, 
Wien 1887, 40f.). Von den griechischen Schrift- 
stellern berichtet zuerst Hekataios (bei Athen. 

X 418 e und 447 c und bei Eust. II. XXII 283), 
dass die Agypter die Gerste zu einem Getrank 
vermahlten. HeTodotos (H 77) sagt. dass sie sich 
eines aus Gerste bereiteten Weines bedienten, da 



es in ihrem Lande keine Eeben gebe, wobei die 
letztere Behauptung freilich nur fur gewisse Striche 
Gliltigkeit gehabt haben kann. Verachtlich spricht 
Aischylos (Suppl. 953) von diesem Gerstenwein. 
Dagegen sagt Diodoros (I 20; vgl. IV 2), dass 
Osiris bei seiner Wanderung durch die ganze Welt 
iiberall, wo die Eebe nicht gedeihe, die Mensehen 
gelehrt habe, aus Gerste ein Getrdnk zu bereiten, 
welches an Wohlgeruch und Kraft fast dem Weine 

10 gleichkomme. Doch war es wahrend der griechi- 
schen Epoche nur der armere Teil des Volkes, 
welcher sich statt an dem teuern Eebensafte an 
Gerstenwein ergOtzte (Dio Academ. bei Athen. I 
34 b), wie denn auch zu Strabons Zeit der £v&og 
(oder &dos ) in Aleiandreia nur von dem gemeinen 
Volke getmnken wurde (Strab. XVII 799). Da- 
mit stimmt freilich nicht die Behauptung von H. 
Brugsch (D. Kosten des Haushalts in alter Zeit, 
1890, 15), dass man in Agypten zur Zeit der Ptole- 

20 maeer den Wein ebenso teuer wie das B. bezahlt 
habe, wovon nach dem Ausgabebuche eines makedo- 
nischen Hauptmannes das Liter 3 Pf. gekostet habe. 
Den Namen to £v#og fur das agyptische B. flnden 
wir zuerst bei Theophrastos (de c. pi. VI 11, 2), 
der es zu den Getranken rechnet, welche man wie 
die aus Gerste und Weizen bereiteten Weine aus 
faulenden Friichten herstelle. In Hss. fmdet sich 
auch r\ £,v§og, und im agyptischen Dialekt wurde 
regelmassig # zu r verschoben, so dass man Cvzog 

30 und tyxov schrieb (Wessely a. O. 40). Diesem 
Dialekt muss auch das Wort, obwohl Diodoros 
(I 34, anders freilich IV 2) berichtet, dass die 
Agypter ihr Getrank aus Gerste Cvfiog nannten, 
und dieses Getrank specifisch agyptisch war (Plin. 
XXII 164. Iul. Afric. cest. 25), urspriinglich an- 
gehoren, da es im Altagyptischen hekt (nach O. 
Schrader bei V. Hehn Kulturpfl. und Haus- 
tieres 158) oder Aa?i(nachLoret bei G.Buschan 
Ausland 1891, 929) Mess. Vielmehr verhalt sich 

40 Ci<&og, lat. xythum, wohl zu fso ,siede' wie das 
phryg.-thrak. figmov ,Bier. Obstwein', das lat. 
defrutum .eingekochter Most', das nhd. briuwan 
u. s. w. zu einer indog. Grundform bhru ,brauen' 
(O. Schrader a. O. 158. Fr. Kluge Etym. 
Worterb. d. dtschn. Spr. 5 52). Die Aithiopier 
bereiteten sich nicht nur aus Gerste, sondern auch 
aus Hirse ein Getrank (Strab. XVII 821), und 
auch jiingst fanden die zu den Nilquellen vor- 
dringenden englischen Eeisenden bei den Halb- 

50 negerstammen jener Gegend ein rohes, berauschen- 
des B. im Gebrauch (V. Hehn a. O. 143). Aus 
einer Stelle des Columella (X 114f.) hat man ge- 
schlossen, dass das zythum von Pelusium sich 
dadurch von andern Sorten unterschieden habe, 
dass ihm Eettige und entbitterte Lupinen bei- 
gemischt gewesen seien ; doch wird" die Stelle von 
andern wohl richtiger dahin verstanden, dass der 
vorhergehende Genuss von Eettigen (vgl. Hor. sat. 
n 8, 8) und Lupinen (vgl. Diosc. II 132. Plin. 

60 XXn 155) zum Trinken Appetit machen sollte. 
Ein Eecept fur die Bereitung des agyptischen B. 
ist uns dagegen im Talmud erhalten (J. H. Bondi 
Ztschr. f. agypt. Spr. u. Altertumsk. XXXIII 1895, 
62f.). Namlich Misna Pesachim III 1 wird auf- 
gezahlt: ,Medisches B. (-DB) und idumaeischer 
Essig und agyptisches zythum fcim )'. Zu den 
beiden ersteren bemerkt die zugehfirige Gemara 
(B. Pesach. 42 b), es komme Gerste hinein. Be- 



459 



Bier 



Bier 



treflfs des letzteren heisst es : ,Was ist agyptisches 
zythum fairPT)? Es lehrte Rab Joseph: ein Drit- 
tel Gerste, ein Drittel Saflorsamen (welcher sehr 
bitter ist) und ein Drittel Salz. Eab Papa (ein 
B.-Handler) nahm Gerste (aus dem Eecept) heraus 
und setzte (dafiir) Weizen ein . . . Man weicht sie 
ein, rOstet sie, mahlt sie und trinkt sie am Passah 
bis zu dem (49 Tage spater fallenden) Wochenfeste. 
Wer hartleibig ist, dem bewirkt es Durchfall, und 
wer an Durchfall leidet, den macht sie hartleibig. 
Fiir die Kranken und Schwangern ist es eine Ge- 
fahr'. Vielleicht nicht nach agyptischem Muster 
bereitet war ein anderes £%Qog von Gerste und 
Eaute (Bar Ali bei Payne Smith Thes. syriac. 
I 1114). Sofern das Cv&og neben seiner medici- 
mschen Nutzung dem Talmud auch als Genuss- 
mittel gelaufig ist (Bondi a. a, 0. 63), scheint 
es doeh kaum denkbar, dass das erstere Recept 
auch fur diesen Pall Giiltigkeit gehabt haben soil, 
da die angegebene Menge der Gerste im Ver- 
haltnis zu den beiden andern Bestandteilen hiefur 
ganz unzureichend ist. Aus dem hebraeischen 
sekar = berauschendes Getrank ist, vielleicht durch 
das aramaeische Sikra vermittelt, oixma (Iul 
African, cest. 25. Levit. 10, 9. Num. 6, 3^ Gene- 
tiv aixeQOi bei Euseb. praep, evang. VI 10) ent- 
standen (H. Lewy D. semit. PremdwOrter im 
Gnech., 1895, 81) und dann sicera , womit ein 
aus Getreide oder Friichten hergestelltes berau- 
schendes Getrank bezeichnet wird (Hieron ad 
.Nepotianum IV p. 364 ed. Martian. Isid. orig. 
XX 3, 16), eidro, cidre, Cider. Ein in griechi- 
scher Sprache geschriebenes Recept fur die Her- 
stellung agyptischen B.s ist angeblich als ein 
Fragment des jedenfalls vor Photios schreibenden 
Chemikers Zosimos ans Panopolis in der agypti- 
schen Thebais von Ch. G. Gruner (Zosimi Pano- 
politani de zythorum confectione : accedit historia 
zythorum sive cerevisiarum , Sulzbach 1814) ver- 
Offentlicht und commentiert worden. Dasselbe 
ist auf Grund von Hss., deren Archetyp dem 
11. Jhdt. angehOrt, welche aber nicht den Nainen 
des Zosimos als Autor anfuhren, von Wessely 
(a. 0. 44) geschehen. Da der Tractat wegen seiner 
deragyptischenGraecitat angehorenden technischen 
Ausdriicke schwer verstandlich ist. so folgt ausser 
dem von Wessely gegebenen Text auch seine 
Ubersetzung, wobei jedoch in Parenthese dieEmen- 
dationen und abweichenden Erklarungen Gruners 
(p. lOf.) hinzugesetzt sind: 

IJsqi £v&wv szoiijaewg. 
Aafiwv xyitirjv /.svxijv xadaQiav xa/jv ^gi^ov 
fjuigav fiiav xai dvdoxaoov >} xai xohaoov iv 
avrjvefiG^ (aveiuevat) TOTiip eras xqcoi, xai naXiv 
PqI^ov djpag jievzs ■ im{}ate eig figaximviov dyyuov 
tj&uoeidigxai' flg^e • Tigoava^rjoavi ecog ov yiv>)- 
tcli &g rp.rj (riV.i?) • xai ore ysvtjzai \pvq~ov Ir r)ti<$ 
"°f °'' **°ri, ™ pdkwv yag thxqov ■ koijiov akeoov xai 
xoitjoov agzovg Jigogfld/./.aiv ivfirjv &07ieQ Ooo<r> 
agzov • xai oxza cb/uozcgov xai Star exav&aioiv 
Sid/.ve vScog y/.vxv xai fj^utie did Idfiov rj xooxi- 
rov fejzrov ■ iZUoi ds ojzx&vzeg agzovg ftd)lovoiv 
eig XAovflov usra vSazog xai iyjovat uixqov , tva 
lit) xoxkdoff pJTe fj x hagdr ■ xai dmoncooi xai 
?]&fii£ovoiv ■ xai ncgioxemoarzcg (xcgioxevdoavzeg 
Lesart bei Gr.) fiegftatvovoi xai dvaxgivovoi (ava- 
xXivovaiv). ,Nimm helle , reine, schone Gerste, 
benetze sie einen Tag, quelle (disperge) sie oder 



460 



lass sie an einem windstillen (vent-is exposito) 
Orte bis zum andern Tage in der Friihe lagern 
und benetze sie dann wiederum durch ftinf Stun- 
den; schiitte sie dann in ein armtiefes (ansatum) 
poroses Gefass und halte sie in benetztem Zu- 
stande, dann lass sie trocknen bisgleichsamPlocken 
entstehen (et irrigu — postquam ante siocasii — 
donee fiat ut tomentum); wenn sie entstehen (quod 
vM factum erit), darre sie an der Sonne, bis sie 
10 sich wirft; denn das Flockige (floceas) ist bitter - t 
schliesslich mahle sie und bereite Brote, d. i. Malz- 
brote (massam instar panis), indem du Sauerteig 
wie zu gewohnlichem Brot hinzugiebst; dann rfiste 
diese Brote, aber nur oberflachlkh (whementius), 
und wenn sie Farbe bekommen (si satis efferbuit), 
so klare ein susses Wasser ab und seihe es durch 
einen Seiher oder ein feines Sieb; andere wieder 
rosten die Malzbrote, geben sie in eine Kufe mit 
Wasser und lassen das Ganze etwas aufkochen, 
20damit es nicht schaume oder fade werde; lassen 
es aufquellen (ree ebulliat aqua neque sit fervida, 
deinde tollunt ab iffne), seihen ab, bedecken die 
Fliissigkeit (in alia vasa transfundunt), erhitzen. 
sie und richten.sie an (iterum calefaeiunt et se- 
ponunty. Man sieht 1 , dass besonders die Erkla- 
rung der Worte avdojiaoov , JiQoava^rjQavs, inav- 
Swotv, xfaaedv und dvaoxwot, da Wessely sie 
nicht naher begrundet, Zweifel erregen muss. Doch 
ist der Quell- und Keimprocess, durch den die, 
30 hernach jedenfalls zu entfernenden bittern Wur- 
zelchen (/xdltov mxQov) hervorgerufen werden, im 
ganzen klar und iiberhaupt die Methode der Malz- 
bereitung der unsrigen analog. Dies geht auch 
aus der Beschreibung hervor, welche Aetios {III 
2, 29; vgl. Hesych. s. fttvqv) von der fivvr] giebt, 
dass sie niimlich Gerste sei, welche angefeuchtet 
und, nachdem sie gekeimt, zusammen mit den 
hervorgebrochenen Zungelchen gedOrrt sei. Ganz 
abweichend war aber das weitere Verfahren. Doch 
40entspricht diesem nach Wessely dasjenige, wel- 
ches in dem siidamerikanischen Socorro zum Teil 
bei der Herstellung der Chica, eines aus Mais 
bereiteten B., eingeschlagen wird; man backt 
Malzbrote, zieht dieselben mit Wasser aus und 
lasst garen. Wie in unserem Eecept angezeigt 
ist, konnte das Verfahren verschieden sein. Man 
benutzte auch nicht nur Gerste fur die Herstel- 
lung des Cvdog (Diosc. II 109. Gal. XI 882. Orib. 
coll. med. XV 1, 6, 6. Agt. I 1) , sondern auch 
50 Weizen (Ulp. Dig. XXXIII 6, 9 pr.). Was seine 
Wirkung betrifft, so meinte Aristoteles (bei Athen. 
I 34 b; vgl. Arist. bei Athen. X 447 a und Eust. 
II. XXII 283), dass die von Rebenwein trunken 
Gewordenen sich nach vorne neigten, die welche 
Gerstenwein getrunken hatten, den Kopf nach 
hinten neigten, da jenerKopfschmerzen verursache, 
dieser in tiefen Schlaf versetze. Dioskorides (ebd.) 
lehrte, dass der £v&og Harn treibe , Nieren und 
Nerven angreife, auf die Gehimhaut schadlich 
60einwirke, Blahungen und schlechte Safte mache 
und die Elephantiasis hervorrufe. Die von Weizen 
und Gerste bereiteten Weine galten fur nicht 
schwacher als die Eebenweine, aber fur schwerer 
verdaulich (Orib. a. a. 0. V 31, 12). Da der 
£vdog ein Product der Paulnis sei, mache er 
schlechte Safte (Orib. XV 1, 6, 6. Gal. Aet. aa. 00.), 
er blahe auch (ebd.), habe etwas Scharfes und Er- 
hitzendes, grfisstenteils aber sei er von kalter, 



461 



Bier 



Bier 



462 



wasseriger und saurer Substanz (Gal. Orib. a. 
a. 0. und XIV 10, 10. Paul. Aeg. VII 3). Da- 
gegen hob man seine Eigenschaft hervor, das 
Elfenbein (infolge seines Gehalts an Sauren) zu 
erweichen und formbar zu machen (Diosc. a. a. 0. 
Plut. an vitios. ad infel. suffic. 4 ; vgl. Sim. Seth 
p. 119). 

Bei den Byzantinern findet sich das arabische 
fokha (S. de Sacy Chrestomathie arabe II 437) 
in der Form cpovxag wieder. Dieser wird von 
Simeon Seth (p. 118f.) in derselben Weise charak- 
terisiert, wie von den Fruheren der £v&og. Da 
einige Neueren im Gegensatz zu den Alten ihn fiir 
sehr niitzlich erklart hatten, fiihlt er sich veran- 
lasst festzustellen, dass der <povxag denen niitze, 
welche heissere Safte hatten, besonders im Magen 
und Unterleibe, und denen, welche infolge grosser 
Hitze von Durst verzehrt wiirden, besonders wenn 
er nicht gewiirzt sei ; denn er vertreibe den Durst, 
errege Appetit, fiihre ab und treibe oft Harn ; bei 
wasserigem Magen und kalten Saften schade er. 

Das schon erwahnte (Sqvxov, bekannt dem Ai- 
schylos und Sophokles (bei Athen. X 447 b und c), 
war nach Archilochos (Ath. 447 b) ein Getrank der 
Thraker und Phrygier. Es wurde von den Paio- 
nern (Hekataios ebd. 447 c) und iiberhaupt von den 
Thrakern (Hellanikos ebd.) aus Gerste bereitet 
(vgl. Hesych. s. jSqvtov und Pqvttiov. Eust. II. 
XI 637 und XXII 283), sonst auch aus Wurzeln 
(Hellan. Eust. a. a. 0.); in Agyptcn kochte man 
die Knollen der Erdmandel, Cyperus esculentus L., 
darin, wodurch sie sehr suss wurden (Theophr. h. 
pi. IV 8, 12). Die naoafiir] der Paioner war ein Ge- 
trank von Eispenhirse und Berufskraut (Hekat. bei 
Ath. 447 c). Indenunterirdischen Wohnungen der 
Nordarmenier sah Xenophon (an. IV 5, 26f.) Topfe 
mit Gerstenwein, wobei die Gerste mit diesem 
bis an den Eand vermischt war; das Getrank 
wurde mit Rohrhalmen aufgesogen; es war sehr 
stark , wenn man nicht Wasser hinzugoss , aber 
fiir den, der sich daran gewohnt hatte, sehr an- 
genehm (mxvv r\bv). Niebuhr sagt in seiner Be- 
schreibung von Arabien (1772, S. 57; bei Hehn 
S. 566), dass man dort ein weisses und dickes 
Getrank, Busa, aus Mehl bereite; in Armenien 
werde es allgemein in grossen TOpfen in der Erde 
auf beh alten und gemeiniglich aus denselben ver- 
mittelst eines Rohres getrunken. 

Von den Pannoniern wird berichtet, dass sie 
nicht nur Gerste und Hirse assen, sondern auch 
tranken (Cass. Dio XLIX 36); das Getrank wurde 
von ihnen und den Dalmatiern sabajam genannt 
(Hieron. coinm. VII in Isaiae c. 19); denselben 
Namen in der Form sabaja hatte das Getrank 
der Armen in Illyrien, welches aus Gerste oder 
Weizen bereitet wurde (Amm. Marc. XXVI 8, 2). 
Das Wort hangt wohl mit dem Namen des ur- 
spriinglich phrygisch-thrakischen Dionysos, Sabos 
oder Sabazios, zusammen und erinnert an das latei- 
nische sapa = eingekochter Most. Als im J. 448 
n. Chr. griechische Gesandte auf ihrer Reise an 
den Hof Attilas durch Pannonien kamen , er- 
hielt die Dienerschaft iiberall ein angeblich von 
den Barbaren xd/nov genanntes Gerstengetrank 
(Prise. FHG IV 83). Das camum war aber im 
romischen Eeiche schon fruher bekannt, da schon 
Iulius Africanus (cest. 25) sagt, dass es von den 
Paionern getrunken werde, und Ulpianus (Dig. 



XXXIII 6, 9), dass bei Vermachtnissen weder 
zythum, welches in einigenProvinzen aus Weizen, 
Gerste oder Brot bereitet werde, noch camum noch 
eervesia zum Weine gehore, es auch im Maximal- 
tarif des Diocletian vom J. 301 (II 11) aufgefiihrt 
wird. Vielleicht gehfirt auch einer fruheren Zeit 
eine Notiz an, nach welcher camum in Unterschiede 
von cerbesia als Gerstengetrank erklart wird (Corp. 
gloss, lat. Ill 315, 68). Hehn (a. 0. 145) mochte 

10 das Wort unter Berufung auf das spatere camba 
■= Brauerei (s. Dueange) fiir keltisch halten, da 
es seit den Zeiten der grossen keltischen Wande- 
rung in Pannonien heimisch geworden oder auch 
durch rOmische Soldaten dahin gebracht sein konne. 
Was die Kelten betrifft, so sollen die Gallier 
schon, als sie Rom einascherten, als Wein einen 
ubelriechenden Saft, welcher in Wasser gefault 
hatte, gebraucht haben (Dion. Hal. XIH 11 [16]), 
und Pytheas (bei Strab. IV 201) berichtet bei 

20 der Schilderung seiner Fahrt nach Thule, d. h. 
wohl der Insel Mainland, dass diejenigen Vdlker, 
welche Getreide und Honig erzeugten, sich daraus 
ihr Getrank bereiteten, d. h. Bier und Met. Nach 
Poseidonios aus Apameia (bei Athen. IV 152 c 
und- d; vgL Eust. II. XI 637) tranken zu Anfang 
des 1. Jhdts. v. Chr. die reicheren Kelten im heu- 
tigen Frankreich bereits italischen oder massilio- 
tischen Wein, die weniger Bemittelten t^v&og von 
Weizen, welches von ihnen xoq^li genannt wurde, 

30 mit Honig , das gewfihnliche Volk dieses Cv&og 
ohne Honig; sie schliirften ihr Getrank aus dem- 
selben Gefass in kleinen Portionen, jedesmal nicht 
mehr als einen Cyathus (= 0,045 L.), doch schnell 
hinter einander, wahrend ein Knabe es nach rechts 
und links ihnen zutrug. Dagegen sagt Diosko- 
rides (II 110), dass xovq[u (wo von der Genetiv 
xovofii&og unrichtig statt xovgfisvos angegeben 
zu sein scheint) aus Gerste gemacht werde, man 
es haufig statt des Weines gebrauche , es Kopf- 

40 schmerzen bewirke, von schlechtem Safte sei und 
den Nerven schade; dass aber auch aus Weizen 
solche Getranke (d. h. eelia und cerbesia) bereitet 
wiirden, wie im westlichen Iberien und Britannien. 
Marcellus Empiricus (16, 33), welcher fur seine 
keltischen Landsleute schrieb (E. Meyer Gesch. 
d. Bot. II 305), empfahl das eurmi gegen Husten. 
Die Bezeichnung eurmi fiir *eur-men (lat. cre- 
morl) findet sich in verschiedenen Formen in alt-, 
mittel- und neukeltischen Sprachen (A. Holder 

50 Altcelt. Sprachschatz Sp. 1202). Von einem pracht- 
liebenden Konige der Iberer erzahlt Polybios (bei 
Athen. I 16 c), dass er die Uppigkeit des Phaia- 
kenkOnigs bei Homer nachgeahmt habe, nur dass 
in der Mitte seines Hauses silberne und goldene 
Gefasse voll Gerstenweines gestanden hatten. Die 
von Scipio hart bedrangten Numantiner im Lande 
der Celtiberer genossen, nachdem sie einen Aus- 
faE auf Tod and Leben zu machen beschlossen 
hatten, einen einheimischen Trank aus Weizen, 

60 welchen sie celia nannten (Flor. ep. II 18, 12. 
Oros. V 7). Auch bei den im Westen wohnen- 
den, vielleicht noch iberisch redenden Lusitanern 
war nach Strabon (III 155) das (nur von ihm, 
nicht etwa von jenen so genannte) £vdog im Ge- 
brauch, wahrend der Wein dort noch knapp war. 
Statt eaelia sagte man fiir das aus Feldfriichten 
bereitete Getrank in Hispania auch cerea (Plin. 
XXII 164). Obwohl cerea mit eurmi, wozu noch 



463 



Bier 



Biessi 



464 



das angels, coerin kommt (0. Schrader a. 0. 
158), dem Stamme nach identisch zu sein und 
also zura indogermanischen Sprachstamme zu ge- 
horen scheint, so will Hehn (a. 0. 143 und 148) 
doch lieber das Wort eurmi und folglich auch 
die Sache aus Spanien von den Iberern zu den 
Kelten als mit diesen aus Gallien nach Keltibe- 
rien gewandert sein lassen. Allerdings scheint 
die B.-Bereitung gerade in Spanien zu Beginn 
unserer Zeitrechnung schon einen hohen Grad'der 
Vollkommenheit erreicht zu haben. Denn, wenn 
hier auch das B. auf dieselbe Weise wie in Gal- 
lien bereitet wurde, so wurde doch den Hispanern 
die Erfindung zugeschrieben, demselben auch Halt 
barkeit zu verleihen (Plin. XIV 149). Um celia 
zu erhalten, wurde namlich der Weizen angefeuch- 
tet, so dass er keiinte, dann getrocknet und zer- 
mahlen ; dem Mehl wurde ein mollis sitceus bei- 
gemischt, welcher in Garung geriet (oder viel- 
mehr die ganze Mischung in Garung brachte), 
wodurch der herbe oder pikante (austerus) Ge- 
schmack und die berauschende Eigcnschaft hinzu- 
kam (Oros. a. a. 0. Isid. XX 3, 18). Mit dem 
mollis succus scheint B.-Hefe gemeint zu sein; 
wenigstens wurde in Gallien und Hispanien ver- 
dichteter B.-Schauin beim Brotbacken verwandt 
(PHn. XVHI 68), wahrend er sonst nur dazu ge- 
dient haben soil, die Gesichtshaut der Frauen zu 
conservieren (Plin. XXII 164), wie auch Plinius 
(ebd.) es nicht fur angezeigt halt, bei der B.- 
Frage lange zu verweilen, sondern lieber vom 
Weine sprechen will. Nahert sich also das an- 
gegcbene Verfahren durch den Ersatz des Sauer- 
teigs durch die Hefe dem heute iiblichen, so wird 
doch, heute das Malz nur geschroten, nicht zu 
Mehl zermahlen. Was aher den heute allgemein 
iiblichen Zusatz von Hopfen betrifft, welcher dem 
B. die Bitterkeit verleiht, so ist er slavisch-russi- 
schen Ursprungs und nach den 1. Jhdtn. unserer 
Zeitrechnung aufgekommen (G. Buschan Aus- 
land 1891, 612). In Gallien war schon zur Zeit 
des Plinius (a. a. 0.) fur das Bier der aus cerea 
erweiterte Name cervesia iiblich. Derselbe scheint 
auch auf dieses Land beschrankt geblieben zu 
sein; wenigstens wird dies fur die erste Halfte 
des 3. Jhdts. ausdriicklich bezeugt (xlvovm KsXrol 
xcQfaolav, Iul. Afric. cest. 25). Im Maximaltarif 
des Diokletian vom J. 301 (II 10—12) ist der 
Preis des Sextars (= 0,549 L.) vim rustici auf 8, 
cerresiae (xegfifjoiov) oder cami auf 4 und xythi 
auf 2 Denare (a 1,827 Pf.) angesetzt; es scheinen 
also die im Westen, Norden und Osten (beson- 
ders Agypten) gebrauchlichen Sorten gemeint 
und unter diesen das xyt/tum die geringste ge- 
wesen zu sein. Noch in der zweiten Halfte des 
4. Jhdts. waren die nach Wein begierigen Gallier 
genatigt, sich fiir jenen allerlei Surrogate zu schaf- 
fen (Ammian. XV 12, 4). d. h. Cider und B. Der 
in den J. 355—361 in Gallien verweilende Iulia- 
nus Apostate wurde wohl nicht in einem eigenen 
Epigramm (Anth. Pal. IX 368) das Weizen-B. 
der Gallier im Gegensatz zu dem nektarduftenden 
Weine als ein nach dem Bocke stinkendes Ge- 
trank verspottet haben, wenn es nicht gerade von 
jenen sehr viel getrunken worden ware. Ubrigens 
wird auch in einem Glossar von Montpellier aus dem 
9. Jhdt. (Corp. gloss, lat. m 315, 69) cerbesia als 
ein Weizengetrank bezeichnet. War also das B. in 



Griechenland und Italien als Getrank ungebrauch- 
lich, so wurde es doch in seltenen Fallen von den 
lateinisch schreibenden Medicinern als Medica- 
ment gebraucht, so gegen angeschwollene Driisen 
Umschlage von Attichblattern mit B.-Hefe, faex 
cervisae (Plin. iun. Ill 6 extr.), gegen Eihge- 
weidewiirmer Pillen in cervesia (Marc. Emp. 28, 
13) oder cervisa (Cass. Fel. p. 175, not. crit. 6)] 
gegen Husten Salz in eervesa (Marc. Emp. 16, 
10 33); ja der griechische Arzt Anthiraus (15) empfahl 
dem FrankenkSnige Theuderich sogar die cervisa, 
wenn sie gut zubereitet sei, als ein wohlthuendes 
Getrank. In einer Inschrift der Stadt Riez im 
Departement der Basses Alpes (CIL XII 372, 6) 
finden sich wahrscheinlich die Worte Ded(it) et 
cervifsiam] und auf einem Gefass des Dep. Lozere 
Cervesarfiis] feliciter (Holder a. 0. 997). Be- 
sonders aber zu erwiihnen ist eine dem Muse'e 
Carnavalet zu Paris angehorende und in Paris 
20gefundene thonerne Flasche von eigentumlicher 
Form (Abb. Rev. arch. 1868 pi. XXII. Darem- 
berg et Saglio Diet, de l'ant. I fig. 1338), 
welche nach den auf beiden Seiten mit Wasser- 
farben aufgemalten Inschriften bestimmt war, mit 
B. gefiillt zu werden. Auf der einen Seite steht 
Ospita reple lagona eervesa (Wirtin , fiille den 
Krug mit B.). Auf der andern Seite ist die Ant- 
wort der Wirtin gegeben; der Schluss derselben 
bedeutet tu abes, est repleta; der Anfang Copoc- 
SOreod (oder b) i ist vielleicht zu lesen Copo, hoc. 
novi (Schenk, ich habe es vernommen; da hast 
du sic, sie ist voll) (Bormann Arch. Ztg. 1873, 
75). Ferner tranken die Ligurer Gerstenwein 
(Strab. IV 202). In der Schweiz mogen schon 
die Bewohner der Pfahlbauten die Gerste zur 
B.-Bereitung verwandt haben (Br. Schroder 
Westermanns Monatsheft. Febr. 1895, 564). 

Bei den Deutschen scheint das B. erst spat 
Eingang gefutiden zu haben, da wir weder von 
40 Caesar noch von Plinius etwas hieriiber erfahren, 
sondern erst Tacitus in seiner im J. 98 verfassten 
Schrift uber dieselben (c. 23) sagt, dass ihnen 
zum Getriink eine aus Gerste oder Weizen ver- 
dorbene Fliissigkeit, die etwas dem Weine ahnele. 
diene. 

Endlich ist noch das nlvov zu erwahnen, von 
welchem Aristoteles in einer verloren gegangenen 
Schrift iiber die Trunkenheit (bei Athen. X 447 a 
und b; vgl. Eust. II. XI 637 und XXII 283) sagt, 
50 dass die von diesem Gerstenweine Berauschten 
nur nach hinten, die von andern Getriinken Be- 
rauschten aber nach alien Bichtungen fielen. Hehn 
(S. 150) glaubt. dass Aristoteles diesen Namen 
ohne Zweifel aus dem Norden habe, da er dem 
slavischen pivo gleiche und nur ein anderes Suffix 
habe. Auf die Slaven scheinen auch die Worte 
Vergils (georg. HI 376f.) am besten zu passen, 
dass die im aussersten Norden wohnenden Sky- 
then (vgl. I 240 und III 197) sich durch ein ge- 
60 gorenes Getrank den Wein ersetzten. [Olck.] 
Biesius Piso (Btijoiog Ileiaotv) aus Melite, 
athenischer Archon, CIA III 693. 1138. Nach 
der Berechnung Dittenbergers (zu CIA III 
1138) zwischen 174/75 und 177/78, was noch ein- 
zuschranken ist, so dass er auf 174/75 oder 175/76 
zu stehen kommt. [v. Schoeffer.] 

Biessi, unabhangiger dacischer Stamm in den 
Karpathen, wahrscheinlich siidlich vom Dukla- 



465 



Bigae 



Bigae 



466 



pass, Nachbarn der HieyyTtai und 2a(!mxoi (Ptol. 
Ill 5, 20 : elra 2afi<oxot slra HiayyViai nai Biso- 
coi Tiaga tov KaQjcarrjv oQog). Nach W. Toma- 
schek Die alten Thraker I 106f. ist ihr Name 
eine dem dacischen Dialekt entsprechende Neben- 
form von Bessi, und K. Miillenhoff Deutsche 
Altertumskunde II 82 bezieht auf sie Hist. Aug. 
Marc. 22, 1; vgl. Wietersheim Geschichte der 
Volkerwanderung II 52ff. 62. Safafik und Le 



(Ginzrot II 173; vgl. Baumeister Denkm. Ill 
2080. Helbig D. hom. Epos* 127, 11. 142ff.), 
war vom am hOchsten, reichte jedoch dem Wagen- 
lenker nicht weit uber die Kniee, an den Seiten 
war sie nach hinten zu abwarts geschweift, an 
der Ruckseite fehlte sie, so dass der Fuhrmann 
ohne besonderes Trittbrett leicht auf- und ab- 
springen konnte (s. Baumeister I fig. 69. 359). 
Ein Hauptunterschied zwischen dem rSmischen 



lewel haben auf die B. die Namen des OrteslOund dem griechischen Rennwagen besteht darin 



Besko und des Bergzuges der Beskyden zurflck 
fiihren wollen. [Patsch.] 

Bigae (zusammengezogen aus biiugae) , im 
Singular erst in der siibernen Latinitat iiblich 
(vgl. z. B. Tac. hist. I 86. Suet. Tib. 26. Plin. 
n. h. XXXIV 89. XXXV 141. Stat. silv. Ill 4, 
46; Theb. I 338 mit Varro de 1. 1. IX 63f. X 24. 
67. Vffl 55: Duigae. Corp. gloss, lat. II 448, 51), 
bezeichnet: l)ursprimglich zwei zusammengejochte 



dass bei den rOmischen an den Wangen des Kastens 
die biigelfo'rmigen Handhaben (s. Antyx) in der 
Regel fehlen. Der Wagenlenker stand auf dem 
vor der Achse liegenden Teile des Kastenbodens 
mit etwas gekriimmten Knieen, die Ftisse auswarts 
und meist ziemlich eng aneinander gestellt, mit 
seinem Korpergewichte die Balance haltend (vgl. 
den sog. Amphiaraos Baumeister I fig. 353). Der 
Wagenstuhlkranz war wahrscheinlich gepolstert, 



Zugtiere (= biiugi oder biiuges). Augustin. de 20 um die unvermeidlichen StOsse zu mildem. Dem 



civ. dei XIX 3: duos equos iunetos bigas r,oea- 
mus. Corp. gloss, lat. V 348, 19. 492, 58. 563, 18. 
Verg. Aen. XII 164 : bigis et Tumus in albis 
(vgl. X 575). Catull. 55, 26: Rhesi niveae eitae- 
que bigae, wie die Hss. richtig haben. Petron. 
39 : in geminis nascuntur b. (vgl. jedoch zu dieser 
Stelle Corp. gloss, lat. II 570, 1 : biga bina, wo- 
nach biga als Neutrum Pluralis auch jede belie- 
bige Zweiheit, ein Paar, bezeichnen kann). Neben 



selben Zwecke diente wohl die Bandagierung der 
Unterschenkel des Kutschers, die auf manchen 
Abbildungen zu bemerken ist (z. B. Ginzrot II 
tab. LV A 1. LVII 1). Im iibrigen vermied man 
alles, was das Gewicht des Wagens hatte ver- 
mehren miissen. Die Deichsel, an deren vorderem 
Ende das Joch befestigt war, stak nicht in einer 
Gabel, sondern war, unter dem Boden des Kastens 
hinlaufend, in die Achse eingezapft, wodurch sie 



Pferden, Rindern (Varro s.Menipp. frg.457 Buech.: 30 elastischer war und dem Gefahrte einen sanfteren 



b. cornutae), Maultieren finden sich als Zugtiere 
in der Litteratur wie auf Denkiffalern alle mCg- 
lichen anderen Tierarten, zum Teil fabelhafte. 
2) Am haufigsten ein mit zwei Zugtieren bespann- 
tes Gefahrt und 3) den Wagen allein ohne die 
Zugtiere. Der Name wird indessen nicht auf die 
im gewohnlichen Leben iiblichen zweispannigen 
Fuhrwerke angewer.det , fiir deren verschiedene 
Formen man auch verschiedene Benennungen hatte. 



Gang verlieh. Das Eschenholz eignete sich wegen 
seiner Leichtigkeit und Zahigkeit besonders dazu. 
Daitdt bei der Niedrigkeit der Rader eine zu 
steile Richtung des Kastenbodens vermieden werde, 
verlief die Deichsel nicht, wie bei unseren heuti- 
gen, mit hoheren Radern versehenen Wagen, in 
einer geraden Linie, sondern war, nach dem Erd- 
boden zu convex oder concav, aufwarts gebogen, 
so dass sie mit dem Ende die Hohe des Wider- 



Er gilt vielmehr nur von den im Circus und bei 40 ristes der Pferde erreichte. Um das ganze Ge 

' " " " " " fahrt wendiger zu machen, spannte man die Tiere 

so kurz an, dass sie mit den gestreckten Hinter- 
beinen beinahe den vorderen unteren Wagenrand 
beriihrten (vgl. Hom. II. XXIII 517f. und dazu 
Schlieben Die Pferde des Altertums 160). Das 
scheint mit der Grund gewesen zu sein, weshalb 
man die Hinterfusse der Pferde zwischen Fesseln 
und Sprunggelenk bandagierte und die Schweife 
stutzte und aufband, wie es uns auf manchen Ab- 



Aufziigen iiblichen Gespannen, deren Form au3 
zahlreichen antiken Abbildungen bekannt ist. 
Ginzrot Die Wagen und Fahrwerke d. Griechen 
u. Rflmer u. s. w. 2 Bde., Miinchen 1817 mit vielen 
Abbildungen (s. den Index unter B.). Mus. P.- 
Clem, vol. V tab. 44 u. a. Graevii Thes. ant. 
Rom. IX p. 62ff. (Onuphrius Panvinius De lud. 
«irc). De Laborde Description de un pavimento 
en mosayco etc., Paris 1806 p. 51 u. PI. XI. 



XV. XVTIf. Bianconi Dei Circhi c. 9 p. 62 Fea. 50bildungen deutlich entgegentritt (z. B. Ginzrot 



Baumeister Denkm. Ill 2080f. Diese B. waren 
immer zweiradrig. Die Rader sind in der Regel 
vierspeichig. seltener sechs- oder gar achtspeichig 
abgebildet und waren bei den ausserst leichten 
und kleinen Rennwagen immer verhaltnismassig 
sehr niedrig, damit durch Tieflegung des Schwer- 
punktes ein Umsturz des Wagens namentlich bei 
den im Circus erforderlichen scharfen Biegungen 
erschwert wurde. Aus demselben Grunde waren 



II tab. LV A 1 = De Laborde PI. XV 1). Uber 
die griechischen zweispannigen Rennwagen s. d. 
Art. Swmois und Aizcolov, die dem rOmischen 
B. entsprechen. Corp. gloss, lat. II 29, 49. 448, 51. 

III 11, 7 (di, axiv = dttxxoiv?) 173, 56 (zu 
lesen: awmgl&K bigae). 241, 4. 262, 32. 302, 
66. 372, 13. Ausser den Rennbigen waren noch 
bei Aufziigen (z. B. bei Triumpben PHn. n. h. 
XXXIV 19f. : non vetus et bigarum celebratio in 



die Achsen der Rennbigen verhaltnismassig lang, 60 m, qui praetura functi eurru vecti essent per 



wie bei unseren modernen Trabrennwagen, die je- 
doch ziemlich hohe Rader haben (De Laborde 
PI. XI). Auf der Achse war die Bodenschwelle 
des Kastens so befestigt, dass das Gewicht des 
Wagens nach vom neigte, das Joch also auf dem 
Widerrist der Pferde auflag. Die Brustwehr des 
Kastens, den man der Leichtigkeit halber zuwei- 
len aus Rohrgeflecht hergestellt zu haben scheint 



circum) verwendete Prachtbigen im Gebrauche, 
die sich von jenen durch ihre schwerere Bau- 
art , hfihere Rader , kiirzere Achsen und reichen 
Schmuck auszeichneten. Dieser Schmuck, oft aus 
kostbaren Metallen, war vor allem an der Aussen- 
seite des Kastens, an den Radern, den Achsen - 
bfichsen und dem Deichselkopfe angebracht; er 
bestand zum Teil aus TierkOpfen (LOwen, Wid- 



467 



Bigarius 



Bigeste 



468 



469 



Bigi 



Bilbilis 



470 



der u. s. w.). Eine solche vermutlich als Weihge- 
achenk fur die Ceres aufgestellte Prachtbiga aus 
Maimor beflndet sich, noch gut erhalten, in der 
nach ihr benannten Sala della Biga des Vaticans. 
Helbig Fuhrer durch die Off, Samml. klass. Altert. 
in Eom I p. 247. Die Erfindung der B. ist sicher 
sehr alt; ihr Ursprung ist auf asiatischem oder 
agyptischem Boden zu suchen, worauf Plin. n. h. 
VII 202 hindeutet: bigas primas iunxit Phry- 



21, 11; vgl. XXII 52, 2 tr&cenis nwmmis qua- 
drigatis, dann ducenis und centmis); so auch bei 
Tacitus Germ. 5, wo die (angesiehts der in Ge- 
wicht und Feinheit stark verringerten Silbermiinze 
der taciteischen Zeit sehr begreifliche) Nachfrage 
der Germanen naeh dem alteren republicanischen 
Silber durch die Erwahnung zweier besonders 
charakteristischen Formen desselben veranschau- 
licht wird : peeuniam probant veterem et diu notam, • 



gumnatio. Helbig D. horn. Epos. 2 125. 129. Von 10 serratos bigatosque. Mommsen Miinzwesen 294. 



dort haben diese Wagenart die Griechen, von den 
Griechen haben sie die Romer iiberkommen. Hel- 
big a. a. 0. 126. Unter den Gottheiten kommt 
vor allera der Luna die B. zu, Varro s. Menipp. 
frg.92Buech. Tertull. de spect. 9. Isid. orig. XVIII 
86. Jon. Argeli zu Onuphr. Panviniug De 
lud. circ. IX Anm. 16. Ginzrotll 18 Tab.XLIII. 
XLIV. Pre Her Bom. Mythol.s 328. Eoschers 
Mythol. Les. II 2157. Veneris bigae Varro s. Me 



462. 480 (franz, Cbersetzung II 19. 182. 262) und 
Ann. d. Inst. 1863, 28. Kliigmann Ztschf. fur 
Numismatik 1878, 62ff. Hultsch Metrologies 269. 
286. Babelon Monnaie de la rep. Kom I p. XXIff. 
LII. [Kubitschek.] 

Bigelis, Konig der Gothen, durch den jungeren 
Ardabur zwischen 457 und 470 gesehlagen und 
getotet. Jord. Eom. 336, vgl. Bigi las. [Seeck.] 

Bigerra (BtyeQga), Stadt der Oretaner in 



nipp. frg. 87. Namen griechischer Kunstler, welche 20 Hispania Tarraconensis (Liv. XXIV 41, 11). Ptole- 



eherne B. gefertigt haben, giebt Plin. n. h. XXXIV 
71. 72. 78. 86. 89. liber B. auf romischen Silber- 
denaren s. Bigati. [Pollack.] 

Bi^arins ? ein seltones "Wort, bedeutet den 
Lenker der bigae (s. d.), Not. Bern. 14b. GIL VI 
10078 stent die Grabschrift fur einen gewissen 
Florus , der als bigarius infatis bei Ausiibung 
seines Berufes urns Leben gekommen war. Aus 
dem Beiworte infans geht hervor, dass sich noch 



maios (II 6, 60) teilt sie den benachbarten Basti- 
tanern zu. Hiernach halt C. Miiller (zu Ptol.) 
den oretanischen Ort fiir das heutige Becerra, den 
bastitaniseheB fur Bigorra zwischen Albacete und 
Alcaraz. Das iberische Wort kehrt auch in Aqui- 
tanien wieder; Livius undPtoleroaios meinen wahr- 
scheinlich denselben Ort, dessen Lage nicht be- 
kannt ist. [Hiibner.] 

Bigerriones, aquitanische Vdlkerschaft , die 



sehr junge Knaben als B. versuchten. Es war 30 sich mit den Tarbelli, Vocates, Elusates, Ausci u, 



Kegel, dass einer erst als B. diente, ehe er qua- 
drigarius (s. d.) wurde. Friedlander S.-G. 6 
II 354. Gin z rot Die Wagen u. Fahrwerke d. 
Griech. u. Bom. II 172, J. C. Bulenger De 
circo Rom. ludisque circ. cap. LI (Graevii Thes. 
ant. Kom. IX 709) spricht wohl mit Unrecht von 
bigarius eurrus. Bei Arnob. II 38 hat die ed. 
princ. desSabaeus bigarius fiir das iiberlieferte 
pigarius, was kein Wort ist; diese Conjectur ist 



dem Crassus ergab, Caes. b. g. Ill 27. Sie sind 
offenbar identisch mit den Begerri des Plin. n. h. 
IV 108, unter dem Namen Btgerri auch bei Spa- 
teren erwahnt (Bigerritanus z. B. bei Greg. Tm\, 
Bigerrieus bei Sulp. Sev. I 1, 8 u. 5. ; die Zeug- 
nisse vollstandig bei Holder Altkelt. Sprach- 
schatz s. v.). Ihr Hauptort hiess Bigorra (Be- 
gorra), vgl. Not. Gall. XIV 11 (in provincia 
Novempopulana) : civitas Turba ubi castrum Bo- 



rn verwerfen, da B. wohl zu den vorher erwahn- 40 gorra (Var. Bigora) ; Greg. Tur. urbs Beorretana, 



quadrigarii passen wiirde, nicht aber in den Zu- 
sammenhang mit salinatores u. s. w.; Salmasius 
schrieb eybiarios, Reifferscheid^*cara<s; ich 
lese pigmentarios. [Pollack.] 

Bigati (notae argenti fuere bigas atqve qua- 
drigae, inde bigati quadrigatique dioti, Plin. n. 
h. XXXIII 46. Fest. p. 98), Bezeichnung von 
Denaren der romischen Eepublik, genommen von 
dem Geprage (ahnlich wie Victoriati, xe/.atrai, 



Begorretana ; Geogr. Kav. IV 41 p. 300 Bigor- 
rias. Der Name hat sich erhalten in Bagneres- 
de-Bigorre (dep. Hautes-Pyreiiees). In dem zu 
diesem Arrondissement gehorigen Dorfe Cieutat 
sucht L ongnon den alten Hauptort der B. (Ge"ogr. 
de la Gaule au VD> siecle 599). Desjardins 
Geogr. de la Gaule II 363. 368. [Ihm.] 

Bigeste (Tab. Peut. Geogr. Kav. 210, 8), 
Station der Strasse Narona-Salonae in Dalmatien ; 



yiavxeg oder in der spateren Kaiserzeit 50 nach den Distanzangaben jetzt Humac, siidwest- 



di^cpdoi u. a.); der Darstellung einer auf einem 
Zweigespann daherfahrenden Gottheit, zunachst 
der Luna (Diana). Die weitere Verwendung des 
Grundmotivs vertragt sich mit der Variierung der 
einzelnen Teile des Typus; bald erscheint statt 
der Luna (Diana) die Victoria, die gewOhnlichste 
Darstellung dieser Gattung, aber auch Apollon, 
Iuppiter, Hercules, Venus, Pietas; als Zugtiere 
werden gewohnlich Pferde verwendet, doch wech 



lich von Ljubuski im Thale der Trebezat, die 
sich oberhalb Narona in die Narenta ergiesst 
(CLL in p. 1029. 1501. W. Tomaschek Mit- 
teilungen der Wiener geogr. Gesellschaft 1880, 
526f. O. Hirschfeld Herm. XXV 353. Kiepert 
Formae orbis antiqui XVII. A. Bauer Arch.-epigr. 
Mitt. XVII 135). Humac war ein stark befestigter 
und besetzter Ort, dessen fortiflcatorische An- 
lagen die Trebezat abwarts bis zur Narenta bei 



seln sie auch mit Hirschen, Centauren, BOckenab; 60 Struge reichen, wo am linken Ufer ein Lager 

eridlicb. werden die Bigae durch Trigae und Qua- " '" " 

drigae ersetzt. Die B. bilden zusammen mit den 
Dioskurendenaren , die das alteste Geprage der 
romischen Silbermiinze darstellen, die Hauptmasse 
des alteren republicanischen Silbers, so dass B. 
geradezu mit Denar gleichbedeutend verwendet 
wird (Liv. XXIII 15, 15. XXXIV 10, 4; argen- 
tumbigatumXXXlll2B, 9. XXXIV 46, 2. XXXVI 



zur Sperrung des Thales zum Teil blossgelegt 
wurde (Wissenschaftl. Mitteilungen auB Bosnien 
und der Hercegowina IH 522). Das Hauptlager 
war auf dem Gradcine (Burgfeld) genannten Felde, 
dicht am linken Ufer der Trebezat, 1/4 Stunde 
siidlich vom Kloster Humac (M. Hoernes Arch.- 
epigr. Mitt. IV 40). Hier hat eine Vexillation 
der leg. VIII Augusta gebaut (CIL III 6435 = 



10181 = 13338o) und garnisoniert, nach Momm- 
sen (CIL III p. 1039, vgl. 280. 482), Hirschfeld 
(a. a. O.) und Bauer (a. a. 0.) unter Augustus 
vor der Teilung Illyricums. Weiter lagen hier 
ein Detachement der leg. I1II Flavia felix (wahr- 
scheinlich um die Mitte des 2. Jhdts. ; Pat sell 
Wissenschaftl. Mitt. Ill 526f.) ; die eoh. 1 Lucen- 
sium Hispanorum equitata (CIL Til 8486. 8492) 
vor dem J. 80, in welchem Jahre sie in Panno- 
nien genannt wird (CIL III D. XI = XHP vgl. 

E. Bormann Arch.-epigr. Mitt. IX 89. Hirsch- 
feld CIL III p. 1476; adn. zu 8486); die eoh. 
Ill Alpinorum equitata im 1. Jhdt. (CIL III 
6366 = 8491 [vgl. Glasnik 1894, 352]. 8495 [vgl. 
Wissenschaftl. Mitt. 1331. Glasnik 1895,400]); 
die eoh. VIII voluntariorum vielleicht noch im 
1. Jhdt. (CIL III 6365 = 8490 ; vgl. Wissenschaftl. 
Mitt. Ill 282) ; die boh. I Belgarum equitata 
im J. 173 (CIL III 1790 = 6362 = 8484. 8494, 
vgl. Glasnik 1895, 369). Aus der Zeit der Statio- 
nierung der Cohorten in B. stammen auch die 
Inschriften CIL m 1918 und Ballif-Patsch 
Rem. Strassen I 63. Die leg. VII Claudia p. f. 
hat in B. nur zwei Veteraneninschriften CIL III 
8487. 6464 = 8488 und einen Stein CIL III 8493 
hinterlassen , auf dem die Charge des Verstorbe- 
nen nicht mehr ersichtlich ist. Aus CIL III 
1789 = 6363 = 8485 darf aueh nicht auf die 
Stationierung einer Abteilung der leg. XI Clau- 
dia p. f. in B. geschlossen werden, da der Cen- 
turio hier in specieller Mission geweilt haben 
kann. Bei einem so lang besetzten Lager mussten 
grOssere eanabae entstehen. Diese befanden sich, 
wie grosse Kuinenfelder bezeugen, am rechten 
Ufer der Trebezat. Die Verbindung mit dem 
Lager stellte eine noch jetzt erkennbare Briicke 
her (Hoernes Arch.-epigr. Mitt. IV 40. Fiala- 
Patsch Wissenschaftl. Mitt. Ill 282). Die An- 
siedlung erstreckte sich auch noch weiter fluss- 
aufwarts nach Proboj (Wissenschaftl. Mitt. Ill 
281ff. Glasnik 1895, 365f.) und Vitina, wo zwi- 
schen diesem Orte und Veljac'i zu beiden Seiten 
Seiten der Trebezat ein sehr ausgedehntes Ruinen- 
feld constatiert wurde (Arch.-epigr. Mitt. IV 41f. 
Wissenschaftl. Mitt. Ill 522ff.). Dass Vitina mit 
dem Lager in Verbindung gebracht werden muss, 
beweist die Auffindung von Ziegeln der leg. IIII 

F. f. (Wissenschaftl. Mitt, ffl 526f.) und anderer 
Militarsteine (CIL III 6365 = 8490). Wenn Gla- 
v in ids Lesung von CIL 8496 richtig ist, ist 
aus den eanabae ein munieipium geworden. Wie 
sehr in B. das Militar dominierte, beweisen die 
Tempelbauten der hier stationierten Truppen: 
CIL IH 1790 = 6362 = 8484. 1789 = 6363 = 
8485 : Templum Liberi patris et Liberae. Es 
sei noch hinzugefugt, dass das ganze Thai der 
Trebezat bis zu ihrer Quelle sehr stark besiedelt 
war und dass von hier aus, wie Ziegeln der Pan- 
siana, des C. Titius Hermeros und Q. Clodius 
Ambrosius erkennen lassen, eine lebhafte Handels- 
verbindung mit dem Nordgestade der Adria unter- 
halten wurde. [Patsch.] 

Bigi, beim Geogr. Kav. 224, 2. 381, 9 und 
Guid. 543, 6 fehlerhaft statt Vegia, s. d. 

[Patsch.] 

Bigilas, Dolmetscher am Hofe Theodosius II., 
war Mitwisser des Anschlages, welchen der byzan- 
tinische Hof gegen das Leben Attilas machte, und 



begleitete den Historiker Priscus bei seiner Ge- 
sandtschaftsreise an das Hoflager des Hunnen- 
kOnigs. Prise, frg. 7. 8. 14 p. 76. 81. 94. 95. 98. 
Vgl. Bigelis. [Seeck.] 

Bigis (Biyk), Ortschaft in Drangiane, Ptol. 
VI 19, 5; sie kann mit Bestimmtheit weder auf 
Bis (Bist) in Anauon noch auf Biyt (Byst) in Ara- 
chosia bezogen werden; doch lag sie wohl am 
Etymandros (Hilmend). [Tomaschek.] 

10 Bigorra s. Bigerriones. 

Bigranae (BiyQavarj), District in Moesien am 
Danubius, Procop. de aed. IV 6 p. 290. 

[Patsch.] 
Biiuthas s. Beiudaes. 
Bikon (Biton?), Hellene. Er ermordet in Bak- 
trien auf einem Gastmahl des Boxos im J. 325 den 
Athenodoros, s. d. Nr. 11. Er wird auf die Folter 
gespannt und soil getotet werden ; von den Soldaten 
befreit, stellt er sich an die Spitze von 3000 der- 

20selben, um nach Griechenland zuriickzukehren, 
Curt. IX 7; vgl. Droysen Hellenism. I 2, 198. 

[Kirchner.] 
Bikos (fitxos), ionische, aus dem Semitischen 
entlehnte Bezeichnung eines orientalischen Trink- 
gefasses, nach IIoXvdEvxrjg 6 tlaQtavog bei Athen. 
XI 784 D eines <ptaka>8eg nozrjQiov. Herodot I 
194 und Xenoph. anab. I 9, 25 gebrauchen das 
Wort, wo sie von persischen Verhaltnissen sprechen, 
Hipponas hingegen frg. 27 scheint es aus der Volks- 

30 sprache zu haben. Seit dem 4. Jhdt. 6fters bei 
Dichtern. Die Form charakterisiert Hesych als 
atdfivog wxa s%a>v , das rhetorische Lexikon bei 
Bekker An. gr. 226, 16 als <piaki]. Demnach 
scheint es ein hohes Trinkgefass mit zwei Hen- 
keln gewesen zu sein. Der Name lebt noch in 
dem neugriechischen fivxog, fiixog fort. Vgl. H. 
Lewy Die semit. Fremdw. im Griech. 101. 

[C. Robert.] 
Bilbana {Bl).§ava, Var. BiXaiva und BlXava), 

40 Stadt der Gerrhaeer an der Ostkiiste von Arabia 
felix, Ptol. VI 7, 16; nach Sprenger (Alte Geogr. 
185) in der Gegend von al-Katif. 

* [D. H. Milller.] 
Bilbilis , Fluss (s. Salo) und Stadt (Muni- 
eipium) der Keltiberer in Hispania Tarraconensis, 
mit dem Beinamen Augusta (Mart. X 103, 1) und 
Miinzen mit der iberischen Aufschrift plpls (Mon. 
ling. Iber. Dr. 85) und der lateinischen Bilbilis 
Italiea munieipium Augusta (nr. 85 a), Martials 

50 Vaterstadt (Mart. I 61, 12. X 20, 1. 103, 1. XII 
18, 9), auf einem Felsen (Paulin. Nol. carm. 10, 
223f. Bilbilem acutis pendentem scopulis) am 
Salo in rauher Gegend (Mart. I 50. IV 55, 11. 
X 104, 6. XH 18, 9) und an der Strasse von Eme- 
rita nach Caesaraugusta gelegen (Itin. Ant. 437, 
3. 439, 1 ; beim Geogr. Rav. 309, 16 Belbili), aus- 
gezeichnet durch Eisenwerke, Waffenachmieden 
(Mart. I 49, 4. IV 55. XII 18), auch Goldver- 
arbeitung (ebd. XLT 18, 9) und Pferdezucht (denn 

60 die Lesart equis ist bei Mart. I 49, 4 allein bezeugt, 
aqnis uberfliissige Verbesserung), die im nordwest- 
lichen Spanien bluhte. Martial spricht mit Liebe 
von B. und nennt eine Menge sonst unbekannter 
Localitaten in ihrer Umgegend. Ausserdem s. 
Strab. Ill 162. Plin. XXXIV 144. Ptol. H 6, 56; 
lust. XLIV 3, 8 nennt den Fluss Birbilis (die 
Form mit r auch CIL VI 2728. XII 735). Die 
Stadt wird auch sonst (Auson. epist. 24, 56. Paulin 



471 



Bilbina 



BiluMum 



472 



473 



Bimater 



Binagaxa 



474 



Nol. epist. 10, 223. 231. Sidon. Apollin. c. 23, 163. 
Consent. V p. 399 Keil) und auf Inschriften er- 
wahnt (Jullian Inscr. de Bordeaux nr. 66); jetzt 
Barnbola rait Euinen auf einem Berge bei Cala- 
tayud. In der Niihe die noch jetzt als Heilquelle 
benutzten Aquae Bilbilitanorum (a. AquaAquae 
Nr. 19). Vgl. iiber die Bedeutung von B. meine 
Bemerkungen Wochenschr. fiir klass. Philol. IV 
1887, 813 und OIL II p. 410. 940. [Hiibner.] 



eastrum). Spater BelHUona (Geogr. Rav. IV 30), 
Bettinciona (Guido c. 14 p. 458), heute Bellin- 
zona. Holder Altkelt. Sprachsch. s. v. verweist 
auf den Name]) Bileseton CTL II 3537. [Ihm,] 

Bilknn, eine Stadt auf Kreta, deren Existenz 
erst kurzlich bezeugt worden ist durch ein merk- 
wiirdiges, in Magnesia a. M. gefundenes kretisches 
Psephisma aus dera Ende des 3. Jhdts. v. Chr., 
das sich selbst aber als ein zu Ehren des mythi- 



Bilbina {BiX^tva) , persische Stadt , deren 10 schen Stadtgriinders von Magnesia, des Leukippos, 



jetzige Lage unbekannt ist, Steph. Byz. 

[Weissbach.] 

Bileeha s. Balicha. 

BiliaC?). Hieronymus adv. Iovin. I 46 be- 
richtet: Duilius (Consul im J. 494 = 260), qui 
primus Romae navali certamine triumphavit, 
Biliam mrginem ditxit uxorem tantae pudicitiae, 

tit Mo quoque saeculo pro exemplo fuerit 

is (= Duilius) iam senex et trementi corpore in 



verfasstes Psephisma giebt — also eine offenbare 
antike Falschung: O. Kern Die Griindungsge- 
schichte Yon Magnesia (1894) 14. v. Wilamo- 
witz-Moellendorff Herm. XXX (1895) 190. 
Durch dieselbe Inschrift ist ein Isqov t<o 'An6l- 
Xmvog xu> BiXxowiw bezeugt als Versammlungs- 
platz des xoivov der Kreter, das es aber in Wirk- 
lichkeit erst seit dem dritten Jahrhundert gab. 
Den von Ed. Meyer Berl. Philol. Wochenschr. 



quodam iurgio audivit exprobrari sibi os foeti- 20 1895, 452 undauch anderen geausserten Gedanken, 



dum et tristis se domum contulit. Cumque. uxori 
qieestus esset, quart nunquam se monuisset, ut 
huic vitio niederetur, ,feeissem, inquit ilia, nisi 
putassem. omnibus viris sic os olere.' Da nach 
einem bekannten lateinischen Lautgesetz dv im 
Anlaut vielfach in b iibergegangen ist, wofiir 
Cicero or. 153 duellwm = helium, duis = bis, 
Duellius = Bellius als Beispiele anfiihrt (ent- 
sprechend Duilius, wie die capitolinischen Fasten 



dass bei BiXxdrmog vielleicht an fsXxavd? zu 
denken sei, hat E. Fabricius (brieflich) noch zu 
grSsserer Wahrscheinlichkeit gebracht, indem er 
an die fslxavm der Inschrift vom Tempel des 
Apollon Pythios in Gortyn Monument! antichi dei 
Lincei III (1893) 23, 10 erinnert hat. [Kern.] 

Billa (BlXXa), Ort (xdiurj) im Iunern der Mar- 
marika, Ptol. IV 5, 29. [Sethe.] 

Billaios (Billis bei Plin. n. h. VI 4), Fluss 



sehreiben, in Bilius; vgl. CIL I p. 39 Anm.), so 30 in Bithynien, nach dem Periplus des Arrian(c. 19) 

hat man bisher allgemein angenommen, dass auch " ' " - -~. -. ... . 

diese B. urspriinglich Duilia geheissen hat. Vor- 
ausgesetzt auch, dass bei Hieronymus wirklich B, 
die riehtige Uberlieferung ist, was sich zur Zeit 
beim Mangel einer kritischen Ausgabe nicht ent- 
scheiden lasst, so ist doch jene Annahme sehr un- 
sicher. Denn es ist unwahrscheinlich , dass der 
Autor, aus dem Hieronymus schfipfte, zwar Dui- 
lius, aber dann Bilia schrieb. Und dass Duilius 



und eines Ungenannten (c. 13) 20 Stadien Ostlicti 
von Tium, nach Mark. Herakl. epit. Menipp. 8 
(Miiller) unmittelbaT bei Tium, Er gait vielen als 
der Grenzfiuss von Bithynien und Paphlagonien, 
Plin. n. h. a. a. O. ; vgl. Apoll. Rhod. II 791 und 
Schol. Tab. Peut. IX 4 Miller {Byleum fl.). Geogr. 
Rav. II 17 {Bilem) p. 99, 16 und V 9 (Bilion) 
p. 364, 10. Jetzt der Filios, der seinen Namen 
aber erst nach der Vereinigung des Bolisu und 



Gattin aus der Gens Duilia stammte, ist ran nichts 40 des Ulutschai (Soghanlusu) tragt, v. Dies t Peter- 



wahrscheinlicher als die Annahme, dass sie einem 
anderen Geschlecht angeho'rte. Da Vertauschung 
von B und V namentlich im Anlaut zu den ge- 
wChnlichsten hsl. Fehlern gehCrt, so kiinnte man 
eher daran denken, dass der wahre Name {Vilia —) 
Villia lautete. Dieselbe Geschichte wird iibrigens 
auch von der Gattin des KOnigs Hieron erzahlt, 
Plut. de inimic. util. 7. [Klebs.] 

Biliinasgram , eine wie es scheint hinter- 



manns Mitt. Erg.-Heft 94, 59. 65ff. 73. Anton 
ebd. Erg.-Heft 116, 80ff. Ausserdem v. Tschi- 
hatscheff Petermanns Mitt. Erg.-Heft 20, 45 und 
Kieperts Anmerkung dazu. Fiir die altere Lit- 
teratur Ritt er Erdkunde XVm 699fF. [Ruge.] 

Billaros (BiXXagog), Verfertiger eines urn 

seine Axe drehbaren , in Sinope aufgestellten 

Globus (txpaioa), welcher die scheinbare tagKche 

Umdrehung des Himmelsgewelbes um die Erde 

indische Ortschaft, Geogr. Rav. II 1 p. 40: J5ow- 50 und vielleicht auch (durch besondere mecha 



nogaris B.. vgl. II 12 p. 71: Siltam Gramaml 

[Tomaschek.] 

Bilimer, Magister militum per Gallias im 
J. 472, suchte dem Kaiser Anthemius, als er in 
Rom von Ricimer belagert wurde , mit seinem 
Heere Entsatz zu bringen, wurde aber am Pons 
Hadriani geschlagen und getotet. Paul. Diac. hist. 
Rom. XV 4. [Seeck.] 

Bill on (Geogr. Eav. V 9 p. 364, 10; Bilem 



nischo Vorrichtungen) die Bewegungen der Pla- 
neten versinnbildlichte. Als Lucullus im Kriege 
gegen Mithridates Sinope eingenommen hatte, 
liess er die Stadt im Besitze ihrer Kunstwerke. 
nur die BMAqov ocpatpa und eine von Sthenis 
gefertigte Statue des Autolykos, des Stammheros 
yon Sinope, nahm er mit sich (Strab. XII 546). 
Uber die oyaigoxou'a der Alten und liber die von 
Marcellus, dem Bezwinger von Syrakus, nach Rom 



ebd. II 17 p. 99, 16; Billeon bei Guido 100 60 gebrachte oyaiga des Archimedes vgl. Astrono- 
p. 530, 6) s. Billaios. mie § 18f. und Archimedes Nr. 3 § 20. 

Bilistapes, llergetum regulus im J. 559 = 195, [Hultsch 1 

Liv. XXXIV 11. 12. [Klebs.] Billis s. Billaios. 

Bilistiche s. Belistiche. Bilubium (It. Ant. p. 338. Tab. Peut.; Geogr. 

Rav. 210, 11 nennt dafiir ein Iulianum), Station 
der Strasse Salonae-Novae-Narona in Dalmatien ; 
nach den Distanzangaben im Thalkessel der Vrlika 
zwischen Lovrcc' und Imoski. W. Tomaschek 



Bilitlo(n), Castell in Baetien: ad Bilitionem 
huius urbis (Mediolanum) eastrum in campis 
situm Caninis Greg. Tur. hist. Franc. X 3 (dar- 
aus Paul. Diac. Hist. Langob. Ill 31 Bilifionis 



Mitteilungen der Wiener geogr. Gesellschaft 1880, ner Technologie IV 344, 1), ist nicht mit Sicher- 

525, Kiepert Pormae orbis antiqui XVII. heit anzugeben. Die ausgedehnteste Verwendung 

[Patsch.] fand der B. in der Schreibtechnik und bei der 

Bimater = $iurjta>Q, Beiwort des Dionysos KOrperpflege. Was erstere. anlangt, so diente der 

von der bekannten Geburtssage, nach weleher Zeus B. zunachst zum Scharfen der Federspitze, vgl. 

die Leibesfrucht der Semele in seinen Schenkel Anth. Pal. VI 63, 8: xgrnalir\v ts M&ov, dovd- 

einnahte, so dass Dionysos gleichsam zwei Mutter, xiov sv&}jysa xoapov ; 64, 2 : y.ai bkItiqu) v axovqv 

Semele und Zeus, hatte ; Ovid. met. IV 12. Hygin. TQTjxaf.srjv xala/uov; ferner ebd. 62, 3. 65, 5. 66, 4. 

fab. 167. Schol. Stat. Theb. VII 166. Auch der 67,3. 68, 4 ; sodann aber bediente man sich seiner 
Leiber pater bimatus (so) des inschriftlichen Ge- 10 zum Glatten des Papieres oder Pergamentes (Anth. 

dichtes CIL VIII 2632 ist wohl so zu verstehen. Pal. VI 295, 5: ksarzeiQav xiotjgtv), besonders an 

[Jessen,] den beschnittenen Randern derselben, daherpumi- 

Bimatra (Bifidjga, Ptol. V 18, 13), Ort in cata fronte Mart. I 66, 10 und vgl. ebd. 117, 6. 

Mesopotamien. Wohl aramaeisch Be Mattard VIII 72, 1. Hor. ep. I 20, 2: Sosiorum pumice 

,Wachthaus' ; vgl. das arabische manaxir .die mundus. Oatull. 1, 2. 22, 7. Ps.-Tib. Ill 1, 10. 

romischen Grenzposten' (gegen die Araber). Ovid, trist. I 1, 11. Ill 1, 13. Diese Behand- 

[Fraenkel.] lung heisst pumicare, xwypifeiv , vgl. Corp. 

Bimbelli s. Binbelli. gloss, lat. II 349 (ebd. 434 o^jpr^t,- pumica- 

Bimblines (Bifiplivtjg) s. Biblos Nr. 1 und tor). Isid. or. VI 12, 3: cireumcidi libros Si- 
Bibline. 20 eiliae primum increbruit. nam initio pumiea- 

Bimeros (Bt/tsQos), Castell in Dacia medi- bantur. Nach Plin. XXXVI 154 kam d.er hier- 

terr, Procop. de aedif. p. 283, 1. Vgl. W. To- fiir sowie in der Kosmetik benutzte B. in bester 

maschek Die alten Thraker 112, 60. [Patsch.] Qualitat von Melos, Nisyros und den aiolischen 

Bimsstein. Der B., xior/Qig, HiaarjQig (auch Inseln. Vgl. Gar d than sen Griech. Palaeogr. 70. 
■KiaarjUg geschrieben, Luc. iud. voc. 4. Etym. M. Birt Antik, Buchwesen 365. Marquardt ROm. 
515, 28), pumex, kommt als Product vulcanischer Privatleb. 2 824, 9. Bei der KOrperpflege benutzte 
Eruptionen an zahlreichen Stellen der alten Welt man B. vornehmlich , um die Haut damit glatt 
vor; vgl. Theophr. de lapid. 19ff, Plin. XXXVI zu reiben, was nicht nur Frauen, sondern auch 
154ff.; den vom Aetna (vgl. Theophr. a. a. O. 23) Manner thaten, Plin. XXXVI 139. 154; bei rOmi- 
behandelt ausffihrlich Lucil. Aetn. 421ff. (vgl. 30 schen Schriftstellern wird diese Sitte sehr hauflg 
481), Catinensis pumex Iuv. 8, 16; pompeiani- erwahnt, Lucil. (frg. VII 2 Mull.) bei Non. p. 95, 
schen vom Vesuv fiihrt Vitr. II 6, 2 an. In der 16. Ovid. a. a. I 506. Mart. V 41, 6. XIV 205. 
Baukunst fand er nur geringe Verwendung; wenn Iuv. 8, 16. 9, 95. Sidon. Apoll. ep. I 7, 9. VIII 3, 
Plin. a. a. O. 154 anfiihrt, dass die musaea de- 5, sodass pumiaatus auch iibertragen soviel als 
pendentia ad imaginem spemus arte reddendum glatt, geleckt bedeutet, Plin. ep. II 11, 23 (und 
daraus hergestellt wurden, so ist unter pumex Prop. Ill 1, 8 selbst von Versen: exactus tenui 
nicht B., sondern poroeser Tropfstein oder Kalk- pumice versus). Wie alt die Sitte ist, geht daraus 
sinter zu verstehen , ebenso wie unter dem der hervor, dass in einem allerlei Kosinetika zusam- 
Quellen von Mattiacum , ebd. XXXI 20 , ferner menstellenden Fragment des Aristophanes (320, 4 
bei den Mart. IV 57, 2 und Stat. Silv. Ill 1, 144 40 Kock) bei Poll. VII 85 auch die xia m ig aufge- 
erwahnten kunstlichen Grotten (und nicht minder fiihrt wird. Pulverisiert diente B. zum Putzen 
bei den Seegrotteti, die die Dichter den Meer- der Zahne, Plin. XXXVI 156: fiunt ex is et denti- 
gOtternzur Wohnung geben, s. Verg. Georg. IV 374. frieia; vgl. Galen. XII 222 K. Diosc. V 124; da- 
Ovid, met. Ill 159. VIII 561; fast. II 315. Sil. her citiert Apul. apol. 6 den Vers des Catull. 39, 
It. VDI 419), oder wenn bei Ovid. met. X 692 ein 19: russam defricare gingivam mit der Variante 
Haus nativo pumice gedeckt ist. Auch die pu- pumicare fur defricare. Mannigfaltige Verwen- 
miceae molae bei Ovid. fast. VI 318 kfinnen nicht dung fand der B. auch in der Medicin, Galen. XII 
Handmuhlen von B. sein , da dieses weiche Ma- 205. 221. Diosc. V 124. Plin. XXVI 21. XXVIII 
terial dafiir durchaus ungeeignet ist; hier be- 233. XXX 72. 108. XXXIII 85. XXXVI 155f. 
deutet es offenbar Lava (die Erklarung Peters 50 Cels. med. V 5. 12; auch im Aberglauben spielte 
.ausgehohlt wie B.' ist sicher falsch, da man die er eine Rolle, indem man glaubte, dass B. pulveri- 
grosse Trichteroffnung des obern Miihlsteins doch siert getrunken , trinkfest mache , Theophr. bei 
nicht mit den Lochern des B. vergleichen kann). Plin. XXXVI 156; vgl. ebd. XIV 138. Endlich 
Auch wo pumex als Ort fur wilde Bienenschwarme mag noch angefuhrt werden, dass Spengel zu 
n. dergL erscheint, wie Verg. Georg. Ill 44, oder Diosc. II 653 glaubt, der von Diosc. V 140 be- 
DeiHor. carm. Ill, 5: quae nunc oppositis debilitat sprochene Xi&os ^Qvyiog (danach Plin. XXXVI 
pumieibtis mare ist vermutlich ein anderes po- 143), dessen sich die Farber bedienten, sei eine Art 
roeses Gestein gemeint. Als Baumaterial fand B. gewesen, der in jenen vulcanischen Gegenden 
der B. in der Regel nur Verwendung als Zusatz Kleinasiens vorkommt. [Blumner.] 
beim MOrtel (impensa pumicea, Pallad. I 13, 2) ; 60 ISinnsrara — richtiger wohl Binnagara zu 
in Pompei ist er beim Bruchsteinmauerwerk und sehreiben — , Stadt in Indoskythia am ostlichen 
besonders in GussgewOlben haufig verwandt, s. Ufer des Indos und zwar an dessen Mittellauf 
Xissen Pompeian. Studien 9f. Overbeck zwischen der Einmflndung des Zaradros im Pang- 
Poinpei-' 498. In der Sculptur nahm man B. zum ab und der Gabelung in mehrere Anne in Unter- 
Glatten der Marmorstatuen , Plin. XXXVI 53; Sindh , Ptol. Ill 1, 61. Zu weit nOrdlich , bei 
weiche Rolle aber der B. bei dem von Plin. XXXIII Ahmedpur siidlich von Ucch, sucht dieselbe Lassen 
64 sehr unklar beschriebenen Verfahren der Vergol- Ind. Alt. Ill 143; zu weit siidlich, bei Brahman- 
dung von Metallgegenstanden spielte (vgl. Blum- abad nordSstlich von Haidarabad, Mac Murdo 



475 



Binai 



Binsen 



476 



477 



Binsen 



Binsen 



478 



und ebenso Yule. Genauer lasst sich die Lage 
bestimmen, wenn wir annehmen, dass die aus dem 
vollstandigeren Exeraplare der Weltkarte aufge- 
nommene Station Binnagar des Geogr. Rav. II 
1 p. 43, wie es die Stelhmg derselben hinter Ale- 
xandria-Cotrica und Ochyrea gut gestattet, in der 
Nahe oder seitwarts von Phara gelegen habe, einer 
Station, welche die Tab. Peut. im Anschluss an 
Ochyrea auf deT grossen Heeresstrasse nacb Ale 



wahnt (Bingio, Var. Vingo) ; bei Anson. Mosella 2 
wird mit Moramsen Vingo statt des iiberliefer- 
ten uico herzustellen sein. In der Not. dign. ooc. 
XLI 10. 22 Bingio, beim Geogr. Rav. IV 24 
p. 227 Bingum. Heut Bingen. Desjardins 
Table de Peut. 9. Bitter Ehein. Jahrb. XVI Iff. 
fiber rOmische Funde in Bingen und Bingerbrttck 
berichten die Ehein. Jahrb. mehrfach (vgl. Begister- 
hefte). Die sparlichen Inschriften bei Brarabach 



xandna Bucephalos vermerkt. Wenn wir Alexan- 10 CIKh nr. 866ff. Vgl. Holder Altkelt. Sprachsch 



dria-Cotrica bei Gandava „ (arab. Qandabil) und 
Kotri, ferner Ochyrea bei Sabpur oder bei Taqub- 
abad, endlich Phara bei Ubar6 am dstlichen 
Ufer des Indus ansetzen, so kann B. die Stelle 
der wichtigen, den Indusubergang beherrschenden 
Feste E6ri oder Al6r, wohin auch Alex. Cun- 
ning h a m B. versetzt, eingenommen haben. Ein 
drittes Zeugnis fur B. liegt in Mivvaydoa des 
Peripl. mar. Erythr. 38 vor: so hiess die im Bin 



s - v - , , ~[Ihm.] 

Binio (ausser beim Chronographen vom J. 354 
[s. u,] lediglich in Glossarien genannt und als 
St]vaQia oder divov/ifita xai drjvdota erklart), ein 
Doppelstiick: in Gold Hist. Aug. Alex. Sev. 39, 9 
formas binarias (d. i. Binionenj et quaternarias 
et denarias etiam atque amplins usque ad bilibres 
quoque et centenarias ., quas Ileliogabalus inve- 
nerat, resolvi praecipit neqm in usu ouiusquam 



nenlandnordlich von den sie ben Mundungen des Sin- 20 »er«ari; beim Chronographen vom J 354- Gal 
thos eeleeene Metrouolis von Tndostvthi* wolrlio Ko*,*, a n^r,;,.*.*,,™ jj.vjt/»./inr ... i.-'.. 



thos gelegene Metropolis von Indoskythia, welche 
zur Zeit der Abfassung des Periplus im Besitze 
der Parthoi stand, deren KOnige sich im Lande 
gegenseitig bekampften und verdrangten ; die Lage 
von B6ri spricht nicht gegen diese allgemein ge- 
haltene Angabe, die freilich auch gestattet, an 
die zur Zeit der ersten Arabereinfalle vielgenannte 
Statte von Brahmanabad zu denken. Lautlich 
entsprechen einander die Elemente bin und min 



lienus oongiariam dedit ■% oo GGL et binionem 
aureum. Vgl. Medaillon. [Kubitschek.] 

Binna s. Kinna. 

Binnagar s. Binagara nnd Minnagara. 

Binnastas, Ort Agyptens, Geogr. Eav, III 2, 
vermutlkh aus Bubastis (s. d. Nr. 2) verderbt. 

[Sethe.] 

Binoris s. Binothris. 

Binothris (Bivw&Qig), dritter Konig der zwei- 



dazu skr. nagara ,Stadt'; s. dariiber unter Min 30 ten agyptischen Dynastie, unter dem die Frauen 



und Minnagara. Ein ganz verschiedener Ort 
dagegen ist das ptolemaeische Banagara (s. d.) 
d. i. Banu-nagara. [Tomaschek.] 

Binai (Bivai), Stadt in Makedonien, in deren 
Nahe Braunkohle gewonnen wurde, angeblich von 
Philipp (II.?) als Aufenthaltsort miziichtiger Men- 
schen (fiivio)]) gegrtindet, Theophr. de lap. II 
12.15. Heroth. in Etym. M. s. B!v V . Tzetz. Chil. 
p. 510 K. {^ivrjQia). Vielleicht identisch mit dem 



das Erbfolgerecht erhalten haben sollen, Manethos 
nach African, bei Synkell. p. 54 D (= Btdmcg 
Euseb. ebd. 55 D ; chron. p. 96). FHG II 543. 
Lepsius KSnigsbuch, Quellentafel 5. Die von 
Africanus iiberlieferte Form scheint den Laut des 
hieroglyphischen Namens gut wiederzugeben. Den- 
selben Konig meint wohl auch Ioann. Antioch. 
(bei Cramer Anecd. Par. II 383 = FHG IV 539, 
21) mit BivmQK, unter dem er eine fabelhafte 



h *n r>' ■ 't\ ■:-7™" -»"«™ ulj unu jjirwfju, , unoer uem er eine iaDeinarte 

tastell Biveos m Dardania bei Procop. de aedif. 40 Geschichte passieren lasst, die Manethos von dem 

I V d T» VXV Verl Amnorthalr HIa aU TV.-„1,,,_ ~: _1 j. T7-„__'_ _ i ii t^ .. __. , . 



IV 4 p. 282. Vgl. Tomaschek Die alt. Thraker 
II 2, 60. [Oberhummer.] 

Binatia (Bivaua), Epiklesis der Eileithyia 
auf Kreta in der von R. Bergmann De inscrip- 
tione Cretensi inedita, Brandenburg 1860 publi- 
cierten Inschrift; gleich Einatia (s. d.). 

[Jessen.] 
Binatos, Ort auf Kreta, s. Einatos. 

[Oberhummer " 



siebenten Konig derselben Dynastie erzahlte. 

[Sethe.] 
Binsen, echte B. , nennt der Botaniker vor- 
zugsweise die Arten der Gattung Scirpus L. aus 
der Familie der Cyperaceen; da indessen im ge- 
•wohnlichen Leben, selbst in botanischen Lehr- 
biichern (vgl. Leunis Synops. II. Teil 113 § 722, 
1 Iuncus L. und § 747, 6 Scirpus L.), auch die 
Arten der Gattung Iuncus L. (= Simse) vielfach 



Binbelli (var. Bimbdh), bei Plin. n. h. Ill 50 gleichfalls als B. bezeichnet werden, auch bezus- 



47 eine ligurische Volkerschaft. [Hiilsen.j 

Binda, vicus in Africa, Geogr. Rav. Ill 5 
p. 144, s. Vina. [Dessau.l 

Bindas (AVfe), bei Ptol. VII 1, 32 Van- 
ante fur BrjvSas, s. Ben das. 

Bindogladia s. Vindogladia. 

Bineos s. Binai. 

Bineses, vornehmer Perser, wurde 363 dem 
Kaiser Iovian als Geisel ubergeben und nahm bald 



lich der alten Worte scirpus (etym. ~ unser 
,Schilf'), iutmis und ayoTvos (6 und jy, vgl. Athen. 
ni 122 a) irgend welche strenge Scheidung nir- 
gends consequent durchgefuhrt erscheint, sei im 
folgenden der Begriff B. im weitesten Umfange 
gefasst. Danach verstehen wir unter B. gras- 
ahnliche, auf saurem, sumpfigem Boden (Torf- 
boden) an Flussufern oder noch haufiger in oder 
an stehenden Wassern (Siimpfen) waehsende Pflan- 



daraut Nisibis fur den persischen Konig in Besitz. 60 zen mit knotenfreien . teils blattlosen. teils be- 
Amm. XXV 7, 13. 9, 1. [Seeck.J blatterten, biegsamen, meist markerffillten Sten- 

,t ?R. nl ?i? r,^ a 1 er Va"? 101168 am Knein gem und einer aus einer kleinen seitlichen Spalte 
(lac hist. IV 70) an der Heerstrasse Mogontia- unter der Spitze des Schaftes hervorkommenden 
cutn-Agnppina, lab. Peut. Itin. Ant. 253. 371. Btutenrispe bezw. einer einzelnen endstandigen 



374 (Var. Bingio, Vingio, Yinco) ; auf dem Meilen 
stein von Tongern (Orelli- Henzen 5236. Des- 
jardins G^ogr. de la Gaule IV 31 pi. VI) 
[Bijngium. Auch von Amm. Marc. XVIII 2, 4 er- 



Ahre oder mehreren Ahrchen in Biischeln. Wie 
an Schilfarten so war auch an B. das alte Grie- 
chenland (auch Thessalien, vgl. Ov. met. VII 231 ; 
neugr. jSovqXo oder xov(po^<wQ).o^) reich, ebenso 



Italien (jetzt giunco). Vgl. Billerbeck Flora 
class. 16. 17. 95. Fraas Synops. pi. fl. cl. 294. 
Lenz Bot. d. a. Gr. u. E. 280. Weil die B. 
gem am Wasser (so schon in der Odyssee V 
463) wuchsen (B. = bt -+- na?, = beim oder am 
Nassen sc. waehsende Pflanze), hiessen sie iunei 
pahistres (z. B. Ov. met. VIII 336; vgl. iuncus 
limosus Verg. Eel. I 48. Plaut. Eud. II 6, 39; 
axoTvog sXuorQoipog Arcbestr. b. Athen. VII 305) 
und werden oft neben an deren einen feuchten 
Standort liebenden Gewachsen genannt, z. B. neben 
salix, ulva, arundo (z. B. Ov. met. VI 345. VIII 
336; fast. VI 411. Plin. epist. VIII 20, 5). Solch 
eine B.-Lache hiess axoivovg oder iuncetum (z. 
B. Varro de r. r. I 8, 3). Wo die B. einmal 
wuchsen, bildeten sie durch ihr massenhaftes Auf- 
treten oft ein dichtes Gebiisch, vgl. Pind. Olymp. 
VI 54. Aus ihrem Vorkommen schloss man ohne 
weiteres auf das Vorhandensein unterirdischer 
Siisswasseradern, vgl. Geop. II 4, 1. 5, 4. 5, 16. 
Die in Griechenland haufigste oxoTvog-Axt war 
die Strand-Binse , Iuncus maritimus Lam. Dios- 
korides (IV 52) unterscheidet von oxoTvog ilzia 
ein doppeltes elSos: das eine o^va/otvos genannt 
(= Iuncus acutus, 1 m. hoch), nach der nadel- 
artigen Scharfe seiner Spitze, mit abermals zwei 
Unterarten, je nachdem Fruchte iiberhaupt nicht 
hervorgebracht werden (axagTiog , wahrscheinlich 
Scirpus palustris, dessen Samen oft nicht zur Reife 
kommen; nach Fraas Synops. plant, flor. class. 

294 sind die ,unfruchtbaren' nur die jiingeren 
Wurzelstflcke derselben Art ; = axoTvog aQQrjr bei 
Theophr. h. pi. IV 12, 1) oder die Fruchte eine 
dunkle Farbe {psXayxQavk bei Theophr. a. O.) 
und rundliche Gestalt besitzen (Scirpus lacustris 
oder Sc. maritimus) : das andere oloexoivog (s. 
Harpocr. s. v. Phot. p. 329, 11) genannt, fleischi- 
ger und dicker als die vorigen Arten (entweder 
= Iuncus mariscus oder wohl richtiger mit Fraas 

295 = Scirpus holoschoenos L.). Letztere B.-Art 
wurde teils wie Flachs gerostet {olooymvog /?<:- 
(iQtyii&vog) teils ungerostet, apgoxog, zu Flecht- 
werk gebraucht (vgl. Ael. nat. anim. XII 43): 
nQog yaQ ra nksyfiara xgrioifAOJTEQog 6 6X6a/oivog 
<5id id oagxajdeg xai /xalaxov Theophr. h. pi. IV 
12, 2 vgl. mit Plin. n. h. XXI 113: idilissimus 
ad litilia holoschoenos. Plinius, der aus Theo- 
phrast geschopft hat, stimmt in allem Wesent- 
lichen genau mit diesem uberein, vgl. Plin. n. h. 
XXI 112ff. mit Theophr. h. pi. IV 12. Fiir die 
attische Flora fiihrt von Heldreieh (Pflanzen d. 
att. Ebene = 5. Heft von A. Mommsens Griech. 
Jahresz. 515) folgende Iuncusarten auf: Iuncus 
glaucus Ehrh., I. Heldreichianus , I. acutus L., 
L lamprocarpus Ehrh., I. obtusiflorus Ehrh., I. 
Gerardi Loisl., I. Tenageja L. fil., I. bufonius L. 
(fasciculatusKoch) ; von Scirpusarten folgende zwei : 
Sc. Tabernaemontani Gmel. und Sc. maritimus L. 
Vom Iuncus maritimus Lam. abgesehen, waren 
— als fur die sudliche Flora in Betracht kom- 
mend — etwa noch Iuncus rigidus Desf., Scirpus 
lacustris L. mit stielrundem, 1,25 bis 2,5 m. 
hohem grasgrunem Halm, mucronatus L. und 
holoschoenos L. zu nennen. Die Bliitezeit der 
meisten attischen Iuncusarten fallt in den April 
und Mai, nur bei einigen, wie lamprocarpus und 
obtusiflorus erst vom Juni an: Scirpus mariti- 
mus bliiht im Mai. die andere Scirpusart erst 



im Juni und Juli. Auch das altgriechische Wort 
■&QVOV scheint — wenigstens an einigen Stellen 
— soviel zu bedeuten wie B. , z. B. Ilias XXI 
351 (hier neben Xcotog und xvtisiqov; vgl. Anthol. 
Pal. IX 723. Nic. Ther. 200: ,die binsenreichen 
Niederungen Agyptens'). Ob dagegen Diod. Sic. 
Ill 10, 3 mit &qvov B. gemeint sind, ist fraglich: 
hier scheint es eher eine dem Zuckerrohr nahe- 
stehende Pflanze zu sein ; bei Theophrast bedeutet 

10 ftgvov keinesfalls die B. Das Vieh frisst nur ganz 
junge B. (diese sind namentlich Schweinefutter), 
die alten B. sind schlechte Futtergraser, weshalb 
der Landmann sie als Unkraut betrachtet und aus- 
zurotteh bestrebt ist, zu welchem Behufe Plinius 
griindliches Umgraben (Eigolen) des Ackers mit 
dem Spaten empfiehlt (n. h. XVIII 46). Aber in 
Arabien werden die B. gern von Kamelen gefressen, 
Galen XIV 74 K. Wegen der Harte und Zahig- 
keit der biegsamen (molles Verg. Eel. II 72) Halme 

20 wurden namentlich die grOsseren Arten (Iuncus 
conglomerates L., 1 — 2m. hoch, I. maritimus Lam., 
Scirpus silvaticus, Sc. maritimus, Sc. lacustris u. 
s. w.) schon friihe zu allerhand Flechtarbeiten 
[cratis iuncea Plin. 11. h. XXI 84; iuncus von 
iungerel scirpare = flechten, binden, vgl. Varro 
de 1. 1. V 137. 139. Nonius p. 83, 24) verwendet. 
Dem Einsammeln der B. {oxoivoloyeiv) wurde aus 
diesem Grunde besonderer Fleiss gewidmet, vgl. 
Ovid. met. VI 345. Geop. HI 10, 7. Man fer- 

30 tigte aus B. erstens sehr haltbare Seile oder 
Stricke, Plin. n. h. XIX 31. Varro de r. r. I 22. 
23. Poll. VII 160. Da die B. das alteste zur 
Seilerarbeit benutzte Material gewesen sind (vgl. 
BIG inner Technol. I 296), ist axoTvog, auch 
oxotviov, gleichbedeutend mit .Strict': urspriing- 
lich nur Binsenstrick, spater iiberhaupt = Strick, 
auch vom Werg- oder Hanfstrick (ayoiro^arrjg = 
Seiltanzer ; der Seiler hiess ayoivonloxog und 
oxoivooTQoqvog, auch oxotvioov/ifioXsv; oder o%oiv- 

40 ovgyog). Des B.-Strickes scheinen sich nicht selten 
die SelbstmOrder bedient zu haben, wenn sie sich 
den Tod durch Strangulieren gaben, vgl. Theokr. 
XXIII 51. Plaut. Stich. IV 2, 56 (639). Ferner 
stellte man aus B. Korbe her, die den verschie- 
densten Zwecken dienten: ojivgifieg oxoivottveig 
Philipp. Anth. Pal. VI 5 ; rd).agov ayoivowiv ixpaa- 
jxivov Philipp. Anth. Pal. VI 247 , 5 ; siltxrov 
vqxiofia axoivov Archestr. b. Athen. VII 305 f; 
sportae iuneeae Colum. XII 6 ; corhes, fisci, fisci- 

50 nae oder fiseeltae, teils fiir Rosen (Ov. fast. IV 
870, vgl. Prop. IV [V] 2. 40), teils zur Aufnahme 
des Obstes oder zum Kiiseformen (Varro de r. r. 
I 22, 1) oder sonst zu Molkereizwecken (Tib. II 
3, 16). Gewisse aus B. geflochtene Korbe (dar- 
unter grosse , vgl. lust. XLIII 4, 6 ; ein gerau- 
miger Wagenkorb Ovid. fast. VI 680) hiessen ge- 
radezu scirpeae oder sirpeae (z. B. bei Varro de 
r. r. I 23. Arnob. II 38) und wurden vorzugs- 
weise in der Landwirtschaft gebraucht, nament- 

60 lich zum Hinausfahren des Mistes (Varro de 1. 1. 
V 139. Cato de agric. 10: sirpeae stercorariae). 
Eine kleinere Form fiihrte den Namen scirpi- 
cu\i, sirpieuli (z. B. Colum X 305. Prop. IV 
[V] 2, 40), surpiculi (um Kohl hineinzuthun, 
Nonius p. 490, 24) bezw. scirpieulae. Auch Ge- 
schlechtskorbe wurden aus B. geflochten. Diese 
band man sprungfahigen SchafbOcken vor die Ge- 
nitalien und verhinderte so die Befruchtung der 



479 



JBinsen 



Bion 



480 



Schafe, Yarro de r. r. II 2. Kohl wurde des lecke- 
ren Aussehens und der Sauberkeit halber in it B. 
umschniirt, Prop. IV (V) 2, 44. Bin wichtiges 
aus B. angefertigtes Pischereigerat waren die 
Fischreusen, xvgzai oder xvqzoi (vgl. Nic. Ales. 
625 u. Schol.), nassae oder surpiculi pisearii, 
geflochtene Korbe mit engem flalse, woraus die 
Fische nicht wieder cutkommen konnten , vgl. 
Aelian. nat. anim. XII 43. Plin. n. h. XXI 114. 
Plant. Capt. IV 2, 36 % Lycophr. 665. Theokr. 
XXI 11 (in axolvcov kaflvQiv&ot). Araros b. Athen. 
Ill 105 e (hier ein geflochtenes B,-Gefass zum 
Fang des Squillenkrebses). Ferner werden B.- 
Matten bezw. Decken erwahnt ((pogftd> axoivtvat 
Aristoph. bei Poll. X 169), tegetes (Varro de r. r. 
I 22. Plin. n. h. XXI 112 vom Iuncus mariscus : 
ad teocendas tegetes. Fest. p. 330: seirpus . . ., unde 
tegetes fiunt). Die B.-Streu gait fin- ein senr pri- 
mitives Lager, vgl. Aristoph. Plut. 541. Auch 
Siebe (xooxiva) zum Sieben des Mehles u. dergl. 
wurden aus B. geflochten (vgl. Poll. VI 74. An- 
tip. Anth. Pal. VI 291, 8). Die Knaben, die 
das Schwimmen erlernten, bedienten sich behufs 
leichteren Erlernens der sog. scirpea rails, vgl. 
Plaut. Aulul. IV 1, 9. Bei Theokrit (I 53) macht 
ein Knabe aus Asphodelosstengeln, die er mit B. 
verbindet, eine axgidoS-^ga , d. h. eine Art Bin- 
senmlltze oder Netz, urn damit die Heuschrecken 
von den WeinstOcken herabzustreifen. Auch f al- 
oes sirpiculae, B.-Sicheln, werden von den alten 
Schriftstellern fiber Landwirtschaft erwahnt (z. 
B. Varro de 1. 1. V 137: falces sirpiculae voeatae 
ab sirpando i. e. ab alligando; de r. r. I 22); 
fiber die Art ihrer Verwendung ist uns nichts 
Naheres bekannt. Von den transportabeln Woh- 
nungen der Nasamonen erzahlt Herodot (IV 19n), 
sin seien zusammengefiigt gewesen aus Antheriken, 
mit B. durchflochten. Eine oxoirizig xaivfir) (B.- 
Zelt) s. Leon. Tar. Anth. Pal VII 295. Auch 
zum Decken einfacher Hauser oder Hutten haben 
die B. wenigstens gelegentlich Verwendung ge- 
funden, vgl. Plin. n. h. XVI 156. Liv. XXVII 
3, 3. Sil. Ital. VII 439. Ferner scheinen sie zur 
Anfertigung von Stuhlsitzen (Si<pgoi oyoivozovoi), 
zum Anbinden rankender Gewachse sowie zur Ura- 
hiillung zerbrechlicher Gegenstande bei Trans- 
porten u. s. w. gebraucht worden zu sein. Das 
nach Abschalung der Halme zuriickbleibende B.- 
Mark (von Iuncus effusus, maritimus u. s. w.) wurde 
schon im Altertum zu Lampendochten verwandt 
Plin. n. h. XVI 178. XXI 114 (hier vom oxy- 
sckoemis : usus ad . . . lueernarum htmina prae- 
cipua medulla). Anthol. Pal. VI 249. Plinius (XV 
30) erwahnt auch ein oleum iuncinum. Auch 
die Menschenfiguren darstellenden Puppen, Argei 
genannt, die alljahrlich einem uralten Kultge- 
brauche zufolge in Rom vom Pons sublicius in 
den Tiber geworfen wurden, waren aus B.-Stroh. 
Alles Nahere hieruber s. o. Bd. II S. 689fT. Da 
die B. keine Knoten haben, sagte man schon zu 
Ennius Zeit von Leuten, die Schwierigkeiten su- 
chen und finden, wo keine vorhanden sind : quae- 
runt in scirpo nodum, vgl, Plaut. Men. II 1, 
22 (247): in scirpo nodum quaeris; ganz ahn- 
lich Ter. Andr. V 4, 38 (941;. Eine sprichwort- 
liche Redensart war auch djiooQcmxeiv zo axo/ia 
zivog oloayoivo} d^Qoyoi, jemandem den Mund mit 
ungerosteten B. zunahen, ihm mit leichter Miihe 



481 



Bion 



Bion 



482 



das Maul stopfen, vgl. Aeschin. II 21. Pallad. 
Anth. Pal. X 44. Jungfrauen von besonders 
schlankem (iuneeus = oxoivtvog auch in diesem 
pragnanten Sinne) und zartem Wuchse verglich 
man gem mit B., vgl. Ter. Eun. 316. Prud. 
ciuqI ozecp. Ill 132 (peetora iuneea). Mcht un- 
mflglich, dass der Wagenlenker des Amphiaraos 
deshalb Schoinikos hiess, weil er schlank war wie 
eine Binse (Hesych; vgl. Murr Die Pflanzenwelt 
10 i. d. griech. Mythol. 281). Ferner war die nadel- 
scharfe Spitze (vgl. Ov. met. IV 299) einiger B.- 
Arten sprichwortlich , so dass in der Batracho- 
myomachie (164. 255) der ayoTvog wie ein dxovnov 
geworfen wird ; vgl, Aristoph. Ach. 230 u. Schol. 
Der Wurzelstock mehrerer B. wurde wegen seiner 
harntreibenden Wirkung schon von den Alten 
gegen Steinbesehwerden gebraucht. Sonst fand 
namentlich Iuncua acutus L. (axoivog o^vaxoivog 
bei Diosc, oxyschoenus bei Plin.) in der Heil- 
20 kunde Verwendung. Die gedcrrte Frucht, in einer 
Mischung geuommen, stillt den Durchfall, bringt 
den Monatsfluss zum Stehen und wirkt harntrei- 
bend, aber auch kopfschmerzenerzeugend. Die 
zarten Bliittchen, die der Wurzel zuniichst wach- 
sen, aufgelegt heilen den Biss giftiger Spinnen. 
Die Frucht einer B.-Art, die am Euripos wachst, 
hat^ einschlafernde Erafte. Man hiite sich aber, 
zuviel davon einzunehmen, denn die Wirkung ist 
schwer betaubend, Diosc. IV 52, -vgl. Paul Aeg 
30 VII p. 255, 27. Galen. XII 136. VI 644 XIV 
74 K. Cels. V 4. 11. Ill 21. Scrib. Larg. 61. 
271. ^ Andererseits war axoivog ein Bestandteil 
der 'Podiaxal yvzQiSsg , eines aus verschiedenen 
Prlanzen ausgekochten Saftes, der, zum Wein ge- 
gossen, im Rufe stand, der Trunkenheit wirksam 
vorzubeugen, Aristoteles bei Athen. XI 464 c. 
Asklepios trug im lakonischen Helos den Bei- 
namen oxoivdzag (CIG 1444), vielleicht weil, 
wie wenigstens Murr (a. O. 280) annimmt, aus 
40 B. eine geschatzte Salbe hergestellt wurde, wahr- 
scheinlicher aber wohl deshalb, weil uberhaupt 
dieB. als heilkraftig galten. Die alten Bezie- 
hurigen der Aphrodite zur ,feuchten Natur' liegen 
wohl ihrer Benennung als Sxoivr^ig zu Grande 
(Lycophr. 832 u. Tzetzes z. d. St.). Vgl. iiber- 
hauptdie Artikel Schoineis, Schoineus und 
Schoinikos. Einen Hinweis auf die Olympien 
kann man in der Sitte finden, dass der Alytarch 
(Priester) der den elischen nachgebildeten Olym- 
50 pien zu Antiocheia wahrend seiner Amtstage "der 
Eeinheit wegen, die auf seinem Leibe haften 
musste, auf einem reinen B.-Lager schlief, Carl 
Bctticher Baumkultus der Hellenen 333. Uber 
die Namen griechischer Ortlichkeiten bezw. Fliisse, 
die in altester Zeit so reich an B. waren, dass 
sie diesen ihren Namen verdankten, wie 2yoi- 
vovg, Evoyoivog, Jyoivog, Zyoivixag, Qqvov, Qqvo- 
eooa s. Murr Die geogr. u. mythol. Namen der 
altgriech. Welt in ihrer Verwertung fur antike 
60 Pflanzengeogr. II 26 nr. 36. [Wagler.] 

Binsitta (Bivalzza oder Boivoizzai) , Ort in 
Mauretania Caesariensis in der Xahe von Tigava, 
bei Ptol. IV 2, 26. [Dessau.l 

Bintha s. Birtha Nr. 1. 
Binzea, Stadt Phrygiens oder Galatiens beim 
Geogr. Kav. II 19 p. 110, 13; vielleicht das 
Oi'tv'ie).a des Ptol. V 4, 8. |R u g e -] 

Bion. 1) Bion beim Geogr. Bar. 189, 15, 



Fio auf der Tab. Peut. verschrieben aus Tito, s. 
Utum. [Patsch.] 

2) Bioiv wird der athenische Archon 01. 80, 
3 = 458/57 bei Diod. XI 79 genannt; es ist falsche 
Lesart statt Habron, s. d. [v. Schoeffer.J 

3) Sohn des Philotas , aus Smyrna, siegt Dei 
den Panathenaeen bald nach 191 v. Chr. Xtituov 
und avS e ag Sohyov, CIA II 966 A 19. 25. 

[Kirclvner.] 

4) Nach einigen Suidashss. (s. AToxvlog) Name 
eines Sohnes des Aischylos, der auch" tragischer 
Dichter war. Wahrscheinlich aber ist der rich- 
tige Name dieses Sohnes Evaicov (Suidashs. A), 
dessen Corruption zu B. die Uberlieferung anderer 
Suidashss. Evfiicov begreifen lasst. 

5) Hoirjxr/s zoaytpdias tSyv TaQOix&v keyofie- 
rmv, Laert. Diog. IV 58. Von einer Gruppe tra- 
gischer Dichter offenbar spater Zeit, die man als 
,Tarsische' bezeichhete, erfahren wir nur an dieser 
Stelle. [Dieterich.] 

6) B., auf dem Landgute Phlossa bei Smyrna 
geboren (Suid. s. Qeoxqizog. Schol. Anth. Pal. IX 
440 [d ZpvQvaiog]. Stob. nor. XXIX 52 [= Anth. 
Ill 29, 52 Hensej; flor. LXIV21; Anspielung dar- 
auf bei dem Verfasser des Epitaphios [Ps.-Mo- 
schos III] 74), ist in der Keihe der namentlich 
bekannten griechischen Bukoliker der letzte (Suid. 
a. a. O. Schol. Anth. Pal. IX 440, vgl. Suid. s. 
Moaxog. Serv. praef. Verg. eel. ; richtig beurteilt 
von Buecheler Rh. Mus. XXX 40) und hat etwa 
am Ausgang des 2. Jhdts. v. Chr. , vielleicht auf 
Sicilien, gelebt (alle Angaben in alteren Ausgaben 
beruhen auf den von Naeke Op. I 167 als Fal- 
schung des M. Musurus erkanntenVersen [Moseh.] 
Ill 97ff.). Mit diesem allgemeinen Zeitansatz 
stimmt gut, dass im Epitaph. Adonid. (I Ziegl.) 
die von Ahrens als interpoliert ausgeschiedenen, 
von Buecheler (Jahrb. f. Philol. LXXXVII 1863, 
109) mit Recht verteidigten Verse 64—66 eine 
Polemik gegen den etwas alteren Nikander (frg. 65) 
enthalten. Sonst wissen wir uber B.s Leben nichts ; 
der Hinweis im Epitaphios 120, dass er vergiftet sei, 
ist, wie Buecheler nach dem Vorgange G. Her- 
manns mit Recht annimmt, nur als poetische Fic- 
tion zu betrachten. Seine Gedichte, in eine Samm- 
lung BovxoXtxd, wonach Stobaios citiert, vereinigt, 
enthielten u. a. mehrere Epyllien, von denen aber 
nur sparliche Bruchstucke bei Stobaios erhalten 
sind: Hyakinthos (frg. 11 Ziegl., Gegenstuck zu 
einem gleichnamigen Gedichte Nikanders?, neben 
diesem von Ovid. met. X 162-2 1 9 benutz t [K n a a c k 
Anal. Alex. Rom. 60f.] , Anspielung darauf Epi- 
taph. Bion. 6), Galateia (oder Kyklops) frg. 12 
(14. 15?, vgl. Epitaph 59ff. und Holland De 
Polyphemo et Galatea, Lpz. Stud. VH 249—253) 
und wahrscheinlich Orpheus (Epitaph. 14ff. 128. 
135f.). Erhalten ist. der Epitaphios des Adonis, 
allerdings nicht unter seinem Namen, aber bereits 
von Camerarius auf Grund zahlreicher Anspie- 
lungen im Epitaph. Bion. mit Sicherheit dem Dich- 
ter zugeschneben ; ferner eine Anzahl kleiner Stucke 
meist erotischen Inhalts, iomzvXa oder fielvSgia, wie 
sie B. selbst bezeiehnend nennt. Der interessante 
Epithalamios des Achilles und der Deidamea, in 
dem die auch bei Statins (Achilleis) vorliegende 
hellenistische Sagenversion berticksichtigt zu sein 
scheint, ist dagegen B. ohne Grund von Jrsinus 
teigelegt worden (anonym im cod. Vat. 1311, im 

Pauly-Wiesowa HI 



Vat. 1379 von Triclinius verkehrterweise dem Theo- 
krit zugeschrieben , Hi Her Beitr. z. Testgesch. 
d. griech. Bukoliker 35. 59). Auch der Versuch, 
im theokriteischen Corpus Stucke dem Dichter 
zuzuweisen, muss als verfehlt bezeichnet werden ; 
der KrjQioxi.emtjg ([Theokr.] 19), den Valckenaer 
und G. Hermann fur bioneisch hielten, gehfirt 
eher dem Moschos an (Hiller a. a. O. 57). B. 
ist nicht ohne Talent, aber zum Weichlichen und 

10 Sentimentalen neigend. Am besten sind ihm kleine 
Tandeleien gelungen; der Epitaphios ist ein rheto- 
risches Prunkstiick in schwiilstiger Sprache, womit 
er Theokrits Adoniazusen (100 — 144) fortzusetzen 
und zu iiberbieten sucht. Die Ubereinstimmung 
mit einem pompejanischen Wandbilde notiert H el- 
big Untersuch. iib. die canrpan. Wandmalerei 224. 
tfbertrieben klingt das Lob seines Schulers (103f.) 
im Epitaph. Bion. (12 cbzcolezo Afoglg doidd), wohl 
so ziemlich des letzten Vertreters der hellenisti- 

20 schen Bukolik (im sullanischen Zeitalter, Bueche- 
ler Rh. Mus. XXX 31). Im Versbau zeigt sich 
ein Vorherrschen der Daktylen, wogegen die Spon- 
deen nur unter bestirnmten Bedingungen zuge- 
lassen sind, also bereits eine Vorstufe der nonnia- 
nischen Technik. Im Epitaphios ist eine strophische 
Gliederung mit Kehrreim trotz der ziemlich ver- 
derbten Uberlieferung noch erkenntlich. 

Litteratur: Meist mit Moschos (s. d.) zusam- 
men herausgegeben und commentiert, die alte- 

30 ren Ausgaben und Erlauterungsschriften wegen 
des verkehrten chronologischen Ansatzes fast un- 
brauchbar). Bionis et Moschi carmina rec. G. 
Hermann, Berlin-Leipzig 1849; ed. Chr. Zieg- 
ler, Tubingen 1868 (mit krit. App. nach neuen 
Collationen), Einzelausgabe des Epitaphios Adon. 
von Ahrens, Leipzig 1854 (dann in den Bueol. 
Graec). Hiller Beitrage z. Textgeschichte der 
griech. Bukoliker, Leipz. 1888 (u. a. neue Ausg. 
des Epitaph. Adon). Th. Schmitz Adnot. ad 

40 Bion. et Mosch. carm., Diss. Minister 1856. F. C. 
Goebbel Progr. Warendorf 1862. H. Stier De 
Bionis et Moschi Epitaphiis, Diss. Berl. 1864. 
Fritzsche Progr. Giistrow 1867. R. Peiper Jahrb. 
f. Philol. LXXXVII 617-623. 762-766. C. Lang 
Eos II 204—223 (fast alles willkiirliche Responsions- 
theorien. ohne Ffirderung der Kritik). Bueche- 
ler Bions Grablied auf Adonis, Jahrb. f. Philol. 
LXXXVII 106—113 (gegen Ahrens, mit vor- 
trefflichen Verbesseningen und massvoller Respon- 

50 sionsannahme) ; Rh. Mus. XXX 33—41 (hier zu- 
erst richtige Zeitbestimmung). W. S t e i n De Moschi 
et Bionis aetate, Diss. Tubingen 1893 (setzt 
B. hauptsachlich auf Grund metrischer Untersu- 
chungen in die erste Halfte des 1. Jhdts. v. Chr.; 
nicht wahrscheinlich). Zur Kritik: C. Hartung 
Philol. XXX VH 567. XLI 346-350 (ohne Be- 
deutung). v. Wilamowitz Herm. XIV 163. 
tlbcr den Sprachgebrauch Kaibel Herm. XVH 
423 (<L-ro xoivov), uber die Metrik noch Kunst 

60 De Theocr. versu heroico (Diss. phil. Vindob. I 
1887) 12—14. W.Meyer S.-Ber. Akad. Mflnch. 
1884 H 979ff. 

7) Angeblich melischer Dichter, Diog. Laert. 
IV 58 (im Homonymenverzeiehnis ejidofiog fis?.t- 
xog jxoitjz-qg), wahrscheinlich = Nr. 6, wenn nicht 
gar §ovxohx6g fur /ieXixog zu sehreiben ist. 

[Knaack.] 

8) Bion von Prokonnesos (FHG II 19), soil 

16 



483 



Bion 



Bion 



484 



nach der Homonvmenliste bei Diog. Laert. IV 58 
ein Zeitgenosse des Pherekydes von Syros gewesen 
sein und ein titelloses Werk von zwei Biichern 
geschrieben haben. Dagegcn behauptet der Ge- 
wahrsmann von Clem, strom. VI 26 p. 752 P., dass 
er Amelesagoras abgeschrieben unci die Chronik 
des altcn Kadmos ausgezogen habe. Daraus er- 
giebt sich, dass das Werk B.s ein mit Benfitzung 
alter Stadtgeschichten angefertigter Roman war, 



angeschlossen habe (Diog. Laert. IV 51), wird ver- 
dachtig durch den Zusatz : xa&' Sv xqovov rjxove 
Kgdxijxog , der etwas chronologisch UnmOgliches 
aussagt, wenn man die ausdrficklich begrenzte 
Eeihenfolge der Lehrer festhalten will. B. kann 
nicht den Akademiker Krates vor Theodoros von 
Kyrene und Theopbrastos gehort haben. Es liegt 
daher die Vermutung nahe, dass eine Verwechs- 
lung des Akademikers mit dem Kyniker Krates 



wozu auch das einzige Fragment (Plut. Thes. 26) 10 stattgefunden hat, um so mehr, als fur B.s kyni 



gut passt. Der Verfasser behauptete selbst einen 
Zusammenhang mit Pherekydes von Syros, was 
wiederum zu dem miraculesen Charakter des unter 
Amelesagoras Namen gebenden Buches stimmt. 
Da er bei dem Schriftsteller imqi xkoxijg bei 
Clemens und in Plutarchs Theseus genannt wird, 
ist er sicher alter, als das 3. Jhdt. ; andererseits 
darf er fiber das 4. nicht hinaufgeriickt werden. 
9) Bion von Soloi (FHG IV 350. 351. Suae- 



sehe Studien ein Lehrer nicht namhaft gemacht 
wird, dieWahrscheinliehkeit aberfiir Krates spricht. 
Wenn B. eine Zeit lang sich zur Akademie hielt, so 
kann sein Lehrer nur Xenokrates gewesen sein, 
mit dem ihn die hfibsche Anekdote Diog. Laert. 
IV 10 in Verbindung bringt. Mag nun die ganze 
Nachricht einer Verwechshmg ihre Entstehung 
danken oder wirklich B, eine Zeit lang den Xeno- 
krates gehOrt haben, bestimnlenden Einfluss hat 



mihl Gr. Litt.-Gesch. I 664). verfasste ein Werk 20 er von dieser Seite jedenfalls nicht erfahren. Da- 



fiber Aithiopien (Homonymenliste bei Diog. Laert. 
IV 58) in mehreren Biichern (Schol. ad Act. 
Apost. 8, 27. Cramer An. Ox. Ill 415 sv ngmxcoi 
Al&uuiix&v), das nacb den Citaten bei Plinius zu 
schliessen eine sehr genaue Periegese enthielt ; er 
war selbst dagewesen (Plin. VI 183). Zugleich 
zahlen ihn Varro (de r. r. 11,8) und Plinius in 
den Indices zu VII. X. XIV. XV, XVII. XVIII 
— lauter Biichern von ganz oder teilweise land- 



gegen fand er bei den Kynikern und bei dem 
Kyrenaiker Theodoros im vollsten Masse das, was 
er brauchte. Diese urspriinglich und in der prin- 
cipiellen Grundlegung der Ethik diametral ent- 
gegengesetzten Schulen hatten sich in dem Masse 
einander genahert, als sie, durch die Entwicklung 
der Wissenschaft iiberholt, in der Verbreitung 
einer gemeinverstandlichen und praktisch brauch- 
baren Sittenlehre ihre Aufgabe gefunden hatten. 



wirtschaftlichem Inhalt — unter den Schrift- 30 Es ist also glaublich, dass B. von beiden Seiten 



stellern fiber Landwirtschaft auf. [Schwartz^ 

10) Bion der Borysthenite, popularphilosophi- 
scher Wanderprediger, dessen Thatigkeit die ganze 
erste Halfte des 3. Jhdts. umfasst. Ein er bestimmteu 
Schulphilosophie kann er als Popularphilosoph 
nicht zugerechnet werden, da zum Wesen der 
Popularphilosophie ein nach Principien gesunden 
Menschenverstandes geiibter Eklekticismus gehort. 
Aus diesem Gesichtspunkt betrachte man die Nach- 



nicht nur die Mittel der Darstellung, sondern auch 
Gedanken und Lehren entlehnen konnte, ohne mit 
sich selbst in fuhlbaren WideTspruch zu kommen, 
dass er, ohne auf den prickelnden Eeiz der kyni- 
schen Paradoxien und beissenden Witzworte zu 
verzichten, doch die Strenge der kynischen Asketik 
durch einen Zusatz weltfOrmig laxer kyrenaischer 
Hedonik temperierte, die in der Anpassung unserer 
Wiinsche und Bediirfnisse an jede wie immer be- 



richten fiber sein en Bildungsgang. Um auf die 40 schaffene Lebenslage den Gipfel der Weisheit er- 



weitesten Kreise als Volksschriftsteller und Volks 
redner zn wirken, muss man das Volk in seinem 
Diehten und Trachteii beobachtet, womfiglich an 
demselben teilgenommen haben, B., der als Sohn 
eines Freigelassenen, der mit Salzfischen handelte, 
und einer Hetaere (vgl. Nixi'ag oNixasvg bei Athen. 
XIII 591 f) buchstablich der Hefe des Volkes cnt- 
stammte, verdankte ohne Zweifel gerade diesem 
Umstand die Gabe volkstiimlicher Bede, die ihn 



blickt. Dass er von Theodoros auch dessen Atheis- 
mus iibernahm, wird ausdriicklich hervorgehoben. 
Der Kynismus ist immer theistisch, und nur gegen 
die Volksreligion verhalt er sich ablehnend. Wenn 
B. schliesslich auch den Theophrastos zum Lehrer 
hatte, so ist es klar, dass nur die ethologischen 
und charakterologischen Studien dieses Philoso- 
phen fur ihn von Bedeutung gewesen sein konnen. 
Die popularphilosophischen Erzeugnisse B.s waren 



in ungewchnlichem Masse auszeichnete. Als B.s 50 ohne Zweifel in erster Linie fur miindlichen Vor- 



Vater, weil er geschmuggelt hatte, samt seiner 
ganzen Familie in die Sclaverei verkauft wurde, 
kam der Knabe in den Besitz eines Ehetors, der 
an ihm so grossen Gefallen fand, dass er ihn frei- 
liess und ihm sein ganzes VermOgen vermachte. 
Diesem seinem Herrn und Wohlth&ter wird er 
auch die rhetorische Bildung verdankt haben, 
welche neben der philosophischen Voraussetzung 
seiner spateren Erfolge bildet. All diese Einzel- 



trag bestimmt, wurden aber auch litterarisch ver- 
breitet und fuhrten den Titel <5<aro</W (Diog. 
Laert. II 77), Diese diaxQifiai fuhrten mit alien 
Mitteln einer stillos buntscheckigen , aber stets 
frischen und unterhaltenden Darstellung den Kampf 
gegen die mannigfaltigen Thorheiten der Men- 
schen, und diesem satirisch-polemischen Charakter 
war auch die Composition derselben angepasst, 
die zwischen Dialog und Abhandlung die Mitte 



heiten entnabm die biographisehe Uberlieferung 60 hielt. Indem namlich der Prediger sich fortwah 



(bei Diog. Laert. IV 46ff.) einem Sendschreiben 
des B. selbst an Kflnig Antigonos Gonatas, in 
welchem er gegen die missgunstigen Einmiste- 
rungen der Hofpnilosophen des Kiinigs, der Stoiker 
Persaios und Philonides, Front machte. Nach dem 
Tode seines Herrn begab sich B. nach Athen, um 
sich dort dem Studium der Philosophie zu widmen. 
Die Angabe, dass er sich zunachst der Akademie 



rend vom Standpunkte der gewehnlichen Meinung 
Einwiirfe macht, die er dann widerlegt, verliert 
er nie die Fuhlung mit seiner Horerschaft und ver- 
bindet gewissermassen die Leichtverstandliehkeit 
und Actualitat des Dialogs mit der weitreichen- 
den Massenwirkung zusammenhangender Predigt. 
Bekannt ist die von Theophrastos- stammende Be- 
merkungfStrab.il 5), dassB.jipturoj dvSiva eveSvae 



485 



Bion 



Bion 



486 



rrjv (pdooorpiav, die Philosophie im Hetaerengewande 
auftreten liess, so wie der Zusatz des Eratosthenes: 
alX' oficog sxoXkdxtg etneiv av xiva sji 1 avrov xovxo 
,oXtjv ex Qax&atv o Bia>v' (= Odyss. X VIII 74). Dass 
sich das Publicum solcher Vortrage hauptsachlich 
aus den niederen Volksschichten recrutierte, wurde 
schon hervorgehoben. Fiir den Verlust derselben ent- 
schadigen uns nur unvollkommen die Bruchstucke 
des Teles, der hauptsachlich von B. abhangig ist. 
Die Einwirkung der bionischen Diatriben auf die 
ethische Schriftstellerei der Folgezeit muss man 
sehr hoch anschlagen. Nicht allein die menip- 
pische Satire ist in stofflicher und stilistiseher 
Beziehung eine steigernde Fortsetzung des von B. 
Begonnenen, auch der Peripatetiker Ariston von 
Keos wird uns ausdrficklich als Nachahmer B.s 
bezeichnet (von Strab. X 486), Horaz bezeichnet 
selbst seine Satiren als von B. beeinfiusst in dem 
bekannten Verse ep. II 2, 60 Bioneis sermoni- 
bus et sale nigro, wo in den letzen Worten eine 
witzige Anspielung auf B.s Vater, den Salzflsch- 
handler, enthalten ist. Genauer sucht die Ab- 
hangigkeit des Horaz von B. festzustellen E. 
Heinz e De Horatio Bionis imitatore, Bonn 1889. 
Haufig sind auch die Spuren der bionischen Schrift- 
stellerei bei Seneca (vgl. H. Weber De Senecae 
philosophi dicendi genere Bioneo, Diss. Marburg 
1895), Plutarchos, Epiktetos. Eine Sammlung 
bionischer Apophthegmen enthalt die Vita B.s 
bei Diogenes, zahlreiche Apophthegmen desselben 
auch das Florilegium des Stobaios. Eine Dia- 
tribe B.s usqI oQyrjg hat Philodemos in seiner 
gleichna-migen Schrift benutzt. Auch die in der 
kynischen oder kynisch beeinflussten Litteratur 
so beliebte Parodierung bekannter Dichterstellen 
hat B. verwendet. Diog. IV 52 hat uns zwei 
solche Hexameter des B. aufbewahrt, in denen 
Archytas verspottet wird. Ob er solche Parodien 
als selbstandige Litteraturwerke versffentlichte 
oder sie nur als wiirzende Zuthat seinen Diatriben 
beimischte, ist ungewiss. Die bis jetzt vollstan- 
digste Zusammenstellung der auf B. beztiglichen 
Quellenstellen ist der ,Index Bioneus' bei H e n s e 
Teletis reliquiae 88f. Die Vita B.s bei Diogenes 
enthalt manches Detail, das auf gehassiger Er- 
findung beruht (vgl. H e n s e a. a. O. Proleg. 
XLVIf.), und zwar ist es ein zusammenhangender 
Abschnitt aus einer dem B. feindlichen Quelle, 
den Diogenes seiner Vita einverleibt hat. Zweifel- 
haft ist nur die Abgrenzung dieses Abschnitts. 
Vgl. S use mihl Alex. Litt.-Gesch. I 32, 96. 
Ihm entstammt auch die Nachricht, dass der 
grosse Bekampfer des Aberglaubens , als er den 
Tod nahen fiihlte, selbst zu Amuletten seine Zu- 
flucht genommen und seine frilhere Freigeistigkeit 
bereuthabe. Hense Teletis reliquiae, Freib. 1889, 
Proleg, p. XLVIf. Heinze a. a. O. Susemihl 
a. a. O. I 32—41. Wachsmuth Sillogr. gr. rel. 
73 — 77. Weitere Litteraturangaben bei Suse- 
mihl a. a. O. [v. Arnim.] 

11) Aus Abdera. Philosoph und Mathematiker, 
hat nach Diog. Laert. IV 58 der Schule des De- 
mokrit angehfirt und teils im ionischen, teils im 
attischen Dialekte geschrieben. Von der Beobach- 
tung ausgehend, dass, je weiter man nach Norden 
kommt, um so langer im Sommer die Tage und 
im Winter die" Nachte werden , schloss er , dass 
« s einen Ort auf der Erdkugel geben milsse, wo 



auf das ganze Jahr nur ein Tag und eine Nacht 
von je 6 Monaten kommen: xq&tos slnsv sTval 
nvag olxrfazig, Jsvda yivsa&ai eg" fxrjv&v xr/v vvxxa 
koX !£ rrjr fifieqav (Diog. a. a. 0. Hesych. Miles. . 
FHG IV 160, 12). Wie B. zuerst diese Be- 
obachtung gemacht, so hat er auch die nach ihm 
in allgemeinen Gebrauch gekommene Ausdrucks- 
weise geschaffen, dass namlich die an jedem Orte 
Wohnenden die Verschiedenheiten der Tag- und 

lONaehtlangen beobaehten, und diesen Ausdruck 
hat er auch fiir die Polargegend beibehalten, un- 
bektimmert um die Frage, ob diese bewohnbar 
sei. Denn dass ihm als der Ort des sechsmonat- 
lichen Tages und der ebenso langen Nacht der 
Nordpol vorgeschwebt hat, ist nicht zu bezweifeln. 
Folgte dies doch unmittelbar aus der Beobach- 
tung, dass man von den verschiedensten, noch so 
weit von einander entfernten Orten gleicher Breite 
nach Norden vorschreiten kann , um in solche 

20 Zonen zu gelangen, wo die Unterschiede zwischen 
dem langsten und dem kiirzesten Tage immer 
mehr sich vergrossern. Alle diese Wanderungen 
und Seefahrten nach Norden mussten aber zuletzt 
am Nordpol zusammentreffen. Also auch dahin 
verlegte eT olxrjosig, und dieses Wort oder die ver- 
balen Bildungen vno xov iotj/teQivnv, vxco xbv nokov 
oixelv und ahnliche haben dann die Spateren bei- 
behalten. Die da von handelnde, leider bisher noch 
unedierte Schrift des Theodosios von Tripolis ist 

30 nsQi oixrjaemv betitelt ; sie stellt die Uberarbeitung 
einer alteren Schrift gleichen Inhalts und wahr- 
scheinlich auch gleichen Titels dar. In dieser alteren 
Schrift nun, die wir ebenso wie die altere Sphae- 
rik, die Vorgangerin der aqpougixa des Theodosios 
(H u 1 1 s ch Ber. Gesellsch. d. Wissensch. Leipzigl886, 
128ff. Tannery Eech. sur l'histoire de l'astro- 
nomie ancienne, Paris 1893, 37f.), mOglichst nahe 
an die Zeit des Eudoxos heranzurucken haben, 
war hechst wahrscheinlich schon dieselbe genauere 

40 Berechnung von Tag- und Nachtlange unter dem 
Pol aufgestellt worden, die uns in der 10. Pro- 
position des Theodosios mit ausfiihrlichen Beweisen 
erhalten ist. Der vollstandige , hsl. beglaubigte 
Text liegt dem Unterzeiehneten vor ; die Propo- 
sition ohne Beweis ist von Dasypodius Sphae- 
ricae doctrinae propositiones, Argentor. 1572, 24 
und von Eyssenhardt Jahrb. f. Philol. 1868, 
244 verBffentlicht worden. Danach steht unter 
dem Nordpol die Sonne etwas langer als 6 Mo- 

50 nate fiber dem Horizont , die iibrige Zeit aber 
unter dem Horizont, und die daselbst Wohnenden 
(xoig vxo xov (loQeiov tio/.ov olxovoiv) haben wah- 
rend eines Jahres etwa sieben Monate Tag und 
ffinf Monate Nacht. Die Beweise werden gefuhrt 
nach den Fundamentalsatzen der Sphaerik und 
der Lehre von den Auf- und Niedergangen der 
Gestirne. Von einer solchen Beweisftthrung hat 
freilich der Demokriteer B, noch nichts gewusst, 
sonst wfirde er sich nicht damit begnugt haben, 

60 Tages- und Nachtlange unter dem Pol schlechthin 
gleich der Jahreshalfte zu setzen. Das war der 
Standpunkt des mathematischen Wissens vor der 
Epoche des Eudoxos, und wir haben demnach die 
Bliitezeit des B. gegen Anfang des 4. Jhdts. an- 
zusetzen. Identisch mit ihm ist wahrscheinlich 
Biwv 6 doxQo/.oyog (Poseidonios bei Strab. I 
29. Susemihl Gesch. d. griech. Litt. I 664, 
103). Von Poseidonios wird er als eine Autoritat 



487 



Biophis 



Bipennis 



488 



in der Lehre vom Winde neben Aristoteles und 
Timosthenes genannt. Nach Strabons Berichte 
zu urteilen hat er zwar noch nicht die Zuriick- 
fiihnmg aller Winde auf eine nflrdliche und eine 
sftdliche Hauptstrbmung erkannt, doeh aber die 
nahe Verwandtsehaft gewisser Windrichtungen 
und deren Einfluss auf die BewOlkung des Him- 
mels untersucht. [Hultsch.] 

12) Rhetor, aus Syrakus, an zweiter Stelle 



(Cat. de agr. 46f. Yarro r. r. I 37, 5. Plin. XVII 
69. XVIII 230), vie z. B. Pfahlrohr (Cato 6, 3 
und bei Plin. XVI 173), Olbaume (Cato 45, 1 und 
bei Plin. XVII 125), Cypressen (Cato 48, 1. 151, 2) 
und Reben (Plin. XYHI 236) sei es in der Reb- 
schule (Col. IV 1, 3) oder im Weingarten (Plin. 
XVII 159) anpflanzen wollte. Fur die Rebschule 
sollte das Land li/ 2 (Col. arb. 1, 5), 2 (Col. arb. 
1, 6. XI 2, 17) oder 2i/ 3 (Col. in 5, 3), fur den 



unter den 10 Bicoveg bei Diog. Laert. IV 58 auf- 10 Weingarten 3 Puss (Col. arb. 1, 6. Plin. XVII 



gefiibrt, Verfasser eines (nicht erhaltenen) rhe 
torischen Lehrbuches. Vor Aristoteles mochte 
seine Zeit ansetzen Scheurleer De Demetrio 
Magnete, Leyden 1858, 50. 

IS) Ehetor (Qtjxogixog), aus Syrakus, an sechs- 
ter Stelle in dem Homonymenverzeichnisse bei 
Diog. Laert. IV 58 genannt als Verfasser eines 
(verlorenen) „ Movoat betitelten Werkes in neun 
Buchern. Uber den eigenartigen Titel des Wer- 



159), fur den Gemftsegarten 2 — 3 Puss tief (Col. 
XI 3, 10. 11) umgegrabeh werden. Auf dem Bas- 
relief eines Grabmals ist ein Spaten abgebildet, 
dessen Blatt unten abgerundet und an dem in 
geringer Entfernung Tiber dem Blatt eine Quer- 
leiste oder ein Steg befestigt ist, worauf der Ar- 
beiter seinen Fuss setzen konnte, um den Spaten 
tiefer in die Erde zu treiben (Abb. bei Rich 111. 
WOrterb. der rom. Altert., iibers. von C. Miiller 



kesvgl. die Notiz von Hillscher Jahrb. f. Philol. 201862, S. 79 und Daremberg et Saglio Diet. 



Suppl. XVin 1892, 360, 1. [Brzoska.^ 

14) Bildhauer (ayakfiaxonotog) aus Klazomenai 
oder Chios, den Hipponax erwalmt hatte, danach Z eit- 
genosse des Bupalos und Athenis, Diog. Laert. IV 58. 

15) Bildhauer (ardgtarxoitoiog) ausMilet, gleich- 
falls nur durch eine Erwahnung bei Hipponax be- 
kannt, Diog. Laert. a. a. O. Brunn nimmt ohne 
Grand Identitat mit dem Klazomenier an. 

[C. Robert.] 

Biophis s. Binothris. 

Biora, mansio der Strasse von Olbia nach 
Caralis im mittleren Sardinien (Itin. Ant. 81), 
vielleicht beim jetzigen Serri. S. Mommsen CIL 
X p. 811. [Hulsen.] 

Biostrophe (Bioozqo<ptj) , Name einer Ama- 
zone. Tzetzes Posthom. 179. [Toepffer.] 

Biotos {Blorog), griechischer Tragiker, wahr- 
scheinlich spater Zeit. Aus einer Medea von ihm 
wird ein Fragment angefiihrt bei Stob. fior. 78, 



I fig. 859 nach Fabretti Inscr. ant. p. 574). Mit 
Recht hat man hierin ein B. erkannt, da noch 
heute in Italien zum Rigolen ein solcher Spaten, 
vanga genannt, benutzt wird. Ubrigens bezeichnet 
B. auch gleichsam ein Mass fur die Tiefe des 
auszugrabenden Erdreiehs (Col. XI 2. 17. Plin. 
XVII 159). [Olck.] 

Bipedimui, falsche Lesart bei Plin. n. h. IV 
108. S. Pinpednnni. [Ihm.] ■ 

30 Bipennis, Doppelbeil, genannt von dem alten 
Adjectiv pinnus, scharf, Quint. I 4, 12. Varro bei 
Non. 79, 13. Isid. or. XIX 19, 11. Griechisch 
a&vrj. Hesych. s. v., von niXexvg schon Horn. II. 
XIV 711 und noch Plut. Mar. 19 unterschieden. 
Diese Form des Beiles ist uralt und kommt schon 
in Stein vor,' Montelius Kultur Schwedens in 
vorchristl. Zeit 15, 14. Als Waffe schon bei Horn. 
II. XIII 612. XV 711; spater namentlich als 
Waffe barbarischer Volker und besonders der Ama- 



3. Nauck Trag. gr. frgm. 825. Vgl. Meineke40zonen (Hor. od. IV 2, 20. Ovid. her. 4, 117), die 



Mon.-Ber. Akad. Berlin 1850, 257f. Bei Stob, 
nor. 115, 24 aber wird Boiwxog die richtige Uber- 
lieferung sein. [Dieterich] 

Biottos, Komoediendichter, erwahnt allein in 
den didaskalischen Verzeichnissen CIA II 975. 
Col. 4, 2 1 snl EsvoxXiovg • jmkaiq ■ ! Mdvi/iog <£d- 



in zahllosen Darstellungen mit der Doppelaxt be- 
waffnet erscheinen. Daher giebt sie auch Verg. 
Aen. XI 651 der Camilla. Unter der (tovnlris', 
mit der nach Horn. II. VI 135 der thrakische 
Lykurgos die Bakchantinnen vertreibt, haben die 
Spatern (s. namentlich Nonn.XXI 21. 63 — 65) ein 



afiarc MsrdvSgoy ■ j 7io(rjrai) ■ IlaQafiovog j Doppelbeil verstanden, und mit diesem erscheint 

v7ie(xQiv£io) Aapwv.^ Kgitfov Ahortco • : v7ie(xoi- Lykurgos in vielen bildlichen Darstellungen. Das- 
vsxo) Movifiog . Blozxog UotjTsT ■ : v^e(xQivsxo) selbe ist ferner Attribut barbarischer Gottheiten, 
Aaiuov xxL und ebenso Col. 5, 7 : ail Mvrjot&eov • 50 die mit Zeus identificiert wurden : des Zeus von 
3ialaia-\Adfi<m"Pua^>]vac(o^>duimdov \xo(t}xai)- Labraunda auf Miinzen von Mylasa, Mionnet III 



0doxXijg TQavftaxta ' j vms(xoivexo) KalHixgaxr/c 
XaiQiwv Avxov xatayjevSofiE [vq>] • \ vmxgtvexo Ad- 
fuov . BCozxog 'Ayvoovvxi • j vxextjivszo Ad/icov xxl. 
Das Jahr des Xenokles ist 168/7 v. Chr., in dessen 
Anfang die Gefangennahme des Perseus fallt, vgl. 
Ind. Hercul. col. 28, 4 Buech. Ho mo lie Bull. 
hell. XVI 164. Das Jahr des Mnesitheos muss 
also spater fallen. Ganz verkehrt sind v. Schoef- 
fers Ansatze (o. Bd. II S. 590f.). [Kaibel.] 

Bipaliam, ein Spaten, welcher wohl davon 
seinen Namen hatte , dass er tiefer als der ge- 
wOhnliche Spaten, pala, in die Erde eindrang; 
eine Art des B. hiess sogar offenbar aus demselben 
Grande sestertium (Col. arb. 1, 5). Man bediente 
sich desselben, um ein Stuck Landes umzugraben, 
welches man zum Gemiisebau benutzen wollte 
(Col. XI 3, 11) oder auf dem man hernach Baume 



354, 295. 296. 298. 356. 306. 308. 314. 320. 
323ff.; Suppl. VI 509, 358; des Iuppiter Doliche- 
mis, Seidl S.-Ber. Akad. Wien 1854, XII 4. XIII 
233. F. Hettner De love Dolicheno 2. Als 
Werkzeug des bakchischen Stieropfers wurde die 
B. Attribut des Dionysos und seiner Begleiter. So 
erscheint sie auf Vasenbildern (z. B. Gerhard 
Auserl. Vasenb. I 57 = El. cer. I 38. Bull. Nap. 
60 N. S. V Taf. 10, 1. 2) und auf den Munzen von 
Tenedos, Mionnet II 671, 264ff.; Suppl. V 584, 
521f. Eckhel II 488; abgeb. Miiller- Wieseler 
II 2, 30. Mi 11 in Gal. myth. X 37. Weiteres 
Stephani CR 1863, 128ff., der hierher auch die 
Munzen von Maroneia in Thrakien zieht, die auf 
der einen Seite die B., auf der anderen eine Traube 
oder Weinrebe zeigen (Mionnet Suppl. II 338ff.), 
wahrend Raoul-Rochette (Nouv. Ann. de l'lnst. 



489 



Biperaria 



Birithos 



490 



I 116ff.) diese B. als Streitaxt der Skythen mit 
dem skythischen Namen des auf diesen Munzen 
genannten KOnigs Amadokos in Verbindung bringt. 
B. als Gerat des Stieropfers auf dem pompeiani- 
schen Bilde Rom. Mitt. XI 1896, 68 nr. 142. 

B. als Waffe des Theseus, Stephani Vas. d. 
Erm. 116; als Jagdwaffe Eurip. frg. 534, 5N. 
Ovid. met. VHI 397. Plin. n. h. VIII 26; als 
Werkzeug zum Baumfallen und Holzarbeit Horn. 
Od. V 234. Xen. an. I 5, 12. Lucian. Pbilops. 36. 
Galen. V 890, 8 K. Verg. Aen. XI 135. Hor. od. 
IV 4, 57.^ Ovid. met. VIII 766. 

Zwei in Pompeii gefundene B. besitzt das 
Museum in Neapel (nr. 71987. 71988). Die B. 
kommt noch im Ed. Diocl. vor, wo VII 36 der 
Preis fur das Schleifen derselben bestimmt wird. 

Bliimner Technol. II 201. Daremberg- 
Saglio Diet. d. ant. I 711. [Man.] 

Biperaria (Geogr. Rav. 408, 12), kleine zu 
Dalmatien gehorige Insel des adriatischen Meeres ; 
noch nicht localisiert. [Patsch.] 

Bipo s. Dipo. 

Bipplium, Ort in Carnien, Geogr. Rav. IV 
21 p. 221. [Hulsen.] 

Bippos aus Argos, wurde im J. 182 v. Chr. 
vom achaeischen Bunde als Gesandter nach Rom 
geschickt (Polyb. XXIII 18, 3), wo er (181) vom 
Senat freundlich empfangen wurde (Polyb. XXIV 
1, 6—7; vgl. ebd. 2, 4). [Wilcken.] 

Mir aeon (Bireon, Bireum) s. Bereum. 

Birakellon (BiqAxMov), Stadt im aussersten 
Norden Etruriens, nicht an der Kuste, Ptol. LTI 
1, 47. Miiller z. d. St. (p. 347) halt es fur iden- 
tisch mit der Station Boron zwischen Luna und 
der PasshShe des Appennin auf der Tab. Peut. 

[Hulsen.] 

Biraparach (BtQanagax), hiess nach Laur. 
Lydus de magistr. Ill 52 p. 245f. das von Per- 
sern und Romaeern gemeinschaftlich erbaute und 
mit Besatzung belegte Bergcastell im Kaukasos, 
welches die Einfalle der NordvOlker nach Persien 
und Armenien verhindern sollte; meist vernach- 
lassigten jedoch die ROmer die Hut, und dies gab 
Anlass zu wiederholten Beschwerden von seiten 
der Perser. Das Castell lag nicht am kaspischen 
Ufer, wo seit alters Derbend (armen. Cur, TCovq, 
Agathangelus de S. Gregorio cap. 2 Zovaq kvq- 
yog) als Schutzwehr dastand, sondern am Ober- 
lauf des Terek in der gleichberuhmten Klause 
Darlel oder Dar-i-Alan (s. AaQeivr), SaQfxaxi- 
xai 7iv).ai, Caitcasicae portae Plin. VI 40, wo- 
fiir missbrauchlich auch Caspiae portae gesagt 
wurde); denn in jener Namensform B. erkennen 
wir armenisch Vir-a-parhak d. i. ,Iberer-Schutz- 
wehr'. Die gleichberechtigte Nebenform 'Iovqo- 
euiaax (so nach Hoeschel der cod. Monac, vulgo 
OvQoetodx), d. i. armenisch i-Verojpahak, mit dem 
Beisatz (pgovgiov isii xan> Katmiaiv xclfierov ziv- 
lan, gebraucht schon Priscus Panita frg. 15 p. 158. 
frg. 19 p. 161 bei Gelegenheit der Hunnenein- 
falle nach Persien und Armenien im Jahr 465ff. 
Die vulgare Lesart -aay kOnnte allerdings zur 
Not durch Begiaadx Const. Porphyrog. de cerim. 

II 48 p. 397 gestutzt werden. Der syrische Ale- 
xanderroman nennt die kaspischen Thore Vvrbf- 
haghwr, wobei G. Hofmann an den zendischen 
Arda-Viraf denken will; eher dflrfte Viroi-pahak 
5"i lesen sein. [Tomaschek.] 



Biremis. 1) Zweiruderig, mit zwei Rudern 
(Riemen) versehen (SCxomog), z. B. scapha Hor. 
c. Ill 29, 62 ; subst. ein kleines, durch zwei Rie- 
men fortbewegtes Fahrzeug, Lucan. VIII 562 (vgl. 
565. 611). X 56. 

2) Zweireihenschiff, d. h. mit zwei fiber ein- 
ander befindlichen Ruderreihen (dirjgrjs), welche, 
in verschiedener Hflhe seitlich herausragend, den 
Wasserspiegel in verschiedener Entfernung von 

10 der Schiffswand beruhrten, also zwei Schlagreihen 
zeigten = Slxgozog. Jeder Riemen wurde durch 
je einen Mann gefuhrt. Cic. Verr. V 51. 59. Caes. 
b. c. Ill 40, 4; bell. Al. 16, 6. Plin. n. h. VII 
57. Tac. hist. V 23 u. a. Auch die hmM trire- 
mes in der Kriegsflotte -Philipps V. (Liv. XXIV 
40) sind im Hinblick auf die anderwarts bezeugte 
bedeutende Tragfahigkeit dieser Schiffsgattung 
(vgl. Liv. XLIV 28. Pol. II 3, 1) hierher zu be- 
ziehen. Die Phoiniker besassen schon um 700 

20 v. Chr. Zweireihenschiffe , vgl. Helbig Homer. 
Epos 2 78. Unter den Bildwerken ist hervorzu- 
heben das Relief vom Tempel der Fortuna in 
Praeneste, Baumeister Denkm. Ill Taf. 60. Als 
B. (Diere) erklarte Assmann die Prora vonSamo- 
thrake, Baumeister III 1632ff. Vorderansicht 
bei Luebeck Progr. d. Gelehrt. Schule, Ham- 
burg 1891 Taf. IV. Ein dem antiken ahnliches 
Biremen-System fand sich auch in neuerer Zeit 
bei den Piraten der Suluinseln, vgl. A. S chuck 

30Hansa 1890, 123ff. [Luebeck.] 

Birgos (Bipyog, einige Hss. haben Bagyog), 
Fluss an der Sudkiiste Hiberniens zwischen dem 
sudlichen und dem heiligen Vorgebirge (Ptol. II 
2, 5), irisch Berbha, jetzt Barrow. [Hiibner.] 
Birgusia s. Bergusia Nr. 1. 
Birieiana (Biricianis Tab. Peut.), Ort in 
Raetien an der von Sumalocenna (Rottenburg) 
fiber Clarenna, Aquileia (Aalen) nach Reginum 
(Regensburg) fiihrenden Strasse. Nahere Lage un- 

40 bestimmt, vielleicht Burkmarshofen? Rhein. Jahrb. 
LXXI31. Holder Altkelt. Sprachschatz s. v. Vgl. 
auch CIL III p. 739. [Ihm.] 

Birila, kleine Insel bei Britannien neben 
Anglesea und Man, nur beim Geogr. Rav. 441, 4 
genannt; ob der Name richtig uberliefert und 
welche Insel gemeint sei, ist unsicher. [Hiibner.] 

Biris (Btgcg) las wahrscheinlich Polemon als 
Beischrift einer nicht naher bezeichneten Figur 
auf dem HyaMnthosaltar im Apollonheiligtum zu 

50Amyklai (Paus. EH 19, 3). Wenn man auch 
zweifelhaft war, ob auf dem Denkmal selbst Elgig 
oder hiQis (so Max Mayer in Roschers Mythol. 
Lex. II 338) oder vielmehr J Zgtg geschrieben war 
(fur das letztere G. Curtius Arch. Ztg. XXXVLtt 
1880, 133, 5 und gegen Mayer wieder S.Wide 
Lakon. Kulte 1893, 267), so hat man doch all- 
gemein an die Gottin Iris gedacht. Aber durch 
eine kiirzlich gefundene Felsinschrift auf der Stadt- 
hohe von Thera, in der Nahe des Tempels des 

60Apollon Karaeios, wird die Namensform B., in 
sehr altertumlichen Schriftzeichen, als ursprung- 
lich und damit auch die Sonderexistenz dieses 
gfittlichen Wesens als sicher erwiesen, was um so 
mehr ins Gewicht fallt, als Thera Kolonie von 
Lakonien war und in den Kulten mit dem Mutter- 
lande die allergrosste Verwandtsehaft zeigt. 

[Hiller v. Gaertringen.] 
Birithos s. Berytos. 



491 



Birium 



Birnbaum 



492 



Birium s. ad Bivium. wilde axldda, albanesisch goritae, auf Kephalonia. 

Birke, betula alba L., unsere gemeine B., ist dyQiajitdid; auf darde scheint der Name der Aaq- 

in Griechenland zu keiner Zeit wild gefunden wor- SavsTg, eines Volkes in Obermoesien und Elyrien,. 

den, vgl. Lenz Bot. d. a. Gr. u. R. 392. Selbst vielleicht aiich der des mythischen Heros Mq- 

wenn man sie dort pflanzt, gedeiht sie nicht, son- davo; zurtickzugehen. In Griechenland ist die- 

dern geht nach kurzer Zeit ein, vgl. Fraas Synops. Kultur des B., weil das Klima zu heiss und trocken 

pi. fl. cl. 255. So erkliirt es sich, dass unsere B. ist , iihnlich wie die des Apfelbaumes eine sehr 

von keinem griechischen Schriftsteller erwahnt beschrankte. 

wird. Lange Zeit glaubte man (so nochBiller- In der Ilias wird der B. nicht erwahnt, in 
beck Flora class. 228), das Wort arjfivda bei Theo- 10 der Odyssee heisst der edle B. Syyvt); er findet. 

phrast (h. pi. Ill 14, 4. Y 7, 7) auf die B. be- sich im Garten des Alkinoos (YII 115), wobei zu- 

ziehen zu sollen, doch wandte sich hiergegen mit gleich seine Frueht ebenso genannt ist (120), mit 

Recht schon Fraas a. 0. 65. 255. Aber bereits dem Epitheton ,schlank' (XXIV 234) in der Baum- 

in Norditalien wachst die B. auf der Nordseite pflanzung des Lae'rtes (ebd. 340) und unter den 

hoher Berge wild (italienisch betulla, auch bettula Baumen des Hades, nach deren Fruchten Tan- 

oder betula, oder bedello). Die einzigen Textstellen, talos lechzt (XI 589). Sonst findet sich dieser 

die wirklich auf unsere B. gehen, finden sich bei Name selten, so namentlich bei Theophrast (h 

Plinius; Hauptstelle n. h. XVI 75: ,Die B. liebt pi. II 5, 6) nur ein einzigesmal , ebenfalls als 

einen kiihleren Standort. Sie ist eigentlich ein Kulturbaum; ein solcher scheint auch bei Kalli- 

gallischeT Baum von auffallend weisser Farbe und 20 machos (Hymn, in Cer. 28) und Theokrit (1 132) 

grosser Zartheit (gemeint ist die weisse Farbe der gemeint zu sein, wahrend dies bei Rufus Ephe- 

diinnen Rinde). Die Obrigkeiten bedienen sich sius (p. 89 Daremb.) zweifelhaft ist, obwohl die 

der Birkenruten zum Strafen. Auch zu Reifen Frueht seiner S^vrj ziemlich dieselbe astringierende 

und Korbrippen finden die Ruten Verwendung. Wirkung wie die des edeln B. (37) haben soil. 

In Gallien kocht man aus Birkenrinde Teer (bi- Dagegen stellt Arteraidoros (Oneir. I 73) sie auf 

tumen).' Die B. war somit ein von vielen ge- gleiche Stufe mit der dxgdg und Nikandros nennt 

fuxchteter Baum , der Scheu einfiOsste , weil die die Frueht einer /tvgzag o^vrj wild, dxgdg xaojiog 

Zuchtruten der fasces aus Birken- (oder Ulmen-) (ther. 512), so dass sie wohl nicht mit Aempyrum 

zweigen (virgae) bestanden, vgl. Bstticher myrteum des Macrobius (sat. Ill 19, 6) zu identi- 

Baumkultus 305. Dass man auch Fesseln (vin- 30 ficieren ist ; ein wilder B. ist auch die fiaxxtj des- 

mla) aus Birkenruten flocht, sowie Schilde (scuta) selben (Nic. ther. 512 ; alex. 354), zu der eine glossa 

daraus herstellte oder doch mit Flechtwerk aus Gfitt. beiJ. G. Schneider Curae post, in ther. yu- 

Birkenreisern uberzog, auch ganze Korbe aus letz- ficovatov dmov hat. Hesychios hat die Form tcdyyvrj. 

teren anfertigte, erwahnt Plinius mehr beilaufig, Der gewOhnliche Name des edeln B. ist chnog 

vgl. n. h. XVI 176. 209. [Wagler.] spatere sind dmSea (Geop. X 3, 6), djutiSiov (ebd. 

Birkenna [BiQxewa) , Tochter des Illyriers 22, 1), was eigentlich die Frueht bezeichnet (schon 

Bardylis (Nr. 2), Gemahlin des Pyrrhos (Plut. bei Rufus Eph. p. 402), und andere (vgl. Lang- 

Pyrrh. 9). _ ^ [Kaerst] kavel Bot. d. spatern Gr. 1866, 8). Der wilde 

Birnbaum. Die Stammformen des auch in B. heisst gewehnlich ax$dg (sogar achrades pyri 
Griechenland und Italien heute kultivierten B.s,40bei Col. VII 9, 6), auch die axeqdog (Od. XIV 

Pirus communis L., scheinen in Griechenland Pirus 10. Soph. O. C. 1596. Pherekr.inBekk.an.gr 

elaeagrifolia Pall, mit schmalelliptischen und Pi- p. 373, 25 u. 475, 15. Theocr, XXIV 89. Alkaios 

rus cordata Desv. mit herzeiformigen Blattern, in Mess. Anth. Pal. VII 536. Bekk. an. 562, 22) 

Italien letztere die Stammform gewesen zu sein, wird so erkliirt (Etym. M. p. 181, 5. Eust' Od 

da Pirus achras Gartn. mit breitelliptischen Bliit- XI 292. XIV 10. Bekk. an. 475, 12) ; auch Mess 

tern aus Mittelasien zu stammen scheint. Jene eine Tochter des attischen Heros Kolonos "Oxva 

Arten scheinen durch Kreuzung mit Pirus achras und ein attischer Demos 'AxtQdovg (Steph. Byz. 

und, wenigstens in Italien, mit Pirus persica Pers. Bekk. an. 348, 24). Mit &xQ&g hangt offenbar 

zur Entstehung der Kulturbirnen im Altertum der Name "Oxga eines Alpeiiauslaufers zwischen 
beigetragen zu haben. Koch (D. Baume und 50 Adelsberg und Wippach, welcher heute ,Birn- 

Straucher des alt. Griechenl. 1884, 184) halt die baumer Wald' heisst, znsammen. Auch der Stadt- 

m der Odyssee (XXIV 234) erwahnte schlanke teil von Syrakus 'AxqaUvri war davon benannt, 

oyyvrj f*ir eine besondere, sich durch hohen Wuchs falls das Wort nicht orientalischen Ursprungs war. 

auszeichnende Art, die er Pirus elata nennt ; von Ubrigens steht tyvrj in Ablautungsverhaltnis zu 

Pirus persica Pers. behauptet er (S. 186) wohl d X pdg und a X ^6og (O. Schrader bei V. Hehn 

mit Recht, dass sie in sehr frflher Zeit von Sy- Kulturpfl. 6 595). Was den alten Namen der 

rien aus nach Unteritalien verpflanzt sei, sich von Peloponnes 'Anltj betrifft , so sollte er von Smoe 

Paestuni aus weiter fiber Italien verbreitet habe, herstammen , weil die B. dort im Uberfluss vor- 

von den Romern Tarentina (zuerst bei Cat. 7, 4) handen seien (Istros Kyren. bei Athen. XIV 
genannt sei und sehliesslich in der Nahe derober- 60 650 b. c), oder die in diescm Lande gedeihenden 

italischen Seen, besonders bei Bergamo, sich zu wilden B. nach ihm cbiioi (Istros Kyren. bei 

der heutigen Bergamotte ausgebildet habe. Dass Steph. Byz. s. 'Aula. Plut. quaest. gr. 51) oder 

der B. schon in vorgeschichtlicher Zeit in Europa die Peloponnes 'Ama von Apis, dem Sohne des 

einheimisch gewesen ist, geht daraus hervor, dass Phoroneus benannt sein (Rhianos bei Steph, Byz. 

vereinzelt Birnen in den Pfahlbauten gefunden s. 'Aula. Apollod. bibl. E 1, 6. Meinekc Anal 

smd, also zu einer Zeit, in der von Obstkultur Alex. 182), ferner sich die Argiver in alter Zeit 

sich kerne Spuren finden. Heute heisst der kulti- von edeln B. und die Tirynthier von wilden ge- 

vierte B. griechisch dmHi'a, albanesisch dnrhe, der nahrt haben (Ael. v. h. IH 39) und deshalb die 



493 



Birnbaum 



Birnbaum 



494 



argivischen Knaben als BaXXaxQadai an einem ahnlich, auch an Bliiten, Zweigen und ganzem 

Feste gespielt haben (Plut. a. a. O.), doch soil der Wuchs (ebd.); die Bliiten sind weiss (ebd. Ill 13, 

genannte argivische Kenig Apis nach alterer Mei- 3. Verg. g. II 71. Pall. XIV 55) und zeigen sich 

nung aus Naupaktos eingewandert sein (Aisch. unmittelbar nach der Apfelbliite (Plin. XVI 103), 

Suppl. 262). Daher mag 'Aula von dem europa- namlich heute in Attika bei der kultivierten Pirus 

ischen Stammwort akea = Wasser herzuleiten sein, communis L. etwa 20. Marz bis 20. April, bei der 

wenn auch Argos sich durch die Kultur der B. wilden Pirus amygdaliformis Vill. im Marz, bei 

ausgezeichnet haben mag. tjbrigens wurden auch der kultivierten Pirus malus L. etwa 10. Marz bis 

die edeln Birnen Euboias geruhmt (Herraipp. bei 10. April, in Italien bei den beiden ersten Arten 
Athen. I 27 f). Das lateinische Wort pirus, dem 10 in kultiviertem Zustande April und Mai, bei der 

wahischeinlich unser ,Birne' nach dem 8. Jhdt. letzten Mai und September, in Deutschland ent- 

entlehnt ist, kann dem griechischen amog (ur- sprechend April und Mai und Mitte April bis 

spriinglich a-nio-os) urverwandt sein (O. Sehr a Ende Mai. Der Fruchtknoten ist unterstandig 

der a. a. O.) und der alten Stadt Latiums, Pirae (Theophr. h. pi. I 13, 3); die Fruchte sollen aus 

(Plin. Ill 59) den Namen gegeben haben. den vorjahrigen Trieben kommen (ebd. 14, 1), 

Der wilde B. wird als strauchartig geschil- wahrend diese thatsachlich ein Alter von 3 — 5 

dert (Col. Ill 11, 5. Pall. I 5, 4), der sich in Jahren haben. Der Same ist in einer lederarti- 

Italien selbst auf sparlich bewachsenem Boden gen, von der Fruchthtille umgebenen Haut einge- 

finde, dornig sei, aber viele Fruchte trage (Col. schlossen (ebd. 11, 5). Die Fruchte fallen leicht 
a. a. O.); der edle B. scheme erst durch die Kultur 20 vor der Reife ab (ebd. n 8, 1. Plin. XVI 109), 

wie der Apfelbaum (s. d.) einstammig geworden weil ihr Stiel schwach ist (Theophr. c. pi. II 9, 

zu sein (Theophr. h. pi. I 3, 3); der Wildling 3), und, obwohl der B. viele Fruchte hervorbringt, 

sei kraftiger und gedrangter und von langerer vermag er sie doch nicht zu ernahren (ebd. 11, 

Lebensdauer (Theophr. h. pi. IV 13, 1), sei knoten- 10). So wird seine Kraft weniger ersch&pft und, 

reicher (Theophr. I 8, 2); er schlage fruher aus, da er erst im spatern Alter reichlichere Frueht 

weil die erzeugende Kraft, da der Baum nicht tragt (vgl. Plin. XVI 117), wann seine Kraft zum 

beschnitten und seine Fruchte nicht abgepfliickt Wachsen abgenommen hat und er nun die Fruchte 

wurden , auf mehr und schwachere Teile verteilt besser ausbilden kann, ist er von nicht geringer 

werde , was zur Folge habe , dass die Sprossen Lebensdauer (Theophr. a. a. 0.). Die Fruchte sind 
leichter durch die Luft hervorgelockt wiirden 30 wohlriechend (Theophr. de od. 5), besonders wenn 

(Theophr. c. pi. I 15, 2); er trage reichlichere, sie noch nicht ganz reif sind (Theophr. c. pi. VI 

aber nicht so schOne (Theophr. h. pi. I 4, 1) oder 16, 2), und haben einen weinartigen Geschmack 

fleischige Friichte (ebd. IV 13, 1), reife sie schlech- (ebd. 14, 4. Plin. XV 58. 109). In Karien sollen 

ter (ebd. Ill 2, 1) d. h. spat (ebd. Diosc. I 168. siemiteinemsalzigenFlaumbedecktsein(Theophr. 

Plin. XXIII 116) im spaten Winter mit Ausnahme ebd. VI 10, 7). Es giebt Mb. und spat reifende 

einer Art. die sie im Spatherbst reife (Theophr. Birnen (ebd. I 18, 3. IV 11, 2. Plin. XVTl 17), 

h. pi. Ill 4, 4), werfe vor der Fruchtreife die sie reifen meist im Herbst, doch auch frtther, 

Blatter ab (ebd. I 9, 7; vgl. Plin. XVI 84), ge- andere im Winter (Plin. XVI 106); einige zwei- 

hOre zu den den unterirdischen Gottern geweihten mal im Jahre reifende Sorten (Theophr. c. pi. I 
Ungliicksbaumen (Macrob. sat. Ill 20, 3). Wohl 40 13, 9. Plin. XVI 114) gedeihen in den Gegen- 

wegen seines zu Bildhauerarbeiten geeigneten den, wo der Herbst lange anlialt (Theophr. a. a. O.). 

Holzes war das Bildnis der Hera, welches zuerst Das Holz ist dicht (Plin. XVI 211), doch in der 

zu Tiryns, spater im Heraion bei Mykene aufge- Ebene besser als im Gebirge, wie der B. denn 

stellt war (Paus. II 17, 5), aus seinem Holz ver- auch dort stets grosser ist und bessere Fruchte 

fertigt. Die Schuster verfertigten daraus Tafel- hervorbringt (Theophr. h. pi. Ill 3, 2. 11, 5. Plin. 

chen, an denen sie ihre Instrumente scharften XVI 77). Der B. hat von Raupen (Aristot h. a. 

(Theophr. h. pi. V 5, 1). Fur die Verarbeitung V 19, 11) und Wiirmern (Theophr. c. pi. V 9, 4. 

wurde das Holz auch kiinstlich gefarbt (Plin. Pall. Ill 25 , 5) zu leiden , die Fruchte werden 

XVI 205). mitunter von Wurmern angefressen (Theophr. h. 

Der edle B. hat eine starke Wurzel (Theophr. 50 pi. IV 14, 10. Plin. XVII 230). Unter der Kalte 

c. pi. I 3, 3) ; deshalb kommen aus ihr an der leidet er wenig (Theophr. c. pi. I 22, 7. V 12, 

Stelle , wo sie der Oberflache am nachsten ist, 9) ; daher gedeihen bei Pantikapaion viele, meist 

Sprossen hervor (ebd. 5) ; das Wachstum erfolgt friihreifende Sorten (Theophr. h. pi. IV 5, 3. Plin. 

aus den Spitzen der Triebe und aus den Seiten XVI 137), in heissen Landern wie in Agypten 

(Theophr. h. pi. III 6, 2), er soil bei schnellem der wilde B. gar nicht, der edle nur schlecht 

Wachstum bald zu Grande gehen (Plin. XVII (Theophr. c. pi. II 3, 6). 

95) und Dornen(?) haben (Theophr. h. pi. IV 4, Doch sollen nach Theophrast (ebd. Ill 2, 8) 

2), wahrend er (wohl der aus Kernen hervor- junge Pflanzlinge nicht die Kalte des Winters 

gegangene Wildling) sie durch das Pfropfen ver- vertrageD, weshalb die Anpflanzung nicht im Herbst 
liere (Pall. XIV 58) ; die Blatter sind rundlich 60 geschehen durfe. Mago (bei Plin. XVII 131) da- 

(Theophr. h. pi. I 10, 5. Plin. XVI 90) und mit gegen empfahl, die B. mit langlicher oder runder 

ihnendielanglichenBlatterderRotbuche(Theophr. Frueht zwischen 11. November und der Winter- 

h. pi. in 10, 1) und Ulme (ebd. 14, 1), die ausser- wende, die iibrigen Sorten mitten im Winter, nach 

dem auch spitzeren der Hopfenbuche (ebd. 10, 3; dem 7. Januar, anzupflanzen; auch nach Diophanes 

vgl. Plin. XUI 177), die grtSsseren und nervigeren (Geop. X 23, 2) konnteu die B. mit grossen und 

der Erie (Theophr. h. pi. Ill 14, 3) und der Per- runden Fruchten, welche am Starame selbst reif- 

sea, Mimusops Schimperi Hochst. (ebd. IV 2, 5) ten, fruher gepfianzt werden, die andern von der 

zu vergleichen; dieser ist der B. tiberhaupt sehr Mitte des Winters bis in die Mitte des Friihlings. 



495 



Birnbaum 



Birnbaum 



496 



In Italien sollte der B. im Herbst, mindestens 
25_Tage vor der Winterwende (Col. V 10, 17. 
Plin. XVII 136), in heissen Gegenden im Novem- 
ber, in kalten im Februar angepflanzt werden, 
Kerne in gemassigten Gegenden im November 
gesat werden (Pal. Ill 25, 1). Die Entfernung 
sollte jedenfalls mehr als 9 Puss (Theophr. h. pi 
II 5 , 6. Plin. XVII 88) , ja 30 Fuss betragen 
(Pall. a. a. 0. 3). Wahrend die aus Kernen ge- 
zogenen Pflanzen Wildlinge sind (Theophr. ebd. 
2, 5), Stecklinge selten anscblagen (ebd. 1, 2), 
well die Enden der Zweige zu schwach und trocken 
sind (Theophr. c. pi. I 3, 2), kann der B. durch 
Absenken fortgepflanzt werden (Theophr. h. p]. 
II 5, 3). Da die Aufzucht durch Kerne, obwohl 
von den Haruspices (bei Varr. r. r. I 40, 5) und 
Cato (de agric. 48, 3. Plin. XVII 71) empfohlen, 
zu lange Zeit in Anspruch nimmt und die aus 
Stecklingen und Absenkern gezogenen Baume zu 
kurzlebig sind, empfahl Palladius, sich der Wild- 
linge im. Alter von 2 oder 3 Jahren zu bedienen, 
die natiirlich ebenso wie die aus Kernen hervor- 
gegangenen Pflanzlinge veredelt werden mussten 
(III 25, 2. 3. 6). Nach der Lehre der Geoponiker 
konnte der B. auf irgend eine der angegebenen 
Arten (X 22, 3. 23, 3. 4), auch aus Stecklingen 
(X 3, 6. 22, 4. 5. 23, 3) gezogen werden. Ge- 
pfropft sollte nach Cato (40, 2. 41, 1) entweder 
im Fruhling oder um die Sommerwende oder in 
der Zeit der Weinlese, d. h. der ersten Halfte 
des October, nach Plinius (XVII 114) wahrend 
der Bliitezeit oder spatestens im Mai, nach Pal- 
ladius im Februar und Marz (III 25, 6), doch 
auch nach der Sommerwende (Pall. HI 25, 7), 
geiiugelt nach ihm meist im August werden (IX 
6) ; jenes soil auch heute in Italien im Friihling, 
dies August bis September geschehen. Wahrend 
man heute in Griechenland nur auf den wilden 
B., in Italien meist nur auf diesen oder den aus 
Kernen gezogenen Wildling oder aucb auf den 
Quittenbaum pfropft, wobei in den beiden ersten 
Fallen die mittlere Lebensdauer des Baumes sich 
auf 40-50, in letzterem bei schnellerer Entwicke- 
lung nur' auf ca. 20—25 Jahre stellt, verwandte 
man im Altertum ausser dem wilden B. verschie- 
dene wild wachsende Baume zur Unterlage (Geop. 
X 23, 4): die Blumenesche (Verg. g. II 71. Pall. 
HI 25, 6), gemeine Esche, Apfelbaum, Weissdoni 
(Pall. a. a. O. XIV 59—65), Mandelbaum (Pall. 
IE 25, 6. Geop. X 24. 76, 2). wodurch die Frucht 
eine harte Haut erhalten sollte (Pall. XIV 61), 
Quittenbaum (Pall. Geop. aa. OO.), wodurch die 
Frucht den Duft des Quittenapfels erhalten sollte 
(Pall. XIV 65), Granatbaum, wodurch die Frucht 
eine rote Farbe erhalten sollte (ebd.), Kastanie, 
Mispelbaum (ebd.), Terpentinbaum und Sykomore. 
wobei im letztern Falle die Frucht rot werden 
sollte (Geop. a. a. 0.). Das Edelreis musste, 
wenn es vor der Sonnenwende eingesetzt wurde, 
einjahrig sein, wenn nach derselben, von der Spitze 
eines Zweiges genommen werden (Pall. HI 25, 7). 
Schon im dritten Jahre sollte der B. Frtchte 
bringen (Plin. XVII 95), was moglich ist, wenn 
er auf den Quittenbaum gepfropft ist. Wenn er 
keine Frucht brachte (Theophr. h. pi. H 7, 7) 
oder wenn er herangewachsen war (Col. arb. 24; 
V 10, 17) oder langsam wuchs (Pall. Ill 25, 4), 
oder um sein Gedeihen zu fordern (Geop. X 23, 



5), sollte unmittelbar fiber der Erde in den Stamm 
ein Keil von Eichen- oder Pinienholz getrieben 
werden. Auch sollte er entweder gleich nach der 
Anpflanzung (Pall. a. a. O. Geop. X 22, 1. 2. 23, 
3) oder spater (Col. a. a. O.) mit Asche oder Ein- 
dermist gediingt, im erstern Falle auch bewassert 
werden. Die^Bewohner von Chios behaupteten, 
dass die <pa>xtg genannte Sorte besser werde, wenn 
sie gestutzt werde (Theophr. c. pi. II 15, 2; vgl 
10 Plin. XVII 237), doch zweifelte Theophrast (c. 
pi. II 15, 6), ob dies auch der Frucht und nicht 
bios dem Holze niitze. Bei der Schneidelung 
Tiet derselbe (ebd. Ill 2, 2), nur die diirren Teile 
zu entfernen, da die Zweige schon an sich trocken 
und zart seien. 

Ausser der eben genannten phokensischen und 
einer milesischen (Cloat. bei Macrob. sat. Ill 19, 
6 ; vgl. auch die dpaovicdSeg bei Hesych.) ist 
uns keine griechische Sorte mit Namen iiber- 
20 liefert, wohl weil auch im alten Griechenland wie 
heute die Kultur des B.s wenig betrieben wurde; 
doch sollten die B. der Insel Keos sehr gut 
sein (Aischyl. bei Athen. XIV 650 d). Von den 
rfimischen Schrifstellern werden 18 nach Per- 
sonen oder Ziichtern, 10 oder 12 nach Locali- 
taten, 4 nach dem Geruche, 3 nach der Gestalt, 
2 nach der Farbe, 3 nach der Reifezeit und 14 
nach andern Eigenschaften benannte, im ganzen 
54—56 Sorten erwahnt (s. das Verzeichnis bei- 
30Magerstedt Die Obstbaumzucht der Eomer, 
Sondersh. 1861, 165—169). Cato (7, 4) erwahnt 
das volaemutn (auch Verg. g. II 88. Col. V 10 
18. XII 10, 4; vgl. Plin. XV 56; so genannt^ 
weil es die hohle Hand ausfullt nach Serv. Georg 
II 88 ; Aen. Ill 233 und Isid. or. XVII 7, 67, also 
= Faustbirne), das Anicianum semmtivum (auch 
Varr. I 59, 3 und Cloat. bei Macrob. sat. Ill 19, 
6 , teils nach einem Anicius , teils wohl deshalb 
so genannt, weil es zur Zeit der Herbstsaat, d. 
40 h. November, reifte), beide in eingekochtem Most 
zu conservieren , das Tarentinvm (auch Cloat. a. 
a. O. Cels. n 24. IV 26. Col. V 10, 18. Plin. 
XV 61; zu den griechischen gerechnet von Plin. 
XV 56, aber nach Col. a. a. O. derselben Her- 
kunft wie die syrische bei Verg. g. II 88. Mart. 
V 78, 14. Iuven. XI 73), musteum (vgl. Plin. 
XV 56; so genannt wegen der Schnelligkeit des 
Eeifens nach Plin. XV 51), cucurbitivum (= 
Kiirbisbirne, von sauerlichem Geschmack nach 
50 Plin. XV 55). Vergil (G. II 88) nennt das Oru- 
stumium (auch Cloatius a. a. O. Scrib. Larg. 104. 
Marc. Emp. 20, 9 ; nicht sehr saftreich nach Cels! 
II 24 ; in erster Linie genannt von Col. V 10, 
18; vgl. XII 10, 4; das beliebteste nach Plin. 
XV 53, auch in gekochtem Zustande ebd. XXHI 
115; mit zum teil roter Haut nach Serv. g. H 
88. Isid. XVII 7, 15; benannt nach der sabi- 
nischen Stadt Crustumium nach Serv. ebd.), das 
Syrium und volaema, Cloatius (bei Macrob. sat. 
60 III 19, 6) zahlt 30 Sorten, Plinius (XV 39. 53-56. 
58) 36 Sorten auf, dabei sind aber 12 Sorten des 
Cloatius weder von Plinius noch andern genannt. 
Palladius nennt keine Sorten, da die Verschieden- 
heit derselben keine Verschiedenheit der Kultur 
mit sich bringe (HI 25, 4). Unter den Malereien 
von Pompeii finden sich beblatterte Zweige von 
P. communis L., leicht an ihrer ausseren Form 
erkennbar (Comes Darstellung der Pflanzen i. d. 



497 



Birnbaum 



Birtha 



498 



Malereien v. Pompeii, libers., 1895, 52). Eine 
Birne sieht man auch auf einer Miinze von Meta- 
pont (Imhoof-Blumer und O. Keller Tier- 
u. Pflanzenbilder auf Munzen u. Gemmen d. klass. 
Altert., 1889 Taf. IX 1). 

Einen Nutzen gewahrten die wilden B. dem 
Landmanne als Futter der Schweine (Aristot. h. 
a. VHI 6, 3) auf der Trift (Col. VII 9, 6), auch 
die edeln konnten, wenn sie schlecht waren, dazu 
verwandt werden (Hor. ep. I 7, 19). Auch wur- 
den die wilden Birnen von den Weinbauern als 
eine Art Mostwage benutzt, da sie im Most unter- 
sinken, wenn er mit Wasser vermischt ist (Geop. 
VI 17. VII 8,2), was insofern rjchtig ist, als 
reiner Most bei 17° C. ein specifiscb.es Gewicht 
von 1,05 — 1,13, die wilde Birne von ca. 1,10 hat. 
Aus den edeln presste man Wein (Diosc. V 32, Plin. 
XIV 103. Pall. Ill 25, 11), aus den herben oder 
wilden bereitete man auch Essig (Pall. a. a. O.). Die 
edeln wurden, wenn sie noch fast hart waren, da- 
durch conserviert, dass sie in ein ausgepichtes Ge- 
fass (Col. XII 10, 4. Pall. HI 25, 8; vgl. Cat. 143, 3) 
gelegt, dieses mit eingekochtem Most (Cat. Col. a. 
a. O. Pall. Ill 25, 10. Geop. X 25, 1) oder ge- 
wohnlichem Most mit oder ohne Zusatz von etwas 
Salz oder mit Rosinenwein (Col. Pall. a. a. O. 
Geop. X 25, 2) oder Weintrestern, Spreu, Getreide 
(Pall. Ill 25, 9) oder mit Honig (Coll. XH 10, 5. 
Pall. Ill 25, 9) angefullt, zugedeckelt und ver- 
gipst (Col. XII 10, 4) oder an einer feuchten, 
harte Sorten an einer sonnigen Stelle vergraben 
(Pall. Ill 25, 8. 9), oder einfacher die Birnen in 
einer mit Sagespahnen gefiillten Grube bewahrt 
wurden (Geop. X 25, 2). Eine Art Keuschheits- 
trank oder Fastenbruhe, liquamen eastimaniale, 
stellte man dadurch her, dass noch nicht reife 
Birnen mit Salz zerquetscht und in ein ausge- 
pichtes Gefass gebracht wurden, worauf sich nach 
arei Monaten eine angenehm schmeckende Fliissig- 
keit ausgeschieden hatte (Pall. Ill 25, 12). Das 
Recept fur ein in einer Pfanne bereitetes Gericht, 
eine patina, welches aus gekochten Birnen mit 
Honig , 01 , Eiem , Gewiirzen u. s. w. zubereitet 
wurde, giebt Apicius (168) an. 

In medicinischer Hinsicht sollten die wilden 
Birnen, welche zu gleich herbe und suss seien (Gal. 
XI 648) mehr astringieren als die edeln (Diosc. 
I 167. 168), besonders gedorrt (Plin. XXHI 116), 
doch die spat reifenden , dxeddsg x £l ^S l0t > m 
reifem Zustande den Leib Offnen und reinigen 
(Ps.-Hipp. I 689 K.). Giftige Pilze sollten un- 
schadlich werden, wenn sie mit wilden Birnen (Diosc. 
I 168) oder deren Stengeln (Cels. V 27, 12. Plin. 
XXn 99) gekocht wurden, und die Asche des Holzes 
ihr Gift paralysieren (Diosc. a. a. 0. Plin. XXM 
116). Von den edeln Birnen heisst es, dass sie 
reif den Leib effhen, unreif astringieren (Diosc. a. 
a. 0. Cels. H 30); doch sollten sie alle etwas 
sauerlich sein (Gal. XI 631), etwas astringieren 
(Gal. XI 591; vgl. Cels. II 33. Diosc. 1 167)_ und 
dem Magen zutraglich sein , so das Crustuminum 
und Naevianum (Cels. II 24) und in conservier- 
tem Zustande das Tarentinum und Signinum 
(Cels. a. a. 0. Scrib. Larg. 104. Marc. Emp. 20, 
9). Plinius (XXHI 115) sagt, dass alle gekoch- 
ten Birnen, besonders das Crustuminum, bekemni- 
lich seien und, in Honig gekocht, den Magen 
starkten. In Most gekocht sollten wilde Birnen 



oder unreife tarentinische und signinische den 
Bauchfiuss hemmen (Cels. IV 26). Der Cider 
halbreifer Birnen wird als herbe, astringierend und 
magenstarkend geschildert (Diosc. V 32). 

[Olck.] 

Birosfibon (BiQoodficov Not. episc. I 1006; 

ebd. V 133 Btpoodfiaiv), Bischofsitz in Palaestina 

tertia. Fur die versuchte Gleichsetzung mit Bai- 

tarrhus (s. d.) liegen keine Grlinde vor ; dagegen 

10 dflrfte B. entweder mit Berosaba oder mit Bir- 
sama der Not. dign. identisch sein (s. Berosaba, 
Bersabe Nr. 1, Birsama). [Benzinger.] 

Birralis, Ort in Mesopotamien sudostlich von 
Edessa, Tab. Peut. [Fraenkel.] 

Birrius. 1) Als latro genannt, Horat. sat. 
I 4, 69. [Klebs.] 

2) Q. Birrius, von Plin. n. h. im Quellenver- 
zeichnis zu B. XIX citiert, ganz unbekannt. 

[Wissowa.] 

20 Birr US {byrrus, burrus), ein mit einer Kapuze 
versehener Cberwurf, Iuv. 8, 145: Santonieo eu- 
eullo, dazu Schol. : Cucullo de byrro Oallieo ; vgl. 
Cod. Theod. XIV 10, 1, 2 (aut byrris out ouctdlis). 
Weiteres ist iiber die Form nicht bekannt; die 
fruher auf Grund des Ed. Diocl. angenommene 
Gleichstellung mit sagum (Marquardt Privatl. 2 
567, 8) ist durch die Entdeckung weiterer Frag- 
mente des Edicts (XIX 60) hinfallig geworden. 
Der B. war aus steifem, rauhem Stoff, Sulpic. Sev. 

30 dial. I 21, 4 (14). Eucheria BaehrensPLM V 60. 
Dass aber auch feinere B. in Gebrauch waren, be- 
weist das Ed. Diocl. XIX 26. 27. 32ft, wo als 
Fabricationsplatze Orte angegeben werden, deren 
Wollwaren beriihmt waren (Nervier, Laodicea, Ca- 
nusium), und die Preise hoch sind, bis zu 8000 
Denaren (146 Mark). Ebd. VII 42. 43 der Arbeits- 
lohn, XXn 21ff. der Waschlohn. Nach dem Na- 
men (= jivqqos Fest. ep. 31, 6) war die Farbe 
ursprflnglich rot, doch kommt Ed. Diocl. XIX 38 

40 auch ein gestreiiter {at/ fiicotog) B. von Canusium 
vor. Franzfisisch bure, grobes Tuch. Salmasius 
ad Tertull. de pall. p. 81. Marquardt Privatl. 2 
567. [Man.] 

Birsama (Not. dign. or. XXXIV 10. 22), 
Militarstation (eqtiites Thamudeni Illyriciam) im 
Gebiet des Dux Palaestinae ; von Berosaba (s. Ber- 
sabe Nr. 1) ausdrucklich unterschieden ; diirfte 
im Siiden des westjordanischen Palastina zu suchen 
sein. Die versuchte Identification mit Beth-sames 

50(Reland, Ritter) beruht auf der Lesart Bit- 
sama und ist sonst nicht sehr wahrscheinlich. 
Dagegen ist entweder der Bischofsitz Barsama 
(Kot. episc. V 108) oder Birosabon (Birosamon 
ebd. I 1006. V 133) mit B. identisch; vielleicht 
auch das Berzamma des Ptolemaios, s. auch Bar- 
samon, Bersabe Nr. 1, Berzamma, Birosa- 
bon. Re land Palastina 656f. Ritter Erdkunde 
XIV HOf. [Benzinger.] 

Birtha (Bigda). 1) Stadt' in Osrhoene am 

60 Euphrat (Hierocl. 715, 2). Es ist das aramaeische 
Btrf'd ^urg". Damit identisch ist Biq&<ov, Georg. 
Cypr. descr. orb. Rom. 899 Gelzer, vielleicht auch 
Bintha Not. dign. or. XXXV 28. 

2) Castell im sftdlichen Mesopotamien am Ti- 
gris, Ptol. V 18; xdozQor Bigdag Georg. Cypr. 
937 Gelzer; wahrscheinlich identisch mit Virta 
Amm. Marcell. XX 7, 17. [Fraenkel.] 

3) Stadt in Arabia deserta (var. Bi'dga), am 



499 



Birthaba 



Bisanthe 



500 



Euphrat, unterhalb Thapsakus, Ptol. V 19 , 3. 
Sie ist, wie wahrscheinlich yon Nr. 1, so gewiss 
auch von Bithra Nr. 2 verschieden. Jetzt ed Deir. 
Kitter Erdk. XI 691. Das Wort Birtha bedeutet 
im Aramaeischen ,Burg, Castell'. [D. H. Miiller.] 

Birthaba s. Bithaba. 

Birthaehabrae (x&cxqov !?(£>#«;?"/??«»??, var. 
^iQ'&ax^Qarjg), Castell in Mesopotamien, Georg. 
Cypr. 932 Gelzer (vielleicht corrumpiert aus Biq- 
&ctQafl&arjs A. i. aramaeisch Birfia rabt h a ,grosse 
Burg). [Fraenkel.] 

Birytos (oder Birytis), nur aus Miinzlegenden 
bekanntes Stadtchen, nach den Miinzmnden wohl 
der Troas. Head NH. 470. [Biirchner.] 

Birziniinlum (It. Ant. p. 339; Tab. Peut. 
Bersumno; Geogr. Rav. 208, 3 Burxumi; 211, 
8: Item iuxta Burxumon est civitas quae di- 
citur Medione [jetzt Medun nordOstlich von Pod- 
gorica]), alte epichorische Ansiedlung, Station der 
Binnenstrasse Scodra-Narona in Dalmatien ; wahr- 
scheinlich in dem fruchtbaren Moracathale un- 
weit von Podgorica, der volkreichsten Stadt Mon- 
tenegros, wo die Glasschale CIL III 10190 (vgl. 
Bull, cristiano 1877, 77 Taf. 5. 6) gefunden wurde. 
War wohl dem benachbarten Doclea attribuiert. 
A. Evans Antiquarian researches in Illyricum 
I 85. W. Tomaschek Mitt, der geogr. Gesell- 
schaft in Wien 1880, 554. Kiepert Pormae orbis 
antiqui XVII. K. Hassert Reise durch Monte- 
negro 14ff. [Patsch.] 

Bis, Bis nohg bei Isidor. Char. 16, Ortschaft 
in der Landschaft Anauon zwischen Areia und 
Zarangiane, und zwar siidlich von der Stadt Phra, 
dem heutigen Farrah. Der Name diirfte Bist ge- 
lautet haben; die Itinerare der Araber erwahnen 
eine drei Tagmarsche siidlich von Frah gelegene 
Station Bist oder Bistek auf dem Wege nach 
Zarang. Vgl. Bigis. [Tomaschek.] 

Bisit. 1) Bioa, Quelle in Elis, iriiher Ilioa 
genannt, von der nach einigen die Landschaft 
Pisatis benannt sein sollte, Strab. VIII 356. Cur- 
tius Pel. II 114, 75. Bursian Geogr. II 289. 

2) Blaa (?), Stadt in Thrakien, Steph. Byz. 

[Oberhummer.] 

Bisaltai (BiaaXxai) , ein urspriinglich thra- 
kisches, spater zu Makedonien gerechnetes Volk, 
dessen Gebiet (BioaXxia, Bisaltica) sich westlich 
des unteren Strymon von Amphipolis und Argilos 
bis gegen Herakleia Sintike aufwarts erstreckte 
und die Stadte Berge, Arrolos, Euporia, Kalliterai, 
Ossa umfasste, Her. VII 115. Strab. VII 329 frg. 
11. 331 frg. 36. Ptol. Ill 12, 32 (13, 35). Lykophr. 
417 m. Schol. Steph. Byz. Plin. n. h. IV 38. 40. 
Doch fanden sich B. auch in den Stadten der Halb- 
insel Akte, wo sie sich neben ihrer thrakischen 
Muttersprache der griechischen bedienten (Thuk. 
IV 109, 4. Diod. XII 68, 5), sowie Ostlich des 
Strymon, welcher nach Strab. a. a. O. das von 
ihnen bewohnte fruchtbare Thai teilte (duugu), 
und sogar jenseits des Nestos (Liv. XLV 30, 3), 
wahrend sich ihre gelegentlichen StreifzQge einer- 
seits bis Pallene, wo sie mit den Chalkidiern und 
den Bewohnern von Sithonia in Streit gerieten 
(Konon 20. 32), anderseits bis nach Kardia aus- 
dehnten (Charon 9, FHG I 34 aus Athen. XII 
520 d — f). Ihr Eponymos (Biodkx^g) gait als Sohn 
des Helios und der Ge, Steph. Byz. Zur Zeit 
des Xerxes vrm-den sie samt den Bewohnern der 



Krestonike von einem KOnig thrakischen Stammes 
beherrscht, welcher auf Seite der Griechen stand, 
Her. Vin 116 (ebd. VI 26 BiadXt^g zuerst als 
Personenname gebraucht). Durch Alexandros I. 
wurden sie der makedonischen Herrschaft un- 
terworfen, Thuk. II 99 , 6. Abel Makedonien 
153. Duncker Gesch. d. Alt. IX 224f. Spater 
schickte Perikles dorthin 1000 Colonisten, Plut. 
Per. 11. Duncker 230. Bei der Teilung Ma- 

10 kedoniens durch die EOmer im J. 167 v. Chr. 
karrt Bisaltia, wo Perseus nach seiner Niederlage 
vergebens einen Mckhalt gesucht hatte (Liv. 
XLIV 45, 8), zum ersten Kanton, Diod. XXXI 8, 8. 
Liv. XLV 29, 6. Die Fruchtbarkeit des Landos 
an Feigen, Wein und 01 riihmt Theop. 265, FHG 
I 324 (ans Athen. HI 77 e). Auf die Pflege der 
Viehzucht bei den B. weist Verg. G. Ill 461. 
Eine Merkwiirdigkeit der dortigen Hasen berichtet 
Theop. 137, FHG I 301 (auch Aelian. n. a. V 27. 

20X1 40. Athen. IX 401b. GeU. XVI 15. Steph. 
Byz.) und [Arist.] mir. ausc. 122. Silbermiinzen 
mit der Aufschrift BI2AATIKON u. a. und den 
Konigsnamen Mosses (urn 500), Demetrios (um 
450), Bastareus (um 350) bei Head HN 178f. 
Leake N. Gr. Ill 213f. Cat. of Greek Coins, 
Macedonia etc. 140ff. Vgl. Tomaschek Die alt. 
Thraker I 58f. [Oberhummer.] 

Bisaltes (Bwdlxtjg). 1) Name eines Flusses. 
Steph. Byz. s. BwaXxia. Nach Leake N. Gr. Ill 

30 228 das bei Amphipolis von Westen her in den 
Strymon mundende Fliisschen, nach Kiepert N. 
Atl. v. Hell. VII einer der westlichen Zufliisse 
des kerkinitischen Sees, wahrend ihn Tomaschek 
Die alt. Thrak. I 58 fur ein poetisches Synonym 
des Strymon halt. [Oberhummer.] 

2) Sohn des Helios und der Ge, Eponymos 
der makedonischen Stadt und Landschaft, Pha- 
vorin. frg. 44 aus Steph. Byz. s. Biaakxia, FHG 
III 583f. 

40 3) Vater der Theophano, der vieler Freier 
Antrage fiir seine Tochter erupting, bis diese in 
Gestalt eines Schafs von dem widdergestaltigen 
Poseidon den goldvliessigen Widder der Argon au- 
tik empfing, Hygin. fab. 188. Theophano heisst 
hiernach Biaalxig (s. d.). [Tiimpel.] 

4) Sohn des Apollophanes aus Abydos. Ihra 
wird nach der Schlacht bei Lade von Histiaios 
der Befehl im Hellespont ubertragen im J. 494, 
Herod. VI 26. [Kirchner.] 

50 Bisaltia {Bisaltica). 1) Gau in Makedonien, 
s. Bisaltai. 

2) Stadt daselbst, von Steph. Byz. wohl nur 
willkiirlich angenommen. [Oberhummer.] 

Bisaltis (BiaaXtis), Beiname der Theophano 
bei Ovid. met. VI 117. [Tiimpel.] 

Bisambritae Plin. VI 78, indische Volker 
schaft am Oberlauf des Indus; nicht weiter be- 
stimmbar. [Tomaschek.] 

Bisanthe (Biouvihj, Ethn. Biaav§t]v6g, Steph. 

60 Byz.), Stadt in Thrakien an der Propontis , eine 
Grimdung der Samier (Mela II 24. Steph. Byz.), 
zuerst von Her. VII 137 zum J. 430 erwahnt. Al- 
kibiades erbaute sich dort (vor 407 v. Chr.) ein 
festes Schloss (Plut. Alk. 36. Nep. Ale. 7, 4), 
Hertzberg Alkibiades 333f. Urkundlieh wird 
der altere Name noch durch Kupfermiinzen aus 
dem 3. Jhdt. v. Chr. mit BISAN&HNQN be- 
zeugt. s. Head HN 229. Cat. Gr. Coins, Taur. 



501 



Bioftata 



Bisigibilias 



502 



Chers. 87. Beschr. d. ant. Mtinzen I 138. Im 
J. 400 war sie im Besitz des Thrakerfiirsten 
Seuthes, welcher sie als seinen besten Kiistenplatz 
riihmte (Xen. an. VII 2, 38. 5, 8). Der spatere 
Name, fiber welchen Kalopathakes De Thracia 
31 sowie Tomaschek Die alt. Thrak. II 2, 68 
zu vergleichen, flndet sich in der Form Resisthon 
schon bei Plin.. n. h. IV 48, der jedoch ebd. 43 
B. noeh als eine davon verschiedene Stadt auf- 



Bisdina (BioSlva), Ort in Thrakien, in der 
Gegend von Marcianopolis, durch Iustinian I. be- 
festigt, Procop. de aedif. IV 11 p. 307. 

[Oberhummer,] 

Bisellium, ein fiir zwei Personen ausreichen- 
der Sessel. Varro de 1. 1. VI 128 ab sedendo ap- 
pellatae secies . . sellae — deinde ab his subsel- 
lium . . . ubi in eiusmodi duo, bisdlium dictum. 
Zwei bronzene pompeianische Bisellien bei Over- 



fnhrt, wahrend bei Ptol. Ill 11, 4 (6) der Zusatz lObeck-Mau Pompeii 426 Fig. 227. Ursprilng- 



rjxoi 'PaiSearw wohl nur eine Glosse ist. Spatere 
Quellen kennen nur mehr den letzteren Namen, 
so Itin. Ant. 176. 332 Besisto. It. Hieros. 601 
memsio Begisto. Not. episc. I 137. II 53. VII 125. 
X 185. Xin 48 Parth. Basil, in Georg. Cypr. 
137 Gelz. Nov. Tact. 1264 ebd. 'PcuSeexov. Not. 
episc. VIII lib'Pedtaxov. TK.b2'Po5oaxov (Bistum 
unter der Metropolis von Herakleia). Einen be- 
deutenden Aufsehwung nahm die fiir den Handel 



lich auch fiir zwei Personen bestimmt, s. das Bild 
bei Zahn Ornamente und Gemalde aus Pompeii 
I 70unddanachbeiDaremberg et Saglio Diet. 
I 712 fig. 862; in der Regel aber ein Doppelsitz 
fiir eine einzige Person, vgl. das B. des C. Muna- 
tius Faustus, erwahnt CIL X 1030 nnd, nach dem 
Belief des Altars, abgebildet bei O verbeck-Mau 
415 Fig. 214; ein B., ebenfalls in Relief gebildet, 
unterhalb der Inschrift des C. Calventius Quietus 



an der Propontis vorziiglich gelegene , aber den 20 CIL X 1026. Wahrend die der Municipatmagistra- 



Einfallen der Barbaren ausgesetzte Stadt unter 
Iustinian 1., welcher sie mit einer starken Mauer 
umgab und zu einem Zufiuchtsort fiir die ganze 
Umgebung machte (Procop. de aedif. IV 9). Zwei- 
mal wurde sie in der Folge durch die Bulgaren 
zerstort, namlich im J. 813 unter Krum (Sym. 
Mag. in Leo Arm. 9 p. 614 Bonn.) und im J. 1206 
unter E6nig Johannes (Niket. Akom. p. 831 Bonn. 
Georg. Akrop. 13 p. 25f. Bonn.), um welche Zeit 



tur nachgebildeten seviri Augmtales durch die 
sella ourulis ausgezeichnet werden, werden die 
collegialen Augustales decreto decuriowum, auch 
unter dem consensus populi, durch das B. ge- 
ehrt, das bei seviri Augustales nur in einer Zeit 
begegnet, in der der Unterschied zwischen seviri 
Augustales und blossen Augustales bereits im 
Schwinden war; vgl. o. Bd. II S. 2352, 47-54. 
2354, 30-34. Eine solche Ehre wird als honor 



sie in den Kampfen zwischen Franken und Bui- 30 bisellii oder (CIL X 5348) als honor biselliatus, 



garen gleichsam ein Vorwerk von Constantinopel 
bildete, s. Hertzberg Gesch. Griech. II 22. 32. 
Auf die nahen Beziehungen zur Hauptstadt weist 
die Feier des Osterfestes durch Isaak II. Angelos 
im J. 1193 (Niket. Akom. in Is. Aug. Ill 8 p. 
590) , die Verbannung widerspenstiger Kleriker 
dorthin unter Michael VIII. Palaiologos im J. 1275 
und die Landung dieses Kaisers vor seinem Tode 
im J. 1282 (Georg. Pachym. in Mich. Pal. V 19 



der also Geehrte als biselliarius (z. B. CIL X 
1217) bezeichnet. Urkunde iiber die Verleihung 
des honor bisellii aus Veii CIL XI 3805: cen- 
tumviri municipii Augusti Veientis . . . cum con- 
venissent, placuit universis . . . honorem ei (sc. 
C. lulio Geloii) iustissimum decerni, ut Augu- 
stalium numero habeatur aeque ae si eo konore 
usus sit liceatque ei omnibus spectaeulis mu- 
nicipio nostro bisellio proprio inter Augustales 



p. 391. VI 36 p. 528). Es erhellt hieraus zu- 40 considere. Abgesehen von Augustalen begegnet 



gleieh, dass die Stadt aus jeder Zerstorung wieder 
erstand, wie sie auch unter Andronikos n. und III. 
hauflg im Zusammenhang mit Kriegsereignissen 
genannt wird, so wurde sie 1307 nach tapferer 
Gegenwehr von der katalanischen Compagnie unter 
Boccaforte besetzt (Georg. Pachym. in Andr. Pal. 
VH 11 p. 586. 22 p. 613. 26 p. 621ff. 27 p. 627. 
Hertzberg a. a. O. 225f.; Gesch. d. Byz. 456), 
1321/22 nach ihrem Abfall zum Thronfolger durch 
Syrgiannis wieder fiir den Kaiser gewonnen (Kan- 50 
takuz. I 27 p. 136. 30 p. 143. Hertzberg II 
264f.). Dort starb 1324 die Gemahlin des Kaisers 
Andronikos III. (Kantakuz. I 40 p. 193) und siegte 
letzterer im J. 1330 Tiber berittene tiirkische Raub- 
scharen (Kantakuz. II 40 p. 436. Hertzberg II 
270). Jetzt Rodosto. [Oberhummer.] 

BiofSata, ein von den Messapiern gefeiertes 
Fest, das bei Hesych s. ^ia^rjr mit dem Fest 
der Kladeuteria verglichen wird. Es wird zu der 



Verleihung an einen patronus reipublieae zu Pel- 
tuinum (CIL IX 3436), an Decurionen (CIL HI 
Suppl. 8086), bezw. an einen deeurionalibus omni- 
bus honoribus functus (CIL X 5348), an ingenui 
(CIL X 8104) und liberti (z. B. CIL X 6586). 
Nach CIL X 112 setzt zu Petelia Q. Fiducius 
Alcimus ob honor. Aug. dem Traian ein B. ex 
d. d., wohl im Theater. Vgl. Marquardt St.- 
Verw. I 2 177. Ruggiero Diz. epigr. I 1007. 

[Neumann.] 

Bisera s. Be sera. 

Bisica, Stadt der Provinz Africa, mit dem 
Beinamen Lucana (CIL VI 1401. VLH 1357), 
18 Millien von Avitta entfernt (Tab. Peut., wo 
Bisca oder Bisca geschrieben ist), deren BiscbMe 
in spaterer Zeit ofters erwahnt werden (s. CIL 
VIII p. 169). Die Ruinen heutzutage Henchir 
Bischka; die dort gefundenen Inschriften, die 
zeigen, dass der Ort im 2. Jhdt. n. Chr. Munici- 



Zeit gefeiert sein, in der man die Weinreben be-60pium war, s. CLL VIII SuppL 12 285ff.; spater 



schneidet. [Kern.] 

Biscargis (Btoxapytg Ptol. H 6, 63; Bisgar- 
gitani civ. Rom. Plin. ni 23), Stadt der Iler- 
cavonen in Hispania Tarraconensis, zum Conventus 
von Tarraco gehOrig. Die Lage ist nnbekannt; 
der Entfernungen wegen und nach einer ganz ent- 
fernten Klangahnlichkeit setzt man es an die 
Stelle des heutigen Berrus. [Hiibner.] 



wurde es Colonie (VIII 1357). Frtxher hatte man 
B. irrtiimlich mit Testur identificiert; vgl. Tis- 
sot Geographie comparee de l'Afrique H 333. 

[Dessau.] 

Bisigibilias (?), Fluss Germaniens beim Geogr. 

Rav. IV 18 p. 213 haec patria kabet non modica 

flumina, inter cetera fluvius grandis qui dicitur 

Albis et Bisigibilias sexaginta, quae in Oceano 



503 



Bismapha 



Bistones 



504 



505 



Bistonia 



Bithos 



506 



funduntur. Die Stelle ist verderbt, Pinder und 
Parthey schlagen zweifelnd vor: Vimrgi et alia 
sexaginta. [Him.] 

Bismapha (Biofiacpa), Ort in Thrakien, von 
Iustinianl. befestigt, Procop. de aedif. IV 11 p. 308 
Tomaschek Die alt. Thrak. II 2, 60. 

[Oberhummer.] 

Bismideon (Bta/iidswv), Castell in der Nahe 
von Theodosiopolis von Iustinian angelegt, Pro 



p™ flo aa j;,ii R rT — 77 T Kt ,« mBUHim \j>unavTis uuer movavng), Bonn ttes 

v?ft . de . ?, e - ; " 6 ' Den Anfang des Namens 10 persischen Konigs Artaxerxes Ochos, wird von 



ajwa amara die Peutingersche Tafel), Station der 
Strasse von Leptis Magna nach Arae Philaeno- 
rum, und zwar zwischen Tubactis und Macomades 
Selorum, wo auch zwei Seitenstrassen miindeten, 
Tab. Peut. Eine Vermutung iiber die Lage bei 
Tissot G6ogr. compared de I'Afrique II 230. 

[Dessau.] 

Bissnla s. o. Bd. II S. 2564. 2571. 

Bistanes (Bwtdvrjg oder Bioddvng), Sohn des 



bildet vielleicht das aramaeische Be (Bi) ,Haus' 

[Fraenkel.] 

Bisontii, Amm. Marcell. XV 11, 11 apud 
Sequanos Bisontios videmus et Rauracos aliis 
potiores oppidis rnultis. Also die Bewohner um 
Besancon (vgl. Amm. Marc. XX 10, 3 -per Besan- 
tionem Viennam hiematurus abseessit). S. Ve- 
sontio. [Ihm.] 

Bissextum ist das biduum, welches im Schalt- 



Arrian. Ill 19, 4 im J. 330 v. Chr. erwiihnt. 

[Kaerst.] 

Bistiros s. Pis tyros. 

Biston. 1) 5»'sfora (Geogr. Rav. 208, 16. 380, 4. 
Guido 542, 6), Station der Strasse Salonae-Narona 
in Dalmatien; sicher nieht mit Bistua identisch, 
da beide Orte dieses Namens in Binnendalmatien 
anzusetzen sind. Nach W. Tomaschek Mittei- 
lungen der geogr. Gesellschaft in Wien 1880, 



™i>, A,. ■ 7 • i. — "™»"i»™u»""u™»r lungcn uci geogr. ueseuscnait in wien 1HSU, 
janr de, lulianischen Kalenders aus dem a. d. F720 524 bei Baska voda (gegeniiber von Brazza; Fund- 

RJll.. Mn.rr.7J1.ff nnn Horn SitliflU^.v M™,.,™. t>^« rt *, -__i <"itt txt ..rtnrt .«„„ „ ^ . '. 



Kal. Martias und dem Schalttag (dessen Benen 
nung als bisseoetus vielleicht erst im spateren Sprach- 
gebrauch nachweislich ist, vgl. Ideler Chronologie 
II 129, 1 und Sternkopf Jahrb. f. Philol. 1895, 
721f., bissextwm bei Censorinus de die nat. 20, 10. 
Macrob. sat. 1 14, 6. Ammian. Marcell. XXVI 1, 7ff.) 
gebildet ist und als eine Einheit von den Rechts- 
lehrern behandelt wird (Cels. Dig. L 16, 98 pr. cum 
bissextum Kalendas est, nihil refert, utrum prior e 



ort von OIL III 1899—1903, vgl. p. 1499), ,wo- 
selbst ein Weiler den Namen Bast ftihrt'. 

[Patsch.] 
2) Stammvater der thrakischen Bistonen, Sohn 
des Ares und der Kallirrhoe, der Tochter des 
Nestos, Bruder des Odomas und Edonos (der Stamm- 
vater der Odomanten und Edonen) ; oder Sohn des 
Paion und Enkel des Ares, Steph. Byz. s. Biaxo- 
via, oder Sohn des Kikon, Philosteph. Schol. Ap. 



„™ „„„* ■ j- - ••"*•*■ "i™ °> ■""«"'"/"«"* ■*■«!, uuci auim ues Hilton, i-nuostepn.scnol.Ap. 

mJ a "Wn" $?f o"*S"t? V' weit f hm von 30 Ehod - H 704, oder Sohn des Terpsichoros, Et. M. 



Ulpian citiert Dig. IV 4, 3, 3). Halt man diese Auf- 
fassung auch fur die viel erOrterte Inschrift H e n z e n 
6123 = OIL Vin 6979 fest: templum dediefatum) 
L. Vmuleio Aproniano (iterum) L. Sergio Paulo 
(iterum) eo(n)s(ulibus), d. i, 168 n. Chr., V K(a- 
lendas) Martfias), qui dies post bis YIKfalen- 
das) fuit, so ist es nieht mbglich, mit Momm- 
sen Rom. Chronologies 278ff. daraus den Schluss 
zu Ziehen, dass der zweite Tag dieses biduum 



s. Biaxovirj. ' [Hoefer.] 

Bistones (Bwxovsg, seltener mit a>; s. iiber 
die Formen des Namens Steph. Byz. und Biihr 
zu Her. VII 109), thrakisches Volk am aegaeischen 
Meer und dem Strandsee Bistonis (s. d.), zwischen 
den Kikonen und Sapaeern (Her. VII 110), unweit 
der Stadte Abdera und Dikaia (Strab. VII 331 
frg. 44. Plin. n. h. IV 42). Wohl ungenau ver- 
legt sie Dion. Per. 5751 an einen (sonst nieht 



A a ~ «,•„ i • Z. — D r,: . — & T , „ , "•"•"-«■"- icgi sic uiuu. rer. o<oi. an einen (sonst merit 

der eigenthche Schalttag sei. Jedenfalls bleibt 40 bezeugten) Pluss Apsinthos, iiber welchen Tom a- 



der Widerspruch zwischen Celsus (Dig. L 16, 98 pr. 
posterior dies inter xalatur, non prior; wiederholt 
von Ulpian a. O.), der den 25. Februar als Schalt- 
tag auffasst, und den iibrigen Gewahrsmannern 
bestehen: Macrob. a. O. (inter calavii) ante quin- 
que ultimos Februarii mensis dies idque bissex- 
tum censuit nominandum, Censorinus a. O. post 
Terminated (also nach dem 23. Februar), Polemius 
Silvius (CIL 12 p. 259. 286) zu VII Kalendas 
Martii: m —- ' " ' ,- ... 



schek Die alten Thrak. 145, doch auch Kiepert 
N. Atl. v. Hell. IX zu vergleichen. Indessen nennt 
auch Flaccus in Anth. Pal. VTI 542, 4 den Hebros 
einen bistonischen Fluss. Die genealogischen Be- 
ziehungen ihres Stammherrn Biston (s. d. Nr. 2) 
weisen auf nahere Verwandtschaft mit den Stam- 
men der Kikonen, Odomanten, Edoner (Steph. 
Byz. Philosteph. in Schol. Apoll. Rhod. II 704). 
Sie sind das Volk des Diomedes und seiner menschen- 



m . r ,. — , — /. *w~- •****• um oumuaa » uin. ucs i^ioiueues uuu seiner menscnen- 

lermmalta, hoe dte quarto bisextum 50 fressenden Stuten, Eurip. Alk. 485. Apollod. bibl 



anno voeamns, was gewiss so nieht richtig ge- 
sagt ist, aber nur dann gut begreiflich erscheint, 
wenn der 24. Februar der Schalttag ist. Auch 
die Folgezeit hat den 24. Februar als Schalttag 
behandelt und daher scheidet er schliesslich im 
gregorianischen Kalender die Reihe der Heiligen- 
namen zum 1. — 23. von den Heiligennamen fur 
den 24—28. Februar. Gbrigens erwartet man auch 
von vornherein, da die Tage von den Kalenden 



II 5, 8. Plin. a. a, O. Sen. Here. fur. 230f. Lucan. 
II 163. Lucret. V 30. Auch die Heimat des Or- 
pheus wird dorthin verlegt, Orph. Arg. 78. Phanokl. 
in Stob. flor. 64, 14, 7. Anth. Pal. VII 10, 2 (fav- 
$ol BwxoviSeg). [Mosch.] m 18. Apoll. Rhod. I 
32ff. II 705f. Nonn. Dion, passim. Claud. XXXIV 8 
Val. Flacc. HI 160. Sil. It. XI 473; ebenso der 
Sitz des Tereus, Verg. Cul. 252. Sen. Ag. 708. 
Stat. silv. II 4, 2. Sie galten als kriegerisch 



..,..' , , "6, '"" "■*■" ^u.^i.^1. oimi,. suy. j.jl t, i,. oie gaisen ais Krieeeriscn 
zuruckgezahlt werden, dass der a. d. bis VI Kal. 60 (Apollod. a. a. O. Wvovg uaiiuamixov. Sil It II 

Mart, vnr dp-m n rl VI V„l 1W n ~t ««1«™„^ 1. n V.« no l .,.• njj . "•rt. .„,,,„ . 



Mart, vor dem a. d. VI Kal. Mart, gelegen habe. 
Vgl. besonders noch Bergk Beitrage zur r5m. 
Chron. 606ff. Holzapf el Rem. Chronologie 326. 
Unger in Mullers Handbuch 12 819f. Sternkopf 
a. a. O. 1895, 718ff. Soltau Rom. Chron. 158f. 

[Kubitschek.] 
Bissinm (oder Dissium), Ort in Africa, mit 
Mineralquellen (Bissio — oder Dissiol Vissiol — 



76 Innatis Bistones armis. Stat. Theb. II 586 f. 
ensem Bistonum) und eifrige Verehrer des Ares, 
s. Biston und Diomedes, dazu Lucan. VII 569. 
Sil. It. I 433. Stat, silv. I 1, 18f.; Theb. VI 
643 ; daneben werden auch Minerva und Bellona 
genannt (Ovid. Ih. 377. Lucan. a. a. O.). Ge- 
schichtlich werden sie nur beim Zug des Xerxes 
erwahnt (Her. VII HO). Bei rCmischen Dichtern 






scheint ihr Name haufig fiir thrakisch uberhaupt 
zu stehen, s. Hor. carm. U 19, 20. Verg. Cir. 165. 
Ovid. Her. XVI 344. Sen. Here. Oet. 1046. 1900. 
Lucan. IV 767. VII 826. Stat. Theb. VII 7. XI 
194. Claudian. VII 111. VIII 54. XX 565. XXVHI 
440f. Val. Flacc. I 726. Ill 83. Vgl. Toma- 
schek a. a. 0. 40f. [Oberhummer.] 

Bistonia (Btaxovla), das Gebiet der Bistonen 
(s. d.) in Thrakien, bei Steph. Byz. als nohs be- 
zeichnet, Orph. Arg. 78. [Oberhummer.] 

Bistonis (Biaxovig), Strandsee (Xifivo&dXaxxa) 
an der thrakischen Kiiste bei Abdera, im Gebiet 
der Bistonen (s. d.), von 200 Stadien Umfang 
(Strab. VII 331 frg. 44. 47), den er nach Strab. I 
59 erst durch tJberflutung mehrerer Ortschaften 
erreicht hatte. In ihn miinden die Fliisse Trauos 
und Kompsatos (Her. VII 109), sowie der Kossi- 
nites (Aelian. n. a. XV 25). Er war ausserordent- 
lich reich an Fischen (Arist. hist. an. VIII 15, 2) 
sowie an Sumpf- und WasservOgeln , besonders 
Kranichen, worauf Antip. Sid. in Anth. Pal.. VII 
172, 2 und Lucan. Ill 200 weisen. Sonst wird 
der See noch von Skymn. 674f. Plin. n. h. IV 42. 
Ptol. in 11, 5 (7) genannt. Jetzt Buru Gjol, 
ein e Lagune von nur 1 Va — * m - Tief e. E.D.Clarke 
Travels VIII 66ff. und die dort angefiihrten Stellen 
aus Belon. Mediterranean Pilot IV 249. Admi- 
ralty Plan N. 1892. [Oberhummer.] 

Bistua Tetas (Tab. Peut. Geogr. Rav. 211, 15) 
und nova (Tab. Peut.), zwei Orte in Binnen-Dalma- 
tien; die Lage des einen ist durch CIL III 12765; 
dee. man. Bis. und 12766: duumvfiro munie. 
B]ist. sowie durch aufgedeckte ausgedehnte Rui- 
nen in Zenica an der Bosna bestimmt worden. 
Die grosse fruchtbare Thalweitung eignete sich 
trefflich fur eine Stadtanlage. Ob Alt- oder Neu- 
B. hier war, lasst sich nieht bestimmen. Man 
kann annehmen, dass beide nieht weit von ein- 
ander lagen, dass Neu-B. auf dem ubergrossen 
Territorium von Alt-B. entstanden ist. Das letz- 
tere setzten Kiepert (Formae orbis antiqui XVII 
S. 5) in Suica (Ostlich von Aequum) und W. To- 
maschek (Mitteilungen der geogr. Gesellschaft 
in Wien 1880, 519ff.) bei Eminovo polje, das 
erstere dagegen in Putacevo bei Travnik im Lasva- 
thale, bezw. in Fojnica (nordwestlich von Sarajevo) 
an. Das Zenicaner B. war munieipium (CIL 
III 12761. 12765. 12766 vgl. 8783), als dessen 
oberste Magistrate Duumviri (CIL JJI 12766) 
fungierten. Das Territorium der Stadt erstreckte 
sich westlich vier Stunden weit bis Fazlici (CIL 
HI 12761). Sie unterhielt rege Verbindungen 
mit dem Westen, mit dem concilium von Dal- 
matien (CLL III 12766), mit Narona, Azinum, 
Splonum, Arupium (CIL HI 8783). Die Civitat 
ist hier successive verliehen worden , vielen wahr- 
scheinlich erst durch die Gonstitutio Antonina 
(Patsch Wissenschaftl. Mitteilungen aus Bosnien 
und der Hercegowina III 244). Von den Tempeln 
ist der der urbs Roma bezeugt (CIL III 12767). 
Sicher hatte hier, wo eine zum Teil aus romisch 
heidnischen Grab- und Votivsteinen erbaute fruh- 
christliche Basilika blossgelegt wurde (C. Tru- 
helka Wissenschaftl. Mitteilungen I 273ff.; Die 
christlichen Denkmaler Bosniens und der Her- 
zegowina 17ff.), der auf den Provincialconcilien 
von Salonae in den J. 530 und 532 auftretende 
Andreas, episcopus Bestoensis eeclesiae (Kukul- 



jevid Codex diplomatics regni C. D. S. I 195ff.) 
seinen Sitz ; er beklagt sich iiber die grosse Aus- 
dehnung seines Sprengels. [Patsch.] 

Blsula bieten die Hss. bei Amm. Marc. XXII 
8, 38; herzustellen ist Visida (oder Vistula), heut 
die Weichsel. [Ihm.] 

Bisyras (BiavQas), ein (wohl eponymer) thra- 
kischer (Orts-)Heros, Hesych. ; wohl von der Cher- 
sones ; vgl. den Chersonesiten B. bei Theopompos 
10 frg. 319, FHG I 330 ebendaher, und den .thra- 
kischen Namen' B. bei Hesych. s. Biaxgag, corr. 
M. Schmidt. [Tiimpel.] 

Bitale (BixaXn) , Tochter der Damo , einer 
Tochter des Pythagoras, Gemahlin seines Sohnes 
Telauges, nach Iamblich v. Pythag. 146. 

[E. Wellmann.] 

Bitarns s. Baitarrhus. 

Bitaxa (Bhafc Ptol. VI 17, 4. VIII 25, 4; 
Vitaxa Amm. Marc. XXLU 6, 69), Stadt in der 
20 persischen Satrapie Areia ; schon Reichard und 
v. Hammer haben den nordlich von Herat am 
Nordabhang des KSh-i-Baba (Koh-sim, Qaitu) ge- 
legenen Canton Badghis verglichen, welchen die 
orientalischen Autoren fitters erwahnen; dessen 
Vorort hiess Bamiin an der Quelle des derreh-i- 
Bam, auf dem Wege nach Peng-dih und Marw. 
Nach armenischen Berichten aus der Zeit der Sa- 
saniden erlitten mehrere Martyrer den Tod in 
Vatges (Vardgfis) im Jahr 456. Die Herrschaft 
30 der Habtal (s. Hunnoi Ephthalitai) erstreckte 
sich bis in dieses Hochthal. Der j-Vocal der 
ersten Silbe in der ptolemaeischen Form erkliirt 
sich aus Vaiti-gaeca des Avesta, vgl. Justi 
Beitr. z. alten Geographie Persiens II 16; so hiess 
die den Nordwinden ausgesetzte Anhohe, v. zd. 
vditi .wehen, Wind' ; die Hauser haben dort Turme 
mit Windfangen ; neuere Reisende haben in der 
jetzt verodeten und von Turkmanen standig be- 
drohten Landschaft viele Spuren einer vormals 
40 dichten Bevolkerung vorgefunden. [Tomaschek.] 

Bitelios s. Bethelia. 

Bitenae [Bithenae) in Thrakien, s. Bedizum. 

Biterrae (Biterrensium civitas) s. Bae- 

Bithaba (Bi&a^a), Ort im nOrdlichsten Teile 
von Assyrien am Gebirge Niphates, Ptol. VI 1, 
4, Der Name ist aramaeisch Beth 'dbe , Waldhaus' 
und wird fiir denselben Ort auch noch von den 
Syrern gebraucht (Assemani Bibl. orient. II 
50 420. IU n 729. 876, vgl. Payne-Smith Thes. 
Syr. 492). [Fraenkel.] 

Bithia (Bi&ia). 1) Ort in Medien, westlich 
von Ekbatana, Ptol. VI 2, 13. [Weissbach.] 

2) S. Bitia Nr. 2. 

Bithias (Bt&tag), Stadt in Mesopotamien, zwi- 
schen Samosata und Edessa, Ptol. V 18, 10. Ein 
arabisches Bitjas liegt in der Nahe von Rakka 
(Nicephorium), Iakut I 667. [Fraenkel.] 

Bithiga (BL&iya), Stadt in Mesopotamien siid- 
60 rich von Nisibis, Ptol. V 18, 11 ; die Namensform 
ist identisch mit Bij&rjya, Joseph, bell. IV 551. 
Zu Grunde liegt wahrscheinlich aramaeisch Bet 1 ' 
hegd .Dornenhaus' ; vgl. den bebraeischen Orts- 
namen Itad ,Dorn', Gen. 50, 10. [Fraenkel.] 

Bithina, Ort der Provinz Africa, Geogr. Rav. 
ni 5 p. 144. [Dessau.] 

Bithos. 1) Bithus wird von Horaz (sat. I 
7, 20) als Gladiator mit Bacchius genannt. Sie 



507 



Bithra 



Bithynia 



508 



509 



sollen beide nach den Scholien zu dieser Stelle mit Buschwald und waldfreiem Gebiet ab (v. d. 

(Ssuet. p. <580, 33ff. Both) lhrer Zeit berfihmte Goltz Mllnclien. Allg. Ztg. Beil. 1891 nr 225ff 

Fechtergewesensemundim Wettkampfe einander 1892 nr. 83ff. Nauroann Vom gold. Horn z d' 

getOtet haben. [Henze.] Quellen d. Euphrat 15ff.). Die Wiilder bestehen 

a J, \>v °- n / yrr ^ aC vv^T^o^ er ° d ? r A l 2t '- VOn aus Eichen,.Platanen, Buchen, Tannen und Fich- 

dem Plmius s (n. h. XXVIII 82) zwei zaubensche ten. Der Olbaum kommt am Pontes nicht oder 

Mittel anfuhrt, die den scbMlichen Emfluss der kaum vor, wie es schon Xenophon bemerkt hat 

Menses auf die Spiegel hindern oder wieder riick- (anab. VI 4, 6. v. Tschihatscheff a a 42 44) 

gangig machen sollten vgl. Bitys. fRiess.] Das Land war von einem Strassennetz durch- 
Bitnra Ort in Babylomen, Zosim. Ill 19. lOzogen, dessen Hauptpunkte im Westen Prusa, Ni- 

n-41.41. D ,,,, [Fraenkel.] caea, Nikomedien, im Osten Dusae, Claudiopolis, 

WfW^'-^vil™ i- ^-. Heraklea waren - Von Prusa fiihrtcn Strassen 

Bitnyai (A,W) Volk Thrakiens, nach Bithys 1) am apoUonischen See nach Miletopolis (Tab. 

™> V e + ? nnt ' St , 8 - Ph - ByZ " Vgl V l ith y as Nr - 2 ^nt IX 4), 2) nach Apamea ; hierzu gehOrt wohl 

und Bithynopohs [Oberhuramer.] der verschleppte Meilenstein CIL III 347 (= Le 

Bithyas (Btfva;) Fluss an Thrakien, unweit Bas III 1119) und CIL III Suppl. 6996 aus der 

Byzanbon Appian. Mithr. 1; wahrscheinlich = ersten Halite des 3. Jhdts. n. Chr. und vielleicht 

Bathyniasjs. d .). _ [Oberhummer.] noch nr. 6993 aus dem J. 78 n. Chr., der aller- 

i) tltifvas (Appian ^ &fa s Zonar. Smd. s. dings auch ebensogut von der dritten Strasse nach 
Bifoag), numidischer Reiterfiihrer , der den Kar- 20 Cius stammen kann (Tab. Peut, auf der Prusa 

tnagern waiirend des dritten punischen Krieges zweimal angegeben ist) 

t^L flf Ste - le i S . tet ^ ? ei /^ Eroberu "g ^r Von Nicaea gingen folgende Strassen aus: 

htadt fiel er m die Hande der Sieger, ward aber 1) nach Apamea, sie wurde 58159 Von Nero re- 

geschoiit und lebte als politischer Gefangener in stauriert nach einer Inschrift am Siidufer des 

einer itahschen Stadt , Appian. Libyc. 111. 114. askanischen Sees (CIG 3743. CIL III 346) Hier- 

120. /onar. IX 30. Bei Suid. s. Mneoev findet her gehort auch die Inschrift bei C ichor ius 

do- =,, ger ' SSene NotlZ xai *> ^ xa ™ ™ v Athen - Mitt - XIV 240 nr. 9 aus der Mitte des 

Bi&vav shoe w^tjirj^fcw, diese Worte 2. Jhdts. n. Chr.; 2) nach Pronektos am astake- 

| ln -V !'a, es „ scaemt ', als Glossen zugesetzt bei nischen Meerbusen (Tab. Peut.); 3) iiber Eribolum 
v-ft • 7^°- XVQl0v - [Klebs.] 30 nach Nikomedien (Tab. Peut. Itin. Ant. 140 Itin 

Bithynia (Bidvvla) ist der Name einer Land- Hieros. 573). Spuren davon sind gefunden von 

schaft im nordwesthchen Kleinasien, die zu ver- P errot a. a. O. I 9 ; 4) iiber Tataion Iuliopolis nach 

scniedenen Zeiten ein verschieden grosses Gebiet Ancyra (Tab. Peut. Itin. Hieros. 574ff.)f Spuren 

umiasste iur die geographische Betrachtung zwischen Nicaea und dem Sangarios bei v. d. Goltz 

wird es sich empfehlen, auf diese Grenzverschie- a. a. 0. 1891 nr. 225. Dann folgte sie offenbar 

bungen, die sich nicht einmal immer fest bestim- dem grossen vielbeniitzten Karawanenweg fiber 

men lassen, nicht Riiekstcht zu nehmen, sondern Tarakly (hier Pflasterreste, Anton a a lllff) 

ein bestimmtes Gebiet zu Grande zu legen, und Torbaly, Nallykhan nach Angora, von Torbalv 

zwar dasjemge, das im Westen vom Ehyndakos fiihrte vermutlich eine Strasse nach Mudureu von 
und der Propontis im Osten vom Parthenios, im 40 der eine Briicke aber den Geniisu und eine Strecke 

buden vom mysischen Olymp und der Sangarios- Pflaster erhalten ist (Anton a. a. 0. 109) • 5) iiber 

lime begrenzt wird. Hier herrscht der Gebirgs- Agrilion nach Dorylaeum (Tab. Peut ) hierher 

cnarakter vor ; an der centralen Hochebene hat werden die Reste einer alten Strasse und Briicke 

es keinen oder nur sehr geringen Anteil, die Ge- gehoren, die v. d. Goltz a. a. 0. nr. 229 in der 

birgsketten laufen in der Hauptsache parallel der Nahe von Lefkeh fand 

Kiiste. Grossere Ebenen sind die von Brussa, die Durch Nikomedien ging die grosse Strasse von 

Ak-Uva am unteren Sakaria (Sangarios), die Constantinopel nach Bithynion und Gangra (Tab 

von Dusdsche am Melen-tschai (Hypios), die von Peut., fur den ersten Teil Itin. Ant. 139. 230 Itin 

Boh (Claudiopolis)^ Die Kiiste ist teils gebirgig, Hieros. 57 Iff.). Von Nikomedien ging sie am Sud- 
teils nach und besitzt am Pontes keinen einzigen 50 ufer des Sabandschasees hin (iiber Eeste vgl 

guten Hafen (Black sea pilot und Dardanelles, v. Biest a. a. 0. 97. v. Tschihatscheff a a' 

Marmorasea and Bosporus von der englischen 0. 43) und weiter iiber die Briicke Iustinians' 

Admiralitat). Der Hauptstrom ist der Sakaria, Weiter nach Osten am Siidrande der Ebene von 

er allem kommt aus dem Innern der Halbinsel; Dusdsche (v. Diest a. a. 0. 88ff.) hin nach Boli 

alle anderen. z. B. der Pilios (Billaios) and der Zwischen beiden Orten hat Ker Porter (Travels 

Melen geh6«n vCllig in die Zone der Randge- in Georgia, Persia etc. II 725) Eeste eines alteh 

birge. Der Waldreichtum, der schon im Altertum Weges gefunden, ebenso zwischen Boli und Kerede 

geruhmt wurde (Xen. anab. VI 4,4. Plin. n. h. (Itin. Ant. 200. v. Diest a. a. 0. 63 Perrot 

XVI 19Z Phn ep. adTrai. 41 [50]), besteht noch a. a. 0. I 56). Bei Tatlar, nordostlich von Boli 
jetzt. Vom Bartintschai (Parthenios) an zieht60fuhrt eine antike Briicke iiber den Fluss fAnton 

sich nach Siidwesten fast ununterbrochen bis zum a. a. 0. 80). Der Meilenstein CIL III 345 se- 

Sanganos ein ungeheurer Wald hin (v. Diest hort hierher. Beim Tschagagol vereiniffte sich 

Petermanns Mitt. Erg.- Heft 94, 55ff. Anton mit dieser Strasse eine von Siiden kommende 

ebd. Erg.-Heft 116 79ff. 88. 92. Perrot Ex- (Anton a. a. 0. 95). Die Erklarung, die Ramsay 

ploration de la Galatie etc. 20ff. 42. 56. 61. Asia minor 65 von dem ersten Teil dieser Strasse Ni- 

bchwarz Quer durch Bithynien. v. Tschiha- komedia-Sangarios giebt, ist vOllig unhaltbar. Die 

tscheff Petermanns Mitt Erg.-Heft 20, 42. 45). Entfernungsangaben bis Dmae pros Olympum 

Weiter westhch wird der Wald lichter und wechselt stimmen vortrefflieh. wenn man Dusae mit v Die s t 



Bithynia 



Bithynia 



510 



, 



in der Ebene von Dusdsche sucht. Die Zeich- (mit den Begleitworten) , und Forma orbis IX. 

nung des Sangarios auf der Tab. Peut. hat keine v. Diest a. a. 0. Erg.-Heft 94. v. Diest und 

Bedeutung; er ist zweimal angegeben, das zweite- Anton Erg.-Heft 116 Bl. II. [Euge.] 

mal (IX 4) stimmt zum Itinerar. Bevolkerung. Auf der' asiatischen Seite des 

An der Kiiste des Pontos ging eine grosse Bosporos gebietet in der Argonautensage der Bebry- 
Strasse nach Heraclea Pontica , Tium , Amastris kerkOnig Amykos (dessen Mutter Melie daher Apoll. 
(Tab. Peut.), aber nicht direct am Meer, sondern Rhod. II 4 als bithynische Nymphe bezeichnet, was 
etwas mehr landeinwarts (v. Diest a. a. 0. 71). bei Apollod. I 9, 20 falsch als Eigennamen Bithynis 
Von der Strasse Nikomedia — Dusae zweigten sich gefasst wird). Da'ss hier wie am asiatischen UfeT 
zwei Strassen nach Kassaba ab, die eine westlieh 10 des Hellesponts wirklieh der phrygische Volks- 
iiber Giimiischabad (v. Tschihatscheff a. a. 0. stamm der Bebryker gesessen hat, wird dadurch 
44), die andere ging am Westrand der Ebene von bestatigt, dass an beiden Stellen (s. u.) der Gott 
Dusdche hin und iiberschritt auf einer teilweise Priapos verehrt wird ; derselbe ist also eine bebry 
erhaltenen Briicke (v. Diest a. a. 0. 89) den kische Gottheit. In geschichtlicher Zeit sind die 
Melentschai (Hypios). Dann scheint sich diese Bithyner (neben denen mehrfach die Thyner ge- 
noch einmal geteilt zu haben, indem sie einerseits nannt werden) oder ,Thraker in Asien' an ihre Stelle 
von Kassaba in nordlicher Eichtung zum Meer getreten. Denn dies ist bei den Schriftstellern 
(v. Diest a. a. 0. 84) oder im Thai des Kiitsehiik- des 5. und 4. Jhdts. der standige Sprachgebrauch: 
Melentschai aufwarts (v. Diest 83) vielleicht nach Herodot sagt III 90 nur Opines ol iv ijj 'Aoiij; 
Heraclea fiihrte. Dann wurde man zu dieser letz- 20 VII 75 (s. u.) fiigt er hinzu , dass sie in Asien 
teren die Strasse rechnen kOnnen , deren Spuren den Namen Bithyner erhielten ; in der ohne Grand 
Ainsworth (s. Eitter Erdkunde XVIII 719) fiir interpoliert erklarten Stelle 128 sagt er: Qqt\- 
im Lykosthal, oberhalb Heraclea, gefunden hat. meg ol Gvvol rs xai Bi&vvoi; Thukydides schreibt 
Der Hauptzugang von der Kiiste fiihrte im Thai IV 75 dia Bi&vrcov Qqo.xS>v ol siai uegar ev xij 
des Filios (Billaios) aufwarts und teilte sich unter- 'Aotq. Xen. Hell. I 3, 2 elg xovg Bi&vvovg Ogqxag. 
wegs mehrfach, eine unbedeutende Strasse ging III 2, 2 ek Ttjv Bt&wida 0Qqxfjv; in der Ana- 
ins Thai des Ulutschai (Anton a. a. 0. 89); basis sagt er vorwiegend Qfjaxr/ VI 2, 17f., oder 
oberhalb Devrek bei Gerze sind die Eeste einer dgqxri ft ev xfj 'Aula VI 4 , 1 ; daneben Bt&vvoi 
alten Briicke und einer sudwestlich gerichteten VI 2, 17. 4, 1. Skylax peripl. 92 hat 9gqxes Bi- 
Strasse , die entweder nach dem Mengensu oder 30 &vrol k'&vog. Ebenso noch Diodor XIV 38 (Epho- 
nach der Strasse im Alapli-(Eulaios-)Thal gefiihrt ros) Ogqxsg oi itegl Btfrvvlav tots xatoiy.ovvxsg. 
haben wird (v. Diest a. a. 0. 80. Anton a. a. Dass bei Arrian. anab. I 29, 5 der Sangarios <5iot 
0. 85) ; ein Arm ging erst ostlich im Thai des rfjs Oqo\xwv toov Bi-dvvwv x<*>@ a s iS'1 mv > ^ ^ a " 
Mengensu aufwarts, dann teils siidlich nach Kerede gegen wohl Archaismus. Dieser Sprachgebrauch 
(v. Diest a. a. 0. 64ff. 73. Anton a. a. 0. 93), beweist, dass die Bithyner thrakische Sprache und 
teils Ostlich weiter (Anton a. a. 0. 93), der Art unverfalscht und deutlich erkennbar bewahrt 
andere direct nach Boli (Anton a. a. 0. 80ff. haben mussen. und zeigt zugleich, dass ihr Name 
82ff.). Diese letztere Strasse setzte sich dann damals den Griechen noch nicht recht bekannt war. 
-weiter fort nach Mudurlu (v. Diest 57. 59) und Wann und von wo sie nach Asien gekommen 
wird auf die Strasse Nicaea-Ancyra getroffen sein. 40 seien, wird verschieden angegeben. Nach Herodot 
v. Diest 86 erwahnt noch eine directe Verbin- VII 75, der die einheimische Tradition geben will, 
dung zwischen Dusdsche und Mudurlu, von der batten sie ursprunglich am Strymon gewohnt und 
aber keine Spur mehr erhalten ware, und nach Strymonier geheissen; schon vor den Tgvixd seien 
Perrot (a. a. 0. 1 44) fiihrte wahrscheinlich von sie von den Teukrern und Mysern bei ihrem fabel- 
Boli noch direct eine Strasse nordwarts zum Meer; haften Zuge nach Europa (vgl. VII 20. V 13) 
vielleicht hangt hiermit die auf der Tab. Peut. aus ihrer Heimat verdrangt worden. Nach Arrian 
zwischen Bithynion (Boli) — der Name fehlt zwar, frg. 37 (FHG III 593, aus Eustath. zu Dion. per. 
ist aber unbedingt so zu erganzen — und Artane 322) waren sie dagegen zur Zeit des Kimmerier- 
angegebene Verbindung zusammen. einfalls unter Fiihrung des Pataros hiniiberge- 

Das Gebiet von B. ist noch wenig genau er- 50 gangen und hatten die Kimmerier aus dem spateren 

forscht, manche Strecken sind fast ganz unbe- B. verdrangt. Dieser Pataros erscheint als ihr 

kannt; vermessen sind — von Kleinigkeiten ab- Fiihrer auch in Demosthenes Epos Bithyniaka, 

gesehen — nur die Kiisten von der englischen wo er Paphlagonien erobert und die Stadt Tios 

Admiralitat (Admirality Catalogue nr. 224. 1198. grundet und £y. tov zifidv idv Aiabmennt (Steph. 

2238. 2286. 2214, allerdings sind sie nicht immer Byz. s. Tiog). Eine vermittelnde Ansicht gab 

zuverlassig, v. Diest a. a. 0. 77 und Erg.- Eusebius Chronik (nur bei Synkellos und Hiero- 

Heft 116, 116), der Bosporos von Moltke (s. u. nymus erhalten) unter dem J. 1045 Abr. = 972 

Bosporos), und dann die Linie der anatoli- v. Chr. Qoaxsg cuio ^rgvfiovog StafiavTeg xa- 

schen Bahn, aber nur diese (v. Diest Erg.- rso%ov rijv vvv Bt&wiar, roze 6e Bsfigvxiav xa- 
Heft 116, 26. 116). Von modernen Eeisenden sind 60 /.ovfthr/v. Der Ursprung des Datums ist nicht 

vor allem zu nennen die schon viel erwahnten klar; Thraemer Pergamos 329, 1 will es aus 

v. Tschihatscheff, Perrot, v. Diest, ferner einer Combination des Kimmerierzugs mit den 

Hommaire de Hell Voyage en Turquie. Die Ansatzen fur Homer erklaren. 

altere Reiselitteratur findet man bei Ritter Erd- Auch Arrians Angabe ist schwerlich Uber- 

kunde XVIH im Auszug mitgeteilt ; die moderne lieferung, aber vielleicht geschichtlich richtig. 

bei G. Hirschfeld Geogr. Jahrb. X 437ff. XII Denn als die Milesier zuerst in diese Gebiete kamen 

301ff. XIV 175ff. Karten: Kiepert Specialk. d. und die Argonautensage sich fixierte, mussen noch 

westl. Kleinasiens II. IIT. V. VI: Erganzungsbl. Bebryker am Bosporos gesessen haben : vor 700 sind 



511 



Bithynia 



Bithynia 



512 



die Bithyner also schwerlich nach Asien gekom- 
men (vgl. E. Meyer Gesch. d. Alt. II 293). 

Nach seiner Gewohnheit hauft Plinius V 143 
eine Reihe angeblicher alter Namen fur B.: ea 
appellata est Cronia, dein Tkessalis, dein Ma- 
lianda (Tomaschek will das in Marianda cor- 
rigieren und ,Meerland' erklaren, mit Unrecht; 
der Name ist mythisch, wenn auch unerklart) et 
Strymonis. hos Homer us Halixonas dixit, quando 
praeeingitur gens rnari. Diese Etymologie und 
Localisierung der Halizonen kehrt bei Arrian 
frg. 45 (Eustath. ad II. II 857) wieder. Eine an- 
dere Combination bei App. Mithr. 1 lasst die Thra- 
ker des Rhesos nach dessen Tode teils ins Bebry- 
kerland, teils ins Gebiet der bithynischen Thraker, 
oberhalb von Byzanz, fliichten, yon wo sie infolge 
einer Hungersnot nach Bebrykien zuriickkehren. 
Der Name stamme entweder von einem Fluss 
Bithyas oder sei aus Bebrykien entstellt [!] (Bi- 
thynia quam veteres dixere Mygdoniam, Ammian 
XXII 6, 14 versetzt den Namen von Mygdonien am 
Ehyndakos an den Bosporos). Endlich werden bei 
Paus. VIII 9,7 die Bithyner urn des Antinoos 
willen ZU 'Agxadeg zs xal Mavztvslg xa avat&ev ge- 
macht, da dieser in Mantinea einen Tempel erhalt. 
Eine andere Combination lasst vor den Bithy- 
nern Myser im Lande wohnen. Sie beruft sich 
auf den Namen mysischer Bosporos, den nach 
Dionysios von Chalkis die Strasse von Byzanz 
frtiher gefiihrt haben soil (Strab. XII 566; aus 
derselben Quelle Arrian frg. 35 bei Eustath. ad 
Dion, perieg. 140 undSchol. Apoll. Rhod. II 168). 
Aber das kann wenigbeweisen; nachweisbar sitzen 
die Myser nur unmittelbar. sudlich vom Bosporos 
auf der Arganthoniosakte und bei Kios und am as- 
kanischen See (dass Strabon [aus Apollodor?] auch 
diese Thatsache heranzieht, hat fur das alte B. 
gar keine Bedeutung; fur das durch Prusias hin- 
zugekommene Land dagegen ist sein Satz ozi ijv 
xaroixia Mvamv r\ Bidvvia natiirlich richtig). Auch 
von diesen Mysern nehmen die Homerexegeten auf 
Grund von II. XIII 5 an, dass sie aus Thrakien ge- 
kommen seien; so auch Strabon VII 295ff. XII 
54 If. 564, der dann selbst auch fur die Bebryker, 
Mariandyner u. a. thrakischen Drsprung vermutet 
(weiteres tiber diese Controverse, die bei Porphy- 
rios u. a. dazu gefiihrt hat, umgekehrt die Thraker 
von II. XIII 4 fur asiatische Bithyner zu erklaren, s. 
bei Thraemer Pergamon 277. 286ff., dem ieh aber 
nicht iiberall beistimmen kann). "Wegen der Nach- 
barschaft mit den Mysern am Arganthonios sind 
bei Arrian. frg. 40 (Eustath. ad Dion, perieg. 809 ; 
vgl. frg. 36 ebd. 322) Mysos und Thynos Sohne der 
Nymphe Arganthone (die auch zur Gemahlin des 
Rhesos gemacht wird) von Zeus ; ebenso offenbar 
Bithynos; denn nach einer weiteren Angabe Arrians 
frg. 41 (Eustath. ad Dion. 791) sind Thynos und 
Bithynos Briider, die Phineus, der KOnig des 
Bosporos, adoptiert ; sein echter Sohn ist Paphla- 
gon (vgl. Phineus Konig von Paphlagonien , Hel- 
lanikos frg. 38 bei Schol. Apoll. Rhod. II 178. 
Pherekydes frg. 68 ebd. 181). Schol. Apoll. Rhod. 
II 140. 181 heissen Phineus Sohne Mariandynos 
und Thynos. Diese Genealogie ignoriert also den 
europaeischen Drsprung. Eine andere macht Bi- 
thynos oder Bithys zum Sohn des Zeus und der 
Thrake, die von Kronos einen Sohn Dolonkos hat 
(App. Mithr. 1. Steph. Byz. s..B«Wa. AoXoyxot). 



513 



Noch andere machten nach Arrian. frg. 46 den 
Thynos und Bithynos zu Sohnen des Odryses. 

Als Beweise fur den thrakischen Ursprung der 
Thyner und Bithyner beruft sich Strabon XII 541 
auf das Vorkommen eines Stammes Bithyner in 
Thrakien (wo?) und auf den Namen des Vorge- 
birges Thynias zwischen Apollonia und Salmydes- 
sos (vgl. VII 319. [Skymn.] perieg. 728. Mela II 
23. [Arrian.] peripl. Ponti 36. Anon, peripl. Ponti 
10 87. Ptolem. Ill 11, 4, vgl. auch Hekataios frg. 140 ; 
wohl identisch mit der Stadt Thynias bei Plin. IV 
45). Die Heimat der Bithyner ware nach Herodot 
in der Strymongegend zu suchen; dazu stimmt 
der Volksname MaiSo§t&vvoi in der Nachbarschaft 
Makedoniens, Steph. Byz. s. Matdoi. Strab. VII 
295 (die Maider sitzen am obern Strymon); Pli- 
nius IV 41 nennt Thyni im Gebiet der Rhodope 
und des Hebros (vgl. auch den thrakischen Stamm 
BttHai, Steph. Byz. s. v.). Andererseits scheint 
20 die Verbindung mit den Dolonkern die Bithyner 
in die Nachbarschaft des Chersones zu verweisen, 
und hier nennt Mela II 24 an der Propontis eine 
Stadt Bithynis zwischen Perinthos und Bisanthe. 
Doch ist aus solchen Notizen allzuviel nicht zu 
gewinnen. Im allgemeinen vgl. Tomaschek Die 
alten Thraker I, Ber. Akad. Wien CXXVIII 1893, 
63ff. (die Bithyner, welche nach Phylarch frg. 10a 
Leibeigene der Byzantier sind, sind wohl die Be- 
wohner ihrer asiatisehen Besitzungen). 
30 _ Sicher ist dagegen, dass Thyner auch in histo- 
rischer Zeit noch auf der europaeischen Seite des 
Bosporos im Hinterlande von Byzanz sassen : Mai- 
sades, der Vater des Seuthes, herrscht iiber die 
Melandeptai, Thynoi und Tranipsai (Xen. anab. 
VII 2, 32 = Aadsyioi xal Toaviipot, s&vr} &vv&v • 
Qsono/xnog SySotfEXXrjvixcov [frg. 18] Steph. Byz.), 
und Seuthes fiihrt die Kyreer gegen die Thyner 
(anab. VII 4). Ebenso sitzen die Thyner in Asien 
im Kttstenland am Pontes (Plin. V 150 tenent 
id oram omnem Thyni, interior a Bithyni) bis an 
und iiber die Sangariosmtadung ([Skymn.] perieg. 
976ff.). Schol. Apoll. Rhod. II 794 wird die Gvvia. 
bis zum Hypios ausgedehnt. Arrian. frg. 41 bei 
Eustath. zuDion. perieg. 793 bezeichnet als Thyner- 
gebiet die bergige Kiistenlandschaft vom Fluss 
Rhebas unweit des Bosporos bis zu dem kleinen 
Fluss Kales (Thuk. IV 75. Diod. XII 72. Mem- 
non 22. Marcian. epit. Menipp. 8. Arrian. peripl. 
Pont. 18. Anon, peripl. 9) zwischen dem Hypios 
50 und Heraklea. Den oft genannten Kiistennuss 
Psilis zwischen Rhebas und Sangarios scheint da- 
gegen eine wohl nicht ganz genaue Notiz bei 
Steph. Byz. als Grenze zwischen Thynern und 
Bithynern zu bezeichnen (fcXtov, icoza/xog jusza^v 
Qvriag xal Bt,$vviag). Dies Kustengebiet ist die 
Qvviaxij Ogaxtj, Memnon hist, Heracl. 17 (dvvia 
Steph. Byz.). Vor ihr liegt die kleine Insel Thy- 
nias (jetzt Karpe), westlich von der Sangariosmiin- 
dung (Skylax 92. Apoll. Rhod. II 350. 673 mit 
60 Schol. Strab. XII 543. Marcian. epit. Menipp. 8. 
Steph. Byz.), mit einem Hafen, nach Skylax von 
den Herakleoten besetzt. Wenn daher nach Memnon 
16 die Herakleoten im J. 279 ausser Kieros und 
Tios auch zrjv 0wlda yfjv gegen eine Geldsumrne 
zuriickgewinnen, so wird damit vor allcm diese Insel 
gemeint sein. Die Argonauten weihen sie dem 
Apollon 'Eq}og und errichten hier diesem sowie der 
Homonoia Altare (Apoll. Rhod. II 672ff. Hero- 



Bithynia 



Bithynia 



514 



doros in den Schol. zu 684). Daher erklart es 
sich, dass sie spater gelegentlich Apollonia ge- 
nannt wM (Plin. VI 32. [Arrian.] peripl. Ponti 
18. Anon, peripl. Ponti 6, der sie daneben wie Ptol. 
V 1, 15 Daphne oder Daphnusia nennt [vgl. Art. 
Apollonia Nr. 14 Bd. II S. 115]). Nach dem Anony- 
mos liege darauf eine von Herakleiagegrtindete Stadt 
Thynias. Sehr merkwurdig ist die Notiz des Sehol. 
Apoll. Rhod. II 673: KaXXio&tvrjg (frg. 39 Muller, 



rungen seiner Konige ausserordentlich erweitert: 
Telle von Mysien, Phrygien, Paphlagonien, das alte 
Mariandynergebiet sind ihm einverleibt worden. 
Unsere Karten pflegen hier wie immer die Ver- 
haltnisse der rSmischen Kaiserzeit zu Grunde zu 
legen. Vor dem J. 201 v. Chr. hat das B., wel- 
ches sie darstellen und welches auch in der obigen 
Schilderung beschrieben wird, nicht existiert. Vor 
und in der Perserzeit beschrankt sich das Gebiet 



der mit andern vorschlagt, dafiir Kallistratos ein- 10 der Bithyner auf die vom schwarzen Meer und dem 



zusetzen) iv zip JIiqijiXco ford /ib> 'EXXrjvcav iprjal 
HQooayoQeieo&at xr\v tb %d>Qav xal tr]v vfjaov Ov- 
vidda, vito 6k %&v /Sap^dgcov QvvCav ; letzteres hat 
R. Unger mit Recht in Biflvviav geandert auf 
Grund der deutlich aus dieser Notiz entstandenen 
Angabe des Plinius VI 32 instdae in Propontide 
(sic ! ; dass es dieselbe Insel ist, die er nachher VI 
32 im Pontos anfuhrt, weiss er nicht) . . deinds 
ultra Heracleam adversa Bithyniae Thynias, 



Golf von Nikomedien (Olbia) begrenzte Landzunge 
Byzanz gegenuber und das OstUch anschliessende 
Land bis zum Sangarios (so Strab. XII 543. 563) 
oder hOchstens bis zum Hypios und Eales (vgl. o.). 
Zwischen Hypios und Sangarios liegt die Grenze 
zwischen Mariandynern und Bithynern nach Skylax ; 
ebenso Xen. anab. VI 4, 1 aqSafihrj ds f\ 0Qtpct} 
avzTj Scrip ebw> zov ozofiazos zov Ilorzov (ie%(>i 
"HoaxXdag. Die Grenze gegen die Myser der Ar- 



quam barbari Bithyniam voeant. Weiter ent- 20 ganthoniosakte liegt nach Skylax im Winkel des 
stellt ist die Angabe Mela II 98 Thynias, Marian- -"-- — * ' ~ ■" 1J " ' ' ■" " ' ' ' ' 

dynorv/m finibus proximo., urbem kabet quam 
quia Bithyni ineolunt Bithynida appellant. 

Schliesslich sei bemerkt, dass Apoll. Rhod. die 
europaeische Kiiste, das Reich des Phineus, &wlg 
yaiij nennt II 460. 485. 548, die asiatische Bi- 
■dvvig 177. 347. 619 ; das entspricht dem Sprachge- 
brauch bei Xenophon. Doch scheint gelegentlich 
in den Hss. Confusion eingetreten zu sein ; die 



olbianischen Golfes, wie sich von selbst versteht. 
Nach diesen Daten ist es unmOglich, dass das 
Hinterland von Herakleia, die salonische Ebene 
am Billaios mit der Stadt Bithynion, in alter Zeit 
zu B. gehort oder gar den Hauptsitz des Volkes 
gebildet hatte. 

Geschichte. An den Kusten des Bosporos, 
in Chalkedon (zu dem Chrysopolis gehort, Xen. 
hell. I 1, 22 ; anab. VI 6, 38), und in der Siidecke 



Schol. Laurent, lesen II 177 yairj 0vvrj(di fur Bi- 30 des Golfs in Astakos haben sich megarisehe Co- 



tivvidt , und geben dann an (ebenso zu 347) , es 
gebe zwei B., das europaeische bei Salmydessos 
und das asiatische, dazu drittens die Insel Bidvvia; 
hier ist natiirlich uberall Qwia zu corrigieren. 

Die Thyner sitzen also zu beiden Seiten des 
Bosporos an der Kiiste des Pontos. Schwerlich 
sind sie, auch wenn der Kimmerierzug den ersten 
Anlass gab , durch eine grosse Volkerbewegung 
nach Asien getrieben, sondern sie haben sich all 



lonisten angesiedelt, Astakos gegenuber, an der 
Stelle des spateren Nikomedien, Ionier iri Olbia. 
Nach dieser fast verschollenen Stadt (Meyer 
Gesch. d. Alt. LI 288 Anm.) wird der Golf in 
alterer Zeit (Skylax. Mela 1 100) der olbianische 
genannt. Dagegen blieb die Nordktiste B.s un- 
besiedelt; hier sind an der Grenze des Thyner- 
lands Kieros am Hypios, etwa drei Meilen von 
der Kiiste, und dann Herakleia im Mariandyner- 



mahlich auf die gegeniiberliegende Kiiste ausge- 40 gebiet die ersten Griechenstadte. Der Versuch 



breitet. Das gleiche wird von den Bithynern 
gelten. Dabei haben sie ihre Vorganger, die Be- 
bryker, allmahlich aufgesogen. Denn in histori- 
scher Zeit sind die Bebryker verschwuuden (Plin. 
V 127. Schol, Apoll. Rhod. II 2); es ist nur falsch 
angebrachte Gelehrsamkeit, wenn Ptolemaios V 
1, 13 die bithynischen Binnenstadte als noXeig 
fieooyetot z5>v BepQvxcov bezeichnet. Der Haupt- 
teil der Thyner und Bithyner mag immer in Thra- 



Xenophons, mit den Kyreern inmitten derBithyner- 
kiiste in Kalpe eine Colonie zu griinden, ist an 
der Abneigung der Mannschaften und vor allem an 
der Opposition der Spartaner gescheitert (anab. VI). 
So kommt es, dass von griechischem Einfluss 
auf die Bithyner nicht viel zu spuren ist; sie 
bleiben unabhangig und kriegerisch, aber roh wie 
ihre Stammgenossen in Europa. ,Wer von den 
Griechen in ihre Hande fallt, sei es verschlagen, 



kien geblieben und hier allmahlich in andere 50 sei es auf andere Weise, den sollen sie aufs argste 



Stamme aufgegangen sein, falls nicht Nachschube 
nach Asien stattfanden: jedenfalls werden auch 
die Thyner in Europa in spaterer Zeit nicht mehr 
als existierendes Volk erwahnt. 

Die Annahme, dass der Name Bithyner eine 
Weiterbildung von Thyner, beide Stamme also 
wesentlich oder sogar vollstandig identisch seien, 
liegt nahe. Nennt doch Xenophon (s. o.) gerade 
die Bewohner des asiatisehen Kiistengebiets (bei 



misshandeln,' sagt Xenophon anab. VI 4, 2 — ann- 
lich wie die Thraker des Salmydessos auf der 
europaeischen Seite Strandrauber waren, ebd. VH 
5, 12, Ihre Riistung beschreibt Herodot VTI 75: 
Fuchsbalge auf dem Kopf, am Leib Rocke mit 
bunten Oberkleidern , an Fiissen und Schienen 
Sandalen von HirscMell, als Waffen Speere, Schilde 
und kleine Dolche. Dass die Bithyner ehemals 
vavzixcbzazoi gewesen seien (Eustath. ad Dion. 



Kalpe) Bithyner ; er kennt Thyner nur in Europa. 60 795, wohl aus Arrian), dass die Thyner die Schiff- 

Auch Kallisthenes Angabe, dass der Name Thynias " ' " 

fur Land und Insel nur hellenisch sei, kSnnte 
darauf hinweisen. Vielleicht haben die beiden 
Namen lediglich geographische Bedeutung. Jeden- 
falls hat der Bithynername sich das tJbergewicht 
erhalten und wird namentlich politisch immer 
allein zur Bezeichnung des Gesamtvolkes gebraucht. 
Die Grenzen B.s haben sich infolge der Erobe- 

Pauly-Wiagowa III 



brnchigen freundlich aufnahmen und die unfrei- 
willig zu ihnen kommenden Fremden hoch ehrten, 
wahrend sie die absichtlich kommenden bestraften 
(Nic. Dam. parad. 127, FHG III), sind spatere 
Erfindungen. 

Mit den Griechen mOgen sich die Bithyner 
vielfach herumgeschlagen haben: Astakos hatte 
schwer durch sie zu leiden (Memnon 20). Im 

17 



515 



Bithynia 



Bithynia 



516 



517 



Bithynia 



Bithynia 



518 



J. 416 verbanden sich Byzanz und Chalkedon, von 
europaeischen Thrakern unterstiitzt , zu einem 
grossen Raubzug gegen sie, bei dem sie alle Ge- 
fangenen niedermetzelten (Diod. XII 82). Den 
Lydern sind sie unterthan gewesen (Herod. I 28) 
— die Stadt Alyatta in B., dieAlyattes gegrundet 
haben soil (Steph. Byz. s. v.), liegt freilieh weit 
ausserhalb desselben, an der spateren Grenze zwi- 
schen Phrygien und Galatien (Liv. XXXVIII 18, 
3) — , dann den Persern, wo sie zur dritten Sa- 
trapie gehOren (Herod. Ill 90). Von den grossen 
Weltereignissen werden sie wenig beriihrt; im 
peloponnesischen Krieg werden sie genannt, als 
Lamachos im J. 424 auf der Etickkehr von einer 
verunglfickten Seeexpedition gegen Herakleia zu 
Lande durch ihr Gebiet nach Chalkedon Ziehen 
muss (Thuk. IV 75, danach Diod. XII 72. lust. 
XVI 3), und als AlMbiades gegen Chalkedon 
kampft und sie zwingt, die Habe herauszugeben, 
die die Chalkedonier bei ihnen in Sicherheit ge- 
braeht haben (Xen. hell. I 3. 2f. Plut. Alk. 29). 
Indirect hat sie die Colonisation von Astakos durch 
die Athener im J. 435 beriihrt (Memnon 20. Diod. 
XII 34 mit der Emendation 'Aazaxdv fur Aetavov, 
vgl. Toepffer Astakos, Hermes XXXI 124ff.). 
Zur Zeit des Rftckzugs der Kyreer sind sie dem 
Pharnabazos unterthan und operieren mit ihm zu- 
sammen (Xen. anab. VI 4, 24ff. VII 8, 25). Aber 
sonst gehorchen sie schlecht und kampfen oft gegen 
ihn; und so ist es dem Pharnabazos ganz recht, 
wenn Derkyllidas im J. 398 ihr Gebiet verwustet, 
wobei er von den Odrysen des Seuth.es unterstfltzt 
wird (Xen, hell. Ill 2, 2ff. Diod. XIV 38). 

Wie andere Volkerschaften auf gleicher Kultur- 
Btufe, z. B. die Paphlagoner, standen auch die 
Bithyner zurPerserzeit unter einheimisehen Haupt- 
lingen. Mit dem Verfall des Perserreichs gelang- 
ten dieselben zu steigender Bedeutung. Ihre Liste 
seit dem Ende des 5. Jhdts. ist uns bei Memnon 
c. 20, der jedenfalls aus Nymphis schOpft, im 
Anschluss an die Geschichte von Astakos-Niko- 
medien erhalten. Zur Zeit der Besiedelung von 
Astakos durch die Athener im J. 435 .hatte Doi- 
dalses die Herrschaft tiber die Bithyner' (daraus 
falsch zusammengezogen Strab. XII 563 'Aazaxog 
noXig , Meyaf>ew xzlafia xal 'Aihjvaiwv xal fieza 
xavxa AoidaXoov ; zur Namensform CIG 3 779 und die 
Iuschrift bei Mordtmann Athen. Mitt. XIV 250, 
wonachToepffera. a. 0.124, 1 zu berichtigen ist). 
Ihm folgte Boteiras, der 76 Jahre alt wurde, diesem 
Bas, der 50 Jahre, 377/6—328/7, regierte und 
71 jahre alt wurde. In seine Zeit fallt Alexan- 
ders Eroberung ; es gelang ihm, einen Angriff des 
Satrapen Kalas, dem Alexander das hellespontische 
Phrygien und die Nachbargebiete zugewiesen hatte 
(Arrian. I 17. II 4, 2. Curt. Ill 1, 24. IV 5, 13, 
wonach er Paphlagonien unterwirft), in einer Feld- 
schlacht abzuwehren. Seinem Sohn Zipoites (re- 
gierte 48 Jahre, 327/6—280/79, alt 76 Jahre) ge- 
lang es, die ererbte Stellung in den Wirren der 
Diadochenkriege zu behaupten und zu erweitern. 
Zwar als er im J. 315 Astakos und Chalkedon 
angriff (vgl. Plut. qu. gr. 49), zwang ihn Anti- 
gonos Feldherr und Keffe Ptolemaios davon ab- 
zustehen; in der Form eines Bundnisses, das durch 
Geiseln gesichert wurde, machte er ihn wie die 
beiden Stadte von sich abhangig (Diod. XIX 60). 
Aber bald hatten die Machthaber wiehtigeres zu 



thun, als sich um B. zu kummern. Als nach der 
Schlacht bei Ipsos der Hauptteil Kleinasiens an 
Lysimachos kam, 301, machte dieser den Versuch, 
B. zii unterwerfen. In diesen Kampfen wird er 
Astakos zerstort haben (Strab. Xl[ 563). Aber 
Zipoites schlug zwei seiner Feldherren — einer 
flel im Kampf — und schliesslich den Konig selbst 
(Memnon 20). Nach einem dieser Siege wird es 
gewesen sein, dass Zipoites den KOnigstitel an- 

10 nahm ; denn mit dem Herbst des J. 297 beginnt 
die Aera der bithynischen Konige , die auf den 
Mimzen Nikomedes II. und seiner Nachfolger er- 
scheint und dann von Mithradates EupatoT von 
Pontos und seinen Nachfolgern im Bosporos (iber- 
nommen ist (diese Thatsache ist von Th. Rein ach 
Trois royaumes de l'Asie mineure 131ff. = Eev. 
num. 3 ser. V 1887 deflnitiv erwiesen worden). 
Auch eine Stadt Zipoition ,am Berge Lyperos' 
hat er gegrundet (Memnon 20. Steph. Byz. s. v.), 

20 deren Lage ganzlich unbekannt ist. 

Als die Herrschaft Tiber KLeinasien nach Ly- 
simachos Untergang (282) auf Seleukos und nach 
dessen Ermordung 281 auf Antiochos I. uberging, 
behauptete Zipoites seine Stellung. Er griff Hera- 
kleia an, das seine Freiheit wiedergewonnen hatte 
und, freilieh vergeblich, bei Seleukos Anschluss 
suchte (Memnon 10); wahrscheinlich damals hat 
er ihm Tios, Kieros und die thynischen Besitzungen 
(s. o.) entrissen (Memnon 16). Schliesslich brachte 

30 er Antiochos Feldherrn Patrokles eine totale Nie- 
derlage bei, in der dieser selbst flel (Memnon 15, 
vgl. 20; wahrscheinlich noch 280). Kurz darauf 
muss er gestorben sein. Sein Sohn Nikomedes I. 
sicherte sich gegen den zu erwartenden Angriff 
des Antiochos I. durch ein Biindnis mit Herakleia, 
dem er die entrissenen Gebiete gegen eine Geld- 
entschadigung zuriickgab (Memnon 16 — das hatte 
einen schweren Krieg Herakleias mit Zipoites, dem 
Statthalter des thynischen Gebiets, zur Folge, 

40 einem rebellischen Bruder des Nikomedes, ebd. 17). 
Auch unterstiitzte er Antigonos Gonatas gegen 
Antiochos (279/8). Antiochos versuchte einen An- 
griff auf B., gab aber den Kampf auf, ohne dass 
es zur Schlacht kam (Memnon 18), ebenso wie er 
mit Antigonos Frieden schloss. B. hatte seine 
TJnabhangigkeit definitiv behauptet. 

Nikomedes I. lag mit seinen drei Brudern in 
Zwist — ihren Henker nennt ihn Memnon 20 — , 
namentlich mit dem oben genannten Zipoites. 

50 Gegen diesen nahm er im J. 277 (Paus. X 23, 14) 
einen gallischen Haufen, der unter Lonorios oder 
Leonnorios vor Byzanz erschienen war, in Sold — 
einen Auszug aus dem abgeschlossenen Vertrage, 
der auch den befreundeten Stadten Herakleia mit 
Tieion und Kieros, sowie Chalkedon und Byzanz 
ihre Hiilfe zusagte, hat Memnon bewahrt — und 
unterwarf mit ihnen ganz B. Gleichzeitig war 
ein anderer gallischer Heerhaufen unter Lutarios 
iiber den Hellespont gegangen; beide vereinigt 

60 warfen sich alsbald plundered auf alle kleinasia- 
tischen Landschaften, bis sie im Centrum der Halb- 
insel feste Wohnsitze gewannen. 

Wenn die bithynischen Konige im Kampf mit 
den griechischen Stadten und den makedonischen 
Machthabern standen, so konnten sie sich doch 
seit ihrem Eintritt in die Welthandel dem grie- 
chischen Einfluss nicht mehr entziehen. Schon 
Zipoites hatte sich nach neuer Weise eine Stadt 



auf seinen Namen gegrundet; mit seinem Sohne, 
dem ersten Bithynerkonig mit griechischem Namen, 
halt auch das Griechentum seinen Einzug in B. 
Die Zerstorung von Astakos durch Lysimachos 
machte eine SchOpfung von ganz anderer Bedeu- 
tung mSglich; ihm gegeniiber am Nordufer der 
Ecke des Golfs, also an der Stelle des alten Olbia, 
griindete der Konig um das J. 264 die Stadt Ni- 
komedia (Strab. XII 563. Memnon 20. Euseb. a. 
Abr. 1752 u. a. Hist. Aug. Gallien. 4 Astacum 10 
quae Nicomedia, postea dicta est; confus Paus. 
V 12, 7, wonach Nikomedes Astakos umnennt, za 
<5e e£ <*{>CT? avxfj Zvjtoitrjg sysvezo olxiazrjg, &Qq£ 
yevog elxd^ovzl ys ojio zov ovo/Mizog), Die Keste 
der Astakener wurden hierher verpflanzt; rasch 
wurde die Stadt eine der Hauptstadte des neuen 
Hellenismus. Auch sonst erscheint Nikomedes 
wie ein griechischer Fiirst : er zuerst hat Miinzen 
gepragt, nach attischem Fuss, seine Elfenbein- 
statue befand sich in Olympia (Paus. a. a. O.). 20 

Auch nach Osten und Siiden hat gewiss be- 
reits Nikomedes sein Keich erweitert. Nach seinem 
Tode (um 260) hat sein Sohn Ziaglas Ziaqlag (so 
auf einer Bronzemunze, ferner als Personenname 
auf einer Inschrift bei Mordtmann Ath. Mitt. 
XIV 315 ; CIG 3808 ZioAig ; bei den SchriftsteUern 
schwankt die Form), nachdem er im Kampf gegen 
seine vom Vater zu Erben eingesetzten Stiefbriider 
{zu denen der spater nach Makedonien genuchtete 
Tiboites, Polyb. IV 50f., gehort) die Krone ge- 30 
wonnen hatte, diese Eroberungen fortgesctzt. Er 
hat die Stadt Kresa in Paphlagonien, d. i. wahr- 
scheinlich Krateia, spater Flaviopolis, erobert, und 
eine Stadt Zei'la ,in Kappadokien' gegrundet (Steph. 
Byz. s. ZijXa. KQfjaaa [aus Demosthenes Bith.] ; 
vgl. Meyer Gesch. d. Kgr. Pontos 49f.). Von seinen 
Eroberungen (vgl. Arrian. frg. 74) hatte auch 
Trogus erzahlt; daher bei Iustin. XXVII 4 der 
rex Bithynus Eumenes, in dem er mit den Per- 
gamenern Eumenes und Attalos zu einer Person 40 
verschmolzen ist. Seine Tochter heiratete Antio- 
chos Hierax , um an ihm (wie an den KOnigen 
von Pontos und Kappadokien) einen Halt zu ge- 
winnen (Euseb. chron. I 251 Schoene). Seine 
Kriege fiihrte er mit gallischen Truppen ; von deren 
Hauptlingen ist er um 235, als ei sie bei einem Ge- 
lage aus dem Wege raumen wollte, erschlagen wor- 
den (Phylarch. frg. 32. Trogus prol. 27). Durch ihn 
hat B. wahrscheinlich seine spatere Ausdehnung 
nach Osten ge wonnen, durch die das mariandynische 50 
Hinterland und phrygische und paphlagonische 
Grenzdistricte mit B. verbunden wurden. Offen- 
bar wurden diese Gebiete von den Bithynern colo- 
nisiert und ihrer Nationalist gewonnen : die Stadt 
Bithynion wird damals entstanden sein. Bei Arrian 
fand sich im funften Buch, in dem er die Grun- 
durig Mkomediens erzahlte (frg. 28. 29 bei Steph. 
Byz. s. NtxoftrjSetov u. Msyagtxov), auch das Wort 
BtdvvMuioUztjg (frg. 27 bei Steph. Byz. s. Btfrvvo- 
nolig, was die Herausgeber falschlich in Bidvo- 60 
no).ig corrigieren) , von einer sonst unbekannten 
Stadt Bithynopolis , die vielleicht mit Bithynion 
identisch ist. Die Vermutung liegt nahe, dass 
dort von ihrer Besiedelung die Rede war. 

Ziaelas Sohn Prusias I. (Strab. XII 563. Steph. 
Byz. s. IlQovaa; danach ist der ungenaue Aus- 
zug aus Arrian [frg. 75] Tzetz. Chil. Ill 950 
und Etym. M. s. 'Aitaiiua zu corrigieren) bat die 



Politik seiner Vorfahren fortgesetzt. Aus seinen 
ersten Jahren erfahren wir nur wenig : er unter- 
stfltzt Bhodos nach dem Erdbeben (Polyb. V 90) ; 
er macht einen Galaterhaufen nieder, der die Stadte 
von Troas heimsucht (216 ; Pol. V 111) ; er unter- 
stfltzt die Ehodier, als sie im J. 220 Byzanz an- 
greifen und zur Aufhebung des Sundzolles im 
Bosporos zwingen, weil er sich von Byzanz gering- 
schatzig behandelt fuhlt — sie haben ihm die 
versprochenen Statuen nicht errichtet und schicken 
zu den von ihm gefeierten SoozijQia keine Fest- 
gesandtschaft (Pol. IV 49). Im Frieden muss er 
aber die ihnen an der asiatischen Kiiste des Bos- 
poros (Hieron) und in Mysien abgenommenen Orte 
wieder herausgeben (Pol. IV 50 — 52). GrOssere 
Erfolge brachte ihm seine Vennahlung mit Apama, 
der Schwester Philipps V. von Makedonien. Er 
unterstiitzte diesen im ersten Krieg mit Rom, 
den Aitolern und Attalos und wurde deshalb auch 
in den Frieden von 205 eingeschlossen (Liv. XXVII 
30. XXVffl 7. XXIX 12). Dafur zog Philipp, als 
er 202 den Angriff gegen die asiatischen Be- 
sitzungen der Ptolemaeer untemahm, vorher gegen 
die Griechenstadte an den Grenzen des bithyni- 
schen Reichs ; ein Conflict, den Prusias mit Kios 
provociert hatte, hot dazu den Vorwand. Philipp 
eroberte und zerstOrte Chalkedon, Kios, Myrlea, 
trotz ihres Bundes mit Aitolien. Namentlich in 
Kios hauste er aufs grausamste. Die Ruinen liber- 
wies er dann seinem Schwager. Dieser hat Kios 
unter dem Namen Prusias am Meer (vgl. die In- 
schrift von Kios Bull. hell. XVII 1893, 542 0a- 
aiJXevg KoXXivsixog xz[ta]ztjg zijg noXeaig; ebd. 
eine lange, sehr verstiimmelte Inschrift aus der 
Zeit der KOnigsherrschaft) , Myrlea als Apamea 
— nach seiner Gemahlin — wieder aufgebaut 
(Polyb. XV 22, 2. 23, 8—10. XVIII 4, 5. 5, 4 
= Liv. XXXII 14. Strab. XII 563. Steph. Byz. 
s. MvQXeta [fehlerhaft]. llQovoa. Hermipp. frg. 72, 
FHG III 51 aus Etym. M. s. 'Aad/uia). Dadurch 
wurde das Land bis zum Rhyndakos und zum 
mysischen Olymp bithynisch. Auch Chalkedon 
hat Prusias sich angeeignet. Im zweiten Krieg 
Philipps mit den RCmern hielt er sich zuriick, so 
dass im Frieden von 197 nur ausgemacht wurde, 
Flamininus solle tiber Kios an Prusias schreiben 
(Polyb. XVIII 44, 5 = Liv. XXXIH 30), natttr- 
lich eine vOllig illusorische Bestimmung. Prusias 
hat diese Zeit beniitzt, einmal um den Perga- 
menern das abwechselnd ihnen und den SeleuHden 
unterthanige phrygische Binnenland am oberen 
Sangarios mit Aizanoi, Kotyaeion, Dorylaeion, 
Nakoleia, die spatere Phrygia Epiktetos (zum Um- 
fang Strab. XII 571. 576), abzunehmen, sodann 
um Herakleia dasselbe Schicksal zu bereiten, wie 
den andern Griechenstadten. Er eroberte Kieros, 
das er in Prusias am Hypios verwandelte, und 
Tieion, und hatte auch Herakleia genommen, wenn 
ihm nicht beim Sturm ein Steinwurf das Bein 
zertrummert hatte (Memnon 27). So behauptete 
Herakleia seine Unabhangigkeit bis zum dritten 
mithradatischen Krieg; aber sein ganzes Gebiet 
hatte es verloren. 

Im Krieg des Antiochos gegen Rom hatte 
Prusias zuerst daran gedacht, ihn zu unterstutzen ; 
im J. 190 gewannen ihn die Scipionen fur Rom, 
indem sie ihm die Integritat seines Gebiets in 
Aussicht stellten (Polyb. XXI 11 = Liv. XXXVII 



519 



Bithynia 



Bithynia 



520 



521 



Bithynia 



Bithynia 



522 



25. App. Syr. 23). Es war das kliigste, was er (Liv. XLH 12. 29. XLIV 10. Appian. Mithr. 2). 

thun konnte. Aber seine Erwartung wurde nur teil- Als es den Komern schlecht ging, versuchte er 

weise erfullt. In den von der Senatscoramission im wie die Rhodier eine Friedensvermittelung (Liv. 

J. 188 fiber Kleinasien getroffenen Bestimmungen XLIV 14), die er nach der Schlacht bei Pydna 

heisstes, dass von Antiochos Besitzungen in Asien durch kriechende Servilitat bei einem Besuch in 

.Phrygien am Hellespont, Grossphrygien, das Myser- Rom auszugleichen suchte (Polyb. XXX 19 Liv 

land, welches Konig Prusias besetzt hatte (My- XLV 44. Diod. XXXI 15. App. Mithr. 2. Die- 

siam, quam Prusia rew ademerat, Liv. XXXVIII Cass. frg. 68 Melber). Nach dem Kriege schlug die 

39, bei Polyb. XXI 40, 10 verschrieben Mvaovg, rOmische Politik um; die alten Gunstlinge Per- 
ot!? jtQotegov avrog jraQeoxevdaaTo)' dem Eumenes 10 gamon und Rhodos wurden zurnckgesetzt , die 

zufallen sollte. Um die Ausfuhrung der Clausel kleineren Staaten, voran B. und Thrakien, mit 

haben sich die ROmer freilich nicht viel gekfim- dessen KOnig Diegylis Prusias verschwagert war 

mert; so kam es darttber zum Krieg. Bekannt- (Appian. Mithr. 6), gegen sie begiinstigt. So 

hch fuhrte in demselben Hannibal die bithyni- konnte Prusias erfolgreich gegen Eumenes schuren 

schen Truppen, vor allem die Flotte. Auch und die Galater gegen ihn hetzen (Polyb XXXI 

Philipp von Makedonien unterstiitzte den Prusias 6. 9. XXXII 3 = Diod. XXXI 7, 2 Liv ep 46) 

£° ly ^ SXm l ' 4 - 3 ' 1£ = Liv - XXXIX 46 )- Endlich im J. 156 schlug er gegen Attalos IL 

Aber Eumenes hatte an Rom einen festen Halt; los und brachte ihn in schwere Bedrangnis Die 

so war das Ergebnis des im J. 184 (Polyb. XXII ROmer batten gem fur ihn Partei ergriffen, wie 
20, 8) geschlossenen Priedens, dass Prusias die20er mit Sicherheit erwartete, hatte er nicht den 

Eroberungen am Sangarios , seitdem $ e vyia 17 Krieg gar zu frivol begonnen und zu brutal ge- 

ejiixztjzog genannt, abtreten musste (Strab. XII fuhrt. So zwangen sie ihn schliesslich 154 zum 

563; die., ausser bei Nepos Hannibal lOf. sehr Prieden, in dem er die Kriegskosten zahlen und 

durftage TJberlieferung iiber den Krieg flndet sich Attalos 20 Kriegsschifife ausliefern musste ; der 

Polyb. Ill 3, 6. Liv. XXXIX 51, 1. Trog. prol. Besitzstand vor dem Kriege wurde dagegen nicht 

32. Iustin. XXXII 4). Dem Hannibal verdankt geandert (Polyb. Ill 5, 3. XXXII 27f XXXIII 

Prusias auch die Anlage der Stadt Prusa am 1, 9. 12f., und aus ihm Trog. prol. 34. Diod XXXI 

Olympos, die bis auf den heutigen Tag seinen 35. App. Mithr. 3. Steph. Byz. s. Bo6g.Ke<pakai). 

Namen tragt (Phn. V 148 Prusa ab Hannibale Einige Jahre darauf, als Prusias seinen in Rom 
sub Olympo eondita. Tzetz. Chil. Ill 964 [Ar- 30 befindlichen Sohn Nikomedes — der in Rom be- 

nan. frg. 75] ITgovaiov zov xzrjzooog zfjg jiolsox; liebt war, wie die Kronprinzen meistens — zu 

UQovatig zijg nag VXvfiaa>. Strab. XII 564 xzlo/ua Gunsten seiner Kinder zweiter Ehe beseitigen 

JIqovoIov xov 7t S 6g KqoXoov noleprioavTog enthalt wollte, benutzte Attalos die Gelegenheit zur Rache. 

einen alten Fehler, den schon Steph. Byz. s. n Q ovoa Er erkannte den Prinzen, der rechtzeitig gewarnt 

. ; XTta/ia IlQovalov zov Tigbg Kvoov (sic) noU- war, als Konig an, gab ihm die MOglichkeit, in 

firjoavtog vorgefunden hat; vgl. Droysen Helle- B. einzubrechen , wo alles dem beliebten Thron- 

msmus HI 2, 258f.). Die Folge des Kriegs mit folger zuflel, und vor allem, er wusste Prusias den 

Eumenes war, dass im J. 183 Flamininus nach B. Halt in Rom zu entziehen — bei dieser Gelegen- 

gingundHannibalsAuslieferungforderte. Prusias heit schickte der Senat die von Cato verspottete 
wagte nicht, ihn zu schfitzen ; wie sich Hannibal 40 Gesandtschaft, quae nee caput nee pedes nee cor 

in Libyssa den Tod gab, ist allbekannt. Bald da- habuit. Prusias, von den Bithynern seit langem 

rauf muss Prusias I. gestorben sein (Strab. XII griindlich gehasst und verachtet und jetzt von 

564 sagt ausdriicklich, dass er es war, den Han- alien verlassen , fand schliesslich in Nikomedien 

mbal aufnahm ; meine Behauptung Gesch. d. Kgr. seinen Tod, 149 v. Chr. (Polyb. XXXVII 6. 7, und 

Pontos 75, 2 ist falsch). Den Umfang, den B. aus ihm Appian. Mithr. 4ff. Diod. XXXH 19— 21 

unter ihm gewonnen hat, hat die Landschaft Iustin. XXXIV 4. Liv. ep. 50. Zonar IX 28) 

danernd behalten, auch als rOmische Provinz. Nikomedes II., faoiXevg 'Enupavqs Ntxo/iri&Tig, 

Ihm folgte sein Sohn Prusias II. ,der Jager' wie er sich auf seinen Tetradrachmen nennt (nur 

(Proxeniedecret von Aptera auf Kreta fur ftamUa eine Golzmtinze hat 0ao. Nix. emq>.), d. h. der 
Oaovatav fiaodimg IIqovowv Bull. hell. Ill 425). 50 plOtzlich wie ein Gott aus der Verborgenheit in 

Waren die alteren Herrscher B.s zwar skrupellose, die Erscheinung getretene Konig war ein besserer 

aber energische PersOnlichkeiten, die Bedeutendes Mensch als sein Vater — nach Licinianus p. 36 

geleistet haben , so war dieser ein jammerlicher, Bonn, erhielt er wegen seines humanen Regiments 

verweichlichterFeigling (Polyb. XXXVII 7 = Diod. den Beinamen Euergetes — , aber eine andere 

XXXII 19 ; vgl. Nikander von Chalkedon PHG IV Politik konnte er nicht eiaschlagen. Er blieb der 

462 bei Athen. XI 496 d; er hat eine Becherform getreue VasaU der ROmer, mit der Hoffnung ge- 

errttnden), recht geeignet ffir die Zeit, wo die legentlich einigen Gewinn dafur zu erhalten, so 

ROmer die Ziigel lhrer Herrschaft hnmer fester beim Aristonikoskriege, wo er die alten bithynischen 

zogen. Seine Neigungen gingen gegen die Perga- Anspriiche auf Phrygien erneuerte. Bekanntlich 
mener und somit auch gegen Rom; aber er konnte 60 uberbot ihn aber der pontische Konig und erhielt 

nicht wagen, ihnen nachzugeben. Wodurch er ver- von M.' AquiUius Grossphrygien zugesprochen, bis 

anlasst ist, gegen Pharnakes von Pontos, der sich C. Gracchus es auch diesem abnahm (Oros V 10 

in diesem Kriege (182—179) voriibergehend Tieions Eutrop. IV 20. Gell. XI 10). Auf Kos wird dem 

bemachtigte (Diod. XXEX 23), auf seiten des Nikomedes ein Opfer eingerichtet als einem Gott 

Eumenes zu kampfen, wissen wir nicht (Polyb. (Bull. hell. V 221), auf Delos wird im J. 107 

XXV 2, 3. 7) Er heiratete Perseus Schwester inko zov drj/iov zov 'A&tjvaiwv xal vxe S jiaodioig 

und ware in dessen Krieg mit Rom gern neutral Nixofir,5ov der Isis Nemesis ein Tempel errichtet 

gebheben, schickte aber den Romero doch Schiffe (Bull. hell. VI 337. VHI 104), bald darauf wird 



seinem Sohn hier eine Statue errichtet (ebd. 'Papvovoiog yvfiivaotagxf&r- Nach einer sehr scharf- 
IV 188) — darin spiegeln sich die Handelsbe- sinnigen Vermutung Reinachs (Trois royaumes 
ziehungen mit Delos wieder, denen auch die Bi- 135ff.) ist er identisch mit dem vornehmen Bi- 
schrift der xazaxMovreg elg Bi&vvlav epnoQot xal thyner aus kappadokischem Konigsgeschlecht Ly- 
ra vxXtjqoi von Delos fur MslsayQog ZftsQzo/idQov komedes (mit leichter Namensanderung), dem 
aus Nikaia ebd. IV 222 Ausdruck giebt. Aber Caesar, der bekanntlich mit seinem Grossvater 
das Land wurde von den romischen Capitalkten Nikomedes III. Philopator eng liiert gewesen war, 
so ausgesogen und ausgeraubt, dass Nikomedes das Priestertum von Komana pontica und den 
beim Cimbernkriege im J. 104 die hohnende Er- KOnigstitel verlieh (bell. Alex. 66. Appian. Mithr- 
klarung wagen konnte, er sei ausser stande, den 10 121 , vgl. Strab. XII 558. 560). Seine Tochter 
vertragsmassigen Zuzug zu stellen, da die tuch- Orodaltis erscheint auf Mflnzen als Herrscherin 
tigen Leute fast alle als Sclaven fortgeschleppt von Prusias am Meere. Aus der nnbestimmten 
seien — das gab den Anstoss zum zweiten skili- Kunde hiervon diirfte Appians vor Reinachs 
schen Sclavenkrieg (Diod. XXXVI 3). Richtig Entdeckung ganz ratselhafte Angabe Mithr. 7 her- 
war die Behauptung nicht, denn in derselben Zeit vorgegangen sein, dass ein Enkel desNikomedes III. 
war der Konig dabei, sich im Osten in Unter- Philopator (vlcovdg rovSe ers^og Nixo^S^g) den 
nehmungen zur Erweiterung seines Reichs einzu- Remern sein Reich vermacht habe. 
lassen. Wahrscheinlich im J. 105 flel er mit Appians Angabe Mithr. 2, es hatten 49 KOnige 
Mithradates zusammen in Paphlagonien ein und iiber B. geherrscht, ist corrupt; dagegen die des 
teilte es mit ihm : dem remonstrierenden Senat 20 Dionys von Halikarnass bei Synkell. p. 525. 593 
gegeniiber gab er einen seiner Sohne fur den Bonn., dass iiber B. acht KCnige 213 Jahre ge- 
rechtmassigen Thronerben Pylaimenes aus (Iustin. herrscht hatten (von Synkellos seltsamerweise in 
XXXVII 4). Bald darauf versuchte er sich Kap- die J. 233—21 v. Chr. gesetzt), ist richtig, wenn 
padokiens zu bemachtigen und drangte sich der wir die Jahressumme in 223 corrigieren (297/6 
Regentin Laodike zum Gemahl auf; aber Mithrada- —75/4 v. Chr.) ; die Konige sind Zipoites, Niko- 
tes schlug ihn zum Lande hinaus (Iustin. XXXVHI medes I., Ziaelas, Prusias I., Prusias II., Niko- 
1). Weiter auf diese Handel einzugehen ist hier medes II. Epiphanes, Nikomedes IH. Philopator, 
unnOtig. Das Resultat war, dass beide Konige auf und dazwischen der Usurpator Nikomedes IV. So- 
Befehl des Senats Kappadokien wie Paphlagonien krates Chrestos. 

herausgeben mussten (um 95 v. Chr.). 30 Die zahlreichen Colonien, welche die bithyni- 

Bald darauf starb Nikomedes II. ; ihm folgte schen Konige bis auf Prusias I. gegrtmdet haben, 

sein Sohn Nikomedes HI. Philopator (so bei den haben zwar zweifellos eine MischbevOlkerung mit 

Schriftstellern Appian. Mithr. 7. Licinian. p. 34 einem starken griechischen Elemente enthalten, 

Bonn, Capitolin. Chronik CIG 6855 — auf seinen aber auch zahlreiche bithynische Bestandteile ; 

Miinzen hat er wie sein Bruder Kopf und Namen namentlich in Nikomedien treten diese noch in 

seines Vaters beibehalten ; uber seine Abstammung den spateren Inschriften stark hervor, und auch 

differieren die Berichte Memnon 30. Licinian. a. in Chalkedon dringen sie ein. Offenbar war die 

a._0. Iustin. XXXVHI 5, 10). Gegen diesen trat bithynische Nationalist kraftiger und selbstbe- 

sein Stiefbruder Sokrates 6 xev at °s auf und be- wusster als die ihrer schon stark zersetzten Nach- 
machtigte sich, von Mithradates unterstiitzt, als 40 barn, und daher diesen gegeniiber noch langere 

Nikomedes IV. des Thrones (91 v. Chr.) — er ist Zeit im Vordringen begriffen, wenn sie sich auch 

wahrscheinlich der Nikomedes, dem das unter ausserlich hellenisierte ; vgl. Polyb. XXXVII 7 

Skymnos Namen gehende geographische Lehrge- ,dass die KOnige feige und weibisch an KOrper 

dicht gewidmet ist (Rei nach Trois royaumes 120). und Geist sind, hat niemand gern, am wenigsten 

Im J. 90 erzwang eine Gesandtschaft unter M.' aber das Bithynervolk'. Noch in den nicht sehr 

Aquillius die Rfickkehr Philopators, und Mithrada- zahlreichen Inschriften (im CIG und verstreut in 

tes schaffte den Sokrates beiseite (Iustin. XXXVIH den Athen. Mitt., Bull. hell. HI 425 u. a., ein- 

3, 4. 5, 8. Appian. Mithr. 10f. 13. 57. Memnon zebe auch bei Le Bas), die durchweg aus r6mi- 

30. Liv. ep. 74). Wie Aquillius dann Nikomedes scher Zeit stammen, zeigen die vielen echt thra- 
zwang, Mithradates anzugreifen (89), und dieser 50 kisch-bithynischen Eigennamen wie doidaloog, 

infolge dessen den Ki-ieg gegen Rom begann (88), Acv8uio e tg, Moxoaiooig, Ilcwiag, Ziadtg, Zev&rig 

wt bekannt. Wahrend des Kriegs war B. in u. a. im Stammland und seiner n&chsten Nach- 

Femdeshand, der Friede von Dardanos 84 fuhrte barschaft, dass die alte Nationality noch nicht 

Philopator auf den Thron zuriick, den er jetzt vOllig untergegangen war. Die annectierten Ge- 

bis an seinen Tod Ende 74 behauptete. In seinem biete an der Propontis dfirfen dabei natttrlich 

Testament vermachte er sein Reich den ROmem nicht berucksichtigt werden. 

(Appian. Mithr. 71. Liv. ep. 93. Arrian. frg. 24 Von bithynischen Institutionen kennen 

n. a.), da er seinen Sohn von der kappadokischen wir nicht viel. Nach Arrian frg. 37 scheint wie 

Prinzessin Nysa, die von Sokrates vor seiner Usur- bei den Tbrakern ursprunglich Polygamie ge- 
pation verklagtund deshalb hingerichtet war (Li- 60 herrscht zu haben. Recht gesprochen wird unter 

cinian. p. 36), nicht als legitim anerkannte (Sallust. freiem Himmel, zur Sonne gewandt (Arrian. frg. 33 

hist. II 57. IV 20, 9 Kritz — seine Schwester Nysa Bc&vvoi Sixag ebixa£av xafreCo/uvot dvztoi zov 

Suet. Caes. 49). Ein Sohn dieses Sohnes (nicht yUov, tog av 6 deog inojczsvoi). Das KOnigtum 

er selbst., wie Rein ach meint) erscheint mit dem war ursprunglich wohl ein vielfach gebundenes 

KOnigstitel in einer Inschrift unter seiner Statue Volksherzogtum ; spater ist es ein Furstentum ge- 

aus dem Gymnasion von Delos CIG 2279 foot- worden wie andere hellenistische auch. Damals 

lecog Nixofirjdfov]^ zov e[y]yovov flaodecog Nixo- hat sich das Land auch sonst cultiviert; Arrian 

My$ov'Em<pdvov (sic) [Atoojxovoidrig AtotTxmwi'dov ruhmt seine Fruchtbarkeit, seine Steinbriiche und 



523 



Bithynia 



Bithynia 



524 



525 



Bithynia 



Bithynia 



526 



Krystalle (frg. 44). In den Stadten erhoben sich 
Kunstwerke, vor allem in Nikomedien (Arrian. 
frg. 44), die KOnige legten Interesse fur Gemalde 
an den Tag (Plin. VH 127. XXXVI 21), dem 
Prusias II. wird vorgeworfen, dass er ganz unge- 
bildet ist (Polyb. XXXVH 7). 

trber die bithynische Religion gewahren 
uns Schriftsteller und Inschriften einigen, wenn 
auch dfirftigen Aufschluss, der durch die im Floren- 



B., so gut wie der benachbarte Au emxagmco Bull, 
hell. XIII 310. Echt kleinasiatisch ist Au Olvfi- 
nia> xai aoTQamaico xai ArjfttjTQi xaQnotpogw Bull, 
hell. XVII 540 aus der Nahe von Kios. Die Kulte 
der griechischen und hellenistischen Stadte kOnnen 
hier naturlich nicht beriicksichtigt werden. 

Wie fiber alle Lander und Stadte der Welt .. 
hat es auch fiber B. in hellenistischer und rOmi- 



- scber Zeit eine ziemlichumfangreicheLitteratnr 

tmerHemerologramundsonstuberliefertenMonats-lOgegeben. Wir kennen Bi&wtaxd von Asklepia- 

namen (am besten bei Ideler Handb. d. Chronol. des von Mvrlea <FHG III 300^ in mindestens 

I 421) erganzt wird, in denen sich wie gewohnlich 

makedonische, griechische und einheimische Namen 

mischen: es sind mit der Herbstnachtgleiche be- 

ginnend 'Hgaiog (oder JlQala^g) , 'EQfiaXog, Mij- 

TQtpog, Atovvoiog, 'Hg&xleios , ATog, Bwdidatog, 

Srgdzeiog, IleQibciog (oder IlQyouog), 'Agstog (oder 

'AgQOQiog), 'AtpQoStaiog, AqfitfiQiog. Den Himmels- 

gott (Zeus) rufen die Bithyner auf den Berg- 



von Myrlea (PHG III 300) in mindestens 
zehn Blichern, aus denen Steph. Byz. eine An- 
zahl Fragmente bewahrt hat , von Demosthenes 
dem Bithyner (FHG IV 384), eine Geschichte 
seiner KOnige (rcegmizeiat oder av/mzwfiaxa) von 
Nikanor von Chalkedon (FHG IV 462), ferner 
natfirlich eine Schrift iiber B. von Alexander Po- 
lyhistor (FHG HI 232), endlich Arrians 8 Bficher 
Bi&wtxd, die bis zum Tode des Nikomedes IIL 



gipfeln unter den Namen Papas und Attis an, 20 hinabreichten. Aus ihnen haben uns Stephanos von 

sagt Arnan frg. 30. Papas ist offenbar der ein- "" " " 

heimische Gottesname, von dem der in B. haufige 
Personenname Ilajiiag (CIG 3794. Le Bas 1126; 
II<mia fern. Athen. Mitt. XVIII 28; IIa.7ita.v6g, 
-yr\ Le Bas 1171. 1178) stammt; vgl. llama Au 
owrijQi in einer Inschrift aus Dorylaeion in Phry- 
gian CIG 3817. Attis wird der mit ihm identi- 
flcierte phrygische Gott sein, der Liebling der 
Gottermutter (bei Diod. HI 58 in der albernen 



Byzanz und yor alien Eustathios in seinen Com- 
mentaren zu Dionysios Periegetes und zu Homer 
zahlreiche Bruchstticke bewahrt, leider meist fiber 
Sagen, homerische Geographie u. a. Photius cod. 
93 hat sich begnugt, den Inhalt der Vorrede mit- 
zuteilen. Zu dem Werk vgl. den Art. Arrianos 
Bd. n S. 1235f. Erganzend kommen die Schriften 
fiber die Nachbargebiete hinzu, namentlich fiber 
Herakleia ; unter diesen vor allem das Werk des • 



rationalistischen Erzahlung von Kybele erhalt 30Nymphis xind das auf ihm beruhende des Memnon, 
Attis den Beinamen Papas). Daneben verehren dem wir durch Photius Vermittlung den Haupt- 
sie den von den Bebrykern fibernommenen Pri- teil unsererNachrichten fiber das bithynische Reich 

verdanken. [Ed. Meyer.] 

Bithynien als rOmische Provinz. 
Nach dem Testament des letzten KOnigs, Niko- 
medes Philopator, der gegen Ende des J. 74 v. 
Chr. starb (Th. Eeinach Mithradates Eupator 
S. 313 d. deutsch. Ubers.), fiel das KOnigreich 
B. als Erbe den ROmern anheim, die denn so- 



oder wie Arrian frg. 32 schreibt, TLqi- 
enog — nach ihm heisst der Monat IlfeJeie- 
niog. Nach Arrian ist er ein Sonnengott did to 
yovifiov; Lucian. de salt. 21 erzahlt als bithyni- 
schen Mythos, dass Priapos, ein kriegerischer Gott 
(er halt ihn fur einen Titan en oder Daktylen), 
von Hera den jnngen Ares zur Erziehung erhalt 



und ihn zuerst tanzenlehrt; zum Lohn wird ihm 40 fort sich anschickten, durch den Statthalter 



fur alle Zeit der Zehnte der von Ares gewonnenen 
Beute zugesprochen — das mag also bithynischer 
Brauch gewesen sein. Den Kult des Ares zeigt 
der Monat "Agetos Q4.qqixqi.os), den der Gottermutter 
der MrjZQ&og. Dass die thrakische Bendis in B. 
verehrt wurde, beweist der Name BevSidaiog. Die 
sitzende Gsttin auf den Mfinzen Nikomedes I., 
in kurzgeschiirztem Gewand, in der Rechten zwei 
Lanzen, in der Linken ein kurzes Schwert, zur 



Asia, M. Iuncus, das Land als rOmische Provinz 
einrichten zu lassen. Nikomedes Reich umfasste 
das Land zwischen dem Unterlanf des Rhyn- 
dakos, der es gegen die rOmische Provinz Asia 
schied (Plin. n. h. V 142. Ptolem. V 1), und der 
Miindung des Sangarios (Strab. XIII 541. 542), 
wahrend weiter flussaufwarts B. fiber den San- 
garios hinausgriff und die Stadte Prasias, Bi- 
thynion, Krateia in sich schloss und an Paphla- 



Seite den Eundschild, ist wahrscheinlich die Ben- 50 gonia grenzte. Im Norden war der Pontes En 



dis SiXoyxog (Kratin. frg. 80 Kock bei Hesych. s. 
dtloyxov, die Deutung stammt von Froelich, 
vgl. Reinach Trois royaumes 99). Die spateren 
bithynischen Konigsmunzen zeigen meist einen 
Zeus. Bendis ist vielleicht auch mit der Artemis 
der Weihinschrift von Sabandja Astlich von Niko- 
medien CIG 3768 gemeint. Ob der Sabazios, dem 
Maximus, Sohn des Mucianus, im J. 206 n. Chr. 
in Kartal Ostlich von Chalkedon einen Altar er- 



xeinos, im Sfiden der Olymp und die Landschaf- 
ten Phrygia und Galatia die Grenze. Durch 
diesen Zuwachs an Land wurden die Romer un- 
mittelbare Nachbarn des Mithradates von Pontes, 
zu dessen Reich die Ktiste Ostlich vom Sangarios 
mit Ausnahme des Freistaates Herakleia gehorte, 
und zugleich gewannen sie eine Kiistenstrecke am 
schwarzen Meere, woran ihnen um so mehr liegen 
musste, als sie dadurch zu Herren des Bosporos 



richtete (CIG 3791 &e[o> 2]a§a[£]ia> jiav[xo] f - 60 wurden und durch Sperrnng desselben den ponti 

gavm), einheimisch oder aus Phrygien importiert " --. - - 

ist, ist nicht zu sagen (vgl. Arrian. frg. 31 fiber 
Dionysos am Sangarios). Die Himmelsgotter der 
Inschriften Au ejiiStj/xioj und Au Bodtjat (wozu 
Hof er Jahrb. f. Philol. CLLTI 1896, 472 Et. magn. 
BaXiat . . . xai tor Alovvaog Ogaxig vergleicht) 
Athen. Mitt. XIX 372f. gehoren nach Paphlagonien, 
nicht wie der Herausgeber R. Forster meint, nach 



sehen Handel brach legen konnten. Mithradates 
beantwortete den Versuch, B. zu einer rOmischen 
Provinz zu machen, mit einem im Frfihjahr 73 
v. Chr. unternommenen Einfall, der fast das 
gan2e Land in die Gewalt des KCnigs brachte 
und die Romer zwang, mit den Waffen dasselbe 
sich erst zu erobern. 

Die Wechsel und den Verlauf dieses sog. dritten 



mithradatischen Krieges zu erzahlen, ist hier nicht 
der Ort. An eine Einrichtung und regelmassige 
Verwaltung ihrer Erbschaft konnten die Romer 
vorderhand nicht denken; erst nach Mithradates 
vOlliger Vernichtung constituierte Pompeius B. 
als rOmische Provinz. Gleichzeitig wurde aber 
auch der Umfang der neuen Provinz grosser als 
das Reich des Nikomedes gewesen war. Nach 
den Untersuchungen von Niese Herm. XLTI 39; 
Rh. Mus. XXX VTn 567 kam nicht bios die Kttste 
vom Sangarios bis zum Halys, wie man bisher 
annahm, sondern der ganze Pontos, also das Land 
Ostlich vom Halys hinzu, das Pompeius mit Aus- 
nahme des dem Deiotarus von Galatia verliehenen 
Kustenstriches von Pharnakeia und Trapezus bis 
Kolchis und der am Unterlauf des Halys sfidlich 
vom Gebiet der Amisener gelegenen Landschaft 
Gadilonitis zu B. schlagt. Fortan bilden das 
pontische Reich des Mithradates und das bithy- 
nische des Nikomedes eine Provinz, die den Namen 
Pontus et Bithynia fiihrt (so meist: CIL X 6659. 
Ill 384; Suppl. 6813. 7339; griechisch: II6v- 
rog xai BeiSvria Papers of Am. School III 532. 
Bull. hell. XIV 643). Dagegen wurde das paphla- 
gonische Binnenland, das wenigstens zum Teil 
dem Mithradates botmassig war, einheimischen 
Fursten aus dem alten Stamm der Pylaimeniden 
verliehen und nach dem Aussterben derselben bald 
vor Beginn der christlichen Zeitrechnung von 
Augustus eingezogen und der Provinz Galatia zu- 
geteilt. Daher kommt Paphlagonia haufig auf 
Inschriften vereint mit Galatia vor (Papers of Am. 
School III 532. CIL HI Suppl. 6819. 6813). 

Aber diesen Umfang behielt die Provinz nicht 
lange. Die von Antonius im Pontos getroffeneu 
Einrichtungen, so vortibergehend sie auch an sich 
waren, blieben doch von bleibender Wichtigkeii 
fur die Provinz Pontus et Bithynia. Antonius 
setzte den Polemo zum Konig fiber das Land, 
welches Pompeius dem Deiotarus verliehen hatte, 
ein und vergrOsserte dasselbe durch Phanaroia, 
durch Zelitis und Megalopolitis — also dass Po- 
lemo und nach ihm seine Nachfolger mit Aus- 
nahme von Komana, wo ein Priesterkonig herrschte, 
ungefahr das Land .vom Iris und Skylax bis nach 
Armenien und Kolchis besassen, woruber Strabon 
XII cap. 3 genaue Auskunft giebt. Im J. 63 
n. Chr. fiel auch dies KOnigreich an Rom und 
wurde der Provinz Kappadokia zugeteilt. Der 
nicht zu Polemos Reich gehOrige Pontos, also etwa 
das Land zwischen Halys und Iris mit Skylax, 
kam durch Antonius gleichfalls an ein Fursten- 
geschlecht und wird mit Ausnahme von Amisos 
(vgl. u.) im J. 2 v. Chr. rOmische Provinz; in 
diesem Jahre beginnen die Aeren von Amaseia 
(Imhoof-Blumer Griech. Mfinzen 560) und Se- 
bastopolis (Inschrift des Flavius Arrianus Revue 
arch. XXXHI 200 = Journal of Phil. XI 154). 
Aber dieser Landstrich wird der Provinz Galatia 
zugeteilt, daher Pontus Galaticus. Im 1. Jhdt. 
n. Chr. gehorte Amaseia zu Galatia — das be- 
weist der dort gefundene Meilenstein, der durch 
den Legaten Galatias Pomponius Bassus gesetzt 
ist (CIL IH Suppl. 6896. 6897); man vgl. noch 
die Inschrift des Sospes (CLL III Suppl. 6818), 
wonach der Pontus Galaticus zu Galatia gehort. 
Im 2. Jhdt. wird er erst Kappadokia zugeteilt. 
So war der Umfang, den Pompeius der Provinz 



gegeben, nur von kurzer Dauer; seit Antonius 
umfasst Pontus et B. — dieser Name der Pro- 
vinz ist auch in der Kaiserzeit der fibliche — 
ausser B. im engeren Sinne noch die Kfistenland- 
schaft vom Sangarios fiber den Halys hinaus bis 
Amisos. Dass diese letztere Stadt zur Provinz 
Pontus et B. gehorte — abgesehen von der Zeit 
des Pharnakes, der sie eroberte, und der folgen- 
den Zeit, wo Tyrannen sie beherrschten (Strab. 

10 Xn cap. 3), aus deren Gewalt sie im J. 31 v. Chr. 
wieder unter die rOmische Botmassigkeit trat — , 
folgt fur die republicanische Zeit aus den dort 
geschlagenen Mfinzen mit den Kopfen der Pro- 
consuln C. Papirius Carbo aus dem J. 59 v. Chr. 
(Revue numism. V 363) und C. Caecilius Comutus 
aus dem J. 56 v. Chr. (Wroth Coins of Pontus 
21 nr. 82f.). fur die Kaiserzeit, jedenfalls ffir das 
1. und den Anfang des 2. Jhdts., aus Plinius Cor- 
responded mit Traian (ep. 92). Plinius als kaiser- 

201icher Statthalter von B. hatte in Amisos, trotz- 
dem dies eine urbs libera et foederata war, Ge- 
schafte, und von ihren finanziellen Angelegenheiten 
nahm er gerade so gut wie von denen anderer Stadte 
Einsicht. Von den fibrigen Stadten dieser Kfiste 
liegt nur ffir Sinope ein ausdriickliches Zeugnis 
vor, dass es zu Traians Zeiten zur Provinz Pon- 
tus et B. gehorte (Plin. ep. ad Traian. 90). Das- 
selbe folgt fur die Zeit des Marc Aurel auch fur 
Abonuteichos aus Lukian (Pseudom. 57), der we- 

30 gen des in Abonuteichos gegen ihn von Alexan- 
der unternommenen Mordversuchs eine Klage an- 
stellen will, aber der Statthalter von Pontus et 
B. Avitus — derselbe ist inschriftlich ffir das 
J. 165 n. Chr. bezeugt — , bei dem Lukian seine 
Klage anbringt, weiss ihn aus Freundschaft ffir 
Rutilianus, den Schwiegersohn des Alexander, da- 
von abzubringen, denn er kOnne den Alexander xai 
el (pavsgaig Xdfiot adixovvra nicht stTafen. Hier- 
nach gehorte Abonuteichos zum Verwaltungsbe- 

40zirk B. Ptolemaios (V 1) rechnet unter der 
Uberschrift IIovxov xai Bt&vrlag Mctg, was den 
Eindruck macht, als ob er in diesem Kapitel 
die rOmische Provinz behandelte, Amastris zu B., 
dagegen Abonuteichos Sinope Amisos (V 4, 2) 
zu Galatia. Hiernach scheint also die Provinz 
nach 165 n. Chr. abermals an Umfang kleiner ge- 
worden zu sein, indem nach Osten zu Amastris 
ihre ausserste Stadt war. Von neueren Ande- 
rungen in den Grenzen hOren wir nach Ptolemaios 

50 nichts bis in die Zeiten nach Diocletian. Wie 
anderswo so wird auch hier die alte Provinz Pon- 
tus et B. geteilt und zwar in die Provinzen B. und 
Honorias, die beide zur Dioecesis pontica gehOren 
(Veroneser Verzeichnis in Abh. Akad. Berl. 1862 
und Polemii Silvii Laterculus vom J. 449 inMomm- 
s e n s Chronica minora 1 541). B. umfasst im grossen 
Ganzen das immer im engeren Sinne so genannte 
Land, also vom Rhyndakos bis zum Sangarios, 
Honorias schliesst folgende Stadte in sich: Clau- 

60 diopolis, Prusias, Herakleia, Tion, Krateia, Hadria- 
nopolis (Hierokles ed. Burckhardt p. 81. Basilii 
notitia episeop. in Gelzers Georgii Cyprii descrip- 
tio orbis Rom. p. 14f.). Die Grenze zwischen bei- 
den ist der Sangarios. Die fruher immer zur alten 
Provinz Pontus et B. gehOrende Stadt Amastris 
gehort fortan zur Provinz Paphlagonia (Hierokl. 
p. 81. Basilius not. episc. p. 5). 

Diese innerhalb der eben umschriebenen, aller- 



527 



Bithynia 



dings wechselnden Grenzen liegenden Lander bil- 
deten einen Verwaltungsbezirk und unterstanden 
einem Statthalter. Der Name dieser Provinz 1st 
immer Pontus et B. geblieben, obwohl auch haufig 
genug B. allein dafiir sich flndet (CIG 2590. Bull, 
hell. XI 212 nr. 1. Museo Italiano III 702). Aber 
im engeren Sinne war B. das Land vom Rhyndakos 
bis zum Sangarios, Pontus das Land vom Sangarios 

ostwarts; das geht aus Strabons Worten hervor (XII „ t 

541) : xaxalvUvrmv^ <5^ %<bv fiaademv £<pMa£av ol 10 zeitjeder Analogic Nach meiner MeimnVwaren 



Bithynia 528 

felds Annahme ein unaufhorlicher Wechsel der 
Verwaltung in dieser Provinz und ein fortwahren- 
der Ubergang derselben. aus den Handen des Senats 
in diejenigen des Kaisers stattgefunden haben 
miisste, so dass in der Zeit von Claudius bis Vespa- 
sian dem Proconsul ein procuratorischer Statt- 
halter, dem letzteren wieder ein Proconsul folgte. 
Ein solcher Wechsel widerspricht jeder Verwal- 
tungsmaxime und entbehrt fur die rOmisohe Kaiser- 



'PfonaToi xovg avtov; oQovg (namlich wie sie zu 
Mithradats und Mkomedes Lebzeiten gewesen) 
wots xrjv 'HQaxXemv nQoesxsia&ai x<$ Hovxoj , xa 
<5' InsxgLva BvfhvoTs tiqooxcoquv vgl. mit XII 543 : 
fi 6k nolie (namlich Herakleia) ion rijs Ilovxix^e 
InaQxias xijs avvrexayuiv^s xfj Bi&vvlq. Diesen 
beiden administrativ mit einander ve'rbundenen 
Landern nahm man ihre innere Selbstandigkeit 
nicht; dies kommt darin zum Ausdruck, dass man 



Iunius Cilo, C. Iulius Aquila und L. Antonius Naso 
Pinanz- nicht Praesidialprocuratoren ; auch in der 
Senatsprovinz Asia finden sich schon im 1. Jhdt. 
derartige kaiserliche Procuratoren fur die Hebung 
der Gefalle. Eins scheint mir noch erwahnens- 
wert. Sowohl G. Iulius Aquila (CIG 3743 = CIL 
III 346) als L. Antonius Naso (CIL III Suppl. 
6993) fuhren im Auftrag ihres Kaisers, der erstere 
einen Strassenbau, der zweite irgend einen anderen 



zwei Landtage hier flndet, den einen fur B. im20Bau in der Provinz aus. Daraus, dass der Kaiser 



engeren Sinne, den anderen fur Pontus, woriiber 
das Nahere weiter unten sich flndet. 

An der Spitze der Verwaltung stand ein. Pro- 
praetor, in der Kaiserzeit ein praetorischer Pro- 
consul, dem ein Quaestor und ein Legat zugeteilt 
war. Bei der Teilung der Provinzen zwischen 
Augustus und dem Senat im J. 27 v. Chr. wurde 
B. Senatsprovinz und blieb es bis tief ins 2. Jhdt. 
n. Chr. hinein. Allerdings nimmt 0. Hirschfeld 



durch seinen Procurator in B. eine Strasse bauen 
lasst, folgt nicht, wie Hirschfeld meint, dass 
die Provinz in kaiserlicher Verwaltung war; in 
Asia haben wiederholt die Kaiser selbst Strassen 
gebaut (CIL III Suppl. 7206. 7203. 7192. 7168 
u. 6.) ; ob derjenige, der dieselben in ihrem Auf- 
trag baut, genannt ist oder nicht, scheint mir nicht 
von grosser Bedeutung zu sein. B. war demnach 
das 1. Jhdt. hindurch Senatsprovinz. Btwas Be- 



(S.-Ber. Akad. Berl. 1889, 420) an, dass B. im 30 sonderes und Abweichendes finden wir zuerst unter 



1. Jhdt. n. Chr. voriibergehend dem Senat ge- 
nommen und durch kaiserliche Procuratoren ver- 
waltet sei. Als solche procuratorische Statthalter 
fiihrt er an: im J. 48 und 49 Iunius Cilo, im 
J. 57 und 58 C. Iulius Aquila und im J. 78 L. 
Antonius Naso. Man beachte aber, dass in dem- 
selben Jahre (49 n. Chr.), in welchem Iunius Cilo 
als procurator Ponti (d. h. naturlich Ponti et Bi- 
thyniae, vgl. Cass. Dio LX 33) von Tacitus (ann 



Traian, auf dessen Veranlassung, aber auf Be- 
schluss des Senats der jiingere Plinius als ausser- 
ordentlicher Commissar nach B. geschickt wurde. 
Als Zeit dieser Verwaltung B.s durch Plinius hat 
Mommsen (Herm. in 55) die J. 111/113 n. 
Chr. ermittelt, und der Grund zu dieser ausser- 
ordentlichen Sendung eines Consulars lag in den 
schlechten Zustanden, sowohl in administrativer 
als namentlich in finanzieller Hinsicht, die bei 



XII21) erwiihnt wird, auch ein Proconsul von B., 40 den einzelnen Stadten der Provinz sich fanden 



Cadius Eufus, von der Provinz repetundarum 
angeklagt und verurteilt wird (Tac. a. a. O. 
22). Cadius Rufus war naturlich vor 49 Proconsul, 
aber Cilo war auch mehr als zwei Jahre Procurator 
(Dio a. a. 0.). Hirschfelds Annahme, dass Iunius 
Cilo als procuratorischer Statthalter dem Procon- 
sul Cadius Rufus gefolgt sei, ist um so unwahr- 
scheinlicher , als wir 10 Jahre spater dasselbe 
beobachten, dass namlich in B. ein Proconsul 



Hieruber geben die in dieser Zeit und aus diesem 
Wirkungskreise geschriebenen Briefe des Plinius 
an Traian geniigende Auskunft. Plinius fuhrt als 
ausserordentlicher Commissar den Titel legatus 
pr, pr. provinciae Ponti et Bithyniae, dass aber 
gleichwohl die Provinz Senatsprovinz geblieben und 
nicht im eigentlichen Sinne dadurch zu einer kaiser- 
lichen ward, lehrt der auf obigen Titel folgende 
Zusatz: consulari potestate in earn provindam 



ein Procurator zeitlich so nahe zusammenfal- 50 efx s. c. ah] imp. Nerva Traiano Aug. Germ, 



len wie Cadius Rufus und Iunius Cilo, namlich 
M. Tarquitius Priscus, der bald vor 61 Proconsul 
B.s war, weil er im J. 61 von der Provinz repe- 
tundarum angeklagt und verurteilt wird (Tac. 
ann. XTV 46), und C. Iulius Aquila, dessen bithy- 
nische Procuratur fur 58 bezeugt ist (CIL III 346 
= CIG 3743). Aber zwischen Iunius Cilo und 
Iulius Aquila fallt noch das Proconsulat des Attius 
Laco, das auf Munzen mit den Bildern Neros und 



[missus] (CIL V 5262) oder; ex s. c. pro [eonsulis 
loco in prov. Ponto] et Bithynia (CIL VI 1552; 
die Erganzungen ruhren von Mommsen Ephem. 
epigraph. VTI 444 her; Bormann Arch.-epigr. 
Mitt. XV 37, der zuerst das Fragment CLL VI 
1552 auf Plinius bezog, erganzt : ex s. c. pro[con- 
sulari potestate in prov. Ponto] et Bithynia). 
Ware die Provinz schon unter Traian aus einer 
Senatsprovinz zu einer kaiserlichen geworden, be- 



£v? ip Jto aS vorkon ? mt - also zwischen 54/59 n. Chr. 60 durfte es des Zusatzes ex s. e. nicht; die Sen- 



fallt (Wroth Coins of Pontus etc. 154 nr. 16). 
Und ebenso flndet sich vor L. Antonius Naso noch 
das Proconsulat des M. Plancius Varus, welches 
Pick Wien. numismat. Ztschr. XXIII 76, gewiss 
richtig, ins Jahr 70/71 setzt. Von Claudius bis 
Titus giebt es auf Munzen noch viele Proconsnln 
B.s, deren Jahr aber nicht feststeht. Das Gesagte 
wird aber geniigen, um darzuthun, dass bei H i r s c h- 



dung des Plinius nach B. beruht auf einem Com- 
promiss zwischen Kaiser und Senat und ist eine 
ausserordentliche Commission, ohne dadurch die 
bisherige Verwaltungsart B.s als Senatsprovinz 
zu andern. Unter Traian flndet sich nun noch 
C. Iulius Cornutus Tertullus als legatus pro prae- 
tore divi Traiani [Parthici] provinciae Ponti 
et Bithfyniae] (CIL XTV 2925); auch er war 



529 



Bithynia 



Bithynia 



530 



wie Plinius Consular in dieser Stellung und eben- 
falls sicher ein ausserordentlicher Commissar des 
Kaisers, obwohl wir weder die Zeit noch den Grund 
seiner Sendung nach B. kennen. Wir werden 
aber nicht fehl gehen, wenn wir uns den Tertullus 
mit einer ahnfichen Aufgabe, wie diejenige des 
Plinius war, betraut nach B. geschickt denken. 
Spater hat nochmals Hadrian den P. Severus 
als diogftoixr/v xal Xoyimr\v dahin gesandt (CIG 
4033 = Arch.- epigr. Mitt. IX 118, vgl. dazulO 
Cass. Dio LXIX 14); dieser Severus hatte also 
jedenfalls mit der Ordnung der flnanziellen Ver- 
haltnisse der Stadte zu thun und war ein ausser- 
ordentlicher Commissar. Bei Plinius ist bemerkt 
worden, dass die Provinz Senatsprovinz blieb und 
als solche finden wir sie noch in antoninischer 
Zeit von Proconsuln verwaltet. Die gewfihnliche 
Annahme, dass Hadrian etwa um J. 135 Pontus 
et Bithynia gegen Lykia-Pamphylia vertauscht, 
ersteres also seit dieser Zeit eine kaiserliche Pro- 20 
vinz war, sttitzt sich auf Cass. Dio LXIX 14 : xfj 
Si 8fj fiovhfj xal rep xXfiQco fi nafj.qpvi.ia avtl rfjg 
Bclhvias kdo&t) ; aber erstens ist diese Nachrieht 
dem Xiphilin, den wir hier haben, fremd und 
stammt aus des Konstantinos Porphyrogennetos 
Excerpten (bei Vale si us p. 714), und zweitens 
ist sie unvereinbaT mit den uns erhaltenen in- 
schriftlichen Monumenten, ist also wohl an falscher 
Stelle eingefiigt und gehOrt, wie ich glaube, nicht 
in die Erzahlung von Hadrians, sondern von Marc 30 
Aurels Regierungszeit. In den letzten Jahren 
Hadrians bis zum Ende der Regierung des Pius 
finden wir noch folgende Proconsuln in B.: 1) Q. 
Voconius Saxa Pidus (Bull. hell. XIV 643). Der- 
selbe war von 142 — 149 kaiserlicher Legat von 
Lykia und Pamphylia (Reisen im siidwestlichen 
Kleinasien II 124. 131), vorher aber Proconsul von 
B. Sein Proconsulat fallt also in die letzten Jahre 
des Hadrian oder in die ersten des Pius. 2) L. Coe- 
lius Festus (CIL XI 1183 = Dessau 1079). Der- 40 
selbe war erst leg. imp. Antonini Aug. Asturiae 
et Callaeciae, worunter ich mit Dessau den An- 
toninus Pius verstehe, dann praefectus aerari Sa- 
turni und dann Proconsul von B. Seine Zeit 
ist durch die Erwahnung des Antoninus Pius ge- 
geben. 3) Ein Ungenannter (Papers of the Am. 
School HI nr. 532). Er war erst leg, Aug. pr. 
pr. von Galatia Pisidia Paphlagonia, dann Pro- 
consul von B. Ein Terminus post quern liegt 
darin, dass Lykaonia, das hier bei Galatia fehlt, 50 
wozu es frliher geherte (Athen. Mitt. VI 147. 
CIL m Suppl. 6818), unter Pius mit Kilikia 
eine Provinz bildet (Papers of the Am. School 
III nr. 189. 190). 4) Ein Ungenannter (CIL III 
254). Derselbe war erst proconsul Ponti et Bi- 
thimiae, dann leg. Augustorum pr. pr. provinc. 
Oalat(iae) item provinc. GUiciae. Die beiden 
Augusti sind meines Erachtens Marc Aurel und 
Verus, nicht wie man gewohnlich annimmt, Septi- 
niius Severus und Caracalla, weil unter diesen bei- 60 
den Kaisern keine Proconsuln von B. sich mehr 
finden. 

Allein Anscheine nach muss in den ersten Jahren 
des Marcus die Provinz Pontus et Bithynia aus 
den Handen des Senats in kaiserliche Verwaltung 
ubergegangen sein. Denn wir finden im J. 165 
n. Chr. zuerst einen kaiserlichen Statthalter, einen 
leg. Aug. pr. pr. in der Person des Lollianus Avitus 



(CIG4152d, verbessert bei G. Hirschfeld S.-Ber. 
Akad. Berl. 1888, 875. Lukian Pseudom. 58. Digest. 
L 2, 3, 2). Zu dem auf dieser Inschriffc vorkom- 
menden Jahr dxa = 229 von Amastris, welches 
nach pompeianischer Aera (= 64 v. Chr.) berechnet 
das J. 165 n. Chr. ergiebt, vgl. auch Imhoof- 
Blumer Griech. Munzen 586. Seit dieser Zeit 
sind die Statthalter B.s, soweit wir es beob- 
achten kennen, legati Augusti pr. pr., so unter 
Commodus Didius Iulianus (CIL VI 1401), so 
unter Severus oder Caracalla L. Fabius Cilo (CIL 
VI 1408. 1409); Septimius Antipater (Philostr. 
v. soph. 265); Claudius Demetrius (CIG 3771); 
L. Egnatius Victor Lollianus (Arch.-epigr. Mitt. 
VII 171) und unter den folgenden Kaisern andere. 
Zu bemerken ist noch, dass diese legati Augusti 
pr. pr. Consulare sind, wahrend die fruheren Pro- 
consuln aus der Reihe der Praetorier genommen 
zu werden pflegten, s. Brandis Herm. XXXI 161. 
Nach der Teilung der Provinz Pontus et B. in B. 
und Honorias steht erstere unter einem Consularis, 
letztere unter einem Praeses (Notitia dign. or. 
Yl 7). 

Bei der Constituierung der Provinz Pontus- 
B. durch Pompeius gab es an der Kiiste Stadte, 
das ganze Binnenland aber hatte deren nur wenige 
und zeigte iiberhaupt geringe Spuren griechi- 
scher Kultur. Fur den Pontus ist es ausdriick- 
lich bezeugt, dass Pompeius hier elf Stadtge- 
biete (nohteTat Strab. XII cap. 3; vgl. Appian. 
Mithr. 117) schuf, indem er nicht bios bereits 
bestehende Stadte, wie die koniglichen Residen- 
zen Amisos, Sinope und Amaseia zu griechisch 
geordneten Gemeinwesen umsehuf, sondern auch 
aus den grbsseren DOrfern iiberhaupt erst Stadte 
machte. Unter diese 11 Stadte verteilte er das 
Gebiet; die neu geschaffenen Stadtgebiete sind: 
Nikopolis, in Klein Armenien, an der Stelle, wo 
Pompeius im J. 66 v. Chr. den Sieg erfocht, Eu- 
patoria (Magnopolis) , Kabeira (Diospolis), Zela, 
Megalopolis (spater Sebasteia), Phazemon (Nea- 
polis) und Pompeiopolis. Zu diesen sieben kam 
ausser den schon genannten Amaseia, Amisos und 
Sinope noch Amastris hinzu. So schlecht wir auch 
fiber diese ganzen Gegenden unterrichtet sind, so 
darf doch nicht unbeachtet bleiben, dass spater auf 
diesem Wege, den Pompeius einschlug, um grie- 
chische Kultur auszubreiten, fortgefahren wurde. 
Um von Herakleia Pontica, das einst ein bluhender 
griechischer Freistaat, im mithradatischen Kriege 
zerstOrt wurde, das aber schon in Antonius Zeit 
soweit wieder hergestellt war, dass es neben der grie- 
chischen Stadt eine rOmische Colonie aufnahm, zu 
schweigen, so diirfen hier Sebastopolis am Skylas 
und Komana Pontica genannt werden, von denen 
das erstere wohl iiberhaupt erst nach Pompeius, 
unter dessen 11 nohreTai es fehlt, gegrundet und 
als Stadt constituiert, das letztere, zu Pompeius 
Zeit und noch spater ein Priesterstaat, im Laufe 
der Zeit zu einem griechisch geordneten Gemein- 
wesen wurde (s. die Inschrift in Revue des etudes 
grecq. VHI 86 nr. 31 mit o Konav&tov dfjfiog). 
Das eigentliche B. war nach Plinius (n. h. V 
143) in 12 ewitates eingeteilt, eine Einteilung, 
die sicher wie diejenige des Pontus urspriinglich 
auf Pompeius zuriickgeht. Ausdrtlcklich nennt 
Plinius von diesen 12 Stadtgemeinden nur zwei, 
namlich Iuliopolis (fruher Gordiukome) und Dasky- 



531 



Bithynia 



Bithynia 



532 



lion, die ubngen zehn sind aber wohl folgende: den rOmischen Colonien stehen an erster Stelle 

1. Germamcopolis, wohl dasselbe wie das auf Miin- die beiden, welche iuris Italiei waren (Digest L 

zen der Kaiserzeit vorkommende Kaisareia Ger- 15, 1) und also Steuerfreiheit genossen. Es sind 

manike, 2. Apameia, 8. Prusias ad mare (Kios), Apameia, colonia Mia Concordia Apamea (Strab 

4. Prusa, 5. Nikaia, 6, Prusias ad Hypium, 7. Ni- XII 564. CIL III 335; Suppl. 6992) und Sinope, 

komedeia, 8. Chalkedon, 9. Bithynion = Clau- colonia Mia Felix Sinope (Plin. n. h. VI 6. Plin. 

diopohs und 10. die Agrippenses , wofur meines ep. ad Traian. 90. 91 ; wegen der Munzen s. Head 

Wissens der Stadtname nicht erhalten ist. Aller- HN 435). Beide, Apamea und Sinope, verdankten 

dings kann es keinem Zweifel unterliegen, dass dem Dirtator Caesar das Recht der Colonie Ausser- 
Iuliopohs, Germamcopolis, Claudiopolis und der 10 dem werden als Colonien noch erwahnt Herakleia 

Ort, dessen Ethnicon Agrippenses ist, ihre Naraen und Nikomedeia. Herakleia war nach Strab XII 

der nachpompeianischen Zeit verdanken, und wohl 542 rOmische Colonie; aber unmittelbar vor der 

auch ihre Stadtrechte; in diesem Falle hat Pom- aktischen Schlacht ttberfiel und totete Adiatorix, 

perns B. eben m wemger als zwOlf Stadtgebiete den Antonius mit dem Teil Herakleias, der nicht 

geteilt, gerade vie das bei Plinius fehlende Kre- rOmische Colonie war, belehnt hatte, die Romer. 

teia-Flaviopolis ersichtlich einem der Plavier seine Es scheint, dass spater keine neue Colonie dahin 

Erhebung zur Stadt verdankt. Mag auch dieser geschickt worden ist. Nikomedeia wird erst auf 

Einteilung des pontischen und bithynischen Lan- einer Inschrift aus dem J. 294 n. Chr. colonia 

des in Stadtgemeinden der Gedanke zu Grunde Nicomedensium genannt (CL III 326); es scheint, 
liegen, hierdurch die Hellenisierung zu fordern und 20 dass sie dies Privileg erst sehr spat erhalten und 

leichter in bisher derselben verschlossene Gebiete wohl nicht lange behalten hat; vorher wie nach- 

zu leiten, so darf doch nicht ausser acht gelassen her findet man keine Spur weiter davon. 

werden, dass diese Einrichtungen auch administra- tfber die der Provinz auferlegten Steuern er- 

tiv yon Bedeutung waren. Der Steuererhebung fahren wir nichts Naheres ; einzelne uns iiberlieferte 

sowohl als der statthalterlichen Jurisdiction kamen hierauf bezfigliche Notizen sind zu durftig, um 

sie zu gute, obwohl nicht jedes Stadtgebiet zu- ein anschauliches Bild daraus zu gewinnen.' Aus 

gleich Gerichtsbezirk war. Denn Prusa am Olymp, Ciceros am 1. Januar 63 v. Chr. gehaltener Eede 

schon in vorr&mischer Zeit eine Jiofos (Strab. XII de lege agraria II 50 und 51 wissen wir, dass im 

564. Plin. n. h. XXXII 43), hat sicher von Anfang eigentlichen B. sowohl als auch in Paphlagonia 
an zu den yon Plinius erwiihnten eivitates gehCrt, 30 und im Pontes die ursprunglich kOniglichen Be- 

und doch wurde es erst unter Traian zu einem sitzungen zum Ager publicus gemacht und dass 

Gerichtsbezirk (conventus, dwixyotg), wofur ich die aus ihnen fliessenden vectigalia an publicani 

neben Plinius des Jiingeren Brief an Traian (81) verpachtet wurden — das letztere bezeugt Cicero 

vorallemaufDioChrysostomos, der daher stammte, zwar nur fur B.; dass es aber in Paphlagonia 

yerweise , der wiederholt dieses den Prusanern und im Pontos nach der Einrichtung dieser Land- 

jttngst verhehene Privileg erwiihnt (or. 44 p. 117 ; schaften zur Provinz, die im Augenblick, als Cicero 

or. 48 p. 142 D.). Wie viele Conventus es in Bi- seine Rede hielt, noch nicht vollendet war, ebenso 

thynien gab, ist unbekannt; ausser Prusa finde gehalten worden ist, unterliegt keinem Zweifel 

ich ausdrucklich als solchen noch Nikaia erwahnt Und ebenso erwahnt Cic. ad fam. XHI 9 eine soeie- 
(Dio ' Chrys. II 76 D. Plin. ep. ad Traian. 81). 40 tas Bitkynica, an deren Spitze ein magister steht; 

Unter diesen Stadtgemeinden gab es nur wenige, das kann sehr gut die Gesellschaft jener publicani 

die mit dem Privileg der Preiheit ausgestattet sein, die, wie wir gesehen haben, die Gefalle des 

waren. Prusias ad mare (fruher Kios) hatte nach ager publicus gepachtet hatten. Gewohnlich be- 

Strabon (XII 564) wegen seines "Wohlverhaltens zieht man auch die soeii scripturae, deren pro- 

gegen die ROmer die iUv&eoia bekommen; wie magister Cic. ad fam. XIII 65 erwahnt, auf B. 

lange sie dieselbe behielt, ist nicht bekannt ; spater und nimmt dementsprechend fur diese Provinz Ab- 

findet sich keine Erwahnung davon. Chalkedon gaben von den^oscttaan; aber Ciceros Brief (ad 

wird von Plinius (n. h. V 149) urbs libera ge- fam. XIII 65) bezieht sich nicht auf B., sondern 

nannt ebenso wie Amisos (n. h. VI 6), dem Caesar auf Asia, wie das aus dem Briefe selbst, wo von 
die Preiheit verliehen hatte (Cass. Dio XLII, 48). 50 Ephesos, namentlich aber aus dem vorhergehen- 

Auf den Munzen findet sich 'Afiioov iXsv&eoag den Brief, wo von Nysa und Alabanda die Rede 

(Imhoof-Blumer Griech. Miinzen nr. 32f.), wan- ist, und aus ad Att. XI 10 hervorgeht. So er- 

rend Plinius der Jiingere (ep. ad Traian. 92) diese fahren wir ausdrucklich nur von vectigalia, die 

Stadt civitas libera et foederata nennt, und auf aus dem ager publicus nach Rom fiossen und 

einer Inschrift (Bull. hell. XVIII 216) es heisst: durch Strabon (XII 562) von Revenuen aus den 

Afiiaov iXev&ipag xai avrovoftov xai 6/tooxdvdov bei Pompeiopolis gelegenen Bergwerken, die eben- 

Pcoftaioig- Damit ist wohl gesagt , dass Amisos falls an Pachter, publicani, dr)/zooi&vai, verpach- 

mcht bios in ihren inneren Angelegenheiten auto- tet waren. Dass aber ausserdem noch andere 

nom (vgl. des Plinius Brief an Traian und des Steuern der Provinz auferlegt wurden, kann an 
letzteren Antwort 92. 93), sondern auch steuerfrei 60 sich keinem Zweifel unterliegen und wird bestatigt 

war. Byzantium dagegen, das, obwohl auf der durch das, was wir aus der Kaiserzeit fiber die 

europaischen Seite des Bosporos gelegen, doch zur bithynischen Steuerverhaltnisse erfahren Dass 

Provinz B. gehOrt (Plin. ep. ad Traian. 43. 44. 77. die auch in B. erhobene Erbschaftssteuer (proe 

78), wird urbs libera genannt (Phn. n. h. IV 46, Augustor. ad vectig. XX her. per Pontum et 

womit Dio Chrysost p. 621 E. ubereinstimmt), ist Bithyniam et Pontum mediterraneum et Pa- 

aber tnbutpflichtig (Tac. ann. XII 62), Septimius phlagoniam CIL X 7583. 7584) erst der Kaiserzeit 

beyerus nimmt Byzanz dieses Privileg der Prei- angehCrt, ist bekannt; dagegen steht nichts der 

neit (Herod. Ill 6, 9. Cass. Dio LXXIV 14). Von Annahme entgegen, dass der in Geld zu zahlende 



533 



Bithynia 



Bithynia 



534 



Tribut, die Zfille und die Preilassungssteuer schon fus . . . grand-pretre de la province du Pont a. 
in republicanischer Zeit erhoben sind, wenngleich Neocesaree metropole de la province. Darnach 
statt des Geldtributs anfanglich wie in Asia der hat also dieser Rufus , der aus Sebastopolis am 
Zehnte vom Provincialboden eingezogen sein mag. Skylax offenbar stammte, in Neokaisareia seine 
Schon unter Augustus zahlte die Provinz einen Tri- Functionen als Provincialoberpriester ausgeiibt. 
but in Geld (s. Cass. Dio LVH 7: xal %oruuxxa Diese Inschrift ist umso wichtiger, als sie die 
xoTg i*£V [den asiatischen und bithynischen Stadten] Mhere Annahme, dass das xoivov Ilovtov seinen 
sTiiSmxs, xols 8s vsieq tov (foQov eosvefxetv Sitz in Amastris hatte, wofur kein Zeugnis bei- 
itQooha&v) , der auf die einzelnen Stadte repar- gebracht werden kann, zerstort und daftir als Sitz 
tiert von den kaiserlichen Procuratoren gehoben 10 dieses Landtags Neokaisareia (das alte Kabeira), 
und abgefuhrt wurde. Diese Pinanzprocuratoren wo auch nach den Munzen die von diesem xoivov 
flnden wir schon im 1. Jhdt. in B. , wie das gegebenen Spiele stattfanden(s.Imhoof-Blumer 
oben gezeigt ist; unter ihnen stehen Unterpro- Griech. Munz. 579f), uns nachweist und zugleich 
curatoren, die Preigelassene sind, woffir ich auf damit das alte mithradatische Reich in seiner 
Plinius Briefe an Traian (27. 28. 84. 85 u. 0.) ganzen Ausdehnung als am pontischen Landtage 
verweise. Neben diesen allgemein proeuratores teilnehmend uns vermuten lasst. Mit dieser Ver- 
Aug. prov. Ponti et Bithyniae, griechisch inhqo- mutung stimmt vollkomm^n, dass Pontarchen in 
not Sefiaozov JJovxov xai Beifrwias (Paton et Sebastopolis (RohlProgramm v. Joachimsthalsch. 
Hicks Inscriptions of Cos nr. 112) genannten Gymn. 1876 p. 18 nr. 5. CIG 4183), in Amisos 
Beamten flnden sich dann noch Specialprocura- 20 (Arch.-epigr. Mitt. XVILI 230), in Sinope (CIG 
toren und zwar ein procurator XXXX, also fur 4157), in Amastris (Perro't Memoires d'archeol. 
Hebung der Zolle (Henzen 5530 = Wilmans 167. G. Hirschfelda. a. O. nr. 61) und einmal 
1293) und ein procurator XX libertatis also zur in Prusias ad Hypium (Le Bas 1178) sich finden. 
Hebung der Preilassungssteuer (CIL HI Suppl. Uber diese in Prusias gefimdene Inschrift vgl. 
6753). Wenn sich nun noch ein procurator prov. weiter den Art. Bithyniarches. Zwar gehOren 
Bithyniae Ponti Paphlagon. tarn patrimoni quam alle die erwahnten Inschriften dem 2. bezw. 3. Jhdt. 
rat(ionum) privatarfiim) (Henzen 5530 = Wil- n. Chr. an, sie beweisen aber doch, dass der pon- 
mans 1293) findet, der die Verwaltung des Kron- tische Landtag fiber den Halys hinaus tief in 
gutes und des kaiserlichen Privatgutes besorgte, das Gebiet des eigentlichen Pontos hineingriff — 
so ist wohl die Vermutung gestattet, dass die 30 ein Gebiet, das nur in der Zeit von Pompeius 
ursprunglich kOniglichen Besitzungen des Niko- bis Antonius mit dem an B. grenzenden westlich 
medes und des-Mithradat, die bei der Einrich- des Halys gelegenen Kustenstrich einen Verwal- 
tung der Provinz , wie wir oben sahen , die Re- tungsbezirk bildete, so dass hierfur auch ein Land- 
publik zum ager publicus gemacht hatte, unter tag gebildet werden konnte. Ich glaube, dass nur 
dem Principat Krongut — patrimonium — wur- Pompeius als SchOpfer des pontischen Landtags 
den. Wie in anderen Provinzen finden sich in in dem Umfang, wie er thatsachlich noch viele 
B. in der Kaiserzeit auch dsxihiQmxoi, die in den Jahrhunderte spater existierte , gedacht werden 
einzelnen Stadten die Eintreibung und richtige kann. Dass schon zu Antonius Zeit das xoivov 
Ablieferung des auf ihre Stadt entfallenden 'Aoiag existierte und dasselbe nicht erst von Au- 
Teils des Tributums zu besorgen hatten, so z. B. 40 gustus geschaffen ist , wissen wir jetzt (Class, 
in Claudiopolis (Athen. Mitt. XII 180 nr. 10), Rev. 1893, 477). Und hatte Augustus oder einer 
so in Prusias ad Hypium (Le Bas 1176. 1178. seiner Nachfolger das xoivov IIovzov ins Leben 
Athen. Mitt. XII 177 nr. 7. 8 u. 5.). gerufen, so bliebe doch ratselhaft, wie Amastris, 
Die ursprungliche Entstehung der Provinz aus Sinope, Neokaisareia und Sebastopolis als Teil- 
zwei verschiedenen Landern findet auch darin nehmer daran erscheinen konnen — Stadte, die 
ihren Ausdruck, dass es nicht einen Landtag damals zu verschiedenen rOmischen Provinzen ge- 
fttr die ganze Provinz , sondern deren zwei gab, horten, aber nur unmittelbar nach Pompeius ad- 
und zwar das xoivov zcov iv Bei&vviq 'E)lrjva>v ministrativ zusammengehOrten. Fur das eigent- 
fflr das eigentliche B., und der pontische Land- liche B. bestand das xoivov xcov iv Beiihviq. 
tag (der voile griechische Ausdruck ist nicht 50 'E~tlr\vwv, das eine vom pontischen xoivov ab- 
tlberliefert, hat aber wohl xoivov xatv h ITovxco weichende Organisation insofern zeigt, als es 
'ElX^vcov gelautet, wofur kurz xoivov Ilovtov sich einen dezispei? Bsi&vvtag nicht gegeben zu haben 
findet auf Munzen von Neokaisareia, s. Imhoof- scheint, wenigstens ist bis jetzt keine Inschrift 
B 1 u m e r Griech. Munzen 579f. , gerade wie mit einem bithynischen Provincialoberpriester ge- 
statt des volleren xoivov x<*v h Bet&wia 'EXli)- funden, dagegen aber mehrfach die Wurde des 
varv kurzweg xoivov Bsi&vviag sich findet CIG Landtagspraesidenten mit agfajra tov xoivov xStv 
1720.3428). An der Spitze des pontischen Land- iv Bet&vviq 'EXX^vwv wiedergegeben (Perrot 
tags steht ein aoxitosvg xov Ilovtov, der sich auf Exploration de la Bithynie p. 32 nr. 22. Athen. 
Inschriften aus Amastris (CIG 4149 = G. Hirsch- Mitt. XII 175 nr. 7. 177 nr. 8). Dagegen durfen 
feld S.-Ber. Akad. Berl. 1888, 877 nr. 28), aus 60 wir nicht mit G. Hirsch f eld a. a. O. zu nr. 
einem Ort Sstlich von Amastris, dessen antiker 14 annehmen, dass von den auf der a. a. O. 
Name nicht erhalten ist (Hirschfeld a. a. O. publicierten Inschrift sich findenden dig aol-avm 
nr. 61), ans Komana Pontica (Revue des' etudes xai tiq&xov ao^ovxa das dig aogavza sich auf 
grecq. VTII 86 nr. 31) und aus Sebastopolis findet die Bekleidung des Landtagspraesidiums bezOge, 
(Poucart Comptes rendus de rAcademie des also soviel ware wie das oben angefuhrte uq- 
Inscript. et belles lettres 1892, 33). F on cart k~avxa xov xoivov iwr b> Bef&vvlq 'EUijva>v. In 
giebt leider nicht den griechischen Text, sondern B. ist es das gewohnliche, dass an der Spitze 
eine Ubersetzung, die so lautet: M. Aurelius Ru- der Communen mehrere Archonten stehen, von 



535 



Bithynia 



Bithynia 



536 



denen der dem Range nach am hochsten stehende, 
also der Vorsitzende des Archontencollegiums, ngco- 
tos %""' heisst. Darnach ist also ein Mann, der 
als dig aggavza xal ng&xov agxovza charakterisiert 
wird, zweiraal einfacher Archont gewesen und war, 
als die Inschrift gesetzt wurde, ng&xog agx<»v d. 
h. Vorsitzender dieses Collegiums. Auf einer an- 
deren Inschrift aus Prusias (LeBas 1176) heisst 
es xov big agxovza Hai xg<ozov aQxov™, d. h. also, 
der Mann war zum zweitenmal Archont und zum 
erstenmal ng&xog agx<ov. Steht dies agxovza 
oder aggavxa nicht in unmittelbarer Nahe des 
ngtizov agxovza, woraus seine Bedentung klar wird, 
SO pflegt wohl aggavza rtjv [leyloxrjv dgx^v gesetzt 
zu werden (Nikaia CIG 3749; Prusias ad Hypium 
LeBas 1177. 1178. Perrot Explor.' 21). Unter 
den_ stadtisehen Amtern ist das Archontat die 
Heyiazr) agxn- Und dass diese fisyioxrj ag^V mc ht 
etwa auf die Landtagsvorstandschaft bezogen und 
mit dem Sg^avxa xov xoivov xmv sv Bei&vvlq °EX- 
Xfjvow identifieiert wird , heisst es auf einer ent- 
femt von Amastris gefundenen Inschrift: ag£ag xfjv 
fi,tyiaxrjv agxty xfjg Xafuzgoxdxrig Apaoxgiavtiv no- 
Xscog (Hirschfeld a. a. 0. nr. 61). Eines .solchen 
Zusatzes wie hier xfjg lafing. 'Afiaoxgmviov 116- 
Uwg bedarf es natiirlich nicht, wenn von dersel- 
ben Stadt, wo der Mann die nsyiozrj dgxn be- 
kleidete, die Inschrift ausgeht. Der bithynische 
Landtag versammelte sich in Nikomedeia, wo auch 
der Provincialtempel fur den Kaiserkult war (Cass. 
Dio LI 20. CIG 1720. 3428). Verbunden mit den 
jahrlichen Versammlungen des xoivov waren Spiele, 
sowohl musische als gymnische (CIG 1720. 3428). 
Wie in der Provinz Asia der dgnzgevg 'Aaiag zu- 
gleich Landtagspraesident war, so wird wohl in 
B. der aggag xov xoivov rcov iv Bu&vvlq 'EXXrj- 
vtoy zugleich Provincialoberpriester gewesen und 
die Vorstaudschaft des Provincialtempels und die 
Ausfuhrung der jedem Provincialoberpriester ob- 
liegenden religiOsen und kultlichen Handlungen 
gehabt haben. Jedenfalls ist, wie gesagt, bis jetzt 
kein dgxiegevg Berifoviag gefunden. Die einzelnen 
Stadte der Provinz schickten zum Landtag ihre 
Vertreter oder Delegierte , die hier fiidwiagxai 
heissen. Uber die Bithyniarchen s. den Artikel: 
Bithyniarches. Es ist ja bekannt, dass nicht 
unerhebliche Competenzen dem Landtage zustan- 
den, dass er uber den Statthalter hinweg an den 
Kaiser und an den Senat Gesandte schicken, Be- 
schwerde fiihren und im Interesse der Provinz 
mancherlei Beschllisse fassen konnte; wir kennen 
vier Falle, wo der bithynische Landtag von seinem 
Beschwerderecht Gebrauch machte, indem er gegen 
die Statthalter Cadius Rufos (Tac. ann. XII 22), 
Tarqaitius Priscus (ebd. XIV 46), Iulius Bassus 
(Plin. epist. IV 9) und Varenus Rufus (Plin. ep. 
VI 13) Anklage beim Senat erhob. Im letzten 
Falle brachte eine neue Gesandschaft ein neues 
decretum concilii, wonach von der Anklage des Va- 
renus Rufus Abstand genommen werden sollte, wo- 
gegen die zuerst geschickte Gesandtschaft, welche 
die Anklage erhoben hatte. Protest einlegte, nach- 
dem sie schon vorher gegen die Massnahmen des 
Senats bei den Consuln und dann selbst beim 
Kaiser Protest erhoben hatte. Aber leider er- 
fehren wir nichts fiber den schliesslichen Ausgang 
dieser Sache. Ubrigens ist fur uns dieser Fall 
des Varenus Rufus doch sehr lehrreich, denn offen- 



bar durfen wir aus ihm auf Parteien im'Schosse 
des Landtages schliessen, von denen die eine den 
Proconsul verurteilt, die andere dagegen freige- 
sprochen wissen wollte, und von denen jede, je 
nachdem sie Oberwasser hatte, einen ihr gunstigen 
Beschluss der Versammlung zu veranlassen wusste. 
Ob Dio Chrysostomos diesen spiellen Pall im Auge 
hatte oder nicht, ist hier gleichgultig, aber jeden- 
falls hat er recht, wenn er behauptet, dass der 
lOewige Zwist und Hader zwischen zwei solchen 
Stadten wie Nikomedeia und Nikaia auch unge- 
rechten und schlechten Statthaltern Gelegenheit 
giebt, sich der verdienten Strafe zu entziehen: r) 
yag xfj Nixasmv hatgeta nooOTt&ezai xal xo fiegog 
kxtivwv s'xei (loq&ovv i] zoiig Ntxo/irjdetg skofisvog 
V(p i>fiah> odCsxai .... aSixwv ds oa>£excu bia zovg 
fiovovg oloftsrovg vit 1 avzov cpdua&ai (or. 88, 

147 R.). Von diesem Zwist und Hader der einzel- 
nen Stadte, woruber Dio so oft spricht, bleibt 
20 auch die Provincialversammlung nicht verschont; 
denn hier suchen sie sich Verbiindete und setzen, 
je nachdem ihnen dies gelingt oder nicht, ihre 
"Wunsche durch und ihren Hader fort. Und doch 
ware ungerechten Statthaltern gegentiber Ein- 
tracht und Einigkeit, aber keine Parteiungen am 
Landtag notwendig gewesen. 

Aber wie in anderen Provinzen der Kaiserkult 
nicht bios Sache der Provinz war, sondern auch 
die einzelnen Stadte derselben ihn bei sich ein- 
30fiihrten, so flnden wir auch in Pontos-B. neben 
dem provincialen Kaiserkult, der dort in Neokaisa- 
reia, hier in Nikomedeia seinen Provincialtempel 
hatte, vielfach einen stadtisehen. So gab es in 
Sebastopolis einen Oberpriester des Hadrian (Comp- 
tes-rendus de l'Academie des inscript. 1892, 33); 
in Sinope einen sacerdos imp. Caesaris n(ostri) 
CIL III 6980; in Amastris einen Dim Augusti 
perpetuus sacerdos CIL III Suppl. 6983; in Hera- 
kleia eine agxiioeia &sov 'Avxmvdvov (sicher des 
40Caracalla; Hommaire de Hell Voyage en Tur- 
quie IV 339) ; in Prusias ad Hypium und in Ni- 
komedeia einen hgevg xmv Sefiaoxoiv (Hirsch- 
feld a. a. O. nr. 14. Bull. hell. XVII 536 nr. 7); 
in Prusias ad mare einen Priester des Hadrian 
(CIG 3725). Und schliesslich gehtfrt hierher auch 
das Beispiel des Claudius Polyaenus in Prusa, der 
dem Kaiser Claudius sein Hans vermacht imsit- 
que in peristylio templum ei fieri (Plin. ep. ad 
Traianum 78). 
50 Ober die communalen Verhaltnisse sind wir 
in B. besser unterrichtet als es sonst wohl der 
Fall zu sein pflegt in irgend einer anderen Pro- 
vinz. Dio Chrysostomos aus Prusa am Olymp hat 
in 14 sei es in seiner Vaterstadt sei es in anderen 
bithynischen Stadten gehaltenen Reden ein reiches 
Material zur Erkenntnis der stadtisehen Einrich- 
tungen uns hinterlassen, und Plinius der Jungere, 
der als ausserordentlicher Statthalter von Traian 
in diese Provinz geschickt war, hat in seinen 
60Briefen an den Kaiser uber die Verhaltnisse der 
Provinz sowohl als namentlich der Stadte der- 
selben sorgfaltig berichtet, und mit seinen Be- 
richten und Anfragen sind uns gleichzeitig die 
Antworten _ und Entscheidungen des Kaisers er- 
halten. Die stadtisehen Einrichtungen beruhten 
auf der lex provinciac, die Pompeius gegeben 
hatte. Im allgemeinen liess man den Stadten 
Freiheit in ihrer inneren Verwaltung und anderte 



537 



Bithynia 



Bithynia 



538 



nicht den Namen ihrer althergebrachten legisla- 
tiven und eiecutiven Organe , so dass also nach 
wie vor die fiovlai ixxXrjatai agxorzeg und andere 
Magistrate fortbestanden; aber man fuhrte doch 
Beschrankungen ein, die den Verfassungen einen 
wesentlich timokratischen Charakter gaben und 
den Stadten das Aufsichtsrecht des Statthalters 
recht ftihlbar machten. Die $ovlr\ bestand fort, 
aber die Buleuten durften nicht wie anderswo 
vom Volke gewahlt, sondern mussten durch Cen- 
soren, xifirjtai, berufen werden, und zwar hatten 
die abgetretenen Magistrate in erster Linie und 
erst, wenn mehr Stellen im Rat zur Besetzung 
standen als es gewesene Magistrate gab, auch 
andere Leute Anspruch auf Beriicksichtigung. Na- 
tiirlich hatten die Censoren auch das Recht Buleu- 
ten aus dem Senat zu removieren. Fur die Be- 
kleidung der Magistratur und auch fur die Be- 
Tufung in den Senat hatte die Lex provinciae als 
Mindestalter das 30. Jahr vorgeschrieben — ein 
Alter, das dann durch eine Verfugung des Augustus 
auf das 22. Jahr herabgesetzt war. Leute, die 
ohne vorherige Bekleidung eines Gemeindeamtes 
in den Senat kamen, sollten nach einer Entschei- 
dung des Traian auch fernerhin das 30. Jahr er- 
reicht haben (s. Plin. ep. ad Traian. 79. 80. 114). 
Censoren, xifirjxai, sind inschriftlich aus Prusias 
ad Hypium (Le Bas 1176. Hirschfeld a. a. O. 
nr. 14. Athen. Mitt. Xn 177 nr. 8) und aus Prasa 
(Le Bas 1111) iiberliefert , aber sicher in alien 
Stadten der Provinz in Thatigkeit gewesen. Hier- 
mit steht keineswegs in Widerspruch die in der 
45. Rede des Dio (p. 207 R.) erwahnte "Wahl von 
Senatoren, die in Prusa vorgenommen wurde ; denn 
hier hand'elte es sich um 100 Senatoren, die supra 
legitimum numerum durch Traians Gnade in den 
Senat aufgenommen wurden. Wenn Traian den 
Prusanern erlaubte, dass sie 100 Senatoren mehr 
als bisher haben durften, so wird er ihnen auch 
die Wahl derselben gestattet haben, ohne damit 
fur die regelmassige Besetzung der vacanten 
Stellen im Senat einen anderen Modus als den 
der Berufung durch Censoren zugestanden zu 
haben. In der Kaiserzeit -wurde es in B. wie in 
anderen Provinzen fiblich, dass neu ernannte Bu- 
leuten wie neu gewahlte Magistrate eine Geld- 
spende gaben, eine Sitte, die noch in Traians Zeit 
jedenfalls bei den durch die Censoren berufenen 
Senatoren durchaus nicht uberall feststehend und 
iiberall gleichmassig im Gebrauch war (Dio Chrys. 
or. 48. Plin. ep. ad Traian. 113. 114). Uber die 
Volksversammlungen, ixx/.t]olat, berichtet Plinius 
nichts; aber aus Dio (or. 48, vgl. or. 45 p. 211 R.) 
geht hervor, dass der Statthalter zur Abhaltung 
der Ixxhjoia seine Erlaubnis zu geben hatte. Auch 
in Bezug auf die Aufnahme neuer Burger in den 
Gemeindeverband enthielt die lex Pompeia die 
Bestimmung: permissum Bithynieis civitatibus 
adscribere sibi quos velleni eives dum ne quern 
earum civtiatum quae sunt in Bithynia. Die 
Bestimmung kam spater ausser Gebrauch; Dio 
von Prusa z. B. war Burger von Nikomedeia (or. 
38) und von Apameia (or. 41), in anderen Stadten 
waren Mitglieder des Senats so viele Burger an- 
derer Stadte, dass an ihre Ausstossung nicht ge- 
dacht werden konnte, ohne das ganze Gemeinde- 
wesen zu erschuttern, und Traian auf Plinius Be- 
richt sich begniigen musste, fur kfinftig nur bei 



Aufnahme neuer BUrger die Beachtung der pom- 
peianischen Bestimmung einzuscharfen (Plin. ep. 
ad Traian. 114. 115). Die Beamten, welche mit 
der Fiihrung der Biirgerlisten beauftragt waren, 
hiessen jiofoixoygdtpoi ; inschriftlich flnden wir sie 
in Prusias ad Hypium (Athen. Mitt. XII 175 nr. 7. 
Perrot Exploration de Bithynie et Galatie 32 
nr. 22. Le Bas 1178). 

Dass von Anfang an dem Statthalter in den 

10 nicht privilegierten Stadten auch das Recht ihre 
Finanzen zu iiberwachen zustand, ist nicht zu be- 
zweifeln; aber erst seit Traian finden wir fifter 
Beweise, dass dies Recht auch wirklich ausgeubt 
wurde. Denn gerade im stadtisehen Finanzwesen 
hatten sich durch eine zu geringe Controlle der 
senatorischen Statthalter im Lauf der Zeit Miss- 
stande entwickelt, denen Plinius als ausserordent- 
licher legatus Augusti pr. pr. abhelfen sollte. Ra- 
tiones autem in primis tibi rerum publiewrum 

20 excutiendae sunt : nam et esse eas vexatas satis 
constat schreibt Traian an ihn (Plin. ep. 18). Unter 
Hadrian wirkte P. Severus in Bithynien als Xoyi- 
axrjs xal diogdwrrfg (CIG 4033 = Arch, epigr. Mitt. 
IX 118. Cass. Dio LXIX 14); offenbar war Se- 
verus Logist der ganzen Provinz , spater gegen 
Ende des 2. Jhdts. und im 3. finden wir Logisten 
der einzelnen Stadte, so von Nikomedeia den Clau- 
dius Candidus (CIL II 4114) und den Caesernius 
Statianus (CIG 3771), so von Nikaia den Sallius 

30 Antoninus (CIG 3747) , so von Kios (Prusias ad 
mare) T. Ulpius Aelianus Antoninus (Le Bas III 
1178). Unser Material ist zu ltickenbaft, aber es 
scheint doch, dass seit Hadrian es immer mehr in 
Gebrauch kam, fur die einzelnen Stadte Logisten 
zu ernennen, um so eingetretene Ubelstande zu 
beseitigen; ob dieselben aber nur je nach Bedarf 
und je nach den Umstanden oder aber dauernd in 
den Stadten ernannt wurden, kann nicht entschie- 
den werden. Dass daneben die stadtisehen Finanz- 

40 beamten fortbestanden, ist selbstverstandlich ; die 
Logisten hatten nur die Oberaufsicht uber das 
Finanzwesen derjenigen Stadt, in die sie geschickt 
wurden; so flnden wir in Nikomedeia und Nikaia 
vornehme ROmer, in Kios einen Mann aus Prusias 
ad Hypium als Logisten thatig. 

Von der ausseren Geschichte und den ausseren 
Schicksalen der Provinz ist nicht viel zu sagen; 
bis auf die Nordseite, wo der Pontos Euxeinos sie 
begrenzte, den aber auch die Romer beherrschten, 

50 rings von rOmischem Gebiet umgeben, blieb B. 
nnberiihrt von den Kriegen, die im Osten gegen 
die Reichsfeinde gefuhrt wurden und genoss eines 
langen Friedens. Dass dagegen im Inne'rn der 
Stadte oft Unfriede herrschte, dass hier Parteien 
sich bitter befehdeten, dass auch ganze Stadte 
mit einander, oft aus recht nichtigen Grunden, 
wie um das Recht, sich sigcoxr] zu nennen, in 
langer erbitterter Fehde lagen, erfahren wir aus 
Dios bithynischen Reden — aber die Zeit, wo 

60 derartiger Streit und Hader mit Waffengewalt ent- 
schieden wurde und deshalb die Stadte mit ein- 
ander Krieg fQhrten, war voriiber. Mochten auch 
Nikomedeia und Nikaia oder Prusa am Olymp 
und Apameia sich noch so feindlich gegenuber- 
stehen, auf den Gang der grossen Ereignisse hatte 
das keinen Einfluss. Nach der Incorporierung der 
Reiche des Mithradates und Nikomedes schien 
einen Augenblick die Erhebung des Pharnakes 



539 



Bithyniarches 



Bithyniarches 



540 



nach der Besiegung des Domitius bei Nikopolis ad Hypium, die beide, nioht allzu entfernt von 

Ende 48 v. Chr. der rOmischen Herrschaft ge- einander gelegen, auch wieder Grenzstadte ver- 

fahrlich zu werden; er verwustete den Pontes schiedener Bezirke waren und zwar der ora Pon- 

und war auf dem Vormarsch nach B. begriffen, tiea und des eigentlichen , im engeren Sinne so 

aber die Nachricht vom Abfall seines bosporani- genannten Bithyniens. Aug Plinius Briefen an 

schen Statthalters Asander zwang ihn zur Ruck- Traian wie aus Dios Reden steht die Thatsache 

kehr. Wie er dann von Caesar bei Zela ge- fest, dass in einer Stadt vielfach Burger anderer 

schlagen und vernichtet wurde, ist bekannt. Die Stadte sowohl Senatoren waren, als auch andere 

Burgerkriege brachten, obgleich B. nicht Schau- Wurden bekleideten; daher ist es durchaus ver- 
platz des Krieges war, den Einwohnern doch ge- 10 standlich, wie ein Mann aus Prusias ad Hypium 

nug Schaden aller Art; in Pompeius Heer bei in Amastris als Pontarch und umgekehrt ein Burger 

Pharsalos fochten auch Bithyner (Appian. b. c. von Amastris in Prusias als Bithyniarch fungieren 

II 71), und der beim Tode Caesars fungierende konnte. Finden wir doch sogar auf einer Inschrift 

Statthalter L. Tillius Cimber musste auf Cassius aus Amastris einen Mann, der Pontarch und Les- 

und Brutus Betrieb Gelder eintreiben und ein barch war (Perrot Memoires d'archeologie 168). 

Heer ausheben; dies sind offenbar die drei Legio- Da die Provinz immer Pontus el Bithynia hiess, 

nen, die der darauf folgende Statthalter Marcius ist ja von vornherein der Gedanke nahe liegend, 

Crispus im nachsten Jahre nach Syrien fuhrte dass fcidvvidgxvs xal xovxdgxw auf den beiden 

und dem Cassius ubergab (Appian. b. c. HI 2. Inschriften eine Wurde bezeichnete; da aber wie 
77 = IV 58). Auch auf dem Zuge von Cassius 20 Bithyniarch so auch Pontarch allein sich findet, 

und Brutus nach Philippi blieb B. nicht unbe- da ferner neben dem xoivov Bst&vvlag sich ein 

rtthrt von den Drangsalen , die untrennbar sind xbivbv IIovzov bestimmt nachweisen lasst, ist es 

von Heeresziigen. Nach ihrer Niederlage stand richtig, auf den beiden angezogenen Inschriften 

B. unter der Botmassigkeit des Antonius, der auch fa^vvidgxis xal jzovzdgxrjg ^ s wei Wurden auf- 

hier Soldaten aushob und Contributionen erhob. zufassen, die der Betreffende nicht gleichzeitig. 

Erst das Kaiserregiment gewahrte wie den be- sondern nacheinander bekleidete. Auf der von 

nachbarten Provinzen so auch B. Ruhe und Frie- Hirschfeld herausgegebenen Inschrift ist M. 

den, und in dieser Zeit bltihte der Handel, der Aurelius Alexandres nicht bios peifruvidgxys xal 

Wohlstand wuchs und die Kultur konnte sich novzdgxns, sondern auch dextegsvs zov IIovtov, 
auch in die Cstlicheren G-egenden ausbreiten. Unter- 30 woraus Hirschfeld schon den Schluss zog, dass 

brochen wurde diese lange Priedenszeit durch den Pontarches und dgxiegevg zov IIovzov nicht das- 

Krieg zwischen Septimins Severus und Pescennius selbe ist , dass also , wenn der Oberpriester des 

Niger, zu dessen Schauplatz B. zum Teil wurde. Pontos die Vorstandschaft des Landtags hatte, 

Nach dem Kampfe bei Kyzikos zog sich der diese nicht der Pontarch gehabt haben kann ; ich 

Krieg nach B., wo bei Nikaia eine Schlacht ge- glaube, dass dasselbe auch fur den Bithyniarchen 

schlagen wurde. Erst der Abzug der beiden gilt. Zwar ist bis jetzt kein dexieosvg Bu&wiag 

Heere nach Kilikien befreite die Provinz von den nachgewiesen, dafiir aber gab es einen dggag zov 

Schrecken eines Krieges. Im 3. Jhdt. richteten xotvov xmv h BsiQwla 'EXlfjvam (s. o. S. 534). 

sich die skythischen, von der Nordkflste des Pon- Dass die hiermit bezeichnete Wurde die Vorstand- 
tos Euxeinos ausgehenden Raub- und Plunderziige, 40 schaft des bithynischen Landtags ist, unterliegt 

auch nach B„ wo Kalchedon, Nikomedeia, Kios, keinem Zweifel. Wer also den Bithyniarchen fur 

Apameia , im Binnenlande Nikaia und Prusa in den Praesidenten dieser Versammlung halt, muss 

die Gewalt der Peinde gerieten und Nikomedeia annehmen, dass fur eine und dieselbe Wurde es 

und Nikaia niedergebrannt wurden; beladen mit zwei Namen gab, einmal fciihrvidgxr} 1 ; und dann 

den Schatzen des reichen Landes und seiner ansehn- ag£ag (oder wahrend des Bekleidens dieser Wurde 

lichen Stadte fuhren die Barbaren heim (Momm- S.qx<ov) tov xotvov z&v iv BEi&vvia'EU^vwv, eine 

sen Rom. Gesch. V 223). Mochte aueh in den Annahme, die an sich unwahrscheinlich ist. Auch 

folgenden Jahrhunderten die Ruhe des Landes Waddingtons Ansicht (zu LeBas 1178), dass 

nicht wieder gestOrt werden und anssere Feinde Bithyniarch der Geber und Veranstalter der Pro - 
ihm fern bleiben , dem allgemeinen Ruin , dem 50 vincialfestspiele gewesen sei , scheint mir nicht 

Asia durch die schwachen Regierungen, durch eine haltbar zu sein, denn abgesehen davon, dass in 

ubergrosse, bestechliche Beamtenschaft und durch Asia, wo ein reicheres Material uns vorliegt, die 

Bedrttckung und Aussaugung der Unterthanen ent- Asiarchen nichts mit den Provincialfestspielen zu 

gegenging, sollte auch B. nicht entgehen. thun hatten, weist auch in Bithynia meines Er- 

[Brandis.] achtens nichts darauf hin. Die zuerst von Wad- 

Bithyniarches (favhtvidgx^g), kommtaufln- dington beigebrachte Stelle aus einem Rescript 

schriften bis jetzt viermal vor und zwar zweimal der Kaiser Valentinian und Valens (Harduin 

allein (Prusias ad Hypium zov ex xgoyovcov fa- Acta conciliomm H 568 = Haenel Corpus legum 

dvviagx&v Athen. Mitt. XII 175 nr. 7; Kios Le p. 220 nr. 1117): zijg ovvrjfciag zrjg em zfj nqod- 
Bas 1142), zweimal in Verbindung mit Pontar- 60 dm zov fa&widgxov dia^vovorjg , spricht doch 

ches (Nahe von Amastris, M. Aurelius Alexan- nicht von Spielen, sondern von einem festlichen 

dros flet&vvtdQxris xal novzdgxng G. Hirschfeld Aufzug des Bithyniarchen. Diese ngoodog, latei- 

S.-Ber. Akad. Berl. 1888, 887 nr. 61 ; Prusias ad nisch pompa, mit der Provincialversammlung in 

Hypium, wo sowohl Vater als Sohn als fafavi- Verbindung sich zu denken und dieselbe als einen 

<*QXVf xal itovzdQx-og charakterisiert sind, Le Bas Festzug zu den Festspielen anzusehen, wird durch 

j I): , Di . e Verl)iniJun g dieser beiden Wurden, das Rescript selbst unmOglich gemacht. Dies ist 

des Bithyniarchats und des Pontarchats, hat nichts an die Einwohner von Nikaia gerichtet ; Provincial- 

Auffallendes in Stadten wie Amastris und Prusias landtag und Provincialfestspiele fanden aber in Ni- 



541 



Bithyniarches 



Bithynos 



542 



komedeia statt (s. S. 535). Wenn also Valen- 
tinian und Valens deT Stadt Nikaia zusichern, 
dass sie ftrjzgonokis sein und dass die in Betreff 
der xgoodog des Bithyniarchen gegebene awrj&eia 
in Kraft hleiben soil, so ist doch Mar, dass der 
Bithyniarch speciell mit Nikaia in Verbindung steht, 
dass hier in Nikaia die Pompa desselben statt- 
findet und dass dieselbe sich nicht auf irgend 
welche festliche Veranstaltungen, wie sie in Niko 



Asiarchen waren meines Erachtens Landtagsab- 
geordnete. [Brandis.] 

Blthyniapolls, Stadt in Bithynien, s. Bithy- 
nopolis. [Oberhummer.] 

Bithynias (Bi&widg), Vorgebirge in Bithynien, 
am Pontos Euxeinos, in der Nahe des Bosporos, 
Ptol. V 1, 3. [Ruge.] 

Bithyniens, Cognomen in der Gens Pompeia, 
vgl. den Artikel Pompeius. Uber Klcbdiog 6 



medeia aus Anlass des Zusammentritts der Pro- 10 Bifhvixdg Appian. b. c. V 49, vgl. Clodius. 
vincialversammlung stattfanden, beziehen kann. [Klebs.] 

Wie in Asia es Asiarchen fur eine einzelne Stadt Bitbynion, Stadt im Innern von Bithynien, 

gab , so sehen wir hier in Bithynia die Bithyni- oberhalb Tios (Strab. XII 565. Plin. n. h. V 149. 

archen in engster Beziehung zu Nikaia, woraus Dio LXIX 11, 2. Ptol. V 1, 13. Itin. Ant.) mit 

ich schliesse, dass wie in Asia die Asiarchen die Badern in der Nahe, Plin. ep. X 39 (48). Vom 

Landtagsdeputierten der einzelnen Stadte, so in Kaiser Claudius erhielt sie den Namen Claudio- 

Bithynia die Bithyniarchen ebenfalls die Abge- polls, und unter Hadrian wurde sie als Vaterstadt 

sandten der am xoivov teilnehmenden Gemeinden seines Lieblings Antinous sehr begunstigt; daher 

gewesen sind. Dass in Asia die Asiarchen viel- nahm sie auch den Beinamen Hadrlana an. Unter 
fach Gladiatorenspiele gaben oder Agonotheten 20 Theodosius II. wurde sie Hauptstadt der neuen 

waren , um ihrem Dank fiir das Vertrauen ihrer Provinz Honorias. Pausanias VTII 9, 7, der die 

Mitburger und fiir die ihnen tibertragene Wurde Stadt falschlich an den Sangarios verlegt, erzahlt, 

Ausdruck zu geben, ist bekannt; in Nikaia ver- die Einwohner von B. seien Arkader aus Man- 

anstaltete der Bithyniarch eine Pompa, womit tinea. Auf Mfinzen aus der Zeit der Republik 

naturlich allerhand Geschenke und Verteilungen in BI&YNIEQN, in der Kaiserzeit KAAYAIOIIO- 

Geld verbunden waren. Auf einer Inschrift aus AEITQN, AAPIANQN KAAYMOIIOAEITQN, 

Prusias ad Hypium (bei Hirschfeld a. a. O. AAPIANQN BIQYNIEQNB.<ia,&WS 437. Poole 

nr. 14) heisst es: ddvta xal dg imoxsvijv rijg Catalogue of Greek coins, Brit. Mus. 1889, 117ff. 

ayogag vtisq tijg legmovvtjg (der Betreffende war Heute Boli, in reieher Ebene gelegen , vgl. vor 
hgevg t&v Zejiaoioiv) % ptvgidda; Tttvxe xal trjv enl 30 allem Perrot Exploration de la Galatie I 42f., 

zfi ngoodw diddooiv slg xazaoxtvtiv zov xatvov wenn auch die Angabe des Itin. Ant. 200 Gratia 

Sl x0 % — hier war also mit der Priesterschaft fur (Kerede) — Claudiopolis (Boli) 24 m. p. nicht 

die Kaiser eine Pompa und mit dieser wieder Geld- richtig ist. Dafiir aber stimmt Tab. Peut. LX 8 

austeilungen verbunden. Hierhier gehort auch : Dusae pros Olympum — [Bithynion] 30 m. p. 

zov xoivov vaov zcav fivozrjgimv hgotpdvzfjv xal sehr gut. Ferner Mordtmann S.-Ber. Akad. 

cefiaozo<pdvzriv, fiovov xal ng&zov fiszd zi/v Sr zfj Miinch. 1863 I 212. v. Diest Petermanns Mitt. 

/xt]zgoji6Xst Nuxo/irjdeca ipiXodoigiav starzolaiv kci- Erg.-Heft 94, 59. Anton ebd. Erg.-Heft 116, 

ipdvoiv (ptXozsifirjadfisvov xal iv zfj naxgidi ev zoj 98ff. , der allerdings die Tab. Peut. vollig miss- 

ex^pazi (Le Bas 1178); man siebt leicht, dass verstanden hat. Inschriften CIG 3802f. (dort 
es in der spateren Kaiserzeit keine Wlirde gab, 40 falschlich Hadrianopolis zugeschrieben). Perrot 

fiir deren tbertragung der Betreffende sich nicht a. a. O. 46 (nr. 26 mit dem i&vtxdv Bi&vvsvg). 

mit offenerHand dankbaT erzeigen musste. tfber Mordtmann a. a. O. G. Hirschfeld S.-Ber. 

die Stelle aus Modestins lib. II excusationum Akad. Berl. 1888, 872f. (dies sind die v. Dies t- 

(Digest. XXVII 1, 6 § 14) : Sfrrovg tegagxia oTov schen Inschriften). [Ruge.] 

aoiagxia flidvvtagxia (cod. pi&vvagxta) • • • • nags- BithyniS heisst bei Apollod. I § 119 Wagn. 

Xsi dUeizovgyrjoiav duo imzgojcoiv habe ich fruher die Mutter des Amykos und Geliebte des Posei- 

ausfiihrlich gehandelt; ich verweise dafiir auf don; aber aus Apoll. Rhod.II 4 Sv noze rvftyq 

Bd. II S. 1575. Die auf Inschriften oft vor- zixxe Iloosibdwvi rsve&h'at evvti&eioa Bi&wlg Ms- 

kommenden xoivofiovloi aber fasse ich als Sena- Ify (vgl. auch Schol. Plat. leg. VH 796 A und 
toren der einzelnen Stadte — fur einen anderen 50Heyne zu Apollod. a. a. O.) geht hervor, dass das 

Namen der sonst auf kleinasiatischen Inschriften kein Eigenname, sondern Beiwort zu Melia (s. d.) ist, 

vorkommenden fiovlevzai, fur dessen Vorkommen wie die Mutter des Amykos sonst heisst. [Hoefer.J 
es auf bithynischem Boden kein Beispiel gieht. Bithynopolis {Bi&vvonoXig , von Salmasius 

Erinnern wir uns, dass in Bithynia die Senatoren in Bifruoszohg verandert), Stadt, nach Bithys be- 

nicht gewahlt, sondern durch die Censoren be- nannt, von Arrian (Bithyn. 27, FHG ni 591f., 

rufen, also lebenslangliche Mitglieder des Senates vgl. Mflller z. d. St.) Bi&widnohs genannt 

ihrer Vaterstadt waren , so passt der Zusatz 6ia (Steph. Byz.), wahrscheinlich in Bithynien gelegen. 
fiiov zu xotrojiovkog sehr gut — dieser Zusatz [Oberhummer.] 

findet sich Perrot Explor. 21. Le Bas 1176. Bithynos {Bidwdg). 1) Sohn des Odryses, 

Athen. Mitt. XHI 175 nr. 7. 8; er fehlt in Le60Bruder des Thynos, Eponymos von Bithynien, 

Bas 1178 und Perrot Explor. 22. Latyschev beide AdoptivsOhne des Phineus, Stiefbruder des 

Inscr. orae sept. Ponti Eux. 43 (CIG 3773, worin Paphlagon , Arrian. v. Nitomedia frg. 41 aus 

xoivopovlog steht, ist zu fragmentiert). Waren Eustath. Dion. Perieg. 793, FHG HI* 594. 
mit Waddington die xoivopovXoi als die jeden- 2) Sohn des Zeus und der Titanide Thrake, 

falls jahrlich wechselnden Vertreter der einzel- Stiefbruder des von Kronos erzeugten Dolonkos, 

nen Stadte am Landtag zu fassen, so ware der Steph. Byz. s. Bt&vvla, wo Luc. Hols ten und 

haufige Zusatz Sid fliov schwer erklarlich; that- M ein eke Bi&vvav hergestellt haben aus dem uber- 

sachlich findet sich kein daiagy^g oid (itov und lieferten Ace. Bi#ov, der auf Verwechslung mit 



543 



Bithyopolis 



Biton 



544 



dem dicht voraufgehenden Bi&vg (s. Bt&vai) zu be- 
ruhen scheint. Appian. Mithr, 1. [Ttimpel.] 

Bithyopolis s. Bithynopolis. 

Bithys {Bifrvs). 1) Sohn des Ares und der 
Rhesostochter S^xr\ (cod. Rehd. 2ixtj, Meineke 
Slvxrj), Eponymos der thrakischen Bi&vai (Steph. 
Byz. s. v.) oder Bi&vonolig (ebd. s. v.). 

2) S. Bithynos Nr. 2 (Appian. Mithr. 1). 

[Ttimpel.] 

3) Sohn des Odrysenkonigs Kotys, war von 
seinem Vater dem makedonischen KOnig Perseus 
als Geisel gegeben worden, kam naeh dem Siege 
des Aemilius Paulus bei Pydna in die Gewalt der 
Romer, wurde in Carseoli in Gewahrsam gehalten, 
dann aber von den Romern seinem Vater zuriick- 
gegeben <Liv. XLV 42. Polyb. XXX 18. Zonar. 
IX 24). [Kaerst.] 

4) Sohn des Dizastes, aus Paroikopolis in 
Makedonien, wurde hundert Jahre alt (Phlegon 
Trail. FHG HI 609, I). 

5) Stratege des makedonischen KOnigs Deme- 
trios (239—229). Er besiegte die Achaeer unter 
Aratos bei Phylakia (Plut. Arat. 34) ; vgl. Droy- 
sen Hell. III6 2, S3 und s. o. Bd. II S. 385, 59. 

6) Bithys, ein Parasit am Hofe des thraki- 
schen KOnigs Lysimachos (Aristodemos FHG III 
310, 11. Phylarch. FHG I 335, 6). Er ist viel- 
leicht identisch mit dem Biflvs KXiatvog Avai- 
liaxtvg, der in einem attischen Decret (CIA II 
320 = Dittenberger Syll. 146) geehrt wird. 

7) Bithys, Sohn des Thraseas, ein avyysvrjg 
und immoloyQayos am Hofe des syrischen KO- 
nigs Antiochos VIII. (Grypos). Er stiftete eine 
Statue des KOnigs in den Apollontempel auf Delos 
(Bull. hell. VIII 105f.). [Wilcken.] 

Bitia(5m'a). 1) Stadt der Kassopaeer in Epiros, 
Theop. frg. 228 aus Harp. s. 'EXaxua; nach Strab. 
VH 324, wo der Name Baxlai geschrieben, im 
Binnenland. Leake N. Gr. IV 74f. Bursian 
Geogr. I 29ff. Grasberger Studien 242. 

[Oberhummer.] 

2) Bitia (so Plin. Ill 85 und die Inschr.) oder 
BUhia (BiSta tc6Xis und Bi&ia Xifirjv , Ptol. Ill 
3, 3), Stadt und Hafen an der Siidkuste von Sar- 
dinien, zwischen Capo Spartivento und Capo Mal- 
fattano. Die Wiederherstellung einer Strasse quae 
ducit a Nora Bitiae unter Philippus Arabs be- 
zeugen die Meilensteine CIL X 7996. 7997. Vgl. 
Mommsen CIL X p. 831. [Hiilsen.] 

Bitiae hiessen nach Apollonides (FHG IV 310) 
bei Plinius (n. h. VII 17) die mit dem ,b0sen 
Blick' behafteten Frauen im Skythenland. Wie 
der Name zu erklaren sei, ist unbekannt; schwer- 
lich darf man mit Neumann (Die Hellenen im 
Skythenlande I 267f.) an ein angebliches mongo- 
lisches Wort buda = boser Daemon denken und 
in den B. die weiblichen Schamanen der Mongolen 
erkennen. Eben so wenig erscheint es mir aber 
zulassig, wenn Detlefsen (Rh. Mus. XVLTI 230) 
nach dem Vorgang von Vale si us die B. mit den 
nach Phylarchos (Plin. a. a. O. FHG I 354, 68) 
am Pontos lebenden Thibiern (s. d.) gleichsetzen 
will. Denn die Annahme, dass Plinius selbst ge- 
wusst habe. es handle sich um verschiedene Be- 
richte uber dieselbe Sache, und dass er das Ge- 
schlecht willkurlich gegen seine Quelle geandert 
habe, ist zu unwahrscheinlich und gewaltsam. 
Dass sowohl B. als Thibier beide in den f'ernen 



Nordosten gesetzt werden, berechtigt noch nicht, 
sie firr dieselben Stamme zu halten. Uberblicken 
wir dieReihe vonVolkern, denen man den ,bosen 
Blick' zuschrieb, so zeigt sich, dass wir es im 
allgemeinen mit halbwilden, wohl zum Teil noch 
nomadisierenden Hirtenstammen zu thun haben, 
die wegen ihrer Thatigkeit, wie noch heute die 
Schafer, den Ruf geheimer Kraft erlangt hatten. 
Dass man mit ihnen, je mehr sich die geographische 
10 Kenntnis ausbreitete, immer weiter an die Grenzen 
der oixovftevt] zuruck musste, ist sehr begreiflich. 
Naheres daruber s. unter Fascination. [Riess.] 

Bitias. 1) Sohn des Alkanor, Gefahrte des 
Aeneas, von Turnus erschlagen, Verg. Aen. LX 
672ff. und dazu Servius XI 396. Der Dichter hat 
ihn und seinen Bruder Pandarus den in der Teicho- 
machie der Ilias gleichfalls das Lagerthor be- 
wachenden griechischen Helden Polypoites und 
Leonteus nachgebildet. [O. Rossbach.] 

20 2) Begleiter und Gehftlfe Didos bei Vergil. 
Aen. I 738, nach Servius z. d. St. Befehlshaber 
der karthagischen Flotte. Vgl. Silius It. II 409. 
Vermutungen fiber ein von ihm sich ableitendes 
karthagisches Geschlecht bei Movers Die Pho- 
nizier LT 1, 356. 500f.; vgl. Bithyas Nr. 2. 

[Niese.] 
Bitie, Kunstwirkerin, welche nach Leonidas 
und Antipater (Anth. Pal. VI 286f.) an einem der 
Artemis geweihten Prachtgewand den mit einem 
30 Maeanderornament und tanzenden Madchen ver- 
zierten Mittelstreifen stickte. Zur Gewandform 
vgl. Muller-Wieseler Denkmaler I lOf. 36. 38. 
Die rechte Seite wurde von Bittion , die linke 
von Antianeira verfertigt. [O. Rossbach.] 

Biton (Bhcov). 1) Sohn der argivischen Hera- 
priesterin Kydippe, Bruder des Kleobis. Herodot 
(I 31) erzahlt von der Mutter und ihren beiden 
Sehnen folgende Tempellegende. Als die Prie- 
sterin Kydippe einst bei einem Herafeste auf einem 
40 Wagen zum Heiligtum der Gottin gefuhrt werden 
musste und die Zugstiere nicht zur reehten Zeit 
zur Stelle waren, spannten sich Hire beiden Sohne 
Kleobis und B. vor den Wagen und zogen ihn 
bis zum Tempel 45 Stadien weit. Die Mutter, 
geriihrt yon ihrer kindlichen Liebe, betete zu der 
Gottin, sie mochte ihren Kindern verleihon, was 
firr den Menschen das SchOnste sei. Da iiberfiel 
die Jiinglinge noch im Tempel ein sanfter Schlaf, 
aus dem sie nicht mehr erwachten. Die Argiver 
50 weihten nan die Bildnisse der beiden Bruder nach 
Delphoi, wo Herodot sie sah und mOglicherweise 
auch ihre Geschichte erfahren hat, wiewohl die 
fromme Tempellegende im Heraion zu Argos ent- 
standen sein wird. Vgl. U. v. Wilamowitz- 
Mellendorff Aristot. u. Athen I 269. Auch in 
Argos befand sich ein Kunstwerk, welches die Jfing- 
linge darstellte, wie sie den Wagen der Priesterin 
zum Tempel zogen. Der Kern der Sage, dass 
ein sanfter seliger Tod das schOnste Los fur den 
60 Menschen sei, kehrt noch in anderen Fassungen 
wieder, namentlich in der delphischen Tempel- 
sage vom seligen Lebensende des Trophonios und 
Agamedes, das ihnen Apollon zum Lohn fur die 
Erbannng seines Tempels sandte (Rohde Phil. 
XXXV 200). Die Sage von Kleobis und B. flndet 
beijungernSchriftstellernhaufigErwahnung(Paus 
1120,2. Polyb. XXIII 18. Hyg. fab. 254. Plut. 
Sol. 27. Lukian. Char. 10. Diog. 1 50. Cio. ruse. I 



545 



Biton 



Bituitus 



5.46 



47. Serv. Georg. Ill 532); vgl. auch H. Dutsehke 
Arch.-epigr. Mitt. VII 1883, 153ff. [Toepffer.] 

2) Syrakusaner. Von Dionysios als Phrurarch 
in Motye eingesetzt 397 v. Chr., Diod. XIV 53 ; 
vgl. H o 1 m Gesch. Sicihens II 1 13. [Kirchner.] 

3) Biton — so liest Hedicke wohl mit Recht 
anstatt des hsl. ilberlieferten Bicon — wird von 
Curtius IX 7, Iff. bei Gelegenheit des Aufstandes 
der in Baktriane angesiedelten Griechen erwahnt 



tumswiss.a IVa 2, 281. 287. 428ff. 455ff. Droysen 
in Hermanns Lehrb. d. griech. Ant. II 2, 187ff. 
191; Altertiimer v. Pergamon II 119ff. Suse- 
mihl Gesch. d. griech. Litt. I 733. 736f. Diels 
S.-Ber. Akad. Berlin 1893, 106ff. Tannery Bull. 
d. sciences math. 2e Ser. IX 1885, 320 = La 
geometrie grecque I (Par. 1887) 61. Fabricius- 
Harles Bibl. Gr. IV 233f. Haase De milit. 



script, edit, instit., Berol. 1847, 11. 30ff. 38f. ; 
er hatte Athenodoros, den Fiihrer der Aufstandi- 10 Jahrb. f. Phil, XIV 1835, 112. Silberschlag 
schen, getOtet, entging aber, wie Curtius erzahlt, Hist, de l'Acad. Berlin 1760, 378ff. Meister 
der ihm durchjenebestimmten Strafe. [Kaerst.] Comment, de catapulta polybola. Gott. 1768. 



4) Biton aus Soloi {sole pap., aoXsvg Spengel) 
scheint als Schuler des Karneades genannt zu 
werden Ind. Acad. Here. col. 24, 1 ed. Biicheler. 
Vgl. Zeller Philos. d. Gr. IV3 525, 1. 

[v. Arnim.] 

5) Unter dem Namen eines B. ist eine kleine 
Schrift iiberliefert mit dem Titel : Blxatvog xaza- 



Marini Hlustrat. prodromae in script, graec. et 
lat. de belopoeia, Atti (Dissertazioni) d. Accad. 
Rom. di Arch. I 1821, 398. 411. Dufour M<5- 
moire s. rartillerie d. anciens. Par. Geneve 1840. 
Deimling Verhandl. d. 24. Philol. Vers. 1865, 
233ff. Hue L'artillerie dans 1' antiquity Par. 1880 
(Extr. du Journ. de sciences milit.). Rochas 



axeval nolefimmv oQyavow xal xaxaitalxixtiv. Die 20 d'Aiglun Annuaire de l'Associat. p. l'encourage' 

Widmungist an einen KOnig Attalos gerichtet, vgl. L 3 " n ^ T "" — — "'" " " " 

Athen.XIV 634A (Kaibel III 399): Bixcov h 
tip agog "Atralov jisqI 'Ooydvcov und einen Ano- 
nymus (sog. Heron Byz ant.), dessen Schrift ohne 
Titel uberliefert ist (Wescher 198, 3): rd Bho>- 

vog TiQog "ArraXov itsQi xaraoxevfjg ftokefMxwv 6q- 
yavcov (vgl. Rh. Mus. XXXVIII 1883, 454ff.) ; in 
den Hss. ist die Anrede mit leicht erklarbarem 
Fehler zu c5 jiakd oder Ahnlichem verderbt. Wel- 



ment d. etudes grecques XI 1877, 273ff.; Bulletin 
monumental 5e Ser. X 1882, 154ff. 

[K. K. Miiller.] 

Bittion s. Bitie. 

Bittium. Auf der Peut. Bittio irrtiimlich 
statt Bittium, s. d. [Patsch.] 

Bittugores, eine hunno-bulgarische Horde 
unter Dengitzich, Sohn des Attila, welche im 
J. 469 von den Gothen aufgerieben wurde, Jord, 



cher Attalos gemeint ist, steht nicht fest; es er- 30 Get. 52; vgl. Ovvvixov xo s&rog oi BIxzoqss, Aga- 



giebt sich nur, dass die Schrift dem 3. oder 2 
Jhdt. v. Chr. angehOrt. Citiert wird B. ferner 
von Hesychios s. oafifivxt], citiert und ausgeschrie- 
ben von dem oben genannten Anonymus ausser 
der bereits angefiihrten Stelle auch noch 271, 7 
Wescher: <bg 6 nrj^avixog Bhojv iv xoig avxov Tlokt- 
oQxt]xixolg (vgl. Martin Mem. prfs. p. div. sav. 
a l'Acad. d. Inscr. 1<> Ser. IV 1854, 445). In der 
Schrift werden behandelt: 1) das in Rhodos von 



thias II 13. [Tomaschek.] 

Bituios. Btxovioc flaaiXcvg und Bixovxog J8a- 
adsvg sind die Legenden einer Anzahl von Bronze- 
miinzen, die auf dem Avers einen Kopf (Hera- 
kles ?) und dahinter eine 'Keule, auf dem Revers 
einen laufenden Lowen zeigen. Andere Mtinzen 
gleichartigen Geprages haben die Legenden Kai- 
avxoksvg jiaail, Piyarxixov und lyavxaco (de Lagoy 
Rev. numism. IV 1839, Iff.; oft falschlich zu 



Charon dem Magnesier construierte jiexqo(16Xov 40 Brigantikos ergiinzt). Nicht ganz sicher sind 



oder Xi&opoXov, 2) eine andere Art dieses Ge- 
schutzes, die in Thessalonike von Isidoros aus 
Abydos gebaut wurde, 3) eine von dem Make- 
donier Poseidonios fur Alexander gefertigte iXd- 
izoXtg (Belagerungsturm), 4) die oaftfivxr) genannte 
Sturmbrucke, 5) der von dem Tarentiner Zopyros 
in Milet construierte yaozocuphqs , ein Pfeilge- 
schiitz, 6) der von demselben in Cumae hergestellte 
oQtvoliixrjg yaoxQaqjsxrjg 



die Legenden Bixovwyoyo (oder -xoyo) (laodevs 
und Wafivrov oder aftviov fiaaik. Fruher hat 
man diese Munzen galatischen Tetrarchen zuge- 
wiesen (so auchEckhel und Mionnet), vor allem 
wegen der Ahnlichkeit der Typen mit den Munzen 
des Amyntas, des letzten Konigs von Galatien. 
Aber sie finden sich nur in der westlichen Gallia 
Narbonensis und sind auch im Geprage anderen 
dortigen Munzen, namentlich denen von Baeterrae, 



Ausser dieser Schrift hatte B. noch 'Ojmxa 50 gleichartig. Daher hat sie zuerst de Saulcy 



verfasst, die er selbst anfuhrt (52, 8 Wescher: 
diciXcyftat iv xolg 'Oxxixotg). 

Litteratur: Erste Ausgabe in Veterum Mathe- 
maticorum ... Opera (ed. Thevenot), Par. 1693, 
105 — 114. tlberholt durch: Poliorcetique des 
Grecs... p. p. Wescher. Par. 1867, 43—68; 
vgl. die Besprechung von Miller Journ. d. Sav. 
1868, 17ff. Die Abschnitte uber HJxoXig, oa^vxi] 
und die beiden Arten des Xi&opoXov waren schon 



Rev. num. N. S. 1 1856, Iff. Galatien abgesprochen. 
Die gelegentlich versuchte Zuweisung an den Ar- 
verner Bituitus (so z. B. Ch. Lenormant Rev. 
num. N. S. Ill 1858, 124ff.) wird freilich auch 
schon dadurch ausgeschlossen , dass sie in der 
Auvergne nie vorkommen. Sie mussen also von 
Hauptlingen eines siidgallischen ( volHschen ? ) 
Stammes gepragt sein. Die griechischen Auf- 
schriften zeigen den Einfluss Massalias. Alter ala 



fruher herausgegeben in N. Rigaltii ad Ono-60das 1. Jhdt. v. Chr. konnen die Munzen nicht 






sandri strategicum Notae. Lut. Par. 1599, 80ff. 
Riistow und KOchly Gesch. d. griech. Kriegs- 
wesens 379. 400. 404. Griech. Kriegsschriftsteller. 
Griech. und deutsch m. Krit. und erklar. Anmerk. 
v. H, Keenly und W. Riistow I 187ff. Jahns 
Handb. einer Gesch. d. Kriegswes. Techn. Tl. 
108ff. 142ff. 159; Gesch. d. Kriegswiss. I 42ff. 
134. Bauer in Miillers Handb. il. kl. Alter- 

Pauly-Wisspwa III 



sein ; die ,K0nige' waren also Vasallen Roms. 
Tiber die Munzen s. vor allem Ch. Robert Nu- 
mismatique de la province Languedoc, in der Hi- 
stoire g^n^rale de Languedoc, Neue Anfl. T. II 1875. 
In Ktirze auch Imhoof-Blumer Portratkopfe 
auf Miinzen hellen. und hellenisierter Volker 66. 

[Ed. Meyer.] 
Bituitus. 1) KOnig der Arverner (nur in dem 

18 



547 



Bituitus 



Bituriges 



548 



549 



Bituris 



Biviae 



550 



Excerpt aus Appian. Celt. 12 steht falschlich 
fiaaikioK xa>v 'AXXofigiycov). Die capitolinischen 
Triuraphaltafeln CIL 1^ p. 49 schreiben rege Ar- 
vernorum Betulto; Bituitus nannte ihn Livius 
(per. LXI. Eutrop. 4, 22 [daraus Hieronym. chron. 
a. Abr. 1891 Vituitus]. Oros. V 14; bei Flor. I 36 
hat der Cod. Bamb. Vituitus, der Nazar. Bisui- 
sus) ; Bixvixog als Genetiv bei Poseidonios, Athen. 
IV 152 d = PHG III 260, dagegen zweifellos aus 
demselben Strabon IV 194 Bixvixov, bei Appian. 
Celt. 12 BnoTxog. 

B. war der Sohn des Luerius (so Strabon; 
Luernios Athen.), von dessen prunkvollem Hofhalt 
Poseidonios eine anschauliche Schilderang giebt. 
Ihm folgte B. in der Herrschaft iiber die Arverner, 
die damals der machtigste Gau westlich der Rhone 
waren; ihre Herrschaft reichte nach Strabon von 
den Pyrenaeen bis zum Rhein, von Narbo bis zum 
Ocean. In den Krieg mit den ROmern wurden 
die Arverner durch die Allobrogen hineingezogen. 
Diese weigerten sieh, Tutomotulus, den flfichtigen 
Konig der Salluvier, auszuliefern , und wurden 
ausserdem feindlicher Einfalle in das Gebiet der 
den ROmern befreundeten Haedner besehuldigt 
(Liv. per. Appian.). Darum iiberzog sie der Con- 
sul des J. 122 On. Domitius Ahenobarbus mit 
Krieg; B. unterstiitzte die Allobrogen, nachdem 
sein Versuch, zu ihren Gunsten' bei den Remern 
zu vermitteln, abgewiesen war (Appian.). fiber 
die folgenden Kampfe sind die Berichte unklar 
und widerspruchsvoll. 

1) Livius berichtete (wie sich aus der tTberein- 
stimmung von Oros. und dei Periocha ergiebt, aus 
Floras lasst sich iiber die Reihenfolge der Schlach- 
ten gar nichts folgern), dass Domitius pro eon- 
sule die Allobrogen bei Vindalium besiegte, darauf 
Q. Fabius Maximus als Consul des J. 121 AUo- 
broges et Bituitum Arvernorum regem. 

2) Strabon sagt einmal, die Arverner hatten 
mit einem Aufgebot von 200 000 Mann gestritten 
jiQ&g Md£ifiov xov AlfuXiavbv xai Jigog Ao/iixiov 
<5' wgavxwg 'A-qrofiaopov, und gleich darauf in der- 
selben Reihenfolge, sie waren besiegt von Maxi- 
mus beim Zusammenfluss von Rhone und Isere, 
von Domitius xaxoaxegm hi Kara, xijv ov/tftoXr/v 
xov xe 2ovXya xai xov 'PoSavov (= am Einfluss 
der Sorgue in die Rhone). Darnach setzt Strabon 
offenbar die Schlacht bei der Miindung der Isere 
vor die bei Vindalium. 

3) Bei Plin. n. h. VII 166 heisst es Q. Fabius 
Maximus consul aptid flumen Isaram proelio 
commisso adrersus AHobrogum Armrnorumque 
genfes a. d. VI id. Augustas ~OXXX perduel- 
lium caesis — . 

4) Die Triumphalliste verzeichnet: Q. Fabius 
Q. AemiHani f. Q. n. an. DC .... Maximus 
procos. de Attobro [gibus] et rege Arvernorum 

Betidto X k On. Domitius Cn. f. On. n. 

AJmnobarb. a procos. de Galleis Arverneis 

XVI k 

5) Velleius II 10, 2: eodem tractu temporum 
et Domitii ex Arrernis et Faliii ex Allobrogibus 
victoria fuit nobilis , Fabio — — ex rietoria 
cognomen Allobrogico inditum. Jedenfalls un- 

genau Suet. Nero 2: On. Domitius in con- 

sulatu Allobrogibus Arrernisque superatis etc. 

Eine vollkommen sichere Entscheidung lasst 
sich bei diesen widersprechenden Nachrichten nicht 



geben. Doch erscheint es nach dem Zeugnis 
Strabons und der Triumphaltafel am einfach- 
sten (so Mommsen R. G. lis 162f. , dagegen 
Neumann Geschichte Roms wahrend des Ver- 
falls u. s. w. 279) anzunehmen, dass zuerst Allo- 
broger und Arverner unter B. von Fabius am 
8. August 121 am Einfluss der Isere in die Rhone 
besiegt wurden, dann Domitius den Krieg gegen 
die Arverner durch den Kampf bei Vindalium be- 

10 endete. Freilich muss dann angenommen werden, 
dass auch Valerius Max. IX 6, 3 wiederum nicht 
genau berichtet hat, wenn er erzahlt On. Domi- 
tius iraius Bituito regi Arvernorum quod 

turn (taml) suam et (quaml) AHobrogum gentem 
se etiam turn, in provincia morante ad Q. Fabii 
successoris swi dexteram confugere hortatus esset, 
per conloquii simulationem arcessitum hospitio- 
que exeeptum vinxit ac Romam nave deportan- 
dum curavit. cuius factum senatus neque probare 

20 potuit neque rescindere voluit, ne remissus in 
patriam Bituitus bellum renovaret. igitur eurn 
Albae custodiae causa relega-vit. Denn diese Erzah- 
lung erweckt den Eindruck, dass Fabius auch den 
Krieg mit den Arvernern zu Ende ftihrte. Doch 
wiirde sich dies leicht durch die naheliegende An- 
nahme erklaren, dass Valerius aus Livius schopfte, 
der die Schlachten in umgekehrter Folge eizahlte. 
Die Gefangennahme erwahnen auch Eutrop und 
in abweichender Art (ipse cum ad satisfaciendum 

30 senatui Romam profeetus esset A Ibam custodien- 
dus datus est) Liv. per. LXI. Nach Floras ward 
er im heimischen Waffenschmuck im Triumph 
aufgefiihrt. Decretum quoque est, ut Congonne- 
tiacus filius eius comprehensus Romam mittere- 
tur Liv. a. a. O. 

2) Bituitus (BiroixoQ Appian., Bitocus Liv.), 
qyeficiiv KeXziov [miles Gallus Liv.), gab Mithri- 
dates d. Gr. auf seine Bitten den Todesstoss, 
Appian. Mithr. 111. Liv. per. CIL [Klebs.j 

40 Bitukos s. Bituios. 

Bituriara (Bixovgyia Ptol. Ill 1, 48, Bituriv, 
Tab. Peut.), Station der Strasse von Florentia 
nach Arretium, im oberen Arnothal, etwa in der 
Nahe von Montevarchi. Genauere Lage nicht zu 
ermitteln. [Hiilsen.] 

Biturigae s. Avaricum und Bituriges. 
Bituriges j grosses keltisches Volk in Aqui- 
tanien, durch den Liger von den Aeduern und 
Carnuten getrennt (Caes. b. g. VII 5. 11. VIII 4), 

50 mit vielen Stadten , so dass an einem Tage 20 
derselben in Brand gesteckt werden konnten (Caes. 
b. g. VII 15). Sie wuTden von Caesar unterworfen 
(b. g. VIII 3; vgl. Flor. I 45. Dio XL 33. 34). 
ihre Stadte Noviodunum und Avaricum erobert 
(b. g. VII 12. 18. Oros. VI 11, 1). Einstmals 
waren sie der herrschende Stamm unter den Celtae 
(Liv. V 34). Man unterscheidet 1) Bituriges Oubi, 
mit denen es Caesar hauptsachlich zu thun hatte, 
ohne dass er ihnen diesen Beinamen giebt. Strab. 

60 IV 190 BixovQiyeg oi Kovflot xa/.ovjievot, 191 rot; 
Kovfioig BitovQi^i (Nachbarvolker die Arverner, 
Petrocorier, Lemovices, Cadurci). Plin. n. h. IV 
109 Pictonibus iuneti Bituriges liberi, qui Oubi 
appellantur. Ptol. II 7. 10 Bixovoiyss oi Kovfioi 
xai jiohg Avaoixov; inschriftlich z. B. Revue 
e"pigr. II nr. 637 civis Biturix Culms. CIL VII 
248 civcs Biturix Oubus (weitere Zeugnisse bei 
Ho Id e r Altkelt. Sprachschatz s. Bituriges Sp. 438). 



Ihre Hauptstadt Avaricum (s. d.), das heutige Bour- 
ses im Pays de Berry. Sie hatten Eisenwerke, ihr 
C-eschick in Metallarbeiten wird geriihmt (Strab. 
IV 191. Caesar, b. g. VII 22. Plin. n. h. XXXIV 
162. Rutil. Nam. I 35 Iff.). Von den Inschriften 
verdient noch Erwahnung das Grabepigramm des 
artis grammatiees doctor morumque magister 
Blaesianus Biturix, der wahrscheinlich ein B(i- 
turix) G(ubus) war (Bull, epigr. 1882 p. 11 



heutige Bidaureta am Flusse Arga liegt nicht 
ostlich, wie B. bei Ptolemaios, sondern westlich 
von Pompaelo. [Hubner.] 

Biturs, Station an der Strasse von Nisibis 
(s. d.) nach Thelser (s. d.), also wohl in Meso- 
potamien, Tab. Peut. [Weissbach.] 

Bityle s. Bethelia. 

Bitylos, einheimische Namensform einer Stadt 
in Lakonien an der Westseite der Tainaronhalb- 



Espe'randieu Cite" des Lemovices p. 55 = 10 insel, welche als OXxvlog schon II. II 585 erwabnt 



Buecheler Anth. epigr. nr. 481). — 2) Bitu- 
riges Vivisci, an der Miindung der Garonne mit 
der Hauptstadt Burdigala (s. d.). Strab. IV 190 
IxfiaXXsi <T o fikv rapovvag xqioi 3ioxa/Mig av^n- 
-fte'ig sig xo fisxalgv Bixovglywr xs zatv 'Otoxoiv 
(loax&v die Hss.) sjiixcdov/itvoov xai Savxovcov, 
a[i(poxtQa>v FaXaxixcov tdv&v. fiovov yaq Sij xo 
rcov Bixovglycov xovxcov k'Srog iv roig 'AxavixavoTg 
alXocpvXov i'dovzai xai ov avvtsXu aixotg, $%u ds 



wird, ebenso Schol. Eastath. z. St. Pherek. frg. 
89 aus Strab. VIII 360. Paus. UT 21, 7. 25, 10. 
Steph. Byz. Hesyeh. Nach Pherek. Paus. Steph. 
war sie von Oitylos, Sohn des Amphianai aus 
Argos, gegrundet. Strabon erwahnt zuerst die 
Nebenform BaizvXog, Ptol. Ill 14, 43 (16, 22) 
kennt sie als BixvXa. Sie gehfirte damals zu den 
Stadten der Eleutherolakonen (Paus. Ill 21, 7) und 
besass nach Paus. Ill 25, 10 von Sehenswurdig- 



kuixoQiov BovgSiyaXa xxX. Ptol. II 7, 7 Bixovqi- 20 keiten ein Heiligtum des Sarapis und ein Schnitz- 
yeg oi OvijUaxoi , Sv xolug Noviopayog Bovpdi- bild des Apollon Karneios auf der Agora. Zuletzt 



Novi6[iayog Bovgdi 
yaXa. Plin. n. h. IV 108 bezeichnet sie ebcn- 
falls als liberi (Bituriges liberi cognomine Vi- 
visci). Vgl. Auson. Mos. 438 Vivisca dueens ab 
■origine gentem und die beiRuggiero Dizio- 
nario s. v. und Holder a. O. angefuhrten In- 
schriften, z. B. Jullian Inscr. rom. de Bordeaux 
nr. 1 Augusta sacrum et Genio civitatis Bit(u- 
rigumj Vivfiscorumj . nr. 133 c(ivis) Biturix 



Apollon Karneios auf der Agora. Zuletzt 
eischeint die Stadt als noXig f) Beixvttmv in einer 
Widmung an Kaiser Gordianus ILL (CIG 1323). 
Den Nainen, fiber welchen auch Grasberger 
Gr. Ortsnamen 97 zu vgl. , bewahrt noch jetzt 
das Dorf Vitylo, in welchem sich auch einige an- 
tike liberreste vorflnden, Curtius Pel. II 283. 326. 
Bur si an Geogr. II 152f. [OberhummerJ 

Bitys (auch Bitos) hatte hermetische Sehriften 



V(i)b(iscus). nr. 222 nationis Bitur(igis) V(i)- 30 iibersetzt oder erklart (Iamblichos de mysteriis 



v(iseae). Wenn Colum. Ill 2, 19 und Plin. XIV 
27 von dem "Weinbau der B. sprechen, so scheint 
■das mehr von den B. Vivisci als von den B. Cubi 
zu gelten. Die sonstigen zahlreichen Erwahnungen 
■der B. beziehen sich meist auf die B. Cubi und 
ihre Stadt, die spater Bituriges, Beturiges (Tab. 
Peut.), Biturigae (Amm. XV 11, 11), Bituricae, 
Bitorex und ahnlich hiess (die Zeugnisse voll- 
standig bei Holder a. O.). Dass die B. im 



293 Parthey), ferner ,iiber den durch die ganze 
Welt, reichenden Namen Gottes' gehandelt (ebd. 
267f.). Eine Sehrift niva!;, die angeblich Specu- 
lationen iiber den Urmenschen enthielt, erwahnt 
der Anfang des 4. Jhdts. n. Chr. lebende Alchemist 
Zosimos (Berthelot et Ruelle Collection des 
alchimistes, texte 230, 17; vgl. o. Bd. I S. 1347, 
62ff.). Dadurch wird es unmoglich, in ihm den 
Dyrrhachener Bithos (s. d. Nr. 2) des Plinius zu 



romischen Heere Kriegsdienste leisteten, beweisen40 sehen(Dieterich Jahrb. f. Philol. Suppl. XVI 753), 

die Inschriften. Es werden erwahnt die cohors I ... . , ,. , ... 

{Aquitanorum) Biturigum (CIL III p. 852 und 

Eph. epigr. V p. 652 aus den J. 74 u. 90 n. Chr.), 

«iner ihrer praefecti CIL II 4203; ein praefeetus 

coh. II Biturigum in Mainz Brambach CIRh 

1120. Ferner CIL in 2065 ein Virdomarus 

Thartontis ffilim) domo Biturix missicius aloe 

Claudiae novae (in Salona). Eph. epigr. V 988 

ein Ti. Claudius Congonetiacus eq(ues) alae II 

Thracum natiom Biturix (in England) u. a. (s. 50 



Holder a. O., dazu ein Biturix auf der Bonner 
Inschrift Korr.-Bl. d. Westd. Ztschr. XI 65). Der 
Name B. bedeutet nach Zeuss aut semper out 
tnundi vel late dominantes i. e. potentes, nach 
d'Arbois de Jubainville toujours rois. rois 
perpetuels (s. Holder s. bitu . . ., bei demselben 
die Zeugnisse fur die Ableitungen Bituricus, Bi- 
turigiaeus [Plin. n. h. XIV 27 wohl fehlerhaft], 
Biturigieus, Bituricensis). Im allgemeinen vgl. 
Desjardins Table de Peut, 5; Geogr. de la60nr. 2737 aus dem J. '226). 174 (aus Rottweil) 



man miisste denn annehmen, dass die hermetisch- 
gnostischen Sehriften auf dessen Namen gefalscht 
worden sind, was sich aber weder beweisen noch 
widerlegen lasst. Ebenso ist die von Dieterich 
a. a. O. versuchte Gleichsetzung mit dem Pitys (s. 
d.) der Zauberbucher nicbt zu beweisen. [Riess.] 

Bitzimaias (BixCiftaiag), Castell IUyriens, von 
Iustinian I. hergestellt, Procop. aedif. IV 4 p. 282 
Bonn. [Oberhummer.] 

Biviae (Bibiae), GOttinnen der Kreuzwege, 
welche unter diesem Namen von den latinisierten 
Keiten und Germanen verehrt wurden. Sie sind 
nur durch Inschriften bekannt und erscheinen stets 
in Verbindung mit den Triviae und Quadriviae 
(s. d.). Dieses ist der Hauptname. Biviis (Bi- 
vis, einmal Bibis) Triviis Quadriviis sind geweiht 
die Inschriften Rhein. Jahrb. LXXXIII nr. 158. 
159 (aus Avenches). 170 (Thil-Chatel im Gebiet 
der Lingones, vgl. Lejay Inscr. de la Cote-d'Or 



Gaule II 4l4ff. 426. Longnon Ge'ogr. de la 
Gaule au Vie s iecle 462ff. (die spiitere Civitas 
Biturigum). Allmer Revue epigr. 1891 nr. 886 
p. 135ff. O. Hirschfeld S.-Ber. Akad. Berlin 
1896, 452ff. t [Ihm.] 

Bituris (Bizovgig) , Stadt der Vasconen in 
Hispania Tarraconensis (Ptol. II 6, 66; beim Geogr. 
Hav. 312, 3 Beturri). Die Lage ist unsicher; das 



178 (Cannstatt, aus dem J. 221, vgl. Rhein. Jahrb. 
LXXXII 191). 185 (Mainz). 189 (Mainbischofs- 
heim), und wahrscheinlich auch nr. 333 (Qual- 
burg, Brambach CIRh 166). Also das Haupt- 
kultusgebiet ist Germania superior. Naheres iiber 
diese Gottinnen und ihre Beziehungen zum Ma- 
tronenkult Rhein. Jahrb. LXXXIH 87fF. Vgl. 
Bibienses vicani. (Thm.] 



551 



Bivium 



SXd^tjg Sixt] 



552 



Birinm, 1) Station in Liburnien (Itin. Ant. -owls gemacht werden) und Maurenbrecher 

p. 273. 274). Hier teilte sich die aus dem Stiden, hat gewiss Recht, dass in der Erzahlung des Kriegs- 

■von Hadra kommende Strasse und fiihrte einer- zuges des M. Lucullus gegen die Moeser Sallust 

seits an die Kuste nach Senia-Zengg, anderer- diesen Ort erwahnte; da aber nur der Name des- 

seits fiber das KapelageMrge {Albii monies) nach selben erhalten ist, wissen wir leider nicht, was 

Siscia-Siszek (Mommsen CIL III p. 384). Lage von ihm berichtet wurde. Jirecek ATeh.-epigr. 

unbekamit; Kiepert setzt es Formaeorbis antiqui Mitt. X 187. Tomaschek S.-Ber. Akad. Wien 

XVII bei Lesc'e (siidostlich von Otocac-Arupium) CXXXI 60. [Brandis.] 

an, wahrend es W. Tomaschek Mitteilungen Bizye {Bi^vrj), thralciache Binnenstadt im fee- 

der geogr. Gesellschaft in Wien 1880, 502 weiter 10 biet der Astai (s. d.) , Strab. VII 331 frg. 48. 

nordlich nach Munjava verlegen mochte. Ptol. Ill 11, 7. Steph. Byz. Sie gait als Wohn- 

[Patsch.] sitz des Tereus und sollte deshalb von den Schwal- 

2) S. Bibienses vicani. ben gemieden sein, Plin. n. h. IV 47. X 70. Solin. 

ad Bivium, in Latium, am Treffpunkt der X 18. Das letzte thrakische Herrschergeschlecht 

Via latina und Labicana (Tab. Pent.), in dor Nahe (aus dem Stamm der Odrysen) hatte dort seine 

des heutigen Valmontone. Vgl. Mommsen CIL Residenz, Strab. Plin. a. a. 0. Inschr. beiRangab^ 

X p. 695f. [Hulsen.] Ant, Hell. 2236. Mommsen Eph. ep. II p. 251; 

Bix (Big), Name der Sphinx (s. d.), Hesyoh. R. G. V 190f. Dumont Arch. miss, scient. Ill 3 

Bixag = 2q>iyyag , nach Pearson makedonisch S. 143. Auf Inschriften des 2. (?) Jhdts. v. Chr. 
fur boiotisch $(£, wie Boiyeg fiir <pQvyeg. 20 heisst sie Ulpfija Bixe und IiA(ia) Bixe Eph. 

[Tumpel.] ep.IV895, 20. 2b. 31. Kalopathakes De Thra- 

Blyrds(Bwarjg), vierzehnter agyptischer Kenig cia31; die Munzen, autonom und kaiserlich (von 

nach Eratosth. bei Synkell. p. 101 D = FHG II Hadrian bis Philippus), tragen die Legende BI- 

545. Lepsius KSnigsbuch, Quellentafel 6. ZYIINQN, verschiedene Gottertypen und Behor- 

[Sethe.] dennamen, Head HN 244. Catal. Taur. Chers. etc. 

Biyt (Btvz aokig Isidor. Char. 19), die erste 88ff. 232. Beschr. d. ant. Miinz. I 139ff. In by- 

Stadt in Arachosia von Westen her, d. i. das zantinischer Zeit zur thrakischen Provinz ,Europa l 

heutige Bost oder Bust am Hilmend; demnach gehfirig (Hier. 632. Const. Porph. them. II 47 

richtiger Bvox zu schreiben. Die Schreibweise Bonn.), war sie der Sitz eines unmittelbar dem 
Br/axtj ergiebt sich aus Plin. VI 92: wmnis Ery- 30 Patriarchat zu Constantinopel unterstellten Erz- 

mandus praeflttms Parabesten Arachoswrum; bischofs, Not. ep. I 44. II 84. IV 45. VI 48. VII 

im griechischen Original stand jta^a^Qso>v 7ta$a 44. VIII 48. X 98. XI 122. Nil. Box. 340. Basil. 

B^artjv; vgl. C. Mii Her z. d. Stelle. Wilson 44 und Nov. Tact. 1166 Gelz. Auch bei spateren 

Ariana 158, zieht wohl mit Unrecht auch die Historikern wird sie noch mehrfach genannt, so 

Station Bestia (s. d. Nr. 1) der Tab. Peut. herbei. Zonar. XV 23 gelegentlich der EmpSrnng des 

[Tomaschek.] Thomas (824 n. Chr.), Georg. Akrop. 13 u. s. w. 

Bizana, Ort, wo Iustinianus dem Martyrer S. Wesseling zu Hier. Kalopathakes a. a. O. 

Georgios einen Tempel stiftete, Procop. de aedif. Tomaschek Die alt. Thrak. II 2, 60. Jetzt Viza. 
Ill 4 p. 254; seit Basileios II. (1018) griechischer [Oberhummer.] 

Bischofsitz unter dem Metropolitan von Trapezus, 40 Blabe (BXdjiij), nach Dion. Byz. 102; Schol. 

Not. episc. Es ist der in einer Klause des oberen 71 Wescher einlnselchen an der asiatischen Kuste 

Euphrat zwei Tagereisen fistlich von Arzingan des Bosporos zwischen Lembos und Potamonion, 

gelegene Vorort des armenischen gavar Derdzan von den Chalkedoniern so genannt, weil dort die 

(s. Derxene), welcher noch jetzt Vidian oder Fische durch den weissen Schimmer von Klippen 

V'dzan heisst. [Tomaschek.] an das jenseitige Ufer getrieben wiirden. Es ist 

Bizantia beim Geogr. Rav. IV 26 p. 230 offenbar dieselbe Stelle, von welcher Strab. VDL 

(Busuntim IV 27 p. 241) — Vesmtio. [Ihm.] 320. Plin. n. h. IX 50. Tac. ann. XII 63 berich- 

Bizone (BiCcov-tj), ein Stadtchen am thraki- ten, ohne dass von einer Jnsel' die Rede ware, 

schen Ufer des Pontes Euxeinos, zwischen Diony- die sich auch thatsachlich dort, beim heutigen 
sopolis und dem Vorgebirge Tirizis oder Tirissa 50 Kanliidsche und Anadoli Hissar, nicht vorfindet. 

gelegen (Anonym, peripl. Ponti Eux. p. 195 ed. S. Gillius und Mfiller zu Dion, in Geogr. gr. 

Hoffmann. Tab. Peut. Geogr. Rav. p. 181. 370), min. II 87f. FHG V 189. Hammer Constanti- 

von Jireoek mit dem heutigen Kavarna identi- nopolis II 298f. [Oberhummer.] 

flciert. Nach Skymnos 760 stritt man schon im BXdfitjs Sixr; ist eine ganz allgemeine Klage 

Altertum dariiber, ob dieser Ort eine Ansiedlung wegen Beschadigung am VermOgen, vorausgcsetzt, 

der Barbaren oder aber eine Colonie des benach- dass die Beschadigung nicht unter eine andere 

barten Mesenibria sei ; sicher" ist nur, dass er nie bestimmte, durch ein besonderes Gesetz betroffene 

eine grOssere Bedeutung gewann und schon vor Klasse verletzender Handlungen flel. Man kann 

Christi Geburt durch ein Erdbeben zerstOrt (Strab. daher bei den attischen Rednern nicht jedesmal 
VII 319. Mela II 22. Plin. n. h. IV 44; daher 60 eine 6ixr; $. voraussetzen , wenn das Wort fi/.d- 

in dem dem Arrian zugeschriebenen Periplus Ponti meiv gebraucht wird. Die Klage konnte angestellt 

Eux. xaiQov t(>r]/j,ov) fur uns aus der Geschichte werden : 1) wenn man wissentlich durch eine wider - 

verschwindet. Zuletzt findet sich B. auf der Tab. rechtliche Handlung einem andern Schaden zu- 

Peut. als Station auf der Kustenstrasse. In einem fugte. So stellt Kallippos gegen Pasion diese 

bei Probus erhaltenen Fragment des Sallust (hist. Klage an , weil dieser das von Lykon bei ihm 

frg. IV 19 Maur.) ist offenbar der Name B. er- niedergelegte Geld gegen die Verabredung an Ke- 

halten (cod. hat : Vixxo ; aus der Form Bixone phisiades, nicht aber an ihn (den Klager) ausge- 

konnte ja leicht ein lateinischer Nominativ Bixo, zahlt hatte (Demosth. LII 14). Um sich fur rfick- 



553 



BAtx(Ji]g Sixrj 



Blachemai 



554 



standige Zinsen bezahlt zu machen, lasst Niko- Tiers, das jemandem Schaden zugefugt hatte. 

bulos durch seinen Sclaven dem Sclaven des Pan- Vgl. die dem Deinarchos zugeschriebene avvtjyoQia 

lainetos das Geld wegnehmen, das derselbe als llaefisvovTt vhsq avSgaaodov, pXdprjg, Hypereid. 

Pachtzins eines Bergwerkes wegtragt, und wird in Athenog. X 15 und Plat. leg. XI 936 c, wo 

von Pantainetos deshalb durch die S. /?. belangt, wohl attische Gebrauche beriicksichtigt sind. Da- 

weil dieser wegen nicht geleisteter Zahlung in zu kommt das Gesetz Solons (fiXdpti; TsxQaxodoiv 

die Lage eines Staatsschuldners versetzt wurde vdfiog), welches befahl, einen Hund. der jemanden 

(kyyQtufrrjvai to diTtkovv r$ brjiioaiq), Demosth. gebissen hatte, dem Gebissenenzuiiberliefern(Plut. 

XXXVII 4. 22). Die BrothOkerin stellt gegen Sol. 24, vgl. Xen. hell. II 4, 41), und die dem 
Philokleon eine 8. 0. xmv yoQtiwv an (Aristoph. 10 Lysias von Harpokration (s. xaQxivog) beigelegte 

Wesp. 1448), weil der Beklagte sich weigert, ihr Rede ksqi rov xvvog; Lys. X 19 aber gehflrt nicht 

•den Schaden zu ersetzen, welchen er ihr dadurch hierher. Die Klage ist bald schatzbar, bald nicht. 

zufiigte, dass er ihr in der Trankenheit die Brot- Letzteres ist der Fall, wenn die Handlung, durch 

korbe umstiess. Meidias halt es fiir billig, dass welche jemand beschadigt wird, vom Gesetz ver- 

Demosthenes die S. §. gegen ihn erhob (XXI 25 boten und mit einer bestimmten Strafe belegt ist, 

t<qv pev ifiarlwv xal t&v xgvocov arscpdvcov rrjg mag daraus ein Schaden fur jemand erwachsen 

SiayftoQag xai xijg jtsQi rov xogov adatjg sxtjeiiag). oder nicht; vgl. Bekker Anecd. I 251, 31. Ob 

Der von Apaturios misshandelte Parmenon kann freilich hierher die tausend Drachmen in der 

in Handelsgeschaften wegen KTankheit nicht zur Rede gegen Kallikles (Demosth. LV) gehOren, ist 
rechten Zeit nach Sicilien abgehen und erhebt 20 mindestens zweifelhaft (vgl. Thalheim Progr. 

daher die d. p. gegen Apaturios (Demosth. XXXIII Schneidemuhl 1892, 5f.). Dagegen ist die Klage 

13). Auch die Klage gegen Spudias (Demosth. schatzbar, wenn jemandem Schaden durch eine 

XLI) wegen Erbteilungsstreitigkeiten lautete wahr- Handlung zugefugt wird, fiir die eine Strafe ge.- 

scheinlich piafii)g. Ferner konnte die Klage gegen setzlich nicht festgesetzt war (Bekk. Anecd. t 

den erhoben werden, welcher Vieh, Sclaven oder 350, 16). Es war in diesem Falle gesetzlich, dass, 

andere Sachen einer fremden Person beschadigte, wenn jemand absichtlich verletzte, er den Schaden 

fremde BienenvOlker einfing, die Acker jemandes doppelt ersetzen musste, wenn aber ohne Absicht, 

dadurch verletzte, dass er sein Vieh darauf trieb, nur einfach (Demosth. XXI 43. Dein. I 60; vgl. 

zu nah an die Grenze der Acker eines anderen Plat. leg. VIII 846 a. IX 861 e). Dass bei Ver- 
Baume anpflanzte (Plat. leg. VIII 843b), Brunnen, 30 letzungen durch ein Tier dem Herrn desselben 

Grabmaler, Grfiben, Mauern anlegte oder Bienen- die MOglichkeit gegeben war, entweder das ver- 

stocke aufstellte (Dig. X 1, 13. Petitus leg. att. letzende Tier auszuliefern oder den Schaden zu er- 

p. 480 — 483). Dahin genCrt die Rede des De- setzen, durfen wir aus Lysias (bei Harpokr. s. xag- 

mosthenes gegen Kallikles (LV). Kallikles hat y.lvog) und aus Plat. leg. XI 936 e schliessen. Ahn- 

die Klage erhoben, dass sein Nachbar durch eine lich war es bei Sclaven (Plat. a. a, O.). Die Be- 

Mauer das Wasser abzufliessen verhindere, welches horde, bei welcher die <5. (1. angebracht wurde, 

sich nun auf seine Grundstucke ergiesse und sie wechselte nach dem Gegenstande, wegen dessen 

beschadige. Bei Processen selbst konnte man die geklagt wurde. Die Verletzungen auf dem Markte, 

<5. /?. anwenden, wie z. B. gegen denjenigen, wel- wie sie der Brothokerin zugefugt wurden, gehoren 
cher ein Zeugnis abzulegen vcrsprochen hatte und 40 vor die Agoranomen (Aristophan. a. a. O.), die 

es nicht that; wenn man von jemandem aussagte, Klagen wegen fehlerhaften Bauens vor die Asty- 

er sei Zeuge fiir eine bestimmte Sache, fur welche nomen. Grosshandel- und Bergbauklagen wurden 

er es nicht war, weil man ihn dadurch einer dixrj bei den Thesmotheten angebracht ; Klagen wegen 

yjevSofiaQxvQi&v aussetzte (Demosth. XXIX 15f.). Verletzungen in Erbschaftssachen bei dem Archon; 

2) Konnte die <5. /(. angestellt werden, wenn man vgl. Heffter Gerichtsverf. 117. Meier-Lipsius 

eine notwendige Handlung unterlassen oder eine Att. Proc. 223. 650. Platner Proc. u. Klagen 

Handlung begangen hatte, die vielleicht an sich II 369ff. Uber die Beschadigung durch Sclaven 

nicht widerrechtlich war , und dadurch einem und Tiere enthalten auch die Gesetze von Gortyna 

andern Schaden zugefugt hatte. So beschwert Bestimmungen, die leider hickenhaft und dunkel 
sich in der Rede des Demosthenes gegen Boiotos 50 sind (VII 10. Mon. ant. dei Lincei m nr. 152 

der Sprecher der Rede, Mantitheos, dariiber, dass VII u. I). [Thalheim.] 

Boiotos den ihm vom Vater beigelegten Namen Blabia, in der Notitia dign. occ. XXXVTI 

abgelegt habe und sich Mantitheos nenne, wodurch (dux tractus Armoricani), 4 [Blabia), 15: prae- 

ihm wegen der Gleichnamigkeit Schaden erwachse fectus militum Carroncnsium, Blabia. Fraglich 

{XXXIX 5). Nausimachos und Xenopeithes er- ob verschieden von Blavia (s. d.). Valois und 

heben wegen Forderungen, die sie noch an ihren d'Anville (Notice 164f.) sehen in B. den alten 

verstorbenen Vormund Aristaichmos haben, gegen Hafen von Blavet, an der Miindung des gleich- 

die SOhne desselben die <5. /S. (Demosth. XXXVIII). namigen Flusses, am westlichen Ende von Gallia 

Deinarchos, welcher als Greis aus Chalkis zuruck- Lugudunensis; ebenso Desjardins Ge"ogr. de la 

kehrend in das Haus des Proxenos, den er fiir 60 Gaule I 305 (pi. XI). [Ihm.] 

seinen Freund Melt, eine bedcutende Geldsumme Blaboricfacnm, Ort in Noricum an der Strasse 

brachte und dort derselben beraubt wurde, be- Ovilava-Vindobona auf der Tab. Pent., wohl nur 

langt den Proxenos durch dieselbe <5. /?., weil er, verschrieben statt Lauriacum (Itin. Ant.), welches 

selbst alt, nicht nach dem Diebe habe nachsuchen sonst auf der Tabula ganz fehlen wiirde (heut 

konnen, Proxenos aber bei dem Nachforschen nach Lorch bei Enns). CIL HI p. 687. [Ihm.] 

dem Gelde nicht sorgfaltig verfahren sei (Dionys. Blachemai (Bkaxsgvat), bezeichnete urspriing- 

Hal. de Dinarch. 3). 3) Konnte diese Klage er- lich eine Ortlichkeit, spater eine Vorstadt (daher 

'K'ben werden gegen den Herrn des Sclaven oder Blay^vlx>]t CIG IV 9366) ausserhalb der Mauern 



555 



Blachernai 



Blaesus 



55t> 



von Byzanz am goldenen Horn , Dion. Byz. 23 
"Wesch. Agath. V 14. Genes, p. 39. Georg. Kedr. 
II 80. Niket. Akom. 415. 428. Mkeph. Kail. 
XV 24. Jo. Skyl. 644. Der Name wnrde von 
den Alten auf einen einheimischen Fiirsten zu- 
ruckgefiihrt (Dion. a. a. 0. Genes, p. 85), wah- 
rend man naeh Gillius Bosp. II 2 (Geogr. gr. 
min. II 26) zu seiner Zeit an die Ableitung 
von einem (nicht nachweisbaren) "Wort (ilaxog 
— regio palustris dachte. Ehei ware vielleicht 10 
0(>d%og hieher zu ziehen, wenn dieser Name nicht 
uberhaupt thrakisch. ist. Andere Ableitungen s. 
bei Banduri Imp. orient. Ill 40. 660. Kaiserin 
Pulcheria erbaute dort um 450 die nackmals so 
berilhmte Marienkirche, Theoph. 105 de Boor. Zon. 
XIII 24. Nikeph. Kail. XIV 2. 49. XV 24. Georg. 
Kedr. I 604. Mich. Glyk. 484, deren avayvcootcu 
zum J.. 477 Candid, bei Phot. 79 (FHG IV 136. 
Hist. gr. min. I 244) erwahnt. Unter Iustinus I. 
(518—27) einem durchgreifenden Neubau unter- 20 
zogen und prachtig ausgestattet (Procop. aedif. 
I 3. 6) wurde dieselbe von Iustinus II. (565 — 78) 
durch ein Querschiff vervollstandigt, Anth. Pal. 
I 2. Theoph. 244. Zon. XIV 10. Georg. Kedr. 
I 684. Im J. 1069 abgebrannt (Zon. XVIII 12), 
wurdesie durch Andronikos II. (1282 — 1328)wieder- 
hergestellt (Nik. Kail, prooem. 17) und gait nach 
wie vor als eines der prachtigsten und gnaden- 
reichsten Gotteshauser der griechischen Christen- 
heit, s. z. B. Anth. I 120f. Theoph. 236 n. 6. Io. 30 
Antioch. 218f. (FHG V 38). Nik. Patr. 18. 22. 
47 de Boor. Ann. Komn. II 5f. XIII 1. Dukas 

10. Leo Diak. VIII 1. Genes. 13. 85. Nik. Greg. 
V 2. VI 2. VI 2. XV 8. 11. Nik. Kail. XVIII 
38. Kantakuz. IV 4. 38. Const. Porph. caerim. I 

11. H 12, dazuEeiske. Georg. Kod. de off. 15, dazu 
Gretzer 272. 341. 344f. 368. Dueange Const. 
Christ. IV 2, 6. Banduri 660f. Gillius (Const. 
IV 5) fand (um 1550) die Kirche bereits voll- 
standig zerstOrt. J. v. Hammer Constantinopolis 40 
I 452 — 455. Grosvenor Constantinople I 315ff. 
Paspatis Bv£. Mel. 92. 194. 390. tiber eine 
Kirche des heiligen Kosmas und Damianos bei 
den B. vgl. Chron. Pasch. 397 Due. Kaum 
minder beriihmt als die Kirche war der dortige 
Kaiserpalast , welcher nach Suid. s. 'Avaoxaowg 
zur Zeit dieses Kaisers (491 — 518), der den 
nacn ihm benannten grossen Speisesaal (xqixIi- 
vov) erbaute, schon bestanden haben muss. Als 
TiaXaxiov Blayiqvai wird derselbe erwahnt von 50 
Theoph. 374 und Nikeph. Patr. 42 de Boor zum 

J. 704, dann (als fiaailsia, drdxtooa u. s. w.) bei 
Ann. Komn. II 5f. VI 3. XII 7. Georg. Pach. in 
Mich. Pal. II 31. V 30. Io. Skyl. 647. Nik. Greg. 
IV 2. Niket, Akom. 351 u. 8. Kantakuz. I 56. IV 
23. Georg. Kod. de off. 5 u. a., welche gleich Ben- 
jamin ven Tudela tubers, v. Martinet 9) und den 
abendlandischen Geschichtschreibem der Kreuz- 
ziige die Herrlichkeit des Gebaudes riihmen, die 
es hauptsachlich dem Kaiser Manuel I. Komnenos 60 
(1143 — 80) verdankte. Unter den frankischen 
Herrschern vernachlassigt, wurde der Palast durch 
Michael VIII. Palaeologos (1261—82) wieder in 
stand gesetzt. Dueange II 5, 7. v.Hammerl 
204ff. Grosvenor I 308tf. Paspatis83— 99. 192. 
Der Schutz der Kirche und des Palastes erfor- 
derte die Einbeziehung beider in die Stadtmauer, 
welche durch Erbauung des iiovAxeiyog unter Hera- 



kleios im J. 625 (627) erfolgte, Chron. Pasch. 
396 Due. Theoph. 371. 386. 503. Nikeph. Patr. 
18. 40. 42 de Boor. Ann. Komn. II 6. XII 
7. Kantakuz. Ill 100. Auch diese Befestigung, 
spater KaoxilUov genannt, wurde durch Manuel I. 
verstarkt, Niket. Akom. 500. 719. Dueange- 
a. a. O. u. 1 11. Mordtmann Esq. top. 19. 56. 59. 
In diesem Teile der erweiterten Stadtmauer be- 
fand sich auch ein nach den B. benanntes Thor, 
Theoph. 386. 469. Nikeph. Patr. 51 de Boor. Nikeph. 
Greg. XV 8. Georg. Kedr. I 729. Dueange 1 15, 3. 
Mordtmann 52. 57. 59. Paspatis 67. Ebenso- 
hiessen nach den B. Cffentliche Bader, welche durch 
Tiberius II. (578—602) und Maurikios (578—602) 
im sog. Kagiavos efiflolog erbaut und durch Ba- 
sileios II. (976 — 1025) erneuert waren (Theoph. 
251. 261. Zon. XIV 11. Dueange I 27, 21. 
Banduri 40. 661f. Keiske zu Const, Porph. 
caerim. II 12), sowie eine Briicke, Tzetz. chil. I 
839f. Dueange IV 14; vgl. noch G. Schlum- 
berger Les iles des princes, le palais et lVglise 
des B. (Paris 1884). [Oberhummer.] 

Blados s. Blaudos. 

Blaene (Blatjvfj), fruchtbarer District in Pa- 
phlagonien, am Fusse des Olgassys, Strab. XII 5 62. 
Tomaschek (S.-Ber. Akad. Wien 1891 vm 77) 
bringt den Namen zusammen mit dem moderncn 
Namen Iflani am oberen Parthenios. [Kuge.] 

Blaesus- 1) Cognomen in der Gens Iunia, 
Pedia und Sempronia. 

2) Blaesus oder Blesus heisst CIL III 6407 
ein legatus pro praetore in der Kaiserzeit, von 
dem uns die Inschrift weder Zeit noch Amtsbe- 
zirk angiebt, 

3) Ein B. hatte den Scribae ein Yermachtnis 
(Blaesianum v. 14) ad natalieium diem eolen- 
dum (v. 12) gemacht, das nach seinem Tode aus- 
gezahlt wird. Martial (VIII 38) stattet in seiner 
Weise dem Vollstreeker Atedius Melior, dem 
Freunde des B. (s. auch Stat. silv. II 1, 191ff.) 
den Dank dafiir ab. Die Identification dieses B. 
mit Velleius Blaesus oder mit P. Sallustius Blaesus 
regt an Asbach (Bonn. Jahrb. LXXIX 1885, 
122, z. J. 89). [Henze.] 

4) Blaisos von Capreae. Steph. Byz. p. 357, 1 M. 

KaJiQir) rfjaog 'Ixaliag ''Exaxatog Evqcojij] — iv- 
xevfier fjv BlaZoo; , oaovdoyclotwv jiotr)xijg Ka- 
needrrjs. Daraus schloss Volker Ehinthonis frg. 
p. 31 anscheinend mit Recht, dass B. Saturae 
Menippeae gedichtet babe, nicht Komoedien. Bei 
Lydus de mag. I 41 wird er mit Rhinton und 
Skiras und ,anderen Pythagoreern' zusammenge- 
stellt, von denen SkiTas bei Atfaen. IX 402 b tfg 
irj; 'Izalixijs xalovfihtjg xco/ucpdiag Tioi^zr/g ge- 
nannt wird. Die paar Bruchstikke (Athen. Ill 
111c. XI 487 c. Hesych. s. /ioxxa>i>cootg , fiolycp, 
<pv\axo;) lehren gar nichts ; das einzige, das aus 
mehr als einem "Worte besteht, lasst sich nur durch 
eine allerdings einfache Conjectur in metrische 
Form bringen : ford fia&alida; j imx^s (ixixeov 
Meineke) a/iiv r<5 ylvxvrdzco. [Kaibel.] 

5) Romischer Jurist, wird einmal bei Labeo 
angefuhrt und erwahnt seinerseits den C. Trebatius 
Testa, Labeos Lehrer. Dig. XXXHI 2, 3 (Labeo 
1. II Post.) : Blaesus ait Trebatium respondisse. 
Er war also Zeitgenosse und vielleicht Mitschiiler 
Labeos (vgl. o. Bd. I S. 2549. 46). Zimmern 
Gesch. d. R. Privatr. I 303, 17. Teuffel R.-E. 



557 



Blaiandros 



Blandus 



558 



12 2395f. Karlowa R. R.-G. I 686. Kriiger 
Quell, u. Litt. d. R. R. 69. Lenel Paling. I 75. 

[JOrs.] 

Blaiandros' (Blaiavdgog var. BleavSgog) Ptol. 
geogr. V 2, 25, Stadt in Phrygien, s. Blaundos. 
Vgl. Ramsay As. M. 72. [Biirchner.] 

Blakia (Blaxla, Blay.da), Ort bei Kyme in 
der Aiolis, Aristot. im Etym. M. 199, 9. Suid. 
Apostol. V 99 Schol. [Biirchner.] 

Blanda. 1) Stadt der Laeetaner in Hispania 
Tarraconensis (Blande Mela II 90, Blandae Plin. 
Ill 22, Bldvda Ptol. II 6, 18). Der Name kann 
romischen Ursprungs sein; jetzt Blanes. 

[Hiibner.] 

2) Vollstandig Blanda Mia (CIL X 125), 
Colonie in Lucanien, siidostlich von Buxentum in 
der Nahe der Kuste, Mela II 69. Plin n. h. Ill 
72 (der sie irrig schon zum Bruttierlande rechnet). 
Ptol. Ill 1, 70. Tab. Peut.; Blandas Geogr. Rav. IV 
32 p. 264. V 2 p. 332. Im hannibalischen Kriege 
wurde B. 214 von den Romern cingenommen 
(Liv. XXIV 20, 5) ; es bestand als Stadt noch im 
spaten Altertum, wo es zum Sprengel des Bischofs 
von Acropolis (Agropoli bei Paestum) gehSrte (Gre- 
gor. Magn. ep. II 48). Die Itinerarien zeigen, 
dass es in der Nahe des heutigen Maratea ge- 
legen haben muss; Reste will M. La cava (in 
d. Ztschr. Arte e Storia, Florenz 1892, 34ff.) auf 
dem Htigel von Palecastro bei Tortona gefunden 
haben. Vgl. Mommsen CIL X p. 50. [Hiilsen.] 

Blaudeno (?), Ortsname bei Cic. ep. ad Quin- 
tum fr. II 15, 1 :• A. d. IIII non. lun., qua die 
Roniam tern, aceepi tuas litteras datas Placen- 
tia; deinde alteras postridie, datas Blandenone 
cum Caesaris Utteris. "Wenn der Name nicht 
corrupt ist, diirfte er in die Pogegend gehoren 
(unmoglich die von Orelli u. a. acceptierte Con- 
jectur des Sigonius datas Lawk, nonis). 

[Hiilsen.] 

Blandi (Itin. Ant. 176, 5), Station zwischen 
Sebastia (Sivas) und Melitene (Malatia) in Kap- 
padokien. [Ruge.] 

Blandiana (Tab. Peut. Geogr. Rav. 189, 2), 
Station der Marosstrasse zwischen Germisara und 
Apulum (Centraldakien) ; ihre Lage wurde von 
G. T^glas beim Dorfe Kama am rechten Ufer 
der Maros, wo sich bedeutende romische Uber- 
reste vorflnden, ermittelt. CIL ffl p. 225. Arch.- 
epigr. Mitteilungen XIII 199f. J. Jung Fasten 
der Provinz Dacien 30. 147. [Patsch.] 

Blandona (It. Ant. p. 272; B)mvq>v<x bei Ptol. 
II 16, 10), Station der Strasse Iader-Scardona 
in Dalmatien; eine vorromische Ansiedlung, vgl. 
Narona, Flanona, Albona u. s. w. Jetzt wahr- 
scheinlich Vrana an deT Nordostecke des gleich- 
namigen Sees, wo CIL III 2856 (vgl. p. 1630). 
9949. 9951 (vgl. p. 2167). 9954 gefunden wurden. 
Kiepert CIL III tab. Ill und Formae orbis 
antiqui XVII. [Patsch.] 

Blandns. 1) S. Rubellius. 

2) Rhetor, rOmischer Ritter, der erste frei- 
geborene Romer, der Rhetorik zu Rom lehrte (Sen. 
contr. II praef. 5), Zeitgenosse des Pompeius Silo 
(contr. I 7, 13), Porcius Latro (contr. I 7, 10. II 
5, 14), Buteo (contr. II 5, 15), Passienus (contr. 
II 5, 17). Da von den drei letztgenannten Deela- 
matoren, die zu einer divisio des B. Stellung 
nehmen, der eine, Passienus , i. J. 9 v. Chr. ge- 



storben ist, so hat sich B. mit der fraglichen 
Controverse vor diesem Jahre, wahrscheinlich viel 
friiher (vgl. Buteo) beschiiftigt. In die nam- 
liche Zeit weist uns die Notiz bei Sen. eontr. 
II praef. 5, dass Papirius Fabianus die Schule 
des B. besucht hat. Fabianus muss, wenn Sene- 
cas Geburt spatestens 54 v. Chr. angesetzt wird, 
nach derselben Stelle um 35 v. Chr. geboren sein; 
admoditm adulescens genoss er grossen Ruf als 

10 Declamator (a. O. 1), also etwa um 15; bald 
wandte er sich der Philosophie zu (a. O. 2) und, 
cum iam transfugisset, studuit apud Blandum 
(a. O. 5). Wie lange vorher, wie lange nachher 
B. declamiert hat, lasst sich aus Seneca nicht 
ermitteln. Die Bemerkung contr. X 4, 20, dass 
B. eine Sentenz des Asianers Adaios nachgeahmt 
hat, beweist fur eine genauere chronologische 
Fixierung nichts. Chronologisch unanstSssig ist die 
vonNipperdey,H. Miiller, Teuffel- Schwab e 

20 R. L.-G.5 638 u. a. gebilligte Vermutung Bor- 
ghesis Opusc. IV 486 zu Tac. ann. VI 27; 
danach gehorte unser B. der gens BubeUia an, 
war in Tibur geboren und Grossvater des 33 n. Chr. 
durch Heirat mit der Iulia, der Tochter des Dru- 
sus , Schwiegerenkel des Tiberius gewordenen (C.) 
Rubellius B. (Tac. ann. VI 45; iiber die Familie 
Nipperdey zu ann. VI 27). Im J. 33 phrique 
meminerant des Grossvaters B., der demnaeh da- 
mals schon lange tot war. Ob unser B. auch 

30 identisch ist mit dem Geschichtschreiber Rubellius 
Blandus, dessen Servius Georg. I 103 gedenkt, 
ist fraglich (Teuffel-Schwabe a. O.); s. unter 
Rubellius. Daraus, dass Fabianus sich spater 
in seiner Ausdrucksweise von dem Einflusse seines 
friiheren Lehrers, des Asianers Arellius Fuscus, 
loszumachen bemuhte (Sen. contr. II praef. 1) und 
bei B. langer studierte als bei Arellius (a. O. 5), 
und zwar zu einer Zeit, wo er der Declamation 
bereits den Riicken gekehrt hat und die Bered- 

40 samkeit nicht als Selbstzweck, sondern nuT als 
Mittel zum Zwecke, zum Disputieren, iibte, lasst 
sich schliessen, dass in der Schule des B. eine 
gesundere Manier und mehr Geist herrschte als in 
der des Arellius. Diese Annahme wird in gewissem 
Grade durch die Proben bei Seneca bestatigt, 
wenn auch der Einfluss der damals vorherrschen- 
den asianisclien Geschmacksrichtung in der hau- 
figen Anwendung von Antithesen (oft noch in 
Verbindung rait Parisosen und Homoioteleuta), 

50 von Anaphern und besonders Exclamationen un- 
verkennbar ist. Manche Sentenzen des B. wurden 
allgemein gefeiert (contr. VII 5, 14), in andern 
verfallt er ins Gesuchte, ja Kindische, weswegen 
er von Latro verlacht wird (contr. I 7, 10). Be- 
sonders erwahnt wird, dass er eine Sentenz des 
Pompeius Silo in ironiam tertit (contr. I 7, 13) 
und sich der Figur der simulatio zu einem color 
bediente (contr. II 6, 6). In Divisionen und De- 
scriptionen scheint eine besondere Starke des B. 

60 gelegen zu haben. Erhalten sind uns durch Seneca 
zahlreiche, meist kiirzere Proben seiner Schul- 
beredsamkeit, s. die Indices bei Kiessling 533 
(wo statt suas. 1, 8 zu lesen ist 2, 8, statt contr. 
VII 5, 13 contr. VII 5, 14) und Miiller 619; 
verhiiltnismassig die umfangreichsten suas. 2, 8; 
contr. I 8, 10. II 5, 13. VII 1, 6. In contr. I 
7, 11 vermutet Gertz den Ausfall des Namens 
Blandus, Haase den des Latro. [Brzoska.] 



559 



Blanii 



Blaute 



560 



Blanii s. EManioi. 

Blaniobriira, Stadt keltischen Ursprungs von 
unbekannter Lage im hispanischen Callaecien, nur 
durch eine Inschrift bekannt, auf der ein Blanio- 
br[igensis] genannt wird (CIL II 2902). 

[Hubner.] 

Blanirus, Freier der Helena, Hyg. fab. 81. 
Der Name ist sicher verderbt. [Escher.] 

Blanona {BXav&va Ptol. II 16, 10) s. B lan- 
don a. 

Blariacum, Ort in Gallia Belgica an der 
Strasse von Noviomagus (Nymwegen) nach Atuaea 
(Tongern), Tab. Peut. Heute Bleerick bei Venloo 
an der Maas. Desjardins Table de Peut. 12; 
Ge'ogr. de la Gaule II 457. [Ihm.] 

Blaseo(n), eine zu Gallia Narbon. gehorige 
Insel. Strab. IV 181 xrjv BXdaxcova vijaov. Plin. 
n. h. Ill 79 Galliae autem ora in Bhodani ostio 
Metma, max quae Blascorum (Var. braseorum, 
blasconus) vocalur et tres Stoeehades. Ptol. II20Blaundos 



lichen Britannien, letzter Ort der von Luguvallium 
aus nach Norden fuhrenden Strasse (Itin. Ant. 
467, 1); jetzt Birrens bei Middleby, wo die Reste 
des rOmischen Castells deutlich erkennbar sind 
und eine ziemliche Anzahl rOmischer Inschriften 
beweisen, dass hier Teile der cohors H Tungrorum 
und der eoh. I Nervana Qermanorum lagen. Vgl. 
CIL VII p. 186f. [Hubner.] 

Blaudos (BXavdog Strab. XII 667; BXddog 
lOHierocl. 662, 15), Stadt in der Landschaft Abret- 
tene Mysiens, in der byzantinischen iaaQ%ta 'EX- 
Irjoxovxov ; zum Namen vgl. Ramsay As. M. 334. 
Im J. 1841 von Kiepert, spater von Le Bas 
Rev. Phil. 1845 mit Balat (aus dem alten Namen) 
an einem Zufliisschen des Rhyndakos, 680 m hoch, 
sw. vom Kepe"s dagh 28° 38' G., 39° 32' n. Br., 
identiflciert. Bedeutende Eeste des Altertums. 
Kiepert K. w. Kl.-As. V; Form. orb. ant. XI. 
Ramsay a. a. 0. 133. 154. 155 n. S. auch 



10, 9 BXaaxwv (C. M filler vermutet hier eine 
Interpolation). Avien. or, mar. 603. Wahrschein- 
lich Fort Brescou bei Agde (Agatha). Desjar- 
dins Geogr. de la Gaule I 216. 241. Holder 
Altkelt. Sprachschatz s. v. [Ihm.] 

Blasio, Beiname des Cornelii und Helvii, s. d. 

Blasta, die Mutter des Epimenides von Kreta, 
Suidas s. v. Nach Plut. Sol. 12 hiess dieselbe 
Balte. Die richtige Namensform ist offenbar die 



[Biirchner.] 



Blavia (Blavio Itin. Ant. 458, vgl. Greg. Tur. 
de gloria conf. 46), Ort in Aquitanien an der von 
Burdigala nach Limonum fuhrenden Strasse (Tab. 
Peut.), heute Blaye (nOrdlich von Bordeaux). Auch 
erwahnt von Ausonius ep. X 16 p. 229 Peip. 
{militarem ad Blaviam) und vom Geogr. Rav. 
IV 40 p. 298. Desjardins Ge'ogr. de la Gaule 
II 421; Table de Peutinger 38. Longnon 'Geogr. 
de la Gaule au Vie siecle 547. Holder Altkelt. 



erstere; die Nyrnphe hat ihren Namen von dem 30 Sprachschatz s. v. verzeichnet die spiiteren Zeug- 



Keimen und Spriessen der jungen Saat im Friih 
ling (Athen. Mitt. XVIII 1893, 195). Schwerlich 
hat Toepffer Attische Genealogie 144 Recht, 
wenn er sie mit der athenischen Blaute identifl- 
ciert und sowohl bei Plutarch wie Suidas die An- 
nahme einer Textverderbnis vorschlagt; denn es 
ist gar kein Grund vorhanden, den Namen BXdoxa, 
der auf eine Gottin des Wachstums weist (Use- 
ner GOttemamen 127) zu bezweifeln. Desbalb ist 



msse. S. auch Blabia. [Ihm.] 

Blanndos, Stadt in Phrygien, dicht an der 
lydischen Grenze, daher auch manchmal zu diesem 
gerechnet. Auf Inschriften BXavvdeoyv Maxedo- 
vcov rj flovlrj , CIG 3866 , auf Mtinzen vor der 
Romerzeit MAAYNAEQN, dann BAAYNAEQN 
Head HN 559. Not. ep. 3, 113 a. a. St. Elias 
Blaudi (al. Bleandri) auf dem Concil von Chal- 
kedon 451 (Man si VII 39). Ptol. V 2, 25 BXeav- 



auch die von E. Maass (Aratea 348, 11) vorge- 40 Sqos. tfber die Namensform vgl. Ramsay Journ. 



tragene Coniectm'AAias durchaus unwahrsctieinlich 

[Kern.] 

Blast ami s. Bastarnae. 

BAacrwxpoivixes s. Bastetani. 

Blastos, rOmischer Christ um 190, Quarta- 
decimaner, d. h. Vertreter der These, das Oster- 
fest sei alljahrlich dem Mosegesetz entsprechend 
am 14. Nisan zu feiern, deshalb excommuniciert 
(Euseb. hist. eccl. V 15. 20. Ps.-Tertullian. adv. 



Hell. Stud. IV 37. Heute die Ruinen bei Suleimanly, 
Hamilton (fibers.) I 124ff. Le Bas zunr.1011. 
Das bei Strab. XII 567 erwahnte BX.av&os (BXddog 
bei Hierokl. 662; s. u. Blaudos) ist wohl da- 
von zu unterscheiden. Unsicher ist, worauf Steph. 
Byz. s. BXavSos zu beziehen ist; vgl. Kiepert 
bei Franz 5 Inschriften 32 Anm. ; Forma orb. 
Bl. IX; Specialk. d. westl. Kleinas. Bl. V. VII. 
Cramer Asia minor II 55, aber Ramsay Asia 



haer. 22). Von seinen Schriften ist sowenig wie 50 minor 127. 133. Inschriften CIG 3866—3870 



von der Gegenschrift des Irenaeus — jtegi ayi- 
o/uaxog — etwas erhalten. Fabeleien fiber ihn bei 
Pacianus ep. I ad Svmpr. und Theodoret. haer. 
fab. I 23. Vgl. Basi'likos Nr. 2. [Julicher.] 

Blatta (BXdxxa), nach Lyd. de mens. I 19 
Name der Aphrodite bei den Phoinikiern ; ver- 
mutlich eine Nebenform fur Baaltis; bei flesych. 
BX.aaxd ■ BXaoxTj Kvn.Qioi vermutet M. Schmidt: 
B/.axxd ■ BaaXzlg Ki'jigioi. [Jessen.] 



additam. p. 1096ff. Le Bas 1678. [Ruge.] 

Blantasis (Var. Blantasis) und Cynchris, zwei 
Agypter, die nur einmal als Verfasser von Be- 
schreibungen des stidlichen Agyptens genannt sind 
beim Geogr. Rav. Ill 1 p. 119, 15. [Berger.] 

BXavrai, eine luxuriose Fussbekleidung (Plat, 
symp. 174 a. Anaiilas bei Athen. XII 548 cj von. 
deren Form wir nur wissen, dass es Sandalen 
waren, Plato a. O. Athen. XII 543 f. Als weiss 



Blattius (so Liv., BXiriog Appian., Blasshts 60 bezeichnet sie Hermipp. bei Athen. XV 668 a. 



Val. Max.) aus Salapia, bewirkte im J. 544 = 210 
die TJbergabe seiner Stadt, in der eine punische 
Besatzung lag , an die Romer , Liv. XXVI 38 
(daraus Val. Max. Ill 8 ext. 1), in den Einzelheiten 
abweichend Appian. Hann. 45 — 47. [Klebs.] 

Blatucairus s. Belatucadrus. 

Blatum Bnlginm (vielleicht Burgum), Ort 
im Gebiete der Selgovae oder Brigantes im nfird- 



Becker-Gcll Charikles HI 279. Hermann- 
Blfimner Privataltert. 182, 5. Daremberg- 
Saglio Diet. d. ant. I 713. [Mau.] 

Blante. Die Verehrung dieser Gottheit ist 
uns nur durch die am Aufgang der athenischen 
Akropolis gefundene Inschrift CIA III 411 eigoSo; 
jioog arjxov BXavrtjg xal \ KovQOTQtiqxiv avstf/uz- 
v]rj xo> dij/uq) bekannt. K. Keils Vorschlag, statt 



561 



Bleandros 



Blei 



562 



BXavtrjg BXdatrjg zu lesen, ist schwerlich richtig; 
anders Usener Gotternamen 127. Sie bezeugt 
also ein Heiligtum einer Gottin B., welche zu- 
sammen mit der Kurotrophos am Aufgang der 
Burg einen Kult hatte. Toepffers Vorschlag 
(Attische Genealogie 144), bei Plut. Sol. 12 fiir 
BdXrr] und bei Suidas s. 'E^i/^Evid^g fur BXdara 
den Namen BXavrrj einzusetzen, hat wenig Wahr- 
scheinlichkeit , da die Richtigkeit des Namens 
Blasta (s. d.) nicht zu bezweifeln ist. Jedoch ist 
der von Maass Aratea 348, 11 gegen Toepffer 
vorgebrachte Grund, dass Epimenides von Kreta 
unmOglich der Sohn einer attischen Gottin sein 
kCnne, schon deshalb hinfallig, weil Epimenides 
ja auch den Namen des attischen Buzygen tragt. 
Hierher gehorig, aber bisher unerklart ist der 
tjgcog 'A&tfvtjmv 6 sni BXavxtj • d.v&8t]XE yaQ xis 
axvxoxo/tiog flXavrtjg XMivov xvjtov (Poll. VII 87); 
vgl. auch Hesych s. BXavzrj • xojiog 'A&yvrjoi. H. 
v. Prott Fasti sacri 3. [Kern.] 

Bleandros s. Blaundos. 

BM)x mv s - Polei. 

Bleda. 1) S. Attila, Bd. II S. 2241—2244. 

2) Bleda (Blidin), ein hervorragender Gothen- 
fiihrer im Heere des Totilas, der an der Belage- 
rung von Florenz teilnahm und dem Totilas be- 
sonders vertraut war. Prok. Goth. Ill 5 p. 289 B. 
Gregor M. dialog. II 14. [Hartmann.] 

Blei , griechisch /idXvfidog oder fioXifSog , in 
diesen beiden Formen schon bei Homer vorkom- 
mend (II. XI 237 und fioXvfidaiva XXIV 80); dar- 
nach erklaren die spateren Grammatiker die For- 
men polifiSos und noXvfios fiir falsch, Etym. M. 
590, 8. Zonar. lex. II p. 1366 Tittm. Eust. ad II. 
XXIV 81 p. 1340, 29; in den Hss. schwankt die 
Orthographie bestandig, vgl. Jacobs zu Anth. 
Pal. VI 63 p. 137. Lat. plumbum nigrum {plum- 
bum album ist Zinn). Das unscheinbare , wert- 
lose, aber seiner mannigfaltigen praktischen Ver- 
wendbarkeit halber sehr nutzliche Metall wurde 
an zahlreichen Stellen der alten Welt gewonnen. 
So uberall in den Silberbergwerken als Neben- 
product des Silbers: in Laurion (vgl. Arist. oecon. 
p. 1353 a 15 nach der von Sylburg vorgeschla- 
genen, von Boeckh Kl. Schr. V 95 verteidigten 
Verbesserung von TvqCujv in AavQicov), in Make- 
donien (Tot. orb. descr. 51), ganz besonders aber 
in Spanien (Cantabrien, Plin. IV 112. XXXIV 138; 
in Hispania Baetica, bes. das Iovetanum, Olea- 
strum, Samarimse, Antonianum, Plin, XXXIV 
164f.; von Castulo Strab. Ill 148) und Britannien 
(Plin. XXXIV 158; abgestempelte B. -Barren aus 
der rOm. Kaiserzeit, in der die Bergwerke staatlich 
waren, sind hier sehr haufig, vgl. Way Archaeol. 
Journ. XVI 22. XXIII 277. Hubner Rh. Mus. 
N. F. XH 347. XIV 363. CIL VII 220f. 121 4f. 
Arch. Anz. XV 35). Andere Productionsorte sind 
nach den Nachrichten der Alten Gallien (Plin. 
XXXIV 164), die Kassiteriden (Plin. VII 197). 
die Insel Capraria von den Balearen (Plin. XXXIV 
164) u. a. m., nach Funden und Resten der alten 
Ausbeutung Sardinien (Arch. Ztg. XL 282), das 
Gebiet von Carthago, verschiedene Gegenden Ger- 
maniens; vgl. im allgemeinen Frantz Ztg. f. 
Berg- und Huttenw. 1880, 450. Haupt ebd. 1883, 
290. Daubrfie Rev. arch. N.S.XVH 200. Gurlt 
Rhein. Jahrb. LXXIX 252. Blfimner Techno- 
logie IV 86 u. s. t'ber die Gewinnung des B. in 



den Bergwerken, metatta plumbaria (Plin. XXXHI 
119), officinae plumbariae (ebd. 86. XXXIV 175. 
CDL VI 8461) s. Haupt a. a. O. Bltimner a. 
a. O. 147f. Nach Plin. XXXIV 159 war die 
Reihenfolge bei der Verhuttung die, dass erst das 
sog. stagnum, Werkblei, gewonnen wurde, hieraus 
das Silber ausgeschieden und aus der zurfick- 
bleibenden galena, B.-Glatte, das B. ausgeschmol- 
zen wurde. Was die techmsche Anwendung des 

10 B. anlangt, so ist dasselbe fur kiinstlerische Zwecke 
nur selten verwendet worden, da es sich seiner 
Beschaffenheit nach dazu nicht eigne! Figuren 
aus B. dienten im wesentlichen zu Votivgaben 
fiir Armere; so sicher die im Menelaion in Sparta 
gefundenen, Ross Arch. Ztg. XII 217 Taf. 65 
(Arch. Aufs. II 341) ; anderes s. Compte rendu de 
St. Petersb. 1874 pi. 1, 11—24. Arch. Anz. 
XII 485. XXn 195. 253. 1892, 112. Collect. 
Ravestein Catal. II 50. Ill 469. Arch. Jahrb. II 

20 205; manches, wie der kleine bleierne KOcher 
Ann. d. Inst. XIV tav. d"agg. K, diente vielleicht 
als Kinderspielzeug. Ferner wurde B. zu Ge- 
fassen verschiedener Art verarbeitet: Aschenurnen 
(oft in der Weise, dass die Asche in einem glaser- 
nen oder thOnernen Behalter im bleiernen auf- 
bewahrt wurde) haben sich mehrfach erhalten, 
s. Bull. d. Inst. 1830, 10. 1867, 98. Bull. mon. 
XIX 462; vgl. Paul. p. 46, 18: ampullae plum- 
beae; auch Sarkophage, Arch. Anz. XXII 149, 14. 

30 XXV 89. Rhein. Jahrb. LXXII 117. Auch andere 
Gefasse wurden aus B. hergestellt, nicht selten 
kiinstlerisch mit (gepressten oder gegossenen) Re- 
liefs verziert, wie das bei Overbeck Pompei* 621 
Fig. 317 (Mus. Borb. XII 46) abgebildete, vgl 
auch die Schale bei Gerhard Ant. Bildw. Taf. 
87, 1 — 4; manche der erhaltenen B.-Reliefs ge 
hOrten vielleicht zu solchen Gefassen ; vgl. Arch. 
Ztg. XXXIX 260. XL 276, und die bleiernen Me- 
dallions Bull. d. Inst. 1861, 245. Rhein. Jahrb 

40 LXVII 12. XC 225. Einfachere fanden Verwen- 
dung in der Landwirtschaft fiir verschiedene Zwecke, 
Plin. XIV 136. Cat. de agr. 105, 1. Colum. XII 
19, 4. 52, 10. Geop. II 4, 2. 6, 42. X 18, 6; 
ferner zur Aufbewahrung medicinischer und ganz 
besonders kosmetischer Salben und Fette, Theophr. 
de odor. 41. Plin. XIII 19. XXXII 68. 135. 
Mart. VI 55, 3; vgl. Ath. XIV 621 A. Buchse 
aus B., Arch. Anz. X 224; Gefassdeckel, Rhein. 
Jahrb. LXVI 96. XC 41. Sodann spielte das B. 

50 eine sehr wichtige Rolle als Material der Rohren 
fiir die Wasserleitungen, vgl. Hor. ep. I 10, 20. 
Plin. XXXI 57. XXXIV 164. Stat. Silv. I 3, 67. 
Paus. IV 35, 12; erhalten haben sich Reste solcher 
in betrachtlicher Menge, vielfach mit den Fabrik- 
stempeln versehen; vgl. Marquardt RCm.Privatl. 
716f. Als anderweitige B.-Fabrikate nennen wir: 
die Kugeln oder Gewichte, mit denen Angeln und 
Netze beschwert wurden, schon bei Horn. 11. XXTV 
80, vgl. ferner Plat. rep. VII 519 B. Ael. n. a. I 2. 

60 Plut. prof, in virt. 1 p. 75 B; non poss. suav. viv. 
sec. Epic. 14 p. 1096 C ; auch sonst Gewichte, 
vgl. Friederichs Beri. ant. Bildw. n nr. 908ff. 
Arch. Anz. XIX 233. XXII 285. Arch. Ztg. XXXV 
80. XXXVH 104. Arch. Anz. f. 1889, 94 u. a. m. 
Dass die Schiffsanker auch aus B. gemacht wur- 
den , daTauf deutet Lue. lap. trag. 47. Oft er- 
wahnt wird das B.-Lot der Zimmerleute und 
Maurer, die <nd&w Po11 - VI1 125 - x !* 7 - Anth - 



563 



Blei 



Bleitafeln 



564 



Pal. VI 103, 1. Amnion, p. 124. Callim. frg. in 
Etym. M. 233, 6. Hesych. s. xa&e*os und mehr 
bei Blumner Technol. II 234f., noch erhaltene 
Exemplare Fiiederichs a. 0. nr. 1199ff. Be- 
kannt sind die Schleuderbleie der Alten, Xen. an. 
m 3, 17, vgl. 4, 17. Polyb. XXVII 9, 6. Pint. 
Anton. 41. Appian. Mithr. 31. Ovid. met. II 727. 
Poll. X 146; es haben sich zahlreiche Prober) davon, 
vielfach mit Inschriften verseheri, noch erhalten, 
vgl. Henzen Ann. d. Inst. 1853, 122. Vischer 
Kl. Schriften JJ 241ff. Droysen Griech. Kriegs- 
altert. 20f. B.-Hanteln erwahnt Luc. Lexiph. 5; 
Anach. 27. Jiithner Antike Turngerate 5 fig. 3a; 
ein bleierner Diskos im Berliner Antiquarium, 
Friederichs a. a. 0. nr. 1274, der aber nach 
Jfithner a. a. 0. 23 nicht zum Wurf gedient 
hatte. Unter den Funden sind auch sehr haufig 
die sog. piombi, Marken von B. mit eingepress- 
ten Zeichen oder Inschriften, die teils als Spiel- 
marken, als Eintrittsmarken bei Offentlichen Schau- 
spielen u. dergl., teils als kaufmannische Stem- 
pel und Waarenbezeichnungen dienten; vgl. da- 
riiber Benndorf Beitr. z. Kunde d. att. Thea- 
ters 42ff., anderes bei Sittl Archaeol. d. Kunst 
202, 2. Hieher gehOren auch die bleiernen bullae, 
die den rOmischen Soldaten als Erkennungszeichen 
dienten, CIL VIII 1269. add. 313. Ephem. epigr. 
Ill 144. 318. IV 909. Ehein. Jahrb. LXIV 31. 
Miinzen aus B. sind bisweilen ausgegeben worden 
(vgl. Her. Ill 56) und haben sich auch in man- 
ehen Exemplaren noch erhalten (gallische B.-Mun- 
zen aus Alesia, Eev. arch. N. S. X 322; anderes 
Hofmann D. Blei b. d. Volk. d. Altert. 33). 
Unter den Schreibgeraten der Alten iibernahm 
das B. (in runder Scheibenform) die Kolle unseres 
Bleistiftes, indem man sich damit die Linien vor- 
zog, weshalb es besonders in den Epigrammen oft 
genannt wird, Anth. Pal. VI 62—68; vgl. Catull. 
22,8. Plin. XXXin 60. Gardthausen Gr. Pa- 
laeogr. 67. B.-Plattchen dienten als Schreibmate- 
rial (Plin. XIII 69. Paus. IX 31, 4), besonders 
fur Orakelanfragen und Antworten (wie die in 
Dodona in reicher Zahl gefundenen, Carapanos 
Dodone pi. 34ff. Bursian S.-Ber. Akad. Munch. 
1878, 9ff.), fiir Verwiinschungen, BeschwOrungcn 
u. dergl., Tac. ann. II 69; erhaltene Exemplare 
CIG 538f. 1034. Ann. d. Inst. 1846, 203ff. Arch. 
Ztg. XXXIX 260. 309. XL 178. Wachsmuth 
Kh. Mus. XVIII 559. XXIV 474; vgl. Art. Blei- 
tafeln. Eine sehr ausgebreitete Verwendung fand 
dann das B. bei allerlei technischen Verfahrungs- 
weisen, bei denen seine Zahigkeit, seine Schwere 
und seine leichte Schmelzbarkeit in Betracht kamen. 
Mit B. befestigte man thfinerne Fasser, indem 
man Reifen davon herumlegte, Cato agr. 39, 1 
(auch um Baume werden solche gelegt, was frei- 
lich mehr mit Aberglauben zusammenhangt, Pall. 
IV 10, 3. Geop. X 87, 3); ferner flickte man zer- 
brochene Thongefasse, indem man sie mit B. um- 
flocht. Iuv. 14, 310. Varro bei Non. p. 544, 16. 
Bei Bauten warden die einzelnen Teile durch 
bleierne Diibel verbunden, Poll. X 96. CIA I 319, 
12. 324c 38; vgl. Friederichsa.a.O. nr.l208a- 
und sehr gewOhnlich war es, dass holzerne, bronzene, 
eiserne Dubel, mit denen Werkstiicke aus Stein 
oder Metall verbunden warden (wie z. B. die 
Quadern eines Baues, Saulentrommeln, Statuen 
mit Postamenten u. dergl. m.), einen ihre Lage 



festigenden B.-Umguss erhielten, Thuc. I 93, 5. 
Cato agr. 20, 2. 21, 5. Anth. Pal. IX 723, 1. CIA 
II 250, 10; vgl. Blumner Technol. Ill 96f. Ftlr 
Lotung ist B. entweder rein oder mit Zinn legiert, 
besonders fiir Gegenstande aus Erz und Silber, 
. zur Verwendung gekommen; Naheres, freilich in 
etwas undeutlicher Form ausgedriickt, bei Plin 

XXXIII 94. XXXIV 158f.; vgl. Blumner a. a. 0. 
IV 290ff. und fiber ferruminare und adplumbare 

10 die Abhandlung von GOppert Bresl. 1869, nebst 
Rudorffs Ztschr. f. Eechtsgesch. IX 241. Auf 
die Bedeutung, die das B. in der Goldgewinnung 
zur Scheidung des reinen Goldes hat (beim sog. 
Caementationsverfahren, Theogn. 417. Luc. hist, 
conscr. 34. Plin. XXXIII 60. Blumner IV 133), 
sowie als Zusatz bei Bronzelegierungen (Plin. 

XXXIV 95ff. Blumner 182ff.), kann hier nicht 
naher eingetreten werden, ebenso wenig auf die 
medicinische Verwendung des B. (Plin. XXVIII 

20164. XXXII 126. XXXIV 166ff.), bei der neben 
dem wirklichen pharmakologischen Nutzen des Me- 
talls auch der Aberglauben eine Bolle spielte, da 
man auch den auf dem Korper getragenen B.-Platten 
oder Blechen allerlei Wirkung zuschrieb, vgl Plin 
XXXIV 166. Suet. Nero 20 u. s. Bd. I S. 51. 

Von den Nebenproducten des B., wie der vor- 
nehmlich zu medicinischen Zwecken dienenden B.- 
Glatte (molybditis) , B,-Glanz (molybdaena , ga- 
lena) u. a. m. (vgl. Bliimner a. a. 0. IV 154. 

30 159 u. a.), verdient besondere Beachtung das B.- 
Weiss, zpifiv&cov, cerussa, das in folgender Weise 
gewonnen wurde : man legte B.-Ziegel auf einem 
Eohrgeflecht fiber Essig in einem Thongefiiss, das 
man gut verschloss; hatte sich eine Kruste am 
B. gebildet, so schabte man sie ab und stellte 
das iibrige B. wieder an den alten Platz. Das 
Abgeschabte wurde in einem Morser mit Wasser 
zerrieben, das B.-Weiss setzte sich dann am Boden 
ab. Vgl. Theophr. lapid. 56. Diosc. V 103. Vitr. 

40 VII 12, 1. Plin. XXXIV 175. Gal. XIII 415f. 
XIV 9. Die besten Sorten kamen aus Rhodos, 
Korinth und Lakedaimon, geringere von Dikai- 
archia (Puteoli). Als Malerfarbe war B.-Weiss 
in der Frescotechnik nicht verwendbar, hat da- 
gegen in der Tafelmalerei Anwendung gefunden, 
s. Plin. a. a. 0. Eine sehr starke Verwendung 
fand es als Schminke, vgl. Xen. oec. 10, 2. Lys 
XII 14. Eubul. bei Ath. XIII 557 E. Alexis ebd 
568 C. Plaut. Most. 258. Ovid. med. fac. 73. Mart 

501 72, 6. II 41, 12. VII25, 2 u. s. Becker-Goll 
Charikles I 262; Gall. Ill 164. 

Als zusammenfassende Darstellung ist zu vgl. 
K. B. Hofmann Das B. bei den Volkern des 
Altertums, Berlin 1885 (leider ohne Stellenanga- 
ben) ; ferner ausser den schon angefiihrten Abhand- 
lungen vornehmlich Bapst in der Eev. archeol. 
Ill Ser. I lOOff. [Blumner.] 

Bleitafeln als Schreibmaterial fur litterarische 
Zwecke kamen nur ganz ausnahmsweise zur Ver- 

60 wendung. Vor Holz hatten sie zwar den Vorzug 
grOsserer Dauerhaftigkeit, vor Stein und Bronze ' 
den der leichteren Beschreibbarkeit, indes ist das 
Blei im Vergleich zu den letzteren Stoffen mehr 
den Einfliissen der Witterung ausgesetzt und iiber- 
haupt leicht verwischbar und unansehnlich. Pausa- 
nias (IX 31, 4) sah noch auf dem Helikon Hc- 
siods EQya auf B. eingeritzt; auch Plinius n. h. 
XIII 88 spricht von alten plumbeis lititeisque 



565 



Bleitafeln 



Blemyes 



566 



voluminibus wie von einer bekannten Thatsache ; 
mit ihnen ist zu vergleichen die angeblich von 
demMessenier Aristomenes (2. messenischer Krieg) 
herstammende, durch Epameinondas aufgefundene 
beschriebene Zinnrolle bei Paus. IV 26, 8 (cvqs 
xaoahsQov ilrjXaafisvov is to Xemoxarov • sjtsihxxo 
Ss &<s7i£Q xa fitfiXia; vgl. auch Hiob 19, 24). Aus 
besonderen Griinden wurde ein Brief auf Blei ge- 
schrieben bei Front, strat. Ill 13, 7. Cass. Dio 

XL VI 36 (is iXao/iov fioXvfidov Xsnxbv iyygdipav- 10 
res tiva iiteiXi^av avxov &OJtsQ xi %q.qx{ov) und 
Parthen. erot. 9, 4 (ixoXvpdCvrjv imoxokryv). Sehr 
ahnlich wie letztere Steile lauten die bei Suid. 
s. ikaa/ids fioXifidov angefiihrten wenigen Worte. 
Dass man im Altertum aus Blei breite, leicht 
biegsame, also wohl sehr dimne Platten (jioXifi- 
diroi lagiai) auch zum Zwecke wasserdichter Um- 
hiillung herstellte, erhellt aus Jos. c. Ap. I 307 ; 
vgl. die plumbeam ehartam, welche Nero seiner 
Stimine halber nach Brauch der Sanger beim Liegen 20 
auf der Brust zu tragen pflegte (Suet. Ner. 20). 
Ein aus acht dtmnen Bleibiattchen bestehendes 
Heft mystischen Inhalts mit Bildern (etwa 2. Jhdt. 
n. Chr.) beschreibt Montfaucon Pal. gr. 16. 
180ff., der es in Eom erworben und weitergegeben 
hatte. Namentlich kleine Bleitafelchen neben sol- 
chen von anderem Metall wurden viel ftlr kurze 
Aufzeichnungen , denen langere Dauer gesichert 
werden sollte, gebraucht: fiir Verwiinschungen bei 
Tac. ann. II 69 carmima et devotiones et nomen 30 
Germaniei plumbeis tabulis insculptum. Cass. 
Dio LVI1 18,9 eXa<f/j.ol fioliftdirot apas xivas ■ ■ ■ 
£%ovxes (vgl. Ch. W. Goodwin Fragm. of a 
graeco-eg. work up. magic, Cambridge 1852, 14 
nr. 7 Xafiaiv i&qxi\v teQaxMw rj /tolvflovv nexaXov 
xxX.). L. Macdonald Proc. Soc. Bibl. Arch. XIII 
165 (aus einem von Wessely edierten Zauber- 
papyrus des Brit. Mus.); s. dariiber unter Defixio. 
Auch erhalten haben sich an verschiedenen Orten 
antike B. ganz verschiedener, jedoch stets massiger 40 
GrOsse ; vgl. CIG 538. 539 (dazu d. Anm.). 1034. 
5858 b (dazu d. Anm.) und zu diesen Inschriften s. 
auch J..D. Akerblad Inscriz. greca s. una lamina 
di piombo, Eoma 1813 (Athen). Edw. Dodwell 
Class, tour thr. Greece I (1819) 453. II 515f. 
(Peiraieus). C. T. Newton Hist, of discov. at Hali- 
carnass etc. (1863) II pi. 4 — 14 (Knidos) ; iiberdies 
Const. Carapanos Dodone et ses ruines (1878) 
pi. 34 — 40 (Dodona; Orakelsprfiche). Zwei Blei- 
platten mit Beschworungen sind publiciert in 50 
Collections du Muse'e Alaoui I se"r. 5. livr. 64 — 68 
u. pi. IV (von Bre'al u. G. Maspero) und 8. livr. 
101 — 108 u. pi. VI (von G. Maspero) aus dem 
3. Jhdt. n. Chr.; letztere (ca. 25 cm. hoch) ist 
auch facsimiliert bei G. Ad. Deissmann Bibel- 
studien (1895). t'ber ein in Velletri geftmdenes 
Bleitafelchen mit lateinischer Inschrift s. Dom. Se- 
stini Illustraz. di un ant. med. (Eom 1796). En. 
Qu. Visconti Lettera su d'un ant. piombo Velit. 
(Eom 1796). Eine besondere Gruppe der kleinen 60 
Bleitafelchen nehmen die Bleisiegel (sog. piombi) 
ein; s. CIG 8988—9056 und vgl. Fr. de Fico- 
roni I piombi antichi (Rom 1740). Eaff. Gar- 
rucci I piombi antichi (Eom 1847). Fr. Lenor- 
mant Eh. Mus. 1867, 27611. u. Taff. {r.XijQoi 6i- 
xaouxoC ausEuboia). Alb. Dumont De plumbeis 
apud Graec. tesseris (Paris 1870). 0. Benndorf 
Ztschr. f. d. fist, Gymn. 1875, 579ff. A. Mordt- 



mann Eev. arch. 1877 I 289ff. II 47ff. tlber 
Bleimunzen s. Fr. FicoToni De plumbeis antiq. 
numismatibus (Eom 1750). [Dziatzko.] 

Blemina (Bleminatis) s. Belbina Nr. 2. 

Blemyes (so bei alien Dichtern) oder Blem- 
myes (Blemrnyae, Bkgmies Geogr. Eav. ILT 3), 
aithiopisches Nomadenvolk, das zeitweise Unter- 
nubien bewohnte und wegen seiner haufigen Ein- 
falle in Agypten und rauberischen Streifziige durch 
die benachbarten Wilsten gefurchtet war, Strab. 
XVn 819. Ps.-Agathem., Geogr. gr. min. DT 498, 
18. Euseb. vit. Const. I 8. Claudian. carm. min. 
XXVII (XLVII) 19. Heliod. Aeth. IX 16—18. X 
26. Pallad. de vita loann. Chrysostomi (corp. oper. 
Chrysostom. ed. Montfaucon XIH 77 B). Amm. 
Marc. XIV 4, 3. XXII 15, 24. Dass sich fiber 
die B. wie iiber andere innerafricanische Vfilker 
(namentlich bei den Dichtern) auch manche unbe- 
stimmte oder widersprechende Angabe findet, ist 
selbstverstandlich. Zuerst erwahnt werden sie bei 
Theokrit VII 114, der den Nil unter dem Felsen 
der B. entspringen lasst (vgl. die Scholien). Schon 
Eratosthenes bei Strab. XVII 786 nennt sie aber 
als siidliche Nachbarn der Agypter auf dem rech- 
ten Nilufer wohnend, wahrend das linke von den 
Nubai, die mit den B. meist zusammen genannt 
werden, bewohnt sei. Nach ihm waren die B. 
den Aithiopen (sc. denen von Meroe) unterthan 
und scheinen deshalb damals noch sudlicher als 
spater gewohnt zu haben, da Unternubien, minde- 
stens von Hierasykaminos abwarts , unter den 
Ptolemaeern zum agyptischen Beich gehOrte (s. 
Dodekaschoinos). Nach Strab. XVH 819, der 
sie unter den Aithiopen oberhalb Syene nennt 
und fiir weder zahlreich noch kriegerisch erklart, 
scheinen ihre Einfalle zu seiner Zeit aufgeho'rt zu 
haben. Auch aus den folgenden beiden Jahr- 
hunderten wird nichts von Thaten der B. berichtet. 
Mela I 23. 48 und Plinius n. h. V 44. 46 (Solin. 
XXXI 5. Mart. Cap. VI 674) fuhren sie nur unter 
anderen fabelhaften Volkern Innerafricas auf und 
erzahlen, sie sollten ohne Kopf sein, Augen und 
Mund auf der Brust haben (vgl. Avien. 329, Geogr. 
gr. min. II 180). Dionys. Perieg. 220 (Geogr. gr. 
min. II 114) setzt sie an den oberen Lauf des 
Nils (vgl. Avien. a. a. 0. Priscian. 209 , Geogr. 
gr. min. II 191. Et. M.), auch Ptolemaios IV 7, 
31 scheint sie auffallenderweise sudlicher als Stra^ 
bon zu setzen. Unter Decius hOren wir zum ersten- 
mal wieder, dass sie sich an den agyptischen 
Grenzen lastig machten (Chron. Pasch. p. 505 ed. 
Bonn.) , und zwanzig Jahre spater scheinen sie 
Herren der Wustenstrassen zwischen Nil und rotem 
Meer gewesen zu sein, denn von dem agyptischen 
Eebellen Firmus, den Aurelian 273 besiegte, wird 
berichtet, er habe mit den B. Freundschaft ge- 
halten und oft Handelsschiffe nach Indien ge- 
schickt, was damals also wohl etwas UngewChn- 
liches war und nach der Art der Erwahnung mit 
einem Biindnis zusammenzuhangen scheint (Hist. 
Aug. Aurelian. 33. 41 ; Firmus 3). Im Triumph- 
zuge des Aurelian sollen denn auch B. gefuhrt 
worden sein, doch kann ihre Niederlage nicht nach- 
haltig gewesen sein, denn schon Probus musste 
sie wieder aus den Stadten Koptos (Ausgangs- 
punkt der Strassen zum roten Meer) und Ptole- 
mais, die sie mitten in Oberagypten besetzt hatten, 
vertreiben (Hist. Aug. Prob. 17. 19, Zosim, I 71). 



567 



Blemyes 



Diocletian trat 296, um sich vor den Uberfiillen 
der B. zu schiitzen, das Land oberhalb Syene (den 
Dodekaschoinos) an die Nobatai at, gestattete 
lhnen wie den B. die gemeinsame Bentitzung des 
Heiligtums von Philai und bezahlte beiden einen 
Tnbnt (Procop. bell. Pers. I 19). Kampfe zwi- 
schen den B. und den Aithiopen aus dieser Zeit 
erwahnt Mamert. paneg. genethl. Maximiani 17 
In den J. 391/2 erbat der Bischof Appion von 



Blepoi 



568 



569 



Blepsiadai 



Blossius 



570 



a Bh&s^sst. fffi »=?«^ffiffjaraa$ 



tuiian militarische Unterstiitzung gegen die B 
(BXhweg) und Nubaden (Wessely Ein bilingues 
Majestatsgesuch , Wien 1888. Wilcken Berl 
philol. Wochenschr. VIII 1205f,). Ais 421 der 
Schriftsteller Olympiodoros die B. besuchte be- 
wohnten sie die Stiidte Primis, Phoinikon , Chi- 
ns, Thapis (Taphis), ihre Hauptstadt war Tal- 
mis; damals scheinen aucb die Smaragdgruben 
des Gebel Zebara in ihrer Gewalt gewesen zu 



bekehrt waren. Dagegen spricht schon die her- 
vorragende Eolle, die jener Priester spielt; aiich 
hat der, wie es scheint, gleichfalls des Schreibens 
unkundige Konig nicht mit einem Kreuze, son- 
dern mit einem anderen Zeichen unterzeichnet. 
Es ist also vielmehr wohl anzunehmen, dass die 
ganze Form der Urkunden mit der griechischen 
Sprache und der Datierang (nach agyptischen 
Monaten und Indictiqnsjahren) als die im benach- 

nart.PTi lVhrie+:lir>Tion'i A ™m+^« «Vi,M,„ ^x^e^^i. 



Im J. 431 iiberfielen die B. die Oase el Chargeh, 
vertneben die rOmische Besatzung und fiihrten 
unter den Gefangenen auch den dorthin verbann- 
ten Bischof Nestorios mit sich nach Agypten, 
Euagr. hist. eccl. I 7. Unter Marcian wurden 
sie 451/2 von demFeldherrn Maximums geschlagen. 
nut dem sie einen Frieden auf 100 Jahre unter 
lhnen giinstigen Bedingungen schlossen, darunter 
die, dass sie nach wie vor, trotz des theVdosiani 



den B. fibernommen war. In der That scheint 
auch der Schreiber zweier der Urkunden, seinem 
Namen Scovavco; nach zu urteilen, ein Agypter 
und also Christ gewesen zu sein. UngelOst bleibt 
noch die wichtige Prage, wie die Urkunden an 
den ausserhalb des Gebietes der B. gelegenen 
Fundort gelangt sind. Als einzige bis jetzt be- 
kannte Reste der Sprache der B. verdienen die 
hier vorkommenden Eigennamen Beachtung, ins- 



ft«^Vr&E^»S£±«^£» 



s=£is ^t skl^ »= Z^z&sz; «*s= 



fortsetzen durften. Nach dem Tode des Maximi- 
nus brachen sie jedoch diesen Frieden wiedeT und 
verwiisteten aufs neue das Land (Prise. Panit. 
FHG IV 100, 21, vgl. Mtiller z. St.). Die 
letzteren Kampfe behandelte wahrscheinlich auch 
ein gnechisches Epos, von dem sich Bruchstucke 
in Agypten gefunden haben (Stern Ztschr. f &s 
Sprache XIX 70ff. Buecheler Rh. Mus. XXXIX 
1884,J277ff.). Zur Zeit Tustinians waren die B 



XagaxarxovQ, Xaga&e, sowie eines seiner dome- 
stic A<u£u; denn in den hier wiederkehrenden 
Elementen Xaga- und -Jts wird man Worte jener 
Sprache voraussetzen diirfen. 

Der Name B., der von Nonn. Dionys. XVII 
385 (Steph. Byz. Et. M.) in iiblicher Weise von 
emem Heros eponymos BXe/uvs, einem Unterfeld- 
herrn des indischen Konigs Deriades, abgeleitet 
wird, hat sich in altagyptischen Texten bisher 



5&!"K: KST,S KJS^^^Sfi? V.T.'.VJSrS 



. . ■ -—v. « & j JJU101.11C11 VJUULC1 

(Usins, Isis, Pnapus) und brachten sogar der 
bonne Menschenopfer dar, Procop. bell. Pers. I 
19; erst Narses schloss den von ihnen benutzten 
lempel von Philai. Aus der Inschrift des christ- 
hchen Konigs der Nubaden, Silko, im Tempel von 
Xalabscheh (Tahnis), in der er seine Siege fiber 
die B. ,von Primis bis Telelis' verewigt hat, er- 
giebt sich, dass die B. noch damals (zweite Halfte 
des 6. Jhdts.) Heiden waren (CIG 5072. Rev, 



in der Form Belehmu (dialekt. Balnemowi). Nach 
Stern (Ztschr. f. ag. Spr. XIX 74) wtirde der 
bei emigen arabischen Geographen vorkommende 
Name Belijun die B. bezeichnen, die vermutlich 
in dem heutigen Volk der Bedja wiederzuerkennen 
sind. Quatremere Memoires ggogr. sur l'Egypte 
II 127ff. Letronne Matenaux pour l'hist. du 
Christianisme en Eg., en Nubie et en Abessinie 
(= Oeuvres choisies II). Lepsius Nubische 



arch IftiU tt 9n9ff t • tt 4 ; rt J~ rerzeuiung una wira als Jfurst der Aith open e 

^^£^L£^kT^^^*™™m. „ .. tHo'efer.] 



±tir die Kulturzustande der B. in spaterer Zeit 
wichtig sind drei kfirzlich bei Gebelen in Ober- 
agypten erworbene, anf Gazellenhaute geschriebene 
Urkunden in griechischer Sprache, die der Schrift 
nach etwa aus dem 6.-8. Jhdt. n. Chr. stammen 
sollen, Baillet Compt. rend, de l'Acad. des inscr. 
IV sfc XVI 326ff. Zwei davon betreffen die Ver- 
waltung einer sonst urbekannten Insel Tavaos, 
die in der einen Urkunde ein Kflnig der B. (/?a 



les Blemmyes 1874 (desselben Verfassers Second 
memoire 1887 ist von Grund aus verfehlt, weil 
das von ihm mit den B. identificierte Wort in 
Wahrheit das Wort fur ,Herr' ist). [Sethe.] 

Blemys, Stammvater der Blemyer, einer der 
drei Unterfeldherrn des Deriades, welche gegen 
Dionysos kampften, Steph. Byz. s. Btifivss. Et. 
M. s. BXifipveg. Von Dionysos besiegt erhalt er 
Verzeihung und wird als Furst der Aithiopen ein- 



oOujxoc wie Silknl A^mTnc v 5 • Y " " uuu,;r 0O3 v - *- nr - nacn Megalepolis ubersiede ten. 

K TXterZ™ ITJZ r e #^ 60 We unsicher.wenn nicht idich mit Belbina, 



bonnen, in der anderen ein Beamter des Konigs 
einem hohen heidnisehen Priester (evyeveordzo) 
«e«r) ubertriigt. Aus den Kreuzen, die sich am 
Aniang und Ende der Urkunden, sowie als Er- 
satz derNamensunterschrift der schreibuiikTindigen 
^eugen rbden, geht noch nicht, wie der Heraus- 
geber anmmmt, mit Sicherheit hervor, dass die 
B. damals m ihrer Mehrheit zum Christentum 



BJendium, Seehafen der Cantabrer in ffispa- 
nia Tarraconensis (Plin. IV 111). Dass es bei Mela 
III 15 in Bellunte verderbt sei, wie C. Mtiller zu 
Ptol. II 6, 8 vermutet, ist sehr unwahrscheinlich. 
Die Lage ist nicht festgestellt; vielleicht bei San- 
tande"r zu suchen. [Hubner.l 

Blenina {Bliviva), nach Paus. VIII 27, 4 ein 
Ort im arkadischen Gau Aigvtis, dessen Be- 
wohner 369 v. Chr. nach Megalepolis iibersiedelten. 



s. d. Nr. 2. Curtius Pel. I 337. BursianGeogr. 
D 113, 2. 243. [Oberhummer.f 

Blenna (Blentia) s. Biennos Nr. 1. 

Blepalos. Reicher Wechsler zu Athen in der 
Zeit des Demosthenes, Dem. XXI 215. XL 52. 
Alexis bei Athen. VI 241c; vgl. Meineke Com 
III 487. Schafer Dem. 112 98. [Kirchner.l 

Blepoi (Blktoi Proc. aedif. 283, 23), Castell 



im Gebiete von Pantalia. W. Tomaschek Die 
alten Thraker II 2, 63. [Patsch.] 

Blepsiadai {Blsipiadai) , Adelsgeschlecht auf 
der Insel Aigina ; Ahnherr BXnyjlas , ein erst in 
spaterer Zeit nachweisbaTer Eigenname. Pind. 
01. VIII 99. Schol. z. d. St. BXerpmdcov db <pvlr\ 
iv Alyivtj, alio BXstpiaSov siqoyovov 'Aknifisdovros. 
§ BXsyjidSat y (pQatQia avrcav son, (ov eiq ajto- 
yovog 6 vtxrjoag. [Toepffer.] 

Blera. 1) Stadt in Etrurien {Bhtiga. Strab. 
V 226. Ptol. m 1, 50 ; Blaera CIL VI 3645 ; 
Einw. Blercmi Plin. Ill 52. CIL XI 833), an 
der Via Clodia, jetzt Bieda. Genannt bei den 
Geographen und Itinerarien (Tab. Peut. Geogr. 
Rav. IV 36 p. 284 P. Honorius cosmogr. I 19, 77 
p. 80 Riese). Haufig als Heimatsort von Soldaten 
erwahnt (CIL VI 221. 2375 b n 26. 2379 a iv 
53. 2608. Ephem. epigr. IV 887 n 21) : aus diesen 
Inschriften wird wahrscheinlich, dass B. zur Tri- 
bus Arniensis gehOrte (Kubitschek Imperium 
Romanum tributim discr. 81). Auch der mercator 
aus B., CIL VI 9629, gehSrt wohl eher nach dem 
etruskischen als dem lucanischen B. , ebenso die 
episcopi Blerani, welche an den rSmischen Syno- 
den von 487. 499. 501. 502 teilnahmen (Momm- 
sen Index Cassiodor. 503). Reste der Stadtbe- 
festigung, zahlreiche in den Fels gehauene Graber, 
zwei antike Briicken sind noch vorhanden. S. D e n- 
nis Cities and cimiteries of Etruria 12 207 — 218. 
Lateinische Inschriften aus B. CLL XI 3333 — 
3360. 

2) Ort in Apulien an der Strasse von Venusia 
nach Tarentum (Itin. Ant. 121. Geogr. Rav. IV 
35 p. 283) beim jetzigen Gravina. [Hiilsen.] 

Blesamius, Gelehrter, erschien als Abgesand- 
ter des Konigs Deiotarus in Rom, Cic. p. Deiot. 
33. 34. 38. 41 ; ad Att. XVI 3, 6. [Klebs.] 

BleschaneSj Commandant der 800 persischen 
Reiter, welche im J. 541 das Castell Sisauranon 
gegen Belisar verteidigten. Nach der Capitulation 
wurde er mit seinen Truppen gefangen nach By- 
zanz gebracht und von hier nach Italien, wo die 
Capitulanten im rSmischen Heere am Gothenkriege 
teilnahmen. Prok. Pers. II 19 p. 232. 235 ; Goth. 
Ill 3 p. 291 B. [Hartmann.] 

Blesenses, die Bewohner der Stadt Blesum 
(Blaesi), des heutigen Blois (Loir-et-Cher), bei Greg. 
Tur. hist. Franc. VII 2; Blexis Geogr. Rav. IV 
26 p. 235. Longnon Geogr. de la Gaule au Vie 
siecle 326. Holder Altkelt. Sprachschatz s. Blae- 
sius. [Ihm.] 

Blesinon (BArjalvoov) , Ortsname auf Corsica 
(Strab. V 224). C. Mttller zu Ptol. Ill 2, 7 
p. 370 vennutet, dass statt des iiberlieferten .to- 
hofiazia xov BXrjaivcov re Hal Xdgal; xai 'Evmo- 
viai u. s. w. zu schreiben sei BXrjaivwv re Xdga^, 
und der Stammname der Blesini zusammenhange 
mit den Balatini bei Ptol. a. a. O. [Hulsen.] 

P. Blessns sen Sarmentus Iulium homine.m 
nigrum et mac-rum et pandum ,fibulam fer- 
ream' dixit, Quintil. inst. VI 3, 58. [Klebs.] 

Blestlum, Ort der Siluren in Britannien, an 
der Strasse von Isca nach Glevum und Calleva 
(Itin. Ant. 485, 2); die Lage ist nicht ermittelt. 

[Hiibner.] 

Bletisa, mit dem Beinamen Val[eria?J, Stadt 
der Vettonen in Lusitanien, deren Gebiet an die 
von Salmantica und Mirobriga grenzte, wie dort 



gefundene Grenzsteine zeigen (CIL II 858. 859); 
jetzt Ledesma. Vgl. CIL II p. 107. [Hubner.] 

Bleza. Fluss beim Geogr. Rav. IV 26 p. 235, 
jetzt die Blies (Nebenfluss der Saar). Desj ardins 
Ge-ogr. de la Gaule I 132. IV 199. [Ihm.] 

Blezis s. Blesenses. 

Bliaros {BXi<xqo;) , nach Steph. Byz. s. Mefi- 
fiXtaQog verkiirzte Form dieses Namens (s. d.). 

[Oberhummer.] 
10 Blias, Arkaderin, die mit ihrem Sohne Me- 
nophrus (Menophron Ovid.) in verbotenem Umgange 
lebte, Hyg. fab. 253. Ovid. met. VII 386. 

[Hoefer.] 

Blinea, Hafen an der indischen Paralia zwi- 
schen Nilcynda und Cotiara, Tab. Peut. Geogr. 
Rav. II I p. 42. Dazu vergleicht sich, wenn ver- 
schrieben, Balita (s. d.) des Peripl. mar. Erythr. 
58, wobei zunachst an Balian-kot gedacht werden 
kann. Doch liegt noch eine zweite MOglichkeit 
20 vor : in dem arabisch-tiirkischen Seespiegel Mohit 
wird siidlich von Q6ci und K6lam ein Hafen 6i- 
lingam oder Bulungam vermerkt; die portugie- 
sischen Seekarten haben vor C. Comori den Hafen 
Bringam oder BiringaS; dazu hatte man noch 
Balinq des Ibn-Khordadbeh, wofiir Yaqut Bilinz 
schreibt, dessen Lage fiir Balita und auch wohl 
fur Blinca sehr gut passt. [Tomaschek.] 

Bliskol [BXloxQi) und Blissioi {BXCoaioi), nach 
Et. M. 201, 39 und Hesych. fruherer Name der 
30 Boioter. [Oberhummer.] 

Blisse(n) (BXlaarj [v]) , dialektische Namens- 
form des Vorgebirges Lissen (s. d.) auf Kreta, 
Schol. Od. Ill 293. Eustath. ebd. B ursian Geogr. 
II 567, 2. [Oberhummer.] 

Blitius. Blitius Catulinus wird von Tacitus 
(ann. XV 7 1) unter denjenigen genannt, die Nero 
nach der Entdeckung der Versehworung des Piso 
auswies. [Henze.] 

Blitor, Statthalter von Mesopotamien, wurde 
40 von Antigonos im J. 316 v. Chr. seines Amtes 
entsetzt (Appian. Syr. 53). [Kaerst.] 

Blivida, Ort in Gallien beim Geogr. Rav. IV 
40 p. 298, nach Pinder und Parthey vielleicht 
= Brivates portus {Bgiovdzrjs Xiprjv Ptol. II 8, 
1); s. d. [Ihm.] 

Bliyila, Bruder des Froila, einer der Barbaren, 

welche aus Sarmaten , Hunnen und Cemandren 

gemischt bei Castra Martis angesiedelt waren, 

Dux von Libya Pentapolis im 4. Jhdt. Jord. Get. 

50 50, 265. [Seeck.] 

Bliulaioi (BXiovXaZoi) , Volk im Innern von 
Arabia felix zwischen den Marithi montes und 
dem Flusse Lar (Ptol. VI 7, 24). Von Blau 
mit den Bahila in Waschm, von Sprenger (Alte 
Geogr. 396) mit den Banu-Wa'il in der Gegend 
von trdt und Iemama identificiert. Weder diese 
noch Glasers Vermutungen (Skizze 293) sind ge- 
niigend begriindet. [D. H. Muller.] 

BXcofiiawg agrog s. Quadratus panis. 
60 Blosoil (BXoaar), Sohn des Pythion. 'Ay<ovo- 
Mrtjg in Iasos zwischen 188—146 v. Chr., Le Bas 
HI 290. [Kirchner.] 

Blossius. Blossii als angesehene campanische 
Familie genannt bei Cic. leg. agr. LI 93, wo zweifel- 
los nicht an C. Blossius aus Cumae gedacht sein 
kann ; hat Cicero uberhaupt eine bestimmte Per- 
son dort gemeint, so kann es nur, wie der Zu- 
sammenhang ergiebt, eine lebende sein. 



571 



BluMon 



1) C. Blossius aus Cumae, Anhanger der stoi- 
schen Philosophie, Schiiler des Philosophen Anti- 
patros aus Tarsos. Er war eng befreundet mit 
Ti. Gracchus, dem Tribunen, ein Teilnehmer seiner 
Plane ; allgemein fiihrte man auf seine und des 
Rhetors Diophanes Anregung zuriick, dass Grac- 
chus mit seiner Agrargesetzgebung hervortrat, Plut. 
Ti. Gracch. 8. 17. Cie. Lael. 37. Nach dem Tode 
seines Freundes wurde auch er in die Unter- 
suchungen verwickelt, mit welchen die Optimaten 
Tiberius Anhanger heimsuchten (nach Cic. a. a. 0. 
im J. 132). Vor die Consuln gefiihrt, erklarte er 
offen, auf Tiberius Geheiss habe er alles gethan. 
Wie nun, fragte Scipio Nasica, wenn Tiberius dir 
befohlen hatte, das Capitol in Brand zu stecken? 
B. wandte ein, dies wiirde Tiberius nimmer ge- 
than haben. Als aber viele andere diese Frage 
wiederholten (nolldxig ds xai noll&v xo avxo 
nvv&avonhoiv Plut., danach ist also Ciceros Er- 
zahlung, wonach Laelius die gleiche Frage that, 
mit Plutarch Yollkommen vereinbar), wenn es nun 
aber Tiberius doch befohlen hatte, so erklarte B., 
dann wiirde er ihm gehorcht haben, weil Tiberius 
nichts befohlen hatte, was nicht dem Volke zu- 
traglich gewesen ware, Plut. Ti. Gracch. 20. Cic. 
Lael. 37 (aus diesem Val. Max. IV 7, 1). Trotz 
Ciceros Declamationen iiber die unsittliche Ant- 
wort ein Bescheid auf eine unsittliche Frage, der 
fiir beide Manner ein gleich riihmliches Zeugnis 
ist. Er entzog sich der weiteren Untersuchung 
durch die Flucht, begab sich zu Aristonicus nach 
Asien nnd gab sich nach dessen Niederlage selbst 
den Tod, Plut. Cic. a. a. 0. 

2) Marius Blossius, praetor Campanus (=medix 
tuticus) im J. 538 = 216, Liv. XXIII 7, 8. 9. 
Blossii fratres in Capua als Urheber einer Ver- 
schworung gegen die rOmische Besatzung im J. 544 
= 210 hingerichtet, Liv. XXVII 3, 4. 5. 

[Klebs.] 

3) Blossius Dracontius s. Dracontius. 
Blukion (Blovxtov), Castell der Tolistoboger 

in Galatien, Eesidenz des Konigs Deiotarus, Strab. 
XII 567. Bei Cic. p. Deiot. 17 heisst dasselbe 
missverstandlich iMceium [Luoium). Perrot Ex- 
ploration de la Galatie I 188. Cramer Asia mi- 
nor II 91. [Rage.] 

Blnstiemelns , Name, wahrscheinlich eines 
Berges unweit Genua, in der Sententia Minucio- 
rum de agro Genuate vom J. 117 v. Chr., GIL 

I 190 = V 7749 Z. 21. [Hiilsen.] 
_ Bmervasecus, Name einer spanischen Gott- 

neit, CIL II 363 (Lusitanien). Hiibner bemerkt 
dazu , dass , wenn der erste Buchstabe B nicht 
sieher ware, er an die Lesart denken wiirde: D(eo) 
Mer(eurio) Vaseco. [Ihm.] 

Bnon (Bv&v), zweiter Kiinig der Hvksos in 
Agypten, Manethos nach African, bei Synkell 
p. 61 A. Euseb. ebd. 61 D. Schol. Plat. 424 p. 99 
(= Banon Euseb. chron. p. 99; Bt}u»> Joseph, c. 
Ap. I 14; Baloir Joseph, bei Synkell. p. 104). FHG 

II 567. Lepsius Konigsbuch, Quellentafel 15. 

[Sethe.] 

■Bo Die bei Vaison im Lande der Vo- 

contii gefundene Inschrift CIL XII 1371 nennt 

einen pra«f(ectm) Bo tior. Der Name des Pa- 

gus bleibt unsicher, denn schwerlich ist Bo [eon] - 
twr. zu erganzen. 0. Hirschfeld S.-Ber. Akad 
Wien CIII304. Ob Bofdionjtior. (= Bodionticor., 



Bodvtj iCfivr] 



572 



s. d.)? Ebenso verstiimmelt ist der Name einer 
Ortschaft auf der in Meythet bei Annecy gefun- 
denen Inschrift CIL XII 2532 Ntimin[ibus Augu- 

storumj et vieanis Bo ; vgl. 0. Hirschfeld 

CIL Xn p. 219. 305, der auf Bautas im Itin. 
Ant. 347 verweist. Holder erganzt zweifelnd 
Bofutas] Altcelt. Sprachschatz s. v., Allmcr 
dachte an Bo [villensibus] '. [Ihm.] 

Boa heisst auf der Tab. Peut. und beim 
lOGeogr. Eav. 408, 5 die bei Plin. n. h. Ill 152 
Bam genannte dalmatinische Insel Bua. Amm 
Marc, schreibt XXII 3, 6 und XXVHI 1, 23 con- 
sequent: in insulam Delmatiam Boas und ad 
Boas Ddmatiae locum. Nacli Mommsen CIL 
Hip. 393 gehOrte sie wie die auf dem benach- 
barten kleineren Eilande gelegene Stadt Tragurium 
den Issaern. Im 4. Jhdt. Detentionsort fiir Staats- 
gefangene. Vgl. Cod. Theod. XVI 5, 53. C.Muel- 
ler Geogr. gr. min. I 29. [Patsch.] 
20 Boacias (ey.xQoxJ; Boaxiov liest Miill er Ptol. 
Ill 1, 3, wo die Hss. Bodxxov und Bolxiov haben), 
Nebenftuss des Macra in Ligurien, wahrscheinlich 
jetzt Vara. Die Station Boaeeas der Via Aurelia 
(Itin. Ant. 293) 12 mp. nSrdlich von Luna wird 
vermutlich unweit des Zusammenflusses von Macra 
und Vara, beim heutigen Vezzano, gelegen haben. 

[Hiilsen.] 
Boay6$. Hesych.; BovdyoQ (fioayo?) dyekdg- 
XV? o xfjq dyeing 8.qz<»v jioiq. Auf Grund dieser 
30SteUe sowie von Plut. Lye. 17 hatte Boeckh ur- 
spriinglich angenommen, dass die Knaben, welche 
in Sparta den einzelnen Abteilungen (flovai) zur 
Durchfiihrung der staatlichen Erziehung zugeteilt 
waren und sich einen Aufseher erwahlten , be- 
rechtigt waren, einen ihrerGenossen zum fSovayog zu 
wahlen, dieser mithin auch ein Knabe gewesen sei. 
Damit konnten aber die Inschriften (siimtlich aus 
rOmischer Zeit) nicht vereinigt werden, aus den en 
hervorgeht, dass der /?. ein Mann gewesen ist 
40 und mehrere Amter mit einer solchen Aufseher- 
stelle cumuliert werden konnten. Mit Rucksicht 
auf die citierten Stellen und Xen. rep. Lac. 2, 

11 nimmt man daher an, dass die /]. aus der 
hochsten Altersklasse, den loaves, also den iiber 
zwanzig Jahre alten Jiinglingen bestellt wurden. 
Vgl. Boeckh CIG I p. 612 und Gilbert St. -A. 

12 69 - [Szanto.] 
Boagrios (Bodygiog, im Etym. M. 202, 28 

Boayoog), Giessbach im Gebiet der epiknemidi- 
50 schen Lokrer, auch Mdvtjs genannt, meist trocken, 
zeitweise aber zwei Plethren breit, Strab. IX 
426. Gelegentlieh des grossen lokrischen Erd- 
bebens vom J. 426 v. Chr. (Thuk. Ill 89) hatte 
er sein Bett ganzlich geiindert, Dem. Kail, bei • 
Strab. I 60. An ihm lag die Stadt Thronion. H. 
II 533. Paus. V 22. 4. Ptol. HI 14, 10 fl5, 11). 
Bursian Geogr. n 88. Neumann-Partsch • 
Phys. Geogr. 164. 32 If. [Oberhummer.] 

Boaktes s. Boacias. 
60 Boaliaf?), Ort in Phrvgien oder Pisidien, von 
dem nur das ifivixdv iiberliefert ist, BoaXiavdg, 
auf einer in Saghir, nOrdlich vom HoirangiOlu ge- 
fundenen Inschrift, Sterret Papers of the Ame- 
rican school at Athens III nr. 382, 1. [Euge.] 

Boavt] Xifxyrf, der fruhere Name fiir den Sa- 
bandschagiolu. Geopon. IV 1, 3. Euagr. hist. eccl. 
II 14. Anna Comnena X 5. Tomaschek S.-Ber 
Akad. Wien 1891 vm 7. [Knee] 



573 



Boanensis 



Boarium foram 



574 



Boanensis (civitas) , Bischofssitz in Africa, 
Provinz Byzacena (Notitia episcoporum in Halms 
Victor Vitensis p. 67). [Dessau.] 

Boanuni, Ort in Arabia Felix, Geogr. Rav. 
II 6 p. 56 nr. 22, worin sicherlich mit Blau eine 
der grossen Tiefebenen des jemenischen Hoeh- 
landes mit den Stadten Eaidat etc. (Hamdani 
Geogr. Ill, 16ff. u. s.) erkannt werden muss. 

[D. H. Miiller.] 

Boaris und Bovenna, zwei kleine Inseln im 
sinus Gallieus in der Nahe von Sardinien (Tab. 
Peut. Geogr. Eav. V 26 p. 410 P.), nicht naher 
zu identificieren, aber hochst wahrscheinlich an 
der Nordspitze in der Strasse von Bonifazio. Die von 
Cluver versuchte, von la Marmora und Des- 
jardins (Table de Peut. 91) angenommene Iden- 
tification mit den zwei unbewohnten Felseilanden 
il Toro und la Vacca (Boaois und Bovxivva !) an 
der Siidwestspitze bei Sulci ist unmOglich. S.'u. 
Bucina Nr. 1. [Hiilsen.] 

Boarium forum (Cic, pro ScauTo 23) in Rom, 
Platz am Tiber, zwischen dem Fluss und den Ab- 
hiingen des Capitols, Palatins und Aventins. Den 
Namen leitete man in der Kaiserzeit ab vom 
Weiden der Einder des Geryones, die Hercules 
hierhergebracht habe (Propert. V 9, 17), oder von 
dem BronzeHld eines Stiers (Ovid. fast. VI 478. 
I 582), der aus Aigina als Kriegsbeute nach Rom 
gebracht war (Plin. XXXIV 10; vgl. Tacit, ann. 
XII 24) : beides willkurlich, da vielmehr die Be- 
stimmung als Viehmarkt die ursprungliche , und 
wenigstens der Grosshandel in Vieh noch in spater 
Zeit hier localisiert war (Inschrift der Ehrenpforte 
fur Septimius Severus und seine Familie neben S. 
Giorgio in Velabro, CIL VI 1035: argentari et ne- 
gotiantes boari huius loei qui invehent devoti nu- 



mini eorum ; 204 n. Chr.). Das f. B. diente als 
Markt der altestenpalatinischen und der Septimon- 
tialstadt, erst nach der Vereinigung dieser mit der 
sabinischen Niederlassung auf dem Quirinal wurde 
der sumpflge Thalgrund zu Fiissen des Capitols 
als Forum Romanum (durch Anlage der Cloaca 
maxima) der Bebauung gewonnen. Als uralt gait 
der Kultus des Hercules auf dem f. B. : der Gott 
sollte hier, nach trberwindung des Cacus, den 

10 Grossaltar(aro maxima Ovid. fast. I 576. Dionys. 
I 40. Serv. Aen. VIII 271. Tacit, ann. XII 24. 
XV 41. CIL VI 314—319) gegrundet haben, in 
dessen Nahe dann sein runder (Liv. X 23, 3) 
Tempel (templum Herculis Invicti oder Vietoris: 
Diod. IV 21. Tacit, ann. XV 41. Plin. X 79. 
XXXV 19. Fest. 242. Solin. I 10. Macrob. Ill 
6, 10. Hemerologien zum 12. August, s. CIL 12 
p. 324) errichtet war (De Rossi Ann. d. Inst. 
1854, 28ff.). Einen zweiten, auch bei der Ara 

20 maxima, erbaute Pompeius (Vitruv. Ill 2, 5. Plin. 
XXXIV 57), letzterem gehOren zum Teil die unter 
die Kirche S. Maria in Cosmedin erhaltenen Eeste 
an, wahrend der Rundtempel und die Ara maxima 
nordlich von der Kirche gelegen haben miissen. 
Auf dem f. B. lagen ferner : ein Tempel der For- 
tuna (Liv. XXIV 47, 15. Dionys. IV 27) und der 
Mater Matuta (Liv. V 19, 6. XLI 28, 8. Ovid. 
fast. VI 481. Hemerologien zum 11. Juni, s. CIL 
12 p. 320), letzterer wahrscheinlich jetzt Kirche 

30 S. Maria Egiziaca, ersterer ihm nCrdlich benach- 
bart (beide zusammen genannt Liv. XXXV 7, 6. 
XXXIII 27, 4); ein Tempel des Portunus, viel- 
leicht der noch erhaltene Rundtempel am Tiber 
(Portunium, Fronto ad Marcum I 7 p. 19 Nab. 
Hemerologien zum 17. August; derselbe Name 
durch Conjectur herzustellen bei Varro de 1. 1. V 




145 und in der Not. reg. XI), endlich ein kleines 
Heiligtum derPudicitia patricia nahe dem runden 
Herculestempel (Liv. X 23, 3. Fest. 242). Nach 
der Galliereroberung sollen bei dem doliola ge- 
nannten Orte fs. d.) Heiligtumer vereraben sein. 



Die offers hierher gerechneten Tempel der Ceres 
unil der Felicitas liegen schon nicbt mehr im Ge- 
biete des f. B. Das f. B. war ein lebhafter Platz. 
inmitten eines volkreichen Viertels (dreistOcMge 
Hauser schon vor dem zweiten punischen Kriege. 



575 



Boarius campus 



Bocchori 



576 



577 



Bocchus 



Bocchus 



578 



Liy. XXI 62, 3); ein Brand verheerte es im J. 210 
(Liv. XXXV 40, 8), doch wurden die zerstCSrten 
Gebaude mit etwas veranderter Orientierung bald 
wieder aufgebaut (Lanciani Not. d. scavi 1890, 
213. Bull. com. 1892, 279). Das erste Gladia- 
torenspiel sah Rom 264 v. Chr. auf dem f. B. 
(Valet. Max. II 4, 7). In Zeiten der Not wurden 
(sogar noch in der Kaiserzeit, Plin. XXVIII 12) 
auf dem f. B. Menschenopfer durch lebendig Be- 
graben dargebracht (Liv. XXII 57, 6. Oros. IV" 
13, vgl. Dio frg. 47 = Zonar. VIII 19, 9). An 
das Forum stiessen die altesten Navalia , der 
Circus maximus und in spiiterer Kaiserzeit die 
statio annonae (s. d.) ; die alteste Briicke Koms, 
der pons sublicius, sowie die erste Stein briicke, 
pons Aemilius, verbanden das f. B. mit dem 
rechten Tiberufer (Ovid. fast. VI 478). Erhalten 
sind, ausser den erwiihnten Tempelresten und der 
kleinen Bhrenpforte der argentarii et negotiantes 
boari (s. o.; Reber Euinen Roms 345) noch der 
sog. Ianus quadrifrons, ein vierthoriger Bogen (s. 
d.). Erwahnt wird das f. B. noch bei Pest. ep. 
30, im Appendix der constantinischen Regions- 
beschreibung, bei Polem. Silv. (Mommsen Chron. 
min. I 545), bei Aethic. p. 716 Gron. Ein antikes, 
auf dem Esquilin 1668 gefundenes Bild stellt 
u. a. auch den form boarius und forus olito- 
rius dar; die Beziehung auf Rom ist wahrschein- 
lich (Hiilsen R6m. Mitt. 1896, 213—226). aber 
die schematische Darstellung fur unsere Kennt- 
nis der Topographie von geringem Werte. Vgl 
Jordan Top. I 2, 474—487. Gilbert I 74—80. 
Ill 433—441. Hiilsen Atti dell' Ace. Pontiflcia 
di Archeologia N. S. VI 231—275. [Hiilsen.] 

Soaring campus in Rom, nur genannt auf 
der ehristlichen Inschrift CIL VI 9226 : qui fuit 
eaneellarus primi loci campi boari; ungewiss 
ob mit dem forum boarium oder dem campus 
pecuarius zusammenzustellen. [Hiilsen.] 

Boarmia {Boaofita), Epiklesis der Athena in 
Boiotien, Lykophr. 520 nebst Schol. Das Wort 
kennzeichnet die GSttin als die Erfinderin des 
Pfliigens, die zuerst das Rind an den Pflug spannte, 
O. Muller Orchom. 186. Burnouf Legend, athen. 
84. Vgl. Budeia. [Jessen.] 

Boas (Boas), nach Procop. b. Pers. II 29; 
b. Got. IV 2 einheimischer Name des pontischen 
Flusses Akampsis (s. d.) , der in Armenien ent- 
springt und, nach Aufnahme vieler Bache schiff- 
bar geworden,,bei Apsarus in den Pontos mundet; 
der heutige Corochsu. Nach drei Stellen der 
armenischen Geographie des Moses von Chorni 
entspringt der Akampsis in demselben Bergstock 
Katar-erkir (summitas mundi), wo auch der Je- 
phrat Eras'ch und Gajl ihre Qucllen haben, und 
bewassert zumal den Canton Sper (s. Saspeires); 
an seinem Oberlauf wird er von den Khattikh 
genannt Kakamar, im Gebiete der Taikh (georg. 
Too, s. Taochoi), wo er den Parchar (s.Parya- 
dres) durchbricht, fuhrt er den Namen Woh, im 
Unterlauf bei den Egerkh (Kolchoi) den Namen 
Akampsis (p. 28. 35 ed. Soukry). Woh ist demnach 
der B. des Prokopios, der noch hinzufngt, auch 
der Phasis werde so genannt — pffenbar eine Ver- 
wechslung mit der nahe den Corochquellen von 
Tao und Tortom dahinstreichenden Araxesquelle 
Pasin-su oder dem Phasis des Xenophon im Lande 
der Phasianoi, armenisch Baseau. [Tomaschek.] 



Boason (Boaamv). Auf einem Frosch aus dem 
Peloponnes im Berliner Museum steht als Weih- 
inschrift "A/mov 2<ov6ov Boaoovi. Frankel Arch. 
Jahrb. I 50f. sieht in B. eine Epiklesis des Apollon. 

[Jessen.] 
Boates s. Boiates. 

Boathoios (Boa&mog, so Collitz Dial.-Inschr 
nr. 1844. 1863. 2160. 2167. 2178. 2198. 2205; 
auch Boa&ooe, ebd. nr. 2052. 2088. 2190. 2204. 
10 2213. 2217 u. 0.), Monatsname des delphischen 
Kalenders, sinnverwandt dem ionischen Boedro- 
mion ; wie dieser mit der Peier des Apollon Boe- 
dromios in Verbindung gebracht wird, so diirfte 
B. in Beziehung zu den Boathoien zu bringen 
sein. Gleichungen mit fremdenKalendern: Collitz 
nr. 1844 xSiv Ahmlrov , . . j/,r]vdg IIqohvkUov, ev 
AsXyoig di firjvdg Boa&oi'ov; ebenso nr. 1863. 2127. 
Ferner nr. 2204 iv AelyoTg . . . m vog Boadoov, 
if 8e XaXetco . . . ji-qvog Bovxaxlov. Er gehOrt 
20 der nQtbta iid^rjrog an, Collitz nr. 2088. 2190. 
2198. 221 7. fJber seine Zeitlage Mommsen Del- 
phika 123. C. F. Hermann Griech. Monats- 
kunde VII 49. [Kubitschek.] 

Boathoos (Boa&oog). Wie der Monat Boe- 
dromion dem Apollon Boedromios geweiht war, so 
entspricht dem delphischen Monat Boathoios (s. d.) 
ohne Zweifel ein Apollon B., Roscher Apoll. 
u. Mars 71, 148; vgl. o. Bd. II S. 45. Wenn B. 
als Kultbeiname auch noch nicht nachgewiesen 
30 ist, so werden doch oft Getter als forj&oot oder 
Pot)&oi gefeiert,^. B. Apollon (Kaibel Epigr. gr. 
1039, 2. Kallim. hymn. IV 27), Artemis (Kallim. 
hymn. Ill 22. 153), Asklepios (Isyll. Epidaur. E 4 
Wilamowitz), Herakles (Kallim. hymn. Ill 153), 
die Dioskuren (Theokr. XXII 23). [Jessen.] 

Boanleia (BoavXua), .Ochsenhof, erdichtete 
Localitat Skythiens, Pisandros bei Steph. Byz. s. v. 

[Tomaschek.] 
Boballica s. Bovallica. 
40 Bobiense fragmentum mathematicum s. An- 
themius Nr. 4. 

BoMsciana (Ortsname aus Mauretania Tin- 
gitana, Geogr. Rav. Ill 11), s. Vopisciana. 

[Dessau.] 
Bono {Baifto)), alter Name fur Mdxgig (Hesych.), 
womit wahrscheinlich Euboia gemeint ist (Hesych. 
s. MdxQig). [Oberhummer.] 

Boboneia (Bopdreia) , angebliche Stadt Ita- 
liens, Steph. Byz. [Hiilsen.] 

50 _ Boechis (fruhere Lesart Aboceis), Stadt in 
Aithiopien, zwischen Primis und Forum Cam- 
bysis, von Petronius auf seinem aithiopischen 
Feldzuge (25 v. Chr.) erobert, Plin. n. h. VI 181; 
wohl identisch mit 'Aftovyxig (auf dem linken 
Nilufer unterhalb Ka^ioov za/ueia) Ptol. IV 7, 
16 und Btiyx^ (Stadt am dritten Katarakt) Steph. 
Byz- [Sethe.] 

Bocchori (Bocchorum bei Plin. ist Genet, pi.), 
alte Stadt, unweit des heutigen Alcudia, an der 
60 nordwestlichen Spitze der Balearis maior (Plin. 
n.h. HI 77. Solin. 23, 14, der den Genet, sing. 
Boeckoris bildet), phoinikischen Ursprungs (vgl. 
o. Bd. II S. 2826), nachher eivitas foederata, 
Auf einem Patronatsdecret aus dem J. 6 v. Chr. 
werden Praetoren als oberste Gemeindebeamte ge- 
nannt (CIL II 3695). Der alte Name ist in dem 
Flurnamen Carapo de Bocar (oder el predat de 
Bogufr) erhalten ; vgl. CIL II p. 962. [Hubner.] 



Bocchus. 1) Konig von Mauretanien urns 
J. 110. Die Grenze zwischen seinem Reich und 
dem numidischen Tugurthas bildete der Fluss Mu- 
lucbath; bis zum Ausbruch des iugurthinischen 
Krieges war er mit den RSmern weder in Mnd- 
liche noch freundliche Beruhrung gekommen, Sail, 
lug. 19, 7. 92, 5. Plin. n. h. V 19. Er war lu- 
gurthas Schwiegervater (Sail. lug. 80, 5. Plut. 
Mar. 10; Sull. 3), doch bedeutete bei der unter 
Numidern wie Mauren herrschenden Vielweiberei 
dies Band nicht viel. So hatte B. denn auch 
nach dem Ausbruch des Krieges sich nicht Iu- 
gurtha angeschlossen, sondern sogar Gesandte nach 
Rom geschickt und ein Bundnis angetragen. Aber 
so vorteilhaft es fur die ROmer gewesen ware, so 
ward es trotzdem nicht abgeschlossen , weil B.s 
Gesandte , unbekannt mit den Sitten der dama- 
ligen romischen Aristokratie , versaumt hatten, 
die n6tigen Bestechungsgelder auszuteilen, Sail, 
lug. 81, 4. Wahrend der ersten Kriegsjahre hielt 
B. sich vom Kampfe fern; erst um die Zeit, als 
Metellus abberufen wurde (J. 107), schloss B. 
mit Iugurtha ein. Bundnis gegen die Rsmer und 
riickte vereint mit ihm in die Gegend von Cirta, 
Sail. lug. 80 — 81. Metellus begnugte sich, B. 
durch Gesandte vom Kriege abzumahnen, B. gab 
ausweichende Antworten, so blieb es bis zu Me- 
tellus Weggang bei diplomatischenVerhandlungen, 
Sail. lug. 82—83. Als Marius den Oberbefehl in 
Africa ubernommen hatte (Ende 107 oder Anfang 
106, was sich aus Sallusts chronologisch un- 
deutlicher Erzahlung nicht entscheiden lasst), ver- 
harrte B. zunachst in seiner zweideutigen Hal- 
ting, Sail. lug. 88, 5 — 6. Als aber Iugurtha ihn 
von neuem besturmte, ihn durch die Hofleute, 
die er bestochen hatte, bearbeitete und ihm ein 
Drittel seines numidischen Reiches versprach, ent- 
schloss er sich zu offenem Kampfe. Er vereinigte 
seine Truppen mit denen Iugurthas, und als Marius 
vom Flusse Muluchath sein Heer in die Winter- 
quartiere fiihrte, geriet er zweimal durch die ver- 
biindeten Truppen in grosse Bedrangnis, brachte 
aber beidemale schliesslich den Afrieanern schwere 
Niederlagen bei, Sail. lug. 97—101. Oros. V 
15. Dieser militarische Misserfolg veranlasste den 
wankelmutigen Kenig, neue Verhandlungen mit 
Marius anzukniipfen, als dieser in Cirta die Winter- 
quartiere bezogen hatte. B. bat, dass L. Corne- 
lius Sulla und A. Manlius zu ihm geschickt wur- 
den, und erOffnete diesen, als sie seinem Wunsch 
enlaprochen hatten, seine Bereitwilligkeit, mit den 
Romern Prieden und Freundschaft zu schliessen 
und zu dem Behuf, falls Marius es gestatte, eine 
Gesandtschaft nach Rom an den Senat zu schicken, 
Sail. lug. 102. Appian. Num. 4. Die maureta- 
nischen Gesandten wurden zunachst nach Utica 
beschieden; als sie auf der Reise von Raubern 
geplfindert waren, nahm Sulla sich ihrer freund- 
lich an, Appian. Num. 5. Plut. Sull. 3. In Utica, 
wo Marius Kriegsrat hielt , ward ihnen die Er- 
laubnis nach Bom weiterzureisen erteilt und dem 
KOnige die erbetene Waffenruhe gewahrt. In Rom 
ward ihnen der Bescheid, das Vergangene sei ver- 
ziehen, die Freundschaft werde B. sich zu ver- 
dienen haben, SalL lug. 103. Der KOnig ver- 
stand den Wink und erbat sich Sulla zu emeu- 
ten Verhandlungen. Nachdem er bis zuletzt ge- 
schwankt haben soil, ob er den Sulla dem Iugur- 

Pauly-Wisaowa III 



tha oder diesen jenem verriete, lieferte er Iugurtha 
den ROmern aus, Sail. lug. 105—113. Plut. Mar. 
10 ; Sull. 3, kurze Erwahnungen Liv. per. LXVI. 
Flor. I 35. Eutrop. IV 27. Oros. V 15. [Vict] de 
vir. ilL 75, 2. Dio frg. 89, 5. 6. Dass darauf die 
RCmer mit B. einen Freundschaftsvertrag abge- 
schlossen haben, bezeugt ausdriicklich Plut. Mar. 
32, wenn er den B. bezeicb.net als ovntia%og Tio- 
fiaicov avayeyQa/ifievog = in formulam amicorum 

10 relatus. Da die ROmer damals das numidische 
Reich nicht eingezogen haben, so hat B. wahr- 
scheinlich einen Teil davon erhalten. Darauf 
fuhrt auch Sail. lug. Ill, 1, der Sulla dem B., 
wenn er Iugurtha ausliefere, versprechen lasst: 
amicitiam foedus Numidiae partem, quam nunc 
peteret, tune ultra adventuram. 

Die freundschaftlichen Beziehungen zwischen 
B. und Sulla blieben weiter bestehen. Wie Sulla 
sich einen Siegelring anfertigen liess, welcher Iu- 

20 gurthas Auslieferung an ihn durch B. darstellte 
(Plut. Mar. 10; Sull. 3. Valer. Max. VIII 14, 4), 
so weihte spater B. auf dem Capitol ein goldenes 
Bildwerk desselben Ereignisses , Plut. Mar. 10. 
Als Sulla sich zum erstenmal um die Praetur 
bewarb, liess das Volk ihn dnrchfallen, weil es 
wunschte , dass er als Aedil Spiele geben sollte 
und dabei seltene africanische Tiere als Geschenke 
des B. erwartete; so gab Sulla selbst in seinen 
Denkwurdigkeiten an, Plut. Sull. 5. Als Praetor 

30 im J. 93 (vgl. Veil. II 15, 3) erfullte er diese 
Hoffnung durch Vorfuhrung von LOwen, die ihm 
mit Speerwerfem B. geschickt hatte, Plin. n. h. 
VIII 53. Sen. brev. vit. 13, 6. Ein Beispiel von 
B.s Grausamkeit bei Plin. n. h. VIII 15 , sein 
Sohn Volux wird erwahnt Sail. lug. 101. 105ff. 
B. ist dargestellt auf Denaren des Faustus 
Cornelius Sulla, Mommsen R.M.-W. 624 nr. 263. 
Babelon 1 421; das Geprage zeigt einen sitzenden 
romischen Magistrat (= Sulla), vor dem ein bart- 

40 loser Mann mit dem Olzweig in der Hand kniet 
(= B.), wahrend hinter ihm ein anderer gefessel- 
terMann (= Iugurtha) kniet. Wie schon Eckhel 
D. N. V 193 richtig erkannte, ist dies eine Nach- 
bildung des von B. gestifteten Weihegeschenkes 
(s. o.) , wie eine solche Sulla auch auf seinem 
Siegelring hatte. Sehr unsicher aber ist die Be- 
ziehung einer africanischen Miinze mit phoiniki- 
scher Legende, deren Lesung zum Teil zweifel- 
haft ist, auf diesen B. bei Muller Numismatique 

50 de l'ancienne Afrique III 88. 

2) Mit Bogud Konig von Mauretanien, Strab. 
XVII 828. Beide wurden als Feinde der Senats- 
partei im J. 705 = 49 von Caesar als KOnige an- 
erkannt, Dio XLI 42. Im africanischen Kriege 
Caesars unterstiitzte er mit P. Sittius diesen ge- 
gen die Pompeianer und Iuba, Dio XLHI 3. Sie 
fielen in Numidien ein, eroberten Cirta und ver- 
anlassten dadurch Iuba, der eben im Begriff stand 
sich mit Scipio zu vereinigen, seine Truppen zu- 

60 riickzufuhren, Appian. b. c. II 96. Bell. Afr. 25. 
Nach der Beendigung des Krieges gab ihnen Caesar 
zur Belohnung ein Stuck des westlichen Numi- 
diens, das unter Iubas Oberherrschaft Massanassa 
besessen hatte; als Caesar ermordet war, kehrte 
Massanassas Sohn Arabio, der sich nach Spanien 
gefluchtet hatte, nach Africa zuruck, totete Sittius 
und nahm B. sein vaterliches Gebiet wieder ab, 
Appian. b. c. H 96 (abweichend Dio XLIX 22). 

19 



t>yy 



.Docconi 



Bockshornklee 



580 



Wenig glaublich ist dahei Dios XLIII 36 Nach- 
richt, B. habe seine Sehne dem Sextus Pompeius 
zur Dnterstutzung im spanischen Kriege gesandt, 
wahrend Bogud auf seiten Caesars gefochten habe. 
Thatsachlich aber haben beide in den Partei- 
kampfen nach Caesars Tode in verschiedenen Lagern 
gefochten; Bogud war Anhanger des Antonius unci 
wurde von B. vertrieben, den Caesar (der Sohn) 
im Besitze seiner Eroberung bestatigte, Dio XL VIII 

>4Q /T r?1 a 00\ T} „i-„..x. ■ _ T nnt nn -i 



581 



Bockshornklee 



xmv xar' exsivovg xcugovg aQiorog) in einer ge- 
lehrten chorographisch-ethnographischen Sage von 
dem Streite der Geschwister Euphrates, Tigris 
und Mesopotamia. Iambi. Dram. 8. 

[Baumstark.] 

Bochos (B&x°s), agyptischer Konig, s. Bo 6- 
thos Nr. 1. 

Bockshornklee. Trigonella foenum graecum 
L., heute tfjlv und fkno-greco genannt, aber in 



Bodenkunde 



582 



^q it iic am -d 7 1 r — ;o;-; ;„ . , "•■< " uu " c "/«■« """ iwnu-yreco genannt, aDer in 
43 (J. 716 = 88). B. start, im J. 721 = 33, und 10 Griechenland wohl wegen des starken Aromas gar 

Caesar 7ncr sein TJeiph mn nmTr.TT^S T™ T Mn .:.li • t, i- ,, e , "u»u juyuioo gm 



Caesar zog sein Reich ein, Dio XLIX 43. Im J. 729 
= 25 gab er aber die Gebiete des B. und Bogud 
dem jiingeren Iuba, Dio LIII 26. Strab. a. a. 0. 

tiber die auf diesen KSnig bezogenen africa- 
nischen Miimen mit phoinikischer Legende vgl. 
Mttller Numismatique de l'ancienne Afrique III 
97ff. [Klebs.] 

3) Einen B. nennt Solinus an drei Stellen (27, 
3. 37, 8. 38, 22) als seine Quelle, und Mom in 



nicht, in Italien seiten, besonders noch in den 
rOmischen Marken und in Umbrien als Futter- 
pflanze angebaut, wahrend in Agypten von den 
Fellachen das Mehl anderem Brotmehl beigemischt 
wird und man im Winter die Hiilsen vielfach 
griin zum Brote verzehrt ; hier wie in Indien bil- 
den auch die jungen , naeh Melilotus oder nach 
Schabziegerkase riechenden Triebe ein beliebtes 
Gemiise. Einheimisch ist der B. wohl nur im 



en (Sohn. a praef. XIV) sieht in ihm den Cor- 20 Nordwesten Indiens bis Kleinasien bin und im 

iP.lmK H . Hati rlimno n n ttoi.ohTiThiIiit^ISi.Vi ( n A~~ anj "n ., -. , m . 



nelius B., den Plinius n. h. verschiedentlich (s. den 
Index in Detlefsens Ausgabe und Hiibner zu 
CIL II Suppl. 5184) als Gewahrsmann fiber spa- 
nische, speciell lusitanische Verhaltnisse anfuhrt. 
Nach Mommsen hat dann Solinus ein chrono- 
graphisches "Werk des B. benutzt, das zu scheiden 
ware von einem Specialwerke tiber Spanien, das 
Plinius eingesehen hatte. Dieser Cornelius B. 
wird wohl mit Kecht gesucht in zwei lusitani- 



v. t i. "a — /VTtt 6 tt X? , „ luoiMin- sen, ucivoiuimge, una sein Jirjuarer jsutekmos 
schen Inschnften (CIL II 35 und Suppl. 5184), 30 dass es so benannt sei, well die Frucht dem Ochsen 
na.cn nenen er l> i.p/rnplinc n f T^n/i^lnKi l.^ nnnn t si_i. i i -m?. vu-tttt *«. t-., * r 



Siiden Europas nur verwildert. Theophrast nennt 
ihn §ovMQag (hist. pi. VIII 8, 5; e. pi. V 15, 
5) und sagt, dass dieses mit der Linse Ahnlich- 
keit habe (hist. pi. IV 4, 10) und erst im ge- 
trockneten Zustande rieche (c. pi. VI 14, 10). 
Nikander (alex. 424), welcher das povxegag als 
Viehfutter bezeichnet, sagt, dass es zwischen den 
Blattern wohl geschwungene Horner, d. h. Hiil- 
sen, hervorbringe , und sein Erklarer Euteknios, 



nach denen er L. Cornelius C. f. Bocchus hiesse 
und Flamen der Provinz und Trib. mil. leg. Ill 
Aug(ustae) gewesen ist. Beide Inschriften waren 
nicht einem, sondern zwei jedenfalls mit einander 
verwandten Leuten zuzuweisen, falls die Lesung 
L. Comelio L. f. statt G. f. in CIL II Suppl. 
5184 die richtige sein sollte. [Henze.] 

Bocconi, beim Geogr. Rav. IV 27 p. 240 
zwischen Bapinco {— Vapincum) und Brigan- 
tinomagus genannt, in Gallia Narbonensis ; " 
rum Voeoni (Itin. Ant. und Tab. Peut.). 

[Ihm.] 

Boccns, der Localgott von Boucou (?) (Haute- 
Garonne) bei St. Gaudens auf einer aus Val d'Aure 
(Hautes-Pyren&s) stammenden, jetzt im Museum 
von Toulouse befindlichen Inschrift: Boceo Harou- 
soni M. Val. Fuscinus v. s. I. m. Rev. archeol. 
XVI 1860, 489 (= Roschach Catalogue nr. 180; 
vgl. nr. 187 Boceo Harausoni M. Val. Fuseus 



horn ahnle (vgl. Plin. XXIV 184. Etym. M. 207, 
35). Dieselbe Bezeichnung findet sich noch bei 
Rufus Ephesius, wahrend der Compilator seiner 
Werke, Aetios (Ausgabe des Rufus von Darem- 
berg p. 336. 393) dafur trjl K hat. Letzterer Name 
findet sich auch einmal bei Theophrast (hist. pi. 
Ill 17, 2), so dass es zweifelhaft erscheint, ob er 
damit den B. gemeint habe. Die Ps.-Hippokra- 
tiker haben teils aiyog xcQas (II 485 Kiihn), teils 
Fo- 40 povxegae (II 700), teils xijhg (HI 573). Sonst und 
spater findet sich, abgesehen von den Byzantinern, 
nur xfjhs und wird mit povxegae (Gal. XIX 89. 
Hes.), mit diesem und alylxsgag (Gal. VI 537) 
und auch mit diesen beiden und dem lateinischen 
fewnum graecum (Diosk. II 124. Plin. XXIV 184) 
identificiert. Die R3mer sagten fur den B. auch 
silioia (Plin. ebd. und XVIII 140) oder siliqiia 
(Col. II 10, 33. XI 2, 71), wovon wenigstens das 
letztere auch die Hulse der Hfilsenfruchte und 



i \ tt V i — iiT — ii n — , '"""" lc " rac *uxu u.ie iiuise not nuisenirucnte unc 

v. s. I. m.). Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. 50 das Johannisbrot bezeichnete. Der rOmische Vul 

Der Mfl.nnfinn.nrip Tinfoiio n T* HIT tt ^ia „ ;; j- , n , ^ . . . 



Der Mannsname Boeeus z. B, CIL II 410 

[Ihm.] 
Bochai (B6 X m Ptol. V 13, 9), ein im Bereich 
der mos'ehischen Berge nOrdlich vom Euphrates 
hausender Volksstamm Armeniens ; bei Gelegenheit 
des parthischen Feldzugs des Traianus im J. 114 
hatte Quadratus (bei Steph. Byz.) die Bonchai er- 
wahnt, (s. d.). Moses von Chorni (p. 35 ed. Sou- 
kry) kennt einen zwischen Taikh und Sa Mc'che 



garname faenum graecum (Col. a. a. 6.) zeigt, 
dass der B. den Romern durch die Griechen und 
zwar vor Cato bekannt geworden ist. Die zijhs, 
jedenfalls der B., wird von Dioskorides (III 41) 
mit einer bei Nola in Campanien wachsenden Me- 
lilotusart verglichen, die nur Melilotus italica Lam. 
sein kann. 

Gesat wurde der B. zum Futter fiir die Rinder 
(Cato de agr. 27) oder Schafe (Geop. XVHI 2, 6) 



gelegenen Gau Bucha, und Gonun erwahnt ein 60 in ungepflugten (Col. II 10, 33) und moglichst 



armenisches Geschlecht Bochaiunikh. Man kOnnte 
uberdies den in der iberischen Chronik p. 321 
Br. und bei Wachust erwahnten Ort Phoga oder 
Phoka vergleichen, welcher zwischen den beiden 
Anhohen Ahul siidlich vom See Pharawani liegt; 
vgl. Pagae. [Tomaschek.] 

Bochiana, altere Lesart fiir Boggiana, s. d. 

Bochoros (Bozogos), Babylonier, Richter (xgi- 



von Unkraut freien (Cato 35) Boden ; das letztere 
geschah wohl, weil das Jaten zu muhevoll war. 
denn Plinius (XVTII 140) sagt, dass der B. urn 
so besser fortkomme, je schlechter er behandelt 
werde. Die Saatzeit fiel, wenn es sich nur um 
Futter handelte, um das Herbstaequinoctium, wenn 
um die Gewinnung des Samens, um den 1. Fe- 
bruar (Col. II 10, 33; vgl. XI 2, 71. Pall. II 7. 



1 



X 8. Geop. XII 1,1); im ersteren Fall brauchte dicamenten besonders gegen Krampfe (Pelagon 

man sieben, im zweiten Fall sechs Modien zu 84. 85. 96. 113. Veget. VI 9, 3) und Hasten (Pe- 

'* }:'' rrT?? WUrde der Boden dicht ' aber nur la & on - aa ' 0( >. u. 480. Veget. VI 9) der Pferde 
am die lieie von vier Fingerbreiten womOglich angewandt. rOlckl 

mit kleinem Pfluge aufgerissen und der hinein- Bocociloa, beim Geogr. Rav. IV 27 p 241 

gestreute Samen mit der Hacke : beschuttet (Col. (zwischen Luco und Auguston), vermutlich = Dm 
II 10, 33. Pall. II 7 ; vgl. Plm. XVIII 140). Das Vocontiorum {ad Deam Bocontiorum Tab. Pent.). 
Tutter wurde im Juni geschmtten (Pall. VII 3, [ihml 

il" 1 Di Bv flan ^t-r 5 ? 1 l t ^ de ? Bo $ en aussau ? en ( Cato Bodas (Bodas), CasteU der Dioikesis Thrake, 

I ' Vnr- TV o ^ 56 X Im , J ' 301 n " Chr - koste ' 10nalle der Donau ' von Instinian I. erbaut, Prokop. 

ten 17,51 1 Samen 1,87 Mark (Ed. Diocl. I 18). de aedif. IV 11 (p. 307). [Oberhummer.] 

Das Kraut konnte in Wein, Ol und Briihe oder Bodencus s. Bodincus 

mit Brot in welchem Falle es den Kopf weniger Bodenkunde. Obwohl man die Thatsache 

beschwerte, genossen werden (Gal. VI 538. Apic. dass das a a<piov, eine ubrigens nicht genau be- 

211); es konnte sogar als Leckerbissen angesehen stimmbare Arzriei- und Gewiirzpflanze in Libven 

werden (Hist. Aug. Elag. 20), wurde jedoch in wild wuchs, aber in Ionien und der Peloponnes 

der Regel verschmaht (Ammian. Anth. Pal. XI trotz vieler Versuche nicht gezogen werden konnte 

413 , 3) oder durfte nicht in Menge genossen lediglich durch die Verschiedenheit des Bodens 

werden (Gal. VI 790).. Dagegen wurde es ge- erklaren wollte (Ps.-Hipp. II 327 K.), so war doch 
hraucht zur Parftimierung des Weins (Col. XII 20 im allgemeinen die Ansicht vorherrschend dass das 

20, 2) des Mostols (Col. XII 53, 1), des Pechs, Vorkommen der Pflanzen ebenso von klimatischen 

womit die Weinfasser im Innern iiberzogen wur- wie Bodenverhaltnissen abhiingig sei (Theonhr 

den (Geop. VI 7, 1. 2), der Trinkbecher (Cato bei h. pi. II 2, 7—10; c. pi. n 3 7 8 4 1 Plin' 

Fest. ep. p. 51, 2) oder um den Wein dauerhaft XVI 134f.). Als Baume, welche kaite Gegenden 

zu machen (Col. XII 21 3. 28, 1. Geop. VII 12, lieben, werden erwahnt Kiefer, Eiche, Edeltanne 

6; vgl. VI 7, 1). Beim OhvenOl erzielte man da- Buchsbaum, Kastanie, Linde und einige niedrige 

durch erne weisse Farbe , dass man in heissem Gewachse (Theophr. h. pi. IV 5, 1 • vgl 13 6) • 

Wasser maceriertes Kraut des B. und diinne Stficke warme Gegenden bringen aromatisc'here Pflanzen 

von fettem Fichtenholz und spater noch Honig- hervor (Theophr. c. pi. VI 18, 1). Auf der Insel 
bliiten und Inswurzel hineinthat und es der Sonne 30 Elephantine in Oberagypten und bei Memphis 

aussetzte (Diosk. I 32). Zu den Zeiten des Ko- sollten die Rebe und der Feigenbaum immergrun 

mikers Menandros bereitete man aus Olivenol, B. sein (Theophr. h. pi. I 3, 5. Varr 17 6- vgl 

und anderen aromatischen Stoffen eine beliebte Theophr. ebd. I 9, 5. Plin. XVI 81). In'kalteren 

Salbe (Plin. XHI 13), die Festgenossen des An- Strichen musste die Wintersaat friiher als in war- 

tiochos Epiphanes salbten sich mit einer aus B. meren bestellt werden (Cato agric 34 1 Col II 

hereiteten Salbe (Polyb. XXXI 4, 2) , und von 7, 2. 8, 2. 3. XI 2, 80. Plin. XVill 203) Das 

«iner ahnlich der ersten zusammengesetzten Salbe wichtigste Moment sollte der Wechsel der Jahres- 

spncht auch Dioskorides (I 57) ; nach diesem sollte zeiten mit seinen verschiedenen meteorologischen 

das Kraut jung, mcht zu aromatisch und von Erscheinungen sein, weshalb ein Sprichwort lautete : 
sussbitterlichem Geschmack sein und die Salbe 40 gro S yepst ovre agovga (Theophr c pi III 23 4 

mcht nur verschiedene medicinische Eigenschaften Plut. symp. VH 2, 3). Ein warmes und heite'res 

haben sondern auch Sommersprossen entfernen Wetter sagt mehr den schwachen Gewachsen das 

und iibernaupt einen Bestandteil von SchOnheits- entgegengesetzte den kraftigeren zu (Theophr c 

mitteln bilden. In der Medicin wurde der B. pi. HI 21, 3), der Weizen vertriigt mehr Regen 

vielfach angewandt. Er soUte die Malve ersetzen als die Gerste (ebd. 4). Der Regen nahrt die 

konnen (Gal. XIX 735), der Same eine erwiir- Pflanzen (ebd. I 5, 2. Plin. XVII 12), jedoch kann 

!^ de J (C ! ls - 1 11 33 - GaL n 537 ' XI1 14L XV diese Nahrung, wenn zu reichlich, von den Pflan- 

457) oder trocknende Wirkang haben (Plin. XXIV zen nicht verarbeitet werden (Theophr. c pi IV 

184), letztereauch sein Mehl (Gal. XI 729) ; dieses 12, 5). Am meisten nfitzt er im Winter, dann 
sollte auch eine erweichende und verteilende Wir- 50 vor dem Ausschlagen der Baume und wann die 

kung haben (Cels. n 33. Diosk. n 124 ; vgl. Plin. Frucht mOglichst entwickelt ist (ebd. H 2, 1. Plin 

a. a. O.), terner m Wein und Honig gekocht als XVII 17); besser ist der, welchen die Nord- als 

Umschlag gegen Ohrenleiden (Cels. VI 7, 1. Marc. der, welchen die Sudwinde bringen (Theophr. c 

Kmp. 9, 57), in Honig ^und Milch gegen Entziin- pi. H 2, 3). Die Winterkalte starkt die Wurzeln 

dungen (Diosk. a. a. O.) und mit einem Zusatz (Theophr. c. pi. in 21, 5. 23 5 ; vgl h pi IV 

von Leimsamen gekocht gegen Geschwulste am 14, 1), ebenso der Sehnee, welcher die Erde in 

££ o.A Sr Pp -T 5 T I 3) und Magenleiden (Plin. Garung bringt und lockert (Theophr. c. pi. Ill 

foV^iV w- r H *, ! VgL Marc - Era P- 20 ' 23 ' 4 ^ V S J - Plin - XVn 15 ) und da * telebende 

131) helfen. Haufig wurde der B. Klystieren zu- Princip der Erde (Ammoniak), welches durch die 
gesetzt (Cels. H 12 2. VII 27. Scrib. Larg. 118. 60 Ausdunstung verloren gehen wurde, zuruckhalt 

Ruf Ephes. p. 5. 48; vgl. Marc. Emp. 29, 56), (Plin. XVH 14). Daher ist der Winter fur das 

sollte ferner gegen Blasenleiden (Ruf. Ephes. 58) Gedeihen der Baume und deren Fruchtbildung 

und Podagra (Lucian tragoedop. 158; vgl. Scrib. ftirderlich, wenn er reich an Niederschliigen der 

L. 160., Marc. trap. 36, 45) u. s. w. und ein De- Nordwinde nnd an Sehnee ist und die Kalte sich 

l,* d< ^. , e ?l gepn f ran theiten des Uterus nicht bis zur Eisbildung steigert (Theophr c pi 

helfen (Diosk. II 124. Win. XXIV 184; vgl. 185 II 1, 2). Doch ist es ein Zeichen fur die Gute 

—187. Cels. V 21,2. Ps. Hipp. II 700). In der des Bodens, wenn er den Extremen der Witte- 

lierarzneikunde wurde der Same mit anderen Me- rung stand halt (Geop. TI 10, 1). Be«ser sind 



583 



Bodenkunde 



Bodenkunde 



584 



585 



Bodenkunde 



Bodenkunde 



586 



Nord- als Siidwinde, See- als Landwinde, weil sie 
kiihler sind, West- als Ostwinde (Theophr. c. pi. 
II 3, 1 ; vgl. 2, 4. Plin. XVII 10. 24. Geop. V 5, 
1); in Italien ist der niitzlichste der Nordwest- 
wind (Plin. II 127) , besonders fur die Baume 
(Plin. XVII 10. 18). Doch mussten z. B. die Reben 
gegen die kalten Nordwinde dadurch geschiitzt 
werden, dass die sie stiitzenden Pfahle an ihrer 
Nordseite in die Erde gesteckt wurden (Varro r. 



2 ; vgl. h. pi. IX 2, 3). Die nOrdliche Lage giebt 
gerade Stamme, .viel und festes Holz, selbst die 
Nordseite der einzelnen Baume hat dichteres und 
kraftigeres Holz (Theophr. h. pi. V 1, 11; vgl. IV 
1, 4). Die Weinpflanzung muss in kalten Gegen- 
den nach Siiden, in heissen nach Norden, in ge- 
massigten eher nach Osten als nach Westen liegen 
(Pall. I 6, 2; vgl. Col. I 12, 6); die Lage in der 
Ebene oder der Nordwind vermehrt die Quanti- 



r. I 26. Col. IV 16, 3. Plin. XVII 10). Nebel ist 10 tat, die hiigelige lage und der Siidwind bessert 



meist schadlich (Genp. V 5, 2), schadet in der 
Blfltezeit bei Windstille (Theophr. c. pi. II 7, 4; 
vgl. Plin. XVII 11) ; die Trauhen konnen ihn ver- 
tTagen (Col. Ill 1, 5. Pall. HI 9, 2), doch nur die 
friihreifen und hartschaligen (Pall. a. a. 0.), be- 
sonders aher die grossbeerigen von Eavenna (Plin. 
XIV 34; vgl. Col. HI 2, 27); gut thut er der 
Eiibe, dem Rettig und der Hirse (Cato 6, 1. Varro 
I 23, 7). 

Jede Pflanze liebt 
Boden (Theophr. h. pi. Ill 2, 5. IV 1, 1), die 
Baume einen andern als die Feldfriichte (Plin. 
XVII 25), weshalb z. B. die Ceder nirgends so gut 
wie auf den Bergen Syriens gedeiht (Theophr. 
ebd. V 8, 1). 

Was die Lage betrifft, so lieben die wilden 
Baume mehr die Berge und kiihle Gegenden 
(Theophr. ebd. HI 2, 4). Mit Ausnahme des Apfel- 
und Bimbaums haben die auf Bergen wachsenden 



die Qualitat des Weins (Col. Ill 2, 6. Pall. I 6, 
7). In Agypten und Numidien wurde sie am 
besten gegen Norden angelegt (Col. Ill 12, 6. Plin. 
XVIII 328), auch in Asien, Grieehenlarid, Spanien, 
an der Kiiste Italiens, in Campanien und Apulien 
(Plin. XVm 336), ja diese Lage hatten auch die 
meisten Weinpflanzungen in Gallia cisalpina (Plin. 
XVII 20). Der Olbaurn sollte dem Westwinde 
und der Sonne ausgesetzt sein (Cato 6, 2. Varro- 
auch einen besonderen 20 I 24, 1; vgl. Plin. XV 21. XVIII 337). 

Nach der naturliehen Gtite wird der Boden 
einerseits als fruchtbar (evyewg, xelsoipoQog, xqo- 
(pi/ios , feeundus , fertilis , frugifer, fructuosus, 
laetus, uber), kraftig (laxvQog, robustus, validus), 
fett (XuiaQog, niiov, maqog, pinguis, crassus) und 
feist (jiaxvg, opimus), andererseits als unfrucht- 
bar (Xvjcqos, tpavXog, infec-undus, sterilis), schwach 
(ao&svrjg, xevog, Xsitxog, Xemoyetog , exilis, tenuis), 
mager (macer), niichtern (ieiunus) und erschopft 



Baume gefarbteres , festeres und glatteres Holz, 30 (effetus) bezeichnet. Man sagt , dass der fette 



wie die Rotbuche, die Ulme und andere (ebd. Ill 
11, 5) , sie tragen , wenn sie auch in der Ebene 
schoneren Wuchs haben , selbst bessere Friichte 
(ebd. Ill 3, 2). Besonders gilt dies von der Kiefer 
und Edeltanne (ebd. Ill 3, 1. V 8, 3 ; vgl. Varro 
I 6, 4). Durch seinen Waldreichtum zeichnet sich 
Corsica am meisten aus (Theophr. ebd. V 8, 2), 
jedenfalls infolge seines iiberwiegenden Gebirgs- 
charakters. Wie bei den Baumen, so kommt es 



Boden mehr dem Getreide zutraglich sei, der 
magere den Baumen; denn das Getreide zieht 
seine Nahrung aus der Oberflache, die zu schnell 
bei magerem Boden austrocknet, die Baume aus 
der Tiefe (Theophr. c. pi. II 4, 2 ; vgl. I 18, 2). 
Da die Nahrung in einem fetten Boden far die 
Baume zu reichlich ist, so entwickeln sich diese 
zwar gut, erzeugen aber keine Frucht, weil diese 
nicht ausgereift wird; ein allzu fetter thoniger 



auch bei den Saaten sehr auf die Lage des Ackers 40 Boden tragt tiberhaupt nicht, weil er sehr trock- 



in Bezug auf Wind und Sonne an (Theophr. c. 
pi. HI 23, 5). Cato (1, 2; vgl. Varro I 7, 1. Plin. 

XVII 36) riet daher, bei dem Kauf eines Land- 
gutes darauf zu achten, dass es am Pusse eines 
Berges nach Siiden zu liege. Die Lage am Fusse 
eines Berges hielten auch Hyginus und Tremellius 
(bei Col. Ill 11, 8) als giinstig fur die Rebe. Eine 
sonnige Lage liebt der Weizen (Cato 35, 1. Plin. 

XVIII 164). Im allgemeinen gedeihen die Pflan 



net (Theophr. c. pi. II 4, 3) ; in unfruchtbarem 
Boden kommen aber auch Getreide und Gemiise 
fort (ebd. 5). Auf fettem gedeihen besser schwache 
Gewachse, auf magerem kraftige (Geop. V 2, 7), 
was auch fur starke und schwache Reben gilt 
(Col. arb. 3, 2) ; Attika zeigt, dass der Olbaum 
in schwachem am besten gedeiht (Geop. IX 4, 8). 
Im allgemeinen aher gedeihen die meisten Ge- 
wachse besser in fettem als magerem Boden (Col. 



zen am besten in der Ebene (Col. II 2, 3). Doch 50 n 2, 3), so besonders Weizen (Varro I 23, 2. Col. 



muss die Ebene etwas geneigt sein, der Hiigel 
sanft ansteigen, der Berg bewaldet und mit Gras 
bewachsen sein (Col. II 2, 1. Pall. I 5, 5; vgl. 
Varro 1 6, 6). Fiir Saatfelder eignet sich am besten 
die Ebene, fiir Weinpflanzungen Hiigel, fiir Wal- 
der die Berge (Varro a. a. O.). Hiigel und Berge 
geben wenig, aher guten Wein, feuchtes und ebenes 
Land vielen, aber schlechten (Col. arb. 3, 7 ; vgl. 
ni 2, 6}. Alle Baume wachsen gerade, glatter 



II 2, 17; vgl. Cato 6, 1. Plin. XVHI 163), auch 
der Dreimonatsweizen (Cato 35. 2. Plin. XVHI 
164; anders Theophr. c. pi. Ill 21, 2), Gemiise 
und Lein, wahrend ein schwacher Boden dem Cy- 
tisus und alien Hiilsenfriichten mit Ausnahme der 
Puffbohne (Cato 35, 1. Col. II 10, 5. Plin. XVIII 
163. Pall. XII 1, 3; anders Theophr. c. pi. Ill 21, 
3) und der Kicher (Theophr. Varro aa. OO. Plin. 
XVIII 165) besser zusagt ; das letztere gilt auch von 



und hoher, wenn sie an windstillen und schattigen 60 der Gerste (Theophr. c. pi. HI 21, 2. Plin. a. a. O. 



Orten stehen. ebenso wenn sie dicht gepflanzt 
sind ; denn wenn sie mehr in die Breite wachsen, 
wachsen sie weniger in die Hohe, und die Winde 
machen sie rauh und knotig, weil sie die Circu- 
lation des Saftes hindern (Theophr. c. pi. II 9, 1 ; 
vgl. h. pi. IV 1 , 5) ; besonders die Edeltanne liebt 
schattige Stellen, wahrend das Gegenteil von der 
Kiefer gilt (Theophr. h. pi. IV 1,1; c. pi. H 7, 



Plut. quaest. nat. 15. Geop. II 12, 1). Ein fetter 
Boden sollte mehr Saat als ein magerer (Xen. oec. 
17, 11. Theophr. h. pi. VIII 6, 2. Varro 144, 1) 
beansprucheu , doch wird mit Recht das Gegen- 
teil fiir den Weizen und Spelt (Col. II 9, 1. Pall. 
X 3, 1) wie fiir die Puffbohne (Col. II 10, 8. Pall. 
XII 1, 2) angegeben. Am meisten saugt den 
Boden der Weizen aus, weniger die Hulsenfriichte, 



weil ihre Bewurzelung nicht so stark ist, unter 
ihnen jedoch am meisten die Kicher (Theophr. h. 
pi. VIII 9, 1 ; c. pi. IV 8, 3), weil sie gerauft wird 
und salzig ist (Cato 37, 1. Col. n 10, 20. 13, 3. 
Plin. XVn 56; vgl. XVIII 124), und der Lein 
(Verg. Georg. I 77. Col. H 10, 17. 13, 3. Plin. 
XVII 56) und iiberhaupt alles, was gerauft wird 
(Cato. Plin. aa. OO.). 

In Bezug auf die Feuchtigkeit stehen sich 
gegenuber einerseits der feuchte (evix/iog, s<pvSgog, 
vygog, xa&vyQog, humidus, humeetus, udus, uvi- 
dus) und der nasse oder sumpfige (Sisqos, divypog, 

JjrojW/SpOf, SfipQwSrjg, iXddrjg, ^XtoSrjg, aqtlOSUS, 
vliginosus = kumidissimus Varro 1. 1. V 24 
oder — semper humidus Isid. in Gromatici vet. 
p. 369, 23, palttdosus, paluster), und andererseits 
der trockene (avSgog , tygog , siccus) und diirre 
(xax6.g~riQog , xsQi^-rjgog, aridm, peraridus). Fiir 
die FeldMchte (Xen. oec. 20, 12) wie alle Pflan- 
zen kann der Boden leicht zu feueht sein (Theophr. 
c. pi. II 4, 1. IV 12,4). Die meiste Feuchtigkeit 
vertrageu die Schwarz- und Silberpappel (Theophr. 
h. pi. IV 1, 1), die Weide (ebd. u. I 4, 2. Ill 13, 
7. IV 8, 1), Linde (ebd. IV 8, 1), Erie und Pla- 
tane (ebd.; vgl. I 4, 2. Ill 14, 3), Huflattich 
{Diosk. Ill 111); das feuchte Latium ist in der 
Ebene reich an Lorbeerbaumen, Myrten und Rot- 
buchen, in den Bergen an Kief em und Edeltannen 
(Theophr. h. pi. V 8, 3). Auf feuchtem Boden halt 
sich das Laub der Baume langer als auf diirrem 
und magerem (ebd. I 9, 7). Eher vertragt der 
Weizen als die Gerste die Feuchtigkeit (Theophr. 
c. pi. Ill 21, 4. Varro I 9, 4. Col. II 8, 3. 9, 5. 
13. 14. Plut. quaest. nat. 16. Pall. I 6, 16. Geop. 
II 13, 1. 2), besonders der Spelt (Cato 34, 2. Varro 
I 9, 4. Col. II 8, 5. 9, 3. Plin. XVIII 166). Ganz- 
lich unfruchtbar ist der nasse Boden, wenn er zu- 
gleich salzig und bitter ist (Col. II 9, 8. IV 22, 
8). Gesat sollte werden, wann der Boden trocken 
ist, also jedenfalls nicht um die Winterwende 
(Theophr. c. pi. LH 23, 1. 2. Col. n 8, 2. 4; vgl. 
Geop. H 14, 3), Weizen, Puffbohnen und Erbsen 
werden sogar in kotiges Land gesat (Geop. n 13, 
2. 3) , selbst die iibrigen Hulsenfriichte zwar in 
trockenes, aber bewasserungsfahiges Land (ebd. 4). 
In nassen Gegenden muss man die Wintersaat 
friiher als in trockenem unterbringen (Cato 34, 1. 
Plin. XVIII 196), umgekehrt die Friihjahrssaat 
(Cato 131. Plin. a. a. 0.). In trockenen und win- 
digen Gegenden sind die Pflanzen wohlduftender 
(Theophr. c. pL VI 14, 8). 

Was die Temperatur des Bodens anbetrifft, 
80 bringt der kalte (jinywdr/g, frigidus) nur ver- 
kflmmerte Gewachse hervor (Plin. XVII 33) oder 
Kiefer, Eibe (Verg. g. II 256) und Epheu (Veig. 
a. a. O. Plut. Alex. 35). Daher sollte der Boden 
fur alle Kulturpflanzen warm (fog/iog , calidus) 
sein (Geop. II 9, 2), fiir die Rebe eher warm als 
kalt (Graecinus bei Col. Ill 12, 4), aber nicht zu 
hitzig {xataxtxavfihog), weil dann keine Bewur- 
zelung mOglich sei (Theophr. c. pi. n 4, 1). Im 
Gegensatz zum Erdreich muss das atmospharische 
und anderes susse Wasser mOglichst kiihl sein 
(ebd. 6, 1). 

Dem Gewicht nach kann der Boden schwer 
(pafjvg, gravis) oder leicht (xov<fog, levis) sein. 
Jener kann leicht der Bearbeitung zu grosse 
Schwierierkeiten bereiten. dieser durch keine Kul- 



tur gekraftigt werden (Col. ni 12, 3); doch hat 
der leichtere Boden den Vorzug, dass er, wie in 
Campanien, leichter umgepfliigt werden kann 
(Varro I 20, 4; vgl. 9, 7). 

Der Consistenz nach kann der Boden zu 
dicht (nvxvog, densus, spissus) und zah {yliaxQog, 
lentus, tenax) oder zu lose sein (dpaio's, rarus). 
Jener birst in der Hitze (Graecinus bei Col. Ill 
12, 2), er lasst dem Regenwasser und der Luft 

10 schwer Zutritt (ebd.) , ist schwer zu zerkleinern 
(ebd.), so dass z. B. der bei Tifernum am Tibe- 
ris gelegene Acker bei der ersten Pftugfurche neun- 
mal gepflugt werden musste (Plin. ep. V 6, 10). 
Zwar muss der Boden durchlassig sein (Theophr. 
h. pi. I 7, 1 ; c. pi. I 12, 7. Ill 4, 1. Plin. XVIII 
110), wenn er aber zu lose ist, lasst er den Regen 
wie ein Sieb durch und wird von Sonne und Wind 
zu leicht ausgetrocknet (Graecinus bei Col. Ill 
12, 3). Doch ist der dichte in Kleinasien und 

20 Mysien besonders fruchtbar (Col. I pr. 24) und 
eignet sich mehr fur das Getreide (Verg. g. II 228), 
wie der zahe fiir die Kicher (Theophr. c. pi. HI 
21, 3), der lose dagegen fur den Wein (Verg. a. 
a. O. Graecinus bei Col. Ill 12, 4. Pall. II 13, 
1. 5). Sehr gepriesen wird der lockere Boden 

(svDqvjitos, [ialax6g, /lavog, \pacpaQog, evrwracius, 
puter, solutus, resolutus, tener), wie es denn auch 
der Zweck des Pfliigens ist, den Boden zu lockern 
(Verg. g. II 204. Col. II 2, 4), und aus demselben 

30 Grunde die Gruben zur Anpflanzung der Baume 
ein Jahr vomer anfgeworfen wurden (Theophr. c. 
pi. Ill 4, 1); besonders zu empfehlen ist er fur 
Cypressensaat(Cato 151, 2), fiir die Gerste (Theophr. 
h." pi. VHI 9, 1) und die Rebe (Col. Ill 11, 6), 
fiir diese namentlich, wenn sie schwarz ist (Geop. 
V 1, 1. 5). Diese Farbe hat auch der lockere 
(ptdlus) Boden Campaniens (Col. I pr. 24. Plin. 
XVII 25) ; er ist mit Ausnahme gerade des frueht- 
barsten Teils, des laborinischen Feldes siidlich von 

40 Capua (Plin. XVII 28, vgl. XVHI 111), leicht zu 
bearbeiten (Cato 135, 2. Varro I 20, 4. II 6, 5. 
Plin. XVII 37), weder feueht noch trocken (Plin. 
XVn 37. Geop. V 1, 2), doch nicht iiberall fur 
die Rebe am besten (Plin. XVII 25). Diese Pull- 
erde scheint identisch zu sein mit der heute in 
der romischen Campagna als terra morgana {si- 
licea-argillosa-ealcarea-vegetale) bekannten. Der 
fruchtbare vulcanische Boden Campaniens ist noch 
durch seinen Kaligehalt ausgezeichnet (Nissen 

50 Ital. Landeskunde I 264f.). Als den besten Boden 
sowohl fiir die Reben (Theophr. c. pi. n 4, 4) als 
fast fiir alle Kulturpflanzen bezeichnet Theophrast 
den, der locker, leicht, feueht (c. pi. IH 6, 8) und 
nicht kalt sei, weil er dann durchlassig und nahr- 
haft sei (ebd. II 4, 3), oder der aus den Gegen- 
satzen von dicht und lose, trocken und wasserig, 
leicht und schwer gemischt sei (ebd. H 4, 9). Da- 
her rat er auch, erschopftes Land durch Mischung 
verschiedener Bodenarten zu verbessern (ebd. Ill 

60 20, 3). 

Bei der Klassification nach den Bestand- 
teilen werden folgende Unterschiede gemacht: 
I. Der thonige oder lehmige Boden, welcher 
ubrigens in der Regel mit dem als fett, kraftig, dicht 
oder suss bezeichneten identisch ist (dgyiV.wSrjg, 
Xsvxoystoe, ojzddg, argillaceus, argillosus, creto- 
sus bei Col. Ill 11, 9, vgl. Pall. II 13, 4. I 34, 
3. X 1. 4: xioamxog , xsoautrig, creta figularis 



587 



Bodenkunde 



Bodenkunde 



588 



bei Col. VI 17, 6, auch eQip&Xag und eQi^mlog 
bei Horn. u. a.). Die weissliehe Walkerde, d. h. 
sehr fetter Thon, trocknet zu leioht und ist da- 
rum unfruchtbar (Theophr. c. pi. II 4, 3); auch 
der Topferthon iat der Rebe (Col. HI 11, 9. Plin. 
XVII 25. Pall. II 13, 4) und dem Olbaum (Col. 
V 8, 6. Pall, m 18, 2), der harte Tbon, weil er 
im Winter friert und bei Hitze birst, dem Ge- 
miise durchaus feindlich (Geop. XII 3, 1. 2), was 



trifft in einigen Gegenden Africas und Numidiens 
der lockere Sand selbst den kraftigsten Boden 
(Col. I pr. 24). Pur die Eebe wird der Sand 
teils als zutr&glich (Theophr. c. pi. II 4, 4), teils 
als unzutraglich bezeichnet (Col. Ill 11, 8), wenig- 
stens der reine Sandboden (Col. IV 22, 8). Am 
besten gedeiht in ihm die Lupine (Theophr. h. pi. 
VIII 11, 8. Cato 34, 2. Plin. XVIII 134) und die 
Eohlriibe (Col. H 10, 23. Pall. LT 10, 1), gar nicht 



alles fur den gewohnlichen Thonboden nicht gilt 10 das Gemiise (Geop. XII 3, 1). Gebessert wird er, 



(Col. Pall. a. a. 0.). In diesem gedeiht der Spelt 
(Cato 34, 2. Plin. XVIH 163), auch weisser Wein 
(Geop. V 2, 2), die Lupine dagegen hasst ihn (Plin. 
XVIII 135). Der an sich unfruchtbare reine Thon 
wird durch Mischung mit anderen Bodenarten 
(Theophr. c. pi. HI 20, 3), besonders Sand (Pall, 
a. a. O. ; vgl. I 5, 1) , nicht nur far die Saaten 
(Col. II 15, 4. Pall. X 1, 4), sondern auch fur die 
Rebe verbessert (Col. a. a. 0.). Wenn Theophrast 



wenn die Lupine nach der zweiten Bliite unter- 
gepfliigt wird (Col. II 15, 6. Plin. XVIH 135), 
oder durch Beimischung von Humus (Pall. 15, 1). 
Wenn er fett, d. h. wohl mergelhaltig ist, sagt 
er dem Olbaum (Col. V 8, 6. Pall. Ill 18, 3), 
wenn feucht, dem Pfirsich (Pall. XII 7, 2) und 
der Eastanie zu (Plin. XVII 147. Pall. XII 7, 19. 
Geop. X 63, 1). Der Earbunkel (earbunendus), 
d. h. der rote edle Granit, in Etrurien eine Sand- 



(c. pi. 114,4; vgl. HI 6, 8 und Geop. IX 4, 5) 20 art bildend (Vitr. H 6, 6), wird von der Sonne so 



den Thonboden, besonders die Uvxoystos yfj, weil 
feucht und lufthaltig, und Vergil (g. II 180) den 
mageren Thonboden als geeignet far den Olbaum 
bezeichnen, so behaupten Columella (V 8, 6) und 
Palladius (III 18, 4) das Gegenteil von dem Topfer- 
thon. Doch hat Theophrast wohl an einen koh- 
lensauren Ealk enthaltenden Thonboden, der auch 
heute fur den geeignetsten zu diesem Zwecke ge- 
halten wird, gedacht ; denn diesen, d. h. den Mer- 



erhitzt, dass er die Wurzeln der Saaten verbrennt 
(Varro I 9, 2), befordert jedoch , auf den Wein- 
garten gebracht, wenn verwittert, das Wachstum 
der Rebe (Col. HI 11, 7), oder, tuchtig zerschlagen, 
ist er der Eastanie gedeihlich (Pall. XII 7, 19; 
vgl. Plin. XVII 147) ; er wird auch fur die Linse 
empfohlen (Cato 35, 1). Auf Eies und Geroll- 
boden (ealeulosus, glareosus, rudeetus) sollen nur 
Rosmarin und niedriger Seidelbast(?) wachsen 



gel, identificiert Plinius (XVII 42) mit Xsvxdg- 30 (Verg. g, II 213), er wird aber doch fur die Lu 



yikXog yfj (Geop. a. a. 0.). Nach demselben unter- 
schieden ihn von anderen Bodenarten ausser den 
Griechen auch die Briten und Gallier unter dem 
Namen marga, doch spricht er nur von seiner 
Verwendung als Dunger, wozu man ihn auch nach 
Varro (candida ereta fossieia I 8, 7) verwandte 
und spater Palladius (eretae pidvis III 25 , 22) 
empfahl. Der Lettenboden (xoXXa>drjg, glutinosvs) 
zeichnet sich durch grosse Fruchtbarkeit in Elein- 
asien und Mysien aus (Col. I pr. 24), ist hingegen 40 
fur Gemiise iiberall untauglich (Geop. XII 3, 5). 
Der R6tel oder rote Thoneisenstein (rubricosus, 
terra rubrioa) ist zwar in manchen Gegenden 
fett und daher fruchtbar (Col. a. a. 0.), doch z. 
B. fur die Bewurzelung der Rebe wenig geeignet, 
weil im feuchten Zustande zu zah und im trocke- 
nen zu hart (Col. Ill 11, 10); doch gedeiht darin 
Spelt (Cato 34, 2) und besonders die Lupine (Col. 
H 10, 3) ; diese kann derartigem Boden, urn ihn 



pine (Cato 34, 2), die Linse (Cato 35, 1), die Eohl- 
riibe (Col. II 10, 23) und den Feigenbaum (Col. 
V 10, 9) empfohlen, ist bei Venafrum far die 
Olbaume sehr geeignet (Plin. XVII 31), sonst 
aber fur diese nicht (Pall. Ill 18, 4), falls er nicht 
Gestriipp hervorbringt (Verg. g, II 180), ebenso- 
wenig fur die Reben (Col. IV 22, 8), falls er nicht 
mit fetter Erde vermischt ist (Col. Ill 11, 7. Pall. 
II 13, 3). 

HI. Fur den kalkhaltigen Boden hatten die 
Alten zwar keine besondere Bezeichnung (vgl. o. 
Xevxoyetog und XsvxdqyiXXos) , doch gehort dazu 
der Tuff. In Campanien findet sich roter und 
schwarzer, in Umbrien, Picenum und Venetien 
weisser Tuff, welcher sich mit einer gezahnten 
Sage wie Holz schneiden lasst (Vitr. II 7, 1; vgl. 
Plin. XXXVI 167). Mergeltuff kann als Diinger 
verwertet werden (Plin. XVII 43) ; brockliger Tuff 
wird meist empfohlen (Plin. XVII 29), daher auch 



zu diingen, auch nach der dritten Blute unterge- 50 der harteste, wenn er tuchtig zerschlagen und ver 
pfragt werden (Col. II 15, 6. Plin XVLH 135). —'->—•-■->■ " " ",„ m ,._....:, ... ,- ^ , 

II. Der Sandboden (afifiw&rjs, rfrafifKodtjg), viel- 
fach mit dem schwachen, mageren, trockenen und 
warmen Boden identisch, kann groberen (sabulo- 
sus) oder feineren Sand {arenosus) enthalten. So 
soil die Eastanie den feinkornigen verschmahen, 
dagegen den groben, wenn er feucht ist, lieben 
(Plin. XVn 147. Pall. XII 7 , 19), doch scheint 
Columella (IV 33, 1) diesen Unterschied zu igno 



wittert ist (Pall. II 13, 3), besonders filr die Reben 
(Col. in 11, 7. Pall. H 13, 3) und die Eastanie 
(Col. IV 33, 1. Plin. XVII 147. Pall. XII 7, 19) ; 
der sandige ist zu venneiden (Pall. 15, 1), be- 
sonders fur die Rebe (Col. IV 22, 8). Der porose 
Ealktuff (pumex Plin. XXXVI 154) wird beson- 
ders getadelt (Plin. XVII 34). 

IV. Die terra amara, bitter infolge ihres 
grossen Gehalts an Magnesiumchlorid, gehort zu 



rieren, und er durfte wohl tiberhaupt hier nicht 60 den schlechtesten Bodenarten (Verg. g. II 238 
" T " ' ' Pall. I 5, 1); auf ihr werden die Erauter schwarz 



in Betracht kommen. Im allgemeinen ist der 
reine Sand den Pflanzen unzutraglich (Theophr. 
c. pi. II 4, 1. Col. V 8, 6. Pall. I 5, 1), weil er 
zu hitzig ist (Plin. XVIII 34), welcher Farbe er 
auch sei und selbst wenn er mit fetter Erde ge- 
mischt ist (Plin. XVII 25). Im weissen kommen 
Baumreiser nicht fort, ausser wenn er mit rot- 
lichem gemischt ist ('Varro I 9. 5). Doch tiber- 



und entarten (Plin. XVII 33), verdorrt die Rebe 
(Col. Ill 11, 9) wie von schmutzigem Rost (Col. 
Ill 1, 9) und wird der Geschmack des Weines 
verdorben (CoL Pall. a. a. O.). 

V. Dasselbe gilt von salzhaltigem Boden (<u- 
fivQog, salsus; vgl. Xen. oec. 20, 12. Theophr. c. 
pi. II 4, 12. Gpop. II 10, 7), welcher hoeh=tens 



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Bodenkunde 



Bodenkunde 



590 



den Vorteil gewahrt, dass in ihm weniger schad- 
liche Tiere entstehen (Plin. XVII 29). Ebenso ist 
salziges WasseT den Pflanzen schadlich (Theophr. 
c. pi. LT 6. 3), ebenso natron- und alaunhaltiges, 
(ebd. 5, 1); das Salzwasser schadet weniger den 
Baumen als dem Gemiise, thut aber dem Eohl, 
der Runkelriibe, der Raute und Rauke (ebd. 3) 
und unter den Baumen der Palme gut (Theophr. 
a. a. O. Geop. LT 10, 7. X 4, 2). 

Fiir die Beurteilung des Bodens dieut zu- 10 
nachst der Tastsinn. So ist der Tuff leicht zer- 
reiblich (Plin. XVII 29). Wenn angefeuchtete Erde 
an den Fingern klebt, so ist sie nicht nur fett . 
(Verg. g. II 250), sondern auch siiss und daher 
dem Getreide gedeihlich (Col. LT 2, 18. 20. Pall. 

I 5, 3). Denn auch der Geschmack ist wichtig 
(Verg. g. II 246) ; der siisse ist ein Zeiehen des 
fiir alle Eulturpflanzen gedeihlichen (Geop. II 9, 
2), des fetten und des Getreidebodens (Col. H 2, 
14); der Wein nimmt den Geschmack des Bodens 20 
an (Col. II 2, 20; arb. 3, 6. Geop. V 7, 2). Die 
schwarze Parbe ist ein gutes Zeiehen fiir die Gute 
des Ackers (Horn. II. XVIH 548; vgl. Plin. XVII 
37. Cato bei Plin. XVIII 34), denn ein solcher 
vertragt Regen und Trockenheit und vermag 
Warme und Feuchtigkeit aufzunehmen (Theophr. 

c. pi. II 4, 12 ; vgl. Geop. II 9, 1) ; besonders die 
Eicher verlangt schwarzen Boden (Theophr. h. pi. 
VIII 7, 2; c. pi. HI 21, 3). Ausgezeichnet ist 
durch solche nigra arena das Land am Nil (Apoll. 30 
Rhod. IV 267. Verg. g. IV 291) und am Euphrat 
(Prop. V 6, 84). Doch thut es die schwarze Farbe 
nicht allein (Pall. I 5, 2. 6, 1), da sie auch dem 
Sumpflande und den Salinenfeldern eigen ist (Col. 

II 2, 15. 16); so darf auch der schwarze Boden 
fiir den Wein nicht zu dicht sein (Geop. V 5, 1). 
Der schwarzen gleichwertig ist die Mischfarbe 
(Pall. 15, 1); mr zunachst steht die retliche 
(Geop. II 9, 2), und die rote Erde ist nur den 
Baumen unzutraglich (ebd. 4), besonders den 01- 40 
baumen, weil zu heiss (Geop. LX 4, 6), durchaus 
schlecht die weisse (Pall. I 5, 1). Ein grasreicher 
Boden conserviert das Wasser (Verg. g. II 251. 
Col. I pr. 25); das Wiesenland eignet sich, ob- 
wohl der Boden fiir die Rebe eher trocken als 
feucht sein soil (Graecinus bei Col. Ill 12, 4), 
fiir diese (Theophr. c. pi. HI 6, 8), sofern es leicht, 
aber nicht fett ist und das Regenwasser nicht 
bis zu dem Grundwasser durchlasst (ebd. II 4, 4. 

III 11, 3) und da die Rebe selbst viel Saft pro- 50 
duciert (ebd, III 11, 4) ; tiberhaupt ist grasiger 
Boden fiir sie (Verg. g. II 185), besonders fiir das 
arbustum und die Olivenpfianzung (ebd. 219-22), 
aber nicht fiir den Weizen (Cato 34, 2), die Wicke 
und den Bockshornklee (Cato 35, 1) gseignet. 
Heute wird in Italien ein feuchter Boden fur die 
Rebe in erster Linie perhorresciert (Ott. Ot- 
tavi Viticoltura, Casale 1885, 344), in Attiia da- 
gegen werden die, wie iiberall in Griechenland, 
am Boden lagernden Reben immer in leicht be- 60 
wassertem Lande der flachen Ebene, in den Thal- 
niederungen' und der Eiistenregion, am Rande der 
Olivenwalder und unter den Olbaumen selbst ge- 
zogen (A. Mommsen Griech. Jahreszeiten, Heft 

V 575) ; auch in der Peloponnes auf ebenem oder 
sanft geneigtem, fruchtbarem und tiefgrundigem, 
also stets auf dem besten Boden (A.Philipp- 
son D. Peloponnes 542). Im allgemeinen ist es 



ein Zeiehen guten Bodens, wenn kraftige Pflanzen 
darauf wild wachsen (Xen. oec. 16, 5. Diophanes bei 
Varro I 9, 7. Col. II 2, 14. Geop. II 10, 2), umge- 
kehrt, wenn Disteln, Gestriipp und kurzes Gras 
(Geop. a. a. O.). Den Getreideboden kennzeichnen 
Zwergholunder , Schlehendorn , Brombeerstrauch, 
Elee, Gras (Cato bei Plin. XVIII 34. Col. II 2, 20. 
Pall. I 5, 2), Sommereiche, wilder Birn- und Apfel- 
baum (Cato a. a. O.), Binse und Rohr (Col. Pall. 
a. a. O.) ; den Weinboden das Farnkraut (Verg. 
g. II 188. Plin. XVII 29), wilder Bimbaum, 
Schlehendorn und Brombeerstrauch (Col. HI 11, 
5. Pall. I 5, 4). Nach einigen ist es ein Zeiehen 
siissen Bodens, wenn darauf dicke Binsen, Rohr 
oder Brombeerstriiucher wachsen (Geop. II 10, 6). 
Das von den Flussen angeschwemmte Land ist 
fur alle Pflanzen zu empfehlen (Geop. II 9, 2), 
besonders fiir die Rebe (Verg. g. II 186. Hygin. 
und Tremell. bei Col. Ill 11, 8. Geop. V 1, 4), 
doch fiir diese nur, wo es keine Ealte und keine 
Nebel giebt (Pall. II 13, 3). Ein Boden, in dem 
Eisen rostet, ist unfruchtbar (Verg. g. II 220). 
Die Dichtigkeit des Erdreichs priifte man dadurch, 
dass man eine Grube machte , die ausgeworfene 
Erde wieder hineinwarf und mit den Fussen fest- 
stampfte; blieb sie dann fiber dem friiheren Ni- 
veau, so war das Erdreich dicht, fett oder gut, 
im andern Falle locker, mager oder schlecht (Verg. 
g. II 226—236. Col. II 2, 19. Pall. I 5, 3. Geop. 
II 11). Plinius (XVn 25—32) drilckt sich fiber 
die Zuverlassigkeit der genannten Indicien sehr 
skeptisch aus ; das zuverlassigste beruhe auf dem 
Geruch, wie denn der Boden, auf dem ein alter 
Wald ausgehauen sei, durch seinen eigentiimlichen 
Geruch seine Fruchtbarkeit beweise (ebd. 39); 
andrerseits wird dementsprechend ein iibel riechen- 
der Boden als ganzlich unbrauchbar bezeichnet 
(Geop. II 10, 10). 

Ein tiefgrundiger Boden eignet sich mehr fiir 
den Weizen (Theophr. c. pi. I 18, 1. Pint, quaest. 
nat. 15. Geop. LT 12, 1) als fiir die Baume (Theophr. 
a. a. O.) ; fiir letztere nur, wenn er locker, trocken 
und nicht fett ist (Theophr. c. pi. II 4, 10), oder 
auch selbst dann nicht (Geop. II 9, 3). Die Grie- 
chen behaupten, dass der Olbaum in tiefem Lande 
zwar gross , aber die Frucht mehr wasserig als 
olig werde (Pall. 16,9; vgl. Geop. IX 4, 6). 
Im allgemeinen muss der zutragliche Boden fur 
Getreide zwei, fur die Baume und Reben reich- 
lich vier Fuss tief sein (Col. H 2, 21. Pall. I 6, 
11), oder fiir die Feldfriichte einen, fiir die Rebe 
drei und fiir die Baume vier Fuss (Geop. H 10, 5). 

Ist der Untergrund felsig, wie in Syrien, 
muss man nicht tief pfliigen , weil sonst die 
Ackerkrume von der Sonne zu sehr ausgebrannt 
wird (Theophr. c. pi. Ill 20, 5). Ostlich von 
Tarent ist der Boden oben hart, in der Tiefe 
aber locker , und , obgleich wasserarm , ist er 
doch fruchtbar und giebt gute Weide (Strab. 
VI 281). Die beste Speltgriltze liefert in Cam- 
panien ein am Fusse nebliger Berge gelegenes 
Feld, das oben staubig, unten porOs ist und das 
Wasser aufsaugt (Plin. XVTH 110). Oft besteht 
die obere Schicht aus schwarzer Erde, die untere 
aus Thon und umgekehrt (Geop. V 1, 3). Den 
Olbaumen am dienlichsten ist der mit grobem 
Sande gemischte Thonboden, dessen untere Schicht 
kiesig ibt (Col. V S, G). Die Rebe liebt ein Erd- 



591 



Boderia 



Bodiocasses 



592 



reich, unter dem sich Steine beflnden, denn diese 
kiihlen und halten die Feuchtigkeit fest (Col. Ill 
11, 8), oder feinen Sand, unter dem sich Tuff be- 
flndet oder siisse Feuchtigkeit haftet. oder groben 
Sand, unter dem siisser Thon lagert, weil das 
untere Erdreich die Reben und Biiume ernahrt, 
das obere sie schfitzt (Col. arb. 3, 6. 7). In der 
oberen Schicht schaden Steine den Eeben und 
Baumen, in der unteren erfrischen sie dieselben 



Ostkiiste des nGrdlichen Britannien, wohl etwa dem 
Firth of Forth in Schottland entsprechend. 

[Hiibner.j 
Bodetia, Ort in Ligurien, an der Strasse von 
Luna nach Genua (It. Ant. p. 294), 27 mp. von 
Boaceae (s. o. S. 572, 23), also im oberen Varothale, 
vor dem Ubergang fiber den Appennin in der Nahe 
des jetzigen Carrodano; s. Boron Nr. 2. Die Ver- 
mutung Wesselings, es sei identisch mit dem 



/ 1.3 n\ • j tT — — "™"'"""' iiiuuuug uDoscjiugo, ch sei iiieniiscn mix uem 

(ebd. 7); m der oberen machen sie im Winter das 10 von Ptol. Ill 1, 47 genannten BovSeXla wird von 
Jirdreich kalter. im Sommer beisser. in der nnferPTi Miiller.? rl St .n.f.v»iw;.„.. rrj„i„„„ i 



Erdreich kalter, im Sommer heisser, in der unteren 
niitzen sie nur (Pall. I 6 , 17). Wahrend daher 
der gute Landwirt Steine aus der Erde entfernt, 
ist dies bei Syrakus nicht angebracht, da sie das 
Getreide dort vor dem Einfluss der Kalte sehiitzen 
(Theophr. c. pi. m 20, 5). 

Gutes Wasser findet sich reichlich in fest- 
gelagertem grobkornigem Sande, in feinem Sande, 
Karbunkelboden und im roten Tuff (rubro saxo 



Miiller z. d. St. zuriickgewiesen. [Hiilsen.] 

Bodincomagus (Plin. n. h. Ill 122. CIL YI 
2613; Einwohner Eodineomagenses, CIL V 7464), 
der alte einneimische Name von Industria (jetzt 
Monteu da Po) am Padus, nach dem alten Namen 
dieses Flusses Bodincus, den Inschriften zufolge 
noch anfangs der Kaiserzeit in Gebrauch. S. In- 
dustria. Mommsen CIL V p. 845. [Hiilsen.] 
Bodincus (Bodtyxog Polyb. II 16, 12, Boden- 



~7~ ""™ ~r -~" -"- "" "X;i , V'»i"« a"^", uuumcus (Dootyxog roiVD. 11 ID, iz, maen- 

Vitr VIE M. Phn. XXXI 48. Pall. IX 8, 2; 20 cm die Hss. bei Plinius, doch spricht auch der 



vgl. Geop. H 5, 1. 6, 35. 36); in letzterem ist es 
auch kuhl (Plin. XXXI 47), im Thon suss (Plin. 
a. a. 0. Geop. II 5, 7. 6, 35). Siisses Wasser 
enthalt auch der Boden, anf welchem Binse, Eohr, 
Lotos und Brombeerstrauch wachsen (Geop. II 5, 
16; vgl. 10, 6). Bei Anlage von Brunnen lasst 
auf Wasser in einem Boden, der nicht in einer 
Einsenkung liegt, das Vorkommen von Binsen und 
Rohr schliessen (Vitr. VIII 1, 3. Plin. XXXI 44 



inschriftlich stets Bodincomagus lautende Stadt- 
name fur die Form mit i), Name des Po in seinem 
Oberlaufe, nach Plin. Ill 122 liguriseh und ,der 
Gnindlose' bedeutend; vgl. Nissen Ital. Landes- 
kunde 183. F. Riihl in Bezzenb. Beitr. XXI 
1895, 171. [Hiilsen.] 

Bodinoi (BmStvol), bei Ptol. Ill 5, 10 eine 
Velkerschaft in Sarmatia nordiistlich vom Kar- 
pates nahe dem Borysthenes, zwischen den Gevinoi 



t> ii w o r /-i v tt ' -a-a-a-i *t. i>Mc» iiaue uem norysmenes, zwiscnen aen (ievinoi 

Pall. IX 8, 4. Geop. II 4, 1. 5, 4. 6, 23), nachst- 30 {revival) und den aus gelehrter Tradition auf 
dem, wenn auch weniffer sicher fPlin a. n HI v™ mramra»n»n Amo^i™, - nir™ u-am- „:» fti. j;. 



dem, wenn auch wemger sicher (Plin. a. a. 0.), von 
wildem Weidenbaum , Erie, Keuschlamm, Epheu 
(Vitr. Pall. a. a. 0.), Hundszahn, Brombeerstrauch, 
Blumenbinse, Schachtelhalm, kriechendem Ganse- 
fuss u. s. w. (Geop. II 5, 4. 6, 23). Den Stand des 
Grundwassers bei Anlage von Brunnen ermittelt 
man auf folgende Weise. Wenn man ein minde- 
stens fiinf Fuss tiefes Loch grabt, in dieses ein 
bronzenes oder bleiernes und innen mit 01 be 



genommenen Amadokoi. Man halt sie fur die 
Budinoi Herodots, und C. Miiller vermutet so- 
gar in Gevinoi die alten Gelonoi. Das waren 
starke Entstellungen wohlbekannter Namen; zu- 
mal der o- Vocal in B. fallt auf. Eher diirften 
hier slawische Volksabteilungen vorhegen und 
konnten die B. thatsachlich als ,Wasserleute' ge- 
fasst werden , von slaw, u-oda, adi. wodinu, wo- 
dmii, vgl. Namen wie Vodmiea, Vodmwi. Bm- 



strichenes Gefass von etwa 3V 4 1. Eauminhalt 40 Sivov o'^o? versetzt Ptol. Ill 5, 15 an die nord- 



oder ein ungebranntes irdenes Gefass umgestiilpt 
hineinsetzt und mit Zweigen und Erde bedeckt, 
und am folgenden Tage das Gefass mit einer mehr 
oder minder starken Wasserschicht uberzogen findet, 
so lasst dies auf den Wassergehalt schliessen 
(Vitr. VIII 1, 4. Plin. XXXI 46. Pall. IX 8, 5. 6 ; 
vgl. Geop. II 4, 2. 3. 6, 42—45). Dasselbe ist der 
Fall, wenn man Wolle (vgl. Geop. II 5, 10) in die 
Grube legt oder eine brennende Lampe hineinsetzt 



liche Quelle des Borysthenes, also in den Bereich 
der Waldaihohe; darauf ist nicht viel zu geben, 
da Marinus das Innere Sarmatias mit imaginaren 
Bergziigen ausgefiillt hat. [Tomaschek.] 

Bodiocasses, Volk im nordwestlichen Teile 
von Gallia Lugudunensis , um Bayeui (dep. Cal- 
vados), nur von Plin. n. h. IV 107 erwahnt 
(neben den von den B. zu trennenden Viducasses). 
Nicht sicher, aber wahrscheinlich ist es, dass 



und sie wie das Gefass iiberwOlbt, worauf jene, 50 hiermit identisch sind die OvaSixdawi (Ovadi- 



wenn sie feucht ist, und diese, wenn sie erloschen 
ist, den Wassergehalt anzeigt ; ebenso wenn man 
in der Grube Feuer anziindet und das so erwarmte 
Erdreich einen nebelartigen Dunst aushaucht (Vitr. 
Plin. a. a. 0. Pall. IX 8, 7). Bilden sich bei dem 
erwahnten Versuch mit dem Gefass Tropfen, so 
findet sich das Wasser in seiner Umgebung; ist 
dasselbe nur von einer diinnen Schicht wie ange- 
haucht, so findet sich das Wasser in sn-Osserer 
Tiefe (Geop. II 4, 4). 

Magerstedt D. Feld-, Garten- u. Wiesenbau 
d. Eomer (Sondersh. 1862) 69—93. 207—218. 
S e i d e n s t i c k e r Waldgeschiehte d. Altert. (Frankf 
a. 0. 1886) I 79-95. II 46—60. [Olck.] 

Boderia (Ptol. LT 3, 4 Bo&egia eiaxvan; beim 
Geogr. Eav. 438, 5 Bdora), nach Tac. Agric. 23. 
25 Bodotria oder nach den Spuren der Uberliefe- 
rung Bodoeria aestuarium , eine Einbucht in der 



xaoami) des Ptol. II 8, 11, die er mit der Stadt 
Notofiayog nach den Mi).bm ansetzt xoog rij Bs/.- 
yixfj (die Bidovxdoioi = Viducasses bei Ptol. II 
8, 5). tjber die urspriingliche Namensform kann 
also Zweifel obwalten. Ganz unwahrscheinlieh 
ist die bei Holder Altcelt. Sprachsch. s. v. fur 
Strabo IV 186 verzeichnete Erganzung §m dk 
xai 6 "Aqciq ix Tarn 'A^stav oqIlu>v Srjxovarovg 
rf xai AiSovovs xai Ai'yfyovag xai OvadtJ xaaiovq. 
60 Ihre Hauptstadt war ohne Zweifel Augustodurum 
(s. d.), die spatere civitas Bawcassium (Bayeux), 
Not. Gall. LI 3; vgl. Auson. prof. IV 7 (p. 52 
Peiper) tu Bagocassi (lies Baiocassi) stirpe Drui- 
darum satus und den Artikel Baiocas (wei- 
tere Zeugnisse bei Holder a. 0.). Sidon. Apoll. 
ep. IV 18, 2 erwahnt praedia Baiocassina. Die 
Einwohner Baiocassini (,le Bessin') Greg. Tut. 
u. a. {Baiocasinsis civis Greg. Tur. virt. Martini 



593 



Bodiontici 



Boedromia 



594 



II 53). Der Name ist verschieden gedeutet wor- 
den , beide Bestandteile kehren in anderen galli- 
schen Namen wieder, Gliick Kelt. Namen 52. 
81f. 162. Holder a. 0. s. bodio und cassi; vgl. 
D esj ardin s Geogr. de la Gaule I 338ff. n 492ff. 
Longnon Geogr. 238. [Thm.] 

Bodiontici, Alpenvolk, zur Provinz Gallia 
Narbonensis gehorig, mit der Stadt Dinia (jetzt 
Digne), Plin. n. h. HI 37; vielleicht identisch 
mit den Brodiontii der Inschrift von Tropaea 
Augusti bei Plin. Ill 137. Z euss Die Deutschen 
208. Desjardins Gtogr. de la Gaule II 228f. 
Hirschfeld CIL XII p. 49. 184. Auf der Grab- 
schrift eines Soldaten der eoh. Ill Alpinorum 
aus Dalmatien CIL III 9907 (bei Knin gef.) wird 
alsHeimatsbezeichnung do[m]o [Bod]ionii(c)u[s] 
angegeben. Eine andere ebenfalls in Dalmatien 
gefundene las 0. Hirschfeld CIL III 8495 
Vanaius Verne . . . domo Bodion[t(ieus)] m(iUs) 
cohforiisj IH Alp(inorum) ; nach dem Gipsab- 
guss, der 1892 in das Landesmuseum von Sara- 
jevo gelangte, soil die Lesart, wie K. Patsch 
Mitteilungen aus Bosnien und der Hercegovina I 
(1893) 331 ausfiihrt, so zu verbessern sein Va- 
naius Veniofnis] filfius) domo Bodionae cq(uts) 
eoh. Ill Alp. Eine Ortschaft Bodiona war bisher 
unbekannt. Der Name Bodionius auf der Inschrift 
CIL V 7885 (bei Nizza). [Dam.] 

Bodlliei'ei S. Navrtxog roxog. 

Bodmilkar s. Bomilkar. 

Bodonaios (Bcodarvatog). Wer bei Homer statt 
Aaidcbvrj schrieb Bcoftmvr), musste naturgemass 
auch Horn. II. XVI 233 Zeus B. statt Zeus Do- 
donaios setzen; vgl. Schol. Horn. II. XVI 233. 
Steph. Byz. s. BcoSd>vt] und A aidmvtj ; s. D o d o n ai o s. 

[Jessen.] 

Bodone (Ba>d<x>v,Ba>5d>vti), dialektischeNeben- 
form zu Acodiorrj (s. d.), zu dem es sich wie 
BsXtpoC (s. d.) zu Aeltpoi verha.lt, Schol. II. XVI 
233. Steph. Byz. s. BoiSoyvrj vgl. mit p. 247, 7 
Mein. G. Cur tins Griech. Et.M88f. Meister 
Gr. Dial. I 301. Uber die Annahme eiiier thes- 
salischen Stadt dieses Namens s. Dodone. 

[Oberhummer.] 

Bodonias, Ort in Gallia Lugudunensis, vom 
Geogr. Eav. IV 26 p. 235 neben Aurelianis, dem 
heutigen Orleans, genannt. [Ihm.] 

Bodonos (Badcovog), eponymer Heros der tbes- 
salischen Stadt B(o5a>vi], Steph. Byz. [Tiimpel.] 

Bodorecas nennt der Geogr. Eav. IV 24 p. 
227 unter den am linken Eheinufer gelegenen 
Stadten nach Mainz und Bingen. Yermutlich 
= Baudobriga (Itin. Ant.), s. d. Nr. 1. [Ihm.] 

Bodostor s. Bos tar. 

Bodotria s. Boderia. 

Bodua (Var. Bodia) mom, bei Iul. Honorius und 
Ethicus, Geogr. Lat. min. ed. Eiese p. 25. 41. 85 
und p. 45. 87 : fl. Asdrubelfenja nascitur in monte 
Bodua, inrumpens montem Caueasum. Alle Ver- 
mutungen unsicher, hochstens des Ptolemaios Bw- 
Stvov 8{>og (HI 5, 15) liesse sich vergleichen. 

[Tomaschek.] 

Bod nil go nennt der Geogr. Eav. IV 26 p. 231 
zwischen Eugium (Tugium, heute Zug?) und Arbor 
felix (jetzt Arbon); der Ort ist also in der heutigen 
Schvveiz zu suchcn (am Bodensee?). Holder Alt- 
celt. Sprachschatz s. v. verweist auf den ligurischen 
Namen des Po Bodeneos. Bodincus. ■ [Ihm.] 



BodnognatuS; Fuhrer der Nervier in ihrem 

Kampfe gegen Caesar im J. 697 = 57, Caes. b. g. 

II 23, 4. [Klebs.] 

Bodua (dews), erwahnt auf der spanischen In- 

' schrift CIL II Suppl. 5670 (Eph. epigr. II 294). 

Sonst nicht bekannt. |Thm.] 

Boedas (Boedas d. i. BolSag Bechtel), Erz- 
giesser, Sohn und Schuler des Lysipp, von dem 
nur ein einziges Werk ein adorans genannt wird 

10 (Plin. n.h. XXIV 66. 73). Dass dieses, wie oft 
vermutet wurde, in der Berliner Bronzestatue des 
sog. betenden Knaben (Beschr. d. ant. Skulpt. 
d. Berl. Mus. nr. 2) erhalten ist, lasst sich bei 
dem ausgesprochen Lysippischen Charakter dieser 
Statue, namentlich des Kopfes, nicht direct ab- 
weisen, aber auch nicht stricte beweisen. Die 
geringe Beriihmtheit dieses Kttnstlers legt es nahe, 
inn mit dem Boedas (so die massgebenden Hss. ; 
friihere Lesart Bedas) zu identilicieren , den Vi- 

20truv HI pTaef. 2 unter den trotz ihrer Tiichtig- 
keit zu keinem besonderen Eufe gelangten Bild- 
hauern aufzahlt. Das Ethnikon By%antius wurde 
sich leicht durch die Annahme erklaren, dass B. 
in Byzanz thatig gewesen sei und dort das Biir- 
gerrecht erlangt habe. Ob der bei Tatian c. Gr. 
52 als Verfertiger einer Statue der Myrtis, der 
Lehrerin Pindars, genannte Boiaxog von diesem 
Boidae verschieden oder ganzlich apokryph ist, 
lasst sich nicht entscheiden. [C. Robert.] 

30 Boedinus pagns, im Gebiet von Superaequum, 
CIL IX 3311. [Hiilsen.] 

BoSdria (BorjdQia) , schilfreiche Gegend in 
Boiotien unweit der Miindung des Kephisos in 
die Kopais, Theophr. h. pi. IV 11, 9. 

[Oberhummer.] 

Boedromia (Bor/SQOfiia) hiess ein dem Apollon 

in Athen gefeiertes Fest (Plut. Thes. 27, Philo- 

choros bei Harp. Etym. M. 202, 45). Der Tag 

ist nicht sicher, vielleicht war es der siebente 

40Boedromion (vgl. MullerDorerI331. A. Momm- 
sen Heortol. 21 Iff.). Apollon wurde dabei als 
der Heifer in Schlachten verehrt. Uber die Stif- 
tung des, wie es scheint, sehr alten Festes haben 
sich verschiedene Legenden erhalten. Plutarch 
a. a. 0. bringt es mit dem Kampf des Theseus 
gegen die Amazonen in Zusammenhang, Philo- 
choros a. a. 0. und Pausanias Vn 1, 2 mit dem 
Kampf des Erechtheus gegen die Eleusinier, wo 
Ion oder Xuthos (Eur. Ion 59ff. Etym. M. und 

50Suid.; vgl. Schoemann De comit. Ath. 351) 
den Athenern Hulfe gebracht habe. Es scheint. 
dass die Sage von Menschenopfern zu berichten 
wusste, die einst dem Apollon Boedromios oder 
vielleicht ihm und der Artemis zusammen (vgl. 
Stengel Griech. Kultusalt. 90f.) vor der Schlacht 
gebracht wurden. Von Erechtheus wird dies uber- 
liefert (Lyk. Leokr. 24. Apoll. bibl. IE 15, 4. 
Eurip. frg. 359. [Demosth.] LX 27. Suid. s. ticlq- 
divoi), in der Erzahlung vom Opfer des Theseus 

60 (Plut. a. a. 0.) weist der Ausdruck o<payiaodfuvog 
darauf hin (vgl. Stengel Herm. XXI 308. XXV 
324), und auch eine Erzahlung des Pausanias 
(IX 17, 1) bestatigt diese Yernratung: in einem 
Kriege mit Orchomenos erhielten die Thebaner 
vor der Schlacht das Orakel, sie wurden siegen. 
wenn jemand aus dem edelsten Geschlechte sich 
selber opfere. Die Tochter des Antipoinos geben 
sich daranf den Tod und werden in dem Tempel 



595 Boedromion 

der Artemis Eukleia nahe bei dem Apollon Boe- 
dromios begraben. Sind diese Combinationen 
richtig, so haben wir fur die spatere Zeit bei 
der Festfeier einen Ersatz fur die Menschenopfer, 
d. h. symbolische Handlungen und Opfergebrauche, 
anzunehmen, die an jene erinnerten, und zugleich 
gewinnt an Wahrscheinlichkeit, dass das Fest 
sich dem der Artemis Agrotera am 6. Boedro- 
mion gefeierten anschloss (vgl. Stengel Griech. 
Kultusalt. 91f.). v. Wilamowitz Aristot. u. 10 
Athen I 250. 

Vermutlich gab es aueh an andern Orten Grie- 
chenlands B. Fiir Theben ist, wie wir gesehen 
haben, ein Apollon Boedromios bezeugt (s. aueh 
Kallim. hymn. Apoll. 70 und vgl. Stephani 
Apoll. Boedrom., Leipzig 1860), und in vielen 
andern Staaten gab es wenigstens einen Monat 
Boedromion (s. d. und unter Boedromios). Vgl. 
ausser den bereits genannten Werken Hermann 
Gottesd. Alt. 2 § 55, 4f. Welcker Griech. 20 
Gfitterl. I 535. Panofka Arch. Ztg. VII 87. 

[Stengel.] 
Bogdromjon (Borj$QOfii.c!>v), Monatsname des 
ionischen Kalenders (Nebenform Badgofiicov) und 
in der Form BaSgo^coe (aueh BaTgofiios) aueh 
dem Kalender der kleinasiatischen Dorer angehorig. 
I. BorjdQopiiwv. 1) In Attika (vgl. CIA I 1. 
28&. II 314. 316. 467. Ill 5 u. 8.), Herbstmonat 
zwischen dem Metageitnion und dem Pyanopsion 
gelegen, friiher der dritte, spiiter der erste Monat 30 
(s. Neujahr). Die Alten erklaren die Entstehung 
des Namens aus der Festfeier der Boe'dromia, 
bezw. aus dem Apollon gegebenen Beinamen Botj- 
dgofiwe ; die Verschiedenheit in der Bezeichnung 
des Anlasses, aus dem die letztgenannten Namen 
abgeleitet werden, ist hier irrelevant (Plutarch. 
Thes. 27: Kampf des Theseus gegen die Ama- 
zonen; Et. magn. p. 202, 49: Kampf zwischen 
Athen und Eleusis). Gleichungen mit anderen 
Kalenderdaten : in dem vorgeblichen Briefe des 40 
KOnigs Philippos bei Demosth. XVIII 157: firjvog 
Aqiov <og rjfisls ayofiev, (bg de 'Adi^vaioi Boyj6qo- 
fii&vog, dts Sk Koqiv&ioi Jlavrffiov. Vgl. sonst noch 
z. B. CIG 1688. Plut. Camill. 19; Demetr. 26. 
2) In Olbia, CIG 2059 = Latyschew Inscr. 
orae sept. Ponti Eux. I nr. 22. 3) In Lampsa- 
kos, CIG 3641b. 4) In Priene, CIG 2906 = 
Hermes IV 107. 5) In Chios, Bull. hell. Ill 
1879, 242 Z. 53. 

n. Badgdfitos. 1) In Knidos, Newton 50 
Halicarnassus II 758 nr. 44. 2) In Kos, Paton 
Inscr. of Kos nr. 27. 29. 38, und Kalymna, Ancient 
greek inscr. of the brit. Mus. 299 a Z. 26, vgl. 
Bischoff Leipziger Studien XVI 1894, 148 und 
Paton Inscr. of Kos p. 326ff. 3) In Ehodos, s. 
die Amphorenstempel IGIns. I 1091,5. 1095, 2 
1139, 6. 7. 1152, 5 u. 0. IGI 2393, 9. 49. 53. 
63. 154 u. 5. Bischoff a. O. 152. Ob nicht 
aueh das Citat aus Theognis bei Athenaios VIII 
360b (rai Borj&eofiicbvi fiyvi) sich vielmehr auf 60 
den Badromios bezieht? Sinnverwandt ist der 
Monatsname Boathoos des delphischen Kalenders. 

[Kubitschek.] 
Boedromios (BotjSQOfiioe). Epiklesis des Apol- 
lon als des Heifers im Streit (Kallim. hvmn. II 69) 
a) in Athen, wo ihm zu Ehren die Boedromia (s. 
d.) gefeiert wurden. In einer Schlacht, und zwar 
entweder im Amazonenkampf oder im Krieg mit 



Boethius 



596 



den Eleusiniern, sollte der Schlachtruf, mit dem 
Apollon B. angerufen wurde , und der Beistand 
des Gottes zum Siege gefilhrt haben; Philochor. 
frg.88. Plut. Thes. 27. Schol. Kallim. hymn. II 69. 
Macrob. sat. I 17, 18. Etym. M. s. fiotjSQOfieTv und 
Botjd(>ofiid>v. Suid. s. Bor\dQOfA.ia. Harpokr. s. Botj- 
SQdfua; b) in Theben, wo bei dem Tempel der 
Artemis Eukleia eine Statue des Apollon B. stand, 
Paus. IX 17, 2; c) vermutlich aueh in manchen 
anderen Orten, wie ja der diesem Gotte geltende 
Monat Boedromion (s. d.) fur viele StiLdte be- 
zeugt ist. Vgl. Stephani Apollon Boedromios 
52ff. Mil chh fife r liber den attischen Apollon, 
Miinchen 1873 p. 78. Boscher Apollon und Mars 
71- [Jessen.] 

Botjyia s. Taurokathapsia. 

BBser Blick s. Fascination. 

BoBthene (jBoj^vjJ), Epiklesis der Meter in 
einer Inschrift aus Ikonium, CIG 3993. Das Wort 
ist gebildet wie so viele Epikleseis der Meter 
(z. B. Dindymene, Sipylene, Plakiane, Phasiane) 
von einem Berg, Ort oder Fluss Boethos. 

[Jessen.] 

Boethius. 1) Praefectus praetorio Italiae im 
J. 454, wird gemeinsam mit seinem Freunde Agtius 
in Eom ermordet, Mommsen Chron. min. I 303. 
483. II 27. 86. 157. Joh. Ant. frg. 201, 4. 

2) Nar. Manlius Boethius, Praefectus praetorio, 
Praefectus urbis Romae II, Patricius, Consul im 
J. 487. Dessau 1301. [Seeck.] 

3) Anicius Manlius Severinus Boethius (junior: 
iiber den Namen vgl. de Rossi Inscr. Christ. I 
p. 443 und Usener Anecd. Hold. 43; dazu aueh 
O. Jahn Ber. d. Sachs. Ges. 1851, 327ff. 354f.), 
Sohn des Consuls vom J. 487 (Nr. 2), nacb dessen 
Tode er, wie es scbeint, von Symmachus aufge- 
nommen und erzogen wurde (phil. consol. II 3), 
dessen Tochter Rusticiana (s. d.) er dann heiratete. 
Seine Geburt fallt wahrscheinlich in das J. 480 
oder eines der nachstfolgenden Jahre (Usener a. 
a. O. 40). Schon im J, 507 war er durch seine 
gelehrten Studien bekannt, war schon Patricius 
und wurde zu verschiedenen Specialmissionen, die 
im Bereiche seiner Studien lagen, von Theoderich 
verwendet (Cassiod. Var. 1 10. 45. H 40). Welches 
hOhere Amt ihm vor Bekleidung des Consulates 
im J. 510 iibertragen worden, lasst sich nicht 
ausmachen; das Consulat hat er, wenn man in 
Betracht zieht, einer wie vornehmen Familie er 
angehorte, keineswegs besonders friihe iibernom- 
men (vgl. Mommsen im Index der Cassiodor- 
ausgabe s. v.). Er gehOrte eben, wohl mehr in- 
folge seiner Lebensstellung und Familientradition 
als infolge irgend welcher politischer Thaten jener 
Gruppe von specifisch romischen Granden an, 
welche widerwfilig die Barbarenherrschaft ertrug 
und auf Rettung von Constantinopel hoffte. Indes ' 
wurde dieser gegen die Ostgothen bestehende Ge- 
gensatz erst seit dem Regierungsantritte Kaiser 
lustins aueh von Constantinopel her eifriger ge- 
schflrt, natiirlich doch ohne dass man vollstandig 
Farbe bekannt hatte. In dieser Zeit (522) war 
es, dass seine beiden Sohne, die noch Knaben 
waren, offenbar zur Auszeichnung fur den Vater, 
gemeinsam zu Consuln erhoben wurden und B. 
dafiir dem Theoderich im Senate eine feierliche 
Lobrede Melt (phil. cons. H 3. Anecd. Hold.). Es 
gehOrte zum Charakter dieser Opposition, dass sie 



597 



Boethius 



Boethius 



598 



sich nicht gerne stark exponierte, und wenn wir 
dem Ennodius glauben kflnnen an der einzigen 
Stelle, an der er, freilich in der Erbitterang iiber 
eine abgeschlagene Bitte, nicht schmeichelt, muss 
dies aueh dem Charakter des B. entsprochen haben " 
(Ennod. 339 = carm. 2, 1 32 vgl. mit Maximian. eleg. 
3, 47ff. bei Baehrens Poet. Lat, min. V 334ff. ; dazu 
370, 3 = ep. 8, 1. 271 = ep. 6, 6. 413. 415. 418 = 
ep. 8, 36. 37. 40. 452, 21 = op. 6). Immerhin mag 
sich B. mit Recht geriihmt haben, dass er oft hohen 10 
Beamten, wie dem Conigast und dem Triwila, ent- 
gegengetreten und Private oder ganze Provinzen 
durch seine persfinlichen Bemtihungen vor Schadi- 
gung und Bedriickung, namentlich in finanzieller 
Beziehung, geschutzt hat; waren doch solche Be- 
mtihungen durchaus in Theoderichs eigenem Sinne 
(phil. cons. I 4). So setzte er sich aueh fur den 
Consular Paulinus und als Magister officiorum 
fur den vom Referendar Cyprianus beim Kflnige 
wegen hochverraterischer Beziehungen zu Byzanz 20 
angeklagten Consular Albinus ein, indem er in 
Verona vor dem Konige die Beschuldigung als 
falsch bezeichnete und zu sagen wagte, so gut wie 
Albinus sei aueh er selbst und der ganze Senat 
schuldig. Nun dehnte Cyprianus in Verbindung 
mit Basilius, Gaudentius und Opilio, die auf diese 
Weise das Vertrauen des KOnigs wiedergewinnen 
wollten, die Anklage aueh auf B. aus. Er wurde 
angeklagt, dass er libertatem Romanam, d. h. die 
Befreiung von der Gothenherrschaft , angestrebt 30 
habe, und zugleich des sacrilegium, was man aus 
seiner Beschaftigung mit Astrologie hat erklaren 
wollen. Er wurde in Haft genommen und nach 
Pavia gebracht. OhgehOrt wurde er von dem 
gegen die Senatoren erbitterten Kfinige verurteilt. 
Mfiglich sogar, dass der Senat bei der Verurtei- 
lung mitgewirkt hat. Er scheint langere Zeit in 
der Haft zugebracht zu haben, bis es Theoderich 
beliebte, ihn in agro Calventiano wohl noch im 
J. 524 in grausamer Weise hinrichten zu lassen. 40 
Seine Gilter wurden confisciert (phil. cons. I 4. 
Anon. Vales. 14, 85ff. und Ital. Chron. z. J. 523. 
Mar. Avent. z. J. 524. L. pontif. v. Iohann. I 5. 
Prokop. Goth. Ilp. llf. B.). Vgl, ausser der 
unten angeftihrten Litteratur namentlich Man so 
Gesch. des ostgoth. Reiches (1824) 158ff. Dahn 
Konige der Germanen, II 172f. Usener Anecdo- 
ton Holderi 37ff. Hodgkin Italy and her inva- 
ders m (1885), 522ff. 

Als der wichtigste Teil der wissenschaft- 50 
lichen Werke des B. scheinen seinen Zeitge- 
nossen neben den philosophischen die mathema- 
tischen Abhandlungen gegolten zu haben, durch 
welche er, wie sie meinteh, die klassischen Au- 
toren erreichte oder flbertraf (Cassiodor im Anec- 
doton Holderi). Unzweifelhaft von ihm rfihren 
die zwei Bficher de institutione arithmetiea her, 
die uns vollstandig erhalten und dem Symmachus 
zugeeignet sind. B. gesteht selbst zu, dass er in 
diesen seinen primitiae nichts Originelles ge- 60 
schaffen, sondern sich vollstandig an Nikomachos 
angeschlossen hat; gelegentlich erlaubte eT sich 
Abkiirzungen oder Erklarungen seiner Vorlage; 
aber aueh diese Redactionsthatigkeit ist ibm nach 
dem Ausspruche moderner Mathematiker nicht 
vollstandig geglfickt. Unbezweifelt sind aueh die 
nach der Arithmetik (aber wohl noch vor 510, 
■vgl. Usener a. a. O. 40. 47) geschriebenen funf 



Bucher de institutions musiea; aueh in diesem 
Werke erscheint B. ,nicht in productiver Kraft, 
sondern als ein Sammler und sorgfaltiger Be- 
urteiler des vorhandenen Materials, welches er aus 
den griechischen Quellen mit emsiger Sichtung 
des Stoffes zog'. Er kennt die Theorien der Py- 
thagoraeer und Aristoxeneer, namentlich des Clau- 
dius Ptolemaeus *), und sein Werk ist fiir die Kennt- 
nisse des Mittelalters von der antiken Musik- 
theorie von der grfissten Bedeutung gewesen (vgl. 
Osc. Paul Boetius und die griechische Harmonik. 
Des B. funf Bucher fiber die Musik. Iibertragen 
und sachlicb. erklart, Leipzig 1872). Zum qua- 
druvium, der mathematischen Wissenschaften ge- 
horen nach B. und anderen antiken Theoretikern 
ausser Arithmetik und Musik noch Geometrie und 
Astronomie. Es ist nun (ausser der Bog. demon- 
stratio artis geometrieae, die in alten Ausgaben 
unter den Werken des B. abgedruckt ist), eine 
Geometria Eudidis a Boetio in latinum luei- 
dius translata in den Hss. des 11. und 12. Jhdts. 
in verschiedenen Fassungen, in zwei oder in mehr 
Bucher eingeteilt, erhalten, deren Autor sich als 
B. ausgiebt; die Schrift lennt sich hauptsachlich 
an Euclid an und schiebt eine Besprechung des 
abacus nach Arehitas ein , die jedoch in einer 
wichtigen Hs. fehlt. Obwohl (nach Cassiod. Var. 
I 45, 4) als sicher angenommen werden kann, 
dass B. aueh eine Geometrie geschrieben hat, und 
obwohl diese Schrift schon friihe dem B. zuge- 
schrieben worden ist, ist es doch zweifelhaft, ob 
uns die Hss. die echte Schrift des B. oder, wie 
aus sachlichen und sprachlichen Grunden be- 
hauptet worden ist, eine interpolierte Version oder 
gar nur das Machwerk eines praktischen Feld- 
messers aus dem 9. oder 10. Jhdt., der sich einer 
alten Feldmesseriibersetzung des Euklid bediente, 
erhalten haben. Die Frage ist fiir die Geschichte 
der Mathematik tiberhaupt und insbesondere fur 
die Geschichte der sog. arabischen Ziffern von 
Wichtigkeit. Nach Cassiod. a. a. O. hat B. aueh 
eine Astronomie nach Ptolemaeus geschrieben, die 
uns aber nicht erhalten zu sein scheint. Ausser 
diesem quadruvium ist an derselben Stelle aueh 
von einer Mechanik nach Archimedes die Rede. 
Neue Ausgabe der mathematischen Schriften von 
G. Friedlein Leipzig 1867. Hauptsachliche 
Litteratur: M. Cantor Mathem. Beitrage zum 
Kulturleben der Velker (1863) 184ff. und Vor- 
lesungen fiber Gesch. der Mathematik I 485ff.; 
ferner Friedlein Jahrh. f. Philol. LXXXVH 
1863, 425ff. Weissenborn Ztschr. f. Mathem. 
u. Physik, Suppl.-Heft (hist.-lit. Abt.) XXIV 190ff.; 
Leipziger Studien 1 379 und die von diesen citier- 
ten Aufsatze. 

In philosophischer Beziehung hatte sich B. die 
Aufgabe gestellt, Plato und Aristoteles zu uber- 
setzen, ihre Lehren zu commentieren und in Con- 
cordanz zu bringen {tzeqi ig/irjv. II 2, 3 p. 79 M.). 
Aueh mit der philosophischen Schriftstellerei hat 



*) Telle des 1. Buches sowie das ganze 2. und 
3. Buch sind aus verlorenen Schriften des Niko- 
machos von Gerasa gezogen. Das 4. Buch be- 
rfihrt sich mit Euclid. Das 5. schopft aus Pto- 
lemaios; von den 30 Capiteln, auf welche es be- 
rechnet war, sind aber nur 18 und ein Teil des 
19. erhalten. [v. Jan.] 



599 



Boethius 



Boethius 



600 



601 



Boethos 



Boethos 



602 



er in verhaltnismassig jungen Jahren begonnen 
(Cassiod. Var. I 45, 4), und zum mindesten ein 
grosser Teil seiner philosophischen Schriften ist 
uns noch erhalten. Es sind dies: tlbersetzung 
und Commentare zu Aristoteles sieqI eQfttjveiag, 
bestehend aus einer prima (elementaren) editio in 
zwei, einer secunda (wissenschaftlichen) editio in 
sechs Biichern; Usener hat bemerkt (a. a. 0. 40. 
46 und DLZ 1880, 370), dasa die Entstehungszeit 



j„. i~t j. • i- t -/' -™ —"■","* ""a *-" » V" c "' kjj-iumauuuB gewmmeij; mrum pater et films 
der letzteren m die J. 507-509 fallen muss (nach 10 et spirits s. de divinitate substantialUer prae- 

T). I K4_ iNQM linn 1 VT nraafi Ti ;«■*■ !->;«-. ,.„*,v J.'.^i i_ » , i . _ 



p. 184. 189 M. und 1. VI praef.), B. ist bier, wie 
Usener bemerkt, von Porphyrins und Syrianus 
abhangig (selbstandige Ausgabe dieses Werkes 
von Meiser Leipzig 1877. 1880). Commentar zu 
den xarrjyoQicu des Aristoteles in vier Biichern, 
geschrieben im Consulatsjahre des B. (510, vgl. 
1. II praef.). Dieser Schrift gehen zeitlich und 
methodisch voran die zwei dialogi in Porphyrium 
a Vietorino translatum und die fiinf Biicher com 



an wirklicher Frfimmigkeit als an tieferem Ver- 
standnisse der Werke des klassischen Altertumes 
das eigentliche Kennzeichen des vornehmen romi- 
scben Kreises, dem B. durch seine Familie und 
durch seine Stellung angehOrte. Nun sind durch 
Cassiodor im Aneedot. Holderi einige christliche 
Schriften des B. ausdriicklich bezeugt. Als echt 
kfinnen danach gelten die Schriften de trinitate 
(dem Symmachus gewidmet); utrum pater et filius 

ft QV\Wraf<li0 O ft ft rt/ia\nnnn-tntn nail *.t ». «* ■/„'_ I.'i 



dieentur; quomodo substantias in eo quod sint 
bonae sint, cum mm sint substantialia bona 
(beide einem Iohannes diaconus gewidmet); liber 
contra Eutychen et Nestorium (demselben ge- 
widmet?). Dagegen scheint die Schrift de fide, 
catholica nicht von B. herzuriihren. Die theo- 
logischen Schriften scheint B. in seiner Jugend 
abgefasst zu haben. Usener urteilt liber sie mit 
Recbt: ,Es ist ein rein dialektisches Interesse, 



. .--, -" *~" " u ™'" ">»' xwzvjuu. ,.ujo ibu cm rem uiaieKiiscnes inieresse, 

mentana m Porphyrium a se translatum. Er- 20 das den jungen Schulphilosophen dazu reizt, jene 
Juarungen zu den 'AvaXvtixd, sowohl npoxsoa als dosrmatischen Schwie.ri[Tkni+.pn m ooinor w o i p ,„ 



Marungen zu den AvaXvnxd, sowohl xqoxeqo. als 
vozega, des Aristoteles in je zwei Bfichern ; zu des 
Aristoteles izegi aoqpwzcxmv eXiyxcov zwei Biicher ; 
ferner acht Biicher Tomxd ebenfalls nach Aristoteles 
und sechs Bficher Commentare zu Ciceros Topics 
(abgedruckt in der Ciceroausgabe von Orelli V). 
Als selbstandige Schriften geben sich: De cate- 
gories syllogismis libri II und introductio ad 
syllogismos eategoricos; ferner de syllogismo hypo- 
thetieo l.II (nur aus griechischen Quellen); liber 30 
de divisione; de differentiis topicis I. IV. Auch 
diese umfassende Betriebsamkeit des B. auf philo- 
sophischem Gebiete kann nicht als wissenschaft- 
lich bezeichnet werden, so sehr sie auch den Zeit- 
genossen imponierte und so wichtig sie auch far die 
folgenden Jahrhunderte geworden ist. K. Prantl 
Gesch. der Logik im Abendlande I (1855) 681 
fallt iiber sie ein vernichtendes Urteil, indem er 
B. ,neben Marcianus Capella und Cassiodorus als 



dogmatischen Schwierigkeiten in seiner Weise zu 
bearbeiten'. Neue Ausgabe der theolog. Schrif- 
ten nach der Ausgabe der philosophiae consolat. 
von Peiper; vgl. dessen Einleitung p. XVIIIff. 
Von Litteratur vgl. namentlich Schenkl Ver- 
handl. Philol. Versamml. Wien 1859. Nitzsch 
Das System des B. (1860) und Jenaer Litt.-Ztg. 
1877, 714 und insbesondere Usener Anecdoton 
Holderi 48ff. 

Ausserdem hat B. ein carmen bucolieum ge- 
schrieben, das nur von Cassiodor (im Aneedot. 
Hold.) erwahnt wird, aber nicht erhalten ist, und 
imGefangnisse:^itoso^w consolationis libri V, 
seine beruhmteste Schrift. Die Form dieser Schrift 
ist die der Satura Menippea, in der Art des Mar- 
tianus Capella: Prosastiicke und poetische oder 
wenigstens in alien denkbaren Massen versificierte 
Kapitel wechseln ab. Den Inhalt bildet ein Dia- 
log der Philosophia mit dem gefangenen B., in 



__ — „^,„^ wi „ „„^ voocumviuo ttio iug uer jrrnwsvpntu ma uem geiangenen o., in 

die haupteachkche Briicke zu dem Unverstande 40 welcher sie ihn zu trosten sucht dadurch, dass 
der mittelalter lichen Loerik' bezeichnet. da er .eben sie ihm dip "NTi^Vifin-lroM- a^ a-m-p- ,};„„„, w„u 



der mittelalter lichen Logik' bezeichnet, da er ,eben 
doch nur auf dem unphilosophischen und formalen 
Schulstandpunkte seiner Zeit steht'; das ,Motiv 
der Dressur ist iiberhaupt bei B. bei weitem das 
iiberwiegende'; wie in den mathematischen Schrif- 
ten ist auch hier sein Bestreben die angeblich 
.verworrene' Darstellung seiner grOsseren Vor- 
ganger ,in das GewOhnliche und Verstandliche' 
umzusetzen. Die Gattung ist ihm etwas Reales 



sie ihm die Nichtigkeit der Guter dieser Welt 
mit den gebrauchlichen Argnmenten vordemon- 
striert. Sprachlich sind die Tragoedien des Seneca 
stark beniitzt (Peipers Ausgabe S. 228ff.). Sach- 
lich liegt nach Usener (a. a. O. 51f.) vom zwei- 
ten Buche an zuerst des Aristoteles Protreptikos, 
dann ein Neuplatoniker zu Grunde, die moglicher 
Weise dem B. schon bloss in einem Auszuge vor- 
lagen. Kein Wunder, dass man nur wenige Spu- 



- -----■• -«- «» s ~>v illiu ^u„a,o ucoicB lagcu. O.KU1 rruuuer, uass man nur wenige Bpu- 

una geht dem liinzelnen voraus, und so steigt er 50 ren eigentlich christlicher Lehre in der Schrift 

auch m ner ATinrfl-nnn<r mn dam T?lnfn n \*n„ A \, 45„J A « l. ir__ • j i • t i • , ^. 



auch in der Anordnung von dem Einfachen, d. h. 
den Kategorien, zu dem Zusammengesetzten auf. 
Seine Schriften haben Bedeutung fiir die Bildung 
der lateinischen philosophischen Terminologie. Na- 
mentlich in der Lehre vom Schlusse verliert er 
sich vollends in formale scholastische Spielereien 
(vgl. Prantl a. a. O. 679—722). Die in den 
Ausgaben mit den philosophischen Schriften des 
B. abgedruckte Schrift de definitione riihrt nicht 



finden kann. Man wird auch nicht viele Spuren 
von Originalitat in ihr entdecken kOnnen, sondern 
nur die Pose, in welcher der Epigone des 6. Jhdte. 
das Romertum agierte. Neuere Ausgaben von Ob- 
barius Jena 1843 und von Peiper Leipzig 1871; 
ebd. p. XXXXIff. fiber die Ubersetzer, Nachahmer 
und Commentatoren. 

Gesamtausgabe des B. : editio princeps, Venedig 
1491f.; von Glareanus Basel 1546. 1570. Ferner 



t> j Vr •"-/"•^■^'•c- luii/mui linn.-, ran uiaicauus Dasei ioid. ioi\). rerner 

von B sondern von Manus Victorious her (Use- 60 bei Migne Patrol. Lat. LXIII. LXIV. Vitae des 

HPT ATlpCfl Hflld ACMIF^ TJ v.: Tt.l - _ r\ -ir-crT-cr^. 



ner Anecd. Hold. 59ff.). 

_ Die theologischen Schriften des B. sind lange 
Zeit hindurch angezweifelt worden, weil man diese 
christlich-dogmatischen Abhandlungen fiir unver- 
einbar mit den Ansichten des lungers Platos und 
Aristoteles hielt. Doch ist gerade der christliche 
Glauben im Vereine mit klassischer Tradition und 
klassischen Velleitaten, dabei der Mangel sowohl 



B. bei Peiper a. a. O. p. XXIXff. 

Litteratur im allgemeinen fiber B. ausser Use- 
ner Anecdoton Holderi (Leipzig 1877) 37ff.: Teuf- 
f e 1 Gesch. d. R. Litteratur § 478, woselbst auch 
altere Litteratur. Ebert Allg. Gesch. d. Litt. 
d. Mittelalters I 462—473. Zeller Philos. der 
Griechen III 2 S. 776ff. Ritter Gesch. der Phi- 
losophic VI 580ff. 



4) Boethius, Sohn von Nr. 3 (s. d.), mit seinem 
Bruder Symmachus als Enabe Consul im J. 522. 
Dass zwei Occidentalen in diesem Jahre Consuln 
sein konnten, welche beide in Rom ihre Wtirde 
antraten, konnte nur mit Zustimmung des Kaisers 
geschehen, der dadurch den Vater B. und seine 
Sippe ehren wollte. Vgl. d e R o s s i Inscr. Christ. 
I p. XLV und 442. Mommsen Neues ArchivXIV 
244. Boeth. consol. phil. II 3 und Anecd. Hold. 

[Hartmann.l 

Boethos (Bor)$6g). 1) Erster KSnig der zwei- 
ten agyptischen Dynastie Manethos nach African, 
bei Synkell. p 54 D (= B&xog Euseb. ebd. 55 D; 
chron. p. 96). FHG II 542f. Lepsius Konigs- 
buch Quellentafel 5. Der entsprechende hiero- 
glyphische Name ist Bd"w, wozu die von Afri- 
canus iiberlieferte Form leidlich stimmen wiirde. 

[Sethe.] 

2) Athenischer Archon des 1. Jhdts. v. Chr. 
Er kommt in der fragmentierten Liste CIA III 
1014 vor und wird nach den verschiedenen Be- 
rechnungen der verlorenen Namen verschieden an- 
gesetzt ; in unserer Liste Bd. II S. 594 auf 75/76. 
Der erste Buchstaben ist erganzt. [v. Schoeffer.] 

8) Boethos, 6 ileyeioyedrpog , Verfasser eines 
Epigramms des Philipposkranzes (Anth. Pal. IX 
248) auf Pylades, den Begrunder des tragischen 
Pantomimos (vgl. Antipater Thess. Anth. Pal. 
XVI 290). Mit dem von Strab. XIV 674 ge- 
nannten .schlechten DichteT' B. von Tarsos will 
ihn Hillscher Jahrbuch. Suppl. XVIII 426 
identificieren (vgl, Susemihl Litt.-Gesch. d. Ale- 
xandrinerzeit I 2, 6). [Reitzenstein.] 

4) Boethos von Sidon, stoischer Philosoph, 
Schiiler des Diogenes von Babylon (nach Ind. 
Stoic. Here. col. 51 vgl. Zeller Phil. d. Gr. IV3 
46, 1 ; in den Worten bei Diog. Laert. VII 54 
dia<psQoij,evoi hqo; avzov, aus welchen man schloss, 
B. sei Chrysippos Zeitgenosse gewesen, ist avzov 
zu schreiben). Bei Ps.-Philo heqI dqo&agaias p. 
25, 2 ed. Cumont wird B. zu den avdQEg iv zolg 
2za>'ixoTg doy^aaiv loxvxozeg gerechnet. Das we- 
nige, was uns von seiner Lehre berichtet wird, 
zeigt starke Abweichung von der stoischen Ortho- 
doxie. Aus der Erkenntnistheorie wird uns seine 
Stellungnahme zu der Frage nach dem xgitr/giov 
Diog. VII 54 mitgeteilt: XQirrjQia nXdova cuzo- 
Xeuzet, vovv xai ai'oityoiv xai OQslgiv xal ijiiazijiurjv. 
Obgleich die Reihenfolge der Aufzahlung dem 
zu widersprechen scheint, soil wohl vove zur ope^ig 
sich verhalten, wie sTuozrjfiT] zur aXa&rjoig, d. h. 
unter vovg ist hier das verntinftige Wollen im 
Gegensatz zum Naturtrieb, (sonst oQfttj bei den 
Stoikern) zu verstehen, wahrend imozrjfirj-at'o&rj- 
oig dem gemeinstoischen xaza"/.rm>ig(xaxa"/.r]xxixr))- 
(parxaola entspricht. Es handelt sich offenbar 
nicht um eine bios terminologbche Verschieden- 
heit, sondern um einen tiefgreifenden Unterschied 
der Lehre. Der psychologische Monismus des Chry- 
sippos ist zu Gunsten einer dualistischen Auf- 
fassung aufgegeben, welche das Vernunftige und 
das Vemunftlose als selbstandige Factoren des 
Seelenlebens anerkennt. Wie B. diesen Dualis- 
mus begrundete, wissen wir nicht. Doch liegt 
es nahe, in der Nachricht bei Macr. in somn. Scip. 
I 14, 19, dass nach B. die Seele ex acre et igne 
bestand, die physikalische Ausdrucksweise dieses 
Dualismus zu finden, wobei das Feuer als Trager 



der Vernunft und des Wissens gedacht ware. 
Uber die Ethik des B. haben wir keine Nach- 
richten. In der Kosmologie verwirft er die Auf- 
fassung des Kosmos als Lebewesen (Diog. VLT 
143), betrachtet aber die Gottheit als atherische 
Substanz (Stob. eel. I 1, 25 = Doxogr. p. 303 b 
15), die in der Fixsternsphare ihren Sitz habe 
(Diog. VLT 148). Er verwirft auch die stoische 
ixxvgotoig und entscheidet sich fiir die Annahme 

10 der Ewigkeit und UnzerstOrbarkeit des Weltalls, 
Ps.-Philo jzsqI a<p&a.Qoiag p. 24ff. ed. Cumont. 
Diese Lehren stehen in deutlichem Zusammen- 
hang mit den psychologischen und erkenntnis- 
theoretischen. Wer den Mikrokosmos nieht ganz 
von der hoehsten Seelenkraft (izvq = cd&rjo) durch- 
wohnt sein liess, konnte auch den Makrokosmos 
nicht ganz von der Gottheit durchwohnt denken. 
Dass der Gottheit die Fixsternsphare als ovaia 
zugewiesen wird, bekundet das Bestreben, ihre 

20 Ewigkeit und Unveranderhchkeit zu wahren. Die 
Lehre von der ixjivgcoaig, nach welcher die Welt 
periodisch in das gOttliche Urfeuer aufgelOst wird, 
aus dem sie immer wieder neu entsteht, und der 
Pantheismus, welcher die Gottheit als Weltseele, 
folglich die Welt als fooor Zjiipvyov xal voeqov 
auffasst, waren mit dieser theologischen Ansicht 
unvereinbar. Es ist wohl zu beachten, dass B. 
trotz seines Dualismus Materialist bleibt, wie 
seine Aussagen fiber Gott und Seele beweisen. 

30 Die Grunde gegen die sxnvQmaig , die ihm bei 
Ps.-Philo zugeschrieben werden, sind wohl nicht 
ganz ohne Missverstandnisse, jedenfalls nicht im 
originalen Wortlaut mitgeteilt. Zwar die Worte 
p. 27, 10 Cum. ipvxrj Si zov xoo/tov xaza xovg 
avudoSgovviag 6 &sog stimmen zu dem sonst Be- 
zeugten, aber vergeblich fragt man sich, wie der 
an die Fixsternsphare gebannte Gott zugleich 
als Lenker und Steuermann der Sonne, dem Mond, 
den Planeten, der Luft und den ubrigen Teilen 

40 des Kosmos naQiazajitvog xai avvSgoir gegen- 
wartig sein kann (p. 26, 15f.). Wurde hier im 
Original nur zum Zweck der Widerlegung mit 
den gegnerischen Annahmen operiert? In alien 
bisher besprochenen Abweichungen des B. von 
der stoischen Orthodoxie hat Zeller (Philos. d. 
Gr. IV s 554f.) mit Recht eine Ann&herung an 
die aristotelische Lehre erblickt. B. folgt in 
seiner Lehrbildung dem eklektischen Zuge der 
Zeit, der ja auch bei seinem Mitschuler Panaitios 

50 und weiterhin bei Antiochos sich geltend macht. 
Dagegen ist chrysippisch-orthodox seine Lehre, 
dass alles nach dem Fatum geschehe {ndvxa 

xafr eifiaQfieyrjv ytveo&ai Diog. VII 149). Die 

bei Diog. a. a. O. binzugefiigten Definitionen der 
tiftaQudvr} speciell dem B. zuzuschreiben (wie 
Maass Aratea 153, 62 vorschlagt), halte ich fur 
unrichtig. Wie spater PoseidorJios, scheint B. 
dem Himmel und seinen Phaenomenen ein beson- 
deres Interesse zugewandt zu haben. Aetius be- 
60 richtet Doxogr. p. 367, 5 von seiner Erklarung 
des Kometen als aipog dvrjufiivov qtarzaoia. und 
ebd. p. 363b 12, dass er gegen Empedokles po- 
lemisierend die grOssere Ausdehnung des Himmels- 
gewolbes in horizontaler als in verticaler Rich- 
tung fiir blosse Sinnentauschung erklarte. Es ist 
mOglich, aber keineswegs sicher, dass diese Satze 
in dem Aratcommentar des B. vorkamen, der 
nach der Anfuhrung bei Geminus Introd. in Phaen. 



603 



Boethos 



Boethos 



604 



p. 61A (vgl. Maass Aratea 152) wenigstens vier 
Biicher umfasste. Die Stelle des vierten Buches, 
auf welche sich Gemrnus bezieht, hat es mit den 
Wettervorzeichen zu thun, den xpoyrcboeig, welche 
den Schlussteil der <Pmr6fieva bilden. B. suchte 
die tpvoixai ahiai der Vorzeichen zu ergriinden. 
Ebendaher scheint genommen, was Cicero de div. 
I 13f. aus B. anfuhrt (vgl. auch die Antwort de 
div. II 47). Aus dem ersten Buch wird in der 
Vita Arati II p. 57 West, ein asthetisches Urteil 
ttberdenStil der Phainomena angefiihrt: B. tritt 
der bekannten Auffassung Arats als Nachahmer 
des Hesiodos entgegen ; er sei ov% "Hoiodov, aXX" 
'OfiijQOv^ £t)Xwxtfg- to yap nXaofia xfjg noirjasots 
fteifrr rj xaff 'Haiodov. Ausser dem Aratcom- 
mentar werden zwei Schriften des B., ^egl cpv- 
oecog und jcsqi ei/naQfcsvtjg, namentlich von Dioge- 
nes citiert. 

Litteratur: Zeller Philos. d. Gr. IV3 45. 5545. 
Hirzel Unters. zu Ciceros philos. Schriften II. 
Maass Aratea 152ff. 

5) Boethos von Marathon, des Hermagoras 
Sohn, ein dem Karneades gleichzeitiger Akademi- 
ker, der den letzteren um 10 Jahre (iberlebte und 
ti" aQxovtog Ev/id X ov (im J. 118) starb. tiber 
ihn hat Philodem im Ind. Acad. Here col. 28 
und 29 ein langeres metrisches Bruchstiick aus 
der Chronik Apollodors mitgeteilt. Die Stelle 
uber seine Lehrer lautet nach der Erganzung von 
Gomperz Jem Litt.-Zeit. 1875, 603: ovzog <5' 
'Aeioz(D<v)og ftiv rjv axt]xoo)g r(ov)x 'Ecpsalov 
P\Q)oZVV tiv EvP(ovX)ov xQoror etc. Susemihl 
Alex. Litt.-Gesch. I 133 baut auf der Lesung 
und Erganzung von Gomperz, derselbe ebd. 126, 
613 noch auf der Lesung von Biicheler bezw. 
Zeller Philos. d. Gr. IV 497, 2. 

6) Epikureer und yecofiex S rjg , den Plutarch 
quaest. symp. V 1 und de Pythiae oraculis 5 
als Gesprachsperson einfiihrt. 

7) Verfasser einer Xe&mv IlXaxmvixtbv avva- 
ymyij xaxa oxoixetov und einer Schrift neol xcov 
Jiapa nXarmvi ajtogov/j.ev(ov Xs^scov, vgl." Phot 
bibl. cod. 154 und 155. 

8) Adressat der bei Eusebius praep. evang. 
XIV 10. XV 11. 16 excerpierten Schrift des Por- 
phyrios szsol xf>v x fjg. [ T . Arnim.] 

9) Boethos von Sidon, Peripatetiker etwa der 
augusteisehen Zeit (bisher in die Zeit Ciceros 
gesetzt). Er war Schuler (Amm. in cat. 5) des 
Andronikos von Khodos (s. d. Nr. 25) und Studien- 
genosse, nicht Lehrer, Strabons (XVI 757 £ avre- 
cpdoaotprjoansv ij/ietg ro AgwroxeXeia), der selbst in 
Bom bei Xenarchos in den Jahren 29—26 hflrte 
(XIV 670); den Xenarchos scheint B. citiert zu 
haben (Alexander Aphr. de anima 151 Br. Eirao- 
xog xal B.), war also wohl auch dessen Schule'r. 
Nach Andronikos Tode scheint er Schulhaupt in 
Athen geworden zu sein (Amm. Schol. Arist. Org. 
I 45 W.). Wie dieser erklarte B. mehr philo- 
logisch als philosophisch die aristotelischen Schrif- 
ten, wurde von Aspasios, Alexander Aphrod., Por- 
phyrios, Aeneas Gaz., Dexippos, Themistios, David, 
Ammonios, Simplikios benutzt, wegen seines Scharf- 
sinnes geriihmt und mit Ehrennamen (iXXoycfto;, 
davpaotog) bedacht. Von seinen Schriften' ist 
nichts erhalten, die Bruchstucke sind noch nicht 
gesammelt. Am meisten ausgebeutet wurde seine 
ErklarungderKategorien; Bemerkungen GberStel- 



len von Aristoteles I. Analytik, Physik, Psycho- 
logie und Ethik ist man geneigt auf ebensoviele 
Commentare zuruckzufiihren ; ob er wie etwa Ale- 
xander von Aphrodisias auch selbstandige Mono- 
graphien verfiffentlicht hat, ist nicht zu ermitteln. 
Zu einer selbstandigen philosophischen Anschau- 
ung hat er es nicht gebracht trotz einzelner Ab- 
weichungen von Aristoteles. Platons Beweise fur 
die Unsterblichkeit der Seele scheint er eingehend 
lObesprochen und widerlegt zu haben. Auch auf 
die stoischen Lehren nahm er vielfach Rticksicht, 
bald sie ablehnend, bald sich an sie anlehnend. 
Seine Verteidigung der Kategorien noielv, maxsiv, 
fyuv (und xeio&ai?) war vermutlich gegen seinen 
Lehrer Andronikos gerichtet (s. Bd. II S. 1040), - 
von dem abweichend er das Studium des Aristo- 
teles mit der Physik beginnen wollte (David 
Schol. Arist. 25b 41). Litteratur: Brandis 
Abb.. Acad. Berl. 1833, 276. Prantl Gesch. d. 
20Logik im Abendl. I 540ff. Zeller Philos. d. 
Griech. nils, 624ff. Ill 23, 678 Anm. 

10) Plavius BoSthns aus Ptolemais, Consular 
im zweiten Drittel des 2. Jhdts., ein Begiinstiger 
der Medicin und der peripatetischen Philosophie, 
der nebst Prau und Sohn von Galenus mehrfach 
erwahnt wird und dem dieser neun Werke ge- 
widmet hat; vgl. Zeller Philos. d. Griech. IV3 
778 Anm und Ilberg Eh. Mus. XLVII 512. 

[Gercke.] 
30 11) Arzt vor Celsus, der von ihm die Com- 
position eines Seifenzapfchens erhalten hat (V 21, 3). 

[M. Wellmann.] 

12) Erzbildner und Toreut, wahrscheinlich aus 

Chalkedon, denn trotz Schubarts Widerspruch 

(Jahrb. f. Philol. LXXXVn 1863, 308) spricht fast 

alles dafur, dass bei Pausanias V 17, 4 mit C. 

O. Mtiller KaXym&oviog statt des iiberlieferten 

Kaqxr)86viog zu lesen ist. Von seinen statuari- 

schen Bronzearbeiten ist die beriihmteste der 

40 mit einer Gans ringende Kiiabe, infans vi an- 

nisus (so Biicheler Archaeol. Zeit. XIV 1856, 

221; sex [VI] annis B 2 sex anno B 1 exi- 

mia V) anserem strangulat Plin. n. h. XXXIV 

84. Mit hochster Wahrscheinlichkeit wird auf 

dieses Werk eine in mehreren Repliken erhaltene, 

sicher nach Bronze copierte Marmorgruppe zuruck- 

gefiihrt, die sich durch ungemeine Frische und 

Lebendigkeit auszeichnet; gute Exemplare im 

Louvre, in der Glyptothek (B r u n n Glypt. 5 nr. 1 40. 

50Friederichs-Wolters Gipsabg. nr. 1586), im 

capitolinischen Museum (Helbig Fuhrer 514); vgl. 

Furtwangler Der Domauszieher und der Knabe 

mit der Gans, Berlin 1876. Dasselbe Motiv zeigte 

ein von Herondas IV 31 erwahntes, also spatestens 

aus der 1. Halfte des 3. Jhdts. stamroendes Ana- 

them im Asklepiosheiligtum von Kos — jtooj 

Moiqewv, xijv (so der Papyrus, die Anderung xov 

ist unstatthaftJ^^ra/.oj.Tf/' cog xo .-zaiSiov xvlyet — ; 

doch kann dieses schon deshalb mit dem in 

60 Rede stehenden "Werke des B. nichts zu thun 

haben, weil das Material Marmor und das ge- 

wurgte Tier keine gewohnliche, sondern eine agyp- 

tische Entengans war. Gurlitts Versuch (Arch.- 

epigr. Mitt. XV 1892, 178), dessen nngeachtet 

einen Zusammenhang irgend welcher Art mit 

dem Werk des B. herzustellen, ist daher sehr be- 

denklich. Eine zweite Arbeit des B. stand im 

Heraion zu Olympia, die vergoldete Statue eines 



605 



Boethos 



Boethos 



606 



sitzenden Knaben (Paus. V 17, 4 ijil^gvaov, wo- 
fiir Wieseler Gott. Anz. 1877, 32 unnotig und 
darum verkehrt sjiIxvqtov liest). Ohne Zweifel 
■war es ein genrehaftes Anathem, keinesfalls, wie 
Purgold (Hist. phil. Aufs. f. Curtius 235) an- 
nahm, das gBttliche Kind Sosipolis, s. uber dieses 
Eobert Athen. Mitt. XVIII 1893, 97ff. Over- 
beck Plast. II* 182ff. will, indem er sich Wie- 
selers Anderung aneignet, auf dieses Werk den 
Castellanischen Domauszieher des Britischen Mu- 10 
seums (Mon. d. Inst. X 3. Eayet Monuments de 
l'art I 4 pi. 9 (36). Brunn-Bruckmann Denkm. 
322) zuruckfiihren, dessen Naturalismus aber auf 
eine ganz andere Kunstrichtung hinweist, wie die 
des Meisters jenes Knaben mit der Gans, ganz 
abgesehen davon, dass seit der Entdeckung der 
Olympia-Sculpturen das hchere Alter der capi- 
tolinischen Bronze und die Abhangigkeit jener 
Marmorstatue von dieser heute nicht mehr, wie 
es fruher auch von mir geschehen ist, bestritten 20 
werden kann. Eine dritte Knabenstatue, Askle- 
pios als Kind, kennen wir durch die friihestens 
dem 3. Jhdt. n. Chr. , mOglicherweise einer noch 
spateren Zeit angehOrige Weihinschrift einer in 
Eom bei den Traiansthermen gefundenen Basis, 
nach der ein Arzt Nikomedes aus Smyrna dies 
Werk des B. dem Asklepios geweiht hat (Loewy 
Inschr. griech. Bildh. 535. Kaibel Ep. gr. 805 a. 
IGI 967). Ansprechend hat man vermutet, dass 
dies Weihgeschenk , gegen dessen Authenticitat 30 
Kaibel wohl kaum gerechtfertigte Bedenken 
aussert, in dem von Diocletian nahe bei den 
Traiansthermen enichteten Asklepiostempel auf- 
gestellt war. Vergleiehen lasst sich der kleine 
Asklepios auf dem Discus aus Studio Altini (Mem. 
d. Inst. II tav. 4. Matz-Duhn Rom. Bildw. 
nr. 3615) und etwa auch der auf dem Lateranen- 
sischen Brunnenrelief (Schreiber Belief b. 14. 
Benndorf-Schoene Lateran nr. 11. Helbig 
Fuhrer nr. 618). Die Hauptstarke des B. war in- 40 
dessen die Toreutik (argento melior Plin. XXXIV 
84) ; in dem auf Varro zuriickgehenden Abschnitt 
bei Plin. XXXIII 155 werden seine Leistungen 
auf diesem Gebiet denen des Mys und Akragas 
gleichgestellt , die unmittelbar nach dem uner- 
reichbaren Mentor kommen; vgl. Boethi toreuma 
Culex 67. Eine besondere Art von Speisesofas, 
vermutlich mit ciselierter und eingelegter Arbeit, 
nannte man lecti Boetkiaci, Porphyrio zu Hor. 
epist. I 5, 1 (a Boetho Boethiacos Pauly, aboeoto 50 
oboeotos Hs.; a Boeoto Boeotos W. Meyer). Auf 
Khodos besass der Tempel der Athena Lindia 
toreutische Werke von seiner Hand. Ausserdem 
erwahnt Cicero (Verr. IV 40) eine vorziigliche von 
Verres geraubte Hydria, die sich mehrere Genera- 
tionen hindurch im Besitz des Lilybaeers Pamphilos 
befunden hatte. Hieraus ergiebt sich als spatester 
Termin fur die Lebenszeit des B. die Mitte des 
2. Jhdts. v. Chr. Eine genauere Datierung wtirde 
gewonnen werden. wenn sich die namentlich von 60 
Benndorf, Wolters und Helbig empfohlene 
Identificiernng'des beriihmten Toreuten mit dem 
B6ri&og 'A&ava[ia>vos] beweisen liesse, der auf 
einer vor dem Apollontempel auf Delos gefundenen 
Basis als Kiinstler einer Portratstatue des Antio- 
chos IV. (175 — 164) genannt wird (Loewy Inschr. 
gr. Bildh. 210. Bull. hell. Ill 1887, 362 nr. 3. 
XV 1887, 263). Natttrlieh bildet die Annahme 



der Schreibung KaXirjdovtog die Voraussetzung fur 
diese Hypothese, die Benndorf noch durch den 
Hinweis zu stfltzen sucht, dass der seltene Name 
'A&avaicov gerade auf einer Inschrift aus Chalke- 
don (CIG _ II 3799) wiederkehrt. Der Stil des 
Knaben mit der Gans lasst sich mit diesem An- 
satz sehr gut vereinigen, der auch durch die 
Plinius analyse empfohlen wird. B. wird nemlich 
dort in dem Einsatzstiick zwischen dem ersten 
und zweiten alphabetischen Verzeichnis (Eobert 
Arch. March. 58) als einziger Nicht-Pergamener 
neben Isigonos {Epigonos Michaelis), Pyroma- 
chos, Stratonikos und Antigonos genannt, danach 
scheint ihn Xenokrates- noch nicht erwahnt zu 
haben. Andere Porscher wollen hingegen den B., 
meist aus allgemeinen stilistischen Erwagungen, 
in das 3. Jhdt. setzen, so Brunn KunstL-Gesch. 
II 400; S.-Ber. Akad. Munch. 1880, 484 (anders 
KunstL-Gesch. I 500. 501). Furtwangler Knabe 
mitder Gans 11. Overbeck Plast.* II 181. Col- 
li gn on Sculpt, gr. II 603. Umgekehrt will ihn 
Eayet (Mon. d. Part I livr. 4 p. 3) ans Ende des 
2. Jhdts. hinabrucken, was jedenfalls zu spat ist. 
Zwei Sonne eines B., Menodotos und Diodotos aus 
Nikomedeia, werden in einer nur aus Ligorio be- 
kannten und deshalb vielfach verdachtigten Kiinst- 
lerinschrift genannt (Loewy Inschr. gr. Bildh. 
521. IGI 146*). An sich bietet diese keinerlei An- 
stoss, und die Heraklesstatue, wie es scheint im 
farnesischen Typus, an der Ligorio die In- 
schrift auf dem Felsstiick unter der Keule gelesen 
haben will, befand sich nach Aldrovandis Zeug- 
nis (Stat. d. Roma p. 252) zu seiner Zeit in der 
That an dem von ihm bezeichneten Ort, im Atelier 
des Bildhauers Lionardo bei S. Marco presso l'Arco 
di Camillo, ein Umstand, den Loewy mit Recht 
fur die Echtheit geltend macht. Stiinde diese fest, 
so wurde bei der Nachbarschaft von Nikomedeia 
und Chalkedon auch diese Inschrift zu Gunsten 
der M ii 1 1 e r schen Schreibung KaXzr/dovwg sprechen, 
wobei freilich dahingestellt bleiben miisste, ob wir 
es mit den S. Ohnen des beriihmten Toreuten oder 
des vielleicht von ihm verschiedenen Sohnes des 
Athenaion oder endlich des unter Nr. 13 zu be- 
sprechenden Verfertigers der Statue des Epigonos 
zu thun haben. Schon aus diesem Grande ist die 
Inschrift fiir die Chronologie des beriihmten B. 
nicht verwendbar; der von Brunn S.-Ber. Akad. 
Munch. 1880, 484 in dieser Richtung gemachte 
Versuch basiert auf einer wie es scheint nicht 
belegbaren modernen Notiz, nach der Chalkedo- 
nier bei der Colonisation von Nikomedeia he- 
teiligt gewesen sein sollen, wobei nicht einmal 
ersichtlich ist, ob die erste Griindung im J. 264 
oder die Neubcsiedelung im J. 140 gemeint ist. 
Beachtung verdient iibrigens, dass der beruhmte 
attische ■ Theatersessel mit der TyrannenmOrder- 
gruppe einem Botj&og Aiodoxnv gehSrt hat, CIA 
II 1595. Eine zweite, gleichfalls nur auf Ligorio 
beruhende Inschrift (Loewy 522. IGI 140*) 'Eoftijs 
A wSoxog Bofj&ov ixoi . . . scheint hingegen sicher. 
wohl nach dem Muster der ebenbesprochenen, ge- 
falscht zu sein. 

Dass der Toreut B. mit dem Steinschneider 
desselben Namens Nr. 14 identisch sei, lasst Furt- 
wangler Arch. Jahrb. in 1888, 218 wenigstens 
als mOglich gelten. 

13) Bildhauer aus dem Ende des 2. Jhdts., 



607 



Bofetana 



^ekannt durch die Kiinstlersignatur auf einer in 
Delos gefundenen Basis, nach der er in Gemein- 
schaft mit einem sonst unbekannten Theodosios 
die Ehrenstatue des Epimeleten Epigonos gefer- 
tigt hat, Bull. hell. 1887, 263 nr. 23, Familien- 
zusammenhang mit dem Toreuten und, falls dieser 
von dem Sohn des Athenaion verschieden ist, audi 
mit letzterem, ist nicht unwahrscheinlich. 

[C. Robert.] 



Bogudes 



608 



609 



Bohne 



phyrog. de admin, imp. 42 p. 179, 15; der heutige 
Bog oder Bug, Hypanis (s. d.) des Altertums. 
Derselbe Autor kennt auch dessen Nebenfltisse 
Styyovl, jetzt Ingul, und XiS/idg, jetzt Kodyma. 
Fur Boyov schreibt er andernorts 38 p. 171, 11 
Kovfiov (richtiger Bovyov); vgl. 37 p. 167, 18 
die Horde Xafiov-fryyvM. [Tomaschek.] 

Bogudes. 1) Bogudes (Boyos Strab.), Sohn 
des Bocchus, Kfinigs von Mauretanien, zerstreute 



Bohne 



610 



14) fetemscnneider, bekannt durch eimra Cameo 10 die Truppen des NumiderkCmigs Hiarbas, als dieser 



iin Besitze des Herzogs von Northumberland auf 
Alnwick -Castle mit der Darstellung des seine 
Wunde kiihlenden Philoktet. Seiner Identitat mit 
dem gleichnamigen Toreuten, vielleicht auch der 
Annahme, dass der Cameo die Nachbildung eines 
von diesem geschaffenen Metallreliefs sei, scheint 
von seiten des Stils nichts im Wege zu stehen. 
S. Brunn Gesch. d. griech. Kiinstl. II 478f. 
Milani Ann. d Inst. 1882, 264f.; Mito di Fi 



von Pompeius im J. 81 v. Chr. verfolgt wurde, 
Oros. V 21 (wenn Orosius die Notiz seiner Vor- 
lage, hier des Auszuges axis Livius, genau wieder- 
gegeben hat, was man freilich bei diesem Falscher 
und Schwindler niemals voraussetzen darf, so war 
B. damals noch nicht selber Konig), Derselbe ist 
der KSnig Bdyog , den Poseidonios in einem Be- 
richt iiber die wunderbaren Seefahrten und -Aben- 
teuer eines gewissen Eudoxos aus Kyzikos er- 



lottete86f. Furtwangler Arch. Jahrb. in 216f. 20 wfihnt hatte; dieser sollte sich, nachdem er in 

Taf. 8.21. Hiddlfiton TCnPTa,v. owns rtf r.lnss Smmtim nnfoi. T>+^lft*«ni rtr . ("c^-i. — n\ i_-:„ m.-i.L 



Taf. 8, 21. Middleton Engrav. gems of class 
times 85. [O. Eossbach.] 

Bofetana (civitas und eoolesia) in Africa, 
deren Bischof im J. 411 erwahnt wird (Gesta colli 
Carth. 1 120, bei Mansi Concil. coll. IV 93 = 
Migne XI 1283). Verschieden davon ist Bosetana 
civitas, s. Boseth; vgl. auch Buffadensis. 

[Dessau.] 
Bogadia, eine nicht naher bestimmbare Ort- 
schaft in der Satrapie Areia, Ptol. VI 17, 5, 

[Tomaschek.] 
Bogadiuiii (BoyaStov), Stadt im inneren Ger- 
manien bei Ptol. II 11, 13. Man vermutet Iden- 
titat mit Burginatium (s. d.), -C. Miiller zu Ptol. 
I p. 269. Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. 

[Ihm.] 
Bogas {Boyag), Castell in Makedonien, durch 
Iustinian I. erneuert, Prokop. de aed. IV 4 p. 279. 

[Oberhummer.] 



Agypten unter Ptolemaios (SoteT II.) kein Gliick 
gehabt hatte, mit seinen Planen an B. gewandt 
haben, Strab. II 100—102. 

2) Bogudes {Bdyog Strab., Boyovag Dio, Bo- 
gud im Nominativ nur Bell. Alex. 62) herrschte 
zusammen mit Bocchus gegen das Ende der re- 
publicanischen Zeit fiber Mauretanien, Strab. XVII 
828. Ob er der bei Oros. V 21 erwiihnte B6- 
gudes Boeehi filius ist, lasst sich nicht mit Sicher- 
30 heit bestimmen (vgl. Nr. 1), ebensowenig, in wel- 
chem Verwandtschaftsverhaltnis er zu Bocchus 
(Nr. 2) stand. Die gewohnliche Angabe, er sei 
dessen Bruder gewesen, ist zwar wahrscheinlich, 
aber aus deD Quellen nicht belegbar. 

Uber die Gebiete beider giebt Plinius n. h, V 
19, nachdem er vorher iiber die Stadte der pro- 
vincia Tingitana gehandelt hat, folgende Notiz : 

Siga, oppidum alterins tarn Mauretaniae 

(== Caesariensis), namque diu regum nomina ob- 



Bogdomanis (Boydofiavig) , nach Ptol. V 1, 40 tinuere, ut Bogutiana appeUaretur extuma, item- 
em District Hitnvniens n]fli¥Jon»»Hi'«mn „».„ n„„,.i,.' n - • n V, . 



12 ein District Bithyniens, nach Kiepert Forma 
orb. ant. IX am Nordabhang des mysischen Olymp. 

[Euge.] 

Bogenschiessen s. T6g~ov. 

Boges (B6yt}s), Perser, verteidigte 477/6 v. Chr. 
Eion an der Strymonmiindung lange heldenmiitig 
gegen Kimon, obwohl ihm dieser freien Abzug 
bot. Als die Stadt ausgehungert und nicht mehr 
zu halten war, streute er seine Schatze in den 



que Boeehi quae nunc Caesariensis. Ab ea Portus 

Magnus amnis Muluecha, Boeehi Masaesy- 

lorumqw finis. Daraus ergiebt sich, dass (im all 
gemeinen) der westliche Teil, entsprechend der seit 
40 n. Chr. eingerichteten Provinz Mauretania Tingi- 
tana, dem B. gehorte, das Gebiet Ostlich vom Flusse 
Muluchath, entsprechend der spateren Mauretania 
Caesariensis, dem Bocchus. Dies wird bestatigt 
durch Dio XL VIII 45, wonach sich wiihrend B.s 



-- ■•— i — " — v ~^»v.,v hi uvu V.UH.U i/iw Aumito, nuuitcu sicn wanrena e.s 

Strymon und verbrannte sich mit den Weibern, 50 Abwesenheit in Spanien (urns J. 38) xwr W xhv 
Kindern und Sclaven, die bei ihm waren (Herod. Tlwiv ™» M m™n.. M*. TWit.*™,- »in« tw^ 



Kindern und Sclaven, die bei ihm waren (Herod 
VII 107. 113; vgl. Thuk. I 98, 1. Diod. XI 60, 
2. Aisch. Ill 183ff. Plut. Kim. 7. Paus. VIII 8,9. 
Polyaen. VII 24). Seine uberlebenden Nachkom- 
men standen deshalb beim GrosskOnig in hohen 
Ehren (Herod. VII 107). [Judeich.] 

Boggiana (friihere Lesart Boehiana), Stadt 
in Aithiopien, am rechten Ufer des Nils. Bion 
bei PUn. n. h. VI 178. [Sethe.] 



Tiyytv i.-iavaozdvTcov, die Tingitaner, seine Unter- 
thanen, erhoben und von Caesar wig Tiyyizavoig 
no/.ixzia sSo&tj. 

Im J. 49 wnrden B. und Bocchus als Feinde 
der Senatspartei von Caesar als Konige anerkannt, 
Dio XLI 42. Im J. 47 brach unter den Truppen 
und Fuhrern Caesars in Spanien ein Kampf aus, 
ein Teil der Legionen fiel von dem Propraetor Q. 
Cassius ab und stellte sich unter den Befehl des 



. — ... „. , ^ »,„. L ^^uiiv.j cassius au uuu sieine sicn uuier aen rieieni ass 
Bograi (Geogr. Eav. Ill 2, Bogratin ebd. V 60 Quaestors M. Marcellus. Cassius bat den Procon 
Bttaratim Guido 92k Ort an Ht-r TTiiat^ d«T snl Aez rlioos-oi+irron s^..;,... xr t — :a j j„ 



7, Bugratim Guido 92), Ort an der Kuste der 
Marmarika ostlich vom Katabathmos maior. 

[Sethe.] 

Bograndimn, Ort im nordlichen Britannien 
beim Geogr. Eav. 436, 7; der Name ist verdorben 
und der Ort sonst unbekannt. [Hiibner.] 

Bogn (Boyov), Fluss im Gebiete der tiirki- 
schen Patzinakai oder Pecenegen, Const. Por- 



sul des diesseitigen Spaniens M. Lepidus und den 
Konig B. urn Htilfe, bell. Alex. 68—69. Als Cas- 
sius in der Bergstadt Ulia von Marcellus einge- 
schlossen war, riickte B. zum Entsatz heran nnd 
lieferte mit wechselndem Erfolge Marcellus mehrere 
Treffen, ohne ihn indes zur Aufhebung der Ein- 
schliessung zwingen zu kOnnen. Dieser machte 
Lepidus ein Ende, der mit 45 Cohorten angeruckt 



kam und die Einstellung der Feindseligkeiten be- standteil von Totenspeisen durch Graberfunde 

fahl; sie waren bereits- eingestellt, als ganz un- schon aus der elften Dynastie nachgewiesen und 

vermutet die Truppen des B. noch einen Angriff ihre Lange auf 10,8 und 6V 2 mm. festgestellt. 

auf eine verschanzte Stellung des Marcellus mach- Auch die B., die Theophrast gekannt, kann nicht 

ten. Lepidus unterdrtickte den Angriff schnell gross gewesen sein. Er vergleicht sie namlich 

und Cassius erhielt freien Abzug , bell. Alex. 62 mit der nur erbsengrossen Frucht des Terpentin- 

— 63. baumes (h. pi. in 15, 3), der des Ziirgelbaumes 

Im africanischen Kriege (J. 46) wurde B., als (ebd. IV 3, 1 ; ebenso Plin. XIII 105), welche die 

Anhiinger Caesars, von Cn. Pompeius angegriffen, GrOsse einer kleinen Kirsche hat , und der des 
bell. Afr. 23. Am spanischen Kriege nahm er 10 xsgaoog, Cerasus graecus Desf.? (ebd. 11113,3), 

auf seiten Caesars teil, Dio XLHI 36, und gab in und die der meist 10 mm. langen Eibenfrucht 

der Schlacht bei Munda durch ein an sich un- soil nach ihm etwas grosser als die B. sein (ebd. 

berechtigtes Manover, das Caesar geschickt be- in 10, 2). Der spontane Wohnsitz der B. kann 

nutzte, den Anlass zum Siege, Dio XLHI 38. In vor einigen tausend Jahren sich sowohl im Suden 

den Parteikampfen nach Caesars Tode hielt er zu des Kaspisees als in Nordafrica befunden haben 

Antonius, Dio XLVIII 45. Appian. b. c. V 27 ver- (A. de Candolle D. Ursprung der KulturpfL, 

wechselt daher B. mit Bocchus, wenn er berichtet fibers, von Goeze 1884, 397f. G. Schweinfurth 

Box%ov r6v MavQovaia>v fSaodea. Asvxiog (— L. Verhandl. d. Berl. Ges. f. Anthropologie, 18. Juli 

Antonius im J. 42) muas jioXe/ieiv Kaeoivq. x0 1891, 661). Buschan (Vorgeschichtl. Bot. 1895, 
ri]v 'Iprjgiav sTzuQojisvovxi zqj Kai'oagi. In der 20 216) glaubt, dass die Heimat der rundlichen Va- 

That ist B, nach Dio a. a. O. nach Spanien ge- rietiit die siidkaspischen , kleinasiatisehen und 

zogen, nolla fih ilvfirjvaio jioUa de xai avxexa&e. vielleicht auch osteuropaischen Gebiete , die der 

Denn die Caesarianer in Spanien iiberwaltigten liinglichen die westlicher gelegenen Mittelmeer- 

ihn mit Hiilfe des Bocchus, und eine EmpOrung gebiete, auch Spanien und Nordafrika, sein mogen. 

der Tingitaner zwang ihn nach Africa zuriickzukeh- In Pompeii wurden bei den Ausgrabungen wieder- 

ren. Bocchus vertrieb ihn aus seinem Eeich und holt kleine Samen von B. gefunden ; sie gehOren 

nahm es mit Caesars Bestatigung in Besitz, Dio der Abart Vicia faba var. minor, d. h. der fava 

a. a. O. Auf seiten des Antonius nahm B. am cavallina der Italiener, la feverolle der Franzosen 

aktischen Kriege teil, Plut. Ant. 61 (wo wieder an (Comes Darstellung d. Pfl. in den Malereien 
falschlich B6x%og genannt wird, der damals schon 30 von Pompeii 1895, 20f.). 

tot war, vgl. auch Dio L 6). Er hielt Methone Dass die B. von den Griechen schon seit fruhe- 

besetzt; als es Agrippa im Friihling des J. 31 ster Zeit kultiviert worden, be weist nicht nur die 

eroberte, wurde B. getotet, Strabo VIII 359. Dio Erwahnung dunkelfarbiger B. als eines Objects 

L 11. Porphyr. de abstin. I 25. landwirtschaftlicher Thatigkeit in der Ilias (XIII 

Seine Gattin war Eunoe Maura, mit welcher 588f.), sondern auch der Fund von Samen bei den 

der Dictator Caesar ein Liebesverhaltnis unter- Ausgrabungen in Troia (Wittmack S.-Ber. d. 

hielt, mi ma,ritoqv» eius plurima et immensa bot. Ver. von Brandenb. vom 19 Dec. 1879); letz- 

tribuit, Suet. div. Iul. 52. Sie ist wohl auch ge- tere hatten im Mittel 5,6 mm. Lange und 4,4 mm. 

meint bei Strab. XVII 827 Boyov Se xov (Saodea Breite (Buschan a. a. O. 214). Der gewohnliche 
xa>v MavQovolwv avaftavxa eni rovg saiceolovg At- 40 Name war xva/uog, eines Stammes mit uvea ,bin 

{Honag xaxtuiefcyiai xfj yvvmxi dtioa xxk. schwanger' (W. Prellwitz Etym. Worterb. d. 

Uber die Mttnzen dieses B. mit der Aufschrift griech. Sprache 1892, 167), ein jungerer, durch 

iSex^ocMivgLMullerNumismatiquederancienne Mischbildung aus dem samisehen xvavo- in Zuo- 

Afrique HI 95ff. [Klebs.] voyjiwv und der ausserhalb Attikas gebrauchten 

Bohne. I. Faba vulgaris Mflnch = Vicia faba Form jtavo- in Ilaroyia (Harpokr. s. Bivavoytta. 
L., Puff- oder Sau- oder Pferde-B., neugr. xovx- Suid. s. jivavsyiwv) entstandener, nvavog (Brug- 
xiov, alb. ba-de (*| verkleinernd) , it. fava. Im mann Gr. Gramm.2 32, 1). Der kyzikenische 
heutigen Griechenland sind die B. sowohl grim, Monat Kvaveyiwv (CIG 11 3662, 2) entsprach 
mit und ohne Hfilse, ein sehr beliebtes Gemiise, namlich dem attischen Monat nvaveyiobv (unse- 
als trocken eine Hauptnahrung des Landvolks. 50 rem October), das kyzikenische Fest Kvaveyta 
Sie werden sehr gross und wohlschmeckend. Man den am siebenten des genannten Monats in At- 
kultiviert sie im grossen, in den Ebenen im Win- tika gefeierten Ilvartyio. (vgl. Harpokr. a. O. Hes. 
ter. Aus den trockenen, geschalten B. bereitet Apostol. XVIII 67. Suid. Eustath. H. XXII 496. 
man einen unter dem Namen yafia bekannten CIG I 523). Da an diesem Feste Hulsenfrfichte 
polentaartigen Brei. In Italienbaut man im Felde (Plut. Thes. 22; vgl. Schol. Aristoph. Pint. 1054), 
die Winter-B., gewohnlich fava baggiana und d. h. Bohnen (Athen. LX 408 a. Hes. s. nvavoyia), 
wahrscheinlich nach dem alten Baiae, da man in genossen wurden, ist der Name von diesem Branch 
dieser Gegend noch in neuester Zeit die besten abzuleiten und xiafiog oder nvavog = xvapog (Poll, 
und grOssten B. Italiens baut (Palma Voeabu- VI 61. Hes. Apostol. a. O. Eustath. H. II 552. 
lario metodico ital. 1 182 ; vgl. fabaeiae Baianae 60 XHI 589. XXII 496). Auch nennt Alkman (bei 
bei Apic. 210), benannt, und die kleine Friibjahrs- Athen. XIV 648 b. Hes. s. ixoXxog) einen wohl ur- 
B., auch cavallina genannt, die erstere besonders spriinglich aus B. bereiteten nvavos ndhog , ob- 
als Nahrung fur die Menschen, die zweite fur wohl dieser ein Weizenbrei gewesen sein soil (He- 
die Tiere. Die alten Bewohner der Schweiz und liodor. Perieg. bei Athen. LX 406 c ; vgl. Hes. s. 
Italiens in dem Bronzezeitalter bauten eine kleine Tivavoyia), Das genannte Fest war iibrigens ein 
B., deren Same 6 — 9 mm. lang war, wahrend die Erntefest zu Ehren Apollons (Harpokr. a. O. Suid. 
Lange unserer jetzigen Feld-B. wenigstens 9 mm. CIG I 523). Von xva/iog hingegen ist der Name 
betragt. In Agypten ist ihr Vorkommen als Be- eines attischen Heros Kvaiuzrjg (Hes, Phot. lex. 

Paulj-Wiseowa III 20 



611 



Bohne 



Bohne 



612 



613 



Bohne 



Bekker anecd. gr. 274, 14), vielleicht einer Ab- 
straction des Dionysos (Murr D. Pflanzenwelt i. 
d. gr. Mythol. 166), herzuleiten , dessen Tempel 
jenseits des Kephisos (Paus. I 37, 4) an der heiligen 
Strasse nach Eleusis (Ps.-Plut. vit. dec. or. 837 C) 
lag. Ferner ist hier Kvapov Smqov ,Bohnhorst', 
ein Vorgebirge von Kreta (Ptol. Ill 17, 8), mid 
Kvafi6aa>gos ,Bohnenbach', ein Fluss im Gebiet 
von Centuripae in Sicilien (Pol. I 9, 4), zu nennen. 



Bohne 



614 



weder eine B. beriihren, noch ihren Namen aus- 
sprechen (Fab. Pict. bei Gell. X 15, 12. Varro 
bei Plin. XVIII 119), well man glaubte, dass die 
B. Bezng auf die Toten batten, denn nicht nur 
an den Lemurien wurden sie den Larven hinge- 
worfeu, sondern auch an den Parentalien geopfert, 
und auf ihren Bluten schienen sicb Trauerbuch- 
staben zu finden (Varro. Fest. a. a. 0.). Mit der 
Larunda oder wenigstens mit der Acca LaTentia 



Mitunter wird die B. im Unterschiede von der 10 wird auch die Fufetia in Verbindung gebracM 



agyptischen B., Nelumbium speciosum Willd., xva- 
fiog ilhfnxoq genannt (Hipp. II 672 Kiihn. Diosk. 
n 127), wogegen Plinius (XVI 123. XXIV 6) die 
Dattelpflaume, Diospyros lotos L., so nennt; bei 
den Attikern sollte die "Wieke xva/xog heissen 
(Gal. VI 551). Die gescbrotenen B. wurden sqs- 
7! i6g (Gal. VI 533. Erotian, p. 131, 2) = faba 
fresa zum Unterschiede von xvafiog — faba solida 
genannt (Corp. Gloss. L. II 69, 43. Ill 26, 55. 



(Gell. VII 7, 1). Sowohl diesen Namen~als den 
des Mettus Fufetius leitet Pfund von faba ab, 
was wohl seine Berechtigung hatte, wenn der 
archaistische Dativ Mettoi Fabettoi bei Ennius 
(ami. 129) auf richtiger Lesart beruhen sollte. 
Endlich identificiert mit diesem Namen Pfund 
auch den des Griinders von Cures Modius Fabi- 
dius (Varro bei Dion. Hal. II 48) , wobei er je- 
doch so weit geht zu folgern, dass es bei den 



183, 22. 193, 52. 266, 66. 357, 6; vgl. 429, 72). 20 alten Italern eine Zeit gegeben habe, in welcher 



Die lateinische Bezeichnung faba, die Isidorus 
(XVII 4, 3) von <payeiv ableitet, entspricht ver- 
schiedenen europitischen Namen, auch dem alba- 
nischen ba-&e , doch weder dem griechischen noch 
dem deutschen (0. Schrader Sprachvergleichung 
u. Drgesch.2 427 ; vgl. auch Mommsen Unterital. 
Dialekte 358. Kluge Etyrool. Lexikon d. deut- 
schen Sprache 5). Dass die B. die in Italien am 
fruhesten angebaute Hiilsenfrucht gewesen sei, 



der Ackerbau sich fast allein auf die B. beschrankt 
habe, und dass man bei der Griindung jener Stadt 
das Los der Ansiedler nach der Aussaat der B. 
bemessen habe. Allerdings gleichen die Agrimen- 
soren das iugerum mit 3 modii (Grom. vet. p. 96, 
14. 354, 10. 359, 13), und Acron (zu Hor. sat. I 
1, 53) sagt, dass die sabinische Trimodia = 5 oder 
6 Tomischen Modii gewesen sei, weshalb Pfund 
geneigt ist anzunehmen, dass das sabinische Los 



was schon die Alten behaupteten (Ov. fast. VI 30 etwa gleich zwei rOmischen Iusera, aneeblich dem 



180. Isid. XVII 4, 3), hat M. Pfund (De anti 
quissima apud Italos fabae cultura ac religione, 
Diss. Berol. 1845) durch den Hinweis auf einige 
alte Eigennamen, sowie sacrale, religiose, agra- 
rische und andere Gebrauche darzulegen versucht, 
von dessen Ausfuhrungen auch noch heute einige 
belangreich sein diirften. Von der B. hatten jeden- 
falls die Fabii ihren Namen (Plin. XVIII 10), 
wenn sie auch nach einigen urspriinglich Fovii 



alten heredium der ROmer (Hultsch Metrologies 
85), gewesen sei. Doch ist, wenn es sich um B. 
gehandelt hat, nur so viel einigermassen wahr- 
scheinlich, dass die Sabiner entweder ein grfisseres 
Ackermass als die Rcmer gehabt oder fur dieselbe 
Flache ein grosseres Quantum an Saat gebraucht 
haben. Denn die trimodia entsprach, wenigstens 
bei den R&mern, nicht dem Lose, sondern vermut- 
lich eincm Ackermass. Auch die ROmer scheinen 



von fovea ,Grube' (Fest. ep. p. 87, 7) oder Fodii 40 urspriinglich das Ackermass nach der Aussaat, 



von fodere als Erflnder der Wolfsgrubenjagd ge- 
heissen haben sollen (Plut. Fab. Max. 1). Von 
der gens Fabia haben die Fabiani ihren Namen 
(Ov. fast. II 375f. Prop. V 1, 26), welche das 
eine von den beiden collegia in dem zu den alte- 
sten Kulten gehOrenden Gentilkult des Lupercus 
bildeten (Fest. ep. p. 87, 18. 257 b 12. Ovid. 
Prop. a. 0. Vict. orig. 22; vgl. 0. Crusius 
Eh. Mus. XXXIX 164ff.). Der Gottin Carna 



aber nicht bios der B., sondern auch des Speltes 
bemessen zu haben. Denn wie die B. die alteste 
Hiilsenfrucht, so war der Spelt das alteste Ge- 
treide bei ihnen (Ovid. fast. VI 180. Plin. XVIII 
62), und ihre alteste Speise, die puis (Varro 1. 1. 
V 105, vgl. 108. Val. Mai. II 5, 5. Plin. XVIII 
83. 84), welche zugleich eine Opfergabe fur die 
Gotter (Val. Mar. Plin. a. a. 0.) und das Futter 
fur die Weissagehiihner bildete (Cic. div. II 73), 



wurde an den Hal. Iun. B.-Brei geopfert (Varro 50 wurde sowohl aus Spelt (Val. Max. Plin. a. a. 6'j 
bei Non. p. 341. Ovid. fast. VI 170. Macrob. sat. wie ans B (Vaxm hpi N™ r> <ui ph,, yvttt 



I 12, 33); danach waren die Kal. Iun. auch Kal. 
fabariae benannt (Macrob. a. a. 0.); das jeden- 
falls sehr alte Fest sollte von Iunius Brutus ge- 
stiftet sein (Macrob. 1 12, 31). An den Lemurien 
hatte sich der aberglaubische Brauch erhalten, die 
bosen Geister Verstorbener durch eine Spende 
schwarzer B. aus dem Hause zu bannen (Varro 
bei Non. p. 135. Ovid. fast. V 436), und die 



wie aus B. (Varro bei Non. p. 341. Plin. XVm 
118. Macrob. sat. I 12, 33) bereitet. Dem ent- 
sprechend waren auch zwei Saatmasse, die deeem- 
modia und die trimodia, bei ihnen iiblich (Col. 
H 9, 9. XH 18, 2. 52, 8), wovon das erstere ur- 
spriinglich nur das Mass fur den Spelt, das letz- 
tere = 26,26 1. aber wohl das fur die B. gewesen 
sein und, was mit der Gleichung der Agrimen- 
soren stimmt, dem iugerum entsprochen haben 



Einsetzung dieses Festes sollte urspriinglich den 60 kann. Denn das Mass der Aussaat wurde zwar 



Zweck gehabt haben , den Mord des Remus zu 
suhnen, der Name des Festes aber Remuria 
(nach Fest. ep. p. 276 der Wohnort des Remus) 
sich spater in Ijemuria verwandelt haben (Ovid, 
fast. V 479f.). Ein ahnlicher Brauch bestand an 
dem Feste der Tacita (Ovid. fast. II 576), welche 
mit der alten TotengCttin Larunda oder Larenta 
zu identificieren ist. Der Flamen Dialis durfte 



spater auf seehs Modii bei fettem Boden, bei mit- 
telmassigem auf noch mehr, berechnet (Col. II 
10, 8. XI 2, 75. Plin. XVLU 198. Pall. XII 1, 2), 
doch in fruherer Zeit nur auf vier Modii pro 
iugero = 35 1. pro lj 4 ha. (Varro I 44, 1. Tremel- 
lius bei Col. LT 10, 8) , und auch heute rechnet 
man bei sorgfaltiger Aussaat in gleichen Abstan- 
den in Italien nur 1 hi. pro ha., andernfalls bis 



3 hi. An die Aussaat der Feldfriichte knttpfte 
sich auch der aberglaubische Brauch an, eine 
ref(e)riva faba der guten Vorbedeutung wegen zum 
Opfer nach Hause zu tragen (Cincius bei Fest. 
p. 277 a 17 ; ep. p. 276, 4. Plin. XVLTI 119). An 
den seit 305 d. St. gefeierten ludi saeculares 
erhielt das Volk Weizen, Gerste und B. (Zosim. 
II 5, 4) ; an den Floralien (Pers. V 177) wurden 
B. und andere Hiilsenfruchte von den ambierenden 
Aedilen unter das Volk geworfen (Hor. sat. H 3, 
182) ; zum Reinigungsopfer an den Palilien wurde 
B.-Stroh verbrannt (Ovid. fast. IV 725). Endlich 
bestand der Aberglaube , dass, wenn B. zu Auc- 
tionen mitgenommen wurden, sich der Gewinn 
steigere (Plin. XVLU 119). Wie sehr die B. auch 
in spaterer Zeit in Gebrauch gewesen ist, zeigt 
eine Rechnung der Sitophylakes von Tauromenium 
in Sicilien (CIG HI 5640 Tab. I col. I 25—28. 
32—37; col. H 24—26. 31—36; col. m 21—23. 
26—30) aus dem 1. Jhdt. v. Chr. (ebd. p. 635); 
bier zeigt sich ein so grosser Verbrauch von B., 
dass diese bei den Tauromenitanern die tagliche 
und fast einzige Nahrung ausgemacht zu haben 
scheint. 

In botanischer Hinsicht wird folgendes her- 
vorgehoben. Die "Wurzeln sind nicht zahlreich, 
so dass die Pflanze unter schadlichen Einfliissen 
leicht leidet (Theophr. c. pi. II 12, 5). Obwohl 
alle Hiilsenfruchte nur eine Hauptwurzel haben 
(Theophr. h. pi. VIII 2, 3), glaubt Plinius (XVHI 
51) falschlich, die B. davon ausnehmen zu miissen. 
Der Stengel ist hohl (Theophr. h. pi. VIII 3, 2. Ovid, 
fast. IV 734), unverastelt und (im Gegensatz zum 
■Getreide) ohne Knoten (Plin. XVHI 57. Diog. 
Laert. VIII 19), die Blatter iin Unterschiede zu 
denen des Getreides rund (Theophr. h. pi VLU 1. 
Plin. XVIII 58). Auf die Bliite scheint die Bemer- 
kung sich zu beziehen, dass sich die Schwache der 
B. daran erkennen lasse, dass sie allein ihre weisse 
Farbe in eine schwarze verwandle (Theophr. c. pi. 
IV 12, 7). Der Bliitenstand ist wie bei alien 
Hulsenfriichten traubenfermig (Plin. XVHI 60). 
Die Bliitezeit wahrt lange (Theophr. h. pi. VII 
3, 1. VIII 6, 5; c. pi. IH 24, 3. Plin. XVm 59), 
namlich 40 Tage (Theophr. h. pi. VHI 2, 6. Col. 
II 11, 10. Plin. a. a. 0.) zwischen dem Fruhlings- 
aequinoctium und 9. Mai (Plin. XVHI 253), eben- 
so lange die Reifezeit (Theophr. a. a. 0. Plin. XVIH 
60), so dass die Ernte zwischen 9. Mai und die 
Sonnenwende fallt (Plin. XVHI 257) ; doch geht 
das Bluhen wie bei alien Hulsenfruchten allmah- 
lich von den unteren Teilen nach den oberen vor 
sich (Theophr. c. pi. IV 10, 2. 3. Plin. XVHI 59). 
Die Blute lockt die Biene aus der Winterruhe 
hervor (Plin. XVLH 253). Da die B. viele Friichte 
hervorbringt (Theophr. c. pi. IV 10, 1) und von 
lockerem Stoffe ist (ebd. II 12, 5), liebt sie wah- 
rend der Bliitezeit Regen (Theophr. h. pi. VHI 
6, 5; c, pi. HI 24, 3. Plin. XVIII 120) und, da 
sie bald reift, auch spater (Theophr. h. pi. VHI 
6, 5 ; vgl. Plin. a. a. 0.). Heftiger Wind saugt 
sie aus (Theophr. c. pi. IV 13, 4). Sie leidet uber- 
haupt leicht bei ungflnstiger Witterung (Ovid. 
fast. V 267). Selbst auf demselben Acker (Theophr. 
c pi. IV 12, 1), demselben Stengel, ja in derselben 
Hulse (ebd. 7) finden sich Samen, die sich schwer, 
und solche, welche sich leichter kochen lassen. 
Der Same ist zwiefach (Col. II 11, 10; vgl. Diosk. 



II 127), d. h. dikotylisch. Der Keimungsprocess 
soil nach Theophrast (h. pi. VIII 2, 1) ein anderer 
als beim Getreide sein. Nachdem er namlich un- 
riehtig behauptet, dass beim Getreidekern aus dem 
unteren und dicken Teil die Wurzel , aus dem 
oberen der Keim hervorkomme (wahrend der Blatt- 
keim dicht fiber den Wurzeln hervorbricht), sagt 
er von der B., dass sie Wurzel und Stengel aus 
derselben Stelle (dem Embryo) schicke, wo auch 

10 die Samen an die Hulse angewachsen seien (was 
insofern richtig ist, als das Wurzelchen des Em- 
bryos nicht weit von der Anheftungsstelle ent- 
fernt liegt), und dass sie darin ein offenbares 
Lebensprincip habe; ferner dass bei der B. wie 
der Richer, besonders aber der Lupine, an diesem 
Punkt etwas der weiblichen Scham Ahnliches er- 
scheine (womit er wohl die Anheftungsstelle des 
Nabelstranges meint). Die Stelle, wo der Keim 
hervorbreche , sei im Gegensatz zur Lupine er- 

20 haben (h. pi. VHI 5, 4). Endlich sagt er richtig 
(h. pi. VHI 2, 3) , dass die Gerste und der Weizen 
(als Monokotyledonen) mit einem Blatte, die B. 
und Kicher (als Dikotyledonen) mit vielen Blattern 
aufgingen. Nach Plinius (XVHI 57) sollen bei 
der B. zuerst die Blatter und dann erst der 
Stengel iiber die Erde kommen (obwohl mit den 
Blattern immer auch schon der Stengel zum Vor- 
schein kommt). Unter alien Hiilsenfruchten hat 
die B. am meisten vom Rost zu leiden, sowohl 

30 wegen der Menge ihrer Blatter, als weil sie dicht 
gesat wird, wegen ihres lockeren Stoffes sehr die 
Feuchtigkeit an sich zieht und weil sie von alien 
(Feldfruchten) die Friichte am meisten in der Nalie 
der Erde tragt; denn am meisten leiden die 
unteren Teile, da sie am wenigsten vom Winde 
getroffen werden (Theophr. c. pi. IV 14, 2). Die 
als Schmarotzerpflanze der B. und Kicher von 
Paxamos (Geop. II 43), der Erve von Theophrast 
(h. pi. VIII 8, 4; c. pi. V 15, 5) und der Kicher 

40 und Erve von Plinius (XVHI 155) bezeichnete 
oQopdyxvti scheint die europaische Seide, Cuscuta 
euTOpaea L. , zu sein, da sie durch Umschlingen 
die Nahrpflanzen toten soil, dagegen die gewisse 
Hiilsenfruchte erstiekende oqofiayxvr) (Diosk. H 
171. Plin. XXn 162) Orobanche speciosa D. C. 
Angeblich sollte die B. wild auf Borkum (Plin. 
IV 97) und, was mOglich, in Mauretanien wachsen, 
aber diese hart una schwer zu kochen sein (Plin. 
XVIII 121) ; Eustathios (IL XIII 549) spricht so- 

50 gar von wilden B. , die siisser seien als die kul- 
tivierten. 

Fur den Anbau verlangt die B. einen kraf- 
tigen Boden in geschiitzter Lage (Cato 35, 1), 
einen fetten oder gediingten (Col. II 10, 5. XI 2. 
85. Pall. XII 1, 3). feuchten (Pall. I 6, 5. Geop. 
H 10, 1), vom Regen erweichten (Geop. H 13, 3) 
Boden ; nur Theophrast (c. pi. DH 21, 3) empfiehlt 
merkwurdigerweise einen leichten Boden, obwohl 
er selbst (h. pi. VTH 8, 6) sagt, dass die auf 

60magerem Boden gewachsenen schwer zu kochen 
seien. Nur auf dem lockeren Boden Campaniens 
folgen auf Spelt Fruhjahrs-, dann Winter-B. (Plin. 
XVHI 191), sonst folgt der Spelt der B. (Verg. 
g. I 74. Plin. XVHI 187). Besonders fur die B. 
muss der Boden gediingt werden (Plin. XVHI 192). 
Wenn die B. ohne Brache auf Getreide folgen soil, 
diingt man mit 24 Fuhren Stallmist = ca. 14000 kg. 
(Col. II 10. 6), sonst mit 18 Fuhren = 10 500 kg 



615 



Bohne 



Bohne 



616 



617 



Bohne 



Bohne 



618 



(Col. XI 2, 86; vgl. Plin. XVIII 193). Weil die 
B. locker ist und leicht fault, scheint sie das Erd- 
reich zu dlingen, weshalb die Makedonen und 
Thessaler, wenn sie blliht, den Boden umwenden 
(Theophr. h. pi. VIII 9, 1. Plin. XVIII 120). Audi 
bei den EOmern war (wie zum Teil auch heutzu- 
tage unter der Voraussetzung, dass sie nicht aus- 
gezogen, sondern gescbnitten wird, damit die 
Wurzeln in der Erde bleiben) die Ansicht von 



oder in Urin u. dgl. (Plin. XVIII 158. Geop. II 
18, 16). Zuerst streute man den Samen auf den 
Boden, dann riss man diesen mit dem Pflnge auf, 
machte Beete und zerschlug die Schollen, damit 
die Saat mfiglichst mit Erde behanfelt wurde (Col. 
H 10, 5. Pall. XH 1, 1). Die B. keimen schwer 
(Theophr. h. pi. Vm 6, 1; vgl. Varro I 45, 1) 
infolge der Harte der Haut (Theophr. c. pi. IV 
8, 2) und wachsen von alien Feldfriichten am lang- 



ihrer diingenden Kraft vertreten (Cato 37, 2; vgl. lOsamsten, besonders langsam, wenn nach der Saat 



Plin. XVII 56. Saserna bei Col. II 13, 1. Plin 
XVm 120. 187), doch meint Columella (II 10, 7), 
dass sie nur weniger als andere Saaten den Boden 
aussauge. Empfohlen wurde sie besonders fur die 
Griindungung (Varro I 23, 3. Col. II 13, 3. Hes. 
s. yaatQi), die Stengel und die Spreu als guter 
Dung (Cato 37, 2), letztere besonders an die Wur- 
zeln der Beben gebracht, da sie dieselben vor 
Kalte und schadlichen Tieren schfitze (Geop. V 



starke Begengttsse erfolgen (Theophr. ebd.); sie 
kommen, wenn sie nach Palladius (XII 1 , 3) nicht vor 
der Saat gewassert werden, erst am fiinfzehnten bis 
zwanzigsten Tage hervor (Theophr. h. pi. VIII 1, 
5 ; vgl. c. pi. IV 8, 2. Plin. XVUI 51), doch im 
Friihjahr schneller (Theophr. h. pi. VIH 1, 5), 
etwa schon in der halben Zeit. Man muss wie 
alle Feldfrflchte (Theophr. c. pi. IV 13, 3) auch 
die B. behacken, zuerst in der zweiten Halfte des 



9, 4. 26, 6), oder an die der Olbaume (ebd. IX20Januar (Col. XI 2, 10; vgl. die Stellen: Col. II 



10, 1) oder die aller Baume (ebd. X 83, 3. 84, 6), 
2—8 congii = 6,57—26,26 1. je nach der GrOsse 
der Baume (ebd. X 88; vgl. IX 10, 1). Aber die 
Hiilsen, an die Wurzeln der Keben (Plin. XVII 
140), der Baume (Geop. II 35, 1) oder iiberhaupt 
der Gewachse, wenn sie noch jung und schwach 
sind, gebracht, tfiten diese, indem sie ihnen durch 
ihre Trockenheit die Nahrung entziehen oder den 
Zutritt derselben versperren (Theophr. c. pi. V 



11, 4. XI 2, 8. Plin. XVin 241), d. h. wenn sie 
vier Fingerbreiten hoch sich fiber die Erde erhoben 
haben (Pall. II 9, 1) ; wenn sie zwei bis dreimal 
behackt werden, geben sie viele und grosse Samen 
mit so dllnnen Hiilsen, dass ein Modlus fast auch 
wieder einen Modius enthauteter und geschrotener 
B. giebt (Col. II 11, 7. Plin. XVIII 158. Pall. H 
9, 2). Zu verwerfen ist daher die Ansicht des 
Celsus, der die B. nicht zu behacken rat, da sie, 



15, 1 ; vgl. Apoll. hist. mir. 46. Clem. Alex, strom. 30 bei der Beife ausgezogen , ohnehin vom Unkraut 



III p. 522 Pott.). Alternde Wiesen werden durch 
den Anbau der B. aufgefrischt (Col. II 17, 4. 
Plin. XVIII 259). Zwischen die Eeben sind auf 
feuchtem Boden B. zu saen, da sie die Fahigkeit 
haben zu trocknen (Theophr. c. pi. Ill 15, 4). 
Man sat sie wegen ihrer schwachlichen Natur 
friih im Herbst, damit sie sich bei heiterem Wet- 
ter vor dem Winter bewurzeln kOnnen (ebd. IV 
7, 2; vgl. h. pi. Vin 1, 3; c. pi. II 12, 5) und 



gesondert wurden und man dann noch Heu schnei- 
den kttnne; den B. wird namlich durch das Un- 
kraut zu viel Kraft entzogen (Col. II 11, 6). In 
den ersten fiinfzehn Tagen der Bliite sind die B. 
nicht zu beruhren (Plin. XVIII 241), zu jaten 
iiberhaupt nicht (Plin. XVIII 185). Die Samen 
werden sehr leicht von Wiirmern angefressen, in 
einigen Gegenden selbst nachdem sie geerntet 
sind (Theophr. c. pi. IV 16, 1; vgl. II 4, 2; h. 



damit sie durch den Begen befruchtet werden 40 pi. VIII 10, 5. 11, 3); der Wurm heisst piSas 



(Theophr. c. pi. Ill 24, 3), besonders auch wan- 
rend der Bliite (Theophr. h. pi. Vm 6, 5), nach 
andern nicht gleich nach dem Herbstaequinoctium, 
sondern wann Regen fallt, da sie feuchtes Land 
lieben (Geop. n 35, 1. 2), im December (Geop. 
in 15, 7); nur wenn die Aussaat sich verspatet 
hat, auch spater (Theophr. h. pi. VIII 1, 4). In 
Italien geschah dies in der ersten Halfte des No- 
vember (Col. XI 2, 85) bis zum 11. December 



(Theophr. c. pi. IV 15, 4) und ist die B.-Made, 
die Larve von Bruchus rufimanus ; doch sagt man, 
dass die angefressenen B. wieder voll wiirden 
(Theophr. IV 16, 2), namlich bei zunchmendem 
Monde (Plin. XVIII 119. Geop. II 35, 7); Colu- 
mella (II 10, 11) glaubte, dass die B. weniger 
von Maden angefressen wiirden, wenn sie vor der 
Saat in Lauge erweicht waren. Man erntet sie, 
wenn sie noch saftig sind, schon deshalb, weil 



(Col. II 10, 8. Pall. XIII 1, 1), meist aber um 50 sie in trockenem Zustande leicht abfallen (Theophr. 



den 10. November (Varro I 34, 2. Plin. XVIII 
120; vgl. Cato 27. Pall. XII 1, 1); in der Poebene 
im Frubjahr (Verg. g. I 215. Plin. a. a. O.), doch 
wurden dann die Hiilsen und Stengel vom Vieh 
nicht so gem gefressen (Plin. a. a. O.); auch 
brauchte man bei der Aussaat im Februar ein 
Fflnftel mehr an Saat (Col. II 10, 9). Zur Friih- 
jahrssaat eignete sich am besten die marsische 
B. (Col. II 9, 8). Die Saat musste unmittelbar 



c. pi. IV 13, 3). Sie miissen bei Neumond vor 
Tagesanbruch ausgezogen werden (Col. II 10, 12. 
Pall. VII 3, 2), im Juni (Pall. a. a. O.), denn in 
dei zweiten Halfte des Juni werden die Winter- 
B. gedroschen, die Frtihjahrs-B. ausgezogen (Col. 
XI 2, 50). Sie werden also meist mit der Hand 
ausgezogen. Nach vorhergehender Brache sind 
2 Tage\verke des Pfliigers, sonst 1 solches, iy 2 
fur das Zerkleinern der Schollen, 3!/ 2 f ur drei- 



vor oder nach dem Vollmonde geschehen (Col. II 60 maliges Behacken und 1 fur das Schneiden, zu 



10, 10. XI 2, 85. Plin. XVLU 157; vgl. Pall. XH 
1, 3. Geop. II 18, 13). Um zu bewirken, dass 
die spater zu erntenden B. sich leichter kochten 
oder grosser wurden, gaben einige den wunder- 
lichen Rat, sie vor der Saat in Lauge zu erwei- 
chen (Verg. g. I 193f. und bei Col. II 10, 11. 
Pall. XII 1, 3. Geop. II 35, 2. 41, 1 ; vgl. auch 
fur alle Hiilsenfriichte Theophr. h. pi. II 4, 2) 



sammen 7 — 8 Tagewerke, erforderlich (Col. n 
12, 2). Alsbald werden sie gedroschen, geworfelt 
und auf den Speicher gebracht, weil sie so be- 
handelt nicht von Maden angefressen werden (Col. 
II 10, 12. Pall. VII 3, 2), gedroschen am besten 
ohne Zugtiere und ohne Wind gereinigt (Col. a. 
a. O.). Eine massige Zahl aufgelo'ster Btodel 
wird namlich an das eine Ende der Tenne ge- 



bracht , von drei oder vier Menschen durch den (Aret. 300) ; doch zerrieben sind sie leichter zu 

Baum der Tenne vorwarts geschoben und mit kochen (Theophr. c. pi. IV 12, 13) ; grtae B. sind 

StCcken geschlagen ; wenn diese an das andere dem Magen weniger zutraglich und bringen mehr 

Ende der Tenne gelangt sind, werden die Halme Blahungenr hervor (Diosk. H 127), und die griinen 

zu einem Haufen zusammengewoTfen ; die aus- Hiilsen sind uberhaupt nicht zu essen (Gal. VI 

gedroschenen Samen bleiben auf der Tenne liegen ; 557). Um das Blahen der B. zu vermeiden, soil 

dann werden andere Bundel ebenso behandelt ; das zuerst beim Kochen gebrauchte Wasser durch 

die rasammengefegten Samen samt der Spreu frisches ersetzt werden (Diosk. n 127), oder machen 

worfelt man mit der Wurfschaufel mSglichst weit, einige einen Brei und thun Zwiebeln hinzu, so- 
so dass die Samen weiter als die Spreu fliegen 10 gar ungekochte, da alle blahenden Speisen durch 

(Col. II 10, 13. 14). Man hat schon an einem erwarmende und verdiinnende verbessert werden 

Stengel 100 Samen gefunden (Plin. XVIII 95). Der (Gal. VI 530). Die B: sind zwar in frischem Zu- 

Modius davonwiegt 22 Pfund (Plin. XVIII 62), also stande schmackhafter (Theophr. c. pi. VI 12, 9), 

1 hi. wie heute 82,29 kg. Der kastrensis modius = doch nahren sie grim gegessen weniger (Gal. a. 

17,51 1. geschrotener B. kostete im J. 301 n. Chr. O.). Die weissen sind schmackhafter als die 

hfichstens 100,ungeschrotener60DenaTe(Ed.Diocl. anderen (Theophr. h. pi. VH1 5,1). Abgesehen 

I 9, 10), entsprechend 1,83 und l,10Mark; derSex- von ihrer blahenden Wirkung ist die B. eine gute 

tar = 0,547 1. ausgehiilster griiner B. 4 Denare (Gal. VI 790) , kraftige (Macrob. sat. I 12, 33), 

= 7,3 Pfennig (ebd. VI 38). Nicht nur pelusische fleischbildende Nahrung (Diosk. II 127) , wenn 
Linsen waren teurer als B. (Mart. XIII 9), son- 20 auch das angesetzte Fleisch mehr schwammig als 

dem alle Linsen, da sie im Ed. Diocl. zu den B. fest ist (Gal. VI 529) , die fur Tiere und Men- 

im Wertverhaltnis von 100 zu 60 stehen , wie schen unter alien Hiilsenfriichten am meisten ge- 

denn auch heute in Italien 1 hi. B. etwa um ein schatzte Nahrung (Plin. XV ill 117). Sie war 

Drittel billiger ist. Wegen der Dicke der Haut daher von armen (Hor. sat. II 3, 182) oder kraf- 

erhitzen sich die B. leicht auf dem Speicher (Plin. tigen Leuten wie Bauern (Plin. XVHI 101. Hor. 

XVIII 304). Doch halten sie sich sehr lange in sat. II 6, 63) und Schmieden (Mart. X 48, 16) 

Olgefassen, deren Inneres mit Asche bestrichen geschatzt und wurde in Form eines Breis mit 

ist (Varro I 58 und bei Plin. XVHI 307) ; Varro Gerstenschleim von Gladiatoren gegessen (Gal. VI 

(bei Plin. a. a. 0.) erzahlt, dass sie sich in einer 529. Sim. Seth app. ed. Langk. p. 131). Fur die 
Hehle bei Ambrakia 220 Jahre seit Pyrrhus Zeiten 30 ungeschalte B. hatte man den Namen xoyxog, 

bis 67 n. Chr. gehalten hatten. Nach Theophrast lat. conehis (vgl. faba quasi eondeula bei Marc. 

(c. pi. IV 12, 8; ebenso Plut. symp. VTI 2, 3) Emp. 33, 1; archaist. cunehis bei Prise. I 35); 

leiden die enthfilsten Samen bei Philippi vom besonders sie gait als Speise der Armen (Athen. 

kalten Winde und lassen sich schwer kochen, was TV 159 f— 160 d. Bekk. anecd. 105, 17. Mart. V 

nicht der Fall ist, wenn sie ungedroschen auf- 39, 10. VH 87, 2. Iuven.111293. XIV 131. Fronto 

bewahrt werden; Plinius (XVIII 155), diese Stelle ad M. Caes. IV 6 p. 69, 18). Ganz oder geschroten 

ausschreibend, macht aus den Adjectiven zsQafimv wurden die B. bei den meisten Volkern unter 

und dtegafKov substantivisehe Namen fur angeb- das Getreide, besonders die Kolbenhirse gemischt 

liche Schmarotzerpfianzen ! (Plin. XVHI 117). Geschroten (Gal. VI 530) oder 
Anwendung fanden die B. als Futter der Kin- 40 in frischem Zustande assen sie manche zum Nach- 

der, Schafe und Ziegen, das die Milch treibt tisch (Phanias bei Athen. II 54 f); die Lakedai- 

(Aristot. h. an. Ill 107), als Futter, das die monier setzten sie bei einem Feste den Fremden 

Sehweine fett macht (Varro II 4, 6. Col. VII 9, zum Nachtisch vor (Polemon bei Athen. II 56 a). 

9), fur Hochrinder (Cato 27. 60) ; das Kraut und Ubrigens wird mit Becht behauptet, dass B. sich 

geschrotene B. setzen bei den Rindern Fett an nicht in salzigem Wasser kochen lassen (Plin. 

(Arist. a. a. 0. VIII 64; vgl. Col. VI 3, 5); ge- XVIH 119. Geop. H 35). Das Mehl heisst lo- 

schrotene B. sind fur die Schafe zwar ein sehr mmtum (Plin. XVHI 117. Veget. V 62) und flber- 

gutes Futter, doch meist in der Nahe der Stadt trifft an Gewicht das des Getreides und der andern 

zu teuer (Col. VII 3, 22) ; saugende Ferkel heissen Hulsenfruchte (Plin, a, a. O.). Die B. wurden 
nefrendes, weil sie die B. noch nicht zerquetschen 50 mit Speck (Ovid. fast. VI 169. Mart. V 78, 10. 

k&nnen (Varro II 4, 17); die Spreu ist aufzube- Macrob. I 12, 33), Sehweinefleisch (Gal. VI 530), 

wahren (Col. XI 2, 50) zur Fiifcternng der Binder in Gelatine, 6l, mit Salz (Anthim. ep. 65), selten 

(Cato 54, 2). Auch fur die Bienen sind B. zu mit Ziegen- und Schaffleisch (Gal. a. a. O.) ge- 

Baen (Ps.-Arist. IX 206. Varro III 16, 13. Plin. gessen. Fur die Zubereitung giebt Apicius (197 

XXI 70, vgl. XVHI 253. Pall. I 37, 2), obwohl —201) verschiedene Rezepte; B. mit ihren Hauten 

Porphyrios (De antr. nymph. 19) behauptet, dass {concicla cum faba) werden abgekocht, dann mit 

die Bienen sie als das Symbol ungehinderter Fort- Pfeffer, Liebstockel, rSmisehem Kummel, Korian- 

pflanzung mieden. Eier werden in B.-Mehl auf- der, Fischsauce, Wein und 01 in einen Kessel ge- 

bewahrt (Plin. X 167). Dass genossene B. nicht than und langsam gekocht (202) ; die griinen Hul- 
nur bei Tieren (Aristot. a. O.), sondern auch bei 60 sen und die Hiilsen der baianischen B. werden 

Menschen blahen, wird oft hervorgehoben. Was mit 01, Koriander, rOmischem KummeL Fischsauce, 

von alien Hulsenfrttchten gilt, dass sie sowohl Senf, Lauch, Essig, Honig u. s. w. zugerichtet 

ioh als gekocht oder gerOstet, auch gewassert oder (210). Merkwurdig ist die im Altertum vielfach 

grim blahen (Hipp. H 91), gilt im allgemeinen vorhandene Scheu vor dem Genuss der B. Schon 

auch von den B. (Ps.-Hipp. H 127. Ovid. med. die agyptischen Priester enthielten sich derselben 

fac. 70. Bnf. Ephes. frg. ed. Dar. p. 542. Gal. und sahen sie nicht einmal an, da sie sie fur un- 

VI 530. XI 373. XH 44. 49. XV 465) ; von alien rein hielten (Herod. H 37). Bei den Griechen 

Hiilsenfriichten sind sie die srhlechtfste Nahrung sollte sich schon der mythische Traumdeuter Am- 



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Bohne 



Bohne 



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phiaraos wegen der Weissagung aus Traumen der- was uberhaupt als eine Eigenschaft der B. auch 
selben enthalten haben (Geop. II 35, 8), was wohl sonst bezeichnet wild (Diosk. II 127. Geop. 35, 
auf die Meinung zuruckzufiihren ist, dass ihr Ge- S), und dass sie den Schlaf beunruhige (Cic. div' 

nuss den Schlaf beunruhige (Cic. div. I 62. II I 62). Bei Diog. Laert. (VIII 34) lesen wir fol- 

119) und bOse Traume hervorrufe (Diosk. II 127. gendes: Aristoteles sagt, dass Pythagoras sieh der 

Apoll. h. mir. 46. Geop. II 35, 4). Ein alter Vers, B. zu enthalten verlangt habe, weil sie den Hoden 

welcber besagt, dass das B.-Essen gleich sei dem ahnlich seien (vgl. Suid. a. 0.) oder den Thoren 

Essen von Elternkopfen (Clem. Alex, strom. m des Hades; denn allein die B. sind ohneKnoten; 

p. 521 Pott. Geop. II 35, 8. Eust. H. XIII 589), oder weil sie schadlich oder der Natur des Uni- 
wird auf orphische oder pythagoreische Lehren 10 versums ahnlich seien, oder weil sie auf die Oli- 

(Plut. symp. 113,1, S. Gregor: theol. or. XXVII garchie Bezug hatten; denn man gebraucht sie 

10 p. 494) oder die der PMlosophen zurflckge- bei Wahlen ; vom Tische herabgefallen nicht auf- 

fflhrt (Athen. II 65 f) und als Grund dieser Vor- zuheben, damit man sich gewohne , sie nur mit 

stellung angefiihrt, dass man wegen der xvt)oig Mass zn geniessen, oder weil sie bei einem Todes- 

der xva/ioi auf die Eier als Ursprung des Lebens fall genossen warden. Nach Plinius (XVIII 118) 

angespielt (Plut. a. a. 0.) oder die B. einem gaben einige als Grund an, dass die Seelen der 

Menschenkopfe ahnlich gefunden habe (Clem, Alex. Verstorbenen in der B. seien. Andere dachten 

a. 0.). Daher enthielten sich der B. auch die an die Trauerbuchstaben der Bluten (Geop. II 

Priester der eleusinischen Mysterien (Diog. Laert. 35, 6). Lucian (vit. auct. 6) lasst den Pythagoras 
Vm 33; vgl. Pans. I 37, 4), wobei der Beweg- 20 als Grund angeben, dass die B. heilig und von 

grund , warum man die B. fur unrein hielt , ge- wunderbarer Beschaffenheit seien, sofern sie ganz 

heim gehalten wurde, wenn auch die Sage ging, Samen seien und eine enthiiutete griine B. den 

dass Demeter auf ihren Irrfahrten den Bewohnern mannlichen Schamteilen ahnele, und sofern Blut 

von Pheneos in Arkadien zwar andere Hulsen- entstehe, wenn sie gekocht eine Anzahl Nachte 

fruchte, aber keine B. gespendet habe (Paus. VIDI dem Mondschein ausgesetzt wiirden , und haupt- 

15, 3. 4), und man die Erfindung der B. der De- sachlich , dass die Athener sie zur Wahl ihrer 

meter nicht zuschrieb (Paus. I 37, 4) ; nur Eusta- Beamten brauchten. Plutarch (de lib. educ. 17) 

thios (II. XIII 589) glaubt einige Grande zu wissen, sagt, Pythagoras habe verlangt, dass die Knaben 

die aber der Beachtung kaum wert sind. Sehr sich der B. enthielten, weil es sich fur sie nicht 
oft ist von dem Verbot des Pythagoras , B. zu 30 zieme, Politik zu treiben. Auch an die Beobach- 

essen, die Bede (Kallim. bei Gell. IV 11, 2. Luc. tung, dass das Hausgeflugel, wenn es immerfort 

ver. hist. II 24. Plut. qu. rom. 95. Diog. Laert. B. frisst, unfruchtbar wird (Geop. II 85, 5), kniipfte 

VIII 19. Suid. s. IIv&ayoQag) ; er habe einen Ochsen man an (Apoll. h. mir. 46), indem man behauptete, 

des Bohnenessens auf der Weide bei Tarent ent- dass ebenso die Weiber durch den Genuss der B. 

wohnt (Iambi, v. Pyth. 61) ; seinen Schulern ver- unfruchtbar gemacht wiirden (Clem. Alex, strom. 

boten, durch ein B.-Peld zu gehen (Tert. de an. Ill p. 521 Pott.). Porphyrios (v. Pyth. 43 u. 44) 

31) ; er sei, von den Krotoniaten verfolgt, an ein sagt, dass Pythagoras aus folgenden Griinden B. 

B.-Feld gekommen und, da er dasselbe nicht habe und Menschenfleisch zu essen verboten habe: Als 

betreten wollen, von jenen getotet worden (Suid. das Chaos sich in bestimmte Gestalten schied, 
a. a. 0.); seine Anhanger hatten lieber sterben 40 sind Menschen und B. entstanden; dafur gab er 

als seine Satzungen ilber die B. unbeachtet lassen handgreifliche Beweise : wenn namlich jemand eine 

wollen (Iambi, v. Pyth. 214). Den Vers des Em- mit den Zahnen gekaute B. den Sonnenstrahlen 

pedokles, welcher ebenfalls eine WarnuDg vor dem aussetzt , wird er einige Zeit danach an ihr den 

Genusse der B. enthalten soil (Geop. II 35, 8; Geruch von Menschenblut wahrnehmen ; wenn 

vgl. E. Kohde Psyche 474, 2), mag Gellius aber jemand zur Zeit der B.-Bliite das welke 

mit Recht als eine Warnung vor geschlechtlicher Stuck einer Blute in ein irdenes Gefass thut, es 

Ausschweifung auffassen, indem xva/iot die Ho- bedeckt und vergrabt, wird er nach 90 Tagen 

den bezeichne, welche das xveTv ,Schwangersein' entweder den Kopf eines Kindes oder eine weib 

verursachten (IV 11, 9. 10), aber das eine Zeug- licheScham finden. Von Menschenblut, das dieB. 
nis des Aristoxenos, auf welches er sich beruft 50 enthalte.spricht auch Ps.-Acro(zuHor. sat. 116,63; 

(ebd. 4. 5), kann nicht im Gegensatz zu den vgl. Eustath. II. XIII 589). Tiber den an die B. 

ubrigen Zeugnissen beweisen, dass Pythagoras vor sich kntipfenden Aberglauben s. auch Bd. I S. 53. 

alien Hiilsenfruchten gerade die B. geschatzt und In Athen gebrauchte man die B., wie schon teil- 

genossen habe, weil sie eine stark abfuhrende weise erwiihnt, bei der Wahl der Beamten (CIA I 

Wirkung habe. Freilich gehen die Ansichten 32. Herod. VI 109. Soph. Inach. frg. 20. Aristoph. 

iiber die Grunde des pythagoreischen Verbots sehr av. 1022. Xen. mem. I 2, 9. Dem. XXIV 150. 

auseinander. Denn Pythagoras soil keinen andern Plut. de lib. ednc. 17 ; gen. Socr. 30. Phot. lex. 

Grund gehabt haben , als den , sich ein orakel- s. Kvafihtjg und xvafitp Xa/jlv), wobei diejenigen, 

haftes Ansehen zu geben {Luc. gall. 18), und welche die weissen B. erfosten, gewiihlt waren 
neugierige Frager sollen von seinen Schulern mit 60 (Lex. Cant. s. xva/ievovzai. Hes. s. xvdfio> nar^im) ; 

der AntwOrt ipse dixit abgefertigt worden sein auch bei der Wahl der Buleuten (Thuk VIII 66, 

(S. Greg, theol. or. XXVII 10 p. 494). Zunachst 1). 69, 4. Suid. s. xvafitvoai) und der Kichter (Ari- 

wird aber die blahende Wirkung als Grund an- etoph. eq. 41 u. Schol. Schol. Ar. Lys. 537. Suid. 

gefiihrt (Cic. div. I 62. Apoll. h. mir. 46) und s. xvafiotqa)^ und xvd/iovg TQmywv), wobei eben- 

der Zusammenhang der B. mit dem Psychischen falls die weisse B. die Erwahlten bezeichnete (Hes. 

cP^ g ' La6rt " VI11 24; vgl- Iambl - v Pvth - l09 - s - xvafioTQwg-). Bei einem tpevyivSa genannten 

Suid. s. lIv&ayoQas); ferner dass sie die Sinne Spiele wurden ScheTben (Poll. IX 114) oder B. 

stumpf mache und einschlafere (Plin. XVIIT 118), (He=.^ zwischen die Finger der linken Hand ge- 



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Bohne 



Bohne 



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steckt und mit denen der rechten fortgeschnellt. XX 211), auf die Sohamteile der Knaben gestrichen 
Mit B. kochte man die Blei- und Silberglatte, diese auf lange Zeit zeugungsunfahig erhalten 
um ihr die weisse Farbe zu geben (Diosk. V (Diosk. Gal. a. a. O.) ; mit Essig und Honig auf- 
102. Plin. XXXfH 109). Mit dem Mehl bestrich man gelegt gegen Nervenschmerz helfen (Gal. a. a. O.), 
vernarbte Stellen, um ihnen eine gleichmassige wogegen man auch die Asche der Stengel und 
Farbe zu geben (Diosk. II 127), das Gesicht, um Hulsen mit altera Schweinefett verwandte (Plin. 
Fleehten daraus zu entfernen (Plin. XXXIII 84), XXII 141). Der Genuss der B. sollte weisse 
den Bauch, um Kunzeln zu entfernen (Mart, in Haare in den Meren und im Urin erzeugen (Gal. 
42), oder zusammen mit zerstossenen kleinen XVH B. 768): die Haute die Haare, wenn sie 
weissen Schnecken, um die Haut weiss und glattlOnaeh dem Ausreissen wieder wiichsen, schwach 
zu machen (Plin. XXX 127); mit dem Brei Men- und miirbe machen (Diosk. a. a. O.). 
schenhandler und Weiber den Leib, um Schmutz Auch in der Tierarzneikunde begegnen wir der 
und Flecken (Gal. VI 530; vgl. Diosk. LI 127 B. So wurde das Kraut, bevor es Hulsen an- 
Sim. Seth. app. 131), und das Gesicht, um Sommer- setzte , als Purgativ fur die Binder empfohlen 
sprossen (ebd. Ovid. med. fac. 70f.) zu entfernen. (Varro I 31, 4; vgl. Plin. XVIII 143); die Samen 
In einer B. bewahrte man Opium auf (Plin. XX gegen Magerkeit der Pferde (Col. VI 30, 1. Pe- 
203), durch Mischung mit dem Mehl wurde Gal- lagon. 30); dieselben gegen Husten der Pferde 
banumharz (Diosk. Ill 87. Plin. Xn 126) und (Veget. V 69, 1.2), besonders geschroten mit Bock- 
Laser gefalscht (Diosk. Ill 84. Plin. XIX 40). fett, Butter und Bockshornklee (Veget. VI 9, 5. 

Zu folgenden Sprichwortern gab die B. Ver- 20 Pelagon. 450) , oder Pillen von Schweinefett in 

anlassung: tarn perit quam extrema faba, weil einer Umhullung von B.-Mehl (Veget. V 62) oder 

die B. vielfach von Vorfibergehenden zertreten oder ein Getrank von B.-Mehl und Wein (Veget. V 64, 

abgerissen wird (Fest. p. 363 a); istaec in me 9. 10; vgl. Pelagon. 73); auch die geschrotenen 

ctidetur faba = ,das werde ich ausbaden miissen Samen mit zerschnittenem Gras gegen den Husten 

(Ter. eun. 381); in faba reperisse (namlich den der Kinder (Col. VI 10, 1. Veget. IV 7, 1); die 

Wurm) = ,was man gesucht , gefunden haben' Samen als Futter fur schlafsiichtige Pferde (Veget. 

(Plaut. aul. 818). V 47, 72. Pelagon. 365). Wenn die Haare der 

In der Medicin und auch sonst nannte man Pferde zu schnell wuchsen, sollte man Pulver von 

die zuerst sich bildende Milch der Mutterbrust verbrannten B. in Talg auflegen (Veget. Ill 63). 
(Poll. II 163) oder die bei Eintritt der Geschlechts- 30 II. Der dohxog (von 6oXi X og = lang) und <pa- 

reife sich vollkommen ausbildende Mutterbrust arjolog der Alten sind Mher fur Phaseolusarten 

xva/iog (Euf. Ephes. p. 145 Dar. Eustath. II. IX und zwar, wo es sich um die hochwachsende 

220). Die B. gehOrt zu den massig trocknenden Pflanze handelt, fur die Stangen-B. Phaseolus vul- 

und kiihlenden Speisen, das Fleisch derselben hat garis L., und, wo um die niedrig wachsende, fur 

reinigende Kraft, die Haute etwas Astringierendes die Strauch-B. Phaseolus nanus L. gehalten. Je- 

(Gal. XII 49), das Mehl purgiert sehr massig doch hat Wittmack (S.-Ber. des bot. Ver. d. 

(Gal. X 569. XI 745). Daher haben einige Arzte Prov. Brandenb. vom 19. Dec. 1879) in Samen, 

auch die in Essig und Wasser gekochten ganzen welche auf dem beriihrnten peruanischen Toten- 

B. gegen Durchfall, schlechte Verdauung und Er- felde zu Ancon, unweit Lima, gefunden waren, 
brechen gegeben (Gal. a. a. O. ; vgl. Diosk. II 40 solche von Phaseolus, insbesondere auch von Pha- 

127. Plin. XXII 140). Sie sollten die Stimme seolus vulgaris in Strauchform, finden und somit 

reinigen (Varro bei Plin. XXII 141) ; zerriebener nicht Asien, sondern Amerika fur die Heimat des 

Knoblauch in B.-Schleim gegen Heiserkeit helfen Phaseolus vulgaris ansehen wollen. Wenn das 

(Plin. XX 53. Garg. Mart. 18) ; die Samen gegen Totenfeld selbst noch nach der spanischen Er- 

Husten (Diosk. a. a. O. Plin. XXVII 40 ; vgl. oberung benutzt sein sollte, so ist doch nach ihm 

Gal. XII49), besonders geschroten und nut Knob- kaum anzunehmen, dass die Eingeborenen ihren 

lauch gekocht gegen Husten und Geschwiire in Toten vorzugsweise neu eingefuhrte Producte mit 

der Brust (Plin. XX 56. XXH 140. Garg. Mart. ins Grab gegeben haben sollten. Auch A. de 

a. a. O.); mit ihren Hauten geschroten und in Candolle (D. Ursprung d. Culturpfl., iibers. v. 
Essig und Honig erweicht (Scrib. Larg. 158) oder 50 Goeze 1884, 425f.) sprach Zweifel daruber aus, 

als Mehl mit dem Stein von Assos oder in Wasser ob diese Art in Europa vor der Entdeckung Ame- 

jrekocht und mit Schweinefett vermischt (Gal. rikas bekannt gewesen. Besonders hat Kornicke 

XII 49) gegen Podagra ; mit rOmischem Kiimmel (Verhandlungen des naturhistor. Ver. der preuss. 

(Scrib. Larg. 233. Marc. Emp. 33, 1) oder in Wein Rheinlande u. s. w. 1885,136—153, Sonderabdr. 

gekocht (Diosk. a. a. O. Plin. XXH 140. Plin. zur Gesch. d. Gartenb. 1886), dessen Ausfuhrungen 

Iun. II 20 ; vgl. Plin. XX 89 und Garg. Mart. im wesentlichen das Folgende entnomraen ist, die 

30) als kflhlender (Gal. a. a. O.) Umschlag gegen Ansicht vertreteu, dass die genannten Pflanzen 

geschwollene Geschlechtsteile. Das Mehl sollte der Alten der hochwachsende Dolichos sinensis L. 

gegen Entzundungen, die durch Stoss verursacht = Dolichos Catiang L., bezw. der niedrigwach- 
sind (Diosk. Gal. aa. OO. Plin. XXII 141), und 60 sende Dolichos melanophthalmus D. C. gewesen 

entziindete Mutterbriiste helfen und die Milch ver- sei , wobei er es jedoch fur mOglich halt , dass 

siegen machen (Diosk. Gal. aa. OO.) ; mit nastur- das dreisilbige Wort <pdoi]Xog die rotbluhende 

Hum, einer Kressenart, gegen geschwollene Drusen Erbse bezeichnet habe. Beide sind der Gattung 

helfen (Plin. XX 127. Geop. XII 27, 1. Plin. Iun. Phaseolus in Blattern und Wuchs sehr ahnlich 

III 6); mit Honig (Diosk. a. a. O. Plin. Iun. I und stammen aus Centralafrica; der Same von 

23) oder ohne denselben (Plin. XXII 140) Blut- Dolichos melanophthalmus ist weiss mit einem 

geschwiire losen; ferner sollte es gegen verschie- schwarzen Bing um den Nabel, der von Dolichos 

dene Augeniibel helfen (Diosk. a. a. 0. ; vgl. Plin. =inen«is hat eine etwas andere Gestalt. doch stimntt 



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Bohne 



Bohne 



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namentlich die Form des Nabels mit dem An- 
hangsel iiberein. 

Die alteste Spur des Wortes <pdor]Xog zeigt 
der Name $aarjXovooai zweier schon von dem Lo- 
gographen Hekataios (bei Steph. Byz.) erwahnten 
Inseln Libyens in der Nahe des Flusses Siris. 
Auch gab es eine zuerst von Thukydides erwahnte 
dorische Colonie <PdarjXtg an der Kiiate Pamphy- 
liens, auf einem gleichnamigen Berge gelegen. 



modii (ebenso II 13, 3 vom phaseolus und XI 
2, 75 vom faseolus ; Pall. a. a. 0.) in derselben 
Weise wie die Erbse saen, die jedoch einen leich- 
ten und lockeren Boden liebe (II 10, 4). Wenn 
er (X 377) schildert, wie nach dem Sommersol- 
stitium im Garten die longa faselus die Melde 
belastige, so ist bier an keine kiinstliche Stiitze 
zu denken. Stengel des Gartensalats werden nach 
ihm (XII 9, 1) conserviert, wenn sie zusammen 



Yon grunen yaorjloi, die man rOsten solle, spricht 10 mit griinen und ganzen faseoli (passioU?) also 



zuerst der sicilische Komiker Epicharmos (bei 
Athen. II 56 a). Aristophanes (Pac. 1144) lasst 
attische Landleute zur Vorfeier des Nikiasfriedens 
drei Choiniken g>darjXoi, jedenfalls die Samen, 
kochen. Wahrscheinlich auch mit Bezug auf Si- 
cilien wird der <pdatjXog von dem Komiker De- 
metrios erwahnt (bei Athen. a. a. 0.). Nach dem 
Periegeten Polemon (ebd.) setzten die Lakedaimo 
nier bei einem Feste grline ydariXoi neben ge 



den Hiilsen, zusammengebunden werden. Je nach- 
dem die phaseoli in gebrachtes oder ungebrachtes 
Land gesat werden, sind dazu zwei oder ein Tage- 
werk des Rindergespanns, fur die Zerkleinerung 
der Schollen und fur den Schnitt je ein Tage- 
werk erforderlich (II 12, S). Plinius bezeiehnet 
das Blatt des phasiolus, wohl einer griechischen 
Quelle folgend (vgl. Theophr. h. pi. VIII 3, 1), 
als aderig (XVIII 58), ebenso wie das des Frosch- 



trockneten Feigen und Puff-B. den Fremden zum 20 lflffels und Wegerichs (XXV 124). Die Hulsen 

werden nach ihm zusammen mit den Samen gekaut 
(XVIII 125). Saen kfinne man ihn in j edes beliebige 
Land vom 15. October bis 1. November (ebd.); 
doch an einer andern Stelle (XVIII 314) giebt 
er dafur die Zeit nach dem 1 1. August an, aber 
zugleich auch fur die Wicke, so dass er ihn nicht 
etwa als Sommerfrucht charakterisiert. Einen 



Nachtisch vor. Von den SoXixoi sagt der urns 
J. 365 anzusetzende Arzt Diokles (bei Gal. VI 
544), dass sie ebenso wie die Erbsen nahrten und 
nicht blahten, ihnen aber an Geschmack nach- 
standen. In der pseudohippokratischen Schrift de 
diaeta (I 677 K.; bei Gal. VI 544) heisst es ahn- 
lich, dass die 86Xixoi nahrten, schneller verdant 
wurden als die Erbsen und weniger blahten Von 
beiden Arzten sollen nach Galen die Samen ge. 



yaoloXog kennt auch Dioskorides (II 130), der 
blahe, Atembeschwerden verursache und schwer 



meint sein. Theophrast (h. pi. VIII 3, 2) sagt, 30 zu verdauen sei ; aber griin gekocht erweiche 



dass wenn man Stangen in die Erde stecke, der 
doXi^og daran emporsteige und Friichte trage, 
andernfalls missrate er und werde von Eost be- 
fallen. Fast dieselben Worte, von Theophrast ent- 
lehnt, gebraucht ubrigens Phnius (XVIII 57) von 
der Erbse. Theophrast erwahnt noch einmal die 
rankende Natur des S6Xi X og (c. pi. II 18, 3) und 
hebt noch hervor, dass er leicht von Wurmern 
angefressen werde. Endlich spricht er noch von 



einem Gewachs in Indien, welches von den Grie- 40 Genauer beschreibt Dioskorides (II 175) seine 



den Unterleib und beferdere das Urinieren. Mit 
ihm vergleicht er wegen seiner windenden Eigen- 
schaft das iodnvQov, Fumaria capreolata L., wel- 
ches wegen dieser Ahnlichkeit auch von einigen 
rpaoiolog genannt werde (IV 119 ; vgl. Plin. XXVI 
94. Gal. XI 891), und das ondgxiov, Spartium 
iunceum L. , welches einige Xo§6g nannten und 
welches Hulsen (7—8 cm. lange) wie yaoioXog 
habe (IV 155; vgl. phaseolus Plin. XXIV 65). 

i -B-n*ri a n£n» i-vj-i^-rt fr-ki->rti V*4- Tl-i n.-.l-mw-i «-l A « /TT 1 H f \ ~ ~1 - 



chen Linse genannt werde, an Ge.stalt dem Bocks- 
hornklee ahnlich sei und gegen den 11. Novem- 
ber iul. geerntet werde, womit er vielleicht Do- 
lichos Lablab L. meint. Bei den Romern kommt 
dieser Name nicht vor, nur Plinius (XVI 244) 
spricht von einer Schlingpflanze im thessalischen 
Tempe, die doliehos heisse. Dagegen haben sie 
das Wort yaarjoXog ohne Anderung des a in r 
ubernommen , also jedenfalls nicht vor dem ersten 



Gartensmilax, ofiiXag" xtjxaia, deren Frucht Xofiwv 
— Hiilse oder aondgayog = Spargel genannt werde ; 
sie habe Blatter wie der Epheu, jedoch weichere ; 
schwache Stengel, die sich schraubenformig um 
andere Pflanzen wanden und so gross genug wiir- 
den, um Lauben zu bilden; die Frucht sei der 
des Bockshornklees ahnlich, aber langer und 
fleischiger ; die Samen nierenformig, nicht gleich- 
massig gefarbt, sondern teilweise rOtlich; die 



punischen Kriege (F. 0. Weise D. gr. Lehn- 50 Frucht diene saint den Samen gekocht wie der 



worter im Latein 29), sondern vermutlich sehr 
viel spater. Die nach der Form des Samens be- 
nannte Schiffsart phaselus findet sich auch zu- 
erst bei dem 119—67 lebenden Sisenna (Non. 
p. 534). Die Pflanze phaselus nennt zuerst Ver- 
gil (Ge. I 227), welcher ihr das Beiwort vilis 
giebt und ak Saatzeit wie fur die Wicke Ende 
October angiebt; in dem Citat des Plinius (XVIII 
202) steht wie bei ihm fast iiberall passiolus 



Spargel als Gemiise zur Nahrung und sei urin- 
treibend. Galen (VI 541f.) glaubt, dass der 86- 
Xiyog des Diokles und (Ps.-)Hippokrates der Same 
derselben Gartenpflanze sei, die man zu seiner 
Zeit teils Xoftog, teils (paorjoXog nenne, wahrend 
man den dreisilbigen <pdatjXog mit dem Xd&vgog, 
Lathvrus sativus L. , oder einer Abart desselben 
identificiere. Was den S6Xi X og betreffe, so schliesse 
er das aus den von den Genannten angegebenen 



Columella rat den faseolus (vielleicht passolm 60 Eigenschaften ; da aber (Ps.-)Hippokrates weder 



oder fassoltis zu lesen) in der zweiten Halfte des 
September zur Speise (ebenso Pall. X 12 vom 
faselus) zu saen ; wenn es sich um die Gewinnung 
von Samen (zur Saat) handle, kurz vor eal. Nov. 
(XI 2, 72); womflglich soil to man den phaselus 
in fettes ungebrachtes Land (ebenso Pall. XI 1, 
3 vom faselus, doch mit Angabe der ersten Halfte 
des October als Saatzeit) und zwar hOchstens 4 



den Xd&vQog, noch den ydoriXog erwahne, so sei 
es mSglich, dass er mit d6Xi%og den XdikiQog ge- 
meint habe, was aber nicht auf Diokles zutreffe, 
wenn man nicht annehmen wolle, dass alle diese 
Pflanzen identisch seien. Doch miisse er noch 
hinzufugen, dass man die (paorjoXoi oder Xopoi, 
d. h. ihre Samen, griin zusammen mit den Hiil- 
sen in 01 oder Fischsauce esse; man bewahre sie. 



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Bohne 



Bohne 



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da sie wegen grosseren Feuchtigkeitsgehalts leicht 
verdiirben, nicht wie die Erbsen auf, doch kOnne 
man sie, wie es sein Vater gethan, trocknen und 
so den ganzen Winter erhalten, so dass sie den- 
selben Nutzen wie die Erbsen gewahrten. Bei 
Keramos in Karien solle es SoXtxoi geben, welche 
ebenso wie andere Hulsen friichte im Acker ange- 
baut wiirden und langer seien als die Xd§vQoi. 
Yon dem <pdar)Xog sagt er, dass man seine Samen 
in Wasser erweiche , bis sie Wurzel trieben , sie 
in Fischsauce tauche und zur Beinigung des Ma- 
gens vot anderen Speisen geniesse ; in Alexandria 
hahe ein junger Arzt sie taglich genossen; sie 
hielten die Mitte zwischen leicht und schwer ver- 
daulichen, viel und wenig nahrenden, blahenden 
und nichtblahenden Speisen und hatten keinen 
hervorstechenden Geschmack (VI 539). Nach Api- 
cius speiste man die grunen faseoli und Kicher- 
erbsen mit Salz, roinischem Kiimmel, 01 und 
W r ein ; ger6stete faseoli (Samen) oder Kichererbsen 
mit Weinsauce und Pfeffer; auch gekocht ohne 
Samen die Hulsen mit verschiedenen Zuthaten 
oder ohne diese (211); die Samen auch mit ge- 
hacktem Ziegen- oder Lammfleisch (359). Im 
J. 301 n. Chr. kostete nach dem Maximaltarif 
Diocletians der kastrensis modius = 17,51 1. der 
fasioli sicei (Samen) 100 Denare = 1,82 Mark 
(I 21); ein Bundel von 25 Stuck faseoli oder 
Tiaaloloi 4 Denare = 7,2 Pfennig (VI 33) und ein 
Sextar griiner ausgehiilster fasioli (Samen) 4 Denare 
(VI 89). Oreibasios (coll. med.) sagt teils (1 23) vom 
<pdat}Xog dasselbe wie Galen (VI 540), teils (I 26) 
vom 8dXi%og gleich <paa>joXoe dasselbe , was der 
erwahnte Pseudohippokrates vom d6Xi%og, teils 
(IV 8, 16), dass der Brei von (f&atjXoi. am siisse- 
sten von alien sei, aber schwer zu kochen, der- 
jenige von 86Xi%oi zu den schlechtesten zahle. 
Die dem 5. Jhdt. n. Chr. angehOrenden codices 
Byzantinus und Neapolitanus des Dioskorides zu 
Wien bilden als den <paowXog desselben den Do- 
liehos melanophthalmos D. C. ab. Aetios (in der 
Ubers. des Cornarius bei H. Stephanus p. 17 A) 
sagt, dass, was zu seiner. Zeit von alien lobi ge- 
nannt werde, bei alien Alten dolichi, phaseoli 
und smilax hortensis geheissen habe; sie wiirden 
vor alien anderen Hillsenfruchten lobi, Hulsen, 
genannt, weil sie allein meist mit den Hulsen 
verzehrt wurden. Alexander von Tralles erwahnt 
neben dem tpaaioXog (II 221. 251) auch einen 
kleinen alexandrinischen qpaaiolog (II 219), dessen 
SchOsslinge er als Speise empfiehlt (II 511). Pau- 
lus Aegineta (I 79) wiederholt beim <pdor{).og das, 
was Galen (VI 539) von seiner Verwendung als 
Vorspeise sagt, und fug-t noch hinzu, dass <paor\- 
log und SoXixog auch griin mit den Hulsen ver- 
speist wurden. Bei den Geoponikern findet sich 
merkwftrdigerweise keiner von alien erwahnten 
Namen. Simeon Seth wiederholt beim SoXixog 
(Ed. Langk. p. 134) und ydorjXog (p. 133) wesent- 
lich dasselbe, was Galen (VI 511. 539) gesagt 
hat, doch in seiner Aufzahlung von Hulsenfrftch- 
ten (p. 130) findet sich nur der <pdat]Xog, dessen 
diatetische Wirkung er (wie Galen VI 540) mit 
der des Xo&vqos vergleicht. Die griechisch-latei- 
nischen Glossare des Mittelalters setzen haufig 
Xofloi oder Xopia = fasioli (Corp. Gloss. L. LT 70, 
41. 361, 52. m 16, 20. 185, 40. 193, 40. 266,64. 
317. 28, 359. 53. 448, 22. 499. 43\ so auch eines 



aus dem J. 1503 die Xofiia suriaeae (III 265, 41, 
vgl. 185, 48). Vom fasiblus Karls d. Gr. (im 
capit. de mills) halt KOrnicke es fiir_ wahr- 
scheinlieh, dass er die rotbluhenden Varietaten 
der Erbse bezeiehnet habe; dasselbe nimmt er 
auch fur die fasolen des 12. und 14. Jhdts. in 
Deutschland an , da unzweifelhaft die Faeselen 
oder Faseln in Westdeutschland noch zu Beginn 
des 16. Jhdts. jene bezeiehnet haben, wahrend 

10 der Name schon im J. 1539 auf den neu einge- 
fiihrten Phaseolus vulgaris ttbertragen ist. Eine 
mhd. Glosse lautet fasiolus, arwix (= Erbse, 
Cod. Vindobon. bei Hoffmann v. Fallers- 
leben Sumerlaten 1834, 62,10). Manardus von 
Ferrara (1519 — 1523) hielt die genannte Ertise 
fur den doXtxog der Alten, weil von jener allein 
unter den Hulsenfriichten die Hulsen zusammen 
mit den Samen gegessen wurden. Dagegen war 
der faseolus des Albertus Magnus Doliehos me- 

20 lanophthalmus, der auch in dem farbigen Bilder- 
werke des venetianischen Arztes Einio (De sim- 
plicibus 1415, tab. 305, auf der St. Marcus- 
bibliothek in Venedig) als faseolus abgebildet ist. 
Der Florentiner Marcellus Vergilius (1518) be- 
zweifelte in seinen Erklarungen des Dioskorides 
bei ofilXa^ xrjxaia, dass eine Hiilsenfrucht so 
hoch wachse, dass sie Lauben bilde, scheint also 
weder Doliehos sinensis noch Phaseolus vulgaris 
gekannt zu haben. Hieronymus Bock (Krauter- 

30 buch fol. 219) beschreibt unter dem Namen 
.Faseln' eine Spielart der Felderbse, die sog. 
Kapuzinererbse. Nicht viel spater erklarte der 
Italiener Matthioli den yaoloXog des Dioskori- 
des fur Doliehos melanophthalmus , von seiner 
o/uiXaS xr}7tala nahm er an, dass sie Phaseolus 
vulgaris sei, obwohl er sagt, dass manche diesen 
fur neu eingefiihrt hielten. So nennt denn Caes- 
alpin (1583) den letzteren eine fremde Pflanze, 
wahrend er ausserdem weisse B. mit schwarzem 

40 Augenring (Dol. melanophthalmus), auch schwarz- 
gefleckte und rOtliche erwahnt. In Frankreich war 
der Phaseolus vulgaris jedenfalls schon 1539 unter 
dem Namen faseole bekannt und hiess spater 
haricot. Von dem Phaseolus nanus scheint nur 
so viel festzustellen, dass er in Deutschland im 
J. 1753 noch nicht eingefiihrt war. Der grie- 
chische Name Ao/Jdg- findet sich, in lubia umge- 
wandelt, bei den arabischen Schriftstellern etwa 
seit dem 10. Jhdt. und bezeiehnet noch heute 

50 fast iiberall, wo arabisch gesprochen wird, den 
Doliehos melanophthalmus. Die Wanderung dieser 
Pflanze von Centralafrica aus bleibt allerdings 
ratselhaft, da nur Alexander von Tralles einen 
(paaloXog iuxqos fur Alexandria erwahnt. Im 
heutigen Griechenland bezeichnen <paeovXia und 
albanisch fasule Phaseolusarten, die Xovfitd weisse 
B. von Phaseolus nanus L. und tpaoovldxia sehr 
kleine grime B. von Phaseolus viridissimus Ten. 
Von Doliehos melanophthalmus D. C, der haufig 

60 und zwar unter demselben Namen kultiviert wird, 
sind die langen schmalen Hulsen besonders griin 
als Salat sehr beliebt; auch die kleinen runden 
gelblichen B., rot 2fivgvdxia q>aoovXia, sind sehr 
wohlschmeckend (Heldreich Nutzpflanzen 1862, 
72). Die grunen Erbsen (irt&XXta), besonders die 
sog. Zuckererbsen, sind weniger schmackhaft als 
in Deutschland (ebd. 71). Die (paaovXdxia werden 
Mitte April angebaut, und Ende Jimi kommen die 



627 



Boia 



Boibeis 



628 



ersten griinen B. auf den Markt, die von Dolichos 
jedoch eTst spater; griine Schoten der m£eXXia 
Zaxagata hat man von Ende October bis zum 
Mai (A. Mommsen Gr. Jahreszeiten V 586). In 
Italien wird sowohl Phaseolus vulgaris als Pha- 
seolus nanus unter dem Namen fagiuolo und zwar 
verschiedene Sorten derselben, teils um griine Hul- 
sen, teils um reife Samen zu gewinnen, angebaut. 
Zu gleichem Zwecke geschieht dies mit Dolichos 



I 27, 5), dann wieder durch Philipp in. im J. 219 
(Pol. V 19, 8), und geherte spater zum Bund der 
Eleutherolakonen (Paus. Ill 21, 7). Pausanias 
(III 22, 12f.) fand dort den Kult der Artemis 
Soteira, einen Markttempel des Apollon, Heilig- 
tumer des Asklepios, Serapis und der Isis. Sonst 
wird die Stadt noch genannt Skyl. 46. Strab. 
VIII 364. Paus. I 23, If. Ptol. Ill 14, 32 (16, 
9). Plin. n. h. IV 17. Eisensehlaeken und Stiicke 



melanophthalmus, welcher fagiuolo dell' oeehio 10 von Eisenerz, welche man in der Nahe frndet 



heisst. Die Zuckererbsen, piselli mangia-tutto, 
haben wie alle Erbsen teils Strauchform , teils 
steigen sie an Stiitzen empor; sie nrasse:i lange 
vor ihrer Reife geerntet werden, und ihre Samen, 
wenn sie gereift sind, werden nur zur Saat ge- 
braucht. 

Kcmicke diirfte im Recht sein, wenn er den 
d6Xi%og des Theophrast, die ofilXag~ xrjjiaia des 
Dioskorides und den tpaotfoXog und Xoflog des Galen 



lassen vermuten, dass bier ein Hauptsitz der lako- 
nischen Eisenindustrie war. Die Rumen (unter- 
halb Pharaklo) sind unbedeutend. Curtius Pel.. 
II 296. 329. Bur si an Geogr. II 139. 

2) Stadt auf Kreta, Steph. Byz. s. Boiov. 
Nach Berkel vielleicht = Boibe Nr. 2. 

[Oberhummer.] 

Boiamba s. Eoiamba. 

Boiates. Eine in Bordeaux gefundene In- 



fur Dolichos sinensis L., den cpaoioXog des Dio- 20 schrift erwahnt einen cives Boias, Jullian Inscr, 
" 1 "'"' 1 " **~ " "'' ' '" " ' ' J ' ~ rom. de Bordeaux nr. 45 (= B 1 a d 6 Epigr. de la 

Gascogne nr. 140. Allmer Revue epigr. du Midi 
1891, 116ff. nr. 862. CIL XIII 615). Da die Not.' 
Gall. XIV 7 die dvitas Boatium in Novempopu- 
lona ansetzt, ist das Volk der B., vielleicht ein 
Rest des grossen Stammes der Boier, in Aquitanien 
zu suchen (bei dem Ort Boii ? s. d. Nr. 2). Eine 
andere Inschrift aus Bordeaux (Jullian nr. 7. 
Blade- nr. 139. CIL Xni 570), welche Hubner 



skorides fur Dolichos melanophthalmus D. C. er 
klart; ebenso wenn er es fur mOglich halt, dass 
das dreisilbige Wort cpaarjXog bei Galen und viel- 
leicht auch sonst auf die rotbliihende Erbse, wo- 
runter man aber wohl eine Zuckererbse verstehen 
muss, zu beziehen sei. Doch seine Annahme, 
dass auch die Pflanze der Romer Dolichos mela- 
nophthalmus gewesen sei, unterliegt den schwer- 
sten Bedenken. Um namlich zu beweisen, dass 



sie nicht eine Phaseolusart gehabt haben, beruft 30 (Exempla script, epigr. nr. 386) der Zeit zwischen 
„_ „:„v. _...„ :i.-D„. 1 . J .j ? j _•_ J - TT - 1 ' Vespasian und Commodus zuweist, lautet I(ovi) 

ofptimo) m(aximo) Boi. Tertius Unagi f(ilius) 
ex test(amentq) pon(i) imsit. Matugenus et Ma- 
tutio f(ilii) curaverfuntj. Das Boi. kann sehr 
verschieden gedeutet werden. Unwahrscheinlich 
ist Allmers Auffassung, dass ,drei Boier' die De- 
dicanten seien; Hubner erganzt Boi(as), Holder 
(Altcelt. Sprachsch. s. Boii Sp. 473) Boi(cusV- 
Ich mbchte an einen Beinamen des Gottes denken 



er sich zwar mit Recht darauf, dass sie den Herbst 
als Saatzeit angeben, wahrend der Phaseolus schon 
bei anhaltend niedriger Temperatur iiber zu 
Grunde gehe, doch weiss er nicht, ob der Doli- 
chos mel. sich anders verhalte. Aber fur Italien 
wird heute nirgends der Herbst als Saatzeit far 
diesen angegeben. Ja es wird behauptet, dass 
der Dolichos zarter sei und grOsserer Warme be- 
durfe, als der Phaseolus, und daher auch spater 



als dieser, namlich in der zweiten Halfte des Mai 40 Boi(atiJ; vgl. Desjardins Geogr. de la Gaule 

oder im Juni gesat werde (Fratelli Roda in d. TT ""' n " - - ..,--. 

Enciclopedia agrar. ital. part. V 1882 p. 165). 
Demnach scheint bei den Romern, ausgenommen 
an den Stellen des Plinius, welche Griechen ent- 
lehnt sind (XVIII 58. XXIV 65. XXVI 94), mit 
phaseolus die Zuckererbse gemeint zu sein. 

HI. Agyptische Bohne s. Lotos. [Olck.] 

Boia. 1) Angeblich eine Insel des aegaeischen 
Meeres, It. marit. 522. Wahrscheinlich ist Boiai 
Nr. 1 gemeint. [Oberhummer.] 



2) Die Stelle bei Caes. b. g. VII 14 vices 
atque aedificia incendi oportere hoc spatio a 
Boia quoque versus, quo pabvlandi causa adire 
posse videantur, ist schwerlich richtig iiberliefert. 
Scaliger, Nipperdey u. a. haben a Boia wohl 
mit Recht als Glossem gestrichen. Zeuss vermutet 
eine Gegend in Gallien, wo ein Boierrest sich 
niederliess (Georges Lat. Worterbuch? s. v. 
Holder Altcelt. Sprachsch. s. Boii Sp. 465). 

[Ihm.] 60 

Boiai (Botal, Boia). 1) Stadt in Lakonien 
auf der Pamonhalbinsel am Botaztxog xohcog 
(Paus. in 22, 11), welcher noch jetzt Golf von 
Vatika heisst, von dem Herakleiden Boios durch 
Vereinigung deT Bewohner von Etis, Aphrodisias 
und Side gegrundet, denen Artemis durch einen 
Hasen die Stelle bezeichnete (Paus. a. a. O.). Sie 
wurde im J. 456 durch Tolmides verwii=ret (Pans, 



II 374. O. Hirschfeld S.-Ber. Akad. Berlin 
1896, 454. Zu vgl. die aquitanischen Basaboiates 
und Sediboviates des Plin. n. h. IV 108, sowie 
die Voeates Caesars. Holder a. 0. s. Boiates und 
Boriates. [Um.] 

Boiazcxog xoXnog s. Boiai Nr. 1. 

Boibe (Boiflri, bei Steph. Byz. auch Bot^tjtov). 

1) Alte Stadt in Thessalien am sudostlichen 
Ufer des nach ihr benannten Sees (s. B o i b e i s Nr. 1 ), 
50 an der Grenze von Magnesia, II. II 711. Strab. 



IX 436. Als Griinder gait Boibos (s. d.), Steph. 
Byz. Durch Demetrios Poliorketes zur Griindung 
von Demetrias (s. d.) herangezogen , bildete sie 
in der Folge eine Landgemeinde (xcofiij) dieser 
Stadt, Strab. IX 436. 438. Ruinen bei Kanalia, 
Bursian Geogr. I 63. 

2) Stadt auf Kreta im Gebiet von Gortyn, 
Steph. Byz. Nonn. Dion. XIII 237. Bursian 
Geogr. n 568. Vgl. auch Boiai Nr. 2. 

3) See in Thessalien, s. Boibeis Nr. 1. 

4) See in Makedonien, s. Boibe Nr, 1. 

[Oberhummer.] 
Boibeis. 1) Boijirjig (auch Boijitdg Hes. frg. 76 , 
3. Pind. Pyth. Ill 34. Steph. Byz.; Botpia Eur. 
Alk. 590. Steph. Byz. ; BoifSt} Strab. XI 530 ; 
Boebe Liv. XXXI 41, 4. Ovid. met. VH 231), 
See in der thessalischen Landschaft Pelasgiotis 
am Fu?s des Pdion (Strab. IX 436. 441. 443. 



629 



Boibos 



Boii 



630 



Skymn. 612, dagegen Lucan. VII 176 Ossaeam 
Boebeida), aut dessen steile Abhange Pind. a., a. 0. 
anspielt, benannt nach der Stadt Boibe (s. d. 
Nr. 1 und II. II 711f.), wogegen Archin. in Schol. 
Pind. a. a. 0. (FHG IV 317) den Namen auf 
eine Nymphe Boibias zuruckfuhrte. Den Herden- 
reichtnm der Umgegend und das schone Wasser 
des Sees (xaXXivaov) rtthmt Eur. a. a. 0., doch 
ist letzteres wohl ebenso nur dichterische Rede- 
wendung wie das Beiwort jia&sta bei Skymn. 
a. a. 0., denn der See hat nur eine Tiefe von 
41/0 — 6 m. ; dagegen sind die iuncosa litora bei 
Ovid. a. a. 0. offenbar von der Wirklichkeit her- 
genommen. Schon Her. VII 129 und Strab. IX 
430 erkannten in ihm einen Uberrest der ehe- 
maligen Wasserbedeckung der thessalischen Ebene, 
doch hat Strab. IX 430. 441 schwerlich recht, 
wenn er die Nessonis (s. d.) als die bedeutendere 
von beiden hinstellte, denn er giebt selbst zu, 
dass letztere nur zeitweise sich mit Wasser fiillt, 
wie auch Horn. Her. aa. 00. Plin. n. h. IV 30 
nur den ersteren See kennen. Sonst wird die B. 
noch Strab. LX 438. 442. XI 503. Prop. II 2, 
11. Orph. Argon. 167 genannt. Die erste ge- 
nauere Beschreibung des Sees, dessen heutiger 
Name Karla von einem (jetzt verschwundenen) 
Dorfe, sildOstlich von Kanalia, herriihrt, hat Leake 
N. Gr. IV 420 — 431, gegeben ; er gedenkt u. a. 
des schwankenden Wasserstandes (in der Regel 
Cberschwemmang im Friihjahr; zuweilen trocknet 
der See auch fast ganz ein) sowie des grossen 
Fisehreich turns. Bursian. Geogr. I 62f. Geor- 
giadis GeooaXia (Athen. 1880) 65ff. giebt weitere 
Nachrichten (besonders fiber die Zufliisse), welche 
auch Ornstein Ausland 1882, 654f. verwertet 
hat. Die Zu- und Abflussverhaltnisse hat iieuer- 
dings Teller Denkschr. Akad. Wien XL 186 
untersucht, und (gegen Leake) festgestellt, dass 
der hohe Wasserstand nicht vom Peneios herruhrt, 
sondern von den kleinen ZufKissen, und das Wasser 
dann zur Nessonis und zum Peneios abfliesst; 
Th. Fischer Griechenland (in Kirch h off s Lan- 
derkunde) 224. Kiepert Formae XV. 

[Oberhummer.] 

2) Botftrjtg , eponyme Nymphe des thessali- 
schen Sees Nr. 1 ; Schol. Pind. Pyth. IH 59. 

[Tumpel.] 

Boibos (BoTfiog), Sohn des Glaphyros von 
Glaphyrai, eponymer Griinder der thessalischen 
Stadt Boibe ; Steph. Byz. s. Boipri = Eust. II. II 
711 p. 327, 31ff. [Tumpel.] 

Boihaemnm (Boihaemi zu schreiben nach 
Mullenhoff an Stelle des bei Tac. Germ. 28 
nberlieferten Boihemi) heisst das Land, das die 
Markomannen seit dem J. 8 v. Chr. in Besitz 
batten, das heutige Bohmen; bei Veil. Paterc. II 109 
Boiohaemum (id regioni. quam incolebat Maro- 
boduus, nomen est); vgl. Strab. VII 290 eozi xai 
to BovkujiGV to zov Mdooflovdov fiaoihtor xtX. 
Bei Ptol. II 11, 10 wohl verschrieben BcuvojraT- 
fuu. Zeuss DieDeutschen 115. 171.366. Mullen- 
hoff Deutsche Altertumskundell 328. Car.Muller 
Ausg. des Ptol. Ilp. 262 und die Erklarer zu 
Tac. Germ. 28- Der Name bedeutet ,Heimat der 
Boier' (ahd. Beehaim); vgl. Baimoi. Baino- 
chaimai. Holder Altcelt. Sprachschatz s. Boii 
Sp. 473. Much Deutsche Stammsitze 1. 128. S. 
BoiiN. 1. [Ihm.] 



Boii. 1) Boii, bei den Griechen Boiot, B6101, 
Botoi. Dieser vielgeprufte und viel umhergekom- 
mene keltische Volksstamm war den R6mern fruh- 
zeitigbekannt. Bereits Plautus Capt. 888 erwahnt 
den Namen im Wortspiel Boius est — boiam terit. 
Nach der aus Liv. V 34f. bekannten Sage hatten 
sie ihre ursprtlnglichen Wohnsitze in Gallien ver- 
lassen und waren mit den Lingones fiber den 
Poeninus (Gr. St. Bernhard) in die Poebene ge- 

10 wandert ; da sie alles Land zwischen Alpen und 
Po besetzt fanden, nberschritten sie den Fluss 
und besetzten nach Verdrangung der Etrusker 
und Umbrer das Land bis zum Apennin, also die 
heutige Romagna, wo die alte Etruskerstadt Fel- 
sina, von ihnen Bononia umgenannt, ihre Haupt- 
stadt wurde (Polyb. H 17, 7 to Si n&Qav tov 
Ilddov , to nsgl tov 'AnsvvTvov, kq&xoi fihr "Ava- 
vsg, fisza de tovtovg Boloi xaHoxrjoav. Strab. IV 
195. V 216. Liv. XXXIII 37 primum Boiorum 

20 agrum usque ad Felsinam oppidum populantes 
peragraverunt. XXXVII 57. Plin. n. h. IH 115 
Bononia, Felsina vocitatum, eum prineeps ffiru- 
riae esset. Plut. Romul, 17. Serv. Aen. X 198; 
vgl. Nissen Ital. Landeskunde I 477. Bormann 
CIL XI p. 132). Sie zahlten in diesem Strich 
(reg. VIII, welche determinatur Arimino Pado 
Apennino) 112 Gaue (Cato bei Plin. IH 116; 
zu Plinius Nachricht LTI 124, die B. hatten auf 
ihrer Wanderung auch Laus Pompei in Transpa- 

30dana gegrundet, vgl. Mommsen CIL V p. 196). 
Ihre Nachbarn an der adriatischen Kiiste sudlich 
von Ariminum waren die Senonen (ager GaUicus). 
Ob sie an den friiheren Streifzugen der Senonen 
in das sfidliche Italien teil genommen haben, ist 
nicht erwiesen, aber wahrscheinlich. Nach der 
Vernichtung ihrer Stammesgenossen (283) eroff- 
neten die B. mit den Etruskern einen Rachekrieg 
gegen Rom, der mit ihrer Niederlage am vadi- 
monischen See und im Jahr darauf (282) bei Po- 

40 pulonia endigte (Polyb. H 20; vgl. Frontin. strat. 
I 2, 7). Im J. 238 erneuerten sie vereint mit 
anderen keltischen Stammen, besonders den In- 
subrern, den Krieg, mussten sich aber nach der 
Niederlage bei Telamon den Remern ergeben, im 
J. 224 (Polyb. II 20ff. Mommsen R. G. 18 554ff.). 
Die bald darauf erfolgte Anlage zweier rOmischer 
Colonien (Cremona und Placentia) veranlasste aufs 
neue der Abfall der Boier (218 v. Chr., Liv. XXI 
25. Mommsen I 575. 588), der ohne Erfolg war 

50 (vgl. Frontin. strat. I 6, 4 [aus Liv. XXIII 24]. 
Sil. It. IV 148ff. u. 0. Appian. Hannib. 5. 8). 
Doch konnten sich die Romer wahrend des zwei- 
ten punischen Krieges nur rait Muhe in Placentia 
halten. Auch nach dem Kriege blieben sie Feinde 
der ROiner (Liv. XXXI 2), ersturmten sogar Pla- 
centia (Liv. XXXI 10); nach wechselnden Er- 
folgen wurden sie endlich durch die Schlacht bei 
Mutina (193) definitiv niedergeworfen (Liv. XXXn 
29—31. XXXni 221 36f. XXXIV 22. 46f. XXXV 

60 4. 5. 40. XXXVI 38—42: vgl. CLL 1 2 p. 48 
[a. 557]. Plin. Ill 116 in hoc traetu inierierunt 
Boii. Oros IV 20 [aus Liv.]. Mommsen a. 0. 
I 665ff.). Ihre Stadt Bononia war im J. 196 
rOmisch geworden (Liv. XXXIH 37 nennt sie 
noch Felsina), 189 wurde sie latinische Colonie 
(Liv. XXXVH 57. Vellei. I 15); 191 mussten 
sie ihre halbe Feldmark an die Romer abtreten 
(Liv. XXXVI 39) und auch auf dem Gebiet, was 



631 



Boii 



Boii 



632 



ihnen blieb, verschwanden sie bald und verschmol- 
zen rnit ihren Besiegern (Nissen a. 0. I 482). 
Ihr Name haftete aber auch spater noch an diesen 
Gegenden (vgl. Festus ep. p. 36 Boicus ager di- 
citur, qui fuit Boiorum Gallorum. is autem est 
in Gallia eitra Alpes, quae togata dicitur; in qui- 
bus sunt Mediolanenses. Ptol. Ill 1, 20). tfber 
die Kampfe der Gallier in Italien vgl. ausser ver- 
schiedenen Darstellungen der rOmischen Geschichte 
Leop. Contzen Wanderangen der Kelten (1861) 
97ff. Strabon T 213. 216 berichtet nun, die Boier 
seien von den Romern aus Italien fiber die Alpen 
verdrangt worden, hatten sich an der Donau mit 
den Tauriskern festgesetzt und mit den Dakern 
Krieg gefiibrt. Das ist schwerlich ricbtig. Naeh 
Liv. V 34 zog ein gallischer Haufe fiber den Rbein 
nach dem herkynischen Bergwald. Wahrscbein- 
licher ist, dass in diesen Gegenden von alters 
her Kelten sassen, die spater von den Deutschen 
verdrangt wurden (Zeuss Die Deutschen 245. 
Mfillenhoff D. Alt. II 267f.). Dass Boier in 
Germanien sassen , dafiir haben wir drei deutliche 
Zeugnisse. Nach Poseidonios bei Strab. VII 293 
sassen die B. zur Zeit des Cimberneinfalles am 
herkynischen Wald (Botove *ov 'Eqxvviov Sgvfiov 
olxeXv jiQorsQov), die Cimbern wurden von ihnen 
abgewehrt und wandten sich nach der Donau und 
gegen die Taurisker. Caesar b. g. I 5 wusste 
noch, dass die B. trans Rbenum ineoluerant et 
in agrum Noricum transierant Noreiamque op- 
pugnarant. Und Tae. Germ. 28 berichtet igitur 
inter Hercyniam silmm Rhemtmque et Moenum 
amnes Hehetii, ulteriora Boii, Gattica, utraque 
gens, tenuere. manet adhue Boiliasmi nomen sig- 
natque loei veteran memoriam quamvis muta- 
tis eultoribus. Alle drei stimmen darin iiberein, 
dass sie von der Ansassigkeit der B. in Deutsch- 
land als von etwas Vergangenem sprechen (Much 
Deutsche Stammsitze Iff.). Der Name Boihae- 
mum (d. i. Heim der Boier, s. d.) zeigt, dass 
ihre Sitze in Bohmen war.en, die sich wahrschein- 
lich sudwarts bis an die Donau erstreckten (vgl. 
Boiodurum und s. Much a. 0. 2). Wenn Tac. 
Germ. 42 weiter berichtet, die Markomannen hatten 
sie von hier vertrieben, so ist das nicht richtig 
(Mullenhoff a. 0.). Denn die Markomannen 
zogen erst zu Anfang unserer Zeitrechnung nach 
Behmen. Die B. dagegen verliessen ihre Sitze 
in Bohmen etwa urns J. 60 v. Chr. und wandten 
sich nach Noricum und Pannonien (Caes. b. g. 
15; vgl. Strab. IV 206, wo die Rater und Vinde- 
liker als Nachbarn der Helvetier und Boier be- 
zeichnet werden). In Noricum schlossen sich 
32000 B. den Helvetiern an und zogen mit diesen 
nach Gallien (Caes. b. g. 1 5. 25. 29). Der fibrige 
Teil an der Donau wurde durch den Dakerkdnig 
Boerebistas, einen Zeitgenossen des Augustus, ver- 
nichtet (Strabon VII 304 Bolovg 6's xai ao8r t v 
rjipayics xovg vnb KQixaoiQOj xai Tavgwxovg. VII 
313. 315. V 212. Zeuss a. 0. 244ff.). Bare da- 
maligen Wohnsitze werden als ,Boierwiiste' be- 
zeichnet, Strabon VII 292 'EAovrjruoi xai Oviv- 
dsXixoi . . . xai fj Boicov sQTjfiia, fiixQ 1 Ilavvwvicov 
ztdvTsg. Plin. n. h. IV 146 Norieis iunguntur 
laeus Peiso (lies Pelso, der Plattensee, Mommsen 
CIL III p. 523), deserta Boiorum. Dimensuratio 
provinciar. 18 ed. Riese desertis in quibus habi- 
tabant Boi ef Garni, ein Name, deT sich nicht anf 



die Ausrottung des Volkes bezieht, sondern von 
der Beschaffenheit des Landes hergenommen ist 
(Mullenhoff a. 0. II 267. Much a. 0. 3). Dass 
Boierreste in dieser Gegend (um Stein am Anger 
und am Plattensee) noch spaterhin vorhanden 
waren, bezeugen ausser Ptol. II 14, 2, der im 
Norden von Pannonia superior "A£aAot, im Stiden 
Aazdfiixoi ansetzt (iv 8e xolg fisxa^v Bo'Coi \Botoi 
die Hss.] fxh> nQ&g dvOfiag xai &r' avxovg KoXai- 

10 xiavoi) , einige Inschriften der romischen Kaiser- 
zeit: CIL IX 5363 (vgl. 5364) = Dessau 2737 
praeffeetoj ripae Danuvi et civitatium Avar (urn) 
Boiorfiim) et A%alior(um). VI 3308 (= Dessau 
2210) D(is) Mfanibus) Ulpi Titi eq. sing. Aug. 
n. turfmaj Emeriti natfione) Boius . . . alleet. ex 
ala I Thr(acum) ex Pann(onia) sup(eriore) ; vgl. 
die Inschrift von Ebersdorf CIL III 4594 (= 11311) 
Ariomanus Biati f(ilius) Boi, die Militaidiplome 
von Weissenburg CIL III p. 867 nr. XXIV (vom 

20 J. 107) Mogetissae Comatulli f. Boio (= Dessau 
2002, seine Frau eine Sequanerin) und von Car- 
nuntum CIL III p. 869 nr. XXVI (= Suppl. p. 
1975 nr. XXVI vom J. 114) Nertomaro Irdmissae 
f. Boio; ferner CIRh 1600 exploratores Triboei 
et Boi; vgl. Westd. Ztschr. 1887, 51. Die hier 
genannten Boier gehoren eher den gallischen als 
den pannonischen Boiern an, s. weiter unten. 
Zu trennen von diesen Boiem sind die Boisei 
an der unteren Donau (C. Miiller Ausg. des Ptol. 

30 1 1 p. 291. Holder Altcelt. Sprachsch. s. Boisci)_ 
und die spateren Baioarii (Holder a. 0. s. Boii 
Sp. 471f.). Zu Mela LTI 45, wo Botorum, nicht 
Boiorum iiberliefert ist, vgl. Riese Rh. Mus. ' 
XLIV 346. Much Stammsitze 19. tber die 
Boier in Deutschland Contzen Wanderungen der 
Kelten 97ff. Mommsen E.G. 18 668. lis 166f. 
171. CIL III p. 525. 588. Jung Die romani- 
sch en Landsch aften 353f . Schiller Gesch. d. rOm. 
Kais. I 322. 

40 Den Boiern, welche sich in Noricum den Hel- 
vetiern angeschlossen hatten und mit diesen nach 
Gallien gewandert waren (Caes. b. g. 15), er- 
laubte Caesar auf Bitten der Aeduer, sich im Ge- 
biet der Aeduer anzusiedeln (b. g. 1 28 ; vgl. 1 25. 29. 
Mommsen R.G. Ills 244. 248f. 282). Sie waren 
32000 Kflpfe stark. Ihre Stadt Gorgobina (nicht 
Gergovia) wird b. g. VII 9 genannt (vgl. VII 
10. 17). Bei dem allgemeinen Gallieraufstand 
mussten sie 2000 Bewaffnete stellen (VII 75). 

50 Dire Wohnsitze sind nicht genauer bekannt; Des- 
jardins (G^ogr. de la Gaule II 478) vermutet sie 
zwiscben Loire und Allier, Holder (a. 0. s. Boii 
Sp. 465) im heutigen Nivernois, in Bouhy. Boi in 
Gailia Lugudunensis zahlt Plin. n. h. IV 107 auf mit 
Aeduern, Senonen u. s. w. Auf diese gallischen 
Boier scheinen sich die oben angefiihrten Inschrif- 
ten zu beziehen, und e plebe dieser Boier stammte 
Mariccus, welcher im J. 69 eine kurze Rolle spielte 
(Tac. hist II 61). Weitere Reste des Volkes sassen 

60 in der Umgegend von Bordeaux (s. Nr. 2 und 
Boiates), wobei aber die Frage ist, ob die Boier, 
die man hier, am Po , in Bohmen findet, wirklich 
auseinandergesprengte Zweige eines und desselben 
Stammes sind und ob nicht bios eine Namens- 
gleichheit obwaltet (Mommsen E.G. is 668). 

Uber die Deutung des Nam ens gehen die An- 
sichten gleichfalls auseinander. Nach G 1 ii c k 
stent Boii fiir Bogii, nach Ernault bedeutet 



633 



Boinasa 



Boiodurum 



634 



der Name terribles (s. Holder a. 0. Sp. 463), 
nach Much (Ztschr. f. D. Alt. 1895, 34f.) die 
jungen Binder' (= bavii; vgl. Corp. gloss. Lat.' 
II 31, 1 Bosbue floxeyeQoi,. cogot. yaXXoi d. i. nach 
Scaliger bos flovg Boi heqaiong oi FdXAoi). Der 
Eigenname Boius ist auf Inschriften mehrfach 
bezeugt, auch Boicus; derselbe Stamm in Boio- 
calus, Boiorix (= Konig der Boier, Liv. XXXIV 
46; der Name des CimbernkSnigs nach Miillen- 
hoff Gallische Umformung vom deutschen Baja- 
riks, Holder a. 0. s. v.), Boionius, Boiodurum. 
(b. d.). 

2) Boii (ad Boios ?) , Station an der aus 
Spanien fiber Aquae Tarbellicae nach Bordeaux 
fuhrenden Strasse, 16 Mill, siidlich von Burdigala 
(Itin. Ant. 456 Boios, Var. Bosos; also wohl ad 
Boios); vgl. Paulin. ep. Auson. v. 239ff. (p. 303 
ed. Peip.) anne tibi, o domine inlustris, si seri- 
bere sit mens, qua regione habites, placeat reti- 
cere nitentem Burdigalam et pieeos malis de- 
seribere Boios? Nach WalckenaerBouges, nach 
Reichard u. a. TSte de-Buch, die alte Haupt- 
stadt des Pays de Buch. Holder Altcelt. Sprach- 
schatz s. Boii Sp. 471. Desjardins Geogr. de 
la Gaule II 373f. 421. 0. Hirschfeld S.-Ber. 
Akad. Berlin 1 896, 454 ; vgl. Boiates. [Ihm.] 

Boinasa (Botraaa), Stadt im Pontus Gala- 
ticus sfidostlich von Amisus und nordlich von 
Amasia, bei Ptol. V 6, 9. [Ruge.] 

Boinoa (Boivooa), Stadt in Elis, s. Oinoe, 

[Oberhummer.] 

Boio (Boub); angebliche alte delphische Prie- 
sterin und Dichterin (von Clem. Alex, strom. I 
399 P. neben Hippo und Manto genannt), Ge- 
mahlin des mythischen Konigs der Athener Ak- 
taios, Mutter des angeblichen Epikers Palaipha- 
tos (Suid. s. IJaXaiqiazog). Unter ihrem Namen 
ging 1) ein Hymnus auf Apollon (Paus. X 5, 7f.), 
in dem u. a. in bewusstem Gegensatz zu Phe- 
monoe, der ,Tochter Apollons', der Hyperboreer 
Olen als Erfinder des Hexameters gefeiert war, 
2) ein Metamorphosengedicht 'Ooviftoyovla, das 
bereits Philochoros' (PHG I 417 frg. 207 [^ Q i 
IA,avTixijgf\) gekannt zu haben scheint. Beide 
Werke sind offenbar in der alteren Alexandriner- 
zeit von einem Unbekannten behufs grflsserer Be- 
glaubigung auf den Namen der delphischen Prie- 
sterin gefalscht worden. Spater wurde aus der 
Dichterin B. ein Mann Boios, Said. s. TegjiavSgog, 
WO die Worte aV.oi Sk 'Ofirjoov (cuioyovov) Boiov 
Xeyovug avxov xov <Pa}x{oog deuthch auf die Bouo 
£juz<oQia ywrj bei Pausanias weisen; Alex, von 
Myndos bei Ath. IX 393 e (BoXog <5' ev Ogvifroyovla 
ij Boca) &g qprjoi ^Uo/ogog, dies Citat kann Zu- 
satz des Athenaios sein), Plin. n. h. X 7 (und Ind., 
die Hss. beidemal falsch Boethus, bereits von 
Pincianus verbessert), endlich zehnmal in den 
Quellenangaben zu Antoninus Liberalis. Wir 
verdanken die Kenntnis dieser merkwurdigen 
Falschungen dem Alexander Polybistor (Quelle des 
Pausanias, Maass De Sibyll. indie. 21) und Ale- 
xander von Myndos (Quelle fiir Athenaios und 
Aelian. de nat. an. XV 29, Wellmann Herm. 
XXVI 520), Plinius scheint seine Notizen aus Phi- 
lemon (sregi rravxoSajtc&v /_or/aTtjolo)v Ath. IV 1 14 d) 
geschopft zu haben (Brunn De auct. ind. Plin. 
16); woher der gelehrte Verfasser der Autoren- 
angaben zu Antoninus Liberalis seine Kunde hat, 



ist noch eine offene Prage (nach Oder De Anton. 
Lib., Bonn. Diss. 1886, 46 aus Pamphilos [?]). 
Wellmanns Versuch, Alexander von Myndos als 
Quelle des Antoninus zu erweisen, ist misslungen: 
die von Athenaios und Aelian (hier ohne Namens- 
nennung) aus Alexander erzahlte Sage von der 
PygmaienkOnigin Gerana stimmt weder im Namen 
noch in Einzelheiten mit der aus verwandter 
Quelle geflossenen Parallelerzahlung bei Anton. 
10 Lib. 16 (trotz der Randbeischrift tazoQciBoTog'OQvi- 
ftoyoriag /?'), so dass auch fur die sonstigen Quellen- 
angaben (zu 3. 5. 7. 11. 15. 18. 19. 20. 21, ferner 

6 [0. Schneider Mcandr. 43] und 14 [Oder 
51 , 5]) eine" gewisse Vorsicht geboten scheint. 
Andere Citate fehlen (doch mag Pans. X 29, 3 
und AeL de nat. an. X 32 <v> Ant. Lib. 7 auf die 
Ornithogonie gehen); vergeblich haben sich v. Wi- 
lamowitz (Herm. XVIII 431) und Wellmann 
(Herm. XXVI 515) bemiiht, ein paar abgelegene 

20 Verwandlungssagen auf B. zurfickzufuhren. DasGe- 
dicht war in Hexametern verfasst, worauf manche 
Spuren bei Antoninus Liberalis fiihren ; mehr oder 
minder unsichere Restitutions versuche von O.Ross- 
bach Jahrb. f. klass. Philol. 1891, 95. Martini 
Mythogr. Graec. Hip. LII— LV. Von alexan- 
drinischen Dichtern, wie es scheint, kaum beruck- 
sichtigt (unsichere Vermutungen bei Susemihl 
Alex. Litt. I 379, 14), fand B. spater einen Nach- 
ahmer in Aemilius Macer, dem Preunde Ovids (Or- 

30 nithogonia in zwei Biichern, ebensoviele Boio's sind 
bekannt), Ovid selber hat das Gedicht einigemal 
in den Metamorphosen benutzt (Stellen beiKnaack 
Anal. Alex. -Rom. 9, hier auch fiber Aemilius Macer) ; 
endlich scheint der sog. Manilius Astron. II 43 dar- 
auf anzuspielen. Es enthielt, wohl nach dem Vor- 
bilde eines ahnlichen Gedichtes, das auf den Na- 
men der Phemonoe gefalscht war (Plin. n. h. X 

7 und 21), die entlegensten Localsagen fiber Ver- 
wandlungen von Menschen in VOgel, eingehende 

40 Angaben fiber die Lebensweise und die Vorbe- 
deutungen derselben. Diese Angaben, die sich 
mehrfach in auffallender Weise mit Pseudo-Ari- 
stoteles (B. IX der Tiergeschichte) beruhren, sind 
fiir die Kenntis der Mantik nicht unwichtig und 
entsprechen ganz dem Bilde , das in kurzen Um- 
rissen bereits Aischyl. Prom. 490f. gezeichnet hat 
(vgl. Ps.-Arist. hist. an. IX 1, 608 b 29; ethic. Eu- 
dem. VII 2, 1236 b 10). 

Knaack De Boei Ornithogonia, Anal. Alex.- 
50 Rom. 1 — 12, z. T. berichtigt von Oder De Anton. 
Lib. 43, dazu Knaack Wochenschr. f. klass. Phil. 
1890, 37—41. Susemihl Alex. Litt. I 379. Mar- 
tini a. a. 0. XLVIII-LII (unrichtig). [Knaack.] 

Boiocales, Furst der Ampsivarier, heruft sich 
auf seine Verdienste um Rom, da er seit der Nieder- 
lage des Varus unter Tiberius und Germanicus 
gedient und sein Volk bisher in der Treue gegen 
Rom erhalten habe , und fordert fur die Ampsi- 
varier Wohnsitze, Tac. ann. XIH 55. Er wird 
60 abgewiesen und kommt mit seinen Landslentcn 
bald darauf um , Tac. a. 0. 56. [Henze.] 

Boiodurum (BoMovqov Ptol. II 12, 4), Stadt 
in Vindelicien xaga xov Aavovfttov nora/mv (Ptol. 
a. 0.), an der Strasse Ovilavis-Reginum gelegen, 
Itin. Ant. 249 (Vulg. Bolodoro). Tab. Peut. castel- 
lum Boiodurum. Heute Innstadt bei Passau, CIL 
III p. 690. 734. Erwahnt auch in der Not. dign. 
occ. XXXIV 44 (tribunus eohortis Boiodoro), bei 



635 



Boiohaemiun 



BotfiovdQyrpci 



636 



Eugipp yita S. Sever. 22. 36 (Boitro, Boiotro Arrius Antoninus, der spatere Kaiser Antoninus 

und ahnlieh) und auf den Inschriften CIL III Pius, s. Aurelius No. 138. 
5121 (servus oontraseriptor stationis Boioduren- 2) Boionia Procilla ist die avin materna des 

sis). 5755 (Btn-wduru), Nach Holder Altcelt. Kaisers T. Aurelius Antoninus Pius (Hist Aug 

Sprachschatz s v. u. a. soil der Name erhalten Pius 1, 4), also Mutter der Arria Fadilla (s o 

sem in ,Beiderbach' ; er bedeutet Boii (Manns- Bd. H S. 1259 Nr. 44), deren Sohn der Kaiser ist' 

name Boms inschnftlich belegt, Holder s. Boii Der Gatte der Boionia Procilla (der aims mater- 

Sp. 472) arx. Glfick Kelt. Namen 133. Vgl. nus), Arrius Antoninus (Bd. II S. 1254 Nr 9) ist 

Hubner Khein. Jahrb. LXXX 38. Gegeniiber wohl vor ihr gestorben ; denn die Bezeichnung der 
lagen die raetischen Batava castra (s. d.). [Ihm.] 10 Thatigkeit des Narcissus (CIL VI 9355) in diipen- 

Boiohaenram s. Boihaemum. satione Boioniae Proeillae et Aureli Fubi lasst 

... BOiOi{Boioi). 1) Ort oder Gau am See Lych- wohl auf gemeinsame Wirtschaft von Schwieger- 

mtis m Illyrien, von Philipp III. 217 v. Chr. be- mutter und Sehwiegersohn schliessen. Vgl tibri- 

setzt, Pol. V 108, 8. Zum Namen vgl. Boion gens Lacour-Gayet Antonin le Pieux 453. 
• I - "• [Oberhummer.] [Heme] 

2) Boioi, Stadt Illyriens bei Polyb. V 108, 8 Boiorix (das ist Boio-rix = KOnig der Boier 

9tlutnog . . . xareX^exo ... xwv jieoi j}/v Av X - vgl. Holder Altcelt. Sprachsch. s. v.). 1) Regulus 

vtdtav fafirrjv Lyxtiavag, KsQaxa, Zazioava, Boiovg. Boiorum bestand im J. 560 = 194 mit dem Consul 

Holder Altcelt. Sprachsch. s. Boii Sp. 473. Ti. Sempronius Gracchus, der in das Gebiet der 
Ausserdem s. Bon. [Ihm.] 20 aufstandischen Boier eingertckt war, einen hart- 

i?«. n D * ^ ~ Boi&v ( seltener B°iov, Arkad. 121; niickigen, aber unentsehiedenen Kampf, Liv.XXXIV 

iLthn BotaTog, Boidr V e, Boih V s Steph. Byz. ; Boi- 46, 4—48, 1. Dass dieser Bericht wenig Glauben 

mos Wescher-Foucart Inscr. Delph. 409), eine verdient, deutet Livius am Schmsse selber an, 

der vier fctadte der Landschaft Doris, welche der indem er ganz abweichende Angaben anderei er- 

Sage nach von Doros (s. d.) gegrundet wurden, wahnt, vgl. Weissenborn z. d St 
Strab. IX 427. X 476. Skyl. 62. Skymn. 593. 2) Ferox iuvenis, stiess den von den Cimbern 

Diod. IV 67 1. Kon 27. Ptol. Ill 14, 14 (15, 5). gefangenen M. Aurelius Scaurus nieder, Liv. per. 

Pirn. n. h IV 28. Schol Pind. Pyth. 1121. Tzetz. LXVII; vgl. Aureliu s Nr. 215. Wohl derselbe ist 

zu Lykopnr 741 Geschichthch wird sie nur ge- der Boiorix rex, der spater C. Marius aufforderte 
legenthch des Angnffes der Phoker gegen Doris 30 den Cimbern den Schlachttag zu bestimmen Plut 

^t ™ , 8 \ ChT - , er ,T™ nt ' Thuk - : 107 ' 2 - Diod - Mar - 25 > und in der Schlacht auf den raudischen 

Al 79, 4. i>. auch CIG 1760. Euinen bei Man- Feldern den Tod fand, Flor. I 37 Oros V 16 

olates Leake N.Gr. n 91-94. K. O. Miiller 20. tlber den Namen dieses B. 'bemerk't Hol- 

Dorier 12 37. Bursian Geogr. I 155. der Altcelt. Sprachsch. s. Boiorix nr. 3, dass nach 

Z) Boiov, Sammelname fur emen grossen Teil d'Arbois de Jubainville dieser den Namen 

der centralen Gebirgserhebung von Nordgriechen- B. mit Anspielung auf die Boii erhalten habe mit 

land, nach Strab. VII 329 frg. 6 von Orestis bis denen er gekampft habe, nach Mflllenhoff und 

Aitohen, also den Pmdos mitumfassend, wogegen T o m a s c h e k sei bei diesem Boiorix eine gallische 

derselbe 327 das ndiov Sgog, womit offenbar das- Umformung des germanischen Bwjariks. Die erste 
selbe Gebirge gemeint ist, neben dem Pindos und 40 Annahme ist gewiss verkehrt. [Klebs 1 

offenbar nordlich von diesem nennt. Die einzelnen Boiorum deserta s. B o i i Nr. 1 oben S 631f. 

leile des Gebirges fiihrten sehr verschiedene Namen. Bolos (Boiog). 1) Ein Herakleide, grundete 

Von den Hohen desselben sollte man zugleich das nach der Weisung der Artemis-Soteira unter Ffih- 

aegaeische und das ionische Meer mit dem ambra- rung eines Hasen an einer Stelle, wo dieser sich 

kischen Golf erbhcken, was Strab. a. a. O. selbst unter einem (noch spater als Baum verehrten) 

bezweifelt. Die Benennung scheint hauptsachlich Myrtengebusche lagerte , mit Leuten aus den ainei- 

auf die Gebirgszuge Grammos und Smolika an adischen Ortschaften Aphrodisias und Etis und 

der Grenze von Epeiros und Makedonien zu passen, dem danaidischen Side eine gemeinsame lako- 

wo die neue Vogelsche Karte (Stielers Handatlas nische Stadt Boioi am boiatischen Golf Paus IH 
51) sogar den Namen Voion giebt, der aber nur 50 22, 11; vgl. den Boiov moyog CIG 3064: Wide 

aus einem gelehrten Zusatz der osterreichischen Lakon. Kulte 121f. vermutet mit Recht Syn- 

Karte (Bl. M. 14) entsprungen zu sein scheint. kretismus einer alteren aineiadischen Aphrodite 

[Oberhummer.] (mit Hasen- und Myrtensymbol) mit der boiatischen 

S) Boion (Boicov, Var. Baicbv), eine nicht wei- StadtgOttin Artemis. rTiimpel 1 

ter bestimmbare Ortschaft der taurischen Halb- 2) S. Boio. 

insel, landeinwiirts von Pantikapaion und Theo- Bouovdexat, das hervorragendste Amt des 

dosia, Ptol. Ill 6,_ 5. [Tomaschek.] boiotischen Bundes. Es bestand aus einem Col- 

Boione (Ethnikon Boimvmxov auf Kupfer- legium jahriger Beamten. Die litterarischen Er- 

munzen Imhoof Abh. Akad. Munchen 1890, 631 zu wahnungen derselben sind bei Gilbert St -A n 
Monn. gr. 271f.), Ort in der asiatischen Aiolis. Nur 60 54, 2 zusammengestellt. Die Anzahl der B wird 

aus Munzen, zuerst durch H. P. Borrell bekannt. bei Thuc IV 91 fur das Jahr 424 auf 11 ange- 

Meiste Fundorteim Hermosthal. Typennnd Arbeit geben, eine Zahl, die von v. Wilamowitz Herm 

wie bei den Munzen von Larissa Phrikonis. Da- VIII 440 bezweifelt wird, der fur g v 6exa mit 

her wohl in deren Nachbarschaft zu suchen. Lollings Billigung (Athen. Mitt HI 89) £ira 

Leake (Num. Hell. As. Gr. 145) setzt B. in Ly- lesen will. Sieben p. begegnen uns namlich in 

dien an. Vgl. noch Head HN 478. den Inschriften IGS 2407 und 2408, die, wie 

_ . , , m [Burchner.] Kshler Herm. XXIV 636 bewiesen hat, um das 

BOionius. 1) T. Aurelius Fulvius Boionius Jahr 366 fallen. Es ist das die Zeit, in der aus 



637 



Boiotia 



Boiotia 



638 



den boiotischen Stadten durch Epaminondas eine (Plut. Sulla 17. 19) als Grenze betrachtet worden 

strammere Einheit gebildet worden war. Auch zu sein, die dann weiter ttber den Helikon zum 

fur die Schlacht bei Leuktra ist dieselbe Zahl durch korinthisehen Golf verlief. 

Diod. XV 53 bezeugt. Wie lange sie geblieben Das so umschlossene Gebiet, das (ohne Oropos) 

ist, steht nioht fest. Sicher ist aus Liv. XLII eine Plache von 2580 qkm. einnimmt (Beloch 

43 nicht mitBoeckh CIG I p. 729 zu schliessen, BevOlk. der gr.-T&m. Welt 161f.), gliedert sich 

dass im J. 171 zwolf oder elf §. fungiert haben. naturgemass in zwei Hauptteile, namlich das ab- 

Plut. Pelop. 13 werden nur drei, c. 14 nur zwei fiusslose Becken der Kopa'is, welchem wir auch 

/?. erwahnt. Docb ist weder sicher, dass damals die Thalebene von Chaironeia (Philippson 5) 
nicht mehr existierten , noch wenn dies der Fall 10 zurechnen, und das Becken von Theben, dem sich 

war, dass das mehr als ein voriibergehender Zustand ostlich die Niederung von Tanagra und Oropos 

gewesen ist. Nicht zu identificieren sind mit anschliesst. Ersteres, bewassert vom Kephisos, 

den §. , wie Boeckh gethan hat, die a<psdgia- dem merkwurdigen Melas und zahlreichen kleineren 

rwovrss (s. d.). Ebenso ist von den /S. verschie- Bachen (Bursian 196L Philippson 37ff.), war 

den der eponyme Beamte des Bundes , welcher bis vor kurzem zum grossen Teil erffillt von dem 

aQxtov BoiatroTs oder ir BoiwroTg heisst und viel- See Kopa'is (s. d.) , der die genannten Gewasser 

fach inschriftlich bezeugt ist. Zu den Functionen in sich aufnahm und in Ermanglung eines ober- 

der S. zahlte der militarische Oberbefehl, aber irdischen Abflusses sich durch unterirdische Ab- 

aucb. die politische Leitung, Friedensschlusse, zugscanale dSaga^ea. neugriechisch xata^o&Qai) 
Biindnisvertrage u. dgl. Eine Inschrift aus dem 20 in das den See im Norden und Osten begrenzende 

2. Jhdt. v. Chr. IGS 3088 erwahnt neben einem Kalkgebirgeentleerte(Bursianl96. Philippson 

j?. einen Hipparchen , also neben dem Befehls- 33. 45ff. 7f. Taf. I). Infolge der zeitweiligen Ver- 

haber der Fusstruppen den der Eeiterei, wobei stopfung solcher Canale und der nach Jahren 

anzunehmen ist, dass das Commando einem der und Jahreszeiten wechselnden Wasserzufuhr war 

/}. ubertragen wurde oder zwischen mehreren wech- jedoch der Spiegel des Sees fortwahrenden Schwan- 

selte. Auch Straffunctionen hatten die (I. , vgl. kungen unterworfen , und die auch in den trocken- 

IGS 3073, 7. 175. [Szanto.] sten Sommern zuruckbleibenden Sumpfe (Neu- 

Boiotia. 1) Boionia hiess seit der Einwan- mann-Partsch 244f.) erzeugten eine_ dumpfe 

derung der Boioter aus Thessalien (s. u. u. Bus o It und scbwere Luft, welche nicht bios bis in die 
Gr. Gesch. 12 242f. 249ff.) die nachst Attika be- 30 neueste Zeit eine Quelle heftiger Wechselfieber 

deutendste Landschaft Mittelgriechenlands, deren war (Philippson 35. 87), sondern bei den Alten 

Name uns zuerst-in den Eoien (Hes. frg. 77 Gottl.) auch als Ursache des sprichwortlichen Stumpf- 

entgegentritt , wahrend die Ilias nur den (offen- sinnes der Boioter, ihres Mangels an feinem Ge- 

bar alteren) des Volkes kennt; auf dessen friihere schmack und ihrer Neigung zu Schwelgerei be- 

Wohnsitze im Norden deuten vielleicht auchNamen trachtet wurde (Bursian 201 und in der 2. Aufl. 

wie Boioi, BoTov, Boiov (s. d.) , wogegen E.Meyer dieses Bandes 2406 ; doch s, jetzt die hubsche Studie 

G. d. Alt. n 189ff. die Boioter flir die ursprung- von W. Rhys Roberts The Ancient Boeotians, 

lichen Bewohner des Landes halt. Schon im Cambr. 1895, welche tief in den Charakter des 

Schiffskatalog (H. II 494ff.) erscheint ihr Gebiet, boiotischen Volkstums eindringt und vielfach den 
jedoch mit Aussehluss von Orchomenos nebst Asple- 40 iiberlieferten Vorurteilen entgegentritt). Um diese 

don, im wesentlichen bereits in der Ausdehnung, Ausdunstungen zu vermindern und hauptsachlich 

■welche B. in spa terer Zeit zukam und das ganze um durch Trockenlegung der Seeflache, welche 

Land zwischen Attika und Phokis von Meer zu bei einer mittleren Meereshehe von 97 m. und 

Meer umfasste. Als Naturgrenze gegen Megaris einem durchschnittlichen Wasserstand von nur 

nnd Attika gait der Rucken des Kithairon, der 3 m. eine Flache von 230—250 qkm. bedeckte 

iedoch nach Osten in ein breites Hochland ohne (Philippson 7), wertvolles Kulturland zu ge- 

deutlichen Hauptkamm ubergeht und sich mit winnen, wurde in neuerer Zeit wiederholt die 

diesem zur Niederung des unterenAsopos(s.d.Nr. 2) Trockenlegung des Sees in Erwagung gezogen 

senkt; hier war daher die Grenze auch stets um- und endlich seit 1883 durch eine franzCsische 
stritten , wie die Geschichte von Oropos (s. d.) 50 (seit 1889 englische) Gesellschaft zur Ausfiihrung 

zeigt, das bald zu B., bald zu Attika gehorte. gebracht (Supan in Petermanns Mitteil. 1889, 

Im Norden bildete der von der Oite ausgehende 71ff. Philippson 80ff.). Bei dieser Gelegen- 

Gebirgszug, welcher die Niederung des Kephisos heit wurde auch durch Aufflndung alter Deich- 

und der Kopais vom euboischen Meere scheidet, und Canalbauten der Nachweis geliefert, dass 

ein durres, unfruchtbares Gebiet (Bursian Geogr. der Seeboden thatsachlich schon in uralter Zeit 

I 186. 212. Neumann-Partsch Phvs. Geogr. und zwar durch die Minyer trocken gelegt war 

164f. Philippson Ztschr. Ges. Erdk" 1894, 8f. (Kambanis Bull. hell. 1892, 121ff. Curtius 

75), zugleich die Grenze gegen die opuntischen S.-Ber. Akad. Berl. 1892, 1181ff. Philippson 

Lofarer, wahrend im Westen gegen Phokis hin 54ff.). Naheres hieruber wie iiber die spatere 
das Kephisosthal , die naturliche Verbindungs- 60 Geschichte des Sees s. unter Kopais. 

strasse beider Landschaften, durch das Vorspringen Zwei kleinere Seebecken, Hylika und Trephia 

des Hyphanteion mit dem Hedyleion einerseits, (Bursian 199ff. 213f.), jetzt Seen von Likeri 

des Philohoiotos, eines Auslaufers des Parnassos. und Paralimni genannt, waren bis 45 bezw. 35 m. 

anderseits sich zu dem wichtigen Passe von Para- Meereshehe in das Kalkgebirge Ostlich der Kopais 

potamioi, dem Eingangsthor fiir B. von dieser eingesenkt, von welcher aus sie durch einen unter- 

Seite, verengert (Bursian 157. 164. Neumann- irdischen Wasserstrom genahrt wurden; jetzt wird 

Partschl65. Philippson 24). Sudlich davon ihr Spiegel durch die kiinstliche Ableitung des 

scheint zunachst der Bach Molos oder Morios Sees auf 80 bezw. 55 m. erhOht (Philippson 



639 



Boiotia 



lOf. 15f. 30. 53. 83f.). Das erwiihnte, den Raum 
zwischen Kopais und Euripos ausfullende Ode Kalk- 
gebirge, die Fortsetzung des oben erwahnten nCrd- 
lichen Gebirgszuges von Mittelgriechenland, nach 
seinen Haupteilen als Ptoon, Messapion, Hypaton 
(Bursian 212ff.) bezeichnet, tritt mit zwei Vor- 
sprungen, dem Phoinikion und Phikion an den 
Siidrand der Kopaisniederung heran, welche weiter- 
hin durch einen schmalen und niedrigen, den 
Seespiegel stellenweise nur urn 20 m. iiberhShenden 
Bergriegel, auf dem die Stadt Onchestos lag, 
von dem thebanischen Becken getrennt wird (Bur- 
sian 231f. Philippgon 12f. 17f. 34). Daher 
ftihrte hier, wie auch jetzt noch, der Hauptver- 
kehrsweg B.s siidlich der Kopais iiber Koroneia 
und Haliartos nach Theben, das selbst im Mittel- 
punkt des siidlichen Beckens von B. gelegen war. 
Letzteres, das wir im Gegensatz zur Kopaisniede- 
rung als das Becken von Theben bezeichneten, 
wird umschlossen von dem oben beschriebenen 
Kalkgebirge im Osten der Kopais, dem hiemit 
durch den Riegel von Onchestos verbundenen 
Helikon, dem Nordabhang des Kithairon und end- 
lich im Osten durch einen jetzt Soros genannten, 
bis 614 m. ansteigenden Kalkhiigelzug, auf welchen 
von einigen, jedoch ungenau, der Name Teumessos 
bezogen wurde (Bursian 224), wahrscheinlich 
der Eest einer zwischen Hypaton und Parnes 
abgesunkenen Masse des Kreidegebirges (vgl. Bit t- 
ner Denkschr. Akad. Wicn. math-nat. Kl. XL 
51). Von hier aus zieht quer durch das theba- 
nische Becken westlich zum Helikon erne deutlich 
ausgepragte, aus jungtertiaren Ablagerungen ge- 
bildete, 200 m. hone Bodenschwelle (Bittner 50. 
Philippson 12), welche die tiefere no'rdliche 
Stufe des thebanischen Beckens, die tenerische 
und aonische Ebene der Alten, die sich in 
ihrer vollkommenen Horizontalitat (90—100 m.) 
ebenfalls als altes Seebecken darstellt (Philipp- 
son 13. 32f.), im Sfiden begrenzt. Die siidliche, 
hohere Stufe (ca. 300 m.), zu welcher Theben 
(Kadmeia 205 m.) den Zugang beherrscht, ist 
ein nachwelliges Gebiet neogener Schichten mit 
breiten Thalauen, fruchtbar, aber heutzutage nur 
sehr dttnn bevolkert und zum grossten Teil als 
Schafweide beniitzt (Philippson 12. 79f.). Nach 
Westen senkt sich diese Terrasse zu dem heissen, 
sumpfigen Thale von Thisbe (150 m.), dessen Ge- 
wasser vergeblich die schon gegliederte, aber ein- 
same Ktiste des korinthischen Golfes zu en-eichen 
suchen (Neumann-Partsch 169. 248). Haupt- 
wasserader des sudlichen B. ist der Asopos (s. d. 
Nr. 2), welcher in seinem oberen Gebiete, der Para- 
sopia, die Grenze zwischen Theben und Plataiai 
bildetund sich nach Osten durch eine enge Schlucht 
zwischen den Soroshugeln und den Vorhohen des 
Parnes zur Niederung von Tanagra und Oropos 
durcharbeitet. An letztere schliesst sich endlich 
noch der Kustenstrich am Euripos mit den Hafen- 
platzen Anthedon und Aulis, wichtig als Ver- 
mittlerin des Verkehrs mit der reichen Insel Eu- 
boia, mit welcher B. seit 410 v. Chr. durch eine 
Briicke verbunden war (Bursian I 215f. II 414). 
Das Klima von B. tragt infolge der Abge- 
schlossenheit der inneren Landesteile gegen das 
Meer einen wesentlich starker continentalen Cha- 
rakter als dasjenige des benachbarten Attika. 
Uber bCse Winter und druckende Sommer in Askra 



Boiotia 



640 



641 



Boiotia 



Boiotia 



klagt Hes. op. 640, und Ps.-Dikaiarch. I 21 preist 
wohl Thebens, der frei und luftig gelegenen Stadt, 
Quellenreichtum und Schattenfrische im Sommer, 
aber fiirchtet die stiirmische, nasskalte Witterung 
ihres Winters. Auch neuere Reisende bestatigen 
diese scharfen Gegensatze der Jahreszeiten, welche 
dadurch verstarkt werden, dass die Gebirgsschranke 
des Kithairon im Winter die warmen Siidwinde 
abhalt, wahrend im Sommer die erfrischende See- 
lObrise nicht die inneren Becken erreicht und be- 
sonders in der Kopaisniederung die Hitze teils 
durch die feuchten Ausdiinstungen (s. o. S. 638), 
teils durch einen fohn artig vom Parn ass und Helikon 
herabwehenden heissen Bergwind, jetzt 6 /ifyag- 
genannt, auf den Plut. de curios. 1 und quaest. 
conv. Ill 7, 1 anzuspielen scheint, ebenso druckend 
als der Gesundheit nachteilig wird; einen wohl 
als Fallwind (vom Kithairon herab) auftretenden 
sturmischen Siidwind bei Plataiai erwahnt Theophr 
20 vent. 5, 32. Naheres s. bei Kruse Hellas II 1, 
499ff. Neumann-Partsch53ff. 120f. Philini)- 
son 35. FF 

Von den Producten B.s, uber welche man bei 
Kruse 502—520 das altere Material am voll- 
standigsten gesammelt flndet, nennen wir hier 
die fiir die Bauten von Orchomenos u. s. w. wich- 
tigen Marmorbrilche von Lebadeia (Blumner 
Technologie III 30f.), dann die Lager plastischen 
Thones, welche fur die Entwicklung der Kerainik 
30 (s. Aulis Nr. 1) und der Terracottaplastik (Tana- 
graflguren!) von Bedeutung waren (Neumann- 
Partsch 271), ferner von Meerschaum (in den 
Hiigeln bei Theben) und von Braunkohlen (am 
Asopos, s. d.), welche beide Erzeugnisse jedoch 
von den Alten nicht ausgebeutet worden zu sein 
scheinen (Neumann-Partsch 259. 268), wogegen 
anderseits fur das Vorkommen von Eisen nur der 
Ruhm der boiotischen (aonischen) Waffen ange- 
fiihrt werden kann, s. K. O. Mfiller Orchomenos 2 
40 125f. Blumner Gewerbl. Thatigk. 59 , doch auch 
Technologie IV 208 (Magneteisenstein) ; dann das 
in der Kopaisniederung massenhaft wachsende 
Schilfrohr, dessen Trefflichkeit eine Hauptveran- 
lassung zur Pflege der Auletik in B. bildete 
(Bliimner Technologie II 391 ff., s. o. Bd. II 
S. 2405f.), und zu Stricken und allerlei Plecht- 
werk benutzte Binsen ; ebendaselbst auch vortreff- 
licher Weizen, der schwerste von alien griechi- 
schen Sorten, und nicht minder waren die durch 
50 Wohlgeschmack ausgezeichneten Aale der Kopa'is 
(s. Bd. I S. 3) beriihmt, Bursian 197. Auf die 
Blute^ der Pferdezucht in derselben Gegend weist 
der Name Hippia fur die Ebene westlich des Sees 
(Theophr. h. plant. IV 11, 8) und fur Theben 
wird sie direct bezeugt ([Dikaiarch.] I 13. Xen. 
hell. VI 4, 10f.; vgl. K. O. Miiller Orchomenos2 
77f.). Ob wir dagegen aus dem Namen B. und 
Stellen wie Hellan. frg. 8. Castor in Steph. Byz. 
Et. M. auf einen besonderen Reichtum an Rinder- 
60herden schliessen diirfen, wie noch E. Meyer 
190 anuimmt, bleibt bei dem Mangel anderweitiger 
Zeugnisse und sonstigen Erwagnngen (s. zu An- 
fang dieses Artikels) zum mindesten zweifelhaft. 
Karten des alten B. bei H. Kiepert N. Atl. v. 
Hellas V u. Formae orb. ant. XV (fur Bl. XIV 
in grosserein Massstab geplant). [Oberhummer.] 

Geschichte. Als Urbewohner Boiotiens 
werden genannt: Aoner (Lykophr. 1289. Strab. 



642 



VH 321. IX 397. 401. Paus. IX 5, 1. Steph. 
Byz. s. "Aovss. Nonn. Dion. V 56 u. s. Ant. 
Lib. 25. Stat. Theb. I 34; vgl. Valckenaer zu 
Eurip. Phoin. 647), Graier (Lykophr. 645. Steph. 
Byz. s. 'QQamls), Hektener (Lykophr. 433. 1212. 
Etym. M. s. 'Eyxxrjvse. Paus. IX 5, 1. Nonn. Dion. 
V 37), Hyanten (Strab. VII 321. IX 401. Plin. 
n. h. IV 26. Apoll. Rhod. Ill 1242 mit Schol. Steph. 
Byz. s. "Yavreg), Kabeirier (Steph. Byz. s. Kafai- 



den sein durch die Ausbreitung des eingewander- 
ten Volkes der Boioter. Die Boioter sollen vor der 
dorischen Wanderung in Thessalien gesessen haben 
(Paus. IX 1, 1. Polyain. I 12. VIII 44. Steph. 
Byz. s. "Aqvti, Aioqiov, XaiQcovua), dann 60 Jahre 
nach der ZerstOrung von Troia ausgewandert sein 
(Thuk. I 12, 2), die Ortschaften Boiotiens in 
langwierigen Kampfen erobert (Strab. IX 411), 
die vorher ansassigen VoTker teils ausgerottet, 



e *o«), Kadmeier (Herodot. II 49. V 75. Steph. Byz. 10 teils verdrangt, teils unterworfen haben (Strab! 



s. Kadfieta, vgl. Strab. IX 402. Dionys. Rhod. [vel 
Sam.] FHGIH 9 frg. 2. Diod. XIX 3), Koloiphryger 
(Steph. Byz. s. 'AvnxolwdeTe) , Leleger (Aristot. 
frg. 433. 519. Strab. VII 321. IX 401. Solin. 7, 
25), Minyer (Herodot. 1 146. Strab. LX414. Paus. 
IX 36, 6), Pelasger (Prokles bei Phot. bibl. 239 
S. 988ff.; vgl. Miiller Orchomenos 124f.), Phle- 
gyer (Paus. LX 9, 2. 35, 7), Pronastai (Steph. 
Byz. s. Tlqwaaxai), Temmiker (Lykophr. 644, vgl 



VII 402. Paus. IX 16, 6. Polyain. VH 43. Ari- 
steid. Panath. I 190). Ein Angriff auf Attika 
soil zuriickgeschlagen worden sein (Paus. IX 5, 
16. Polyain. I 19). Auch von einem Anteil der 
Boioter an der aiolischen Wanderung wird be- 
richtet (Thuk. VII 57, 5, vgl. Ill 2, 2. Strab. VII 
40 If.). Andrerseits werden die Boioter selbst zu 
den Aioliern gezahlt (Steph. Byz. s. 'Imvla). 
Diese Cberlieferung, an der Duncker (Gesch. 



786. Strab. VH 321. LX 401. Nonn. Dion. V 39. 20 d. Altert. V 222) im wesentlichen festhalt, wird 



Steph. Byz. s. Tiftfui), Thraker (Strab. IX 410; 
vgl. Paus. I 27, 6. 29, 5). Wie frflh es in B. 
eine Kultur von hoher Blfite gab, beweisen My- 
then und Ausgrabungen. Von den Ortschaften, 
die jene Volker bewohnten, sollen Athen (Strab. 
IX 407. Paus. IX 24, 2. Steph. Byz. s. 'AQtjvai), 
Eleusis (Strab. IX 407. Plin. n. h. II 206. Paus. 
IX 24, 2) und das alte Orchomenos (Strab. IX 
407) einen Mhen Untergang gefunden haben 



von E. Meyer (a. a. O. II 75) verworfen. Er 
erklart die Verwandtschaft der Boioter mit der Ur- 
bevOlkerung von Thessalien, die aus Dialekt(Col- 
litz Verwandtsch. d. gr. Dial. 67; vgl. O. Hoff- 
mann De mixtis gr. ling. dial. 35) hervorgeht, 
nicht aus nachtraglicher Ubersiedelung, sondern 
aus urspriinglicher Stammesgemeinschaft. Riohtig 
ist, dass durch die trbereinstimmung der Dialekte 
allein die Einwanderung aus Thessalien noch nicht 



Schon in mythischer Zeit sollen Theben und Or- 30 bewiesen wird, da sie sich auf sehr verschiedene 



chomenos an Macht hervorgeragt und Kriege mit 
einander gefiihrt haben (Paus. IX 9, 1. 17, If. 
25, 4. 37, Iff. Polyain. I 3, 3). Da es sich in 
diesen Kampfen urn die Befreiung der Thebaner 
von einem an Orchomenos gezahlten Tribute han- 
delt (Paus. LX 37, 2. 3. Isocr. XIV 298), so nimmt 
O. Miiller (Orchom. 200f0 an, dass eine Zeit 
lang die Orchomenier eine Oberherrschaft in ganz 
Boiotien ausubten. Dagegen sieht v. Wilamo- 



Weisen erklaren kann. Aber wahrend die An- 
nahme von Meyer, das Volk der Boioter sei schon 
vor der dorischen Wanderung aus den alteren 
Vdlkerschaften zus amine nge wachsen , an keiner 
iiberlieferten Thatsache einen Anhalt findet, spricht 
fur die Uberlieferung nicht nur die von Thuky- 
dides (I 2, 2) hervorgehobene Frucbtbarkeit des 
Bodens, die Eroberer anlocken musste, sondern 
auch der Charakter der Kampfe, die bis ins 6. Jhdt. 



witz (Eur. Herakl. II 61; vgl. Niese Homer. 40 hinein von Theben, dem Vororte der Boioter, mit 



Schiffskatal. 29) in den Kampfen zwischen Kad 
meiern und Minyern den tnythischen Reflex der 
von den eingewanderteh Boiotern aus Theben mit 
den eingeborenen Orchomeniern gefuhrten Kriege. 
Auf jeden Fall beweist die Angabe im homeri- 
schen Schiffskatalog (II. II 494—510; vgl. Thuk. 
I 10, Paus. IX 4, 1) weiter nichts, als dass im 
8. Jhdt. v. Chr. eine kleinere um Orchomenos 
vereinigte Gruppe von Boiotien einer grOsseren 



den an der Peripherie gelegenen Stadten gefiihrt 
wurden. 

Diese Kampfe sind zuerst von v. Wilamowitz 
richtig gewflrdigt worden. In den Biirgem von 
Plataiai, Tanagra, Thespiai und Koroneia (Thuk. 
m 61, 2. Herodot. V 79), die mit den Thebanern 
bestandig im Kriege lagen, sieht er Reste der 
UrbevOlkerung, die es zum Teil bis ins 6. Jhdt. 
hinein verstanden haben, ihre Unabhangigkeit zu 



mit der Hauptstadt Theben gegenttberstand (Niese 50 behaupten (v. Wilamowitz Eur. Herakl. I 264). 



Homer. Schiffskatal. 47; Homer. Poesie 228; vgl. 
Rohde Rh. Mus. XXXVI 403f.). Die Stadte am 
Kopaissee scheinen um jene Zeit bereits durch 
eineHochflut teils stark gelitten zu haben, teils 
vOllig zerstfirt worden zu sein (Noack Athen. 
Mitt XIX 418f.). Auch die Nachrichten, welche 
von einer fruhen Einheit des Landes berichten 
(Steph. Byz. s. Boiania; vgl. s. 'Qyvyia. Etym. M. 
s. BmcotU), enthalten nichts als einen irrigen 



Allerdings erhebt bei Plataiai Busolt (Gr. G. 
I 2 255) das Bedenken, dass diese Stadt bereits 
im Schiffskatalog als boiotisch genannt wird. Da- 
gegen sind nichtboiotische Elemente in Tanagra 
ausdriicklich bezeugt (Herodot. V 57. 61), und 
die bestandigen Kampfe um Oropos (Strab. I 65) 
erklaren sich am besten daraus, dass diese Stadt 
weder boiotisch nach attisch war, sondern ein 
Wohnsitz der Graer blieb (v. Wilamowitz Herm. 



Ruckschluss aus den Zustanden der historischen 60 XXI 107ff.). Auch die Chalkidier scheinen auf 



Zeit. Allerdings findet die fjberlieferung von 
einem ursprunglichen Zusammenhange mit Attika 
(Strab. IX 407) in Kulten und Ortsnamen ihre 
Bestatigung (E. Meyer Gesch. d. Altert. II 77). 
Aber als staatliche Gemeinschaft diirfen wir uns 
einen solchen Zusammenhang nicht vorstellen. 

Die in historischer Zeit bestehende Einheit 
von Boiotien soil der ftberlieferung nach entstan- 

Pauly-WiB80w» III 



Oropos Ansprache erhoben zu haben (Paus. LX 
22, 2). Die Unterwerfung der Oropier und uber- 
haupt des unteren Asoposthales unter die Boioter 
setzt v. Wilamowitz (Herm. XXI 111, vgl. 104) 
in die Mitte des 6. Jhdts. Keinem Zweifel kann 
es unterliegen, dass der Niedergang von Orcho- 
menos (Paus. IX 34, 7) im Siege der stammfrem- 
den Thebaner peine Ursache hatte (vgl. o. S. 641). 

21 



643 



Boiotia 



Boiotia 



644 



Als die Orchomenier sich an der ionischen Coloni- 
sation beteiligten (Paus. IX 37, 8; vgl. Strab. IX 
633), kann ihre Nationalist nicht boiotisch ge- 
wesen sein. 

Genauer als die ethnographische Ausbreitung 
der Boioter lasst sich die Ausdehnung des boio- 
tischen Bun des bcstimmcn, weil hier die von Head 
(History of the Coinage of Boeot., London 1881 ; 
Catal. of Greek coins, Central Greece XXXVIff.) 
sorgfaltig untersuchten Munzen wenigatens fur 
das 6. Jhdt. ein treffliches Material liefern. Von 
etwa 600 — 550 werden Munzen mit einem Scbilde 
als Bundeswappen ohne Bezeichnung der einzel- 
nen Stadte gepragt; Orchomenos hat um diese 
Zeit noch eigene Munzen. Zwischen 550 und 480 
treten zum Bundeswappen die Anfangsbuchstaben 
der Stadte Akraiphion, Koroneia, Haliartos, My- 
kalessos , Plataiai , Tanagra, Theben. In diesen 
sieben Stadten haben wir daher den altesten Be- 
stand des boiotischen Bun des zu sehen. Die alte- 
ren Ansichten uber die ursprungliche Zusammen- 
setzung des Bundes (Klutz De foedere boeotico, 
Berolini 1821. Raoul-Rochette Mem. de l'Acad. 
des Inscr. YIH 216-249. St.- Croix Sur les 
Gouvernements fe'de'ratifs de la Grece 211 — 215. 
Tittmann Griech. Staatsverf. 693ff. Kortiim 
Gr. Staatsverf. 845. H. Harless De primis qui- 
busdam incolis Boeotiae vere graecis. tenBreu- 
j el De foedere boeotico, Groningen 1834. P. A. 
Kopp Historia rei publicae Boeotorum, Groningen 
1836. H. Francke Der boiotische Bund, Wismar 
1843. Kruse Hellas II 543ff. Moritz Mliller 
Geschichte Thebens von der Einwanderung der 
Boioter bis zur Schlacht bei Tanagra , Leipzig 
1879) und selbst die auf eindringender Sachkennt- 
nis beruhenden Vermutungen von Boeckh (CIG 
I p. 727ff.) und O. Mil Her (Orchom. I 396ff.; 
vgl. bei Ersch und Gruber I 11 S. 268ff.), sowie 
die lichtvolle tTbersicht von Freemann (Hist, of 
Fed. Government 120 — 144) sind durch das Zeug- 
nis der Miinzen veraltet. 

tFber die ursprungliche Verfassung und die 
Competenzen des Bundes ist nichts von Belang 
bekannt. Einen sacralen Mittelpunkt gab einer- 
seits das Poseidonheiligtum zu Onchestos (Strab. 
IX 412. Paus. IX 26, 5), andrerseits das Heilig- 
tum der itonischen Athene zu Koroneia ab. Bei 
letzterem vereinigten sich die Boioter zum Feste 
der IIa[ifloi<0Tia. (Strab. IX 411. Pint. amat. narrat. 
4). Aus der Lage dieser Heiligtumer schliesst 
Busolt (Gr. Gesch. 12 257), dass Theben nicht 
von jeher Vorort gewesen sein kOnne. Durchaus 
zwingend ist dieser Schluss nicht. Jedenfalls 
muss Theben friihzeitig einen Vorrang, auch bei 
der Vertretung der Boioter in der delphischen 
Amphiktyonie, beansprucht haben (Strab. VII 402. 
Holm Gr. Gesch. HI 91). 

Gegen Ende des 6. Jhdts. ist die ZugehOrig- 
keit zu Boiotien mit der Unterwerfung Hnter The- 
ben gleichbedeutend. Die Thebaner batten Pei- 
sistratos bei seiner zweiten Riickkehr unterstfitzt 
(Herodot. IX 61. [Aristot.] 'A&tjv. nol. 25, 15). 
Nach Vertreibung der Tyrannen schlossen die 
Athener mit den Plataeern ein BOndnis, nm diesen 
die Unabhangigkeit von Theben zu sichern. Die 
von beiden Parteien als Schiedsrichter angerufe- 
nen Korinther bestimmten idv dqflaiovs Boimxmv 
rovg jutj fiovXofievovg Ig Boicozovg rcXesiv. Beim 



Abzuge aus Boiotien wurden die Athener ange- 
griffen, blieben jedoch Sieger und machten den 
Asopos zur Grenze von Boiotien (Herodot. VI 108; 
vgl. dagegen Plat, de Herod, malign. 25). Bei dieser 
Gelegenheit scheinen auch Hysiai und Eleutherai 
den Boiotern verloren gegangen zu sein (Paus. 

IX 2, 2). Um das Verlorene wieder zu gewinnen. 
besetzten die Boioter, wahrend Kleomenes mit 
dem peloponnesischen Heere gegen Eleusis vor- 

10 riickte, Oinoe und Hysiai (Herodot. V 74). Nach 
dem Abzuge der Peloponnesier kamen die Boioter 
den ChalMdiern am Euripus zu Hulfe (Herodot. 
V 77). Hier gewannen die Athener einen voll- 
standigen Sieg (Herodot. a. a. O., vgl. V 91. Diod. 

X 24, 3. Paus. IX 6, 1). Fiir die weiteren Kampfe 
gewannen die Thebaner die Aigineten zu Bundes- 
genosssen (Herodot. V 81. 89). 

Mit dem -Widerstande , den die Boioter bei 
ihrer weiteren Ausbreitung fanden, mag es zu- 

20 sammenhangen, dass in der 2. Halfte des 6. Jhdts, 
boiotische Colonisten zusammen mit Megarern 
Heraklea am Pontos griindeten (Promathidas von 
Heraklea frg. 3). 

Unabbangig vom Unterschiede in der Abstanv- 
mung bestand in ganz Boiotien ein schroffer Ge- 
gen satz zwischen dem herrschenden Adel und der 
unterdrilckten Masse (Miiller Orchom. 13. 14). 
Der tFbermut und die Ungerechtigkeit des Adels, 
die Machtlosigkeit des Volkes treten in Hesiods 

30 Werken und Tagen (besonders 200—271) deutlich 
hervor. Alle Kramer und Handwerker waren 
in Theben und vermutlich auch in den librigen 
Stadten von politischen Rechten ausgeschlossen 
(Aristot. Polit. Ill 1278 a 25. VI 1321 a 28). 
Den zahlungsunfahigen Schuldnertraf schimpfliche 
Strafe (Nicol. Dam. frg. 113). Geschatzt und ge- 
pflegt wurde vorzugsweise kriegerische Tiichtig- 
keit; diese einseitig militarische Ausbildungmachte 
Ephoros dafiir verantwortlich , dass die Boioter 

40 erst so spat und nur fiir so kurze Zeit ein tTber- 
gewieht in Hellas haben erringen kOnnen (Strab. 
IX 401). Doch ist liber den Anteil der Boioter an 
Litteratur und Kunst zu beachten, was Roberts 
(Ancient Boeotians 28 — 42) zusammenstellt. Ubri- 
gens haben die Boioter bis in eine verhaltnis- 
massig spate Zeit die altertumliche Kriegsweise 
beibehalten und noch lange nach der Einwande- 
rung auf Wagen gekampft (v. Wilamowitz 
Eurip. Herakl. II 143). Eine hohe Kunstfertig- 

50 keit des boiotischen Handwerkes beweisen die 
Tanagrasculpturen, falls sie einheimische sind (vgl. 
Diehl Excurs. en Grece 338). 

Vor dem Anmarsche der Perser gaben fast alle 
Boioter dem Konige Erde und Wasser (Herodot. VII 
132; vgl. Diod. XI 3, 2; uber die bleibende Nach- 
wirkung dieser Parteinahme Roberts Ancient 
Boeotians 24f.). Nur Plataier und Thespier werden 
von Herodot und auf der Schlangensaule als Teil- 
nehmer am Freiheitskampfe genannt. In den Ther- 

60 mopylen standen jedoch ausser 700 Thespiern noch 
400 Thebaner (Herodot. VH 202. 205), und die 
boiotischen Bundesgenossen hielten sogar bis zu- 
letzt bei Leonidas aus (Herodot. LX 222). Nach 
der einheimischen Uberlieferung der Boioter schick- 
ten sie vier Boiotarchen mit 10 500 Mann nach 
Thermopylai (Paus. X 20, 3). Zur Strafe fur ihre 
Parteinahme wurden Plataiai und Thespiai zer- 
stOrt (Herodot. VIII 501 Der Rest der Thespier 



645 



Boiotia 



Boiotia 



646 



kampfte bei Plataiai mit (Herodot. IX 30); die 
Bttrgerschaft war aber so zusammengeschmolzen, 
dass sie nach dem Abzuge der Feinde sich durch 
Fremde verstarken musste (Herodot. VHI 75). Mit 
Unrecht ruhmten sich die Plataier, allein von alien 
Boiotern gegen die Meder gekampft zu haben 
(Thuk. Ill 54). Vor der Schlacht von Plataiai sollen 
sie, damit der Entscheidungskampf auf attischem 
Boden ausgefochten wurde, ihr Gebiet den Athe- 
nern ubergeben und so vCllig von Boiotien los- 
gerissen haben (Plut. Arist. 11). Auch die Ha- 
liartier behaupteten, sie hatten auf der nationa- 
len Seite gestanden und waren dafur von Xerxes 
gezilchtigt worden (Paus. IX 32, 5). Die meder- 
freundlichen Boioter leisteten Xerxes nach Attika 
Heeresfolge (Herodot. VIII 66). Auch Mardonios 
waren die Boiotarchen behiilflich (Herodot. IX 
15). In der Schlacht bei Plataiai standen die 
Boioter den Athenern gegeniiber (Herodot. IX 31. 
46. 47) und leisteten ihnen tapferen Widerstand 
(a. a. 0. 67). Die boiotische Reiterei deckte nach 
der Niederlage den persischen Ruekzug (a. a. O. 
68). Xenes hatte Boiotien zum Dank fiir seine 
Unterwerfung geschont (Herodot. VIII 34); Mar- 
donios liess es nach dem Riickmarsch aus Attika 
aussaugen (Herodot. IX 15). Die eifrigsten Per- 
serfreunde waren die Thebaner (Herodot. IX 40); 
ihre Reiterei brachte bei Plataiai den Megarern 
und Phliasiern eine Schlappe bei (a. a. O. 69). 
Hinterher wurden die Haupter der in Theben 
herrschenden Oligarchic fiir den Anschluss an die 
Perser verantwortlich gemacht (Thuk. Ill 61, 2. 3. 
Plut. Arist. 18; vgl. de Herod, malign. 31ff. Paus. 
IX 6, 2) und auf Verlangen an Pausanias aus- 
geliefert (Herodot. IX 86ff. Diod. XI 33, 4). Trotz 
dieser verspateten Rene mussten die Thebaner 
ihren Mangel an Nationalsinn schwer biissen. 
Allerdings wurde die Absicht der Spartaner, sie 
aus der Amphiktyonie auszustossen , von Themi- 
stokles vereitelt (Plut. Themist. 20). Aber sie 
verloren die Hegemonie fiber Boiotien (Iustin. Ill 
6, 10). Von 480 bis 456 hat nur Theben Miin- 
zen mit Bundeswappen gepragt; Tanagra und 
Orchomenos hatten eigene Munzen, gehorten also 
nicht zum Bunde (Head Catal. of Gr. coins, Cen- 
tral Greece XXXVIII). Wahrend des dritten mes- 
senischen Krieges gewannen die Thebaner mit 
spartanischer Hulfe die Gewalt in Boiotien wieder 
(Thuk. II 107. Diod. XI 31. Iustin. Ill 6, 10). 
Die neue Herrschaft schien befestigt, als die Athe- 
ner bei Tanagra besiegt wurden (Thuk. II 108. 
Paus. I 29, 9). Aber in den kleineren boioti- 
schen Stadten bestand die Opposition gegen die 
uberrnachtigen Thebaner fort (Xen. mem. Ill 5, 2; 
vgl. Plat. Menexen. 112C; Alk. I 242 A). Nach 
dem Siege bei Oinophyta (Thuk. 1 108. Diod. XI 82. 
Polyain. I 35; vgl. Boeckh Pind. II 2, 532) ver- 
wiistete Myronidcs Boiotien. Alle Stadte ausser 
Theben schlossen sich den Athenern an (Thuk. 
TV 95, 2. Diod. XI 83, 1). In die Zeit der athe- 
nischen Herrschaft verweist Head (a. a. O. XXXIX) 
einige Munzen von Akraiphion, Koroneia, Tanagra, 
Haliartos und Theben, denen das Bundeswappen 
fehlt. Obgleich den Athenern die innere Zwie- 
tracht der Boioter zu gute kam (Aristot. Rhetor. 
Ill 1407 a 3f.; vgl. Pol. V 1302 b 29f. [Xen.] de 
re publ. Athen. 3, 11), so hatte ihre Macht in 
Boiotien nur kurzen Bestand. Verbannte Athener- 



feinde besetzten 446 Chaironeia und Orchomenos 
und besiegten dann Tolmides bei Koroneia (Thuk. 
1 113, 2, vgl. in 62, 4. 67, 2. IV 92, 5. 6. Diod. 
XH 6. Plut. Perikl. 18; Ages. 19. Steph. Byz. 
s. XatQcovsta). Mit dem Verzicht auf die Herr- 
schaft liber Boiotien mussten die Athener die 
Freilassung der zahlreichen Gefangenen erkaufen 
(Thuk. Diod. a. a. O.). 

Nach der Schlacht bei Koroneia herrschten 

10 eine Zeit lang friedliche Beziehungen zwischen 
Athenern und Boiotern. Die Boioter wurden von 
Perikles mit den ubrigen Griechen eingeladen, 
an einer panhellenischen Colonisation und der 
Herstellung der zerstSrten Tempel teilzunehmen 
(Plut. Perikl. 17; vgl. Paus. IX 6, 3). In Thurioi 
gab es eine boiotische Phyle (Diod. XII 11, 3). 
Lebhaft besuchten die Boioter den athenischen 
Markt , auf den sie hauptsachlich Producte des 
Ackerbaues und der Viehzucht, der Jagd und des 

20 Fischfanges brachten (Aristoph. Acharn. 872ff. ; 
vgl. Frieden 1003; Lysistr. 702), vor allein die 
beriihmten Aale des Kopaissees (Aristoph. Lemn. 
frg. 5. 6. Antiphanes <$do&t)ftouo; frg. 1. EubuL 
Ion frg. 2), ferner Weizen (Plin. n. h. XVIII 63), 
von Erzeugnissen des Handwerkes Becher (Athen. 
XI 500 a) und Schuhe (Herodot. 1 195. [Dikaiarch.] 
Perieg. 19). 

Trotz des regen Verkehrs bildete sich die Ab- 
neigung und Geringschatzung der Athener gegen 

30 die Boioter immer scharfer aus (Pherekyd. frg. 7 ; 
vgl. Laon bei M ein eke Frg. Com. IV 574). Die 
kriegerische Tuchtigkeit der Boioter konnte frei- 
lich niemand bestreiten (Drod. IX 82, 3. XV 86,2), 
aber mit ihrer KOrperkraft fand man Stumpfsinn 
vereinigt (Cic. de fat. 7. Corn. Nep. Epam. 5, 2). 
Uber den Mangel der Boioter an feiner Bildung 
und geistiger Regsamkeit ist von der Zeit der 
attischen Komiker bis auf den heutigen Tag viel 
gespottet worden (Athen. V 186 f. Demosth. V 61. 

40 XVIII 240. Horat. ep. II 1, 244. Plut. Alk. 2). 
Darauf geht wohl auch das Schimpfwort Botmxia 
vg, das schon Pindar (01. VI 90, dazu Roberts 
Ancient Boeotians 5) kennt. Ihre Freunde fas's- 
ten ihre Plumpheit als altvaterische Strenge auf 
(Iustin. VII 5, 3). Schlimmer war der Ruf der 
Gefrassigkeit (Demonikos bei Me in eke Frg. Com. 
IV 570. Mnesimach. ebd. Ill 567. Menaud. 
frg. 299. Eubul. frg. 3 Evqwnr]. Alexis Trophon. 
frg. 1 ; vgl. Athen. X 417 b) und Schlemmerei 

50 (Kleitarch. frg. 1 a. Eustath. zu H. XIII 685 ; 
vgl. Etym. M. s. Aia%r\)- Den grimmigsten Hass 
gegen Boiotien atmet das Verzeichnis boiotischer 
Laster, das unter Dikaiarchs Namen erhalten ist 
(frg. 59, 25). Neuerdings hat W. Rhys Roberts 
es untemommen, die Boiotier von ihrem schlech- 
ten Rufe zu befreien ; er erOffnet sein Buch (The 
ancient Boeotians: their character and culture and 
their reputation, Cambridge 1895) mit einer be- 
sonnenen Wiirdigung der in der Litteratur er- 

60haltenen Urteile und Schilderungen. 

Die politische Einheit von Boiotien war, seit 
die Athener die Landschaft ausseT Plataiai aufge- 
geben hatten, fester als je zuvor. Von 446 bis 
387 scheint in ganz Boiotien keine Stadt ausser 
Theben Miinzen gepragt zu haben, selbst Orcho- 
menos nicht (Head Catal. of Gr. coins, Central 
Greece XV; vgl. Percy Gardner Types 11 If.). 
Als Mitsflieder des Bundes sind aus dem 5. Jhdt. 



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Boiotia 



Boiotia 



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bezeugt Theben, Haliartos, Koroneia, Kopai, andere was im Lande blieb, verwiisteten sie das Gebiet 
Ortschaften am See, Thespiai, Tanagra, Orcho- von Plataiai (Thuk. II 22, 2. 45, 2. 72, 2) mid 
menos (Thuk. IV 93, 4). Von den aus dem 6. Jhdt. unterstutzten dadurch wirksam den Angriff der 
bekannten Mitgliedern sind mitbin Plataiai, Akrai- Spartaner auf diese Stadt. 427 musste sich der 
phion mid Mykalessos verschwunden. Orchomenos, in den Mauern zuriickgebliebene Kest der Biirger- 
Eopai und Thespiai sind an die Stelle getreten. schaft den Spartanern ergeben (Thuk. Ill 52), 
Mit Ausnahme von Plataiai haben zweifellos die diese ttbcrlieferten Stadt und Gebiet den Theba- 
kleineren Stadte als Unterthanen grdsserer zum nern (Thuk. Ill 68). Vorher schon hatten die 
Bunde gehcrt. Akraiphion kflnnte auch unter Boioter die Leabier zum Abfall von Athen gereizt 
den Ortschaften am See mitverstanden sein. 10 (Thuk. Ill 13, 2). Noch 427 wurde die Land- 
An der Spitze des Bundes standen die Boio- schaft, besonders Orchomenos, durch ein Erdbeben 
tarchen(s.d.). Deren Zahl wird bei Thukydides (IV verheert (Thuk. Ill 87). 426 regte sich in Boio- 
91) auf elf angegeben. An dieser durch die Scho- tien die demokratische Partei (Thuk. IV 76, 1). 
lien (zu Thuk. II 2) unterstutzten Zahl halt P o p p o Auf diese rechnend, plante Demosthenes 425 einen 
(Thuk. I 2 S. 292 A.) fest, wahrend v. Wilamo- Angriff von Aitolien aus, der aber nicht zur Aus- 
witz (Herm. VIII 438) sie in sieben andert, ent- fuhrung kam (Thuk. Ill 95). 424 halfen die 
sprechend der Zahl der aus der alteren Zeit sicher Boioter Brasidas, Megara gegen die Athener zu 
bezeugten Bundesstadte. Dieser Textesanderung verteidigen (Thuk. IV 70, 1. 72). In demselben 
stimmen Lolling (Athen. Mitt. Ill 89) und Jahre unternahmen Demosthenes und Hippokrates 
v. Stern (Spartan, und theban. Hegemonie 61) 20 im Einverstandnisse mit der demokratischen Partei 
entgegen den Bedenken von Preuss (Quaest. in den boiotischen Stadten einen Doppelangriff 
Boeot. 7) mit Eecht zu. Zweifelhaft ist es da- auf Boiotien (Thuk. IV 76f.), der aber klaglich 

gegen, ob v. Wilamowitz (a. a. 0. 440, vgl. fehlschlug (Thuk. IV 89— 101. Diod. XII 69. 70). 
437)recht hat, nach dem Vorgange von O. Miiller Die Athener erlitten bei Delion eine furchtbare 

(bei Ersch und Gruber I 11 S. 271), den einen Niederlage (Paus. IX 6, 3). Hier stand ihnen 

thebamschen Boiotarchen mit dem Archon des das ganze Aufgebot der Boioter gegeniiber, 7000 

ganzen Bundes zu identificieren. Es ist uberhaupt Hopliten, uber 10 000 Leichtbewaffnete und 1500 

fraglich, ob das Amt des Arehon schon damals Keiter (Thuk. IV 93, 3). Seit den Siegen bei 

existierte oder gar, vie Freemann (Hist, of Koroneia und Delion fiihlten sich die Boioter den 
Fed. Gov. 128) annimmt, das alteste des Bundes 30 Athern iiberlegen (Xen. mem. m 5, 2). Um 

war (vgl. Gilbert Gr. Staatsalt. II 54). Jeden- vor ihnen Rune zu haben, bedangen sich die 

falls weist Liman (Foed. Boeot. inst. 16f.) gegen Athener in dem durch Nikias vermittelten Waffen- 

v. Wilamowitz nach, dass im 5. und 4. Jhdt. stillstande aus, die Spartaner sollten die Boioter 

nicht ein Archon , sondern die Boiotarchen den zum Beitritte bestimmen (Thuk. IV 118). Die 

Befehl tiber das Bundesheer hatten. Uberhaupt Boioter setzten jedoch die Feindseligkeiten fort 

gait ihr Amt als das erste in Boiotien (Plut. praec. und eroberten die Grenzfestung Panakton (Thuk. 

ger. rei publ. 17). Ein Boiotarch, der sein Amt V 3). Auch den Abschluss des Nikiasfriedens 

fiber die gesetzliche Frist hinaus fortfiihrte, war suchten die Boioter zu verhindem (Thuk. V 17, 1; 

mit dem Tode bedroht (Paus. X 14, 5. 7). Sie vgl. Aristoph. Frieden 466). 
fuhrten auch die diplomatischen Verhandlungen 40 Die Spartaner mussten den Athenern 421 ver- 

(Thuk. V 37, 4. 5. 38, 1) und brachten Antrage sprechen , ihnen die Buckgabe von Panakton zu 

an die vier fiovXai, die Tragerinnen der Bundes- verschaffen (Thuk. V 18) und die Boioter zum 

souveranetiit (Thuk. V 38, 2. 5). Wie diese fiov- Anschluss an den Frieden zu bewegen (Thuk. V 

Xai zusammengesetzt waren und auf welche Weise 35, 5). Die Boioter weigerten sich jedoch, den 

sie sich in die Gewalt teilten, ist nicht uber- Frieden anzunehmen (Thuk. V 35, 2. 5), und schlos- 

liefert. Jedenfalls hatten sie das Recht, ein von sen mit den Athenern nur einen Waffenstillstand, 

den Boiotarchen abgeschlossenes Bundnis zu ver- der von zehn zu zehn Tagen kundbar war (Thuk 

werfen (Thuk. V 36. 37), und jedenfalls war die V 26, 3. 32, 4). Sie waren gegen Sparta ver- 

Zahl ihrer Mitglieder so gross, dass man sich stimmt (Thuk. V 31, 5). Trotzdem wiesen sie 
nicht auf die Discretion eines jeden verlassen 50 den Versuch der Korinther, sie zu einem Bundnis 

konnte (Thuk. V 38, 2ff.). mit dem Sparta feindlichen Argos zu bewegen, 

Im peloponnesischen Kriege gehsrten die Boio- zuriick (Thuk. V 32). Auch als die Boiotarchen 

ter zu den eifrigsten Bundesgenossen der Spar- mit argivischen Bevollraachtigten ein geheimes 

taner (Thuk. n 9, 2. Diod. XII 42, 4). Vor Bundnis unterhandelt hatten, wurde dies von den 

allem war es ihnen darum zu thun, Plataiai zu vier fiovlal verworfen (Thuk. V 36—38). Da- 

bezwingen (Thuk. Ill 53—59. 61—67). Noch vor gegen schlossen die Boioter 420 ein neues Bundnis 

der Kriegserklarung uberfielen sie die Stadt unter mit den Spartanern, durch das sie sich verpflich- 

Fiihrung von zwei Boiotarchen (Thuk. II 2) im teten, Panakton zu raumen (Thuk. V 39, vgl 40. 

Einverstandnis mit einer Partei innerhalb der 44. Plut. Alk. 14). Die Boioter schleiften nun 
Burgerschaft (Thuk. II 2ff,; vgl. Ill 65. 66. Diod. 60 Panakton; spartanische Gesandte ubergaben es 

XII 41. 42). Nachdem dieser Handstreich miss- den Athenern als einen Trummerhaufen, iiberlie- 

lungen war, wurden alle in Attika anwesenden ferten ihnen zugleich die bis dahin in Boiotien 

Boioter ausgewiesen (Thuk. II 6, 2). An der festgehaltenen athenischen Gefangenen (Thuk. V 

Grenze ausserte sich der Kriegszustand in Raube- 42). Vergebens verlangten die Athener, die Spar- 

reien (Aristoph. Acharn. 1077). Doch nahmen die taner sollten ihr Bundnis mit den Boiotern wieder 

Boioter auch an den entscheidenden Kampfen ener- auflosen (Thuk. V 46). Die Boioter erwiesen bei 

gischen Anteil. Ihr Contingent bestand haupt- der Olympienfeier von 420 den Spartanern den 

sachlich aus Reitern (Thuk. II 12, 2); mit dem, Gefallen, dass sie dem Spartaner Lichas erlaubten. 



Boiotia 



Boiotia 



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seine Rosse, die vom Wettkampfe ausgeschlossen dros zusammentreffen (Xen. hell. Ill 5, 3—6. Plut. 

werden sollten, als boiotisches Staatseigentum mit- Ages. 18). Lysandros kam zu fruh , wurde bei 

laufen zu lassen. Haliartos besiegt und flel (Xen. hell. IH 5, 17—20. 

419 wurde das Einvemehmen etwas gestOrt, Plut. Lys. 28. Paus. IX 32, 5. Corn. Nep. Lys. 4). 

als die Boioter die spartanische Colonie Herakleia Um seinen und der iibrigen Toten Leichname aus- 

in Besitz nahmen (Thuk. V 52 ; vgl. Diod. XII geliefert zu erhalten, zog Pausanias aus Boiotien 

77, 4. XIV 38, 8). Aber schon 418 unterstutzten ab (Xen. hell. IH 5, 21—24. Plut. Lys. 29). Die 

sie wieder die Spartaner beim Angriff auf Argos Boioter machten jetzt Fortschritte , vornehmlich 

(Thuk. V 57, 2. 58, 4. 59). Vor der Schlacht bei in Thessalien (Diod. XIV 82). Hvren Bundesge- 
Mantineia erbaten die Spartaner boiotische Hulfs- lOnossen, den Korinthern und Argivem, zu Httlfe 

truppen (Thuk. V 64, 3). Wahrend der Aufregung, zogen sie in den Peloponnes. Eine Schlacht bei 

die in Athen uber die Hermokopiden herrschte, Nemea blieb unentschieden (Xen. hell. IV 2, 17. 

zogen die Boioter ein spartanisches Heer an den Diod. XIV 83, 2). 

Isthmos, um Athen zu bedrohen (Thuk. VI 61). Nun wurde Agesilaos aus Asien zuruckgerufen 

Indessen bestand formell Frieden zwischen Athen (Corn. Nep. Ages. 4, 1). Ohne Kampf gelangte 

und Boiotien (vgl. Aristoph. Vogel 189). er bis Boiotien (Xen. hell. IV 3, 9. Diod. XIV 

414 schickten die Boioter Htilfstruppen nach 83). Bei Koroneia besiegte er die Feinde, die 

Syrakus (Thuk. VII 57, 5. 58, 4. Diod. XHI 8, 3). ihm den Weg zu verlegen suchten (Xen. hell. IV 

Boioter waren es vornehmlich, welche den Sturm 3, 15ff. Diod. XIV 84. Plut. Ages. 17—19. Paus. 
-der Athener auf Epipolai zuriickschlugen (Thuk. 20 IX 6, 4. Corn. Nep. Ages. 4, 5). Indessen er- 

VII 43._ 45). Als die Spartaner 413 zum ersten- reiehte er nicht fiber den Isthmos , sondern auf 

male wieder einen Einfall in Attika unternahmen, dem Seewege den Peloponnes. Fortan war Korinth 

wurden sie von Boiotern unter zwei Boiotarchen der Mittelpunkt des den Spartanern feindlichen 

aus Theben und einem aus Thespiai unterstiitzt Bundes (Xen. a. a. O.). 393 erlitten dort die 

{Thuk. VII 19). Nach der sicilischen Katastrophe Boioter starke Verluste (Xen. hell. IV 4, 9. 12. 

stellten die Boioter den Spartanern 25 Schiffe Diod. XIV 86. Paus. IX 6, 4). 392 baten boio- 

(Thuk. VIII 3, 3). Sie halfen den Spartanern tische Gesandte Agesilaos um Frieden , nahmen 

412 bei einem voriibergehend erfolgreichen Ver- jedoch diese Bitte zuriick, als Iphikrates eine spar- 

suche, Lesbos den Athenern zu entreissen (Thuk. tanische Mora vernichtet hatte(Xen. hell. TV 5, 6). 
VIII 5, 2. Plut. Alk. 25). 411 eroberten sie Oropos 30 Boiotische Reiter halfen 390, Argos gegen Agesi- 

(Thuk. VIII 60, 1J durch Verrat (Thuk. VIH 98). ' polis zu verteidigen (Xen. hell. IV 7, 6). 

Dass ein boiotisches Weib an dem von Lysistrata Erst als Antalkidas den PerserkOnig fur die 

berufenen Friedenscongress teilnimmt (Aristoph. Spartaner gewonnen hatte, gaben die Verbiindeten 

Lysistr. 87ff.), entsprach wohl mehr dem Wunsche den Widerstand auf. Mit Widerstreben unter- 

der Athener als der Gesinnung der Boioter, Bei warfen sich die Thebaner der vor allem gegen 

Kynossema wurden zwei boiotische Schiffe von den sie gerichteten Forderung, dass alle Stadte auto- 

Athenern erobert (Thuk. VIII 106). In Byzanz norn sein sollten (Xen. hell. IV 8, 15. Diod. XP7 

lag eine boiotische Besatzung, als Alkibiades diese 100. Plut. Ages. 23. Paus. IX 13, 2). Von Orcho- 

Stadt eroberte (Plut. Alk. 81). Als 404 Athen menos aus, wo eine spartanische Mora lag, war 
sich den Spartanern ergeben musste, war es der 40 Theben, sobald es allem stand, in seiner Existenz 

"Wunsch der Boioter, dass die verhasste Stadt dem bedroht (Xen. hell. V 1, 29). So blieb den Theba- 

Erdboden gleich gemacht wurde (Xen. hell. VI nern nichts iibrig, als den boiotischen Bund auf- 

5, 35, vgl. 46. Isokr. XIV 302. Plut. Lys. 14). zulosen und auf jeden Zusammenhang mit den 

Bald genug schlug die Stimmung in Boiotien iibrigen boiotischen Stadten zu verzichten; diese 

um. Die von den Dreissig verbannten atheni- alle, die kleinsten eingeschlossen, erlangten jetzt 

schen Demokraten fanden in Theben gastliche die voile Souveranetiit (Xen. hell. V 1, 32. 38. 36). 

Aufnahme (Xen. hell. LT 4, 1. 2. Plut. Lys. 25). Zu keiner Zeit haben so viele boiotische Stadte 

Inzwischen blieb Oropos den Boiotern, so dass der eigene Miinzen geschlagen wie in dem auf den 

Athener Philon in Oropos als Metoike leben konnte Antalkidasfrieden folgenden Jahrzehnt. Head 

(Lys. XXXI 9). AUerdings warb der Boioter Pro- 50 (Catal. of Gr. coins , Central Greece XLI) zahlt 

xenos Soldner fur den den Spartanern befreundeten aus dieser Zeit Miinzen auf von Chaironeia, Haliar- 

jflngeren Kyros (Xen. anab. II, 11), und die tos, Kopai, Koroneia, Lebadeia, Mykalessos, Orcho- 

Boioter machten 400 einen spartanischen Feldzug menos, Pharai, Plataiai, Tanagra, Thebai, The- 

gegen Elis mit (Xen. hell. IH 2, 25). Aber die spiai, ausserdem solche, deren Pragstatte ungewiss 

Boiotarchen verweigerten Agesilaos vor der Ab- ist. Veraratlich standen alle diese Stadte, wie 

fahrt nach Asien die Erlaubnis, in Aulis ein Theben nachweislich (Isokr. XIV 41), im Bunde 

Opfer darzubringen (Plut. Ages. 6). Wahrend mit Sparta. Als die Spartaner ihre Nachbarstadt 

Agesilaos in Asien kampfte , schlossen 395 die MantiDeia demutigten, half ihnen dabei eine the- 

Thebaner mit den Athenern ein gegen Sparta ge- banische Streitmacht (Plut. Pelop. 4. Paus. IX 
richtetes Bundnis (CIA II 6; vgl. Schafer De-6013, 1), Aber dies Bundnis bot den Spartanern 

mosthenes 1 144). Die Ursachen und AnliLsse des keine ausreichende Sicherheit fur ihr Ubergewicht 

Bruches zwischen Boiotern und Spartanern werden in Boiotien, und deshalb benutzte Phoibidas 382 

je nach der Theben oder Sparta freundlichen Ten- den Durchmarsch durch Boiotien, um im Einver- 

denz der Historiker verschieden angegeben (Xen. standnis mit zwei der spartanischen Partei an- 

hell. HI 5, 1. 2. Diod. XIV 81. Plut. Lys. 27; gehorigen Beamten die Kadmeia (Xen. hell. V 2, 

Ages. 15. Paus. LX 6, 3). 394 wurden die Feind- 25-37, vgL 3, 27. Diod. XV 20, vgl. 23, 4. Corn, 

seligkeiten eroffnet. Orchomenos flel von Theben Nep. Pelop. 1 ; vgl. Lys. XXVI 23) zu besetzen. Er 

ab. Vor Haliartos sollten Pausanias und Lysan- wurde dedhalb wegen Vertragsbruches angeklagt, 



651 



Boiotia 



Boiotia 



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aber nnr zu einer Geldbusse verurteilt (vgl. Plut. 
Ages. 23). Thebanische Hulfstruppen folgten ihm 
nach Olynth (Xen. hell. V 2, 40. 41). 

Mit der Befreiung Thebens beginnt die kurze 
Glanzzeit Boiotiens (vgl. Polyb. VI 43. Trog. Pomp, 
prol. 6); diese ist auch in einer einheimischen 
historischen Litteratur (Diod. XV 95, 4) darge- 
stellt worden, die bereits Xenophon zur Polemik 
angeregt und die spateren Erzahlungen (auch die 
Plutarchs in der Schrift de genio Socratis) positiy 
beeinflusst hat (v. Stern Xenophons Hellenika 
65fF. ; ygl. Hanske Plutarch als Boioter, Wurzen 
1884, 12ff.). Wie Xenophon und die boiotischen 
Historiker iibereinstimmend berichten, kehrten ver- 
bannte Ffihrer der nationalen Partei, an ihrer 
Spitze Pelopidas, 379 heimlich aus Athen zuriiok 
und ermordeten die ersten Manner der herrschen- 
den spartanisehen Partei (Xen. hell. V 4, 1 — 9. 
Diod. XV 25—27. Plut. Pelop. 6—11. Corn. Nep. 
Pelop. 2. 3; vgl. Epam. 10). Das sofort berufene 
Volk beschloss eine demokratische Verfassung (Plut. 
Pelop. 12). Ein Versuch, die spartanische Be- 
satzung auf der Akropolis zu entsetzen , der yon 
Plataiai und Thespiai aus gemacht wurde, schlug 
fehl (Xen. hell. V 4, 10). Indessen erhielten die 
Spartaner vertragsmassig freien Abzug (Xen. a. 
a. 0. 11. 12. Plut. Pelop. 13). Unter den neu 
gewahlten Boiotarchen befanden sich Pelopidas, 
der dies Amt von nun an bis zu seinem Tode un- 
unterbrochen bekleidet hat (Diod. XV 81, 3), Me- 
lon, Charon (Plut. Pelop. 13) und Neokles (Paus. 
IX 1, 6). Der neue demokratische Staat musste 
sich vor allem gegeniiber dem drohenden spar- 
tanisehen Angriffe riisten; darum veranstaltete 
Epameinondas, der wo nicht sofort, so doch bald 
in das Collegium der sieben Boiotarchen eintrat, 
regelmassige Waffenubungen (Plut. apophth. Epam. 
18). Die tiichtigsten Kriegsleute wurden in der 
heiligen Schar vereinigt (Plut Pelop. 18. 19; vgl. 
Ael. v. h. Ill 5). Doch hat die Anspannung aller 
Kr&fte fiir den Krieg nicht verhindert, dass auch 
die Kunst wahrend der Jahre des Gliickes in Boio- 
tien eine Pflege fand wie nie zuvor oder spater 
(Curtius Gr. G. Ill 6 77). 

Noch im Winter 379/78 unternahm Kleombrotos 
einen Einfall in Boiotien, der ohne Ergebnis ver- 
lief (Xen. hell. V 4, 13—16. Diod. XV 27, 3. 
Plut. Ages. 24). Im Frfihjahr 378 liess sich Spho- 
drias, spartanischer Harmost in Thespiai, zu einem 
tollkiihnen Angriff auf Athen verleiten (Xen. hell. 
V 4, 20. Plut. Ages. 2. 4; Pelop. 14. 15), der 
zur Folge hatte, dass die bis dahin neutralen 
Athener (Schafer Demosth. 1 16f.) mit den The- 
banem zunachst ein formliches Bilndnis schlossen 
und sie dann in ihren neuen Seebund aufhahmen 
(Xen. hell. V 4, 13. 14. CIA H 17. 27. 74. 79, 
dazuDittenberger Sylloge 63 Not. 8. 25). Im 
Bunde mit den Athenern gelang den Thebanern 
die Einigung von ganz Boiotien zu einem demokra- 
tischen Einheitsstaate (Diod. XV 28, 1. Vischer 
Kl. Schr. 344ff. Schafer Demosth. I 69). Demo- 
kratie und Einheitsstaat waren identisch (Diod. 
XV 74, 5). Die hochsten Beamten waren die 
sieben Boiotarchen (Diod. XV 52, 2) ; sie warden 
vom xowbv xiov Boicozwv gewahlt. Zunachst frei- 
lich umfasste dieses Staatswesen nur eine Eeihe 
kleinerer Stadte; Thespiai, Plataiai und Orcho- 
menos blieben in den Handen der Spartaner, auch 



Tanagra ist erst 377 dem xoivov beigetreten (Xen. 
hell. V 4, 49. Isokr. XIV 9). 378 gelang es 
nicht nur Agesilaos, von Thespiai aus die Boioter 
zu beunruhigen (Xen. hell. V 4, 35 — 41. Diod. 
XV 32—34. Plut. Ages. 26; Pelop. 15), sondern 
auch ein Angriff auf Thespiai, den die Thebaner 
nach seinem Abzuge unternahmen, wurde zuriick- 
gesehlagen (Xen. hell. V 4, 42—46. Diod. XV 
27, 4), obgleich eine Partei in Thespiai sie heim- 
10 lich unterstiitzte (Xen. hell. V 4, 35). 377 siegten 
die Boioter fiber die spartanische Besatzung von 
Orchomenos (Diod. XV 37. Plut. Ages. 27 ; Pelop. 
16. 17. Polyain. II 1, 18). Auch Agesilaos richtete 
in diesem Jahre nichts in Boiotien aus (Xen. hell. 

V 4, 47—56). 376 kehrte Kleombrotos bereits. 
auf dem Kithairon um (Xen. hell. V 4, 59). In 
demselben Jahre wurde ohne Ergebnis fiber einen 
Prieden verhandelt (Diod. XV 38. 39). Ein Ver- 
such der Spartaner, Boiotien von der Seeseite an- 

20 zugreifen, wurde 375 durch eine athenische Diver- 
sion vereitelt (Xen. hell. V 4, 62). Die Thebaner 
hatten deshalb freie Hand zu einem Angriffe auf 
PhoMs (Xen. hell. VI 1, 1), den sie jedoch 374 
aufgaben. Erneute Friedensverhandlungen ver 
liefen 374 wieder resultatlos (Diod. XV 50; vgl. 
Corn. Nep. Epam. 4). Wahrend der Verhand- 
lungen scheinen die Thebaner einen Handstreicb. 
gegen die (wohl seit 387) den verbfindeten Athe- 
nern gehonge Stadt Oropos versucht zu haben 

30 (Isokr. XIV 37; vgl. Schafer Demosth. I 53f.). 
Auch gegen ihre Feinde in Boiotien bewiesen die 
Thebaner nach dem Scheitem der Friedensver- 
handlungen gesteigerte Energie (Isokr. XIV 34f.)_ 
Plataiai nnd Thespiai warden 373 zerstort (Xen. 
hell. VI 3, 1. Diod. XV 46. Paus. IX 1, 4—8, 
dazu Schafer Demosth. I 68). Bis dahin war 
Plataiai durch Harmosten und Besatzung auf spar- 
tanischer Seite festgehalten worden (Isokr. XIV 
13). Trotz der zwischen Athen und Plataiai 

40 bestehenden Epigamie (Isokr. XIV 51) verhin- 
derte die boiotische Partei in Athen, dass die 
Athener fiir die befreundete Stadt eintraten (Isokr. 
XTV 38). Indessen wurden die vertriebenen Pla- 
taier in die athenische Biirgerschaft aufgenommen 
(Diod. Paus. a. a. O.). Nach der ZerstSrung von 
Plataiai scheint nur in Orchomenos die particu- 
laristische Partei noch einmal emporgekommen zu 
sein und eigene Miinzen gepragt zu haben ; alle 
anderen Miinzen dieser Zeit sind in Theben ge- 

50 schlagen worden und tragen nur den Namen des 
Miinzmeisters (Head Catal. of Greeck coins, Cen- 
tral Greece XL1U). 371 versuchten die Athener 
eine neue Friedensvermittlung; nachdem alle Be- 
dingungen vereinbart worden waren, trat Epamei- 
nondas von dem Abschlusse zuriick, da die Spar- 
taner ihm nicht zugestehen wollten, fiir den boio- 
tischen Einheitsstaat zu unterschreiben (Xen. hell. 

VI 3, 2. 19. 20. Plut. Ages. 18. Corn. Nep. Epam. 
6, 4; vgl. die feinen Bemerkungen von Free- 

60mann Hist, of Fed. Gov. 137). 

Statt der Athener , die dem mit Sparta ge- 
schlossenen Frieden treu blieben, brachte Iason 
von Pherai den Boiotern Hiilfe (Xen. hell. VI 1, 10. 
Diod. XV 54, 3). Noch im Herbste 371 gewann 
Epameinondas fiber Kleombrotos den entscheiden- 
den Sieg bei Leuktra (Xen. hell. VI 4, 1—15. 
Diod. XV 52—56. Plut. Ages. 28. Paus. IX 13, 
3—12). In dieser Schlacht fiihrte Pelopidas die , 



653 



Boiotia 



Boiotia 



654 



heilige Schar (Diod. XV 81, 2. Plut. Pelop. 20. 22. 
Corn. Nep. Pelop. 4, 2). Vor der Schlacht hatte 
Epameinondas die Thespier und andere zweideutige 
Bundesgenossen entlassen (Paus. IX 13, 8. Polyain. 
II S, 3). Nach der Schlacht fiuchteten die Thespier 
nach Kerasos (Paus. IX 14, 2). Kerasos wurde 
erst von den Thessalern vergebens belagert (Paus. 
IX 14, 3), dann von Epameinondas eingenommen 
(Paus. IX 14, 4). Die Nachricht vom Siege der 
Boioter wurde von den Athenern kfihl, von Iason 10 
freundlich aufgenommen (Xen. hell. VI 4, 20. 21). 
Die Vermittlung Iasons verschaffte dem spartani- 
sehen Heere sicheren Ruckzug (Xen. hell. VI 4, 
22 — 26). Erst jetzt wurden die letzten Uberreste 
der spartanisehen Herrschaft in Boiotien beseitigt 
(Paus. IX 6, 4), erst jetzt Orchomenos gezwungen, 
dem Einheitsstaate beizutreten (Diod. XV 57, 1). 
Die verbannten Boioter traten in das spartanische 
Heer (Diod. XV 62, 1). 

370 unternahm Epameinondas, von den Arka- 20 
dem gerufen (Xen. hell. VI 5, 19. Diod. XV 62), 
seinen ersten Zug in den Peloponnes. Phoker, 
Euboier, Lokrer, Akarnanen, Herakleioten und Ma- 
lier leisteten ihm Heeresfolge (Xen. hell. VI 5, 23). 
Sein Vorstoss gegen Sparta blieb allerdings erfolg- 
los (Xen. hell. VI 5, 23-32. Kallisth. frg. 12. 
Diod. XV 63—65. Plut. Ages. 31. 32). Indessen 
gelang es ihm, Messenien von Sparta loszureissen 
(Diod. XV 66. Plut. Ages. 34. Paus. IX 14, 6. 7). 
Der Einfall dauerte 85 Tage (Diod. XV 67, 1). 30 
Ungehindert kehrte er heim , obgleich Iphikrates 
vom athenischen Volke den Auftrag hatte, ihm 
den Ruckzug fiber den Isthmos zu verlegen (Xen. 
hell. VI 5, 51. 52; vgl Paus. IX 14, 6. 7). Zu 
Hause wurde er wegen fjberschreitung seiner Amts- 
zeit angeklagt (Plut. Pelop. 24. 25 ; apophth. Epam. 
23. Appian. Syr. 41. Corn. Nep. Epam. 7, 3ff.). 

Noch 369 drang Epameinondas zum zweiten- 
mal in den Peloponnes ein (Diod. XV 68. 69), 
kehrte aber bald wieder um (Xen. hell. VII 1,40 
15 — 18). Danach trat eine Entfremdung zwischen 
den Boiotern und ihren peloponnesischen Bundes- 
genossen ein (Xen. a. a. O. 26). Epameinondas 
wurde nach der Heimkehr der Boiotarchie ent- 
setzt (Diod. XV 7&, 1. 2). In demselben Jahre 
wurde Pelopidas nach Thessalien geschickt, um 
den Tyrannen Alexandres von Pherai (Xen. hell. 
VI 4, 35) zu bekampfen_(Xen. hell. VH 1, 28). 
Er schloss ein Biindnis mit Alexandras von Make- 
donien (Diod. XV 67, 3. 4. Plut. Pelop. 26; vgl. 50 
Iustin. VI 9. VII 6). 

368 zog Pelopidas ohne Heer wieder nach Thes- 
salien, Alexandros von Pherai liess ihn gefangen 
nehmen (Diod. XV 71. Plut. Pelop. 27). Ein 
thebanisches Heer, bei dem sich Epameinondas 
ohne Commando befand, befreite ihn (Diod. XV 
71. Plut. Pelop. 28. 29. Paus. IX 15, 1. 2. Corn. 
Nep. Epam. 7, 1. 2; Pelop. 5, 1. 2). Die Ab- 
wesenseit des Epameinondas benutzten die The- 
baner, um Orchomenos zu zersttren (Diod. XV 79. 60 
Paus. IX 15, 3. 37, 8, vgl. Roberts Ancient 
Boeotians 17, 3). Um dieselbe Zeit machte Phi- 
liskos im Auftrage des Ariobarzanes einen ver- 
geblichen Versuch, den Frieden zu vermitteln 
(Xen. Hell. VH 1, 27). 

367 zog Epameinondas zum drittenmal in den 
Peloponnes, um ein Biindnis mit den Achaeern 
zu schliessen. Indessen wurden diese durch den 



Terrorisrmis der mit Theben befreundeten Demo- 
kraten bald auf die spartanische Seite hiniiber- 
gedrangt (Xen. hell. VII 1, 41—43. 2, 4—12. Diod. 
XV 75, 1. Paus. IX 15, 4. Polyain. V 16,3. Front. 
Ill 2, 10). Gleichzeitig machten die Boioter einen 
Versuch, durch Anschluss an Persien einen ihnen 
gunstigen Frieden zu erwirken (Xen. hell. VII 1, 
33 — 40). Pelopidas bewog den Perserkonig, die 
Unabhangigkeit von Messenien anzuerkennen (Diod. 
XV 81, 3. Plut. Pelop. 30. Corn. Nep. Pelop. 4, 4). 
Indessen wurden die in Susa vereinbarten Be- 
dingungen von den Griechen nicht angenommen 
(Xen. a. a. O.; vgl. Plut. Ages. 34). Dagegen 
kam 366 ein Neutralitatsvertrag mit den Korin- 
thern zu stande (Xen. hell. VII 4, 6—10; vgl. 
Diod. XV 76, 3). In demselben Jahre entrissen 
die Boioter den Athenern das schon vorher be- 
drohte Oropos (Xen. hell. Vn 4, 1. Diod. XV 
76, 1. Isokr. XIV 20. Plut. Phok. 9. Hermipp. 
frg. 61. Schafer Demosthenes I 106f.). 365 
beschloss die boiotische Volksversammlung einen 
neuen Feldzug nach Thessalien unter Fiihrung des 
Pelopidas; mit dem Tode des Feldherrn musste das 
boiotische Heer zwei siegreiche Schlachten bezahlen 
(Diod. XV 80, vgl. 81, 2. Plut. Pelop. 31. 32. 34. 
35. Corn. Nep. Pelop. 5, 3 — 5). Gleichzeitig stan- 
den 300 boiotische Hopliten in Tegea, diese konn- 
ten jedoch nicht hindern, dass die Arkader einen 
Versuch machten, sich vom Bundnisse mit den 
Boiotern loszureissen (Xen. hell.' VII 4, 34 — 40. 
5, 1. 2. Diod. XV 72, 3. 4). Wahrend so der 
Einfluss der Boioter im Peloponnes ins Wanken 
geriet, griindeten sie eine Flotte, mit der sie in 
den Machtbereich der Athener einbrachen (Diod. 
XV 78. 79. Isokr. V 53. Aischin. Ill 65; vgl. 
Agatharchides frg. 4). 

Ein Zwiespalt zwischen Mantineia und Tegea 
veranlasste 362 Epameinondas zu seinem vierten 
Zuge in den Peloponnes (Xen. hell. VII 5, 4. Diod. 
XV 82). Nach einem erfolglosen Angriffe auf 
Sparta (Xen. hell. VII 5, 4—25. Diod. XV 82. 83. 
Plut. Ages. 34) kam es bei Mantineia zur ent- 
scheidenden Schlacht, in der Epameinondas siegte 
und flel (Xen. hell. VII 5, 4—25. Diod. XV 84 
—87. Plut. Ages. 35. Paus. IX 15, 5. Corn. Nep. 
Epam. 9). Nach dem Tode des grfissten Boioters 
wurde ein Frieden auf Grundlage des status quo 
gesehlossen (Diod. XV 89, 1. 2). 

Mit dem Tode des Epameinondas begannen 
die Boioter von ihrer Hohe zu sinken (Diod. XV 
88, 4). Allerdings halfen sie noch 361 den Me- 
galopoliten, ihre Einheit gegeniiber den Separa- 
tionsgelfisten einzelner arkadischer Stadte zu be- 
wahren (Diod. XV 94). Sie versuchten 357, auf 
Euboia Fuss zu fassen (Diod. XVI 7, 2). Doch 
zwangen die Athener sie zum Riickzuge (Isokr. 
V 53. Demosth. VHI 74. XVIJI 90. XXI 174. 
XXII 14) , 355 begannen sie voll grosser Hoff- 
nungen (Isokr. V 55) den heiligen Krieg gegen 
die Phoker (Diod. XVI 25. 27, 5. 28, 3. 4. 29, 
1. 2. 30. 31. 32, 1. 33, 4. Iustin. VH 1. 2). Ihre 
nQo^Evot unterstutzten sie (IGS 2418); die Athener 
beobachteten eine ihnen unfreundliche Haltung 
(Plut. Phok. 15), obgleich eine Partei in Athen 
ihnen so eifrig ergeben war, dass sie darfiber die 
athenischen Interessen vergass (Demosth. XVI). 
Der Krieg in der Heimat hielt die Boioter nicht 
ab. 353 Pammenes dem EmpOrer Artabazos gegen 



655 



Boiotia 



Boiotia 



den Perserkenig zu Hulfe zu schicken (Diod. XVI 
34, 1. 2). 352 drangen die Phoker unter Onomar- 
chos in Boiotien ein (Diod. XVI 35, 3), rissen 
Orchomenos, Koroneia und das Tilphosseion yon 
Boiotien los, nahmen boiotische Truppen in Neon 
gefangen, teteten andere am Hedyleion (Demosth. 
XIX 148; ygl. Anaximenes frg. 9). Aber noch 
in demselben Jahre wurde Phayllos in mehreren 
Schlachten von den Boiotern besiegt (Diod. XVI 

37, 5. 6. S chafer Demosthenes II 180). 351 
drangen die Boioter in Phokis vor (Diod. XVI 

38, 5—7. 39, 8), schickten den Megalopoliten ge- 
gen Sparta Hiilfstruppen (Diod. XVI 39, 2. 5. 6. 7) 
und untersttitzten den PerserkOnig gegeniiber den 
aafstandischen Agyptem (Diod. XVI 46, 4. 8. 9), 
wogegen sie von jenem ein Geldgeschenk erhielten 
(Diod. XVI 40, 1. 2). Ihren Fortschritten gegen- 
iiber setzten manche Athener ihre Hoffhungen auf 
Philipp von Makedonien, der eben damals in Thes- 
salien kiimpfte (Demosth. IV 48). Doch stockten 
die Erfolge der Boioter; 347 misslang ihnen ein 
Versnch, den Phokern die verlorenen Stadte wie- 
der zu entreiasen (Diod. XVI 56. 58; vgl. Demosth 
XVIII 18. XIX 141. 148. 321. Strab. IX 402f! 
Sehafer Demosth. I 186). Da sie an ihrer 
eigenen Kraft verzweifelten, riefen die Boioter 346 
Philipp herbei (Diod. XVI 58. Iustin. VDTI 4, 4), 
der den heiligen Krieg beendete (Diod. XVI 59). 
Die makedonisohe Partei in Athen hatte gehofft, 
der KOnig werde die Hoffhungen der Boioter ent- 
t&uschen und den boiotischen Gesamtstaat auf- 
lOsen (Aischin. II 46. 47 ; vgl. Demosth. XIX 92. 
Sehafer Demosthenes II 252, vgl. 191f.). Da- 
gegen bemiihte sich Demosthenes schon damals, 
wahrend thebanerfeindliche Boioter in Athen auf- 
genommen wurden (Demosth. V 18), um eine 
AussOhnung zwischen Athen und Theben (Seha- 
fer Demosthenes II 191f.). Philipp gewahrte den 
Boiotern Anteil an seiner Agonothesie (Diod. XVI 
60, 2), gab ihnen die drei verlorenen Stadte zu- 
rtick (Demosth. V 22. XIX 92. 325f. 334. VIII 
63 frg. 22. Aischin. II 46. Ill 80; vgl. Sehafer 
Demosthenes II 87f.). Orchomenos hatte sich Phi- 
lipp gleich bei seinem Anmarsche ergeben (Aischin. 

II 46) und ein Stuck von Phokis dazu (Demosth. 
XIX 141, vgl. 127). Dafiir verlangte Philipp von 
ihnen freien Durchmarsch nach Attika (Aristot 
Ehetor. 1397 b 31f.). 

Auch nach Philipps Abzuge bestand die Freund- 
schaft zwischen ihm und den Boiotern fort (Seha- 
fer Demosthenes H 537. 538). Theogeiton und 
Timolaos waren die Fiihrer der makedonischen 
Partei in Theben (Polyb. XVIH 14, 4). Vergebens 
bemfihte sich die boiotische Partei in Athen, eine 
Annaherung zwischen Athen und Theben zu stande 
zu bringen (Demosth. XVIII 161! Aischin. UL 73). 
Auch als die Amphisseer 339 bei den Amphiktyo- 
nen Klage gegen Athen erhoben, handelten sie 
im Einverstandnisse mit den Thebanern (Aischin. 

III 70). Erst als es Aischines gelungen war, den 
Unwillen der Amphiktyonen gegen Amphissa zu 
richten, nahmen Athener und Boioter uberein- 
stimmend fur die angegriffene Stadt Partei (De- 
mosth. XVHI.148). Nach Philipps zweitem Ein- 
marsche in Mittelgriechenland traten die Boioter 
offen anf die Seite der Athener (Iustin. IX 3 5 
Demosth. XVIII 153). Demosthenes brachte ein 
Bundnis zwischen beiden Staaten zu stande (Diod. 



656 



XVI 84. 85. Demosth. XVIII 171ff.), durch welches 
Theben als Hauptstadt des boiotischen Einheits- 
staates anerkannt wurde (Aischin. Ill 73). Ver- 
gebens bemiihte sich Philipp, die Boioter auf seiner 
Seite festzuhalten (Diod. XVI 85, 3. 4. Demosth. 
XVIH 164ff. ; vgl. Aischin. Ill 74f.). Demosthenes 
beherrschte jetzt auch die boiotische Volksver- 
sammlung, und die Boiotarchen richteten sich nach 
seinem Willen (Plut. Demosth. 18). In der Schlacht 
10 bei Chaironeia unterlag das Heer der Verbiindeten 
der makedonischen Phalanx (Diod. XVI 85. 86. 
Plut. Al. 9). Nun wurde der boiotische Einheits- 
staat aufgelOst, Plataiai zum zweitenmale her- 
gestellt (Pans. IX 1, 8), Oropos an die Athener 
abgetreten; Theben musste eine boiotische Be- 
satzung aufnehmen (Diod. XVI 87. Paus. IX 6, 5). 
Nach Philipps Tode beschlossen die Thebaner, 
die makedonische Besatzung zu vertreiben und 
Alexander den Oberbefehl zu verweigern (Diod. 
20XVII 2, 3), wurden aber durch den schleunigen 
Anmarsch Alexanders an der Ausfuhrung dieses 
Entschlusses verhindert (Diod. XVII 4, 4. 5). 
"Wahrend jedoch Alexander im Norden der Balkan- 
halbinsel stand, vollzogen sie den vorher geplanten 
Abfall in der That (Diod. XVII 8, 2; vgl. Aischin. 
Ill 88. Deinarch. I 92). Schnell eilte Alexander 
herbei (Arrian. an. I 7). Demosthenes stand mit 
der nationalen Partei in Theben in Verbindung 
(Plut. vit. dec. orat. 847 B); indessen blieb die 
30 den Boiotern aus Athen und anderen Staaten ver- 
sprochene Hulfe aus (Diod. XVII 8, 5. 6. Plut. 
Demosth. 24). Seinem Schicksal iiberlassen wurde 
Theben nach tapferem, aber kurzem Widerstande 
erobert; bei der Pliinderung zeigten die Phoker 
und thebanerfeindlichen Boioter den grOssten Eifer 
(Arrian. an. I 8. Diod. XVII 9—13). Nach Be- 
schluss seiner hellenischen Bundesgenossen liess 

Alexander Theben zerstoren (Arrian. an. 1 9, 6 9 

Diod. XVII 14. Plut. Al. 11. Iustin. XI 3. 4). 
40 Gleichzeitig wurden die Mauern von Plataiai und 
Orchomenos hergestellt (Arrian. a. a. O. Plut. Arist. 
11). Das Gebiet von Theben wurde an die feind- 
lichen boiotischen Stadte verteilt; der boiotische 
Bund bestand fort (vgl. Head Catal. of Gr. coins, 
Central Greece 37. 38. XLIV) und bewies Ale- 
xander treue Anhanglichkeit. Boiotische Truppen 
kampften in seinem Heere (Arrian. an. II 7, 8). Die 
fliichtigen Thebaner aufzunehmen, wurde den Athe- 
nern gestattet (Diod. XVII 15, 4. 5. Plut. Al 
50 13. Paus. IX 6, 5. 6. 7). Thebanische Gesandte 
an Dareios, die in Asien in Gefangenschaft gerieten, 
wurden von Alexander begnadiet (Arrian. an II 
15, 2—4). 

In dem nach Alexanders Tode ausbrechenden 
lamischen Kriege hielten die Boioter treu zu Anti- 
patros, da ihnen dieser den Besitz des Gebietes 
von Theben zu garantieren schien (Diod. XVIH 
11). Sie wurden von Leosthenes besiegt (Diod. 
a. a. O. Plut. Phot 23. Hypereid. gegen Demosth. 
60 5 [6]). Nun planten die Athener einen Feldzug 
nach Boiotien, von dem sie jedoch Phokion zu- 
ruckhielt (Plut. Phok. 24. Polyain. m 12; vgl. 
die wunderbareNachricht bei Zosim. vita Demosth. 
p. 150). Wider alles Erwarten stellte 316 Kas- 
sandros im Einverstandnisse mit den Boiotern und 
unter Mitwirkung vieler Griechen Theben her (Diod. 
XX 54. Paus. IX 7, 2). Theben wurde nun wieder 
das angesehenste Glied des neuen boiotischen 



657 



Boiotia 



Boiotia 



658 



Bundesstaates, dessen Einheit locker war im Ver- 
gleich mit dem von Epameinondas gegrtindeten 
Gemeinwesen, aber fester als die des bis 387 be- 
stehenden Bundes (Preuss Quaest. Boeot. 2ff., vgl. 
Niese Griech. u. maked. Staat. I 333, 1). 

tJber den Bestand und die Verfassung des 
Bundes in dem auf die Wiederberstellung Thebens 
folgenden Jahrhundert geben die Inschriften ver- 
blltnismassig genaue Auskunft. Uber die zum 
Bunde gehorigen Stadte sind von besonderem Werte 
einige Weihinschriften, deren Ertrag vornehmlich 
von Holleaux (Bull. hell. XI 15. XIII Iff. 20) 
eingeheimst worden ist. Dazu kommen ander 
weitige Inschriften und einige litterarische Nacb- 
richten. Von den nur vereinzelt bezeugten Bundes- 
stadten sind einige minder bedeutend, andere 
haben, wie Chalkis (IGS 2724 b), Aigosthenai 
(IGS 219—222) und Megara (IGS 209. 210. 211. 
212. 214. 217. 218) nur voriibergehend zum Bunde 
gehOrt. Ausser den genannten sind als Bundes- 
stadte bezeugt: Akraiphion (IGS 2724 a. 2724 c 
gegen 300. IGS 2712. 2716. 2719 nach 250; vgl. 
Paus. IX 23, 5), Anthedon (IGS 1672. 4172 ge- 
gen 200; vgl. Strab. IX 404), Chaironeia (IGS 
2724 c gegen 300; vgl. Strab. 1X407. Paus. IX 
39, 5), Chorsiai (IGS 2390), Haliartos (IGS 2724. 
2724 b gegen 300; vgl. Strab. IX 407), Hyettos 
(IGS 2809. 2832 nach 250; vgl. Paus. IX 24, 3), 
Kopai (IGS 2724 d gegen 300; vgl. Paus. IX 24, 1), 
Koroneia (IGS 1723. 1724 a. 2724 gegen 300. 2307 
gegen 200; vgl. Strab. IX 407), Larymna (? Strab. 
IX 405. Paus. IX 23, 7. 24, 1), Lebadeia (IGS 
2724 gegen 300. IGS 3088 um 250. IGS 3068. 
3083; vgl. Paus. IX 39, 1), Opus (Holleaux 
Bull. hell. XVI 469 gegen 200), Orchomenos (IGS 
2723. 2724. 2724 b. 2724 c. 2724 d gegen 300. IGS 
3175 um 300. IGS 3172. 3173. 3207 gegen 200. 
IGS 3184), Oropos (IGS 2724 a gegen 300. IGS 
280. 289. 291. 292. 293. 294. 295. 296. IGS 237. 
239. 240. 245. 246. 247. 251. 252. 253. 254. 255. 
256. 273. 4263 um 250. IGS 276. 303. 2461 nach 
250. IGS 261. 302. 304. 308. 310. 312. 322. 3207 
gegen 200. IGS 322. 4262 um 200. IGS 278. 298. 
299. 807. 393. 4259; vgl. v. Wilamowitz Herm. 
XXI 101f.), Plataiai (IGS 2723. 2724. 2724 b. 
2724 c gegen 300. IGS 4261 um 250. IGS 1672. 
2307 gegen 200), Tanagra (IGS 2723. 2724. 2724 a. 
2724 b. 2724 c. 2724 d gegen 300. IGS 292 vor 
250. IGS 2307 gegen 200. IGS 283; vgl. Strab. 
IX 404), Theben (IGS 2723. 2724. 2724 a. 2724 b. 
2724 c. 2724 d gegen 300. IGS 1672. 2307 gegen 
200), Thespiai (IGS 2723. 2724. 2724b. 2724 c 
gegen 300. IGS 4147. 4148 gegen 300-250. IGS 
4260 nach 250. IGS 1672. 2307 gegen 200; vgl. 
Strab. IX 409), Thisbe (IGS 2724 b. 2724 c gegen 
300; vgl. Strab. IX 411. Paus. IX 32, 2). 

Ausser den selbstandigen Bundesstadten, die 
far sich standen, gab es noch kleinere, die in 
ovvxeXttai vereinigt waren (Paus. IX 3, 6). Jeder 
Burger einer Bundesstadt war berechtigt, an den 
Versammlungen des boiotischen Sa/iog teilzuneh- 
men. Diese ubten die Bundessouveranetat des 
y.ocvdv Botmiwv aus. Der dafios verleiht Privi- 
legien (IGS 280. 283. 352. 393. 2858. 2868. 2869. 
4259. 4260. 4261; vgl. 2861. 2864) oder bestatigt 
Privilegien, die vorher von Bundesstadten verliehen 
sind (IGS 290). Er entscheidet Streitigkeiten zwi- 
schen Bundesstadten (IGS 2792). Vor allem sorgt 



er fur die Feste, die der Bund ausschliesslich 
oder mit Einzelstadten zusammen ausrichtet (IGS 
351. 3178. 3426. 4135. Paus. IX 3, 5). Der erste 
Bundesbeamte ist der Archon (Foucart Bull, 
hell. IV 83ff. Durrbach ebd. IX 318), der bald 
ohne Zusatz (IGS 2724. 2724 a. 2724 b. 2724 c. 
2724 d. vgl. 2724 e gegen 300. IGS 280. 290 gegen 
250. IGS 4260. 4261 nach 250. IGS 1672. 3173. 
3207 gegen 200. IGS 393. 4259), bald agz<»v Boim- 

10 roTg (IGS 2723 gegen 300. IGS 3175 um 300. IGS 
2716.2717.2809— 2831 nach 250. IGS 3172.3174. 
3178. 3179. 3180. 4172 gegen 200. IGS 2390. 
2858. 3068. 3083. 3084), bald oqz<ov h xoivQ 
(IGS 289. 291. 292 vor 250. IGS 237. 239. 240. 
245 um 250. IGS 322 gegen 200. IGS 299) oder 
iv xoivti Boimxtiv (IGS 293. 294. 295. 296 vor 
250. IGS 246. 247. 251. 252. 253. 254 um 250. IGS 
276. 303. 2719 nach 250. IGS 261. 302. 304. 310. 
312. 322 gegen 200. IGS 4262 um 200. IGS 255. 

20 256. 273. 278. 279. 307), bald oq^wv er 'Oyxrjoxy 
(IGS 1747. 1748 zwischen 300 und 200. IGS 27. 
28. 208. 209. 21.0. 211. 212. 214. 217. 218. 220. 
222, vgl. 221 um 250) genannt. Der Zusatz Jv 
'Oyztjoxq) bezeichnet die Leitung des Poseidon- 
festes zu Onchestos, wie man den in romischer 
Zeit vorkommenden Zusatz iv 'AxQauploig auf das 
Fest des ptoischen Apollon beziehen konnte (IGS 
2871). Daneben bestand das Amt der sieben Boio- 
tarchen fort (IGS 2407. 2408 gegen 260; vgl. 

30Koehler Herm. XXIV 636ff. IGS 3088); ob die 
sieben Vertreter der Boioter, die im Namen des 
xoivov Dedicationen vollziehen, mit den Boiotar- 
chen identisch sind, ist mindestens zweifelhaft 
(IGS 2723. 2724. 2724 a. 2724 b gegen 300. IGS 
1672. 3207 gegen 200, dazu Dittenbergei; vgl. 
Lolling Athen. Mitt. HI 91. Gilbert Gr. Staats- 
alt. II 56). Den Boiotarchen untergeben waren 
Hipparchen und Harchen (IGS 3088). Vereinzelt 
erscheint auf einer delphischen Freilassungsur- 

40kunde ein Strateg der Boioter (Wescher-Fou- 
cart Inscript. de Delphes 207; vgl. Gilbert Gr. 
Staatsalt. II 55). 

Diese Verfassung scheint von der Wiederher- 
stellung Thebens bis zum Beginn der romischen 
Herrschaft ziemlich unverandert bestanden zu haben. 
In zwischen erfuhr das aussere Schicksal der Boioter 
vielfaltigen Wechsel. Durch die Herstellung The- 
bens machte sich Kassandros die Boioter zu Feinden 
(Droysen Diadochen II 105). Sie schlossen 313 

50 ein Bundnis mit Antigonos ab (Diod. XIX 75, 6). 
Zwar nahm Kassandros Oropos, zog die Thebaner 
auf seine Seite und schloss mit den ubrigen Boio- 
tern einen Waffenstillstand (Diod. XIX 77. 68). 
Aber Ptolemaios, ein Officier des Antigonos, ver- 
trieb die makedonische Besatzung aus Theben 
(Diod. XLX 78). Als Polysperchon 309 im Einver- 
standnisse mit Kassandros durch Boiotien in den 
Peloponnes einzudringen suehte, wurde er von den 
Boiotern zuruckgedrangt (Diod. XX 28, 4). Vor 

60 304 bekam Kassandros Boiotien wieder in seine 
Gewalt (Droysen Diadochen H 184); um diese 
Zeit wurde Menandros, ein Freund des Antigonos, 
xoivq> doyfiau Boicox&r aus Oropos vertrieben 
(Hermipp. frg. 36). Das schloss nicht ans, dass 
ein Boioter mit Namen Zoilos im Dienste des De- 
metrios Poliorketes stand (IGS 1). 304 fielen die 
Boioter von Kassandros zu Demetrios ab (Diod. 
XX 100. 6. Niese Griech. u. maked. Staat. I 



659 



Boiotia 



Boiotia 



660 



334, vgl. 317. CIA II 736. IGS I 2405f.). Da- 
gegen scheint es, dass nach der Schlacht bei Ipsos 
die Boioter sich mit den Athenern vereinigt von 
Antigonos lossagten (Plut. vit. dec. orat. 851 D. B. 
Droysen Diadoeh. II 250. Niese a. a. 0.; 
vgl. Polyaen. Ill 7). Sie wurden jedoch von De- 
metrios zur Unterwerfung gezwungen und nach 
erneutem Abfall durch Einnahme von Theben 
vollends gedemiitigt (Diod. XX 100, 5—7. Plut. 
Demetr. 39. 40. Droysen Diadoeh. II 258. 279. 
Niese Griech. n. mated. Staaten I 366. 369ff.; 
vgl. Polemon frg. 15. Polyaen. IV 7, 11). Nach 
dem Verluste von Makedonien erklarte Demetrios 
288/7 als Fliichtling Theben fur frei (Plut. Demetr. 
45, 46). 289/7 wurde ein Streit zwischen den 
Athenern und dem xoivdv der Boioter durch einen 
Schiedsspruch der Lamier ausgetragen (CIA II 
308; vgl. Unger Philol. XXXVIII 491. v. Wila- 
mowitz Antigonos v. Karystos 244). 278 stellten 
die Boioter 10 000 Eopliten und 500 Eeiter zum 
Kampfe gegen die Gallier (Paus. VII 6, 4. Droy- 
sen Diadoeh. II 347). Vielleicht kamen sie da- 
durch in Verbindung mit den Phokem; zu un- 
gewisser Zeit haben sie mit diesen ein Bfindnis 
geschlossen, welches von den Boiotern zu Onchestos, 
von den Phokern in Anwesenheit der Boiotarchen 
beschworen wurde (Lolling Athen. Mitt. Ill 22). 
Ebenfalls ungewiss ist die Zeit, zu welcher die 
Boioter von den Aitolern aufgefordert wurden, die 
Vermittlung eines Grenzstreites zu ubernehmen 
(IGS 188). Als Arat die Macht des achaeischen 
Bundes begriindete, gelang es ihm zunachst, auch 
die Boioter auf seine Seite zu ziehen (Polyb. XX 
4, 2ff. 6, 7ff. Dittenberger Sylloge 182. Plut. 
Philop. 12). Indessen wurden sie von den Aito- 
lern angegriffen (Polyb. XX 4. 5; vgl. IV 4, 5. 
25, 1. IX 34, 11) und durch eine schwere Nieder- 
lage znr Sympolitie gezwungen (Plut. Arat. 16. 
Paus. II 8. Droysen Epigonen I 411). Lange 
dauerte die aitolische Herrschaft inBoiotien nicht; 
denn Demetrios II. von Makedonien (dessen Krieg 
mit den Aitolern Droysen Epigon. II 35 von 
239 — 235 setzt) unterwarf Boiotien ohne Schwert- 
streich, und seine Anhanger Askondas und Neon 
sorgten dafur, dass die Gegenpartei vollends unter- 
druckt wurde und nicht den leisesten Versuch 
einer Losreissung wagen durfte (Polyb. XX 5). 
In die Zeit der makedonischen Herrschaft setzt 
Head (Catal. of Gr. coins, Central Greece 40. 41) 
eine Reihe boiotischer Bundesmfinzen ohne Stadte- 
abzeichen. Andere boiotische Miinzen sind aus 
dieser Zeit nicht nachweisbar. In den Listen der 
Hieromnemonen sind die Boioter wahrend der zwei- 
ten Halfte des 3. Jhdts. nachst Aitolern und Del- 
phern am haufigsten vertreten (vgl. Bd. I S. 1930). 

Als Antigonos, von Arat eingeladen, 222 gegen 
Kleomenes zog, leisteten ihm die Boioter Heeres- 
folge (Polyb. n 49. 65; vgl. IV 69, 5). Sie ge- 
horten zu dem grossen gegen Kleomenes geschlos- 
senen Bfindnis (Polyb. IV 9, 4). Mit den ubrigen 
Bundesgenossen zusammen wurden sie 220 gegen 
die Aitoler von den Achaiern zu BTfilfe gerufen 
(Polyb. IV 15, 1). Auf einer von Philipp 220 zu 
Korinth geleiteten Bundesversammlung stimmten 
boiotische Gesandte in die Klagen iiber aitolische 
Cbergriffe ein (Polyb. IV 25, 1). 

Wahrend des zweiten punischen Krieges blieben 
die Boioter mit Philipp verbundet (Polyb. IX 38, 



5. XI 5, 4). Als sie 208 einen Angriff von den 
EOmern und Attalos befurchteten, baten sie Philipp 
urn Hillfe (Polyb. IX 41, 3). 205 schloss Philipp 
den Prieden mit den ROmern auch im Namen der 
Boioter (Liv. XXIX 12). Auch weiterhin blieb 
Boiotien in Philipps Gewalt; dafur sorgte die 
makedonische Besatzung in Chalkis (Polyb. XV III 
11, 6. Appian. Mak. 8). Andrerseits mochten die 
zur Besatzung von Korinth gehOrigen Boioter als 

10 Geiseln dienen (Liv. XXXIII 14). Die makedo- 
nische Partei in Boiotien benutzte ihr funfund- 
zwanzig Jahre (215—190) wahrendes tlbergewicht 
zu einer furchtbaren Misswirtschaft; Eecht und 
Gericht lagen darnieder, die Beamten benutzten 
ihre Gewalt zu Erpressungen , deren Ertrag sie 
in wiister Schlemmerei verzehrten (Polyb. XX 6, 
1 — 6). Durch diese Gewaltherrschaft kam die 
Landschaftniaterielltief herunter; das zeigtdieUnr 
fahigkeit der Stadt Orchomenos, ihre Glaubigerin 

20 Nikareta zu befriedigen (IGS 3172), und das be- 
weisen auch die Mittel, die zur Ausrilstung und Un- 
terhaltung eines Eeitergeschwaders angewandt wer- 
denmussten (v. Wilamowitz Herm. VIII 431ff.). 
Trotz dieser Missstande und trotz ihrer an- 
haltenden Peindseligkeit gegen die Eomer kamen 
die Boioter in den Friedensschliissen der Eomer 
mit Philipp und Antiochos verhaltnismassig gut 
weg. Mit Hiilfe des Attalos und der Achaier ge- 
lang es Flaminin schon vor der Schlacht bei Ky- 

30 noskephalai, die Boioter zum Abfalle von Philipp 
zu bewegen (Liv. XXXIII 1. 2; vgl. XXXVII 53. 
Plut. Tit. 6. Zonar. IX 16). Von 196—146 sind 
in Boiotien Bundesmfinzen gepragt worden, dar- 
unter Kupfermunzen mit Silberkurs: auch ein 
Zeichen der traurigen materiellen Lage (Head 
Catal. of Gr. coins XLV). 

Die Boioter erwiesen sich bald als unzuver- 
lassige Bundesgenossen der Eomer. Nicht nur 
kampften unter Nabis boiotische SOldner gegen 

40 die ROmer (Polyb. XIII 8, 3—6); die boiotische 
Volksversammlung wahlte Brachyllas , einen An- 
hanger Philipps, zum Bundesfeldherrn (dies Amt 
wird wahrend der letzten Jahrzehnte des Bundes 
Ofter erwahnt). Im Einverstandnisse mit Flaminin 
liessen diesen Zeuxippos, Peisistratos und andere 
Eo'merfreunde aus dem Wege raumen (Polyb. XVIII 
43. Liv. XXIII 27. 28); Zeuxippos entfloh nach 
Anthedon, Peisistratos und andere Schuldige wur- 
den mit dem Tode bestraft. Die Erbitterung der 

50 Boioter gegen die Eomer ausserte sich in zahl- 
reichen Gewaltthaten gegen rOmische Soldaten 
und Kaufleute, die schliesslich Flaminin zu be- 
waffnetem Einschreiten notigten; die Schuldigen 
wurden ausgeliefert, eine Busse von 30 Talenten 
gezahlt, vor allem die Stadt Koroneia gezucbtigt 
(Liv. XXXIII 29. Polyb. XX 7. 3). 

Diese Strafinassregeln waren nicht gerade ge- 
eignet, die Boioter den Rdmern freundlicher zu 
stimmen. Deshalb machte sich Antiochos Hoff- 

60 nung, sie auf seine Seite zu ziehen (Liv. XXXV 
47). Seine erste Aufforderung wurde dilatorisch 
beantwortet (Polyb. XX 7, 3—5. Liv. XXXV 50). 
191 beschlossen die Boioter, ein Bfindnis mit An- 
tiochos abzuschliessen (Liv. XXXVI 6), and nahmen 
ihn auf seiner Reise nach Griechenland ehrenvoll 
auf (Polyb. XXI 20, 5. Appian. Syr. 13). Bare 
neue Unterwerfung unter die ROmer vermittelte 
Attalos von Pergamon (Polyb. XXI 20, 5). M'. Aci- 



661 



Boiotia 



Boiotia 



662 



lius Glabrio erleichterte ihnen die Reue durch 
schonende Behandlung des Landes (Liv. XXXVI 
20). Nach dem Frieden der ROmer mit Antio- 
chos regte sich bei den Boiotern die Sehnsucht. 
nach dem Ende der Misswirtschaft (Polyb. XXII 
4, 1 — 3). Aber noch immer weigerten sie sich, 
trotz der vom Senat erhaltenen Aufforderung, Zeu- 
xippos zuruckzufiihren (Polyb. XXH 4, 4ff.). Nur 
die Unthatigkeit des Senats und die Vermittlung 



Haliartos, zusammen mit M. Lucretius; ein Teil 
der boiotischen Jugend stand auf rOmischer Seite 
(Liv. XLII 46). Nach heldenmutiger Verteidi- 
gung musste sich Haliartos ergeben; die Stadt 
wurde zerstOrt, die Burgerschaft in die Sclaverei 
verkauft, das Gebiet spater den Athenern ge- 
schenkt (Polyb. XXX 21. Strab. IX 411). Auch 
in Theben wurde die rOmische Partei verstarkt, 
ein Teil der feindlichen Familien in die Sclaverei 



der Megarer verhinderten den Ausbruch eines 10 verkauft (Liv. XLII 63). Der Consul brachte den 



offenen Krieges (Polyb. XXII 4, 8ff.). 183 ver 
mittelten boiotische Gesandte einen Frieden zwi- 
schen Messeniern und Achaiern (Polyb. XXIII 16, 
4. 5). 180 erneuerte der Senat die Forderung, 
die verbannten ECmerfreunde zuruckzufuhren (Po- 
lyb. XXTV 12, 6). 

Auch als Perseus sich zum Kriege gegen die 
Eomer riistete, fand er vor allem in den Boiotern 
Bundesgenossen (Liv. XLII 12. 13. 42, auch Polyb. 



Winter 171/70 in Boiotien zu, da die Thebaner 
fiber Belastigung aus Koroneia klagten (Liv. XLII 
67). 169 wurden die Thebaner von C. Popilius 
und Cn. Octavius ermahnt, dem rOmischen Bund- 
nisse treu zu bleiben (Polyb. XXVIII 3, 2). Nach 
der Schlacht bei Pydna entsandten die Boioter 
Mnasippos an L, Aemilius Paulus, um wegen des 
Sieges fiber Perseus zu gratulieren (Polyb. XXX 
13, 3). Als die zehn Senatoren die Verfassung von 



XXII 8, 5. Appian. Mak. 11, 1. 7; vgl. Nitzsch 20 Griechenland ordneten, setzten es die Boioter, die 
_ . . — -,. ■, ^ „.- g j e j 1 an g j e ijej-au^jangten, durch, dass wirkliche 

und angebliche BOmerfeinde nach Rom entboten 

wurden (Liv. XLV 31). 

Bei dieser Regelung der griechischen Zustande 

muss der boiotische Bund, jedoch unter Ausschluss 

von Oropos, noch einmal hergestellt worden sein 

(Paus. VII 14, 4. 16, 6. Mommsen R. G. I 745; 

vgl. dagegen Freemann Hist, of Fed. Gov. 144). 

158 besserte sich die Lage in Boiotien nach dem 



Polyb. 25f.). 171 wurden die Legaten Q. Marcius 
und" A. Atilius nach Boiotien und dem ubrigen 
Mittelgriechenland geschickt (Liv. XLDI 37). Ver- 
bannte Boioter und boiotische Gesandte trafen 
Marcius 171 in Thessalien (Liv. XLII 38). Die 
rOmischen Gesandten liessen den Boiotern sagen, 
sie wurden sehen, welche Stadte mit dem von 
der Bundesversammlung beschlossenen makedoni- 
schenBiindnisse nicht einverstanden gewesen waren, 



Entschuldigende Gesandte aus Chaironeia und The- 30 Tode des Mnasippos (Polyb. XXXII 20, 2). Aber 
*"""•" ' ' n ■■■""■■ auch im letzten Freiheitskampfe der Griechen 

nahmen die Boioter gegen Rom Partei (Liv. per. 
LII). Sie wurden von Metellus in zwei Schlach- 
ten, bei den Thermopylen und im inneren Phokis, 
besiegt (Oros. V 3. Hist. misc. IV 13). Die The- 
baner fliichteten alle aus ihrer Stadt und liessen 
sie Ode liegen (Polyb. XXXIX 9, 10). 

Seitdem standen die boiotischen Gemeinden 
unter rOmischer Aufsicht. Der landschaftliche Ver- 



ben wurden nach Chalkis beschieden. In Theben 
hatte die rOmische Partei durch tfberrumpelung 
den Beschluss durchgesetzt, den der Gegenpartei 
angehOrigen Boiotarchen die Thore zu schlie'ssen. 
Die Boiotarchen gingen nach Thespiai, wurden 
von dort zurilckgerufen und setzten nun Verban- 
nung und Todesurteil gegen die Fiilirer der rOmi- 
schen Partei durch. Ismenias, das Oberhaupt der 
makedonischen Partei, begab sich nach Chalkis; 



dort traf er mit den verbannten Eomerfreunden 40 band hat, vielleicht ausschliesslich zu sacralen 



zusammen (Liv. XLII 43). Diese standen Isme- 
nias nach dem Leben; die Unterwerfung von ganz 
Boiotien, die er anbot, wurde von Marcius zu- 
ruckgewiesen, dagegen die einzelner Stadte wie 
Thespiai, Chaironeia und Lebadeia angenommen 
(Polyb. XXVII 1, 1—5. Liv. XLII 44, vgl. 47). 
Auch in Theben trat ein neuer Umschwung ein, 
den allerdings die ROmerfeinde aus Koroneia und 
Haliartos eine Zeit lang hinderten. Erst als 



Zwecken , bis in die rOmische Kaiserzeit fortbe- 
standen. Einzelne boiotische Gemeinden haben 
in dieser Zeit Kupfermunzen gepragt (Head Catal. 
of Gr. coins, Central Greece XLV). Ein zwischen 
Akraiphion und anderen boiotischen Stadten aus 
gebrochener Grenzstreit, der von Holleaux (Bull, 
hell. XIV 31) unter Dittenbergers Zustimmung 
(IGS 4130. 4131) in die rOmische Zeit gesetzt 
wird, ist wegen der Verwandtschaft der Larisaier 



Olympichos aus Koroneia auf die rOmische Seite 50 mit alien Boiotern von Larisa entschieden worden. 



flbertrat, wurde die Riickfiihrung deT EOmerfreunde 
und die Unterwerfung unter Eom beschlossen; 
Neon und Hippias , zwei Fuhrer der makedoni- 
schen Partei, mussten fliehen (Polyb. XXVTI 1, 
6 — 13. Liv. XLII 44). Auch weiteThin gelang es 
Marcius. die boiotischen Stadte einzeln zur Unter- 
werfung zu bringen; von den EOmerfeinden ent- 
kam Neon zu Perseus, den er nachher auf seiner 
Flucht begleitete (Liv. XLIV 43), Ismenias und 



Neue schwere Verwustungen erlitt Boiotien im 
ersten mithradatischen Kriege. Die Boioter, im-em 
alten EOmerhasse folgend, traten zunachst auf die 
Seite des orientalischen KOnigs. Sulla zwang sie, 
sich den Romern wieder zu unterwerfen (Appian. 
Mithr. 30; vgl. Paus. IX 7, 4), zumal die Ruck- 
sichtslosigkeit, mit der ATChelaos, der Feldherr 
des Mithradates, die Landschaft aussog, die 
Stimmung den EOmern gflnstiger gemacht hatte 



Diketas tCteten sich in der Gefangenschaft (Polyb. 60 (Pint. Sull. 16. 17). Den Thebanern, die an der 



XXVII 2, 1—10). 

Aber noch in demselben J. 171 suchten make- 
donische Gesandte auf der Ruckkehr von Rhodos 
in Theben, Haliartos und Koroneia die alten Sym- 
pathien zu beleben (Liv. XLII 46; vgl. Polyb. 
XXVI 5. XXVin 5, 8). Deshalb wurde P. Len- 
tulus beauftragt , die Boioter auf der rOmischen 
Seite festzuhalten (Liv. XLII 47). Er belagerte 



Parteinahme gegen Rom die Hauptschuld trugen, 
nahm Sulla ihr Land und gab die Halfte da von dem 
pythischen, die andere Halfte dem olympischen 
Heiligtum (Plut. Sull. 19. HeTtzberg Griechen- 
land unter den Romern I 374). Durch den er- 
neuten Vorstoss des Mithradates geriet Boiotien 
85 wieder ins Schwanken, wurde aber von Sulla 
schnell bpruhigt (Appian. Mithr. 51). Larymna, 



663 



Boiotos 



Boiotos 



664 



Anthedon nnd Haliai wurden zerstOrt, die ubrige 
Landscliafl verwfistet (Plut. Sull. 26; vgl. Paus. 
IX 33, 4). Ein Streit zwischen Chaironeia nnd 
Orchomenos wurde 74 von L. Lucullus taktvoll 
beigelegt (Plut. Kim. 1. 2). 

Unter der Habsucht anderer Statthalter und 
der Steuerpachter hatte Boiotien schwer zu leiden 
(Cic. in Pison. 86. 96; de deor. nat. HI 49; vgl. 
pro Flacc. 63. 100). Im zweiten Bttrgerkriege 
nahmen die Boioter wieder far den Schwacheren 
Partei (Appian. b. c. II 49. 70). Boiotische Mann- 
schaften wurden von Pompeius in die Legionen 
eingestellt (Caes. b. c. Ill 4, 2) und nahmen bei 
Pharsalos am Frontkampfe teil (Appian. b. c. 
II 75). 

Zu Anfang der Kaiserzeit war ganz Boiotien 
ausser Thespiai und Tanagra verkommen (Strab. 
VII 403, vgl. 410). Trotz dieses Notstandes dauerte 
die boiotische Schwelgerei fort (Boeckh CIG 
1625). Unter Caligula gab es in Boiotien eine 
jfidische Niederlassung (Philo legat. ad Gai. § 36). 
Um dieselbe Zeit war es sehr schwer, einen Mann 
zu finden, der die Boioter bei einer panhelleni- 
schen Festgesandtschaft an den Kaiser vertrat 
(IGS 2711. 2712). Mit der Zeit erholten sich 
einige Gegenden Boiotiens (Hertzberg Griechen- 
land unter d. Rem. LT 440ff.). Im 2. und 3. Jhdt. 
finden wir Boiotarchen mit rOmischen Namen (IGS 
106. 2242. 3426). Der bescheidene Wohlstand 
Boiotiens wurde durch die Gothen unter Alarich 
aufs neue zerstSrt (Zosim. V 5, 8). Trotzdem 
leisteten 401/2 die Boioter einen Beitrag zu der 
alien griechischen Stadten von Arcadius aufge- 
legten Getreidelieferung (IGS 24). Schliesslich 
wurde die viel geplagte Landschaft durch das 
grosse Erdbeben von 551 besonders hart mitge- 
nommen (Procop. de bell. Goth. IV 25). 

[F. Cauer.] 

2) Mutter der Hyaden von Hyas, Hyg. astr. 
II 21. [Escher.] 

Boiotos (Boicoros). 1) Sohn des Poseidon, 
Enkel des Kronos (pdxag aval;): Korinna frg. 1 
Bgk. aus Herodian. x. fiov. X£%. XI 8, wo Koch ly 
aus metrischen Grfinden das Bo«oxe (sic) streichen 
wollte; dagegen Bergk PLGIII*543, vgl. Et. 
M. s. Boimzog. B. ist Eyonymos von Boiotien, 
Sohn der Arne von Poseidon nach Hellanikos 
Bouonaxa frg. 6 und Apollodor. h> {IxvfioXoyimvT) 
rtp y aus Schol. AD II. II 494, FHG 146 = Niko- 
krates jr. xov ev 'Efoxcovi dycHvog (Geffcken De 
Steph. Byz. 45f. 76) frg. 3 aus Steph. Byz. s. 
Botmria, FHG IV 466 = Schol. D H. LT 507. Nach 
Djodor. IV 67 wird B. mit seinem Zwillings- 
bnider Aiolos (LT) in Metapontion geboren, wohin 
seine von Poseidon schwangere Mutter Arne von 
ihrem strengen Vater Aiolos in Begleitung eines 
Metapontiers verschickt worden war. Dieser kin- 
derlose Reisebegleiter adoptiert die Zwillinge; 
infolge eines Aufstandes werden sie spater KOnige 
von Metapontion, toten ihres Pflegevaters Gattin 
Autolyte infolge eines Streites derselben mit ihrer 
Mutter und fliehen nach der Blutthat mit vielen 
Freunden fibers Meer, B. nach Aiolis, wo er vom 
Grossvater Aiolos adoptiert wird, sein Konigreich, 
Arne umgenannt, erhalt, seine Eeisebegleiter 
Bouaxoi nennt, den Itonos erzeugt und Gross- 
vater des Hippalkimos, Elektryon, Archilykos und 
Alcgenor wird, ein Geschlecht vor den Troika. 



2) Sohn des Poseidon von der Melanippe, der 
Tochter des Hellensohnes Aiolos und der Chei- 
rontochter Hippe : Euripides, Mshivinnrj f\ ooipdg. 
Argum. bei Greg. Korinth. rhet. YII 1313, frg. 
484 — 492. Hier wird B. mit seinem Zwillings- 
bruder in der Heimat geboren und von der Mutter 
aus Angst vor dem Grossvater der Kleinen im 
Dung von dessen Rinderstall versteckt; dieser 
aber halt die Zwillinge fur stiererzeugte xigaza 

10 und will sie verbrennen, wovon Melanippe ihn 
abzubringen sucht; Argum. bei Dion. Hal. Rhet. 
IX 11. Genannt ist B. als apcpl fiovg gtqjeig 
frg. 486 aus Steph. Byz. s. Bouoxla = Eustath. zu 
Dion. Perieg. 426. In der Mskavlrnir} dsoficong 
frg. 493 — 518, mit gleicher Genealogie, werden 
die Zwillinge von dem erzfirnten Grossvater wil- 
den Tieren vorgeworfen, doch von einer Kuh er- 
nahrt, von Hirten gefunden und aufgezogen, dann 
von der kinderlosen Gattin des Konigs Meta- 

20 pontos von Ikaria, Theano, aus Angst verstossen 
zu werden, als eigene Kinder dem Kimige unter- 
geschoben und von diesem ins Herz geschlossen. 
Spater aber will Theano, die mittlerweile eigene 
Kinder geboren hat, durch diese den B. und sei- 
nen Bruder wahrend eines Festes der Artemis 
auf der Jagd erstechen lassen; doch werden B. 
nnd Aiolos II durch Poseidons Dazwischenkunft 
gerettet und fliichten zu jenen Hirten zuruck, 
wo Poseidon sich ihnen als Vater zu erkennen 

30 giebt und sie auffordert , ihie vom Grossvater 
(Desmontes falschlich Hyg. fab. 186 im Argum.) 
gefangen gehaltene und geblendete Mutter Mela- 
nippe zu befreien. Sie toten jenen und fuhren 
die Melanippe nach Ikarien, erOffhen dem Meta- 
pontios die Schandthat der Theano und werden 
von ihm adoptiert. B. grundet Boiotien in Pro- 
pontide. Auch nach Euphorion bei Steph. Byz. 
a. O. sind die Hirten die Namen gebenden. Hyg. 
fab. 157 hat das Stemma Poseidon, Melanippe, 

40 B., Aiolos II. Strab. VI 265 nennt als in Iapy- 
gien lebend den Mythos von B., Metapontios, 
Melanippe deofi&ztg. Diodor. XIX 53 hat B. 
als eponymen KOnig von Boiotien, Sohn des Po- 
seidon und der Melanippe; B. und Aiolos II be- 
rfihmt als Beschutzer ihrer Mutter aus Botozia (!) : 
Epigr. Kyzik. Anth. Pal. IH 16. 

3) In jfingeren Quellen erst finden sich locale 
Ankniipfungen an Boiotien. Schol. DEII 511: 
B. Vater der Hermippe , die von Zeus den Orcho- 

50 menos empfangt. Schol. D II. II 496: B. Grunder 
von Hyria, Sohn des Orchomenos. Schol. B(L) II. 
II 506: B. Grunder des ersten Poseidonheiligtums 
in Onehestos. Schol. B(L) II. II 494: B. Vater des 
Eteonos, fiber diesen Grossvater des Are'ilykos, 
Alektryon, Hippalkimos, Alegenor (= Diod. IV 67) 
und weiterhin fiber Are'ilykos Ahn des Arke- 
silaos und Prothoenor, fiber Alektryon des Leitos, 
fiber Hippalkimos des Peneleos, fiber Alegenor 
des Klonios. Ps.-Plut. de fluv. II 2, angeblich 

60 nach Leon v. Byz. Boiwxiaxd frg. 2, FHG H 
330 in einer Legende, welche den frfiheren Na- 
men des Kythaironberges 'Aaxigiov erklaren soil, 
ist B. Gatte der Eurythemiste; er wahlte diese 
aus zwei Madchen aus, nachdem beide auf dem 
Gipfel des damals noch namenlosen Berges fiber- 
nachtet hatten, ein vom Himmel herabfallender 
Stern aber gerade auf die Schulter der Eurythe- 
miste gefallen und dort verschwunden war. 



665 



Boiotos 



Botchoris 



666 



4) Einen B., Sohn des Itonos, Enkel des 
Amphiktyon, kennt Steph. Byz. s. BoioixCa. Epo- 
nymos der Boioter, Sohn der Melanippe vi/tyf) 
nennt diesen Itonos-SprOssling Paus. IX 1, 1. 

[Tfimpel.] 

5) Sohn des Pamphilos, Athener (Ksigtddijg), 
Dem. XXXIX 32. XL 23. Gegen ihn scheint 
die Kede des Isaios ngog Bouaxbv ix drjftoxiov 
iiqjemg gerichtet gewesen zu sein (Harp. s. Kstgiddqg 
und XijSts, vgl. Baiter-Sauppe O.A. II 229.10 
Schafer Dem. B. 213, 8), welche fibrigens mit 
den in den demosthenischen Reden XXXIX und XL 
erwahnten Streitigkeiten nichts gemein hat. Dass 

er dem Demos der Ketgiddai von der Phyle Hippo- 
thontis angehOrte, geht hervor aus Harp. s. Keigiddr/g 
verglichen mit Dem. XXXIX 23. 25. 28, sofern 
aus den letzterwahnten Stellen erhellt, dass die 
Familie der Plangon (s. Nr. 6), der Schwester 
unseres B., zur Phyle Hippothontis gehOrte. Als 



den Erben des Mantias genannt werden nd/iydog 
OoQlxtog, Mavrt&sog Ooglxtog, Mavzlfteog 0og(- 
xwg. Etwa im J. 347 wird der von neuem gegen 
B.-Mantitheos angestrengte Process des Manti- 
theos wegen der mfitterlichen Mitgift fallen, fur 
die XL. [demosthenische] Rede agog Boitoxov 
oder besser Mavxi&eov jisqI sigotxoe iA.r)xgq>ag ge- 
schrieben ist, vgl. Dionys. Din. 13 p. 666. Schafer 
B. 220ff. 

7) Delischer Archon, Jos. ant. XIV 231. 

8) Makedone. Freund des Antigonos und De- 
metrios, fallt in der Schlacht bei Gaza im J. 312 
v. Chr., Diod. XIX 85, vgl. Droysen Hellenism. 
H 2, 45. 

9) Aus Sikyon. Siegt zu Olympia im Lauf 
01. 164 = 124 v. Chr., Afric. bei Euseb. chron. 
I 210. [Kirchner.] 

10) Aus Syrakus, Dichter von Parodien, Zeit- 
genosse Philipps I. von Makedonien, spater durch 



Bruder dieses B. werden genannt Hedylos und 20 die Gewaltherrschaft des Agathokles aus seiner 



Euthydemos, Dem. XL 23. Der bei Dem. XXI 
71 erwahnte Boimxdg, welcher von Euaion, dem 
Bruder des Leodamas, erschlagen war, wird ein 
anderer als B. KeiQid&tjg gewesen sein ; vgl. Schafer 
B. 213, 8. 

6) Neffe des B. Nr. 5, Sohn des Atheners 
Mantias {0o e ixiog) t Dem. XXXIX 7. 10. 30. 37, 
der eigentlich Mantitheos heisst. B.-Mantitheos 
tritt seinem Vater Mantias gegenuber mit der 
Behauptung auf, er sei der rechtmassige Sohn 30 
des Mantias und der Plangon, Dem. XXXIX 2. 
XL 9, welche die infolge eines Zerwiirfnisses ver- 
stossene erste Ehefrau des Mantias gewesen sein 
muss, Schafer B. 219; vgl. Zimmermann De 
nothorum Athenis condicione (Diss. Berlin 1886) 
llff. 15. Thalheim Quaest. Demosth. (Progr. 
Schneidemuhl 1889) 7ff. Nachdem Plangon vor 
dem Schiedsrichter die Erklarung abgegeben, dass 
B.-Mantitheos von Mantias und ihr stamme, 
wird B.-Mantitheos in die Phratrie aufgenommen, 40 
Dem. XXXIX 2— 4. XL 9— 11. Gleich nach dem 
Tode des Mantias lasst B.-Mantitheos sicb unter 
dem Namen Mantitheos in den Demos einzeich- 
nen, XXXIX 5. Beim Tode des Vaters um 356, 
Schafer B. 224, kommt es zu Streitigkeiten 
zwischen Mantitheos, dem Sohn des Mantias und 
der Tochter des Polyaratos von Cholargos, und 
seinen Stiefbriidern B.-Mantitheos und Pamphilos 
wegen der Mitgift der schon fruher verstorbenen 



Vaterstadt vertrieben (Alex. Aetol. Meineke Anal. 
Alex. 230. Brandt Corpusc. poes. graec. lu- 
dib. I 51). Mit Anerkennung erwahnt von Pole- 
mon (frg. 45 PreU. Ath. XV 698 b). Von seiner 
Poesie entwirft Alexander von Pleuron a. a. O. 
ein kurzes Bild, wonach man ihn als Vorlaufer 
des Herondas betrachten kann. Crusius Unters. 
zu Herond. 50. [Knaack.] 

Boiotro s. Boiodurum. 

Boiskol {Boiaxoi), eine dem Hunnenfiirsten 
Rua oder Rugila unterworfene pontische Volker- 
schaft, welche sich unter rOmischen Schutz be- 
geben hatte, Prisons Pan. frg. 1 zum J. 433; vgl. 
lord. Get. 24. Es war eine vormals unabhangige 
hunnische Horde. S. auch Boii. [Tomaschek.] 

Boiskos (Botcxog). 1) Sohn des Antiochos. 
Iloirjxrjg xaivijg xw/tcpdtag. Siegt in den Museia 
zu Thespiai Anfang des 1. Jhdts. v. Chr., IGS I 
1761. 

2) Eponymer Prytan in Korkyra, CIG 1858. 

3) Faustkamper aus Thessalien. Xen. anab. 
V 8, 23. [Kirchner.] 

4) S. Boedas. 

Bokalia s. Bokaros Nr. 1. 

Bokana (Bcbxava), Ptol. VII 4, 5, Ort an der 
Sfidostkuste von Taprobane (Sailan) zwischen dem 
Floss Barakes und dem Hafen Mordula; daher 
das Volk der Bokanoi § 9 sfidlieh vou den Mor- 
duloi und Ostlich von den Tarachoi. Eine An- 



(XL 27) Mutter des Erstgenannten (XL 13ff.). Nach- 50 kniipfung an irgend eine bekannte Localitat ist 



dem die gegenseitigen Anfeindungen der Bruder 
eine ganze Weile gedauert, XL 16. 17, erwirkt 
Mantitheos in Sachen der mfitterlichen Mitgift 
von dem Schiedsrichter ein Contumazurteil gegen 
B.-Mantitheos, an welches letzterer sich jedoch 
nicht kehrt, da er nicht B., sondern Mantitheos 
heisse, XL 17. 18. Nunmehr erhebt Mantitheos 
gegen B.-Mantitheos die Klage wegen unrecht- 
massiger Aneignung des Namens Mantitheos. Da 



noch nicht gelungen; H. Yule riet auf Kombu(k)- 
gama. [Tomaschek.] 

Bokaros (Batxagog). 1) Bach auf Salamis, 
spater Bcoxalia genannt. Strab. IX 394. Ly- 
kophr. 451 m. Schol. Et. M. Hesych. Eust. II. 
II 637; Dion. 511. Bursian Geogr. I 563. 

2) Fluss auf Kypros, Eur. Bakch. 407 Nauck, 
wo nach Meursius Btoxdgov statt des uber- 
lieferten ^ag^dgov zu lesen ware, was durch 



durch schiedsrichterlichen Spruch eine Einigung 60 Hesych., bei dem je eine Notiz fiber den sala- 



nicht erzielt wird, XXXIX 37ff., kommt die Sache 
vor Gericht im J. 350, vgl. Schafer B. 223. 
Fur diesen Process ist die XXXIX. demosthe- 
nische Rede ngog Boiwxov jiegi xov ovofiaxog 
verfasst. Mantitheos verliert den Process; dem 
Sohn der Plangon wird das Recht zugestanden, 
sich ebenfalls Mantitheos zu nennen, XL 18. 20, 
vgl. CIA II 803 d 4 aus dem J. 342, wo unter 



minischen und den kyprischen B. zusammenge- 
flossen zu sein scheint, und besonders durch die 
Legende Bd> . xa . go . g auf paphischen KOnigs- 
mfinzen bestatigt wird. Oberhummer Abhandl. 
W. v. Christ dargebr. 92ff. [Oberhummer.] 

Bokchoris, Boxxogig {Bo^ogog Iambi, bei Phot, 
bibl. p. 75 Bekker, B6xx">Q>s Manethos), beriihmter 
agyptischer KOnig (aSofievog Aelian. n. an. XII 



667 



Bokchyris 



Bolbe 



668 



3), der bei den Griechen wegen seiner Gerechtig- kannten Vettius Bolanus, vgl. Hiibner Ephem. 

keit sprichwertlich war (Diod, I 94, 5. Plat. epigr. II p. 34. 

Demetr. 27 ; vitios. pud. 3. Zenob. II 60 v. Leutsch. 1) Bolanus als Hitzkopf (o te, Bolane, cerebri 

Ael. n. an. XI 11. Iambi, a. a. 0.) und sich als felicem) erwahnt Horat. sat. I 9, 11. 

Gesetzgeber namentlich durch die Regelung der 2) M. Bolanus, Freund Ciceros, Cic. ad fam. 

Schuldgesetze verdient gemacht haben sollte (Diod. XIII 77, 2 (geschrieben im J. 709 = 45). Dieseh 

I 79, 4. 94, 5). Nach anderen trberlieferungen der gens Yettia zuzuweisen, dafur liegt nicht der 

ware er ausserordentlich gottlos (Ael. n. an. XI . mindeste Grand vor. [Klebs.] 

11), ein siecber Geizbalz (Diod. I 94, 5) oder 3) Bolanoa, syrischer Bischof urn 265, Teil- 
wie sein Yater Tvicpax&og (Diod. I. 45, 2, Tex- 10 nehmer an der antiochenischen Synode 268 gegen 

va.Kxiq oder rre(pa%&i6 Pint, de Is. et Os. 8) oder Pauhis von Samosata und Mitunterzeichner eines 

Neoxafiis (Athen. X 418 e) ein Anhanger einfacher jenen Haeretiker angreifenden Briefes, Euseb. 

Lebensweise gewesen. Diodor lasst ihn einmal (I hist. eccl. VII 30, 2, der Brief bei Eouth Eeliqu. 

65, 1) anf die Pyramidenerbauer folgen und lange sacrae III 2 289—299. [Jiilicher.] 

vor Sabakon regieren, das anderemal (I 94, 5) Bolathen (BuoZadrjv) , Name des Kronos bei 

nennt er ihn zwischen Sesoosis und Amasis. Lysi- den Phoinikiern nach Damaskios (Yit. Isid. bei 

macbos (bei Jos. c. Ap. I 34. II 2, vgl. FHG IE Phot. cod. 242 p. 343). Der Name scheint aus 

335. Tac. hist. Y 3) setzt in seine Eegierung, 1700 Bol (= Ba'al) und Athe (vgl. Atargatis) zu-- 

Jalire vor seiner Zeit, den Auszug der Juden. sammengestellt zu sein, Bathgen Beitrage zur 

Manethos (nach African, bei Synkell. p. 74 B. 20 sem. Eelig. 88. 255. [Cumont.] 

Euseb, ebd. 75 A; chron. p. 104 = FHG II 592f. Bolax (B&Xag), Stadt in der elischen Land- 

Lepsius Konigsbuch Quellentafel 21), fiihrt ihn schaft Triphylia, Pol. IV 77. 9. 80. 13. Curtius 

als einzigen Konig der vierundzwanzigsten Dyna- Pel. I 92. 118. Bursian Geogr. II 285. 

stie aus Sais und als Vorganger des Aithiopen [Oberhummer.] 

Sabakon (s. d.) an. Den Namen sa'itischer Klein- Bolba, Stadt Gross-Armeniensbeim Geogr. Eav. 

konige aus dieser Zeit (Tefnachte, Nechepsos, Ne- n 12 p. 75 in einer von Stranguria bei Arta- 

kos) ahneln auch die oben uberlieferten Namen xata aus aufgezahlten Eeihe. [Baumgartner.] 

des Yaters des B. Der manethonische B. wird ge- Bolbai (BoXfScu von §6Xp*]), Stadt Kariens, 

wOhnlich mit einem Konig Bk-n-rnf identificiert, Steph, Byz.: xoXig Ragtag xai noxafiog (Meineke 
von dem man nur weiss, dass er zwischen dem30corr. izoXttt\g) BoXflaicorrjg. B. hiess auch 'Hqo- 

letzten Konig der zweiundzwanzigsten und dem xXsia. [Biirchner.] - 

letzten der fflnfundzwanzigsten Dynastie regiert Bolbe. 1) BoXftrj (Botfly Steph. Byz., wohl 

hat. Die von Manethos a. a. O. erwahnte fabel- nur in Verwechslung mit dem Namen des Sees 

hafte Gesehichte von einem redenden Lamm, das Boibe'is, s. d.) , See in der makedonischen Land- 

unter B. erschienen sein sollte, hat auch Aelian schaft Mygdonia, nahe an Thrakien (Thuk. I 58, 

n. an. XII 3 von ihm entlehnt. [Settle.] 2. Skyl. 66. Strab. VII 331 frg. 36. Schol. Aesch. 

Bokchyris, Box%vek oder Moxxvgig, Ort Pers. 494), sumpflg und schilfreich (Aesch. a. a. 0.), 

(xcbfitj) im Innem der Marmarika. Ptol. IV 5, durch ein kurzes Thai, Aulon genannt (s. d. Nr. 8), 

28. [Sethe.] und einen kleinen Fluss, wahrscheinlich den Rhe- 

Boxxavov rjfiegov s. Buconis turris. 40 chios des Prokop. aed. IV 3 a. E., zum strymo- 

Bola (BcoXa, Einwohner Bolani, BwXavot), alte nischen Golf entwassert (Thuk. IV 103, 1). Von 

Stadt in Latium, angeblich albanische Colonie seinen Zufliissen nennt Hegesand. 40 (FHG IV 

(Verg. Aen. VI 776; aber bei Diod. frg. 1. VII 420 aus Athen. VIII 334 e) den Ammites (s. d.) und 

= Euseb. chron. I p. 289 Schoene ist wohl Bovillae den Olynthiakos, wahrscheinlich diebeidengrOsseren 

gemeint), aber dann in den Handen der Aequer (s. der von Sttden her einmiindenden Bache ; in letz- 

o. Bd. I S. 597). Es muss im obern Saccothale, teren stieg in den Monaten Anthesterion und Ela- 

benachbart Labici (Monte Compatri, s. Bd. I S. 1310) phebolion der Fisch ajconvQig in enormen Mengen 

und Toleria gelegen haben (Liv. IV 49. Diod. aufwarts. Archestr. 53 E. (Athen. VII 311a) nihrnt 

XIII 42. Dionys. VIII 18. Plut. Coriol. 28); die den xsaxgevg (Meeriische) und den Zdpgak' (See- 
Identification mit Poli im Sabinergebirge nOrd- 50 barsch , s. Oberhummer Akarnanien 239) im 

lich von Palestrina ist ganz unmOglich. In den See B. Noch mehr preisen Io. Kamen. 5 und 

Aequerkriegen (Liv. IV 49—51) spielt B. seiner Nikeph. Chumn. bei Boissonade An. Gr. II 140 

festen Lage wegen eine bedeutende Rolle (Liv. dessen Fischreichtum als eine Quelle der Nahrung 

VI 2. Diod. XIV 1 7) ; wahrscheinlich wurde es fitr die umliegenden Dsrfer und besonders fur die 

nach dem Siege der RSmer zerst6rt, Plinius III Stadt Thessalonike. Zuletzt nennt Kantakuz. II 

69 fiihrt es unter den ganz verschwnndenen Orten 25 den See mit seinem antiken Namen. Jetzt 

Latiums auf. Eeste sind nicht nachzuweisen, heisst er Beschik Gol und erfullt mit dem klei- 

Nibbys Ansetzung von B. = Lngnano ist m6g- neren Aivasil Gol (Langaza), dessen antiker Name 

lich, doch, nicht sicher; vgl. Nibby Dintorni di uns unbekannt ist den grosseren Teil der Thal- 
Eoma I 291—296. tiber das angebliche sam- 60 furche, welche sich 5stlich von Saloniki zum Golf 

nitische B&Xa bei Diod. XX 90 s. Bovianum. von Rendina zieht und die Halbinsel Chalkidike 

[Hulsen.] von Makedonien scheidet. Tafel Thessalonica 

BcaXatovidai, Patra von Kamiros; Phyle und 239f. 258ff. 263ff. 272ff. Leake N. Gr. ILT 169f. 

.Phratrie' unbekannt. IGIns. I 695, 41. 231f. Desdevises-du-Dezert MacAl. 48. Di- 

[Hiller v. Gaertringen.] mitsas MaxeSov. I 198f. Th. Fischer Balkan- 

Bolanas ist Nomen gentilicium, kommt da- halbinsel (in Kirchhoffs Landerk.) 119. 

neben aber auch in den Mailander gens Vettia 2) BoXfirj, Stadt am gleichnamigen See (Steph. 

als Cognomen vor, wie bei dem aus Tacitus be- Byz. s. BoXfiai), von Prokop. aed. IV 4 p. 279 



669 



Bolbene 



BoXpoq 



670 



als Bol§6g unter den von Iustinian I. erneuerten und die Zwiebel vorvoX (Heldreich Die Nutzpfl. 

Castellen genannt. Tafel Thessalonica 263. Griechenl. 7); sie bluht in Attika vom 20. Marz 

Leake N. Gr. Ill 231. 462. Desdevises-du- bis Ende -April (A. Mommsen Griech. Jahres- 

Dezert MaceM. 351. Dimitsas MaxsS. II 254. zeiten 513) und findet sich sowohl dort (ebd. 531) 

[Oberhummer.] als in Italien als Unkraut auf Saatfeldern. Ausser- 

3) Eponyme Nymphe des thrakischen Sees, dem sind zwar auch die Zwiebeln von Allium 

von Herakles Mutter des Olynthos, sendet in roseum L. und Allium neapolitanum Cyr. essbar 

den Monaten Anthesterion und Elaphebolion dem (Heldreich a. a. 0. 82), dfirften aber nicht 

Olynthos den Fisch dsiojivgig nach epichorischer weiter in Betracht kommen. In den pseudohip- 
Sage, entstanden aus der Beobachtung, dass um lOpokratischen Schriften wird das (SoXfiiov zur Rei- 

diese Zeit eine ungemeine Menge dieses Fisches nigung des Muttermundes empfohlen (1478 Kuhn); 

bis genau zum /tvr]/^eTor'OXvr§ov den Olynthiakos- wenn sich die Milch verloren habe, solle die Frau 

fluss hinaufsteigt : Hegesandros Hypomnemata frg. Weizenmehl mit (}. und 01 geniessen (H 593); 

40 aus Athenaios VIII 334 e, FHG IV 420f. In nach der Entbindung solle der zwischen dem 

diesem Steroma scheint Herakles an Stelle des Weizen wachsende (SoXpixog , in Wein zerrieben, 

alteren Strymon getreten zu sein. [TiimpeL] an die Gebiirmutter gelegt werden (LT 595); um 

Bolbene [BoXfl^v^) , beseitigte Lesart statt empfanglich zu werden, solle die Frau den Samen 

'OfloQdrjvri bei Ptol. V, 12, 13; vgl. Wilberg oder die Blfite des weissen /?., zerrieben mit Honig, 

z. p. 358, 15. [Baumgartner.] in Wolle drei Tage lang an die Gebarmutter legen 

BoXflirocov GTOfia, eine der Nilmundungen, 20 (II 715) oder das scharfe [SoXfSiov , welches sich 

benannt nach der Stadt Bolbitine (s. d.). unter dem Weizen besonders in Agypten zeige 

[Sethe.] und dem agyptischen Kummel ahnlich sei, mit 

Bolbitine (BoXfSnivt]), Stadt in Unteragypten, Knoblauch und Laugensalz auflegen (II 851). Auf 
Hekat. bei Steph. Byz., an der nach ihr benann- diese Eigenschaft als eines Aphrodisiakon spielen 
ten Mlmiindung(i?o/ , ./?j«)'ov oder BoXpmxov ozofta), die Komiker Alexis und Xenarchos an, letzterer 
die nach Herod. II 17 kiinstlich war und durch den /S. als einen Hausgenossen der Demeter be- 
die nach Ptol. IV 5, 43 der TdXv genannte Nil- zeichnend; von ihr sprechen auch die Arzte Hera- 
arm miindete, Pseud.-Skylax (Geogr. gr. min. I kleides, Tarentinos und Diphilos (bei Athen. II 
80). Diod. I 33,7. Strab. XVII 801. Mela I 60 63 e— 64 b). Der letztere sagt ausserdem, dass 
( Volbitieum). Plin. n. h. V 64. Ptol. IV 5, 10. 30 der /?. zwar schwer verdaulich , aber sehr nahr- 
Athen. II 90 c. Der altagyptische Name der Stadt haft und dem Magen wohl bekOmmlich sei, iibri- 
ist bisher nicht -nachgewiesen, koptisch heisst sie gens (vgl. Diokles bei Plin. XX 106) die Augen 
Tiraschit, jetzt Easchid (Eosette). [Sethe.] blade maehe (ebd.). Als Aphrodisiakon kommt 

Bolbos s. Bolbe Nr. 2. der /3. auch in einem Sprichwort bei Athenaios 

BoXfios (und fSoXflivr]). Das lateinische Wort a. a. O. vor, welcher als die wirksamsten in dieser 

bulbus, welches dem griechischen yeXytg neben p. Hinsicht und die besten die sog. ftaoiXixoi, nachst- 

entspricht, halt O. Schrader (Sprachvergl. u. dem die rfltlichen bezeichnet, wanrend die weissen 

Urgesch. 1890, 427) eher fur urverwandt mit dem und libyschen scillenartig (scharfj und die &gyp- 

griechischen , als von demselben entlehnt, wofiir tischen die schlechtesten seien. Wie sehr die 
seine Verwendung als Eigenname (zuerst C. Ati- 40 §. bei den Thrakern im Gebrauch gewesen sind, 

lius Bulbus, Consul im J. 245 und 235 v. Chr., beweist der Umstand, dass bei der Vermahlung 

CIL I 2 138. Eutrop. Ill 3) und die Haufigkeit des Iphikrates mit der Tochter des thrakischen 

seiner Ableitungen, wie btdbosus bulbaceus (bei Konigs Kotys im J. 382 v. Chr. die Neuver- 

Plin.) u. s. w. spreche. Wie /S. und yeXyig muss mahlten ausser andern Geschenken einen zwolf 

es dann golgos zur Grundform haben (A. Fick Ellen hohen Topf da von erhielten (Athen. IV 131 c). 

Gfitt. Gel. Anz. 1894, 232) und oskischen Ursprungs Theophrast sagt von den essbaren (i. (h. pi. VII 

sein (0. Schraderbei V. Hehn Kulturpfl.6 202). 12, 1), die Zwiebel als eine Verdickung der Wur- 

Griechische Eigennamen, hergeleitet von /S., sind: zel statt des Stengels ansehend, folgendes: Der 

BoXfiai, BoXpt], BoXPirtvi), BoXflog. Die Griechen {I. wachst als Unkraut unter dem Weizen (h. pi. 
und Romer gebrauchten das Wort fur die Knollen 50 VIII 8, 3) ; er hat eine aus Schuppen (vgl. h. pi. 

verschiedener Zwiebelgewachse (z. B. Diosk. IV VII 9, 4) oder Rinden bestehende, fleischige Wur- 

84. Ruf. Ephes. de pod. 20, 3. Geop. XI 20, 5. zel und mehrere kleine Wurzelchen; wahrend 

Cels. II 18. Ovid. med. fac. 63. Plin. XIX 60. andere Wurzeln seitwarts Wurzelchen aussenden, 

XXI 24. Pall. Ill 21, 3) , auch die von Arundo steigen bei ihm die Wurzelchen aus der Mitte ab- 

donax L. (Plin. XVII 144. Col. IV 32, 2. Geop. warts, um die Nahrung aufzusaugen (h. pi. I 6, 

V 53, 1), ausserdem aber auch Plinius (XVH 87. 7-9; vgl. Plin. XIX 99); wahrend die Wurzel 

XIX 95. XX 102) von Zwiebelgewachsen selbst. gross und schwach ist, sind die oberen Teile zart 

Doch unterschieden sie vor allem einen essbaren (Theophr. c. pi. VI 12, 1) ; die Blatter sind sehr 

und einen Erbrechen erregenden yS. (Diosk. II 200. schmal, wenn auch nicht so schmal wie die des 
201. Plin. XX 102. 107. Gal. XI 851. 852. Orib. 60 gemeinen Safrans (h. pL VII 13, 1), und unge- 

colL XVI § 2, 18. Paul. Aeg. Vn s. v.); den stielt (ebd. I 10, 8); der Same ist (verhaltnis- 

ersteren bezeichnet Galen auch als angebaut. massig) gross (c. pi. IV 6, 8) ; der wildwachsende 

I. Muscari comosum Mill. (Bellevalia comosa (I. vermehrt sich durch Wurzeln, denn da die 

Kunth , Hyacinthus comosus L.). Diese Pflanze Wurzel ausdauernd ist, treibt sie alle Jahre junge 

findet sich sehr haufig in Griechenland; die Zwie- Brut (h. pi. VII 2, 1. 2. 4, 12); die Samen der 

beln, fioXfioi genannt, werden gesammelt und, ge- ({. sollen nach einigen zu verschiedenen Zeiten 

kocht oder in Essig eingelegt, von den Land- aufgehen, nach anderen sollen die<^. aus Brut- 

leuten gegessen; albanesisch heisst sie xaXoyev& zwiebeln im zweiten Jahre oder aus dem Samen 



671 



BoX§6g 



Bol§6$ 



672 



673 



Bolbulae 



Bolingai 



674 



des vorigen Jahres hervorgehen (c. pi. IV 6, 1); 109). Die /S. werden vor dem Fruhling ausge- 
zugleich mit der Narzisse, Lilie (Lilium chalce- graben, sonst werden siesofort sehlecht;einZeichen 
donicum oder bulbiferum L.) und der Bergane- der Eeife ist es, wenn die Blatter von unten auf 
mone (Anemone stellata oder pavonina Lam.) er- trocken werden ; man verwirft die alten , langen 
scheint die Bliite (xadvov eigentlich = Mohnkopf) und kleinen; dagegen lobt man diejenigen, die 
des /?. , den einige auch in die Kranze flechten rOtlich, runder und recht gross sind (Plin. XIX 97). 
(h. pi. VI 8, 1 u. Athen. XV 680 e); die Zwie- Hinsichtlich der diatetischen Wirkung sind die 

beln sind an der Spitze am bittersten (c. pi. VI yS. von schlechtem Saft (Cels. II 18) , blahend 
10, 7; vgl. Plin. XIX 97). Nikander lobte die (ebd. 26. Gal. XI 851) und sclrwer verdaulich 
vonMegara (Athen. II64d), welche Cato (8, 2 und 10 (Gal. a. a. 0.); sie nahren stark, blahen aber 
bei Plin. XIX 93) als Kranzblume im Garten zu (Diosk. II 200), denn sie gehoren zu den Pflanzen, 
pflegen empfaM und die von Ovid als weiss be- welche viel Samen hervorbringen (Gal. XI 777). 
zeichnet warden (ars am. II 421). Hiebei mag Gegessen wird die Wurzel (Zwiebel), im Friihjahr 
darauf hingewiesen werden, dass Megara durch aber auch bisweilen der Keim; der Geschmack 
semen Knoblauch bertihmt war (Schol. Aristoph. ist ausgepragt bitter und herhe, weshalb sie auch 
pae. 246. Suid.) ; auf die Wirkung desselben (Gal. VI 652. Orib. coll. II 22) den Appetit an- 
gehen die MsyaQecov ddxgva der Paroemiogra- regen ; wenn sie zweimal gekocht werden, nahren 
phen (Zenob. V 8). Auch Columella (X 105) sie mehr; besser ist es, sie mit Essig, 01 und 
baute den butbus megaricus im Garten und bezeich- Fischsauce zu geniessen (Gal. Orib. a. a. O. Paul, 
nete ihn als Aphrodisiakon, als welches er auch 20 Aeg. I 76). Nicht nur isst man sie in Wasser 
sonst erscheint (Ovid. a. a. O. u. rem. am. 798. gekocht, sondern einige bereiten daraus auch 
Plin. XX 105), wahrend diese Wirkung auch dem Pfannengerichte, viele rflsten sie ; einige essen sie 
apulischen, libyschen (Ovid. rem. am. 797) und auch roh, um den Appetit anzuregen (Gal. VI 
numidischen (Col. X 107) oder dem /S. im allge- 653. 654). Ptir die Verwendung in der Kiiche 
meinen zugeschrieben wurde (Varro bei Apic. 311. finden sich auch bei Apicius mehrere Recepte: 
Mart, HI 75, 3. XIII 34. Diosk, II 200. Gal. VI so bilden die 0. einen Bestandteil eines Ragout 

652. 851. Orib. coll. 11.22; euporist. II 1 B 11. oder Voressens (181. 182); sie werden mit 01, 

IV 107, 1; vgl. die lat. Ubers. bei Bussemaker Fischsauce, Essig und etwas rSmischem Kiimmel 

et Daremberg VI p. 444. Paul. Aeg. I 76). gegessen (309) ; gekocht und mit 01 gerOstet unter 
Cato (bei Plin. XVIII 34) bezeichnete das spon- 30 Beigabe einer Sauce (ebd.) ; gesotten mit andern 

tane Vorkommen der bulbi minuti als Zeichen Ingredienzien (310); gerOstet mit Fischsauce und 

eines guten Ackerlandes. In Mauretanien waren Weinbruhe (312); in Rauch gedOrrt als Fullsel 

die B. eine gewOhnliche Kost, sie kamen von hier eines Ferkels mit andern Ingredienzien (384). In 

auch nach Rom (Iuven. VII 120) und wurden hier den mittelalterlichen Glossarien zahlen die /?. zu 

im Garten gebaut (Col. a. a. 0.). Nach Diosko- den Speisen (Corp. Gloss. L. HI 14, 59. 87, 48. 

rides (II 200) ist der rote und libysche /?. dem 184, 7). 

Magen und Unterleib niitzlich, der bittere und Von der medicinischen Wirkung handeln, wie 

der Scilla ahnliche ist ebenfalls dem Magen zu- erwahnt, besonders Dioskorides (II 200) und Pli- 

traglich und befordert die Verdauung. Nach Pli- nius (XX 102—106 ; vgl. XXIII 26. XXVIII 192. 
nius (XIX 95) wurden besonders gelobt die afri- 40 197. XXIX 44. XXX 73). Auch Serenus Sam- 

canischen una apulischen; wenn er von den rot- monicus wendete die /?. vielfach an und zwar 

lichen sagt, dass sie gegen Fehler im Gesicht meist in Ubereinstimmung mit Plinius (135. 145. - 

und Leberflecke gebraucht wurden (XX 103), so 237. 285 = Plin. XXVIII 192. 437. 491, und 681 

sagt dies Dioskorides (a. 0.) von den /?. im all- = Plin. XX 104). In der Tierheilkunde wurden 

gemeinen ; ilberhaupt weicht er bei der Angabe die /?. zusammen mit anderen Mitteln gegen Hasten 

der vielen Schaden und Krankheiten, welche die und Schwindsucht (Veget. VI 8, 2), sowie Zuckungen 

bulbi heilen sollen , da er besonders dem Theo- (Veget. a. a. 0. u. VI 9, 3) der Pferde , speciell 

doros, Damion und Diokles folgt, fast ganzlich die megarischen gegen Husten (Pelag. 480) und 

von Dioskorides ab; nur was die Heilung des Zuckungen derselben (ebd. 463) angewandt. 
Grindes, verletzter Ohren und der Verrenkungen 50 Spatere Erklarungen der ^. sind unzulanglich 

betrifft, stimmen sie flberein. In dem Edict Dio- oder falsch, so die als Triiffeln (Schol. Arist. n'ub. 

cletians vom J. 301 (VI 41. 42) ist der Maximal- 188), als einer Art Hulsenfrucht (Suid. zu Arist. 

preis fur zwanzig Stuck grOsster africanischer oder eccl. 1092), Gartenzwiebel (Suid. a. a. 0. Eustath. 

fabrianischer (wohl nach einem Faberius benannt) II. XIII 589 ; Od. I 156), als Meerzwiebel (Corp. 

oder vierzig Stuck der kleineren bulbi auf 12 Gloss. L. Ill 617, 50) oder als lapadiones (Orib. 

Denare = 22 Pfennig angesetzt. in d. lat. Ubers. bei Bussemaker et Darem- 

Was die Kultur der /?. betrifft, so hat man berg VI p. 444; vgl. Theod. Prise, de diaeta 10), 

nach Plinius (XIX 97) friiher geglaubt, dass sie ebenso der Vergleich mit der kolchischen Zwiebel, 

nur dnrch Samen (Saat) entstanden, aber auf den Colchicum autumnale L. (Schol. Theokr. XIV 17). 
Feldern von Praeneste wachsen sie von selbst und 60 Namentlich ist die Identificierung mit der Nar- 

auf den Saatfeldern von Rheims in unzahliger zisse (Corp. Gloss. L. Ill 587, 43. 570, 4. 608, 

Menge. Sie konnen durch Samen. aber auch durch 55. 618, 9) schon von Galen (XIX 88) unter Be- 

Wurzeln (Brutzwiebeln) fortgepflanzt werden (ebd. rufung auf (Ps.-)Hippokrates (II 851) und spater 

121). Gesat werden die (essbaren Geop. V 8, (1561) von Anguillara (119, bei Langkavel Bot. 

7) /?. von 1. Nov. bis 1. Febr. (Geop. XII 36). d. spateren Griechen 1866, 114) zuruckgewiesen. 
Man machte die KOpfe der ft. grosser durch Um- II. Allium ursinum L. ist nach Sprengel 

und Unterlegen von Steinen oder Scherben (Anatol. (Erlauter. zu Theophr. 282) gemeint , wenn es 

in Geop. XII 36), wenigstens friiher (Plin. XIX heisst, dass auf der Krim die /?. so suss seien, 



dass sie rob. genossen wurden (Theophr. h. pi. an der Drau zwischen Bares und Moslavina. Vgl. 

VII 13, 8; vgl. Plin. XIX 95). Mommsen GIL IH p. 507. [Patsch.] 

III. Den Erbrechen erregenden £. (Gal. XI Boleoi (BoXeot), Ortlichkeit auf der argoli- 
852. Orib. coll. XV 1 § 2, 18. Paul. Aeg. VII schen Halbinsel, nach Paus. n 36, 3 nur einige 
s. v.) beschreibt nur Dioskorides (II 201) genauer: Haufen zusammengelesener Steine. C artius Pel. 
die Blatter seien riemenartig nnd weit langer als II 464. 580. Bursian Geogr. II 98. 

die des essbaren /S. ; die Wurzel sei von einer [Oberhummer.] 

schwarzen Rinde umgeben; sie oder ein Decoct Bolerinm s. Antivestaeum. 

davon heile Blasenleiden und rufe Erbrechen her- Boleron {BoXsqov), Gegend im Westen des 

vor. Plinius (XX 107) giebt ihm statt der schwar- 10 untern Hebros, benannt nach der Stadt Belluros 

zen Rinde schwarze Blatter. Sprengel (in s. (s. d.), erst bei den Byzantinern genannt; s. die 

Commentar) Melt ihn fiir Narcissus Ionquilla L., Belegstellen bei Tafel Via Egn. or. 32f. 36 und 

der aber in Griechenland und im Orient nicht vgl. Tomaschek Thrak. II 2, 59. 61. Wenn 

vorkommt, Fraas (Synops. plant, flor. class. 289) jedochTafelnachdemVorgangvonLeunclavius 

wegen der Beschaffenheit der Blatter far Ornitho- Ann. Turc. 314f. 410 den Begriff auch Ostlich 

galum nutans L. Doch kann auch darunter die vom Hebros ausdehnt, so beruht dies offenbar 

in Griechenland abgesehen von Muscari como- auf Verkennung des dort genannten Bolaire, wo- 

sum am meisten verbreitete Muscariart, Muscari mit offenbar das noch heute tiirkiscne Btda'ir, 

commutatum Guss. mit schwarzbrauner Zwiebel griechisch nXayidgi, im Mittelalter auch Braehol, 
(Boissier. Flor. orient. V 296), zu verstehen sein. 20 Brachiolium genannte Dorf an der Wurzel der 

IV. Theophrast (h. pi. VII 13, 8 ; vgl. Plin. thrakischen Chersones, siidlich vom alten Kardia, 
XIX 32) und Phanias (bei Athen. H 64 d) sprechen gemeint ist; der portus albus des tttrkischen Chro- 
von einer Art /?., die an der Meereskuste wachse nisten bei Leunclavius scheint das Gegenstttck 
und Wolle zwischen den ausseren Hauten und den zum MeXas xobiog der Alten (Golf von Saros) 
inneren essbaren Teilen trage ; aus dieser Wolle zu sein und geht vielleicht auch auf eine antike 
wurden Socken und andere Kleidungsstiicke ver- Bezeichnung zuriick. Vgl. auch Boluros. 
fertigt ; von diesem £. versehieden sei der indische, [Oberhummer.] 
welcher Haare habe. Sprengel halt es fiir mflg- BmkrjTivos &Qrog, ein Brot in Form eines 
lich, dass hier Scilla hyacinthoides L. gemeint Pilzes, dessen Bereitung Chrysipp von Tyana bei 
sei, doch hat er Bedenken, weil sie nicht in 30 Athen. in 113c beschreibt. [Man.] 
Griechenland vorkomme, wahrend dies thatsach- Boletum, Stadt im nordwestlichen Teil von 
lich auf einigen griechischen Inseln und sonst im Hispania Tarraconensis am Siidabhang der Pyre- 
Mittelmeergebiet T)is Palaestina hin der Fall ist. naeen; Ruinen auf dem Monte Cilda nordwestlich 
Die Angabe des Theophrast liber den indischen von Barbastro. Dorther stammen (nach Gu err a) 
fS. scheint ungenau zu sein. die Inschriften CIL II 5843. 5845, welche Boletani 

V. Die (ioktiivT) des Theophrast (h. pi. VII 13, nennen; in dem etwas weiter nordlich liegenden 
9; vgl. Plin. XIX 95. Athen. II 64 b), von der Ort Boltafia ist der Name der Landsehaft erhal- 
er sagt, dass die Knolle kleiner als beim /?., wegen ten. Vgl. CIL II p. 939. [Htibner.] 
der runden Gestalt ihm ahnlich, weiss and ohne Bolirios s. Belgius. 

Haute sei, scheint Ornithogalum umbellatum L. 40 Bolinaios (Bofovaios), Bach in Achaia, nach 

zu sein (bei Diosk. n 173 oQvi&oyaXov genannt), der Stadt Boline (s. d. Nr. 1) benannt, Pans. VH 

wahrend die griechische bulbine des Plinius (XX 23, 4 ; wahrscheinlich der siidlich von der Land- 

107) mit porrenartigen Blattern uud rotlichem spitze Drepanon herabkommende Bach von Platani. 

bulbus Muscari comosum zu sein scheint. Curtius Pel. I 447. Bursian Geogr. H 312. 

[Olck.] [Oberhummer.] 

Bolbulae, Inseln an der Westkuste Klein- Boline. 1) BoMvt], Bokiva, BoLvov, Ortschaft 

asiens, Plin. n. h. V 137. [Oberhummer.] in Achaia im Gebiet von Patrai, das nach einem 

Bolegasgus, Ort Galatiens an der Strasse von unglucklichen Zuge gegen die Kelten (278 v. Chr.) 

Ankyra nach Tavium, 24 Millien von ersterer (It. einen Teil seiner Bewohner dorthin abgab. Sie 
Ant. p, 203), uber dessen Lage nichts Sicheres 50 sollte nach der Nymphe Boline benannt sein, deren 

festzustellen ist. G. Hirschfeld (S.-Ber. Akad. Flucht vor Apollon der bildliche Ausdrack fiir das 

Berl._ 1883, 1249) verlegt es nach den Ruinen von Versiegen des Stadtbaches (s. Bolinaios) ist. 

Ravli, nordOstlich von Ankyra, v. Flottwell Von Augustus zur Neugriindung von Patrai heran- 

114. Erg.-Heft von Petermanns Mitteil. 42 in gezogen, war sie seitdem veredet ; doch lasst eine 

die Nahe, nach Balyqassat ; beide Ansatze beruhen ilachgipfiige, die Kiistenebene beherrschende An- 

auf der fakchen Annahme Hirschfelds, dass hohe (nach Leake) noch jetztihre Stelle erkennen. 

Tavium bei Eskelib zu suchen sei. Ramsay Rhian. Ach. II bei Steph. Byz. Paus. VH 18, 6f. 

Asia min. 257. 259. Cramer Asia min. II 101. 23, 4. Et. M. 204, 33ff. Curtius Pel. I 447. 

[Ruge.] 456. Bursian Geogr. II 312. 325. 

Bolentinm, Station der von Mursa-Esseg langs 60 [Oberhummer.] 

der Drau nach Poetovio Pettau fiihrenden Strasse, 2) Eponyme (Flussnymphe ?) der zu Pausanias 

m Pannonia superior unweit der niederpanno- Zeit untergegangenen Kiistenstadt am Bolinaios- 

nischen Grenze (Bin. Hier. p. 562: mans. Matt- fiuss, unsterblich gemacht durch Apollon, vor 

rianis ; intras Pannoniam superiorem — 77777 dem sie auf der Liebesverfolgung ins Meer ge- 

— mut. Bekmtia; Tab. Pent. Bolemtio; Geogr. sprungen war, Paus. VII 23, 4. Et. M. s. Bohvov. 
Rav. 215, 9 irrtumlich Balenillo- Ptol. n 14, [Tumpel.] 

16 BoiXevnov). Lage unbekannt; nach Kiepert Bolingai (BcoXiyyai), nach Ptol. VII 1, 69 

CIL HI tab. IV und Fonnae orbis antiqui XVn eine indische Volkerschaft auf der Ostseite des 

Pauly-Wissowa. Ill 22 



675 



Bolis 



Bolos 



676 



677 



Bolosia 



Bombyx 



678 



Vindhyagebirges oberhalb der Poraaroi, mit den 
Stadten Stagabaza und Bardaotis; darnach etwa 
zwischen der Yamuna und dem Quellgebiet des 
Cona, in der Landschaft Band6la-khand, zu suchen. 
Megasthenes bei Plin. VI 77 dagegen fiihrt Bo- 
lingae in der Eeihe der Velker an, welche an der 
Ostseite des mittleren Indus die wiisten Strecken 
bis zur Aravali bewohnten. Dionysios in den 
Bassarika bei Steph. Byz. , ebenso Nonn. Dion. 



Bollia (Iordan. Get. 54), ein Flussehen Pan- 
noniens, an welchem die Gothen einen Sieg tiber 
die Sueven errangen. Sonst unbekannt. 

[Patsch.] 

Boloconoton, Gegend Gross -Armeniens beim 
Geogr. Bav. II 12 p. 69, vielleicht = Bailor, 
s. d. [Baumgartner.] 

Bolodurnm s. Boiodurum. 

Boloeis (BoXoeig), dialektische Nebenform des 



XXVI 143. XXX 316 fiihren die B. oder Bd>- lONamens der kretisehen Stadt Olus (s. d.). 



Xiyyeg unter den indischen Volkern vor. Der in- 
dische Grammatiker Panini nennt Bhaulingi einen 
Stamm des ausgebreiteten Volkes der Calva oder 
Calva, das mit den Madra verwandt war — wie 
es scheint, das einzige Zeugnis aus indischen 
Sehriffcwerken. [Tomaschek.] 

Bolis (BwXig) aus Kreta. Da er sich als 
Offlzier im Heere des Ptolemaios IV. Pbilopator 
durch Ttichtigkeit und Tollkuhnheit ausgezeich- 



[Oberhummer.] 

Boloaresias s. Vologesia. 

Bologesiphora (BoXoysohpoga), Stadt in Per- 
sien, Steph. Byz. Die Lage ist unbekannt. Aus 
dem Namen scheint hervorzugehen, dass der Ort 
von einem Vologeses (s. d.) gegrtindet worden sei. 
Vgl. auch Bologesias, Vologesia und Volo- 
gesocerta. [Welssbach.] 

Bolon (B&Xov), kleine Festung nicht weit von 



net hatte, ersah ihn Sosibios-, der Eatgeber des 20 Theodosiopolis in Armenien. Streitobject zwischen 



KOnigs, als Werkzeug, urn den mit Agypten sym- 
pathisierenden kleinasiatischen KOnig Achaios (vgl. 
o. Bd. I S. 206f.), der von Antiochos III. in Sardes 
belagert wurde, zu befreien. Mit zehn Talenten 
von Sosibios ausgeriistet, fuhr B. nach Kleinasien. 
Anstatt aber den Achaios zu retten, zog er es 
vot, sich auch den Dank des Antiochos zu ge- 
winnen. Mit kretischer Hinterlist gelang es ihm, 
den Achaios aus der Burg herauszulocken und 



OstrOmern und Persern wegen der in seiner Nahe 
bei 4>aQ<iyyiov betriebenen Goldbergwerke, Prok. 
b. Pers. I 15. 22. [Baumgartner.] 

Bolos. 1) BcoXog, Ortlichkeit vor den Maueni 
von Kassandreia, Polyaen. IV 6, 18. 

2) BoXog hiess erne zum Fischfang geeignete 
Stelle an der Ostseite des Goldnen Horns, wo sich 
Heiligttimer der "Agze/ug <Pwocp6Qos und der 'A<pqo- 
Sizrj ngaEia befanden, Dion. Byz. 36 Wesch. 



dem syrischen Konige auszuliefern (im J. 214 30 Letztere wollte Gillius in den Kmhen der St. 



v. Chr.; vgl. Polyb. VIII 17—22). [Wilcken.] 

Bolissos (BoXiaaog, auch BoXtoog Androt. bei 
Steph. Byz. und BoXloxog, wie Herodian. [ebd.] 
bei Thuk. VIII 24, 3 las), Stadt auf der Westseite 
von Chios, wo Homer langere Zeit zugebracht 
haben sollte (Ephor. bei Steph. Byz. Ps.-Her. vit. 
Horn. 23f. Suid. s. "Ourjgog b). Im J. 412 siegten 
dort die Athener tiber die Chier und verwiisteten 
die Gegend (Thuk. a. a. 0.). Unter Alexios I. 



Clara und der H. Photine wiedererkennen, Muller 
Geogr. gr. min. II 33. [Oberhummer.] 

3) Bolos aus Mendes in Agypten (Col. VII 5, 
17. Gal. XIV 144K., vgl. E. Maass Aratea 225f.) 
lebte nach Theophrast (der von ihm benfltzt ist, 
Apoll. Mirab. 31 = Steph. Byz. s. Stpw&og) zur 
Zeit des Kallimachos (E. Oder Eh. Mus. XLVII 
73f. Diels tiber Epimenides von Kreta, S.-Ber. 
Ak. Berl. 1891, 393f.). Er war ein Wunder- 



(1081 — 1118) wird sie in den Kampfen gegen den 40 schriftsteller ersten Ranges, der seine wunder 



Inselpiraten Tzachas mehrfach genannt (Ann. Komn. 
VII 8), und noch jetzt besteht der Ort unter dem 
alten Namen. Stahl zu Thuk. a. a. 0. 

[Oberhummer.] 
Bolital (Bmtizai, Ptol. VI 18, 3), nordlichste 
Volkerschaft der Paropanisadai , also im Gebiet 
der Hindukuspasse nOrdlich von Kabul, wo auch 
Alexandria sub Caucaso lag. Die meisten Forscher 
denken an Entstellung aus KafioXTrat; Kabul hiess 



baren Erzahlungen unter dem Namen des Demokrit 
in die Welt zu senden liebte: daher seine Bezeich- 
nung als Demokriteer (Steph. a. a. 0. Suid. s. 
B&Xo;). Der Pythagoreer B. (Suid. s. v.) ist die- 
selbe Person : Spuren pythagoreischer Doctrin sind 
in seinen BruchstQcken nachweisbar (Diels a. a. 
0.). Kallimachos gebuhrt das Verdienst, ihn in 
seinem jilvag' xS>v Ar)/ioxt>ixov xal yXoioowv avv- 
rayfia (so liest E. Oder a. a. 0.) als Falscher 



jedoch Kabura, mit iranischem r; B. erscheint als 50 demokriteischer Schriften entlarvt zu haben. Seine 



Derivat eines indischen Thema bhaul-, bhtil- von 
der Wurzel bhii- ,schwellen' (vgl. skr. buli f.) ; 
doch bietet die hcutige Nomenclatur der Hindukus- 
region keinen Anklang hiezu. [Tomaschek.] 

Bolitana {eivitas) in Africa, in der Bischofs- 
liste aus dem J. 484 (in Halms Victor Vitensis 
p. 64); s. Volitana eivitas. [Dessau.] 

BoXizov Siierj, Klage wegen Bindermist, ist 
sprichwOrtlich fur die Klage um einen ganz ge 



Schriften waren paradoxographischen , medicini- 
schen, landwirtschaftlichen und astrologischen In- 
halts (vgl. Suidas). Am bekanntesten war seine 
unter dem Namen des Demokrit verbreitete Schrift 
uber Sympathie und Antipathie (tisoI avzuradetaiv 
xal ov /.utafeiaiv Suid. Schol. Nic. Ther. 764 aus 
Sextius Niger, vgl. M. Wellmann Analecta me- 
dica, Jahrb. f. Philol. 1888, 155f.), aus der in 
letzter Linie die darauf bezuglichen Kapitel in 



ringen Gegenstand (Suid. Schol. Arist. Equ. 658. 60 Aelians Tiergeschichte, in den Geoponici (vgl. E. 



Paroemiogr. gr. I 388), vgl. Hermann De Dra- 
cone 6. [Thalheim.] 

Bolkon (BoXxmv). Feldherr der Syrakusaner, 
welcher den Akragantinern zu Hiilfe gesandt, von 
dem Sikuler Duketios im J. 452 geschlagen und 
daraufhin von seinen Mitbiirgern des Verrates 
angeklagt und hingerichtet wird, Diod. XI 91. 
Holm Gesch. Siciliens I 259. [Kirchner.] 



Oder a. a. 0. 70) und der gleichnamige von 
Gemoll Progr. d. stadt. Eealprog. Striegau 1884 
herausgegebene Tractat stammen. Gleichfalls auf 
den Namen des Demokrit geialscht sind : die Xst- 
Qoxftrjta (Haudfesten . Col. VTI 5, 17. Meyer 
Gesch. d. Bot. I 278), in denen er unter anderem 
uber magi8ehe Krauter (Plin. n. h. XXIV 160) und 
fiber veterinare Mittel handelte (Col. VII 5, 17; 



ans dieser Schrift stammen die Citate tiber Ve- 
terinarkunde in der Geoponici, vgl. E. Oder a. 
a. 0. 70. 72), die von Suidas (s. v.) erwahnte 
Schrift aegi XlSoov sowie das landwirtschaftliche 
Werk xeol yewgyias, aus dem Columella bald unter 
dem Namen des Demokrit (XI 3, 2) bald unter 
dem des Falschers, sowie Plinius, mehreres er- 
halten haben. Beide schopften ihre Kenntnis 
dieses Werkes aus Celsus, der die Citate wieder 
aus Magos griechischeT Bearbeitung entlehnt hat 
(vgl. E. Oder a. a. 0. 77; dagegen H. Stadler 
Die Quellen des Plinius im 19. Buche, Diss. 1891, 
20f.). Anatolius in seinen yeaygyixd verdankt seine 
Demokritcitate dem Africanus und Apuleius ; vgl. 
E. Oder a. a. 0. Seine medicinische Schrift fiihrte 
den Titel (pvotxa Svva/.isQa, von der uns die Biicher 
XXVIII — XXX des Plinius eine Vorstellung geben 
konnen, sein paradosographisches Hauptwerk war 
nach Suidas itegl ftavfiamcov betitelt (Texttitel 

jisqi voir ix xfjg dvayvwaecog t&v tatOQioiv elg 
iniataoiv t]ft.ag ayovrmv), aus dem Apollonios die 
ersten sechs Kapitel seiner Mirabilien entlehnt 
hat. B. benutzte in diesem Werke die Mirabilien- 
digression des 8. Buchs des Theopomp. Vgl. Diels 
a. a. 0. Astrologischen Inhalts war die von Suidas 
erwahnte Schrift: neQt aruielwv x&v ig~ fillov xal 
<isXrjvrjg xal Sqxtov xal Xv^vov xal tjoidog (?), aus 
der vielleicht die Citate in den Geop. 1 5, 3. 
12, 5ff. und bei Lyd. de ost. 155, 5 Wachsm. 
stammen. Die Litteratur ist zu finden bei E. der 
Beitrage zur Geschichte der Landwirtschaft bei 
den Griechen, Eh. Mus. XLV 70f. Su semi hi 
Litteratur der Alex. I 482. 902 II 674. 

[M. Wellmann.] 

Bolosia {BoXoiaia , BoXoola) , Epiklesis der 
Eileithyia (Etym. M. Etym. Gud.) bezw. der Arte- 
mis Eileithyia (Prokop. de bell. Goth. IV 22). Wie 
man von dem fSeXog der Eileithyia sprach (Homer. 
II. XI 269. Theokr. XXVII 28), so nannte man 
auch die Geburtswehen selbst (ioXai (Etym. M. 
205, 25). [Jessen.] 

Bolubill (Geogr. Rav. Ill 11 p. 163) in Mau- 
retanien, s. Volubilis. 

BolyelauniOj Ort im siidlichen Britannien 
beim Geogr. Kav. 425, 19; der Name ist sicher 
verdorben ( Velaunio ist ein bekanntes keltisch'es 
Wort) und der Ort sonst unbekannt. 

[Hiibner.] 

Bolvinnns, topischer (?) Beiname des Mars 
auf zwei aus Bouhy (dep. Nievre) stammenden 
Inschriften. Leblant Inscr. chret. de la Gaule 
I p. 29 (= Cavedoni Bull. d. Inst. 1859, 191) 
Marti Bolvinno et Duna[ti?J C. Domit(itis) Vi- 
rilis decurio pro saluf(e) sua et Iid(i) Thalli 
ViriUiani fili et Avtiillae Aviti filfiae) uxoris 
r. s. I. m. und Marifij Bolv[i]nni [GJabinius 
Seeerus donum dedit. J. Becker Rhein. Jahrb. 
XLII 99. Allmer Rev. epigr. 1895 nr. 1141. 
Holder Altcelt. Sprachsch. s. v.; vgl. Dunatis. 

[Ihm.] 

BoluT08 (BoXovQog), zwei nicht naher bekannte 
Stadte in der epeirotischen Landschaft Thesprotia 
und im Gebiet der illyrischen Trailer, Steph. Byz 
Zum Namen vgL Boleron und Tomaschek 
Die alten Thraker II 2, 61. [Oberhummer.] 

Boinax (Ba>fta£), nach Et. M. 218, 19 alterer 
Name des Eurotas. Bursian Geogr. II 107, 1. 

[Oberhummer.] 



Bombos, Flus% im Innern Kilikiens, Plin. n. 
h. V 93. Cramer Asia min. II 364. [Euge.] 

Bombylia (Bo/ifivXla). 1) Nach Hesych. Quelle 
in Boiotien ; vgl. Nr. 2. [Oberhummer.] 

2) Epiklesis der Athena in Boiotien von der 
Quelle gleichen Namens, Lykophr. 786 nebst Schol. 
und Tzetz. Hesych. Der Name hat Bezug auf 
das.Flotenspiel,PrellerGriech.Mvthol.4 1223,1. 

[Jessen.] 

10 Bombyx, der Seidenwurm, dann auch die 
Seide; bombycinum, bombyeina vestis , Seiden- 
stoff, Seidenkleid. Und zwar bezeichnen diese 
Worte vorderasiatische Seide und aus ihr bereitete 
Stoffe und Kleider im Unterschied von der chine- 
sischen, sericum, von der sie noch zur Zeit des 
Caracalla bestimmt unterschieden wird (Ulpian. 
Dig. XXXIV 2, 23, 1. Paul. sent. Ill 6, 79. Poll. 
VII 76. Isid. or. XIX 22, 13. 14), und zwar so, 
dass die Serica der wertvollere Stoff sind (Apul. 

20 met. Vm 27). Als Heimat des geschatztesten 
B. wird Assyrien bezeichnet (Plin. n. h. XI 75. 
77 ; bei Prop. II 3, 15 ist Arabius wohl nur all- 
gemeine Bezeichnung des Orients), d. h. die Lan- 
der stidlich vom kaspischen Meer. Da die eigent- 
liche Seidenkultur, d. h. die kiinstliche Zflchtung 
der Eaupe, die TOtung des Schmetterlings im 
Cocon durch Hitze, um das Ausschliipfen zu hin- 
dern , und das Abhaspeln der Cocons , bis zum 
3._ Jhdt. v. Chr. nnr im nordlichen China bestand, 

30 die B.-Industrie aber schon von Aristoteles (h. an. 
551 b 9 Bk.) als langst bestehend erwahnt wird, 
so kann B. nur das Product einer wildlebenden, 
in Vorderasien einheimisehen Eaupe gewesen sein 
und muss sich von der chinesischen Seide unter- 
schieden haben durch die grSbere Beschaffenheit 
des Eohmaterials, ferner dadurch, dass die Cocons 
nicht abgehaspelt, sondern, nachdem der Schmet- 
terling sie durchgebissen hatte und ausgeschliipft 
war (ad alia- pensa dimitti, Plin. n. h. XI 78), 

40 gekratzt und gesponnen wurden, endlich durch die 
gelbe Farbe, wahrend die chinesische Seide weiss 
ist. Der B. entspricht also seiner Herstellung 
nach der noch jetzt aus Abfallen und durchge- 
bissenen oder beschadigten Cocons gewonnenen 
Florettseide. Nach Meinung der Alten, bis zur 
Zeit der Antonine, war jedoch der Ursprung der 
beiden Producte ein ganz verschiedener: sie hatten 
von der Entstehung des B. eine annahernd rich- 
tige Vorstellung (Aristot. a. 0. Plin. n. h. XI 

50 75ff.) , wahrend in betreff der chinesischen Seide 
die bekannte Fabel vom Abkammen von Blattern 
(Plin. n. h. VI 54 u. a., s. Serica) verbreitet ist 
und erst bei Pausanias (VI 26, 6) eine richtigere 
Auffassung auftritt. 

Den B. erwahnt zuerst Aristoteles a. 0. Nach 
ihm wurde die Verarbeitung desselben auf Kos 
(er sagt nicht wann) erfunden; es bestand also 
dort schon vor seiner Zeit eine solche Industrie. 
Und zwar verarbeitete man dort nach Plin. n. h. 

60 XI 75ff. teils ,assyrische' Seide, teils das Gespinst 
einer auf Kos einheimisehen Baupe. Letzteres 
war weniger fein: die daraus bereiteten Stoffe 
wurden auch von Mannern als leichte Sommer- 
kleidung getragen, wahrend die aus assyrischem 
B. nur als Frauenkleider dienten. In letzterer Be- 
zichung wird der B. von der Zeit des Augustus 
an haufig erwahnt, als ein leichter (Iuv. 6, 260. 
Mart. VIII 33, 15), glanzender (Mart. XIV 24) und 



679 



Bomies 



Bomilkar 



680 



namentlich durchscheinender (Plin. a. 0. Mart. 
VIII 68, 7, vgl. Prop. II 3, 15. Alkiphr. I 39, 4) 
Stoff. Ganz in derselben Weise kommen bei den 
Dichtern der augusteischen Zeit (Hor. sat. 1 2, 101. 
Prop. 1 2, 2. II 1, 5. Tibull. II 3, 53. 4, 29) die Goae 
vestes (s. d.) vor: dieselben sind entweder mit den 
aus assyrischer Seide gewebten vestes bombicinae 
identisch, oder eine besondere Art derselben. Fer- 
ner werden ebenso auch durchscheinende Stoffe 



Bei der Landung des Agathokles in Africa (310 1 
y. Chr.) ward er mit seinem Gegner Hanno zu- 
sammen zum Feldherrn gewahlt. In der Schlacht; 
fuhrte er den linken karthagischen Pliigel und 
gab, als Hanno gefallen war, das Zeiehen zum 
Riickzuge und besiegelte dadurch die Niederlage 
der Karthager. Es wird behauptet, dass er schon 
damals nach. der Tyrannis strebte (Diod. XX 10 
— 12). Erst spater (308 v. Chr.) naob langerem 



681 



Bomios 



Bona 



682 



aus chinesischer Seide (seriea) erwahnt (Plin. n. 10 Warten fuhrte er seine ehrgeizigen Absichten aus. 



h. VI 54. Sen. de benef. VII 9, 5. Solin. 53. 
Baehrens PLM IV nr. 213, 3); dass man sie 
auch aus Florettseide herstellen konnte, zeugt von 
einer so vollkommenen Verarbeitung derselben, 
wie sie erst durch die viel entwickelteren mecha- 
nischen Hiilfsmittel der Neuzeit wieder erreicht 
worden ist. Zu zweifeln ist jedoch daran wohl 
nicht, namentlich in Anbetracht der ausserordent- 
lichen Geschicklichkeit, mit der auch andere Stoffe 



nachdem er die angesehensten Burger in den Krieg 
nach Numidien geschickt hatte; es war um die 
Zeit, wo Agathokles den Ophelas umbracbte und 
dadurch sein Heer verdoppelte. Nach einer Trup- 
penschau in der Neustadt Karthagos behielt er 
seine Anhanger, 500 Burger und 4000 Soldner, 
bei sich und drang in fiinf Haufen in die Alt- 
stadt ein. Aber auf dem Markte ward er von 
den sich sammelnden Biirgem ira Strassenkampfe 



verarbeitet wurden : solche durchsichtige Stoffe 20 zuriickgeschlagen und zog in die Neustadt auf 



verstand man nach Publilius Syrus(?) bei Petron. 
55 (nebula lined) auch aus Leinen herzustellen ; 
in dem Epigramm Anthol. Pal. V 104, 6 wild 
ein durchsichtiges Gewand als pvaoog (s. d.) be- 
zeichnet. Auch die doch wahrscheinlich wollenen 
ra(iavzivl8ta werden als durchscheinend bezeichnet 
(Biichsenschiitz Hauptst. des Gewerbfl. 75. 
Blumner Gewerbl. Thatigkeit 123). 

Die fruheste Erwahnung der durchsichtigen 



eine AnhOhe zuruck. Die Sieger schlossen mit 
den Aufstiindischen einen Vertrag, der ihnen alien 
Sicherheit zusagte. B. jedoch ward gegen den 
Vertrag qualvoll hingerichtet (308 v. Chr.), Dies 
ist der eine Bericht (Diod. XX 43f.). Nach einem 
anderen (lustin. XXII 7, 7f.) wurde B. hingerichtet, 
weil er die Absicht hatte, zu Agathokles (iberzu- 
gehen, woran er nur durch eine Meuterei im 
griechischen Heere gehindert wurde. Vom Kreuz 



B.-Stoffe ist bei Prop. II 3, 15; doch werden die 30herunter klagte er seine Gegner an und beteuerte, 



vitreae togae des Varro bei Non. 448, 25 = 536, 32 
nichts anderes gewesen sein. Dagegen sind die 
dia<parij jfirdma Aristoph. Lys. 46 wohl eher die 
sonst bei ihm erwahnten a^ogytva (s. d.) ; ebenso 
das durchsichtige Gewand Xen. mem. II 1, 22 
und die, in denen Polygnot (Plin. n. h. XXXV 
58) die Frauen malte ; obgleich angesichts der von 
Aristoteles bezeugten B.-Industrie die MOglichkeit, 
dass es B.-Stoffe waren, keineswegs auszuschliessen 



ist. Noch weniger in betreff des durchsichtigen 40 1 447. 460f. 



dass er nur die Absicht gehabt, mit Agathokles 
Frieden zu sehliessen. Es ist auch nicht unwahr- 
scheinlich , dass B. wirklich vorhatte , nach Be- 
seitigung seiner Gegner mit Agathokles Frieden 
zu sehliessen und durch ihn seine eigene Herr 
schaft zu stiitzen. Vgl. Holm Gesch. Sicil. II 
239f. 250f. Meltzer Gesch. der Karthager I 372f. 
394f. Schubert Gesch. des Agathokles 107f.l53f. 
Niese Geschichte der griech. u. makedon. Staaten 



Gewandes des Ptolemaios Physkon. um 150 v. Chr. 
(lustin. XXXVIII 8, 10) ; freilich liegt hier auch 
der Gedanke an die beriihmten agyptischen Lein- 
webereien nahe. Bei spateren Erwahnungen durch- 
sichtiger Kleider ohne Bezeichnung des Materials 
(Sen. controv. II 13, 7. 15, 4. Sen. cons, ad Helv. 
16, 4; ep. 90, 20. Iuv. 2, 77) kann sowohl an chine- 
sische Seide als an B. gedacht werden. Pari set 
Histoire de la soie 19ff. 35ff. 62ff. 129ff. Wad- 



2) Karthager, zusammen mit Synalos (vgl. 
Plut. Dio 25) als Gesandter nach Athen geschickt, 
erwahnt in einem attischen Ehrendecret etwa 
zwischen 330—300 v. Chr., CIA II 235, wo mit 
Dittenberger Syll. I 123 wahrscheinlich BoS- 
/.dlxav zu schreiben ist. Vgl. Hicks A ma- 
nual of greek histor. inscriptions nr. 142. Viel- 
leicht dcrselbe wie Nr. 1. Es ist mCglieh, dass 
diese Gesandtschaft aus dem J. 308 v. Chr. ist 



dington Edit de Diocl. 35, 85 (= Le Bas et50und an Ptolemaios Lagi gerichtet war, der sich 



Waddington Voy. arch., Expl. des inscr. IH 179, 
85). Blumner Maximaltarif des Diocletian 162. 
Eavet Arch. d. miss, scicnt. 3 S. Ill 84. Mar- 
qua rdt Privatl.2 493. Vgl. Seriea. [Mau.] 

Bomies (Boi^iiji), einer der fetliehsten Gau- 
verbande des aitolischen Stammes der Ophionen, 
im Quellgebiet des Euenos, angeblich nach den 
Bcoftoi (s. d.) benannt, Thuk. Ill 96, 3. Strab. 
X 451. Steph. Byz. s. Bwuot. Hesych. Bursian 
Geogr. I 141f. [Oberhummer.] 

Bomilkar [Bo/ul/.xas und i?o<5^</««?), genauer 
Bodmelkart ; ob der Name wirklich ,Knecht Mel- 
karts' bedeute (P. Schroder D. phoniz. Sprache 
100f.), ist nach einer Bemerkung P. Jensens sehr 
zweifelhaft. 1) Angesehener Karthager, Bruder- 
sohn Harailkars, des Oberbefehlshabers auf Sicilien, 
der wegen seiner Freundschaft mit Agathokles 
gesturzt worden war (lustin. XXII 2, 5f. 7, 10). 



damals in den griechischen Gewassern aufhielt, 
und diesen um Hiilfe gegen den mit Agathokles 
verbiindeten Ophelas bitten sollte; vgl. Homolle 
Les archives de Tintendance sacree a Delos, Paris. 
1887, 36. 39. 

3) Konig in Karthago, Vater Hannos, Polyb. 
HI 42, 6 (wo die Hss. Boa/ii/.y.ov haben, d. i. 
Bobu'u.y.ov). Ob er derselbe ist, wie der Polyb. 
Ill 33 erwahnte Konig, ist zweifelhaft. Vielleicht 

60 wird er auch Appian. Lib. 24 erwahnt. Aber 
hier ist die Lesung unsicher 

4) Karthagischer Flottenfuhrer im zweiten 
punischen Kriege. Er fuhrte 215 v. Chr. fiber 
Lokri dem Hanno Verstarkungen zu (Liv. XXV 
41, 10), erscheint dann 214 als Befehlshaber der 
Flotte vor Syrakus, zieht sich aber vor der iiber- 
legenen rOmischen zuruck (Liv. XXIV 36, 3f.). 
Auch 212 befehligte er die karthagische Flotte 






vor Syrakus. Als die Stadt in Gefahr kam er- 
obert zu werden, gelang es ihm, mit einem Teil 
seiner Schiffe zu entkommen und von Karthago 
Verstarkungen herbeizuholen. Aber auch dann wich 
er einer Seeschlacht mit den Bfimern aus und be- 
gab sich nach Tarent (Liv. XXV 27f.). Spater 
versuchte er den belagerten Tarentinern Hiilfe zu 
hringen, aber umsonst (Polyb. frg. IX 9, 11, ein 
Stuck, dessen Stellung nicht sicher ist; man bringt 
«s mit Livius XXVI 20, 7 zusammen , aber es 10 
stimmt damit nicht uberein). 

5) Freund und Vertrauter lugurthas, iiber- 
nahm 110 v. Chr. in Rom die Ermordung Mas- 
sivas und wurde, um der Anklage zu entgehen, 
von Iugurtha nach Numidien zuruckgeschickt (Sal- 
lust, lug. 35. 61. Appian. Num. 1). Er befehligte 
in der Schlacht am Muthul 108 v. Chr. einen 
Teil des numidischen Heeres und stand dem Bu- 
tilius gegenuber (Sallust. lug, 49. 52). Spater 
liess er sich von Metellus gewinnen und suchte 20 
zuerst den Iugurtha zu bestimmen, sich den BS- 
mern in die Hande zu geben. Als dies keinen 
Erfolg hatte, unternahm er zusammen mit Nab- 
dalsa den Kflnig zu toten; der Anschlag ward 
«ntdeckt und B. hingerichtet (108 v. Chr. Sallust. 
lug. 61. 70-72). [Niese.] 

Bomios (Bib/iios), wahrscheinlich erster Monat 
des Kalenders von Lamia (Ehangabe' Ant. hell, 
nr. 946 = Fick in Bezzenbergers BeitrSgen 
VI 1881, 322 nr. 8. Ehangabe nr. 947 = Fick 30 
324 nr. 9). C." F. Hermann Griech. Monats- 
kunde 51. Latyschew Aeol. und dorische Ka- 
lender 106ff. Bischoff Leipziger Studien VII 
S37ff. [Kubitschek.] 

Bomitae (Plin, n. h. V. 80), Stadt Syriens 
auf dem Amanus mons gelegen ; sonst unbekannt. 

[Benzinger.] 

Bomiuni, Ort im Gebiet der Siluren im Sud- 
westen Britanniens an der Strasse von Muridu- 
-nurn nach Isca (Itin. Ant. 484, 3; sonst nirgends 40 
•erwahnt). Die Lage ist nicht festgestellt. 

[Hiibner.] 

Bomoi (Bm/tot), Gruppe von Hiigeln in Aito- 
lien, nach welchen die Bomies (s. d.) benannt 
sein sollten (Steph. Byz. Hesych.); doch ist die 
Bezeichnung vielleicht nur aus dem Volksnamen 
«rschlossen. [Oberhummer.] 

BwfioviKTjs {fiiouoreiKrig), Ehrentitel des Kna- 
ben, der bei der Geisselung am Altar der Ar- 
temis Orthia. zu Sparta die grOsste Standhaftig- 50 
keit bewies; vgl. Hygin. fab. 269: bomonieae, 
quia arts superpositi eontendebant , qui plura 
posset verbera sustinere. Uber diese Sia/iaari- 
ycaaig und den damit verknflpften Wettkampf vgl. 
Pans. Ill 16, 10. Plut. inst. Lac. 40 p. 239 D. 
Oic. Tusc. H 14. V 27. Lukian. Answhars. 38. 
Krause Gymnastik u. Agonistik II 675. Prel- 
ler-Eobert Gr. Mythol. I 308. Ehrenstatuen 
fur /J. (avSgetas hexev) bezeugen die Inschriften 
BulL hell. I 385, 14 und Le Bas-Foucart 175 b 60 
<Zeit des Marc Aurel). Der Ehrentitel /?. wurde 
nicht nur in der Knabenzeit gefiihrt, sondern auch 
noch im spateren Alter beibehalten, vgl. CIG 
1364b.(erste Kaiserzeit). [Reisch.] 

Bcofiog bezeichnet sowohl eine von Natur ge- 
gebene Erhshung, wie einen von Menschenhand 
errichteten Aufbau aus beliebigem Material. Schon 
seit Homer dient das Wort vorzugsweise zur Be- 



zeichnung der erhohten Opferstatten , der Altare 
in ihren verschiedenen Formen. Die Versuche 
antiker Grammatiker , den Namen /?. auf aufge- 
mauerte, mit Stufen versehene Altare der oberen 
Getter — im Gegensatz zur loxdga (s. d.) — zu 
beschranken (Steph. Byz. p. 191, 8. Arnmon. p. 34 
Valcken. Schol. Eurip. Phoen. 274, s. o. Bd. I 
S. 1664) finden keine Stlitze im Sprachgebrauch 
massgebender Schriftsteller. Inschriftlich wird 
auf der Francoisvase (Wiener Vorlegeblatter 1889 
Taf. II) ein stufenloser, aufgemauerter Altar und 
auf einer Vase der sog. tyrrhenischen Gattung 
(Miinchen 124. Gerhard Auserl. Vasenbilder HI 
223) ein unmittelbar auf der Erde ruhender, om- 
phalosartiger Altar als /S. bezeichnet. Uber die 
verschiedenen Formen und Verwendungen dieser 
ficofioi s. Altar. Im Sinne von .Opferstatte, 
Opfergerat 1 werden auch tragbare Feuerbecken, 
an denen Opferhandlungen vollzogen werden, /Sco- 
fioi genannt (Arist. Pax 937); grosse vergoldete 
fiwfioi und sax&Qai werden in der Pompe des Ptole- 
maios Philadelphos einhergetragen (Athen. V 
202 B) ; vgl. die arae aeneae, s. o. B. I S. 1676. 
Auch Opfertische (tqwisCm) aus Metall sind als 
p. bezeichnet worden, so wie es scheint Paus. H 
17, 6. Lukian. de dea Syria 39. Dagegen ist 
bei dem Erzaltar in einer Inschrift bei Benn- 
dorf Eeisen in Lykien und Karien I 121 nach 
dem Zusammenhang (EQ-ysTiioxaTrjoavva tov h' 
noXsi yvfivaolov xai flcofiov %a.\itiov x&v TiazQcamv 
&ewv) wohl an einen grOsseren Bau und dem- 
nach an Metallincrustation (vgl. Bd. I S. 1678) 
zu denken. Die ursprungliche weitere Bedeu- 
tung des Wortes ebenso wie die Verwendung der 
Altare als Standplatze der Eedner fuhrt dazu, 
/S. auch im Sinn von firjfia (s. d.) zu gebrauchen. 
Von dem /J. in Olympia, auf dem Herolde und 
Trompeter zum Wettkampf auftreten , bezeugt 
Pausanias V 22, dass er nicht als Opferstatte 
diente. Auch die Trittsteine fur Klager und An- 
geklagten auf dem athenischen Areopag- werden 
uneigentlich als ft. der vfigig und avaideca bezeich- 
net (Theophr. bei Zenob. IV 36) ; vgl. Suid. s. fta- 
fios . . . xonoi ardfiaotv sy/ov kqos to Xeyetv htrjxoa. 
An die allgemeinere Bedeutung von ft. als Posta- 
ment (vgl. Od. VII 100), mehr als an die kult- 
liche Bestimniung, ist wohl auch bei dem als /S. 
bezeichneten grossen Bathron des amyklaeischen 
Apollon zu denken, in welchem man Hyakinthos 
begraben glaubte (Paus. Ill 19, 3). In spaterer 
Zeit werden auch Grabsteine immer haufiger als 
§. bezeichnet, ganz gewOhnlich in Kleinasien, sel- 
tener (und vorzugsweise in dichterischer Sprache) 
im griechischen Westen ; sie erschienen durch die 
Ahnlichkeit deT Formen ebenso wie durch ihre 
Heiligkeit, zum Teil auch durch ihre Bestimmung 
als Opferstatten den Altaren nahe verwandt, vgl. 
Grabsteine. [Eeisch.] 

BompaS (Bo/umr)), Ort {xebftrj) des panopoli- 
tischen Gaus in Oberagypten, auf griechischen 
Mumienetiketten aus Sohag oft genannt. Rev. 
egyptolog. VI. Ztschr. f. ag. Sprache XXXII 36ff., 
vgl. Ame"lineau Ge"ogr. de l'Eg. 103f. 

[Sethe.] 

Bona bezeichnet eine Gesamtheit von Ver- 
mOgensstiicken , die sich auf einen bestimmten 
Eechtsgenossen beziehen, also einen ,Complei von 
Eechten' (so Bekker Pandekten 1 137 § 41). Des 



683 



Bona 



Bona 



684 



nahern betrachtet, flnden sich darin drei Haupt- 
bedeutungen des Wortes inbegriffen: 

a) B. bezeichnet zunaohst die Zusammenfas- 
sung aller solcher VermOgensstiicke ernes Rechts- 
genossen, die man als Activa bezeichnet, also seine 
kOrperlichen und unkorperlichen Sachen, insbe- 
sondere auch seine Forderungen, mit anderen Wor- 
ten seine irdischen Grliicksguter, jedoch mit Aus- 
nahme der abhangigen Familienglieder, die ebenso 



der namentlich fur das praetorische Erbrecht. 
wichtig ist, bezeichnet das Wort bona den Inbe- 
griff der Activa eines Eechtsgenossen vermehrt 
urn den Inbegriff seiner Schnlden (Passiva). So 
heisst bonorum possessio die obrigkeitliche Ein- 
weisung in eine Nachlassmasse, zu der auch die 
Schulden des Verstorbenen gehoren. In gleichem 
Sinne redet de bonis libertorum Inst. Ill 7 pr. 
Diese Bedeutung des Wortes verwirft Birkmey er 



wenig zu den B. gerechnet werden, wie wir siel0(Uber das VermOgen im juristischen Sinne, Er 



den VermCgensstticken zuzahlen. In diesem Sinne 
geh&ren nicht zu den B. die Passiva (Schulden). 
Diese Verwendung des Wortes sieht Ulpian als 
die naturliche an Dig. L 16, 49: Bonorum ap- 
pellatio out naturalis aut eivilis est. Naturali- 
ter bona ex eo dieuntur, quod beant , hoc est 
beatos faciunt (d. h. nach der gemeinen Ansicht, 
nicht in jedem besonderen Falle). In diesem 
Sinne konnen die B. nicht bios in ihren einzelnen 



langen 1879, 186. 329. 338 und sonst) , vgl. je- 
doch Dig. XXXVII 1, 3 pr. (Ulpianus): Bona 
autem hie, ut plerumque solemus dicere, ita ac- 
cipienda sunt: universitatis cuiusque successio- 
nem, qua sueeeditur in ius demortui suscipi- 
turqite eius rei commodum et incommodum : nam. 
sive solvendo sunt bona sive non sunt, sive 
damnum kabent sive lucrum, sive in corporibus 
sunt sive in actionibus, in hoc loco propria bona 



Bestandteilen , sondern auch als Ganzes einem 20 appellabuntur. Allerdings ist auffallend, dass die 



Pfandrechte unterworfen werden, Dig. XX 1 frg. 29 
§ 3. Paul. V6, 16, ebenso auch einem Niessbrauche 
(Cic. top. Ill 17. Dig. XXXIII 2, 37), auch konnen 
sie in eine sooietas omnium bonorum hineinge- 
zogen werden (Dig. XVII 2, 1 § 1. 3, vgl. auch 
L 16, 21). Ein solcher Inbegriff der VermOgens- 
stiicke desselben Herrn deckt sich tibrigens nicht 
mit der Gesamtheit seiner Eechte (abweichend 
Bekker a. a. 0. 139), vielmehr sehen die Rflmer 



Erbschaften ein fiir allemal B. heissen, obwohl 
sie iiberschuldet sein, ja sogar mSglicherweise nur 
aus Schulden bestehen konnen (vgl. Birkraeyer 
a. a. 0. 186). Es handelt sich aber hier wohl uni 
eine Benennung a potiori, weil die Erbschaften 
wenigstens in der Kegel nach Abzug der Schulden 
noch einen Gfiterbestand ubriglassen, also Gliicks- 
giiter sind. Der altere Name der Erbschaftsmasse 
war nicht bona, sondern familia, Ulpianus XXVI 



nur solche Rechte als B. an, welche dazu geeignet 30 1 : lege duodeeim tabularum haa: si intestate 



sind, besondere Stiicke der Erbmasse ihres Herrn 
zu bilden. Von den Dienstbarkeiten , die dem 
jedesmaligen Herren eines Grundstiickes zustehen, 
bemerkt daher Paulus Dig. XXXIII 2, 1 : neque 
ex bonis neque extra bona sunt ; denn sie haben 
keinen besondern Wert fur sich selbst, sondern 
erhflhen den Wert des herrschenden Grundstuckes 
und gelten daher mit diesem zusammen als ein 
einziges VermOgensstiick. Ferner sind solche Rechte, 



moritur , cui suus heres nee escit, proximus 
agnatus familiam kabeto (vgl. hierzu Karlowa 
Rom. Rechtsgesch. I 12ff. Voigt Rom. Rechtsge- 
schi elite I §12. v. Jhering Entwicklungsge- 
schichte des rbmischen Rechts, Leipzig 1891, 81 ff.). 
Daneben bezeichnete familia Verwandtengruppen 
und die abhangigen Hausgenossen , Dig. L 16 
frg. 195 § 2; doch war eine Verwechslung hieraus 
nicht zu befurchten, da die Familienbeziehungen 



die, wie der Anspruch des Injurienklagers, erst 40 und die Familienrechte mit dem Tode des Be- 



dann vererblich werden, wenn Klage erhoben ist, 
vorher nicht als wahre B. anzusehen, da der Tod 
ihres Herren sie zerstort, Dig. XL VII 10, 28. 
XXXV 2, 32. Eine ganz besondere Bedeutung 
gewann der Ausdruck B. dadurch, dass im Laufe 
der romischenEntwicklung ein praetorisches Recht 
neben das civile trat, das es zwar nicht aufhob, 
aber doch in mehrfacher Hinsicht entkraftete. So 
liess der Praetor zuweilen einem Rechtsgenossen, 



rechtigten erlflschen. Es ist daher wahrseheinlich, 
dass der Ersatz des Ausdruckes familia (= Erb- 
schaft) durch das Wort bona sich nicht im Erbrechts- 
gebiete vollzogen hat, sondern da, wo es einer 
scharfen Sonderung der Familienrechte von den 
VermOgensrechten bedurfte. Birkmeyer (a. a. 0. 
7ff.) vermutet, dass dies zuerst in der bei Livius 
VIII 28 erwiihnten lex geschehen ist, die man, 
nicht ohne gegrundeten Widerspruch (vgl.Pucht a- 



dem das Civilrecht Eigentum an einer Sache zu- 50 Kriiger Inst.io I 479 § 162) gewohnlich lex Poe- 



sprach , nur den Namen eines Eigentiimers (ein 
sog. nudum ius Quiritium) iibrig, wahrend er 
einem andern den vollen Schutz gewahrte , wie 
er nach Civilrecht nur einem Eigentumer zukam. 
In einem solchen Falle hatte nur der letztere die 
Moglichkeit, die Sache durch Anrufung der Obrig- 
keit seiner Gewalt zu unterwerfen, und darum 
hatte er sie in bonis (sog. bonitarisches Eigen- 
tum), Gai. II 40ff. 222. Ill 80. I 35. 54. 167. 



telia nennt. Sie bestimmte. dass pecuniae cre- 
ditor bona debitoris, non corpus ohnoxium esset. 
Fortan durfte der Glaubiger zu seiner Befriedi- 
gung nicht mehr den Schuldner itrajis Tiberim) 
verkaufen, sondern nur dessen VermOgen, das 
dann mit den darauf lastenden Schulden ausge- 
boten und dem zugesehlagen wurde, der den 
Glaubigern die hochsten Procente hot (s. Bono- 
rum emptio). Eine Vorstufe zu diesem Ver- 



Ulp. I 16. XIX 20. XXII 8, s. Dominium; vgl. 60 mogensverkaufe (vgl. auch Gai. I 27) war die 



Puchta-Kriigerlnstitutionenion§236. Leon 
hard Institutionen 249 § 71 III. Voigt Rom. 
Rechtsgeschichte I § 15. Ubrigens zablen die 
Romer nicht bios das Eigentum zu den B., son- 
dern auch schon den blossen redlichen Besitz, Dig. 
L 16, 49; denn auch dieser gewahrt maneherlei 
rechtlich geschiitzte Vorteile. 

bj In einem andern mehr juristischen Sinne, 



missio in bona, Dig. XLII 4. 2 pr. Paul. sent. 
V 12, 6; s. auch u. Cessio Bonorum. Jhering 
vermutet (Entwicklungsgeschichte 83), dass die 
alteste Unterscheidung der bona von der familia 
auf einem alteren praetorischen Edicte beruht hat, 
das die Entmundigung der Verschwender {bonis 
interdicere) betraf, Paul. Ill 4 a. 7. Allein diese 
interdictio bezog sich offensichtlich auf die Activa 



685 



Bona caduca 



Bona dea 



686 



des Verschwenders. Wann das Wort B. zuerst 
auch Schulden mitumfasste, lasst sich nach dem 
Inhalte der Quellen schwerlieh feststellen. 

c) Wahrend B. in den bisher erwahnten Be- 
deutungen eine Reihe von VermOgensstucken oder 
auch Vermfigenslasten zusammenfasst, bezeichnet 
es zuweilen eine blosse Rechnungsgrosse, namlich 
den Uberschuss des Wertes der Activa uber den 
der Passiva, das Reinvermogen (pura substantia, 
vgl. hierzu Birkmeyer a. a. 0. 328). So Dig. 
XLLX 14, 11: id enim bonorum cuiusque esse 
intellegitur, quod aeri alieno superest. Dig. L 16, 
39, 1 : Bona intelleguntur cuiusque, quae deducto 
acre alieno super sunt. L 16, 83: Proprie bona 
did non possunt, quae plus ineommodi quam 
eommodi habent. Es ist also hier weit weniger 
das VermOgen selbst, das B. heisst, sondern sein 
durch Berechnung festgestellter Gesamtwert. Von 
dieser GrOsse hangt der sog. Personalcredit ab, 
d. i. das Vertrauen auf einen gewissen Umfang 
der Zahlungsfahigkeit eines Schuldners (im Gegen- 
satze zu dem auf Pfander gegrundeten Realcredit). 
In diesem Sinne werden die Schulden gewisser- 
massen als ein fremdes Gut (aes alienum) ange- 
sehen, das die Glaubiger der dem Schuldner ge- 
hOrigen Masse nur als vorlibergehenden Bestandteil 
vorlaufig belassen und das aus dem Werte der 
Activmasse ausgesondert werden muss, wenn man 
das Reinvermogen feststellen will, welches allein 
dem usufructuarius oder dem socius omnium bo- 
norum oder Aemkeres Vorteil zu bringen vermag, 
vgl. Dig. XXXV 2, 32: eo minus in bonis eius 
intellegehatur, d. h. um den Schuldenbetragmindert 
sich des Schuldners VermOgen. Ob Ulpian in 
der oben angefiihrten Stelle (Dig. L 16, 49) unter 
eivilis appellatio, d. h. der juristischen Termino- 
logie im Gegensatze zu der naturlichen, an die 
zuletzt erwahnte RechnungsgrOsse oder an den 
Inbegriff der Activa und der Passiva des Ver- 
mOgensherrn gedacht hat, ist zweifelhaft (vgl. 
hierzu auch Per nice Krit. Vierteljahrsschrift 
XXII 233). Jedenfalls sind beide Bedeutungen 
nur daraus zu erklaren, dass der Jurist, dem die 
Sprache genau passende Namen fiir wichtige Be- 
griffe versagte , bei ihrer Benennung zu einem 
schon vorhandenen Ausdrucke seine Zuflucht nahm, 
der streng genommen auf sie nicht passte. Lit- 
teratur: Birkmeyer Das VermOgen im juristi- 
schen Sinne 1879, und dazu die in Windscheids 
Pandekten? I § 42 Anm. la S. 96 Angefiihrten. 
Mandry Famitienguterrecht II 10, 4. Bekker 
Pandekten I 132ff. § 40—43. Voigt Romische 
Rechtsgeschichte I 47 Iff. § 44. 45. Puchta- 
Kruger Institutionen io II 179. Leonhard In- 
stitutionen 243ff. 826ff. § 69. 98. [Leonhard.] 

Bona caduca heissen hinfallig gewordene 
Gaben, die von der ihnen letztwillig zugewiesenen 
Stelle an einen andern Platz fallen, den Eicheln 
vergleichbar, die sich vom Baume loslflsen, Dig. 
L 16, 30, 4: glans caduca est, quae, ex arbore 
aeeidit Etwas abweichend Isidorus orig. V 25 : 
Caduca inde dicuntur , quia Iieredes eius ceci- 
derunt. Zu den B. c. gehoren nicht letztwillige 
Gaben , die von Anfang an ungiltig sind (Dig. 
XXXIV 8 de his, quae pro non seriptis liaben- 
tur). Sie werden nicht hinfaEig, sondern gelten 
von Anfang an nichts , Cod. VI 51 c. un. § 2 a. 
Ulp. XVII 1 : quod quis testamento relictum ita 



ut iure civili capere possit aliqua ex causa non 
eeperit, eaducum appellatur, velut cecidit ab eo. 
In der aliqua ex causa dieser Stelle wird von 
Rudorff (Anm. b zu Puchta Institutionen »o 
II 483 § 326) nur ein solcher Unfahigkeits- 
grund gesehen, der nicht schon im alten Civil- 
rechte enthalten ist. Dies steht im Widerspruche 
mit Ulp. 1 21 : loco non adeuntis legatarii patres 
heredes fiunt ; denn Hinfalligkeit einer Erbschaft 

10 durch Nichtantritt gehorte schon dem alten Rechte 
an. Eine weitere Unterscheidung sonderte das, 
quod aperta voce eaducum nuneupatur , von 
dem, quod veteres appellabant in causa eaduci 
(Cod. V 51 c. un. § 2), je nachdem namlich der 
Unfahigkeitsgrund , der den Erwerb unmOglich 
niachte , nach oder vor dem Tode des Testators 
eintrat. Diese Redeweise erklart sich wohl dar- 
aus , dass letztwillige Gaben vor dem Tode des 
Erblassers widerruf lich , also noch nicht sicher 

20 sind, so dass sie auch streng genommen nicht hin- 
fallig werden konnen. Trotzdem stellte man auch 
sie, wenn ein Hinfalligkeitsgrund eintrat, den 
wirklich (d. h. erst nach des Erblassers Tode) hin- 
falligen Znwendungen gleich, so dass sie zwar 
nicht caduca, aber doch in eausa eaducorum 
waren. In der Behandlung der B. c. gab es ein 
(von Iustinian wiederhergestelltes) ius antiquum. 
Ihm zufolge wuchsen die hinfalligen Erbteile den 
Miterben an , wahrend hinfallige Vermachtnisse 

30 denen zu gute kamen , die mit ihnen belastet 
waren. Dies anderte sich in der Kaiserzeit im Zu- 
sammenhange mit der (von Augustus begonnenen) 
gesetzlichen Benachteiligung der Ehe- und der 
Kinderlosen im letztwilligen Erwerbe. Die hier- 
nach hinfalligen Gaben wurden im Widerspruche 
mit dem ius antiquum toils als Kindererzeugungs- 
pramie verwendet, tcils fielen sie an die Staats- 
kasse {lex lulia eaducaria Ulp. XXVIII 7). 
Dieses Sonderrecht der caduca erfuhr im Laufe 

40 der Zeit mehrfache Abanderungen (vgl. Puchta- 
Kr tiger Institutionen io II § 326), wurde aber 
seit Constantin beschrankt und von Iustinian auf- 
gehoben (Cod. Theod. VIJJ 16 de infirmandis 
poenis coelibatus et orbitatis. L. Seuffert Kon- 
stantins Gesetze 15). Damit verloren der Be- 
griff und der Name der B. c. ihr practisches In- 
teresse, s. rubrica Cod. VI 51 : de eaducis totten- 
dis. Vgl. zu der Geschichte der B. c. noch Cic. 
Phil. X 5; de orat. Ill 31. Orelli 3647. Tac. 

50ann. Ill 25. 28. Plin. paneg. 42. Iuven. IX 
70ff. Cass. Dio LIV 16. Ulp. XXVII. XVIII. XIX 
17. XXV 17. I 21. XXVHI 7. Gai. II 111. 144. 
286. 207f. Litteratur: Heineccius Ad legem 
Iuliam et Papiam Poppaeam commentarius, Ani- 
stelaedami 1726. Rudorff Zeitschr. f. gesch. 
Rechtsw. VI 397ff. Jors Das Verhaltnis der lex 
lulia de maritandis ordinibus zur lex Papia Pop- 
paea, Diss. Bonn 1882 ; Die Ehegesetze des Augu- 
stus, Marburg 1894. und daselbst nahere Angaben 

60 Anm. 1, ferner Puchta-Kriiger Institutionen io 
II § 326 Anm. a. Windscheid Pandekten 7 III 
§ 604 A. 1. Leonhard Institutionen 96. 126. 
203ff. § 27 m. 31. 53. [LeonhaTd.] 

Bona dea, im romischen Kulte Beiwort ver- 
schiedener weiblichen Gottheiten, nachher zum 
Eigennamen geworden, wie bei den Picentern und 
Umbrern die gleichbedeutende Cupra dea Is. d.). 
Der alteinheimische Gottesdienst kennt keine eigene 



687 



Bona dea 



Bona dea 



688 



Gottin B. d. , verwendet aber das Attribut bona 
dea zur Indigitation (analog z. B. duonus cerus als 
Anrufung des Ianus im Salierliede und aus spate- 
rer Zeit deus bonus als Bezeichnung dew Aescula- 
pius CIL III 1560. VIII 2590 und bonus {deus) 
puer Phosphorus CIL III 1130ff. VIII 2665) der 
Fauna (s. d.), der Kultgenossin des Faunus : die 
Zeugnisse fur die Bezeichnung der Fauna mit 
dem Beiworte bona dea (Varro bei Lact. inst. 
I 22, 11. Serv. Aen. VIII 314. Macr. S. I 12, 22. 
Arnob. I 36. Tert. ad nat. II 9) stammen aller- 
dings durchweg aus Zeiten, in denen man bei 
dem Namen B. d. in erster Linie an die unter 
dleser Bezeichnung in Eom recipierte griechische 
Gottin dachte ; aber die Thatsache, dass die Kult- 
legende diese griechische Gftttin mit dem altrOmi- 
schen Faunus in Verbindung brachte, findet nur 
dann ihre Erklarung, wenn der Name schon vorher 
im Gottesdienste des Faunus zur Anwendungkam 
und so die Ankntipfung ermOglichte. Diese Kult- 
legende hatte die Bestimmung, fur die eigentiim- 
lichen Riten und Caerimonialvorschriften des Dien- 
stes dieser griechischen Gottin die Begriindung 
in Form des My thus zu geben, namlich fiir den 
Ausschluss der Manner, das Verbot, Myrte in ihr 
Heiligtum zu bringen, die Eigentiimlichkeit, dass 
der Wein beim Opfer zwar zur Anwendung kam, 
aber in einem verhiillten Kruge und unter falschem 
Namen, sowie dass uber dem Gotterbilde eine 
Weinrebe angebracht war, endlich, dass man im 
Tempel allerlei Krauter und Schlangen hielt und 
auch das Bild der Gettin eine Schlange neben 
sich hatte (Macr. S. I 12, 25f.: horum omnium 
haec proferuntur indicia, quod virgam myrteam 
in templo haberi nefas sit, quod super caput 
eius extenda-tur vitis . . . ., quod vinum in tem- 
plum eius non suo nomine soleat inferri, sed 
vas in quo vinum inditum est mellarium nonii- 
nelur et vinum lae nuncupetur, serpentesque in 
templo eius nee terrentes nee timentes indiffe- 
renter appareant .... quod in aedem eius otune 
genus herbarum sit . . . et quod templum eius 
virum introire non liceat. Plut. qu. Eom. 20 : 
xfj yvvatxelq &ea>, rpr 'Aya&qv xalovotv, xoopovoai 
arjxov al yvvaTxeg ol'xoi /nvQoivag ovx slarpsgovai, 
xaixoi nam qidoztuovuevai xgijoftai xoig fiXaoxa- 
vovat xai av&ovai .... fivgotvtjv fitv ovx elctps- 
Qovatv, otvov 6e avxjj ajisvdovai ydXa nqogayo- 
gcvovaai . . ov yixQ ftovov ig~oixt£ovoi zovg avdgag, 
dXXa xai jiav aggev i^eXavvovoi xtjq olxiag , ozav 
xa vevouia/iEva zij &e(p jioioaai ; Caes. 9 : dfinc- 
?Uvoig re rag oxrjrdg x/.rjfiaotv kogza^ovoai xaze- 
Qtfpovoi xai doaxaiv fegos xagaxa&tdQVzat xfj $e&>. 
Lact. I 22, 11: in sacris eius obvolutam vini 
amphoram poni, vgl. Arnob. V 18). Die aetio- 
logische Erzahlung kennen wir in zwei Versionen, 
von denen die zweifellos altere und urspriing- 
lichere bei Macr. S. I 12. 24 und 27 (vgl. auch 
Tert. ad nat. LT 9. Serv. Aen. VIII 314. Plut, 
Cacs. 9 vifMprjv Sgvdda <Pavva> ovroixrjoaoav) vor- 
liegt und vor allem durch Varro vertreten wurde : 
danach ist B. d. die Tochter des Faunus, ein 
Muster der Ziichtigkeit (Macr. a. a. 0. 27 : Varro 
Fauni filiam tradit adeo pudieam, ut extra 
yvraixcovtztr numquam sit egressa nee no-men 
eius in publieo fuerit auditum nee virum um- 
quam mderit vel a viro visa sit. Lact. I 22, 10: 
eandem Varro scribit tantae pudicitiae fuisse, 



ut nemo ittam quoad vixerit praeter suum virum 
mas viderit nee nomen eius audierit. Tert. ad 
nat. II 9 : pudicitia praecellebat , ut ne eonver- 
saretur quidem inter viros ; vgl. Serv. Aen. VIII 
314) ; sie widersteht den Nachstellungen ihres 
Vaters, auch als dieser sie deshalb mit Myrten- 
reisern ziichtigt und durch Wein trunken zu 
machen sucht, bis er schliesslich sich in eine 
Schlange verwandelt und in dieser Gestalt ihr 

lObeiwohnt. Das ist — abgesehen von dem erst 
nach der Eeeeption der Gottin in Eom einge- 
setzten Namen des Faunus — offenbar ein grie- 
chischer isgog Xoyog, fur dessen Einzelheiten sich 
nochanderweitigegriechischeParallelenbeibringen 
lassen (A. Dieterich Philologus LII 9, 24 ver- 
weist mit Eecht insbesondere auf die Erzahlung 
der orphischen Theogonie frg. 41 Abel, wo Zeus 
in Schlangengestalt seiner Tochter Persephone 
beiwohnt) ; dagegen tragt eine andre Fassung, 

20 als deren Gewahrsmann uns Sextus Clodius sexto 
de diis graeeo (Arnob. V 18, vgl. Lact. I 22, 11) 
genannt wird, durchaus den Charakter jtingerer 
Erfindung. Nach ihr wird B. d. von ihrem Gatten 
Faunus, weil sie heimlich eine Kanne Wein aus- 
getrunken und sich daran berauscht hat, mit 
Myrtenreisern zu Tode gepriigelt, nachher aber, 
als der Gatte seine That bereut, zu GOtterrang 
erhobem (Lact. Arnob. aa. OO. Plut. qu. Rom. 20). 
Die diesen aetiologischen. Erzahlungen zu 

30 Grunde liegenden Eultgebrauche kamen zur An- 
wendung bei der Nachtfeier, die der Gattin in 
Rom alljahrlich von Staatswegen (pro populo Cic. 
de har. resp. 37 ; de leg. II 21 ; ad Att. 1 12, 3. 
13, 3. Ascon. p. 43. 47. Sen. epist. 97, 2. Iuven. 

9, 117; vjisq iou Srjfiov Cass. Dio XXXVII 35; 
publicae caerimoniae Suet. Caes. 6) dargebracht 
wurde. Diese nawvy_k (Plut. Caes. 9) wird zu 
Anfang December (in der Nacht vom 3. zum 4. 
December findet sie im J. 691 — 63 statt, Plut. 

40 Cic. 19. Cass. Dio XXXVII 35, um etwa dieselbe 
Zeit im folgenden Jahre, vgl. Drumann Gesch. 
Eoms II 204 , 72 ; dass aber der Termin kein ein 
fiir allemal fest bestimmter war, sondern alljahr- 
lich cigens angesetzt wurde, zeigt Cic. ad Att. 
V 21, 14 ad me soribas cerium quo die mysteria 
futura sint. VI 1, 26 faciesque me in quean diem 
Romana incidant mysteria certiorem. XV 25 
velim etiam scire quo die olim piaculum, my- 
steria scilicet) gefeiert und zwar im Hause eines 

50 Magistrates cum imperio (fit in ea dotno, quae 
est in imperio, Cic. har. resp. 37 ; vxarevovrog 
rj oiQaTTjyovvros avdoos Plut. Caes. 9; b> xfj oixlq 
zov v^axov Plut. Cic. 19 ; jrapa ze zoig vxazoi; 
xai .-rapa xoig azQazrjyolg Cass. Dio XXXVLT45; 
in den beiden bekannten Fallen ist es einmal, im 
J. 691 = 63, der Consul M. Tullius Cicero, im 
andern, 692 = 62, der Stadtpraetor — zugleich 
Pontifex maximus — C. Inlins Caesar), dessen 
Frau zusammen mit den vestalischen Jungfrauen 

60 (Cic. har. resp. 37 ; ad Att. I 13, 3. Plut. Cic. 
19. Cass. Dio XXX VH 35. Ascon. p. 43. Schol. 
Bob. Cic. p. 329; vgl. dazu Jordan Der Tempel 
der Vesta und das Haus der Vestalinnen 52) in 
Anwesenheit der rOmischen Frauen die heilige 
Handlung vollzog. Der ganze Act ging im Ge- 
heimen (mysteria Cic. ad Att. V 21, 14. VI 1, 26. 
XV 25; nrmltvm Cic. har. resp. 37; opertum 
Cic. Parad. 4, 32; in operto Asc. Schol. Bob. 



689 



Bona dea 



Bona dea 



690 



aa. 00. Sen. epist. 97, 2. Paul. p. 68; secreta 
Iuv. 6, 314; Uqois omoQQ^xotg Plut. Cic. 19) vor 
sich, vor allem unter strengstem Ausschluss der 
Manner (ausser den angefuhrten Stellen s. Cic, 
de dom. 105; har. resp. 8. 38. Liv. per. 103. 
Tibull. I 6, 22. Prop. V 9, 26. 53ff. Ovid. a. a. 
Ill 637; fast. V 153. Lact. LH 20, 4 u. a.-, 
daran kniipft die bei Prop. V 9, 21fF. und Macr. 
I 12, 28 vorliegende aetiologiscne Erzahlung an, 



Myovzai Plut. Caes. 9). Genauere Kunde ver- 
danken wir nur dem Zeugnisse des Paul. p. 68: 
damiwm sacrifieium, quod fiebat in operto in 
honorem Bonae deae, dictum a eontrarietate, quod 
ininime esset dapoowv id est publicum, dea quo- 
que ipsa Damia et sacerdos eius damiatrix 
appellabatur (daraus Placid. Corp. gloss, lat. V 
16, 8 [= V 60, 16] Damium sacrifieium •■, quod 
in operto fit, quod Bonae deae mulieres faciunt. 



die den Ausschluss der Frauen vom Dienste des 10 V16, 38[= V60,17] Damium Bonae deae saerum. 



Hercules an der Ara maxima davon herleitete, 
dass der Gott nach der Besiegung des Cacus von 
den im Heiligtum der B. d. versammelten Frauen 
vergebens Einlass und einen Trunk erbeten habe) ; 
ja sogar alle mannlichen Tiere wurden aus dem 
Hause entfernt (Plut. qu. Rom. 20. Iuven. 6, 
339) und. selbst mannliche Bildnisse verhangt 
(Sen. epiBt. 97, 2. Iuv. 6, 340). Dass wir unter 
diesen Umstanden von unsern Quellen keine ge 



Ps.-PMlox. Corp. gloss, lat. II 37, 23 Damium 
{hoiai vTtaL&Qiot. yivopevai, letzteres auf Grund der 
falschen Lesart in operto; ebendahin gehort auch 
Praef. Anthol. Salmas. p. 243, 2 Baehr. sum voti 
vobis damium, wo aber an voti damnatus ge- 
dacht scheint, vgl. G. Goetz Ber. sachs. Gesellsch. 
d. Wiss. 1896, 70). Es war also die in Troizen, 
Epidauros, Aigina und Tarent nachweisbare Gottin 
Damia (s. d.), die nach Eom gewiss von letztge- 



naueren Mitteilungen tiber die Einzelheiten des 20 nanntem Orte aus gekommen ist, zumal gerade 

l . .if" J y~1 ; ; _11 _ /_■ 7 _'!._* J-' „ — ^ J „—■*■ A «*. A n-m lr»4-/sir»ic<i"iVnvri rlfifiYtn/ii/wy Vl\ (i-THHn A 



sehr complizierten Caerimoniells (incredibili eae- 
rimonia Cic. har. resp. 37) dieser Feier erwarten 
diirfen, liegt auf der Hand : bekannt ist nur, dass 
der Festraum (crjxo; nennt ihn Plut. Qu. Eom. 
28, axtjvai Plut. Caes. 9; von pulvinaria Bonae 
deae spricht Cic. har. resp. 8 ; in Pison. 95 ; pro 
Mil. 72, von einem saerarium Liv. per. 103, woraus 
Schol. Iuv. 6, 314. 338. 339 gar ein templum 
wird) mit Weinranken geschmiickt war (Plut. Caes. 



dort der dem lateinischen damium zu Grunde 
liegeude Festname Ad/ieta bezeugt ist _ (Hesych. 
Adueia eogzij xaoa Taqavxtvoig; vgl. Zielinski 
Quaest. comicae 100, 7.. Diels Sihyll. Bl. 44f. 
Anm. Crusius Philol. XLIX 675, der bei Apul. 
apol. 13 p. 20, 15 Er. liest: mains piaeulum 
deeernis speculum philosopho, quam mundum 
Damiae [Cereris mundum daTY\ profanum vi- 
derc). Wann die Eeeeption erfolgt ist, ist nicht fiber- 



9), dass Musik und Tanz wichtige Bestandteile301iefert; dieWortbildung<fomm«m;verbietetzutief 
derHandlung bitdeten (jzaiSiag a.va^euiyfiirt]g zaig W-.Wmw.hpn. am na/'hst.pnlieiTtiedenfallsdieVer- 



Aawvxiot xai ftovoixijg ajxa jzoXXijg naQoiarjg Plut. 
Caes. 9; cum tibia lumbos incitat et cornu pa- 
riier vinoque feruntur attonitae crinemque rotant 
Iuv. 6, 314ff. ; als Psaltria verkleidet schlich sich 
Clodius bei der in Caesars Hause stattfindenden 
Feier des J. 692 = 62 ein, vgl. die Stellen bei 
Drumann a. a. O. II 205), dass das Opfertier 
eine porca war (Macr. 1 12, 23. Iuven. 2, 86) und 



herabzugehen : am nachsten liegt jedenfalls die Ver- 
mutung, dass sie bei der Eroberung Tarents im 
J". 482 d. St. = 272 v. Chr. geschehen sei. Damit 
hangt dann jedenfalls auch zusammen die Griindung 
eines Tempels der B. d. am Abhange des Aventin 
unterhalb des sog. saxum (daher aedes Bonae deae 
subsaocanae im Eegionenbuche Eeg. XII), der 
von der Kaiserin Livia wiederhergestellt wurde 
(Ovid. fast. V 157) und seinen Stiftungstag am 



der in einem grossen, verhiillten (Arnob. V 18.401. Mai beging (Ovid. a. a. O. 148ff. Macr. I 12, 



Lact. I 22, 11) Krater aufgestellte Wein, der 
aber in der Kultsprache als Milch bezeichnet 
wurde, wie das "Weingefass als Honigkrug (Macr. 
I 12, 25 und dazu Lobeck Aglaoph. 879. Diels 
Sibyll. Blatter 71, 1), eine hervorragende Rolle 
spielte (Iuv. 2, 87. 9, 117; vgl. 6, 314ff.). Da 
der wirkliche Name der Gottin, die sich hinter 
die farblose Bezeichnung als ,gute Gottin' oder 
bei den Griechen als r\ yvvaixsia &sog (Macr. I 



21); das Griindungsjahr ist nicht fiherliefert, und 
wenn Ovid. a. a. O. 155f. eine Vestalin Claudia 
zur Stifterin des Heiligtums macht, so liegt wohl 
eine Entstellung des bei Cicero de domo 136 
actenmassig dargestellten Vorganges vor: cum 
Licinia, virgo Vestalis summo loco nata, sanc- 
tissimo sacerdotio praedita, T. Flaminino Q. 
Metello consulibus (631 = 123) aram et aedi- 
culam et pulvinar sub Saxo dedicasset, nonne 



12,27. Plut. qu. Eom. 20; Caes. 9; Cic. 19 ; 50 earn rem ex auctorit 'ate senatus ad hoc collegium 



feminea dea Prop. V 9, 25) gewissermassen ver 
steckte, vor Mannern nicht ausgesprochen werden 
durfte (Cic. har. resp. 37 ; vgl. Cass. Dio XXXVII 
45 ayvtooxa Ix zoiv nazQimv eg sxav to clqq£v), so 

konnte man fiber ihr Wesen nicht ins klare 
kommen und war ganz auf Hypothesen ange- 
wiesen, die in der Deutung sehr weit auseinander- 
gingen : man glich sie mit den altrfimischen Got- 
tinnen Fauna, Fatua, Ops, Maia und erklarte sie 



Sex. Iidius praetor rettulit? cum P. Scaevola 
pontifex maximus pro collegio respondit : ,quod 
in loco publico Licinia, Gai filia, iniussu po- 
puli dedieasset, sacrum non viderier'; diese Er- 
zahlung bezieht sich aber sicher nicht auf die 
Erbauung des Tempels, sondern auf die — ver- 
geblich versuchte — Weihung einer aedieula ; bei 
Ovid ist ausserdem ■ die Vestalin Licinia in Ee- 
miniscenz an die Erzahlung von der Einholung 



wie alle diese fur eine Erdgottin (Macr. I 12, 60 der Magna Mater (Ovid. fast. IV 305ff.) in eine 



21f.), oder mit Hera-Iuno, PeTsephone, Hekate 
(X&ovia 'Exatrj), Semele (Macr. ebd. 23) oder 
mit xiov Aiorvaov (irjxtQcov fj aQQtjzog (Plut. Caes. 
9), auch mit Medea (Macr. a. a. O. 26) und mit 
der phrygischen Mutter des Midas (Plut. a. a. O. 
und dazu Dieterich Philol. LII Iff.), fand auch 
wohl orphische Elemente in ihrem Dienste (al 
ywaixeg noZka xotg 'OQq>ixolg ouokoyovvza dQav 



Claudia verwandelt worden. Auch dieser Tempel 
war fiir Manner unzuganglich (Fest. p. 278 zahlt 
unter den religiosa auf: in aedem Bonae deae 
virum introire); von grosser Bedeutung fiir die 
Auffassung der Gottin ist die Thatsache, dass 
mit ihrem Tempel eine Apotheke verbunden war 
(Macr. I 12, 26 quidam Medeam putant. quod 
in aedem eius omne genus herbarum sit, ex 



691 



Bona dea 



Bona dea 



692 



qmbus anhshtes dant plerumque medicinas), IX 684. 805. XI 1413. 1735) ein bedeutenderer 

die Gflttrn also als Heilgottheit gefasst wurde ; Kult nur in Aquileia (OIL V 756-762 847 

dadmch findet auch die Thatsache (Macr. a. a. 0. 8242), der Her mit dem eines einheimischen 

25) dass m ihrem Tempel Schlangen gehalten Gottes Fonio in Verbindung zu stehen scheint 

T ™ T/ Q m ^f^.f ^^sklepieia (s. (CIL V 757f.); von den Provinzen sind nur Gallia 

oben Bd. 11 S 1681f.) ihre Erklarung. Auch Narbonensis (CIL XII 654. 5830), Pannonia (CIL 

an andern Stellen der Stadt wurde B. d. in pri- m 3507. 10394) und die africanischen Provinzen 

vaten Heiligtumern als Heilgottm verehrt, nament- (CIL VIII 4509. 10765. 11795. Eph. ep. V 1299 

llt^yn 6 ^ «T4^ Wi ' In T Schriftenfllnde = 1479 = VI1 486 ) mit ™S™ w^iigen In- 
zeigen (CIL VI 65-68. 75), m Trastevere bei 10 schriften beteiligt. Dochscheidet von diesen Zeug- 

ha Cecilia (mm. 66. 67 heisst sie Bona dea nissen ein nicht unerheblicher Brnchteil insofeni 

restituta; wichtig ist, auch zur Erklarung des aus, als in ihnen sicher nicht die Gottin des 

Beiimmens resUtuta, namentlich nr. 68: Felix romischen Kultes gemeint ist, sondern die Be- 

pubhcus Asmmnus pontifie(um) Bonae deae zeichnung bona dea nur einer andern Gottheit 

agresti Jelic . . . v . votum solvit iunieem al- als Attribut beigelegt wird: so lesen wir auf 

ba(m) hbem ammo ob lummibus restitutis, der -e- Inschriften bonae deae Iunoni CIL III 3507 

lictus a medtcis, post menses decern binefieio bonae deae Veneri Onidiae CIL VI 76, bonae 

dominoes medtcmis sanatus, per earn resUtuta deae. sanetissimae Caelesti CIL XIV 3530 (vgl 

omma ministerto Canniae Fortunatae) ; die Ver- das collegium cultorum bonae deae Caekstis CIL X 
£ ttVY!* ^f Tt G , eSch m< ? T °? 0gr - der Stadt 20 4849), auch das bonae deae regi[nae] triumpliali 

Rom III 445 1), es konne sich auf dieses Heilig- CIL XI3243 ist wohl mit ZangYmeister (s.Bor- 

tum die Note Hist. Aug. Hadr. 19, 11 fecit.. mann zu der Inschr.) zu verstehen als bonae deae 

aedem Bonae deae beziehen Iasst sich nicht be- Isidi (vgl. CIL VI 355); dagegen ist die bona dea 

grunden (kleinere private Kapellen und Altare Hygia CIL VI 72 und die dea [bona Vlaletudo 

werden m Rom inschnftlich noch mehrfach er- saneta Eph. ep. V 1299 vielleicht so zu fassen, 

wahnt, z.B. OIL VI 56. 62). Diese Kultstatten dass die B. d. durch den beigesetztenzweitenNamen 

der B d. waren also offenbar Heilstatten, an als HeilgOttin charakterisiert wird. Heilgottheit 

denen Frauen als Arzte fangierten (vgl. in der ist B. d. ausseihalb Roms sicher in Aquileia; 

angefuhrten Inschrift CIL VI 68 die Worte mini- denn die Weihnng CIL V 759 auribus bfonae) 
sterwCanmae Fortunatae); entsprechend waren 30 dfeaej dfedit) Petrusia Proba magistra ist nach 

auch die Ratsuchenden uberwiegend. wenn auch Analogie von CIL III 986 auribus Aescfullapi 

keineswegs ausschhesshch (Dedicationen von Man- et Hygiae und XII 654, wo unterhalb der Weih- 

«Q m 7n n 7l' 7< Tl, EOI "- CI ™ V ™i 5 -^ 6 - 59 ' 6 f- inSChrift Bonae deae Caiena P ™°™ Wertaj 

69. 70. 74. 75. Eph. epigr. IV 724), Frauen; als Attice ministra innerhalb eines mit Bandem ver- 

Vereinigungen dieser an den Tempeln wirkenden sehenen Eichenkranzes zwei Ohren mit Ohrringen 

Arztinnen werden die collegia Bonae deae auf- eingemeisselt sind, auf die Heilung eines Ohren- 

zufassen sein, die unter diesem Namen direct nur leidens zu beziehen, ebenso wie die Gottin in Eom 

ttr Korn (UL VI 2239) bezeugt, aber offenbar wegen Heilung von Augenleiden lueifera (CIL 

uberall dort anzunehmen smd, wo magistrae oder VI 73) und oelata (CIL VI 75) und ob luminibus 

mmtstrae Bonae deae vorkommen, wie CIL VI 40 restitutis selbst restituta heisst (CIL VI 66 67 

2239 Ve[tJurz[aJeSemneHonora[t]ae o[b] ma- s. o. S. 691, 13) ; auch die Epitheta compos (CEL V 

gtstratum colhgi Bonae deae und CIL XIV 4057 I 71) und nutrix (CIL VI 74) lassen sich aus 

(aus indenae) ob magistermm Bfonae) [d(eae)] dieser Wirksamkeit der Gottin herleiten. Wenn sie 

w g ooQ Q w - g t aUS - er f flr ^ m i m "9(^traj CIL CIL V 762 Bona dea pagana genannt wird, so 

VI 2238) far ; Luceria (magistra, CIL IX 805.1, findet dieses Beiwort seine Erkliirung durch die 

Capena (magisftraej CIL XI 3866), Signia (ma- Inschrift IX 3138 magistri Lavernlis murum 

9(u*ra) Eph. «P- VIH 624) emen latinischen eaementicium, portam, porticum, templum Bonae 

Ort (magistra) CIL XIV 3437) , ferner fiir Tuder deae pagi decreto faeiendufm] curarunt proba- 

(mmutra iNotiz d. . scavi 1881 1, 22), Aquileia runiqfue], ohne dass sich aber daraus etwas fiir 

("WMtrae CIL V 757-759. 762 und ministrae 50 die Auffassung der Gottheit ergabe : denn so wohl 

CIL V 762) und Arelate (mimstra CIL XII 654); man sich vorstellen konnte, dass auf Beschluss 

flr<A\ ? VT S1 99^f ne oo^ aUC T? u 6T Nan T e ,/^T- deS pa/JUS eine Heilsta tte mit Apotheke errichtet 

dotes (CIL VI 2236f 2240. Eph. ep. IV 873), worden ware, so giebt es doch auch andre Mog- 

docn smd diese Pnestennnen von den magistrae lichkeiten. Denn eine Reihe inschriftlicher Zeug- 

kaum verschieden nisse lassen , eutlich erkennel]i dass sich der B ^. 

Aus den erhaltenen Weihinschnften , deren griff der B. 5. vielfach zu dem einer ganz all- 

Zahl ziemlich gross ist, geht hervor. dass sich gemein gedachten Tutela loci verfluchtigt hat, 

der Kult im wesenthchen auf das mittlere und so z. B. wenn ein Caesaris Aug. mlieus horre- 

obere Italien beschrankte; am zah lreichsten sind orum Galbianorum der Bom dea. Galbilla eine 
««; , fS, a ?n c a ° m (CIL XIV 2251, 3437 - 60 Weihnng maeht (CIL VI 30855 = Eph ep IV 

C'ri; 4001. 405/; em sacranum Bonae deae 723a mit Mom m sens Anmerkung); in demselben 

bei Bcmllae erwahnt Cic. pro Mil. 86, vgl. Ascon. Sinne ist zu verstehen Bona dea eastrensis (Eph 

frn TY^iQ« en „ Z o, naC v \ K ? f r 7i 1 e c nde ,o^ ebieten e ?' IV 723 - CU ' V 76 °; v Z l VlWBonadeacastrfiJ 

XT 9QQfl s^f™ \l b 4 8 \if^ xf^ 5 " 8 - f^fanorumj). femer Bona dm areensis triunC 

?L 90 I 2 ! 3 " 33 °3- 3806-3870. Not. d. scavi phalis (von einem arcus triumphal™, Eph. ep. 

1881, 22. Eph. ep. VIII 159. 183. 624), ausser- VIII 183), und auch die Beinamen Annianensi 

halb dieses Kreises begegnet uns, abgesehen von (CIL VI 69 = Eph. ep. IV 722) und Sevina (CIL 

emzelnen versprengten Zengnissen (CIL I 1426. XIV 3437) lassen diese Auffassung zu. Auf Be- 



693 



Bona dea 



Bona fides 



694 



ziehung zum Landleben deuten ausser den Reliefs lini 1840. Dom. de Guidobaldi Damia o Buona 

der Inschrift von Cubulteria CIL X4615 (bauer- Dea ad occasione d'una iscrizione Osca opistografa 

lich.es Paar mit J£6rben voll Apfel) die Beinamen su di una terracotta Campana nel Museo Nazio- 

Oereria (CIL V 761) und agrestis felix (CIL VI nale, Napoli 1865 (vgl. dazu F. Buecheler Rh. 

68) ; aber man darf daraus keine weiteren Schllisse Mus. XXXIH 71f. XLIH 562). E. Saglio Diction. 

ziehen, da die erstgenamnte Inschrift aus Aquileia des antiqu. I 725f. R. Peter in Roschers Hythol. 

stammt, wo die Gfittin sicher auch als Heilgott- Lexikon I 789ff. D. Vaglieri bei Ruggiero 

heit verehrt wurde (s. oben), die zweite sich ge- Dizion. epigr. I 10121F. [Wissowa.] 

radezu auf die Heilung von einem Augeniibel be- Bonae Fortonae insnlae s. 'Aya&ov Sai- 
zieht (s. o. S. 691, 13ff.). 10 uovoe vfjoos. 

Ebenso verwaschen ist der bildliche Typus Bona ereptorla (= bona quae id indignis 

der Gottin, der durch eine inschriftlich (CIL XIV auferuntur) nennt man das von Todes wegen Er- 

2251) gesicherte Statuette aus Albano (veroffent- worbene , wenn es wegen Unwurdigkeit des Er- 

licht von O. Mar ucchi Bull. arch. com. VII 1879, werbers ihm nachtraglich wieder entzogen wird. 

227ff. mit Taf. 23) vertreten ist : eine thronende Zu solcher Entziehung ist in vielen Fallen die 

vollbekleidete Fran mit dem Fullhorn im linken Staatskasse befugt , in andern ist der dazu Be- 

Arm, wahrend die rechte Hand mit ihrem Attri- rechtigte ein irgendwie an dem entzogenen Gute 

bute(Schale?)weggebrochenist;jedenfallsstimmt Beteiligter, Dig. XXXIV 9. Cod. VI 35. VI 51 

diese Darstellung nicht mit der der Gottin des c. un. § 12. Der Name stammt aus Ulp. XTX 17: 
rOmischen Geheimdienstes iiberein, die ein Scepter 20 Lege nobis adquiritur velut caducum (s. Bona 

in der linken Hand (Macr. 1 12, 23) und neben sich caduca) vel ereptorium ex lege Papia Poppaea 

die Schlange hatte (Plut. Caes. 9; vgl. CIL VI (gegen die von Cujacius u. a., z. B. Heinec- 

55). Eine von E. Gerhard Abh. Akad. Berlin cius [s. u.] angenommene Lesart ereptieium, vgl. 

1847 Taf. n 10 = Akad. Abhandl. Taf. XLIX 7 Walther Eck Indignitiit und Enterbung, Diss, 

(danach auch bei Daremberg- Saglio Diction. Berlin 1894, 18, 13). Nach dieser Stelle wurde 

I 726 Fig. 867) abgebildete Milnze von Paestum es zweifelhaft bleiben , ob ereptorium bios ein 

mit der Darstellung einer nach links sitzenden anderer Name fiir caducum ist , wenn nicht der 

vollbekleideten Frau mit Fullhorn und der Bei- Ausdruck eripi gerade fur die Entreissung eines 

schrift BONA BEA muss hier ausscheiden , da Erwerbes wegen Unwurdigkeit angewendet wurde, 
nach einer liebenswurdigenMitteilung von B. Pick 30 vgl. Dig. XLIX 14, 49: eripiatur et ad fiseum 

die "Wiedergabe der Beischrift sicher auf falscher transferatur. Jedenfalls leitet man aus Ulp. XIX 

Lesung oder Zeichnung (in der mittelbar oder 17 her, dass die lex Papia Poppaea einen Ein- 

unmittelbar alien Erwahnungen und Reproduc- fluss auf die im librigen recht dunkle Entwick- 

tionen der Mlinze zu Grunde liegenden Arbeit von lung des Rechtes der B. e. gehabt haben muss ; 

Paschalis Magnonius De veris Posidoniae et vgl. auch Cod. Theod. XI 30, 26: ea quae in- 

Paesti originibus) beruht und vielmehr BONA dignis, legibus eogentibus, auferuntur. Einen be- 

MENS zu lesen ist (vgl. Carelli Num. Ital. sonders wichtigen Indignitatsfall behandelte das 

vet. tab. CXXXI 34. Garrucci Monete d'ltalia S. C. Silanianum de publiea quaestione a familia 

tav. CXXII 36. Brit. Mus. Catal. Italy 280, 56). necatorum habenda, Dig. XXIX 5 (vgl. Walther 

Der rOmische Geheimkult der B. d. ist in der 40 Eck a. a. O. 20ff.). Litteratur: Heineccius 

Kaiserzeit auch mit andern fremden und orgi- Ad legem Iuliam et Papiam Poppaeam commen- 

astischen Gottesdiensten in Verbindung getreten: tarius, Amstelaedami 1726 p. 415ff. Jors Das 

so lernen wir aus einer rOmischen Grabschrift in Verh. der lex Iulia de maritandis ordinibus zur 

griechischer Sprache einen Aurelius Antonius lex Papia Poppaea, Diss. Bonn 1882, 51ff. Wal- 

kennen, der im Alter von sieben Jahren zugleich ther Eck a. a. O. bes. 18ff. , vgl. auch die da- 

Priester der B. d., der Gottermutter, des Dionysos selbst 18, 12 angeftihrten Stellen ausLenels Pa- 

und des 'Hyeudiv d. h. des Iakchos war (IGI 1449 lingenesia. Dantz Lehrb. der Geschichte des rOm. 

isqsvs Tc&v[8]e feiov 7iavTa>v , nq&zov BovaSltjs Rechts 2 II § 186. Windscheid Pandekten III 

elxa unzgog dttHv xdi Aiorvaov xai 'Ilyeuovog, § 669ff. Dernburg Pandekten III § 60ff. Kop- 
vgl. dazu Dieterich Philol. LII 9); auch die 50 pen Lehrbuch des heutigen rOm. Erbrechts 1888, 

Verbindung der B. d. mit Pantheus in der Inschrift 146ff. § 18ff. [Leonhard.] 

CIL III 10394 (Bonae deae et Panthaeo Diane Bona fides ist das gute Gewissen, die red- 

SHvanabus) unddieBezeichnung derCaelestis und liche Gesinnung, Zuverlassigkeit, Treu und Glau- 

(Isis) R«gina Triumphalis (s. o. S. 692, 20) als ben. Der Zusammenhang zwischen dem altrOmi- 

bona dea gehort dahin, t'ber die von L. Fried- schen Begriffe der fides und dem dentschen Be- 

1 an der aufgestellte Ansicht, dass luvenal von den griffe des Glaubens wird zuweilen ganzlich in Ab- 

ritus teteres et publiea sacra der B. d. (6, 335f.), rede gestellt (so namenthch von Bruns Archiv 

d. h. der pro populo begangenen Nachtfeier (9, f. civ. Pr. LVH 276, 1). Doch darf man hierbei 

117), noch private Mysterien (bonae seereta deae nicht iibersehen , dass auch das deutsche Wort 
6, 314) unterscheide, tei denen nach seiner Schil- 60 ,Glauben', insbesondere in der Wendung ,Treue 

derung (6, 314 — 334) ganz ungeheuerliche ge- und Glauben', keineswegs immer die Voraussetzung 

schlechtliche Ausschweifungen an der Tagesord- bestimmter Thatsachen bezeichnet, sondern viel- 

nung waren, vgl. A. Gercke Gott. gel. Anz. fach auch eine gewisse Gesinnung, die sich durch 

1896, 980. Redlichkeit, Zuversichtlichkeit und Zuverlassig- 

Litteratur. E. Gerhard Agathodaemon und keit auszeichnet. Die fides wurde von den Romern 

Bona dea, Abhandl. Akad. Berlin 1847, 461ff. = hoch geschatzt. Schon Numa soil der publiea 

Akad. Abhandl. II 21ff. M. Motty De Fauno et fides einen Tempel erbant haben (Dion. Hal. II 

Fauna give Bona dea eiusque mysteriis, Diss. Bero- 75, 3). Auch sah man in ihr eine unerlassliche 



695 



Bona fides 



Bona fides 



696 



Vorbedingung des Verkehrslebens und der Rechts- 
pflege, Cic. de off. I 7; partit. orator. 22, vgl. 
auch Plant. Aulul. 764ff.; Capt. 883ff.; Pseud. 
1095. Liv. XXXIX 54. Toigt Das ius naturale 
der Romer IV 377iF. Bruns Das Wesen der bona 
fides bei der Ersitzung, Berlin 1872, 78ff. Leon- 
hard Roms Vergangenheit und Deutschlands Recht 
(Leipzig 1889) 20. Darum heisst die Rede, die 
auf Wahrheitsliebe beruM, bona fide dieere (= ex 



Stintzing Das Wesen von bona fides und titulus 
in der rOm. Usucapionslehre , Heidelberg 1852. 
Leonhard Institiitionen 309 § 91 II. Gegenuber 
einer erfolgreichen Eigentums- oder Erbschafts- 
klage wird der verurteilte redliche Besitzer in 
mehrfacher Hinsicht besser behandelt als der un- 
redliche; vgl. hieriiber namentlich Windscheid 
Pandekten ? I 579ff. § 193ff. Ill 224ff. § 612ff. 
und v. Petrazycki Die Fruchtverteilung beim 



animi sententia) ,_ Augustinus contra Academics 10 Wechsel des Nutzungsberechtigten , Berlin 1892, 



LI 5, 12. lm gleiehen Sinne bernerkt Quintilian 
(inst. or. X 3, 23): neque enim se bona fide in 
multa simul intendere animus totum potest. ' Auf 
dem Rechtsgebiete erscheint der Begriff der B. f. 
um seiner Allgemeinheit willen in mannigfachen 
Anwendungen, z. B. alicui bona fide solvere, Dig. 
XLIX 14, 46, 6. XLVI 3, 45 (woselbst der Text 
wahrscheinlich entstellt 1st, Fa Der Semestria I, 
XXIV), vgl. Brissonius De verb, signif. unter 



165ff. Der redliche Besitzer erlangt iiberdies an 
den abgesonderten Friichten der Sache Eigentum 
(was iibrigens nieht unbestritten ist) ; vgl. Buche- 
nau Rechtliche Natur des Fruchterwerbs des red- 
lichen Besitzers, Diss. Gottingen 1889. Karlowa 
ROm. Rechtsgeschichte II 423ff. v. Petrazycki 
a. a. 0. 185ff. und weitere Litteratur bei Wind- 
scheid Pandekten?I 560 §186,7. Dernburg 
Pandekten 4 I 485ff. § 205. Auch an dem Er- 



bonus 4, und fides 5. 6. 7, auch liber den Zu- 20 werbe eines Sclaven hatte dessen redlicher Be 



sammenhang der fides mit den fideicommissa 
Faber Semestria LT, XV. Die B. f. erscheint so- 
gar in den Quellen zuweilen als das Gebot des 
Wohlwollens, das zur Richtschnur bei der Ent- 
scheidung zweifelhafter Rechtsfragen dienen soil, 
vgl. Cels. Dig. I 1, 1 pr. : Ius est ars aequi et 
boni. Gai. Dig. L 17, 57: Bona fides non paiitur, 
■ut bis idem exigatur, und hierzu Windscheid 
Pandekten? I 343 § 121, 9. 



sitzer ahnliche Rechte wie ein Niessbraucher, Inst. 
II 9, 4. Dig. XLI 1, 19; vgl. v. Savigny Das 
Recht des Besitzes § 26 A. Pernice M. Anti- 
stius LabeoII 170ff. v. Petrazycki a. a. 0. 122ff. 
Leonhard Institutionen 182 § 46 lib. 

Bestritten ist (zunachst fiir das Gebiet der 
usucapio, fiber daa der Gegenstand des Streites 
jedoch weit hinausreicht) , ob das Dasein der B. 
f. lediglich von den Anschauungen und Uber- 



Besonders wichtigfiir das Rechtsgebiet sind: 30 zeugungen dessen abhangt, dem sie zugeschrieben 



1) Die bonae fidei possessio, vgl. Gai. II 43, 
Inst. II 1, 30. 35ff. Dig. XVIH 1, 27. XLVIII 
15, 3 pr. L 16, 109. August, de fide et operibus 
7. Die Redlichkeit des nichtbesitzenden Eigen- 
tfimers beruht in der Regel auf dem Glauben, 
Eigentum er geworden zu sein, oder doch wenig- 
stens auf der Unkenntnis der Umstande, die diesen 
Eigentumserwerb hinderten ; doch ist jener Glau- 
ben oder diese Unkenntnis nicht geradezu notig, 



werden soil, oder von gemeingultigen Grundsatzen 
uber die Vorbedingungcn des redlichen Erwerbs, 
mit andera Worten , ob ein jedes ruhige , selbst- 
zufriedene Gewissen B. f. genannt werden kann, 
oder nur das mit Recht ruhige Gewissen. Fur 
das Rechtsgebiet wird man das letztere annehmen 
miissen. Dadurch wird die Rechtsordnung von 
den besonderen irrigen Anschauungen einzelner 
unabhangig. So namentlich Bruns Das "Wesen 



um B. f. eines_ Besitzers zu begriinden, da z. B. 40 der bona fides bei der Ersitzung, Berlin 1872, 



auch der von seinem Ehegenossen beschenkte Gatte 
zwar glaubt, dass er wegen der Ungiiltigkeit der 
Schenkungen unter Gatten nicht Eigentumer der 
Sache geworden ist, aber dennoch Treu und Red- 
lichkeit nicht verletzt, wenn er sie wie ein Eigen- 
tiimer beniitzt, Dig. XXIV 1, 25. XLI 6, 3, vgl. 
Windscheid Pandekten? I 533 § 176, 6. Der 
Begriff der Redlichkeit hangt hiernach von dem 
Eigentumsbegriffe nicht ab. 



bes. 10. 124ff, ; zur Lehre von der b. f. bei der 
Verjahrung, Archiv fur civilistische Praxis LVII 
275ff. A. M. C. G. Wachter Zwei Recbtsgut- 
achten die Ersitzung des Rittergutes Gollmenglin 
betreffend, und die bona fides insbesondere bei der 
Ersitzung des Eigentums, 1871, vgl. auch Per- 
nice M. Antistius Labeo II 207ff, 

2) Die bonae fidei actio fiihrt zu einem bonae 
fidei indicium. Sie entspringt aus dem bonae 



Von dem redlichen Besitzer wird der unred- 50 fidei negotium und richtet sich auf die Erfiillung 



liche als malae fidei possessor unterschieden, Dig. 
V 3, 20, 11 u. 12. 25, 7. Die Redlichkeit des 
Besitzers giebt ihm so viele Vorziige, dass sie 
nach Paulus (Dig. L 17, 136) sogar im Zweifel 
ihm alle Vorteile des wirklichen Eigentumes ge- 
wahrt: Bona fides tantundem possidenii praestat, 
quantum Veritas, quotiens lex impedimento von 
est.sgl. hierzu v. Brinz Zum Rechte der bonae 
fidei possessio , Festgaben fiir Arndts , Miinchen 



einer bonae fidei obligatio. t'berall steht hier 
das ex fide bona im Gegensatze zu dem strengen 
Gesetzbuchstaben {striatum ius), der bei den aetio- 
nes, indicia, negotia und obligationes strieti iuris 
gilt. Es bedeutet, dass da, wo Verpflichtungen 
nach bestem Gewissen erfullt und beurteilt werden 
sollen, dem Ermessen des Richters ein freier Spiel - 
raum verbleibt, in dem es nach Billigkeit das 
Gesetzeswort erganzen soil, und dass in eben 



1875, 73ff. Dernburg Pandekten * I 457 § 194. 60 diesen Fallen auch die Parteien den Umfang ihrer 
Insbesondere ist B. f. eine wiehtige Voraussetzuns- Pflichten von ihrem Gewissen zu crfragen haben, 

Symmach. ep. II 87. Cic. de off. Ill 16. Inst. IV 



! wiehfcige Voraussetzung 
des Ersitzungserwerbs (Gai. II 43. Inst. II 6 pr. 
Windscheid Pandekten? I 531 § 176) und folge- 
weise auch der actio Publiciana Inst. IV 6, 4; 
vgl. Harnier De probatione bonae fidei in prae- 
scriptionibus , Cassel 1841. C. Hildenbrand 
De bona fide propria debitori ad temporis prae- 
.scriptionem haud necessaria, Monach. 1843. R. 



6, 28f., woselbst ebenso wie bei Gains IV 62 die 
wichtigsten aetiones bonae fidei aufgezahlt sind. 
Die freiere Behandlung dieser Anspriiche zeigt 
sich namentlich darin, dass der Richter bei ihnen 
von vorn herein infolge seiner Pflicht, nach bestem 
Ermessen zu urteilen, Einwendungen des Verklag- 



697 



Bona mansio 



Bonifatius 



698 



ten in weiterem TJmfange beriicksichtigen durfte, 
als bei den aetiones strieti iuris (vgl. Birk- 
meyer Die Exceptionen im bonae fidei iudicium, 
Erlangen 1874), namentlich auch die Aufrech- 
nungseinrede (Inst. IV 6, 30), und dass er insbe- 
sondere in dem Zuschlage von Nebenleistungen 
(Friichten und Verzugszinsen) fiber den urspriing- 
lichen Schuldgegenstand hinausgreifen konnte, 
Schilling Lehrb. der Inst. II 356ff., altere Lit- 
teratur daselbst 358 Anm. a. Rein Rem. Privat- 
recht^ (1858)902ff. v. Savigny System des heut. 
rem. Rechts V 461ff. Dernburg Pandekten* I 
307 §131. Leonhard Institutionen 389. 402. 471. 
479 § 126 IV. 131 I a. 156 II. 159. [Leonhard.] 

Bona mansio, nach It. Hieros. 567 Station 
an der Strasse von Serdica nach Philippopolis, 
in den Acta S. Alexandri (Acta SS. Mai III 197) 
eastrum Bonamasium genannt, wahrscheinlich 
gleichbedeutend mit dem von Itin. Ant. 136 an 
derselben Stelle angesetzten Lissae; Ruinen des 
Castells beim Dorfe Vjetren, Jirecek Heerstrasse 
von Belgrad nach Constantinopel 35. 

[Oberhummer.] 

Bona vacantia heissen die erblosen Nach- 
lassmassen. Bire Ausplunderung gait nach altem 
Rechte nicht als Frevel, verschaffte sogar binnen 
Jahresfrist Eigentum durch die usuoapio pro 
herede, Gai. II 52fF. Holder Beitrage zur Ge- 
schichte des rOmischen Erbrechts 1881 , 529ff. 
v. Jhering Ernst und Scherz in der Jurisprudenz 
1884, 137ff. Puchta-Kriiger Institutionen w II 
207 Anm. ff. § 239. Leonhard Institutionen 357, 
4. In der Kaiserzeit zog die Staatskasse die 
Nachlassmassen ein, wenn kein erwerbfahiger Erbe 
berufen war. Hiermit hangt zusammen, dass die 
usuoapio pro herede ihre Bedeutung verlor und die 
Erhschaftspliinderung schliesslich strafbar wurde, 
Dig. XL VII 19. Ulp. XXVIII 7 : et si nemo sit, 
ad quern bonorum possessio pertinere possit, aut 
sit quidem, sed ius suum omiserit, populo bona 
deferuntur ex lege lulia eaducaria. Dig. V 3, 
20, 7. Cod. Ill 28, 10. X 10, 5 pr. ; vgl. auch Tac. 
ann. Ill 28: lege Papia Poppaea praemiis in- 
dueti, ut, si a privilegiis parentum cessaretur, 
velut parens omnium populus vacantia, teneret, 
eine Stelle, die von Nachlassmassen redet, die zu- 
glcich caduea (s. Bona caduca) und vacantia 
waren. Die Staatskasse ubernimmt die erblosen 
Massen mit alien Schulden und Lasten, Dig. XXX 
96, 1. 114, 2. XXXVI 1/ 6, 3. Sie hat iiberdies 
das Vorrecht, das Erworbene mit den darauf 
lastenden Verpflichtungen als ein Ganzes so zu 
veraussern, dass statt ihrer der Erwerber fortan 
wie ein Erbe haftet, wiihrend andere Erben eine 
Verausserung mit dieser Kraft nach romischem 
Rechte nicht vornehmen konnen. Cod. IV 39, 1. 
Litteratur: Heineccius Ad legem Iuliam et 
Papiam Poppaeam commentarius, Amstelaedami 
1726 in 7 p. 417ff. (insbesondere p. 421 fiber 
das Verhaltnis der bona caduca und der bona 
vacantia). C. A. Schmidt De successione fisci in 
bona vacantia ex iure Romano, Jena 1836. Jors 
Uber das Verhaltnis der lex lulia de maritandis 
ordinibus zur lex Papia Poppaea, Diss. Bonn 1882, 
52. Leonhard Institutionen § 376. Weitere An- 
gaben s. bei Windscheid Pandekten? Ill § 622, 
vgl. auch v. Blume Der Erbschaftskanf, Diss. 
Gottingen 1892, 6. [Leonhard.] 



Bonchai (B6yx°", var - Bdyxvai), ein Volk, 
das vor (var. neben) den Karrenern wohnt, zwi- 
schen Euphrat und dem Kyros-Flusse , Asinius 
Quadratus bei Steph. Byz. Unter dem Kyros- 
Flusse ist sicher einer der bei Karrae-Harran be- 
findlichen Wasserlaufe zu verstehen, Nahr Gulab, 
Nahr el-Kilt, die zusammen den Nahr Ballh bil- 
den, oder dessen westlicher Nebenfluss, der auf 
Kieperts Karte nicht benannt ist. Vielleicht 
10 ist Kvqov notapov mit Bo chart geradezu in K&q- 
Qa Tiorafiov (s. d.) zu andern. Immerhin werden 
die Wohnsitze des im ubrigen unbekannten Volkes 
durch obige Angahe hinreichend bestimmt; vgl. 
Ritter Erdkunde^ XI 292f. S. auch Bochai. 

[Weissbach.] 

Bonchis (Bwy%ig), Stadt in Aithiopien am 
dritten Katarakt, Steph. Byz., wohl identisch mit 
Bocchis (s. d.). [Sethe.] 

Bonchnai s. Bonchai. 
20 Bonconiea s. Bauconica. 

Boadelia (BovSsUa Ptol. Ill 1, 47), Ort Etru- 
riens, nach Miiller z. d. St. in der Nahe von 
Livorno. S. Bodetia. [Hiilsen.] 

Bondobrica s. Baudobriga Nr. 1. 

Bonifatins. 1) ROmischer Feldherr, nach 
einer zweifelhaften Quelle ein Thraker (Pseudo- 
bonifat. epist. 10 = Migne L. 33, 1097). Seine 
erste Waffenthat scheint die Verwundung des 
Athaulf ge wesen zu sein, als dieser 413 Marseille 
30 angriff (Olymp. frg. 21 Muller). Spater stand er 
als Tribunus an der Spitze eines Auxilium in 
Africa und wehrte mit Erfolg den Plunderungen 
der Mauren (August, epist. 220, 7 = Migne L. 
33, 995). Zum Comes ernannt sollte er 422 den 
Magister militum Castinus zum Kriege gegen die 
Vandalen in Spanien begleiten, veruneinigte sich 
aber noch in Italien mit ihm, floh nach Portus 
bei Rom und setzte von dort nach Africa fiber 
(Prosp. 1278. Hydat. 78 = Mommsen Chron. 
40 min. I 469. II 20). Hier griindete er sich als 
Fiihrer von foederati (Possid. vit. Aug. 28 = 
Migne L. 32, 59. Olymp. frg. 42), d. h. von Pri- 
vatsoldnern (BenjaminDe Iustiniani aetate quaes- 
tiones militares, Berlin 1892), eine halb selbstan- 
dige Herrschaft und gewann durch Tapferkeit gegen 
die Barbaren, welche er selbst in Zweikampfen be- 
wahrte, durch Unbestechlichkeit und gerechten Sinn 
allgemeine Liebe (Olymp. frg. 42. August, ep. 189, 
8). Mit Augustinus stand er bald in persSnlichem 
50 (ep. 220, 2. 3), bald in brieflichem Verkehr (an 
ihn gerichtet ep. 185. 189. .220 = Migne L. 33, 
792. 854. 992); nach der tjberschrift von serin. 
114 (Migne L. 38, 652) wohnte er dieser Predigt 
bei. Sein Kriegshandwerk erfullte ihn manchmal 
mit religiosen Skrupeln (August, ep. 189, 4), und 
als seine erste Gattin , welcher er mit grosser 
Treue anhing (a. O. 7. 8), starb, dachte er sogar 
daran, MSnch zu werden (August, ep. 220, 3. 12). 
Bei den Zwistigkeiten zwischen Honorius und 
60 Placidia 423 stellte er sich auf die Seite der letz- 
teren und unterstiitzte sie, als sie nach Constan- 
tinopel geflohen war, mit Geld (Olymp. frg. 40). 
Dem Usurpator Johannes unterwarf er sich nicht, 
zwang ihn dadurch 424, Truppen nach Africa zu 
schicken und sich so im Kriege gegen Valenti- 
nian IH. zu schwachen (Prosp. 1286). Nach dem 
Siege des letzteren 425 wurde er an den Hof be- 
rufen (August, ep. 220, 4) und erhielt wahrschein- 



t>yy 



.Donifatius 



Bonitus 



700 



lich damals als Belohnung die Wurde eines Co- 3) Bonifatius I., Bischof von Eom December 

mes domesticorum, wahrend ihm zugleich die Ver- 418 bis September 422. Den gleichzeitig von einer 

waltung Africas gelassen wurde (a. 0. 7). Neu- Minoritat gewiLhlten Gegenpapst Eulalius hatte 

vermahlt mit der reichen Pelagia (Marcell. 432 er ira April 419, nachdem er die Gunst des Kai- 

= Mommsen II 78) kehrte er in die Pfovinz sers Honorius gewonnen, glucklich beiseite ge- 

zurtick. Jene war Arianerin gewesen, und ob- schoben; sein Vorganger Zosimus hatte ihm in 

gleich sie vor der Hochzeit ihre Ketzerei hatte Africa und Gallien ebenso schwierige wie pein- 

abschwOren miissen , liess sie doch apiiter ihre liclie Angelegenheiten zur Erledigung iiberlassen. 

Tochter von einem arianischen Geistlichen taufen. Soweit wir urteilen konnen, hat er hier und sonst 
Auch wich jetzt die eheliche Keuschheit des B. 10 Klugheit und Miissigkeit bewiesen, ohne den An- 

einem ziemlich lockeren Leben (August, ep. 220, spruchen des apostolischen Stuhls, wie seine Vor- 

4. 12). Der Magister militum Felix, nicht Aetius, fahren sie formuliert hatten, Wesentliches zu ver- 

wie Prokop. b. V. I 3 erziihlt , veranlasste seine geben : vielmehr hat durch ihn die Autoritat Eoms 

Buckberufung. Da er aich weigerte zu kommen, die Missgriffe des Zosimus vergessen gemacht 

wurde ihm der Krieg 427 erklart (Prosp. 1294. Sein Briefwechsel ist grossenteils erhalten; aus 

Prok. b. V. I 3). Die drei gegen ihn gesandten Constant Epistolae roman. Pontif. I bei Migne 

Feldherren Mavortius, Gallio und Sanoeeis verun- Patrolog. lat. XX 745—792. Vgl. J. L an gen 

einigten sich, als sie ihn belagerten, und wurden Geschichte d. rOm, Kirche I 763—793. L. D u- 

alle von ihm getetet. Als darauf der Comes Se- chesne Le Liber Pontificalis I 1886, 227—229. 
gisvultus nach Africa geschiekt wurde, rief B. die 20 [Julicher.l 

Vandalen zur Hulfe herbei und stelite ihnen Schiffe Bonis (Bwvtg) , Ortschaft in Indoskythia am 

zum Ubergang fiber die Meerenge Ton Gibraltar Indos oberhalb seiner Gabelung in mehrere Arme 

(a. 0., vgl. lord. Get. 33, 167. 169. Chron. Gall. 96 Ptol. VII 1, 58; indisehe Grundform etwa Bha^- 

= Mommsen I 658). Plundernd und mordend vani. Vivien de St. Martin (Etude sur l'lnde 

ruckten dieseheran, und zugleich fielen die Mauren de Ptolemee 238f.) vergleicht die in Unter-Sindh 

in die Provinzein, ohne dassB. ihnen wehrenkonnte am Ostufer 25 miles oberhalb Thattha gelegene 

(August, ep. 220, 6. 7). Da gelang es dem kaiser- Feste Banna, in deren Nahe sich der Arm Piniari 

lichen Abgesandten Darius, unterstutzt durch die vom Hauptstrom gegen Siidosten abzweigt. 
brieflichen Ermahnungen des Augustinus (ep. 220), [Tomaschek ] 

den B. zu einem Waffenstillstand mit dem Hofe 30 Bonisana, Ort im callaekischen Hispanien am 

zu veranlassen (August, ep. 229, 2. 230,3), wel- Ocean, nur beim Geogr. Rav. 307, 18 erwahnt; 

chem bald der Prieden folgte. Jetzt suchte B. vielleicht nicht verschieden von Burbida (s. d.) 
selbst die Vandalen zur Riickkehr zu bewegen; [Hiibner.] 

als dies vergeblich war, bekiimpfte er sie mit Bonis interdicere heisst die Entmundigiing 

gothischen Hiilfstruppen (Possid. vit. Aug. 28. eines Verschwenders. Sie ist von alters her durch 

August, ep. 185, 1 = Migne L. 32, 59. 33, 793), Gewohnheit eingefiihrt und durch die 12 Tafeln 

wurde aber geschlagen und 430— 431 vierzehn geregelt worden, Dig. XXVII 10, 1 pr. (Ulpianus) : 

Monate lang in Hippo regius belagert (Possid. a. lege duodecim tahularum prodigo interdieitur 

0. Prosp. 1304. Prok. b. V.I 3. Vict. Vit. 1 3, 10). bonorum suorum administratio , qUod moribus 
Ein neuer Kampf mit Hulfe der Byzantiner unter 40 quidem ab initio introductum est. Die Form 

Aspar hatte keinen besseren Erfolg (Prok. a. 0.). dieser interdictio lautete nach Paulus rec sent 

43 2 ernanute ihn Placidia zum Magister militum in 4 a, 7: Quando tibi bona paterna avitaque 

und berief ihn nach Italien, urn sich mit seiner nequitia tua disperdis liberosque tuos ad egesta- 

Hfllfe des ubermiichtigen Aetius zu entledigen. tern perducis, ob earn rem tibi ea re eommercio- 

Diesen besiegte er zwar, wurde aber in der Ent- que interdico. Der Verschwender wurde hier- 

scheidungsschlacht bei Ariminum (Mommsen durch verhindert, sein Vermogen zu veraussern, 

Chron. inin. I 301) verwundet und starb drei nicht aber es zu vermehren, Dig XLV 1 6' 

Monate spater (Marcell. 432, 3. Prosp. 1310. Hydat. Niiheres s. unter Prodigus. Litteratur: Ubbe- 

99. Chron. Gall. 109. 111). Sein Schwiegersohn lohde Grunhuts Zeitschrift fur Civilrecht und 
Sebastianus folgte ihm in der Feldherrnstellung 50 Process IV 671ff. K ar Iowa Rom. Rechts^eschichte 

(Hydat. a. 0., vgl. Vict. Vit. 1 6, 19. Marcell. 435). II 302ff. Dernburg Pandekten* I 132 § 57 

Eines galhschen Dichters, der zuerst in der Urn- Puchta-Kriiger Inst.io II 38 § 202c. Leon- 

gebung des B., dann des Sebastianus gelebt hatte, hard Institutionen 238 § 65 c. [Leonhard 1 
erwahnt Ap. Sid. c. 1X279. Papencordt Gesch. Bonita, Ortschaft, erwahnt Vita Theodori 

der vandalischen Herrschaft in Africa 54. ttber Studitae X (Migne gr. XCIX) 8 83 Vielleicht 

seine vermemtliche Miinze s. Eckhel Vm 293. ist damit in Verbindung zu bringen der Zev; 

Es sind unter seinem Namen mehrere Briefe an Bovtxrjvo; (s. d.), der auf einer zwischen Zafaram- 

Augustinus nebst dessen Antworten erhalten, die boIi-Kastambolgefundenenlnschrifterwahntwird; 

sicher gefalscht sind (Migne L. 33, 1095). Doch vgl. Tomaschek S.-Ber. Akad. Wien 1891 VIII 
scheint ihr Verfasser der Zeit des B. nicht sehr 60 77. [Rnge 1 

feme zu stehen, so dass einzelne Nachrichten des Bonltenos (Bonzijvog [Zev;]). Eine Inschrift 

Bnefwechsels doch vielleicht brauchbar sein kOnn- aus Meireh bei Amastra im Pontos berichtet, dass 

ten - _,.„,.. , [Seeck.] im J. 215 n. Chr. ein Tempel dort dem Zeus B. 

2) Ein Schreiber des Vandalenkonigs Gelimer, errichtet wurde (S.-Ber. Akad. Berl. 1888 869 

lieferte dessen Schatz, da er ihn nicht mehr, wie nr. 61. Bull. hell. XIII 1889, 311—312). Diese 

befohlen , nach Spanien retten konnte , in Hippo Gottheit ist sonst unbekannt. [Cumont 1 

an Behsar aus, Prok. Vand. II 4 p. 428f. B. Bonitus. 1) B. wird als stipator principis 

[Hartmann.J nostri, d. h. des Gallienus, in einem Briefe des 



701 



Boniuricis 



Bononia 



702 



spateren Kaisers Claudius (Gothicus) an den Usur- Aen. X 198. Sil. Ital. VHI 600), ihr urspriing- 

pator Eegilianus bezeichnet. Der Brief (Hist. licher Name war Felsina (s. d.). Spater kam die 

Aug. trig. tyr. 10, 11) dient als der in der Hist. Stadt in die Hand der boischen Gallier, denen 

Aug. iibliche Beweis von der Tiichtigkeit des Ee- sie die RSmer im J. 196 v. Chr. abnahmen (Liv. 

gilianus, die ein berufener Beurteiler anerkannt XXXIII 37, 4); sieben Jahre spater wurde eine 

habe, ist mithin von sehr zweifelbaftera Werte. Colonie von 3000 Biirgern dorthin gelegt, und 

[Henze.] der Ortsname in B. verandert (Liv. XXXVn 57, 

2) Franke in romischen Diensten, zeichnete 7. Vellei. I 15). Im J. 187 haute der Consul 

sich 324 in dem Kriege Constantins gegen Lici- Flaminius die Strasse fiber den Apennin a Bononia 
nius aus. Sein Sohn war der spatere Magister 10 Arretium (Liv. XXXIX 2, 6, uncorrect Strab. V 

peditum Silvanus, Amm. XV 5, 33. [Seeck.] 217), gleichzeitig sein College Aemilius die Via 

Boniuricis (Geogr. Rav. Hill) s. Baniurae. Aemilia von Placentia fiber B. nach Ariminum, 

Bonna (Bowd), Stadt der Ubier am linken wodurch B. der Mittelpunkt des norditalischen 

Eheinufer in Germania inferior, der Standort der Strassennetzes wurde. Trotzdem wird die Stadt 

legio I Minervia (Ptol. II 9, 8 sha Bovra... in republicanischer Zeit selten erwahnt (zum J. 135 

Xsyicov a 'A&avaixrj); haufig von Tacitus als fester bei Oros. V 6), sie scheint nach dem Bundesge- 

Ort und Stiitzpunkt der Romer erwahnt, hist. nossenkriege aus einer Colonia iuris latini in ein 

IV 19. 20 (eastra Bonnensia). 25. 62. 70. 77. V Municipium verwandelt zu sein (Fest. 127) ; ihre 

22. Sie lag an der von Mainz nach Koln fiihrenden Tribus war die Lemonia (Kubitschek Imperium 
Heerstrasse (Itin. Ant. 254. 370. Tab. Peut.). 20 rom. tributim discriptum 95). Haufig erwahnt 

Das heutige Bonn. Nach Floras II 30 kann wird sie in den Biirgerkriegen 43 v. Chr. (Cic. 

dort die Station der Rheinfiotte gewesen sein: ad fam. XII 5, 2. Cass. Dio XLVI 36. Appian. 

Bonnam (Bormam cod. Bamberg.) et Qessori- b. c. HI 69. D. Brutus in Cic. ad fam. XI 13), 

aeum pontibus iunxit classibusque- ftrmavit (scil. ganz besonders wegen des auf einer kleinen Insel 

Drusus); vgl. Mommsen E.G. V 28, 2. Er- des Ehenus abgeschlossenen zweiten Triumvirats 

wahnt ferner bei Amm. Marc. XVIII 2, 4. Geogr. (Cass. Dio XLVI 54. 55. Plut. Cic. 46 ; Anton. 19. 

Eav. IV 24 p. 227. Zur Geschichte und Topo- Appian. b. c. IV 2. Florus IV 6. Suet. Aug. 96). 

graphie des Bonner Castrums giebt es eine zahl- Antonius, dessen Familie von altersher Patronat 

reiche Litteratur, zu vgl. die verschiedenen Jahr- fiber B. gehabt hatte (Suet. Aug. 17), deducierte 
gange der Ehein. Jahrb. (Eegisterhefte) , Westd. 30 Colonisten dahin (Cass. Dio L 6), deren Zahl Octa- 

Ztschr. mit Korr.-Blatt u. a., namentlich die vian vermehrte (daher divus Augustus parens eo- 

Bonner Festschrift : ,Bonn, Beitrage zu seiner Ge- loniae auf der Inschrift CIL XI 720 ; vgl. auch die 

schichte und seihen Denkmalern' (1868) und das Anekdote bei Plin. XXXIII 83). Im J. 53 n. Chr. 

Bonner Winckelmannsprogr. von 1888: ,Das rom. durch einen Brand zerstort, wurde sie durch Clau- 

Lager in Bonn' mit zwei Planen, darin eine Zu- dius wiederhergestellt (Tacit, ann. XII 58. Suet, 

sammenstellung der auf dem Castrum gemachten Nero 7). Trotzdem die Stadt bluhend und volkreich 

rCmischen Funde von Jos. Klein (vgl. Korr.-Bl. geblieben sein muss (zahlreiche Soldaten aus B., 

der Westd. Ztschr. VIII 88ff.). Ubersichtskarte s. Bohn Eph. epigr. V p. 252), wird sie doch 

von Bonn Ehein. Jahrb. LXXXII Taf. HI. Uber verhaltnismassig selten genannt; ihrer gedenken 
den angeblichen Eomerhafen von Bonn in Gen- 40 die Geographen (Strab. V 216. Mela II 60. Plin. 

sem v. Veith Ehein. Jahrb. LXXXVII 186ff. Ill 116. VI 218. VII 159. 163. XVI 161. XXXVI 

u. a. m. Die bis zum J. 1867 in Bonn gefun- 161. Ptol. Ill 1, 46) und Itinerarien (It. Ant. 99. 

denen Inschriften verzeichnet Brambach CIEh 127. 281. 282. 283. 287; Hierosolym. 616. Tab. 

455ff. (Nachtrage in den Rhein. Jahrb.); vgl. Peut. Geogr. Eav. IV 33 p. 272 P.) ; gelegentlich 

auch Hettner Katalog des k. Rhein. Mus. bei noch Tacit, hist. II 53. 67. 71. Martial. LTI 54. 

der Universitat Bonn (Bonn 1876). [J. Klein] Phlegon macrob. 1.2.4. Im 4. Jhdt. nennt Am- 

Fiihrer durch das Provinzialmus. zu Bonn (1895) brosius (epist. n 8) die Stadt halbverfallen : doch 

und die Mitteilungen aus dem Bonner Provinzial- hielt sie im J. 410 dem Angriffe Alarichs stand 

museum Rhein. Jahrb. LXXII. LXXIV. LXXVniff. (Zosim. VI 10) und wird von Paulus Diac. hist. 
Holder Altcelt, Sprachschatz s. v. Vgl. den 50 Lang. II 18 unter den wohlhabenderen Orten 

Artikel Caesoriacum. [Ihm.] Norditaliens aufgezahlt ; erwahnt noch bei Procop. 

Bonnogaris, rich tiger wohl Bon-nagaris, eine b. Goth. HI 11. Paulus hist. Lang. VI 49. 54. 

Ortschaft in Indien, wahTscheinlich Hinterindien, Die Euinen des rOmischen Bologna sind wenig be- 

wie aus der Nahe von Palanda und Sampa ge- deutend ; erwahnenswert die grosse (unterirdische) 

8chlossen worden darf, Geogr. Rav. II 1 p. 40. romische Wasserleitung, welche neuerdings wieder 

In der Sprache von An.nam bedeutet das Ele- hergestellt ist (Gozzadini Intorno all' acquedotto 

ment bon, in den Mo'isprachen puon, ,vier' ; dazu ed alle terme di B. 1864 ; Notizie degli scavi 1881, 

skr. nagara ,Stadt'. Eine alte Feste in Kam- 162. CIL XI 793). Inschriftlich bezeugt sind 

boga hiess Bon-tray. [Tomaschek.] Thermen (CIL XI 720. Br izio Not. d. scavi 1896, 

Bonomagus , Stadt in Gallia Narb. beim 60 260) und ein Isistempel (CIL XI 695). Griechische 

Geogr. Rav. IV 26 p. 239, wohl identisch mit Inschriften aus B.Kaibel IGI 2282— 2286, latei- 

Senomagus (s. d.) der Tab. Peut. [Thm.] nische CLL XI 693— 815. Vgl. Gozzadini Studii 

Bononia. 1) Bononia {Bovtovia ; Einwohner archeologico-topografici sulla citta di Bologna (in 

Bononiensis), bedeutende Stadt in Oberitalien am den Atti della deputazione di storia patria d. Eo- 

Flusse Ehenus und der Via Aemilia, jetzt Bologna. magna 1868). Notizie degli scavi 1877, 240. 1878, 

Die Griindung wird dem Etrusker Aucnus oder 81. 1885, 216. 1890, 204. 1891, 19. 367. 1892, 

Ocnus zugeschrieben. dessen Bruder Aulestes Pe- 255-260. 1894, 269. 1896, 125-160. 258—260. 
rusia gegriindet haben soil (Plin. Ill 119. Serv. [Hulsen.] 



/Vd 



iiononius 



conorum collatio 



VU4 



2) Castell an der Donauuferstrasse in Pan- Boiionim collatio 1st der Beitrag, den der 

nonia inferior (Itin. Ant. p. 242. 243), das auch AbkOmmling eines Verstorbenen bei der Erbtei- 

mit Sirmium in directer Verbindung gestanden lung den miterbenden anderen AbkOmmlingen ge- 

sein muss (Amm. Maic. XXI 9, 6 und XXXI 11, wahren soil, um eine unbillige Ungleichheit der 

6). Bei den Einheimischen hiess B. Malata (CIL Vermogenslage zu verhindern. Man kann bei der 

III 3700—3702. Tab. Peut. Geogr. Rav. 219, 16. collatio hier nicht ein Princip der Schadloshal- 

Mommsen CIL III p. 421. Kiepert Formae tung von einem Princip der Gleichstellung unter- 

orbis antiqui XYII. A. Holder Altkeltisch. Sprach- scheiden (s. KOppen Lehrbuch des heut. rOm. 

schatz s. v. S. 487) und war wie das am linken Erbrechts 1888 § 250); denn in Wahrheit tritt 
Ufer der Donau gegenliberliegende Castell Ona- 10 uberall bei ihr eine Schadloshaltung durch Gleich- 

grimrni stark besetzt : Idatiani fasti ad a. 294 : stellung ein , und der Schaden , um den es sich 

his cos. castra facta in Sarmatia contra Acineo handelt , ist eine unbillige Ungleichheit. Der 

el Bononia. Not. dign. Occ. XXXII 14 = 33 : alten Zeit erschien freilich eine Ungleichheit des 

equites Dalmatae, Bonoriae ; 44 : praefectus h- Erwerbs mehrerer Kinder aus dem Nachlasse ihres 

gionis quintae Ioviae cohortis quintae super ioris, Vaters nicht unbillig, doch kam in mehreren 

Bommiae; 41: auxilia Augustensia, contra Bo- Fallen der entgegengesetzte Gedanke zur An- 

noniam in barbarico in castdlo Onagrino. Nach erkennung. 

den Distanzangaben fallt B. auf Banostor, den Diese Falle sind: 1) Die collatio emaneipa- 

nachsten von Sirmium erreichbaren Donaupunkt, turn. Das eraancipierte Kind, das nach civilem 
wo Ziegel der leg. VI Herculia (CIL III 10665 b. 20 Rechte keine Erbbefugnisse hatte, aber nach prae- 

c), sowie CIL III 3263 (praef.), 10248 (trib.) und torischen Grundsatzen gleichberechtigt neben die 

10247 Sep. Valens c. a. coh. ZTgefunden wurden. Hauskinder trat, hatte vor dem Erbfalle, in der 

Die letzte Inschrift erweist im Verein mit dem Zeit zwischen der Emancipation und dem Tode 

im benachbarten Cerevid aufgedeckten CIL III des Vaters, fur sich selbst Vermogen erworben, 

3261: Dalmata, mil. coh. II Alpinor., dass hier wahrend aller Erwerb der Hauskinder in derselben 

auch die coh. II Alp. stationierte. Der Ort war Zeit dem Vater zugefallen war und sich daniin 

schon unter Traian oceupiert: CIL III 3262, vgl. in der Nachlassmasse befand. Deshalb wurden 

10246. Sonstige Inschriften CIL III 10697 und die Emancipierten zur Teilung des vaterlichen 

Vjestnik hrvatsk. arheol. drustva 1895, 183; vgl. Nachlasses nur dann zugelassen, wenn sie den 
Patsch Glasnik 1896, 285. 30 Erwerb der genannten Zwischenzeit den Haus- 

3) Nach Ptol. II 14, 4 eine Strassenstation kindern gegeniiber, die durch ihr Miterbrecht be- 
im westlichen Telle von Pannonia superior; ihre eintrachtigt wurden, als Teil der Nachlassmasse 
Lage ist nicht bekannt. gelten liessen, da ja auch diese Kinder das, was 

4) Castell an der Donauuferstrasse in Moesia durch sie in demselben Zeitraume erworben wor- 
superior (spater in Dacia ripensis), zwischen Dor- den war, als einen Erbschaftsteil ansehen mussr 
ticum und Ratiaria (Itin. Ant. p. 219) , besetzt ten. Diese Gleichstellung der emancipierten Erben 
vom euneus equitum Dalmatarum Fortensium mit den Hauskindern war jedoch keine unbe- 
(Not. dign. Or. XLII 4. 13); wurde von Iustinian schrankte. Solchen Hauskindern gegeniiber, die 
neu bet'estigt und war in den Avarenkriegen von der emancipierte Erbe durch seine Teilnahme an 
Bedeutung (Procop. de aedif. IV 6 p. 290. Theo- 40 der Erbschaft gar nicht beeintrachtigte, brauchte 
phylact. VI 4; bei Hierocl. 655 Bovonla). Nach er auch keinen Ausgleichungsbeitrag zu leisten. 
den Distanzangaben die Festung Vidin (altbul- Es erklart sich dies daraus, dass diesen Kindern 
garisch Bodun, B'din) in Bulgarien (Kiepert die neuere praetorische Erbordnung ihre alteren 
Formae orbis antiqui XVII), die dort gefundenen civilen Erbrechte nicht minderte, es also auch 
Inschriften stammen aber aus Ratiaria-Arcer nicht fur notig hielt, sie durch collatio zu ent- 
(Mommsen CLL HI p. 1020. F. Kan it z Donau- schadigen. Dadurch, dass die Hauskinder (im 
Bulgarien und der Balkan I 209f. 246). Der Ort neuesten romischen Recht) in der Regel fur sich 
wird dieser Colonie attribuiert gewesen sein. selbst erworben, wurde der Inhalt ihrer Collations- 

[Patsch.] rechte gegeniiber den emancipierten Kindern dem- 

5) Bononia, seit der Zeit des Constantin Name 50 entsprechend beschrankt (Naheres hieriiber s. in 
der Seestadt Gessoriacum (s. d.), heute Boulogne- K op pen Lehrb. des heut. rom. Erbrechts 1888 
sur-mer (Pas-de-Calais ). Tab. Peut. Gesngiaco § 249 unter /*/?). Die Collationspflicht konnte 
quod mine Bononia; vgl. Cod. Theod. XI 16, 5 durch Auszahlung des Beitrages oder durch ein 
(v. J. 343). Eutrop. IX 21. Amm. Marc. XX 1, sicherstellendes Versprechen erfullt werden, aut 
3 (z. J. 360) u. o. Bononwnse oppidum Eumen. re aut cautione Dig. XXXVII 6, 1, 11. 
paneg. Constantino Aug. d. 5. Die Zeugnisse 2) Die collatio dotis. Unter den Hauskindern 
vollstandig bei Holder Altcelt. Sprachschatz s. nahm die dotierte Tochter insofern eine bevor- 
Bononia Sp. 485f.; vgl. Desjardins Geogr. de zugte Stellung ein, als die dos, die vom Vater 
la Gaule I 37211. und Table de Peut. 13. Long- kam, nicht in dessen Vermogen blieb, und die 
non Geogr. de la Gaule au VI" siecle 420. Noch 60 von einem andern der Tochter bestellte dos dem 
fiinf andere Boulogne in Frankrekh gehen auf Vater nicht erworben wurde, wahrend jede andere 
diesen Namen zuruck. Holder a. O. Sp. 486f. Zuwendung vom Vater an das Kind rechtlich dem 

(Thm.] Vater als Eigentum verblieb und jeder Erwerb 

BoilOttius. Bononius Maximus ist der Adressat der Hauskinder dem Vater zuflel und sich daher 

eines Rescriptes der beiden Kaiser Septimius Se- in der Regel in seiner Nachlassmasse befand. Die 

verus und Caracalla, betreffend die Handhabung dos gehflrte namlich dem Manne, der sie bei Auf- 

der lex Falcidia (Dig. XXXV 2, 89). [Henze.] lOsung der Ehe nach des Vaters Tode nur der 

Bonorum cessio s. Cessio bonorum. Gattin allein, nicht aber ihren Geschwistern heraus- 



705 



Bonorum emptio 



Bonorum emptio 



706 



zugeben verpflichtet war. Um diese Bevorzugung zog, sei es dadurch, dass er sich verbarg (qui 

der dotierten Tochter auszugleichen, musste sie den fraudationis eausa latitarit), sei es dadurch, dass 

andern Hauskindern die dos conferieren. Spater- er in die Verbannung ging (qui exilii causa solum. 

bin, als die Hauskinder ihren Erwerb in der Regel verterit), ferner dann, wenn jemand ein vadi- 

filr sich behielten , flel die collatio der dos , die monium , d. i. ein Versprechen vor Gericht zu 

nicht vom Vater herruhrte, weg; denn dieser Er- kommen, unerfullt Hess, oder wenn ein Verklagter 

werb war scitdem nicht mehr vor dem sonstigen seine Verteidigungspflichten vor Gericht nicht 

Erwerbe der Hauskinder bevorzugt. Die collatio ordentlich erfullte, endlich auch dann , wenn ein 

dotis blieb also nur noch bei einer solchen dos mit Schulden belasteter erbloser Nachlass vorlag. 

iibrig, die vom Vater herruhrte. Hier wurde aber 10 Der regelmassige Fall dieses Gesamtverkaufes 

die dos als vorausempfangenes Erbgut conferiert, war aber die Zwangsvollstreckung wegen eines 

und so verlor die eollatio dotis ihre Sonderstel- rechtskraftigen Urteils. Vgl. Cic p. Quint. 25ff. 

lung (Arndts Pand. § 526 Anm. 2 b), da (s. u.) 30f. 36. 45. 60ff. 73. 84; pro Clu. 68; Verr. H 59; 

auch andere vorausempfangene Gaben des Vaters ad Att. 1 1. VI 1, 15. Lex Iuliamunic, (tabula Hera- 

schliesslich conferiert werden mnssten. cleensis) Bruns Fontes6 p. 111. Les Rubria de 

3) Der Grundgedanke der vom Vater bestellten Gallia cisalpina XXII 45 = Bruns FontesS p. 99. 

collatio dotis wurde in der spateren Kaiserzeit Sueton. Calig. 39. Tertull. apol. 4. Gai. 1198. 155. 

(und noch mehr im deutschen Gewohnheitsrechte) III 77—81. 84. IV 35. 65—68. 102. 111. 145. 

weiterhin verallgemeinert (Collation der durch be- Inst. Ill 12 pr. Dig. XLII 5 de rebus auctori- 

sondere Gaben bevorzugten AbkSmmlinge). Nicht 20 tate iudieis possidendis. Einen besonderen Fall 

bios die dos sollte wie eine Vorauszahlung auf behandelt Gai. HI 84. IV 80. 

den Erbschaftsanteil behandelt werden , sondern Die Vorbereitung der B. e. begann damit, dass 

auch die donatio propter nuptias (s. Donatio ein oder mehrere Glaubiger vom Praetor eine Ein- 

propter nuptias, und Leonhard Institutionen weisung in das spater zu verkaufende VermOgen 

§ 319 ITIb), ebenso auch die militia (der Er- erlangten (missio in bona, vgl. Inst. IV 6, 6). 

werbspreis eines kauf lichen Amtes) , sogar unter Sodann wurde es binnen dreissig Tagen offentlich 

besonderen Umstanden die gewohnliche Schenkung zum Verkaufe ausgeboten (proseribere). Handelte 

(Cod. VI 20, 17. 19. 20). Es liegt dem der Ge- es sich um einen Nachlass, so war die Frist nur 

danke zu Grunde, dass vermutlich nach dem eine funfzehntagige. Dieser Unterschied beruhte 

Wunsche der Eltern nach deren Tode alle Ab- 30 auf einer Begiinstigung der lebenden Schuldner, 

kommlinge in gleicher Weise aus ihrem VermOgen und diese hing wiederum damit zusammen, dass 

bedacht sein sollen. Iustinian fiihrte diese col- die missio in possessionem wegfiel, sobald die 

latio sogar unter solchen Testamentserben ein, Verteidigung des Schuldners mit Sicherheits- 

die ohne Testament als AbkOmmlinge gleichfalls leistung tibernommen wurde. Dig. XLII 5, 31, 1. 

berufen worden waren (Nov. 18, 6), wahrend die Nach Ablauf der dreissigtagigen Frist wurde der 

altere Zeit offenbar davon ausging, dass ein Te Schuldner infam. Nunmehr wahlten die Glaubiger 

stator, der in seinem letzten Willen eine B. c. einen magister, d. i. einen Verkaufsbevollmach- 

nicht anordnete, diese jedenfalls nicht wiinschte ; tigten, oder auch, sofern die Verwaltung der Masse 

denn noch im neuesten Recht war der Erblasser dies verlangte, daneben noch einen Verwalter 

zu dem Verbote der Collation unbedingt berech- 40 (curator bonorum). Nach einer weiteren Frist, 

tigt, insofern nicht etwa das Pflichtteilsrecht seiner deren Dauer zweifelhaft ist (vgl. Puchta-Kruger 

Kinder dem entgegenstand (Dig. X 2, 39, 1 ex Instit.10 I 557 § 179 Nota hh) erfolgte der Ver- 

voluntate defuncti collaiionem cessare) ; vgl. Kop- kauf. Fur den Rest der Schulden, den der Kaufer 

pen Lehrb. des heat. Erbrechts § 261 Anm. 4. nicht tilgte, blieb der Schuldner verhaftet, Gai. 

Litteratur: Francke Grundztige der Lehre II 155. 

des rom. Rechts von der Collation in dessen Civil. Dies Verfahren beruhte nicht auf dem ius 

Abh. nr. 4 (1826). Fein Das Recht der Collation civile, sondern auf dem praetorischen Edicte. 

1842. Kflpp en Lehrbuch des heutigen romischen Rutilius soil es im 7. Jhdt. der Stadt eingefuhrt 

Erbrechts 1888, 246ff. § 41ff. Leonhard Insti- haben, Gai. IV 35. Zimmern Processr. 237 be- 

tutionen 371 § 118. Nahere Angaben bei Wind- 50 zeichnet dies als eine Sage. Es ist aber durch- 

seheid Pand. Ill § 609. Dernburg Pand.* HI aus glaubwurdig, dass der Gesamtverkauf gegen 

§ 139ff. [Leonhard.] eine Ubernahme der Schulden zum vollen Betrage 

Bonorum emptio hiess der Ankauf eines ganzen oder zum Teile nicht der altesten Zeit angehOrt 

VermOgens, das fur die Glaubiger seines Herren ver- hat. Fur die alteren einfachen Zeiten erscheint er zu 

aussert wird. Der Kaufer wurde hier Gesamtnach- kunstvoll. Er war iibrigens da , wo die Gflltigkeit 

folger des Schuldners wie ein Erbe, nur brauchte der angebliehen Forderungen zweifelhaft war, ein 

er die Schulden nicht ganz zu tragen, sondern gewagtes Geschaft, und der Preis mag daher viel- 

blos zu dem Bruchteile, zu dem er sie bei dem fach viel zu niedrig ausgefallen sein, weil die 

Verkaufe ubernommen hatte. Wer den Glaubigern Kaufer in der Geringfugigkeit der gezahlten Summe 

bei dem Offentlichen Verkaufe die hochsten Bruch- 60 einen Schutz gegen die ihnen drohenden Ver- 

teile ihres Forderungsbetrages geboten hatte, er- luste sehen mussten. Ubbelohde bezeichnet des- 

hielt das zum Verkaufe gestellte VermOgen. Die halb diese Vollstreckungsform als eine rohe (Fest- 

Voraussetzungen dieses Vermogensverkaufes, der gaben der juristischen Fakultat zu Marburg fur 

sich an eine Eurweisnng der Glaubiger anschloss, G. W. Wetzell: Dber das Verhaltnis der bonorum 

waren im praetorischen Edicte angegeben. Er emptio zum ordo iudiciorum 1 1). Im Vergleiche rait 

trat nicht bios in den Fallen unseres heutigen unserem gegenwartigen Concursverfahren hot aber 

Concurses ein, sondern namentlich auch dann, diese Verausserung des unzerstiickelten Gesamt- 

wenn sich jemand einer gerichtlichen Klage ent- vermOgens eines Gemeinschuldners immerhin den 

Fauly-Wlssowa III 23 



707 



Bonorum emptio 



Bonorum possessio 



708 



Vorteil, die Versilberung der Masse, die Fest- 
stellung streitiger Forderungen und die Befrie- 
digung der Glaubiger gfinzlich aus dem gericht- 
lichen Verfahren auszuscheiden und die Sorge fur 
alle diese Angelegenheiten demMassenkaufer aufzu- 
walzen, ja iiberhaupt die miihevolle Aufstellung 
emes Teilungsplanes, wie sie bei unsern heutigen 
Concursen in der Kegel notig wird, zu vermeiden. 

Der Grundsatz, dass das Vermogen des Schuld- 
ners zur Befriedigung der Glaubiger verkauft 
werden kann, ist jedenfalls alter, als die bonorum 
venditio des rutilianischen Edicts. Ausdriicklich 
verkiindete ihn die lex Poetelia: pecuniae ereditae 
bona debitoris non corpus obnoxium esse Liv. 
VIII 28 (Leonhard Institutionen § 129 Anm. 
5). Sehr zweifelhat ist, ob vor der lex Poetelia 
der Glaubiger sich nur an den Korper des Schuld- 
ners, den er trans Tiberim verkaufen durfte 
(tab. Heracl. Ill 5, Bruns Fontes© p. 21), halten 
und sein VermOgen unberuhrt lassen musste. So 
Niebuhr R6m. Gesch. II 671ff. Ill 1 79ff. Gegen 
die Ansicht Niebuhrs vornehmlich v. Savigny 
Abhandl. Akad. Berlin 1833, 69—104, vgl. audi 
iiber Liv. VII 21 W. Wachsmuth Die altere 
Geschichte des rOmischen Staates, Halle 1819, 
438, 60 und Iiberhaupt die altere Litteratur bei 
Be in Rom. Privatrecht 2 937, 2 und fiber den 
zweifelhaften Namen der Lex Poetelia Puchta- 
Kriiger Inst.io I 479 § 162. 

Eine Enthaltsamkeit der Glaubiger gegeniiber 
dem Gute des Schuldners war schwerlich alt- 
rOmisehen Eechts. In der That wird sogar ein 
Verkauf von Sachen des Schuldners fur die Glau- 
biger mehrfach fur die alteste Zeit bezeugt, Liv. 
II 23. Dionys. Hal. IV 9. Wahrscheinlich aber 
wurden in der Urzeit die einzelnen Stiicke ver- 
aussert; Varro re rust. II 10 spricht wohl des- 
halb von einer sectio, vielleicht nicht im tech- 
nischen Sinne (s. Bonorum sectio), doch ist 
audi das Gegenteil nicht unmOglich. Erst spater 
bei verwickelteren Giiterverhaltnissen verausserte 
man die ganze Masse auf einmal, und erst seit 
Rutilius geschah dies ohne jedes Verteilungsver- 
fahren, indem die Glaubiger unmittelbar an den 
Kaufer verwiesen wurden , der ihnen einen Bruch- 
teil ihrer Porderungen bot. Der geschilderte 
rutilianische Verkauf konnte als ein praetorisches 
Rechtsgeschaft, das dem Civilrechte fremd war, 
die verausserten Rechte nicht unmittelbar (ipso 
iure) tibertragen. Der Kaufer hatte vielmehr die 
ihm tiberlieferten Sachen nur im praetorischen 
Eigentume (in bonis, Gai. Ill 80) mit der Aus- 
sicht, durch Ersitzung auch cmles Eigentum 
hinzuzuerwerben. Die Klagen. die vom Ankaufe 
ab gegen und fur ihn gewahrt wurden, waren 
actiones utiles (Nachbildungen der gewOhnlichen 
Klageformulare) , da die actiones direetae (die 
edictsmassigen Urbilder) noch nach abgeschlos- 
senem Verkaufe ihrem Wortlaute nach gegen und 
fur den Schuldner verwendbar waren. 

Bei Nachlassmassen bediente sich der Praetor, 
um den Massenkaufer den Glaubigern haftbar 
zu machen, einer Fiction (actio Sermana). Hier 
wurde namlich der Richter angewiesen, den Kaufer 
wie einen Erben zu behandein. Bei den Massen 
lebender Schuldner wurden dagegen die gewohn- 
lichen Klageformulare von dem Schuldner auf 
den Kaufer nmeeschrieben (actio Jfutih'ana). 



Das neueste rOmische Recht kennt bei Voll- 
strecknngen den Gesamtverkauf des Schuldnerver- 
mOgens nicht mehr. Vielmehr wurde nunmehr die 
Masse durch Einzelverkauf ihres Inhaltes (distractio 
bonorum) versilbert. Diese Concursform war schon 
in der alteren Kaiserzeit zunachst als ein Privileg 
bevorzugter Schuldner aufgekommen, spater wurde 
sie die alleinige (vgl. Dernburg Pand. II 4 157. 
381 § 56. 144 Anm. 3). Theophilus zu Inst. Ill 

10 13 bringt dies mit dem Wegfalle des alten ordo 
ivdieiorum in Zusammenhang. Ubbelohde hat 
daher in der oben angefiihrten Festgabe unter 
Widerlegung abweichender Ansichten darauf hin- 
gewiesen, dass die Standigkeit deT Gerichte, die 
bei dem Wegfalle des alten ordo iudiciorum ein- 
trat, es moglich machte, ein langer dauerndes 
Concursverfahren unter obrigkeitlicher Aufsicht 
vorzunehmen, wahrend friiher die Letter der Pro- 
vinzen die Rechtspflege auf Gerichtstagen er- 

20 ledigten und darum der venditio bonorum wegen 
ihrer Schleunigkeit vor der langwierigen distractio 
bonorum den Vorzug gaben. Im iibrigen stellt 
aber Theophilus die Standigkeit der Gerichte nicht 
als das fur den Wegfall der B. «. Entscheidende 
hin, sondern die Beseitigung des Formularver- 
fahrens. In der That konnte seitdem der Magi- 
strat nicht mehr die civiirechtlichen Klageformu- 
lare, die sich gegen den Schuldner richteten, so 
umschreiben, dass der Gesamtkaufer an dessen 

30 Stelle trat. Einen anderen Weg zur Durchfuhrung 
der bonorum venditio mag man aber vielleicht 
darum gar nicht gesucht haben, weil man von 
den Schattenseiten dieses Gesamtverkaufes iiber - 
zeugt war. Man folgerte daher wohl nicht ungern 
seine Beseitigung aus dem Wegfalle der alten Pro- 
cessfoTmulare, auf denen seine Durchfuhrung be- 
ruht hatte. In einem weiteren Sinne umfasst 
der Ausdruck B. e. auch die bonorum sectio, s. d. 
Litteratur: s. ausser den Angefiihrten F. C. 

40Stieber De bon. emptione apud vet. Rom. I, 
Lips. 1827. v.Bethmann-Hollweg Civilprocess 
II 667ff. § 114. Dernburg Uber die emptio 
bonorum, Heidelberg 1850. Puchta-Krilger 
Institutionen i« 1 558. 581 § 179. 188. II 487 § 327. 
Leonhard Institutionen § 125 II. [Leonhard.] 

Bonorum possessio. Die rOmischen Rechts- 
quellen reden von possessio sowohl bei einzelnen 
Sachen als auch bei ganzen Vermfigensmassen, 
namentlich bei Erbschaften. An den einzelnen 

50 Sachen bildet die rei possessio den Gegensatz 
zum Eigentume (rei dominium), Dig. XLI 1. 
XLI 2. Der blosse Sachbesitz (rei possessio) 
beruht auf dem thatsachlichen Genusse einer 
Herrschaftsstellung gegeniiber einem Gegenstande l 
Eine solche rein thatsachliche Herrschaft ist gegen- 
iiber einer VermSgensmasse nicht mfiglich, da 
zu einer solchen auch Rechte und Verpflichtungen 
gehoren, also Verm&gensstiicke, die nicht erlangt 
werden konnten, wenn ihnen nicht ein gewisser 

60 Gerichtsschutz zugesichert wrurde. Vgl. Dig. 
XXXV 11 1, 1 : Bonorum possessio admissa eom- 
moda et incommoda hereditaria tribuit. Dig, 
ebd. frg. 3 § 1 : Hereditatis autem bonorumve 
possessio, ut Labco seribit, non uti rerum pos- 
sessio a-ccipienda est: est enim iuris magis, 
quam corporis possesio. Vgl. auch Isidor. orig. 
V 21: bonorum possessio est ius possessionis 
certo ordine certoqw? titulo acquisita. B. p.. 



709 



Bonorum possessio 



Bonorum possessio 



710 



der thatsachliche Besitz einer ganzen VermOgens- 
masse, in der Regel einer Erbschaftsmasse (Dig. 
XXXVII 3 pr.), griindet sich daher auf eine 
obrigkeitliche Verfugung, eine Einweisung, deren 
Kraft, wenigstens vorfeuflg, davon unabhangig 
sein kann, ob der Eingewiesene auch wirklich 
ein Recht auf die Masse hat, die durch die Ein- 
weisung seiner thatsachlichen Herrschaft unter- 
-worfen ist. Es ist sogar ausnahmsweise von einer 
B. p. da die Rede, wo es sich um einen Erwerb 
von Todes wegen gar nicht handelt, namlich bei 
den in eine Nachlassmasse eingewiesenen Glau- 
bigern, Dig. XXXVIII 9 de suec. ed. 1 pr. 

Wie aber an einzelnen Sachen der Praetor in 
"besonderen Fallen dem Eigentiimer den Rechts- 
schutz entzog und ihn gewissenBesitzern gewahrte, 
die man hiernach praetorische Eigentiimer nannte 
(s. o. S. 683), so versagte er unter TTmstanden auch 
gewissen Erben (heredes) den endgultigen Rechts- 
schutz und gab ihn blossen bonorum possessore^. 
Wie also das praetorische Eigentum neben sich 
€in geringwertiges nudum dominium ex iure 
Quiritium iibrig zu lassen vermochte, so finden 
wir auch zuweilen neben den sogenannten bono- 
rum possessores cum re (i. e. cum effectu) here- 
des sine re, das Schattenbild wahrer Erben. Ulp. 
XXVm 13. Sohm Inst.5 419. Leonhard In- 
stitutionen 381, 1. 

Wie aber der Praetor nicht alien Besitzern 
«in magistratisches Eigentum gab, sondern viel- 
fach den civilen Eigentumern ihr rechtliches Uber- 
gewicht iiber den blossen Besitzer beliess, so gab 
es auch bonorum possessores sine re, die den 
heredes cum re weichen mussten, unter Umstanden 
auch bonorum possessores pro parte cum re, pro 
parte sine re. Gai. HI 35 — 38. 

Dass eine B. p. cum re war, erreichte der 
Praetor teils durch ein besonderes den Einge- 
wiesenen gewahrtes Rechtsmittel, das interdictum 
quorum bonorum (Dig. XLIII 2. Cod. VIII 2), 
teils dadurch, dass er die Klagen der Erben auch 
den bonorum possessores zuganglich machte, 
Gai. IV 34. Ulp. XXVHI 12. Dig. V 5. 

Es wurde nahe gelegen haben, ebenso, wie 
Iustinian das praetorische Eigentum mit dem 
civilen verschmolz , auch die bonorum possessio 
cum re als praetorisches Erbrecht mit der here- 
ditas zu verschmelzen. In derThat nimmt Bruns 
(Syr. r8m. Rechtsbuch 1880, 313) schon fur das 
spatrOmische Recht eine vollige Verschmelzung 
der hereditas mit der B. p. an. Eine solche ist 
jedoch nur in einzelnen Rechtszweigen eingetreten, 
z. B. hinsichtlich der Testamentsform ; vgl. Inst. 
X 10, 3. Eine voile Gleichstellung der beiden 
parallelen Institute finden wir aber noch nicht 
in dem Texte der justinianischen Sammlungen. 
iNeben der bonorum possessio cum re stehen iiber- 
haupt auch noch bonorum possessions, die nicht 
die Kraft haben, den hercs zu verdrangen. Da- 
liin gehoren namentlich alle solche Einweisungen 
in Nachlassmassen, die eine bios vorlaufige Kraft 
haben sollten, Dig. XXXVII 3, 1 (LeonhaTd 
Institutionen § 124 III 6), z. B. die Einweisung 
eines wahnsinnigen Erben, an die sich ein wirk- 
licher Erwerb des Nachlasses so lange, als die 
Geisteskrankheit dauert, nicht anschliesst. Un- 
genau redet hiernach auch Ulp. Dig. XXXVII 
1, 1: Bonorum possessio admissa commoda et 



incommoda hereditaria itemque dominium, rerum, 
quae in his bonis sunt, tribuit. Hier ist domi- 
nium entwederfiir possessio interpoliert (so Fabri- 
cius Historische Forschungen im Gebiete des 
rOmischen Privatrechts I 1837, 45, 54) oder in 
einem ungewohnlichen Sinne gebraucht. Ungenau 
auch Dig. L 16. 138: Hereditatis appellatione 
bonorum quoque possessio eontinetur. 

Die Folgen der B. b. sind daher nienials (auch 

10 in Deutschland nicht) dem Inhalte des wahren 
Erbrechts (hereditas) vOllig gleichgestellt worden. 
Wo die B. p. nicht aniens gewahrt wurde, als 
auf Grund einer vorherigen Untersuchung der 
Sachlage durch eine besondere Verfugung (deere- 
tum), da hiess sie bonorum 'possessio decretalis. 
Zu ihr gehOrten namentlich die erwahnten Falle 
einer Einweisung, die eine bios vorlaufige Be- 
deutung haben sollte. Wo dagegen die B. p. auf 
allgemeiner Edictsregel beruhte, da hiess sie 

20 edietalis. Auch sie musste vor der Obrigkeit 
binnen der gesetzlichen Frist erbeten werden 
(petere, accipere, admittere, agncseere bonorum 
possessionem). Die Frist betrug fur Eltern und 
Kinder ein Jahr (in honor em sanguinis, Ulp. 
Dig. XXXVIII 9 1 § 12), fur andere bonorum 
possessores hundert Tage. Ulp. XXVIII 10. 
Dig. XXXVIII 9 1 § 9. Da jedoch bei der 
bonorum possessio edietalis die erbetene Ein- 
weisung auf Antrag ohne weiteres gewahrt wurde, 

30 so war diese Gewahrung weniger eine Rechts- 
begriindung, als eine blosse Bescheinigung des 
vor der Obrigkeit erklarten Erwerbswillens (Leon- 
hard Institutionen § 124 Anm. 3), der hiernach 
bei der B. p. nicht, wie die aditio hereditatis (s. 
d.), auf formlose Weise oder aussergerichtlich er- 
klart werden konnte und dessen Erklarung auch 
in keinem Falle entbehrlich war. 

Sehr zweifelhaft ist, wann und in weichen Ent- 
wicklungsstufen die B. p. entstanden ist (Litte- 

40ratur s. unten). Wir wissen, dass bei ihr, _ wie 
in anderen Gebieten des Rechtes, das praetorische 
Edict dem ius civile gegeniiber zu einem drei- 
fachen Zwecke thatig wurde, iuris eivilis adiu- 
vandi, supplendi, eorrigendi causa. Nach den 
Institutionen III 9 pr. ist das Recht der B. p. 
zunachst zur Verbesserung und Bekampfung des 
civilen Rechtes eingefuhrt worden. Diese Mit- 
teilung gilt jedoch aus guten Grunden nicht als 
glaubwurdig. Nach seiner eigentlichen, ursprung- 

50 lichen Berufsaufgabe hatte der Praetor keine Ge- 
setzgebungsbefugnisse ; weder die Anderung noch 
auch eigentlich die Erganzung des ius civile war 
seines Amtes, Gai. Ill 32 praetor heredes facere 
non potest. Erst allmahlich steigerten sich seine 
Machtbefugnisse, und man wird daher annehmen 
diirfen, dass er zu der blossen Erganzung des 
civilen Rechts schon fruher gelangt ist, als er 
sich an eine Abanderang des Rechtes heranwagte 
(ein Symptom hiervon s. Gai. II 120). Den 

60 Anlass zu Erganzungen und zu Anderangen gab 
das ius civile uberall da. wo es veraltet erschien 
und den veranderten Lebensverhaltnissen nicht 
mehr entsprach, namentlich dadurch, dass es die 
emancipierten Kinder von der Erbschaft ausschloss, 
keine Mehrheit der Erbgrade kannte (in here- 
ditatibus legitimis successio non est , Gai. II 
1 1 vgl. mit Dig. XXXVIII 9, 1 pr.) und der eigen- 
machtigen Erbeutung eines herrenlosen Nachlasses 



711 



Bonorum possessio 



Bonorum sectio 



712 



durch eine einjahrige usucapio pro herede Rechts- 
giiltigkeit verlieh (Leonhard Institution en 310, 
2 a). Gegen diese Grundsatze einer alteren Ent- 
wicklungsstufe kampften also die praetorischen 
Edicte uber B. p. vornehmlich an. Man darf 
iiberhaupt nicht die Fragen verwechseln, wann 
zuerst obrigkeitliche Einweisungen in Naehlass- 
massen erfolgt und wann ihre Vorbedingungen 
und ihre rechtlichen Folgen durch Edicte fest- 



Max. VII 7, 3. 5. 6. 7. Plin. n. h. VII 5. Goschen 
Hugos civil. Mag. IV 257—355. Unterholzner 
Zeitschrift fur gesch. R.-W. V 26ff. Huschke 
Studien des rSmischen Rechts, Breslau 1830, 58— 
124. Lenel Edict, perpetuum 150—154. 157. 
159. Leonhard Inst. § 122. 124 V. 

Litteratur : Danz Lehrbuch der riimischen 
Rechts.-G. II 141ff. § 176ff. Vgl. ferner: Fabri- 
cius Historische Porschungen ira Gebiete des 



gelegt worden sind. Die Einweisungen sind viel- 10 rOmisehen Privatrechts 1 1837. v. Savigny Ver 

leicht so alt, wie der rflmische Staat, namentlich ■ *.",.». TT ™„». ^ 

da, wo sie bei einem schwebenden Erbscbafts- 
processe die Besitzverhaltnisse der Parteien einst- 
weilig regelten (vgl. uber diesen Pall nament- 
lich Dernburg Beitrage zur Geschichte der 
rOmisehen Testamente, Bonn 1821, 184ff. 191). 
Aber auch das Eingreifen des Praetors neben dem 
ius civile und gegen seinen Inhalt mag zunachst 
gelegentlich bei besonders wichtigen Fallen ge- 



mischte Schriften II 230ff. Huschke Krit. Jahrb. 
f. d. R.-W. V llff. J. Lohman-Janssonius De 
bonorum possessionis origine, Groningae 1859. 
K p p e n System des heutigen rOmisehen Erbrechts, 
Jena 1862, 22ff. 66ff. Schirmer Handbuch des 
rOmisehen Erbrechts, Leipzig 1863, 90, 31. 94 
(daselbst aucb 88ff. eine Ubersicht und Kritik 
der verschiedenen Meinungen (iber die Entstehung 
der B. p.). Bachoven Die lex Voconia, Basel 



schehensein. Die Aufstellung fester Edicte gehort 20 1843, 66ff. B. W. Leist Die bonorum possessio. 

dagegen wohl erst der spateren Zeit an, in der " ,.,.,.,„.... , . . 

die praetorische Amtsthatigkeit sich grundsatzlich 

in den Schranken der im voraus fur sie veroffent- 

lichten allgemeinen Edictsregeln halten sollte 

(vgl. Leonhard Institutionen 77). Der Anlass, 

der zu der Aufzeichnung der einzelnen Edicte 

fiihrte, lasst sich jedoch ebensowenig genau fest- 

stellen, wie ihre Reihenfolge. Die vielen hieriiber 

aufgestellten Vermutungen entbehren der Grund- 



Ihre geschichtliche Entwickelung und heutige Gel- 
tung. Gottingen 1844— 48. 2 Bde. B. W. Leist 
in Gliicks Pandeetencommentar, Serie der Bucher 
37. 38. I S. lOff. II. IV. V. B. W. Leist Grae- 
coitalische Rechtsgeschichte 1884, 80ff. Schulin 
Das griechische Testament, verglichen mit dem 
romischen, Basel 1882, 13. 21. Ubbelohde in 
Gliicks Pandeetencommentar, Serie der Bucher 
43 und 44 Teil 3 S. 1—139. Puchta-Kriiger 



lage beweiskraftiger Texte. Jedenfalls deckt sich 30 Institutionen w II 458ff. § S16ff. Voigt Rflm 



die Reihenfolge ihrer Entstehung nicht mit ihrer 
Anordnung im standigen praetorischen Edicte 
(iiber diese s. Lenel Ed. perpetuum 272ff.). Aus 
den einzelnen Edicten hatte sich namlich ein 
vollstandiges System entwickelt, das die verschie- 
denen Arten der B. p. in einer genau bestimmten 
Reihenfolge erwahnte, Isid. orig. V 25 : bonorum 
possessio est ius possessionis eerto ordine certoque, 
tittdo aoquisita. Hiernach unterschied man nament 



Rechtsgeschichte 1 525ff. besonders 544, 49. S a 1 - 
kow ski Lehrbuch derInstitutionen6 434. v. Czyh- 
larz Lehrbuch der Institutionen s 289ff. § 126. 
Leonhard Inst. 379ff. § 124. [Leonhard.] 

Bonorum sectio ist die Zerstticklung einer 
vom Staate erkanften VermOgensmasse oder audi 
der Ankauf einer VermOgensmasse vom Staate 
mit dem Rechte des Weiterverkaufes und der Pfiicht 
der Zerstticklung des ErlOses (vgl. Huschke 



lich drei Arten von B. p. (Dig. XXXVII 1. 6, 1.40 Uber das Recht des Nexum 1847, besonders S, 



XXXVII 11, 2 pr. XXXVIII 6, 1 pr. Inst. Ill 
9, 2): eine noterbrechtliche (bonorum possessio 
contra tabulas Dig. XXXVII 4, 5), eine testa- 
mentsrechtliche (secundum tabulas Dig. XXXVII 
2. 11, 13. Cic. Verr. II act. I 45. Valer. Max. 
VII 7, 7) und eine bonorum possessio ab in- 
testate fur gesetzliche, d. h. in Ermangelung eines 
Testamentes berufene Nachlassanwarter, Cic. Verr. 
I 114; pro Cluentio 165. Unter den letzteren 



87, 110). Der Kaufer hiess sector, Cic. pro- 
Rose. Am. 103. 125. Von der distractio bono- 
rum (s. Bonorum emptio) unterscheidet sich die- 
sectio, weil sie ein Gesamtverkauf mit nachfolgen- 
dem Weiterverkaufe und schliesslicher Zerstiick- 
lung des ErlOses ist, wahrend bei der bonorum 
distractio von vorherein einzelne Stiicke verkauft 
wurden. Der Ausdruck auetio dagegen bezieht 
sich auf alle Arten Offentlicher Verkaufe, solche- 



unterschied man wiederum a) die bonorum pos- 50 von einzelnen Stiicken und solche von ganzen 
sessio unde Hberi (gewisse, nicht alle Kinder), " " ' """" " „.-... 

Dig. XXXVIII 6. Cod. VI 4. Coll. leg. Mosaic. 
XVI 7, 2. Gai. Ill 20; b) die bonorum possessio 
unde legitimi (die civilrechtlichen Erben), Dig. 
XXXVLn 7. Cod. VI 15; c) die bonorum pos- 
sessio unde cognati (bis zum sechsten, in einem 
Falle bis zum siebenten Grade), Dig. XXXVIII 
8. Cod. VI 15, und d) die bonorum possessio unde 

vir et uxor, Dig. XXXVIII 11. Die Bezeichnung _. 

dieser Clauseln (unde liberi u. s. w.) gehort nicht 60 tores et qui secant dicuntur et q'ui"empta "sua 



Massen, Ps.-Asc. p. 172 Or. Ein Beispiel aus. 
altester Zeit s. bei Liv. II 14. Dionys. V 34. 
Von der emptio bonorum unterscheidet sich die 
sectio vornehmlich dadurch. dass sie fur den Staat 
geschieht, nicht fur die Glaubiger, und dass der 
bonorum emptor zum Weiterverkaufe und zur 
Verteilung des ErlOses nicht verpflichtet war. Cic. 
p. Rose. Am. 29 eosdem fere sectores fuisse col- 
lorum et bonorum. Vgl. Paul, p, 337 M. see- 



dem Edicte an, sondern war ein Werk der Iuris 
prudenz (Lenel Edictum perpetuum 284). Andere 
bonorum possessiones s. in Dig. XXXVIII 14 ut 
ex legibus senatusve consultis bonorum possessio 
detur. Die Gruppe der rooglichen Falle einer 
B. p. war besonders inhaltreich und verwickelt 
bei der Beerbung Freigelassener. Ulp. XXVIII 
7. Gai. m 41—43. Inst, m 7. 9, 3f. Valer. 



persegwwMtar (erne unrichtigeAbleitungdesWort.es, 
ebenso wie spem seetans lueri, Ps.-Asc. Verr. 
p. 172. 177). Der sector haftete vermutlich den 
Glaubigern nicht fur Bruchteile ihrer Anspriiche 
(wie der bonorum emptor), sondern mit dem Er- 
lOse, den er aus dem Verkaufe des erworbenen 
Vermftgens erzielte (Ps.-Asc. p. 177), naturlich 
aber nicht mit dem vollen ErlOse, vielmehr be- 



713 



Bonosianus 



Bonus 



714 



■dang er sich jedenfalls das Recht aus , von dem 
Ergebnisse der Weiterverausserung fur sich einen 
Teil oder eine Summe zuriickzubehalten ; denn 
ohne das wiirde er keinen Anlass gehabt haben, 
das Gesehaft abzuschliessen. In einem weiteren 
Sinne umfasste der Name bonorum emptio auch 
die sectio, Cic. Rose. Am. 103. 125. Es ist 
dies auch wohl begreiflich, da der Verkauf einer 
ganzen VermOgensmasse bei beiden vorkommt. 
Ein solcher war auch noch in einem dritten Falle 
moglich, bei Verausserung einer Erbschaft von 
seiten des Piscus, Cod. IV 39, 1. Die recht- 
liche Behandlung der sectio unterschied sich von 
derjenigen der bonorum emptio im engeren Sinne 
nicht bios durch das Verhaltnis des Massenkiiuf'ers 
zu den Glaubigern, sondern namentlich auch da- 
durch, dass der Erwerb aus der sectio dem ius 
civile angeh6rte und der sector daher quiritisches 
Eigentum auf den Kaufer des erworbenen Ver- 
mogens iibertrug. Varro re rust. LT 10, 4. Cic. 
de off. II 27. In der Besitznahme der Masse, 
die ihm der Quaestor anwies (Cic. Verr. I 52. 
Liv. XXXVIII 60, 8) und dem Verkaufe der 
Stiicke schutzte ihn ein besonderes interdietum 
seetorium, Gai. IV 146. 

Im neuesten rOmisehen Rechte scheint die 
B. s. von der neueren distractio bonorum (s. Bo- 
norum emptio) verdrangt worden zu sein, bei 
der die Zcrstucklung des ErlOses aus den ver- 
kauften Bestandteilen einer VermOgensmasse die 
Sache des Curators war, der den Verkauf leitete. 

Litteratur : "Altere Ansichten s. bei StieberDe 
bonorum emptione apud veteres Romanos, Lipsiae 
1827. Rein Romisches Privatrechta 288ff. Osen- 
briiggen Einl. z. Cic. p. Rose. Am., Braunschweig 
1844, 14ff. Walter Rechtsgeschichte* 858 § 757. 
Huschke Uber das Recht des Nexum 1847, 87. 
Puchta-Krugerlnstit.io H 487 § 327. Leon- 
hard Institutionen 313. 385ff. § 93. 125 III (wo- 
selbst Anm. 4 darauf hingewiesen ist, dass nach 
Ps.-Asc. Verr. p. 172 der Sector omnia bona 
weiterverkaufte ; dies deutet allerdings zunachst 
auf einen Gesamtverkauf der erworbenen Activa 
von seiten des Sector bin, besagt aber doch wohl 
nur, dass diese Activa von ihm samtlich, wenn 
auch nur im einzelnen, verkauft wurden, damit 
hinterher der ErlOs geteilt werde). [Leonhard.] 

Bonosianus. Praefectus urbis Romae 409 
-411. Cod. Theod. XIV 1, 6. XV 1, 48. [Seeck.] 

Bonosus. 1) EmpOrer unter Kaiser Probus. 
<Juellen: Von B.s Leben giebt die Hist. Aug. 
(Firmus etc. 14f.) einen ziemlich inhaltlosen Be- 
rieht, aus dem die folgende Darstellung geschopft 
ist und der mit dem nOtigen Vorbehalt zu be- 
nutzen ist. Auf die sonstigen Erwahnungen des 
B. bei Schriftstellern ist, soweit sie irgend 
welche Bedeutung haben, im Texte verwiesen 
worden. Zwei Munzen des B. beschreibt Cohen 
VI 349. 

Die Vorfahren des B. stammten aus den west- 
lichen Provinzen des Reiches, Spanien, Gallien 
und Britannien. Er selbst beschaftigte sich im 
Oegensatze zu seineni Vater, der ihm Mh durch 
den Tod entrissen wurde, nicht mit den Wissen- 
schaften, sondern mit dem Kriegshandwerke und 
brachte es hierbei bis zum Dux limitis Raetici. 
Spater scheint er ein selbstandiges Commando 
am Rhein erhalten zu haben. Sein Biograph weiss 



an ihm nur seine Trunkfestigkeit zu loben; diese 
Fahigkeit soil der Kaiser Aurelian dazu verwertet 
haben, ihn die Geheimnisse fremder Gesandten 
beim Weine ausforschen zu lassen. Dem gleichen 
Vertrauen des Kaisers verdankt B. seine Ver- 
heiratung mit einer Gothin aus furstlicher Familie, 
Namens Hunila, die der Biograph sehr riihmt. 
Eine Unachtsamkeit — die Germanen verbrann- 
ten ihm die Wachtschiffe , die lusoriae (so hat 

lOGruter aus luxoriae hergestellt) am Rheine — 
treibt ihn zur EmpOrung gegen den Kaiser Probus 
(und zwar in Verbindung mit Proculus? s. Hist. 
Aug. Prob. 8, 5—7; in Koln? s. Bd. II S. 2522). 
Nach einer Niedcrlage, die ihm Probus beibringt, 
endet er sein Leben durch Erhangen. Seiner Gattin 
nimint sich der Kaiser an, auch seine Sonne wer- 
den verschont. Die EmpOrung des B. und sein Tod 
fallen wahrscheinlich in die J. 280 oder 281 ; vgl. 
dariiber Bd. H S. 2522f. Vgl. Bernhardt Ge- 

20 schichte Roms von Valerian bis zu Diokletians 
Tode I, 239—240. Schiller Geschichte der rOmi- 
sehen Kaiserzeit I 880. [Henze.] 

2) Flavius Bonosus (CLL X 478), Consul im 
J. 344, aber als solcher nur in Italien anerkannt 
und auch das nur in den ersten Monaten des 
Jahres (De Rossi Inscr. christ. urb. Rom. I 75 
— 77. 79). Vor dem September tritt Sallustius 
an seine Stelle (De Rossi I 78), und diesen allein 
kennen die officiellen Fasten. Wahrscheinlich ist 

30 er identisch mit dem B., welcher in einem Gesetz 
des J. 347 (Cod. Theod. V 4, 1) als Magister 
equitum erscheint. Die Annullierung seines Con- 
sulats mag mit dem Princip des Constantius zu- 
sammenhangen, keinem Militar die Senatorenwiirde 
zu verleihen (Aram. XXI 16, 1. 2). 

3) Mitglied eines der Beamtencollegien bei 
Hofe, dann zweimal Verwalter einer praesidalen 
Provinz, wird 387 damit beauftragt, den Bau 
einer Briicke und einer Basilica in Rom zu prflfen. 

40 Symm. ep. IV 70. V 76. [Seeck.] 

4) Verfasser eines in die salmasianische An- 
thologie aufgenornmenen unmetrischen Zweizeilers 
auf Phaedra (Anth. lat. nr. 280 Riese = nr. 434 
Baehrens PLM IV 362). L. Miillers Ver- 
besseiung des iiberlieferten Bonosi in Honori ist 
miissig. [Wissowa.] 

Bontobrica s. Baudobriga Nr. 1. 
Bonum et aequnin s. Aequitas Nr. 1. 
Bonus. 1) Erst Lehrer der Rhetorik, dann 
50 Praeses Arabiae im 4. Jhdt. An ihn gerichtet 
Liban. ep. 955. [Seeck.] 

2) Neffe des Johannes, commandiert im J. 544 
die rSmischen Truppen in Genua. Prok. Goth. 
Ill 10 p. 317 B. 

3) Bonus wird in den Nov. lust. 41 (v. J. 536) 
und 50 (v. J. 537) quaestor exercitus genannt, 
dem unter anderen Skythien und Mysien unter- 
geben waren. Offenbar derselbe ist unter Narses 
im J. 552 nach Italien abcommandiert (Agath. 

60 1 19 p. 54 B) und noch im J. 561 ebendaselbst als 
Comes rerum privatarum oder patrimonii (Menand. 
frg. 8, FHG IV 204). 

4) Bonus commandiert die Haustruppen des 
Iustinus in dessen Kampfen an der unteren Donau 
und ist spater, wahrend der Regierung Iustins LL, 
Obercommandant gegen die Avaren. Menand. frg. 
9. 27. 28. 31 (FHG IV 205. 231. 232. 236). 

[Hartmann.] 



715 



Bonus Eventus 



BooUvtu 



716 



Bonus ETentus, ursprfinglich em landlicher 
Segensgott der ROmer, der noch von Varro (de 
re rust. 11,6) unter den zwolf hervorragendsten 
duces agricolarum aufgezahlt wird. Der Zu- 
sammenhang mit evenire, eventus, den eigentlichen 
Ausdriicken fur das gute Aufgehen und Gedeihen 
der Feldfracht (Cato de agric. 141. Fest. ep. p. 
220), deutet auf die Art seiner Wirksamkeit. In 
demselben Grade wie die Beschaftigung mit dem 
Ackerbau fur den rOmischen Burger an Wert verlor, 10 
erweiterte sich seine Bedeutung, wie vor allem die 
Insebriften zeigen, zu einem Gotte gliicklichen 
Ausgangs und Erfolges uberhaupt (Apul. met. 
IV 2. CIL II 2412. 3095. 4612. Ill 1128. 6223. 
IX 1560. CIRb. 983. 1034, vgl. Mommsen Arch. 
Zeitg. XVIII 1860, 747). In der Kaiserzeit be- 
sass er auf dem Marsfelde bei den den Thermen 
des Agrippa einen Tenipel, von dem aus der Name 
auf eine benachbarte, unter Constantin erbaute 
Saulenhalle uberging (Ammian. Marc. XXIX 6, 20 
19, vgl. Lanciani II porticus Eventus Boni nel 
Campo Marzio, Bull. com. XIX 1891, 224ff.). Der 
Kopf des Gottes findet sich. schon auf Miinzen 
der republicanischen Zeit. Auf dem Avers der 
um 700 = 54 gepriigten Denare des L. Scri- 
bonius Libo sehen wir ein jugendlicbes Haupt mit 
Stirnbinde, glattanliegendem Haar und der Um- 
schrift Bon. Event (Cohen M(§d. cons. pi. XXXVI 
Scribonia 2). Babelon will den B. E. auch auf den 
Denaren der Q. CassiusLonginus(gepragt 694 =60) 30 
und des M. Plaetorius Cestianus (685 = 69) erkennen 
(Mon. de repl. Rom. I 330 nr. 7. II 313 nr. 5); 
indes die Umschrift fehlt, und der Kopf zeigt 
wesentliche Abweichungen. Plinius berichtet uns 
von zwei statuarischen Bildern des B. E. auf dem 
Capitole : das eine, aus Marmor gefertigt, schrieb 
man wie die daneben stehende Bona Portuna dem 
Praxiteles zu (Plin. n. h. XXXVI 23), das andere, 
in der Rechten eine Opferschale, in der Linken 
Ahren und Mohn haltend, gait fiir ein Werk des 40 
Euphranor (Plin. XXXIV 77). Es waren natiir- 
lich griechische Gottheiten, nach der Beschreibung 
des zweiten zu urteilen, Triptolemos oder Aga- 
thodaimon (s. d. ; vgl. Welcker GOtterlehre III 
211, 1. Bottiger Vasengemalde I 2, 211ff.); der 
Reiner legt ihnen den Namen des wesensver- 
wandten Gottes bei. Auf diese und ahnliche grie- 
chische Vorbilder gehen wahrscheinlich alle Dar- 
stellungen der spateren Zeit zuriick. Die Miinzen 
der Kaiser von Galba bis Gallien zeigen den Gott.50 
stehend und unbekleidet ; mit der einen Hand 
libiert er aus einer Schale in die Flammen eines 
vor ihm stehenden Altares, in der andern halt 
er Ahren (Cohen Mdd. imper. Galba 11; Titus 
9; Antonin le Pieux 491. 494; Suppl. 57. 58; Cara- 
calla 14; G&a 3; Elagabale 5; Gallien 74. 75), zu- 
weilen ein Fftllhorn (Antonin le Pieux 492. 493. 
495; eine weibliche Gottheit mit der Umschrift des 
B. E. Septime Severe 41—46; Julie Domne 9). 
Die AbbUdungen auf Reliefs und Gemmen(Muller- 60 
Wieseler Denkm. d. alt. Kunst n 942, vgl. CIL 
VI 144. 943. 944. Bull. d. Inst. 1839, 107 nr. 98), 
in Bronzen und Marmorstatuen (Friederichs 
Berlins ant. Bildw. II 2009. 2010. Bull. com. VI 
1878, 205ff. tav. 17) ergeben nut darin einen 
Unterschied, dass der Gott zumeist nicht vollig 
nackt erscheint, Vereinzelt ist die Darstellung 
des B. E. als Jiingling in der Toga ohne Attri- 



bute auf einem Steine zu Jsea in Britannien r 
der ihm und der Fortuna gewidmet ist (CIL VII 
97), vgl. Wissowa in Roschers Myth. Worter- 
buch I 795ff. [Aust.] 

Bonustensis (eivitas), Ort mit Bischof in 
der Provinz Africa, nach den Gesta coll. Carth. 
I 133 (Mansi IV 109. Migne XI 1299) und 
dem Bischofsverzeichnis vom J. 484 (prov. proc. 
nr. 31, in Halms Victor Vitensis p. 64). 

[Dessau.] 

Boodes (BowStjs), karthagischer Gerusiast auf 
der Flotte Hannibals, nahm 260 v. Chr. kurz vor 
der Schlacht bei Mylai den romischen Consul Cn. 
Cornelius bei Lipara gefangen, Polyb. I 21, 6. 

[Niese.] 

Boon, 1) Bocov (nicht Bocova, wie Mannert 
u. a. irrig schreiben), ein sicherer Hafen mit gutem 
Ankergrunde und einem Castell an der Kiiste des 
Pontus, 90 Stadien von Kotyora, Arr. peripl. p. 
Eus. 23. Anon, peripl. 32, auf Seekarten La Vona, 
jetzt Vona. Ritter Erdk. XVIII 840. Cramer 
Asia rain. 1 278. Tomaschek S.-Ber. Akad. Wien 
1891 VIII 80. [Ruge.] 

2) Bocov oder Bocov, Ort {xmfxrj) in Aithi- 
opien (Nubien), am linken Nilufer. Ptol. IV 7, 
15; nach Brugsch Diet, g^ogr. 198 das hiero- 
glyphische Ehn (wenn richtig, etwa Behon zu 
sprechen), das dem heutigen Wadi Haifa unter- 
halb des zweiten Katarakts entspricht. [Sethe.] 

Bo&vai sind von der Volksversammlung ge- 
wahlte Beamte, welche ihren Namen von der 
Aufgabe hatten, die fiir eine Reihe von staat- 
lichen Festen erforderlichen Opferrinder zu kaufen. 
Wir kennen das Amt nur aus Athen, und auch 
da nur aus einer bestimmten Periode, durch eine 
Erwahnung in Demosthenes Rede gegen Meidias f 
gehalten 349 v. Chr., und zwei Inschnften lykur- 
gischer Zeit. Ihre Zahl kennen wir nicht; sie 
fungierten bei den Dionysien im Peiraieus und 
hv aoxu und bei dem Opfer fiir Zeus Soter (an 
den Buphonien?, vgl. Mommsen Heortol. 452); 
die aus dem Verkauf der Haute erlosten Summen 
hatten sie abzuliefern (Rechnungsurkunde aus 
den Jahren 334/3-331/0 CIA H 741 = Ditten- 
berger Syll. 374, vgl. Boeckh-Frankel Staats- 
haush. II 107ff.). Wahrend die B. hier selb- 
standig auftreten, sind sie in dem Gesetz fiber 
die Feier der kleinen Panathenaeen den Hiero 
poeen bei- oder untergeordnet, welche letzeren mit 
ihrer Unterstiitzung die Rinder kaufen, die der 
Athena Polias — der Athena Nike — geopfert 
werden ; daran schloss sich eine allgemeine Fleisch- 
verteilung an das Volk im Kerameikos (CIA II 
163, nach U. Kohler auch aus lykurgischer Zeit, 
= Dittenberger Syll. 380). Das Amt war 
keineswegs unangesehen ; in der ersteren Urkunde 
rangiert es ungefahr mit den Epimeleten der 
Mysterien, den Hieropoeen, Strategen u. a. auf 
einer Stufe, und Demosthenes nennt in einer Reihe 
ausser den beiden ersteren den rafiia; xijs nagd- 
Xov, den Hipparchen und zum Schluss den B. 
(Demosth. XXI 171 mit Commentaren und Nach- 
ahmern: Schol. Dem. a. a. O. = lex. Patm. bei 
Sakkelion Bull. hell. 1 1877, 16. Harpocr. Suid., 
nach welchem meist Strategen zu B. gewahlt 
wurden[?J; Poll. VIII 114 verkehrt; Liban. or. 
VIII, welcher die B. mit Seitonen, Strategen und 
Gesandten zusammen nennt). Ohne Zweifel hatten 



717 



Booneta 



Bootes 



718 



die B. bei ihrer Thatigkeit erhebliche Mehrkosten, 
und so bezeichnet Demosthenes das Amt geradezu 
als eine der Lei turgien. Vgl. auchBoeckb.Staatsh.3 

I 274. [Hiller v. Gaertringen.] 

Booneta (Bowvr)x<x), Gebaude in Sparta, un- 
weit des Marktes an der Strasse Apheta (s. d.) 
gelegen, einst von Polydoros bewohnt, Paus. HI 
12, 1. 3. 15, 10. Nach Bursian Geogr. II 124, 
3 wahrscheinlich das Amtslocal der fiocovai. 

[Oberhummer.] 

Bobg avX-rj hiess nach Strab. X 445 an der 
Ostkuste von Euboia eine Grotte, in welcher Io 
den Epaphos geboren haben sollte. Bursian 

II 416, 3. [Oberhummer.] 
Booseoete, Plin. n. h. V 143, ein anderer 

Name fiir Helgas oder Germanicopolis in Bithynien, 
ostlich vom Rhyndakos. [Ruge.] 

Boos xeipaAai, Ort einer Niederlage des At- 
talos durch Prusias II. in Kleinasien, Eratosth. 
Galat. VII bei Steph. Byz. [Biirchner.] 

Bods ovod. 1) Boog ovod nach Strab. XIV 
683 Ort auf Kypros am Wege von Kurion nach 
Paphos, dessen Name vielleicht in demjenigen des 
heutigen Dorfes Pissuri fortlebt, wahrend die Lage 
wahrscheinlich weiter westlich anzusetzen ist, wo 
Oberhummer Ztsehr. d. Ges. f. Erdk. 1892, 
478 die Reste einer antiken Ortschaft nachge- 
wiesen hat. Vgl. auch W. En gel Kypros I 120f. 
Mas Latrie L'ile de Chypre 24. 394; Hist. Ill 
78. Ross Inselreisen IV 178f. Oberhummer 
Cypern 128. 

2) Ovoa §oog r\ KhXbti axga hiess nach Ptol. 
VI 4, 3 die Nordostspitze der Insel Kypros, fiir 
welche nach Schroder Globus XXXIV 172b 
die Bezeichnung Ovgav zov /?oC noch heute iiblich 
sein soil. Naheres bei Oberhummer Abhandl. 
W. v.Christ dargebr. 102f.; Cypern 122. 

[Oberhummer.] 

Bootes. 1) Bo(bxr)s, 'AoxxorpiXal;, ein Stern- 
bild der norduchen Halbkugel in der Nahe des 
grossen Baren, bestehend aus einem Stern erster 
Grosse (Arkturos), vier Sternen dritter, neun 
Sternen vierter und ebensoviel Sternen fiinfter 
GrOsse (Ptol. Mey. avvz. VII 4 p. 36 Halma). Be- 
reits Homer kennt das Sternbild und hebt seinen 
spiiten Untergang hervor (Odyss. V 272) : o»/>« 
dvovxa Bod>xT)v , ein Ausdruck, der sich nur be- 
ziehen kann auf die unverhaltnismassig lange Zeit, 
die das Sternbild mit seiner eigenartigen Lage 
am Himmel zum Untergange braucht. Nach Arat 
(Phaen. 581) namlich, der hierin Eudoxos gei'olgt 
ist, geht der B. in seiner ganzen Ausdehnung mit 
vier Zeichen der Ekliptik unter (8 Stunden, 120°), 
was Hipparch seinerseits als arge Ubertreibung 
bezeichnet, da sein Untergang nur mit weniger 
als 21/g Ekliptikzeichen erfolge (in Arati et Eudoxi 
Phaen. comm. II llff. p. 140ff. Manitius; nach 

II 6, 1 p. 200: in 42/ 3 Stunden). fjber die An- 
sicht des Astronomen Attalos s. Hipparch a. a. 
O. II 2, 20ff. p. 146ff. und E. Maass Ind. lect. 
Gryphisw. 1888 p. XIX; vgl. Catull. LXVI 67f. 
Ovid. fast. HI 405. Nach einer andern Darstel- 
lung besteht das Sternbild nur aus 14 Sternen 
(Ps.-Eratosth. cat. 8. Schol. Germ. BPG. Hygin. 

III 3 — bei C. Robert Erat. Catast. reliqu. 
S. 80f., ebd. S. 74ff. iiber die mythologischen Be- 
ziehungen des B.). 

Uber die verschiedenen Namen und ihre Be- 



deutung Arat. Phaen. 92ff. Suid. s. "Aomoq und 
Bod>xtjs. Bachmann Anecd. Graeca I 181, 20. 
Serv. G-eorg. I 67. Hesych. s. Bocoxtjg (6 'Qqicov. 
ol di <pvlak, lies aoxxoyvAatj). Nach Suidas und 
Servius wiirde gelegentlich auch das ganze Stern- 
bild mit Arkturos bezeichnet, was sonst gewohn- 
lich die besondere Bezeichnung des einen Sternes 
erster GrOsse bildet (Arat. Phaen. 94 enl ^covy. 
Geminos 2 ava idoov'xiav axskmv. Manil. 313 

10 medio sub peetore. Ptol. II p. 36 Halma fiezaSv 
tatv fzrjQ&v). Dieser hellleuchtende Stern spielte 
im Kalender und in den Wetterprophezeiungen 
der Alten eine bedeutende Rolle. Schon bei Hesiod 
{"Egya x. q/t. 562ff.) verkundet der Spataufgang des 
Arktur (21. Febr. 800 v. Chr. unter 38° n. Br.) 
60 Tage nach der winterlichen Sonnenwende (29. 
Dec. 800 v. Chr.) das Nahen des Fruhlings und 
der Fruhaufgang (19. Sept. 800 v. Chr.) den Be- 
ginn der Weinlese (609ff. ; fiber die beiden Stellen 

20 vgl. G. Hofmann tlber die bei griech. und rOm. 
Scliriftstellern erwahnten Auf- und Untergange 
der Sterne, Programm des k. k. Gymnas. z. Triest 
1879, 32). Nach Plinius (n. h. II 106 arcturi 
vero sidus non ferine sine procellosa grandine 
emergit; vgl. XVIII 278) bringt sein Aufgang 
meist kaltes, unfreundliches und sturmisches Wet- 
ter; ahnlich bemerkt der Schol. Apoll. Rhod. II 
1098, indem er sich auf Demokrit (iv t<p jisqi 
aoxQovofilas) und Arat. 745 beruft, der Friihauf- 

30 gang des Arktur veranlasse das Wehen des Bo- 
reas, der dann Regen und allerlei Unwetter mit 
sich bringe. Auf den Fruhaufgang ist wohl auch 
zu beziehen Verg. Georg. I 67, wozu Servius be- 
merkt : arcturus enim pluviarum et tempestatum 
sidus est, und Horaz carm. Ill 1, 27, wo der 
Wortlaut eigentlich auf den Spatuntergang (am 
9. Nov.) hinweist (vgl. G. Hofmann a. a. O. 41). 
Bei Ovid ist immer nur die Rede von dem Auf- 
und Untergange des B., nicht des Arktur; fast. 

40 II 153 Spataufgang, III 403 Fruhuntergang statt 
Spataufgang, V 733 wahrer, aber nicht sichtbarer 
Fruhuntergang, VI 235 Fruhaufgang. Im Kalen- 
der des Eudoxos erfolgt der Friihaufgang des 
Arktur den 15. September, der Spatuntergang den 
3. November, der Spataufgang den 25. Februar, 
der Fruhuntergang den 7. Juni; bei Euktemon 
dagegen 16. September, 31. October, 5. Marz, 
25. Mai. Im Kalender des Claudius Ptolemaeus 
Fruhaufgang Thoth 23. 26. 29, Phaophi 3. 6; 

50 Spatuntergang Phaophi 18. 26, Athyr 4. 12. 21 ; 
Spataufgang Phamenoth 1. 5. 8. 12. 15; Fruh- 
untergang Paehon 15. 16. 26, Payni 7. 18 (vgl. 
die Calendaria graeca in C. Wachsmuths Aus- 
gabe von Laurentius Lydus de ostentis p. 175ff.). 
Uber die Auf- und Untergange des Arktur im 
romischen Kalender vgl. das Calendarium vetus 
Romanum cum ortu oceasuque stellarum im 
Uranologium von Petavius (21. 23. Februar, 11. 
22. Mai, 6. 7. Juni, 6. 26. August, 5. 12. 17. 

60 September, 29. 31. October, 2. November). 

[Habler.] 
2) Als mythische Gestalt am- Himmel (= Ark- 
tophylax) a) Arkas, der Sohn der Kallisto, die 
als grosse Barin verstirnt wnrde, Psendo-Eratosth. 
8 mit den Parallelversionen Robert Eratosth. 
catast. 74 (vgl. 50), wo hinzuzufogen ist Nonn. 
Dion. XIII 297. b) Biarios als Ochsentreiber 
(zwei Sterne des Himmelswagens als Ochsen ge 



719 



Bopienaus 



Boreas 



720 



dacht), Hygin. fab. 130; de astron. II 4 und in 
Parallelversionen Robert Eratosth. catast. 39, 
vgl. 79. Nonn. Dion. XLVII 251 (Aratreminis- 
cenz). 262. Maass Anal. Eratosth. (PMlol. Unters. 
VI). 100. 120. c) Philomelos, der Erflnder des 
Pmiges, Hermippos (qui de sideribus scripsit) 
und Petellides bei Hygin. de astron. II 4. 

[Knaaek.] 
Bopiennus s. Boriennus. 
Boplo mons, in der Gegend von Genua, auf 10 
der smtentia Minueiorum de agro Oenuate vom 
J. 117 v. Chr., CIL I 199 = V 7749 Z. 18; vgl. 
Berigiema. [Hiilsen.] 

Bopos (BojiSe), Stadt in Ober&gypten bei 
Diospolis parva, Agatharehides Geogr. gr. min. 
I 122, 34; nach Brugsch Geographie I 205 
das koptische Hfioov, $ficoov, bei der Insel Ta- 
benne, jetzt Fau Ba's; Muller vermutet Xrjvo- 
fiooxdg fur das gewiilinliche Xrjvoftooma, jetzt 
Kasr es Sajad. [Sethe.] 20 

Bora. 1) Nach Liv. XLV 29, 8f. Berg in 
Makedonien, s. Bermion. [Oberhmnmer.] 

2) Stadt in Hispania Baetica von unbekannter 
Lage, in der Miinzen mit dieser Aufschrift ge- 
pragt worden sind (Mon. ling. Iber. nr. 126). Auf 
einer in der Nahe des alten Sabora (s. d.) ge- 
fundenen Inschrift wird ein [. . .Jborensis ge- 
nannt, der auch ein Borensis gewesen sein kOnnte. 

[Hflbner.j 
Boraides, Neffe Kaiser Iustinians, nahm an 30 
der Untei'druckung des Nika-Aufstandes teil, setzte 
in seinem Testamente seine Fran und Tochter 
auf den Pflichtteil und hinterliess den grossten 
Teil seines Vermogens seinem Bruder Germanus. 
Prok. Pers. I 25 p. 128; Goth. Ill 31 p. 408 B. 

[Hartmann.] 
Boraita (Bogaiza), die nordostlichste Stadt 
im Gebiet der indischen Marundai nordlich vom 
Ganges, Ptol. Vn 2, 14. Yules Vergleich mit 
Bhar6c in Audh ist sehr zweifelhaft; noch mehr40 
Las sens Gleichstellung (Ind. Alt. Ill 157) mit 
der grossen Stadt Bareilly in Rohilkhand 28° 
22' nordlich, 29° 26l/ 2 ' ostrich an der Rama-Ganga, 
weil dieselbe erst um 1537 von dem Fiirsten Ba- 
ril-de& gegriindet sein soil. Jedenfalls miisste B. 
nicht allzufern von Kanog (s. Kanogyza) ge- 
sucht werden, da in indischen Schriften ein Ma- 
runda- oder Muranda-ragya von Kanvakubga er- 
wiihnt wird. ^ [Tomaschek.] 

Borani (Bogavoi), nach Zosim. I 27. 31 ger- 50 
manischer Volksstamm an der Donau, der im 
Verein mit Gothen, Urugunden und Karpen Raub- 
ziige in das rfimische Reich machte (namentlich 
unter Gallus und Gallienus ) , Italien und Blyrien 
verheerte und selbst in Aden einfiel. Zeuss (Die 
Deutschen 460. 695) identificiert mit ihnen die 
angeblichen Bulanes des Ptol. Ill 5, 8 (C. Muller 
liest HovAwve;). S. auch Buri. [Ihm.] 

Boraspos, Sohn des Babes, ag/oyr Tardewg 
193 n. Chr., Latyschew Inscr. orae septentr. 60 
Ponti Euxini II 423. [Kirchner.] 

Borax. 1) Hund des Aktaion, Hyg. fab. 181. 
Vgl. Bores. 

2) Name eines Hundes auf der Francoisvase, 
bei Kastor und Polydeukes, in der Scene der kaly- 
donischen Jagd. [Escher.l 

Borbetomagus (Borbitomagus), Stadt der 
Vangionen am Rhein in Germania superior (Ptol. 



II 9, 9 Oi'ayyiovcov Ss Bog^tjtofiayog), an der von 
Argentorate nach Mogontiacum fuhrenden Heer- 
strasse (Itin. Ant. 355. 874 Borbitomago , Var. 
Bormitomago. Tab. Peut. verschrieben Borgeto- 
magi). Spater heisst sie Oivitas Vangionum 
(Not.^Gall. VII 5 ; in einigen Hss. der Zusatz id 
est Warmatia), Vangiones (Amm. Marc. XV 11, 
8. XVI 2, 12. Not. dign. occ. XLI 8. 20); beim 
Geogr. Rav. IV 26 p. 231 Gormetia, im Mittel- 
alter Wormatia und ahnlieh, heute Worms. Die 
richtige Namensform scheint nach dem Meilen- 
stein von Tongern Orelli-Henzen5236(Desj ar- 
dins Geogr. de la Gaule IV pi. VI) [Borbjito- 
magfus) zu sein. Desjardins Table de Peut, 
10. Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. Gliick 
Renos 8. Zangemeister Korr.-Bl. der Westd. 
Ztschr. II 43f. Die dort gefundenen Inschriften 
bei Bramb a ch CIRh. 880ff. Uber weitere Funde 
vgl. die Westd. Ztschr. mit Korr.-Bl. und die 
Rhein. Jahrb. (verschiedene Jahrgange, Register- 
heft nr. 91 unter .Worms'). Auch Aug. Wecker- 
ling Die rom. Abteilung des Paulus-Museums 
der Stadt Worms. 2 Teile 1885. 1887. Zu -magus 
(= campus) s. Gliick Kelt. Namen 122f. 

[Ihm.] 
Borboros (Bog/logos), Fluss bei Pella in Make- 
donien. Plut. de exil. 10 und Theokritos von Chios 
ebd. (Anth. app. 38, FHG II 86). [Oberhmnmer.] 

Borbrega (Bogfigeya Procop. de aedif. 285, 
35), Castell beim heutigen Bugaraca. W. Toma- 
schek Die alten Thraker II 2, 61. [Patsch.] 

Borcani. 1) Einwohner und Stadt der zwei- 
ten Region Italiens (Sanmium oder Apulien) bei 
Plin, n, h. Ill 105; Lage ungewiss. 

2) Angeblicher Fluss Sardiniens beim Geogr. 
Rav. V 26 p. 412. [Hiilsen.] 

Borcoe, Ort Babyloniens, Geogr. Rav. II 5. 

[FraenkeL] 
BorcoTiclnm (Borcovicio die Hss. der Notit. 
dign. occ. XL 40, die in England gebrauchliche 
Form Borcovicus hat keine Gewahr; Velurtion 
Geogr. Rav. 432, 18; ob in dem Namen des eu- 
neus Frisiorum Ver .... auf der dort gefundenen 
Inschrift der Mars Thingsus, Westdeutsche Ztschr. 
1884, 122. Ephem. epigr. VII 1040. 1041, eine 
Form des Ortsnamens, etwa Vercovicium, steckt 
ist unsicher), die achte Station per lineam valli 
am Wall des Hadrian im nOrdlichen Britannien, 
jetzt Housesteads (vgl. CIL VII p. 122). Sie war 
das Standquartier der cohors I Tungrorum und 
einiger anderer Truppenteile und muss nach den 
tberresten und den dort gefundenen zahlreichen 
Inschriften und Altertumern eines der bedeuten- 
deren Castelle am Wall gewesen sein. [Hubner.] 
Bordegala (Bordiealon) s. Burdigala. 
Borea (vulgo Borea), Ort in Arabia felix, 
Geogr. Rav. H 6 p. 57 nr. 3. [D. H. Miiller.] 

ISoreadai, die Kinder des Boreas (s. Art. 
Boreas Nr. 2), insbesondere Zetes und Kalais 
(s d.). [Wernicke.] 

Boreas. 1) Bogiag (attisch BoQQ&g, ionisch 
Bogeys) bezeichnet in der vierstrichigen Wind- 
rose, wie sie bei Homer Od. V 295 vorliegt, den 
reinen Nordwind, fiir den in der achtstrichigen 
Windrose des Axistoteles (Meteor. II 6 p. 363 b) 
der Doppelname fiogeag xai ajiaQxua; auftritt 
(Nordost heisst dann xaiy.iag). Eine Erweiterung 
nahm dann der Admiral Timosthenes vor, der in 



I 



721 



Boreas 



Boreas 



722 



seiner zwolfstrichigen Windrose mit cuiagxrtag den 
Norden, mit pogeag den Nordnordosten und mit 
xaixiag den Nordosten bezeichnete (Agathem. H 7 
= Geogr. gr. min. II 473). Spater ging Era- 
tosthenes wieder auf das achtstrichige Schema zu 
riick, das sich dann lange behauptet hat, wie es 
•denn auch am Turme des Kyrrhestes zu Athen 
noch festgehalten worden ist (gehort del sullani- 
schen oder caesarischen Zeit an) ; Poseidonios nahm 
«benfalls acht Hauptwinde an (Strab. I 29). In 
dieser achtstrichigen Windrose ist vielfach der B. 
(aquilo) an die Stelle des aristotelischen Kaikias 
getreten und bezeichnet den Nordost. Den nam- 
lichen Wind bezeichnet aquilo in der 24strichigen 
Rose des Vitrav (I 6, 10), dem sich dann in der 
Riehtung nach Osten unmittelbar der eaeeias an- 
schliesst. Nach nationalrOmischer Auffassung war 
der aquilo, gerade wie der indturmes, urspriing- 
lich vielleicht ein Seitenwind des Ostwindes und 
wurde erst spater mit den griechischen B. (Nord- 
nordost) identificiert. Im vaticanischen Museum 
hefindet sich eine Inschrift mit den Namen der 
Winde, auf der Nordost mit xatxtag, vultumus, 
Nordnordost mit Bogeag , aquilo und Nord mit 
'Axagxtas (sic), septentrio bezeichnet wird, und in 
Aquileia ist eine Marmorplatte gefunden worden, 
auf der merkwiirdigerweise aquilo den Nordnord- 
west bezeichnet. Vgl. G. Kaibel Antike Wind- 
rosen, Hermes XX (1885) 579—624. Dabei ist 
allerdings noch zu bedenken , dass die oben ge- 
brauchte Bezeichnung Nordost nicht immer genau 
im Sinne der heutigen Meteorologie zu verstehen 
ist, da die im Altertume gebrauchliche Bezeich- 
nung ,vom sommerlichen Aufgange her' eigent- 
lich mehr auf Ostnordost als auf reinen Nordost 
hinweist; denn die grosste Morgen- und Abend- 
weite betragt in Griechenland etwa 30, aber nicht 
45° (Miillenhoff Deutsche Altertumskunde I 
257. Berger Gesch. der wissensch. Erdkunde der 
Griechen II 108f. Ill lOlff.). Der B., von Pindar 
(Pyth. IV 181) als Konig der Winde bezeichnet, 
besitzt cine furchtbare, wilde Kraft (Homer Od. 
XIV 253. 299 axgarjg; bei romischen Dichtern 
saemis , crudelis , horrifer , asper u. s. w.) und 
besondere Schnelligkeit der Bewegung (Hesiod. 
Theog. 379 aiiptjgoyMev&og. Tyrtaios frg. 12, 4). 
Er bringt Finsternis (Horn. Od. IX 67f.) und 
schwarze Wolken, die mit Blitz und Regen ver- 
bunden sind; doch verjagt er auch die Wolken 
und macht den Aether klar und rein (daher 
ai&etiydi'Tjs und ai&^jysvhrig). Immer verursacht 
er Kalte, die haufig Schnee, Schlossen und Eis 
bringt, gleichwohl ist er aber auch der Gesund- 
heit sehr zutraglich (Hippocr. de morbo sacro VI 
384 Littr<L Plin. n. h. II 126). Als seine Heimat 
werden bezeichnet Thrakien, Skythien und der 
Kaukasus; vgl. Stephani Boreas und die Borea- 
den (Me"moires de l'aeademie impe'riale des sciences 
de St.-P£tersburg Vn^ serie t. XVI nr. 13). Neu- 
mann-Partsch Phvsikalische Geographie von 
Griechenland 92ff. " [Habler.] 

2) Als PersOnlichkeit erscheint B. zunachst 
im Kult (vgl. Welcker Kl. Sehr. HI 58). Be- 
reits in der Ilias (XXin 193ff.) betet Achilleus, 
als der Scheiterhaufen des Patroklos nicht brennen 
will, zu B. und Zephyros und verspricht ihnen 
Opfer (von Stengel Herm. XVI 1881, 341fF. ganz 
mit Unrecht flir einen phoinikischen Zng erklart, 



vgl. Ttimpel oben Bd. I S. 2179)._ In Titane 
befanden sich vier Opfergruben fiir die vier (dem 
Epos allein bekannten) Winde, also eine da von 
fiir B. (Paus. H 12, 1). In Herakleia gab es eine 
<pvi.i/ Bogstg, was auf einen Kult des B. hinzu- 
deuten scheint (Bull. hell. XIII 1889, 317). Das 
Heer des Xenophon bringt dem B. Schlachtopfer 
dar, damit sich der Nordsturm lege (Xen. anab. 
IV 5, 3f.). Ein Gebet an B. ist in der orphischen 

10 Hymnensammlung erhalten (Hymn. 80 : dvfda/ia 
Ujiavov). Weihung an B. aus Pola (Boriae v. s. 
I. to.) CIL V 7 (in Istrien heisst der dort be- 
sonders heftige Nordsturm noch heutzutage Bora; 
zu der Namensform mit i vgl. die Inschrift des 
unten antrefuhrten Vasenbildes). Eine Anzahl 
anderer Kulte sind bei einer bestimmten histo- 
rischen Veranlassung gegriindet, so in Athen am 
Ilisos: Orakel an die Athener, den yapfJQog zu 
Hiilfe zu rufen, von jenen auf die Sage von 

20 B. und Oreithyia (s. u.) gedeutet ; sie rufen diese 
beiden zu Hiilfe, und als die persische Flotte zer- 
streut wird , errichten sie dem B. ein hgov am 
Ilisos (Herodot. IV 189, vgl. Paus. I 19,-5. 
VIII 27, 4. Ael. de nat. an. VII 27; Altar, 
Plat. Phaidr. 229 C) ; seitdem gilt B. als xydcozr/g 
der Athener (Ael. var. hist. Xn 61), und in Er- 
innerung hieran lasst Nonnus (Dion. XXXIX 
174ff.) den Erechtheus seinen ya/x^gog um Hiilfe 
angehen und ihm nachher zuin Dank ein Fest 

30 mit Gesangen feiern (ebd. 209ff.); die thatsach- 
liche Eiistenz eines solchen Festes bezeugt He- 
sych. s. Bogeaa/iol (vgl. dazu M. Schmidt). In 
Nachahmung des attischen Kultes stiftete man 
dem B. auch in Thurioi zum Dank fiir Hiilfe 
gegen Dionysios einen Kult (Epiklesis Evsgyiztje, 
Opfer, Ehrenburgerrecht, Haus und Land, Ael. 
var. hist. XII 61). Einen ahnlichen Anlass (Hiilfe 
gegen Agis) hat der Kult in Megalopolis (zsfievog 
und jahrliches Opfer, Paus. VIII 36, 6). 

40 Im Mythos gilt B, als Sohn des Astraios 
und der Eos, Hes. Theog. 378ff. Philoch. (Syn- 
kell. p. 161 A). Hyg. praef. (rationalistisch Sohn 
des Strymon, Heragoras FHG IV 427, 4); seine 
Bruder sind Zephyros, Notos und Euros (dafiir 
Argestes Hes. Theog. 378ff.), Od. V 295f., vgl. 
Hyg. praef. (die anderen Winde stammen nach 
Hes. Theog. 869ff. von Typhoeus). Sein Wohnsitz 
ist hoch im Norden , in Thrakien, Tyrt. frg. 12 
(PLG* II 17f.). Akus. Schol. Od. XIV 533. Philoch. 

50 a. a. O. Orph. H. LXXX 2; bereits in der Ilias 
(XXm 229f.) sind die Winde am thrakischen 
Meer zu Hause, wo sie im Hause des Zephyros 
schmausen (ebd. 201f.). Der Wohnsitz des B. in 
Thrakien wird verschieden localisiert: zunachst 
in der Gegend des Strymon (JErQvfiovios, Kallim. 
Hymn. Del. 26, vgl. oben: Sohn des Strymon; 
Sithmius , Ovid. Heroid. XI 13 ; Edonus Verg. 
Aen. XII 365 ; seine Burg auf dem Pangaion, Val. 
Flacc. Arg. I 575), oder weiter westlich (bei der 

60 £/>.>? BtaToviTj, Orph. Arg. 679; bei den Kikonen, 
Ovid. met. VI 707ff.), und nordlicher bei den 
Odrysen (Odrysius, SiL Ital. VII 570), endlich 
hoch im Norden in dem abschliessenden Haimos- 
gebirge (Kallim. Hymn. Art, 114f.); dort haust 
er an der nhgaXagiiribovio. (Simonides undPherek. 
bei Schol. Apoll. Rhod. I 211), am mythischen 
Bergzug der Rhipaien (Plin. n. h. IV 88. Strab. 
VII 205. Val. Flacc. Arg. II 516). in einer Hohle 



723 



Boreas 



Boreas 



724 



725 



Boreas 



Boreas 



726 



(Soph. Ant. 981. Sil. Ital. VIII 514. Schol. Apoll. 
Rhod. I 826. [Pint.] de fluv. XIV 5) rait sieben 
Klilften (hnanvxos , Kallim. Hymn. Del. 62ff.), 
wo die Welt verriegelt ist (yfjg xXeT&qov, Plin. n. 
h. VII 10), jenseits des Meers am Ende der Welt, 
wo die Quellen der Nacht sind und der Himmel 
offen steht, wo Phoibos alter Garten liegt (Soph, 
frg. inc. 870 N. 2 ) ; dort wohnen die seligen Hyper- 
boreer, und von ihnen weht er heruber (Serv. Aen. 
X 350. XII 366). So macht ihn Lucan (Phars. 
V 603) geradezu zum Skythen (vgl. Getieis in 
antris Sil. Ital. VIII 514), und die Phantasie des 
Verfassers von [Plut.] de fluv. V 3 versetzt ihn 
gar mit einem artigen Marchen auf den Kaukasos. 
Im allgemeinen jedoch gilt er fur einen Thraker, 
auch bei der rationalistischen Mythendeutung 
(Heragoras FHG IV 427, 4, vgl. Ovid. Heroid. 
XV 343f. Schol. Pind. Pyth. IV 324), oder auch, 
da ihn Pindar (Pyth. IV 181) Konig der Winde 
nennt, fur einen thrakischen KSnig (Eustath. Dion. 
Perieg. 423 [Geogr. gr, min, II 295]. Herakleit 
d. incred. 318 Western!.); Zetes und Kalais (s. u.) 
kommen aus Thrakien (Apoll. Rhod. I 213) oder 
von den Hyperboreern (Duris und Phanodikos 
Schol. Apoll. Rhod. I 211 ; Daulis nennt Herodor. 
ebd.). In der Vorstellung des Volkes lebte er als 
geflilgelter Mann mit wildem Haar und Bart, wie 
die Kunstdarstellungen zeigen. In der Litteratur 
heben erst romische Dichter (Ovid. met. VI 707 ; 
trist. Ill 10, 45) die Befliigelung hervor; doch 
ist dies nur eine zufallige Liicke der Uberliefe- 
rung, da die Befliigelung der Boreaden schon von 
Pindar (Pyth. IV 182f.) erwahnt wird, vgl. Apoll. 
Rhod. I 219ff. II 188ff. Apollod. I 9, 21, 5. Ill 
15, 2. Orph. Arg. 221. Antip. Anth. Pal. IX 550. 
Ovid. met. VI 713ff. (die Fliigel wachsen erst im 
Ephebenalter). Hyg. fab. 14. Sen'. Aen. Ill 209 
{= Myth. Vat. I 27. II 142); nach Onomakritos 
(Pans. I 22, 7) hatte B. dem Musaios die Gabe 
zu fliegen verliehen. Er steht im Dienste des 
Poseidon (Od. V 295) oder des Zeus (Od. IX 67ff.) ; 
seine Schnelligkeit wird hervorgehoben, Tyrtaios 
frg. 12. Soph. Ant. 983 (apvtnog). Das letztge- 
nannte Beiwort deutet schon auf eine zweite Vor- 
stellung des B. bin, als Ross. Wie Zephyros nach 
II. XVI 149ff. auf der Wiese am Okeanos in Ross- 
gestalt mit der Harpyie Podarge die Rosse des 
Achilleus, Xanthos und Balios, zeugt, so begattet 
B. nach II. XX 219ff. als dunkelmahniges Ross 
die Stuten des Dardanossohnes Erichthonios und 
zeugt mit ihnen zwolf Fohlen, die uber die Spitzen 
der Pruchthalme und der Wellen dahinzueilen 
vermSgen. Spatere Dichter haben diese Erzah- 
lung wiederholt nachgeahmt, so Quint. Smyrn. 
VIII 241ff. (die vier Rosse des Ares von B. und 
der Erinys erzeugt), Xonn. Dion. XXXVII 154ff. 
(B. zeugt mit der Harpyie Sithonie die Rosse 
Xanthos und Podarkes, die er spater dem Erech- 
theus schenkt), vgl. auch Quint. Smyrn. I 166f. 
(Oreithyia schenkt der Penthesileia ein Ross, das 
an Schnelligkeit mit den Harpyien wetteifert). 

Am bekanntesten ist die Verbindung des B. 
mit Oreithyia, einer Tochter des attischen Konigs 
Erechtheus (Soph. Ant. 980. Akus. Schol. Od. XIV 
533. Apoll. Rhod. I 21 If. mit Schol. Apollod. m 
15, 1, 2. Diod. IV 43, 3. Hyg. fab. 14. Myth. Vat. 
II 142; des Kekrops, Schol. Apoll. Rhod. I 211) 
und der Praxithea (Apollod. Ill 15, 1, 2); ihre 



Schwestern sind Kreusa und Prokris (Schol. ApolL 
Rhod. I 211), zu denen Apollod. Ill 15, 1, 2 noch 
Chthonia und die Bruder Kekrops, Pandoros, Me- 
tion fiigt. B. raubt die KCnigstochter nach alterer 
Sage am Brilessos, von wo aus der Nordwind 
Athen trifft (Simonid. Schol. Apoll. Rhod. I 211) r 
als sie dort an der Quelle des Kephisos Blumen 
pftfickte (Choirilos ebd.). Die Errichtung des Kul- 
tus am Ilisos kann eine tjbertragung der Sage 

10 dorthin zur Voraussetzung oder zur Folge gehabt 
haben ; jedenfalls verlegte man den Ort des Raubes 
spater allgemein an den Ilisos bei Agrai, wo sich 
der Kult befand; dort hatte Oreithyia gespielt 
(Plut. Phaidr. 229 Bff. [mit Pharmakeia]. Apollod. 
m 15, 2. Paus. I 19, 5. Schol. Apoll. Rhod. 1211) 
oder getanzt (Apoll. Rhod. I 215. Philostr. Vit. 
Apoll. IV 21, 3), vgl. auch Dion. Perieg. 425 mit 
Eustath. Orph. Arg. 220. Stat. Theb. XII 630f. 
Nonn. Dion. XXXIX 190ff. Myth. Vat. II 142 

20 (wenn eine Glosse des Platontextes den Areiopag 
hinzufugt, so dient das nur zur naheren Bestim- 
mung und ist keine besondere Localisierung: zwi- 
schen Areiopag und Akropolis pfeift der Nordwind 
zum Ilisos hiniiber) ; vereinzelt ist die Angabe des 
Akusilaos (Schol. Od. XIV 533), Oreithyia sei ge- 
raubt worden , wahrend sie als navricpoQog der 
Athene Polias auf der Akropolis opferte. Aischy- 
los hatte in seiner Oreithyia (frg. 281 N. 2 , da- 
nach Ovid. met. VI 682ff., vgl. Welcker Aesch. 

30 Tril. 564) gedichtet, dass B. zuerst bei Erechtheus 
um Oreithyia angehalten habe; dieser habe ihm 
aber als einem Thraker in Erinnerung an den 
Thraker Tereus die Tochter versagt ; darauf habe 
sich B. seiner natiirlichen Wildheit erinnert und 
das M&dchen geraubt. B. bringt die Geliebte 
nach Thrakien (Akus. a. a. O.), zur SaoTirjdovla 
TiirQa (Apoll. Rhod. I 216. Schol. zu v. 211), zu 
den Kikonen (Ovid. met. VI 682ff.), wo sie seine 
Gattin wird und ihm die Sshne Zetes und Kalais 

40 (Akus. a. a. O. Apoll. Rhod. I 211 u. Schol. Apol- 
lod. Ill 15, 2. Orph. Arg. 219ff. Ovid. met. VI 
712ff. Hyg. fab. 14. Serv. Aen. Ill 209. X 350) 
und Haimos (Steph. Byz. s. Alfios) schenkt, und 
die Tochter Kleopatra (Gemahlin des Phineus, 
Apoll. Rhod. II 188ff. Diod. IV 43, 2. Apollod. 
Ill 15, 2. Schol. Apoll. Rhod. I 211 [alteste Toch- 
ter], Serv. Aen. Ill 209), Chione (Apollod. Ill 
15, 2. Schol. Apoll. Rhod. I 211; Mutter des 
Thrakers Eumolpos, Hyg. fab. 157. Paus. I 38, 2), 

50 Chthonia (Schol. Apoll. Rhod. I 211); uber Erichtho 
s. u. 

Weiter ist B. durch die Phineusepisode auch 
mit den Argonautensagen verflochten : seine Toch- 
ter Kleopatra ist Gemahlin des Phineus. In die 
altere Version der Phineussage, auf die kurz ein- 
zugehen hier geboten ist (vgl, Festschr. d. Univ. 
Heidelberg z. Begruss. d. 36. Philol.-Vers., Karls- 
ruhe 1882, 109ff. [F. v. Duhn] und den Artikel 
Phineus) spielt B. persO nlich keine Rolle : Phineus 

60 weissagt den Menschen Zukunftiges und wird des- 
halb von den Gottern geblendet (Apoll. Rhod. II 
188ff. Apollod. I 9, 21, 2); oder er weissagt den 
Sflhnen des Phrixos die Einzelheiten ihrer Fahrt 
und wird deshalb entweder von Poseidon geblendet 
(Apollod. I 9, 21, 2), oder Zeus lasst ihm die 
Wahl. ob er erblinden oder sterben wolle; er 
wahlt das erstere, und der erziirnte Helios schickt 
ihm die Harpyien (Schol. Apoll. Rhod. II 181); 



IK 



die Argonauten Zetes und Kalais (Pind. Pyth. IV 
181ff. Akus. Schol. Od. XIV 533. Apoll. Rhod. 
I 211. Apollod. I 9, 16, 7. Ill 15, 2. Orph. Arg. 
218ff. Hyg. fab. 14) befreien dann nach Schick- 
salsfiigung bereitwillig ihren Schwager von der 
Plage (Apoll. Rhod. II 188ff. Apollod. I 9, 21, 5. 
Ill 15, 2. Hyg. fab. 14). Phineus erscheint hier 
in dem Lichte eines milden Sehers, eine dem 
Prometheus, Atlas, Tantalos ahnliche Gestalt, und 



vgl. Artikel Kalais), dessen Grabsteine sich 
beim Wehen des B. bewegen (Apoll. Rhod. 1 1307 
mit Schol. Hyg. fab. 14). 

SonstigemythischeBeziehungendesB. 
Als Kinder des B. werden noch genannt Butes 
und Lykurgos (Diod. V 50, 2, vgl. Art. Butes); 
die Hyperboreerinnen Upis, Loxo und Hekaerge 
(Kallim. Hymn. Del. 291ff.); die Aurai (Quint. 
Smyrn. I 683ff.); drei riesige Sohne der Chione 



es ist beachtenswert, dass sich wenigstens eine 10 (sonst Tochter des B., s. o.) und des B. und deren 



Spur erhalten hat, nach der er urspriinglich in 
Arkadien heimisch war (Serv. Aen. Ill 209 = Myth. 
Vat. I 27. II 142), also mit dem Kreis der Argo- 
nauten nichts zu thun hatte. Ein vollig anderes 
Bild zeigen die iibrigen Versionen; sie setzen eine 
durchgreifende , wohl in der Periode der Lyrik 
vollzogene und dann durch dramatische Bearbei- 
tung verscharfte Umarbeitung voraus: Phineus 
wird hier fur verbrecherisches Wiiten gegen die 



Nachkommen, Apollonpriester und Konige bei den 
Hyperboreern (Hekataios von Abdera bei Diod. H 
47, 7. Ael. d. nat. an. XI 1) ; Hyrpax, Sohn der 
Chione und des B. ([Pint.] d. fluv. V 3). Uber 
die Rolle des B. in der Geburtslegende des Apol- 
lon s. o. Bd. II S. 22, 44. Pan und B. Nebenbuhler in 
der Liebe zur_schonen Pitys (Westermann My- 
thogr. 381). tjbertragung der Sage vom Tode des 
Hyakinthos von Zephyros auf B. (Serv. Eel. Ill 



eigenen Sonne geblendet; Kleopatra schenkte ihm 20 63 = Myth. Vat. I 117. II 181). Den von Paus. 



zwei Sohne (Plexippos und Pandion, Apollod. Ill 
15. 3), die ihrer Stiefmutter Idaia, einer Tochter 
des Dardanos, ein Dorn im Auge sind. Die ein- 
fachste Erzahlung lasst sie selbst die Stief'sOhne 
blenden: sie grabt ihnen mit ihrem Webeschiif 
die Augen aus (Soph. Ant. 976. Schol. Apoll. Rhod. 
1 211, nach lyrischer Quelle?) ; wie hier das Schick - 
sal des Phineus angekniipft war, wissen wir nicht. 
GewOhnlich jedoch wird das schon dem Epos be 



frg. 4 (FHG III 469) erwahnten antiochenischen 
Giganten Pagras mit B. zu identificieren (Prel- 
ler-Robert I 475, 1), geniigt die Stelle Aristot. 
avsp. &so. 973 a 1 Bkk. nicht : dort wird gesagt, 
in Mallos heisse der Nordwind ITaygevs, weil er 
von den oqt) JJayQixa her wehe; wenn also die 
Antiochener von einem Giganten Tlayqaj; fabelten, 
so ist dainit schwerlich deT sonst nirgends als 
Gigant bekannte B. gemeint, sondem der Berg- 



kannte, aber im attischen Drama besonders be-30riese des genannten Gebirges. 



liebte Potipharmotiv verwendet, was in der An- 
wendung auf zwei" Sohne ziemlich ungeschickt er- 
scheint: Dionysios Skytobrachion erziihlt, Idaia 
habe die Sohne bei Phineus verleumdet, dass sie 
ihr nachstellten ; darauf habe Phineus die Sshne 
geblendet und sei zur Strafe von deren Grossvater 
B. wieder geblendet worden (Diod. IV 44, 4. Apol- 
lod. I 9, 21, 2. Ill 15, 3. Schol. Apoll. Rhod. I 
211; vgl. Bethe Quaest. Diod. mythogr., Diss. 



Kritik der Sage. Die Bedeutung der Ge- 
stalt des B. bedarf im allgemeinen keiner Er- 
liiuterung ; nur Tiber ihre mythische Verwendung 
sei noch ein Wort gesagt. Dieselbe wurzelt, so- 
weit sie als wirklich sagenhaft betrachtet werden 
darf und nicht auf secundarer dichterischer Er- 
findung beruht, in dem Bannkreis des ionischen 
Geistes ; auf die Wogenrosse des Meerbeherrschers 
Erichthonios (= Poseidon Erechtheus) stiirzt sich 



Gott. 1887, 17); Varianten: 1) Phineus blendet 40 der Nordwind und befruchtet sie; wie der Wind 



die Sohne und lasst sie bei einem Felsen am Ge- 
stade aussetzen, die Boreaden blenden dafur den 
Phineus, den B. nach dem bistonischen Wald ent- 
fiihrt (Orph. Arg. 671ff.); 2) Phineus lasst die 
Sohne am Gestade fesseln und auspeitschen ; sie 
werden von den Boreaden befreit; es kommt zur 
Schlacht, in der Phineus von Herakles getotet 
wird; die Sohne werden zu Herrschern eingesetzt, 
Kleopatra aus dem Kerker befreit, Idaia aber zu 



vermOgen seine Kinder auf des Kornes und des 
Meeres Wellen dahin zu eilen. Erichthonios- 
Erechtheus ist ein Beiname des ionischen Posei- 
don (v. Duhn a. a. O. 122f.); so heisst seine 
Enkelin, die Tochter des B. und Gattin des Phi- 
neus (sonst Kleopatra genannt) auf der ionischen 
Phineusschale (Mon. d. Inst. X 8. Wiener Vor- 
legebl. C VIII S) 'Eqix^- Sie ist die ursprung- 
liche und echte Gemahlin des Phineus, die bCse 



ihrem Vater zuriickgeschickt, der sie zum Tode 50 Idaia ist erst aus ihr entwickelt (Erichtho muss 



verurteilt (Diod. IV 43, 8ff.). Diese Version mit 
ihren Varianten, die Phineus als Verbrecher er- 
scheinen lasst und mit seiner Bestrafung endigt. 
steht der alteren Auffassung, die mit seiner Be- 
freiung endigte, diametral gegeniiber. Zuletzt er- 
folgt ein unorganischer Compromiss beider Ver- 
sionen : Phineus blendet die Sohne, dafur blenden 
ihn die Gotter, oder B.. der ihn nach den insulae 
pelagiae entfuhrt (Zeus selbst blendet ihn Myth 



als Enkelin des Erichthonios zum Gesehlecht des 
Dardanos gerechnet werden, Idaia ist Tochter des 
Dardanos). Am festesten haftet die Sage aber in 
Attika, wo auf der Burg von Athen der alte Kult 
des Poseidon Erechtheus bestand. Das Meermad- 
chen Oreithyia (H. VIH 48, vgl. Serv. Aen. X 350: 
Orithyia nympha und ihre Verwandlung in ein 
Ross in der delischen Gruppe, s. u.) wird zur 
Tochter des zum KOnig gewordenen Erechtheus. 



Vat. HI 5, 5), und schicken ihm die Harpyien, 60 Alter als der Kult am Ilisos (wenn er wirklich 



die ihm die Speisen rauben und den Schlaf stOren ; 
er weissagt den Argonauten, dafur schicken sie 
die Boreaden gegen die Harpyien aus, und diese 
verfolgen die Unholde bis zu den Strophaden (Serv. 
Aen. Ill 209 = Myth. Vat. I 27. II 142). End- 
lich ist hier noch zu erwahnen das angebliche 
Grab der Boreaden auf Tenos (uber ihren Tod 
durch Herakles und die Veranlassung desselben 



erst auf das Ereignis der Perserkriege zuruckgeht) 
ist die Rolle des B. in der attischen Sage; jeden- 
falls alter als die angebliche Stiftung des Kultes 
sind die streng-rf. Vasenbilder (s. u.); ferner ist 
Butes, der Ahnherr des Geschlechtes der Eteobu- 
taden, der Priester des Poseidon Erechtheus, nach 
einer (freilich von ihnen nicht anerkannten) Ver- 
sion Sohn des B., ist auch mit diesem durch seine 



727 



Boreas 



Boreas 



728 



Gattin Chthonia verbunden, vgl. Toepffer Att. 
Geneal. 113ff. und Artikel Butes. Das sind alles 
keine spaten Erfindungen; wer die Nordsttirme 
des Frtihjahrs in Athen erlebt hat, begreift die 
Eolle, welche B. in der attiscben Sage spielt. 
Vgl. auch den Artikel Anemoi. 

Kunstdarstellungen. Litterarisch iiber- 
liefert sind zwei Darstellungen des B.: die ge- 
raubte Oreithyia in den Armen haltend, war er 
nach Paus. V 19, 1 am Kypseloskasten dargestellt. 
Aber hier ist wohl ein Irrtum des Periegeten an- 
zunehmen : der angebliche B. hatte statt der Beine 
Schlangenschwanze, war also wohl jener auf korin- 
thischen Vasen so haufig dargestellte, gewohnlich 
Typhon genannte Unhold (so Robert bei Hiller 
v. Gaertringen De Graecor. fabul. ad Thraees 
pertinentib., Diss. Berol. 1886, 7f. und Preller- 
Robert 1472, 1); eine derartige Darstellung ware 
fur einen Windgott vOllig unerklarbar, und ver- 
geblich hat Loeschcke (B. und Oreithyia am 
Kypseloskasten, Progr. Dorpat 1886), auf v. D uh n s 
Darlegungen fussend, die Moglichkeit ihrer Ent- 
stehung durch bildliche Tradition darzuthun ver- 
sucht. Auch die von Toepffer (Att. Geneal. 
115, 2) als Analogie angefuhrte Vorstellung des 
Erechtheus als oixovgos o<pi; im Erechtheion ist 
unzutreffend. Die zweite litterarisch iiberlieferte 
Darstellung scheint ein Gemiilde des Zeuxis zu 
nennen (Lukian. Tim. 54); danach war B. dort 
so dargestellt, wie wir ihn schon auf den Vasen 
des 5. Jhdts. finden, mit breitem Bart, hochge- 
zogenen Augenbrauen , gestraubtem Haar; das 
figevfivo/usvog kfinnte man von einer Andeutung 
des Blasens verstehen, und danach Aristot. d, mot. 
amm. 2 (ig avrov yag xrsv/ua dqpihta ygarpov- 
mv) hierher beziehen. 

Erhalten sind uns zahlreiche rotflgurige Vasen- 
bilder, alle den Raub der Oreithyia darstellend 
(vgl. Gerhard Auserl. Vasenb. Ill IS. Welcker 
Alte Denkm. m 144ff. Stark Ann. d. Inst. 
1860, 320ff. Stephani Boreas u. d. Boreaden 
[Mem. de l'acad. de St. Petersb. VII Ser. XVI 
1871] 8ff.). Meistens ist B. noch in der Ver- 
folgung begriffen ; auf Vasen des strengen Stils : 
1) Amphora, einst bei Basseggio in Rom (Welcker 
Alte Denkm. m 185, 7). 2) Stamnos, fruher 
Samml. Chiai in Chiusi (Ann. d. Inst. 1860 tav. 
LM), jetzt Berlin 2186 (die Irrtiimer der Ab- 
bildung im Katalog verbessert). 3) Stamnos Du- 
rand211 (Raoul-Rochette Mon. Ine'd. pi. XIJV 
B). 4) Kelebe, einst in Florenz, Samml. Pizzati 
(Gerhard Auserl. Vasenb. Ill 152. 3. 4). 5) Hy- 
dria im Vatican (Gerhard a. a. 0. 1. 2. Wien. 
Vorlegebl. II 9, 2; vgl. Helbig Fuhrer II 259, 
101). 6) Hydria in S. Maria di Capua, Samml. 
Simmaco Doria (Mon. d. Inst. VIII 17). 7) Schale, 
einst in London bei Miss Gordon (Gerhard Aus- 
erl. Vas. in S. 13 nr. K). 8) Oinochoe im Brit. 
Mus. 870 (Durand 213). 9) Vase unbekannter 
Form, einst im Besitze des Marschalls Soult (Mil- 
lin Peint. d. vas. II 5 = S. Reinach Bibl. des 
mon. fig. II) ; auf Vasen des alteren schonen Stils : 

10) Nolan. Amphora in Neapel, Mus. Naz. 3125. 

11) Stamnos, einst bei Castellani (Bull. d. Inst. 
1865, 216). 12) Kelebe in Munchen 748. 13) Hy- 
dria in Neapel, Mus. Naz. 3139 (Mus. Borb. V 
35, 3 [IV 64, 3]. 14) Hydria im Berl. Mus. 2384. 
15) Hydria (?) der zweiten Hamilton-Sammlung 



(Tischbein III 31. Millin Gal. Myth. 80, 314. 
Hirt Bilderb. II 18, 2). 16) Pyxis der Arch. 
Gesellsch. in Athen (Heydemann Griech. Vasenb. 
Taf. I 1). 17) Lekythos in Neapel, Mus. Naz. 
3352 (Bull. Nap. N. S. V tav. 2). 18) Oxybaphon 
des Louvre (Cat. Campana I 4 — 7, 78) ; auf Vasen 
des spiiteren schonen Stils: 19) Amphora im Mus. 
zu Palermo (Arch. Ztg. XXIX 1871 Taf. 45, 48). 
20) Pelike, einst in der Samml. Calefatti zu Nola 
10 (Arch. Ztg. ni 1845 Taf. XXXI 1), jetzt zu Paris 
im Cabinet des Mddailles, vgl. Heydemann 
Pariser Antiken 76. 21) Pelike, einst in der Samml. 
Calefatti zu Nola (Arch. Ztg. Ill 1845 Taf. XXXI 
2). 22) Hydria, einst in der Samml. Hertz zu 
London (Arch. Anz. IX 1851, 120*). 23) Bruch- 
stiicke einer Schale im Albertinum zu Dresden 
(Arch. Anz. in 1892, 163); auf unteritalischen 
Vasen: 24) Krater, Aufbewahrungsort unbekannt 
(Arch. Ztg. II 1844, 351). 25) ,lancelW, einst 
20 bei Barone in Neapel (Bull, d. Inst. 1862, 129). 
26) Lekythos aus Eretria, im Nationalmuseum zu 
Atben (AeXtiov agx- 1889 a. 101 ag. 10). Auf 
einer Reihe anderer Vasen hat B. die Jungfrau 
bereits ergriffen und tragt sie mit sich fort; so 
auf Vasen des strengen Stils: 27) Spitzamphora 
im Berl Mus. 2165 (Gerhard Etr. u. Camp 
Vasenb. Taf. 26—29). 28) Deinos in Munchen 
376 (Mon. ine'd. publ. par la Sect, franc, de 1'Inst. 
arch. pi. XXII. XXIII) ; auf Vasen des schonen 
30 Stils : 29) Oinochoe des Louvre (Mon. grecs I 1874 
pi. 2). 30) Vase in Figurenform im Berl. Mus. 
2906 (Stephani Boreas u. d. Boreaden Taf. I. 
Wiener Vorlegebl. II 9, 4). 31) Replik derselben 
Vase aus Tanagra in Athen (Athen. Mitt. 1882 
Taf. XII) ; auf unteritalischen Vasen : 32) schlanke 
Prachtamphora in Neapel, Mus. Naz. 3220 (Ann. 
d. Inst. XV 1843 tav. O nr. S). 33) Kanne Du- 
rand 212 (Raoul-Rochette Mon. ined. pi. XLIV 
A). 34) Vase unbekannter Form, einst in der 
40 Samml. Amati zu Potenza (Bull. d. Inst. 1853, 
162). Die Gruppe allein ohne Nebenfiguren sieht 
man auf den Vasen 3. 10. 11. 19. 20. 21. 24. 25. 
26. 29—34; dabei Athena 6; Hermes 7; gewOhn- 
lich sind eine (5. 8. 14. 18. 22. 23) oder mehrere 
(zwei: 1. 4. 9. 13. 15. 16. 17; vier: 2. 12. 27. 28) 
. entsetzt fliehende Gefahrtinnen anwesend, auch 
einer (8. 17) oder mehrere (zwei: 1. 2. 27. 28; 
drei: 12) Manner (ein Jungling: 16), welche die 
Botschaft vom Raube empfangen. Die Madchen 
50 werden wohl am natiirlichsten als die Schwestern 
der Oreithyia aufzufassen sein; auf der einzigen 
mit Inschriften versehenen Vase 28 (die Berliner 
Vase 27 benennt nur B. und Oreithyia) heissen 
sie Herse, Pandrosos, Aglauros (der vierte Name 
unleserlich) ; es sind also die Kekropiden, und so 
scheint Oreithyia hier als Tochter des Kekrops 
angesehen zu werden (dieselbe Angabe im Schol. 
ApoU. Rhod. I 211. s. o.). So ist auch Kekrops 
selbst und sein Vater Erechtheus, beide inschrift- 
60 lich bezeichnet, anwesend ; ebenso werden wir auf 
den iibrigen Vasen die Manner zu benennen haben 
(wo nur einer erscheint, eher Erechtheus, auf 16 
Kekrops ; den auf 12 erscheinenden dritten Mann 
wciss ich nicht zu benennen). Blumen pniiekend 
ist Oreithyia im Moment des Raubes gedacht auf 
5. 9; Ball spielend auf 17. 20; Wasser holend auf 
14. 15; sie flieht auf einen Altar zu (nach Ste- 
phani proleptisch der des B. ! vielleicht durch 



729 



Boreas 



Boreion 



730 



den beidemal daneben erscheinenden Lorbeerbaum 
als der des Apollon Pythios am Tlisos bezeich- 
net?) auf 5. 33 ; zweifelhaft ist die Deutung von 
19: dort verfolgt ein gefliigelter Jungling (doch 
scheint nach dem uberaus langen Kinn, welches 
die Abbildung giebt, ein Bart entweder vorhanden 
oder ursprlinglicb vom Maler beabsichtigt) ein 
Madchen mit blossem Schwert (Heydemanns 
Deutung ,ein Boreade verfolgt ein Madchen' ist 
nicht geniigend begriindet ; ein Schwert fiihrt B. 10 
auch auf 27) ; irrig deutet Welcker 32. 33 auf 
Thanatos, Stephani (a. a. O. 23. 26) 21. 30 auf 
Butes und Koronis. 

B. ist auf den Vasen gewohnlich als Mann 
mit wirrem Bart und Haar dargestellt ; das Haar 
erscheint nass auf 3. 8. 13, borstenartig gestraubt 
auf 26—28, der Bart auf 2; bartlos ist B. auf 
19 (?). 21. 30. 31 ; eine Adlernase hat er auf 20. 
27. Stets hat B. machtige am Riicken oder an 
den Schultern ansetzende Flugel; bisweilen auch 20 
Fussfliigel (3. 5. 6. 8. 11. 14. 15. 27); er eilt 
durch die Luft_ dahin auf 1 (?). 2. 5. 14. 15. 20. 
Vollig unbekleidet finden wir ihn nur auf 32 ; 
gewohnlich tragt er einen kurzen Chiton (2. 3. 5. 6. 
8-12. 15—18. 20. 21. 25. 26. 28-31) und Stiefel 
(3. 6. 8. 13. 14. 16. 27. 29. 30. 31. 33), auch eine 
Chlamys (19. 27 — 29. 33) oder ein shawlartiges 
Gewandstiick (2. 3. 5. 27); ein Diadem hat er auf 
2. 9, eine Binde auf 3. 17. 20, einen Kranz auf 
5. 6. 10. 16. 21. 23. 25 ; in thrakischem Costiim 30 
erscheint er auf 4. 13. 14. 30. 31. Auffallend ist, 
dass er auf 2 einen ianusartig nach zwei Seiten 
blickenden Doppelkopf hat; diese Darstellung hat 
bis jetzt noch keine befriedigende Erklarung ge- 
funden (Erkliirungsversuche s. Mayer Gig. u. Tit. 
116. Rapp Roschers Lex. I 809). Falschlich auf 
B. gedeutet ist das Bild einer rf. Hydria in Neapel, 
Mus. Naz. 2912 (von Stephani a. a. O. 25, 1 
wohl richtig auf Butes und Koronis gedeutet) und 
die Riickseite einer panathenaeischen Amphora 40 
(Mon. d. Inst. VI 10. Welcker Alte Denkm. 
Taf. XXI). 

In einer Scene des Odysseusmythos ist B. dar- 
gestellt auf einem schwarzfigurigen Becher des 
sog. Kabirionstils, gefunden in Theben, jetzt aus 
der Sammlung von Branteghesse (Froehner 
nr. 210) in das Ashmoleon-Museum zu Oxford ge- 
langt, abg. Percy Gardner Museum Oxoniense 
pi. 26 nr. 262: Vi.vaevg , mit Phallos, Maske, 
Chlamys und Dreizack, fahrt auf einem aus zwei 50 
Spitzamphoren gebildeten Floss fiber das Meer 

gfische darin) nach links; in der rechten oberen 
eke erscheint die bartige Maske des Bogiag (sic) 
mit gestraubtem Borstenhaar und aufgeblasenen 
Backen (Riickseite: Kirke von Odysseus bedroht). 
3.-Aquilo tragt die schwangere Leto auf Zeus 
Befehl nach Delos, auf dem Mosaik von Portus 
Magnus, vgl. Robert Arch. Jahrb. V 1890, 215ff. 
Ausser den Vaseubildern kennen wir von B.- 
Darstellungen nur 1) ein schones Bronzerelief 60 
(Henkelansatz einer Hydria) aus Kalymna im Brit. 
Mus. (abg. Newton Travels in the Levant I pi. 15. 
Wiener Vorlegebl. II 9, 3): B., mit dichtem Haar 
und Bart (kurzer Chiton, Chlamys, Stiefel), ge- 
nugelt, tragt im linken Arm Oreithyia, deren 
rechte Handwurzel er mit seiner Rechten fasst; 
2) sehr ahnlich in der Composition das von Furt- 
w angler (Arch. Ztg. XL 1882, 339ff.) glticklich 



reconstruierte Giebelakroterion vom Athenatempel 
auf Delos; hier hat sich, wie Loeschcke (a. a. 
O. 3) bemerkt hat, in der Figur eines kleinen 
vor der Gruppe hineilenden Rosses, das ahnlich 
wie die Tiere bei Pcleus-Thetisdarstellungen eine 
Verwandlungsform der Oreithyia anzudeuten be- 
stimmt ist, ein Hinweis auf die ursprungliche 
Nereidennatur derselben erhalten ; 3) Bronzerelief 
(Spiegelkapsel) aus Eretria, im Nationalmuseum 
zu Athen {AslrCov olqx- 1889, 141, 16): B. (bartig, 
nackt, gefliigelt) packt Oreithyia mit der Linken 
am die Mitte des Korpers und fasst mit der Rech- 
ten die Hand der Widerstrebenden. 

Endlich ist B. auch allein dargestellt an dem 
sog. Turm der Winde in Athen (s. oben Bd. I 
S. 21671, abg. Brunn^Bruckmann Denkm. 
Taf. 30) : bartig , mit wirrem , feuchtstrahnigem 
Haar, mit machtigen Ruckenfliigeln versehen, fliegt 
er durch die Luft, angethan mit kurzem Chiton 
und Stiefeln ; mit der Linken fasst er das bogen- 
fOrmig flatternde Gewand der WindgOtter, mit der 
Rechten halt er eine Muscheltrompete. 

3) Name eines der Hunde des Aktaion, Hyg. 
fab. 181. Da in der Liste auch der Name Ze- 
phyros vorkommt, so ist kein Grand, in Bores 
(s. d.) zu andern. S. auch Borax Nr. 1. 

[Wernicke.] 

Boreasmoi (BogsaafioCi) , Fest des Boreas 
(s. o. S. 722) in Athen, Hesych. [Wernicke.] 

Borechath (LeBas-Waddington III 2396, 
Bogeyad Zapaoov), Ort im Ostjordanland in der 
Landschaft Trachonitis ; eine firirgoxco/uia ; heute 
Br§ke nordwestlich von el-Kanawat. Inschriften 
von Breke s. Le Bas-Waddington III 2414. 
2416. [Benzinger.] 

Boreion. 1) Bogsiov axgor, die Nordspitze 
der Insel Taprobane (Sailan), Ptol. VII 4, 2; 
point Pedro der englischen, richtiger ponta da 
pedra oder das pedras der portugiesischen See- 
karten in 9° 46' nOrdlich. Nach dem Seespiegel 
Mohit hiess die Nordspitze ras Moraci, wie denn 
noch heute die langgestreckte flache Doppelinsel, 
welche in jener Spitze endigt, den Namen Moraci 
fiihrt; daher Morachim auf der altesten portu- 
giesischen Seekarte vom J. 1503 des Nicolao de 
Canerio (jetzt in Lyon). [Tomaschek.] 

2) Bogeiov axgov (Borion), Vorgebirge und 
Hafenplatz der Kyrenaika, am dstlichen Ende der 
grossen Syrte, wenig siidlich von Berenike Nr. 8. 
Stad. mar. magn. 62. 63. Strab. XVII 836. Mela 
I 37. Plin. n. h. V 28 = Solin. XXVII 7. Ptol. 
IV 4, 3. Sozom. hist. eccl. II 3. Amm. Marc. 
XXII 15, 2 ; jetzt Ras Tejunes. 

3) Ort iuMpttf) siidlich vom vorigen, mit Ha- 
fen und Castell, Stad. mar. magn. 78. 79 (Muller 
Geogr. gr. min. I 452). It. Ant. 66, I. Nach Pro- 
kop. de aedif. VI 2 wurde der Ort, der seit alters 
Steuerfreiheit genoss, von Iustinian befestigt, und 
der in der Nahe befindliche, angeblich von Sa- 
lomo herruhrende Tempel der dort ansassigen 
starken Judencolonie in eine christliche Kirche 
umgewandelt. Derselbe Ort ist wohl auch das bei 
Lequien Oriens christianus II618ff. als Bischofs- 
sitz aufgefuhrte B. Jetzt Tabilbe nach allge- 
meiner Annahme, gegen die jedoch Barth (Wan- 
derungen durch die Kustenlander des Mittelmeers 
I 379, 87) Bedenken geltend macht. [Sethe.] 

4) Bnouov ogo;, nach Paus. VII 44, 4 Gebirge 



731 



Boquos hfirjv 



Bormanon 



732 



733 



Bormanus 



Borsea 



734 



im siidlichen Arkadien, liber welches der Weg 
ron Asea nach Tegea fuhrte ; auf der Hfihe fand 
er die Reste eines der Sage nach von Odysseus 
gegrimdeten Tempels der Athena Soteira und de8 
Poseidon, welche bis 1837 zieralich wohl erhalten 
waren und noch jetzt erkennbar sind, Curtius 
Pel. I 264. 274. Das Gebirge, jetzt Kravata 
(franzBsische Karte Kravari) genannt und 1023 m. 
(franzosische Karte 1088 m.) hoch, besteht aus 



legenen wiistenhaften axogmo<p6gog x^Q", Ptol. 
VI 17, 3. Die Striche siidlich vom Hilmend sind 
zu wenig durchforscht, um einen sicheren Bezug 
aufzustellen ; jetzt flnden wir dort nur Lager von 
Balucen. [Tomaschek.] 

Borgys, nach Arrian. peripl. Pont. 18 ein Fluss 
an der pontischen Ostktiste im Gebiet der kau- 
kasischen Sanigai, und zwar 120 Stadien nordlich 
vom Abaskos (jetzt Mdzymta beim Fort Ardler), 



Tripolitzakalk und Flysch und bildet die siid- 10 60 siidlich von Herakleios akra und der Mundung 



westliche Umrandung der Ebene von Tegea. Bur- 
sian Geogr. II 207. 223. Philippson Pelo- 
ponnes 84. 187.^ [Oberhummer.] 

5) Bogtiov axgov, die Nordwestspitze von Ir- 
land (PtoL II 1, 3), das heutige North Cap. 

[Hubner.] 

Bogeiog Xi/vqv hiess nach Arr. an. II 2, 2 
der eine der beiden Hafen von Tenedos (Strab. 
XIII 604), ebenso hiess Bogtog ein Fliisschen da- 



selbst, welches abseits der Stadt mundete, Kan- 20 sind. 



des Nesis (jetzt Socapsta), also wahrscheinlich 
der bei dem Dzigeti-Aul Mudugec ausmundende 
Bergfluss. Der anonyme Periplus aus dem Ende 
des 5. Jhdts. nennt ihn Bqov%<ov mit dem Zusatz 
6 vvv Xeyofievos Mi^vyog (cod. Lond.). Bei PtoL 
V 9, 9 heisst er Boigxag , und der Pinai setzt 
an seinen Oberlauf die Ortschaft Kukunda § 29, 
wahrend an der Kiiste gegen Norden Ampsalis, 
gegen Siiden Oinanthia (jetzt Gagry) verzeichnet 



takuz. IV 39 (III p. 283 Bonn.). Beide sind wahr- 
scheinlich an der Nordkiiste zu suchen, wo die 
englische Admiralitatskarte nr. 1608 einen Wasser- 
lauf und zwischen den Klippen Talbot und Strebbs 
6—9 Faden tiefen AnkeTgrund verzeichnet; vgl, 
Mediterranean Pilot IV 229f. [Oberhummer.] 

Boreis (BiogsTg), Name einer ionischcn Phyle 
(jedenfalls schon im 8. Jhdt.) in Kyzikos (C1G 
3664. 3665), Ephesos (Wood Discov. at Eph 



[Tomaschek.] 



Boria(s), Gottheit, der die Inschrift von Pola 
CIL V 7 geweiht ist : Euancelus oolonorum Polen- 
sium Boriae v. s. I. m. Wohl der Gott des heute 
in jenen Gegenden Bora genannten heftigen Nord- 
windes (von fiogsag'i). Der Personenname Boria 
ist durch mehrere Inschriften bezeugt, s. Holder 
Altcelt. Sprachsch. s. v. [Dim.] 

Boriennns, Gott auf einer in Anla (vallde 
de la Barousse) im Pyrenaeengebiet gefundenen 



Inser. from the temple of Diana 10, 24; from 30 Inschrift Orelli-Henzen 5880 a. Eevue arch. 



the Augusteum 1), Perinthos (Boeckh CIG II 
p. 933). Gilbert St.-Alt. II 306. Ed. Meyer 
Gesch. d. Altert. II 246. [Bttrchner.] 

Boreitene [Bogsirrivrj), Epiklesis der Artemis 
in Tbyateira, CIG 3477, auf Munzen: Eckhel 
III 121. Mionnet IV 152, 863ff. 167, 964. 168, 
969. Artemis ebendort ohne Epiklesis CIG 3507. 
3508. Bull. hell. X 422. XI 478. tber die Be- 
deutnng der B. vgl. CI ere De rebus Thyatire 



XVI 1860, 487. Sacaze Inscr. ant. des Pyrenees 
nr. 383 (daselbst weitere Litteratur). Variante 
BOPIENNO, s. Holder Altcelt. Sprachschatz 
s. v., der u. a. den Brasennus zum Vergleich 
heranzieht. [Ihm.] 

Borinos [Bogtvog Skyl. Peripl. 104, Geogr. 
Gr. min. 1 78), Ort der phoinikischen Kiiste zwischen 
Berytos und Sidon ; sonst ganz unbekannt; viel- 
leicht ist fiogstvog als Adjectivum zu conjieieren 



norum 77f. undHiller v. Gartringen Wochen-40(s. Muller z. d. St.); oder aus Bostrenos ver- 
schr. f. klass. Philol. 1893, 1388, der in B. mit dorben? [Benzinger.] 

Recht eine der vielen Gestalten der kleinasiatischen Borios. 1) S. Bogeiog Xi/urjv. 

Gottermutter erblickt. [ Jessen.] 2) Bogiog, Name eines Gottes auf einem spat- 

Bores {BoQtjg ,Fresser'), Name eines der Hunde rCmischen Mosaik aus Toulouse, in Paris. CIG 
des Aktaion, in dem bei Apollod. ni 4, 4, 6 er- 6784. IGI 2519. Wahrscheinlich ist ein Meer- 
haltenen Fragmente eines unbekannten Dichters gott gemeint, mftglicherweise auch Boreas, 
(vgl. M. Schmidt Rh. Mus. VI 404f. Bergk [Escher.] 

PLG* m 699). S. auch Borax Nr. 1 und Borkanioi (Diod. II 2) s. Barkanioi und 

Boreas Nr. 3. [Wernicke.] Hyrkanioi. 

Boresis (Bogr/aig), eine der fiinf oberagypti- 50 Borkeos, das heutige Berukin, s. Anuath 
schen Stadte, die O. Cornelius Gallus, der erste Borkeos. 



rfimische Statthalter Agyptens, bei der Nieder- 
werfung des Aufstandes der Thebais im J. 30/29 
v. Chr. eroberte, Inschrift von Philai S.-Ber. Akad. 
Berl. 1896, 474ff. Nach der Reihenfolge, in der 
hier die funf Stadte genannt sind, ist anzunebmen. 
dass B. nCrdlicher als die bekannte Stadt Koptos 
gelegen hat. [Sethe.] 

Boresti, Volkerschaft im nordSstlichen Bri- 
tannien, nur von Tacitus im Agricola (38 fines 60 
Borestorum) erwahnt; sonst unbekannt. 

[Hubner.] 

BorgodJ, arabischer Volksstamm bei Plin. VI 
147 von B lau in Borgod an der Strasse von Bahrein 
nach Jemama wiedergefunden (vgl. Sprenger 
Alte Geogr. Arab. 149). [D. H. Mailer.] 

Borgoi, Volk in Areia, zwischen den Aity- 
mandroi (am Hilmend) und der gegen Siiden ge- 



Borma s. Bonna. 

Bonn ana s. Bormanus. 

Bormani (Barmanni?), nach Plin. n. h. Ill 
36 ein oppidum latinum in Gallia Narbonensis. 
Lage unbestimmt, schwerlich Bormes, wie d'An- 
villeNoticel71annahm; vgl.Desjardins Geogr. 
de la Gaule II 91; s. Bormanus, Bormani- 
cus. [Ihm.l 

Borinanicus. Zwei Inschriften aus Caldas 
de Vizella (Portugal) CIL II 2402 (= Hubner 
Exenipla nr. 230). 2403 (vgl. Suppl. 5558) sind 
dem deus Bormanicus geweiht. Desselben (kel- 
tischen) Stammes sind die Gottheiten Bormo, Bor- 
manus (s. d.). Chabouillet Revue arche'ol n. s. 
XXXIX 1880, 140. 142. [Ihm.] 

Bormanon (Var. rogptavov. Ptol. Ill 7, 2), 
Ortschaft der sarmatischen Iazyges Metanastai im 



TJordlichen, an die Gebirge anstossenden Teile von Nauek Philol. XII 646]) Sohn des Titias, 

zwischen dem Danubios und Tibiskos (Theiss); Brudei des Priolas (von dem Apollonios Argon, 

kaum denkbar aus arischem varman, vdreman II 781 mit Schol. idiots eine ahnliche Sage an- 

,Panzer, Schutzwehr', vielmehr als eine altere kel- deutet) und Mariandynos, kam zur Sommerzeit 

tische Niederlassung der ins Gebirge gedrangten auf der Jagd um. Der Name scheint eine Per- 

Tauriskoi oder Anartes zu fassen und auf irgend Bonification des mariandynischen Klagegesanges 

eine Therme zu beziehen; vgl. gall. Borvo deus, (fia/Qi/Mis Poll.) zu sein, mit dem die Eingebo- 

von der Wurzel ben, borv- ,sieden, sprudeln', die renen eine epichorische Gottheit (Priolas, Hylas) 

auch in der Gestalt barm- auftritt, s. Borma- feierten, s. Hylas. Unkritische Sammlung der 
nus. [Tomaschek.] 10 Zeugnisse bei Kammel Herakleotika (Progr. 

Bormanus und Bormana, nach Holder (Alt- Plauen i. V. 1869) 12ff. Welcker Kl. Schriften 

celt. Sprachsch. s. v.) u. a. wahrscheinlich Bei- I lOff. O. Muller Orchomenos 288 (nicht richtig), 

namen deT GesundheitsgOtter Apollon undDamona vgl. Dorier I 351 und bes. Mannhardt Mythol. 

(s, d.), von den Heilquellen in der Provence be- Forschungen 16. 55, der die aetiologischeTendenz 

nannt. Folgende Inschriften erwahnen sie: CIL der Sage aus verwandten Kulten erlautert; zu- 

XII 194 (Aix, Bouches-du-Rhfine) Dexter Bor- letzt G. Turk De Hyla 5—7 (Bresl. phil. Ab- 

man(o) iterfum) l(ibens) m(erito). 1567 (Aix-en- handl. VH 4), dazu die Besprechung Knaacks 

Diois) Bormano et Bormanfae] P. Saprin[ius] Gott. Gel. Anz. 1896. [Knaack.] 

Eusebes v. s. I. m. AllmeT Inscr. de Vienne III Bornon, Sohn des Rhadampson {Bcoqvcov °Pa- 

p. 452 (= Rev. arch. XXXIX 1880, 134 = Rev. 20 Saftyjoirrog). Izgazriydg in Olbia 2. oder 3. Jhdt. 

celt. IV 7) Bormanae Augfustae) saerfum) Capri n. Chr., Latyschew Inscr. orae septentr. Ponti 

A[t]ratinus Sabinian[us] d. s. d. (aus Saint- E. I 67. [Kirchner.] 

Vulbas, Ain). Auf der Inschrift aus Aix-les-Bains Borodates, wie es scheint, Name einer Ge- 

in Savoyen CIL XII 2443 kann sowohl Bor- meinde im siidlichen Gallien, nur bekannt durch 

m(oni) als Bormfano) erganzt werden (Vallen- die Inschrift von Toulouse CIL XII 5379 Erditse 

tin Rev. celt. IV 6. 446); vgl. den ligurischen d[eo?] eonsacranfi] Borodates v. $. I. m. (ibe- 

Ort Lucus Bormani Itin, Ant. 295, 6 (Var. Bor- risch?). Im Register des CIL ist B. als Cogno- 

moni), das von Plinius genannte Oppidum Bor- men angefuhrt. [H™-] 

mani, die Gotternamen BormanicuS, Bormo und Boron. 1) Stadt in Aithiopien, am rechten 

Borvo, die aquae Bormiae Cassiodors var. X 29. 30 Ufer des Nils, unterhalb Meroe. Bion bei Plin. 

Gluck R6nos 21. [Ihm.] n. h. VI 178. [Sethe.] 

Bormiskos "(Steph. Byz.) s. Bromiskos. 2) Ort in Ligurien, an der Via Aurelia, zwi- 

Bormltomagns s. Borbetomagus. schen Luna und der PasshChe der Alpis Pennina 

Bormo, wohl ebenso wie Borvo (s. d.) Bei- (Monte S. Nicola, Tab, Peut. Geogr. Rav. IV 32 

name des Apollon, an warmen (bormo = warm?) p. 269. V 2 p. 357), also im Varothal, wo das 

Quellen in Gallien verehrt. Der Badeort Aquae It. Ant. die Namen Boaeias und Bodetia hat. 

Bormmis (s. Aqua Aquae Nr. 20) hat daher Die Distanzangaben der Karte sind zerriittet. 

seinen Namen. Eine Inschrift aus Bourbon- Lancy Muller zu Ptol. Ill 1, 43 p. 347 will. B. iden- 

(Saone - et Loire) weiht ein C. Julius Eporediri- tificieren mit dem a. a. O. genannten BigaxulXov. 
gis f(ilius) Magnus pro L. Iulio Caleno filioiO [Hiilsen.] 

Bormoni et Damonae Orelli 1974 = Rev. arch. Boros (B&gog). 1) Angeblicher Name einer 

n. s. XXXIX 1880, 80 (zwei andere Inschriften Stadt Lydiens, jetzt Sardia (wohl Sardeis) im 

aus demselben Badeort sind Borvoni et Damonae Lex. septem vir. Basil. 1572 (daraus in Stepha- 

geweiht, s. unter Borvo). Eine weitere Inschrift. nus-Hase Thes. gr. 1. und Pape-Benseler 

aus Aix-les-Bains CIL XLT 2443 (= Allmer Wb. d. griech. Eigennamen)beruht nach L. Cohns 

Inscr. de Vienne III p. 304 pi. 269 — 59) bietet Mitteilung auf Missverstandnis. [Biirchner.] 
den Namen abgekiirzt M. LieinfiusJ Ruso Bor- 2) Sohn des Perieres, Gemahl der Polydora, 

m(oni) u(ti) vfoverat) sfoltit) t/ibensj m(erito); einer Tochter des Peleus und der Antigone, II. 

doch kann hier eben so gut Borm(ano) oder Bor- XVI 177. Apollod. in 13, 1, dessen Genealogie 
m(anae) erganzt werden (s. Bormanus). Es 50 anscheinend auf Pherekydes zuruckgeht, welcher 

fragt sich, ob auf die Lesart der zuerst ange- nach Schol. II. XVI 175 des Peleus Gemahlin 

fuhrten Inschrift Verlass ist. An eine Verschieden- Antigone nannte (anders Apollod. Ill 13, 4). 
heit von Bormo und iforro zu glauben fallt schwer ; 3) Sohn des Penthilos, Enkel des Perikly- 

vgl. Desjardins Bull, epigr. II 267. [Ihm.] menos, Vater des Andropompos, Pans. H 18, 8, 

Bormos (Baiguog), Mariandvner, ein schOneT dagegen nach Schol. Plat. 208 D (= Hellan. frg. 

Jflngling, der zur Sommerzeit, als er den Schnit- 10) Sohn des Periklymenos und Vater des Penthilos. 
tern seines (namenlosen) Vaters Wasser aus einer 4) Maionier, Vater des vor Troia von Ido- 

Quelle holen ging. plotzlich verschwand (von Nym- meneus getoteten Phaistos, H. V 44. [Hoefer.] 
phen geraubt ward, Hesvch. s. Bwgfiov). Seit- Bogeacai itvXai (Hs. floggeatg a.), bei Aisch. 

dem suchten ihn die Landeseinwohner zur Ernte- 60 Sept. 510 Kirchh. eines der Thore von Theben 

zeit mit Klagegesangen und Anrufungen unter (s. d.). [Oberhummer.] 

Begleitung des heimischen Aulos; Nymphis (FHG Borrama (Strab. XVT 755), Castell der rau- 

ni 13) bei Ath. XIV 619 f, der ihn mit dem berischen Ituraeer im Libanon; sonst unbekannt. 
agyptischen Maneros zusammenbringt. Alteste [Benzinger.] 

Anspielung Aischyl. Pers. 940. Nach spaterer Borsea, Borthea (Bmgaea, B<ogS£a), Epi- 

Cberlieferung (Domitius Callistratus FHG IV klesis der Artemis in archaisierenden Inschriften 

353 = Schol. Aischyl. Pers. 940 [daraus Eustath. der Kaiserzeit statt Orthia (s. d.), Kirchh off 

Dionvs. Periee. 791] = Poll. IV 54 [vcrbessert Herm. in 449ff. Le Bas n 162 a. b. i (= Cauer 



735 



Borsippa 



Borysthenes 



736 



Del. 37.34. 36). Hesych., vgl. Cnrtius Grundz. 
d. Etym. 348. [Jessen.] 

Borsippa, Stadt in Babylonien siidlich von 
Babylon an dem Naarsarescanal. Sie war durch 
ihre Leinenfabrication beruhmt, und eine beson- 
dere Schule chaldaeischer Astronomen nannte sich 
nach ihr. Strab. XVI 739. Jos. c. Apion. I 20. 
Ptolein. V 19 {Baeona s. ZDMG XXVin 93). 
Iustin. XII 13. Tab. urb. insign, Geogr. Gr. min. 



Kelt. Ortsnamen der Rheinprovinz I (Aachen 1880) 
16. Klinkenberg Ztschr. d. Aachener Geschichts- 
vereins XIV 1892, 6; vgl. die Artikel Bormani- 
cus, Bormanus, Bormo, Damona und den 
von Borvo abgeleiteten Mannsnamen Borvonieus 
(Chabouillet a. 0. 139). Die in das Pariser 
Cabinet des me'dailles gelangten Fundstiicke aus 
Bourbonne-les-Bains • verzeichnen Babelon et 
Blanchet Catalogue des bronzes ant. de la, 



III 36. Steph. Byz. Im Talmud Bursif Neu- 10 Bibliotheque nationale (1895) p. 653ff. [Thm, 

>,„,■,„,. (Xir,,-- ,1„ T„l,« QAC. „-„U: 1, T) FTTVUITI T» t _-• /n ~ TVL 1 m r >Sv, ^ 



bauer Geogr. du Talm. 346; arabisch Burs ZDMG 
XXV 679, 2. Die Leinenindustrie bliihte noch 
in muhamedanischer Zeit, Hoffmann Ausz. aus 
syr. Akten pers. Martyrer 26 not. 206. Jetzt 
Birs (Nimrud). Vielleicht ist auch der Strab. XVI 
762 genannte 'Azatxagos ein Borsippener (1. Boq- 
oinnrjvoig). Er wird bei Clem. Alex. Strom. I 
69 neben den Babyloniern genannt. [Praenkel.J 

Borthios. Koofioq von Aptera, wohl aus der 
Kaiserzeit, Le Bas III 68b. [Kirchner.] 

Bortinae, Ort der Ilergeten in Hispania Tar- 
raconensis, an der Strasse zwischen Osca und 
Caesaraugusta (Itin. Ant. 451, 4, bei Ptol. II 
6, 67 BovQxiva); wahrscheinlich bei Almudevar, 
das der Lage nach entspricht (Guerra Discorso 
a Saavedra 88). [Hiibner.] 

Borro, keltischer Beiname des Gesundheits- 
gottes Apollon als des Spenders von heissen Quellen 
(vgl. Eumen panegyr. Constantino d. 21 Apollo 



Boruskoi (Boqovoxoi, Ptol. Ill 5, 10), Volk 
in Sarmatia neben den Abikoi, Bewohner der 
Hylaia, und den oberhalb Taphroi hausenden 
Sauaroi; schwerlich zusammenfallend, wie Zeuss, 
Miillenhoff und C. Muller dies angenommen 
haben, mit den weit entfernteren 'Fofiooxoi oder 
Eobasci der Wolgaregion; das Suffix -sko be- 
fremdet auf sarmatischem Sprachboden; dem Stamm 
kOnnte os. bor ,gelb, braun' zu Grunde liegen; vgl. 
20 die sarmatischen Eigennamen Bogaaxog, Bd>Qa- 
xog und BcoQoyia&s (Index bei Latyscbewlnscr. 
Pont.), sowie Borysthenes. [Tomaschek.] 

Borysthenes (Borustenes CIL XIV 3608). 
1) Ein de"n pontischen Seefahrern seit alters be- 
kannter, genauer j edoch erst von Herodot. I V 53, der 
in Olbia oder dem ,Markt der Borysthene'itai' iiber 
die benachbarten Striche Nachrichten eingezogen 
hatte, besehriebener Pluss des Skythenlandes, der 
heutige Dn'epr. Er fallt mitten an der skythi- 



noster euim ferventibus aquis periuria puni- 30 schen Ktkste in den Pontos (Herodot. IV 17) und 



untur. 22 illos quoque Apoltinis lueos et sacras 
sedes et anhela fontium ora e. q. s.). Die Bade- 
orte Bourbonne-les Bains und Bourbon-Lancy 
scheinen daher ihren Namen zu haben. Dedi- 
cationen an den Gott , der mehrfach im Vereine 
mit Damona (s. d.) angerufen wird, sind bekannt 
geworden in Bourbon-Lancy (dep. Sa6ne-et- Loire) 
Rev. archeol. n. s. XXXIX 1880, 77 und 84 (zwei 
fragmentierte Insehriften Borvoni et Damonae, 



zwar zusammen mit dem Hypanis der Olbiopolitai 
in einen und denselben Liman (OXog ) ; der Hypanis 
fliesst an der West-, der B. an der Ostseite; der 
Abstand des B. vom Istros betragt 10 Tagereisen, 
von der Maiotis ebensoviel, ebd. IV 101. Das 
zwischen beiden Flussen vortretende Land endet 
im Vorgebirge des Hippolaos mit einem Tempel 
der Demeter oder Gottermutter. An der vei- 
einigten Miindung wird Salz in reicher Menge 



eine dritte Bormoni et Damonae s. unter Bor mo); 40 gewonn en (was auch Dio Chrysost. or. 36 u. a. 



in Entrains (dep. Nievre) Renier Comptes rendus 
de Tacad. d. inscr. 1872, 409 = Bev. arch. n. s. 
XXXIX 129 (vgl. XXXV 105. D esj ardins G<§ogr. 
de la Gaule I 420) Aug(usto) saerfum) deo Bor- 
voni et Candida aerari sub cura Leonis et Mar- 
eiani ex voto rfelato) aerari donafrunt) (eben- 
dort ein weiteres Fragment Rev. arch. n. s. 
XXXIX 133); in Aix-les-Bains in Savoy en CIL 
XII 2444 Q. Vettius Outicus Borv/oni) v. s. I. m. 



bezeugen); jetzt ist der Liman starker ausgesiisst 
und nur im Sommer wird das Wasser brackisch ; 
die reichsten natiirlichen Salzlager bietet der Si- 
was (s. Byke) mit 33% Salzgehalt. Das Wasser 
des B. bezeichnet Herodot als gut trinkbar, rein 
und klar , wahrend das der ubrigen pontischen 
Fliisse durch mitgefuhrten Schlamm getrubt wurde ; 
vgl. Mela II 6. An reichen Ertragen aller 
Art steht der B. nur dem Neilos nach; er be- 



schlechte Buchstaben ; Frlihere lasen Gn. Eppitis 50 sitzt an seinen Ufern treftlichen Ackerboden, den 



u. s. w., s. Allmer Inscr. de Vienne JJI p. 306 
pi. 269—60. Vallentin Revue celt. IV 6. Cha- 
bouillet Eev. arch. n. s. XXXIX 137. Des- 
j ardins Bull, epigr. II 267) ; und in Bourbonne- 
les-Bains (de"p. Haute-Marne, bei Langresi im Ge- 
biet der Lingones auf mehreren von Chabouillet 
Rev. arch. n. s. XXXLX p. 19. 21. 22. 26. 74—76 
mitgeteilten Insehriften, von denen die auf p. 21 
und 76 identisch zu sein scheinen (die Zeugnisse 



die Skythai Georgoi auf einer Strecke von 10 bis 
11 Tagereisen (Herodot. IV 18. 53) bearbeiten, 
sowie schflne Weidetriften und in seinen Tiefen 
Fische zum Einsalzen und grosse Store (ivza- 
y.aToi). Waldig sind nur die Geliinde zu beiden 
Seiten des Mundungstrichters in der Hylaia (nach 
Dio Chrysost. or. 31 ragen hie und da Baume 
und Straueher, von fern gleieh Schiffen anzusehen, 
aus dem Wasser — was sich auf das Vorkommen 



yollstandig bei Holder s. Borvo). Die Mehrzahl 60 von flachen Buschinseln, russ. plawny, im Dnter- 



ist Borvoni et Damonae geweiht, je eine deo 
Borroni (Chabouillet a. O. pi. IV 1), Augfusto) 
Borvoni; besonders erwahnenswert Chabouillet 
p. 74 (= Orelli 5880) Deo Apollini Borvoni 
et Damonae C. Damtnius Ferox eivis Lingonus 
ex voto. J. Becker Rhein. Jahrb. XXXIII Iff. 
XLH 90ff. Desj ardins Geogr. de la Gaule II 
467. Vallentin Rev. celt. IV 6ff. Marjan 



lauf bezieht). Nach dem Istros ist der B. uber- 
haupt der grCsste Strom des Nordens; seine Quel- 
len kann, wie beim Xeilos, niemand angeben; wie 
alle Fliisse Skythiens strOmt er von Norden her 
— die grosse Biegung gegen Osten im Gebiet 
der Stromschnellen blieb dem ganzen Altertum 
unbekannt, ebenso das auffallende Phaenomen 
dieser von der granitischen Kamenaja grjada ein- 



737 



Borysthenes 



Borysthenes 



738 



geengten Stromschnellen selbst, ein Beweis, dass 
sich die Kenntnis der Alten nur auf den eigent- 
lichen Unterlauf erstreckt hat. Von Nebenfliissen 
erwahnt Herodot. IV 18, 54 nur den Pantikapes 
an der Ostseite des B. als Grenze der Skythai 
Georgoi gegen die Nomades. Wenn wir erwagen, 
dass gerade die westliche Uferseite des B. bis 
Cherson hinab guten Ackerboden hat, so werden 
wir die Georgoi samt dem Pantikapes auf dieser 
Seite suchen mfissen ; der Pantikapes bedentet den 10 
heutigen Ingulec, dessen Lauf einen guten Zu- 
gang (vgl. zd. panthi ,Weg, Pfad') zur nOrdlichen 
Bodenschwelle darbietet. Die Ostseite des B. da- 
gegen hat niehr Steppenboden, und dahin gehOren 
die Nomades bis zu den Schilfsumpfgrunden der 
Kon'ka binauf; vom Flachland der Taurike und 
dem Taphros (jetzt Perek6p) an bis zur Wolcija 
und Samara und ostwarts bis zum Don reichten 
sodann die Sitze der Skythai Basile'ioi. Weit 
grOssere Ratsel bieten Herodots Nachrichten uber 20 
den Gerrosfluss, den ostlichen Seitenarm des B., 
der sich schliesslich , mit dem Hypakyris (jetzt 
Kalancak) vereinigt, in den karkinitischen Meer- 
busen (byz. rd NEXQoizvAa, russ. Mertwoj kultiik) 
ergiessen soil; Gerros hiess zugleich der Land- 
strich, wo sich jener Arm gegen Osten abzweigt 
und bis wohin die letzte sichere Kunde vom B. 
reichte, Herodot. IV 56; der B. war eben fluss- 
aufwarts nur bis zu diesem Gebiet der Gerroi 
schiffbar und zwar in einer Lange von 40 Tage- 30 
reisen, ebd. IV 53 — diese Zahlangabe stand 
sicher im Driest, "weil sie von Skymn. 816 und 
Mela II 6, wiederholt wird, beruht jedoch auf 
einem Irrtum oder Gedachtnisfehler Herodots; 
richtig sollte, wie schon Gatterer und Bayer 
erkannten , die Hinauffahrt auf 14 Tage veran- 
schlagt werden; nur so viele Tage rechnet Herodot. 
IV 19 bis zur aussersten Grenze der Nomades am 
Gerrosfluss gegen die Basile'ioi, ebensoviele IV 
18 von der Hylaia den B. entlang durch das 40 
Gebiet der Georgoi bis zur ,grossen EinOde' (Ka- 
menaja grjada). Nach Herodot. IV 71 befanden 
sich die Grabhiigel der skythischen Konige bei 
den GeiToi; nun lehren die Ausgrabungen (vgl. 
Recueil d'antiquites de la Scythie, 2 vol., Petersb. 
1866. 1873), dass die reichsten and altesten Gra- 
ber, russisch Mogyli, auf beiden Seiten des Stromes 
entlang dem Siidfuss der granitischen Boden- 
schwelle bis zum Buzuwliik und anderseits bis 
zur Kon'ka und Kon'skaja woda gelegen sind, so 50 
dass sich das Centrum der Gerroi bei Nikdpol 
zwischen Alexandropol und Nowo-Alexandrowsk 
(unterhalb der Flussinsel Chortica) beflnden musste. 
Bis Chortica hinauf ist der Strom bequem schiff- 
bar, und mehr als 14 Tage kann diese Strecke 
nicht betragen haben. TJnter dem Gerrosfluss 
kann somit nur die Kon'ka und Kon'skaja woda 
verstanden werden, mit deren Quelle der alte 
Bericht willkurlich den nahen Lauf der Molocnaja 
woda verband, welcher Kustenfiuss auch bei Ptole- 60 
maios als Gerros auftritt; Herodot aber war fibel 
benachrichtigt , wenn er den Hypakyris (Kalan- 
cak) als Mundung des Gerros hinstellte, da die 
Molocnaja viel weifcer gegen Osten ausmundet. 
Noch bestand eine dunkle Kunde dariiber, dass 
hinter der EinOde (der bis Jekaterinoslaw reichen- 
den Schwelle) das nichtskythische Volk der Andro- 
phagoi (s. d.). d. i. der Amadokoi des Hellanikos 

Pauly-Wissow* III 



(s. d.), hause und iiber diese hinaus ,v0llige Ein- 
Ode undganzlich unbekanntes Land' folge, Herodot. 
IV 18. Dass der Name B. skythischen Ursprungs 
war, folgt wohl aus der Sage vom Urvater Tar- 
gitaos, den der Himmelsgott Papaios mit der 
Tochter des B. erzeugt hatte, Herodot. IV 5. 
Miillenhoff legt zd. vouru-stdna ,breiten Stand 
besitzend' zu Grande; im Hinblick auf den breiten 
Miindungstrichter ware auch die Deutung voiuru- 
fstana ,breitbusig' passend; an Entstellung aus 
barexaena ,birkenreich' (vgl. oset. bdrza, pamir. 
furs, ,Birke') wird trotz der Insel Bereza'n und 
dem Quellfluss Berezina kaum zu denken sein, 
obwohl in der Hylaia auch Birken vorkommen. 
Die Nachrichten Herodots iiber den B. behandelt 
u. a. C. Reichard Landeskunde Skythiens, Halle 
1889, 50ff., mit Nachweisen uber die altere hOchst 
umfangreiche Litteratur. 

Aus Herodot schOpfte Ephoros; vgl. Scymn. 
813ff., welcher hinzufiigt, dass der Oberlauf des 
Stromes wegen Schnee und Prost unfahrbar sei; 
von der strengen Kalte spricht auch Strab. II 
114. Aristoteles scheint iiber die Natur des B. 
manches erkundet zu haben; vgl. Athen. II 42 
und [Aristot.] Probl. 23, 9: das Wasser des B. 
erscheint zuweilen blaulich gefarbt (lo/Jcupeg); bei 
Stidwind tritt das Wasser des Hypanis — auch 
wohl des Pontos selbst — starker an die Ober- 
flache hervor, bei Nordwind dagegen schwimmt 
das weichere und leichtere Siisswasser des B. auf 
dem des Hypanis. Femer sollen dem B. keine 
Nebeldiinste entsteigen, Plin. n. h. XXX 56; der 
Geschmack des Wassers soil sich durch einmiin- 
dende Bache andern (Verwechslung mit dem Hy- 
panis? s. Exampaios), ebd. 52. Die Berech- 
nungen des Hipparchos und Eratosthenes hat Stra- 
bon verwertet. Die Mundung des B. gait fur den 
nSrdliehsten Punkt des Pontos , Strab. II 127 ; 
ihre Entfernung vom Hellespont (Lysiraacbeiaj 
betragt 5000, von Byzantion 3800 Stadien, una 
zwar auf demselben Meridian fiber die Insel Leuke, 
I 63. H 71. 125; der langste Tag dauert dort 
16 Stunden der Tagesgleiche , II 135. Hypanis 
und B. fliessen dem Tanais parallel von Norden 
her; die Quellen aller dieser Fliisse sind unbe- 
kannt, II 107. Der B. ist 600 Stadien schiffbar, 
VH 306 — wir erwarten eher die Zahl 2600 Sta- 
dien, vgl. H 135: der langste Tag 2500 Stadien 
nOrdlich von Olbia dauert 17 Stunden (nach Er- 
fahrung oder aus blosser Theorie ?). Strabon II 1 14. 
VII 306 fiigt hinzu, dass das ganze Land zwischen 
dem B. und Tanais die Rhoxolanoi bewohnten. 

Was Ptolemaios nach Marinus berichtet, mischt 
sich aus Irrtiimern und aus brauchbaren topo- 
graphischen Angaben. Schon dass er den Hypanis 
falschlich an die Ostseite des B. setzt, und dass 
er auf die verschollenen Amadokoi des Hellanikos 
zurtickgreift , zeugt von geringer Kritik. Seine 
westliche, aus dem Amadokasumpf kommende 
Quelle des B. stellt tms mit ihren Stationen Lei- 
non Sarbakon und Niosson den echten Lauf des 
Hypanis dar, den Lauf des B. dagegen die andere 
aus hohem Norden kommende Quelle; beide ver- 
einigen sich bei Metropolis(MUetopolis?) -Olbia. 
Die Stationen am Unterlauf des B. verdienen Be- 
achtung: Serimon (Aleski? Berislaw?), Saron 
(Nikopol?), Azagarion (Alexandrowsk am Zugang 
zu den ,Scnwellen', russ. porogi) ; letzterer Name 

24 



739 



Boryza 



Bosor 



740 



741 



Bospara 



Bosporos 



742 



weist auf die Stromschnellen hin, weil deutbar 
aus zd. axanh ,Enge' und gara ,ScMund, Strudel' 
(oder zd. gairi ,Fels' vgl. Gerroa'?). Ob der /?. 
Nusaeus der Tab. Peut. den B. bezeichnet, lasst 
sich nicht erharten. 

Seit den sarmatischen und gothischen VSlker- 
ziigen tritt eia neuer Name fur den B. hervor, Da- 
napris (s. d.) oder Danaper, der sein Analogon im 
Danaster besitzt; daher die slawischen PormenDu- 
neprl, russ. Dn'epr, auch N'epr, lit, Nepras, Nach 
lord. Get. 51 sollen die Hunnen den B. oder Da- 
napris Var benannt haben (wobei wir zunachst 
an den skythischen Namen der Wolga Oaros, zd. 
vairi, vara, erinnert werden); dazu stimmt die 
weit spater nocb bei den ttirkischen Pecenegen 
iibliche Benennung VaTuch, Bagov^, Const. Por- 
phyr. de adm. imp. 38 p. 171, 10. Vielleicht 
darf auch der Pluss Erac, wo der Hunnenherzog 
Balamber den Ostgothen Vinithar besiegte, lord. 
Get. 48, auf den B. und nicbt auf die Wolga 
oder den 'Pag (s. d.) bezogen werden, da sich auf 
den italieniachen Seekarten des 14. Jhdts. fur den 
Dn'epr die Bezeichnungen fi. PErexe, Eresse, Elexe, 
Elice neben tttrk. Ozu, Uzu, Usen, Usom (= ozan 
,Pluss') vorflnden. Der erste Autor, der von den 
Stromschnellen des Dn'epr eingehend spricht und 
zugleich deren normannische (rosische) und slo- 
wenische Namen samt Deutung anfiihrt, ist der 
Kaiser Const, Porphr, de adm. imp. 9 p. 75ff. ; 
vgl. dazu die hsl. Yarianten in Cobets Mnemo- 
syne US. IV 378—382 und die treffliehen sprach- 
lichen Bemerkungen bei Thorn sen Ursprung des 
russischen Staates, Gotha 1879, 55—73. 

2) B., auch Borystkmis (ace. Borysthmidam 
Mela II 6. lord. Get. 5. Geogr. Eav. IV 3. V 
11, tlberall von Olbia unterschieden !), Einwohner 
Borystheneitai, seit Herodot synonymeBezeichnung 
von Olbia, Olbiopolis, Einwohner Olbiopolitai, an 
der "Westseite der Hypanismiindung ; s. Olbia. 

3) B. wird mitunter von Neueren, offenbar 
wegen der Namensahnlichkeit, als antike Benen- 
nung der kleinen Insel angefiihrt, welche am Ein- 
gang zum Dn'epr-liman liegt und Bereza'n heisst. 
Sie trug aber nach Arrian. peripl. Pont. 20, 2 gar 
keinen Namen, war unbewohnt und lag 60 Stadien 
vor der Miindung des B. ; von da bis Ordessos 
wurden 80 Stadien gerechnet. Strab. VII 306 
legt ihr einen Hafen bei, von wo aus man zur 
Spitze der Eennbahn des Achilles hiniiberfuhr, ebd. 
307. Nach neueren Berichten bildet das Eiland 
Berezan einen 50 Fuss hohen, rings steil abfallen- 
den Kalkstock, der wie das Festland mit rctlichem 
Humus bedeckt ist ; Strauchwerk und Trinkwasser 
fehlen; man findet jedoch Fragmente von Urnen 
und keramischen Gefassen, Zeugen eines voriiber- 
gehenden Aufenthalts der griechischen Seefahrer. 

4) B., angeblich alter Name des Hellespontos, 
Steph. Byz. Hesych.; wohl irrige Auffassung einer 
Dichterstelle; schon der Kykliker Arktinos hatte 
der auf dem Schiffswege zum B. gelegenen Insel 
Leuke (s. d.) gedacht. [Tomaschek.] 

o) Vater des Thoas, zu dem Artemis die Iphi- 
geneia entruckte. (Nikandrosbei) Anton. Lib. 27. 

[Knaaek.] 

Boryza (B6gv£a), nach Steph. Byz. eine Stadt 
in Pontus. Die Vermutung von Wesseling und 
Cramer (Asia min. I 319), dass es dieselbe Stadt 
ist, wie Berissa, oder auch Borissos in Cappadocia 



secunda lasst sich durch nichts beweisen; vgl. 
noch Kamsay Asia min. 182 Anm. [Buge.] 

Bosa (Bdaa, Bobaa, Var. Boaoa, Boaaat), Stadt 
an der Westkiiste Sardiniens (Ptol. ELI 3, 7. Itin. 
Ant. p. 83. Geogr. Eav. V 26 p. 411; die Ein- 
wohneT bei Plin. n. h. Ill 85 Bosenses), beim 
jetzigen Bosa. De la Marmora Voy. en Sar- 
daigne II 464. Inschriften aus B. und Umgegend 
CIL X 7930-7945. [Hiilsen.] 

10 Bosalvia beim Geogr. Eav. IV 24 p. 227 = 
Vosavia der Tab. Peut., heut Oberwesel am Rhein. 
S. Vosolvia. [Ibm.] 

Bosana {Boaava Le Bas-Waddington III 
2242. 2251; Euseb. onom. sacra ed. Lagarde 239, 
4 Bco^av = Hieron. ebd. 107, 28 , das alttesta- 
mentliche Bus Jer. 25, 23), Ort im Ostjordanland 
in der Auranitis; heute Busan im Osten des 
Dschebel Hauran. Inschriften s. Le Bas-Wad- 
dington III 2237—2253; vgl. die Bemerkungen 

20 zu 2242. [Benzinger.] 

Boseth (civitas) in Africa, genannt in den 
Acta S. Mammarii et sociorum (Acta SS. Iun. II 
266. 267). Ein katholischer episcopus Bosetensis, 
sowie sein donatistischer Gegner, erschienen im 
J. 411 zu dem Religionsgesprach in Karthago 
(Gesta coll. Carth. I 126. 202, beiMansi Cone, 
collect. IV 100. 154. Migne XI 1290. 1341; an 
der zweiten Stelle lautet der Name Vosetanus), 
ein episeopus eeelesiae eatholieae civitatis Bossae 

30 provinciae proconsularis im J. 550 zum Concil 
in Constantinopel (Mansi Cone, collect. IX 393). 
S. auch B of e tana. [Dessau.] 

Bosirara (Boalgaga), Stadt Agyptens, Steph. 
Byz., sonst unbekannt, klingt stark an den haufigen 
agyptischen Stadtenamen Busiris an. [Sethe.] 

Bosoa(LeBas-Waddington 1112053b), Ort 
im Ostjordanland, vielleicht (so Wadding ton) das 
heutige 'Awwas im Dschebel Hauran an der BCmer- 
strasse von Bostra uber Salcha nach Basra im 'Irak. 

40 Inschriften von 'Awwas s. Le Bas-Waddington 
Inscriptions III 2041—2052. .. [Benzinger.] 

Bosochis {Boo&xis), Ort in Agypten, wahr- 
scheinlich im panopolitischenGaugelegen, Ztschr. 
f. ag. Sprache XXXH 42, der Name scheint den 
Namen des krokodilkOpfigen Gottes Sobek (2ov%og) 
zu enthalten, der in einem Teile des panopolitischen 
Gaus (in den Orten Xtjvofiooxta, IltoXefiatg'Egfisiov , 
KgoxoSeD.ayy noXig) verehrt wurde. [Sethe.] 
Bosor. 1) In Idumaia {Boamg Euseb. Onom. 

50 ed. Lagarde 232, 58; Hieron. ebd. 102, 18), alte 
wichtige Stadt der Edomiter, im alten Testament 
mehrfach erwahnt (Gen. 36, 33. Am. 1, 12. Jes. 34, 6 
u. a.); vonWetzstein (inDelitzsch Jesaia3 704) 
fur den alten Namen von Petra erkliirt, was sehr 
unwahrscheinlich ist ; hohe Wahrscheinlichkeit hat 
die gewOhnlich angenommene Gleichsetzung mit 
Busera = Klein-Bosra im Sfiden vom toten Meer 
im District Dschebal ( = Gebalene). Schwerlich 
ist damit identisch Mabsara (MafSoagd), das Eu- 

60 sebios (Onom. ed. Lagarde 277, 63 = 137, 11) 
als xw/^tj fieyiort] der Gebalene nennt (so Biehm 
HandwCrterbuch 236). Burkhardt 683. Eobin- 
son Palastina ITI 125f. Seetzen II 51. 357. 
HI 17. Doughty Travels I 31. 38. Bitter 
Erdkunde XIV lOlf. 

2) In Gilead (Boaoga Joseph, ant. Iud. XII 
336; Boaog ebd. XII 340. I Makk. 5, 26), feste 
Stadt des ostjordanischen Palaestina; von Judas 






Makkabaeus erobert; nicht mit Bostra zu ver 
wechseln, auch nicht identisch mit dem alttesta- 
mentlichen Bezer (Jos. 21, 36) auf der moabiti- 
schen Hochebene; dagegen wahrscheinlich mit 
Busr bei dem arabischen Geographen Jakut zu- 
sammenzustellen, welchem das heutige Bust el- 
Hariri am Slidwestrand der Ledschah entspricht. 
Inschriften aus diesem Ort s. CIL IH 124. Le 
Bas-Waddington UI 2471— 2478. BuhlZDPV 
Xm 1890, 41f. und Studien zur Topogr. d. nord- 
lichen Ostjordanlands 13; anders Furrer ZDPV 
XII 1889, 151. 

3) Im Hauran (Booogga I Makk. 5, 26) = 
Bostra, s. d. [Benzinger.] 

Bospara (Boaxaga), Castell in der byzantini- 
schen Eparchie Thrake (oberes Hebrosthal), durch 
Iustinian I erbaut, Prokop. aed. IV 11 p. 305 
(neben Bessapara [s. d.] genannt). Zum Namen 
vgl. Bosporos. [Oberhummer.] 

Bosporeiehos (eV zq> BooaoQetxv), Ortlichkeit 
in Byzantion, s. Bosporion. [Oberhummer.] 

Bosporion (Boanogiov), der Hafen von Byzan- 
tion, von den Einheimischen <Pa>a<p6giov genannt, 
nach der Localuberlieferung, weil hier durch das 
Eingreifen der Hekate $><oo<p6gog der Angriff 
Philipps II. im J. 340 v. Chr. (s. Byzantion) 
2uriickgeschlagen worden sei, Steph. Byz. s. B6a- 
ziogog. Const. Porph. them. II 12. Eust. zu Dion. 
Per. 142. In anderer Passung und ohne Be- 
ziehung zum Namen B. erzahlt dieselbe Geschichte 
Hes. Mil. 27 (FHG IV 151). Es ist offenbar die- 
selbe Ortlichkeit, welche in dem byzantinischen 
Psephisma bei Demosth. XVIII 91 mit iv tq3 Boa- 
jioqh<o (cod. 2 Booxogeixq), entsprechend dem Per- 
sonennamen Boonogizog , ebd. § 91) bezeichnet 
wird, und entspricht wohl der Einbuchtung beim 
Hauptbahnhof zwischen der Serailspitze {Boano- 
Qieg axoa, s. d.) und der Neuen Brucke. Vgl. 
Gillius Topogr.Const.IIIl. Grosvenor Con- 
stantinople 574. Wegen der Form <Pcoatp6giov 
vgl. auch Bosporos. [Oberhummer.] 

Boonogtog axga hiess die Spitze der Halb- 
insel, auf welcher Byzantion erbaut war und 
welche das goldene Horn von der Propontis scheidet ; 
von hier sollte Io bezw. die Kuh auf das sieben 
Stadien entfernte asiatische Ufer iibergesetzt sein, 
wie zur Erklarung des Namens der Meerenge erzahlt 
wurde. Dion. Byz. 4—7. 24. 38. 53. Schol. 6. 10. 14f. 
Not. I (S. 56) Wescher. Jetzt Seraiburnu (Serail- 
spitze). Vgl. Chrysokeras. [Oberhummer.] 

Bosporos, thrakischer Name (vgl. Bospara), 
.gebildet mit der in zahlreichen thrakischen Orts- 
namen (zusammengestellt von Tomaschek Die 
alt. Thrak. II 2, 63) auftretenden Wurzel -para 
{pans), welcher nach Fick Spracheinh. d. Indo- 
germ. 423 gleich dem griechischen itogog die Be- 
deatung ,Furt', nach Tomaschek a. a. O. II 
1, 16f. (minder sicher) die von jSammelplatz', 
,Marktort' innewohnt; vgl. auch Kretschmer Gr. 
Spr. 221f. Die (etymologisch unzulassige) Ab- 
leitung von flovg ist wohl schon von den ersten 
griechischen Ansiedlern hineingelegt und hienach 
der Name auf Io (so znerst Aesch. Prom. 733 fur 
den kimmerischen B. , ebenso Kallim. Art. 254. 
Hyg. fab. 145. Schol. Apoll. Arg. I 1114; vgl. 
u. nr. 110 Bovg) oder ein locales Vorkommnis ge- 
deutet werden, Ephor. 79. Nymphis 18 (FHG III 
16). Arrian. frg. 35 (ebd. 593). Apollod. II 1, 3, 5. 



Schol. Apoll. Arg. II 168. Dion. Per. 140 mit 
Schol. u. Eust. Dion. Byz. 7 Wesch. Hesych. HI. 
or. Const. 8 (FHG IV 148) u. a.; vgl. Gillius 
Bosp. Thrac. I 1 und Mil Her Geogr. Gr. min. 
II 7 A. 7 ; ebd. uber andere Ableitungen {aneigm 
Phyl. 70). Bei romischen Schriftstellern ist die 
Schreibung Bosphorus iiblich, Varro de r. r. II 
1, 8. Hor. carm. II 13, 14 mit Schol. Val. Flacc. 
IV 344. 419. Mfiller Geogr. Gr. min. II 7 A. 7; 

10 ebd. A. 6 uber die (offenbar willktirliche) Form 
Ilgoa^oQtor bei Tzetz. Chil. I 382. Im Griechi- 
schen findet sich die Schreibung Boorpogog nur 
vereinzelt und in sehr spaten Quellen, s. Ste- 
phanus Thes. Par. II 336 s. Boanogog. De Vit 
Onomast. I 747; doch vgl. auch Bosporion und 
u. nr. 36 und 38. Aus der lateinischen Schreib- 
weise erklart sich franzfisisch Bosphore, italie- 
nisch Bosforo u. s. w., wodurch zuweilen auch die 
englische und deutsche Schreibung beeinfhlsst er- 

20 scheint. Insbesondere haftete der Name an zwei 
Meerengen, welche als thrakischer und kimmeri- 
scher B. unterschieden wurden: 

1) Der thrakische B. wird zuerst (ohne 
diesen Zusatz) Aesch. Pers. 723. 746 erwahnt, wo 
jedoch der Name B. in anscheinend willkurlicher 
Ausdehnung auf den Hellespontos ubertragen ist ; 
denn schon Her. IV 83. 85—88. 118. VII 10 y. 20 
unterscheidet bestimmt Pontos, B. (Qgtjixtog), 
Propontis und Hellespontos. Dass man auch von 

30 einem mysischen B. bezw. einer mysischen Meer- 
enge (xogSftog) sprach, erfahren wir aus Arrian. 
a. a. O. Dion. Chalkid. 7 (FHG IV 395 nach 
Strab. XII 566). Schol. Apoll. Arg. II 168. Die 
Schmalheit derselben, der auffallende Parallelis- 
mus der beiden Ufer und die regelmassige Stro- 
mnng aus dem Schwarzen in das Marmarameer, 
welche den Vergleich mit einem Flusse nahe legen, 
erzeugten schon im Altertum die Vorstellung, dass 
der B. durch einen Durchbruch des von den wasser- 

40 reichen Stromen uberfiillten Schwarzen Meeres ent- 
standen sei (Strat. bei Strab. I 49. Diod. V 47). 
Thatsachlich ist die Entstehung desB. auf mehrere 
sich kreuzende Grabenbruche (Hauptbruchlinien 
Nordost nach Sudwest und Nordwest nach Siidost) 
zuruckzufiihren, durch welche wahrscheinlich erst 
in der Dihivialzeit die thrakisch-bithynische Land- 
brticke (eine alte Devonscholle) auseinandergerissen 
wurde ; der Erosion kommt bei der Bildung der 
Meerenge wohl nur eine nebensachliche Eolle zu. 

50Tchihatchef Le Bosphore 487ff. Boiatzis 
Grundlinien des B. (Konigsberg 1887) 21ff. 29. 
Th. Fischer in Kirchhoffs Landerkunde II 2, 
77. W. Sievers Europa 13. 97. Die morpho- 
logischen Verhaltnisse des MeeTesarmes sind durch 
die Aufnahmen von Moltke"s 1836/37 in 1 : 25000 
(Karte v. Constantinopel u. dem B. Berlin 1842 
und Karte des n6rdlichen befestigten Teils des 
B. 4 Bl. 1846), von H. Kiepert auf 1:100000 
reduciert (Constant, u. der B., Berlin 1853), und 

60 der franzCsischen Marine (Ch. Ploix und Manen) 
1854 in 1 : 16000 (Plan du B. 3 BL, Paris 1859. 
Hydrogr. franc, nr. 1790 — 1792), welche auch der 
englischen Admiralitatskarte (nr. 1198) zur Grund- 
lage dient, mit wunschenswerter Genauigkeit fest- 
gestellt. Hienach betragt die Lange der Meer- 
enge in gerader Linie zwischen beiden Ausgangen 
28 • 5 km., langs des Thalweges 31-7 km., die 
Breite am nOrdlichcn Ende 4 ■ 7 , am siidlichcn 



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Bosporos 



Bosporos 



744 



2 • 5 km., an der breitesten Stelle bei Bojiikdere 

3 • 3 , an der engsten Stelle nOrdlich von Rumili 
Hissar ■ 66 km. (Fischer 76). Von den Alten 
wurde die Lange zu 120 (Her. IV 85. Pol. IV 
39, 4. 43, 1. Dion. Byz. 4) bezw. 160 Stadien 
(Arr. per. P. Eux. 12, 2. 25, 4) angegeben; in letzte- 
rem Falle waren 40 Stadien auf den trichterformi- 
genEingang vom SchwarzenMeer bis zum Hieron (s. 
u. nr. 92) eingerecb.net, welches sonst als Grenze des 
B. und Beginn der Ausfahrt gait ; vgl. dazu Gillius 
I 2. MMler Geogr. Gr. min. II 8f. Die Breite 
betrug bei den Kyaneen 20 Stadien (Strab. VII 
319), beim Hieron 7 Stadien (Skyl. 67; 12 vom 
Hieron zum Sarapieion nach Pol. IV 39, 6), an der 
engsten Stelle, beim Hermaion (u. nr. 57), wo Da- 
reios seine Briicke schlug, 4 Stadien (Her. IV 85. 87f. 
Strab. II 125. Dion. Byz. 3. 57. Euat. Dion. Per. 
142), nach anderen 5 (Pol. IV 43, 2. Strab. VII 
319. Mela I 101) oder 6 Stadien (Agathem. Ill 
11) bezw. 500 Schritt (Plin. n. h. IV 76. V 150), 
endlich zwischen Byzantion und Chalkedon nach 
den einen 7 Stadien (Dion. Byz. 4. Plin. V 
149; 5[?] St. nach Schol. Apoll. Arg. II 168, 
s. Keil z. St. und Wieseler Spicil. 4f.) bezw. 
1000 Schritt (Plin. IX 51), nach den andern 14 
(Pol. IV 39, 5f.) oder 12 Stadien (Schol. Dion. 
Per. 142), welcher Unterschied sich nur durch die 
Annahme eines kleineren Stadions bei Polybios 
(vgl. o. die Breite beim Hieron) erklaren lasst. 
Vgl. iiber die Breite auch GilliusI3 und dazu 
Mttller a. a. 0. 13. Die ganze Gestalt, eine Folge 
ineinandergeschobener , malerischer Vorgebirge, 
welche in den verschiedenartigsten Bildungen von 
beiden Gestaden aus sich in das Meer lagern und 
dadurch eine zahllose Menge der herrlichsten Golfe, 
Baien und Buchten bilden, binter welchen die 
mannigfaltigsten Thaleinschnitte und Senkungen 
sich effnen, wird sehon von Dion. Byz. 1 treffend 
gekennzeichnet. ,Wie cin machtiger Strom windet 
die Meerenge sich durch lauter zusammenhangende 
Ortschaften, zwischen Palasten, Moscheen, Kirchen, 
Schkissern hindurch, zwei Meere verbindend und 
zwei Weltteile trennend, sie bildet eigentlich 
die Hauptstrasse von Constantinopel , wenn man 
unter dieser Benennung das ganze Aggregat von 
Stadten, Vorstadten und Ortschaften versteht, in 

•welchem 800000 Menschen beisammen wohnen' 
(v. Moltke). Die aussere Gliederung der stark ge- 
kruramten (oxoUoio tioqov Apoll. Arg. II 549, vgl. 
Etym. M. 718, 30. Gillius I 4 bei Mttller II 
14ff.) Meeresstrasse ergiebt sich aus Breite und 
Richtung der einzelnen Teile. Vom Schwarzen 
Meer fiihrt ein trichterforiniger Eingang siid- 
westlich bis zur ersten Enge {fauces primae 
Plin. n. h. V 150) zwischen Rumili und Anadoli 
Kawak, welche bei den Alten bereits als Ende 
des B. und Anfang des Pontos betrachtet wurde 
(s. o.). Dann folgt die erste seeartige Erweite- 
rung in der Bucht von Bojiikdere, der Bathykol 
pos (s. u. nr. 71) der Alten (bis hieher 11 • 1 km.); 
von hier wendet sich das Thai eine kurze Strecke 
(3 ■ 7 km.) nach Sttdost, wo am asiatischen Ufer die 
Bucht von Beikos jener von Bojiikdere entspricht. 
Das nachste, fast genau von Nord nach Sud ver- 
laufende Stuck (8 • 3 km.) bildet die eigentliche 
Enge des B. , welche bei Rumili und Anadoli 
Hissar ihr Minimum erreicht (s, o.). Bei Ortakoi, 
wo die Richtung vrieder siidwestlich wird (auf 



4 • 6 km.) , beginnt wiederum die trichterformige 
Ausmiindung in die Propontis, welche jedoch durch 
die im Boanogiov Sxqov (s. d.) endigende Halb- 
insel von Byzantion nochmals eine Einengung und 
Ablenkung der Stromrichtung nach Siiden (0 • 9 km.) 
erfahrt (Masse nach Boiatzis 6). NOrdlich von 
jenem Vorgebirge aber zweigt die wunderbare, 

5 km. lange und (im Mittel) • 3 km. breite Meeres- 
bucht ab, welche wegen ihrer Gestalt schon im 

lOAltertum als ,das Horn' (s. Keras) bezeichnet 
wurde. Ihre Tiefe betragt im untern Teile noch 
30 — 40 m. , um jedoch schon beim Fanar auf 
10 m. und danrater, weiter anfwarts auf 1 — 3 m. 
zu sinken (Boiatzis 7f.). Die Tiefe des iibrigen 
B. kann in der Thalfurche auf durchschnittlich 
60 — 70 m. angenommen werden ; nur an der engsten 
Stelle, zwischen Kandili und Rumili Hissar steigt 
dieselbe bis auf 120 m. , wogegen das siidliche 
Ende (von Ortakoi) ab, nur 40 — 50 m. Maximaltiefe 

20 aufweist. Besondere Aufmerksamkeit erregte im 
B. stets die starke Stromung, welche aus dem 
Pontos in die Propontis ftihrt (Gillius I 4). 
Schon Her. IV 85ff. setzt dieselbe als etwas Be- 
kanntes voraus, und Polybios, der sie IV 39, 2 auf 
die Cberfiillung des Pontos und der Maiotis durch 
die grossen StrOme zuriickfuhrt (vgl. o.), giebt 
ebd. 43 eine genauere Beschreibung; er lasst sie 
vom Pontos aus gleichmassig verlaufen bis zur 
engsten Stelle beim Hermaion , wo sie auf die 

30 asiatische Seite abgelenkt wird, um sogleich wie- 
der auf das europaische Vorgebirge Hestiai zuriick- 
zukehren. Von dort neuerdings nach der Bovs ge- 
nannten Stelle des asiatischen Ufers (s. u. nr. 110) 
getrieben, wendet sie sich nunmehr nach Byzanz, 
wo ein Arm derselben in das (goldene) Horn ab- 
zweigt, wahrend der Hauptteil, ohne Kalchedon 
zu erreichen, nach der Propontis auslauft. Das& 
die Stromung indessen zeitweise Unterbrechungen 
erleide (s. u.), wusste bereits Hipparch nach Strab. 

401 55, vgl. Eust. Dion. P. 473. Berger Hip- 
parch 83. Den Zug der StrOmung nach Byzan- 
tion und in das Horn bestatigt auch Strab. VH 
320 sowie Dion. Byz. 4f., welcher sie If. ebenfalls 
aus der tlberfiillung des von den grossen Flussen 
ausgesiissten Pontos erklart und die von den Kriim- 
mungen der Meerenge und den Landvorspriingen 
bedingten Richtungswechsel und RuckstrOmungen 
betont. Besonders heftig brandet die StrOmung 
beim Vorgebirge Hestiai (u. nr. 53, vgl. o.), jetzt 

50 Akynty burnu (.Vorgebirge der Stromung'), und bei 
der 'PowStjs axga (nr. 58), jetzt Scheitan burnu 
(,Vorgebirge des Teufels'). Von hier abwarts heisst 
die StrOmung bei den Tiirken Scheitan akyntyssy 
(,TeufelsstrCmung'), entsprechend dem fiiya gsvfta 
bei Gillius II 10. Neuere Beobachtungen ver- 
danken wir neben den franzosischen Hydrographen, 
deren Karte (s. o.) die Richtungen der Haupt- 
strOmung und der Ortlichen Gegenstromungen ver- 
zeichnet (letztere besonders ausgebildet in den 

60tiefen Einbuchtungen von Bojiikdere und Beikos 
sowie im goldenen Horn), hauptsachlich dem eng- 
lischen Schiff Shearwater unter Comm. W. J. 
L. Wharton im August und October 1872, er- 
ganzt durch spiitere Aufzeichnungen; vgl. dessen 
.Report on the Currents of the Dardanelles and 
Bosporus, Lond. 1886' und die .Sailing Direc- 
tions for Dardanelles etc' 4. Ed. 1893, I9ff. De 
Gueydon Rev. marit. et colon. 1886, 338 (nach 



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Bosporos 



Bosporos 



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Peterm. Mitteil. 1887 L.-B. 84). Boguslawski- 
Kriimmel Ozeanographie II 298f. Boiatzis 
lOff. Fischer 76. Makaroff s. u. Hienach ist 
•die StrOmung, welche im allgemeinen vom Pontos 
■durch B, und Hellespontos zum Mittelmeer zieht 
und fur dessen Verdunstungsverlust Ersatz zufiihrt, 
nach dem Wasserstand des Schwarzen Mecres, der 
zur Zeit der Schneeschmelze seinen Hohepunkt er- 
reicht (Bruckner Meteor. Ztschr. 1886, 297ff.), 
tmd den herrschenden Winden (vorwiegend aus 
Nord und Nordost, besonders im Sommer) sehr 
schwankend. Im Mittel wird die Stromstarke auf 
4 ■ 6 km. in der Stunde berechnet, kann aber auf 
8-3kni. (und dariiber) steigen, so besonders an 
•der schon von Polybios und Dionysios bezeich- 
neten Stelle; anderseits kann durch anhaltende 
Sud- und Siidwest-Winde die StrOmung voriiber- 
gehend zum Stillstand kommen und selbst riick- 
laufig werden. Neu ist die Feststellung eines 
Unterstromes, dessen Vorhandensein jedoch schon 
Marsigli (1681) vermutet hatte, von erheblich 
geringerer Geschwindigkeit in 25 — 50 m. Tiefe, 
welcher hier wie im Hellespont das schwerere, 
salzhaltige Wasser des Mittelmeeres dem Pontos 
zufiihrt und dessen vOllige Aussiissung verhindert. 
Ob unter diesem Gegenstrom noeh eine dritte, der 
oberen gleichsinnige StrOmung in der Tiefe zieht, 
wie Wharton und de Gueydon annehmen, muss 
noch dahingestellt bleiben. Die Wasserfiihrung 
•des Oberstromes hatMakaroff tTber den Wasser- 
austausch zwischen dem schwarzen und mittel- 
landischenMeer(St. Petersburg 1885, nachBriick- 
ner a. a. O. 307) zu 10530, die des Unterstromes 
zu 5700 cm. in der Sekunde berechnet. Die Bil- 
dung einer Eisdecke am B. ist in einer Reihe 
von Fallen (seit dem 8. Jhdt. n. Chr.) bezeugt 
und in Zusammenhang mit dem Klima des B., 
woruber auch Moltkes Turk. Briefe 9. 13. 17. 
21 zu vgl, von Tchihatchef Le Bosphore K. 11 
— 13 eingehend besprochen. Was die Erzeugnisse 
des B. und seiner Gestade betrifft, so geniigt es hier 
auf den durch die StrOmung begfinstigten Fisch- 
fang, besonders von Thunfischen, hinzuweisen, 
welche eine Hauptquelle des Reichtums der Byzan- 
tier bildete (Arist. pol. IV 4, 1 p. 1291 b. Strab. 
VII 320. Plin. n. h. IX 50. Dion. Byz. 1. 5. 18 
—21. 36. 50. 60. 68. 98. 102; vgl. Byzantion), 
sowie auf das Vorkommen von Austern, Wild- 
schweinen und Fcigen, woran sich die Benen- 
nung einzelner Uferstellen knupfte (Dion. Byz. 37. 
81. 33 W.); Bergbau wurde am Chrysorrhoas be- 
trieben, s. u. nr. 76; im iibrigen vgl. man J. v. 
Hammer Constantinopel und der Bosporos I 45ff. 
P. de Tchihatchef Kap. 4—10. Uber die 
Geschichte der Schiffahrt und deren Sehwierig- 
keiten, welche Dion. Byz. im einzelnen beschreibt, 
vgl. Byzantion und Kyaneai. Die Ufer sind 
iiberall hoch, was wesentlich zur ErhShung des 
landschaftlichen Reizes beitragt und nehmen gegen 
den Pontos an Steilheit und Unwegsamkeit zu 

(vgl. Apoll. Arg. II 550 rgtj/siaig mrdddsooir iegy- 
pevov afupoTEQcoder), so dass nur Felspfade die an 
den Ausgangen kleiner Seitenthaler gelegenen Ort- 
schaften zu Lande verbinden und der Verkehr 
auf den Meerstrom gedrangt wird, wahrend am 
,untern' B. sich die Ortschaften ohne Unterbre- 
chung an einander reihen (Fischer 76). Zum 
grossten Teil werden die Ufer des B. von devo- 



nischen Ablagerungen gebildet, wogegen die Mfln- 
dung des Pontos in eruptive Felsarten (Basalte, 
Dolerite, Andesite, Trachyte) eingerissen ist und 
die Halbinsel von Byzantion aus miocaenen Schich- 
ten gebildet wird, s, Tchihatchef Kap. 16 — 21 
mit geol. Karte. v. Andrian Jahrb. d. geol. 
Reichsanst. 1870, 201 — 26 (fiber die vulkanischen 
Gebilde). v. Hochstetter ebd. 372ff. u. die 
dort angef. Lit. Boiatzis 25ff. Fischer 76f. 

10 Dass sie im Altertum mehr bewaldet waren wie 
heute, zeigt Dion. Byz. 31 W., wonach die ganze 
Nordseite des Homes von Wald bedeckt war; 
ebenso war nach demselben 68 die Umgebung des 
jetzigen Therapia dicht bewaldet, sowie nach Joann. 
Ant. 15, 2 die Bucht von Stenia (s. u. nr. 63). 
Zahlreich waren schon fruhzeitig die Niederlas- 
sungen und Kultusplatze, welche der Mensch an 
den Ufern des B. errichtet hat. Dank der.Schrift 
des Dionysios von Byzanz (s. d.) besitzen wir da- 

20 von eine so vollstandige Aufzahlung wie kaum 
von einem andern Stuck antiker Erde und em^ 
pfiehlt sich eine Cbersicht derselben schon des- 
halb, weil in der alphabetischen Folge die ein- 
zelnen Ortlichkeiten nur teilweise untergebracht 
werden kflnnen und eine Zusammenstellung zur 
Orientierung kaum entbehrhch ist; vgl. den later- 
culus locorum bei Miiller Geogr. Gr. Min. II 
S. Vlff. und bei Wes cher XXIXff. Die Num- 
mern im folgenden entsprechen der Einteilung des 

30 Textes in Weschers Ansgabe. 
1. — 3. Allgemeines iiber den B. 
4. — 12. Beginn des europaischen Ufers mit Boono- 
qios axga (s. d.) und Byzantion (s. d.). 
13. — 31. Ufer des goldenen Homes (s. Keras). 

32. Das Ende des letzteren bezeichnet ein Vor- 
gebirge mit dem Grab des Hipposthenes von Me- 
gara, der Siidspitze von Galata entsprechend. 

33. ZvxiSes, wofiir Wieseler wohl richtiger 2V- 
naiSt]; liest, Vorstadt von Byzantion, dem Ost- 

40 lichen Teil von Galata entsprechend, s. Sykai. 

34. Heiligtum des Schoiniklos von Megara und 
des Amphiaraos, nach Hesych. Mil. 16 (FHG IV 
149) noch zu Sykai gehttrig. 

35. Der Ort nebenan hiess AvXrjztjs nach dem 
FlOtenblaser Python. 

36. Bd)-og (s. d. Nr. 2) mit den Heiligtiimern der 
"Agzeftig $><oo<poQo<; (vgl. u. nr. 78 und Bosporion) 
und der 'Atpgodiit] nQacta. 

37. 'OoTQscb&rj? , nach einer besonders ergiebigen 
50 Austernbank benannt. 

38. MhwTiov, ein Steilrand des Landes, der Boa- 
xogiog axQa gegenuber, jetzt Top-hane, mit einer 
Kultstatte des Apollon, Gillius II 6. 

39. Alansiov, nach Aias dem Telamonier benannt 
(s. Bd. I S. 935); jetzt Sali bazar. Grosvenor 1 130. 

40. IlahroQfiizov , ein Felsvorsprung , angeblich 
von einer zweiten Landung der Colonisten, in der 
Gegend von Fyndykly, s. Frick z. d. St. und 
Mflller Geogr. Gr. min. H S. VHI 53. 

60 41. Nahebei ein Tempel des Ptolemaios H. Phila- 
delphos, Muller a. a. O. S. 34 A. 

42. Aelq>tv xat Ka^avSas (XaQavdai Wiese'ler 
nach Gillius), nach einer Begebenheit aus dem 
Leben des Kitharoden Chalkis benannt; nach Gil- 
lius Bosp. II 7 hiess die Stelle noch zu seiner 
Zeit Caridata und sah man dort, zum Teil unter 
Wasser, die Grundmauern eines antiken Bauwerkes. 

43. OsQ/uaazie, eine Klippe nahe am Ufer, nach 



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Bosporos 



Bosporos 



748 



Hammer a. a. 0. II 191f. jetzt "Kabatasch (,raulier 
Stein'), nach Frick — BescMktasch (,Wiegen- 
stein'), s. Muller a. a. 0. 56 A.; ersteres wahr- 
seheinlicher, da sonst die Unterbringung der fol- 
genden Ortlichkeiten Schwierigkeiten macht. 

44. IIsvTtjxovTOQixov, eine nach SMen gewendete 
Uferstrecke, also in der Gegend von Dolma bag- 
tsche , wo die Kiiste jedoch seit dem Altertum 
durch Aufffllung sich verandert hat, s. Gros- 
venor I 134. 

45. Ta Exv-dov , angeblich nach dem Skythen 
Tauros benannt. 

46. 'Iaaoviov, mit Lorbeerhain und Altar des Apol- 
lon , daher wohl = dem jigodozeiov Aacpvtj des 
Steph. Byz. s. Adcpvi) (vgl. Eust. zu Dion. Per. 
916), das spater auch ligyiov hiess (s. Meineke 
z. St.), nach Prick auch = dem Amloxiovtov der 
Byzantiner (s. Dukas p. 270. 282. 615 Bonn.), 
welche Gegend nach G illiu s a. a. 0. noch zu dessen 
Zeit Diplokicm hiess und dem jetzigen Beschik- 
tasch entspricht. tTber das Diplokionion vgl. auch 
Dethier Bosphor. u. Const. 2 63f. Grosvenor 
Const. I 155. Spruner-Menke Handatlas 89. 

47. 'PoSiaiv neQiflokoi, eine Bezeichnung, die nach 
Gillius Bosp. II 8 zu seiner Zeit noch in einem 
Rhodakinion genannten Felsen, 600 Schritt vom 
Grabe des Chaireddin Pascha (Barbarossa) ent- 
fernt, fortlebte; also etwa in der Gegend von 
Tschiragan serai. 

48. 'AqxsZov, ein fruchtbares, von einem Pliisschen 
durchstromtes Thai, nach Archias, Sohn des Ari- 
stonymos auch Thasos, benannt, bei Gillius 'A. 
4>a»eag, jetzt Ortakoi. 

49. Steiles Vorgebirge mit Bildnis und Kultus 
des .Meergreises' (Nereus, Phorkys, Proteus, Vater 
der Semystra?), bei Gillius 119 Kkudlov, jetzt 
Defterdar burnu. Ob in dieser Gegend oder beim 
,Weiberhafen' (u. nr. 60) der neben letzterem von 
Plin. IV 46 genannte portus Senum zu suchen 
1st (vgl. Gillius II 14), bleibt ungewiss. 

50. nagdjtolog, nach der Unsicherheit des Fisch- 
fangs daselbst. 

51. Kdla/iog und Bv&iag, erstere Stelle nach der 
Menge des Schilfs, letztere, bei Euagr. Ill 43 
Bv&aQia, nach der Umkriinzung durch Hugel be- 
nannt; daselbst der Lorbeer der Medeia. Jetzt 
Kurutscheschme. 

52. Bdxa, ein sanft zum Meere abfallender Hugel, 
neben dem vorigen Ort, mit einem Heiligtum der 
,Gottermutter' (Bheia?, s. Muller a. a. 0. 65 A.; 
Isis Wieseler nach Gillius). 

53. 'Eoxiai, ein weit vortretendes Vorgebirge, das 
nach Westen einen natiiriichen Hafen bildet, wah- 
rend es auf der andern Seite die von Norden her- 
kommende StrCmung auffangt nnd so heftige 
Wirbel erzeugt (nach Gillius II 10 pieya gevpia). 
Der Name (Plin. n. h. V 150 Estiae) wurde aus 
der Geschichte der ersten Ansiedler erklart, ebenso 
nach Hes. Mil. or. Const. 22 (FHG IV 150), 
welcher in Verbindung damit auch die Bezeich- 
nung 'Avdxl.ovs fiir dieselbe Ortlichkeit anfiihrt; 
fiber letztere s. Anaplus, dazu Steph. Byz. s. 
rvvaixoojtohg. Sozoni. II 3. Euagr. II 43 mit 
der Anmerk. des Valesius. Eust. Dion. Per. 146. 
Wieseler Spicil. 12f. Nach Prokop. aed.18 stand 
daselbst eine Kirche des hi. Michael, welche von 
Iustinian I. prachtig emeuert wurde und dem Ort 
den Namen Michaelion gab, Gillius II 10. Gros- 



venor I 161f. Die Stelle entspricht dem heutigen 
Amautkoi bezw. dem Vorgebirge Akynty burnu. 
54. 55. Nach letzterem folgt ruhigeres Fahrwasser 
und zwei Hafen, nach den vorspringenden Dammen 
XtjXai benannt, welchen Namen Gillius II 11 
noch in der Form yalai horte; jetzt Bebek. 

56. Dabei ein Heiligtum der "Ague/tig Aixxvvrr/. 

57. Ilvggiag Kvcov (liber den Namen s. Muller 
Geogr. Gr. min. II 42 A.), die engste Stelle, wo 

10 Mandrokles von Samos fiir Dareios die Briicke 
schlug (s. o. S. 743 u. Bahr zu Her. IV 85—88) und 
Dionysios noch dessen in den Pelsen gehauenen Sitz 
sah, den schon Gillius vergeblich suchte ; bei PoL 
IV 43, 2 heisst das Vorgebirge nach einem Heilig- 
tum des Hermes 'Eq/j,cuov. Mohammed H. erbaute- 
hier seine Zwingburg Boghas kessen = gr. Aai/io- 
xomtj (Laon . Chalkok. ; Dukas Ke<paXox6xxr]g), von 
den Griechen spater Neov Kdaxgov, jetzt Kumeli 
hissar genannt. Gillius II 12. Byzantiosl25ff. 

20 58. 'PowStjg (axga), nach der heftigen Brandung 
benannt, bei Gillius II 13 <Pa>vija, jetzt Scheitan 
burnu (Teufelscap). 

59. (PatSahia (Dion.), 0siSaXia (Suid. s.'HgdxXeiog), 
<frida.Xeia (Steph. Byz. s. Pwaix oojiofag^Lem weisser 
Pels im Meere, welcher fiir das Grabmal der 
gleichnamigen Gemahlin des Byzas gait. 

60. Hinter demselben ein geraumiger und sicherer 
Hafen, in welchen ein Giessbach (xsi/tdggovg) 
miindet, genannt rwouxcav hfirjv (Dion. Steph. 

30 Plin. n. h. IV 46) oder xokjzog <PeidaXiag (Suid.), 
bei Gillius Sarantakopa, jetzt Balta limani 
(ebenso der dort mundende Bach). Auf diese Ort- 
lichkeit bezieht sich eine im jetzigen Balta liman 
gefundene Inschrift, in welcher des Nereus (vgl. 
nr. 49), der Nereiden und der fischreichen Bucht 
(. . . xoXjioio fiv%oi<g evi%&veg aygai) gedacht ist, 
'EM. 4>doX. ZvXX. XVII Ilagagx. 188f. 

61. KvjraQoadrjg, neben dem vorigen, bei Gillius 
Kvjia.Qiooa>v, jetzt ein Kastanienhain, s. Moltkes 

40Karte und Muller a. a. 0. 72. 

62. Tempel der Hekate auf einem Felsen , bei 
Gillius, der in dieser Gegend zahlreiche Spuren 
alter Gebaude fand (H 13 a. E.), Trivia (400 
Schritte vom vorigen), beim jetzigen Emirgjan. 

63. Aao'&errjg , ein tiefer und sehr geschtitzter 
Hafen, den Dionysios dem goldenen Horn ver- 
gleicht; Plinius n. h. IV 46 nennt ihn ebenso, 
nur verschrieben, Casthenes, Steph. Byz. a. a. 0. 
Aewo&eveiov, die Byzantiner Scoadsviov (Scoa&i- 

bdrrji), s. Pape-Benseler und Muller a. a. 0. 
48 A., und noch jetzt heisst der Ort Stenia (Istenia). 
Dabei ein Heiligtum des Amphiaraos. Nach Joann. 
Ant. 15, 2 (FHG IV 548) besiegten die Argo- 
nauten hier (iv x6Xxq> Saavidxco, s. o. iiber die 
Bewaldung des B.) den Amykos (s. d.) und er- 
richteten ein Heiligtum, das spater von Constantin 
d. Gr. dem Erzengel Michael ge weiht wurde. W i e- 
seler Spicil. 25. Vgl. u. nr. 95. 97. 

64. EofiagwSrjg , von Erdbeergestrauch benannt, 
60 noch bei Gillius II 14 a. E. Kdpagov , dabei 

die Ortschaft Neo^wglov, tiirkisch Jenikfli. 

65. Baechiae, Elippenreihe an einer Steilkuste, 
welche auch OegfiTifisgia hiess nach einem See- 
sieg der Byzantier iiber Philipps Admiral Deme- 
trios, s. S chafer Demosthenes 112 508f. und 
Byzantion; jetzt Koi baschi. 

66. TlSrixov hfitjv, eine Einbuchtung, nach einem 
Barbarenkonig benannt. bei Gillius II 15 (vgl. 



749 



Bosporos 



Bosporos 



750 



Miiller z. St.) AifidSiov, jetzt Kalender kosehky ; 67. Evdios xalog , Einbuchtung, Gillius Alvov, 
anschliessend wieder Steilkiiste. jetzt Therapia sarai. 



BOSPORUS THRACIUS 




68. <Pagfiaxlag, eine schSne und wohlgeschutzte 69. KXsc&eg xai KhT&ga tov Ilovrov, klippenreiche 
Bucht; mit tiefem Ankergrund, rings von Waldern Steilkuste , bei welcher sich der Blick auf den 
umgeben, jetzt Therapia. Pontos (d. h. den nOrdlichen Eingang des B.. 



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Bosporos 



Bosporos 



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753 



Bosporos 



Bosporos 



754 



s. o.) erschliesst; Gillius Bialitlvra, jetzt Kiretsch 
bumu. 

70. Amata nixQa, ein steiler Felsen, einem Tannen- 
zapfen ahnlich, dessen Name auf eine (erfundene) 
Geschichte zuruckgefiihrt wurde, bei Kiefeli koi 
(Dethier 69f.). 

71. Ba&vxohzog (s. d.), jetzt Bucht von Bdjiik- 
dere; dabei ein Altar des megarischen Heros 
Saron und Fischereistatte (fidXog). 



wie das von Strab. VII 319 (jedoch ausserhalb 
der Kyaneen) erwahnte Stadtchen Andriake (s. d.) 
hinweist, s. M filler 59 zu frg. 50. 

83. Lienias (von UxvovH), wohl die nach ge- 
rnndete Bucht von Karybdsche kalessi bis Altui 
bumu mit dem Inselchen Kukunara. 

84. PvnoxoXig, eine felsige Hohe, vielleicht Papas 
bumu (Muller 61). 

_ n TT , . , . , 85. Awtivt), eine Klippe unter dem Meeresspiegel. 

72 Unter dem ,saronischen Yorgebirge' (s. nr. 71) 10 86. Vorgebirge Panium (ndveiovT), bei Gilliu 



KaXog dygog, ein lieblicher Ort, noch bei Gillius 
II 17 so genannt, jetzt Bojflkdere. Nach Miiller 
zu frg. 44 (S. 54) ist vielleicht auch KalXmoXig xaza 
xov 'AvdsiXow bei Steph. Byz. hieherzuziehen, falls 
hier nicht eine irrtiimliche Doppelsetzung der 
bekannten Stadt am Hellespont vorliegt. 
73. Vorgebirge Stftag mit einer Statue der 'Atpqo- 
dir>i haiQa oder xdvdrifios , jetzt Mesar bumu 
(Dethier 72). 



II 24 ^avagiov, jetzt Panaraki (Pener koi). Gegen- 
tiber die Inselri Kyaneai (s. d.). 

Asiatisches Ufer : 
87. Vorgebirge Aneyreum ('AyxvQatov'} , s. Prick 
Conject. IV); bei Grillius III 2 Vco/uov, jetzt 
Jum burnu. Dasselbe oder eines der benachbar- 
ten Vorgebirge (Anadoli fener?) muss Btdvvlas 

xo TiQog xq> oxo/iaxt xov JJovxov angov, i<p' & 

Ieqqv 'Agxsfudos bei Ptol. V 1, 2 sein. 



74. Golf IxXrjXQivag, bei dem noch von Grillius 20 88.ITveyog Jlf^fe'a?, ein runder,turmahnlicher Pels. 



so genannten Orte, jetzt Sary'jari; dabei Altiire 
des Apollon und der ,Go"ttermutter'. Zum Namen 
vgl. Byzantios Kwvoz. II 172. Frick Con- 
ject. VII. 

75. Vorgebirge MiXxov (von der rotgelben Parbe) 
an einer nach Osten gewendeten Steilkuste, jetzt 
Telli tabia, dabei eine kleine . Ortschaft , nach 
einem Heiligtum, wo Iason geopfert haben soil, 
'Isqov (Fanum) benannt, gegeniiber dem gleich 



Neben demselben eine nur bei ruhigem Meer 
sichtbare Klippe, deren Vorspriinge man auch als 
die (asiatischen) Kyaneen bezeichnete. Nach Gil- 
lius III 3, der diese Ortlichkeit genau untersucht 
hat, an der Ostseite der von ihm Divi Sideri, 
jetzt Kabakos oder Ary kujussu genannten Bucht; 
vgl. dazu Miiller 71ff. und Moltkes Karte. 
Auch der von Gillius fur die jetzt Tschakal dere 
genannte Bucht westlich von Anadoli ferner ange- 



namigen Ort der asiatischen Kiiste (u. nr. 92. 93), 30 fiihrte Name Ampelodes geht sicher auf antike 



wohin Pol. IV 39, 6. Sehol. Apoll. Ehod. II 532 
das Opfer Iasons verlegt ; dabei auch ein Tempel 
der ,phrygischen Gottin', sowie ein IoqojzieTov 
(Pol. a. a. O.); jetzt Eumeli kawaghy, wo auf der 
nordlieh ansteigenden Anhohe Euinen eines byzan- 
tinischen Schlosses noch bei Gillius II 19 'hew 
'Pco/isXiag, jetzt Imros Kalessi genannt. 
76. XfjvaoQQoag, ein aus einem engen Thale lang- 
sam fliessender Bach , nach seinem goldfarbenen 



Sande benannt, wahrscheinlich der Ostlich von40endet beim 



Uberlieferung zuruck. Die von ihm dort be- 
schriebenen Klippen und Vorspriinge sind auf der 
franzosischen Seekarte (s. o. Sp. 742f.) genau zu er- 
kennen. Auf das (bei Gillius namenlose) Vor- 
gebirge Pilaw burnu mit dem Port Boiras (d. i. 
Booeag) kaleh, dessen antiken Namen wir nicht 
kennen (doch s. o. nr. 87), folgt nach Sflden eine 
Bucht, welche bei Gillius offenbar wieder nach 
antiker Uberlieferung Bios Sacra heisst. Sie 



Eumeli kawaghy bei Mavromolo miindende Wasser- 
lauf (Hammer II 267. Miiller a. a. 0. 92). In 
diesem Thale Schachte und Stollen von einem 
(schon zu Dionysios Zeit) verlassenen Bergbau, 
nach welchem auch ein Ort am Meere jenseits 
des Baches XaXxsla hiess. 

77. Timaea turris — Thimea der Tab. Peut. IX, 
ein Leuchtturm am Gipfel der Anhohe, auf welcher 
der Chrysorrhoas entspringt, weit in das Meer 



90. Vorgebirge KoQar.iov, jetzt Fil burnu, neben 
dem eine Kiistenstrecke bezw. Befestigung Ilav- 
xel'/iov hiess, s. Miiller a. a. 0. 107 und S. 73 
zu Gillius III 4. 

91. Xtf/.ai (vgl. o. nr. 55), jetzt Ketscheli liinan. 

92. 93. 'Ieqov (des Zsvg Ovgiog, so Arr. per. P. 
Eux. 25, 4 [37]. Anon. per. P. Eux. 90), von 
Phrixos erbaut, mit einer Befestigung und Ort- 
schaft (Dion. 75, s. Muller S. 75 A), Eigentum 



hinaus sichtbar, Hammer a. a. 0. und Moltkes 50 der Byzantier, denen es zwar wiederh'olt, so be 
Karte - sonders von den Chalkedoniern, streitig gemacht 

wurde, schliesslich aber doch immer wieder ver- 
blieb. Im Heiligtum befand sich die Statue eines 
die Hande ausstreckenden Knaben, dessen Be- 
deutung verschieden erklart wurde, anscheinend 
dieselbe, welche Philostr. im. I 12, 3 als Eros 
bezeichnet; ebd. 5 iiber den Tempel daselbst. 
Naheres bei Gillius III 5. Muller S. 6. 8. 75ff. 
Wieseler Spicil. 31ff. Vgl. o. nr. 75. Jetzt das 



78. Phosphorus, nach Artemis (vgl. nr. 36) oder 
dem vorgenannten Leuchtturm benannt. 

79. Nach einer langen Steilkuste {hyngum litus 
des Dionysios bei Gillius; ,500' hohe Bergwand' 
auf Moltkes Karte) der ,Hafen der Ephesier' 
= 'E<peaidxrjs bei Hes. Mil. 32 (FHG IV 152), 
und noch bei Gillius II 21 Aphesiatis; jetzt 
Bojiik liman. _ _ 

80. 'A(pQo8t'otov; ein iiberaus schroffes Vorgebirge, 60 Ioros (Otgiog'.) kalessi C genannte genuesische 



jetzt Tschalydschy burnu. 

81. ,Hafen der Lykier' (hfiijv Avxior), klein, aber 
sicher, an einer sandigen Kiiste, bei Karybdsche 
kalessi. 

82. An diesem Hafen die Ortschaft Mvgihiov, 
nach Dionysios von Myrleia in Bithynien aus be- 
siedelt, wahrscheinlicher aber nach Myra in Lykien 
benannt, worauf sowohl die Bezeichnung des Hafens 



Schloss bei Anadoly kawaghy. Hier ist auch das 
Spiropolis des Plin. n. h. V 150 (Vulg. Phino- 
polis) anzusetzen, wofur Muller S. 10 A. 5 Urio- 
polis, Wieseler Spicil. 30 Hieropolis lesen will. 
94. Argyronium (s. d., Argyrmiicum und -ium 
bei Gillius, 'A^/vqwiov bei Prokop. aed. 1 9), ein 
Vorgebirge (Dion.) und zwar wohl dieselbe axoa 
djio'ppftif, welche nach Prokop. neben dem Orte 



1 



Argyronium lag und eine von Iustinian I. prachtig 
erneuerte Kirche des hi. Pantele'imon trug; Eu- 
inen derselben erwahnt Dethier 76. Es ist der 
breite vom Juscha dagh (s. u.) herabziehende Vor- 
sprung, welcher in den Spitzen Madschar bumu 
und Umur jeri bumu endigt. Bei Argyronium 
lag nach Prokop. ein von Iustinian I. wiederher- 
gestelltes Armenspital, an der Mcor.adiov genannten 
Kiistenstelle weiter nordlieh unweit des 'Ieqov 
(s. o.), also bei Anadoly kawaghy, eine von dem- 
selben erbaute Kirche des Erzengels (Michael, s. u. 
104), wozu Gillius III 6 und Muller S. 83f. 
zu vgl. 

95. Heroulis xlivrj und Nymphaeum, dabei die 
Insana lawrus (8d<pvrj yjvxovovg), wo A.mykos 
(s. d.) gewohnt haben soil. Erstere (wohl ein 
Heroengrab) jetzt Juscha dagh; Nvfupmor Xal- 
xrjdoriov nach Androit. bei Schol. Apoll. Arg. II 
159 (FHG IV 304) 5 Stadien von dem Lorbeer, 
wo noch zu seiner Zeit eine Ortschaft Namens 
Amykos (s. u, nr. 97) bestand, Der zugehorige 
Hafen hiess Adqpvrj fiaivo/itvrj, Arr. per. P. Eux. 
25, 4 (37). Anon. per. P. Eux. 90. Steph. Byz. s. 
Ad<pvrj; jetzt Umur jeri. Miiller S. 81f. Wie- 
seler Spicil. 22ff. 

96. MovudnoQig {Mox&noQig CIG 3795, vgl.Frick 
Conject. IX), eine tiefe Einbuchtuug, nach einem 
bithynischen Konig benannt, mit gutem Hafen, 
Merauf das steil zu grosser Meerestiefe abfallende 
Vorgebirge Aierov 'Pvyyos- Ersteres wohl die 
Bucht von Hiinkiar iskelessi (nach Kiepert die 
Bai von Umur jeri), letzteres entweder Selvi bu- 
run oder bei Hiinkiar iskelessi (Jaiy kOi). In dieser 
Gegend ist auch das Naulochum prom, und Urn- 
plum Neptuni des Plin. n. h. V 150 anzusetzen, 
wozu jedoch Wieseler Spicil. 26ff. zu vgl. 

97. Golf "Afivxog, dahinter die emporsteigende 
Ebene rgmw^ia (iiber diesen Namen s. Frick 
Conject. VI). Ersterer hiess nach Gillius bei 
den Griechen noch Amaea, bei den Tilrken Be- 
kussi, jetzt Golf von Beikos. Nach Plin. a. a. 0. 
wurde derselbe Golf auch nach der an ihm ge- 
legenen Stadt 'Nicopolis benannt, welche Lesart 
jedoch offenbar nur aus Amyeopolis verderbt 
ist, s. Wieseler Spicil. 21f. 28ff. Den portus 
Amyei erwahnt Plinius hier und XVI 239. An- 
droit. und Apollod. Pont. I brachten die Ortschaft 
Amykos bezw. das -fjQcpov'Afivxov mit dem o. nr. 95 
erwahnten Lorbeer in Vcrbindung, dessen Stelle 
jedoch Dionysios durcli die nr. 96 genannten Ortlich- 
keiten vom Golf Amykos trennt; iiber diesen Wider- 
sprach vgl. Gillius III 6 (bei Muller S. 84f.). 
Die von Dionysios Ilo^.dtdeg genannte Kiistenstelle 
ist wohl bei Sultanieh nCrdlich von Indschir koi 
(d. i. Feigendorf, bei Gillius Sykia) zu suchen. 

98. Der Golf Kazdyyiov, fiischreich und der einzige 
fur den Fang ergiebige auf der asiatischen Seite, 
dabei die Spitze 'Ok~i>Qoovg. Ersterer bei Gillius 
Castaeiiim, jetzt Bucht von Tschibuklu, letztere 
bei Gillius Magnum Glari (d. i. )£qov) prom. 
(nCrdlich von Kanlidsche). 

99. $(>v!;ov hfirjv ($!jii;ov Xifttjv Nymph. 1 bei 
Steph. Byz. Hes. HI. 33), eine lange ebene Kiisten- 
strecke, jetzt Kanlidsche. Nach Hesych. a. a. 0. 
(FHG IV 152) war dort ein Heiligtum der Artemis, 
das Iason grundete, Chares erneuerte. 

100. $iela, ein den Chalkedoniern gehOrigerLande- 
platz, bei Gillius TDAxa. jetzt Korfes; wohl 



auch die $idleta Bi&vviag bei Steph. Byz. s. 
$iydXsta. Uber die Form 4>ieXa vgl. Frick z. 
St. (nach Miiller a. a. 0. nr. 120 A.). 

101. Das .Thfcater', eine naturliehe Eundung in 
den Anhohen hinter dem vorigen. 

102. Spitze Aifijios, nach ihrer Gestalt benannt, 
etwa Kebris muhassiK auf Moltkes Karte. Dabei 
nach Schol. 71 ein Hafen Bati-vg (Wieseler) und 
das ileine .Inselchen' Bldfir) (s. d.), wohl nur 

10 ein Uferfelsen. 

103. Ilozafidiviov , das Thai der ,sussen Wasser' 
von Asien bei Anadoli hissar, dabei NavolxXeia, 
eine durch einen Seesieg der Chalkedonier be- 
kannte Kiistenstelle. 

104. 'Eyaia (nicht 'HysTa, wie Muller a. a. 0. 125 ' 
nach demLat. des Gillius vermutete), ein Vorge- 
birge mit heftig brandender StrOmung {jiEQiggovg, 
vgl. o. nr, 98), bei Gillius Moletrino, jetzt Kan- 
dilli ; Benennung nach einem Megarier. Darauf der 

20 nach einem Einheimischen benannte Golf Avxa- 
diov odeT KvxXddior , jetzt Vani k8i. Kandilli 
oder die nachstfolgende, auf den Karten namen- 
lose Spitze muss die Kiistenstelle n^oox&ot bezw. 
Bq6%oi gewesen sein, bei welcher nach Prokop. 
aed. I 8 eine von Iustinian I. erneuerte Kirche 
des Erzengels Michael, gegeniiber der entsprechen- 
den von Anaplus(s. o. nr. 53), stand; unweit davon 
(nordlieh) erbauten Iustinian I. und Theodora 
das Magdalenenstift Merdvoux. 

30 105. Navotfid%iov, nach einer Seeschlacht benannt 
(vgl. o. nr. 103). 

106. Kixdviov, angeblich nach der Schlechtigkeit 
der Anwohner benannt (vgl. Miille r a. a. 0. 128 A.), 
offenbar eine Niederlassung des thrakischen Stam- 
mes der Kikonen (s. d.), dem Anaplus (o. nr. 53) ge- 
geniiber nach Schol. Dion. Per. 142. Jetzt Bucht 
von Dschengel koi. 

107. "Axqai 'PoiCovaai , bei Begldrbegi oder Ista- 
vros; in der Nahe zwei gerundete Felsen, der 

40 grossere und kleinere Alaxog. 

108) Gegenkiiste von Metopon (o. nr. 38), mit einem 
vortrefTlichen Hafen, wohl die Ehede von Bojiik 
iskelessi in Skutari. Ein asiatisches Ostreodes 
(o. nr. 37) vermutet Wieseler z. St. 

109. Chrysopolis (s. d). 

110. Ein vom Meer umbrandetes Vorgebirge, Bovg 
genannt, der Ausgangspunkt der Uberfahrt nach 
Europa. Ein Pfeiler aus weissem Stein mit Dar- 
stellung einer Kuh und einer Inschrift erinnerte 

50 an des Chares hier verstorbene Geliebte BotScov, 
welche unter diesem Namen auch in dem mehr- 
fach uberliefertenEpigramm selbst erscheint (Anth. 
Pal. VII 169. Hes. 111. 29f. Steph. Byz. s. Boa- 
zoqos. Const, them. H 12. Wescher S. 36. 55); 
AdfiaXis dagegen nennt sie Hesych. a. a. 0. und 
die Uberschrift des Epigramms an den ubrigen 
Stellen, welchen Namen Arrian. frg. 35 und by- 
zantinische Schriftsteller auch auf die Ortlichkeit 
ubertragen, s. FHG HI 593. S chafer Demosth. 

60 H2 509 und vgl. Byzantion. Pol. IV 43, 6f. 
44, 3 dagegen, welcher den Namen Bovg (zwischen 
Kalchedon und Chrysopolis) zuerst nennt, fuhrt 
denselben auf die Landung der Io zuruck. Das 
Vorgebirge ist wohl eher in der Westspitze 
von Skutari als in einer der weiter siidlich ge- 
legenen Landspitzen (Kiepert) zu erkennen. 
GewOhnlich und nicht ohne innere Wahrschein- 
lichkeit, doch gegen den Wortlaut der Cberliefe- 



755 



Bosporos 



Bosporos 



756 



rang, wird jedoch der Name Bus oder Damalis 
auf das (von den Alten sonst nicht erwahnte) In- 
selchen yor der Westspitze von Skutari bezogen, 
welches einen von Mohammed II. an Stelle eines 
alteren errichteten Turm tragt, der bei den Fran- 
ken der leanderturm, hei den Tiirken Kys ku- 
lessi (Madchenturm) heisst; sowohl die falschlich 
hieher Iibertragene Leandersage wie die von den 
Tiirken ersonnene Erzahlung (s. Dethier 80f. 
Meyers Turkei4 I 336f. GrosvenoT I 249f. 
u. a.) scheinen an eine dunkle Uberlieferung der 
antiken Sage anzukniipfen. 

111. Auf dieses Vorgebirge folgen noch die Quelle des 
Heragoras (Hermagoras Gillius) und das Heilig- 
tum des Eurostos {zifuvog ijgtoog EvQdbarov, dann 
eine vom Himeros bewasserte ansteigende Kfiste 
mit einem Heiligtum der Aphrodite, endlich die 
Halbinsel mit der Stadt Chalk edon und dabei 
ein gleichnamiger Pluss (s. d.). Die Quelle ist 
nach Gillius III 10 beim Landeplatz von Hai- 
dar Pascha zu suchen (vgl. Hammer II 342), 
der Aphroditetempel wurde durch Konstantin d. 
Gr. in eine Kirche der hi. Euphemia (spater von 
den Tiirken zerstort) verwandelt, in welcher das 
Concil vom J. 451 abgehalten wurde (Euagrius 
II 3. Gillius a. a. 0. Dethier 82, der sie je- 
doch die Stelle des Apollontempels einnehmen lasst), 
der Fluss Heragoras ist in dem siidlich vom Bahn- 
hofe Haidar Pascha miindenden Bache zu er- 
kennen. Mit Chalkedon schliesst die Beschreibung 
des Dionysios, welche Gillius noch his zu den 
Prinzeninseln (s. D em one so s) fortsetzt. 

Ausser der Bezeichnung B. finden sich bei 
den Alten noch B^nennungen wie ozo/xa zov IIov- 
rov, Bv£avnaxov oz6[ia, os (fretuni) Pontieum 
u. s. w., wozu Wieseler Spicilegium 3ff. zu ver- 
gleichen. Friihzeitig scheint im Volksmund die 
einfache Bezeichnung Stevov (Suid. s. 'HQ&Kkiios) 
ttblich gewesen zu sein, nach welcher die Byzan- 
tiner das Ethnikon Szevkrjg bildeten, s. Ste- 
phanus Thes. Par. VII 706 s. Sxevnm. Dem 
vulgaren Szevov (gewahlter Kazdazevov , s. By- 
zantios Kwvaz. I 9) entspricht tiirkisch Boglias 
(Kehle, dann allgem. fiir Meerenge, Engpass u. s. w.). 
Die Kreuzfahrer nannten den B. ,St. Georgsarm' 
(braehium S. Oeorgii), nach einer angeblich von 
Constantin d. Gr. erbauten Kirche dieses erst seit 
den Kreuzziigen popular gewordenen Heiligen. 
Weder eine von diesen, noch die in der geogra- 
phischen Litteratur eingebiirgerte Bezeichnung 
,Strasse von Constantinopel' haben den alten ein- 
heimischen und individuellen Namen B. zu ver- 
drangen vermocht. 

Litteratur: Ausser den ziemlich ausfiihrlichen 
Nachrichten, welche uns bei Herodot Polybios 
Strabon Plinius Arrian Philostratos Hesychios 
Illustrius Prokop u. A. aa. 00. erhalten sind, be- 
sitzen wir die jedenfalls noch vor 196 n, Chr, 
abgefasste Beschreibung des Dionysios von Byzanz 
(s. <L), welche uns lange nur aus der lateinischen 
t'bertragung des Gillius (s. u.) bekannt war, jetzt 
aber von C. Wescher nach einer neu aufgefnn- 
denen Bis. zum grSsseren Teil im griechischen Ori- 
ginal herausgegeben wurde (Dion. Byz. de Bosp. 
navigatione quae supersunt ed. C. Wescher. Par. 
1874, dazu die krit. Bemerk. von P. Wieseler 
Gott. gel. Anz. 1876, 321—369). Das Fehlende ist 
nach Gillius erganzt (§57—95 nach Weschers 



Zahlung, welche auch unseren Verweisen zu Grunde 
liegt). Ein Gegenstiick hiezu aus neuerer Zeit 
ist die von Pierre Gilles (Gyllius) aus Alby um 
1549 auf Grand genauester Ortskenntnis verfasste 
Schrift De Bosporo Thracio libri III, welche zu- 
erst nach des Verfassers Tode (f 1555) in Lyon 
1561 gedruckt wurde (sehr fehlerhaft), spater 
(correcter) bei Elzevir (Lugd. Bat. 1632 0., zu- 
gleich mit der Schrift De Constant, topogr. 1. IV) 

10 und in Sammelwerken (Banduri Imp. Or. Gro- 
nov Thes. ant. gr. VI), am besten von C. Miiller 
Geogr. gr. min. II 1 — 101 mit wertvollen An- 
merkungen und Einleitung (S. I — XIV); leider 
fehlt die dazu gehorige Karte und ein Index. Am 
meisten hat sich um die Erklarung des Dionysios 
0. Frick (Bearbeiter dieses Artikels fiir die 
2. Aufiage) verdient gemacht, dessen Ausgabe 
(Dion. Byz. Anaplus Bospori ed. 0. Frick. 
Wesel 1860. Progr. m. Karte!) jedoch zur Zeit 

20 weder im Handel noch auf Bibliotheken erreichbar 
ist. Spater hat Frick noch Nachtrage (haupt- 
sachlich zur Namenkunde) geliefert in Conjec- 
taneoTum in Dion. Byz, An. Bosp. part. I (Burg 
1865 Progr.). Weitere Beitrage zur Kritik der 
alten Schriftquellen fiber den B. gibt F. Wiese- 
ler Spicilegium ex locis scriptor, vet. ad Bosp. 
Thrac. spectantibus , Gott. 1875. Eine wegen 
seiner Kenntnis der tiirkischen Dinge wertvolle, 
sonst aber sehr unkritische Beschreibung des B. 

30 hat ferner J. v. Hammer Constantinopel u. der 
Bosporos (2 Bde. Pest 1822) II 187—358 gegeben, 
eine kurzere P. A. Dethier Der Bosphor u. Konst. 
(2. Aufl. Wien 1876) 63—83 (sehr fluchtige Ar- 
beit, aber wegen der Localkenntnis des Verfassers 
nicht ohne Wert), die neueste E. A. Grosvenor 
Constantinople (Lond. 1895) I 119—264 (ohne 
Quellennachweise und kritische Priifung der Einzel- 
fragen; Abbildungen). Von griechischen Werken 
ist die ausfuhrliche topographische Beschreibung 

40 des B. bei Skarlatos Byzantios Kwvaxavzivov- 
noliq LT 87—257 (Athen 1862) hervorzuheben. 
Eine bequeme und verlassige Ubersicht gibt 
Meyers Turkei und Griechenland (4. Aufl. Leip- 
zig 1892) I 308—346 (mit Kartchen). Um die 
physische Geographie hat sich zuerst Graf Mar- 
sigli in seinen Osservazioni intorno al Bosforo 
Tracio (Rom 1681) verdient gemacht (vgl. o. S. 745). 
Bedeutender und eine fiir ihre Zeit sehr aner- 
kennenswerte Leistung sind des GrafenAndre- 

50 o s s y Voy. a l'embouchure de la Mer Noire ou 
Essai sur le B. (Paris 1818) und Constantinople 
et le B. (Paris 1828), mit Atks, in welchen 
Schriften auch die fruheren Arbeiten fiber den 
B. kritisch beleuchtet sind. Jetzt ist das Haupt- 
werk P. deTchihatchef Le Bosphore et Con- 
stantinople (Paris 1864; die 2. u. 3. Ausg. 1866 
u. 1877 sind nur Titelauflagen) , wozu noch die 
o. S. 744f. angeffihrten Arbeiten zur Hydrographie 
des B. zu fugen sind. Viele beachtenswerte Aus- 

60 fuhrungen (Klima, Stromung, Aufnahme, Befesti- 
gung, Landschaftliches) enthalten endlich Moltk e s 
Turk. Briefe (Schriften VIII), bes. Brief 4. 9. 13. 
17—19. 21. 26. 29. Karten: Die neueren Ori- 
ginalaufnahmen s. o. ; beste Karte des alten B. 
bei Kiepert Formae orb. ant. XVII, wozu (fiir 
die byzantinische Zeit) die Kartchen bei Spru- 
ner-Menke Handatlas 79. 84. 86. 89 und Hertz- 
berg Gesch. d. Byz. 20f. zu vgl. Beifolgende 



757 



Bosporos 



Bosporos 



758 



Skizze S. 749f. soil nur zur Orientierung dienen 
ohne auf endgiiltige und genaue Feststellung der 
einzelnen Ortlichkeiten Ansprucb zu machen. 

[Oberhummer.] 

2) Der kimmerische Bosporos, Bookoqqs Kifi- 
jjieQioe oder S Kifi^ieQixog B6ojioqos, so genannt 
im Unterschied zu dem Thrakischen B., hiess die 
Meerenge, welche die Maiotis, heute das Azowsche 
Meer, mit dem Schwarzen Meer, dem Pontos Euxei- 
nos, verbindet. Dieser kimmerische B. mit der 10 
Maiotis und dem in dieselbe miindenden Tanais 
(heute Don) gait den Alten als Grenzscheide der 
beiden Erdteile Asien und Europa. (Strab. XI zu 
Anf. u. 6.). Als Merkwiirdigkeit wird angefiihrt, 
dass der B. im Winter zufriert, und zwar so, 
dass Heere fiber das Eis Ziehen konnen und sogar 
Schlachten darauf stattfanden (Herodot. IV 28. 
Strab. VII 307. XI 494). 

5) Der griechische Name der gewohnlich und 
meist Pantikapaion genannten Stadt am Asow- 20 
schen Meer (heute Kertsch). Da Pantikapaion 
schon wegen seines vollig ungriechischen Namens 
auf eine Ansiedlung hinweist, die die Milesier, als 
sie dieselbe eroberten und dort eine griechische 
Colonie anlegten, vorfanden, so hat es nichts Uber- 
raschendes, dass zwar diese neue milesische Colo- 
nie auch einen griechischen Namen (namlich Bos- 
poros) bekam, dass aber der alte Name (Pantika- 
paion) auch auf die Griechenstadt iiberging und 
jedenfalls in vorchristlicher Zeit der vorherrschende 30 
war. Dass aber die Stadt Pantikapaion wirklich 
B. genannt wurde, beweisen Demosthenes (XX 
27. 29) und die in Olbia gefundene Inschrift 
(Latyschew I 22), wo deutlich aus der tfber- 
schrift: ooat noXeig iozetpdvwoav hervorgeht, dass 
mit dem nun folgenden Bootioqos die Stadt ge- 
meint ist. Auch den gelehrten Geographen des 
Altertums (s. Plin. n. h. IV 78. Steph. Byz.) war 
dieser Name fiir die sonst Pantikapaion genannte 
Stadt bekannt. In byzantinischer Zeit ist B. der 40 
ubliche Name, wogegen der Name Pantikapaion 
verschwindet. Cber die Inschriften mit aqyovzeg 
Booxoqov xai Qevdoofyg etc., wo m. E. Boojiogog 
auch die Stadt dieses Namens bezeichnet, wird 
weiter unten gesprochen werden. Da aber B. 
unter der Hand kraftiger, zielbewusstcr Archonten 
sowohl auf europaischer als auch auf asiatischer 
Seite der Meerenge sein Gebiet bedeutend aus- 
dehnte und bald der Mittelpunkt einer ansehn- 
lichen Herrschaft wurde, so ging der Name B. 50 
oder B. KiiifisQtog auch auf diese fiber, so dass 
B. oder B. Ki/j-fiigiog auch das bosporanische 
Reich bedeutete. Von diesem soil im folgenden 
gehandelt werden. 

I. Archaianaktiden. Diodor (XII 31) ist 
der einzige, der uns berichtet, dass die Archai- 
anaktiden am kimmerischen B. geherrscht haben; 
die Dauer lhrer Herrschaft giebt er auf 42 Jahre 
(480 — 438 v. Chr.) an; aber weder die Namen 
noch die Begierungsdauer der einzelnen Mitglieder 60 
dieses Hauses — denn dass die Archaianaktiden 
nach einem Archaianai, der, man weiss nicht auf 
welche Weise, in den erb lichen Besitz des kim- 
merischen B. kam, sich nannten, erscheint klar — 
noch den Umfang ihrer Macht giebt er an. Aus 
dem, was wir weiter unten ausfuhren werden, wird 
erhellen, dass Pantikapaion der Hauptsitz ihrer 
Macht und dass sie im wesentlichen auf diese 



Stadt und deren Gebiet beschrankt waren. Schon 
aus diesem Grunde und weil fiir Pantikapaion 
milesischer Ursprung bezeugt und von irgend wel- 
cher Hiilfe anderer griechischer Staaten bei dieser 
Griindung nirgendwo die Bede ist, erscheint es 
mir nicht richtig, mit Boeckh (in der introduet. 
zu den inscriptiones Sarmatiae im CIG II p. 
90ff.) fiir die Archaianaktiden mytilenaeischen Ur- 
sprung anzunehmen; Boeckh stfitzt sich bei 
seiner Annahme wesentlich auf die Uberlieferung, 
wonach bei der Griindung der Stadt Hermonassa 
auf der asiatischen Seite des kimmerischen B. 
Mytilenaeer beteiligt waren (Eustath. ad Dionys. 
Perieg. 549) und wonach ein Archaianax aus My- 
tilene als Griinder der Stadt Sigeion gait, aber 
der Name Archaianax ist doch nicht specifisch 
mytilenaeisch, und die Stadt Hermonassa gehOrte 
keinesfalls zum Beich der Archaianaktiden. Sie 
waren ein Geschlecht, welches in Pantikapaion 
in den erblichen Besitz der obersten Macht ge- 
kominen war, das ist alles, was wir von ihnen 
wissen; es liegt doch naher, sie fiir ein panti- 
kapaitisches, als ohne ein bestimmtes Zeugnis fiir 
ein fremdes und auswartiges Geschlecht zu halten. 

n. Spartokiden. Von den Archaianaktiden 
ging die Begierung auf Spartokos und dessen 
Nachkommen fiber. Ob dieser Wechsel in Ruhe 
sich vollzog oder Kampfe in seinem Gefolge hatte, 
ob Spartokos in verwandtschaftlichen Beziehungen 
zu seinen Vorgangern im Amte stand oder ob er, 
wie man aus seinem Namen hat schliessen wollen, 
thrakischen Ursprungs war und als Fiihrer thra- 
kischer Truppen in den Besitz der obersten Macht 
zu Pantikapaion sich setzte (s. Perrot Revue 
historique IV 31 ff.), wissen wir nicht und haben 
bei dem Mangel an Nachrichten auch keine Mittel, 
diese sich aufdrangenden Fragen der Entschei- 
dung naher zu bringen. Aber dem ersten Spartokos 
und seinen Nachfolgern verdankt Pantikapaion 
seine Machterweiterung und VergrOsserung; erst 
von dieser Zeit an kann man von einem bospo- 
ranischen Reich sprechen, welches weit fiber das 
Gebiet der Stadt Pantikapaion hinausgriff und 
eine Macht reprasentierte, welche die umwohnen- 
den Skythen und andere Barbaren im Zaume hielt 
und ebenso im Verkehrs- und Erwerbsleben des 
griechischen Matterlandes eine bedeutende Eolle 
spielte. 

1. Die einzelnen Regenten. Die Namen 
sowohl als die Regierungszeiten der ersten Spar- 
tokiden hat uns Diodor iiberliefert. Zum J. 438 
erzahlt er das AufhOren der Herrschaft der Archai- 
anaktiden und den Regierungsantritt der Sparto- 
kiden mit Spartokos (XII 31), zum J. 433 den 
Tod des Spartokos und den Regierungsantritt des 
Seleukos (XII 36), zum J. 393 den Tod des Sa- 
tyros, des Sohnes des Spartokos, und den Regie- 
rungsantritt des Leukon, des Sohnes des Satyros 
(XIV 93). Spartokos regiert 7 Jahre (so XII 31; 
XII 36 hat cod. Patm. ejzxaxalSexa , die ubrigen 
dexaexid), Seleukos (XII 36) bezw. Satyros (so 
XIV 93) 40 (XII 36 cod. Patm. zEzzagdr.ovza ; 
die ubrigen ziaoaga; XIV 93 cod. Patm. rezza- 
qaxovza zhzaga, die ubrigen: dexaziaoaQa). Da 
Diodor in diesen Partien keine Lficke hat und 
da die von der besten und altesten Hs. (P) ge- 
botenen Zahlen der einzelnen Regierungen nam- 
lich fiir Spartokos 7, fiir Seleukos bezw. Satyros 



759 



Bosporos 



Bosporos 



760 



40, genau die Zeitr&ume fallen, welche man nach 
den den erzahlten Ereignissen vorgesetzten Jahres- 
zahlen (438—433/432; 433/432—393/392) als ihre 
Eegierungsdauer voraussetzen muss, so scheint 
mir kein Grund vorhanden, von der Eeihenfolge 
sowohl als yon der Regierungsdauer dieser ersten 
Spartokiden, wie sie Diodor bietet, abzuweichen. 
Allerdings ist dann anzunehmen, dass XII 36 
Ssksvxoe firr Zaivgog verschrieben ist. Halt man 



Folgen einer Wvmde start. Nach seinem Tode 
ubernahm der dritte Sohn des Pairisades, Prytanis 
mit Namen, des verstorbenen Satyros Heeres- 
macht und Begierung, aber auch er unterlag bei 
einem feindlichen Zusammenstoss seinem Bruder 
Eumelos, der yon nun an alleiniger und unbe- 
strittener Beherrscher des kimmerischen B. -war, 
aber schon nach sechs Jahren im J. 304/03 starb 
(Diodor XX 22f. und 100). Auf den Eumelos 



gegeniiber den vom cod. Patm. gebotenen Zahlen 10 folgt mit einer Begierungszeit von 20 Jahren 



an den Zahlen der Vulgata fest , so folgt auf Spar- 
tokos I. (438/37-433/32) Seleukos (433/32-429/28), 
zwischen Seleukos und Satyros (407/06—393/92) 
aber ist dann eine Liicke von 22 Jahren. Diesen 
Zeitraum pflegt man nach dem Vorgange d e B o z e s 
gewohnlich durch Annahme eines Spartokos II. 
auszufullen, was mir aus den oben entwickelten 
Griinden ganz verkehrt zu sein scheint. Viel- 
mehr regierte Spartokos I. von 438—433/32 und 



(also von 304/03—284/83) sein Sohn Spartokos III. 
(Diodor XX 100). Yon dem J. 284/83 ab ist die 
Eeihenfolge der bosporanischen Eegenten nicht 
mehr sicher festzustellen; auf Spartokos III. folgte 
Pairisades II. (Latyschew 35. 16. 15); dieses 
Pairisades Sohn war Leukon (Latyschew 15), 
aber auch ein Spartokos, des Pairisades Sohn, wird 
als Konig des B. erwant (Latyschew 18). Wenn 
wir diesen Pairisades fiir einen und denselben 



Satyros I. von 433/32—393/92; ihm folgte Leu- 20 Konig halten, so hatte er zwei Sohne, Spartokos 
kon I. mit einer Eegierung-szeit von 40 Jahren und Leukon; auf diese Bruder hat Latyschew 



einer Eegierungszeit von 40 Jahren 
(Diodor XIV 93. XVI' 31), also 393/92—354/53, 
ihm sein Sohn Spartokos II. mit 5 Jahren, also 
354/53 — 349/48, ihm wiederum sein Bruder Pai- 
risades I. mit 38 Jahren, also 349/48—310/09 
(Diodor XVI 31. 52. XX 22). Dass in diesen 
Zahlen des Diodor ein Fehler steckt, ist erst durch 
die Auffindung des Psephismas der Athener zu 
Ehren von Leukons Sohnen, Spartokos und Pai 



Introd. XXVII gewiss richtig die Verse des Ovid 
(Ibis 309 aut pia te caeso dicatur adultera, stent 
qua cecidit Leueon vindice, dicta pia est) mit 
dem Scholion (in der Ausgabe von Ellis): Leu- 
oon unus ex Pontieis regibus Spartacon fra- 
trem suum inter fecit, qui cum Meatkoe uocore 
sua solebat adulterari. Postea idem Leucon 
interfectus est ab uxore sua. bezogen. Darnach 



risades aus dem April des J. 346 v. Chr. (Sch afer 30 folgten sich Spartokos III., Pairisades EL, Spar- 

lv ri El/1 nn V Villi ^ 1 O . ^y\X n X /lT A T"\^f^ 1 AA 1_\ j 1. TTT ^ T i -r-r- ^r-m -*-*. • ■ * 



Eh. Mus. XXXHI 418; jetzt CIA IV 2, 109 b) 
klar geworden. Dasselbe lehrt uns, dass nach 
Leukons Tode seine beiden Sohne zusammen regier- 
ten und dass im Friihling 346 Spartokos noch 
lebte, der nach Diodor sch€n ein oder zwei Jahre 
vorher gestorben sein miisste. Es kommt hinzu, 
worauf A. Schafer hinwies, dass die von den 
Sohnen Leukons zur Erneuerung und Bestatigung 
des Freundschaftsbundes , der schon ihren Vater 



tokos IV. und Leukon II. Ihre Eegierungsjahre 
sind ganzlich unbekannt. 

Aus einer pantikapa'itischen Inschrift (Laty- 
schew 19) ist noch einKOnig Pairisades, der Sohn 
des KOnigs Pairisades Philometor und der Kiini- 
gin Kamasarye , bekannt geworden ; dass diese 
beiden gleichnamigen bosporanischen Konige von 
dem vorhin erwahnten Pairisades II. verschieden 
sind, ist sehr wahrscheinlich ; ob sie aber dem 



und Grossvater _ mit Athen verband , entsandte 40 Leukon II. folgten oder ob zwischen diesem letz 



Gesandtschaft nicht so lange nach Leukons Tode 
stattgefunden hat, wie sie stattgefunden haben 
miisste, wenn wir seinen Tod mit Diodor ins 
J. 354/53 setzen. Der bei Diodor jetzt offenbare 
Fehler ist jedenf alls dadurch entstanden, dass die 
uns inschriftlich bezeugte Zusammenregierung der 
Bruder Spartokos und Pairisades in zwei nach 
einander erfolgte Eegierungen zerlegt wurde. So- 
lange fur die Biicher Diodors von XVI an die 



teren und Pairisades Philometor noch ein anderer 
Eegent einzuschieben ist, wissen wir nicht. Dass 
der letzte Spartokide auch Pairisades hiess, wissen 
wir aus Strabon (s. weiter unten). tiber die erhalte- 
nen Mfinzen mit den Aufschriften fiaedews Aeixo)- 
vog, fiaodJojg 2jia.Qx6y.ov und fiaodJfos IlaigiouSov 
herTscht unter den Numismatikern so wenig Einig- 
keit, dass wir bei der Eeconstruierung derRegenten- 
liste von Spartokos III. ab keinen Nutzen dar- 



Lesarten dps treff lichen cod. Patm. uns unbekannt 50 aus zu ziehen vermogen; dass aber in derselben 



sind, die ja vielleicht in den Zahlen, wie oben, 
wesentlich von der Vulgata abweichen , erscheint 
mir durch die Annahme, dass die der Einzelregie- 
rung des Spartokos gegebenen fiinf Jahre dem 
Leukon genommen sind, dass also Leukon nicht 
40, sondern 45 Jahre, nicht von 393/92—354/53, 
sondern von 393/92—349/48 regierte, am ein- 
fachsten dieser Widerspruch zwischen Diodor und 
den inschriftlich bezeugten Thatsachen beseitigt 



trotz der inschriftlich feststehenden und ehen be- 
sprochenen Konigsnamen Liicken sind, die wir 
mit Hiilfe der Miinzen auszufullen hatten, ist 
moglich, aber keineswegs sehr wahrscheinlich, 
denn der Zeitraum von Spartokos III. (also von 
284) bis auf den letzten Pairisades (wohl V., stirbt 
etwa 114 v. Chr.) von 170 Jahren auf sechs Ee- 
genten verteilt, ergiebt einen Durchschnitt von 
28 Jahren fur jede Kegierung, der nicht so gross 



zu werden. Darnacb also regierte Leukon von 60 ist, dass dadurch notwendig die Annahme, dass 



393/92—349/48, Spartokos II. von 349/48—344/43 
und Pairisades von 349/48—310/09. 

Nach Pairisades I. Tode ubernahm Satyros II. 
des Vaters Herrschaft, aber sein Bruder Eumelos 
machte ihm dieselbe streitig. In dem darauf 
ausbrechenden Kriege, woran barbarische Stamme 
als Hulfstruppen auf beiden Seiten teil nahmen, 
blieb Eumelos Sieger, wahrend Satyros an den 



zwischen 284 und etwa 114 v. Chr. Namen von 
bosporanischen Konigen uns verloren gegangen 
wiiren, empfohlen wilrde. 

2. Titel und Machtbefugnisse der Spar- 
tokiden. Die mit den alteren Spartokiden gleich- 
zeitigen athenischen Eedner wie Lysias (XVI 4) 
und Isokrates (XVII 3) nennen den Namen des 
Satyros ohne einen Zusatz, der auf seine Wurde 



761 



Bosporos 



Bosporos 



762 



schliessen liesse. "Wenn Lysias zu <us SaxvQov 
zur Unterscheidung etwa gleichnamiger Manner 
xov iv IIovTcp hinzusetzt, so bedarf es bei Iso- 
krates dessen nicht einmal, da die Rede von einem 
Unterthan des Satyros gehalten wurde, wodurch 
von vornherein jeder Zweifel, welcher Satyros 
gemeint sei, ausgeschlossen war. Demosthenes 
dagegen nennt Leukon aQxovza Boojcoqov (XX 29). 
Und dass Sqxcov die officielle und richtige Be- 
zeichnung ihrer Wiirde war, lehren die Inschriften, 
auf denen die Spartokiden aexorzsg Bootzoqov xai 
©eodootys und fiaodsvovte; Sivdaiv Matr&v u. s. f. 
heissen. Diesen Zeugnissen gegeniiber kommen 
die Bezeichnungen spaterer Schriftsteller, die sie 
bald Svvdozai, bald zitgavvot, bald fiaodels nennen, 
nieht in Betracht. Aber diese bei den alteren 
Spartokiden ubliche Titulatur wich seit Anfang 
des 3. Jhdts. inrmer mehr der ausschliesslichen 
Bezeichnung fiaodsvg, wie nach dem Muster von 
Alexanders Nachfolgern die spateren Spartokiden 
sich selbst nannten und auch in Volksbeschliissen 
von anderen Staaten genannt wurden (Belege 
s. bei L at y s ch e w Introduct. XXVf.). In der alte- 
ren Titulatur : aQxovxeg Bootioqov xai OsoSoairjg 
xai fiaodsvovtes Zivd&v Mait&v u. s. f. ist also 
deutlieh die verschiedene Stellung der bospora- 
nischen Regenten ihren Unterthanen gegeniiber 
ausgesprochen, und zugleich liegt darin der deut- 
liche Hinweis, dass das Archontat im B. der Er- 
werbung der Konigswiirde ttber die verschiedenen 
barbarischen Stamme voranging. fiber das Ar- 
chontat selbst, das fiir die griechischen Stadte 
und die zu ihnen gehOrigen Gebiete Geltung hatte, 
lasst sich zunachst sagen, dass es lebenslanglich 
und erblich war, also schon hierin von alien aus 
anderen Stadten bekannten Amtern dieses Namens 
sich wesentlich unterschied. In der Lebenslang- 
lichkeit und Erblichkeit dieses bosporanischen 
Amtes lag aber weiter, dass seine Triiger weit 
grOssere Machtbefugnisse, als sonst mit dem Ar- 
chontat verbunden zu sein pflegten, wenn nicht 
von Anfang an schon hatten, so doch im Laufe 
der Zeit bekamen. Einen Einblick in die all- 
mahliche Entwicklung dieses Amtes zu thun ist 
mis versagt; aber schon die alteren Spartokiden 
haben Machtbefugnisse, die in anderen griechi- 
schen Staaten der fiovlrj und dem drjfto; zustehen: 
so erteilen Pairisades und seine Sfihne Proxenie- 
decrete (Latyschew nr. If.), so erneuern Leukons 
Sohne Spartokos und Pairisades nach dem Tode 
ihres Vaters mit Athen den Freundschaftsbund 
und gewahrleisten von neuem die von ihren Vor- 
fahren Athen schon zugestandenen Privilegien 
(CIA IV 2, 109 b), und dasselbe thut Spartokos III. 
(CIA II 311); und folgerichtig gesteht Athen 
seinerseits die Atelie fiir Ausfuhrwaren nach dem 
B. nui Leukon und seinen Kindern zu (Demosth. 
XX 31). 

Auch die Verfugung iiber Land steht ihnen 
zu : Satyros vergiebt an Gylon , den athenischen 
Commandanten von Nympnaion, als Dank fiir 
dessen Ubergabe dieser Stadt Kepoi (Aischines 
III 171) und ebenso an Sopaios Landereien, die 
er spater noch durch ein neues Geschenk ver- 
grOssert, und dass diese nicht gering waren, erhellt 
daraus, dass Sopaios zwei mit Getreide beladene 
Schiffe seinem Sohn nach Athen mitgiebt, was 
wir alles aus Isokrates Trapezitikos (XVLT) er- 



fahren; hierher gehOrt auch, dass Eumelos den 
aus ihrer Vaterstadt geflohenen Kallatianem nicht 
nur eine Stadt als Zufluchtsstatte anwies, sondern 
auch rrjv SvouaCofievtjv Woav xai rr/v x^>Q av "ctrs- 
xlrjQovxrjOEv (Diodor XX 25). Wie Pairisades 
durch ein xr/Qvyfia zollfreie Ausfuhr von*Getreide 
nach dem Peiraieus anordnete (Demosth. XXXIV 
36), so gestand Eumelos den Bewohnern von Panti- 
kapaion die Atelie, die sie schon unter seinen 

10 Vorfahren hatten, von neuem zu und verkiindete 
twv eioifOQwv ajzavra; a<pqostv, wo Atelie offen- 
bar Zollfreiheit fiir Ein- und Ausfuhr, die doyooaL 
aber die ad hoc auferlegten Steuern bedeutet 
(Diod. XX 24). Und wenn derselbe Eumelos in 
derselben Volksversammlung, worin er Atelie und 
Steuerfreiheit zugestand, zrjv naxQiov jioXizelav 
djioxarearrjos, so kann das nichts anders bedeuten, 
als dass er die von seinen Vorfahren geiibte Regie- 
rungsweise nun auch seinerseits beobachten wollte 

20 und Atelie und Steuerfreiheit den Pantikapaiten 
wiederschenkte, wahrend er durch den Bruderkrieg 
gezwungen aus Mangel an Geldern Zslle und 
Steuern eingefuhrt hatte. Latyschews (Introd. 
XXVI) Erklarung des xr\v jcoltqiov ziolnuav djio- 
xazEozrjOB trifft offenbar nicht das Richtige. 

Dieser Maehtstellung der bosporanischen Ar- 
chonten entsprechend linden wir sie auch iiberall 
bei kriegerischen Unternehmungen an der Spitze 
des Heeres. Alle diese Ziige, so vereinzelt sie 

30 auch iiberliefert sein mflgen, geben uns doch ein 
Bild ihrer Machtbefugnisse, die gross genug waren, 
um die spatere ausschliessliche Bezeichnung als 
fiaodeig berechtigt erscheinen zu lassen. Den 
barbarischen Stammen, die sie sich unterworfen 
hatten, gegeniiber nannten sie sich ja von Anfang 
an jiaodsTg, wodurch deutlieh ihre Stellung zu 
ihnen zum Ausdruck kam. Dagegen scheint das 
Eecht, ihre Namen auf die Miinzen schlagen zu 
lassen, erst den spateren Spartokiden verliehen 

40 zu sein ; denn die Miinzen mit der Aufschrift /?a- 
adScK und dem betreffenden Namen des KSnigs 
sind sicher alle spateren Ursprungs, sicher nach 
Alexander dem Grossen gepragt, wahrend Miinzen 
mit der Aufschrift agxovzos und dem betreffenden 
Namen ganzlich fehlen; dass dies auch fiir die 
Miinzen in der Zeit vor Alexander dem Grossen 
die richtige Titulatur ware, erhellt aus dem oben 
Gesagten. In der alteren Zeit ist auf den Miinzen 
der Name Pantikapaions die ubliche Legende. 

50 3. Umfang und Grenzen des Eeiches. 
Dass die Archaianaktiden und auch anfangs die 
Spartokiden jedenfalls auf der europaischen Seite 
des B. auf Pantikapaion und dessen Gebiet be- 
schrankt waren, ist sicher; wir ktanen noch die 
Etappen nachweisen, auf denen sie nach Westen 
ihre Macht ausbreiteten. Die erste Erwerbung 
war Nymphaion, eine athenische Besitzung, deren 
Commandant Gylon diese durch ihren Hafen und 
ihre Lage ausgezeichnete Stadt dem Satyros I. 

GOiibergab (Aischines HI 171), was, wie alle an- 
nehinen, erst gegen das Ende des peloponnesischen 
Krieges geschah, als Athens Macht zerstort und 
das Festhalten eines so entfemten Besitzes un- 
moglich geworden war. Mit der Thatsache, dass 
N}Tnphaion ursprunglich nicht zum bosporani- 
schen Seiche gehfirte, steht im Einklang, dass 
westlich von Kertsch (dem alten Pantikapaion) 
sich ein noch deutlieh erkennbarer, teilweise gut 



763 



Bosporos 



Bosporos 



764 



erhaltener Wall mit Graben hinzieht, der nordlich 
die Maiotis, stidlich den B. beriihrt, hier aber so 
lauft, dass er Nymphaion ausschliesst (s. C. Neu- 
mann Hellenen im Skythenlande 499, der auf 
Dubois de Montpe'reux Voyage autour de 
Caucase'V 186 sich bezieht, und Mac Pherson 
Antiquities of Kertsch 10). Dass dieser Wall die 
urspriingliche Grenze des bospoianischen Reiches 
bezeichnet, kann fiiglich nicht bezweifelt werden. 



fur Theodosia als Namen Ardabda, was er mit 
Ejitadsog iibersetzt, angiebt, so wird dieser Name 
alt sein, und nicht erst alanisch, wie der Ano 
nymus glaubt, und wenn darin das Etymon fur 
,Gott' steckte, so ist die Umtaufung in Theodosia 
um so begreiflicher. Also Satyros I. hat mit den 
Skythen Kampfe ausgefochten und ist sogar nach 
der tjberlieferung bei der Belagerang einer ihrer 
Ansiedlungen gefallen ; erst seinem Sohne Leukon 



Vollzog sich die Erwerbung Nymphaions auf fried- 10 gelang die Eroberung dieses Platzes, der seitdem 



lichem Wege, so verwickelte die Spartokiden das 
weitere Vorschreiten nach Westen in Kriege. Die 
naehste filr uns erkennbare Etappe ihrer Macht- 
erweiterung is.t bezeichnet durch den Ort, der 
spater Theodosia, jetzt Kaffa heisst. Mussten 
schon die Milesier, als sie sich in Pantikapaion 
niederliessen und dort eine Colonie grundeten, 
Schritt fur Schritt mit dem Schwerte in der Hand 
den Landeseinwohnern den Boden entreissen, so 
wiederholte sich dieser stete Kampf und das Zu- 20 
riickdrangen der Skythen naturgemass, sobald 
Satyros nach der Einverleibung Nymphaions an 
die Eroberung Theodosias ging: er musste doch 
notwendigerweise das zwischen seiner Hauptstadt 
und dem letzteren Orte gelegene Land sich unter- 
worfen haben, wenn er ihn nicht nur erobern, 
sondern auch behaupten wollte. Gegenuber Neu- 
mann (Hellenen im Skythenlande201) muss betont 
werden, dass die Landeseinwohner auch dieser 



Theodosia hiess und zu einem bliihenden Handels- 
platze sich entwickelte. Aber diese Ausdehnung 
des bosporanischen Eeiches nach Westen musste 
auch die Aufmerksamkeit der auf der Westkuste 
gegrfindeten herakleotischen Colonie Chersonesos 
auf sich ziehen : Chersonesos, selbst im Auf bliihen 
begriffen und naturgemass auch auf Ausdehnung 
seines Gebietes bedacht, sah die Bosporaner sich 
immer naher kommen. 

Die spater oft hervortretende Rivalitat zwischen 
Pantikapaion und Chersonesos, die wiederholt 
zu blutigen Kampfen zwischen beiden Staaten 
fuhrte (s. Konst. Porphyr. de adm. imp. c. 53, 
dessen Erzahlungen im einzelnen stark ausge- 
schmiickt sein m8gen, die aber nicht gemacht 
werden konnten, wenn eben nicht wirklich Kriege 
gefiihrt wurden), scheint alt zu sein und in eine 
Zeit zuriickzugehen, wo der Spartokiden Zuwachs 
an Land und Macht den Chersonesiten bedroh- 



ostlichen Halbinsel der Krim Skythen waren, die-301ich und gefahrlich erschien. Wie gesagt, Cher- 



selben Skythen, die damals das ganze weite Ge 
biet zwischen Don und Donau besassen. Dies 
bezeugt ausser Herodot (IV 99. 100) namentlich 
Strabon (XI 494 vgl. mit VII 310); wenn letzterer 
sagt, dass die griechischen Colonflten die Skythen 
zuruckdrangten und hinauswarfen aus dem Ort 
Pantikapaion, wo sie eine griechische Colonie an- 
legten, so stimmt hierzu Steph. Byz. s. Ilavxi 
xdjiaiov: lajiovxsg xov ronov naoa. 'Ayarjxov Sxv 



sonesos war die Tochterstadt Herakleias, der 
bliihenden Handelsstadt am bithynischen Ufer des 
Pontos. Dass letztere der ersteren sogar noch 
in der rOmischen Kaiserzeit sich annahm, lehrt 
die von Latyschew S.-Ber. Akad. Berl. 1895, 505 
nr. -1 herausgegebene Inschrift. Sollte sie nicht 
auch schon friiher fur Chersonesos eingesprungen 
sein? Polyaen (V 23) berichtet Ton einer Kriegs- 
list eines herakleotischen Nauarchen Tynnichos: 



&(bv jiaadiatg. Und an der Siidost- und an der 40 Tivvixog 6avdooiag xfjg ev np JIdvxqj tioIioqxov 



Sudkuste bis iiber Theodosia hinaus bezeugt 
auch der Anonym us (peripl. Pont. Eux. 50) aus- 
drucklich Skythen: onto ovv 'A{h)vaiu>vog fisxQ 1 
Kvtu>v 2xv$ai xaroixovotv — eine Bemerkung, 
die sicher auf alte Quellen, die in dieser Gegend 
noch keine griechischen Emporien kannten, zu- 
riickgeht. Halt man hiemit Harpokration : 0ev- 
Soaia ytoQiov xeifievov eyyvg xu>v SxvSoov o Sdxv- 
poj jxohoQxa>v helevTtjos zusammen, so wird es 



fisvys vjzo tcov ttXtjOiov xvq&vvidv xal xivdvvevovOTjg 
akatvai xtjv moXioQxtav sXvoev. Die ol nXrjoiov 
xvgavvoi sind doch offenbar die Spartokiden, die 
gerade bei griechischen Schriftstellern so oft xv- 
Qavvoi genannt werden; Aristoteles (oecon. H2, 8) 
erwahnt eine Expedition der Herakleoten eni xovg 
iv BotmoQa rvgavvovg; ob es diejenige des Tyn- 
nichos oder eine spatere war, ist nicht zu ent- 
scheiden. Wenn aber die xvQavvoi die Spartokiden 



klar, dass der Ort, der spater Theodosia hiess, 50 sind, dann ist man doch auch sehr geneigt an- 



eine skytische Ansiedlung war gerade wie Panti- 
kapaion, dessen ungriechischer Name doch schon 
auf eine Ansiedlung hier vor der Ankunft der 
Milesier schliessen lasst. Zwar sagen die Periplen 
des Arrian und des Anonymos, dass Theodosia 
eine milesische Colonie sei ; aber Theodosia ver- 
dankt seinen Namen sowohl als seine Einrichtung 
zu einem Emporion dem Leukon (Demosth. XX 
33 mit den Scholien). Und giebt es irgendwo 



zunehmen, dass die Belagerung des Platzes die- 
jenige ist, bei welcher Satyros ums Leben kam. 
Denn von einer Belagerung Theodosias, nachdem 
es spartokidisch geworden, durch ihre eigenen 
Herren weiss man nichts, auch ist eine solche 
von vornherein sehr unwahrscheinlich , da immer 
die Spartokiden auf den Inschriften aoyorxeg Bo- 
otcoqov xal Btodoairjg sich nennen, also von einer 
auch nur zeitweisen Lostrennung Theodosias vom 



eine griechische Colonie, die nicht zugleich Em- 60 Reich nirgends eine Spur sich findet. Also scheint 



porion gewesen ware? Und musste sie nicht 
einen griechischen oder mindestens graecisierten 
Namen haben? Die Angabe der Periplen ist so 
zu verstehen, dass Theodosia insofern eine mile- 
sische Colonie genannt wird, als ihre Anlage als 
Emporion von Pantikapaion, der bekannten mile- 
sischen Colonie und zugleich Hauptstadt Leukons, 
ausging. Und wenn nun des Anonymus Periplus 



es mir sehr wahrscheinlich, dass in der oben aus- 
gehohenen Stelle des Polyaen die Belagerung Theo- 
dosias durch Satyros gemeint ist; freilich hebt 
Tynnichos dieselbe auf. Aber das stimmt ja auch, 
da Satyros nicht in den Besitz dieses Platzes kam, 
sondern erst sein Sohn und Nachfolger Leukon. 
Und daran, dass Herakleia, um Satyros an der 
Ausbreitung seiner Macht zu hindern, die Skythen 



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unterstiitzt, denen er diesen Platz nehmen wollte, 
wird wohl niemand Anstoss nehmen. Etliche 
Jahrzehnte spater horen wir abermals von einem 
Krieg Herakleias mit Leukon I. Die Ursache 
dieses Krieges werden wir wohl auch richtig in 
der fortschreitenden und Chersonesos bedrohlich 
werdenden Macht der Spartokiden suehen, gerade 
wie friiher; iiber seinen Verlauf und sein Ende 
wissen wir wenig, Polyaen (VI 9, 4) erzahlt von 
einer seitens der Herakleoten versuchten Landung, 
die Leukons Hopliten verhindert haben, und (V 44, 
2) von einer Schlappe, die Memnon, der Rhodier, 
durch eine Kriegslist dem Leukon beibrachte; 
denn dass Memnons Zug gegen den B. mit dem 
Krieg, welchen Herakleia gegen Leukon fuhrte, 
zusammenhangt, scheint mir sicher (vgl. Droysen 
Hellenism. I 58); ob dagegen der schliessliche 
Ausgang fur Leukon gliicklich oder unglucklich 
war, ist aus Polyaen. VI 9, 3 nicht zu ersehen; 
dass er aber nicht ganz ungliicklich war und ihn 
weder Thron noch Land kostete, lehrt der weitere 
Verlauf der bosporanischen Geschichte. Dieser 
Krieg, der wegen der Beteiligung Memnons etwa 
355 v. Chr. fallt, ist schon aus diesem Grande 
von dem Zuge des Tynnichos zu trennen. 

Fortan blieb Theodosia im Besitz der bospo- 
ranischen Regenten, und eine Mauer von Theodosia 
bis zur Landzunge Arabat bezeichnet die Grenze 
ihres Reiches gegen Westen. Innerhalb dieses 
Gebietes war die skythische Bevtilkerung nicht 
bios unterworfen, sondern auch sesshaft geworden, 
was Strabon VII 311 bezeugt, der die im Striche 
zwischen Theodosia und Pantikapaion wohnenden 
recogyot den iiber ihnen hausenden Nofiddeg gegen- 
tiberstellt. Mit den ausserhalb der Grenze woh- 
nenden oder streifenden Skythen war das Ver- 
haltnis je nach den Zeiten. verschieden: am Ende 
der Regierung des Leukon im Kriege gegen 
Memnon fochten Skythen auf bosporanischer Seite 
(Polyaen. VI 9, 4), gerade wie einige Jahrzehnte 
spater im Bruderkriege Skythen die Hauptmacht 
des Satyros ausmachten (Diod, XX 22) , aber 
andererseits musste schon Leukons Nachfolger 
Pairisades Krieg gegen die Skythen fiihren (Dem. 
XXXIV 8). Aber es vermochten die ersten Spar- 
tokiden doch diese Barbaren soweit im Zaume zu 
halten, dass Pantikapaion, Theodosia und die 
anderen Emporien gedeihen und Handel und Wan- 
del in denselben bliihen konnten. 

So gut wie auf der europaischen Seite konnen 
wir auf der asiatischen die allmahliche Aus- 
breitung der Macht der bosporanischen Regen- 
ten nicht verfolgen. Strabon (XI 495) sagt 
uns, dass wie Pantikapaion ihre Hauptstadt 
auf der europaischen , so Phanagoria auf der 
asiatischen gewesen ist, aber das gilt fiir die 
Zeit des Schriftstellers und fur die Zeit der 
grSssten Ausdehnung des bosporanischen Reiches. 
Fur uns fragt es sich, wann Phanagoria, eine 
um die Mitte des 6. Jhdts. gegriindete Co- 
lonie der Teier, bosporanisch geworden ist! Man 
nimmt gew6hnlich an, dass schon die Archaia- 
naktiden mit uber Phanagoria geherrscht und also 
schon damals beide Stadte, Pantikapaion und 
Phanagoria, einen Staat unter einem Archonten 
gebildet haben. Aber ein bestimmtes Zeugnis 
dafiir fehlt. Hekataios, der erste, der fur uns 
iiber Phanagoria sprach, sagt nichts, als dass diese 



Stadt von Phanagoras gegrundet ist (Steph, Byz. 
s. &avayoQeia), also dasselbe, was Arrian (bei 
Eust. zu Dion. Perieg. 549) berichtet, ausser dass 
bei letzterem der Griinder ^aivayoqag heisst und 
ein Te'ier ist, der vor der Macht der Perser mit 
seinen Genossen aus Teos floh. Und wenn Diodor 
bei der Erzahlung des Ubergangs der Macht aus 
den Handen der Archaianaktiden an die Sparto- 
kiden sagt: Kara Sh xtjv 'Aoiav ol xov Kififiegiov 

10 Boouzoqov fiaailevoavxEg .... rj(>!ga.v (XH 31), so 
darf man hier sicher nicht aus dem Ausdruck 
xaxk 8e xr\v 'Aoiav schliessen, dass auch die asia- 
tische Seite des B. zu ihrem Machtbereich gehert 
habe. Denn naxa ds xr/v 'Aoiav bildet den Gegen- 
satz zum vorhergehenden xata fiev xr/v 'IxaXlav, 
und eine geographisch genaue Ausdrucksweise, 
wonach die linke Seite des kimmerischen B. zu 
Europa, die rechte dagegen zu Asia gerechnet 
wurde, ist bei Diodor nicht vorauszusetzen, gerade 

20 wie er ol xov KiftftsQiov Bootxoqov fiaoiXsvoavxeg 
sagt, obgleich, wie wir gesehen haben, die Regen- 
ten zu der Zeit noch den Titel flaoiksvs nicht 
fuhrten. Und dflrfte auf den Ausdruck xaxa. de 
xryv 'Aoiav besonderer Nachdruck gelegt werden, 
so musste man doch schliessen, dass der Archaia- 
naktiden bezw. Spartokiden Reich auf der asia- 
tischen Seite gelegen habe, wahrend doch bei den 
den ersten Spartokiden gleichzeitigen attischen 
Rednern Pantikapaion — also auf der europai- 

30 schen Seite — ihr Hauptsitz und ihre Hauptstadt 
ist. Satyros I. scheint auf der asiatischen Seite 
des B. Besitznngen gehabt zu haben; nach Aischi- 
nes (III 171) schenkt er dem Athener Gylon xovg 
wro/iao/isvovg Krjiiovg, wo man allgemein KfjTioi 
fiir identiseh mit dem von Strabon (XI 455) er- 
wahnten, in der Nahe Phanagorias gelegenen Ort 
ansieht; auch Prytanis flieht Big xovg naXovfiivovg 
Kfaovg (Diod. XX 24). Auch ein Sarvgov pvr\- 
fia ■ . . ardgog xa>v sni(pava>g Swaoxevodvxcov xov 

40 Boo.ndgov befand sich auf der Halbinsel Taman 
(Strab. XI 494), das man gewShnlich fur das- 
jenige des Satyros I. erklart, aber das ist ja nicht 
sicher, da in der grossen Lucke zwischen Spar- 
tokos HI. und dem letzten Pairisades gut ein 
Satyros regiert haben kann, dem das bei Strabon 
erwahnte Grabmal gehorte. Aber selbst wenn 
schon den ersten Spartokiden auf der Halbinsel 
Taman Kepoi gehorte, so folgt daraus noch nicht, 
dass ihnen auch Phanagoria unterthan war ; wann 

50 es unterthan wurde , was es in Strabons Zeiten 
sicher war, und wie es dies wurde, ob mit Ge- 
walt oder anders, wissen wir nicht. Die gewOhn- 
liche Annahme, dass beide Stadte, Pantikapaion 
und Phanagoria, schon im 5. Jhdt. oder noch 
friiher vor den stets drohenden Barbaren zu einem 
Staat unter einem Oberhaupt sich zusammenge- 
schlossen, um so mit vereinten Kraften besser den 
Feinden Widerstand zu leisten, ist mir sehr un- 
wahrscheinlich, weil mir jedes analoge Beispiel 

60 zu fehlen scheint ; dass zwei oder mehrere Stadte 
ein xoivdr bilden konnten, wissen wir, aber da 
blieb jede Stadt, was sie war, und behielt ihre 
Magistrate ; auch konnte eine Stadt durch Synoi- 
kismos sich mit einer anderen verschmelzen und 
so aus zwei Stadten eine einzige werden. Aber 
hier bei Pantikapaion und Phanagoria blieben ja 
beide, wo sie waren, und wenn beide ein xotvov 
bildeten so verzichtete die eine auf die Besetzung 



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ihrer obersten Behorde. Oder war das Amt, das Miinzen (s. "Wroth Coins of Pontos p. 3) , ein 

erst die Archaianaktiden, spater die Spartokiden Umstand, der nicht gerade zu. Gunsten der ge- 

bekleideten, ursprunglich ein solches, welches dem wehnlichen Annahme spricht. Von Kepoi, einer 

Vorsteher der xotrd der anderen griechischen Besitzung dea Satyros auf der asiatischen Seite 

Staaten analog war und ursprunglich abwechselnd des B. , haben wir schon gesprochen ; Kepoi lag 

von den Teilnehmern besetzt wurde ? Hat sich auf der nordwestlichen Halbinsel, die heute Fontan 

aus emem solchen Vorstclieramt der beiden zu heisst, ebenda lag auch Kimmeris, bei Strabon 

einem xoirov verbundenen Stadte am B. die lebens- xco/ati Kifi/icotxti, eine Ansiedlung, die nach Skym- 

langliche und erbliche Wurde der oqxovxss Bo- nos (t. 896) von den bosporanischen Kegenten 
ojioqov herausgebildet ? Auch filr einen solchen 10 herrflhrte und am oxd/na xrjg MaiwxiSos lag. Diese 

Vorgang fehlt jedes Analogon. Mir ist es das und ahnliche Besitzungen der Spartokiden bat 

Wahrscheinlichste , dass unter den Spartokiden Strabon im Sinne, wenn er sagt (VII 310) s/io- 

iiberhaupt Phanagoria noch nicht zu ihrem Beiche va^x^xo 8e tcoIvv zqovov vti6 dwaorwv x&v jisqI 

gehorte. Eine Bestatigung dafiir finde ich in dem Asvxmva xal Sdxvgov xal IlaQiadSrjv avxrj xs 

officiellen Titel der Spartokiden; auf Inschriften (namlich Pantiiapaion) xal at 7ilr)<si6xa>Qoi 

nennen sie sich agxovxsg Bootxoqov xal &eoSooltjg xaxoixlai aaaai ai tisqI to oxo pa rijg 

und fjaadevorxes Stvdcov und anderer barbarischer MaicoxcSog ixarsQcodev ^%Qi Uaoioddov xov 

Volker. Hier wird B. als Ausdruck fur ihr Beich Mi&Qiddxy naoaSdvxog xijv d-Qxr\v ; was Strabon 

erklart, nicht als Bezeichnung der gewOhnlich mit axdfia rijg MaitoxiSog meint, lehren deutlich 
Pantikapaion genannten Stadt (s. o.) ; B. wird 20 seine eigenen Worte in XI 2 § 6 vgl. mit § 8 

bei Schriftstellern kurzweg das Beich der Spar- u. 10 : Phanagoria lag jedenfalls nicht am oxo/ia 

tokiden genannt, das ist nicht zu leugnen. Aber xfjg Mauozidog. Aber ebenso wichtig wie fur 

wenn dies auch in dem Titel der Pall war, was den Handel nach und von der Maiotis waren 

soil da neben Boojcoqov Qsodoolr)g, das doch seit diese asiatischen Besitzungen auch als Stiitz- 

Leukon I. ein integrierender Bestandteil desselben punkte fur die Bekriegung der langs der Maiotis 

war? Aus Demosthenes, der (XX 27. 29) B. und wohnenden Barbaren, die Malxai hiessen. Zeigt 

Theodosia gegenilberstellt , hat man lange ge- schon die Gewinnung von Kepoi und die Anlage 

schlossen, dass schon im 4. Jhdt. wie spater all- von Kimmeris, die doch ursprunglich nach Lage 

gemein der griechische Name fur das offenbar der Sache zum Gebiet der Maiten gehOren muss- 
barbarische Pantikapaion B. war. Und wenn im 30 ten, denselben Process, den wir von Pantikapaion 

Titel Boonogov xal &sodooirjg sich gegeniiber- aus auf der europaischen Seite beobachten konn- 

stehen, liegt es doch auch naher, unter Boanogov ten , namlich die Zuriickdrangung der Barbaren, 

die Stadt und nicht das ganze Beich zu verstehen. so diirfen wir aus den seit Leukon I. in der Ti- 

Jedenfalls bleibt es doch auffallend, dass, wenn tulatur gewfihnlichen Zusiitzen xal paadevovxeg 

Theodosia im Titel erscheint, die doch fhimerhin Ziv8a>v xal Maix&v oder Maixcov xdvtojv schliessen, 

bedeutende und namentlich fur den Handel aus dass die Spartokiden die asiatischen Barbaren in 

der Maiotis und den angrenzenden Barbarenliin- ein anerkanntes und festes Abhangigkeitsverhalt- 

dern wichtige Stadt Phanagoria immer hier aus- nis zu bringen verstanden , was ihnen mit den 

gelassen wird. Das erklart sich, meine ich, leicht, europaischen Skythen nicht gelang. Aber wech- 
wenn Phanagoria Qberhaupt nicht den Spartokiden 40 selnd waren die Verhaltnisse auch hier ; neben 

unterthan war. Allerdings kommt Phanagoria den Sindern und Maiten, die fast constant in der 

auch im Titel des Aspurgos , zu dessen Zeit es vollen Titulatur stehen, kommen darin noch Tha- 

nach Strabon doch sicher zum bosporanischen ter, Doscher, Toreten, Psesser, Dandarier vor; 

Beich gehOrte, nichtvor(Latyschew36); aberdas aber schon der Umstand, dass diese letzteren 

erklart sich so , dass die alte von den Spartoki- Volker bald in der Titulatur aufgefiihrt werdcn, 

den recipierte und offlcielle Titulatur agxovxeg bald in derselben fehlen, zeigt, dass es zu dauern- 

Boojzoqov xal Bsodooitjg in ihren Grundziigen den Verhaltnissen auf der asiatischen Seite nicht 

beibehalten, doch aber der Zeit entspreehend urn- gekommen ist. Und die Wechselfaile hier zu ver- 

geandert ist in fiaotksvovxa navxog Boootioqov folgen, zu fragen, welche Volker dem oder jenem 
Oeodoofyg u. s. w. , wo jiavxog Boooxoqov dem 50 Herrscher unterthan waren und welche nicht, sind 

alten Bootzoqov gegeniiber neu ist und den Zu- wir ganz ausser stande ; nur ganz vereinzelt hOren 

wachs an Gebiet ausdriicken soil ; in der Kaiser- wir ausser in den Titeln der Spartokiden auf In- 

zeit linden sich Ausdriicke wie xvqiov oder §a- schriften von einem dieser Volker ; aber doch nicht 

oiXsa zov ovfuiavxog Boootioqov (Latyschew 355. ohne Interesse lesen wir jenen Grabstein eines 

358) ; aber gerade der Zusatz avjiziag oder xdg Mannes aus Paphlagonien aus dem 4. Jhdt. v. Chr., 

zu BdmtoQog beweist doch, dass man hiermit etwas der fia/ojiwog ifi Matxai; flel. Das einzige Volk, 

anderes ausdriicken will , als mit dem einfachen von dem wir etwas mehr als den blossen Namen 

BoojioQog. So fasse ich auch das im Proxenie- kennen, sind die Sinder, die von der Kubanmun- 

decret des Pairisades I. (Latyschew nr. 1) dung gegen den Kaukasos hin an der Kiiste des 
stehende sv xavxi Booxoqwi auf, dass es sein 60 Pontos sassen; von ihnen giebt es aus dem 5. 

ganzes Gebiet bedeutet, wahrend das in der Titu- oder 4. Jhdt. Miinzen mit der Aufschrift 2ivoa>v 

latur stehende einfache B., wie der Gegeasatz zu (Wroth Coins of Pontos p. 4), und ihren dem 

Theodosia lehrt, sicher ursprunglich die Stadt Satyros I. gleichzeitigen KOnig Hekataios kennen 

allein bedeutet. Ist dies richtig, dann war Pha- wir aus Polyaen. VIII 55. Seit Leukon sind die 

nagoria den Spartokiden nicht unterthan, sondern Sinder in einem festen und dauernden Abhangig- 

bestand als griechische Stadt und Colonie selb- keitsverhaltnLs zu den Spartokiden, denen man es 

standig neben Pantikapaion. Wir haben von nachriibmen muss, dass sie die Barbaren auf euro- 

Phanagoria bis ins 1. Jhdt. v. Chr. rekhende paischer sowohl als auch auf asiatischer Seite im 



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Schach zu halten verstanden und dadurch eine war hier zu zwei Talenten eingeschatzt. S chafers 

gedeihhche Entwicklung der griechischen Colonien Vermutung (Demosthenes I 237), dass Nym- 

befOrderten. So wenig wir im einzelnen dariiber phaion ursprunglich zum bosporanischen Keich ge- 

wissenundnurgelegentlichdavonhoren, so diirfen h6rt habe und erst beim Ubergang der Ober- 

wir doch wohl annehmen, dass die Spartokiden gewalt von den Archaianaktiden auf die Sparto- 

es auch fur lhre Pflicht erkannten, die See von kiden in die Gewalt der Athener geraten sei, 

Seeraubern frei zu halten; die Tauren in den findet nirgendwo in unserer Uberlieferung eine 

Bergen an der siidwestlichen Kiiste der Krim, wie Stiitze ; die vorher erwahnten pontischen Expedi- 

die Achaeer und Heniocher an der Ostkuste des tionen der Athener fallen beide vor diesen Zeit- 
Pontos waren seit den altesten Zeiten verrufene 10 punkt, also in die Zeit der Archaianaktiden. Mir 

und beruchtigte Seerauber. Dass Eumelos sie be- scheint es viel wahrscheinlicher, zumal im Hin- 

kriegte und xadaqav Xflozar dusSsi^c xfjr ddlar- blick auf das oben fiber die Grenzen des bosporani- 

xav, erzahlt uns Diodor (XX 25); wie oft seine schen Eeiches Gesagte, dass die Athener in Nym- 

Vorganger und Nachfolger dasselbe thaten , ist phaion ein Emporion anlegten , um auch ihrer- 

nicht iiberliefert, aber der unter ihnen bliihende seits von diesem festen Punkte aus die gegebenen, 

Handel mit dem Mutterland zeigt doch, dass sie ffir den Handel so gtinstigen Bedingtmgen aus- 

auch in diesem Punkte ihrer Aufgabe gewachsen zunutzen, vielleicht auch, um von hier aus, was 

waren und ihrer Pflicht genflgten. spater die Spartokiden thaten, selbst zu thun, 

4. Beziehungen zuAthen. Unter den Be- namlich aus der kornreichen Krim sich die nOtige 
ziehungen zu auswartigen Staaten, welche von 20 Zufuhr zu verschaffen. Jedenfalls erhalt das ehen 

den Spartokiden unterhalten wurden, waren fur Gesagte eine Stiitze, wenn U. KOnlers Ergan- 

sie selbst sicher die wichtigsten und bedeutsam- zung des in derselben Schiitzungsurkunde frg. 25 

sten und fur uns die best gekannten diejenigen erhaltenen Bestes Kliy zu KinfieQtxdr das Eich- 

zu Athen. Athen war nach den Perserkriegen tige trifft, woran um so weniger zu zweifeln ist, 

durch die Griindung des attisch-deliscben See- wenn derselbe Gelehrte in demselben Fragment 

bundes eine Macht geworden; und wenn auch mit Eecht pontische Stadte vermutet; darnach 

dieser Bund in erster Linie zur Abwehr persi- erganzt er die Beste NIK II AT KEP zu Nixw- 

scher Ubergriffe gestiftet war, so lag es doch via IlaxQaoevg Keoaoovg. Nikonia und Kerasus 

nahe , auch die im Osten , Norden und Westen kOnnen wir hier beiseite lassen, da sie nicht auf 
des Pontos Euxeinos gelegenen griechischen Co- 30 oder in der Nahe der Krim lagen, Patraseus (oder 

lonien zum Bunde heranzuziehen und ihnen that- nach Hekataios bei Steph. Byz. s. v. Patrasys) ist 

kraftig bei der Abwehr der sie umwohnenden nach Strabon (XI 494) eine xa>/j.t], wogegen Steph. 

wilden VoTkerschaften beizustehen. So werden Byz. allerdings sie ndhg nennt; in den Periplen 

uns mehrfach Expeditionen Athens in den Pontos kommt dieser Ort nicht vor ; jedenfalls scheint 

berichtet; Aristeides soil auf einer solchen ge- er sehr unbedeutend gewesen zu sein; war er 

storben sein (Plut. Arist. 26), von Perikles wird aber eine xm/ztj, so kann die Erganzung von II AT 

erzahlt , dass er den griechischen Stiidten am zu IlaxQaoevg nicht richtig sein, da solche Dorfer 

Pontos sich freundlich nnd gefallig erwiesen und immer einer Stadt attribuiert, aber nicht selb- 

ihnen, worum sie baten, gewahrt, den umwoh- standig waren. Dagegen gab es, um auf Kim- 
nenden Barbaren und deren Konigen aber die 40 merikon zuruckzukornmen, mehrere nach den Kim- 

GrOsse seiner Kriegsmacht gezeigt und ihnen so meriern benannte Ortschaften ; auf der europai- 

die meerbeherrschende Macht Athens zu Gemiite schen Seite des B., siidlich von Nymphaion, eine 

gefuhrt habe (Plut. Perikl. 20). Zwar werden Stadt Kimmerikon mit einem gegen Westwind 

Stadte am kimmerischen B. nicht namentlich hie- geschutzten Hafen (Anon, peripl. Pont. Era. 50), 

bei genannt; dass aber die freundlichen Bezie- auf der asiatischen Seite an dem Einfluss der 

hungen Athens und der bosporanischen Eegenten. Maiotis in den B. eine Ortschaft Kiji/tsQig (Skymn. 

die von Satyros I. an nachweislich von Vater auf 896), eine Griindung der bosporanischen Eegenten, 

Sohn sich vererben, schon in diese Zeit zuriick- offenbar die xu>fu] Ktufxsoixf, des Strabon (XI 

gehen, und dass schon vor Satyros die Archaia- 494). Diese letztere Ortschaft Kimmeris oder 
naktiden Anschluss an Athen suchten und fanden, 50 Kimmerike ist offenbar nicht in dem KIF der 

scheint mir Duncker (S.-Ber. Akad. Berl. 1885, athenischen Schatzungsurkunde enthalten, sondera 

533ff.) mit Eecht bemerkt zu haben. Auch ver- das auf der europaischen Seite gelegene Kimme- 

folgte Athen hier am B. neben einer die grie- rikon. Ist dies richtig, so kann es keinem Zweifel 

chischen Colonien in ihrem Kampfe mit den Bar- unterliegen , dass wie Nymphaion so auch Kim- 

baren starkenden und fOrdernden Politik eigene merikon den Athenern gehsrte, und dass letztere 

Interessen. Die siidlich von Pantikapaion liegende mit Absicht sich im Siidosten der Krim festge- 

Stadt Nymphaion war nach der Aussage des Aischi- setzt hatten. Allerdings zu dauerndem Besitz 

nes_(III 171, vgL die Scholien) eine athenische sind sie hier nicht gelangt. Wie Nymphaion 

Besitzung mit einem athenischen Commandanten, muss auch Kimmerikon gegen Ende des pelopon- 
die erst gegen das Ende des peloponnesischen 60 nesischen Krieges in die Hande der Spartokiden 

Krieges in die Hande der Spartokiden tiberging. tibergegangen sein. Bestanden schon vorher zwi- 

Dazu stimmt , dass nach Krateros bei Harpokr. schen ihnen und Athen freundliche Beziehungen, 

s. Xvf/<f>ator diese Stadt den Athenern jahrlich so wurden dieselben naturlich noch viel freund- 

einen Tribut von einem Talent zahlte; hiernach lichere, seitdem Athen seinen eigenen Besitz auf 

hat U. KOhler (Urkunden zum att.-del. Bund, der Krim aufzugeben gezwungen war und die 

Abh. Akad. Berl. 1869 = CIA I 37) in der Spartokiden hierin ihre Nachfolger wurden. Von 

Schatzungsurkunde^ vom J. 425 frg. 27 das er- Satyros I. an konnen wir dieselbe Politik ver- 

haltene NY zu Nvf«paiov erganzt. Nymphaion folgen; Athen genoss am B. das Meistbegtinsti- 

Pauly-WiBBOWa III 25 



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gungsrecht, seine Sehiffe durften zuerst ihre Fraeht 
einnehmen, was bei Kornmangel, wo die Schiffe 
anderer Staaten leer nach Hause zuriickkehren 
mussten, wesentlich war, und die Kornladungen 
nach Atheh waren von dem sonst erhobenen Aus- 
fuhrzoll befreit (Demosth. XX 81. XXXIV 36. 
Isokr. XVII 57; die athenischen Volksbeschlusse 
filr Leukons Sflhne CIA IV 2, 109 b und fur SpaT- 
tokos CIA II 311). Da Attiia bei weitem nicht 



dem Getreide waren Felle ein Exportartikel (De- 
mosth. XXXIV 10), die woH nicht ausschliesslich 
dem Vieh des eigenen Landes abgezogen wurden, 
sondern zum grOssten Teil von den Nomaden der 
Steppe herkamen und nur ilber Pantikapaion 
weiter nach dem Siiden gingen. Auch Pelzwerk 
bezogen die Griechen des Mutterlandes aus dem 
Skythenland, ehenso wie Schafwolle; es ist doch 
anzunehroen, dass auch an diesem Exportzweig 



so viel Getreide producierte, als seine Hauptstadt 10 die Einwohner des bosporanischen Reiches beteiligt 



hedurfte, war das bosporardsche Reich die Haupt 
kornkammer fur Athen, das seinerseits wieder den 
Spartokiden Begunstigungen und Vorrechte ein- 
raumte, ihnen wie ihren Kindern Zollfreiheit fiir 
die nach dem B. gehenden Ausfubrwaren aus 
Athen zugestand, ihnen die Anwerirang von See- 
leuten gestattete und ihnen maneherlei Aufmerk- 
samkeiten, wie die Bekranzung mit goldenem 
Kranze an den grossen Panathenaeen, erwies, die 



waren. Auch der in der Maiotis schwungvoll be- 
triebene Fischfang und Export von Salzfiachen 
muss den Bosporanern Vorteile gebracht haben ; 
die Anlage von Kimmeris oder der xdipri Kip- 
(izqixr\ durch die Spartokiden (a. o.) ist sicher 
auch im Hinblick auf den lohnenden Pischfang 
der Maiotis erfolgt. Dieser Ausfuhr steht eine 
Einfuhr von mannigfachen Waren gegenfiber, vor 
allem von Wein und 01, denn der Weinstock und 



urn so wichtiger fur alle Auslander waren, je20der Olbaum gediehen an den Nordufern des Pon 



mehr Athen immer noch als Mittelpunkt des Hel 
lenismus gait (vgl. die oben angefiihrten Zeug- 
niase und dazn Per rot Le commerce des cer^ales 
en Attique, Eevue historique IV 1). 

5. Handel. Wir haben eben gesehen, dass 
das bosporanische Eeich fiir Athen eine Haupt- 
kornkammer war; die jahrliche Ausfuhr an Ge- 
treide dahin betrug nach Demosthenes (XX 32) 
400 000 Medimnen. Venn derselbe Demosthenes 



tos gar nicht oder nur diirftig. Neben anderen 
griechischen Staaten kam Wein und Ol viel aus 
Rhodos, denn rhodische Amphorenhenkel mit In- 
schriften finden sich vielfach in Kertsch, dem / 
alten Pantikapaion. In den seit Anfang dieses 
Jahrhunderts in und urn Kertsch aufgedeckten 
Grabern hat man eine Menge Gold- und Silber- 
schmuck und andere Luxuswaren gefunden , wo- 
von ein grosser Teil aus dem Mutterland impor- 



(XX 33) sagt, dass einmal bei einer allgemeinen 30 tiert ist. Man wird leicht einsehen, dass, solange 

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Teuerung Leukon nicht bios das fiir Athen not 
wendige Getreide, sondern so viel dahin gesandt 
habe, dass die Athener durch Verkauf des Ent- 
behrlichen an andere Staaten noch 15 Talente 
daran profltierten. und wenn Strabon (VTI 311) 
berichtet, dass derselbe Leukon von Theodosia 
nach Athen 2 100000 Medimnen Getreide geschickt 
habe, so sieht man , dass die Getreideproduction 
weit fiber das gewOhnlich von Athen gebrauchte 



die kraftige Hand der Herrscher die Einfalle der 
barbarischen Umwohner abzuwehren verstand, ge- 
rade die Griechenstadte des bosporanischen Reichs 
sich einer ausgezeichneten Bliite erfreuten, und 
^ass in ihnen Handel und Wohlfahrt gedieh, dass 
aber auch die Griechen nicht bios die Erzeug- 
nisse des eigenen Landes verwerteten, sondern 
auch aus dem benachbarten Skythenlande Han- 
delsartikel bezogen, die dann weiter nach dem 



und bezosene Mass hinausging , und dasa auch 40 Mutterlande verfrachtet und verkauft wurden. 

r,Y , -l n.]°J J O „--V. TIT Ifiil J„+^o E< v, t, o + n ~ v. r. A 



andere Staaten ihren Bedarf aus dem B. sich 
holten, was auch schon aus Demosthenes Worten 
(XX 31) xal xrjQvxxEiv jtQioxovg yEfii&odat xovg 

mg vfias nttovxag hervorgeht, wo die nach Athen 
bestimmten Frachtschiffe anderen anderswohin 
bestimmten gegeniibergestellt werden. Also die 
Getreideausfuhr war bedeutend; dass dasselbe 
nicht von den eingewanderten Griechen allein 
produciert werden konnte, sondern dass an seiner 



III. Mithradates Eupator und seine 
Nachfolger. Seit Spartokos HI. kennen wir, 
wie gesagt, nicht einmal genau die Reihenfolge 
der bosporanischen Kenige, und ebenso wenig wissen 
wir iiber die inneren und ausseren Verhaltnisse 
ihres Reiches in dieser Zeit. Erst mit Mithra- 
dates Eupator von Pontos kommt auch der B. 
wieder in unseren Gesichtskreis. Aber die Ver- 
haltnisse miissen gegen fruher sich stark ver- 



Production wesentlich die alteinheimische skythi- 50 andert haben ; aus den Miinzen und Inschriften 



sche BevOlkerung, von der Strabon (VII 311) be- 
richtet, dass sie sesshaft und ackerbautreibend 
geworden sei , beteiligt gewesen , versteht sich 
wohl von selbst; die Griechen waren wohl im 
wesentlichen die Handler, durch deren Vermitt- 
lung das Getreide an die auswartigen Emporien 
gelangte ; aber offenbar mussten die Produzenten 
wie in Athen von ihrem Olertrag, so im bospo- 
ranischen Reich von ihrem Getreideertrag gewisse 



kennen wir eine Reihe skytbischer Konige , die 
ostlich von Olbia sassen und jedenfalls die nord- 
krimsche Steppe mit beherrschten. Skiluros, dessen 
Regierungsende in die erste Zeit des Mithradates 
Eupator fallt, scheint mit kraftiger Hand seine 
Skythen zusammengefasst und mit Umsicht weitere 
Plane verfolgt zu haben — in seiner Gewalt be- 
finden sich Karkinitis und Kalos Limen, zwei An- 
siedlungen, die fruher den Chersonesiten gehfirten 



Procente an den Staat, oder wenn man lieber 60 (s. Chersonesos Taurike), und seinem An 



will an die Krone, abliefern, denn ohne diese 
ubrigens auch in anderen antiken Staaten nach- 
weisbare Einrichtung ware es ja unverstandlich, 
wie Leukon, wie wir oben sahen, auf einmal eine 
so grosse Menge Getreide nach Athen liefern 
konnte. Diese colossale Menge konnte er doch 
nur Magazinen entnehmen, worin das an den Staat 
zu liefernde Getreide aufgespeichert wurde. Neben 



drangen vermag Chersonesos selbst nicht mehr 
standzuhalten. So ein Gegner war auch dem 
letzten Spartokiden, Pairisades mit Namen, ausserst 
gefahrlich; was fruher sicher nicht vorkam, ge- 
schah jetzt : die Skythen verlangten und erhielten 
Tribut, wenn sie ihn aber nicht erhielten, mach- 
ten sie plunderische und rauberische Einfalle ins 
bosporanische Gebiet. Und wenn Strabon (VII 



311) am Schluss dieser ganzen Erzahlung von 
dem Tribut an die Skythen sagt: ovx axevrax- 
tovoi 6" oi dvvdfiei Ttsnovdwteg und dabei auf den 
spater zu erwahnenden Asander exemplificiert, so 
■dtirfen wir daraus den Schluss ziehen , dass ge- 
rade die Schwache der letzten Spartokiden und 
ihr verlorenes Vertraaen auf ihre dvvapig diesen 
Zustand mit herbeifuhren haKen, der uns die 
Skythen als Herren, die Bosporaner als mehr 
oder weniger von ihnen abhangig zeigt. Denn 
<lass unter den ersten Spartokiden, einem Saty- 
ros, Leukon oder Pairisades, die Skythen der 
Steppe — Strabon spricht ausdrucklich von den 
NoftdSsg im Gegensatz zu den recogyoi; die letz- 
teren kOnnen nur die den Spartokiden schon unter- 
worfenen und ansassig gewordenen Skythen der 
kleinen Halbinsel zwischen Theodosia und Aiabat 
■einerseits und dem kimmerischen B. andererseits 
sein — dafiir, dass sie das Land zu bebauen ge- 
statteten — und das Land, um dessen Bebauung 
es sich handelt, kann nach dem ganzen Zusammen- 
liang bei Strabon wieder nur die eben erwahnte 
kleine Halbinsel sein — eine Abgabe fordern 
konnten, scheint mir nach dem, was wir oben aus- 
gefiihrt haben, ausgeschlossen ; solche Zustande, 
dass fremde Stamme im eigenen Gebiet der Bospo- 
raner fiir Bebauung des Landes Abgaben erheben, 
sind doch nur unter schwachlichen Regenten denk- 
bar, nicht unter solchen, die wie die ersten Spar- 
tokiden zu Lande sowohl als zu Wasser ihr Schwert 
zu gebrauchen und ihrer Macht Anerkennung zu 
verschaffen verstanden. Also die Schwache der 
letzten Spartokiden und die waehsende Macht der 
Skythen, an deren Spitze Skiluros stand, der die 
Stadt Chersones so arg bedrangte, dass sie dem 
Mithradates Eupator sich iibergab (Strab. VII 309 
und die Inschrift des Diophantos, Latyschew 
I 185 = Dittenberger Syll. 252), fuhrte auch 
im bosporanischen Reich die Wendung herbei, 
■dass fortan Mithradates Eupator hier der Herr 
wurde und mit dem letzten Pairisades die Spar- 
tokiden zu herrschen aufhorten, ein Ereignis, das 
nach Iustin (XXXVII 2, 7. 3, 1. XXXVIII 7, 4) 
bald nach Mithradates Regierungsantritt , d, h, 
bald nach 114 oder 113 v. Chr. fallt (vgl. dazu 
Niese Rh. Mus. XLLT 567). Strabon (VII 310) 
•erzahlt, Pairisades habe seine Herrschaft dem Mi- 
thradates (ibergeben ; nach der eben angezogenen 
Inschrift zieht Diophantos, der Feldherr des Mi- 
thradates, gleich bei seinem ersten Aufenthalt in 
Chersones nach dem B. und fflhrt auch dort in 
kurzer Zeit grosse und bedeutende Thaten aus. 
Worin diese bestanden, sagt die Inschrift, die 
von Chersonesos ausgeht und daher die diese 
Stadt beruhrenden Ereignisse hervorhebt, die bospo- 
ranischen Angelegenheiten dagegen nur kurz streift, 
nicht; damals kann Pairisades des Mithradates 
Hulfe wxml angerufen, aber wohl noch nicht ihm 
seine HerTschaft ubergeben haben, denn auf dem 
zweiten Zug, den Diophant nach kurzer Ruckkehr 
nach dem Pontos wieder in die Krim unternahm 
und worauf er nach Besiegung der mit den Rho- 
xolanen verbundenen Skythen abermals an den 
B. kommt, war noch Pairisades in seiner Haupt- 
stadt. Bei dieser zweiten Anwesenheit des Dio- 
phant in Pantikapaion wird Pairisades dem Mi- 
thradates seine Herrschaft ubergeben haben, wie 
Strabon sich ausdriickt ; die Inschrift meldet: xal 



xaTaataaafievog xal xa sv&iva xalmg xal avfirpe- 
Qovrwg fSaodei Mi&Qad&Trji Evnaxooi, was deutlich 
genug sagt, dass auch xa evdiva, d. h. die Ver- 
haltnisse in Pantikapaion fortan der Sorge des 
Mithradates, nicht mehr der des Pairisades ein- 
heimfallen sollten. Aus dem, was in der Inschrift 
auf die letzten eben citierten Worte fblgti.Tdw 
TteQi Savfiaxov Sxv&dv vewxsQi^a.vxan' xal xbv fiir 
sxxQexpavxa avxov fiaadea Boomoqov IlaiQio&dav 

10 avslovxmv , avrmt d' iiuflovXevoavxoav (avxcoi ist 
Diophantos) geht hervor, dass ausser dem Drangen 
der Steppenskythen, dem der schwache Pairisades 
nicht standzuhalten vermag, auch im Innern 
des Reiches sich Tendenzen geltend machten, die 
dessen Auf losung beschleunigten. Saumakos war 
vom letzten Konig aufgezogen, also doch wohl 
ein AnveTwandter des Kfinigshauses , jedenfalls 
jemand, der sich benachteiligt fuhlte, sobald ein 
fremder KOnig am B. herrschte; nur aus diesem 

20 Gesichtspunkt versteht man seinen Aufstand und 
seine feindlichen Anschlage gegen Diophantos. Die 
Skythen, die ihn bei seinem Aufstand unterstutz- 
ten, sollen nach Niese (Rh. Mus. a. a. O.) und 
anderen dieselben sein, die unter Skiluros und 
seinem Sohne Palakos Chersonesos und das bospo- 
ranische Reich bedrangten; aber diese Skythen 
waren zweimal von Diophant in kurzer Zeit aufs 
Haupt geschlagen und auch ihre festen Burgen 
waren von ihm genommen. Ist es glaublieh, dass 

30 sie unmittelbar darauf wieder in Pantikapaion 
auftreten und dem Saumakos bei seinem Aufstand 
hiilfreiche Hand leisten ? Wenn Saumakos als in 
irgend einer naheren Beziehung zum bosporani- 
schen Konigshaus stehend fur uns zu gelten hat, 
ist es nicht recht glaublieh, dass dieselben Sky- 
then, die vorher feindlich dem B. gegeniiberstan- 
den, jetzt auf einmal freundlich zu ihm sich stellen 
sollten. Und ist denn ein Aufstand, der anfangs 
so glucklich verlanft, dass Diophant aus Panti- 

40 kapaion weichen muss, so rasch ins Werk gesetzt 
und so rasch aus der Feme unterstutzt? Ich 
glaube, dass gerade der anfangliche Verlauf dieses 
Aufstandes dafur spricht, dass Saumakos geniigend 
Ziindstoff vorfand , dass er nicht an die Skythen 
der Steppe, die Noniadenskythen Strabons, erst 
sich zu wenden brauchte, dass er vielmehr an den 
in und um Pantikapaion wohnenden Skythen will- 
fahrige Werkzeuge zur Ausfiihrung seiner Plane 
fand. Dass Saumakos sich auf die Skythen, die 

50 Georgoi des Strabon, wie der historische Zusam- 
menhang meines Erachtens lehrt, stutzt, lasst ver- 
muten , dass eine vorwiegend auf die landliche 
Bevolkerung der skythischen Ackerbauer sich 
stiitzende Partei einer anderen wesentlich auf die 
griechische StadtbevOlkerung angewiesenen gegen- 
uberstand ; wenn diese Parteiungen schon langer 
andauerten und schon unter Pairisades fur oder 
gegen die Annexion durch Mithradates Stellung 
nahmen , begreift man leicht die Schnelligkeit, 

60 mit der Saumakos seinen Anfstand zu stande 
brachte, mit der er den KOnig totete, den sieg- 
reichen Feldherrn Diophant zur Flucht notigte 
und sich selber auf den Thron setzte. Wir be- 
sitzen noch eine Munze mit der Aufsehrift jiaoi. 
Savfx. (Weil Ztschr. f. Num. VLU 329). AlleT- 
dings dauerte des Saumakos Herrlichkeit nicht 
lange: mit neuen Hiilfskraften erschien im nach- 
sten Fruhjahr Diophant abermals am B., eroberte 



775 



Bosporos 



Bosporos 



776 



Pantikapaion , bestrafte die Schuldigen am Auf- 
stand, nahm Saumakos gefangen, der in die Re- 
sidenz des Mithradates geschickt wurde, und stellte 
defmitiv die Ordnung der Dinge so her, dass sein 
Herr fortan Konig des B. war. Yon jetzt an ist 
fur die folgende Zeit der Pontos und B. unter 
einem KOnig; das alte Spartokidenreich blieb 
nicht auf seine alten Grenzen beschrankt, sondern 
Chersones und die ganze Krim bis zur Land- 



men wurde unter der Bedingung, dass er die von- 
den Befehlshabern in Sinope lhm anvertrautem 
Schatze ausliefere und die Getreidesendungen, die- 
er bisher der belagerten Stadt zugeschickt hatte, 
von jetzt ab dem Belagerungsheere zusenden sollte,. 
wodurch er die Eroberung der einer Hungersnot 
ausgesetzten Stadt wesentlich erleichterte. Piir 
diese Verraterei ereilte ihn bald genug die Strafe. 
Es ist ja bekannt, wie der alte Mitbradatea von 



zunge werden damit vereimgt (Strab. VII 309ff.) 10 Pompeius, dem Nachfolger des Lucullus, aus seinem 



und sicher auch auf der asiatischen Seite einige 
griechische Colonien, die bisher noch nicht den 
Spartokiden unterthan waren, wie Phanagoria, 
hinzugefiigt. Denn in Mithradates Zeit war Phana- 
goria dem bosporanischen Beich unterthan (Appian. 
Mithr. 108). War der Zuwachs an Land, das 
Mithradates seinem angestammten pontischen Reich 
hinzufiigte, bedeutend, so waren andererseits auch 
die Hiilfsmittel, die ihm daraus zuflossen, ansehn- 



angestammten Beich vertrieben, unter unglaub- 
lichen Miihsalen langs der Ostktiste des schwarzen 
Meeres floh und auf diesem Wege endlich an den 
B. Kimmerios kam. Machares versuchte gar keinen 
ernstlichen Widerstand; als sein Vater vor den 
Mauern Pantikapaions erschien, stiirzte er sich in 
sein Schwert, wahrend die Thore der Stadt dem 
Konige sich Cffheten (65 v. Chr.). Hier am B. 
fasste Mithradates den kiihnen Plan, wie einst 



lich: 18 Myriaden Medimnen Getreide und 200 20 Hannibal nach Italien zu marschieren, am Koms 



Talente Silbers war der jahrliche Tribut, der den 
neuen Landesteilen auferlegt wurde (Strab. VII 
311). Auch unter den Truppen des Mithradates 
finden wir in dem bald darauf ausbrechenden ersten 
Krieg mit den Romern Bosporaner. 

NaheTes fiber den B. horen wir erst wieder 
nach dem Ausgang dieses ersten Krieges; als 
Murena den sog. zweiten Krieg mit Mithradates 
begann, war letzterer mit der Ausriistung einer 



Macht an Ort und Stelle zu zertrummern: stand 
doch Pompeius, sein grosster Gegner und Koms 
ruhmvollster Feldherr, fern in Syrien, und glaubte 
er doch bei Ausfiihrung dieses Planes auf die Bei- 
hiilfe der Kelten in Oberitalien und an der mitt- 
leren Donau rechnen zu konnen. Sein geretteter 
Schatz von 6000 Talenten (30 Millionen Mark) 
wurde mit freigebiger Hand an die nahen und 
fernen Dynasten barbarischer Volker verteilt, bei 



Expedition gegen den B. beschaftigt , wo Auf- 30 denen ohnehin sein Name noch viel gait und die 



stand herrschte. Wir haben eine Miinze mit der 
Aufschrift: a^ovro? 'Yyiaivovrog (Bull. hell. VI 
211) ; in diesem Hygiainon erkannte gewiss richtig 
Th. Reinach (Mithradat Eupator, deutsche Ausg. 
184) einen bosporanischen Statthalter, den die 
Erfolge der RSmer bei Chaironeia und Orchomenos 
ermutigten, dieFahne derEmpCrung aufzupflanzen 
und unter seinem eigenen Namen und unter dem 
Titel eines Archonten, demselben Titel, unter dem 



ihm bereitwillig Zuzug und Hiilfe versprachen. 
In seinem eigenen Lande Tiistete Mithradates ein 
Heer, in da# er Freie und Sclaven einreihte und 
das er in kurzer Zeit auf 36 000 Mann brachte, 
er liess Holzungen fallen, um aus dem Holz Wurf- 
geschosse und Kriegsmaschinen zu machen, und 
Pnugochsen toten, um aus ihrer Haut Bogensehnen 
herzustellen , dazu wurden Kriegssteuern ausge- 
schrieben und selbst der geringste Besitz als 



auch einige Jahrzehnte spater der aufruhrerische 40 steuerungspflichtig herangezogen (Appian. Mithr. 

Asander pragen liess, bevor er den KOnigstitel '""' J 

annahm, Munzen schlagen zu lassen. Aber erst 

nach Beendigung des Krieges mit Murena kam 

Mithradates dazu, den B. wieder zu unterwerfen; 

die von Strabon erwahnten (VII 307) Schlachten 

des mithradatischen Feldherrn Neoptolemos, der 

im Winter auf dem festgefrorenen B. Kimmerios 

eine Land- und im Sommer ebenda eine Seeschiacht 

schlug, gehfiren in diese Zeit (s. Niese a. a. O.), 



107) ; und um das Ungliick fur die bosporanischen 
Stadte voll zu machen, lahmte die von Pompeius 
angeordnete Blockade des Pontos Euxeinos vollig 
den Handel (Plut. Pomp, 39) und wurden schliess- 
lich alle diese Leiden durch ein Erdbeben ver- 
mehrt, das sich im J. 64 v. Chr. ereignete (s. 
Reinach Mithr. Eupator 401). Man begreift 
leicht, dass die Unzufriedenheit von Tag zu Tag 
wucbs, und dass es nur eines Funkens bedurfte t 



Jedenfalls gelang Mithradates die Unterwerfung 50 um dies Heer, das zum grOssten Teil aus bospo- 



B. : im J. 81 v. Chr. setzte er dort seinen 
Sohn Machares als Kenig ein (Appian. Mithrad. 
67). Damit ist gewiss nicht gesagt, dass der B. 
vom Pontos losgetrennt war und ein selbstandiges 
Kflnigreich bildete, vielmehr war Machares nur 
Vicekonig und blieb seinem Vater fur seine Hand- 
lungen verantwortlich, ahnlich wie schon Mithra- 
dates seinen gleichnamigen Sohn zum Vicekonig 
uber Kokhis gemacht hatte; jedenfalls betrach 



ranischen Landeskindem bestand, die lieber ihren 
friedlichen Beschaftigungen nachgingen — dies 
folgt klarlich aus Appian (Mithr. 108): xal zov 
axQaxbv b> vjioyiiq ejjow jitf ov (Sefiaioq fj dia xr\v 
avdyxrjv rfj; aroartiag xal <V mipoa&v fiagi'TrjTa — 
zum Aufruhr und Abfall zu bewegen. Und ebenso. 
waren die zahlreichen romischen Emigranten und 
Uberlaufer, die bei Mithradates sich aufhielten 
und zu einer Truppe vereint waren — sie haben 



tete er sich selbst bis an sein Ende als recht- 60 jedenfalls ein eigenes Lager, s. Appian. Mithr. 



massigen KSnig und Herrscher des B. Machares 
musste dies Verh&ltnis weniger zusagen ; nach 
einer lauen Unterstiitzung seines Vaters wahrend 
des bald darauf erfolgenden dritten Krieges mit 
den Romern trat er nach den ersten grossen Nie- 
derlagen des Mithradates, als Lucullus selbst Si- 
nope belagerte, auf die Seite deT Rfimer, unter 
deren Freunde und Bundesgenossen er aufgenom- 



110 — ein unzuverlassiges Element und leicht 
zum Abfall zu bewegen, wenn ihnen statt des 
ihnen jedenfalls unsympathischen Kriegszuges 
nach Italien andere Hoffnungen gemacht wurden. 
Phamakes, des Mithradates eigener Sohn, benutzte 
diese iiberall sich kundgebende Gahrung , fiel mit 
dem Heer von seinem Vater ab und liess auch 
von dem Heere zum KOnig sich ausrufen, wahrend 



777 



Bosporos 



Bosporos 



778 



Mithradates nach einem vergeblichen Versuch, seine 
eigene Autoritat herzustellen, von einem seiner 
Leibwachter sich toten liess. Phamakes sandte 
den Leichnam seines Vaters an Pompeius und 
wurde zum Freund und Bundesgenossen Koms er- 
klart und als KOnig von B. anerkannt ; das KOnig- 
reich Pontos dagegen gab man ihm nicht zurfick 
(Fruhjahr 63 v. Chr.). 

63—47 v. Chr. Phamakes. Was er gethan, 
um die schweren Wnnden, die sein Vater dem 
Handel und Wohlstand des B. geschlagen, zu 
heilen , wissen wir nicht ; den ausseren Umfang 
des Reiches, wie er zu Zeiten des Mithradates 
gewesen, behielt er nicht bios bei, sondern dehnte 
ihn bis an den Don aus, wo das griechische Em- 
porion Tanais fortan den bosporanischen Herr- 
schern unterthan blieb (Strab. XI 495); auf einem 
dieser Ziige, deren Frucht die Unterwerfung der 
Ma'iten bis an den Don war, wird er auch mit 
den Dandariern feindlich zusammengestossen sein 
und ihnen ihr Land durch Ableitung des Hypanis 
(jetzt Kuban) uberschwemmt haben. Nach aussen 
tritt Phamakes kTaftvoll auf. Man versteht es 
vollkommen, dass er auch die Stadt Phanagoria, 
die seinem Vater unterthan, von Pompeius aber 
fur frei und autonom erklart war, sich wieder 
unterwarf; dass er dabei so human wie mOglich 
verfuhr und die Stadt vor Schaden zu bewahren 
suchte, macht ihm nur Ehre (Appian. Mithr. 113. 
120). Aber sein Ehrgeiz liess ihn nicht mit der 
Herrschaft liber das bosporanische Reich zufrieden 
sein. 

Der mit dem Beginn des J. 48 v. Chr. in Rom 
sich entwickelnde Burgerkrieg zwischen Caesar 
und Pompeius, der zu des letzteren Niederlage 
bei Pharsalos fiihrte, liess auch Phamakes die Ge- 
legenheit giinstig erscheinen, um die pontischen 
Provinzen, das alte Keich seines Vaters Mithra- 
dates, wiederzuerobern: er brach mit seinem Heere 
nach Kleinasien auf und unterwarf sich ausser 
der Landschaft Kolchis viele Stadte Kappa- 
dokiens und des Pontos, schlug den ihm ent- 
gegengeschickten rOmischen Feldherrn Domitius 
Calvinus und war auf dem Marsche nach Asia 
und Bithynia, als die Botschaft von dem Abfall 
seines Feldherrn Asander, den er am B. als Statt- 
halter zuriickgelassen hatte, ihn zum Riickmarseh 
bewog. Die am 2. August 47 geschlagene Schlacht 
bei Zela, worin Phamakes von Caesar vollig be- 
siegt wurde, vemichtete mit einem Schlage alle 
Hoffnungen des KOnigs : nur mit wenigen Lenten 
rettete er sich nach dem B. , bemachtigte sich 
zwar der Stadte Pantikapaion und Thcodosia, 
wurde aber von Asander besiegt und in der Schlacht 
getotet (Cass. Dio XLII 45f.). Auch der von 
Caesar zum KOnig des B. ausersehene und mit 
der Bekriegung des Asander betraute Mithradates 
von Pergamon, der auf seinem Zug dorthin, offen- 
bar um sich Geld zu verschaffen, das Heiligtnm 
der Leukothea im Moscherlande ausraubte (Strab. 
XI 498), wurde von Asander besiegt und getstet 
{Dio XLII 48. Strab. XIH 625). Somit bUeb 
Asander Herr des B., den er 29 Jahre lang be- 
herrschte; die Mflnzen mit seinen Regierungs- 
jahren, die vom 2. bis zum 29. reichen, hat v. S all e t 
(Beitrage zur Geschichte u. Numism. d. Konige des 
kimmerischen B., Berlin 1866) zusammengestellt. 
Sallet lasst den Asander von 46—18/17 regieren. 



Zwar ist er erst seit der Besiegung des Mithradates, 
die nicht vor Ende 47, wahrscheinlich aber erst im 
J. 46 stattfand, im dauernden und, so viel wir 
wissen, ungestOrten Besitz des B. ; aber seine Er- 
hebung zum Herrscher des Reiches anfangs unter 
dem Titel &^%mv, erst spater als ftaoiksvs, und sein 
Abfall von Phamakes fallt sicher ins J. 48. Denn 
wenn die Schlacht bei Zela am 2. August 47 ge- 
schlagen wurde, so fiel der Sieg fiber Domitius gegen 

10 das Ende des J. 48, was unzweifelhaft aus Cassius 
Dios Worten (XLDI46) 6%eitimv xQoorjst hervorgeht, 
und damit der Aufbruch des Phamakes nach Klein- 
asien wenn nicht in den Anfang, so doch vor die 
Mitte desselben Jahres. Dass aber Asander bald 
nach der Abreise seines K6nigs sich empOrte, 
lehrt uns derselbe Dio. Und ich sehe gar keinen 
Grand gegen die Annahme, dass er, sobald er die 
Fahne der EmpSrung aufpflanzte, auch den Titel 
Archon, womit er zuerst auf seinen Munzen er- 

20 scheint, annahm und auf seinen Munzen von die- 
sem Zeitpunkte an , also vom J. 48/47 an, seine 
Regierungsjahre rechnete. Nun bezeichnet er sich 
auf Munzen aus seinem vierten Regierungsjahr 
als jiaodevs, und dies vierte Regierungsjahr flele 
- bei der obigen Annahme in das J. 45/44, also 
noch vor oder unmittelbar nach Caesars Tod. Dass 
aber Asander bei Caesars Lebzeiten sich Konig 
habe nennen kCnnen, halt Sallet fur unmOglich, 
der sogar die Annahme dieses Titels erst, seitdem 

30 M. Antonius zum Machthaber nach der Schlacht 
bei Philippi sich aufgeschwungen , fur mfiglich 
halt. Aber eine Abhangigkeit Asanders von Rom, 
wie bei seinen Nachfolgern, ist nicht aus den 
Denkmalern ersichtlich; auf seinen Munzen er- 
scheint sein eigenes Bildnis, nicht das von Caesar 
oder Antonius. Warum sollte er also nicht aus 
eigener Machtvollkommenheit sich KOnig genannt 
haben? War ihm aber an der Bestatigung dieses 
Titels von seiten Roms gelegen, warum sollte er 

40 sie nicht auch sei es durch Fursprache einfluss- 
reicher Freunde, sei es durch eigenes Bitten von 
Caesar bekommen haben? Das stent doch fest, 
dass Caesar nach dem Untergang des Mithradates 
von Pergamon nichts unternahm, um dafiir an Asan- 
der sich zu rachen und ihn aus dem B. zu vertreiben, 
vielmehr ungestort ihn im Besitz desselben liess. 
Das weist doch darauf hin, dass es irgendwie zu 
einer Verstandigung zwischen Caesar und Asander 
gekommen ist. Fallt also Asanders erstes Regie- 

50 rungsjahr ins J. 48/47 , so fallt sein letztes ins 
J. 20/19 , da auf den Munzen als hflchstes das 
29. Regierungsjahr sich findet. So lange nicht 
andere mit hoheren Daten sich finden, miissen 
wir hierbei stehen bleiben. Aus Asanders langer 
Regierung erfahren wir nicht viel; Strabon be- 
richtet von seiner Befestigung des Isthmos zwi- 
schen Theodosia und dem maiotischen Meer, um 
die Einfalle der Skythen besser abwehren zu 
kOnnen (VH 311), und von der Ausbreitung seiner 

60 Macht bis zum Tanais (XI 495), wie in gleicher 
Weise schon Phamakes die ganze asiatische Seite 
der Maiotis einschliesslich der Stadt Tanais sich 
unterworfen hatte. 

Dass Asander im J. 281 der bosporanischen 
Aera, das dem J. 17/16 v. Chr. entspricht, tot 
war, beweist eine Goldmunze mit dem Brustbild 
der Konigin im Diadem und der Aufschrift: fiaai- 
Uoori; Awdfiecog (s. v. Sallet Beitrage 15), denn 



779 



Bosporos 



Bosporos 



780 



zu Asanders Lebzeiten konnte diese Mtinze nicht bereite im J. 8 v. Chr. start, so konnte schwer- 
geschlagen werden. Sie beweist aber ferner, dass lich nach dem J. 18 n. Chr. Strabon von seiner 
Dynamis, die Gattin Asanders, der die Eegierung Zerstorung der Stadt Tanais als von einer remove 
von ihrem sterbenden Gatten iibertragen war, eine geschehenen sprechen. Und wo sonst veauni von 
Zeit lang allein regierte und erst einige Jahre ihm gebrancht wird (vgl. XII 556), bezieht es 
nach Asanders Tod einem Mann Scribonius, der sich auf Ereignisse, die vom Standpunkt des 
des grossen Mithradates Enkel zu sein — Dynamis Schriftstellers der jiingsten Vergangenheit ange- 
war die richtige Enkelin desselben — und von hOren. Man wird geneigt sein, das Todesjahr des- 
Augustus das KOnigreich bekommen zu haben Polemo naker an das J. 18 n. Chr. heran air 
bebauptete , ibre Hand reichte. Scribonius be- 10 weiter davon abzuriicken ; aber genau kennen wir 
machtigte sich so des bosporanischen Keiches; dasselbe nicbt. Er fiel im Kampfe gegen die 
dass er nach Asanders Tod in den B. gekommen, Aspurgianer, die Strabon (XI 495. XII 556) fiir 
geht deutlich aus Cassius Dios Worten hervor (LIV einen Volksstamm, der auf einem Eaume von 500 
24). Ihm gegeniiber verdient die Erzahlung von Stadien zwischen Phanagoria und Gorgipia wohnte, 
einer Schlacht zwischen Scribonius und Asander halt. Niemand sonst erwahnt diese Aspurgianer 
und von des letzteren durch Hunger herbeige- und die Endung -tavoi ist auch bei einem Volks- 
fuhrten Tode, die in den pseudolukianischen Ma- stamme nicht gerade gewohnlich ; ausserdem 
krobioi c. 17 sich findet, keinen Glauben. ist dieser Landstrich zwischen Phanagoria und 
IV. Eomische Kaiserzeit. Aber in Eom Gorgipia seit alters von Sindern bewohnt (vgl. 
war man mit dieser Entwicklung der bosporanischen 20 Strabons Worte telmr^aavzog [sc. noXspcovog] lv 
Angelegenheiten keineswegs zufrieden; Augustus xotg Aaxovgyiavotg xaXov/tsvoig xffiv tisqi xr)v Siv 
entsandte Agrippa, der seinerseits den Konig Po- bwrpr fiaQpoQcov) und seit mehreren Jahrhunderten 
lemo vom Pontos in den B. einzuriicken beauf- bereits dem bosporanischen Eeich einverleibt, was 
tragte. Als dann im Friihjahr 15 v. Chr. Agrippa Strabon (XI 495) noch ausdriicklich fur seine Zeit 
selbst in Sinope eintraf, war Scribonius von den bezeugt. Aber Strabon irrte sich mit der Be- 
Bosporanern getotet, und diese selbst hatten dem hauptung, dass die Aspurgianer ein Yolksstamm 
Polemo sich ergeben, nachdem sie vorher Wider- waren, es waren vielmehr Freunde und Anhanger 
stand versucht, aber auf die Kunde von Agrippas eines Mannes Namens Aspurgos. Dieser Eigen- 
Nahen davon Abstand genommen hatten (Cass. name kommt in diesen Gegenden nachweislich 
Dio a, a. O. Joseph, ant. Iud. XVI 12ff.; fiber 30 vor, s. Wilmanns Exempla 535. Auch das auf 
die Zeit vgl. W. v. Voigt Quo anno Agrippa Inschriften des 2. und 3. Jhdts. n. Chr. vorkom- 
expeditionem Bosporanam fecerit in Griech. Studien mende 6 im r&v 'Acxovgyiavtiv (Latyschew 
fur H. Lipsius 134). 29. 431) beweist nicht # dass 'Aonovgyiavoi ein 
Polemo erhielt zu seinem frfiheren Besitz jetzt Volk sind; der Noniinativ ist nicht ol 'Aojiovq- 
noch das KOnigreich B. und heiratete die Dyna- ytavot, sondern xa 'Aojiovgyiard , womit ein Ort, 
mis ; beides mit Zustimmung des Augustus. Dies ein Schloss oder ahnliches, das nach einem Aspur- 
fallt gewiss noch ins J. 15 v. Chr.; v. Voigt gos genannt ist, gemeint sein wird. In den man- 
hat a. a. 0. mit Eecht darauf aufmerksam ge- cherlei uns erhaltenen mit 6 M gebildeten Titeln 
macht, dass Cassius Dio alle die bosporanischen Er- bosporanischer Beamter bezeichnet das auf km 
eignisse, die nicht gleichzeitig sein konnen, des- 40 folgende Wort nie einen Volksstamm, dem der 
halb zum J. 14 v. Chr. erzahlt , weil der vom Betreffende vorgesetzt ist. Nun ist es doch sicher 
Senat dem Agrippa angetragene Triumph und kein Zufall, dass die strabonischen Aspurgianoi 
dessen Ablehnung in dies Jahr gehflrt. Zwischen zeitlich zusammentreffen mit der Eegierung eines 
diesem Ereignis und der Einrichtung des B. muss Konigs Aspurgos (Latyschew 36. 304), von dem 
aber eine geraume Zeit liegen , da Augustus in eine Inschrift aus dem bosporanischen J. 313 
Galhen war und Agrippa an ihn, nicht an den ([y]tt'), das, wenn der Einer richtig ergfinzt ist, 
Senat, fiber seine Massnahmen berichtete, letzterer dem J. 16 n. Chr. entsprieht , das aber auch, 
also erst wieder auf Augustus Meldung den Triumph wenn der Einer niedriger oder hoher sein sollte, 
gewahren konnte. ungefahr der Zeit entsprieht, die wir oben nach 
_ Dynamis muss bald gestorben sein ; nach ihr 50 Strabon fur Polemos Tod in Anspruch nahmen, 
heiratete Polemo die Pythodoris, deren Hochzeit erhalten ist (Latyschew 364). Dieser Konig 
Mommsen in die J. 12—8 v. Chr. setzt (Ephem. Aspurgos heisst auf einer Inschrift (Latyschew 
epigr. I p. 270); aus dieser Ehe stammten, wie 36) tov lx fiaotZscog 'Aaav8Qo X ov , also Sohn 
Strabon uns mitteilt, drei Kinder, zwei Sohne eines Konigs Asandrochos, der bisher vollkommen 
und eine Tochter. Von den Sohnen lebte Polemo unbekannt ist. Da aber der Zeit nach Aspurgos 
bei der Mutter als Privatmann, bis er nach deren dem KCnig Asander nahe stent, hat man gewiss 
Tod Konig vom Pontos mid, wie wir spater sehen mit Eecht in dem 'Aoav&go/ov der Inschrift die- 
werden, auch voriibergehend vom B. wurde. sen Asander erkennen wolleri und die sonst nicht 
Von Polemos I. Eegierung im B. wird uns fibliche Form 'Aaavdgozov fur Steinmetzfehler statt 
nur durch Strabon (XI 493) berichtet, dass er die 60 'AaavSgov erkliirt. Jedenfalls an der Existenz 
am Fluss gleichen Namens gelegene Stadt Tanais eines Konigs Namens Aspurgos bald nach Augu- 
wegen ihrer Unbotmassigkeit zerstorte; da dies gtus Tode ist nicht zu zweifeln; ist dieser aber 
veaxnt geschehen war, als Strabon schrieb — und ein Sohn des Asander, so erklart sich vollkommen, 
das 12. Buch schrieb er wegen der Erwahnung wie er durch die Heirat seiner Mutter Dynamis 
des Polemoniden Zeno als KOnig von Klein-Arme- mit Polemo und dnrch des letzteren Erhebung 
nien nach 18 n. Chr. — , so ist hieraus ein An- auf den Thron des bosporanischen Eeicb.es in seinen 
haltspunkt fur das Todesjahr des Polemo zu ge- Eechten und Erwartungen auf die Erbfolge sich 
winnen. Wenn er, wie man gewohnlich annimmt, betrogen und getauscht fand, wie er eine Partei • 



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Bosporos 



Bosporos 



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um sich bildete, die nach ihm 'Aaxoveymvoi Messen diese und ahliche Monogramme sieher aufgelOst 

und wie Polemo unter der Maske der Freund- und gedeutet sind, konnen wir diese Munzen ffir die 

schaft {em nQoojioirfoei <pdlag), aber mit bSsen Ge- Geschiehte nicht verwerten. 

danken im Hintergrunde sich ihnen naherte, von Also im J. 38 n. Chr. wurde Polemo II. Konig 

Aspurgos und seinen Genossen aber in seinen des B. Aber die Umtriebe der Achaimeniden, 

wahren Absichten erkannt, angegriffen und ge- denn als solche fuhlten sich die Bruder Mithra- 

tfrtet wird. Also dem Polemo folgte Aspurgos; dates und Kotys, die Sohne des Aspurgos (La- 

Polemos Witwe Pythodoris beherrschte fortan nur tyschew 32. 37. Kohne Muse"e Kotschoubey II 

das Konigreich Pontos (Strab. XII 556 u. «.). In 218), mtissen anhaltend gewesen sein, jedenfalls 
Eom that man nichts , soviel wir erfahren , um 10 waren sie erfolgreich. Denn der Kaiser Claudius 

Polemo, den Sehutzling des Augustus und des zeigte sich ihren Ansprfichen geneigt, rief im 

Agrippa zurachen; vielmehr muss Aspurgos irgend- J. 42 den Polemo II. aus dem B. ab und machte 

wie seine Anerkennung durchzusetzen verstanden Mithradates zum HerrscheT desselben (Cass. Dio 

haben, denn auf den Inschriften (Latyschew LX 8). 

36. 304) heisst er ydoQwpaiog und tpdoxaioag, Mit diesem Mithradates kommt die Herrschaft 
der beste Beweis , dass er mit Eom in Frieden wieder an die Familie des Aspurgos, in deren Be- 
lebte und mit Boms Zustimmung im B. herrschte. sitz der bosporanische Thron fur lange Jahre bleibt. 
So wenig wir von seiner Eegierung auch wissen, Da, wie wir sahen, Aspurgos ein Sohn des Asan- 
so lehrt doch die eine Inschrift (Latyschew der und durch Asanders Frau Dynamis ein Gross- 
36), dass er ein kriegerischer Ffirst war, der nicht 20 sohn des Pharnakes ist, so fallen damit alle Hy- 
hlos jenseits der Meerenge auf der asiatischen pothesen von einer aspurgianischen und, weil man 
Seite die Herrschaft fiber die Sinder und Maiten, die Aspurgianer fur Sarmaten hielt , von einer 
wie schon die Spartokiden, und auch fiber die sarmatischen Dynastie, die naeh Polemo I. den 
Tanaiten, wie seine unmittelbaren Vorgiinger, auf- B. beherrscht haben soil. Unzweifelhaft galten 
recht erhalt, sondern auch neue Volksstamme wie Aspurgos und seine Nachfolger als Nachkomnien 
die Tarpeitai und die Toretai, die vorher, wie es der Dynamis fur Achaimeniden , wie schon die 
scheint, nicht dem bosporanischen Eeich unterthan Anwendung der pontischen Aera auf ihren Munzen 
waren, sich unterwirft und auch auf der tauri- beweist; vgl. Cass. Dio LX 8. Tac. ann. XII 18. 
schen Halbinsel die alten Feinde, die Skythen Mithradates II. (oder, wenn man den von 
und Taurer, zuruckdrangt und zur Unterordnung 30 Caesar zum Konig von B. ausersehenen, aber von 
unter seine Oberherrschaft zwingt; der bier vor- Asander, bevor er nur die Herrschaft antrat, ge- 
kommende Ausdruck vTiordSavta (der Stein vjio- toteten Mithradates von Pergamon mitzahlt, LTI.) 
raoavra) Zxv&ag xai TavQovg ist bestimmt ge- muss dem Vertrauen, das Claudius in ihn setzte, 
nug , um daraus zu entnehmen , dass jedenfalls nicht entsprochen und als Konig von B. die Zu- 
unter Aspurgos von den unter den letzten Spar- friedenheit des Kaisers sich nicht erworben haben. 
tokiden ublichen Tributgeldern an die Skythen Denn ohne dass wir genau die Grfinde wissen (wenn 
keine Eede war. Das Todesjahr des Aspurgos ist man nicht aus Tacitus Worten : frater Cotys, 
vCllig unbekannt ; es steht aber nichts der An- proditor olim deitule hostis metuebatur Umtriebe 
nahme entgegen, dass er die ganze Eegierung des und Verdachtigungen des Kotys in Eom annehmen 
Tiberius hindurch regierte und erst am Ende der- 40 will) , wurde Mithradates durch Claudius wieder 
selben oder zu Anfang der Eegierung des Gaius mit Waffengewalt seiner Herrschaft entsetzt und 
starb ; von letzterem horen wir, dass er im J. 38 an seine Stelle sein Bruder Kotys zum Konig des 
n. Chr. den Polemo H., den Sohn des Polemo I. B. ernannt. Kaum batten aber die romischen 
und der Pythodoris , als Konig fiber den B. ein- Legionen unter Didius Gallus die Krim.verlassen, 
setzte (Cass. Dio LVHH 12). als Mithradates, der vor der romischen Ubermacht 
Wegen der Munzen aus den bosporanischen geflohen war und zwar zu den barbarischen Stam- 
J. 289—335 = 8 v. Chr.— 38 n. Chr. mit ver- men auf der asiatischen Seite der Maiotis, von 
schiedenen Monogrammen verweise ich auf Laty- diesen letzteren einige in sein Interesse zu Ziehen 
schews Einl. XL f., der wohl endgultig die wusste und hauptsachlich auf die Stamme der 
alte Annahme, dass zwischen Polemo I. und Po- 50 Dandarier und Siraker sich stiitzend in den B. 
lemo H. drei, ja sogar 4 verschiedene KOnige, einzufallen sich anschickte. Kotys und der Corn- 
die man Eheskuporis oder Sauromates nannte, mandeur der wenigen zuruckgebliebenen romischen 
uher den B. geherrscht hatten, beseitigt hat. Aber Truppen, Iulius Aquila, fuhlen sich allein dem 
auch heute noch sind manche Monogramme nicht drohenden Ansturm gegenuber zu schwach und 
aufgelost; oder werglaubt, dass dasMonogramm ft, verbinden sich mit Eunones, dem KOnig der den 
das auf Munzen aus den J. 289—304 (8 v. Chr. Sirakern benachbarten Aorsen. So kommt es zum 
— 8n. Chr.) vorkommt, richtig in Aspurgos, der Kampf zwischen den Bruderm Die Stadt der 
Sohn der Dynamis, der Enkelin des Mithradates, Dandarier, die Mithradates verlassen, wird ohne 
aufgelOst ist? Auf Munzen der J. 305 und 306 = 9 Schwertstreich genommen und die Hauptstadt der 
und 10 n. Chr. erscbeint das Monogramm Tflf ; 60 Siraker im Sturm erobert — diesen glucklichen 
das soil heissen Ttpepiog XXavdwg Mqov und eine Thaten des Kotys gegenuber machten die V erbun- 
Schmeichelei fur den damals mit dem pannoni- deten des Mithradates ihren Frieden mit Eom, 
schen Kriege beschaftigten Tiberius sein. Man be- und Mithradates selbst suchte durch Eunones die 
greift nicht, warum dann nicht Tibers Name voll Verzeihung des Claudius nach, die er auch erhielt. 
auf die Munze gepragt und der Anlass dazu ge- Unter Eskorte wurde er nach Rom gebracht, wo 
setzt wurde. Das Monogramm ^|f war doch er noch lange lebte und erst unter Galba als Mit- 
sicher schon den Zeitgenossen ein Eatsel, wenn schuldiger des Nymphidius Sabinus getotet wurde. 
die obige Auflflsung richtig ware. Solange nicht Mithradates kam im J. 49 n. Chr. nach Eom, 



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Bosporos 



Bosporos 



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darnach fallt der Krieg mit ihm wohl ins J. 47 Bericht anders ausgefallen; nicht mit einem Worte 

oder 48 (Tac. aim. XII 15f. Plut. Galba 13. 15). werden im fraglichen Schriftstfick die bosporani- 

Seine Entfernung vom Throne muss aber noch schen Angelegenheiten beriihrt, nicht einmal der 

fruher, wohl im J. 46 n. Chr., stattgefunden haben, Nachfolger . den wir aus den Munzen und In- 

denn die erste Miinze seines Bruders und Nach- schriften kennen, Tib. Iulius Khoimetalkes, ge- 

folgers Kotys ist aus dem J. 342 = 46 n. Chr. nannt. Und dass dieser sofort folgte, lehren die 

(Kohne Musfe Kotsch. II 221). oben angezogenen Munzen. Auch die von Rhoi- 

Kotys I. regierte also von 46 n. Chr. an bis metalkes bald nach seinem Eegierungsantritt im 

wenigstens zum J. 69 n. Chr., aus dem seine J. 430 = 133 n. Chr. dem Hadrian gesetzte In- 
letzte Miinze datiert ist (Kohne a. a. 0. 227). 10 schrift (CIG 2108 f = Latyschew 33) ent- 

Im J. 71 n. Chr. lernen wir durch eine Inschrift halt nicht den Namen des Flavius Arrianus, wie 

(Latyschew 355) Tib. Iulius Rheskuporis als Doulcet Quid Xenophonti debuerit FI. Arrianus, 

KOnig des B. kennen; ob dieser der Nachfolger Paris 1882, dem Nissen Eh. Mus. XLIII 238, 

des Kotys ist oder ob zwisehen beide noch ein 5 beistimmt, meint; denn . . . Xiov ■f/Hjiavov ent- 

Konig Iulius , . . eingeschoben werden muss , ist halt einen Namen 'lovllov Maoviavov, aber nicht 

um so schwerer zu entscheiden, als wir hier und . . <t>[X. 'A^gjiavov, abgesehen davon, dass ein 

in der Folge fast ausschliesslich auf die Inschrif- rOmischer Statthalter als Epimelet einer vom bospo- 

ten und Munzen angewiesen und der Schriftsteller- ranischen Konig dem Hadrian zu Ehren gesetzten 

zeugnisse fast ganz beraubt sind. Auf der an- Inschrift nicht genannt werden konnte und durfte. 
gezogenen, leider sehr verstiimmelten Inschrift 20 So gern wir auch naheres iiber die Geschichte 

lesenwir: . . . xov ex aoo[y6vo)v fiaoiteaig Tifle- des B. wussten, die obige dem Arrian falschlich 

qIov 'lovXiov 'PJrjonovTi [oqi] dog paodieog 'lovXiov zugeschriebene Notiz ist nicht derart, um darauf 

[. ..J vlov. Allerdings hielt man Mher gestutzt Schliisse zu bauen, vielmehr lehren die Munzen, 

auf CIA III 552 diesen Rheskuporis fur den Sohn dass Rhoimetalkes sofort dem Kotys folgte. 

des Kotys, aber diese Inschrift gehort dem thra- Tib. Iulius Rhoimetalkes regierte von 131/132 

kischen KOnig gleichen Namens, s. Mommsen —153/154; er muss jung nach dem Tode seines 

Ephem. epigr. II p. 253. Wenn wir also nicht Vaters zur Regierung gekommen sein und anfangs 

einen bisher unbekannten KOnig Iulius ... an- unter einem Vormund regiert haben, denn das 

nehmen und ihm die gerade fehlenden zwei Jahre ist doch wohl der Sinn der Worte der Historia 
zwisehen dem letzten datierten Monument desKo- 30augusta (Anton. 9): Rimetaloen in regnum Bos- 

tys und dem ersten des Rheskuporis zuweisen foranum audita inter ipsum et euratorem ne- 

wollen, werden wir annehmen milssen, dass Kotys I. gotio remisit, wo curator meines Erachtens nur 

schon den Namen Iulius trug, der von Rheskuporis ,Vormund' heissen kann. Laitys chews neueste 

an von alien bosporanischen Kenigen getragen Erklarung (S.-Ber. Akad. Berl. 1895, 510), wo- 

wird ; dann ist er nattirlich der Sohn und Nach- nach curator soviel als ,romiseher Curator wahr- 

folger des Kotys. Rheskuporis I. regiert von scheinlich des Legaten von Bithynien oder Kap- 

spatestens 71—92, ihm folgt von 92—124 Tibe- padokien' sei, ist mir unverstandlich; da miisste 

nus Iulius Sauromates I. es doch mindestens procurator heissen, und wenn 

Von 124—131/2 regierte Tiberius Iulius Ko- nicht der Name des Mannes, so doch wenigstens 
*7 S £k . 40 sein Amtsbezirk hinzugesetzt sein. Gerade wegen 

Kotys II. starb im 428. Jahre der bospora- der engen Verbindung von inter ipsum et cura- 

nischen Aera; vom selben Jahre datiert auch die tor em empfiehlt sich die tfbersetzung ,zwischen 

erste Miinze des Tib. Iulius Rhoimetalkes (Kohne ihm selbst und seinem Vormund' von selbst. Nach 

Muse~e Kotsch. II 256. 263). In der unter Arrians Rhoimetalkes, fiber dessen Beziehnngen zur Stadt 

Namen gehenden Kustenbeschreibung heisst es: Chersonesos ich auf den Artikel Chersonesos 

Ijtsl Sk ixv&o/itjv Kozvv xsxsX^vxrjxhai, xov §aai- verweise, herrscht Tib. Iulius Eupator 154/55 — 

Xea rov Booxoqov xov Kififiegiov xakovfievov, Lit- wenigstens 170/71 —aus diesem letzteren Jahre 

[itXeg exoirjoawv xai xov fiixgi xov Bookoqov (= 467 der bosporanischen Aera) stammt die letzte 

nXoyv drjXaioai aoi, d>g s" xi fiovXevoto neQt tov Bo- Miinze, welche wir von ihm haben. Wer Eupators 
otioqov iaioQiu aoi xai rorde xov itXovv pr) dyro- 50 Vater war, ist nicht iiberliefert, daher wissen wir 

ovvxi ftovXevcodat. Dass dieser einem echten Briefe auch nicht , in welchem Verhaltnis er zu Ehoi- 

Arrians angehangte Periplus nicht von Arrian metalkes stand; da aber nach Eupator Tib, Iulius 

selbst herruhrt, habe ich gezeigt (Rh. Mus. LI Sauromates II. regierte, der des Rhoimetalkes Sohn 

If.) ; der Name dieses oder auch eines anderen war, also mit Sauromates II. wieder die alte Dy- 

bosporanischen Kotys ist benutzt , um die Fal- nastie fortgesetzt wird, gehcrte sicher auf irgend 

schung glaubhafter zu machen und um vom achten eine Weise dieser Dynastie auch Eupator an. 

Briefe eine passende Uberleitung zn dem durren Des Tib. Iulius Sauromates EL Munzen reichen 

und mageren, im grfissten Contrast zu dem von 471—507 = 174/75—210/11 n. Chr. (s. La- 

lebendigen und ansehaulichen Schriftehen Arrians tyschew XLIX); es fehlen also datierte Munzen 
stehenden Periplus um die Nordkflste des schwar-60aus den J. 468—470; daher ist das Todesjahr 

zen Meeres zu gewinnen. Also aus dieser Stelle des Eupator und der Eegierungsanfang des Sauro- 

kann man nicht, wie man gethan hat, auf Er- mates II. nicht genau festzustellen ; auch die 

sehutterungen im bosporanischen Reiche nach neue, aus Tanais stammende Inschrift des Eupa- 

Kotys Tode schliessen, welche die Anwesenheit tor mit der Jahreszahl .&' (wo also der Einer 

Arrians, der damals Statthalter Kappadokiens war, weggebrochen ist) , niitzt uns hier nichts (Mate- 

notwendig gemacht hatten, um dem Kaiser fiber rialy po arch. Rossij Villi 63). Auf Sauro- 

das, was im B. geschah, zu berichten. Ware mates II. folgt sein Sohn Tib. Iulius Rhesku- 

dieser Schluss richtig, so ware wohl auch Arrians poris IE, der von 508 — 525 = 211/12— 228'29 



Bosporos 



Bosporos 



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n. Chr. regierte (Latyschew XLIX. Wroth Regierung ist auch auf einer allerdings sehr schlecht 

Coins of Pontus etc. 70f.), auf Rheskuporis II. sein erhaltenen Inschrift bezeugt (L aty sche w 312 1 

Sohn Tib. Iulius Kotys III. von 525—530 = 228/29 = CIG II 2108 dd). Seit dieser Zeit sind keine 

— 233/34 n. Chr. (Wroth72),gleichzeitigherrschte Munzen bosporanischer KOnige weiter erhalten; 

aber Sauromates III., von dem Miinzen aus den aber neuere Funde sind wohl geeignet, die alte 

J. 526—529 = 229/30—232/33 existieren. Rhe- Annahme, dass schon um die Mitte des 4. Jhdts. 

skuporis TIL , von dem Munzen aus den J. 530 das bosporanische Reich zertrummert und die alte 

und 531 = 234/35 — 235/36 n. Chr. erhalten sind, Dynastie des Thrones beraubt ware, zu erschiit- 

kann dem Kotys ILL, Tib. Iulius Ininthimaios, tern. Die Inschriften einer christlichen Kata- 
von dem Munzen aus den J. 531—536 = 234/35 10 kombe in Kertsch (Materialy po arch, Rossij VI 

—239/40 n. Chr. vorliegen, demRheskuporis HI. ge- = Rom. Quartalsschrift VIII 19f.) aus dem J. 788 

folgt sein. Von 536—572 = 239/40—275/76 n. Chr. = 49 1 n. Chr. beweisen doch, wie der Herausgeber 

sind Miinzen mit dem Namen Rheskuporis erhalten, K u 1 a k o w s k y mit Recht bemerkt , dass die Existenz 

des Konigs Tib. Iul. Rheskuporis der Inschriften der einheimischen Bevolkerung fortdauerte, wobei 

aus dem J. 546 und 547 (Latyschew 44. 46). diese ihre alte Kultur beibehielt, und dass die- 

Fiir uns ist dieser Rheskuporis der IV. seines selbe gewiss iiberwiegend christlich war. Wich- 

Namens. Aber wahrend des Rheskuporis IV. Re- tiger ist noch eine andere Inschrift , von deren 

gierung erscheinen in den J. 550 und 551 = Jahreszahl leider nur der Einer ■» erhalten ist, 

253/54—255 Munzen mit der Aufschrift pacdems und die abgefasst ist im Tifisglov 'lovXiov Aoi- 
<Paoodv£ov. Den Namen, der friiher ^aoEav^ff 20 nxovvov jiaodio>g (Latyschew 491 vgl. Kula- 

gelesen wurde, hat v. Sallet (Ztschr. f. Numism. kowsky Rem. Quartalsschrift VIII 316). Also 

IX 154) zuerst richtig ifraQoavtys gelesen, sonst damals herrschte fiber den B. ein einheimischer 

ist absolut nichts fiber diesen KOnig -Pharsanzes KOnig, der, wie schon sein Name Tiberius Iulius 

bekannt. Es_ ist nun aber gewiss kein Zufall, zeigt, direct von den uns bisher bekannten bospo- 

dass gerade in dieselbe Zeit, wo Pharsanzes nach ranischen Konigen abstammt; dieser Tib. Iulius 

den Munzen geherrscht hat, der Zug der Boraner Doiptunes war Christ, wie die Inschrift beweist. 

nach Asien, wozu die Bosporaner ihnen die Schiffe Aber in die Geschichte des B. seit der Mitte des 

gaben, fallt. Zosimus, der uns dies erzahlt (I 31), 4. Jhdts., die uns so gut wie unbekannt ist, werfen 

fiigt hinzu , dass solange ftaodetg avroTg tjoav diese neuen Funde wohl ein sparliches Licht, er- 
ziaig naga. natQog ixfexofizvoi zijv agxrp, dieselben, 30 hellen sie aber nicht, was nur von weiteren Fun- 

vorwiegend auf Roms Freundschaft gestutzt und den erwartet werden kann. Prokop (bell. pers. 

durch Roms Jahresgelder unterstutzt die Gothen I 12) berichtet, dass die Bosporaner engen An- 

von einem Ubergang nach Asien abgehalten hatten; schluss an den Kaiser Iustinus von Byzanz ge- 

sjisi 8s rov paodeiov ysvovg SicupdaQeviog av6.g~i.ol sucht, und Iustinianus war bestrebt, die unmittel- 

zivsg xal axepgififie'vot rijs rjye/ioviag xarsaxrjoav bare Macht des Kaisers am B. geltend zu machen 

xvQioi, sei der langst geplante Ubergang der (Malalas chron. 430 B. = Theophanes chron. 175 

Barbaren nach Asien endlich erfolgt. An dieser de Boor) : dass der letztere nach Unterwerfung 

Erzahlung des Zosimus zu zweifeln sehe ich keinen des B. KOnige da eingesetzt, zu denen Tib. Iulius 

Grund; Pharsanzes mussen wir als Usurpator des Doiptunes gehOrte, wie Latyschew a. a. O. will, 
bosporanischen Thrones betrachten, der, man weiss 40 ist mir sehr unwahrscheinlich ; davon weiss kein 

nicht wie , den Rheskuporis verdrangte. Aber Schriftsteller etwas. Die Inschrift des Doiptunes 

allerdings ganz wOrtlich sind Zosimus Worte xov ist sicher weit alter. 

(JaaiXsiov yivovg diaq>&aeh>iog nicht zu nehmen; Das fur diese ganze Zeit und fur alle bospo- 

denn des Pharsanzes Regierung kann nicht lange ranischen Konige seit Polemo I. charakteristische 

gedauert haben, und Rheskuporis muss wieder auf Merkmal ist die Abhangigkeit von Rom : zwar 

den Thron gekommen sein — denn seine Munzen pragen sie Miinzen mit ihren Bildnissen und 

reichen bis 572 = 275/76 n. Chr. seit Rheskuporis I. auch mit ihren vollen Na- 

Aber das ist jedenfalls in Zosimus Erzahlung men, zwar erbt der Thron, soweit wir verfolgen 

richtig. dass innere Unruhen im B. und der vor- kOnnen, wenigstens bis ins 3. Jhdt. hinein vom 
flbergehende Verlust des Thrones von seiten der 50 Vater auf den Sohn oder er bleibt, wo dies 

alten Dynastie, wozu auch noch die mangelhafte nicht der Fall ist, wenigstens in derselben Dy- 

Unterstiitzung Roms durch Geld und Truppen nastie, aber was sie sind, sind sie doch im Grande 

kam, da es beides selbst zur Verteidigung seiner genommen durch Roms Gnade. Wie Polemo I. 

Donauprovinzen , die fortwahrend den Einfallen und II. von Augustus und Gaius als Kcnige des 

der Gothen ausgesetzt waren, gebrauchte, den B. eingesetzt, wie Mithradates II. von Claudius 

Boranern es erleichterte , von den Bosporanern eingesetzt und bald darauf abgesetzt wurden, 

SchifFe zu bekommen, auf denen sie nach Asien wie Kotys I. durch Hadrian das Diadem tragt, 

ubersetzten. Dauernd haben sich die Boraner was Phlegon Trallianus ausdrucklich hervorhebt 

aber nicht im B. festgesetzt ; denn nach Rhesku- (FHG EH 602), wie Rhoimetalkes I. von Antoni- 
poris haben wir noch folgende KOnigsreihe: 572 60 nus Pius nach Rom berufen und, offenbar weU 

= 275/76 n. Chr. Sauromates TV., aber schon vom bei der EJntersuchung seine Sache als die bessere 

selben Jahr haben wir Munzen des Tib. Iulius befunden wurde, wieder in sein Reich zuruckge- 

Teiranes, die bis 575 = 278/79 n. Chr. reichen; schickt wurde, alles das zeigt doch, wie abhangig 

575—604*= 278/79—307/8 n. Uhr. Thothorses; von Rom die bosporanischen Konige waren. Sie 

605-619 = 308/09—322/23 Rhadamsadius; gleich- selbst nennen sich auf den Inschriften constant 

zeitig mit Rhadamsadius regierte auch Rhesku- <pdooa>naiog und <pd6xaiaag, sie selbst sind, seit- 

poris V., von dem wir Munzen von 608—631 = dem der Kaiserkult auch in ihrem Furstentum 

811/12 — 334/35 n. Chr. haben; ihre gemeinsame eingefiihrt war, die Oberpriester , die aQzieonTg 



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Bosporos 



Bosporos 



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Bostar 



Bostra 



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t&v Ssfiaoribv, und wo sie den Kaisern Ehren- 
denkmaler mit Inschriften errichten, nennen sie 
die letzteren xov tdiov xrlarrjv oder xbv i'diov 
xai xfjg savzov fiamXeiag svsgyixrjv (Latyschew 
33. 34) oder ibv iavtov amrijga xai evsgysttjv 
(Latyschew 32. 354). Das Verhaltnis, in dem 
die bosporanischen Kttnige zu Rom stehen, findet 
auch darin seinen pragnanten Ausdruck, dass sie 
Jahresgelder beziehen (Lukian. Pseudomant. 57. 
Zosim. I 31 : xai rd naga taiv fiaoiXecov avroig 
hove ixdarov ics/jjt6/isva d&ga); hiefiir iiber- 
nahmen sie es als besondere Pflicht , die wilden 
Horden der Steppe, erst die Skythen, dann die 
seit Ende des 2. oder Anfang des 3. Jbdts. bis 
an die Kiisten des schwarzen Meeres und bis an 
die Landenge, welche die taurische Chersones vom 
Festland trennt, vorgedrungenen Gothen im Zaume 
zu halten. Dass die vom Dnieper bis in die 
Steppe der Krim hinein wohnenden Skythen ge- 
rade wie zu Mitbradates Zeiten, so nocb in der 
rSmischen Kaiserzeit gefahrliche Nachbarn und 
kampfeslustige Leute waren, lehrt die Thatsache, 
dass gerade mit ihnen wiederholt gekampft wurde. 
Zu Anfang der Regierung des Nero muss Plautius 
Silvanus, der Statthalter von Untermoesien , die 
von den Skythen belagerte Stadt Chersones be- 
freien (CIL XI V 3608); diese in der Inschrift 
ausdriicklich von den Sarmaten untersehiedenen 
Skythen sind doch dieselben, die scbon Diophan- 
tos in derselben Gegend bekriegtc und besiegte, 
es sind die Eeste der Skytben, die einst zu He- 
rodots Zeiten ganz Sudrussland vom Don bis zur 
Donau besetzt hielten. Hier zu Neros Zeit ge- 
rade, wie spater noch einmal zu den Zeiten des 
Kaisers Antoninus Pius (Hist. Aug. Ant. 9), wer- 
den diese Skythen A'on rOmischer Seite bekriegt 
und zur Euhe gebracht; ob die bosporanischen 
KOnige hieran beteiligt waren, erfahren wir nicht. 
Auch fiir sie war die Gefahr vor den Skythen 
vorhanden, und wahrscheinlich sahen die ROmer 
bei ihren Kampfen mit denselben auch die Bospo- 
raner an ihrer Seite ; jedenfalls fochten sie aber 
auch allein gegen diese ihre uralten Feinde. Von 
Kotys II. aus dem J. 123 und von Sauromates II. 
aus dem J. 193 n. Chr. erfahren wir, dass sie die 
Skythen bekampften und besiegten (Latyschew 
27 [hiemach 26 zu verbessem]. 423). Sonst 
horen wir wenig von Kriegen : Sauromates II. be- 
kampfl ausser den Skythen noch die Siracher 
zwischen der Maiotis und dem kaspischen Meer, 
die scbon zu Strabons Zeiten (XI 492. 506) ein 
machtiges Volk, spater in den Bruderkrieg zwi- 
schen Mithradates II. und Kotys I. verwickelt 
waren (Tac. arm. XII 15). Dass die bosporani- 
schen KOnige aber, wie die Inschriften lehren, die 
Stadt Tanais seit Pharnakes fortdauernd besassen, 
und dass diese letztere unter ihrem Scepter bliihte 
und gedieh, zeigt doch, dass wie Sauromates II. 
die dieser Stadt benachbarten Siracher, so andere 
KOnige jedenfalls andere Volker dieser Gegend 
bekampft haben; denn ohne eine kraftige Hand 
und ohne Vertrauen auf ihre Macht batten sie 
dieses weit im Norden gelegene und rings von 
Barbaren umgebene griechische Emporion wohl 
nicht so lange halten kOnnen. 

Der Umfang des Reicb.es wurde, soweit wir 
sehen, nicht verringert; die Halbinsel Taman und 
die Kiiste an der Maiotis bis zur Stadt Tanais 



hinauf und von der Krim jedenfalls die ostliche 
Halbinsel von der Meerenge bis zur Landenge 
zwischen Kaffa und Arabat — das war im grossen 
und ganzen der Umfang des bosporanischen Eeiches 
wahrend der Kaiserzeit. Nur Chersonesos, die 
Stadt an der Westkiiste, welche Mithradates d; 
Gr. seinem Eeiche einverleibte, ging seinen Nach- 
folgern verloren : unter Antoninus Pius wurde sie 
eine freie und autonome Stadt (naheres s. im 

10 Artik. Chersonesos Taurike). Dass das Keich 
aber in dem Umfang, wie wir inn eben angegeben 
haben, in den Gothen- und Hunnenstiirmen nicht 
bestehen blieb, versteht sich wohl von selbst. 
Dass dasselbe aber wohl langer, als man gewChn- 
lich annimmt, wenn auch in verringertem Um- 
fang bestand, darauf haben wir oben bei Gelegen- 
heit der Inschrift des Konigs Tib. lulius Doiptu- 
nes aufmerksam gemacht. Es ist eine gerade in 
den letzten Jahren ofter hervoTgehobene That- 

20sache, dass nach dem Abzuge der Gothen nach 
Westen sich Teile derselben auf der Krim an- 
siedelten und dort bis ins 17. Jhdt. hinein nach- 
weisbar sind, s. Tomaschek Gothen in der Krim, 
Wien 1873. Braun Die Krimgothen, St. Peters- 
burg 1890. Wenn ihnen auch, soweit wir wissen, 
Pantikapaion nie gehOrte, so verschob sich doch 
vielleicht durch ihre Ansiedlung die friihere West- 
grenze des bosporanischen Eeiches und jedenfalls 
erstand in ihnen an Stelle der Skythen, die seit 

30 dieser Zeit entweder vernichtet oder von anderen 
Volkera aufgesogen nicht mebr in der Geschichte 
auftreten, ein neuer und keineswegs bequemerer 
Feind. Erst durch die Hunnen*trat ein grOsserer 
und fiir uns auch nachweisbarer Umschwung in 
den bosporanischen Verhaltnissen ein: die Halb- 
insel Taman und die Kiiste der Maiotis fiel in 
ihre Hande , und auch die Krim geriet in ihre 
Botmassigkeit, bis dann Iustinian Pantikapaion, 
Cherson und die nicht von den Gothen besiedelten 

40 Teile der Krim sich unterwarf. 

Es scheint mir beacbtenswert, dass von einer 
anuga Ogaxmv sowohl, als von einer o-xsTga Kv- 
ngia (Latyschew 290. 293) Soldaten in Panti- 
kapaion begraben liegen ; das sind natiirlich auch 
sonst nachweisbare romische Truppen. Ich mOchte 
daraus nicht auf eine dauernde Besatzung durch 
roniische Truppen schliessen, wohl aber auf eine 
voriibergehende Unterstiitzung des bosporanischen 
Heeres durch rOmische Abteilungen ; wann solche 

50 Untersttitzungen sich notwendig machten, entzieht 
sich vollkommen unserer Kenntnis. Ich erinnere 
aber daran, dass bei der Einsetzung des Kotys I. 
zum KiSnig r5mische Truppen im B. anwesend 
waren (Tac. ann. XII 15f.). 

So diirftig auch die uns erhaltenen Nachrich- 
ten fiber den Handel des B. in der Kaiserzeit 
sind, so durfen wir doch mit gutem Grande an- 
nehmen, dass, solange die bosporanischen Konige 
durch ihre eigene Macht und durch Rom unter- 

60 stutzt die rings umwohnenden Barbaren von 
rauberischen Einfallen abhielten und sie ihre Macht 
ftthlen bissen konnten, auch der Handel bluhte. 
Bot doch das Land selbst wie auch das Hinter- 
land einen Eeichtum an Producten und Erzeug- 
nissen, die, wie einst in Athen und dem griechi- 
schen Mutterland, so jetzt in der neuen Weltstadt 
Rom eifrig begehrt und gekauft wurden. Ich 
brauche hier nur an die Fische der Maiotis und 






die Pelzwaren zu erinnern, um von dem von den 
Ufern des Eha (heute Wolga) kommenden und in 
der Kaiserzeit zuerst beriihmt gewordenen Rha- 
barber und anderen Producten zu schweigen. 

[Brandis.] 
Bostar, karthagischer Name, griech. Bcoara- 
gos; Bcoorcog bei Polybios. Die Form Diodors 
OvoSoatcog oder BoSoarcog kommt dem punischen 
Original naher. Die tyrische Form lautet grie- 
chisch Bovddmgarog, s. die koische Inschrift Bull. 10 
hell. V 206. Der Name soil ,Knecht der Astarte' 
bedeuten (P. Schroder Die phoniz. Sprache 93. 
108f.), doch ist diese Erklarung, wie P.Jensen 
bemerkt, vielleicht unrichtig. 

1) Kartbager, ward 256 v. Chr. mit Hasdru- 
bal zusammen gegen Eegulus mit zum Feldherrn 
gewahlt (Polyb. I 30). Nicht verschieden von 
ihm ist wahrscheinlich Bodostor, der (um 243 
v. Chr.) als wenig geschickter Unterfeldherr Ha- 
milkars auf Sicilien erwahnt wird. Er geriet in 20 
Gefangenschaft und starb in Bom an den Miss- 
handlungen, die er von seiner Warterin, der Witwe 
des Atilius Eegulus , zu erdulden hatte , Diod. 
XXIV 9. 12. 

2) Karthager, Boe'tharch auf Sardinien, ward 
zur Zeit des Soldnerkrieges um 240 v. Chr. von 
den meuterischen Soldnern daselbst umgebracht, 
Polyb. I 79. 

3) Unterfeldherr Hasdrubals in Spanien. Den 
Ubergang der beiden Scipionen iiber den Ebro 30 
konnte er nicht hindern und lagerte Anfang 216 

v. Chr. bei Sagunt. Er liess sich vom Iberer 
Abilyx bereden, die spanischen Geiseln ihren An- 
gehOrigen zu senden, wobei sie durch Abilyx den 
BOmern tiberliefert wurden. B. wurde zur Eechen- 
schaft gezogen und entging kaum dem Tode, 
Polyb. Ill 98, 5f. Liv. XXII 22, 6f. 

4) Gesandter Hannibals an Philipp V. von 
Makedonien, ward von den Rdmern gefangen ge- 
nommen 215 v. Chr., Liv. XXIII 34, 2. 40 

5) Mit Hanno zusammen Befehlshaber der 
punischen Besatzung in Capua, Liv. XXVI 5, 6. 
12, 10. Appian. Hann. 4 (wo Bcota iiberliefert ist). 
Vielleicht nicht verschieden von Nr. 4. 

6) Punier aus Sardinien, wegen dessen Er- 
mordung M. Scaurus angeklagt und von Cicero 
verteidigt ward, s. Cic. p. Scauro frg. 1, 8f. ; 
vel. Quintil. V 13, 28. VII 2, 10. [Niese.] 

Bostra (I Makk. 5, 26 Booogga. Cicero ad 
Quint, fr. II 10 [12], 3. Ptol. V 17, 7 Boorga. 50 
Hieron. Onom. sacra ed. Lagarde 87, 1. 102, 17. 
109, 3. 118, 5. 135, 8. 155, 26; Euseb. ebd. 213, 
38. 232, 55. 253, 32. 268, 95. 269, 17. 298, 55. 
Tab. Peut. Ammian. Marc. XIV 8, 13. Hierocl. 
Synecd. 722, 1. Not. Dign. Or. XXXVII 10. 
21. Malal. Chron. 223 Bonn. Cedren. I 745 Bonn. 
Zonaras II 584 Bonn. Damascius vita Isid. § 199 
bei Photius bibl. 347 Bekkerj. Bei den griechi- 
schen und rOmisehen Schriftstellem ist B. auf- 
fallenderweise nicht vor Ptolemaios mit Sicber- 60 
heit nachzuweisen (die Lesart bei Cicero a. a. O., 
wo ein Bostrmw praet&rtatus erwahnt wird, 
ist nicht sicher); auch bei den spateren Schrift- 
stellem erhalten wir keine Nachrichten iiber die 
Zeit vor Traian. Damascius (a. a. O.) nennt so- 
gar die Stadt miXiv ovx agxaiav und schreibt 
ihre Griindung dem Alexander Severus zu. Aus 
diesen Grflnden hat man schon gemeint, B. sei 



iiberhaupt oder wenigstens unter diesem Namen 
eine remische GrQndung (so z. B. Eitter Erd- 
kunde XV 969. Wetzstein in Delitzsch 
Hiob 534). Mit Unrecht: die Bemerkung des Da- 
mascius (a. a. O.), dass hier vorher ein <pgovgwv 
TiaXaiov ittneteixto/teror . . . vitb x&v 'Agafiixfiv 
§aailia>v gestanden habe, ist bestatigt durch eino 
nabataeische Inschrift (Vogue 1 La Syrie centrale. 
Inscriptions 103. Nabat. Inschr. nr. 4), welche den 
nabataeischen KOnigMalchns erwahnt und zeigt, 
dass die Stadt eine Zeit lang zum nabataeischen 
Eeich gehorte. Auch der Name ist fur eine noch 
altere Zeit bezeugt, denn es dttrfte kaum einem 
Zweifel unterliegen, dass Boaogga I Makk. 5, 26 
mit B. identisch ist. Damals war die Stadt noch 
nicht nabataeisch; sie wird schon den grossen 
festen Stadten Peracas zugerechnet. Die serai- 
tische Namensform Bosra, (= Festung) ist fiir 
spatere Zeit durch eine palmyrenische Inschrift 
(Vogli 6 Inscr. Palmyr. nr. 25) bezeugt. Die Stadt 
muss dank ihrer giinstigen, die Gegend beherr- 
schenden Lage schon friihe bedeutend gewesen 
sein. Auch von Traian wurde ' sie sogleich nach 
der Einverleibung ins rSmische Eeich als wich- 
tiger Punkt ausgezeicbnet. Als von Cornelius 
Palma das alte Kflnigreieh der Nabataeer zur 
rOmisehen Provinz gemacht wurde (105 oder 106 
v. Chr., s. Bd. II S. 359, llff.), wurde B. von 
Traian neu .gegrundet', d. h. verschCnert und ver- 
grOssert (Malalas a. a. O. schreibt dies falsch- 
licherweise dem Augustus zu). Zugleich wurde 
sie Standquartier der Legio III Cyrenaica, wo 
dieselbe wahrend des ganzen 2. und 3. Jhdts. und 
noch im Anfang des 5. Jhdts. stand (Not. Dign. 
a. a. O.). Daher ist die Stadt bei Ptolemaios 
(a. a. O.) als Boorga Xsytajv bezeichnet und die 
leg. Ill Cyr. ist in den Inschriften von Syrien 
und besonders von B. haufig genannt. (CIG 4651. 
CIL III 89. 92. 95. u. 0., vgl. Cass. Dio LV 23). 
Spater wurde auch der Sitz des Statthalters der 
Provinz nach B. verlegt (s. Bd. II S. 360, 40ff.). 
Dem Traian zu Ehren nannte sich die Stadt auf 
ihren Miinzen Ma Tga'iarij Boorga (Eckheini 
500f. oft. Mionnet V 579ff. oft). Von dieser Ein- 
verleibung der Provinz Arabia an datiert die sog. 
bostrenische Aera, die in der ganzen Provinz lange 
im Gebrauch war (fiber den genauen Beginn 
derselben vgl. den Art. Aera Bd. I S. 641f. so- 
wie Schiirer Gesch. d. jiid. Volkes 1621). Auf 
einer Miinze aus der Zeit CaTacallas findet sich 
auch die Bezeichnung Avrmvivtavrj (Mionnet 
V 581). Unter Elagabal beginnen die lateini- 
schen Inschriften der M&nzen (Mionnet V 582). 
Die Stadt nahm rasch einen grossen Aufschwung, 
hauptsachlich dank ihrer Lage im Mittelpunkt 
des Han dels verkehrs ; eine wichtige Strasse fuhrte 
von da direct nach dem pereischen Meerbusen. 
Unter Alexander Severus wurde B. romische Colonie 
(hierauf diirfte sich die oben angefuhrte Bemer- 
kung des Damascius beziehen); auf den Miinzen 
aus seiner Zeit und nachher tragt sie den Namen 
Golonia Bostra und Nova Traiana AUxandriana 
Colonia Bostra (Mionnet V 582f.). Seit Phi- 
lippus Arabs, der aus B. geburtig war (Zonar. 
Cedren. a. a. 0.; beide redeu falschlicherweise von 
einem B. in Europa), beginnt auf den Munzen die 
Bezeichnung als Metropole (Golonia Metropolis 
Bostra Mionnet V 584, 31ff.; Suppl. VIII 386, 



791 



Bostrenos 



Botres 



792 



19). tFber die Teilung der Provinz Arabia vgl. 
Bd. II S. 359f. Von da an war B. Hauptstadt der 
Nordhalfte, die den Namen Arabia behielt, bezw. 
eine Zeit lang Augusta Libanensis hiess. Zu Con- 
stantins Zeit war B. Sitz eines Bistums, spater 
eines Erzbistums von Arabien (Euseb. und Hieion. 
Hierocl. a. a. 0. Not. Episc. I 1015 Parthey), 
welches zu dem Patriarchat Antiochien gehCrte 
(ZDPV XVII 1895, 87f.). Im 4. Jhdt. stand die 
Stadt in hoher Blfite; mit Gerasa und Philadel- 
phia war sie die bedeutendste Stadt der Provinz 
(Amm. Marc. -a. a. 0.: habet (sc. Arabia) dvitates 
inter oppida quaedam ingentes Bostram et Ge- 
rasam atque Philadelphiam rnurorum firmita- 
te eaidissimas). Besonders wichtig war sie fur 
den Karawanenhandel Arabiens; die arabischen 
Kaufleute, so z. B. spater Muhammeds Onkel, 
kamen Cfters hieher, mit ihnen auch Muhammed 
selbst. Hier in B. wohnte der Mench Bahira, 
welcher den Muhammed als Propheten anerkannt 
haben soil. Noch im Mittelalter war B. ein hoch- 
wichtiger Platz als Markt und als Pestung. He- 
raclius verlor B. an den Kalifen Omar. Die Kreuz- 
fahrer waren nur kurze Zeit in ihrem Besitz. Erd- 
beben (so besonders 1151) und spaterhin die 
Schwache der tfirkischen Regiefung bewirkten 
den Verfall der Stadt. Das heutige Bosra (auch 
Eski Scham = Altdamascus genannt) am Fuss 
des Haurangebirges ist nur sehr sparlich bevolkert. 
Die Stadt hat zahlreiche, zum Teil sehr schOne 
Euinen auch aus der Eomerzeit (zwei Theater, 
sechs Tempel, Palaste, Triumphbogen , Wasser- 
leitungen, Kirchen und Moscheen , grosses Castell 
ana dem 13. Jhdt. u. a.). Inschriften: CIG 4644 
—4653. CIL III 89— 107. LeBas-Waddington 
HI 1906-1958. Munzen: Eckhel in 500-503. 
Mionnet V 579-585; Suppl. VIII 383-386. 
Bitter Erdkunde XV 968—987. Seetzen I 
67—73. Burkhardt 364—378. 527. de Vogue" 
Syrie Centrale, Architecture 40. 63ff., Inscriptions 
103. Eey Voyage 177—195. Buhl Geogr. Pal. 
251. Baedeker Pal. und Syrien^ 202—205. 

[Benzinger.] 

Bostrenos (BoatQtjvog Dionys. Perieg. 913. 
Avien. descr. 1073, Geogr. Gr. min. II 187. Priscian. 
Perieg. 855, ebd. II 197. Eustath. zu Dion. Perieg. 
912, ebd. II 376), Fluss in Phoinikien, an welchem 
nach Dionysios Sidon lag; letzteres ist nicht 
ganz richtig; der heutige Nahr el-Auwali, der 
dem B. entspricht, miindet etwas nOrdlich von 
Saida. Schwerlich diirfte Bostrinus des Geogr. 
Eav. II 16 p. 94 diesen Fluss meinen; dagegen 
kOnnte Borinos des Skylax aus B. verdorben sein. 

[Benzinger.] 

Bostrinns (Geogr. Eav. II 16 p. 94), Stadt 
an der Kfiste Syriens, wahrscheinlich identisch 
mit Botris desselben Verfassers. S. BotrysNr. 1. 

[Benzinger.] 

Bostrys s. Botrys Nr. 1. 

Botachidai (Bayraxidai), nach Nikol. Dam. 
44 M. (40 D.) Ort im Gebiet von Tegea, dessen 
Name auf Botachos, Sohn des Iokritos, Enkel 
des Lykurgos zurfickgefuhrt wurde. Pans. VUI 
45, 1 nennt denselben in der Form Ilcoxaxidai 
als einen der tegeatischen Gaue, welcher wahr- 
scheinlich im Norden des Stadtgebietes zu snehen 
ist, Curtius Pel. I 250f. 271. Bursian Geogr. 
n 217. [Oberhummer.] 



Botachos (Bmraxos), Sohn des Iokritos, Enkel 
des Lykurgos, Eponymos des (von Pausanias YHI 
45, 1 Ilmxaxldai bfjpog geschriebenen) autochthon- 
tegeatischen xonog Bmtaxidai (s. d.), Nikolaos 
Damask, frg. 44 aus Steph. Byz. s. BoixaxiSai, 
FHG m 379, nach Dindorf zuH. Stephanus 
Thes. 1. gr. s. v. wohl = dem Krotoniaten Bov- 
raxl&tjs. [Tiimpel.] 

Boteiras {Botelgag), Konig von Bithynien, 
10 Anfang des 4. Jhdts. v. Chr. Sein Sohn ist Bas, 
s. d. Memnon frg. 20 = FHG III 536. 

[Kirchner.] 

Boter, der Freigelassene des Kaisers Claudius, 
soil nach Suet. Claud. 27 der wahre Vater der 
Claudia sein, der Tochter des Claudius und der 
UrgulaniHa. [Henze.] 

Boterdum (oder Boterdtis), Ort mit einem 
Hain in der Gegend von Bilbih's (s. d.) bei Martial. 
I 49, 7 Boterdi nemus. XII 18, 11. Die Lage ist 
20 unbekannt. [Hiibner.] 

Bothrepton (B6$qejitov oder Bo&Qnarog), Ort 
mit Kirche des Erzengels, Anth. Pal. I 9. Viel- 
leicht = Buthroton (s. d.)? [Oberhummer.] 

Bothros. 1) Magier oder Astrolog; sonst 
unbekannt. Ein Brief von ihm ad regem quen- 
dam cod. Paris. 2180 fol. 100 (Omont Catal. 
sonim.). 

2) Angeblicher persischer Konig. Verfasser 
eines Tractates fiber die Heilmittel ex yvjzog (cod. 
30 Paris, gr. 2419 fol. 153 r; unediert). [Eiess.] 

Bothynos (Bo&wog) ,Grube' , Ortlichkeit in 
Attika am heiligen Wege nach Ele&sis. Isaios 
(frg. XII 4) bei Harpocr., vgl. denselben (frg. VIII 
2) bei Bekk. an. gr. I 173, 26. Lysias (? frg. 
XXXVIHb) bei Bekk. an. 173, 28. Surmelis 
'Atuhol 148 vergleicht eine moderne Ortslage Bov- 
■&ovXi, links von derselben Strasse ; mir wurde im 
J. 1886 zu Athen der Name BoidvXog bezw. Bov- 
■OoXog fur eine Gegend im Westen oder Nordwesten 
40 der Stadt (Olwald) angegeben. [MilchhOfer.] 

Botiaeion (Boxiauov oder BozUiov) , nach 
Steph. Byz. eine Stadt Phrygiens am Salzsee At- 
taia (s. d. Nr. 2), Cramer Asia min. II 67. 

[Kuge.] 

Bo t ion (Bwrtov), x<oq(ov in der Nahe Ilions, 
Suid. Et. M., das den Namen falschlich von 
podo&at (!) ableitet, weil dort Agamemnon die 
Artemis um giinstige Fahrt angerufen haben soil. 

[Burchner.] 
50 Botis, nach dem Geogr. Eav. 440, 20 eine 
Insel des nordlichen Oceans; vielleicht die schot- 
tische iDsel Bute im Clyde. [Hiibner.] 

Botiro heisst auf der Tab. Peut. und beim 
Geogr. Eav. 215, 14 die im Itin. Ant. p. 129 und 
Itin. Hier. p. 561 Iovia genannte oberpannonische 
Station, s. d. [Patsch.] 

Botnia (Boxvia Euseb. Onom. ed. Lagarde 234, 

85, auch Ilozeeiv genannt; Hieron. ebd. 103, 14 

Bothnin; hebraisch Betonim Josua 13, 26), Ort 

60 im siidlichen Teil des Ostjordanlandes; nicht iden- 

tificiert. [Benzinger.] 

Boton (Bormv), Athener. Angeblich, . nach 
Diog. Laert. IX 18, Lehrer des Xenophanes. Sonst 
nicht bekannt, vgt Zeller Philos. d. Gr.s I 1, 
522 Anm. [Kirchner.] 

Botres (Bdzgijg), Sohn des Thebaners Eume- 
los, der, als einst sein Vater dem Apollon opferte, 
das Hirn des Opfertieres, ehe es auf den Altar 



793 



Botria 



Bottia 



794 



gelegt war, verzehrte, wofflr ihn der erzfirnte 
Vater mit einem Feuerbrande erschlug. Aus Mit- 
leid mit dem wehklagenden Eumelos verwandelte 
Apollon den Knaben in einen Vogel ASropos, der 
in einem unterirdischen Neste brfitet und immer 
flattert. Boios bei Anton. Liber. 18 (wo_ die dich- 
terische Form rjigonov stehen geblieben ist, Boss- 
bach Jahrb. f. klass. Phil. 1891, 95). tber den 
Vogel (.Bienenfresser') s. Arist. hist. anim. VI 
1 (6V ol Boicoroi xalovotr s'gojia). LX 13 (jteQO- 10 
nag), vgl. Pint, de soil. an. 24. Schol. Aristoph. 
av. 1354 (aus Aristoteles, wo er aiQon(o&)a.g las) 
= Suid. S. avruielagysiv. Hesych. S. asQOTieg. 

[Knaack.] 
Botria, Name einer Stadt in Africa, deren 
Bischof als Botrianensis einmal (im J. 411, Gesta 
coll. Carth. I 149, bei Mansi Cone. coll. TV 128. 
Migne XI 1321) erwahnt wird. Nach eineT Ver- 
mutung Gue'rins heutzutage Henchir Badria, 



Hist. crit. com. graec. 408, 86. Knaack Berl. 
phil. Wochenschr. 1895, 1127. [Knaack.] 

4) Griechischer Arzt, spatestens aus der ersten 
Halfte des ersten christlichen Jahrhunderts , da 
schon Plinius (Ind. 1. 12. 13. 29. 30. 33—35) 
seine Schriften bentttzte. Ausserdem kennt Askle- 
piades 6 ^aQ/iaxlav (Ende des 1. Jhdts. n. Chr.) 
ein Mittel von ihm gegen Blutungen im Ohrj 
vgl. Gal. Xn 640. [M. Wellmann.] 

Bottas, Sohn des Bottas. SxqaxrjyAg in Ery- 
thrai 3. Jhdt. v. Chr., Le Bas EI 1536 = Ditten- 
berger Syll. 172. Derselbe B., wie es scheint, 
als Gesandter der Erythraier zu Antiochos II., 
Dittenberger Syll. 166 N. 2. [Kirchner.] 

Bottes (Bottsg Procop. de aedif. 282 , 46), 
Castell in Dacia mediterrauea. W. Tomaschek 
Die alten Thraker II 2, 61. [Patsch.] 

Botthaios (Bcozftatog, Bot&atog), nur einmal 
unter andern geographischen Schriftstellern ge- 



mutung liuerins neuizuisage neucnir ojaunn,, »"«» "«»'» 6 ™ 6 .. f n».u»„ ^ u „ i „™-„^„ 8 - 
Euinen sudlich von Zaghuan (zwischen Tunis und 20 nannt in Marciani Heracleot. epit. penpl. Mempp, 



Hadrumetum), in denen die Inschriften CIL VIII 
914—918. 11184—11192 gefunden sind. 

[Dessau.] 

Botryas (BotQvag) aus Myndos, von Ptole- 
maios Chennos (Westermann Mythogr. Graec. 
184, 1) erschwindelter Schriftsteller. [Knaack.] 

Botrys. 1) Stadt in Phoinikien {Botqvs Strab. 
XVI 755. Plin. n. h. V 78. Ptol. V 15, 4. Mela 
1 12. Steph. Byz. Notit. Episc. 1 976 ed. Parthey 



2 (Geogr. gr. min. I 565). Vgl. ebd. Milllers 
Vermutungen fiber den Namen. [Berger.] 

Bottia (Borzla, BotxiaCa, Boxntuig, s. Pape- 
Benseler; zum Namen vgl. auch das von Proc. 
de aed. IV 4 p. 282 Bonn, erwahnte Kastell B6t- 
zeg, s. d.), Landschaft in Makedonien, im Osten 
durch den Alios von Mygdonia (Her. VII 123) 
und Amphaxitis (Strab. VII 330 frg. 23. Pol. V 
97, 4), im Westen durch den Ludias und Hali- 



1 li. Biepn. rsyz. noun. Eijjisu. x oiu cu. iuuucj. m, -•), im ,, V o^« ^^v-^ ^ — — — — — - — --- 
Jos ant Iud VIE 324. Polyb. V 68. Malal. chron. 30 akmon von der eigentlichen Maxedovig (Her. VII 
XVHI 485 Dind. Georg. Cedr. I 659 ed. Bekker. 127) und von Pieria (Thuk. I 100, 4. Strab. frg. 
MenanderPhoen.FHGIV447. Tab. Peut. Botrus ; °™ ™" , "'- J ™ ' 7 —- A — ^°» — "+°" T?ifl™«. 
Hierokl. 716, 1 BdatQvs; Guid. 94 p. 525 Pind. 
Botris; ebenso Geogr. Eav. V 7 p. 357; II 16 
p. 94 Bostrinns ist damit wahrscheinlich iden- 
tisch; Theoph. Chron. I 352 Bonn. Boaxgvg), an 



der Meereskiiste, 12 Millien nOrdlich von Byblos 
(Tab. Peut.), am Fusse des in das Meer vor- 
springenden Berges Lithoprosopon (Malalas a. a. 



20) geschieden. Zwischen den genannten Fliissen 
erstreckte sich ein schmaler Streifen von B., zu 
den Stadten Ichnai und Pella gehorig, bis zum 
Meere (Her. VII 123). Strab. frg. 20 nennt 
ebenfalls Pella sowie Aloros als Stadte der B. 
Nach dem delphischen Orakel bei Diod. VII 16 
gehOrte sogar die Gegend des der Sage nach durch 
Perdikkas I. gegrtindeten Aigai noch zur Botxrjlg 



spnngenaen merges uimupiusupuu viu.aioiaB a. a. ^.u^™!. ^t'""™"-"" T rr? „ Z-C ^.i^ Z- ' 
O.) gelegen; eine Grundung des tyrischen Konigs 40 nolvurjlog, und Iustm. VII 1, 3 iuhrt Bottia p 



Ithoba'al zur Zeit Nebukadnezars (Menand. Jos 
a. a. O.); fester Ort der rauberischen Bergbewoh- 
ner des Libanon (Strab. a. a. O.). Ein Erdbeben 
unter Iustinian verschaffte der Stadt einen jedoch 
nur unbedeutenden Hafen (Malal. Georg. Cedr. 
Theoph. a. a. O.); heute Batrfln. Damit diirfte 
identisch sein Bruttos alia des Itin. Hieron. 583. 
Kaisermunzen mit der Aufschrift BoxQvrjrow s. 
bei Eckhel UI 359. Bitter Erdkunde XVII 



radezu als alten Landesnamen von Makedonien 
an. Die Bewohner von B. {BoxxiaXoi, bei Skymn. 
623. Steph. Byz. s. "ACmgog. Et. M. auch Boxxsaxai) 
sollten (unter Bottos) aus Kreta eingewandert sein, 
Aristot. frg. 485 Rose nach Plut. Thes. 16 und 
quaest. Gr. 35. Strab. VI 279. 282. VTI 829 
frg. 11. Et. M. Konon 25; in der That weisen 
manche Ortsnamen der dortigen Gegend auf Kreta, 
s. Bd.II S. 2630,42 undAbelMakedon. 26f. In wel- 



584ff. Renan Mission de Phe"nicie 249f. Bae- 50 cher Beziehung zu dieser Sage der Festgesang bot- 



deker Palastina und SyrienS 357. [Benzinger^ 

2) In den Dionysiaka des Nonnos der Sohn 
des Staphylos, des Konigs von Assyrien, von dem 
Bakchos nach dem Siege iiber die Inder freund- 
lich aufgenomraen wird (XVHI 7). Die Mutter 
des B. heisst Methe. R. Koehler Dionysiaka 
des Nonnus 29. Die Figur des B. ist offenbar 
eine Erfindung des Nonnos. Als Personifikation 
der Traube fasst den B. auch Himerios auf or. 
IX 4 p. 560 Wernsd. [Kern.] 



tiaeischer Madchen fo/tsv elg 'Afirjvag (ATistot. a. a. 
O.) stand, ist nicht klar. Thuk. II 99, 4 hat sie viel- 
leicht als Verwandte der Paionen, neben denen sie 
auch Herod. VII 185 nennt, betrachtet, da das dort 
iiberlieferte Biaioviag nur auf B. bezogen werden 
kann; doch s. Classen z. St. Nur ungenau 
nennt sie Plin. n. h. IV 40 unter den Volkern 
Thrakiens. Fruhzeitig (im 7. oder 6. Jhdt.) wurden 
sie infolge der Ausdehnung der makedonischen 
60 KOnigsherrschaft aus ihren Sitzen verdrangtund 



3) Botrys aus Messana in Sicilien, .Erflnder' liessen sich auf der chalkidischen Halbmsel meder 

der haiyna, AlMmos bei Ath. VE 322 a (FHG (Her. VUI 127. Thuk. II 99, 3), wo ihr Gebiet 

IV 296), wo er mit Salpe (s. d.) zusammengestellt nunmehr als Bottike (s. d.) bezeichnet wurde. 

,^,.1 T»;o TVna«ii haJhat Sfhrifi-on <VA BArmmc Dor.h blieb der Name B. wahrend des ganzen 



wird. Die Tendenz seiner Schriften (ta Bixgvog 
vTiojxvrniaxa, von den ITatyvia zu scheiden?) wird 
durch die Zusammenstellung mit Philainis xal 
xwv allow avaiaxvvxoyQacpwv (Timaios bei Polyb. 
XII 13) genugend gekennzeichnet. Meineke 



Doch blieb der Name B. wahrend des ganzen 
Altertums an der ursprunglichen Landschaft haften, 
wie besonders aus PoL Strab. aa. OO. Liv. XXVI 
25, 5 erhellt, sowie den Munzen mit der Auf- 
schrift BOTTEATQN oder dem Monogramm B, 



795 



Bottike 



Boudicca 



796 



welche in rCmischer Zeit (vermutlich in Pella) ge- 
pragt wurden, Head HN209ff. Catal. Maced. 64. 
Beschr. d. ant. Mtinz. II 68f. K. 0. Muller Maked. 
9f. DimitsasMa*e<5.II218ff. [Oberhummer.] 

Bottike {Boxuxrf) hiess das Gebiet, welches 
die Bewohner von Bottia (g. d.) nach ihrer Ver- 
treibung aus den fruheren Wohnsitzen auf der 
Halbinsel Chalkidike eingenommen hatten und 
das sich von Olynthos nach Norden gegen das 
Gebirge hin erstreckte. Letztere Stadt war zur 
Zeit des Xerxes, dem sie Fusstruppen stellten 
(Her. VII 185), in ihrem Besitz, wurde ihnen 
aber (480 v. Chr.) von Artabazos abgenommen 
und den chalkidischen Griechen tibergeben (Her. 
VIII 127). Im J. 432 sehen wir sie an dem Auf- 
stand der chalkidischen Stadte beteiligt (Thuk. 
I 57, 5. 58, 1) und dafiir B. von den Athenern ver- 
wiistet (Thuk. I 65, 3). Ein weiterer Angriff athe- 
nischer Truppen (429) wurde zwar bei Spartolos, 
einer Stadt in B., erfolgreich zuriickgeschlagen 
(Thuk. II 79. Diod. XII 47, 3), dafiir aber im 
gleichen Jahre B. durch die thrakischen Scharen 
des Sitalkes abermals verheert (Thuk. II 101, 1. 
5). Spater (425) beteiligten sich die Bottiaeer 
noch an der Verteidigung von E'ion im &qoxtjq 
gegen die Athener (Thuk. IV 7), einer Pflanzstadt 
von Mende, die wir wohl an der Kiiste unterhalb 
B. zusuchen haben, s. Poppo, Arnold, Stahl, 
Classen z. St. und Eustath. II. II 92, dessen 
Bezeichnung h XsQ^orrjaq) auf die chalkidische 
Halbinsel bezogen werden muss ; dass letztere ur- 
spriinglich ebenfalls als .thrakischer Chersonnes' 
bezeichnet wurde, scheint auch aus Steph. Byz. 
s. AloXuov, xijg @Qqxt}s xeQQovfjOov Ttohg hervor- 
zugehen, welche Stadt nach Theop. ebd. (frg. 156) 
in B. (BoTTixfjg statt 'Atnxijg zu lesen, s. Mei- 
neke z. St.) lag und zn den Chalkidiern hielt. 
Es handelt sich an letzterer Stelle urn den olyn- 
thischen Krieg, in welchem sonst B. als make- 
donisches Gebiet gait und deshalb von Chari- 
demos verwustet wurde (349), Philoch. Atth. VI 
frg. 132 (bei Dion. Hal. ad Amm. I 9), wo aller- 
dings Borziaiav steht, das sonst nur fiir Bottia 
(s. d.) gebraucht wird, aber hier in diesem Sinne 
weniger passt. K.O. Miiller Maked. 10. Schafer 
Demosthenes II a UOf. Wahrscheinlich war B. 
durch Philipp n. zum makedonischen Staate ge- 
zogen worden, wahrend es vorher als eigenes Ge- 
meinwesen erscheint, als welches es auch von 
Aristoteles in der Boruaifov Tiohrria beschrieben 
wurde (Plut. Thes. 16, frg. 485 Rose), so in einem 
Vertrag mit Atheu (urn 420 v. Chr.), den Lolling 
Aelxlov oqx- 1890, 37 zu CIA I 52f. erlautert 
hat, auf Munzen mit der Aufschritt BOTTIAIQN 
(Head HN 181f. Catal. Maced. 63. Beschr. d. 
ant. MQnz. n 69) und in dem Biindnisvertrag 
mit Amyntas III., um 389—383 v. Chr. (Dit- 
tenberger Syll. 60). Die Reiterei ix Bom- 
mag (Arr. an. I 2, 5), welche unter Alexander 
gegen die Triballcr focht (335), stammte wohl 
aus Bottia und nicht aus B., dessen Name seit 
der Mitte des 4. Jhdts. v Chr. verschollen ist. 
Dimitsas Maxedov. II 365ff. [Oberhummer.] 

Botton^oTTTOv), eponymerPiihrerderBottiaeer 
aus Kreta nach Emathia vor der Besiedelung 
durch die Makedonen; Strabon Vn 327 frg. 11 
(aus der Epit. Vat.) und 11a aus Et. M. 206, 6 
s. B6xxzta. [TiimpeL] 



Bottos (Bottos), Ort in Aitolien, Ditten- 
berger Syll. 114. Weseher Mem. pre"s. VIII 
139- [Oberhummer.] 

Botulns, nach Gell. XVI 7, 11 ist es ein von 
Laberius (und anderen) gebrauchter vulgajer Aus- 
druck fur fareimen, also Wurst im allgemeinen , 
es war aber eine bestimmte Sorte (Fest. ep. 35, 
13), die Petron. 49 von tomaeula unterschieden 
wird. Aus Tertull. apol. 9 botulos eruore di- 
10 stentos ist wohl uber die Beschaffenheit der B. 
nichts Naheres zu schliessen. Die Glossen iiber- 
setzen rpvaxog. Bei Sen. ep. 56, 2 werden B. im 
Bade verkauft. 

Es scheint, dass botellus (Mart. V 78, 9. XI 
31, 13. Sidon. ep. VIII 11, 46 und Savaro z. d. St.) 
nicht einfach Diminutiv von B. ist, sondern eine 
andere Sorte, nach Apicius II 55 mit Eigelb, 
Pinienkernen und allerlei Gewiirz gestopft. 

[Mau.] 
20 Bovallica (BobaMica und Bovaliea in den 
Hss.), Ort in Mauretania Tingitana, Geogr. Rav. 
HI 11 p. 163. V 4 p. 345. [Dessau.] 

Boudicca. Quellen: Tac. ann. XIV 31—37, 
kiirzer Agric. 15—16. Cass. Dio LXII 1—12. 
Britannische Munzen mit der Aufschrift Boduoc 
kOnnen ihres Fundortes wegen — sie stammen 
s&mtlich von der Westkliste Englands — , zumal 
sie keinerlei Verwandtschaft mit den icenisehen 
Munzen aufweisen, nicht auf B. gedeutet werden : 
30 Evans The coins of the ancient Britons, London 
1864—90 p. 133—139 (besonders 137); Suppl 
487f. » vv 

B. war die Gattin des Icenerfursten Prasutagus. 
Vox Name lautet in den besten Hss. des Tacitus 
nach Hiibner (Rh. Mus. XIV 1859, 359) und 
Becker (Rh. Mus. XVI 1861, 627) Boudicca; 
eine spatere Inschrift (CIL VIE 2877) kennt die 
Namensform ohne u. Ihre Person schildert Dio 
(LXII 2) im Beginn seines recht rhetorisch ge- 

40 farbten Berichtes. Um seine Gattin und seine 
TOchter vor Roheit und Gewaltthat zu schutzen, 
hatte Prasutagus in seinem Testament den rOmi- 
schen Kaiser neben seinen beiden Tochtem zum 
Erben eingesetzt. Aber die RCmer, Beamte wie 
Soldaten , behandelten die Britannier wie recht- 
und schutzlo9e Bewohner eines eroberten Landes 
und riefen so die EmpOrung wach, an deren Spitze 
B. stand. Man benutzte die Abwesenheit des 
Gouverneurs Suetonius Paulinus, der auf einem 

50 Kriegszuge nach der Insel Mona begriffen war; 
die Icener im Vereine mit den Trinobanten und 
anderen von Tacitus nicht mit Namen genannten 
Volkerschaften eroberten die Colonie Camulodu- 
num, die Stadte Verulamium und Londinium, liefer- 
ten aber dem inzwischen aus Mona eiligst zuriick- 
gekehrten Suetonius eine ungliickliche Sehlacht, in 
der an 80 000 Britannier gefallen sein sollen. B., 
die Seele des Aufstandes, starb bald nach diesem 
Kampfe durch Selbstmord (Gift: Tac. ann. XIV 37) 

60odeT an einer Krankheit (Cass. Dio LXII 12); 
der Aufstand erlosch nun sehr schnell. Das Todes- 
jahr der B. bestimmt sich nach dem Zeitansatze 
fur die Dauer der Statthalterschaft des Suetonius 
Paulinus. Nach Tacitus' (a. a. O. 29) ausdrflck- 
licher Angabe hat der Aufstand im J. 61 begon- 
nen und ist auch in diesem Jahre niedergeschla- 
gen worden, mithin ware B. im J. 61 gestorben. 
Anderseits weist Asbach (Analecta historica 



I 



797 



Boudobriga 



Bovillae 



798 



et epigraphica latina, Diss. Bonn. 1878, 8 — 16) 
darauf hin, dass des Suetonius Nachfolger Tur- 
pilianus schon im J. 63 wieder in Rom war, also 
fiir seine Amtsdauer sich ein gar zu kurzer Raum 
ergabe, wenn er erst im J. 62 den Suetonius ab- 
gelOst hatte. Dazu kommt, dass Turpilianus be- 
reits am 1. Marz 61 sein Cousulat abgegeben 
hatte (Klein Past. cons. z. J. 61) und Tacitus 
diese auffallend kurze Dauer mit den Worten (c. 
39) qui iam consulatu ahierat als auf etwas 10 
im Zusammenhange Bemerkenswertes hinzuweisen 
scheint. So miisste denn Turpilianus schon im 
Laufe des J. 61 nach Britannien gekommen, der 
Aufstand, der ja in den Sommer und den Herbst 
gehflrt, also ins J. 60 zu verlegen sein. Die 
Zwischenzeit hatte die vollstandige Beruhigung 
des Aufstandsgebietes und die Sendung des Poly- 
cletus ausgefiillt. In der ganz allgemeinen Zeit- 
angabe der Epitome des Dio (LXII 1) iv <$ de 



Ptol. a. a. O. und im Liber colonarium 281: B. 
opptdum ; lege Mia milites dedmserunt sine co- 
lonis (wertlose Zusatze in der rec. deterior 259. 
260). Dass B. in der Kaiserzeit Colonie war, 
zeigen Plin. a. a. O. und die Magistrate (Uviri 
hire dieundo und aediles). Eire Tribus war die 
Voltinia (Kubitschek Imp. Romanum tributim 
discriptum 57). Lateinische Inschriften aus B. 
CIL IX 2770-2794. 

2) Bovianum Undecimanorum (Botavov Strab. 
V 250 ; Bovavov Appian. b. c. I 51), Hauptstadt 
der Pentrer in Samnium, an den Quellen des Bi- 
forno in fruchtbarer Gegend, jetzt Bojano. In den 
Samniterkriegen wurde es angeblich von den R0- 
mern bestiirmt (Liv. IX 28) und 311 erobert (Liv a 
IX 31, 4); weitere Kriegsereignisse sind verzeich- 
net zu dem J. 305 (Liv. IX 44) und 293 (Liv. X 
41, 11. 43, 15). Zum J. 305 meldet Diodor XX 
90 die Einnahme einer Stadt Bw)m, womit aber, 



ravra exatCezo elaubt Asbach (14) eine Be- 20 wie Niebuhr vermutet, das samnitische B. ge- 



statigung seiner oben dargelegten Ansicht, die 
allerdings der ausdrucklichen Zeitangabe des Ta- 
citus zuwiderlauft , finden zu sollen. Nach ihm 
mflsste B. also im J. 60 gestorben sein. Vgl. 
Schiller Geschichte des rftmischen Kaiseireiches 
unter der Regierung des Nero 147—150; Ge- 
schichte der rOmischen Kaiserzeit I 352 — 358, fiir 
die chronologischePrage besonders 353, 8. Momm- 
sen Romische Geschichte V3 163 — 165. Hiibner 
Romische Herrschaft in Westeuropa 29f. 

[Henze.] 

Bondobriga. s. Baudobriga Nr. 1. 

Boudunnfehae?), Beiname der Matronae auf 
einer in Koln (i. J. 1892) gefundenen Inschrift. 
Klinkenberg Korr.-Bl. d. Westd. Ztschr. XI 
1892,100. Kisa Rhein. Jahrb. XCIII251. Die 
Endung des offenbar keltischen Namens, in dem 
«ine Ortlichkeit zu suchen sein wird, ist unsicher. 
Ein Prauenname Bouderma oder Boudinna auf 



meint sein wird. Vielleicht ist einzig diese Ein- 
nahme historisch, die flbrigen spatere Interpolation. 
In den hannibalischen Kriegen hielt B. den R8- 
mern Treue (Liv. XXV 13, 8. Sil. Ital. VIII 566). 
Sulla nahm es im J. 89 (Appian. a. a. O.) mit 
Gewalt; in ciceronischer Zeit erscheint es als 
bliihender Hauptort von Samnium (pro Cluent. 
197), dagegen nennt es Strabon a. a. O. herab- 
gekommen. Die zwischen 48 und 46 gesetzte 
30 Ehreninschrift fur den Dictator CaesaT CIL IX 
2563 nennt B. municipium; spater wurde es 
Colonie, und (von Vespasian) belegt rait Veteranen 
der legio undecima Claudia (daher der Beiname 
bei Plinius; Dedication an Vespasian von einem 
Centurio der leg. XI Claudia CIL IX 2564). Ihre 
Tribus war die Voltinia (Kubitschek Imp. Ro- 
man, tributim discriptum 57). Als Station der 
Strasse von Beneventum nach Solmona nennen 
sie das It. Ant. 102. Tab. Pent. Geogr. Rav. IV 



der spanischen Inschrift CIL H 625 - Eph. ep. 40 34 p. 281 P. ; einen curator reipublicae Bovianen- 



TV p." 13; vgl. die mit boudi- anlautenden Na 
men in Holders Altcelt. Sprachschatz. [Ihm.] 

Bondus, gallischer Vasenfabricant der Kaiser- 
zeit. Dragendorff Bonn. Jahrb. XCVI 107. 

[C. Robert.] 

BoYenna s. Boar is. 

BoTiannm. 1) Bovianum vetus (Boviavov 
Ptol. ni 1, 67), Hauptstadt der Caraceni in Sam- 
nium, jetzt Pietrabbondante bei Agnone. Den 



sium erwahnt CIL VI 1406, magistratus Bovia- 
nenses CIL IX 2437 (aus Saepinum) ; ein Offlcier 
aus B. Dipl. XXXVI = LI CIL ni p. 879. 1980. 
Lateinische Inschriften aus B. CIL IX 2562—2584. 

[Hulsen.] 

Boviates s. Boiates. 

Bovillae (Bohillae Non. 122 M. und Schol. 
Pers. VI 55 wegen der albernen Etymologie von 
hillae = intestina bovis; die Griechen BotXhu ; 



oskisc'hen Namen hat die Inschrift bei Momm- 50 Einwohner Bovillani und Bovillenses, BoMarog 



sen Unterital. Dialekte 171 = Zvetajeff Inscr. 
oscae 15 (Biivaianud = Boviani); von der Blute 
der Stadt in vorrOmischer Zeit zeugen die be- 
deutenden Ruinen (namentlich eines Theaters) und 
die zahlreichen oskischen Inschriften (Zvetajeff 
nr. 15 — 22). Den Namen bringt Momm sen 
UnteritaL Dialekte 173 mit der Sage vom Stier 
zusammen, der die Sabiner nach Samnium gefuhrt 
habe, und vermutet, dass die Sabiner, als sie aus 



Dionys. und Steph. Byz.), Stadt in Latium an 
der Via Appia, 11 mp. von Rom, gait als Colonie 
von Alba Longa (Diod. frg. L VII. Origo gentis 
Roman. 17) und wird in der Liste der dreissig 
latinischen Bundesstadte bei Dionys. V 61 aufge- 
fuhrt. Dass die Bovillani am Feste auf dem Mons 
Albanus teilnahmen, bezeugt Cic. pro Plane. 23; 
schon in spaterer republicanischer Zeit bestand 
die Fiction, dass die sacra von Alba Longa nach 



den Abruzzen herabstiegen , zuerst die rauhen 60 B. ubertragen seien ; namentlich scheinen die vir- 



Gegenden um Castel di Sangro und Agnone be- 
setzt und dort als ihre erste Hauptstadt das alte 
B. gegrflndet hatten; von dort sei spater nach 
Eroberung der schOnen Ebene am Fusse des Monte 
Matese das jungere B. gegrundet. Vielleicht ist 
B. vetus gemeint Liv. X 12, wonach es 298 zu- 
gleich mit Aufidena von den Romem erobert ware. 
Sonst wird B. nur erwahnt bei Plin. Ill 107, bei 



gines Vestales Albanae (CIL XIV 2410. VI 2712) 
in oder bei B. ihren Kult verwaltet zu haben 
(Ascon. ad Milon. 17). Auch das saerarium der 
aus Alba Longa hergeleiteten gens Julia befand 
sich in B. (Inschrift aus dem 2. Jhdt. v. Chr. 
oder der sullanischen Zeit CDL XIV 2387) und 
wurde von Tiberius 16 n. Chr. wiederhergestellt 
(Tacit, ann. II 41). Das ludicrum circense Iuliae 



799 



Bovium 



Bgapleiov 



800 






gentis apud Bovittas erwahnt Tacit, ann, XV 23, Boutae, ein dacischer Pass, den ein Schrift- 

wahrscheinhch wurde dasselbe abgehalten unter steller des'2. Jhdts bei Iordanes Get. 12 erwahnt: 

Leitung der sodales Augustahs , die in B. ihr duos tantum habens aecessus, unum per Boutas, 

Amtslocal hatten (Fasten derselben, grossenteils alterum per Tapas. Der Name ist wahrschein- 

in den Euinen von B. gefunden, OIL VI 1984 lich verderbt. J. Jung Romer und Eomanen in 

—1996. XIV 2388-2404). Auf Grund dieser den Donaulandern a 118, 2. [Patsch.l 

Anknupfung an Alba bezeichnen sich daber die Boutas s. B o . . . 

Einwohner mehrfach als Albani Longani Bovil- Bontes, in der Inschrift von Lomello in dor 
lenses (CIL XIV 2405. 2406. 2409. 241 1. VI 1851). Lombardei OIL V 6473 L. [P]o[pi]l[lius . . pater] 
In der rfreschichte wird B. eigentlich nur (denn 10 Antistia Q. f. Prima mater macereia concilium 
die Erstiirmung von B. durch Coriolan, von wel- c[l]usser(unt) et puteum Boutibus fecerfunt) ; L. 
cher Dionys. VIII 20 und Plut. Cor. 20 erzahlen, Popillius L. I. Oallisftjus arcum Boutibus fecit; 
ist legendansch und der angebliche Triumph fiber ob Ortsname, zweifelhaft. [Hulsen.] 
B. bei Floras I 5, 6 eine rhetorisehe Phrase) er- Boutins, gallischer Vasenfabricant der Kaiser, 
wahnt wegen der Schlagerei zwischen den Leuten zeit. Dragendorff Bonn. Jahrb. XCVI 107. 
des Milo und des Clodius (52 v. Chr.), bei welcher [C. Robert.] 
letzterer getfltet wurde (Appian. b. c. II 21. Cic. BoxsfaniJ]. Vicani Boxsfani?] et Noioma- 
pro Mil. 17; ad Att. V 13, 1. Liv. epit. 107. genses genannt auf der aus der Zeit der Anto- 
Vellei. II 47). In fie weit die Angabe des Liber nine stammenden, bei Tain (zwischen Valentia 
coloniarum 231 anf Wahrheit beruht, dass B. in 20 und Vienna) gefundenen Inschrift CIL XII 1783. 
sullanischer Zeit mit Mauern umzogen sei und Nach Allmer sollen die B. die Bewohner des 
eine Veteranencolonie bekommen habe, ist nicht Dories Le-Buis (dep. Dr&me) sein, die Noioma- 
auszumachen. In der Kaiserzeit hatte es muni- genses die von Nyons; dagegen O. Hirschfeld 
cipale Verfassung (quattuorviri iure diczmdo CIL CIL XH p. 205 ; vgl. den Ortsnamen Boxum 
VI 1851. XIV 2413) und erfreute sich als Vor- (Tab. Peut.). Holder Altcelt. Sprachschatz s. 
ort von Rom (suburbanite B. Propert. IV 1, 33. Boxum. [Ihm.] 
Ovid. fast. Ill 667) einer ziemlichen Blute , wie Boxum, Ort der Aeduer unweit Bibracte, auf 
auch die bedeutenden bei der Osteria delle Fra- der Tab. Peut. als erste Station an der von Au- 
tocchie ausgegrabenen Reste (Circus, Theater u. gustodunum (Autun) nach Decetia (Denize) fuh- 
a., s. Canina Via Appia I 202— 216; Ediflzj di 30 renden Strasse verzeichnet. Nach d'Anville Bus- 
Roma antica VI tav. 51) bezeugen. Als Station siere, nach andern anders. Desjardins Table 
der Via Appia (die schon 293 v. Chr. bis B. mit de Peut. 33. S. Boxsani. [Ihm.] 
Lavapflaster versehen war, Liv. X 47, 4), wird es Boz, KOnig der Anten, von dem Gothenfunrer 
aufgefiihrt auf der Tab. Peut. und Geogr. Rav. Vinitharius gegen Ende des 4. Jhdts. gefangen 
IV 34 p. 277; gelegentlich erwahnt noch bei Suet. und gekreuzigt. lord. Get. 48, 247. [Seeck 1 
Aug. 100. Martial. II 6, 2. Tacit, hist. IV 2. 46. Boza (BoCa oder Bote), nach Ramsay The 
Plin. Ill 63. Aber der fundus Bovillanus (Var. cities and bishoprics of Phrygia I 152, 52 ein 
Bovilianus, Bombilianus) bei Cic. ad Qu. fr. Ill Apollonheiligtum in der Nahe von Dionysopolis; 
1, 2. 3 hat mit B. nichts zu thun, sondern lag vgl. Bozenos. [Ruge.] 
in der Gegend von Arpinum. Lateinische In- 40 Bozenos (Bozios). Eine Widmung 'Anoliavi 
schriften aus B. CIL XIV 2387—2425; vgl.Nibby &e$ Bo^ti auf einem jetzt im Berliner Museum 
Dintorm di Roma 2 I 302—313. Bormann (nr. 680) befindlichen Votivrelief, angeblich aus 
Altlatinische Chorographie 159 — 164. Koula in Lydien, wurde von Conze (Archaeol. 

[Hulsen.] Zeit. 1880, 37, vgl. Ramsay Cities of Phrygia 

Bovium, Ort bei den Cornaviern im westlichen I 152) publiciert. Dieser Gott ist wohl mit dem 

Britannien, an der Strasse zwischen Deva und Zeus Afiofyvog einer Inschrift von Nacolea(R ad et 

Mediolanum (Itin. Ant. 469, 4). Die Lage ist Archives Miss. Scient. VI 1895, 441) identisch, 

nicht genau ermittelt. [Hubner.] vielleicht auch mit dem Zeus Bo£tog der Mflnzen 

Bovius. 1) L. Bovius L. f. L. n. Fal(eria) von Hierapolis (Head HN 565) verwandt. Dieser 
Celer, IMr, q(uaestor), augur, praef. fabr., trib. 50 phrygische Beiname hat also keine geographische 

milit. leg. III. Cyrfenaicae), procur. ludi fa/nil. Bedeutung (vgl. Le>y Revue critique 1896 I 

glad. Caes. Akxandreae ad Aegyptum, adleetus 206, 1), aber sein Sinn ist unklar. [Cumont.] 

inter selectos ab Imp. Goes. Aug., setzt sich und Boziata (Bo£tdxa, Var. Mo^idta, Ptol. V 9, 6), 

seiner Gattin Sextia L. f. Nerula einen Grabstein, eine nahe der Hauptstadt Kabala gelegene Ort- 

CLL X 1685. Dessau (Inscr. lat. sel. 1 1397 schaft der kaukasischen Landschaft Albania; jetzt 

Not. 2) weist darauf hin, dass bei diesem Imp. nicht mehr nachweisbar; die Variants Moziata 

Caes. Aug. nicht onbedingt an den Sohn des kfinnte das armenisch-udische Wort moxi kappa- 

Divus Iulius, den Kaiser Augustus, gedacht zu dok. griech. muxia ,Kalb' enthalten. 

werden braucht. [Tomaschek.] 

2) P. Bovius Sabinus ist neben P. Petronius 60 Br . . . Eine Inschrift aus Brescia (Brixia) 

Achilles als Legatus, T. Bovius Verus als agens CIL V 4233 ist geweiht loii Br. Ar. (so eher 

curam in der Untersckrift des Briefes genannt, als Brar.) von einem P. Apidius P. IfibertusJ 

den Domitian im J. 82 in der Streitsache tiber Omuncio. Die Abkurzung ist noch nicht sicher 

die subsieiva zwischen den Gemeinden Firmum gedeutet, vielleicht mit Rucksicht auf den Fund- 

und Falerio schreibt; CIL LX 5420. [Henze.l ort — BrfixianoJ. In Ar. vermutet Steuding 

Bouta (Boovra), Ort im Innern Libyens in der Roschers Lexikon I 818 Arfubiano). [Dim.] 

Gegend um die Quellen des Kinyphus. Ptol. IV Bgafieiov, der Siegespreis, das Siegeszeichen 

6 > 30 - [Sethe.] im Wettkampf, Hesych. Vgl. I Cor. 9, 24 : *&»- 



801 



Bgafievs 



Bracchium 



802 



teg fiev zos^ovaiv, elg Ss Xai-ifiavei to §. In einer Brabeuta = griechisch. fSgafovxris , ist der, 

spartanischen Inschrift aus der Zeit des Nerva welcher den Kampfpreis, das Brabeum (s. Bga- 

Le Bas-Foucart 194c Z. 4 verteilen Athlothe- Psiov), verlciht, bei den romischen ludi privati (s. 

ten za feafiua. Die ublichere Bezeichnung fiir d.) also zugleich der Veranstalter des Wettkampfes 

den Siegespreis ist &Mov (s. d.) oder vixijrrjgwv. (vgl. die griechischen dymvo&hai Bd. I S. 872). 

[Reisch.] Corp. Gloss. Lat. IV 590, 36 quipalmas dat. 1 171, 

Danach verwenden die Romer brabeum (auch 5 lies brabeuta fur barbeutta, 292, 20 ist brave- 

brabium oder bravium — griech. §ga^Xov) zur bita vielleicht eine volkstiimliche Verstiirnmelung. 

Bezeichnung des Siegespreises bei ihren Spie- Suet. Nero 53 bezieht sich auf die griechischen 
leu. Aus dem Umstande, dass in den Glossen- 10 B., die im Stadion auf dem Erdboden sitzend 

sammlungen das "Wort regelmassig unter der zuschauten; vgl. Ulp. Dig. Ill 2, 4 § 1. Latei- 

Gruppe der circensischen Ausdrucke steht, lasst nische Bildungen sind brabifer xuAbravifer, mit 

sich der Schluss ziehen, dass es im engeren denen B. glossiert wird, Corp. Gloss. Lat. IV 

Sinne vornehmlich von dem im Circus errungenen 432, 10. 594, 10. [Pollack.] 

Kampfpreise gebraucht -wurde. Das B. bestand Bgdfivlog .«. Pflaume. 

hier in einem Palmenzweige oder einem Kranze. Braca mons, Plin. n. h. V 10 (die Vulgata 

Corp. Gloss. Lat. IV 26, 41 palma id est tnunus hat Barea, viele Hss. Breaea oder ahnl.), Bra- 

(so zu lcsen fiir manus) victoriae. 314, 38 genus eae mantes (Geogr. Rav. I 3 p. 8. HI 10 p. 161, 

palmae vietoriae. 585, 23 palma id est [munus hier die Hss. Praxe), Gebirg an der Westkiiste 
erganze ich] victoriae. 602, 5. V 292 , 13 lies 20 Africas. [Dessau.] 

brabium statt bradium. 171, 5 allgemeiner Bracantia s. Brigantium Nr. 1. 

brabia: merita, munera, palmae, dignitates. Bracara Augusta (Plin. IV 112 Braearum 

II 570, 25 corona triumphalis in agone. Der oppidum Augusta, Bracara Augusta zahlreiche 

Sieger in einem Wagenrennen fuhr im Schritt Meilensteine, BQaxaQavyovma Ptol. n 6, 38 und die 

unter die Loge des Festgebers (s. Brabeuta), Inschriften CIL II 2423. 4747. 4749; Augusta 

griisste ihn durch Senken der Peitsche und bat Bracaria Geogr. Rav. 307, 6; bios Bracara Appian. 

um das B. Es wurde ihm auf den Stufen einer Hisp. 74 [72]. Auson. urb. 9. Iul. Honor. 35, 1. 

auf die spina fuhrenden Treppe iiberreicht. Die Aethic.cosm. 79, 14 Riese, Hydatius und die Con- 

Kranze erhielten manchmal noch dadurch einen cilien, die westgothischen Mflnzen bei Heiss Monn. 
besonderen Wert, dass sie aus kostbaren Metallen 30 wisigoth. 46; die Meilensteine CIL II 4324 u. s. w.), 

waren. Ob unter dem B. ausser diesen idealeren Hauptstadt und Sitz eines Gerichtshofs der bra- 

Belohnungen auch andere, materiellere Ehrenge- carischen Callaeker in Hispania Tarraconensis, 

schenke mit inbegriffen sind, wie ein Beutel voll nach der von Olisipo und Asturica mehrere Strassen 

Geld oder wertvolle und prachtige Kleider, die fuhrten (Itin. Ant. 420. 422. 423. 427. 429; dazu 

der Spielvorsteher namentlich in spaterer Zeit die ausserst zahlreichen Meilensteine CIL n p. 632ff. 

zugleich mit Palme und Kranz iiberreichen liess 646.994. Ephem. epigr. Vni p. 456rf. 511). Jetzt 

(vgl. die_ griechischen ayaJveg are ipavizai und a&lo- Braga, in schOner, fruchtbarer Lage, mit Ruinen 

cpoQoi), ist bei der Seltenheit des Wortes schwer und vielen Inschriften; vgl. CIL II p. 338. 
zu entscheiden. Auf keinen Fall dm-fen damit [Hubner.] 

die praemia (s. d.) verwechselt werden ; denn dies 40 Bracari (so Plin., Genet. Braearum III 18. 

waren die fur die Rennen ausgesetzten Geldpreise, 28. IV 112; BQateaQsg Ptol. II 6, 1, BQaxaQtoi 

die jedenfalls in die Kasse der den Wagenlenker II 6, 38; die funf Cohorten aus dem Volksstamm 

stellenden Renngesellschaft flossen und von denen werden Braearum oder Bracaraugustanorum ge- 

dieser nur eine Tantieme erhielt. Friedlander nannt, Ephem. epigr. V p. 168), der callaekische 

S.-G. H6 500. Das Fremdwort scheint erst spat Volksstamm des nordwestlichen Hispaniens, dessen 

im Lateinischen heimisch geworden zu sein, da Hauptstadt Bracara (s. d.) ist. Der Conventus von 

es in der Litteratur nur bei Kirchenschriftstellern Bracara heisst danach Bracarus (CIL II 4215), 

vorkommt. Novatian. dc cibis Iudaicis epist. 1. Braearaugustanus (CIL II 2416. 4123. 4236. 

Prudent. juqI ereydvcov II 538. Ubertragen braucht 4257) oder Augustanus (CIL II 2426). [Hubner.] 
es TertuII. ad mart. 3 Bonum agonem subi- 50 Bracata nannten die Romer das sudostliche 

turi esfis, in quo brabium angdicae substantiae Gallien (spater Gallia Narbonensis) nach der den 

politia in coelis, gloria in saecula saeculorum. Galliern eigentiimlichen Hosentracht (braca die 

Imfibrigen vgl. Corona und Palma. [Pollack.] Hose). Mela 117 '4 aliquando bracata, nunc Nar- 

Bgafievg (fioafSuvrfig), der Schiedsrichter, Preis- bonensis. Plin. n. h. Ill 31 Xarbonensis provin- 

richter. Auf agonistischem Gebiet wird das Wort cia . . . Bracata antea dicta. Im Gegensatz dazu 

nur selten neben den iiblichen Bezeichnungen heisst das iibrige Gallien comata (s. d.) Plin. IV 

Agonothetes (s. d.) und Athlothetes (s. d.) ge- 105 ; vgl. Commenta Lucani I 443 Ds. tres sunt 

braucht. Sophokles El. 690 nennt die Kampf- Galliae, bracata comata togata und die Zengnisse 

richter der delphischen Pythien $oa$ug. Plat. Leg. bei Hoi d er Altcelt. Sprachschatz s. braca, bracatvs. 
XII 949 A nennt die jSoajtor als Preisrichter neben 60Mommsen R. G. HP 226. Marquardt St.-V. 

dens.TiararatdergymnischenundhippischenWett- 12 262. Bacmeister Kelt. Briefe 61. [Ihm.] 
kampfe. Wenn einzelne Grammatiker (bei Mil- Braecae s. 'Avagvgideg. 

ler Melanges de litte'rature grecque 70) lehrten: Bracchium in der Inschrift aus Brough in 

avgUog ds figafitvxal '/lyorxai ol ti/v gd^Sov o-tto Yorkshire CIL VII 269 (= Orelli-Henzen 5254) 

'foivixog if xirog ailov diddrxtg ovfiflo/.or rife vixijs, ist kein Ortsname , sondern bedeutet den Teil 

so war fiir sie kein Sprachgebrauch, sondern nur einer unter Septimius Severus angelegten Befesti- 

die vorausgesetzte Ableitung des Wortes von gap- gung ([vallum cum] bracchio u. s. w.); in der 

Hog massgebend. [Reisch.] Notit. dign. kommt es nicht vor. [Hubner.] 

Pauly-Wissowa III 26 



803 



BQa%£la &dkaaact 



Brachmanes 



804 



BgaxeTa ftaXaaoa ,die seiclite See' — so ge- 
nannt wegen der vielen Untiefen und Riffe in 
derselben, dm xa fadxn — bezeichnet noch Ptol. 
IV 8, 1 die Fortsetzung des BagflaQtxds x6)jios 
vom Vorgebirge Rhapton an bis zum Vorgebirge 
Prason gegeniiber der Insel Menuthias. Gem ass 
der ptolemaeischen Vorstellung, dass sich das ost- 
afxicanische Pestland auch noch siidlich vom indi- 
schen O^ean ununterbrochen bis zur ostasiatischen 



ren Ganges in der Nachbarschaft der Mactocalingae. 
Aber schon heim Alexanderzug erscheinen die 
Brahmanen als k'dvos in den Eeichen am mittleren 
und unteren Indus, Arrian. anab. VI 7, 4 und 
Diod. XVII 102f., wo ihr Vorort Harmatelia heisst, 
d. i. skr. harmya-sthala ,PaIastort', etwa das spa- 
ter so beriihmt gewordene Brahmaria-vata .Brah- 
manenbezirk' , arab. Brahmanabad, im mittleren 
Sindh nOrdlich vom heutigen Haidarabad. Lucian. 



Kiiste der Sinai fortsetze, lasst ein spaterer ano- 10 fugit. 7 erwahnt Brachmanes_ als Grenznachbaren 



nymer Geograph (Geogr. Gr. min. II 505) diese 
seiclite See vom Hafen Esinau (s. d. und Bd. II 
S. 2559f., jetzt Wasin) Und von der Metropolis 
Rhapta (jetzt Sa'adani, oder Kingani*?) in einer 
Lange von 52 500 Stadien bis zum Flusse Kottiaris 
der Sinai sich erstreeken. Uranios bei Steph. Byz. 
p. 184 Mein. spricht von BQayta &alaaaa bios 
im Sinne von 'Aga^inct/ fiakaooa, Sid to sv avxtj 
pg&xr) thai jihTaza. Ptol. I 9, 3 und I 14 be 



der Oxydrakai und Nechraioi am Mittellauf des 
Indus. Gymnosophistai kennt die Volkertafel des 
Ptolemaios im Quellgebiet des Ganges. 

[Tomaschek.] 
Brachmanes (Bf>a%fiaveg, iiblichste Form seit 
dem indischen Feldzuge Alexanders, poet. Bgay- 
fifjveg Nonn. XXXIX 358, sing. Bpax/tdv, Bgay- 
(irjv; daneben BQa%fifivcu Clem. Alex. Strom. Ill 7, 
Bgaxudvai Ptol. , s. d. ; Bgax^dvoi Damasc. v. 



richtet, Marinos habe nach dem Vorgang des20Isid. 47 u. a.), kurzweg auch mit aorpol, <pdd 



Dioskoros die Fahrt vom Hafen Khapta bis zum 
Vorgebirge Prason, welche ,viele Tage' betrug, 
auf 5000 Stadien geschatzt. C. M filler z. Ptol. 
p. 48 meint, Dioskoros sei kein Seefahrer, sondern 
bios Geograph gewesen, welcher die beiden aus 
verschiedenen Berichten erflossenen Benennungen 
Ehapton und Prason eines und desselben Vorge- 
birges (etwa des heutigen ras Ndege mit ras Kanzi 
und ras Puna 7° siidlich) falschlich unterschieden 



ao(poi f yvfivoi und yv/uroaoipioral bezeichnet, Col- 
lectivname der indischen Priesterkaste. Die Alten 
kannten nur die spatere Entwicklungsstufe dieser 
Priesterschaft,. wahrend wir aus den Vedas noch 
deren Urspriinge verfolgen ktinnen. Im Sanskrit 
bedeutet brahman n. ,Erhebung der Seele, An- 
dacht, Gebet' (zend. barepman ,Gebetzweig als 
Symbol der geistigen Erhebung') und brahman 
m. ,Beter, Priester', von bark, brh ,mehren, star- 



habe. GewOhnlich bezieht man jedoch Prason 30 ken, erheben'; dazu brdhmand m. .Brahmane, 



auf den grossen sudlichen Kiistenvorsprung Cabo 
Delgado (mit ras Swafu, ras Kongo, ras Suabu). 
Wie dem auch sei, jedenfalls ist der ganze Meeres- 
teil zwischen 6° und 10° siidlich voll von Un- 
tiefen und Eiffen, welche die Klistenfahrt sehr 
erschweren und deshalb in den Pilotenbiichern 
(z. B. The African Pilot, part. III., London 1884) 
sorgsam verzeichnet werden. [Tomaschek.] 

Bracheion (Bga^iW) , Insel an der africa- 



AngehOriger des Priesterstandes'. Der Brahman 
war urspriinglich der vom Volke und KCnige aus- 
erlesene Anbeter und Lobpreiser der GOtter, wel- 
cher zugleich die Opfer (S&ma, Pferde- und Toten- 
opfer) verrichtete. Allmahlig entstanden eigene 
Beter- und Sangerfamilien , deren Fiirsorge der 
Gotterkult ganz ttbergeben wurde und in deren 
Gedaehtnis die vSdischen Gotterhymnen getreu- 
lich bewahrt blieben. Wahrend der zahlreichen 



nischen Kiiste , westllch von Abrotonon oder Sa- 40 inneren Fehden und Kriege stieg der Einfluss 



brata, Skylax 110 p. 86 Miiller. Es scheint die 
Insel Meninx oderGirba damit gemeint; s. Tissot 
Geogr. comparee de l'Afrique I 195, 2. [Dessau.] 

Bracliila, Comes von vornehmer Geburt, wird 
am 11. Juli 477 von Odoaker in Eavenna ermordet. 
Mommsen Chron. min. 1 310. 311. II 91. 

[Seeck.] 

Brachion (Bgaxiwv Stadiasm. maris magni 
131, Geogr. Graec. min. I 473), Vorgebirge Phoi- 



dieser Familien bei den Stammesfiirsten , welche 
sie oft fur ihren Eat reichlich entlohnten, es stieg 
die Macht der immer mehr sich absondernden 
Priesterschaft gegeniiber dem Kriegerstande und 
dem iibrigen Volke; schon im Atharva-veda gilt 
der Brahmane fur unverletzlich (was himsUavya), 
im Mahabharata fiir einen ,Gott auf Erden'. Alles 
Wissen und hohere Denkcn ward ausschliesslich 
Besitz dieser Kaste. Die erdriickende Grossartig- 



nikiens, zehn Stadien vom Vorgebirge Paltos ent- 50 keit und Fiille der indischen Natur mit ihren 

J? 1. T\; . T L 1 ^i. Jll 1 .-,_ J :: r.X^i-1 — ,.,-.1 CL /\i-*r,-n nni-rr s~.t-> Vi npKf-A i-l»-+rk n 11 jT-1 n! r\\ i\ 1 a ATai (mil CT "711V 



fernt. Die Lesart ist iibrigens verdiichtig, vgl. 
Mailer z. d. St. [Benzinger.] 

Brachmai (Steph, Byz.), Kurzform fiir Brach- 
manes, s. d. 

Brachmanai [Boayjiavai {idyoi Ptol. MI 1, 
74), indisches Volk uuterhalb des Gebirges Bettigo 
(s. d.) bis zu den Batai (s. B a t a Nr. 1 ) hin, urspriing- 
lich eine geschlossene Colonie brahmanischer Mis- 
sionare am Oberlauf der Kaveri, ahnlich wie bei 



Gegensatzen befOrderte zugleich die Neigung zur 
Contemplation, den Drang zur Askese, das Streben 
iiber die Gottheiten und das Wesen der Dinge 
nachzudenken. Als Missionare drangen die Brah- 
manen immer tiefer in die inneren und sudlichen 
Lande ein, wo sie von den Dravidafiirsten abge- 
schlossene Bezirke erhielten und auf friedliche 
Weise die Besitznahme weiter Gebiete durch die 
nachfolgenden arischen Kriegerstamme einleite- 



der Stadt Bramagara (s. d.) u. a. Die Bezeich- 60 teten ; zuletzt vrurden auch hinterindische Lan- 



nung dieser Priestercolonie mit dem persischen 
Wort fiayot entspricht allerdings dem Wesen nicht 
ganz; Campbells Hinweis auf das in Kanara 
Iibliche Wort maga (pi. makalu) ,Sohn, Abkomm- 
ling' ist zu weit hergeholt. Vox Vorort hiess 
Brachme (s. d.). Megasthenes bei Plin. VI 64: 
Bragmanae — worm y aus x verschrieben — 
nmUarum Indiae gentium nomen. zumal am unte- 



der und Inseln durch die Wanderungen und den 
Glaubenseifer der Brahmanenfamilien der arischen 
Kultur erschlossen. Die altesten Lehrmeinungen 
der Priesterschaft lernen wir aus den Upanisad, 
die inneren Einrichtungen ihrer Kaste aus Manas 
Dharmacastra kennen. Vier Hauptstadien (ap-a- 
ma) umfasste das Leben eines indischen Priesters. 
Zuerst war er Schuler und Hfirer, brahmacdrin, 



805 



Brachmanes 



Brachylles 



806 



wobei ihm Gehorsam, Fleiss, Frommigkeit und 
Keuschheit als Hauptpflichten auferlegt waren. 
Im gereiften Alter ward er auf seinem Besitztum 
Hausvater, grhastha, und verblieb unter hestan- 
digem Studium der heiligen Biicher im Kreise 
seiner Gattinnen und zahlreicher Kinder in freierer 
und hflchst geachteter Stellung bis in sein heheres 
Alter. Hierauf hegann daa Stadium der Askese 
im Wald- und Einsiedlerleben als vdnaprastha 
(vlofiiog); er durfte fortan nur Wasser trinkenlO 
und vegetabilische Nahrung einnehmen, nur mit 
Baumrinde (polka) oder Gazellenfell sich decken; 
taglich hatte er fiinf Opfer zu verrichten , die 
Vedas und Upanisad zu recitieren , als Biisser, 
tdpasa (s. Tabassoi, von tapas ,Hitze, Drang- 
sal'), verschiedone Bussiibungen zu verrichten; mit- 
unter stand im Wald oder am Strom ein ganzer 
Kreis von Einsiedeleien (aprama-mandala). Die 
Krone der Askese bildete das vierte Stadium als 
sanyasin ,Ableger aller Neigungen' oder yatin 20 
,Bezwinger der Sinne' : volliges Alleinsein, dauern- 
des Stillschweigen, ausschliessliche Eichtung der 
Gedanken auf Gottheit und Unsterblichkeit war 
nunmehr seine einzige Aufgabe, um den Tod er- 
gebungsvoll zu erwarten; das Leben fristete er 
als stummer Bettler, bhifcSu. Dass sieh im Laufe 
der Zeiten in den philosophischen Ansichten der 
Brahmanen !grosse Meinungsverschiedenheiten her- 
ausbildeten, ist selbstverstandlich; wir kennen fiinf 
oder sechs Systeme ihrer Philosophie , darunter 30 
das Vedanta und Sankhya. Die Reformlehre des 
Buddha kampfte Jahrhunderte lang erfolgreich 
mit dem alten Glauben, bis dieser endlich, wenig- 
stens in Vorderindien , seinen Einfluss wiederge- 
wann. 

Das, was Strabon und Arrian nach Nearchos, 
Aristobulos und zumal nach Megasthenes iiber 
die B. oder ,Weisen' der Inder berichten, stimmt 
in den Hauptziigen mit den einheimischen Dar- 
stellungen iiberein — nur dass den griechischen 40 
Beobachtern mehr das aussere Leben der Priester 
auffiel, das geistige Wesen dagegen verschlossener 
und unbegreiflicher blieb. Nearchos (Strab. XV 
716) unterscheidet ,Weise', welche die Natur er- 
forschen, wie beispielsweise Kalanos (s. d.), und 
solche, welche Staatsgeschafte verrichten und den 
Konig als Katgeber begleiten. Aristobulos schil- 
derte die Brauche und Meinungen zweier Brah- 
manen von Taxila (Strab. XVII 714). Megasthenes 
(Strab. XVII 703. Arrian. Ind. 11) schildert ge- 50 
nauer den obersten und geehrtesten ,Stamm' (yc- 
ved, yevoe, ^Qos, skr. varna ,Kaste') der indischen 
Weisen oder Philosophen: sie haben lediglich die 
Verpflichtung, den Gottern fur das Gemeinwesen 
Opfer darzubringen ; sie allein besitzen die Kraft 
der Weissagung iiber alle gemeinsamen Ange- 
lege.nheiten , z. B. den Ertrag der Jahresernte, 
und halten deshalb zu Jahresbeginn im Hause 
des Konigs Beratungen ab ; sie leben nackt, unter 
freiem Himm el oder unter grossen weitschattigen 60 
Baumen, einzig von vegetabilischer Nahrung u. 
s. w.; vgl. die Schilderung bei Strab. XVII 711, 
wo iibrigens die B. als weit geehrtere Weise unter- 
schieden werden von den Sarmanes (XVII 714 
vXofhoi) oder pramana ,Asketen' (von skr. pram 
,sich abmiihen', s. Samanaioi). 

Sehr allgemein gehalten sind die Jvotizen der 
Spateren z. B. des Eedners Dio Chrysost. XXXV 



p. 435 ; durchaus unzuverlassig ist der angebliche 
Bericht des Damis bei Philostr. v. Apoll. Tyan. 
Die Autoren, welche Clemens Alex, herheizieht, 
verwechseln die B. mit den buddhistischen Asketen 
(Samanaioi); auch die Semnoi (s. d.) beziehen 
sich wohl eher auf die buddhistischen Arhat. 
Sicher dagegen bezeichnen die Gymnosophistai 
der griechischen Berichte die Stadien der Vana- 
prastha und Sanyasin. Belehrend sind die Aus- 
sagen der indischen Abgesandten Sandanes und 
Damadamis unter Antoninus Pius, welche der 
Syrer Bardesanes tiberliefert hat ; ebenso die Notiz 
eines Unhekannten tzsqi tcov rijs 'IvSias Mh>H»> 
xal BQaxfidvcov, welche dem Ps.-Kalliathenes ein- 
gefiigt ist. Damaskios zufolge (Phot. bibl. p. 246) 
kam um das J. 500 ein Brahmane nach Alexandria 
ins Haus des ehemaligen Consuls Severus. Diese 
spateren Schilderungen analysiert Lassen Ind. 
Alt. Ill 339ff. 

Beachtung verdient noch die Schilderung des 
Hierokles, Verfassers der (pdiaTogeg , bei Steph. 
Byz.: die B. bilden eine besondere Kaste, be- 
fleissen sich der Philosophie, gelten fur Lieblinge 
des Sonnengottes (= Varuna, Brahma?), enthal- 
ten sich jeglicher Fleischnahrung , bringen ihr 
Leben unter freiem Himmel zu und kleiden sich 
in unverbrennbare , im Feuer lauterbare Asbest- 
stoffe. Von diesen Stoffen sprechen auch die Be- 
richte huddhistischer Pilger aus Cina. Nach Hinter- 
indien durfen jene seligen Brachmanae verlegt 
werden, welche zwischen den Camarini (d. i. Khmer 
von Kamboga, arab. Qomar) und den biblischen 
Eviltae sassen, Iunioris orbis descr. 1. Der Ra- 
vennate endlich kennt eine regio Brachmania 
nahe an India und Serica, II 3 p. 45. 

[Tomaschek.] 

Brachme (Var. Bgdyw, Ptol. VH 1, 74), 
Vorort der indischen Brachmanai am Oberlauf 
der Kaveri. Caldwell vergleicht den Bezirk 
Brahma-de^am am Flusse Tamraparni nahe dem 
Podigeigebirge, mit eineT Feste gleichen Namens. 

[Tomaschek.] 

Bgax<bSijs axga, Vorgebirge der africanischen 
Kiiste, zwischen Thapsus und Thenae, Ptol. IV 
3, 10. Lateinisch Caput vada, Prokop. Vand. I 
14 (Caput Vadorum bei Corippus Joh. I 369). 
wo die Entfernung von Karthago auf fiinf Tage- 
marsche angegeben wird, de aedif. VI 6 (auch 
heutzutage heisst das Vorgebirge Eas Kaboudia, 
Tissot Geogr. compared de l'Afrique 1 181). Hier 
landetc Belisar im J. 533 (Prokop. und Corippus 
a. a. O.), was Iustinian die Veranlassung gab, an 
dem Platzc eine Stadt zu grtinden, Prok. de aed. a. 
a. O. (dasselbe Vorgebirge scheint Strab. XVII 834 
als axj>a "Aufiojvos Baj.i$(orog zu bezeichnen). 

[Dessau.] 

Brachyle (Bgayv/.T]), nach Steph. Byz. (viel- 
leicht aus Hekataios) Stadt der Kereten (d. i. der 
Cerretaner) in Hispania Tarraconensis; sonst un- 
bekannt. [Hubner.] 

Brachylles, ein Boiotier, Sohn des Neon, des 
Sohnes des Askondas. Wir kennen nur Anfang 
und Ende des Lebens dieses Mannes, der, wie es 
scheint, eine sehr hervorragende, wenn nicht gar 
die erste Eolle in seiner Heimat gespielt hat (vgl. 
Plut. Tit. 6). Wie sein Grossvater und Vater 
trat er an die Spitze der makedonischen Partei 
in Boiotien. In jungen Jahren wurde er von An- 



807 



Brachyllos 



Bramagara 



808 



tigonos Doson zum Dank ftir einen vom Vater 
geleisteten Dienst auf einen verantwortungsvollen 
Posten gestellt; der K8nig Hess ihn nach der Er- 
oberung Spartas (im J. 222) als iMcrdr^g der 
Stadt zurttck (Polyb. XX 5, 12). Erst 25 Jahre 
spater taucht er in der triimmerhaften Tradition 
wieder auf. Im J. 197 war er als Freund des 
Philippos V. bei der Zusammenkunft dieses mit 
Flamininus in Nikaia zugegen (Polyb. XVIII 1, 2). 



schaft 'will Tissot 140, dem Ruggiero Dizion. 
epigr. I 333 zu folgen scheint, auf 206/207 fest- 
legen, aber weder der Ansatz 205/206 fur den 
Vorganger des B., noch deren chronologisclie Ver- 
kniipfung kann als erwiesen gelten. Die Identi- 
fication, mit M. Valerius Bradua Mauricus, cos. im 
J. 191 (Klein Fast. cons. z. d. J.), die Wadding- 
ton Fastes des provinc. asiat. nr. 163 vornahm, ist 
durch CIL V 7783 wohl zur Gewissheit erhoben, 



Als dann in demselben Jahre bei Kynoskephalai 10 da B. dort ausdriicklich neben andern Titeln 



die Wiirfel flelen, kampfte B. an der Spitze der 
Boiotier auf Philipps Seite (Liv. XXXIII 27, 8). 
In die Hande des Feindes gefallen, wurde er von 
Flamininus, der im Hinblick auf Antiochos III. 
Boiotien zu sich biniiberzuziehen tracbtete, frei- 
gelassen, worauf ihn seine Landsleute zum Boio- 
tarchen erwahlten (Polyb. XVIII 43, Iff. = Liv. 
XXXIII 27, 5ff.). Bald darauf fiel er einem Com- 
plott der RSmerpartei in Boiotien zum Opfer. Er 



(pontifex, sodalis Hadrianalis, curator operum 
publicorum, curator aquarum saerae urbis et 
Miniciae, censitor provinciae Aquitaniae, consul) 
proconsul provineias Africae genannt wird, dazu 
die Inschrift in die Zeit nach dem Tode des Sep- 
timius Severus fallt (divi Seviri). 

Vermutlich war Antonia Vitellia (s. Bd. I 
S. 2642 Nr. 131) die Gattin des B. Durch sie 
ware dann B. mit M. Antonius Antius Lupus (s. 



wurde durch gedungene MeuchelmOrder aus dem 20 Bd. I S. 2614 Nr. 37) in das verwandtschaftliche 



Wege geraumt. Polybios a. O. erzahlt, dass Fla- 
mininus zwar die directe Teilnahme an der Er- 
mordung abgelehnt, den Verschworern aber zu- 
gesagt habe, sie nicht zu hindern, ja sogar den 
Henkersknecht ihnen gewiesen habe. Dies ist 
als historisch zu betrachten, wenn auch Livius 
a. O., um seinen Landsmann weiss zu waschen, 
diesen Passus zu iibersetzen absichtlich unterlas- 
sen hat. [Wilcken.] 



Verhaltnis (adfmis) gekommen, das ihn veranlasst, 
sich an der Sorge fur die Grabstatte von dessen 
Gattin und Tochter zu beteiligen : CIL VI 1343 
= IGI 1398. [Henze.] 

Braecorii (Braecores). Eine in Galliano bei 
Como gefundene Votivinschrift (Bull, epigr. Ill 
155. Pais CIL suppl. Italica I nr. 847) lautet 
Matronis Braecorium Gallianatium. Braeco- 
rium ist = Braecoriorum oder Genetiv zu Brae- 



Brachyllos hatte eine Schwester des Eedners 30 cores. Die Gallianates sind offenbar die Bewoh- 



Lysias zur Frau. Lysias war mit einer aus dieser 
Ehe stammenden Tochter, seiner a8eX<pi8fj, ver- 
heiratet, [Dem.] LIX 22; vgl. Blass Att, Bereds.2 
I 346. [Kirchner.j 

Braciaca, keltischer Beiname des Mars auf 
der bei Deva (Brit.) gefundenen Inschrift CIL 
VII 176 Deo Marti Bractame Q. Sitting Gaeci- 
lianfus) praef(ectus) cohfortis) I Aquitano(rum) 
v. s. Bei Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. 



ner des heute Galliano genannten Ortes, die B. 
sind unbekannt; vgl. Rhein. Jahrb. LXXXIII 15. 

[Ihm.] 

Bragae, nach Plin. VI 150 eine verOdete 
Insel des Sinus Persicus an der Kiiste von Ara- 
bien. [D. H. Miiller.] 

Bragodurnm (Bgayooovsov Ptol. II 12, 3, 
Var. BgaydSnvvov) , Stadt in Raetien (bno ftev 
avrov xhv Aavovfitov). Lage (Braunlingen an der 



ist die Deutung ,Gott des Maizes' (s. H older 40 Brege?, Mengen an der Donau?) unbestimmt. 



braci) verzeichnet; eher liegt ein topischer 
Beiname vor, hergenommen von einem gallischen 
(aquitanischen ?) Ort; vgl. Holder s. Braccia- 
cus. [Ihm.] 

Bradanus, Grenzfiuss zwischen Lucanien und 
Apulien, den die Strasse von Venusia nach Po- 
tentia iiberschritt (It. Ant. p. 104). Er entspringt 
aus einem See sudlich von Venusia und mtlndet 
nach einem Laufe von 167 Km., unweit Meta- 



Holder Altcelt. Sprachschatz s. Bmgodimon. 
Rhein. Jahrb. LXXI 53. '[Ihm.] 

Braiola (Bgatoto Procop. de aedif. 285 , 9. 
35), Castell im Timacusgebiet. W. Tomaschek 
Die alten Thraker II 2, 62. [Patsch.] 

Braisia (Bgawia), Tochter des Kinyras und 
der Metharme, Schwester des Adonis , aus Kypros. 
Mit ihren Schvvestern Orsedike und Laogore gab 
sie sich nach dem Willen der ihnen ziirnenden 



pontum, in den Golf von Tarent. Nach Guido 50 Aphrodite fremden Mannern preis und starb in 



§ 30 p. 470 hiess er auch Tardus propter sinuo- 
sos orbes sui discursus. Jetzt Bradano. 

[Hulsen.] 

Bradua, rcmisches Cognomen, namentlich 

11 M. Appius Bradua, mutterlicher Grossvater 
des Herodes Atticus, s. Appius Nr. 5. 

2) Appius Annius Atilius Bradua, Cos. 160 
n. Chr., s. Annius Nr. 32. 

S) Ti. Claudius Bradua Atticus, altester Sohn 



des Herodes Atticus, athenischer Archon zwischen 60 sonst unbekannt. 



Agypten (Apollod. IH 14, 3, 2). Mannhardt 
(Wald- und Feldkulte II 283) nimmt an, dass die 
Sage zur Erklarung des entspreehenden Brauchs 
beim kyprischen Adonisfest erfunden sei. 

[Wagner.] 

Braisoi (Bgaiaol), Volk in Makedonien nach 
Dion. Bass, bei Steph. Byz. [Oberhummer.] 

Braitolaion (Bgano/.atov; etwa Brittolavum), 
Stadt der Keltiker in Lusitanien bei Ptol. II 5, 5; 



185/86 und 191/92, s. Claudius, vgl. auch Ati 
lius Nr. 29 — 31. 43 und unter Valerius. 

4) Bradua Mauricus ist nach Digest. 1 21,4 und 
XXVI 10, 1,4 Proconsul Africae innerhalb der J. 199 
und 209 {imperatores Severus et Antoninus). Bei 
Tissot Fastes de la prov. rom. d"Afrique 117 ist 
die Stelle Dig. I 21, 4 Verics statt Severus ver- 
lesen, richtig S. 140. Das Jahr seiner Statthalter- 



[Hiibner.] 



Bramagara, Ortschaft in Vorderindien an 
der Kiiste von Limyrike (jetzt Kanara) zwischen 
Tyndis (jetzt Kunda-pur) und Muziris (Manga- 
liir), Ptol. VII 1, 8; deutbar aus skr. Brabma- 
gara ,Wohnung des Brahma oder der Brahmana', 
Lassen Ind. Alt. ni 192; einer indischen Nach- 
richt zufolge siedelte Fiirst Paracurama zahl- 
reiche Arya-Brahmana als heilige und vom Volk 



809 



Bramma 



Branchidai 



810 



abgesondert lebende Kaste in 60 Ortschaften seines 
Reiches an. In entsprechender Lage finden wir 
noch jetzt eine Ortschaft Brahmavara am siid- 
lichen Ufer der in 13° 30' nOrdlich miindenden 
Cltanada gegeniiber Barkuru oder Barcalur. 

[Tomaschek.] 

Bramma, Stadt am ,grossen Heerbusen' (von 
Ton.king) im Lande der Sinai Ichthyophagoi zwi- 
schen den Flussen Aspithras (s. d.) und Ambastes 
(s. A m b a s t a i), Ptol. VII 3,2; vielleicht abzuleiten 
von dem in Hinterindien weit verbreiteten Worte 
bra ,Gott' mit Nominalsuffix ma, auch wohl selbst 
von dem indischen Brahma, da der Brahmana- 
glaube auch in Ton.king und~An.nam friihzeitig 
Eingang gefunden hatte. [Tomaschek.] 

Branimognra , gute Variante fur Bammo- 
gura, s. d. 

Branch] ades {BQay^mSrjg), Bei wort des Apol- 
lon von dem bekannten Branchiden-Heiligtum Di- 
dymaion bei Milet, Metrodor. FHG ni 205, 7 a. 

[Jessen.] 

Branchidai {BQayxiSat), milesisches Priester- 
geschlecht, welches das Apollonorakel zu Didymoi 
bei Panormos verwaltete. Von dem Geschlechte 
erhielt auch der sonst AlSv/xoi oder AiSv/ia (Lukian. 
de astrol. 23) genannte Ort, an dem eine vom 
Volke viel besprochene Quelle entsprang (Paus. V 
7, 5) , den Namen BQayyJSm. Die B. fiihrten 
ihren Stammbaum auf Branchos (s. d) zurttck, 
einen Liebling Apollons. Uber die Zeit des Bran- 
chos sagen die Quellen nichts. Parthenios (narat. 
amat. I) setzt die Existenz des Orakels in mythi- 
scher Zeit voraus. Nach einer pythagoreischen 
Sage (bei Diog. Laert. VLTI 5) hat Euphorbos 
dort seinen Schild aufgehangt. Neleus soil, be- 
vor er Milet erbaute, das B.-Orakel befragt haben 
(Tzetz. zu Lykophr. 1385). Auf diese Stellen ge- 
sttttzt und im Zusammenhange mit seinen sonstigen 
Hypothesen nahm O. Miiller (Dorier I 224ff.), 
dem Schroder (De reb. Milesior. I 4) beistimmte, 
an , das Orakel sei von kretischen Doriern ge- 
grundet worden. Seine Griinde sind vonHoeck 
(Kreta n 316ff.) eingehend widerlegt worden. 
Schoenborn (Uber das Wesen Apollons 29f.) 
nimmt Hoe cks negatives Ergebnis an, verstrickt 
sich dann aber selbst (a. a. O. 49 — 62) in einen 
kiinstlichen Versuch, den Ursprungsmythos zu deu- 
ten. Besonnen erfirtert die verschiedenen Fas- 
sungen der Grundungssage Gelzer (De Branchi- 
dis 1 — 6); seine eigene Ansicht ist beeinflusst 
durch die auf unzureichende Zeugnisse (Steph. 
Byz. s. Aidv/ia. Terent. Maur. p. 2424) gestiitzte 
Annahme (a. a. O. 27), Zeus hatte das Orakel 
vor ApoEon besessen, und die jeden Anhalt ent- 
behrende Voraussetzung (a. a. 0. 41), auch der 
milesische Kabeirendienst habe zu B. seine Statte 
gehabt. Ihm gegenuber erklart Sold an (Ztschr. 
f. d. Alt. VIE 563f.) Apollon ftir den aUeinigen 
Orakelgott. Er halt (a. a. 0. 565) den Apollon- 
dienst an dieser Stelle fiir vorionisch, legt aber 
den Ursprung des Orakels in die ionische Zeit. 
Gegenuber den von ihm (a. a. 0. 545—552) be- 
kiimpften Hypothesen weist er (a. a. 0. 556 — 559) 
auf den Zusammenhang der Branchossage (Diog. 
Laert. I 72. Kon. narr. 44) mit der orphi- 
schen Bewegung hin, der sich vornehmlich darin 
kundgieht, dass Branchos die Milesier nach einer 
Pest reinigt (Kallim. frg. 75 = Clem. Alex. Strom. 



V 570). Man kann Sold an darin Recht geben, 
dass deT Orakeldienst an dieser Stelle aus orphi- 
schen Vorstellungen entsprungen sei, mag man 
nun mit ihm (a. a. 0. 567) Branchos fur eine 
historische Figur halten oder abwetchend von ihm 
in der Branchossage den mythischen Reflex einer 
historischen Begebenheit sehen. Gelzers Ver- 
mutungen (a. a. 0. 35. 36) uber den Anteil anderer 
milesischer Priestergeschlechter am Orakel der B. 

10 haben in der tlberlieferung nur schwache Stiitzen. 
Das didymaeische Heiligtum wird neben den be- 
ruhmtesten Apollonorakeln genannt (Clem. Al. Pro- 
trept. II 11. Lukian. Alex. 8. 43; dial. deor. 
16, 1). Sein Name war von dem Namen Milet 
so unzertrennbar, dass fur Lykophron (Alex. 1379) 
naQ-divog BQayyrjoia gleichbedeutend ist mit mxg- 
Mvog Mdrjoia. Die erste Bliite des Orakels ge- 
hflrt dem 6. Jhdt. an. Das beweisen vor allem die 
Funde von Sculpturen und Inschriften. Der Weg 

20 von Didymoi zum Hafen Panormos war auf bei- 
den Seiten mit Sitzbildern geschmuckt, fiber deren 
tiberreste zuerst Leake (Asia minor 348) eine 
kurze Notiz gab. Ross (Kleinasien und Deutsch- 
land 131f.; Arch. Zeit. VIE 129—134 mit Taf. 
XIII) beschrieb sie genauer, soweit es ohne Aus- 
grabungen moglich war. Schon nach seinem Ein- 
drucke erklarte er, die Statuen miissten vor den 
Perserkriegen entstanden sein. Die von Ross 
gewiinschten Ausgrabungen hat Newton veran- 

30 staltet. Er hat die Statuen ins britische Museum 
iiberfuhrt (Discov. at Halicarnassus , Cnidus and 
Branchidae II 537f,). Aus seiner ausfiihrlichen 
Beschreibung (a. a. 0. 527-553 mit Taf. LXXVII) 
geht hervor, dass die Bildhauer unter agyptischem 
Einfiusse gestanden haben (a. a. 0. 547 — 553). 
Neben diesem befcmt Rayet (Etudes d'arche'ologie 
et d'art 114, 5) den assyrischen Einfluss. Auch 
Birch (bei Onomander Altes und Neues aus 
den Reichen des Ostens III 401) beschreibt die 

40 Statuen, die er im britischen Museum gesehen hat. 
Im britischen Museum befinden sich auch die ' 
von Newton ausgegrabenen archaischen Inschrif- 
ten (Discover. II. Appendix III 63—70; Greek 
Inscriptions of the British Museum 921 — 934. 
IGA 483—490), die von Kirchhoff (Griech. 
Alph. 17 — 21) ihrem Schriftcharakter nach in das 
6. Jhdt. gesetzt werden. Aus diesem Jahrhundert 
wie aus den angrenzenden Jahrzehnten der be- 
nachbarten Jahrhunderte erfahren wir auch man- 

50 ches iiber die Wirksamkeit des Orakels. Die An- 
nahme von Curtius (Gr, G. I 6 495) und Gelzer 
(De Branchidis 6 — 9), das Orakel habe die mile- 
sische Colonisation beeinflusst, griindet sich nur 
auf innere Erwagungen. Aber ausdriicklich be- 
zeugt ist, dass das Orakel nicht nur von alien 
Ioniern und Aioliern (Herod. 1 157), sondem auch 
von Barbaren befragt wurde. Necho stiftete nach 
dem Siege bei Megiddo dem Orakel eine Bild- 
saule (Herodot. II 159). Den Dreifuss, der unter 

60 den sieben Weisen circuliert hatte , soil Thales 
den B. ubergeben haben (Diog. Laert. I 28). Mit 
den anderen beruhmten Orakeln wurde auch das 
B.-Orakel von Kroisos gepruft, bestand jedoch die 
Prufung nicht so gut, wie das delphische (Herodot. 
I 46ff.). Trotzdem stellt Herodot (I 92) die von 
Kroisos zu den B. gesandten Weihgeschenke an 
Zahl und Gewicht den nach Delphi geschickten 
an die Seite. Den persischen Eroberern seigte 



811 



Branchidai 



Branchidai 



-812 



sieh das Orakel freundlich, als ea den Kymaiern 
riet, den fliichtigen Paktyas an Kyros auszuliefern 
(Herodot. I 158. 159). Wahrend des ionischen 
Aufstandes riet Hekataios, die Weihgeschenke des 
Kroisos zu Flottenriistungen zu verwenden (Hero- 
dot. V 36). Sein Rat wurde nicht befolgt. Trotz 
dieser Sclonung warnte das Orakel die Karier, 
etwas von den Milesiern zu erwarten (Zenob. V 80). 

Der Glanzzeit der B. machten die Perser ein 
Ende. Nach Herodot (VI 19) geschah es bei der 10 
ZerstOrung von Milet unter Dareios, dass Orakel und 
Tempel zu Didymoi, entsprechend einem Sprucbe 
des delphischen Gottes-, zerstOrt wurden. Dagegen 
berichten Strabon (XI 518. XIV 634. XVII 813 
[nach Kallisthenes frg. 36]), Curtius (V 7, 28— 
35) und Plutarch (de sera num. vind. 12; vgl. 
Suidas s. Bgayxidat), erst Xerxes habe die Tempel- 
schatze nach Asien gefuhrt, und zwar sollen sie 
ihm von den Priestern selbst ausgeliefert worden 
sein, die er dann, um sie vor der Rache ihrer20 
Stammesgenossen zu sichern, im fernsten Osten 
ansiedelte; dort soil Alexander die N^chkommen 
des milesischen Priestergeschlechtes gefunden und 
fur den Hochverrat der Vorfahren bestraft haben. 
Pausanius (VIII 46, 3) erzahlt ebenfalls, erst Xerxes 
habe die Schatze der B. geraubt, und fiigt hinzu, 
bei dieser Gelegenheit sei auch der von Kanachos 
(Paus. II 10, 5. Plin. XXXIV 75) gegossene Apol- 
loncoloss weggefiihrt worden; aber nach Pausanias 
sollten durch die Pltinderung des Heiligtums die 30 
lonier fiir ihre angeblich zweideutige Haltung 
wahrend der Schlacht bei Salamis bestraft werden. 
Die Nachricht Strabons und der mit ihm tiber- 
einstimmenden Quellen wird von Westermann 
(De Callisthene II 2. 17f.) aus Onesikritos oder 
einem Historiker gleichen Schlages abgeleitet, von 
Clavier (Memoire sur les oracles 131), Ulrich 
(Rh. Mus. X 1856) und So Id an (Ztschr. f. d. 
Alt. VIII 571ff.; die Meinung Soldans, a. a. 0. 
580, der Apolloncoloss sei ein Werk des jiingeren40 
' Kanachos und erst beim Neubau des Didymaions 
errichtet worden, wird von Gelzer De Branchi- 
dis 31 widerlegt) verworfen. Andere suehen die 
Angaben Herodots und Strabons (lurch die An- 
nahme einer zweimaligen ZersUirung des Didy- 
maions zu vereinigen, und zwar meinen O. Miil- 
ler (Kl. Schr. II 539ft*.), Brunn (Kiinstlerg. I 
75. 6; Abh. Akad. Munchen 1868, 31ff.), erst 
nach der Z'erstOrung unter Dareios sei der Apollon- 
coloss aufgestellt worden, wahrend Thiersch 50 
(Epochen d. bild. Kunst 144ff.), Overbeck (Sachs. 
Ber. XX 70) und Gelzer (De Branchidis 15—18; 
vgl. 28) die Pliindening unter Dareios fur unvoll- 
standig halten, so dass der Apolloncoloss ihr hatte 
entgehen konnen. Gelzer (a. a. 0. 15) halt ins- 
besondere an dem von Strabon berichteten Hoch- 
verrat fest und sieht das Zuriicktreten des Namens 
BQayyJdat neben dem Namen Aidvualov (Mela I 
86. Plin. n. h. V 112) als eine Folge jenes natio- 
nalcn Verbrechens an. 60 

Zu ungewisser Zeit, schwerlich bald nach der 
Schlacht bei Mykale (Brunn Abh. Akad. Munch., 
1868, 35f.) , wohl etwa unter der Kegierung des 
Dareios Nothos (Gelzer De Branchidis 18) wurde 
der Tempel neu aufgebaut, und zwar nach einem 
so grossartigen Plane, dass er nieinals vollendet 
wurde (Paus. VII 5, 4) und stets ohne Dach ge- 
blieben ist (Ross Hellen. I 10). Die erhaltencn 



Ruinen sind zuerst von Chandler (Ionian Anti- 
quities III nebst 9 Tafeln; vgl. Choiseul-Gouf- 
fier Voyage pittoresque I 178ff. Hirt Gesch, d. 
Baukunst I 178ff.), dann nach erneuten Aufnah- 
men von Rayet und Thomas (Milet et le golfe 
latmique II 55 — 82; vgl. Rayet Etudes d'arch. 
et d'hist. 102 — 169) beschrieben und abgebildet 
worden. Die von den beidon franzbsischen Ge- 
lehrten auf Rothschilds Kosten veranstalteten Aus- 
grabungen haben manches Neue ergeben, auch 
Funde zu Tage gefordert, die ins Louvre tiber- 
fuhrt worden sind. 

Eine noch vor der Mitte des 4. Jhdts. ausge- 
pragte didymaeische Drachme mit Apollonkopf 
und Lowen (Catal. of Greek coins, Miletus 51. 52) 
ist wahrscheinlich von der Administration des 
Heiligtums geschlagen worden. Indessen behauptet 
Kallisthenes (frg. 16 bei Strab. XVIII 813; vgl. 
Lukian, Al. 29), die Weissagungen hatten bis zur 
Zeit Alexanders geruht und seien erst wieder auf- 
genommen worden, als unter Alexander die zur 
Zeit des Xerxes versiegte heilige Quelle plOtzlich 
wieder sprudelte und didymaeische Orakelspriiche 
den Konig als Sohn des Zeus bezeichneten , ihm 
auch den Sieg bei Arbela und den Tod des Da- 
reios voraussagten. Einen starken Ruckhalt fand 
das Heiligtum an den Seleukiden. Dem ersten 
Seleukos soil ein didymaeischer Spruch geraten 
haben, sein Gliick in Asien zu suehen (Appian. 
Syr. 56). Seleukos selbst berief sich darauf, dass 
das Orakel ihn Kflnig genannt hatte (Diod. XIX 
90, 4), und bewies dem Tempel seine Huld, in- 
dem er den Apolloncoloss des Kanachos an scinen 
Platz zuriickbringen Hess. Die feindlichen Bruder 
Seleukos II, und Antiochos Hierax haben zu einer 
Zeit, wo sie voriibergehend befreundet waren, ver- 
mutlich 246 nach dem 'i'ode ihres Vaters, in den 
Apollontempel zu Didyma kostbare Weihgeschenke 
gesandt, die in einem inschriftlich eihaltenen 
Briefe an die Milesier verzeichnet sind (Ditten- 
berger Syll. 170). Gegen Ausgang der rOmi- 
sehen Republik wurde einmal der Tempel von See- 
riiubem gepliindert (Plut. Pomp. 24). Noch wah- 
rend der Kaiserzeit hatte fiir die Milesier der 
Dienst Apollons eine ahnliche Wichtigkeit wie fiir 
die Ephesier der Artemiskult (Tac. ann. IV 55). 
Caligula wiinschte den Bau des Tempels zu voll- 
enden (Suet. Calig. 21), zugleich aber als Inhaber 
des Heiligtums an Apollons Stelle zu treten (Cass. 
Dio LIX 28). 

Uber die Verfassung und das innere Leben 
des Heiligtums in rOmischer Zeit geben die In- 
schriften (CIG 2852-2888. II S. 1120ff. New- 
ton Discover. II. Append. HI 59ff. LeBasAsie 
mineure221— 223) mancherlei Auskunft. DieHaupt- 
thatsachen hat Gelzer (De Branchidis 36ff.) zu- 
sammengestellt. Der oberste Priester war der 
7i(io<f?)Ti]s. Die nQOfffjzai warden aus den vor- 
nehmsten milesischen Familien genommen. Ihre 
Amtsdauer war jahrig; die im Tempel aufgestell- 
ten Urkunden wurden nach ihnen datiert. Die 
Tempelkasse verwalteten die rapiiai, welche ihr 
Amt je fiir ein halbes Jahr erhielten. Aus dieser 
Kasse wurden die didymaeischen Spiele bestritten. 
Zu den Einnahmen des Tempelschatzes gehorten 
auch Erbschaften, denn das didymaeische Orakel 
gehorte zu denjenigen, welchen Vermachtnisse zu- 
gewandt werden durften (Ulpian frg. XXII 6). 



813 



Branchios 



BrannoYices 



814 



In einer gewissen Abhangigkeit von der Tempel- 
obrigkeit scheinen auch Priesterinnen der Artemis 
(CIG II S. 1120ff.) gestanden zu haben. Eine 
Priesterin, nqoqpfjng, war es, die aus der heiligen 
Quelle trank und dadurch von dem gOttlichen 
Geiste erfiillte wurde (Lukian. bis accusat. 1. Iamb- 
lich. de myst. p. 127 Parthey. Porphyr. ad Aneb. 
72. Orig. adv. Cels. I 70 p. 130 Lommatzsch). 
Ihre Ausserungen wurden von den Priestern in 



Stat. Theb. HI 478. VIE 198. Lyk. Al. 1379 und 
Schol. Quint. Smyrn. I 283. 

Priester in Didyma waren die Nachkommen 
des B., die Branchiden (s. d.). Daneben werden 
die Euangeliden genannt. Der Milesier Leodamas 
weihte eine Kriegsgefangene aus dem eroberten 
Karystos ins Apollonheiligtum. Dort gebar sie 
einen Knaben. B. nimmt sich seiner an und 
macht ihn spater zum Verkiindiger der Orakel- 



Worte iibersetzt und so den Fragenden mitgeteilt 10 spruche, indem er ihn Euangelos nannte. Er ist 
(Strab. XVH 814). _ n "' "—' '"' ™ "" " " 

In Didymoi sollte Apollonios von Tyana seine 
Weisheit empfangen haben (Philostr. Apollon. IV 1). 
Noch bis in die letzte Zeit des Heidentums be- 
hauptete das Orakel sein Ansehen. Licinius be- 
fragte es vor dem Kampfe mit Constantin (Sozom. 
hist. eccl. I 7 p. 408; vgl. Arnob. VI 6). Kaiser 
Iulian war Prophetes zu Didyma (Iulian. ep. LXII 
p. 451) und liess einige in der Nahe des Tempels 
erbaute christliche Kapellen zerstSren. 

[F. Cauer.] 

Branchios {Bgdyxiog), Beiwort des Apollon, 
Orph. Hymn. 34, 7. Vgl. Branchiades. 

[Jessen.] 

Branchos (Bpdyxos) ,der Heisere', von pQay- 
x 6s. K. 0. Miiller "Dorier I 224f. Gerhard 
Griech. Myth. 323; vgl. Schwenck Etym.-myth. 
Andeutungen 157. Der Name B. bezieht sich 
auf die Thatigkeit als Prophet, (Sgayxog nannten 



der Ahnherr der Euangeliden. Conon narr. 44. 
Cheilon wird des B. Sohn genannt bei Aristag. 
Miles, frg. 11 = Diog. Laert. I 72. 

Eine bildliche Darstellung: Apollon bei B. 
erwahnt Luc. de domo 24. Die gleiehe Scene 
sehen Dilthey (Bull. d. Inst. 1869, 150) aul 
zweipompeianischenWandgemalden(Helbig220. 
221. Mus. Borb. XI 23. Mon. d. Inst. II 59, 3. 
Welcker A. D. IV 418) und Schreiber (Bull. 
20 com. XIX 1891, 301—304, Taf. XI) auf einem 
hellenistischen Relief. Gelzer De Branchidis, 
Diss. Lips. 1869. v. Wilamowitz Herm. XXX 
1895, 181. 

2) Beinamen des mit Apollon zusammen in 
Didyma verehrten Zeus, Schol. Stat. Theb. in 478. 

3) Vater des von Theseus getoteten Kerkyon 
von der Nvmphe Argiope, Schol. Plat. leg. VII 
796 A. Apd. Epit. I 3. [Escher.] 

4) Sohn eines Konigs Alexandres. Ihm weihte 



die Griechen die Stimme weissagender Priester, 30 Babrios seine Fabeln. tber seine Zeit sind sehr 



Quint, inst. or. XI 3, 55. Nach anderer Ansicht 
gehert der Name zusammen mit skr. brahman; 
Bgayiog ware darnach ein urspriinglich allge- 
meiner Priestername, der dem mythischen Stifter 
des didymaeischen Orakels als Eigenname geblie- 
ben ware. Kagi Rig-Veda 2 Anm. 82. 

1) Vater des B. ist nach Varro in Schol. Stat. 
Theb. VIII 198 Simerus (Smicrus 1 }), ein Sohn 
des Olus (1. Olor = Schwan), Pflegesohn des Pa- 
tron, dessen Tochter seine Gattin wird. ' Wahrend 40 



verschiedene Hypothesen aufgestellt worden. Vgl. 
jetzt 0. Crus'ius De Babrii aetate in Leipz. 
Stud. II 127ff. und o. Bd. II S. 2658f., der in dem 
Alexandres den rOmischen Kaiser Alexander Se- 
verus sieht. [Wilcken.] 

Brancns, Fiirst der Allobrogen, von seinem 
jiingeren Bruder vertrieben, von Hannibal wieder 
in die Herrschaft eingesetzt, Liv. XXI 31, 6 — 7. 

[Klebs.] 

Brandobrici. Auf einer bei Evian (Haute- 



dor Schwangerschaft traumt ihr, dass die Sonne 
durch ihre Kehle {fiQ&yyos) eindringe ; davon giebt 
sie dem Neugebornen den Namen B. ; vgl. Conon 
narr. 33. Als einst der Knabe die Herde des 
Vaters weidet, ersieht ihn Apollon. Sein Kuss 
giebt B. die Sehergabe, er erhalt vom Gotte Kranz 
und Zweig und beginnt zu weissagen. Er wird 
entriickt, oder er stirbt eines plotzlichen Todes; 
an der Statte, wo er gewirkt, wird ihm ein Grab- 
mal und ein Tempel gestiftet. Nach seinem Ver- 50 
hiiltnis zu B. wird Apollon in Didyma Philesios 
genannt, auch Branchios (Orph. h. 34, 7) und 
Branchiades, Schol. Stat. Theb. HI 478. Noch 
Kallimachos stellte die Liebe des Gottes zu B. 
als eine keusche dar, Spatere nicht mehr. Kal- 
lim. frg. 36 Schn. Philostr. epist. 5. 8. 57 (p. 226. 
228. 251 K.). Luc. dial. dcor. II 2. Longus IV 17. 

Apollodoros aus Kerkyra und Kallimachos (frg. 
75 Schn.) behandelten 'die Sage, dass B. einst 
die Milesier von einer Pest gereinigt habe. 60 

Bei Conon narr. 33 ist Sinikros, Sohn des 
Demoklos aus Delphoi, Vater des B., Pflegevater 
der Ziegenhirte Epitharses, Gattin eine vornehme 
Milesierin. Nach Schol. Stat. Theb. HI 478 ist B. 
ein Thessaler, nach Strab. IX 421 ein Nachkomme 
des Machaireus aus Delphoi. Durch diese genea- 
losrischen Verkniipfungen soil das didymaeische 
Orakel als von Delphoi abhiingig erwiesen werden. 



Savoie) gefundenen christlichen Inschrift vom 
J. 527 (CIL XH 2584) heisst es: Brandobrici 
redimtionem a domino Oudomaro rege accepe- 
runt. Man vermutet, dass die B. ihre Wohnsitze 
in der Nahe von Genf hatten; vgl. Leblant 
Inscr. chr6t. de la Gaule II nr. 683. Longnon 
Ge"ogr. de Gaule au Vie siecle 82. Weitere Lit- 
teratur im CIL a. a. 0. Holder (Altcelt. Sprach- 
sch. s. v.) erinnert an den Namen der Brannovices. 

[Bam.] 

Brangas, Sohn des Strymon, griindet nach 
dem Tode seines Bruders Olynthos zu dessen An- 
denken auf Sithonia die Stadt Olynthos, Konon 
4, welcher nach Hoefer Konon 64 aus Hegesippos' 
Ila/lrjriaxd schOpfte. [Hoefer.] 

Brangosi, ein indischer Aboriginerstamm zwi- 
schen Surastrene (Gugerat) und den Indusmun- 
dungen, Megasthenes bei Plin. VI 76; eine Ab- 
teilung der Ghosa? skr. vrnh, briih ,brullen'. 

[Tomaschek.] 

Brannogeninni (Bgawoyevwv Ptol. II 3, 11 ; 
Branogenium Geogr. Rav. 427, 3), Stadt der Ordo- 
viker an der Westkuste von Britannien, wohl iden- 
tisch mit Bravonium (s. d.). Die Lage ist nicht 
festgestellt. IHiibner.] 

BrannOTices. Die Aulerei Brantwnees ge- 
horten nach Caes. b. G. VII 75 mit den Segu- 
siavi und Ambarri zu den Clienten der Aeduer; 



815 



Branodunum 



Brasidas 



816 



man sucht ihre Wohnsitze nOrdlich Ton den Am- 
barri. Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. ver- 
weist, was den Namen anlangt, auf die Bran- 
dobrici. Desjardins G6ogr. de la Gaule II 
465. 490f.; vgl. Aulerci. [Dim.] 

Branodnnum, Stadt an der Ostktiste Britan- 
niens nach der Notit. dign. occ. XXVIII 6 = 16 
(praeposilus equitum Dalmatarum Branodunen- 
siuin Branoduno) unter dcm comes litoris Saxo- 



der rechte Mann an rechtcr Stelle; durch seine 
Thatkraft und massvolle Klugheit bat er die Sache 
Spartas ebenso gefordert, wie er den Athenern 
schadete (Tliuk. IV 81). Auf Wunsch des Per- 
dikkas unternahm er zuerst mit dem Makedonier 
einen Zug gegen den LynkestenkOnig Arrabaios. 
Perdikkas wollte diesen vOllig unterwerfen, aber 
B. zog es vor, den Weg der Unterhandlung zu 
betreten, schloss nach einer Unterredung mit ihm 



[Hubner. 



nici stehend; sonst nirgends enyahnt, wohl Bran- 10 einen Waffenstillstand und zog ab, zum grossen 
is i .„ n.T._*.n. rTT-,i._... , Verdruss des Perdikkas, der dem B. einen Teil 

seiner Unterstiitzung entzog (Thuk. IV 83f.). Jetzt 
wandte sich B. gegen die athenischen Bundes- 
genossen. Er fand den Boden wohl' vorbereitet -, 
in den einzelnen Stadten waren schon friiber durch 
Vermittlung der Chalkidier Verbindungen ange- 
kniipft, und fast iiberall fand er einflussreiche 
Manner und Parteien, besonders die Oligarclien, 
zuweilen aueb die Melirbeit der Bevolkerung, be- 
20 reit, sich ihm zu ergeben und die athenische Herr- 



caster bei Burnham in Norfolk, 

Brar . . . s. Br 

Brara, eine vom Geogr. Kav. IV 26 p. 232 
mit Ziabema {Tahernae, heut Zabern) und andern 
in Germania superior gelegenen Orten genannte 
Stadt Uuxta supra seriptam civitatem Stratis- 
burgo). [Ihm.] 

Brarkedon {BQ&Qttedov Procop. de aedif. 283, 
39), Castell im Bezirke von Naissus. W. Toma- 
schek Die alten Thraker II 2, 62. [Patsch.] 

IJraseiinus, keltischer Localgott auf einer 
Inschrift aus Noboli bei Gardone, CIL V 4ft62: 
Brasenno Sex. Valerius Primus l. m. [Dim.] 

Brasiai (Bgaoiai), bei Paus. in 21, 7. 24, 3 
fur Prasiai (s. d.). [Oberhummer.] 

Brasidas (Byacldas). 1) Spartiate, Sohn des 
Tellis. Seine Mutter hiess nach Plut. Lyk. 25 
Argileonis, vgl. Plut. apophthegm. 190 B. 219 D. 
240 C. Diod. XII 74, 3. Er machte sich schon 



schaft abzuschutteln. Sein erstes Unternehmen 
war kurz vor der Weinlese 424 v. Chr. gegen 
Akanthos gerichtet. Die Akanthier waren ge- 
teilter Meinung; als er anriickte und ihr Land 
besetzte, schlossen sie ihre Thore, verstanden sich 
aber dazu, ihn allein einzulassen und mit ihm zu 
unterhandeln. Er erkliirte ihnen, dass er ge- 
kommen sei, sie zu befreien und ihre Autonomic 
herzustellen, daffir hatten ihm die Spartaner ihr 
im ersten Jahr des peloponnesischen Kriegs (431 30 Wort verpflichtet. Auch wolle er sie niclit unter 



v. Chr.) durch eine entschlossene Waffenthat be 
kannt : er rettete die lakonische Kustenstadt Me- 
thone, als sie durch den Angriff der athenischen 
Flotte Gefahr lief erobert zu werden (Thukyd. 
II 25, 2. Diod. XII 43, 2f. Plut. de Alex. virt. 
13, vgl. Suid.). Fortan wurde er mit den wichtig- 
sten Geschaften beauftragt. 431/30 bokleidete er 
das Ephorat (Xen. hell. II 3, 10). 429 wurde er dem 

Nauarchen Knemos als Berater beigegeben, wirkte 

in der zweiten Seeschlacht bei Pillion und Nau- 40 auf und sichert'e ihnen die Autonomie. Gemein- 



die Herrschai't einer Partei bringen, sondem sich 
in ihre inneren Angelegenheiten niclit einmisclien. 
Zugleich unterliess er niclit, die tiblen Folgen 
anzudeuten, die eine Weigerung fur die Stadt und 
ihr Gebiet naben konne. Er war. wie Thukydides 
(IV 84, 2) sagt, fiir einen Spartaner nicht unbe- 
redt, und seine Worte verfehlten ihren Eindruek 
nicht. Die Akanthier beschlossen, von den Athe- 
nern abzufallen ; B. nahm sie in den Bund Spartas 



paktos mit und beteiligte sich Ende des Sommers 
am Versuch, den Peiraieus zu uberrumpeln (Thuk. 
II 85f. 93). In gleicher Eigensebaft begleitete 
er 427 v. Chr. den Nauarchen Alkidas auf der 
Expedition der peloponnesischen Plotte gegen Kor- 
kyra (Thuk. Ill 69. 76. 79, 3). 425 war er Trie- 
rarch und that sich beim Angriff auf die athe- 
nischen Befestigungen in Pylos riihmlich hervor ; 
er ward verwundet und biisste seinen Schild ein 



sam mit ihnen stiftete er aus der athenischen 
Bcute Weihgeschenke in Delphi (Plut. Lys. 1. 18; 
de Pyth. orac. 14). Dem Beispiel der Akanthier 
folgte alsbald das beuachbarte Stageiros (Thuk. 
IV 84—88). Im Winter folgte der Hauptschlag ■ 
gegen das wichtige Amphipolis. Nachdem hier 
durch Chalkidier und die den Athenern abgeneig- 
ten Argilier der Abfall vorbereitet worden war, 
setzte sich B. mitten im Winter 424/3 v. Chr. 



(Thuk. IV 11, 4f.). Als die Spartaner, urn sich 50 von Amai in der Chalkidike aus in Bewegung. 



in ihrer Bedrangnis Luft zu schaffen, den Bitten 
des Perdikkas und der Chalkidier nachgaben und 
424 v. Chr. einen Zug gegen die thrakischen 
Besitzungen der Athener ausriisteten , bewarb er 
sich urn das Commando und wurde, da auch die 
Chalkidier ihn wiinschten, gewahlt. Die Truppen, 
die er mitnahm, bestanden aus Heloten und pe- 
loponnesischen Bundesgenossen. Wahrend er in 
Korinth die Ausrfistung des Zuges betrieb, er 



Unterwegs schloss sich Argilos an ; die Strymon- 
briicke ward iiberrumpelt und B. erschien vOllig 
unerwartet vor Amphipolis , nahm viele Burger 
gefangen und warf die Stadt in vollstandige Yer- 
wirrung. Er stellte sehr milde Bedingungen, und 
noch ehe die erbetene athenische Hiilfe eintraf, 
schloss sich die Stadt ihm an. Dagegen der Hafen- 
ort Eion ward vom attischen Strategen Thuky- 
dides rechtzeitig besetzt und behauptet. Bald 



folgte der Angriff der Athener auf Megara und 60 darnach traten auch Mvrkinos , Galensos und 



Nisaia. Nisaia fiel den Athenern in die Hande; 
B. bewirkte, dass zur rechten Zeit peloponnesische 
und boiotische Truppen eintrafen, durch die Me- 
gara den Peloponnesiern erhalten blieb (Thuk. 
IV 70f. 74. Diod. XII 67). Glucklich fiihrte er 
dann mit Hiilfe seiner Freunde das Heer durch 
Thessalien hindurch und erreichte in Dion das 
Gebiet des Perdikkas (Thuk. IV 78f.). Er war 



Oisyme zu B. fiber (Thuk. IV 102—108. Diod. 
XII 68. Polyaen. I 38, 3). Alle athenischen Unter- 
thanen wurden unruhig und unsicher. B. zeigte 
sich gegen alle gemiissigt und milde, enthielt sich 
jeder Parteinahme und gewann dadurch allgemeine 
Zuneigung. Er benutzte die giinstige Gelegen- 
heit, da eine ausreichende attische Macht nicht 
vorhanden war, mid ging noch in demselben 



817 



Brasidas 



Brasidas 



818 



Winter auf die Athoshalbinsel, die sog. Akte, fiber, 
wo alle Stadte ausser Sane und Dion sich ihm 
anschlossen. Dann wurde Torone auf der Sithonia 
durch Uberfall genommen und die kleine athe- 
nische Besatzung vertrieben (Thuk. IV 109 — 116. 
Diod. XII 68, 5f.). Selbst auf Pallene erstreckte 
sich der Abfall : Skione sagte sich von den Athenern 
los ; B. wagte es , zu Schiff hiniiberzufahren und 
ubernahm die Stadt, die ihn als Befreier mit 
Freude und Ehren begriisste (Thuk. IV 120f. 123. 10 
Diod. XII 72. Polyaen. I 38, 4). Er gedachte 
auch, die benachbarten Stadte in Angriff zu 
nehmen, als die Nachricht von dem inzwischen 
(Friihjahr 423) geschlossenen Waffenstillstande 
eintraf, der schon etwas vor dem Ubertritt Skiones 
begonnen hatte. B. weigerte sich, Skione aufzu- 
geben, und nahm bald darauf auch Mende, als es 
von den Athenern abflel, in sein Biindnis auf. Er 
war fiberhaupt gegen den Frieden und wtinsehte 
dringend seine bisherigen Erfolge hier fortzusetzen 20 
(Thuk. V 16). Daher ging der Krieg hier weiter, 
wahrend im fibrigen Hellas die Waffen ruhten. 
Die Athener sandten sogleich ein Heer, urn Skione 
und Mende wieder zu erobern. B. traf fiir die Ver- 
teidigung der Stadte einige Vorkehrangen (Thuk. 
V 122f. Diod. XII 72, 7), zog aber selbst an der 
Spitze der Bundesgenossen mit Perdikkas aufs 
neue ins Land der Lynkesten gegen Arrabaios, 
der in einem Treffen geschlagen wurde. Jedoch 
auch diesmal bestand zwiscben B. und Perdikkas 30 
kein Einvernehmen, und da Perdikkas illyrische 
Hiilfstruppen erwartete, so wtinsehte B. nach deren 
Ankunft mit Kiicksicht auf das bedrohte Mende 
wieder abzuzichen. Nun aber kam die Nachricht, 
dass die Illyrier, gefiirchtete Krieger, sich viel- 
mehr dem Arrabaios angeschlossen hatten ; die 
Verbiindeten beschlossen daher zuriickzugehen. ■ 
Aber ehe noch etwas Bestimmtes verabreiet war, 
zog das Heer des Perdikkas, das von B. entfernt 
lagerte, aus Furcht vor den Illyriern eiligst und 40 
in Verwirrung ab. B. sah sich am nachsten Morgen 
dem Arrabaios und den Illyriern allein gegen- 
iiber und musste einen schwierigen Efickzug an- 
treten. Durch zweckmassige und besonnene An- 
ordnung wusste er den ungestiimen Andrang der 
Barbaren zuriickzuhalten ; er selbst mit 300 Aus- 
erlesenen bildete die Nachhut. Zuletzt war noch 
ein gefahrlicher Pass zu tiberwinden, wo er von 
volliger Umzingelung bedroht war ; es gelang ihm 
aber, mit seinen 300 eine beherrschende Hohe zu 50 
ersttirmen und das Heer in Sicherheit zu bringen. 
Seine erzfirnten Soldaten fielen dann fiber den 
Tross der Makedonier her, deren Flucht sie in 
solche Gefahr gebracht hatte (Thuk. IV 124—128, 
vgl. Polyaen. I 38, 5). Dies war das Ende der 
Freandschaft mit Perdikkas, der sogleich zu den 
Athenern hinuberneigte und bald mit ihnen Frieden 
schloss, was die weitere Folge hatte, dass ein 
neuer Zuzug, den B. erwartete, auf Betreiben des 
Perdikkas von den Thessalern nicht durchgelassen 60 
ward, sondern nur einige Spartiaten, aus denen 
B. den gewonnenen Stadten Amphipolis und Torone 
Befehlshaber geben musste (Thuk. IV 132j. Wah- 
rend des lynkestischen Feldzuges war inzwischen 
das Heer der Athener angekommen, hatte Mende 
erobert und belagerte Skione. B. konnte nicht 
helfen ; er versuchte gegen Ende Winters (Februar 
422) Potidaia zu uberrumpeln, ward aber abge- 



wiesen. Im nachsten Sommer, 422 v. Chr., er- 
schien Kleon mit einem neuen athenischen Heere 
und eroberte Torone; B. kam zur Hiilfe zu spat 
(Thuk. V 3, 3. Diod. XII 73, 2f.). Von hier fuhr 
Kleon nach Eion, nahm Galepsos, hot die ver- 
bttndeten Makedonier und Thraker auf undrustete 
sich zum Angriff gegen Amphipolis. B. besetzte 
die Hehe Kerdylion nicht weit von der Stadt und 
beobachtete von hier aus seinen GegneT. Yon der 
TJngeduld seiner Soldaten getrieben rfickte Kleon, 
noch ehe seine Verstarkungen angekommen waren, 
naher an Amphipolis heran und besetzte eine 
H6he, von wo aus man die Stadt und Umgegend 
iiberblicken konnte. Er dachte keine Schlacht zu 
liefern und erwartete auch keinen Angriff der 
Feinde. B. hatte sich, als die Athener erschienen, 
in Amphipolis hineingezogen. Er wollte, da die 
athenischen Hopliten besser waren als die seinigen, 
keine regelrechte Schlacht liefern, sondern den 
Gegner durch einen unerwarteten Angriff uber- 
rumpeln, und traf die nStigen Anstalten, um 
plotzlich aus den Thoren von Amphipolis hervor- 
zubrechen. Als Kleon diese Anstalten bemerkte, 
beschloss er abzuziehen und setzte seine Truppen 
iibereilt und unvorsichtig in Bewegung. Dies 
war der Augenblick, wo B. losbrach. Die Athener 
wurden vollig fiberrascht; der linke Flfigel ent- 
fioh sogleich, der rechte leistete einige Zeit Wider- 
stand, und wurde dann mit grossen Verlusten ge- 
schlagen. B. wurde, als er den feindlichen rech- 
ten Fliigel angriff, verwundet (vgl. Plut. de sera 
num. vind. 1; apophthegmat. p. 190 B. 219 D), 
in die Stadt gebracht und starb bald darnach. 
Im feierlichen Zuge bestatteten die Bundesge- 
nossen ihn in Amphipolis vor dem Markte, wo 
ihm noch spater heroische Ehren erwiesen wurden. 
Die Amphipoliten schafften die ihrem Grander, 
dem Athener Hagnon, erwiesenen Ehren ab und 
setzten den B. als Griinder und Wohlthater an 
seine Stelle (Thuk. V 6 — 11 und mit manchen 
Entstellungen Diod. XII 73, 3 ; vgl. Aristot. Eth. 
Nicom. V 10 p. 1134 b 23). In Sparta war ihm 
ein Kenotaph errichtet (Paus. Ill 14, 1). 

B. war weitaus der bedeutendste Mann Spar- 
tas im archidamischen Kriege (vgl. Aristoph. Wesp. 
475 ; Frieden 640) und hat durch seine Person- 
lichkeit iiber seinen Tod hinaus gewirkt. Er fiosste 
den attischen Bundesgenossen Vertrauen zu Sparta 
ein, und das hat auch spater Frfichte getragen 
(Thuk. IV 81). 

Einige an die Eroberung und Verteidigung 
von Amphipolis sich anknfipfende Kriegslisten des 
B., die aber mit der wirklichen Geschichte kauni 
noch in Verbindung stehen, stehen bei Polyaen. 
strat. I 18, If. Frontin. strat. I 5, 23. Der Ansatz 
dazu findet sich schon bei Isokrates Y"I 53. Ein 
mehrmals uberliefertes Wort von ihm (Plut. de prof, 
in virt. 8; apophthegm, p. 190 B. 219 C) wird auch 
dem Agesilaos zugeschrieben (apophthegm, p. 208F). 

Litteratur: Gust. Schimmelpfeng De Bra- 
sidae Spartani rebus gestis atque ingenio , Diss. 
Marburg 1857. Oncken Athen und Hellas II 
299f. 326f. _ [Niese.] 

2) Brasidas quidam Laeedaemonins vir prae- 
torius wird Digest. XXXVI 1, 22 eingefuhrt, um 
an ihm eine Erbschaftsstreitigkeit zu illustrieren. 
Das dort angeffihrte Urteil stanimt aus einem 
Entscheide des Kaisers Marcus. [Henze.] 



819 



Brasideia 



Brattea 



820 



3) Notarius, erscheint, vom Kaiser gesendet, 
in Alexandria und bewirkt am 1, Februar 366 
die Wiedereinsetzung des Athanasius (Larsow 
Die Festbriefe d. heil. Athanasius 41 — 43). Wahr- 
scheinlich ist dies jener B. aus Kvros in Syrien 
(Liban. ep. 994), der um 392 eine hohe Stellung 
am Hofe von Constantinopel einnahm und an den 
Liban. ep. 807. 978. 994. 1029 gerichtet sind. 
Sievers Libanius 268. [Seeck.] 

4) Grossoheim des Libanios, G. Sievers 10 
Leben des Lib. S. 5, 18. [W. Schmid.] 

Brasideia (Bgaoideia) hiess ein dem Brasidas 
zu Ehren alljahrlich in Amphipolis begangenes 
Fest. Es wurden ihm dabei Heroenopfer gebracht 
und Kampfspiele gefeiert. Thuk. V 11. Vgl. Ari- 
stot. Eth. Nik. V 10 p. 1134 B. [Stengel.] 

Brasilas. In der Scenerie der auf Kos spielen- 
den Thalysia erwahnt Theokrit VII lOf, das Grab- 
mal des B. (ovds to aa/xa &[Xtv xo Bqaoila xaxs- 
(paivEto, vgl. Verg. eel. 9, 59f. namque sepiderurn 20 
ineipit apparere Bianoris); fiber die an diesen 
Namen gekniipften Combinationen von Tiimpel 
Rh. Mus. XLVI 1891, 528ff. vgl. A. Gercke 
Gott. gel. Anz. 1891, 983ff. [Wissowa.] 

Brasios {Bgdoiog) ist das Demotikon zu einem 
Demos von Lindos, der Bgaoog oder Bgaoiat ge- 
heissen haben wird. Dass er zu den weniger 
volkreiehen gehCrte, folgt daraus, dass aus ihm 
bei gewissen "Wahlen der Lindier nur zwei Ver- 
treter von im ganzen dreiunddreissig hervorgehen, 30 
wahrend z. B. die Klasier deren sieben, die Lindo- 
politen, d. h. der stiidtische Demos, sogar acht 
entsenden. Doch gab es auch Demen, die nur 
einen, und sogar solehe, die nur ein um das andere 
Jahr, wie es scheint, einen Mann zu wahlen hatten 
(IGIns. I 761 und p. 112; ein Katalog von acht 
Brasiern nr. 764, 65ff.; stadtrhodische Grabmaler ' 
von Brasiern nr. 189—192. 214; eins bei Siana 
[749]; eins bei Istrios [894]: vgl. Selivanov 
Athen. Mitt. XVI 1891, 242; Umrisse der alten 40 
Topogr. der Insel Rhodos, Kasan 1892, 160 [rus- 
sisch]). Der Name ist, wie Selivanov (Topogr. 
42f. ; Mitt. a. a. O.) erkannt hat, nicht verschie- 
den von dem lakonischen Orte, der Bgaaiai oder 
Tlqaoiai (s. d.) heisst und von ngdoov abgeleitet 
ist, einem Worte, welches ursprunglich alles griine 
Kraut und Gemiise (V. Hehn Kulturpflanzen und 
Haustiere* 164), dann den Lauch und endlich die 
Meerzwiebel bezeichnet. Dazu stimrnt, dass das 
lakonische, wie auch das attische Prasiai am Meere 50 
liegen, und auch heute noch die Sfldspitze der 
Insel Rhodos, die durch einen schmalen, zeitweise 
vom Meere durehbrochenen Sandisthmus mit dem 
Hauptlande verbundene felsige Hohe, den Namen 
IIoaoovij<ii fiihrt. Vielleicht hat sich bier der 
antike Name erhalten; dem Demos wiirde dann 
wahrscheinlich das niichste Stuck der Ostkiiste 
in Richtimg auf das heutige Dorf Aayavia zu- 
zuteilen sein, da an der Westkuste der Demos 
Kattabiasehrnaheangrenzt; vgLHiller v. Gaert- 60 
ringen Athen. Mitt. XVIlT 1893, 388 und dar- 
nach H. Kiepert Formae orbis antiqui 1894 XII. 
Einen Mythos der Prasier, wonach die Korybanten 
Sohne des Helios und der Athena seien, berichtet 
Strabon in jenem synkretistischen Auszuge aus De- 
metrios von Skepsis (X 472 ; vgl. Selivanov a. a. O.). 
Freilich ist die Stelle nicht vOllig klar, und man 
mochte fast glauben, dass die rhodisch-kretische 



Sage von Kyrbas nicht von den rhodischen, son- 
dern vielmehr von den lakonischen Prasiern aus- 
genutzt worden ist, bei denen nach Paus. LTI 24, 
5 die drei Korybanten mit Athena auf einem Vor- 
gebirge zusammen dargestellt waren (Strab.: 
KvQfiaVTO. Se [KovQrjzwv] exoiqov 'Tegajivzvtjs ovta 
hxioxy/v traga xoig 'PoSloig jtaQaoxsiv Ttqicpaow 
toTs TlQaoiotg &axe Uyeiv, cog stsv Kogvjiarxsg 
dacfiovis xweg A&rjvag xal 'HXiov jxatdeg). Die 
versuchsweise Gleichsetzung von Brasos mit dem 
heutigeu Dorfe Istrios bei Selivanov Topogr. 
Karte 1 berubt nur auf dem Umstande, dass dort 
die Grabinschrift einer Bgaala gefunden ist (s. o.), 
und besagt nicht mehr als der Namensanklang 
dieses Dorfes an die 'Ioxdvioi, einen Demos von 
Kamiros. Eher wird man Istrios noch zum lin- 
dischen Demos Netteia rechnen konnen, dessen 
Nahe gesichert ist. [Hiller v. Gaertringen.] 

Brasslca s. Kohl. 

Bratananium (Bratananio Tab. Peut.), Ort 
in Raetien an der von Pons Aeni nach Arbor 
felix fuhrenden Strasse, zwisehen Isunisca (bei 
Helfendorf) und Abudiacum (bei Epfach). Momm- 
sen CIL III p. 737. [Ihm.] 

Brathy (to BqoM), heiliger Berg in Phoini- 
kien (Phil. Bybl. bei Euseb. praep. ev. I 10 = 
FHG III '566). B. bedeutet eigentlich Saben- 
baum (Plin. n. h. XXIV 102). Der vergotterte 
Berg ware also nach dem heiligen'Baum benannt, 
aber er hat vielleicht nur in der Phantasie von 
Philo existiert. Movers PhOnizier I 575. Bau- 
dissin Studien z. semit. Religionsgesch. II 197. 
247. _ _ _ [Cumont.] 

Brattea (dies, nicht braetea, ist die richtige 
Schreibart, Lachmann ad Lucr. IV 729; so auch 
die Inschriften) , griechisch xixalov CIA I 324 
C ii 35. 41 , bezeichnet zwar eigentlich diinnes 
Blech aus irgend welchem Metall (Silber, Plin. n. 
h. XXXVII 105; sogar diinne Holzfurniere, ebd. 
XVI 232), doch ist in der Regel Goldblech oder 
Blattgold gemeint, wie es namentlich zum Ver- 
golden (bratteare) gebraucht wurde. Das Gold 
eignete sich wegen seiner Weichheit besonders 
zur Herstellung sehr dfmner Platten: aus einer 
imcia (27,288 g.) machte man mehr als 750 B. 
von 4 Zoll (73,9 mm.) im Quadrat; die starkste 
Sorte nannte man Praenestinae, weil mit densel- 
ben die Statue der Fortuna in Praeneste vergoldet 
war, die nachststarksten fuhrten den unerklarten 
Namen qtmestoriae, Plin. n. h. XXXDII 61. Die 
diinnsten werden mit Spinneweben und Nebel ver- 
glichen, Lucr. IV 725. Mart. VIII 33, 15. Einen 
Goldschliiger , azirifex brattiarius , mit der In- 
schrift CIL VI 9210. zeigt ein Relief im Vatican, 
J ah n Sachs. Ber. 1861 Tf. VII 2. Blumner Tech- 
nol. IV 312. Collegium bratttariorum inaurato- 
rum CIL VI 95; brattiarius CIL VI 9211. Bull. 
com. 1888, 399. Man vergoldete mit solchen B. 
Wande und Decken, Plin. n. h. XXXIII 54. XXXVI 
114. Sen. ep. 115. 9. Sidon. ep. II 10; Mobel, 
Mart. VIII 33, 6; vgl. oben S. 372. Sidon. ep. 
VIII 8. Statuen: Plin. n. h. XXXIV 63. Iuv. 13, 
152. Clem. Alex. Protr. IV 52; Ornamente sil- 
berner Gefasse : Stephani C. R. 1881, 6. 139; 
ausserdem die verschiedensten Dinge, sogar die 
Mahnen der Lowen, Sen. ep. 41, 6. Zu den B, 
sind ferner zu rechnen die Blatter goldener Kranze 
(vgl. Verg. Aen. VI 209) und die Goldblattchen 



821 



Brattia 



Brauron 



822 



mit gestanzten Ornamenten, die auf Kleider ge- 
naht wurden und namentlich in den siidrussischen 
Grabern in grosser Zahl gefunden worden sind. 
Stephani C. R. passim, namentlich 1876, 121. 
139 Taf. III. 1877—1878, 41. Ant. du Bosph. 
Cimm. XXf. Jahn Sachs. Ber. 1861, 307. Blum- 
ner Technol. IV 230. 307ff. MarquardtPrivatl.2 
543, 10. 686, 1. [Mau.] 

Brattia (Plin. n. h. HI 152. Itin. Ant. p. 519. 
Tab. Peut. Geogr. Rav. 408, 2 Brazxia. Steph. 
Byz. BgeiTia, er sagt, dass sie von den Griechen 
'Elacpovaoa und Bgetravig genannt werde), grosse 
dalmatiniscbe Insel, jetzt Brazza (kroatisch Brae), 
reich an Ziegen (Plin.), Wein (vgl. CIL III 3093. 
3094 [10100. 10101]: Liberopatri) und trefflichem 
Kalkstein, der weit versendet wurde (CIL III 
10107. O. Hirschfeld Arch.-epigr. Mitt. IX 21). 
Daraus erklart sich das uberall auf der Insel her- 
vortretende rOmische Leben. Der Hauptort war, 
nach der grossen Zahl von Inschriften zu schliessen, 
das ietzige Skrip auf der Nordseite der Insel mit 
dem Hafen Splitska (CIL III 3092—3101 [10100 
—10103]. 10107-10109); auf der benachbarten 
Localitat Plate waren die Steinbriiche, die in Her- 
cules ihren Schutzpatron verehrten (CIL III 3092. 
10107) und, wie es scheint, unter staatlicher Con- 
trolle und militarischem Schutze standen (CIL III 
10107. 10109. Hirschfeld a. a. O.; der in CIL 
III 3096 genannte cent. eoh. I Belg. curagens 
theatfri) wird wohl nicht auf der Insel selbst ge- 
baut haben, sondern die Materialiengewinnung 
fur einen Theaterbau auf dem dalmatinischen 
Festlande iiberwacht haben). In dem verkehrreichen 
Skrip fand der Mithraskult leicht Eingang (CIL 
III 3095 [10102] = Cumont Textes et monu- 
ments figures relatifs aux mysteres de Mithra, inscr, 
nr. 312). Liber heisst hier CIL III 3092 (vgl. 10100) 
magnus pater Torchsis, vielleicht nach der be- 
nachbarten , siidlich von Lesina gelegenen, jetzt 
Torcola genannten Insel. Andere Fundstatten rS- 
mischer Altertiimer sind auf der Insel Postire 
(CIL in 3107. 3108. 10114), Pucisc-e (CIL III 
3102 [101041. 3103. 3104), S. Giovanni (CIL III 
6424 10105 . 10111. 10112), Bol (3105. 3106 
[p. 1646]. 6427 [10106]. 10110), S. Elias (13288. 
13291), S. Spirito (6425 [10105]), Dracevica (CIL 
III 10113), S. Michael bei Dol (13290) und Ne- 
rezisc'e (Neresi, CIL III 13289). Steph. Byz. nennt 
auf B. einen Fluss Bghnog, s. d. [Patsch.] 

Bratude (^oaxovde), Votivformel auf mehreren 
keltischen Inschriften, Ofter in Verbindung mit 
dede (— dedit), z. B. auf der vielbesprochenen 
Mutterinschrift von Nemausus CIL XII p. 383, 
1. 833 (Rhein. Jahrb. LXXXIII 122 nr. 115); 
die andern Inschriften CIL XII p. 383, 4. 5. 7. 
p. 820. 824. 127. nr. 5887. Holder Altcelt. 
Sprachschatz s. v. Erklart wird fSoatovbe von 
den Sprachforschern in der Rcgel mit ex imperio. 
ex decreto, ex iussu und ahnlich (solehe Formeln 
auf rSmischen Votivinschriften sehr haufig). Es 
diirfte zusammenzustellen sein mit oskisch /Sparaw 
(vgl. bratom, brat, auf Paeligner- und Vestiner- 
insehrift.) Z vetaief f Inscr. Oscae n. 143 : Inscr. Ital. 
med. nr. 9 und 33. Bugge Altital. Stud. 70. Wei- 
tere Litteratur Rhein. Jahrb. LXXXIII 9f. Frflher 
suehte man irrtiimlich in B. einen gallischen Orts- 
namen(SauppePhilologusXII 741). Vgl.ubrigens 
den Ortsnamen Bratuspantium. [Ihm.] 



Bratuspantium, Stadt der Bellovaci in Gallia 
Belgica, nur bei Caes. b. G. II 13 erwahnt. 
Nahere Lage unsicher. Vielleicht das spatere 
Caesaromagus (heut Beauvais). In Kieperts 
Atlas antiquus als das heutige Breteuil (dep. 
Oise) verzeichnet. Desjardins G^ogr. de la 
Gaule II 451. Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. 

[Ihm.] 
Bratzista (Bgdr^tata Procop. de aedif. 284, 

10 6), Castell im Bezirke von Naissus. W. Toma- 
schek Die alten Thraker II 2, 62. [Patsch,] 

Braroniuiu (die meisten Hss. Bravmium), 
Stadt der Ordoviker in Britannien an der Strasse 
von Muridunum nach Viroconium (Itin. Ant. 484, 8). 
Die Lage ist nicht ermittelt. Vgl. Brannoge- 
nium. [Hubner.] 

BraurOj Gemahlm desEdonenkonigs Pittakos, 
Thuk. IV 107. [Kirchner.] 

Brauron (Beavgcov), alte Ortschaft im Osten 

20Attikas, nach Steph. Byz. von einem Heros B. 
benannt, nach Philochoros (Strab. IX 397) eine 
der 12 Stadte des Kekrops (von denen Thorikos, 
B., Kytherros und Sphettos die 6'stliche Gruppe 
bilden) ; als xolig (urbs, oppidum) Schol. Aristoph. 
Fried. 874 (Pomp. Mela II 46. Plin. IV 24) be- 
zeichnet; irrig bei Steph. Byz. und Paus. I 23, 7 
als dfjuog. Die genauere Lage von B. folgt zu- 
nachst aus Strabons Ortsverzeiehnis von Sunion 
nordwarts (IX 399): Sunion, Thorikos, Potamos, 

30 Prasiai, Steiria, B., Halai Araphenides, Myrrhinus 
(vielmehr Myrrhinutte) , Probalinthos, Marathon. 
Die Nahe des Meeres bezeugen das Epitheton 
ay/Mog (Euphor. frg. 81) und die Erzahlungen 
Tiber den Weiberraub in B. durch die tyrrheni- 
schen Pelasger von Lemnos (Schol. Luc. Catapl. 1 
xaxaayovTeg elg BgavQwva; vgl. Herodot. VI 138 
u. a.) ; ferner floss hier (xaxa BqavQiava, Strab. IX 
371J der attische Erasinos. Da die Lage von Pra- 
siai und Steiria an der Bucht von Porto Rafti 

40 hinreichend gesichert ist, auch im Norden Halai 
Araphenides nur bei dem heut Haliki genannten 
Salzsee, unweit Rafina (Araphen, s. d.) gesucht 
werden kann , so muss der Erasinos das Fluss- 
chen sein, welches nach Vereinigung zweier Zu- 
fliisse durch das heut versumpfte Thai Livadi in 
die tief einschneidende , gegenwartig versandete 
Bucht nOrdlich von dem steilen Kustengebirge 
Perati miindet. Am oberen Lauf der Quellarme 
begegnen wir denn auch in den verfallenen Kloster- 

50 gehoften 'Ajidvoo oder Tla/.mu Bgaoiva (nOrdlich), 
und Kaxoi oder Kaivovqia B. (siidlich) ganz un- 
verkennbar dem alten Namen von B. Es unter- 
liegt keinem Zweifel, dass die noch heute quellen- 
reichen und zum Teil wohl angebauten Fluss- 
thaler (vgl. getidum Braurona bei Stat. Theb. 
XII 615) nebst Miindungsebene und Hafen das 
Hauptgebiet der alten, wie Thorikos, Prasiai u. a. m. 
dem Meere zugewandten Ortschaft bildeten. Da- 
neben muss in der alten Zeit politischer Selb- 

60 standigkeit der Machtbereich von B. ziemlich aus- 
gedehnt gewesen sein. Der philochoreischen Uber- 
lieferung von der ,Zw6lfstadt' (s. o.) scheint. die 
Vorstellung zu Grunde zu liegen, dass B. sich mit 
Thorikos in den ganzen Ostlichen Strich von Sunion 
bis in die Nahe der marathonischen Tetrapolis 
geteilt habe. Von derselben Auffassung diirfte die 
Notiz bei Hesych. s. AiaxQtXg • %d>oa r\ <Lto IldQ- 
rrj&og elg Boavoolva und selbst die Quelle des 



823 



Brauron 



Braui'onia 



Jrausamas (I 33, 1) Maga-Qmvog axs%ei rfj fAv 
BgavQwv abh&ngen. Endlich war wohl auch die 
Massregel des Kleisthenes noch gegen einen Best 
politischen Ubergewichtes von B. gerichtet, wenn 
er nicht einmal den alten Namen auf einen der 
neugeschaffenen Demen iibernahm, sondern die 
Hauptstatte nach dem hier angesiedelten Geschlecht 
der Philaiden (Plut. Sol. 10; vgl. Toepffer Att. 
Geneal. 269f.) benannte , die iibrigen Teile zu 
andern Demen derselben Phyle (Aigeis), vielleicht 
auch der Pandionis, zusammenfasste. 

So ragte aus hohem Altertum nur noch die 
Heiligkcit des von den Athenern als Staatskult 
weitergepflegten Dienstes der Artemis Brauronia 
in die historische Zeit hinein (woriiber Wernicke 
oben Bd. II S. 1381f.), deren Tempel eben im 
spateren Demos Philaidai lag (Schol. Aristoph 
Vog. 873) und deshalb mit Strabon (IX 399) von 
dem der Artemis Tauropolos (vgl. o. Bd. II S. 
13991) in Halai Araphenides zu scheiden ist. 
Wahrseheinlich hangen indes die verwandtschaft- 
Iichen Beziehungen der beiden Kultstatten und 
lhrer Legenden, die zu allerlei Verwechslungen 
gefiihrt haben, mit der oben angenommenen einsti- 
gen Ausdehnung des brauronisehen Gebietes tiber 
Halai und Araphen hinaus zusammen. Ausser 
den Artemisfesten wurden in B. auch pentaete- 
nsche Dionysien mit ausgelassener Feier begangen 
(Anstoph. Fried. 874f. und Schol. Aristot. 'A&tjv. 
noL 54. Suid. s. Bgavgcbvia; rhapsodische Vor- 
trage, Hesych. s. Bgavgcoviotg). 

Die Miindungsebene von B. weist an der ge- 
birgigen Kiistenseite nur von Norden her einen 
bequemeren Zugang auf (wahrend im Suden das 
steile Peratigebirge hart an das Meer tritt und 
nur auf seiner westlichen Seite durch das Thai 
von Ziorti eine Verbindung zwischen Porto Kafti 
und dem obern Livadi frei lassfc). Dort hiegt ein 
alter, durch Radspuren gekennzeichneter Weg an 
einer kleinen Passbefestigung, Eesten von Molen 
im Meer, an Steinbrucharbeiten und Grabhtigeln 
westwarts vorbei zu den Grundmauerspuren eines 
antiken Demos (Philaidai?) ein, die noch eine 
Fortsetzung im nordwestlichen Flussarm flnden. 
Sudlich davon, uber das versumpfte Mundungs- 
gebiet hinweg, erhebt sich bis zur Hohe von 46 m. 
em isolierter ca. 200 m. langer und bis zu 80 m. 
breiter Felsrucken mit westlichem Aufgang, den 
Resten einer Ringmauer und anderen antiken 
Spuren. Am Nordwestfusse desselben liegt auf 
emer Terrasse aus antiken Quadern die alte Kapelle 
des H. Georgios, daneben Griindungen im Felsen 
und eine Quelle mit zum Teil alter Fassung. 
Ohne Zvreifel haben wir es mit den Statten der 
alten Akropole von B. und eines hervorragenden 
Heiligtums zu thun. In erster Linie kommt natiir- 
hch Artemis selber in Betracht (so sehon Ross, 
der hier freilich Halai und die Tauropolos suchte). 
Nach Finlay bei Leake Demen z 72 hat sich 
hier sogar eine Weihinschrift auf Artemis gefun- 
den (Tiber andere Antikenfunde an dieser Steile 
wie im oberen Gebiet vgl. meine Zusammenstel- 
lungen Athen. Mitt. XH 291f.; dazu neuerdings 
.Mykemsche- Hohlengraber am Ostfuss des Burg- 
hflgels, Stais 'Ao x . 'E vw . 1895, 196f., durch 
dessen Ausgrabungen und weitere Beobachtungen 
die obige Annahme uber die Lage von B. be- 
statigt wird). Eine zweite Befestigung findet sich 



824 



noch 4 km. aufwarts uber dem Zusammcnfluss 
zweier Rhevmata des sfidlichen Baches. Also war 
das Thai wohl verwahrt. Nordlich davon Spuren 
und Graber eines anderen Demos. Alles Nahere 
ilber die alten Reste u. s. w. im Textheft III— VI 
der Karten v. Attika S. 7f. Die erste ausfuhrliche 
Beschreibung der Gegend gab Ross (Allg. Lit. 
Ztg. 1847, 809f. = Archaeol. Aufs. I 222; vgl. 
Lolling Athen. Mitt. IV 360, 1). Zur allge- 
lOmeinen Topographie vgl. noch Leake- Wester- 
mann Deraen 61f. Bursian Geogr. v. Grid. I 
34 8f. Loeper Athen. Mitt. XVII 360f. und meine 
Bemerkungen ebd. XVIII 292. [Milchhefer.] 

Brauronia. 1) Bgavgcovia, Epiklesis der Ar- 
temis von ihrem Kult in Brauron (Strab. IX 399. 
Paus. I 23, 7. Steph. Byz. s. Bgavgmv. Bekker 
Anecd. Graec. I 220). Der Kult der B. weist ver- 
schiedene Elemente auf, die vermutlich auf zwei 
getrennte Kulte zuriickgehen , auf den Kult der 
20 Artemis Iphigeneia im Demos Philaidai und den 
Kult der Artemis Tauropolos im Demos Halai 
Araphenides. Denn obgleich Strab. IX 399 die 
B. in Brauron (= Demos Philaidai, Loeper Athen. 
Mitt, XVII 860f.) von der Tauropolos in Halai 
Araphenides trennt, und obgleich auch die Verse 
des Euripid. Iph. Taur. 1450ff. 146 2ff. eine solche 
Trennung nicht miter alien Umstanden ausschlies- 
sen, scheinen doch heide genannten Kulte die 
Epiklesis B. fur sich in Anspruch genommen zu 
30 haben. Der Kult im Demos Philaidai, fiir welchen 
die Epiklesis B. durch Schol. Aristoph. Vog. 873 
bezeugt ist, gait einer Artemis Iphigeneia, welcher 
als GeburtsgOttin die Gewander verstorbener Wflch- 
nerinnen geweiht wurden (Eurip. Iph. Taur. 1466. 
Preller-Robert I 314, vgl. o. Bd. II S. 1381). 
Man erzahlte dann hier von der Iphigeneia (vgl. 
v. Wilamowitz Herm. XVIII 249ff.), Helena, 
die Tochter der Nemesis von Rhamnus und des 
Zeus, sei von Theseus geraubt und habe diesem 
40 die Iphigeneia geboren, die der Artemis verfallen 
war und ihr als Priesterin diente. Und so zeigte 
man auch ihr Grab daselbst (Eurip. Iph. Taur. 
1463f.). Spater trug man auch die bekannte Aga- 
memnonsage hierher und dichtete, Agamemnon 
habe die Iphigeneia nicht in Aulis, sondern in 
Brauron geopfert; Artemis habe eine Barin (daher 
der Brauch der agxxeta, s. o. Bd. II S. 1170) 
untergeschoben und Iphigeneia zur Gottin ge- 
macht; das Grab in Brauron sei also ein xerrjoiov; 
50Euphor. frg. 81. Phanodem. frg. 10 u. 11. Schol 
Aristoph. Lysistr. 645. Etym. M. 480, 17. 747, 
57. Nonn. XIII 186; vgl. v. Wilamowitz a. a. O. 
259ff. Der Kult im Demos Halai Araphenides 
gait der Artemis Tauropolos als einer Gflrtin der 
Stierzucht (Eurip. Iph. Taur. 1457ff. Strab. IX 
399. Kallim. in Dian. 173j und bewahrte die Er- 
innerung an alte Mensehenopfer. Ein Mann musste 
seinen Xacken dem Schwerte darbieten, bis Blut 
floss (Eurip. a. a. 0.). Die wichtigste Umgestal- 
00 tung erfuhr dieser Kult durch die Identrficierung 
der Tauropolos mit der ITag&evos Tavgixtj, indem 
nunmehr erzahlt wurde, Orestes und Iphigeneia 
hatten das Kultbild aus dem Taurerlande mit- 
gebracht, ein Mythus, den zuerst Euripides poe- 
tisch ausgestaltete; vgl. Robert Arch. Ztg. 1875, 
134. v. Wilamowitz Herm. XVIII 254. Mit 
Recht folgert Robert Archaeol. Marchen 144ff. 
aus Euripides, dass das alte Kultbild dieser Ar- 



825 



Brauronia 



Breierophara 



826 



temis Tauropolos zur Zeit des Dichters noch vor- 
handen war, und dass die Erzahlung bei Paus. I 
23, 7. 33, 1. IH 16, 7. VIII 46, 3 von der Ent- 
fiihrung dieses Bildes der Tauropolos B. durch 
die Perser eine spatere Erfindung ist, um die An- 
spriiche verschiedener Stadte auf das echte taurische 
Bild auszugleichen. Beruhmt war das Fest der 
B. in Brauron (s. Nr. 2), an welches sich auch 
die Sage kniipfte, dass lemnische Pelasger oder 
T}'rrhener attische Frauen,. die zu diesem Fest 
nach Brauron gekommen waren, raubten (Herodot. 
IV 145. VI 138. Philochoros frg. 6 bei Schol. 
Horn. H. I 594. Plut. quaest. graec. 21. Zenob. 
Ill 85), wobei auch das Kultbild entfuhrt sein 
sollte (Plut. virt. mulier. 8); vgl. Miiller Orchom. 
305f. Busolt Griech. Gesch. 1 185. Studniczka 
Kyrene 45ff. 51. 145. Von Brauron aus war der 
Kult der B. nach Athen selbst ubertragen; das 
Heiligtum, vermutlich eine Stiftiing der Peisi- 
stratiden (v. Wilamowitz Kydathen 128, 47. 
Robert Archaeol. Marchen 150), lag auf der 
Akropolis selbst, siidSstlich der Propylaeen, Paus. 
I 23, 7 , in der Inschrift CIA II 728 to B e av- 
gcovtov, in der Hypothes. zu Demosth. XXV rd 
Uqov xvvijyiatov genannt. tTber den Platz vgl. 
Hitzig-Bliimner Paus. I 260 und die dort ge- 
nannten Autoren. tiber die Kultbilder vgl. Jahn 
Mem. d. Inst. II 23. Michaelis Parthenon 313. 
Friederichs Praxiteles 98fF. Petersen Arch.- 
epigr. Mitt. V20. Studniczka Vermut. z. griech. 
Kunstgesch. 18ff. Furtwangler Meisterw. 553 
und insbcsondere .Robert Arch. Marchen 144ff. ; 
sicher ist, dass es ein altes Sitzbild und daneben 
eine stehend gebildete Statue des Praxiteles gab ; 
strittig ist, ob der altere oder der jiingere Praxi- 
teles der Verfertiger war, ob das in Inschriften 
genannte XlOivov i'Sog das alte oder das jiingere 
Bild ist, und ob man eine Nachbildung des praxi- 
telischen Werkes in der Artemis Colonna des Ber- 
liner Museums , in der Artemis von Gabii im 
Louvre oder etwa in der Darstellung einer Trink- 
schale (Kekul<5 Athen. Mitt. V 256 Taf. 10. 
G. Hirschfeld Arch. Ztg. 1873, 109. Robert 
a. a. 0. 159) erblicken darf. Aus den zahlreichen 
attischen Inschriften , in denen die B. erwiihnt 
wird (CIA I 273. II 646-737 0.),_geht hervor, 
dass ihr auf der Akropolis ebenso wie in Brauron 
von Frauen Gewander geweiht wurden ; daher auch 
die Epiklesis Xmbvrj (s. d.), Schol. Kallim. Art. 
225 ; Zeus 77. Uber die doxrela im Kult der B. 
s. o. Bd. II S. 1170. Uber das Fest s. !N T r. 2, 
Eine Sonderabhandlung uber die B. schrieb Su- 
chicr De Diana Brauronia, Marburg 1847. 

[Jessen.] 
2) Bgavgcovia, ein urspriinglich nur in Brauron 
zu Ehren der Artemis B. namentlieh von Frauen 
(Herod. VI 138) gefeiertes Fest, an dem auch 
rhapsodische Agone stattfanden (Hesych. s. Bgav- 
gnvioi;), welche sich Peisistratos als Vorbild der 
von ihm an den Panathenaeen eingefuhrten rhapso- 
dischen Wettkampfe genommen zu haben scheint. 
Es war ein penteterisches Fest, tiber dessen Aus- 
fiihrung die zehn [ego.-ioiol zu wachen hatten (Ari- 
stot. 'A{h]v. tcqL p. 60 , 11 Kaibel- v. Wilamo- 
witz. Pollux VIH 107. CIA n 729). Vor allem 
mussten an diesem Feste die jungen, zwischen 
fiinf und zehn Jahr alten, in krokosfarbene Kleider 
gehiillten attischen BiirgerstOchter, die den Namen 



agxtoi (vgl. Bd. II S. 1171) erhielten und als 
solche in dem Filial der Artemis B. auf der 
athenischen Burg dienten, ein feierliches Opfer 
darbringen (Schol. Aristoph. Lysistr. 645; vgl. 
Toepffer Quaestion. Pisistrateae 32 [Beitrage zur 
griecn. Altertumswissenschaft 25]). Dass dieHeleno- 
phorien ein Teil der B. gewesen sind, ist nirgends 
bezeugt (Kock FCA H 548). Fernzuhalten von 
ihnen ist auch jedenfalls das durch Schol. Ari- 
10 stoph. Eiren. 874 fiir die B. bezeugte, sehr aus- 
schweifende Dionysosfest , das hCchstens als ein 
hiissliches Kehrbild der fur Athens vornehmste 
Familien bestimmten B. bezeichnet werden kann. 
Dass die B. spater auch auf der Burg von Athen 
im Heiligtum der B. gefeiert werden, ist zwar un- 
bezeugt, aber hOchst wahrseheinlich. [Kern.] 

Brauronis (Bgavgowk), Beiwort der Artemis 
Tauropolos in Amphipolis, Antipat. Anth. Pal. 
VII 705. Bei alien Kulten der Tauropolos wurde 
20 in spaterer Zeit ein Zusammenhang mit dem alten 
Kult in Brauron herzustellen gesucht, s. Tauro- 
polos. [Jessen.] 

BraTum (Bqovov, einige Hss. Bgativov), Stadt 
der Murboger (oder Turmoger) im Norden von 
Hispania Tarraconensis (Ptol. H 6, 51); die Lage 
ist unbekannt. [Hubner.] 

Braxius s. Araxius. 

Brazia nennt Geogr. Rav. 408, 2 die dal- 
matinische Insel Brattia, s. d. [Patsch.] 
30 Bre (Bg£), Castell in der thrakischen Epar- 
chie Rhodope, von Iustinian I. angelegt, Prokop. 
aed. IV 11 p. 305. Zum Namen vgl. Brea. 

[Oberhummer.] 

Brea (Bgia), Stadt in Thrakien, wohin die 
Athener um 443 v. Chr. eine Colonie schickten. 
Theop. XXm 157. Steph. Byz. Kratin. fr. inc. 
56. Hesych. Theognost. p. 102, 20. CIA I 31. 
Dittenberger Syll. 12 und die dort angef. Lit.; 
zum Namen vgl. Bre und Tomaschek Die alt. 
40 Thrak. II 2, 62. [Oberhummer.] 

Brebate (Bgeflazrj), Castell in Nea Epeiros, 
von Iustinian I. angelegt, Prokop. aed. IV 4 p. 278. 
Vgl. Brebeta. [Oberhummer.] 

Brebeta (Bgs^eva), Castell in Nea Epeiros, 
von Iustinian I. erneuert, Prokop. aed. IV 4 p. 278. 
Vgl. Brebate. [Oberhummer.] 

Brectenus s. Brigomagenses. 

Bredas (BgsSag). Castell in der thrakischen 
Eparchie Haimimontos, von Iustinian I. ange- 
501egt, Prokop. aed. IV 11 p. 306. [Oberhummer.] 

Brediacum s. Betriacum. 

Bregedaba (Bgeyeddfia Procop. de aedif. 282, 
24), von Iustinian angelegtes Castell unweit von 
Bugaraca. W. Tomaschek Die alten Thraker II 
2, 63. [Patsch.] 

Bregetio s. Brigetio. 

Brcgmeni (jedenfalls Boey/itjvoi), nach Plin. 
n. h. V 126 ein zum Gerichtsbezirk von Pergamon 
gehflrige Volkerschaft Kleinasiens. [Biirchner.] 
60 Bregnana, Ort in Persien an der Strasse von 
Ekbatana nach Persepolis, Tab. Pent. Geogr. 
Rav. II 5. Nach Tomaschek (S.-Ber. Akad. 
Wien CII 171) lag der Ort im Bezirk Kohistan, 
dessen Reichtum an Metallen sogar in "dem Na- 
men der Stadt angedeutet sein soil: neupers. 
hiring ,Kupfer, Bronze'. [Weissbach.] 

Breierophara, Ort (mutatio) in Thrakien an 
der Via Egnatia je 10 Millien von Maximiano- 



827 



Breiseis 



Brendice 



828 



polis und Brendike, Itin. Hieros. 603. Jetzt Ird- 
schan, ostlich von Gumiirdschina. Tomaschek 
Thraker II 2, 62. Nach Kalopathakes Thraeia 
74 ist dieses B. gleich dem KeQeoxogyog der 
Eparchie Ehodope bei Hierokl. 635 {KegmoavQ- 
•yog bei Const. Porph. them. II 2) und dem Ktiqw- 
jzaga bei Prokop. aed. IV 11 p. 306; doch ge- 
hOrt letzteres zur Eparchie Haimimontos, wodurch 
die Gleichsetzung zweifelhaft erseheint. 

[Oberhummer.] 

Breiseis (Bgeioeig), Mysten des Dionysos Bri- 
seus in Smyrna, Inschrift beiLeBas-Wadding- 
ton 248 p. 360. [Escher.] 

Breisens s. Brisaios. 

Bremenium (Bgsfievtov) , eines der grossen 
Castelle nOrdlich vom Wall des Hadrian in Bri- 
tannien, im Gebiet der Otaliner, 12 Millien nCrd- 
lich von Corstopitum, bis wohin die Ostliche Haupt- 
strasse fiber Eburacum fuhrte (Ptol. II 3, 10. 
Itin. Ant. 464, 3. Geogr. Eav. 434, 13), dessen 
bedeutende Uberreste bei High-Rochester (frilher 
Rieche'ster) in Northumberland, unweit Alnwick 
(am Alaunafluss) aufgedeckt worden sind, an der 
o'stlichen Strasse, die vom Wall des Hadrian zu 
-dem des Antoninus fiihrtc. Es ist wahrscheinlich 
•erst unter Hadrian, wohl an der Stelle einer ein- 
heimischen Niederlassung, angelegt worden und 
war Standort verschiedener Legionsabteilungen 
und Cohorten, sowie eines numerns exploratorum 
Bremenimsium. Vgl. CIL VII p. 178f., wo die 
Inschrii'ten gesammelt sind. [Hiibner.] 

Bremetennacum (Itin. Ant. 481, 5 Breme- 
tonaci die besten Hss., Bremetonnaci der Vati- 
•canus; die Notit. Bremetenracum, der Geogr. Rav. 
431, 3 Bresnetenaci veteranorum) , Castell im 
Gebiet der Brigantes in Britamiien an der Strasse 
von Glanoventa nach Mediolannm. Auf einer in 
dem benachbarten Castell von Coccium (Eibchester) 
gefundenen Inschrift wird der numerus equitum 
Sarmatarum Bremetennfaeensiiim) genannt (CIL 
VII 218); die Notit. dign. occ. XL 54 setzt den 
cuneus Sarmatarum Bremetennaco (Bremeten- 
raeo die Hss.). Der Lage nach entspricht ihm 
Overborough an der von Maneunium nordwarts 
fuhrenden romischen Strasse. [Hiibner.] 

Bremia (die alteren Ausg. Brenna), Ort (der 
Siluren?) in Britannien, allein vom Geogr. Eav. 
427, 4 zwischen Isca und Glevum genannt, also 
in der Nahe des Sabrina aestuarium oder der 
Mundung des Severn in den Canal von Bristol 
zu suchen; doch scheint der Name nicht richtig 
Iiberliefert zu sein. [Hiibner.] 

Bremen [Bgsucor), Kreter, von Aineias ge- 
totet, Quint. Smyrn. XI 41. [Hoefer.] 

Bremse. Die Bremse (olorgos, tabanus bo- 
vinus, vgl. Aubert-Wimmer Aristot. Tierk. I 
168) entsteht nach Aristoteles aus den kleinen 
breiten Wurmern, welche auf der Oberflache der 
Fliisse laufen (Arist. hist. an. V 19 p. 138, 20B. 
Schol. Odyss. XXII 299), der ihr verwandte ftvoiy 
(Blindfiiege) entsteht aus verwesendem Holz (Arist. 
hist. an. V 19, 139 B). Er rechnete sie zu den 
Dipteren (Arist. hist. an. I 9, 19. Meyer Arist. 
Thierk. 218f.), weil sie mit ihrem Eussel stechen. 
Eine charakteristisehe Beschreibung beider In- 
sectenarten fehlt bei ihm; gelegentlich berichtet 
er, dass beide einen festen, bestachelten Etissel 
haben, welcher durch das Pell der Tiere hin- 



durchsteche (Arist. hist. an. IV 7, 98. IV 4, 92), 
und dass die Augen des /xvcoyi wassersichtig wer- 
den (Arist. V 20, 141). Die genauere Unter- 
scheidung beider B.-Arten ist das Verdienst des 
Sostratos, eines Arztes und Naturforschers der 
augusteischen Zeit (vgl. M. Wellmann Herm. 
XXVI 344f.), dessen Bericht aus den Schol. Apoll. 
Eh. I 1265. Schol. Theocr. VI 28. Schol. Odyss. 
XXII 299. Ael. n. a. IV 51. VI 37 zu reconstruie- 

lOren ist; vgl. Schol. Nic. Al. 160. Hes. s. /,ivo>y. 
Darnach gleicht die B. einer sehr grossen Fliege, 
hat einen hart en Kttrper, einen starken Stachel 
an dem Munde und giebt einen summenden Ton 
von sich , wahrend die Blindfiiege der Hunds- 
fliege (xvvofivta) gleicht, einen kleineren Sta- 
chel hat, aber starker summt. Die B. peinigen 
besonders die Binder und machen sie rasend 
(Schol. Apoll. Eh. Schol. Odyss. a. a. O.); schon 
Homer (Od. XXII 300) hatte die angstvolle 

20Plueht der Freier vor Odysseus mit der der 
Einder verglichen, welche im Hochsommer vor 
der B. fliichten. Die Io, welche von Hera in 
eine Kuh verwandelt war, wurde von einer B. 
in Easerei versetzt und durchirrte in diesem 
Zustande viele Lander und Meere, bis sie in 
Agypten Kuhe fand (Apoll. II 1, 3, 5f.). Am- 
pelos, der schone Geliebte des Dionysos, kam, 
weil er sich hatte hinreissen lassen, die Selene 
durch stolze Reden zu beleidigen, durch den Sturz 

30 vom Stiere urns Leben , den Selene durch eine 
Blindfiiege wild gemacht hatte (Nonnos XI 191f.). 
In beiden Sagen ist es die B., welche das Tier 
rasend macht und dadurch Unheil anrichtet. 
Dieser pbysische Vorgang ist von den Griechen 
beim Menschen auf das geistige Gebiet iibertragen 
worden und hat ihnen Anlass gegeben zur Per- 
sonification der wahnsinnigen, rasenden Wut (ol- 
ozgog), mit der die Gotter die Frevler strafen. 
In der erhaltenen Litteratur lasst sich diese Per- 

40 sonification nicht nachweisen (nach Poll. IV 149 
war der olazQog eine tragische Person), dagegen 
in der bildenden Kunst: am bekanntesten seine 
Darstellung auf der colossalen Prachtvase aus 
Apulien in Miinchen nr. 810 (vgl. Millin Tom- 
beaux de Canosa pi. VII— X) als Jtmgling dar- 
gestellt mit zvvei weissen Schlangen im Haar 

. und zwei Fackein in den Handen als Lenker des 
Wagens der Medeia, durch die Beischrift gesichert. 
Vgl. KSrte Ubcr Personificat. psych. AfFecte in 

50 der spiiteren Vasenmalerei , Berl. 1874, 6f. 38f. 

[SI. Wellmann.] 

Bremtonieum (Var. Brcntonicum , Bretto- 

nicum), Castell in territorio Trident ino bei Paul. 

Diac. hist. Langob. HI 31. Fraglich, ob iden- 

tisch mit Boittva Ptol. IH 1, 28." S. Bretina. 

[Ihm.] 
Bremusa (Bgiuovaa), Name einer Amazone. 
Quint. Smyrn. I 43. 247. [Toepffer.] 

Brenai (Boevac). thrakisches Volk, s. Beni. 

60 Brendesion s. Brundisium. 

Brendice (Itin. Ant. 322; Brixice ebd. 331; 
Beroxieha Itin. Hieros. 602 ; Brendiei Tab. Peut. 
VIII; Brentice Geogr. Eav. IV 6 p. 183; Br in- 
dict ebd. V 12 p. 373; Prindice Guido 108), 
Ort in Thrakien an der Via Egnatia, 21 (20) 
Millien von Porsulae, 12 (15) von Milolitum. 
Beim jetzigen Schabdschi Chane. Zum Namen 
vgl. Briantike. [Oberhummer.] 



829. 



Breniton 



Breseus 



830 



Breniton, Ort in Burgimdia beim Geogr. 
Eav. IV 26 p. 238, nach Pinder undParthey 
vielleicbt identisch mit Bergintram. [Dim.] 

Brennacus s. Brinnacus. 

Brenni s. Breuni. 

Brennos. 1) Gallischer Ffirst und Heer- 
fuhrer *) aus dem sonst unbekarmten Stamme der 
Prauser (Strab. IV 187). Er fuhrte 280 v. Chr. 
zusammen mit Akichorios einen Heerhaufen gegen 



wie erzahlt wird , riet B. selbst umzukehren, 
empfahl den Akichorios als Nachfolger und gab 
sich den Tod. Die Eeste seines Heeres vereinigten 
sich mit Akichorios, der dann das ganze Heer 
unter weiteren schweren Verlusten zurlickfiihrte 
(Iustin. XXIV 6, 7. DM. XXII 9. Paus. X 19. 
20. Polyaen. VII 35, 2. Val. Max. I 1 est. 9). 
Vgl. M. Contzen Die Wanderungen der Kelten 
190f. van Gelder Galatarum res in Graecia 



die Paeoner (Paus. X 19, 7) und erschien im fol- 10 et Asia gestae 34f. Droysen Hellenism. II 2, 
genden Jahre mit gewaltiger Macht, deren Zahl 347f. 



verschieden angegeben wird, um Makedonien und 
Hellas zu uberziehen (Iustin. XXIV 6. Paus. X 
19, 8f. Polyaen. VII 35, 1, vgl. Polyb. IV 46, 1. 
30, 3. 35, 4. Suid. s. raldzcu). In Makedonien 
wusste sich Sosthenes, der Strateg des keniglosen 
Landes, trotz einigen Niederlagen im ganzen er- 
folgreich zu verteidigen (Iustin. XXIV 6, 2. Diod. 
XXII 9. Euseb. chron. I p. 235 Sch.). B. zog 



2) Fiihrer der Gallier, die 390 (387) v. Chr. 
die ROmer an der Allia schlugen, Eom eroberten 
und dann gegen Zahlung einer Geldsumme ab- 
zogen. Er war es, der bei der Abwagung des 
Goldes sein Schwert in die Wagschale warf und 
das beruhmte vae victis sprach, Liv. V 38, 3. 48, 
8f. Plut. Cam. 17. 22. 28f. u. a. Stellen bei 
Schwegler Eom. Gesch. IH 261f. Der Name 



weiter nach Griechenland , durchzog Thessalien 20 erseheint erst in der jiingeren tlberlieferang der 



und kam an die Thermopylen , wo sich die be 
drohten mittelhellenischen Staaten zur Verteidi- 
gung sammelten, Lokrer, PhokieT, Boioter, Athener, 
Megareer und vor allem die Aitoler; auch die 
Konige Antigonos und Antiochos hatten einige 
Truppen gestellt. Vergebens versuchte B. den 
Eingang in den Pass zu erkampfen, ebenso konnte 
eine Abteilung, die er durch Thessalien gegen 
das innere Aitolien sandte, nicht durchdringen. 



livianischen Zeit. Polybios und Diodor kennen 
ihn nicht. Ohne Zweifel ist er erdichtet und aus 
der Geschichte des Angriffs der Kelten auf Delphi 
in die romischen Annalen verpflanzt; vgl. Momm- 
sen Rom. Forsch. II 303. tjber die Annahme, 
dass B. kein Eigenname sei, sondern den Heer- 
fuhrer bedeute, s. S. 829 Anm. 

3) Fiihrei; der in Asien pliindernden Gallier, 
von dem sich eine Anecdote nach dem Muster 



Aber es gelang ihm, die Thermopylen zu umgehen 30 der Tarpeiageschichte bei Plut. parallel, min. 15 



und ihre Besatzung zum Euckzuge zu nfitigen 
B. eilte mit den ' besten Truppen dem iibrigen 
Heere voran, das unter Akichorios nachfolgte, und 
erschien unerwartet vor Delphi, angeblich mit 
65 000 oder nach einem andern Bericht 40 000 
Mann. Da die Gallier ermfldet waren, so ward 
die unbefestigte Stadt nicht sogleich am Tage 
der Ankunft angegriffen, und die Verteidiger fanden 
Zeit, sich vorzubereiten und den Angriff der Gallier 



findet. Wie die Geschichte, so gehOrt auch der 
Mann der spatesten Dichtung an. [Niese.] 

Brenthe (B^Sv&tj), kleiner Ort in Arkadien 
zur Eechten des Weges von Gortys nach Megale- 
polis, von welchem Pausanias nur mehr Triimmer 
sah. Paus. VIII 28, 7. Steph. Byz. Er ist beim 
jetzigen Karytaena zu suchen. Curtius Pel. I 
349. Bur si an Geogr. II 241. [Oberhummer.] 

Brentheates (Bgsv&saT^g) , Techter Zufluss 



wirksam zu empfangen. Nicht unwahrscheinlich 40 des oberen Alpheios , 5 Stadien lang , nach dem 



ist, dass es dem B. wirklich gelang, in das Heilig- 
tnm einzudringen (Strab. IV 187. Liv. XXXVIII 
15, 16. Val. Max. I 1 est. 9, vgl. Foucart Ar- 
chives des missions scientifiques II 2 [1865] 208f.), 
aber der Angriff ward doch abgeschlagen , dank 
der Hfilfe der Gotter, die wie die Sage meldet, 
durch Erdbeben und Unwetter den Anstrengungen 
der Verteidiger zur Hiilfe kamen. Die immer zahl- 
reicher sich sammelnden Hellenen gingen selbst 
zum Angriff auf die Gallier fiber. B. wurde schwer 50 
verwundet ins Lager getragen. Da zugleich Mangel 
und die kalte Jahreszeit viele Gallier dahinraffte, 



*) Die Behauptung Friiherer (vgl. Niebuhr 
Eom. Gesch. 112 588, der sich auf Adelungs 
Mithridates beruft ; ferner M o m m s e n Eom. Gesch. 
16 331. Ad. Schmidt De fontibus veterum auct. 
in enarr. exped. Gallor. in Abh. z. Alt.-Gesch. 45f. 
u. a.) , dass .Brennos' nicht ein Name , sondern 
ein keltischer Titel im Sinne von Konig oder aim- 60 brisaeischen Nymphen. 



Ort Brenthe (s. d.) benannt, Paus. V 7, 1. Vin 
28, 7. Steph. Byz. s. Bgev&tj, wo die Hss. Bqsy- 
■dnixrjs geben. Curtius Pel. I 348f. 

[Oberhummer.] 

Brentice s. Brendice. 

Brentonicum s. Bremtonieum. 

Brentos (oder Bghrtig, Gen. Bgsvxov), Epo- 
nymos von BQevreaiov, Sohn des Herakles: Steph. 
Byz. und Et. M. s. Boevzeotov und Bgerzrjmov. 

[Tiimpel.] 

Breones s. Breuni. 

Brepos (Boe^og), Stadt in Gross-Armenien 
am Euphrat, Ptol. V 13, 12 (var. Boeaaog, vgl. 
Wilberg zu p. 358, 4). [Baumgartner.] 

Bresadas (Bgeoaiag), ein altboiotischer Per- 
sonenname, IGA 190; v. Wilamowitz Homer. 
Untersuch. 409 stellt den Stamm zusammen mit 
Breseus, Brisai. Tiimpelbei Roscher Mythol. Lex. 
I 2898 sieht in B. irrtumlich einen Namen der 

[Jessen.J 



rich sei, ist (nach einer freundlichen Mitteilung 
Heinrich Zimmers) sprachlieh durchaus unzu- 
lassig (vgl. jetzt auch A. Holder Altceltischer 
Sprachschatz 1896, 517f.). Damit fallt auch die 
von Schmidt a. O. und Contzen (D. Wande- 
rungen der Kelten 190ff.) vertretene willkurliche 
Identificierung von B. und Akichorios. 

[TJ. Wilcken.] 



Bresagenes (Botjoayevrjg), Epiklesis des Dio- 
nysos auf dem lesbischen Vorgebirge Bresa (spater 
Brisa, Bull. hell. IV 445). v. Wilamowitz-Moel- 
1 en dorff Homer. Untersuch. 409; vgl. Brisaios. 

[Jessen.] 

Brese {Bg^ot]) s. Brisa. 

Breseus (Bgrjoevg) und Bressaios (Bnrjoaaiog) 
s. Brisaios. 



831 



Bretina 



Brezecha 



832 



Bretina (Bohiva), Stadt ini Gebiet der Be- 
llini, Ptol. Ill 1, 28, heute Brentino an der Etsch. 
C. Miiller zu Ptol. a. 0. Nach Cluver lag 
oberhalb davon an demselben Ufer der Etsch das 
castrum Bremkmicum (s. d.), heute Brentonico 

[Ihm.] 

Bret(t)anos (BQtz(x)av6g, so auch im Etym. 
M. zu accentuieren), Vater der Keltine oder Kelto 
(s. d.), Stammvater der Britannier. Parthen. nan- 
am. 30 = Etym. M. 502, 45. 212, 30. 

[Knaack.] 

Brettia. 1) S. Brattia. 

2) Bosnia, Eponyme der mysischen Land- 
schaft Abrettene, Arrianos v. Nikomedia frg. 39 
aus Steph. Byz. s. 'A^qett^, FHG III 594. 

[Tiimpel.] 

Brettios (Bghztog) heisst bei Steph. Byz. ein 
Fluss auf Brattia; die Insel hat jetzt nur einen 
grosseren Bach, der sich auf ihrer Westseite bei 
LoziSc'e ins Meer ergiesst. [Patsch.] 

Brettonicum s. Bremtonicum. 

Brettos {Bghxog), Eponymos der tyrrhenischen 
Stadt, Sohn des Herakles und der Baletostochter 
Baletia, Antiochos frg. 5 aus Steph. Byz. (= Et. 
M.) s. Bqeztos, FHG I 182. [Tiimpel.] 

Breuci {Boevxoi), starker illyrischer Stamm 
zu beiden Seiten der Save in Pannonia inferior, 
westlich von Sirmium-Mitrovica (Plin. n. h. Ill 
147: Sous per Colapianos Breueosque defluit. 



Breyioduriim (Briviodorum Itin. Ant. 385; 
Brevoduro Tab. Pent.), Station an der von Cae- 
saromagus (Beauvais) iiber Ratumagus (Eouen) 
nach Gesoriacum (Boulogne-sur-mer) fiihrenden 
Strasse, zwischen Eatumagus und Iuliobona (Lille- 
bonne) gelegen. Nach d'Anville (Notice 173) 
Pont-Audemer, nach anderen anders. Desjardins 
Table de Peutinger 22. Vgl. Brivodurum. 

[Ihm.] 

10 Brevis. 1) Ort der Callaeker in Hispania 
Tarraconensis (Itin, Ant. 430, 6. Geogr. Eav. 
321, 5) an der Strasse von Bracara nach Lucus 
Augusti und weiter nach Asturica; wohl nicht in 
Erbo, sondern in Mellid zu suchen (nach Guerra 
Discurso a Saavedra 88). [Hiibner.] 

2) Brevis oder im Plural breves, griechisch 
figepiov (Athan. ap. c. Ar. 71 = Migne Gr. 25, 
376. Cod. lust. I 42, 1), heisst jede Art von Ver- 
zeichnis, ob es Personennamen (Athan. a. 0. Cod. 

20 Theod. XIII 5, 14, 2) oder Amter und Gewerbe 
enthiilt (Cod. Theod. VI 30, 7. XIII 4, 2), ebenso 
die Steuerrollen (Cod. Theod. XI 28, 13. XII 1, 
74 § 1. Nov. Val. 7, 1), die Inventare confiscierter 
Giiter (Cod. Theod. X 8, 2. 9, 2), die Listen privater 
(Cod. Theod. X 16, 3) oder dffentlicher Schuldner 
(Cod. Theod. XI 1, 13. 7, 1) u. dgl. m. Eine be- 
sondere Stelle unter diesen Verzeichnissen nehmen 
die quadrimenstrui breves ein, d. h. viermonat- 
liche Rechnungslegungen der Beamten, die Sffent- 



Strab. VII 314. Ptol. II 15, 3. Kiepert Formae 30 liche Gelder zu empfangen und zu' verwenden 



orbis antiqui XVII), der von Tiberius 12—10 
v. Chr. unterworfen wurde (Suet. Tib. 9. Momm- 
sen Mon. Ancyr.* 129; R. G. Vs 21), sich jedoch 
im J. 6 n. Chr. wieder erhob und an der ganzen 
Insurrection bis 9 n. Chr. durch seine Fuhrer Bato 
und Pinnes leitenden Anteil nahm , bis ersterer 
den letzteren den Romern auslieferte, zum Dank 
dafiir die Herrschaft ilber die B. erhielt, jedoch 
von dem Daesitiaten Bato getotet wurde (Dio 
LV 29ff. Vellei. II 11 Off. Mommsen CIL III 
p. 415; R. G. V3 35ff. Abraham Zur Geschichte 
der germ, und pann. Kriege, Berlin 1875. J. Jung 
Romer und Romanen in den Donaulandern 2 5f 
0. Hirschfeld Herm. XXV 351ff. A. Bauer 
AreL-epigr. Mitt. XVII 135ff.). In der Folgezeit 
wurden die B. sehr stark zum Kriegsdienste heran- 
gezogen, doch meint Mommsen Herm. XIX 48 
(Jung 64), dass in den acht colwrtes Breucorum 
(Mommsen Eph. ep. V p. 182; CIL III p. 2026. 



hatten (Cod. Theod. XI 25, 1. XII 1, 173 § 2. 6, 
27 § 1. Cass. var. XII 2, 6. Cod. lust. I 42). 
Ein Exemplar einer solchen Liste von Einnahmen 
und Ausgaben, die sich iiber die vier letzten 
Monate des J. 339/40 erstreckt, ist mis von 
einer DorfbehBrde des hermopolitanischen Gaues 
in Agypten erhalten (Agyptische Urkunden aus 
den koniglichen Museen zu Berlin I 21. Wes- 
sely XXII Jahresbericht d. k. k. Staatsgymna- 
40siums im 3. Bezirk von Wien S. 11. Seeck 
Deutsche Zeitschr. f. Geschichtswissenschaft XII 
290; Zeitschr. f. Social- u. Wirtschaftsgeschichte 
IV 295). Uber den Personalbestand des Senats 
und die Steuern seiner Mitglieder wurden alle drei 
Monate B. an den Kaiser durch den Praefectus 
urbis abgesandt (Symm. rel. 45. 46). [Seeck.] 

Brenni {Bgevvoi) , Volk im siidlichen Vinde- 
licien, Strab. IV 206 ol 6k OvivSohxol y.al Nco- 
qixoi ttjv sxzog xaQcbqeiav y.uxeyovot to rtXzoy 



.: o-^ Ser U Camp - oo} ! . rtlbus Eom - auxilia- 50 uexa Bqevvcov ual revavvwv ifciyxcov und w 



riis 27ff. Ruggiero Dizion. epigr. I 1026f 
II 325. A. Holder Altkeltisch. Sprachschatz 
s. Breuei) auch Contingente des unteren (ober- 
moesischen) Donaugebietes gedient haben. Da- 
neben kommen B. vor in der ala Pannonioruni 
iCIL III 4377. Eph. ep. V p. 238. Cichorius 
o. Bd. I S. 1255) und in der coh. I Pannonio- 
runi (Brambach 740. Eph. ep. V p. 243). Breu- 
eus erscheint auch als Personenname : Bram 



vavor die Hss.; vgl. Hor. od. IV 14, 9—10 mit 
Ps. Acron Brenni gentes Gallorum). Ptol. II 12, 
3 am Bsvlavroi ('? s. Benlauni), rixa Bgevvoi. 
Sie figurieren ferner unter den gentes Alpinae 
devietae der Alpeninschrift von Tropaea Augusti 
(La Turbia) bei Plin. n. h. Ill 137 ncben den 
Genaunes {caenaunes die Hss.); vgl. CIL V 7817. 
Desjardins Geogr. de la Gaule II 246 pi. V. 
Von Spateren erwahnen sie Flor. II 22 Breunos 



bach 740 Breiicits Blaedari f. miles ex coh. 760 Cennos atque Vindelicos fdaraus Iordan. Rom. 
Panno. nat. Brawns. [Patsch.] - ■ - - 

Breucomagus s. Brocomagus. 

Breves. 1) Stadt in Aithiopien, am rechten 
Ufer des Nils. Iuba bei Plin. n. h. VI 179. 

[Sethe.l 

2) s. Brevis Nr. 2. 

Breviarinm Alaricianum s. Lex Rom ana 
Wisigothorum. 



241 Breunos . . . Cennos atque Vindelicos). For- 
tunat. carm. praef. 4 Breonis. Cassiod. var. Ill 
Breones. Zeuss Die Deutschen 235. 237. 586. 
H. Mever Ztschr. f. Alt.-Wiss. 1843, 454. A. 
Jiiger S.-Ber. Akad. Wien 1863, 35 Iff. Holder 
Altcelt. Sprachsch. s. v. [Ihm.] 

Brezecha beim Geogr. Rav. IV 26 p. 231 = 
Brisiacus mons (s. d.), heut Altbreisach. [Dim.] 



833 



Briagontinus pagus 



Briareos 



834 



Briagontinus pagus. im Gebiete von Pla- 
centia, genannt auf der Tabula alimentaria Ve- 
leias, CIL XI 1147 (5, 74. 76). [Httlsen.] 

Briakchos {Bgiaxxog und Bglaxog). 1) Satyr- 
name auf mehreren Vasenbildern : Brit. Mus. 790. 
Berlin 2256 und Jahn Arch. Aufs. 142 (Heyde- 
mann Satyr- und Bakchennamen 35f.). 

2) Eine Bezeichnung fur Bakchantinnen, er- 
klart fj fiQiagecos (iaxxatovaa , Hesych. Sophocl. 
in Etym. M. 213, 26 (vgl. Roscher Curtius Stud. 
I 2, 122). [Wagner.] 

Briana (Bria), Stadt in Phrygien (Phrygia 
Pacatiana), Hierokl. 667, 7. Miinzen mit der Auf- 
schrift BPIANQN H e a d HN 560. In den Notitiae 
(I 359 u. a. St.) in der falschen Form "Ixoia er- 
wahnt. Cramer Asia min. II 55. Ramsay Asia 
min. 137. Vielleicht die Ruinen in der Nahe von 
Suretlii und Garbasan, Ramsay, Journ. hell. 
Stud. IV 407. [Rnge.] 

Briantike {BQiavTixrj) , hiess nach Her. VII 
108 (s. Bahr z. St.) eine fruher raMaiKrj ge- 
nannte Gegend in Thrakien am aegaeischen Meere, 
Samothrake gegentiber, wo auch Kikonen wohn- 
ten. Es ist offenbar dieselbe, welche Liv. XXXVIII 
41, 8 als Priatieus campus (bei Maroneia) be- 
zeichnet und wohl von dem bei Plin. n. h. IV 
41 erwahnten thrakischen VoUi der Priantae be- 
nannt war. Auch der Name des Ortes Brendice 
(s. d.) seheint damit zusammenzuhangen, da der- 
selbe in eben jener Gegend zu suchen ist. 

[Oberhummer.] 

Briareos (BQtagscog, bei Spateren auch Bgia- 
gev;; vgl. 'OfSoiaqews) , nach Homeros II. I 404 
in der Sprache der Menschen der Name fur den 
hunderthiindigen Aigaion (s. d. Nr. 1) von Aigaia- 
Karystos auf Euboia und Kyzikos. Ausserhalb dieser 
beiden Ortlichkeiten seheint wirklich der Name 
B. der gebrauchlichere im Volksmund gewesen 
zu sein. Man hat zu unterscheiden zwischen 
dem alleinstehenden und dem mit Kottos und 
Gyes in einer Dreiheit erscheinenden B. 1. a. Ho- 
mer. II. I 402 — 406 kennt nur einen von den Got- 
tern Aigaion genannten B., den Freund der The- 
tis und Heifer des Zeus im GOtteraufstand, bei 
dem er also auch im Meeresgrunde hausend zu 
denken ist: Schol. A v. 404 und AD v. 399: an- 
geblich als Sohn desPoseidon (s. AigaionNr. 1, a). 
Auch die kyklische Titanomachie (,Eumelos') 
nennt im frg. 2 in der Fassung der Eudokia p. 
91, 21ff. den B. als Heifer der Getter gegen die 
Titanen einen Sohn des Pontos und der Ge (aller- 
dings mit dem Zusatz: auch Kottos habe mit- 
gekampfti, wahrend die Fassung im Schol. Laur. 
Apoll. Shod. 11165 wohl richtiger Aigaion nennt 
als Bewohner des Meeres und Bundesgenossen 
der Titanen; vgl. Eudok. p. 29, 4. b. Bqioq^co 
attjlai (ohne Erwahnung von Kottos und Gyes) 
kennt als alteren Namen der Heraklessaulen , 
die erst nach dem Verschwinden des B. aus dem 
Gedachtnis der Menschen und seit Herakles Auf- 
treten nach diesem umgenannt worden seien, Ari- 
stoteles bei Aelian v. h. V 3. Nach Euphorion 
frg. 160 bei Charax von Pergamon frg. 16 aus 
Schol. Dion. Per. 64, FHG III 640 hiessen diese 
Saulen des B. ursprunglich auch Kqovov mrjlai 
(als Grenzpfahle seines Reiches). Auch das Schol. 
Pind. Nein. Ill 38 nennt den Xamen B. orif/.at 
neben dem anderen Aiyaioirog arij/.ai in einem 

Pauly-Wissowa III 



anonymen Versfragment, das Voss und Weichert 
der kyklischen Titanomachie, M. Mayer (Gigan- 
ten und Tit. 121, 159) dem Pindaros, andere 
dem Euphorion zuschreiben. Klearchos von Soloi 
frg. 56 aus Zenob. V 48, FHG II 320 zieht zur 
Erklarung des Sprichworts ofcog SIXog 'HQaxlijg, 
im Widerspruch mit den sonstigen Erklarern, den 
,B. genannten Herakles' bei. Dieser habe ein in 
Delphoi geraubtes Schatzkleinod als Siegeszeichen 

10 bei den sog. Heraklessaulen (!) aufgestellt (folgt der 
zweite oder tyrische Herakles). Eichtiger citiertaus 
demselben Fragmente eiijXai tov Bqioqeo) 'Hqol- 
xliovg bei Gadeira Tzetzes zu Lyk. 649, wo dem 
zweiten tyrischen noch der dritte" hellenische He- 
rakles, deutlicher vom ersten gesondert, nachfolgt ; 
vgl. Tzetzes Exeg. Iliad. 23, llff. (B. = der altere 
Herakles) und Hesych. s. Bqioqs<o cxijXai (= 'Hqol- 
xleioi). Nach Parthenios frg. 25 bei Schol. Dion. 
Per. 456, Meineke Anal. Alex. 278 ist der Name 

20 des aQxaTog B. an den Saulen durch Herakles 
getilgt. c. Bgidgso) nal&jMu hiessen die beim 
arjfia Alyalcovog am kyzikenischen Rhyndakos her- 
vorsprudelnden hundert Quellen, Arrianos v. Ni- 
komedia frg. 42 aus Eustath. H. I 997 p. 123, 35, 
FHG III 594f. — Eudokia p. 140. Luc. Tarrhaios 
bei Schol. Apollon. Rhod. 1 1165. d. Als Giganten 
kennt, wiederum allein, und unter dem Aitneberg, 
den B. Kallimachos H. Del. 143 (vgl. dazu unter 
2, Dcmetrios v. Kallatia). e. Auch als Schieds- 

30richter zwischen Poseidon und Helios im Streit 
um den Besitz von Korinthos steht B. allein im 
Xoyog Kogir&lcov bei Paus. II 1, 6, vgl. II 46 = 
Dio Chrysost. or. 37, 457 M. Er gab dem Po- 
seidon den Isthmos, dem Helios Akrokorinthos. 
f. Bruder (einziger) der Titania Euboia ist B. 
bei Hesych. s. Tizavida. g. Im Kult von Karystos 
nennt Solin 11 den B., wo der Name Aigaions mehr 
berechtigt ist (s. u. Aigaion Nr. 1). 2. Nie ge- 
nannt ist (mit alleiniger Ausnahme van Serv. Aen. 

40 X 565) Aigaion, wo B. mit den zwei wesensgleichen 
Briidern Kottos und Gyes zu einer Dreiheit ent- 
faltet ist ; so in der kyklischen Theogonie bei Phot, 
bibl. 319 a Bkk. = Apollod. Bibl. I 1, If. und 
in der hesiodischen Theogonie, wo die drei rie- 
senstarken und ubermiitigen funfzigkOpfigen Heka- 
toncheiren (ovx droftaoroi) als Bruder des Kyklo- 
pen dem Uranos von Gaie geboren werden (147). 
Der Vater aber barg sie aus zornigem Neid auf 
ihr Ubermass von Kraft und Grosse (617 — 620) 

50sofort in der Erdtiefe (bis 159) und band sie mit 
gewaltigen Fesseln an der aussersten Erdgrenze 
(618ff.). Recht wohl also kSnnte Uranos wegen 
v. 617—620 auch verstanden werden unter dem 
an Kraft von sein em Sohne flberbotenen unge- 
nannten Vater des B.-Aigaion in der Ilias I 
404, in dem Aristarchos und Didymos den Po- 
seidon erkennen wollten. Zeus aber und die 
anderen Kroniden fuhrten sie wieder ans Tages- 
licht, um ihre Hfllfe gegen die Titanen, zu haben 

60 (624). Im Tltanenkampfe schleudert B. und seine 
Bruder 300 FelsenblOcke; sie zwingen die Tita- 
nen unter die Erde hinab und binden sie mit 
gewaltigen Fesseln (717ff.), werden auch von Zeus 
als ewige Wachter an den von Poseidon verfertig- 
ten Thoren des unterirdischen Gefangnisses ein- 
gesetzt (730ff. 617 und 634 Vfigidgcwg). Platon 
Euthydem. 299 c stellt ihn mit Geryoneus zu- 
sammen als Beispiel eines Kriegers, der eine 

27 



835 



Bribila 



Brief 



836 



ungewChnliche Anzahl von Waffen zum Kampfe 
braucht. B. steht also hier zusammenfassend zu- 
gleich fiir Kottos und fives mit. 

Kleitodemos 'E^yrjtixov frg. 19 aus Suidas und 
Et. M. s. TeiToizdroets, FHG 1 363 identiflciert B., 
Gyes und Kottos mit den attischen Tritopatores, 
die auch Philochoros frg. 3 aus Phot. 443, FHG 
I 384 als Sohne der Ge und des Uranos (frg. 2 
= Helios = Apollon) nennt. Demetrios von 
Kallatia frg. 4 aus Schol. Theokr. I 65, FHG 
IV 381 hat B. als einen der (3?) Kyklopen (!) 
zum Vater der Aitne und des Sikanos gemacht; 
die Fassung desselben Fragments im Schol. Apoll. 
Ehod. I 1165 (wo Demetrios KviSiog durch 
v. Wilamowitz bei Gaede Scepsii quae super- 
sunt 58, 93 in Kallnziavos gebessert ist) nennt 
dagegen allgemein den fiv&og ngos xbv Alyalmva 
statt des B. Hygin. fab. p. 9, 19 Schm. macht B. und 
Gyes (Kottos ist ausgefallen) in einem allerdings 
corrupten Teste als Kinder des Aether und der Terra 
gar zu Titanen (!). SprichwOrtlich gilt B. als 
xazcuzsXrag xax X6y%ag ia&icav und Typus unwider- 
stehlicher Kampftiichtigkeit bei Timokles ("Hemes 
frg. 12, CAF II 457 Kock) und Poseidippos (^o- 
Qtvovoai frg. 26, a. 0. HI 342 Kock) aus Athen. 
VI 224a und 376 f, jener im Vergleich mit De- 
mosthenes. Plutarchos amic. multit. 6 tadelt 
die zwecklosige GeMssigkeit der 50 yaoztQeg und 
100 xs'Qes una vergleicht im Marcellus 16f. mit 
B. den Archimedes, der sitzend (wie II. I 406} 
vom Ufer aus feindliche Schiffe ansteckte una 
mit hundert Geschossen und hundert Handen die 
RBmer wie ungliickliche ■&sofia^ovvtag veijagte ; 
vgl. Eustath. II. I 397ff. p. 123, 47ff. Allgemeiner 
Gregor. Nazian. or. XVIH 290 d. Apostol. II 98 
(wo Kottos mit eingeschlossen ist). Die urspriing- 
lich ungeheuerlich gedachte Gestalt (s. Art. Heka- 
toncheires und Cheirogastores) weieht all- 
mahlich (s. o. Id) dem Gigantentypus. Bei Ovid 
fast. HI 796 (offenbar nach hellenistischer Dichtung) 
tfltet B. mit einem Beile ein Ungeheuer. Im 
Gigantenkampf gegen die Gotter erscheint B. bei 
Apoll. Sidon. carm. VI 25 getrennt von Aigaion, 
der sonst regelrnassig genannt zu werden pflegt 
(Apollod. I 6, 2, Hs. rQaticova, corr. Gale; auf 
der Vase des Erginos und Aristophanes {A£)yaio)v 
Wieseler und Furtwangler; auf dem Per- 
gamen. Zeusaltar Puchstein S.-Ber. Akad. Berl. 
1889, 21f.). [TfimpeLJ 

Bribila, corrupter Stationsname an der Via 
Latina, Geogr. Bav. IV 33 p. 275 = ad Bivium, 
s, d. [Hulsen.] 

Bricca vicus, heute wahrscheinlich Breches 
(Indre-et-Loire, arrond. Tours), bei Greg. Tur. 
Franc. X 31, 4. Longnon Geogr. de la Gaule 
au Vie siecle 264. Holder Altcelt. Sprachschatz 
s. v. [Ihm.] 

Bricia, Gottin, im Verein mit dem Lussoius 
(Luxovius) angerufen auf einer Inschrift von Lu- 
xeuil [Lusjsoio et Briciae Dinxtius Constans 
v. s. I. m., Memoires de la soc. d. antiquaires 
de France XXVI 1862, 24ff. (vgl. Bulletin mo- 
numental XLV 645). Damit identisch ist offen- 
bar die Gottin Brixia auf der in einer Hs. von 
Luxeuil erhaltenen Votivinschrift Luxovio et Bri- 
xiae G. "ul(ius) Firma[n]us v. s. I. m., Caylus 
Recueil d'ant. HI 366 = Orelli2024; vgl. De 
Rossi Inscr. christ. II p. 42f. Luxovius, von 



dem der Ort seinen Namen hat (oder umge- 
kehrt), und B. seheinen die Quellgottheiten der 
Thermen von Luxeuil zu sein. Holder Altcelt. 
Sprachsch. s. Brixia vergleicht den Flussnamen 
Breuchin (Brgche) und die Ortsnamen Breuches 
und Breuchotte (bei Luxeuil). Vgl. Art. Luxo- 
vius und Roschers Lexikon II 2163. [Dim.] 

Bricianii, Yolkerschaft, erwahnt auf der im 
Gebiet der Cottischen Alpen gefundenen Inschrift 
10 CIL XII 80. Wohl identisch mit den Brigiani 
(s. d.). Vgl. auch Brigomagenses. [Dim.] 

Bricilonnum, Ort bei Greg. Tur. mir. Mart. 
4, 23, heute wie es scheint Brulon (dep. Sarthe, 
arrond. La Fl£che). Longnon Ge*ogr. de la Gaule 
au VI e siecle 618f. Holder Altcelt. Sprachschatz 
s. v. [Him.] 

Brlcteri s. Bructeri. 

Bridania, Ortschaft der vorderindischen Po- 
ruaroi zwischen der Yamuna und dem Vindhya- 
20 gebirge Ostlich von den Bolingai, Ptol. VII 1, 70. 
Brindaban, Feste und Wallfahrtsort an der Ya- 
muna nSrdlich von Mathura, liegt zu weit ab; 
Yule vergleicht das heutige Bardawad am Nord- 
abhang des Vindhya auf der Strasse nach Indore; 
alles unsicher. [Tomaschek.] 

Bridas (BglSag, BglSavzos), Ortbeilasos inKa- 
rien, Bull. hell. V 497, 498. [Burchner.] 

Brief, griechisch yodufiaxa, yoau[iaxiov, ovy- 
yQafifjia, oder (vom Material) SsXtog, Selxtov u. s. w., 
30 oder (mit der Nebenbedeutung des Formlichen, 
daher auch als Litteraturwerk) emozokr), imozo- 
Xtov; lateinisch litterae, tabulae, tabellae, epistida; 
im Zusammenhang auch mva£, ftij&lov und ahn- 
lich oharta, codicilli, libellus. Er enthalt an 
Entfernte gerichtete schriftliche Auftrage und 
Nachrichten zum Ersatz miindlicher Mitteilungen 
durch Boten und beschrankte sich in altester Zeit 
natiirlich auf Falle, wo die mttndliche Botschaft 
nieht auszureichen schien. Nachst den Aufzeich- 
40 nungen zur Unterstiitzung des eigenen Gedacht- 
nisses zeigte sich im B. wohl die friiheste Ver- 
wendung der Schreibkunst fiir private Zwecke; 
bei den Griechen betrifft sogar die Stelle, welche 
zuerst Kenntnis der Schrift verrat, einen B. (Horn. 
II. VI 168ff. in der Bellerophonepisode). Dieser 
war so geschrieben, wie man vermutlich B. bei 
Phoinikern gesehen hatte, auf zusammengelegten 
Holztafeln (ev jilvaxi nvuxxca), also bereits in der 
Form, welche zum Teil und mit unwesentlichen 
50 Anderungen die B. bis zum Ausgang des Alter- 
tums beibehalten haben. Bei den Agyptern spielte 
das B.-Wesen eine sehr grosse Rofie (s. Ad. Er- 
man Agypten 165ff. 653f.) und war offenbar sehr 
alt. In Keilsehrift sind viele B. erhalten (vgl. 
Frd. Delitzsch Zur assvr.-babyl. Brieflitt., Bei- 
trasje z. Assyr. I 185ff. und H 19ff. Br. Meiss- 
ner Altbab. Briefe, ebd. II 557ff.). Im Alt«n 
Testament betrifft die friiheste Erwahnung eines 
B. , namlich Davids an Joab wegen des Unas 
60 (Sam. II 11, 14f.), einen ahnlichen Fall wie der 
bei Homer a. O. Neben der geschlossenen Form 
des B., welche in jenem ersten Falle schon durch 
den Inhalt gefordert war, wurden in alter Zeit 
kurze Kachrichten fiir Entfernte den Boten in den 
Bast ihres Wanderstockes ionvtai^) geschnitten 
zur Erganzung und Sicherang des ihnen miind- 
lich gewordenen Auftrages (s. K. Dziatzko Zwei 
Beitrage z. Keimtu. d. ant. Buchwesens [1892] 






837 



Brief 



Brief 



838 



5ff.). Aus dieser Sitte hat Bich in Sparta die 
"besondere Art der Geheimcorrespondenz entwickelt, 
die aus Plut. Lys. 19. Gell. XVII 9, 6ff. u. a. St. 
bekannt ist (s. Dziatzko a. O. 5). Die Haupt- 
form der B. wurde indes zunachst die der zu- 
sammengelegten Holztafelchen (s. o. ; auch dipty- 
eha, triptyeha, polyptyeha genannt), deren innere 
vertiefte Seite mit Wachs uberzogen war (s. Di- 
ptychon, Schreib taf el). Sie wurden mit einem 
Eaden umwickelt und zugebunden (ovvMv, ob- 10 
ligare) und die Enden gesiegelt (xaTaatj^aivea&at, 
otpQayl&iv, signare, con- oder obsignare) mittels 
der in Wachs (pdlfta , att. giitoe), Thon, Pech 
(Plaut. Poen. 837) oder Siegelerde (creta asia- 
tiea) eingedriickten oipQaylg (daxzvXtog, sigillum, 
anulus) des Absenders, dessen Bild sich haufig 
auf dem Siegel befand (Plaut. Ps. 56. Ovid, ex 
P. H 10, If.; vgl. Cic. Cat. IH 10). Als neben 
dem Holz das billigere Papier von der Byblos- 
pflanze aufkam, welches auch die Schrift sicherer 20 
und lesbarer bewahrte, wurde dieses bald vor- 
zugsweise als Material fiir B. verwendet (bei Hero- 
dot steht meist schon flifiUav fiir B., I 123, 4 
u. s. oft, dsXrlov VII 239, 4) ; es wurde in gleicher 
Vfeise behandelt (s. V. Gardthausen Griech. 
Pal. 54ff.), indem das Chartablatt gefaltet oder 
gerollt und in der Mitte mit einem Faden um- 
schniirt wurde; Abbildungen s. Mus. Borb. XIV 
tav. A. B = Niccolini Le case di Pomp. I, 
casa di Lucr. tav. 1 n. 4. Not. et extr. XVIII 30 
2 pi. 46. Mon. d. Inst. IV 21). Dass fiir B. 
regelmassig pi[SUov (fitpMSiov), nicht f)ifS/ios, ge- 
sagt wurde, ist bei dem geringen Umfang der 
B. natiirlich (s. Th. Birt D. ant. Buchw. 20f.). 
Die Holztafelchen blieben auf den B.-Vfechsel 
fiber geringfiigige Dinge zwischen nahen Ange- 
hOrigen und intimen Bekannten beschrankt und 
wanderten in der Regel vom Empfanger an den 
Schreiber mit der Antwort zuriick ; vgl. z. B. Prop. 
IV 23, Iff. Ergo tarn doetae nobis periere to- 40 
bellae . . . lias quondam nostris manibus detri- 
verat usus. Fest. 359 tahellis 'pro ehartis ute- 
bantur antiqui, quibus ultro citro, sive priva- 
tim sine publiee opus erat, certiores absentes 
faciebant. Augustin. ep. 15, 1 = vol. II p. 19 
Maur. sed tabellas, si quae ibi nostrae sunt, 
propter httiusmodi necessitates mittas peto). Fiir 
amtliehe Zwecke seheinen gerade tabellae als B. 
sich lange im Gebrauch erhalten zu haben (z. B. 
Cic. Cat. HI 10). Von ihnen hatten der tabel- 50 
larius, B.-Bote (s. u.) und die naves tabellariae, 
Postschiffe (Sen. ep. 77, 1) ihren Namen. Doch 
war charta fiir B. , die man in den Handen der 
Adressaten lassen wollte, auch bei den Romern 
frahzeitig das gewflhnliche ; s. z. B. Cic. ep. VH 
18, 2. Catull. 35, 2. Ovid, trist, IV 7, 7. Plin. 
n. h. XHI 88 (cur . . . Homerus. . . Bellerophonti 
codicillos datos , non epishdas tradiderit? , vgl. 
auch Marquardt-Mau Pr.-Leben I 2 811, 3). 
In der Kaiserzeit war fiir B. der Vornehmen eine 60 
besonders feine Sorte des Papiers im Gebrauch 
(Plin. n. h. XDH 80 Augustae in epistulis auc- 
toritas relicta), die fiir vielbenutzte Bucher zu 
dunn war. Charta epistolaris ist auch bei Mart. 
XIV 11 genannt. Pergainent, bezw. Leder (Si- 
qpftsQa) war fiir B. durchaus ausser Gebrauch (vgl. 
Birt a. O. 61f., der auch den von Jos. ant. Xn 55ff. 
erwahnten Brief Eleazars an Ptolemaios Philadel- 






phos nicht ausnehmen durfte) ; jedoch von dem der 
Inder an Augustus wird das Gegenteil berichtet 
(Strab. XV 719). Es war fiir den voriibergehen- 
den Gebrauch zu dauerhaft und in der Regel 
wohl nicht ansehnlich genug, konnte auch nicht 
massenhaft produciert werden. Erst gegen Aus- 
gang des Altertums flng man in theologischen 
Kreisen an, sich iiber diese Sitte wegzusetzen, 
wenn Charta fehlte; vgl. Hier. ep. VII 2 (op. 
I 1 col. 18 Vail.: chartam defuisse nonputo..., 
utpenuria chartae pellibus pensaretwr) und Augu- 
stin. ep. 15, 1 (op. II 19 Maur.: non haec epistola 
sic inopiam chartae indicat, ut membranas sal- 
tern abundare testetur . . . . tu enim kuic pelli- 
cular facilius ignosces). Der Faden, welcher zum 
Verschluss diente, wurde zuweilen der groeseren 
Vorsicht halber durch das gerollte Papier hin- 
durchgezogen, bevor man ihn umwickelte (Front, 
ad M. Caes. I 8 p. 24 Nab. versus . . , ita remisi: 
chartam diligenter lino transui et ita linum 
obsignavi, ne museulus iste aliquid aliqua ri- 
mari possit). Die tabellae seheinen unter Um- 
standen fiir diesen Zweck bereits in der Mitte 
durchlechert gewesen zu sein, vgl. in Mus. Borb. 
XIV tav. 31 und tav. A. B die offenen Diptycha. 
Gleichwohl wussten geschickteFalscher alle Sicher- 
heitsmassregeln zu vereiteln (Lucian. Ales. 19ff.). 
Haufig bediente man sich auch der Sicherheit halber 
einer verabredeten Geheimschrift (s. C. Iul. Vict. 
Rhet. lat. inin. p. 448). Bei raschem und haufigem 
B.-Verkehr, der iiberdies nicht besondere Vorsicht 
erheischte, unterblieb auch die Siegelung (Prop. 
IV 23, 3f. usus, qui non signatas [tabellas] iussit 
habere fidem). 

Gleich den Urkunden waren die B., anders 
als Bucher, in der Regel iiber die Breite des 
ganzen Blattes (transversa charta) geschrieben; 
Caesar soil nach Suet. Caes. 56 zuerst seinen B. 
(epistulae) an den Senat in Bezug auf Columnen- 
einteilung das Aussehen von Bucherrollen gegeben 
haben (ad paginas et formam memorialis Itbelli), 
was aber natiirlich nur bei umfangreichen B. ge- 
schehen konnte. Die Aussenseite des geschlossenen 
B. trug, wenn sie nicht leer blieb, entweder nur 
den Namen des Adressaten im Dativ, selten mit 
dem des Bestimmungsortes ; z. B. Griech. Urk. d. 
Berlin. Mus. I (1895) nr. 33 'Axo/loovta> X to5 via 
(vgl. nr. 246. 2482. 326 ». 332). nr. 37 Stoto^ti 
Atowvtf els rr/v vfjoov z . . . ; vgl. Cic. ad Att. 
VIH 5, 2 fastietdum qui est M' Curio inscrip- 
tus. Oder es findet sich daneben auch der Name 
des Absenders, mit naqa, Sao, ab und Ahnlichem 
eingefiihrt; z. B. Gr. Urk. I nr. 27 'Ajiohvagifiai ?) 
X (Lto Elorjvalov adcAtpov. nr. 93 'Afiovzi ovsrgavqi 
yfai'oety) xfaoaj Hzo).(i(j(aiov) vlov (vgl. nr. 261^. 
276. 351); s. auch Plut. Dio 31 und vgL Gardt- 
hausen a. O. 56. Dass dies aber die Ausnahme 
war, zeigt z. B. Ovid, trist. IV 7, 7f. (a, quotiens 
alicui chartae sua vincula dempsi, illam speravi 
nomen habere tuum!). 

Der Inhalt der eigentlichen B. entsprach wie 
noch heute dem, was raumlich nahe Personen sich 
mimdlich zu sagen haben; nur lasst die Wahl 
des umstandlichen schriftlichen Weges eine ge- 
wisse Wichtigkeit voraussetzen , die vom Schrei- 
benden dem Inhalt beigelegt wird. Da mit dem 
B. jemand den andern gewissermassen aufsucht 
und ihn nach erfolgter Aussprache wieder verlasst, 



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Brief 



Brief 



840 



so ergiebt sich daraus die Form der Abfassung 
eines B. von selbst: er beginnt und schliesst mit 
einem Grusse; der erstere ist zugleich, da die per- 
sonliche Erkennung fehlt, stets mit der Nennung 
der Namen verbunden. Der Name des Schreibers 
im Nominativ und der des Adressaten im Dativ, 
ausnahmsweise auch in umgekehrter Folge (der 
Schreiber im Nominativ oder mit zxaga im Genetiv), 
sind durch die Grussformel xalosiv , jioXXa oder 

jxXeloxa %o.Iqeiv, sv ngdxxeiv und ahnliche (zu er- 10 
ganzen Xsyei oder Xsyovmr), lat. salutem (mit oder 
ohne plurimam) dieit, abgekurzt S. D. (oder S. 
P. D.), verbunden. Letzteres tritt meist zwischen 
die beiden Namen, das einfache Sal. oder S. (ohne 
dieit) stent aber Mnter dem Dativ; iibrigens 
scheint selbst dieses Wort unter nahen Bekannten 
mitunter zu fehlen. Der Name des Adressaten 
ist um so ausfubrlicher, d. h. formlicher, behandelt, 
je weniger dieser dem B.- Schreiber persSnlich 
nahesteht; z. B. Gr. Urk. Berl. I nr. 2 'AnoXXo- 20 
(pavi [t]({> xai SaQCUiaft/j-oivi. oxQfaxrjyqi) 'Apoi- 
(vottov) 'H()(axXei8ov) /ifeJoiSos jzaga 'Egievrog 
u. s. w. ; lat. M. Cicero imp. s. d. M. Caelio 
aedili cur. (Cic. fam. II 12), Cicero Attico sal. 
(Cic. ad Att. I 1). In fOrmlichen B. schliessen 
sich weitere Honichkeitswendungen an, die ur- 
sprttnglich Ausdruck der Herzlichkeit waren; z. B. 
Gr. Urk. Berl. I nr. 27 ... nod 8ia ji[a]vxog 

EVftOftal oe vyisvev xal [iyo) 1 )] avxog vydvo); latei- 

nisch S. v. b. e. e. v. (Si vales, bene est; ego 30 
valeo) und Ahnliches. Am Ende des B. kehrt in 
der Regel ein Abschiedsgruss wieder : griechisch 
evxvzei, k"(>QO)0o, eQQtoaftal as evxopat, bezw. der 
Plural; lateinisch vale, euro, ut valeas , tu me 
diliges et valebis (Cic. fam. IX 22), etiam atque 
etiam vale (ebd. IX 24) und Ahnliches ; Ovid. tr. 
V 13, 33f. quo semper fmitur epistula verbo . . . 
vale; vgl. auch Gardthausen a. 0. 365f. Doch 
fehlen diese Formeln oft auch, wenigstens in den 
Hs. Zuletzt kommt , zumal in wichtigeren und 40 
formlichen B., die Angabe der Zeit (d. = dabam.. .) 
und des Ortes (ex . . .), wann und von wo der B. 
abgegangen sei. 

Vielbeschaftigte Personen, namentlich solche 
in effentlicher Stellung, und Behorden liessen ihre 
Corresponded ganz oder zum Teil durch Sclaven 
oder Freigelassene besorgen: va tuaxoXCov, im- 
oxol.oyQatpoi; , ixioio/.evg , ab epistulis, a litteris 
und Ahnliches; ixioxoXoyodyog war in Agypten 
der Name eines hohen Hofamtes (s. Am. Peyron50 
Pap. gr. I, Turin 1826, 63f. und G. Ad. Deiss- 
raann Bibelstudien [1895] 212, 7). Der Apostel 
Paulus fiigte ad Kol. 4, 18 seinem Hirten-B. 
wenigstens einen eigenhiindigen Gruss bei (6 aoxao- 
fidg xfj tfxfj zeiol IJavXov xxX.), wobei an die Regel 
des C. Iulius Victor (Rh. lat. min. p. 448 Halm) zu 
erinnern ist : Observabant veteres harissimis sua 
manu scribere rcl phirimum subseribere. Die 
BefOrderung der B. , die man , wenn es mehrere 
waren, in Bundel (fasciculi) mit Aufsehriften ver- 60 
einigte (vgl. Cic. ad Att. Vm 5, 2), erfolgte zu- 
nachst durch eigene Sclaven der Absender (ser- 
tus a pedibus Cic. ad Att. VDTI 5, 1 ; tabellarius 
Cic. Phil. II 71; ad Att. IX 12, 1 und sonst 
oft ; epistolarius Salv. de gubem. V 30 ; griechisch 
'/QUfifiaTotpogos , ixtazoXiafpogog oder kmoio'l.rjtfo- 
qog; gelegentlich eeleripes [Schnelllaufer] bei 
Cic. ad Att, IX 7, 1 zur Besorgung von B.). Oder 



man gab sie Bekannten oder Kaufleuten zur Weiter- 
gabe mit. Besondere Posteinrichtungen wurden 
erst in der Kaiserzeit getroffen (s. Post). 

Uber die B. als Litteraturgattung vgl. beson- 
ders Ant. Westermann De epistolarum scriptor. 
graecis p. I— VHI, Lips. 1851ff. J. F. Marcks- 
Symbola crit. ad epistolographos gr., Bonn 1883. 
Frz. Susemihl Gesch. d. gr. Litt. in d. Alex.- 
Zeit II (1892) 579ff. G. Ad. Deissmann a. O. 
187ff. (Prolegomena zu den biblischen Briefen 
u. Episteln). C. Czwalina De epist. actorum- 
que, quae a script, h. Aug. proferuntur, fide atque 
auct. p. I, Bonn 1870. Teuffel-Schwabe Gesch. 
d. rom. Litt. 5 (1890) § 46 ; und im allgemeinen 
W. Ad. Becker Gallus 113 (1863) 392ff. Mar- 
quardt-Mau Priv.-Leb. 12 (1886) 811. 

Urspriinglich gab es natiirlich nur eigent- 
licheB., irgend einem Bedflrfnis des wirklichen 
Lebens dienend. Sie kann man in Privat-B. 
und offentliche B. einteilen, beide Arten ohne 
Zweifel sehr alt (auch Cic. p. Flacc. 37 unter- 
scheidet publicae und privatae litterae ; C. Jul. 
Vict. a. 0. p. 447 epistulae negotiates und fami- 
liares). Obwohl die ersteren der Zahl nach jeder- 
zeit weitaus iiberwiegen, sind von ihnen, da die 
B.-Empfanger in der Eegel nur kurze Zeit einen 
Grund haben konnten, sie aufzubewahren , zum 
Teil nur zufallig Proben erhalten in den aus dem 
Schutt Agyptens ausgegrabenen zahlreichen Pa- 
pyrusresten, vorwiegend in griechischer, koptischer 
oder arabischer Sprache. Sie sind zerstreut in 
den grossen Museen und in Privatsammlungen und 
werden von diesen mit Auswahl verOffentlicht ; zu 
vgl. besonders: Papyri gr. r. Taurin. mus. ed. Am. 
Peyron I (1826). Papiri gr.-eg. ed. G. Petret- 
tini (Vienna 1826). Papyri gr. ed. Leemanns 
2 Bde. (Lugd. Bat. 1843-85). Greek pap. in the Brit. 
Mus. Cat. w. texts ed. F. G. Ken yon; Facsim. 
(London 1893). Agypt. Urkunden aus d. K. Mus. 
zuBerlin. Griech. Urk.I.II (1895f.). Corpus papyr. 
Raineri, vol. II (Kopt), Wien 1895. Die Eeste 
der griechischen B. reichen bis ins 3. Jhdt. v. Chr. 
zuriick. stammen vielfach von Leuten geringen 
Standes und bieten, wie alle eigentlichen Privat- 
B. einer vergangenen Zeit, grosses kulturhistori- 
sches, auch sprachhehes Interesse. Trotz der Diirf- 
tigkeit ihres Inhalts und aller Uncbenheiten in 
Ausdruck und Rechtschreibung haben sie den Vor- 
zug, unmittelbaren Einblick in das Innere langst 
verstorbener Menschen zu gestatten, die Kenntnis 
lebender Personen alter Zeiten gewissermassen zu 
ersetzen (Demetr. de eloc. 227 p. 13 Herch. o%e86v 
yao rixova ty.aotog tfjg savrov yjv%ijc ygatpet xrjv 
L-itoTO/.r/v " xal eoxt fihv xai «£ a/J.ov Xoyov jxav- 
xog ISsTv xo rj&og xov yoarpovxog , e^ oiosvdg 8s 
ovxwg (b; ixwxoXrjg). Riihrten solche eigentliche 
B. von bedeutenden PersCnlichkeiten her, nament- 
lich solchen, die auf geistigem Gebiete oder wegen 
ihrer hohen Stellung im Lehen allgemeines An- 
sehen genossen, so kamen die Adressaten leicht 
dazu, die B. zn sammeln, aufzubewahren und zu 
vererben. Im Original oder in Abschriften wur- 
den sie zunachst im FreundSskreise weiter ver- 
breitet und auf diesem Wege selbst zu einem wert- 
vollen Bestandteil der Litteratur. Berichtet wird 
aus der griechischen Litteratur von verschiedenen 
solcher B.-Sammlungen, die ihrer Zeit eine Rolle 
spielten, z. B. von den B. des Aristoteles (s. Suser 



841 



Brief 



Brief 



842 



mihl LI 580, 17), indes hat sich aus der alteren 
Zeit nur wenig sicher oder wahrscheinlich Echtes 
erhalten. Echt sind wohl mehrere B. des Iso- 
krates (vgl. v. Wilamowitz Arist. u. Athen II 
391ff.) ; weiteres bei Susemihl a. 0.; auch A. 
M. Zumetikos De Aleiandri Olympiadisque 
•epistul. font, et reliq., Berol. 1894. Im Lateini- 
schen haben wir vor allem Ciceros epist. famil. 
{16 B.), ad Quint, fratrem (3 B.), ad Brutum (2 



Graec. c. 1 und Clem. Alex, strom. 1 16. Die 
erhaltenen griechischen B.-Sammlungen sind zu- 
letzt herausgegehen von R. Hercher Epistolo- 
graphi gr. (Paris 1873) ; besprochen sind die alteren 
von Susemihl H 579fF. 

Die eigentlichen B. offen tli chen Charakters, 
die als Gattung sehr alt sind, erfuhren wegen 
ihres urkundlichen Wertes, den sie haufig in mehr 
oder weniger wichtigen Angelegenheiten hatten, 



B.) und ad Atticum (16 B.). Letztere kannte 10 friihzeitig dauernde Aufbewahrung in Privat- 



Nepos (Att. 16, 3) noch unverSffentlicht in 11 
volumina im Original (s. Fr. Leo Misc. Cic, 
Gotting. 1892, 3ff. und Nachr. Gott. Ges. 1895, 
442ff.) oder vielleicht in einer Privatabschrift ; er 
lobte sie als vorztigliche Quelle der Zeitgeschichte. 
Erst viel spater, aber vor Sen. suas. I 5, wurden 
sie veraffentlicht. Das RecM dazu hatte der 
Empfanger ohne Zweifel, insofern das dominium, 
Tiber den B. auf ihn iiberging, falls der Schreiber 



handen oder an fiffentlichen sicheren Stellen, 
namentlich in Archiven (s. d.) und Bibliotheken 
(s. o. S. 423). Sie gewannen dadurch historische, 
wenn auch nicht notwendig litterarische Bedeu- 
tung. Auch solche B. wurden friih untergeschoben, 
entweder als angebliche Beweisstucke in Offent- 
lichen Angelegenheiten oder von Geschichtschrei- 
bern und Rednern zur Beleuchtung und Belebung 
ihrer Erzahlungen. Doch ist man geneigt, den 



es sich nicht ausdrucklich vorbehalten hatte (s. 20 B. und Urkunden, welche bei diesen Autoren sich 



Dziatzko Rh. Mus. XLIX 574). Richtig wird 
von Demetr. de eloc. 224 (p. 13 Herch.) der B. 
, gewissermassen' als .Geschenk' bezeichnet, und 
Cicero Phil. II 7 verurteilt die VerOffentlichung 
vertraulicher Privat-B. nur als schweren Verstoss 
gegen den Anstand (vgl. J. Kohler Jherings Jahrb. 
f. Dogm. XVIII 272). Sicher ist aber auch, dass 
der Autor selbst unter Umstanden die Heraus- 
gabe eigener B. besorgte (vgl. R. Graefenhain 



finden, im ganzen mehr Glauhen beizumessen, als 
den Reden. Ausfiihrlich handelt von solchen B. 
mit Anfiihrung von Beispielen Fronto ad Aur. 
Caes. nip. 126 Nab. Eine besondere Klasse 
der untergeschobenen B., welche denSchein eigent- 
licher B. erwecken sollen, sind die fingierten 
Privat-B. in Dramen und historischen Werken. In 
ersteren iiberwiegt der private, in letzteren der 
offenthche B. Beispiele bieten die griechischen 



De more libr. dedic, Marburg 1892, 39f.). Fcst- 30 wiedieromischenDramatiker(s.Plaut.Bacch.734ff. 



zuhalten ist jedenfalls bei der letztbezeichneten 
Art von B., dass ihre. Schreiber wohl haufig von 
vorn herein, was bei den meisten B. Ciceros an 
Atticus freilich nicht gilt, mit der Moglichkeit 
rechneten, ihre B. wurden weitergegeben werden, 
und dass sie deshalb weniger frei sich aussprachen 
(Cic. fam. XV 21, 4 aliter enirn scribimus quod 
eos solos quibus mittimus, aliter quod multos 
leeturos putamus). Von Ciceros epist. ad famil. 



997ff. ; Cure. 429ff. ; Pers. 501ff. ; Pseud. 41ff. 998ff.). 
Zu beurteilen sind sie lediglich als Teile litte- 
rarischer Kunstproducte. 

Ganz anderer Art sind die uneigentlichen 
Briefe, die eine besondere Gattung der Littera- 
tur bilden, die litterarische Epistel, lehrhaft 
oder unterhaltend , in welcher der Autor nur 
die Form des B.s entlehnt, um in ihr zwangs- 
los vor dem grosseren Publikum sein Thema he- 



ist dies wenigstens zum Teil anzunehmen. Des- 40 handeln zu konnen. Sie hat Isid. VI 12, 1 im 



halb ist auch bei den an eine Mehrzahl von Per- 
sonen gerichteten B., selbst wenn sie eigentliche 
B. , auf Grund bestimmter Anliisse geschrieben 
und nur fiir die Adressaten bestimmt sind, zuzu- 
geben, dass sie, je nach der Individualitat des 
Schreibers, mehr das fiir die Mehrheit Bedeutungs- 
volle hervorheben und von der Unbefangenheit 
des reinen Privat-B. einbflssen. Das Interesse, 
das solche Privat- oder Gemeinde-B. bei Lebzeiten 



Sinne bei seiner Beobachtung ; Quaedam genera 
librorum apud gentiles certis modulis conficie- 
bantur : breviore forma earmina atque epistolae. 
Mit dem untergeschobenen und dem fingierten 
Privat-B. teilt die Epistel den litterarischen End- 
zweck. Fast immer wird in ihr ein schonwissen- 
schaftliches, historisches oder sociales, selten ein 
gelehrtes Thema behandelt. Denn wenn der Autor 
der leichteren Form wegen sie statt der Abhand- 



und noch nach dem Tode ihrer Schreiber erreg- 50 lung wahlt, muss der Gegenstand dementsprechend 



ten, fuhrte dazu, gefalschte B. ihnen unterzu- 
schieben oder beizumischen ; auch zur Ubung wur- 
den B. beriihmter Manner mit fingierten Anlassen 
in Rhetorenschulen angefertigt und gelangten 
spater zum Teil in die Reihe der echten. Da bei 
diesen der litterarische Zweck von Anfang an fest- 
steht, fallen sie im Grunde nicht unter den Be- 
griff der eigentlichen B. , die ja stets aus dem 
bestiminten Bediirfnis einer Aussprache gegen Ab- 



fiir ein grOsseres Publikum passend gewahlt sein. 
Sie tritt im poetischen Gewande wie in Prosa 
auf. Ubrigens sind auch in gebundener Form 
unter Umstanden B. als eigentliche zu bezeichnen, 
wenn sie nach Inhalt und Absicht des Schreiben- 
den nur fiir die Lecture bestimmter Personen be- 
rechnet sind. Fur Hor. epist. lib. I gilt dies 
sicher vom grOssten Teile (vgl. z. B. ep. I 13; s. 
auch 20, 5 non ita nutritus liber); indes ist 



wesende hervorgehen, sondern mehr unter den der 60 fiir das Altertum die Unterscheidung solcher B., 



litterarischen Epistel (s. spater). Beispiele sind 
die B. des Phalaris, deren Unechtheit R. Bent- 
ley erwiesen hat (Diss. up. the epist. of Phal. 
1699 ; deutsch von W. Ribbeck 1857). Eine der 
altesten historischen Personen, welcher man bei 
den Griechen B. unterschob, scheint Atossa ge- 
wesen zu sein; wenigstens wird sie von Hellani- 
kos als Erfinderin der B. genannt bei Tatian. c. 



da das Merkmal des Druckes fehlte, schwierig. 
Beispiele von litterarischen B. giebt es seit Ari- 
stoteles und Epikur viele; besonders durch die 
Alexandrinerentwickelte sich diese Gattung. Auch 
bei den Romero war sie sehr beliebt (Lucilius, 
der altere Cato u, s, w.). Die drei Briefe von 
Hor. ep. II, Ovids Briefe es Ponto, die des Seneca 
und des jiingeren Plinius gehSren unter anderen 



843 



Brigaecium 



dazu. Zu unterscheiden ist hier wieder zwischen 
B. an bestimmte lebende Personen, an welche die 
B. zunachst gerichtet sind, weil ihr Inhalt sie 
vor alien beriihrt, und B. an fingierte Adressaten, 
Verstorbene, Appellativbegriffe, mythische PersOn- 
hchkeiten. Zur Kategorie der letztbezeichneten 
B. gehoren z. B. die Atria des Kallimachos und 
Ovids 20 Heroiden. 

Endlich ist es bei der offenbar sehr frtihen und 



auseedehnten R SMWW ' a T-i ,„ , . . „' uen er aen wome m lange Zeit bin- 

SSS^S^^ »«"»*. «* seine Grenzen linaus auch 



einfach = B.) erkliirlich, dass die B.-Form Einfluss 
auch auf andere Schriftgattungen gewann. In Wid- 
mungen und Verwiinschungen sowie in amtlichen 
Bekanntmachungen der verschiedensten Art, bei 
denen eine Person mit einem Anliegen oder einer 
Mitteilung zu Entfernten in Verbindung zu treten 
wiinscht, lasst sich die Nachahmung der Form und 
Sprache von B. verfolgen. Vgl. 0. Karlowa Uber 
d. in Briefform ergangenen Erlasse riim. Kaiser, 



Brigantia 844 

Aestuarium des Belisama, also wohl durch die ganze- 
Breite der Insel hindurch, nordlich bis zum Gfrenz- 
walle des Antoninus und Severus reichte (Tac 
ann. Xn 32; hist, in 45. Iuv. XIV 196. Ptol. II 
3, 10) und somit den grossten Teil von Yorkshire, 
ganz Lancasshire, Durham, Westmooreland, Cum- 
berland und den siidlicheren Teil von Northumber- 
land bewohnte. Der Name scheint wegen des 
Schreckens, den er den Eomern lange Zeit hin- 



auf benachbarte Stamme ausgedehnt worden zu 
sein. Vielleicht zerfiel das Volk in mehrere, je- 
doch von einem Konige beherrsehte Stamme (Tac. 
Agr. a. a. 0.), zu denen vielleicht die Coritani t 
Cornavii und Parisii (s. d.) gehorten. Die Haupt- 
stadt -war Eburacum (s. d.), das heutige York. 
Auf einer unweit des schottischen Walls gefun- 
denen Soldateninschrift wird ein Niotovelius f(%- 
lius) Vindicis natione Brigans erwahnt, der in der 



N Heii Jahrb VTnRQfiVcM ite i\u a- xTn Z ' ™ , 7 T v r lrmw ™ nacwne ungans erwahnt, der in der 
::? ^ v tl ' 1896 ), 211 *■ UberdieB.-Gattung 20 coh. II Tkraeum militavit (CIL VII 1091) Ein 
und ihr Verhaltms zu dem in manchm- Hin H ip>i+. 7™i„^„v.iw„i.^.:.i..iL.._ ^ „", } : ^ m 



und ihr Verhaltms zu dem in mancher Hinsicht 
verwandten Dialoge handeln die alten Theoretiker 
zum Teil sehr eingehend (Herchers Epist. p. 1— 
16 und in zweekmassiger Weise Khet. lat. min. 
ed. Halm p. 447ft [aus C. Iul. Victor] und 589; 
vgl. auch Deissmann a. 0. 190ff. 227). Deme- 
trius unterscheidet 21 (Hercher p. Iff.), Proclus 
sogar 41 (Hercher p. 7) Typen der B., wobei ihr 
Zweck das massgebende ist. Sehr bezeichnend 



j — ■•- w» -v ^vj.« w j. j. j. yi/ij, mill 

Z weig des Volkes hatte sich auch an der Siidostspitze 
Hiberniens (d. i. Irlands) um den Fluss Birgus 
her (im heutigen Weiford) angesiedelt (Ptol. II 
2, 8). In England und im sudh'chen Schottland 
flnden sich Weihungen an die Gottin Brigantia 
(s. d. Nr. 2), in Yorkshire eine deo s(ancto) Berganti 
gesetzte (Ephem epigr. VII 920). [Hiibner.] 

2) = Brygai, s. Bryges. 

Brigantia. 1) Bgtyavzia, s. Brigantio 



eonr ofidia rig Eyyga/xfiazog axovxos XQog ajiovra lacus. 



yivofisvn xai ZQeubfy axojiov lxaX ve ovoa, s S sT 
Ss rig h avrfj &ne S $v mxQwv rig nQog jrapovra. 
Freihch gilt die Ahnlichkeit der B. mit dem Dia- 
log vor allem nur hinsichtlich der Unbefangen- 
heit und dem genus der Rede, wahrend sonst die 
B. mehr von der Berichterstattung an sich haben, 
was sich auch in dem bekannten hauflgen Gebrauche 
des Praeteritums (im Latein) aussert fur Hand- 



lune-en und 7, Jt«^o TIV- a o I " a " u " ? acn mucn ueutscne Stammsitze 43) die ,er- 
iTi™ ^ Z . us , tan £ e ' die fur den Schreibenden 40 habene, erlauchte' (nicht die .bergbewohnende') 

gegenwartie Sind. Sodann rtinac tier R T, rt /.V, #„;„„. o:» -i. '_.... j_...,. T ^ , "« ,"<=ibuewouiieime;. 



2) Britannische Gettin, wohl die Gottin des 
Volkes der Brigantes (d. h. Bergbewohner, von 
kelt. brig = Berg, Hiigel, Gluck Kelt. Namen 
126ff.), nach Holder Altcelt. Sprachsch. s. v. 
Sp. 536 ,inselceltische Gottin der Wissenschaften 
und Kunste, Gfittermutter in Irland, spater mit 
der Heiligen des gleichen Namens vermengt' (?), 
nach Much (Deutsche Stammsitze 43) die ,er- 



gegenwartig sind. Sodann muss der B. noch feiner 
individualisiert sein als der Dialog (Demetr. x. 
sQ/i. 224 [Hercher p. 13] M ya G vnoxcneoxsvde&at 
xwg (lallov zov dialoyov zrjv smoToAqv). 

. [Dziatzko.] 

Brigaecium, Stadt Asturiens in Hispania 

larraconensis {Brigaecini Astures Flor. II 33 

56; BQiyaimov, B 6 iyaixivoL Ptol. II 6, 29) an 

der Strasse von Asturica nach Caesaraugusta (Itin 



Ant 4SQ 8 ^tn 9 r.- "" ^ oalau s uol '» l^""'- J3rigant(mej ttavertield Archaeol. Journal 



Brtgicon): wohl keltischen Ursprungs. Die Lage 
ist mcht festgesteUt; die alteren Autoren dachten 
an CastnUon und Benavente, Guerra (Discurso 
a Saavedra 88) an Villabrazaro , wegen der ver- 
memthchen Namensahnlichkeit. Ein Brigiae- 
cmus (so) I wird in einer Inschrift von Tarraco 
(LiL 11 6094) genannt ; ausserdem Matres Bri- 
giafejcae (CIL H 6338 b). rHiibnerl 

Brigai s. Bryges. 



Sie ist nur durch Inschriften bekannt. Auf dem 
im J. 205 geweihten Altar von Greetland (im 
Territorium der Brigantes) CTL VII 200 wird sie 
mit Victoria identificiert : D(eae) Vietforiae) Bri- 
gfantiae) et Num (inibus) A(u)g(ustorum) etc., 
ebenso auf dem in Wood Nook bei Castleford 
(SouthYorkshire) gefundenen Stein, dessen schlechte 
Buchstaben auf spate Zeit weisen, Deae Victoriae 
Brigant(im) (Haverfield Archaeol. Journal 



Brig, bezeichnet sie die verschollene Inschrift 
von Cumberland CIL VII 875. Deae Brigantiae 
sind geweiht das Altarchen von Adel (bei Leeds) 
CIL VII 203 und eine kurzlich in South Shields 
gefundene Inschrift, deren Dedicant den kelti- 
schen Namen Congennicus ffihrt (The Academy 
1895, 342, daraus Kevue celtique XVI 1895, 
259); Brigantiae endlich weihte ein Architekt 



ij-jX™..!*- " ^ ° V rr , •. . Namens Amandus den in Birrens bei Middlebv 

*JE ^s^v^iiefcht M?i?b er ^ e,t - s P ra f- 60 ! efundenen an- CIL ^ i«s; J^S 

tEawJU" aZt%2 ^ ^.^r. 6 (?) , des d « .^en Buchstaben wegen dem 2. Jhdt. zu- 



t-i. u- v " A ~~~~~" "■•"»«" .ucuiauie (?) ues 
thrakischen Gottes Ero(n) auf der stadtrOmischen 
Inschrift CIL VI 2807. (Thm.] 

Brigantes (Bgiyavrts ) , das machtigste und 
ansgebreitetste Volk des mittleren Britannien 
(beneca apocol. 12 v. 28f. eaeruleos scuta Bri- 
garUas. Tac Agr. 17. 31), das im Norden art. 
hen von der Miindung des Abus und westhch vom 



guten tiuchstaben wegen 
weist. Die Reliefdarstellung, die diesen Stein 
schmuckt, charakterisiert die Gottin als Victoria 
(femina alata stans, capite galeam turritam 
et foliis ornatam, d&stra hastam, sinistra glo- 
bum germs; yestita est tunica talari et paltida- 
■mento; ad sinistram scutum in terra adstat') 
Vgl. J. Becker Khein. Jahrb. L/LI 179f. Steu- 






845 



Brigantii 



Brigantium 



846 



i 



ding in Eoschers Lexikon s. v. S. auch Ber- 
ganti (deo). |Thm.] 

Brigantii (BgiydvTioi), Zweig der Vindelikier 
am Lacus Brigantinus um Bregenz. Strab. IV 
206 xai ol 'Earicovsg ds x&v OvivdoAtxcov slal Hal 
BQiydvrtot teal aokeig avx&v BQiydvttov xal Ka/J.- 
fiodovvov. Vgl. Amm. Marc. XV 4, 3f. Holder 
Altcelt. Sprachschatz s. v. Nach Zeuss Die Deut- 
schen 235. 236 = Brixentes (s. d.). S. auchBri- 
gantium, Brigftntinus lacus. [Thm.] 

Brigantikos s. Bituios. 

Brigantinomagus {Brieantinomagw), Orts- 
name beim Geogr. Rav. IV 27 p. 240 im siid- 
lichen Gallien; nach Ansicht der HeTausgeber 
Pinder und Parthey heute Br£gan<;on (dep. 
Var). Holder Altcelt. Sprachscbatz s. v. 

[nim.] 

Brigantinus laeus, der Bodensee, an der 
die Stadt Brigantium lag. Strabon, der ihn zu- 
erst erwahnt, ohne ihn mit einem besonderen 
Namen zu bezeichnen (IV 199f. y.al 6 'Pijvog 8e 
eig eltj fieydla xal Mfivrjv draxsttai /tsydktjv. 207. 
Vn 292. 313), giebt ihm einen Umfang von mebr 
als 300 (die Zahl ist angefochten, s. Groskurds 
Anmerkg. zu VII 292) und einen Durchschnitt 
von nahezu 200 Stadien; auch enthielt er eine 
Insel, deren sich Tiberius zum Angriffsplatze be- 
diente, als er die Vindeliker bekampfte. Anwoh- 
ner des Sees sind die Eaeter (diese nur auf einer 
kurzen Strecke), die Vindeliker und Helvetier. 
Endlich setzt Strabon eine Tagereise vom See ent- 
fernt die Isterquellen an. Auch Mela, der Zeit 
nach der nachste Zeuge fur den See, nennt nicht 
einen besonderen Namen, sondern bemerkt (III 
24) , dass der Ehein , von den Alpen nieder- 
stiirzend, zwei Seen bilde Venetum et Acromtm 
{s. d.), worunter er ohne Zweifel den Ober- und 
den Untersee versteht. Noch Dio, zu dessen Zeit 
der See bereits seinen Ortlichen Namen fiihrte, 
bezeichnet ihn LTV 22 schlechthin mit rj h'/tvy. 
Das erste Zeugnis fur den Namen lams B. 
bietet Plin. n. h. IX 63 (mustelarum, quas, mi- 
rum dictu, inter Alpes quoque laeus Raetiae 
Brigantinus aemulas marinis generat), dem sich 
das des Solin. 234, 6 anschliesst. Am ausfiihr- 
lichsten berichtet Amm. Marc. XV 4 uber den 
See, der bei ihm den Namen Brigantia und laeus 
Brigantiae fiihrt. Er wird als ein runder, sehr 
grosser und sumpfartiger See geschildert, 460 
Stadien lang und fast ebenso breit, vom schau- 
menden Eheinstrom -durchzogen. Die Geschichte 
des Sees in vorrOmischer und nachrOmischer Zeit 
gehOrt nicht hierher (Naheres in den Monographien 
fiber den Bodensee von G. Schwab, Schnars 
und sonst). Das heutige Areal des Sees betragt 
528 qkm., seine Lange von Bregenz bis Constanz 
46 km., von Bregenz bis Bodman 65 km. Yon 
den an ihm gelegenen Orten, die aus rOmischer 
Zeit stammen, seien ausser Brigantium (Brigan- 
tia, Bregenz) hervorgehoben Connuentes (heute 
Rheineck, Mflndung des Eheins in den Bodensee, 
Not. dign. oec. XXXV, 32), Arbor Felis (s. d., 
heut Arbon), Constantia (das heutige Constanz). 
Vgl. auch Desjardins Ge'ogr. de la Gaule I 
115. [Ihm.] 

Brigantio. 1) Brigantio (Brigantium), Ort 
im sudOstlichen Gallien (Strab. IV 179 dia Bqi- 
yavrtov xib/itjs xtL), im Gebiet der Cottischen 



Alpen (Ptol. HI 1 , 36 Ssyovaiav&v iv rgaiaig 
"Ahieai Seyovaiov . . . Bgiyavxiov, liber den Irrtum 
des Ptol. vgl. Mommsen CTL V p. 810; Bri- 
garitione VI in Alpe Cottia Tab. Peut.; iv zyj 
BQiyavtlq. Mian, epist. ad S: P. q. Athen. p. 286 
a. b), an der von Mailand iiber die cottischen Al- 
pen nach Aries einerseits, nach Vienne anderer- 
seits fiihrenden Strasse (Itin. Ant. 341. 357 Bri- 
gantione; Itin. Hier. 555 mansio Byrigantum). 

10 Amm. Marc. XV 10, 6 (Accus. Virgantiam) und 
Ennod. carm. I I (Brigantionis) bezeichnen es 
als Castellum. Brincatione beim Geogr, Eav. IV 
27 p. 240. Heute Briancon an der Durance 
(Hautes-Alpes). Weitere Zeugnisse bei Holder 
Altcelt. Sprachschatz s. Brigantiofh) Sp. 537f. 
Die Form Brigantio scheint die ursprungliche zu 
sein, so die Inschriften CIL XI 3284 (Brigan- 
tione). XII 94 (Brigantionis). 118 (Brigantione, 
dies vielleicht ein anderer Ort, s. unter Nr. 2); 

20 dagegen Brigantium CIL XI 3281 , Brigantio 
3282. 3283. O. Hirschfeld CIL XII p. 15 
nimmt an, dass die Stadt, die auf der Inschrift 
XII 95 (vgl. 94) als munieipium Brigantien. be- 
zeichnet wird, in der ersten Kaiserzeit das ius 
Latii erhielt. Als Magistrate werden erwahnt 
(Xn 95) quaestor und Ilvir. tJber die Strassen 
Brigantio-Arelate und Brigantio- Vienna Hirsch- 
feld a. O. p. 645. 649. 
2) Verschieden von Nr. 1 scheint der in der 

30 Inschrift von La Villette bei Aime CTL XII 118 ge- 
nannte Ort hie (adv.) Brigantione geniti. Holder 
Altcelt. Sprachschatz s. Brigantio Sp. 538 nr. 2. 

[Thm.] 
Brigantium. 1) Stadt in Raetien, jetzt Bre- 
genz am Bodensee. Zuerst von Strabon erwahnt 
IV 206, der die Bgtydvnoi zu den Vindelikern 
rechnet (xal jzdXstg avzcov Bqiyavxiov xal Ka/i- 
§6dovvov), wahrend Plin. IX 63 den Bodensee als 
laeus Raetiae bezeichnet, ebenso wie Ptol. II 

40 12, 3 Bgcyavziov unter den Stadten Eaetiens auf- 
fuhrt (vgl. Vin 7, 3). Ubrigens bemerkt Strabon 
VTI 292, dass die Eaeter bis zum See hin wohnten, 
dessen grOsster Teil aber zu den Vindelikern und 
Helvetiern gehOre. Die Tab. Peut. verzeichnet 
Brigantio, das Itin. Ant. 237. 251. 258. 259. 
277. 278 Brigantia; Amm. Marc. XV 4, 1 nennt 
den See lacus Brigantiae (vgl. 4, 3 Rlienus lacum 
invadit rotundum et vastum, quern Brigantium 
aceola Raetus appellat). Der spatere Name der 

50 Stadt war also Brigantia, in der Not. dign. occ. 
XXXV 32 Brecantia, beim Geogr. Eav. IV 26 
p. 231 Braeantia. Spatere Zeugnisse bei Holder 
Altcelt Sprachschatz s. Brigantion Sp. 538f. In- 
schriften sind nur wenige dort gefunden worden. 
Zwei Meilensteine bieten den Stadtnamen abge- 
kiirzt a Brigantio) CIL HI 5988. 5989. Vgl. 
Mommsen CTL LTI p. 708. 1050 und Suppl. 
p. 1852; auch die Artikel Brigantii und Bri- 
gantinuslacus. Uber Ausgrabungen und Funde 

60 in Bregenz s. u. a. Douglas und Jenny Die 
Eomer in Vorarlberg und bauliche tlberreste von 
Brigantium (2 Taf.), Innsbruck 1872. Jenny Mit- 
teil. der k. k. Central Commission XIX 1893, 44f. 
Conrad Brunner Spuren der rOm. Arzte auf 
dem Boden der Schweiz (Zurich 1893) 43. 57ff. 

[Ihm.] 

2) S. Brigantio Nr. 1. 

3) S. Brigetio. 



847 



Brige 



Brigetio 



848 



4) Stadt der lucensischen Callaeker (bei Ptol. 
II 6, 4 $laoviov BQiy&vztov), am Meer mit einem 
hohen Leuchtturm (Dio XXXVII 53, 4. Itin. Ant. 
424. Oros. II 2, der sie Brigantia nennt. Aethic. 
Cosm. p. 19 p. 79, 52 Eiese Bregantivm) , an 
der von der Westkuste nach Lucus Augusti und 
Asturica fuhrenden Strasse (Itin. Ant. 424, S; beim 
Geogr. Rav. 308, 5 Brieantia) und wohl kel- 
tischen Ursprungs. Die Lage entspricht ungefahr 



A. v. Domaszewski Eh. Mus. XLV 1890, 207f. 
und CIL III p. 1670. A. Junemann De legione 
Eomanor. I Adiutrice 75ff.], seit Diocletian zur 
Provinz Valeria [Not. Occ. XXXIII 51. Moram- 
sen CIL DH p. 416] gebCrig) dasjflngste, scheintes 
von Traian, unter dem allem Anscheine nach eine 
allgemeine Truppenbewegung an der Donau statt- 
gefunden hat, und der auch die beiden Pannonien 
geschieden hat, zur Zeit seiner Anweaenheit in 



deryon Betanzos; doch kann der Leuchtturm der 10 Pannonien im Winter 98/99 (Mommsen R. G. 



von la Coruna sein, der zwar im J. 1791 restauriert 
worden ist, aber auf rOmischen Fundamenten ruht, 
wahrend daneben in den Felsen eine Weihung an 
den Mars von dem aus Aeminium in Lusitanien 
gebfirtigen Architekten eingemeisselt ist (CLL II 
2559 = 5639). Nach Ptol. a. a. 0. lag sie ,am 
grossen Hafen', s. Magnus portus. [Hflbner.] 

Brige, Station im Gebiet der Belgae in Bri- 
tannien, an der (teilweise noch vorhandenen) Strasse 



V3 202. H. Schiller Geschichte der rom. Kaiser- 
zeit I 547) angelegt worden zu sein (Mommsen 
CIL in p. 539 : utut est, originem Brigetionis 
licebit referre ad initio, saeeuli seeundi. J. Jung 
Romer und Eomanen in den Donaulandern 2 16), 
vielleicht von den V(exillationes) l(egionum) XHII 
et XV, die hier gebaut haben (CIL III 11365). 
Doch ist anzunehmen, da Nachbarorte (Arrabona 
z. B.) bereits vordem besetzt waren, dass hier 



yon Venta Belgarum nach Isca Dumnoniorum 20 wenigstens ein Fort schon Mher existierte. Die 



(Itin. Ant. 483, 3. 486, 12); die Lage ist nicht 
festgestellt. [Hiibner.] 

Briges s. Bryges und Phryges. 

Brigetio (so durchweg die Inschriften CIL 
III 3355. 4281. 4294. 4298.4309. 4322= 11027. 
4323. 4330. 4334 = 11044. 4335. 4336. 4354. 
4355. 11007. 11009. 11045. 11046. CDL VI 3198; 
die Meilensteine CIL III 4625. 4626. 4627 = 11334. 
4634. 4638. 11331—11334. 11338; Bregetio CIL 



?ao 4 o 36 o c y 3 o 2 [ Meilensteine ]- n - An *- P- 246, 2. 30 XI Claudia p. f. Auf diesen Zeitpunkt wird man 



leg. XHII gem. hat hier auch, wie Ziegel (CIL HI 
11363), der von einem bueinator der Legion einem 
activen Kameraden errichtete Grabstein (CIL M 
11029) und die Ara eines Centurio (CIL III 4299) 
beweisen, auch langere Zeit garnisoniert ; ob da- 
mals, ist ungewiss, sicher vor Kaiser Marcus. 

Zu Anfang des 2. Jndts. (wahrend der Daker- 
kriege Traians? A. v. Domaszewski Arch.-epigr. 
Mitt. X 28f.) war in B. eine Vexillation der leg. 



262, 9. 263, 2. 264, 7. 265, 3. Not. Dign. Occ. 
XXXIII 51. Amm. Marc. XVH 12, 21; Bregitio 
Iordan. Eom. 309 [aus Hieronym.]. Amm. Marc. 
XXX 5, 15 ; Brigitio Hieronym. chron. a. Abr. 
2391. Oros. VII 32, 14. Cassiod. chron. a. 376; 
Bregentio Aurel. Vict. epit. 45, 8. Aethici cosmogr. 
19 p. 79, 60 R.; Brccentio Iul. Honor, cosmogr. 
B 19; Brigantio Tab. Peut.; Virgitio Idat. ad 
a. 875; BgiyaiTiov Ptolem. DI 14, 3; BegyiTioy 



gefiihrt, wenn man die hier und in Aquincum ge- 
fundenen Ziegel (CIL III 4658. 11351) mit dem 
Grabstein von Carnuntum CIL III 11239 in Ver- 
bindung bringt. 

Nach 106 stand in B. die 98/99 n. Chr. neu 
formierte leg. XXX Ulpia victrix; ihre hier ge- 
fundenen Denkmale CIL III 10974 (Grabstein 
eines activen Soldaten) und 4663. 11370 (Ziegel) 
fuhren bereits das in Dakien erworbene Cogno- 



Sokrat. h. e. IV 31), eines der, Hauptlager Illyri-40men victrix (Q. Schilling De legionibus Rom I 
cums.Jag osthch vom Dorfe O(Alt)-Sz0ny auf der Minervia et XXX Ulpia 32. 40ff. 



vom Volke ,Pannonia' genannten Localitat am 
rechten Ufer der Donau, an einem strategisch sehr 
wichtigen Punkte: an der Ostspitze der grossen 
Schiittinsel , wo sich der durch die Waag ver- 
starkte nerdliche Donauarm (die Waag-Donau) mit 
dem Hauptstrome vereinigt und zugleich die Neu- 
tra in sich aufnimmt. Die Position beherrscht 
dadurch die wichtigsten Wasserstrassen der klei- 



Gegen Ende der Regierung Traians (114 — 117 
n. Chr., Junemann a. a. O. 72) wurde nach B. aus 
Apulurn in Dakien die leg. I adiutrix dauernd 
transferiert, wo ihre Anwesenheit noch das Itin. 
Ant. p. 246 und Not. Occ. XXXIH 51 : praefectus 
legionis primae adiidrieis cohortis quintae par- 
tis superioris bezeugen; vgl. Cod. lust. XII 36 
(37), 6. 52 (53), 3. Nur zeitweise wurden Vexil- 



nen ungarischen Tiefebene und die langs derselben 50 lationen zum Schutze anderer Provinzen und bei 



herabfuhrenden Wege und uberwacht die Be 
wegungen im gegenuberliegenden Quadenlande. 
Die Bedeutung der Stelle liess hier auch spater 
(seit Mathias Corvinus) am linken Ufer die noch 
jetzt stark armierte Festung Komorn entstehen. 
Das Lager ist an der Bodenconfiguration noch 
deutlich erkennbar (Plane beiMarsigli Danubius 
Pannonico-mysicus 1726 I tab. 5. II tab. 1, Fig. 3 
und 4; daraus Arch. Kozleme'nyek III tab. I) 



Pronunciamentos (Junemann 82ff.) oder auch 
zu Kulturarbeiten in der Provinz selbst, z. B. 
nach Topusko (Vjestnik brvatsk. archeol. drustva 
1895, 157ff.) entsendet. Der Legionsbezirk von 
B, reichte im WesteD bis Arrabona-Raab, im Osten 
bis Salva-Gran. Kleinere Detachements der Le- 
gion standen a) im Binnenlande : in Aszonvfa (CIL 
III 4655), Tapolczafo (CLL III 10956), wahrschein- 
lich in Lesencze-Tomaj (CIL JJI 4129), in Totis 



ihm gegentiber am linken Ufer wurden Reste eines 60 (CIL IH 4655. 4279, vgl. 4278. 10960). in K«r 

befestigten Bruckenkopfes (jetzt Leanyvar, Mad- '"" TTT '" — * ~ • 

chenburg genannt) gefunden (Majonica-Schnei- 
der Arch.-epigr. Mitt. I 146; vgl. die im benach- 
barten Izsa gef. CIL III 10995. 11025: [tjrib. 
mil. leg. I ad.). Unter den drei Legionslagem 
von Pannonia superior (seit Caracalla, wahrschein- 
lich seit 214 oder 215 n. Chr. zu Pann. inf. [E. 
Ritterling De legione Romanor. X gem. 53f. 



nye (CIL ID! 4277 = 10965, vgl. 4275),' in Bajna 
(CIL III 3660), b) an der Donau in Almas (CDL 
ni3396 = 4271 = 10962); ausserdem m8glicher- 
weise in Carnuntum (CIL in 11221, vgl. 4699. 
11345 [Ziegel]; 4489. 11222 riihren von Veteranen, 
4462.11240 von abcommandierten Unterofficieren 
her), nach der Zuteilung von B. zu Pannonia in- 
ferior in Aquincum (CIL in 3531. 3557. 10512 ; 



849 



Brigetio 



Brigetio 



850 



Veteranen : Arch. Ertes. X 148. Ritterling 53) ; in 
Intercisa-Duna Pentele (CIL III 11345, vgl. 3334 
= 10316) und Puszta FOveny (CIL III 11345). 
Pat sen Glasnik 1896, 385. In B. wird die Haupt- 
ziegelei der Legion gewesen sein, von wo Ziegel 
zu Wasser an andere Stationen abgegeben wur- 
den (CIL III 4655. 4699. 11345—11348. 11424. 
Arch.-epigr. Mitt. XIV 135). Daneben miissen 
Ziegelofen bestanden haben in Aszonyfa, Duna Pen- 
tele und FOveny (CLL III 4655. 11345. Patsch 10 
Glasnik 1896, 385). Der Contact mit den nach- 
sten Hauptlagern Carnuntum und Aquincum wurde 
hauptsachlich durch Auxiliartruppen, insbesondere 
durch die Cavallerieposten von Arrabona (stark 
besetzt; Mommsen CIL III p. 546. Cichorius 
o. Bd. I S. 1239. 1250. 1255), Gerulata (Momm- 
sen CIL LU p. 549. Cichorius 1236) und Al- 
mas (Mommsen CIL III p. 537. Cichorius 1266; 
vgl. CIL III 11372) unterhalten. 

Die Ziegel der leg. X gem. (CIL III 11352), 20 
die in Vindobona garnisonierte, konnen nicht als 
Beweis far die zeitweilige Stationierung einer Ab- 
teilung der Legion in B. angesehen werden, da 
dieselben bei der ZugehOrigkeit beider Festungen 
zu derselben ,Provinz leicht auf der Donau von 
Wien nach O-SzOny fur Bauten der leg. I adi. 
gebracht sein kOnnen. Ebenso kommen fur diese 
Frage nicht in Betracht die Inschriften des cor- 
nimlarius leg. H ad. (CLL III 10987) und des 
mil. leg. II ddiut., bf. cos. (CIL III 4311). 30 

Mehr Gewicht muss gelegt werden auf die 
Grabinschrift des hier mit seiner Familie leben- 
den und hier verstorbenen centurio leg. IIII Fl. 
f., einer Legion, die sonst zu Pannonia superior 
nicht gehOrte (CDL III 4327). Dass die standige 
Garnison im Bedarfsfalle durch andere Legions- 
abteilungen veratarkt worden ist, ist bei einer 
Grenzfestung, die oft die Basis fur Operationen 
im norddanubischen Barbarenland gebildet hat 
(Amm. Marc. XVII 12, 21), a priori anzunehmen. 40 
In diesem Sinne werden die auf den Ziegeln von 
B., Almas und Totis genannten vexil. tres (CIL 
IH 4667. 11374) aufzufassen sein; vielleicht ist 
eine der oben genannten Legionen darin inbe- 
griffen. 

Dass B. eine Station der Donauflotille war, 
kann man bei den vielen hier zusaminentreffenden 
Wasserwegen aus CIL ni 4319: T. Flavio V.... 
trierar[chae] dass. FlfaviaeJ Pann(miicae) ex 
bf. o[os.] schliessen ; vielleicht bestand sie hier 50 
schon vor der Erricbtung des Legionslagers. 

Von Auxiliartruppen stand in B. die eoh. VII 
Breucorum e. R. eq. unter Caracalla, Severus Ale- 
xander und Gordian, ob in voller Starke ist frag- 
lich, da die namlichen ZiegeL die in B. vorkom- 
men, auch in Aquincum gefunden wurden (CLL 
m 3757. 10668). Im J. 201 war sie noch in 
Lugio (CIL III 10278. R. FrOhlich Arch.-epigr. 
Mitt. XIV 50f. Ruggiero Dizion. epigr. I 325). 
Wahrscheinlich war hier auch die eoh. IThracum 60 
(CIL m 4316 vgl. 10970. E. Keil De Thracum 
auiiliis 52). Die AuflOsung der Siglen CLL III 
11373 in co(ho)r(sj A(eliaJ ist unsicher; CDL DH 
4321. 11020 sind Veteranen der in Almas statio- 
nierten ala HI Augusta Thracum (Mommsen 
CIL in p. 537. Keil 38). B. ist die Heimat 
eines eques sing. Aug. (CLL VI 3198). 

Die canabae von B. , deren Lage noch nicht 



ermittelt ist (vgl. A. Schulten Herm. XXIX 
498), bezeugen : 1) CIL VI 3198 : Aurelius Con- 
stant eqites sing. Aug. n natus in Pan- 
nonia, inferiom domo Brigetione at legione prima 
atiutriee (Mommsen Herm. XIX 88, 1. June- 
mann 73. 77); 2) CIL III 4298: M. Vol. Ma- 
rinus, vet. leg, I ad. p. f. ex sign., dee. Bri., qui 
magistral. Vgl. CIL ni 4309. Mommsen CH 
HI p. 539; Herm. XVI 462,3. Junemann 73. 
Ruggiero Dizion. epigr. II 61. Aus ihnen ent- 
wickelte sich spat das municipium B. und zwar 
nach der Zuteilung des Lagers zu Pannonia in- 
ferior, vgl. CDL VI 3198, jedoch wohl noch unter 
Caracalla, CIL HI 11007: [AJugustalis mun. 
Brig. An[tJoniniam; also zwiscnen 214 oder 215 
und 217; vielleicht anlasslich der Grenzregulie- 
rung. Von den Honoratioren des Municipiums sind 
bezeugt: deeurio CIL LH 4294. 4334 = 11044. 
4336. 4355. 11046; duumvir CIL HI 4334=11044; 
Augustalis CIL III 3355. 4281. 4322 = 11027. 
4323. 4330. 11007. 11045 (vgl. A. v. Premer- 
stein Dizion. epigr. I 875). Warm B. Colonie 
(CIL III 4335 [,aetatis infimae' Mommsen CIL 
III p. 539] : dec. col. Brig., vgl. 4354) ge worden 
ist, ist unbekannt. Die Tribus von B. ist noch 
nicht ermittelt, vgL I. W Kubitschek Imp. Rom. 
tributim discriptum 226. Das Territorium der 
Stadt umfasste: Acs (CIL III 4345 = 11055. 
10993. 11059), Billyeg, das Bad Kis Igmand 
(Mommsen CIL HI p. 546), Szend (CIL HI 4355 
vgl. 4358), Almas (Mommsen CIL m p. 537), 
Totis (CIL HI 4281). Von letzterem Orte lief eine 
Wasserleitung nach B. (Marsigli). Afcch am 
linken Ufer der Donau werden sich Veteranen und 
Burger von B. angesiedelt haben, vgl. Arch.-epigr. 
Mitt. I 146. 159. CIL III p. 545. 1768. Die Be- 
wohner eines zu B. gehorigen, zum Teil von Ve- 
teranen bewohnten vieus heissen Tolenses (CIL 
III 10982); ein templum viealem (= vicanuml) 
wird CIL III 10984 (vgl. I. W. Kubitschek 
Arch.-epigr. Mitt. XIV 131) erwahnt. Die Stadt 
muss ein lebhafter Handelsort gewesen sein (CIL 
III 4288 : Oenio commerei et negotiantium Pri- 
rniti(v)us, Iuli Proeli condfuctoris octoj serfvus), 
rilficus vicesimae); CIL IH 11045: negotiants 
spkndido), der viele Fremde herbeifuhrte aus Mo- 
getianae (CIL IH 4338 = 11043. 10993), Savaria 
(CIL IH 11047), ex civitate Zeugma (CIL ni 
4331), domo Archelaide in Kappadokien (CDL III 
11057, vgl. Arch.-epigr. Mitt. XIV 82). Griechi- 
sche Inschriften CDL IU 4327. 11034. Durch diese 
Kaufleute und durch die aus dem Orient stammen- 
den Soldaten kam der Kult des Mithras (CDL HI 
4296. 4300. 4301. 4302 [sacerdos]. 11005—11008 
= F.Cumont Textes et monuments figures relatifs 
aux mysteres de Mithra, inscr. m\ 389. 392. 390. 
365 = monum. nr. 224. 366. 363. 364. 391) und 
des Iuppiter Dolichenus (CIL III 10991) hierher. 
Ausser diesen und den rOmischen Gottheiten (CLL 
III 10984: Tempel des Iuppiter) wurden die epicho- 
rischen Gotter weiter verehrt (CLL in 10963: 
Trasito; 10973 vgl. 4273 = 10964: Deae Batti). 
Von Collegien sind bezeugt : collegium iuventutis 
mit magister {CIL HI 4272), collegium cultorum 
Iovis mit einem magister primus (CIL in 10994 
vgl. 11070. G. Schon Arch.-epigr. Mitt. X 107); 
ein collegium mit soola und pater (CIL III 11042). 
Daneben bestand die Festung weiter fort und 



851 



Brigiaecae Matres 



Brilessos 



852 



beeinflusste naturgemass stark die ,Lagerstadt' ; Brigiosum, Ort in Aquitanien, zweite Station 

vgl. die Verwandtschaft der Soldaten, Veteranen an der von Limonum (Poitiers) nach Burdigala 

und der stadtischen Wurdentrager (CIL III 4322 fuhrenden Strasse (Tab. Peut.), heute aller Wahr- 

— 11027. 4323 u. a v.), die gemeinsamen Col- scheinlichkeit nach Brioux (dep. Deux-Sevres, arr 

legien der Soldaten und Civilisten (CIL III 10994), Melle). Desjardins Table de Peutinger 38 ; 

die Tempelbauten der Soldaten (CIL III 10984) Geogr. de la Gaule II 426. Holder Altcelt' 

u. s. w. Die Werke wurden wiederholt restauriert, Sprachschatz s. v. (Merowingische Miinzen mit 

insbesondere unter Eaiser Valentinian I. (CIL III Briosso vieo). flhm 1 

10677. 10680. 10681. 10683. 10691. 10692. Momm- Brigizes %%), fester Plata in Makedo- 

sen CIL III p. 459. 473. 545) , der hier selbst 10 nien unweit des Sees Bolbe (s. d. Nr. 1), von Iusti- 

am 17. November 375 n. Chr. plotzlich starb (H. nian I. wiederhergestellt, Prokop. aed. IV 4 p. 279. 

Schiller Geschichte der r8m. Kaiserzeit II 388). Dasselbe ftihrte seinen Namen von den Brygern 

B. ist der Fundort der Militardiplome CIL III (s. d.). Tomaschek Thraker I 32. II 2, 63. 

D. LXI. Arch.-epigr. Mitt. XVI 229ff. ; in Aszar {Oberhummer.j 

bei B. kam CIL III D. LX zum Vorschein. Aus Brigobanne, Station an der von Vindonissa 

B. stammende Seulptnren verzeichnen Majonica- nach Sumelocenna (Eottenburg) und weiter iiber 

Schneider Arch.-epigr. Mitt. I 146ff. SchOn- Clarenna naeh Eeginum (Kegensburg) fuhrenden 

Weisshauplebd.X105ff. Hier gefundene Gegen- Strasse (Tab. Peut.). Man sucht den Ort beim 

stande der Kleinkunst und des Kunsthandwerks heutigen Hiifingen an- der Brege oder bei Braun- 
befinden sich im K K. kunsthistorischen Hof- 20 lingen u. a. ; vgl. Ehein. Jahrb. LXXI 23f. LXXIX 

museum in Wien (Arch.-epigr. Mitt. I 156f. Ill 58. Zum Namen vgl. Gliick Keltische Namen 

145ff. VIII 92f.); in den Sammlungen F. Trau 126. flhm 1 

(ebd. I 156. II 66. 146ff. ni 183ff. IV 47ff. V Brigomagenses (?), zweifelhafte Lesart einer 

105ff.) und Widter in Wien, J. Hollitzer in Pe- verdachtigen Inschrift von Brianconnet (Alpes 

tronell (ebd. XIV 40ff.), im Pester Nationalmuseum Maritimes, canton St. Auban) CIL XII 60 (p. 8 

(ebd. X 105ff.), in kleineren Collectionen in Ko- und 804). Blanc las die Buchstaben RIGOMA. 

morn. Eine reiche, aus B. herriihrende Miinz- Einige andere an demselben Ort gefundene In- 

sammlung besitzt Oberstlieutenant O. Votter in schriften sprechen von dem ordo Brig . . . , einem 

Wien. Die privaten Ziegelstempel sind CIL III patronus cooptatus a Brig,.., CIL XII '57. 58. 
11412 — 11425 zusammengestellt. Das iiberaus 30 59. O. Hirschf eld spricht ira Index CIL XII 

reiche Instrumentum (CIL III 6008. 6010. 6013. p. 933 die Vermutung aus, es sei vielleicht die 

6020. 6021. 12010. 12012. 12014. 12028. 12030. Stadt der Bricianii (CIL XLT 80) oder Brigiani 

12032) *bietet sehr viele Beweise von Import, ins- (s. d.) zu verstehen. Holder Altcelt. Sprachsch. 

besondere von keramischen Producten. Vieles verzeichnet sowohl Brigantio (Sp. 538 nr. 3) als 

durch elenden Raubbau Gewonnene wird uncon- Brigomagos als mutmassliche alte Namen von 

trollieTbar iiberall hin verschleppt. Vgl. A. Hoi- Brianconnet. Ob fur das verderbte Brectenus 

der Altkeltischer Sprachschatz s. v. Euggiero der Inschrift von Vence CIL XLT 7 Brigomfagen- 

Dizion. epigr. I 1028. [Patsch.] slum) herzustellen ist, bleibt unsicher. Dass Bri- 

Brigiaecae Matres (?). Die Inschrift von Clu- anconnct (und nicht Bregenz) der Fundort der 
ma CIL II Suppl. 6338 1 scheint eine Widniung an 40 Votivinschrift an Mercurius Arcecius (s. Arce- 

die Matres von Brigaecium (s. d.) zuenthalten. tber cius) sei, ist irrthumlich behauptet worden- vgl 

liefert wird MA [ BRIGIACIS. [Ihm.] Mommsen CIL III p. 1050 (zu nr. 5768). 

Brigiani, Volk im Alpengebiet auf der In- [Ihm.] 

schrift von Tropaea Augusti (La Turbia) bei Plin. " Brigomonuni (? Brigomono), ein nur vom 

n ' *?■ *? 137 genannt zwischen Caturiges und Geogr. Rav. 434, 2 genannter Ort des nOrdlichen 

Sogiontii, CIL V 7817. Sie scheinen identiseh Britannien von unbekannter Lage. [Httbner.] 

mit den CIL XII 80 (Cottische Alpen) erwahnten Brigos (Bgiyog), Eponymos der tro'ischen Land- 

Bricianii. Vgl. Brigomagenses, auch Desjar- schaft Brigia = Phrygia, besiedelte Makedonien 

dins Geogr. de la Ganle H 252. [Ihm.] mit den daselbst Bgfyeg genannten (Herodot. VII 

Brigindoni (Dativ), gallischer Gott. Keltische 50 73) Phrygern. Steph. Byz. s. Bgiyig. 

Inschrift aus Volnay : Iccavos Oppianicnos ieuru " [Tiimpel.] 

Brigindoni canlalon. Eev. archeol. nr. XV 1867, Brigulug (Boi'yovXog) , nach Ps.-Plut. fluv. 6 

388. Dictionnaire archeol. de la Gaule, inscr. der altere Name des Arar (s. d.), der spater Sau- 

gauloises nr. 4. Vgl. Stokes Bezzenbergers Bei tr. conna, hiess, heute Saone. Desjardins Gdogr. 

XI 130. Holder Altcelt. Sprachsch. s. Brigindu. de la Gaule I 162. [Ihm.] 

d'Arbois de Jubainville Cours de litter, eel- Brikindera s. Brvgindara. 

tique II 146. Allmer Eev. e'pigr. 1895 p. 381 Briklnniai (Bgixtvriai), festes Castell im Ge- 

nr. 1142. [Ihm.] biete von Leontinoi in Sicilien (Thuk. V 4, daraus 

Briginn(um2), Ortsname auf der Marmor- Steph. Byz.); Lage naher nicht zu bestimmen. 

basis von Nimes CIL XII 3362, nach Allmer 60 [Hiilsen.] 

Eev. e'pigr. I 264 nr. 292 u. a. das beutige Brig- Bgixlafiata , nach Hesych ein phrygischer 

non bei Nimes. Vgl. O. Hirschf eld CIL XII Tanz. Der Name wird wohl richtig von Bolyeg. 

p. 346. Auf der Votivinschrift CLL XH 2913 (Bgtxeg) = & S vyeg abgeleitet. S. Jablonski in 

Igef. ,sur le serre de Brienne' bei Brignon) ist Stephanus Thesaurus. [Eeisch.] 

niOglicherweise zu lesen Aquis Bfriginnensibus). Brilessos (B e d>]oo6g, att. Bgdyzzog; vgl. den 

Holder Altcelt. Sprachsch. s. Briginnon. Des- ath. Mannesnamen Bgd^ztdSyg; iiber die Moglich- 

jardins Geogr. de la Gaule II 213. 219f. S. keiten einer Etvmologie und das dunkle, nur im 

Aqua, Aquae Nr. 21. [Ihm.] flstlichen Mittelgriecl^nhind und in Kleinasien 



853 



Brimias 



Brinta 



854 



heimische Suffix zuletzt A. Fick Altgr. 'Orts- 1401, 22ff. Noch nicht sicher aufgekliirt ist der 

namen I, Beitr. z. Kunde d. indogerm. Spr. XXI Sinn des durch [Hippolytos] omn. haeres. refut. 

272f.), Gebirge in Attika, bei Theophrast (de p. 115 ed. Miller (K oh de Psyche 262) bezeugten 

signis 3, 6) neben Parnes und Hymettos unter Eufes des eleusinischen Hierophanten , der bei 

den eigentlichen Wetterwarten des Landes auf- nachtlichem Lichterglanz vor den versammelten 

geflihrt, bei Strabon (IX 399) und Plinius (IV 24) Mysten die Worte schrie: iegov frexe aotvia xov- 

wiederum neben Parnes , Hymettos (Lykabettos, gov Bqi/a-w Bgifiov. Wahrscheinlich ist damit die 

Korydallos, Aigaleos, Ikarios) zu den wichtigsten mimische Darstellung der Geburt des Iakchos be- 

attischen Bergen gerechnet; nach Thukydides (II gleitet worden, von der wir uns durch die grosse 
23) vom Parnes durch mehiere Ortschaften ge- 10 Mysterienvase aus Kertsch (Stephani Compte- 

trennt. Also dasselbe Gebirge, welches offenbar in Rendu 1859 pi. I) und eine noch unedierte Vase 

erster Linie wegen seines wertvollsten Productes, aus Ehodos im Museum zu Constantinopel (ATchapl. 

des iiber der Ortschaft Pentele gebrochenen Mar- Anz. 1895, 163) eine Vorstellung machen kOnnen ; 

mors, von Pausanias (I 32, 1) FlevxeXixov (oqos, vgl. den Artikel Brimos. [Kern.] 

vgl. fi&emQo? nsvxehxrt bei Strab. a. a. O.), von Brimos {Bgi/xds), nur bekannt aus [Hippoly- 

Vitruv (II 8) mons Pmtelensis genannt wird; tos] omn. haeres. refut. p. 115 Miller avjog o 

heut Mendeli. Nachst dem Parnes das hOchste leQo<pdvTj]g ovx anoaexott/ihos fjiv , ws 6 "Am;, 

Gebirge in Attika (bis ZU 1108, 6 m. ansteigend), tvvov/jOfiivog 8i 8ia xwvdov xal naoav anr/Qtia- 

bildet der B. die nordliche , anseheinend giebel- fisvos rip' aagxtvrjv ysveoiv, vyxxo? ev 'EkevoTvi 
formige Abschlusswand der athenischen Ebene. In20wjro stoUQ avgi izlutv rd (isyaXa xaiagQrjtafiv- 

Wirklichkeit besteht er bei ca. 7 km. langer von <mfeia {too. xal xexgaye liycov .ieqov hexs noxvia 

Nordwest nach Siidost gerichteter Hauptaxe mit xovqov Bgium Bgifiov' tovxsaxiv lo%vQa loxvgov. 

doppelseitigem Steilabfall aus einer auf- und ab- Dieser Euf gait offenbar dem von der Persephone- 

steigenden Reihe von nackten Graten (Kokkinaras, Brimo geborenen Iakchos-B. und begleitete wahr- 

Vajati, Pyresa, Mavronora Megala und M. Mikra), scheinlich einen Teil des an den eleusinischen 

wahrend die unteren Abhiinge noch heute ansehn- Mysterien gespielten heiligen Dramas; vgl. Fur t- 

lichen Bestand an Kiefern und Strauchbaumen wangler Archaeol. Jahrb. VI (1891) 121 und 

aufweisen, auch an Quellbachen mit noch ansehn- den Artikel Brimo. [Kern.] 

licherer Vegetation (Weisspappeln, Platanen) nicht BrinaTis, unbekannter Ort des mittleren 

arm sind. Eine der bekanntesten solcher Statten 30 Britannien , etwa zwischen Londimum und Viro- 

nimmt am Siidwestfusse (366 m.) das reiche Kloster conium, nur beim Geogr. Eav. 428, 9 genannt. 
Mendeli ein, ungefahr an der Stelle der alten kleinen [Hubner.] 

Ortschaft Pentele. Von hier nach auf warts wurde Brincatis s. Brigantio Nr. 1. 

an gepflasterten Schleifwegen hin der beruhmte Brindia (Geogr. Eav. 217, 11), Strassenstation 

Marmor in offenen Kammern gebrochen, wahrend in Dalmatien, deren Lage nicht bekannt ist. W. 

die moderne Marmorgewinnung heute vorzugsweise Tomaschek, nach welchem der Name .Hirschau' 

von Westen (Kephisia) aus betrieben wird. Alles bedeutet, versetzt sie (Mitt, der geogr. Gesellschaft 

nahere Textheft III— VI der Karten von Attika in Wien 1880, 511) hypothetisch nach Krupa an 

g. 32— 40. L op s ius Geologie von Attika, Berlin der Una im Nordwesten Bosniens. [Patsch.] 
1893. [Milchhofer.] 40 Brindiee s. Br en dice. 

Brimias, Eleier. Er siegt zu Olympia im Briniates s. Friniates. 

Faustkampf. Sein Standbild daselbst, Paus. VI Brinnacns {-urn) oder Brennacus, mlla bei 

16 5 [Kirchner.] Greg. Tur. hist. Franc. IV 15. 32 u. 0. Fortunat. 

Brimo (Bqihw). Eine in Pherai in Thessa- carm. IX 1 (vgl. Holder Altcelt. Sprachschatz s. 

lien verehrte Gcttin, deren Namen (die Schnau- Brinrmcus); nach Longnon (Ge'ogr. de la Gaule 

bende, die Grimme) und Wesen (in der Sage von au VI-> siecle 395^01) das heutige Dorf Bemy- 

Koronis und Admetos, v. Wilamowitz Isyllos Riviere (dep. Aisne, canton Vic-sur-Aisne). Sta- 

von Epidauros 71) auf das finstere Wesen einer nislas Prioux La villa Brennacum, Etude histo- 

Todesgottheit (Lukian. Nekyom. 20) deutet. So rique (1854). Vgl. Gluck Eenos Moinos etc. 17. 
ist sie friih einerseits der Artemis-Hekate (77^- 50 ^ J?') 

aicjg TiaQ&bios Bgifiw xgi/ioQcpos Lykophr. 1175; Brinnins hatte Cicero mit anderen zum Erben 

xovooxpowos, wxxixdlos, ydovitj, higoiaiv avaaoa eingesetzt, dem an der Erbschaft nicht viel lag, 
ApoU. Ehod. IH 861 m. Schol. 1211. Orph. Argo- Cic. ad Att. XIH 14, 1 (vom J. 709 = 45). Auf 
naut. 17. 429), anderseits der Demeter (Clemens die Erbschaftsregulierung beziehen sich auctio 
Alex. Protr. II 15 p. 13 P. = Arnob. V 20. 35) Brinniana, ebd. 12, 4, fundus Brinmarms, ebd. 
gleichgesetzt worden. Nach dem Schol. zu Ly- 50, 2. [Klebs ] 

kophr. 698 ist mit der 'O^Qt^a, ovdaia Kogr) Perse- Brinno, aus dem Stamme der Cannmefaten, 

phone gemeint; aber wie 1175 kann Lykophron erschien seinen Landsleuten wegen der rOmer- 

auch hier mit B. Hekate meinen, die der orphische feindlichen Gesinnung seines Vaters, der die sog. 
Hymn. I 9 auch als xovqtj bezeichnet, unter der 60 Unternehmungen des Kaisers Gaius gegen Ger- 
freilich Maass Orpheus 178 Persephone verstehen manien als lacherlich gekennzeichnt hatte (Schil- 
will Propert. H 2, 11 kennt B. als Geliebte ler Gesch. d. rem. Kaiserz. I 311), besonders zum 
des 'Hermes (Preller-Robert Griech. Myth. Fuhrer geeignet, als sich der Stamm der Empo- 
I* 388). Von dem Namen ihres Kultorts heisst rung des Civilis im J. 69 anschloss, Tac. hist. 
sie einf'ach $e 9 a(a, die Pheraeerin. Nach den IV 15f. [Henze^ 

Miinzen von Pherai wurde sie als fackeltragende Brinta (Venantius Fortunat. carm. praei. § 4; 

Eeiterin dargestellt (Brit. Mus. Cat. Thessaly vita S. Martini IV 645. Geogr. Eav. IV 36 p. 290 ; 
Taf X nr 16). Vgl. Bd. H S. 1382, 27ff. und Brintesia Tab. Peut.), spater Name des in klas- 



855 



Brintesia 



857 



Brises 



Britanni 



858 



Briseis 



856 



sischer Epoche Meduacus (s. d.) genannten Flusses 
in Venetien ; noch jetzt Brenta. [Htilsen.] 

Brintesia a. Br in t a. 

Briotreidis, vims bei Greg. Tur. hist. Franc. 
X 81, 4 (per vicos . . . Briotreide) , jetzt Brizay 
(d£p. Indre-et-Loire) nach Longnon Geogr. de 
la Gaule an Vie siecle 264f. u. a. Holder 
Altcelt. Sprachschatz s. v. Die Bestandteile des 
Namens finden sich in dem aus dem 5. Jhdt. 
stammenden Glossar Endlichers (Mommsen 
Chronica minora I 613. H. Zimmer Ztschr. f. 
vergl. Spr. N. F. XII 230ff.) brio = ponte (zu 
br%vd) und treide. = pede. [Dim.] 

Briparon (Bginagov). 1) Fester Platz im 
Gebiet von Serdica in Thrakien, Prokop. aed. IV 
4 p. 282. Tomaschek Thraker II 2, 63. 

2) Desgleichen im Gebiet von Remesiana in 
Dardania (var. Bghago), Prok. ebd. p. 284. Toma- 
schek a. a. 0. [Oberhummer.] 

Brisa (Bglaa Etym. M. Schol. II. I 366) und 
Brese (Bg^atj , Androtion im Etym. M. ; vgl. 
Ahrens Dial. I 34), Name eines Vorgebirgs der 
Insel Lesbos mit einem Tempel des Dionysos, der 
BQtjaayevrjg (Inschr. Bull. hell. IV 445) oder Bgi- 
caTog (CIG III 3160) hiess. Von K i e p e r t im Siiden 
der Insel beim jetzigen Vorgebirge Ajos Phokas 
angesetzt, 4 Km. vom Ort Wrissia, dessen Ety- 
mologie nichts mit dem alten Namen zu tbun 
hat, wie das Vorkommen desselben Namens in 
anderen Gegenden griechischen Kulturgebiets be- 
weist. Die fruchtbare Umgegend heisst At/ioydgi, 
enthalt jetzt Weingefilde, Getreide- und Olbaum- 
pflanzungen. Boutan (Me"m. sur Lesbos, Arch. 
Miss. Scientif. 1864, 305) sab. unter der Kapelle 
des Ajos Phokas noch Keste von einem ehemaligen 
Hafendamm. Er vermutete an der Stelle einen 
Tempel des Apollon und setzte in der N&he die 
Stadt Ttdgcu (s. d.) an. Hiegegen Conze Beise 
auf der Insel Lesbos 47. [Burchner.] 

Brisai (Bgiam oder BgTocu'}) sind gottliche 
Wesen, dencn die Bereitung des Honigs obliegt; 
der Name wird mit p.hxsiv aor. jiXioat zusammen- 
gestellt. Sie lehrten ihre Kunst dem Aristaios, 
den sie auf Keos aufgezogen haben sollen (Arist. 
Kcicov jiohzeia frg. 511 [Schol. Theocr. V 53. 
Heraclid. Pont. IX 2. Hesych. Et. M.], vgl. Bd. II 
S. 854). Dass man die B. zur Britomartis in Be- 
ziehung setzte, mag etymologische Spielerei sein 
(Et. M. s. Bgiroftagzig). Bereits die Alten brachten 
diese ke'ischen B. mit dem lesbischen Dionysos 
zusammen, der auf dem Vorgebirge Bgfjoa als 
Bgrjoayevr/s (Colli tz Dial.-Inschr. I 292), auch 
in Smyrna als Bgsioevg oder Borjaevg verehrt 
wurde (Preller-Robert Gr. Myth. I 678, 5) 
und auch Bgiaalog (Et. M.) oder Brisaeus (Pers. 
sat. I 76) heisst. Nach dem Scholiasten des Per- 
sius a. a. 0. hatte eine Nymphe Brisa diesen 
Dionysos genahrt. x. Wilamowitz, der diese 
und andere Beziehungen verfolgt (Homer. Unter- 
suchungen 409, vgl. auch Briseis), schreibt des- 
halb die B. mit langem i. Ursprunglich und 
wirklich bezeugt ist nur die Localsage von Keos 
und die Beziehung zu Aristaios; das tjbrige ist 
meist mehr oder weniger sichere Speculation, in 
der wir den Alten folgen und die wir auch durch 
mancheArgumentewahrscheinlichermachenkOnnen 
(z. B. dadurch, dass auch Dionysos die Bienen- 
zucht beschiitzt, Ovid. fast. Ill 735f. Preller- 



Bob'ert I 676, 2, und dass iiberhaupt Dionysos 
und Aristaios als Beschiitzer der Baumkultur und 
alles dessen, was damit zusammenhangt, verwandte 
Getter sind), die aber doch noch der urkundliehen 
Bestatigung harrt. [Hiller v. Gaertringen.] 

Brisaios (Bgioalog, Bgwevg, Bgrjaevg , Bgt}- 
oaysvrjg), Epiklesis des Dionysos. 1) Auf dem 
lesbischen Vorgebirge Bresa (Bgfjaa Androtion frg. 
59, vgl. Bgrjaailg CIG 2042; spater Bgtoa Steph. 

10 Byz.) wurde Dionysos als Bgtjoaysrtjg (Bull. hell. 
IV 445) oder als BgioaTog (Etym. M. 214, 5. 
Steph. Byz.) verehrt; das Heiligtum soil von 
Makar gestiftet sein (Etym. M. a. a. O.). 2) In 
Smyrna begegnet uns der Gott als Bgr/aevg oder 
Bguaevg CIG 3160. 3161. 3176. 3190; vgl. 
auch 3173. 3177. 3195. 3210 und liber das Mysten- 
collegium Foucart Assoc, relig. 114. Ausser- 
dem findet sich noch Brisaeus bei Pers. sat. 
I 76 und Bgweig bei Aristid. I 49 Dindorf und 

20Macrob. sat. I 18, 9 mit dem Bemerken, dass 
dieser B. bartig dargestellt sei. Verschiedene Er- 
klarungen der Namensform bei Schol. Pers. a. a. 0. 
Myth. Vat. Ill 12, 2. Hesych. Etym. M. s. BgXaai, 
u. a. von figvw, daher B. als ,segentriefend', ,Gott 
der Fiille', ,Gott des Friihlings', W e 1 c k e r Griech. 
GOtterl. II 607. Gerhard Griech. Myth. § 447, 
1 a u. a., eine Deutung, die sich nicht halten lasst. 
Zweifellos erscheint nur, wie v. Wilamowitz 
Homer. Dntersuch. 409 betont, dass B. zu den 

30 Nymphen Brisai steht, wie Bassareus zu den Bas- 
sarai. [Jessen.] 

Brisari, unbekannte Vfllkerschaft nordlich von 
Indien, Plin. VI 55 (wo vielleicht Essedonas di- 
ocere et Arimaspos zu lesen). [Tomaschek.] 

Briseis (Bgiarjig Kretschmer Griech. Vas.- 
Inschr. 140), das Madchen aus Brisa, einer les- 
bischen Stadt, die Achilleus erobert hatte, Schol. 
H. I 366. So hat den Namen der Dichter des 
altera Achilleus angewendet, und dass B. aus 

40 Lesbos stammte, geht auch aus II. IX 131. 274 
hervor. Andere Dichter nannten Lyrnessos und 
Pedasos, s. u. Aus der xovgtj Bgtrst]!g wird eine 
xoigrj Bgiorjog, die Tochter des Briseus, II. 1. 392. 
IX 132. Zuletzt ist B. einfacher Eigenname, II. 
XIX 282. v. Wilamowitz Horn. Unt. 409ff. 
Tump el in Eoschers Lex. II 1949f. Antike Ety- 
mologie Et. M. Schol. II. 1 184. Schol. Pers. I 76. 
Achilleus hat ,die Tochter des Briseus' in 
Lyrnessos, der Stadt des gSttlichen Mynes, er- 

50 beutet; den Gatten und drei Bruder erschlug er 
ihr, II. XIX 291f. II 690f.; s. Art. Achilleus 
Bd. I S. 231, 44. Ihr Gatte war Mynes, wie der 
Scholiast, nicht zwingend, aus der Stelle ge- 
schlossen hat, Schol. 11. II 692. Tzetz. Antehom. 
359. Nach den Kyprien war B. in Pedasos er- 
beutet, Schol. II. XVI 57. Diet. II 17. Eust. II. 77. 
29. Auch einen Namen erhalt die Briseerin nach- 
traglich: Hippodameia, Schol. II. I 392. Eustath. 
a. O. Tzetz. Lyk. 298; Antehom. 350f.; Posthom. 

60448. B. ist das Ehrengeschenk des Achilleus. 
das ihm die Hellenen zugesprochen. IL I 185. 
392. Prokl. Kypr. p. 20 K. Philostr. im. II 2. 
Als Agamemnon nach dem Spruche des Kalchas 
die Chryseis herausgeben muss, fordert er zum Er- 
satz die B. Grollend lasst sie der Peleide durch 
PatroMos den Herolden iibergeben. Von nun an 
bleibt er dem Kampfe fern. II. I. IGI 1284. 1290. 
Nach Philostr. her. 164 K. grollte Achilleus 



nicht wegen der B., sondern liber die Ermordung 
des Palamedes. Nach ungliicklichen Kampfen 
sucht Agamemnon Versohnung mit Achilleus; 
er bietet ihm reiche Geschenke an, darunter sie- 
ben Lesbierinnen und B. dazu (Zenodot zahlte sie 
als siebente, Schol. II. IX 131. XIX 246). Doch 
Achilleus geht nicht darauf ein, II. IX. Erst 
nach dem Tode des Patroklos entsagt er seinem 

zuriickgebracht. 



ses, Konig von Pedasos am Satnioeis, Eust. II. 
77, 29. Nach Diet. TII 17 erhangte er sich, als 
Achilleus die Stadt belagerte, an der Bettung ver- 
zweifelnd. Hyg. f. 106 nennt ihn Priester in 
Mysien, offenbar nach Analogie des Chryses. Dass 
B. in Pedasos wohnt, stimmt zu dem Berichte 
der Kyprien {Schol. II. XVI 57) uber Briseis, 
dass er aber aus Lyrnessos stamme, wie Briseis 
in der Ilias, ist nirgends direct gesagt. Nach 



Grolle, und nun wird ihm B. _._ „ _. - - . 

Agamemnon schwSrt, sie nicht beriihrt zu haben, 10 Mnaseas (frg. 29, Schol. II. XTX 291) war Eetion, 
II. XIX; vgl. Ovid. rem. am. 7771 B. ist des der Konig von Theben, ein Sohn des B. v. Wila- 



Achilleus hebste und vertrauteste Sclavin. Sie 
klagt um Patroklos, der ihr wie ein Freund war, 
und um ihren Herrn, der sie wohl auch zur ehe- 
lichen Gattin gemacht haben wlirde und sie und 
die andern Sclavinnen stets gut und freundlich 
behandelte. Als letzte Gabe weiht sie ihm ihre 
Locken, B. XIX 287ff. Quint. Smyrn. Ill 550ff. 
Tzetz. Posthom. 447f. Prop. II 9, 9f. Neoptole 



mowitz Horn. Unt. 410f. S. den Artikel Briseis. 

[Escher.] 

2) S. Brisaios. 

Brisiacus mous, Ort an Her Strasse Vindo- 
nissa (Windisch) -Argentorate (Strassburg) , am 
Bhein gelegen (monte Brisiaco Itin. Ant. 239. 
252. 350), Brisiaci Cod. Theod. VI 35, 8 (v. J. 
369), Breieeha beim Geogr. Rav. IV 26 p. 231; 

i , in -n .'..a nil -11 . "KT^J.: AG A "DV.^™ 



findet sie als treue Hfiterin im Zelte des 20 heute Alt-Breisach. D'Anville Notice 464. Rhern. 

Jahrb. LXXV 35. LXXIX 81. 102. LXXXI 190. 
Holder Altcelt. Sprachschatz s. Brisiacum. Bac- 
meister Kelt. Briefe 121. [Ihm.] 

Brisigavi, wohl ein Zweig der Alamannen, 
,Alamannen aus dem Breisgau', Zeuss Die Deut- 
schen 310. Die Notit. dign. occ. V 52. 53 = 201. 
202. VII 25. 128 verzeichnet Brisigavi seniores 
und B. iuniores. S. Alamanni. [Ihm.] 

Briso, rOmisches Cognomen, s. Antius Nr. 7. 

Brisoana (Amm. Marc. XXIII 6, 41; Bgi 



Achilleus und ehrt sie wie eine Mutter. Diet. 
IV 15. Tzetz. Posthom. 542f. 

Bei Homer ist das gewOhnliche Beiwort der 
B. xaV.uidgrjog, sie heisst auch tjvxofiog (B. II 
689) und ,de'r goldenen Aphrodite gleich', H. XIX 
282^ vgl. Hor. carm. II 4, 3f. Ovid, ars am. Ill 
189f. Dares 13. Tzetz. Antehom. 355f. Die Liebe 
des Peleiden zu seiner schonen Sclavin wird oft 
erwahnt, Prop. II 8, 29f. 20, 1. 22, 29f. Stat, 
silv. IV 4, 33. Ovid, heroid. III. XX 69; am. 1 9, 33. 30 
II 8, 11; ars am. II 71 If. Varr. sat. Men. 368 B. 

Auch die bildende Kunst hat B. hauflg dar- 
gestellt. Auf dem Iliupersisgemalde des Polygno- 
tos in der Lesche der Knidier zu Delphoi be- 
trachtete sie mit Diomede aus Lesbos und Iphis 
aus Skyros, der Sclavin des Patroklos, die Schon- 
heit der Helena, Pans. X 25, 4. Noack Iliu- 
persis 48f. B. neben Achilleus auf zwei rf.-Am- 
phoren Gerhard A.V. Ill 187. 184. B. dem 



ooavag Ptol. VI 4, 2. Marc. Heracl. 24 ; Bgi^ava. 
Arr. Ind. XXXIX 7), Kiistenfluss in Persis, offen- 
bar identisch mit Brixa, Plin. n. h. VI 136. Nach 
Marcian sei seine Miindung 600 Stadien von Au- 
sinza (s. d.) entfernt gewesen, auch Ptolemaios 
gibt eine ahnliche Entfernung. Diese Angaben 
sind sicher irrtumlich. Der Fluss ist identisch 
mit dem Hor Sint, welcher bei den Kuinen der 
Stadt Siniz oder Siniz-Ausinza miindet. Toma- 
pToinix "kredenzend" auf der Iliupersisvase des40schek (S.-Ber. Akad. Wien CXXI vm 68) er 



Brygos, Heydemann Iliupersis Taf. 1. Wiener 
Vorlegebl. VIII 4. Robert Bild und Lied 102. 
Besonders haufig ist die Wegfuhrung der B. dar- 
gestellt, eine Scene, fur die erst im 5. Jhdt. ein 
Typus geschaffen, bezw. aus dem altera des Helena- 
raubes umgebildet wurde. Vielleicht schon auf 
einer Metope des Tempels 2? in Selinunt, Malm- 
berg Berl. phil. Wochenschr. XIH 1893, 785; 
dann besonders die Hieronvase, Mon. d. Inst. VI 



klart den Namen aus skr. barh, brh; altp. bri- 
x/ina, brixavana soil dann bedeuten ,der reis- 
sendc, rollende'. [Weissbach.] 

BriSOU. 1) Bgiacov, wird von Arrian. anab. 
Ill 12, 2 als Befehlshaber der makedonischen 
Bogenschiitzen in der Schlacht bei Gaugamela 
erwahnt. [Kaerst] 

2) Hofeunuche der Kaiserin Eudoxia, leitete 
in der Gemeinde des Johannes Chrysostomos zu 



19. Brit. Mus. 831 = Gerhard Trinksch. und 50 Constantinopel den nachtlichen Hymnengesang 



Gef.Taf. EF = Overbeck H.G. XVI 3, vgl. Ger 
hard A. V. I 2. II 129. Ill 171; die ahnliche 
Darstellung auf dem sog. Schild des Scipio. Arch. 
Ztg. XXX 70, und dem Bronzeeimer Mon. d. Inst. 
VI 48. Robert a. O. 57f. 95f. Anders gefasst 
ist die Scene auf dem beriihmten pompeianischen 
Wandgemalde Helbig 1309. Mus. Borb. II 58. 
B. (?) neben Hermes und Achilleus Gerhard A.V. 
Ill 200; beim Totenopfer fur Patroklos Mon. d. 



und wurde bei einer Rauferei mit den Arianem 
durch einen Steinwurf verwundet (Sokr. VI 8. So- 
zom. Vin 8). Bei der ersten Verbannung des 
Johannes Chrysostomos (Winter 402/3) wurde er 
ausgeschickt, um den Bischof wieder zuruckzurufen 
(Sokr. VI 16. Sozom. VIU 18). An ihn gericht«t 
Job. Chrysost. ep. 190. 234 = Migne Gr. 52, 
718. 739. [Seeck.] 

Britannae oder Britannicae, Beiname der 



Inst. IX 32. 33 = Heydemann Vasenkat, von 60 Matres auf der Inschrift von Winchester CDL VH 5; 



Xeapel 3254, vgL 3228. B. (?) am Grabhugel 
des Achilleus Gerhard III 210. [Escher.] 

Brises {Bgtaije) = Briseus Nr. 1. Eustath. II. 
77, 29f. Diet, n 17 u. 6. Hyg. fab. 106. 

[Escher.] 

Briseus. 1) Bgwevg, Bgiorjg, Vater der Bri- 
seis, Horn. II. I 392. IX 132. Tzetz. Antehom. 
350, Sohn des KOnigs Ardys und Bruder des Chry- 



vgl. Rhein. Jahrb. LXXXHI 18. 156 nr. 340. CIL 
VII 1129 (= Rhein. Jahrb. a. O. p. 161 nr. 381) ist 
eher Campestribus et BritannfiaeJ als et Bri- 
tann(is soil. Matribus) zu lesen. Holder Alt- 
celt. Sprachschatz s. Brittani Sp. 564. [Ihm.] 

Britanni (Britannia, Britannieus). Wenn 
das Zinn, das in der Ilias nicht selten als Schmuck 
von Waffen und Wagen genannt wird, in der 



85i) 



Bntanm 



Britanni 



860 



861 



Britanni 



iintanni 



ooa 



That , wie es alien Anschein hat , nur aus dem 
stidlichen England durch die Phoiniker zu den 
Griechen gelangt ist, so wird auch die Kunde von 
den hellen Nachten des Nordens, die der Dichter 
der Odyssee (X 81—86) an die fabelhafte Stadt 
der Laistrygonen Lamos gekniipft hat, auf Bri- 
tannien bezogen werden durfen. Schon Krates 
von Mallos (Strab. Ill 157) hat die homerische 
Schilderung auf eine Polargegend wie Thule be- 
zogen, wovon spater Pytheas gleiches berichtetelO 
(B. Lubbert Zur Charakteristik des Krates von 
Mallos, Eh. Mus. XI 1859, 434f. K. Miillenhoff 
D.A. I 2 5. 324); noch Caesar suchte die Kttrze 
der Naehte in Britannien durch Messungen fest- 
zustellen (b. Gall. V 13, 3. 4). Auch in den 
menschenfressenden Laistrygonen selbst hat man 
danach einen Niederschlag von Thatsaehen ge- 
funden, wie sie in den wohl auch durch Ti- 
maios auf Pytheas zuriickgehenden Berichten von 
den Bewohnern von Ierne (Irland) bei Diod. V 20 
32, 3 tmd Strab. IV 201 wiederkehren (H. d'Arbois 
de Jubainville Les premiers habitants de 
l'Europe 112 1894, 12ff.). Hiernach miisste schon 
etwa im 8. Jhdt. v. Chr. die von den Phoinikern 
gewonnene Kunde vom aussersten Nordwesten Eu- 
ropas durch griechische Schiffer vermittelt nach 
Ionien gelangt sein, und wir hatten darin die 
alteste, wenn auch unbestimmte Bezeugung Bri- 
tanniens; denn ein Name des Landes begegnet 
hier noch nicht (Konrad Mannerts ,Entdeckungs- 30 
geschichte der britanniscken Inseln' Geogr. der 
Griechen und ROmer II 22, Leipz. 1822, Iff. ist 
noch immer die beste zusammenfassende Darstel- 
lung. die wir haben). 

Albion. Etwas genauere Kunde findet sich 
in dem massaliotischen Periplus aus der ersten 
Halfte des 6. Jhdts. v. Chr., den Avien ubersetzt 
hat. Hier werden zuerst die zwei grossen Inseln 
unterschieden, die die vom Siiden heransegelnden 
Schiffer nacheinander sahen , die insula sacra 40 
quam, late gens Hiernorum colit (s. Hibernia), 
und nahe dabei die insula Albionum, (Ora marit. 
v. 108ff.). Nur diese Bezeichnungen, vfjaoi 'Iig- 
vcov und 'AXfit6v<ov, scheinen dem Verfasser des 
Periplus bekannt gewesen zu sein; den Namen 
Britannien kennt er noch nicht. Der nachste 
Zeuge ist Pytheas von Massalia, der Zeitgenosse 
Alexanders d. Gr. , dessen Nachrichten Timaios 
und Eratosthenes erhalten haben ; er hat die schon 
unter dem Namen der Kassiteriden (s. d.) be- 50 
kannten Inseln zuerst mit dem Gesamtnamen der 
vrjaoi JlgeiTavtxat bezeichnet (Miillenhoff 95. 
321). Er kannte aber auch die besonderen Namen 
der beiden Inseln "Atftnv und 'IeQvn ; beide finden 
sich daher mit geringen Abweichungen in der 
Schreibung (A/.fitcov, 'AXovitov , 'lovsgvla) in den 
aus Pytheas abgeleiteten Angaben des Ps.-Aristo- 
teles de mundo 3 (= Stobaios eel. phys. I 34, 2. 
73 und Apuleins de mnndo 7) und einiger jiingerer 
Greographen, wie des Anonym. 12. 27 (Geogr. gr. 60 
min. II 497. 501), des Is'idor von Charax (ebd. 
509), des Markian (I 8. II prooem. 1. 41. 44. 45) 
und des Ptolemaios (113, 14. VII 5, 11). dessen 
Quelle Marinos sie wohl einem der jiingeren Vor- 
ganger entlehnte (Miillenhoff 365). Auch in die 
griechische Mythographie ist Albion des Poseidon 
Sohn eingereiht worden (Mela II 78). Aus Isidor 
schOpfte Plinins IV 102 ex adrerso Indus situs 



(namlich der batavischen Kiiste) Britannia insula 
elara Oraeeis nostrisque monumentis inter sep- 
tentrionem et occidentem iacet Germaniae Galltae 
Hispaniae mutto maximis Europae partibus 
magno intervallo adversa; Albion ipsi nomen 
fuit, cum Britanniae vocarentur omnes (namlich 
insulae; daher wohl Britannieae zu schreiben 
ist), de quibus mox paulo dioemus. Durch Pli- 
nius und Ptolemaios ist der Name Albion den 
mittelalterlichen Schriftstellern wie Baeda u. a. 
bekannt. Sein Ursprung und seine Bedeutung 
sind unbekannt. Zwei ligurische Stadte Albium, 
Ingaunum und Intemelium, der Fluss Albis in 
Gallien (die Aube) und der grosse germanische 
Strom, sogar der Name der Alpen mOgen fur das 
Alter und die weite Verbreitung des Wortstammes 
zeugen. Ob er mit dem lateinischen albiis etwas 
zu thun hat, ist sehr zweifelhaft; die weissen 
Kreidefelsen des Vorgebirges Kantion (Dover) haben 
ihn schwerlich veranlasst. Dass es auch an der 
Nordkiiste Hispaniens, in Asturien, ein Volk der 
Albionen gab (Plin. n. h. IV 111 a flumine Na- 
via Albiones), ist nicht wunderbar und darf mit 
nichten als ein Beweis dafiir gelteii, dass Albion 
und die Kassiteriden (s. d.) an der Kiiste des 
hispanischen Callaekien und nicht in und bei 
England zu suchen seien (wie G. F. Unger uns 
glauben machen will, Eh. Mus. XXXVIII 1883, 
157ff.). Dass die schottischen canes albini bei 
Hieronymus (proleg. comment. Ierem. Ill opp. IV C 
923) von Albion ihren Namen haben (wie Holder 
Altcelt. Sprachschatz s. v. meint), ist mir sehr 
zweifelhaft; sie werden damit einfach als weisse 
bezeichnet worden sein. 

Britannia. Auf Pytheas gehen unmittelbar 
oder mittelbar die Erwahnungen Britanniens in 
der spateren griechischen Litteratur zuriick ; daher 
haben sich die iiltesten Formen des Namens IIqsz- 
zavol (Diod. V 21. 22. 38. Strab. II 75. 117. IV 
200), JlgeTzavixrj bei Artemidor (Strab. IV 198 
199), bei Strabon (I 63. II 75. 93. II 114), IlgtT- 
xavixai im Periplus des Markian I 8 u. s. w. 
(s. 0. Albion) , Ilgezavot Hgczaviy.r) (Steph. Byz. 
p. 534), IlQExavlbsq (Steph. p. 186) noch zuweilen 
erhalten. Mit Ilgezzavoi verglichen schon Zeuss 
(Gramm. Celt. 2 46. 723) und Miillenhoff (a. 
a. O.) kymrisch t/nys Prydein-insula Britannia. 
In ihrem Vocal hat sich die einheimische Namens- 
form, vielleicht in einer unbewussten Anlehnung 
an den Namen der italischen Brettier , in der 
Schreibung Bgezzavoi, Bgezzuria, Bgexzanzai vfjaoi 
fortgepflanzt. Denn sie gebrauchen die jungeren 
griechischen Schriftsteller samtlieh (Ps.-Aristoteles 
de mundo 3. Polybios III 57, 3. XXXIV 5, 2 [bei 
Strab.] 8. 10, 7. Diod. I 4, 7. in 38, 2 aus Caes. 
Plut. Sert. 4; Pomp. 51; Caes. 16. 23. Kleomedes 
de motu circul. corp. caelest. I 7, 37. 8, 42. Ar- 
rian. tact. 19, 2. Appian. prooem. 9; Gall. 1, 5. 
19; Hisp. 1; b. civ. II 17. 32. 73. 134. 140. 150. 
Ptol. II 2. 1 u. s. w. Dio XXXIX 1. 2 und an 
zahlreichen anderen Stellen. Herodian. II 15, 1. 
m 7, 1. 2. 8, 2. 14, 1. 2. 4 u. s. w. Polyaen. IV 
prooem. VIII 23, 5. Dexipp. frg. 29 p. 199 D. 
Sozoni. eccles. hist. I 6, 3. Zosim. I 64, 1. II 
33, 2 «. o\ Procop. bell. Goth. I 24), die grie- 
chischen Munzen und Inschriften, die den Bri- 
tannicus nennen, sowie griechische Inschriften (z. 
B. CIG add. 43406). Die graecisierenden Formen 



BpezravlSss vfjaoi haben Athen. VI 105. Appian. 
prooem. 5. Dio LXXII 2, 2. LXXVI 16, 5. Steph. 
Byz. p. 186. Iulian. epist. ad Athen. p. 279 D; die 
Formen Bgszawk bei Parthenios c. 30 und Bgs- 
■zavoi bei Dionys. perieg. v. 284 und Themist. 
orat. 6 p. 90 Dind. sind unsicher; aus romischen 
Quellen haben Bgtzxavia Paus. VIII 43, 1. Bga- 
xawsia CIG 6627 = CIL X 6569. 

Die rGmischen Formen sind Britannus, Britan- 



continental Britons, Archaeological Journal XL 
1883, 80ff. halt an der Unterscheidung fest). Auf 
Militardiplomen und anderen Inschriften werden 
seit dem J. 85 n. Chr. eine ala und sechs cohor- 
tes Brittonum, genannt; eine ala I Flavia Bri- 
tarmica und eine eohors I Britanniea kSnnten 
davon verschieden sein. Aber die eohors HIBri- 
tannorum des raetischen Heeres (CIL III Dipl. 
xxiv und V 7717) heisst auf dem Diplom xli und 



Britannicus seit Caes. b. Gall. II 4, 7ff. IV 10 in der Notit. dign. occ. XXXV 25 Brittonum, 



ma, . . 

20ff. V 2ff. (denn dass die Hss. hin und wieder Brit- 
tani, Brittania, Britani haben, fallt gegenfiber 
der erdruckenden Mehrzahl besonders inschrift- 
licher Zeugnisse nicht ins Gewicht). Cat. 11, 11. 
29, 4. 45, 21. Cic. ad fam. VII 6. 7. 10. 11. 16. 
17. XV 16; ad Att. IV 16. 18; ad Q. fr. II 13, 2. 
15, 4. HI 1, 3. 7. 10 u. s. w.; de d. n. H 88. 
Ill 24. Vergil, eel. I 66; Georg. Ill 25; catal. 
2, 2. Horat. epod. 7, 7; carm. 121, 14. 35, 29 



die daneben verschiedene auch in zahlreichen ger- 
manischen Inschriften bezengte numeri Brittonum 
nennt (or. IX 22. XXXI 45). Ebenso werden in 
der Notitia secundum Brittones (occ. VII 8) und 
die legio secunda Britanniea (occ. V 241) oder 
seniores Britannieiani (occ. V 206) sowie iunio- 
res Britannieiani (occ. VII 154) und iuniores 
Brittones (occ. VII 127) von denselben Trappen 

^ gebraucht. Immerhin ist es auffallend, dass Brit- 

in'4 *33!T 2T1V 14, 47. Prop, il 1, 76. 11110 tones in der alteren Litteratur kaum vorkommen 

_ * _ . . . — ~ _. ^-. . 1 -wr -1 t\ .-»*-> 1 T\ J..-.. —.*_ -&-.1 s*.-\-n Tiitt V \T 1 V4 I hi/fit /. 



11, 1. 23, 5. V 3, 9. Ovid. am. II 16, 39; metam. 
XV 752 und bei alien spateren Schriftstellern, 
und ebenso seit dem Monum. Ancyr. (Lat. 6, 2), 
den Munzen des Claudius mit der Aufschriit 
de Britannia, den in England gefundenen Blei- 
barren mit dem Namen des Britannicus (CIL 
VII 1202) und gewiss auch der Triumphinschrift 
des Claudius (CIL VI 920) in zahlreichen anderen 
Inschriften und Munzaufschriften , die Holders 



Dem usus eastrensis folgen Iuv. XV 124 (Brit- 
tones). Mart. XI 21, 9 (Britonis). Hyg. de munit. 
castr. 29. 30; ebenso Auson. epist. 108—113. 
Procop. bell. Goth. IV 20. lord. Rom. 249; Get, 
45. 237. Geogr. Eav. p. 9. 13. Isid. orig. IX 2, 
120. XIX 23 und die Spateren. Im militarischen 
Gebrauch ist nur Britannia, Britannicus und 
Britannicianus , statt Britanni aber Brittones 
iiblich (Zeuss Die Deutschen und ihre Nachbar- 



Altcelt. Sprachschatz aufzahlt. Nur vereinzelt 30 stamme 193. Mommsen Ephem. epigr. V p. 177 



kommen daneben vor Brittannia und Brittan- 
nieus (z. B. in den tironischen Noten p. 38, 76. 
86, 33—37 Schmitz), vorwiegend in spaten oder 
provincialen Inschriften (z. B. CIL II 1262. 2078. 
HI 2864 = 9960. VI 1223. 1523. 1549. VII 1195. 
= III Dipl. xxih. VIII 2766. 9047. X 6321. XIV 
3608. 3625. 3955) , auch auf einzelnen Munzen 
des Hadrian (Cohen Monn. de 1'emp. II 2 121 
nr. 198. 199). Brittania findet sich noch sel 



wo die inschriftlichen Zeugnisse verzeichnet sind). 
Die belgischen Britten erwahnt nur Plinius und 
nennt sie Britanni (IV 106) Mithin ist es als 
erwiesen zu betrachten (mit Mommsen a. a. 
O. und Holder Altcelt. Sprachschatz s. Brit- 
tones), dass Brittones sowohl wie Britanni die 
Inselbewohner bezeichnen. Der alte Volksname 
hat sich in der dem Keltischen naher kommenden 
Form im Heer erhalten, wahrend Caesar vielleicht 



tener z. B. CIL III 2732. 2830. VIII 2649 und 40 wegen der Analogie mit Britannia die Form Bri 



auf einer Munze des Commodus (Cohen IH* 
232 nr. 37); im griechischen Sprachgebiet auch 
einmal Bretannia CIL IH 249 = 6753. 

Die Schreibung mit zwei t, obgleich, wie auch 
Brittones zeigt, der urspriinglichen Namensform 
naherkommend , hat sich mithin nur ausnahms- 
weise erhalten; es ist kein Grand vorhanden, in 
unserer auf die romischen Formen zuriickgehenden 
Schreibweise deshalb Brittannien wieder einzu- 



tanni in die Litteratur einfiihrte. Auch als Cog- 
nomen kommt Britto vor (z. B. CIL II 952. 1072. 
3255. 6311. VIII 1950. 3962). Erst die Schrift- 
steller des 5. und 6. Jhdts. nennen die Bretagne 
Britannia minor, wie Gregor von Tours hist. 
Franc. IV 13. V 14 u. 0., und ihre Bewohner 
wie die der Insel Brittones und Brettones (so 
Baeda hist. eccl. I 1 u. 8.); davon Britonensis 
in Concilienunterschriften des 6. und 7. Jhdts. 



fuhren (mit Miillenhoff D.A. 12 469ff. u. a.). 50 und Brettonieus bei Baeda (hist. eccl. Ill 1). 



Brittones. Im pannonischen Heer dienten 
nach dem Militardiplom vom J. 85 (CIL III Dipl. 
xii Z. 10) neben einander die eohors I Britan- 
niea milliaria und die I Brittonum. Ob mit 
der ersten dieser beiden Cohorten eine aus Britten 
gebildete oder nur eine in Britannien stehende 
gemeint sei, ist nicht sicher zu entscheiden. Bor- 
ghesi (Oeuvr. V 5) glaubte danach annehmen zu 
miissen, dass die Cohorte der Brittonen nicht au 



Ganz allein steht die in den sibyllinischen Orakeln 
vorkommende Form er Bqvzzeoi xai iv rdJJ.otg 
(V 200 Friedl.). 

Den keltischen (oder besser einheimischen) Ur- 
sprung des Wortes zeigen u. a. auch die in kel- 
tischen Gegenden vorkommenden verwandten Na- 
men Brittus, Britta (CIL II 1335. 5812) und die 
Brittae moires (Brambacb 201), derSenonenfttrst 
Boixouagzoi (Plut, Rom. 16; Marcell. 6. 8), Bgc- 



Inselbritten, sondern aus den festlandischen Be- 60 zo^agis (Appian. Samn. 6; Gall. 11) oienBrit 



wohnern der Bretagne gebildet worden sei (vgl 
L. Lersch Bonner Jahrb. IX 1846, 67—72. V. de 
Vit Delia distinzione tra i Britanni Brittoni 
dell' isola ed i Britanni Brittoni del continente 
in den Opuscoli religiosi letterari e morali Ser. 
H Bd. X, Modena 1867. 42-70. 193—214 und 
in Bull. d. Inst. 1869, 29, dem ich gefolgt bin 
Herm. XVI 1881, 53; auch J. Hirst On the 



tomdrus fFlor. I 20, 3), und der Aeduer Bgizo- 
ois (Appian. Gall. 21), sowie der in Nemausus 
verehrte Mars Britorius (CIL XII 3082) und die 
Insel Bomla bei Prokop (bell. Goth. IV 20 u. 8.). 
Was der Name bedeute, ob er vom Festland auf 
die Insel gelangt sei oder umgekehrt, ob er mit 
dem spater auftretenden der Picten (s. d.) gleich- 
bedeutend sei, bedarf noch der Aufklarung. 



863 



Britanni 



Britanni 



864 



Pytheas hat von der Insel Uxisame (Ouessant) 
kommend zuerst wohl die Scillyinseln besucht, die 
filr die Verschiffung des Zinns dienten unci spater 
als die Kassiteriden im engeren Sinn bezeichnet wur- 
den, und von da aus an der Westspitze, bei dem 
Vorgebirge Bolerion, Britannieii selbst betreten. 
Dann segelte er, vielleicht an der Sudkuste ent- 
lang, an der Insel Ictis (Wight) vorbei (s. d.), zur 
Ostspitze, dem Vorgebirge der Cantier, Kantion (s 



wird, liber ihre Hauser und ihr Vieh, ihre Mflnzen 
(an der besten tiberlieferung V 12, 4 iduntur 
aut aere aut nummo aureo aut taleis ferrets ad 
eertum pondus examinatis ist nichts zu andern), 
den damaligen Stand der Bergwerke, die Baume, 
das Wild, die Haustiere, die Bewohner und ihre 
Sitten. Denn obgleich er urn sein Unternehmen 
zu rechtfertigen die enge ZusammengehoTigkeit 
und Gleichartigkeit der Insel mit dem Festland 



d.). Nachdemer von hier aus die Rheinmundung und 10 von Gallien oft hervorhebt, so unterlasst er doch 



die germanische Nordseekuste besucht hatte, wird 
er zum Canal zuruckgekehrt und, vielleicht vom 
Portusltius aus, dieOstkiiste Britanniens hinauf bis 
zur Nordspitze, dem Yorgebirge Orkan (s, Orca- 
des), gelangt sein. Von da aus erreichte er Thule 
(s. d.), gleichviel ob man es filr eine der Shetland- 
inseln oder fur die Kuste von Norwegen halt. Von 
da wird er dann zur Nordspitze Britanniens zu- 
ruckgekehrt und an den hebudischen Inseln (s. d. 



auch nicht ihre Verschiedenheiten genau anzu- 
merken. 

Uber den Verlauf von Caesars beiden Heeres- 
zfigen nach Britannien in den J. 699 = 55 und 
700 = 54 (b. Gall. IV 20—36 und V 1. 2. 5. 
8— 23; vgl. Liv. epit. CV. Dio XXXIX 50—53. 
XL 1. 2) ist hier nicht eingehend zu berichten. 
Ausser den politischen Grunden dazu werden der 
Eeichtum der brittischen Fiirsten, wohl auch iiber- 



und Ierne vorbei an der Westkfiste Britanniens 20 triebene Schilderungen von der Ffille des Landes 



entlang nach Suden gesegelt sein. Er gewann 
dabei ein im ganzen zutreffendes Bild von der 
Insel, ihrer GrOsse und Lage, ihrem Khma und 
ihren Erzeugnissen, sowie von den Sitten ihrer 
Bewohner (Miillenhoff a. a. O. 375ff. und 
vielfach davon abweichend G. Hergt Die Nord- 
landfahrt des Pjtheas, Halle 1893). Seitdem 
bildete die Beobachtung von Ebbe und Flut so- 
wie der kurzen Nachte in Britannien den Ge- 



an edlen Metallen, des Meeres an Perlen mitge- 
wirkt haben. Aus dem ersten nur etwa vierzehn 
Tage bis drei Wochen (von Ende August bis Mitte 
September) dauernden Zuge, der geringe Erfolge 
hatte, ist fur die Kunde des Landes wichtig die 
Sendung des von Caesar eingesetzten Atrebaten- 
fiirsten Commius nach Britannien, der dort zum 
Grttnder einer den ROmern befreundeten Dynastie 
wurde (s. u.), sowie der Excurs fiber das Wagen- 



genstand wissenschaftlichenlnteresses. Von des30gefecht der Britten (b. Gall. IV 33). Erst bei 



Pytheas Zeit an, wenn nicht vielleicht schon 
friiher, muss griechisches Gold in Britannien be- 
kannt geworden sein. Die altesten in Britannien 
geschlagenen Goldmunzen sind rohe schriftlose 
Nachahmungen der Goldstatere Philippos II. von 
Makedonien, wie sie auch im sudlichen Gallien 
gewohnlich waren. Ihre Pragung in Britannien 
scheint um 200-150 v. Chr. begonnen zu haben 
(J. Evans Coins of the ancient Britons, Lond. 



dem zweiten Zuge giebt Caesar die Ortlichkeit 
der Abfahrt und der Landung genauer an. Die 
Abfahrt fand gewiss beidemale vom Portus Itius 
aus statt (s. d.), der Bhede von Wissant, dem 
altgewohnten und bis ins 4. Jhdt. stets benutzten 
Abfahrtspunkt der Gallier filr die Uberfahrt nach 
der Insel. Abfahrt und Landung besonders bei 
dem zweiten Zuge sind wiederholt der Gegenstand 
eingehendster und scharfsinnigster Untersuchung 



1864 mit Supplement 1890, 26ff.). Einige der40gewesen seit des grossen Astronomen Edmund 



frflhesten Miinztypen fiihren auf die in Sudfrank 
reich verbreiteten Munzen des hispanischen Empo- 
riae zuruck (J. Zobel Revue archeol. XLIV 1882, 
28—30. W. H. Eidgeway Greek trade routes 
to Britain in der Zeitschrift Folk-Lore I 1890, 
82ff.). Uber das von Pytheas Erkundete hinaus 
konnten oder wollten noch nach Jahrhunderten 
die Massalioten dem jiingeren Scipio Genaueres 
nicht mitteilen (Polyb. bei Strab. IV 190). 



Halley Discourse tending to prove at what time 
and place Iulius Caesar made his first descent 
upon Britain (in den Philosophical Transactions 
XVII 1693, 495—501), des grossen Geographen 
d'Anville Memoires sur le Portus Itius (in den 
Memoires de FAcad. des Inscript. XXVIU 1761, 
397 — 409) und des jiingeren Reichsastronomen Sir 
George B. Airy verschiedenen Abhandlungen (in 
der Archaeologia XXXIV 1852, 231—250 und im 



Caesar, der nachste Augenzeuge, den wir ken- 50 Athenaeum von 1851. 1859 und 1863), an die 



nen, folgt in den kurzen Bemerkungen allgemeiner 
Art, die er dem Bericht iiber seine zweite Fahrt 
nach Britannien vorausschickt (b. Gall. V 12—14), 
nur teilweis der auf Timaios, d. h. auf Pytheas 
zuriiekgehenden communis opinio (vgl. Man- 
nert a. a. O. 14—19). Im wesentlichen beruhen 
seine Angaben auch hier, wie er selbst sagt, auf 
Erkundung bei den gallischen Kaufleuten, bei 
den eingeborenen Fiirsten und eigener Anschau 



sich eine Anzahl anderer Arbeiten anschlossen 
(fiber die alteren berichtet genau und mit ein- 
dringendem Urteil H. J. Heller Caesars Espe- 
ditionen nach Grossbritannien, Zeitschrift far all- 
gemeine Erdkunde N. F. XVIII 1865, 81—130. 
161 — 188). Die englischen Gelehrten nahmen an, 
wegen der taglich wechselnden Flut- und StrO- 
mungszeiten im Canal, die nach dem Vollmond 
bis auf Tag und Stunde berecb.net worden sind 



ung des von ihm betretenen Tcils der Insel. Da- 60 (wie Earl Stanhopes Briefwechsel mit den Se- 



ller das Bild der nach seiner Meinung dreieckigen 
Insel der Wahrheit weit weniger entspricht als 
die Angaben des Pytheas. Wertvoll aber sind 
seine vorwiegend auf eigener Beobachtung be- 
ruhenden Mitteilungen fiber die gallische Her- 
kunft der Bewohner des Sudens der Insel, die 
durch die gleichen Volkernamen auf beiden Seiten 
des Canals (Atrebates, Belgae, Parisii) bewiesen 



amten der Admiralitat ergiebt, on the day of 
Caesars landing in Britain, Archaeologia XLI 
1867, 270—274), dass Caesars Flotte bei deT ersten 
wie bei der zweiten Landung ziemlich weit Sfid- 
west von Dover weggetrieben und etwa bei Hythe 
oder in der Pevensey Bay bei Hastings vor Anker 
gegangen sein miisse. Daran halten auch Na- 
poleon III. in seinem Caesar und die neuesten 



865 



Britanni 



Britanni 



866 



Bearbeiter der Frage in England fest (H. E. Mai- 
den Journal of Philol. XVII 1888, 163—178. 
XIX 1890, 193—199. W. H. Ridge way ebd. 
XIX 1890, 138—145. 200—210. H. E. Peskett 
ebd. XXI 1891, 121—201). Heller entschied 
sich fur Deal, nordlich von Dover, besonders weil 
Caesar ausdrficklich hervorhebt, dass er vor der 
zweiten Landung Britannien zur Linken sah (V 
8, 2). Die Kurze der Uberfahrt, die Gewohnheit 
der gallischen Kauflente (b. Gall. V 13, 1), die 10 
hohen Kiisten , von denen aus die Britten den 
Landungsversuchen leicht folgen und sie hindern 
konnten, fiihren deutlich auf das Vorgebirge Kan- 
tion (Dover) ; die Weiterfahrt bei gunstigem Wind 
(Sttdwest) und mit der Flut 7 Millien weit (nord- 
warts) und die Landung an fiacher Kuste auf die 
Gegend zwischen Deal und Sandwich. Trotz der 
damals wie heute gefahrlichen Sandbanke, der 
Goodwin Sands, muss Caesar daher beidemale 
an der Kuste nordlich von Dover gelandet sein; 20 
aber statt des ganz modernen Deal hat der mit 
den Veranderungen jener Kiiste genau bekannte 
Geologe G. D o w k e r (Caesars landing place 
in Britain, Archaeological Journal XXXIII 1876, 
56 — 71) mit iiberzeugenden Grunden ausgeftthrt, 
dass vielmehr Sandwich und weiterhin das da- 
hinter liegende Rutupiae (Richborough, s. d.) allein 
als mOglicher Landungsplatz in Betracht kommt. 
Caesars Bericht ilber den Feldzug, der sich an 
die Landung anschloss, stimmt dazu sehr wohl; 30 
aueh dass ihm die Cantii als die reichste, schon 
lange Ackerbau treibende Volkerschaft Britanniens 
bekannt war (b. Gall. V 14, 1), kommt dabei in 
Betracht. Ihre vier hier zuerst (b. Gall. V 22, 1) 
genannten KOnige Cingetorix, Carvilius, Taxima- 
gulus und Segovax miissen sogleich ihren Frieden 
mit Caesar gemacht haben. 

Caesars zweiter Feldzug in Britannien ist zwar 
in seinem Ortlichen Verlauf nur annahernd deutlich, 
aber in sich klar und zusammenhangend; der Ver-40 
such J. Langes (Caesars zweiter Zug nach Bri- 
tannien, Jahrb. f. Philol. 1889, 187—192), Cae- 
sars Bericht als durch zahlreiche Umstellungen 
verderbt nachzuweisen, ist schon durch die Uber- 
einstimmung mit Dio widerlegt und von K.Petsch 
(Jahrb. f. Philol. 1890, 597—607) und R, Schnei- 
der (Ztschr. filr Gymnasialw. 1890 Jahresber. 96) 
mit Recht abgewiesen worden. Der von Caesar 
eingesetzte Fiirst der Trinovanten (nSrdlich der 
Themse in Essex und Middlesex) — seinen Namen 50 
erfahren wir nicht — war durch Cassivellaunus 
getotet worden; Mandubratius, der Sohn des Ge- 
toteten, floh zu Caesar (b. Gall. V 20). TJnter 
KOnig Cassivellaunus hatten sich die sonst in 
steter Fehde lebenden brittischen Volkerschaften 
geeinigt, um dem Caesar entgegenzutreten. Des 
Cassivellaunus Reich begann jenseits der Tamesis; 
der Name seines Volkes wird nicht genannt. Doch 
ist der Name des Konigs Cassivellaunus nicht ver- 
schieden von dem der spater erwahnten Catuel- 60 
launi (s. u.) und daher vielleicht nicht Individual- 
name, sondern Bezeichnung seiner Herkunft. Auf 
dem Marsch gegen ihn, vom ersten Lagerplatz 
aus, der gewiss in der Riehtung auf Durovernum 
(Canterbury) erfolgte (s. d.), auf der uralten einhei- 
mischen und spateren rOmischen Strasse, stiess man 
auf den kunstlichen Verhau der Britten am hohen 
Ufer eines Flusses, wahrscheinlich des (kentischen) 

Pauly-Wiesowa III 



Stour. Das sind wohl die moles mirificae, die 
den Zugang zur Insel sperren sollten, wie Cicero 
von seinem Bruder Quintus gehort hatte (ad Att. 
IV 16, 7 vom J. 700 = 54). Der tfbergang fiber 
die Tamesis an der einzigen Stelle, die ein Durch- 
waten des Fussvolkes gestattete, muss ziemhch 
weit oberhalb von Londinium geschehen sein. Die 
Trinovanten, die alten Feinde des Cassivellaunus, 
unterwarfen sich zuerst und erbaten sich, d. h. er- 
hielten den Mandubratius zum Herrscher; in ihrer 
Stadt Caesaromagus (s. d.) ist die Erinnerung an 
Caesars Einfluss verkorpert. Thnen folgten in der 
Unterwerfung fiinf ebenfalls hier zuerst genannte 
VSlkerschaften des Sfidens und Ostens der Insel, 
die Cenimagni Segontiaci Ancalites Bibroci und 
Cassi (b. Gall. V 21, 1). Schon J. Lipsius 
sah, dass in dem ersten Teil des wohl nicht richtig 
von Caesar wiedergegebenen Namens der Ceni- 
magni der des machtigsten Volkes im Osten, der 
Iceni (oder Eeeni, s. u.), steckt, denn die Cangi 
oder Ceangi des Westens konnen nicht gemeint 
sein; vielleicht enthalt -magni die Bezeichnung 
eines Teiles von ihnen (Rhys dachte an manni). 
Mit der Hfilfe dieser Volker wird das oppidum 
des Cassivellaunus genommen , dessen Lage sich 
nicht feststellen lasst; es konnte Londinium ge- 
wesen sein. Durch Vermittlung des Atrebaten 
Commius unterwirft sich schliesslich auch Cassi- 
vellaunus, stellt Geiseln und verpflichtet sich zu 
jahrlichem Tribut und zum Frieden mit Mandu- 
bratius und den Trinovanten. Der zweite Zug 
Caesars, der etwa sechs bis acht Wochen dauerte 
(von Mitte Juli bis Mitte September), hat zur 
genaueren Kenntnis des Landes nicht unwesent- 
lich beigetragen. Doch war der Erfolg keines- 
wegs der erwartete, wie Caesar selbst dem Cicero 
am 1. September des J. 700 = 54 geschrieben 
hatte (ad Q. fr. Ill 7, 25, vgl. ad Att. IV 18, 5). 
Auch Q. Cicero hatte dem Bruder bestatigt, dass 
der Feldzug weder zu Furcht noch zu Freude 
Anlass gebe (ad Q. fr. Ill 1, 3), und M. Cicero 
schreibt daher dem C. Trebatius Testa, den er 
ebenfalls dort vermutet, dass weder Gold noch 
Silber dort zu holen und Beute nur durch den 
Verkauf der Kriegsgefangenen in Aussicht sei 
(ad fam. VII 7, 1; ad Att. IV 16, 7). Eines 
anderen Legaten des Caesar, der mit in Britannien 
war und im folgenden Jahr in Gallien fiel (b. 
Gall. V 24. 37), des L. Aurunculeius Cotta Schrift 
(de re publica?) meldete, dass Caesar in seiner Ein- 
fachheit nur drei Sclaven nach Britannien mit- 
genommen habe (Athen. VI 273, vgl. Cic. ad Att. 
XIII 44, 3 und F. Buecheler Jahrb. f. Philol. 
1875, 136); doch konnte er im Tempel der Venus 
Genetrix, der Stammmutter seines Geschlechtes, 
einen Panzer aus den kleinen und farblosen britan- 
nischen Perlen als Siegeszeichen weihen (Plin. n. h. 
IX 116). 

Augustus verlor das Vermachtnis seines Vaters 
(Tacitus Agric. 13), die Eroberung der Insel, nicht 
aus den Augen; zweimal, im J. 720 = 34 und 
im J. 727 = 27 v. Chr., wollte er zur Ausfuhrung 
schreiten (Dio XLIX 38. LIII 22. 25, vgl. LXII 4 
in der Rede der Boudicca). Mit der parthischen 
wird die britannische Expedition von den zeit- 
genflssischen Dichtern als eine der von ihm er- 
warteten grossen Thaten im voraus gepriesen 
(Vergil. Georg. 1 30. Ill 25 vom J. 725 = 29. Horat. 

28 



867 



Britanni 



Britanni 



868 



cairn. I 21, 15. 35, 29 vom J. 727 = 27. Ill 4, 33. 

5, 3. IV 14, 47, wogegen in den Epoden 7, 7 noch 
der intaetus Britannus genannt wird. Properz 
HI 27, 5). Doch gab er das Unternehmen auf, 
obgleich der Verkehr mit einigen der einheimi- 
schen Fursten fortbestand. So verzeicb.net der 
Bericht ilber seine Thaten nnr ad me suppliers 
confugerunt . . reges Britannorum Dumnobellau- 
nus {Ao/ivoeXkavvos der griech. Text) et Tim . . . 
(Monum. Ancyr. e. 32); es ist der Konig wohl der 
Trinovanten , Dubnovellaunos , von dem in die 
augustische Zeit gehbrende Goldmunzen vorhan- 
den sind (Evans Coins of the ancient Britons 
198 Taf. IV 6—12. Mommsen Ees g. d. Aug. a 
8. 139); ihre beiden verschiedenen Typen scheinen 
zu zeigen, dass er in Kent und Essex herrschte. 
Der Konig Tim . . . (der griech. Text hat nur 
T . . . .) ist vielleicht der Tine . . . Commi f(i- 
liusj anderer brittischer Miinzen (Evans S. 180). 
Denn nach wechselvollen Schicksalen konnte sich 
der Atrebate Commius, wie es scheint, nach Caesars 
Abfahrt zunachst in Britannien seinen Gegnern 
gegenttber nieht halten. Wir finden ihn zuerst 
im Dienst des Caesar in Gallien (b. Gall. VI 

6, 4), dann an der Spitze des Aufstands als einen 
seiner gefahrlichsten Gegner (VII 75, 5. 76, 1. 
VIII 6, 2) , darauf zu den Germanen entflohen 
(VIII 21, 6; in diese Zeit fallt vielleicht auch 
seine Flucht nach Britannien, hei der er den 
Caesar durch eine Kriegslist tauschte, nach Front, 
strat, II 13, 11), bis er sich endlich nach wieder- 
holtem Zweikampf mit dem C. Volusenus Qua- 
dratus und gegenseitiger Verwundung (VIII 23, 
2 — 6 und 47, 1—9) voller Furcht den Romern 
unterwirft. Mfiglicb, dass er dann der Begriinder 
einer Dynastie der brittischen Atrebaten wurde, 
in deren Gebiet , dem siidostlichen Britannien, 
sich die Goldmunzen finden mit seinem Namen 
[Cojrnmim sowie mit denen seiner Sohne Tincfus) 
Commi f(ilius) — denn den Namen mit Evans 
zu Tincomm/ius zu erganzen, liegt, sovicl ich sehe, 
kein Grund vor — , Verim Commi ffiliusj und 
Eppillus; ihre Namen koramen zusammen auf 
einer Mfinze vor. Weiter Ostlich, in Kent, finden 
sich die Miinzen dieses Epillus, des schon ge- 
nannten Dubnovellminus , des Voscfnus?], Am- 
minus und Crab . . ., der an Caesars Carvilius 
(vielleicht Crabilus?) erinnert. Weiter nordlich 
von der Themse werden die Miinzen des Adde- 
domaros und die mit dem Namen des Volkes der 
EcenfiJ oder Ieeni (Evans S. 375), sowie die mit 
den unerklarten Aufschriften Saemu, Aesu, Anted, 
. . duro Cam gefunden; im Sudwesten die mit 
BoditocfusJ, Comiix, Antedrigus. Calli (Catti?), 
Suei und Vo-covio-ad; in dem mittleren Gebiet 
der Insel die mit Andeco(mius) . Tasciovanus 
(mit den Beischriften Eicon und Sego) , die mit 
dem Namen der Stadt Yerulamium, und die der 
Konige Epaticcus und Cunobelinus ; endlich noch 
nOrdficher im Gebiet der Briganten die mit Yo- 
lisios, Dumnoeoieros , Dumu seno tigip (Seno- 
tigirnusl), Esup-su, Vep Cor. f. (Vepotahis Cor- 
rei films'?) und Carat(aeus) (Evans S. 552f. 
Taf. XX 8). Diese Pragung erstreckt sich un- 
gefahr iiber das ganze Jahrhundert von Caesars 
Zugen bis auf die Eroberung durch Claudius ; nur 
wenige der darauf genannten Namen lassen sich 
mit Sicherheit anderweitig feststellen , und die 



Fundgebiete nur annahernd. Dennoch geben diese 
Munzen fast allein Kunde von den Zustanden der 
Insel (Livius wird im B. CXXXV dariiber be- 
richtet haben) wahrend des Zeitraums, fiber den 
sie sich erstrecken (nach Evans bietet einen Ver- 
such zu ihrer geschichtlichen Verwertung J. Bhys 
Celtic Britain, mit zwei Karten und Miinzbildern, 
Lond. 1882 [2. Abdr. 1884], 21ff.). Tiberius be- 
gnfigte sich, die Eroberung Britanniens als ein 

10 praeceptum seines Vaters zu bezeichnen, ohne es 
zu befolgen (Tac. Agr. 13), entgegen seineT Ge- 
wohnheit (qui omnia facta dietaque ems rice 
legis qbservem Tac. ann. IV 34). Die Griinde 
der Enthaltung waren, dass man auf den Besitz 
der Insel verzichten kOnne, da sie den Romern 
weder Schaden noch Nutzen bringe ; nach Abzug 
der Kosten fur Heer und Verwaltung wurde sie 
nichts eintragen (Strab. II 115); das durch Au- 
gustus begrtindete freundschaftiiche Verhaltnis zu 

20 den eingeborenen Ftirsten , die auf dem Capitol 
Weihgeschenke aufstellten und den nicht zu schwe- 
ren Tribut zahlten, sei vorteilhafter als die fur 
die Besetzung der Insel mindestens nOtige Legion 
nebst einiger Reiterei in Britannien zu unterhal- 
ten; denn die Zolle wiirden abnehmen, sobald man 
Tribut auferlege, und man werde manchen Ge- 
fahren hegegnen (Strab. IV 200). Der Kaiser 
Gaius kam nicht iiber Entwfirfe zur Eroberung 
hinaiis (Tac. Agric. 13. Suet. Gaius 19. Dio LIX 

30 21); doch unterwarf sich ihm wiederum ein fliich- 
tiger brittischer Ffirst Adminius, der Sohn des 
Cunobellinus, unzweifelhaft der auf seinen Munzen 
Awiminus genannte (dieselbe Namensform findet 
sich auch auf einer britannischen Inschrift aus 
Chichester CIL VII 10). Er war, von seinem Vater 
vertrieben, mit einer kleinen Schar aufs Festland 
genohen und wurde nicht ausgeliefert (Suet. Gai. 
44). Strabons wenig eingehende Bemerkungen 
iiber Britannien (IV 199 — 201) geben wesentlich 

40 nur das bisher daruber Bekannte (vgl. Mannert 
a. a. O. 19 — 23): Britanniens Lage und Ausdeh- 
nung, die gallischen Flussmiindungen, von denen 
aus man hintiberfu.hr — wobei Caesars Abfahrts- 
punkt zo "Izlov besonders hervogehoben wird — , 
iiber die Bewohner und die Producte des Landes 
und sein dem des nordliehen Gallien ahnliches 
Klima mit seinen Nebeln, sowie iiber die Heeres- 
ziige Caesars und die Politik des Augustus ge- 
geniiber Britannien. Noch ktirzer ist Melas Be- 

50 richt (III 49 — 54), der mit dem Hinweis auf die 
Bereicherung der Kenntnis des Landes beginnt, 
die von seiner soeben erfolgten Eroberung durch 
Claudius zu erwarten sei (Mannert a. a. O. 23), 
Selbst des Primus kurze Angaben iiber Britannien 
(n. h. IV 102 — 104) beschranken sich, obgleich 
er das Werk wahrend der Feldziige des Agricola 
unter den Handen hatte (triginta prope iam annis 
notitiam eius Eomanis arrnis non ultra vicini- 
tatem silvae Calidoniae propagantibus § 102) auf 

60 Wiederholung des langst Bekannten (Mannert 
a. a. 0. 23f.). Auch die in den ubrigen Teilen 
seines Werkes zerstreuten Nachrichten fiber Er- 
zeugnisse der Inseln u. s. w. sind nur gering an 
Zahl und Bedeutung. 

Denn erst unter Claudius kam Caesars Plan 
zur Ausfiihrung. liber die Personen, die daran 
beteiligt waren , und iiber Heer und Flotte des 
Claudius vsrl. E. Hilbner Das rfimische Heer in 



869 



Britanni 



Britanni 



870 



Britannien, Herm. XVI 1881, 513—584; Die Er- 
oberung Britanniens, ROm. Herrschaft in West- 
europa, Berl. 1890, 3 — 24, und die daselbst an- 
gefuhrten eigenen und fremden Arbeiten, sowie 
Mommsen Rom. Gesch. V 1 55ff. Wiederum gaben 
Streitigkeiten unter den einheimischen Fursten 
und die verweigerte Auslieferung von politischen 
Fliichtlingen den ausseren Anlass (Suet. Claud. 
17). Einer der fluchtigen brittischen Fursten, der 



(CEL VII 11). Von Clausentum fiihrt eine der • 
alten Strassen fiber Venta Belgarum (Winchester), 
wo sich ein den italischen, germanischen, galli- 
schen und britannischen Muttern von einem Bene- 
ficiar des Legaten der Provinz geweihter Altar fand 
(CIL VII 5), nach der Stadt der Atrebaten Calleva. 
Alles dies deutet darauf, dass von der Mitte der 
Siidkfiste aus der Vormarsch gegen die Sohne des 
inzwischen verstorbenen KOnigs der Trinovanten 



den Kaiser zu dem Zuge bestimmt haben soil, 10 Cunobellinus, Caratacus und Togodumnus, unter- 

T>'^ i-.r.^.'L T^-I^.^. ^r.^T.1 n^-tf r P rt y»i4-n r. TrAnlftunnnci TiftT-ir>rv\aT» i¥rTi , * , r1 a r\ta T^'r^ll^QT• Hod -vT^in odTM'OTl 4 TIT. 



BsQiKog, naeh Dios wohl auf Tacitus verlorenes 
10. B. der Annalen zuriickgehendem Bericht (LX 
19ff.), ist wahrscheinlich ein Nachkomme gleichen 
Namens jenes aus seinen Munzen bekannten Atre- 
baten Verica. des Commius Sohn (Evans 170 Taf. 
II 10. 12). Die Abfahrt im J. 42 geschah unter 
gunstigen Vorzeichen in drei Abteilungen, wahr- 
scheinlich wieder von demselben gallischen Hafen 
aus wie die Caesars, dem Portus Itius. Denn bei 



nommen wurde, die Briider des verjagten Am- 
minus. Sie werden einzeln geschlagen und ent- 
fliehen ; darauf unterwerfen sich die sonst nirgends 
genannten BoSovvoi, Sv htrjpxov KazoveXXavvoi 
*ovres (Dio LX 19). Die Wohnsitze der Catuel- 
launen lagen westlich von denen der Trinovanten, 
etwa in der Mitte der Insel (um Verulamium). 
Da nun westlich von ihnen bei Ptol. II 3, 12 die 
Aofiovroi (in § 13 haben die Hss. dafur zum Teil 



demnahenGaesoriacum(Boulogne-sur-mer), von wo 20 Aoyovvoi) gesetzt werden, so werden sie mit Wahr- 



er abgefahren war, wurde dem Claudius nachher 
ein Triumphbogen gesetzt (Suet. Claud. 17. Dio 
LX 22, 1). Die .britannische Flotte' wird seit 
dem Krieg gegen den Civilis (Tac. hist. IV 79) 
Ofter erwahnt und hatte spater ihre Standquartiere 
in Gallien nur im Portus Itius (in Boulogne-sur- 
mer sind ihre Ziegelstempel gefunden worden, 
Rev. arche-ol. N. S. XII 1888, 367—371), an der 
Sudkuste von Britannien in dem fdyag h/j,rjv (Ports- 



scheinlichkeit fur nicht verschieden von den Bo- 
Sovvoi des Dio gehalten. Dann kann das Castell, 
das A. Plautius bei ihnen anlegte, sehr wohl die 
spatere Colonie Glevum (Gloucester) sein, und der 
Fluss, den die Kelten im rOmischen Heer (wohl 
Bataver) durchschwammen, der Avon. Von hier 
aus wurden bald darauf die Bleiminen der Men- 
diphugel in Derbyshire occupiert, aus denen Blei- 
barren mit den Namen des Claudius und des Bri- 



mouth-Southampton, Ptol. II 3, 4), im portus 30 tanicus vom J. 49 herstammen (CLL VII 1201 



Lemanae (Lymne), wo sich ebenfalls ihre Ziegel- 
stempel finden (CIL VII 1226), und wahrschein- 
lich an den Mvindungen der Tamesis und der Sa- 
brina (Severn). Wo die Landung erfolgte, ist 
wiederum nicht iiberliefert; die Teilung der Flotte 
und die GrCsse des Heeres machen wahrscheinlich, 
dass sie nicht an einem Ort allein stattfand. Von 
dem ostliehen Punkte an, wo einst wahrscheinlich 
Caesar gelandet war (s. o.), liegen an der Siidkfiste 



1202). Nach weiterem siegreichem Vordringen 
der Legionen des Vespasian und des Hosidius Geta 
setzen sich die Britten von neuem an der Tamesis, 
unweit der Mundung (also vielleicht wieder bei 
Londinium), fest, die sie an den ihnen bekannten 
Stellen leicht iiberschritten. Dort durchschwim- 
men wiederum die Kelten (oder Bataver)- den 
Strom, und die ubrigen Tnippen iiberschreiten 
ihn weiter oberhalb auf Brficken. Togodumnus 



der Insel bis zum ,grossen Hafen' die spater be-40fiel (Dio LX 21), und nun machte A. Plautius 



rfihmten ,fttnf Hafen' (Sandwich, Dover, Romney, 
Hythe, Rye) ; an einigen dieser Hafenplatze wird 
die Landung, wie spater die Wilhelms des Er- 
oberers, erfolgt sein. Nahe bei Southampton be- 
finden sich erhebliche Reste eines rOmischen Lagers, 
man setzt danach das im Itin. Ant. 478, 1 er- 
wahnte Clausentum (s. d.) naeh Bittern bei South- 
ampton. Der Name, etwa aus Claudientum ent- 
standen, kann eine Bildung aus dem Namen des 



Halt, bis der Kaiser selbst zum Truppenlager an 
der Themse kam, mit dem Heere den Fluss ttber- 
schritt, die vereinigten Britten schlug und Ca- 
malodunum (Colchester), die Konigsburg des Cuno- 
bellinus, einnahm (Dio LX 21); nach nur sech- 
zehntagigem Aufenthalt auf der Insel kehrte er 
zuriick (Dio LX 23). Die Inschrift seines Triumph- 
bogens in Rom (CIL VI 920 ; vgl. die des Bogens 
in Kyzikos CIL III 7061) giebt an, dass er elf brit- 



Claudius sein , wie das oben erwahnte Caesaro- 50 tische Kenige ohne Verlust und die barbarischen 



magus aus dem des Caesar gebildet ist, und viele 
ahnliche in Hispanien und Gallien. Ausserdem 
fiihrt auch der Bericht fiber Vespasians Teilnahme 
an der Eroberung Britanniens als Legat der VI. 
Legion (Suet. Vesp. 4), der auf einer Triumphal- 
inschrift beruhen wird , in diese Gegenden ; in 
dreissig Schlachten unterwarf er zwei machtige 
Vclkerschaften, fiber zwanzig oppida und die Insel 
Vectis (Wight) ; vgl. Tac. Agric. 1 3 und Ch. W a r n e 



Volker jenseits des Oceans zuerst unterworfen 
habe. Das sind die Ergebnisse der Occupation 
(42—47), die sich nicht weit nOrdiich fiber die 
Linie Themse- Severn hinaus erstreckte. Uber ihre 
Fortschritte in dem Zeitraum von Nero bis Domi- 
tian sind wir durch Tacitus und Dio ziemlich 
genau unterrichtet. Schon unter Nero entstanden 
die ersten Veteranencolonien , Camalodunum (s. 
d.) der vierzehnten, und, wie es scheint, Glevum 



Observations on . . . Vespasians first campaign in 60 (s. d.) der zweiten Legion, wahrend Londinium 



Britain, Archaeologia XLI 1867, 387—396. Unter 
dem zweiten Legaten der Provinz erhielt nach dem 
Bericht des Tacitus (Agric. 14) der Konig Cogi- 
dumnus zum Lohn ffir seine Treue einige eivitates 
als Geschenk. Er ist hi'ichst wahrscheinlich der 
Ti. Claudius [Cojgidulmus der Inschrift von 
Chichester, der civitas Regnorum (s. d.), die ihn 
rex und legatus Angusti in Britannia nennt 



(s. d.) bereits Zollamt (vgl. CIL VTI 1235. 1331, 
91) und Flottenstation wurde. Der zweite Legat 
der Provinz (die Reihenfolge der Legaten ist er- 
Ortert von E. HfibneT Die rSmischen Legaten 
von Britannien, Rh. Mus. XII 1857, 46—83) P. 
Ostorius Scapula (48 — 51) kampfte von Camalo- 
dunum aus , der ersten Hauptstadt der Provinz, 
nach Nordosten vordringend mit den Ikenern, von 



871 



Britaiini 



Britanni 



872 



• Glevum aus im Ndrdwesten mit den Silurern und Vespasian neu errichtete zweite Adiutrix voriiber- 

Ceangern, die erst Frontirras, der Vorganger des gehend trat, wurde damals nach Eburacum (s. d.) 

Agricola, unterwarf, und mit den Ordovikern, die gelegt und seitdem ist diese Stadt der Mittel- 

Agricola selbst erst besiegte (Tac. Agr. 18), und punkt der Operationen gegen den Norden und die 

Iegte die ersten Castelle am nOrdlichen Avon und zweite Hauptstadt der Insel. Im vierten Jahr 

Severn an (Tac. ann. XIJ 31). Wo die Schlacht (81) drang er weiter nach Norden vor und be- 

33) ist nicht ermittelt, auch ob Caratacus der Clota (Clyde) und Boderia (Forth). Im funften 

auf den Miinzen genannte ist (Evans 552 Taf. (82) fuhr er zu Schiff iiber den Clota und fasste 
XX 8) oder dessen Sohn, steht nicht fest; doch 10 die Unterwerfung von Irland ins Auge; im sechs- 

ist das erste wahrscheinlich. Unter dem dritten ten besetzte er das Gebiet jenseits des Boderia. 

Legaten A. Didius Gallus (52 — 57) beginnen die Im siebenten Jahr (Agric. 29ff.) erwehrte er sich 

lang andauernden Kampfe mit der machtigsten Vol- nicht ohne Miihe des vereinten Angriffs der Cali- 

kerschaft in der Mitte der Insel, den Briganten donier unter Calgacus in der Schlacht an dem 

(Tac. ann. XII 40), wiederum eingeleitet durch nicht genau zu bestimmenden Berg Graupius (s. 

Streit zwischen denPursten, Venutius auf der einen d.) und bezog Winterquartiere im Gebiet der eben- 

und seine ihm untreue Gemahlin Cartimandua falls unbekannten Borester (Agric. 38), wahrend 

und deren armiger Vellocatus auf der anderen seine Flotte die Nordkiiste bis zu den Orkaden 

Seite (Tac. hist. Ill 45). Der nachste Legat nach umschiffbe, damals zuerst feststellte, dass Britan- 
der nur einjahrigen Verwaltung des Q, Veranius 20 nien eine Insel sei, Thule sah oder zu sehen glaubte 

Nepos (58), C. Suetonius Paullinus (59—62) legte, (Agric. 10) und im partus Truce-utemis (Agric. 

wie es scheint, Deva (s. d.), das feste Lager der 38) tiberwinterte, dessen Lage ebenfalls nicht be- 

zwanzigsten Legion, im nOrdlichen Wales an und kannt ist. Agricola verzichtete also auf die Unter- 

besetzte voriibergehend von da aus die Insel Mona werfung von Calidonien wie auf die von Hiber- 

(Anglesey) , wobei wohl auch Segontium (Caer nien und zog sich, -wie es scheint, auf Eburacum 

Seyont), der Ubergangspunkt dorthin, befestigt zuriick; nur wenig nSrdlich dariiber hinaus er- 

wurde; auch Mona unterwarf endgiiltig erst Agri- streckte sich bis dahin der Provinzialbesitz. In 

cola (Tac. Agric. 13). Von dort rief den Suetonius dem situs Britanniae (Agric. 10—14; vgl. dazu 

Paullinus der gefahrliche Aufstand zuriick, der in L. Schumacher De Tacito Germaniae geographo, 
Camalodunum unter der Fiihrung der KOnigin 30 Berl. 1886, XI) fasst Tacitus mit Benutzung des 

der Ikener Boudicca, der Witwe des den Rflmern Caesar, Livius und FabiusRusticus die soweitvorge- 

ergebenen Prasutagus , inzwischen ausgebrochen schrittene Erkundung der Insel nicht ohne einige 

war (Tac. Agric. 15, 16; ann. XIV 31— 39. Dio Irrttimer (z. B. iiber die Lage von Hibernien zwi- 

LXII 1 — 12) und nach der Eaumung von Lon- schen Hispanien und Britannien) zusammen (Man- 

dinium und Verulamium (s. d.) nur mit Miihe nert a. a. O. 25), fiigt aber an anderen Stellen cine 

unterdriickt wurde {perdomita Britannia et sta- Anzahl wertvoller Beobachtungen hinzu , die er 

Um amissa, Tac. hist. I 2. 5). Diese Ereignisse dem Verkehr mit seinem Sehwiegervater verdankte. 

scheint Fabius Eusticus in einem Geschichtswerk Der zusammenhangende Bericht iiber die Ge- 

iiber die Zeit Neros genauer geschildert zu haben schichte der Provinz hort mit seiner Schrift auf. 
(Tac. Agric. 10). Nach den Jahren friedlicher Ver- 40 DasVerschwinden der neunten Legion unter Traian, 

waltung unter Q. Petronius Turpilianus (62 — 64), an deren Stelle von da an die VI. Victrix in Ebu- 

Trebellius Maximus (65—69) und M. Vettius Bo- racum stand (CIL VI 1549. VII 241), beweist 

lanus (69— 71) nahm der friihere Legat der neunten fortgesetzte Kampfe im Norden. Unter Hadrian 

Legion, die inzwischen ihr festes Lager wohl in nahmen sie einen so bedrohlichen Charakter an 

Lindum (s. d.) erhalten hatte, Q. Petillius Cerialis, (Front, p. 217 Nab. Hist. Aug. Hadr. 5, 2), dass 

der erste Legat des Vespasian in Britannien, den der Kaiser selbst eine Expedition nach Britannien 

Feldzug gegen die Briganten wieder auf, mit untemahm (Hist. Aug. Hadr. 11, 2) und im J. 122 

massigem Erfolg. Die Linie Lindum-Deva scheint durch den Legaten A. Platorius Nepos den grossen 

die zweite Nordgrenze der Provinz geblieben zu Grenzwall zwischen Newcastle und Carlisle an- 
sein. Einen wesentlichen Fortschritt in der Unter- 50 legte ; also bei weitem sudlicher als Agricolas Be- 

werfung der Insel bilden erst die Feldziige des festigungen zwischen Clota und Boderia (Glas- 

Cn, Iulius Agricola (78—85) , die wir nach den gow-Edinburgh). Diese Anlage, die erste befestigte 

Berichten seines Schwiegersohnes doch auch nur aus Wall und Mauer bestehende Nordgrenze der 

annahernd verfolgen konnen (der gelehrte Ver- Provinz mit ihren siebzehn Castellen , ist ziem- 

such des Generals W. Roy The Military Anti- lich genau bekannt (CIL VII p. 99ff. E. Hiibner 

quities of the Romans in North Britain u. s. w. Rom. Herrschaft in Westeuropa 39ff. ; Hauptwerk 

mit 51 Tafeln und Karten, Lond. 1793f„ die Feld- J. C. Bruce The Roman Wall, 3. Ausg. mit vielen 

ziige des Agricola topographisch genau festzu- Karten, Planen und Abbild.. Newcastle 1867 und 

legen, fiihrte nicht zu sichern Ergebnissen ; noch desselben Lapidarium septentrionale, ebenfalls mit 
weniger haben verschiedene Nachfolger geleistet). 60 Karten, Planen und Abbild., Newcastle 1870/75). 

Nach der schon erwahnten Unterwerfung der Or- Wahrscheinlich mit Hadrian war der sonst nicht 

doviker mid der Insel Mona im ersten Jabre seiner bekannte Grammatiker Demetrios von Tarsos in 

Verwaltung schritt er im dritten (80 n. Chr.), Britannien, der in Plutarchs Schrift De defectu 

wir erfahren nicht einmal, ob an der Ost- oder orac. redend eingefuhrt wird (Cap. 2) und von 

Westkiiste, bis zu dem der Lage nach unbekannten den wttsten Inseln um Britannien und ihrem 

Tanaum aestnarium vor (s. d.) und legte in jenen Daemonen- und Heroenkult berichtet (Cap. 18). 

Gegenden die ersten Castelle an (Agric. 22). Die Unter Pius schon griffen die Britten die Grenze 

neunte Legion, an deren Stelle in Lindum die von an (Paus. VIII 43, 4) , so dass dieser Kaiser im 



873 



Britanni 



Britanni 



874 



J. 142 durch den Legaten Q. Lollius Urbicus zur nien einzudringen begannen (Eumen. paneg. Con- 

Anlage eines zweiten Grenzwalls nordlich von dem stantio IV 18. 21. V 3. 9. 11. 17. 18. Eutrop. 

des Hadrian schritt, auf der alten einst von Agri- IX 21. 22). Constantin stellte die Ordnung wie- 

cola besetzten , aber langst wieder aufgegebenen der her (Eumen. paneg. Maxim, et Constant. VI 

Linie Clota-Boderia (Hist. Aug. Pius 5); wobei 4; Constant. VH 7). Im J. 360 setzte der Ma- 

. T T IT « «... 1 r.j -. 1 />- (' I * I 'l-J f • • * 1 -'- _--■! 

wurden (CIL VII 1041). Auch diese Befestigung lich, von Bononia, d. h. dem Portus Itius, nach 

mit ihren zehn Castellen ist wohlbekannt (CIL Eutupiae iiber, um die Einfalle der Calidonier 

VII p. 191ff.;Eom. Herrschaft in Westeuropa 48ff.); (oder Picti) und Scotten zurUckzuschlagen (Amm. 
nur Denkmaler des Pius und in seine Zeit ge- 10Marcell.XXIl,l. 9, 9). Weitere Einfalle der Picti, 

horige sind an ihr gefunden worden. Saxones, Scotti und Attacotti werden von den 

Um die Mitte des 2. Jhdts. ist in dem auf J. 365, 368 und 369 gemeldet (Amm. Marcell. 

den Messungen des Marinos von Tyros beruhenden XXVI 4, 5. XXVII 8, 1. 4—10. XXVIH 3, 1; 

Werk des Ptolemaios (I 2. 3) die gesamte Kunde vgl. Claud, de III cons. Honor. 53 — 58; de IV cons, 

des Altertums fiber Hibernien und Britannien ver- Honor. 26—33. Pacatus paneg. Theodosio Aug. 

zeichnet (Mannert I* 1, 135ff. n« 1, 26—32) mit XII 5. Geog. Rav. 423, 7. Baeda hist. eccl. 1 12 

einer trotz ihrer Fehler im ganzen bewunderns- — 14) ; auch ein Soldatenaufstand (Procop. Vandal. 

werten Genauigkeit (vgl. H. Bradley Eemarkson I 2 am Schluss). Doch erscheinen in der Notitia 

Ptolemys Geography of the British Isles, Archaeo- dignitatem noch samtliche Castelle des litus Sa- 
logia XLVIH 1885, 379— 396). Die beiden Grenz- 20 xonicum (occ. XXVIH 1—21) mit romischen Be- 

wallewerdenjedochentsprechenddereingehaltenen satzungen, was freilich fur die Zeit nicht be- 

Regel der Aufzeichnungen darin nicht erwahnt. weisend ist. Unter Honorius im J. 407 wurden 

Das antoninische Itinerar (463, 3—486, 17) rechnet trotz der Bitten der Einheimischen die romischen 

nicht vom Antoninuswall , sondern von den zwi- Truppen fast ganz aus Britannien zuruckgezogen 

schen ihm und dem Hadrianswall liegenden Sta- (Zosim. V 27. 43. VI 2ff. Sozom. hist. eccl. IX 

tionen Bremenium mid Blatum Burgium in siid- 11 if.) und die herbeigerufenen Sachsen traten an 

licher Eichtung (464, 1 und 467, 1), wahrend die ihre Stelle (Baeda hist. eccl. 1 12). Das geogra- 

Karte des Ravennaten (423, 5 — 441, 22) die Statio- phische Wissen des spateren Altertums fiber Bri- 

nen beider Grenzwalle (432, 7 — 19 und 434, 19 tannien fassen kurz zusammen Orosius (I 2, 36 
— 435, 12) aufzahlt. Die Peutingersche Tafel ent- 30 — 40) und die Cosmographia Aethici (Eiese Geogr. 

halt nur den siidlichen Teil von Britannien. Lat. min. 98, 36 — 40). 

Unter Marcus (Hist. Aug. Marc. 8, 7. 22, 1. Uber die altesten schon bei Caesar (b. Gall. 

Eumenius paneg. Constantio V 14) und Commo- V 12, 1) bezeugten BevOlkerungsschichten der 

dus, der zuerst den bei den meisten Nachfolgern beiden volkreichen Inseln gehen die Meinungen 

wiederkchrenden Siegestitel Britannicus gefuhrt auseinander , da erschopi'ende anthropologische 

hat, gab es neue Kampfe an der nOrdlichen Grenze und ethnologische Untersuchungen noch fehlen. 

(Dio LXXII 8. Hist. Aug. Pertin. 3, 5) und auf- Auch ist das Verhiiltnis des Altkeltischen zu 

standische Bewegungen (Hist. Aug. Commod. 8, 4); den jfingeren keltischen Idiomen der Inseln 

das gallische Gegenkaisertum des Clodius Albinus noch nicht allseitig aufgeklart (vgl. Zeuss 
(s. d.) stiitzte sich auf das britannische Heer. Se-40Die Deutschen und ihre Nachbarstamme 196ff.). 

verus, der mit seinen Sohnen seine letzten Lebens- J. Rhys (Celtic Britain Iff. und in weiterer Aus- 

jahre (208 — 211) in Britannien, im Kampf mit fiihrung der sprachlichen Untersuchung in den 

denCalidoniernundMaeaten(DioLXXVIIll — 15) Rhind lectures, the Scottish Eeview XV 1890, 

zugebracht hat, untemahm eine vollige Wieder- 233—252. XVI 1891. 30—47. 240—256. XVII 

herstellung des hadrianischen Baues, wie zahl- 1891, 60—82. 332—349. XVIII 1891, 120— 143) 

reiche Denkmaler beweisen (die Zeugnisse bei Dio u. a. unterscheiden unter den Inselkelten die friiher 

LXXVI 12. 13. HeTodian. HI 4, 10. Hist. Aug. eingewanderte goidelische (oder gaelische) Gruppe, 

Sever. 18. 22. Victor Caes. 20. Eutrop. VIII 19. deren Nachkommen in Ireland, der Insel Man und 

Hieron. chron. 01. 247, 2 p. 177 Sch. Oros. VII in den schottischen Hochlanden, weiterhin in einem 
17. Cassiod. chron. zum J. 207, woraus Gildas 1 50 Teile von Wales und in Devon sich erhalten haben, 

12. Nennius 19 und Baeda hist. eccl. I 5 mit und die jiingere spater eingewanderte britannische 

vielen Irrtumern schOpfen , und eine eingehende (oder brythonische) Gruppe, deren Sprache in der 

Wurdigung der Streitfrage CIL VII p. 100f.). Auch franzosischen Bretagne , in Cornwall und einem 

legte Severus eine Anzahl von grCsseren Castellen Teil von Wales fortlebt. Die altere Gruppe scheint 

zwischen dem Wall des Hadrian und dem des allmahlich gegen Westen und Norden zuriickge- 

Pius an, wie Habitancium (s. d.). Unter den drangt worden zu sein. Zu der jfingeren gehOren 

folgenden Kaisern bis auf den alteren Theodosius die meisten britannischen Volkerstamme diesseits 

(Amm. Marcell. XXVILT 3, 7) ist wenigstens der des Firth of Forth, die sich in Sprache und Sittc 

Hadrianswall sorgfaltig im Stand gehalten worden, nur wenig von den Kelten des gallischen Fest- 
wie aus der Aufzahlung der Castelle per lineam 60 landes unterschieden. Von einer vor beiden vor- 

vaUi in der Notitia dign. (occ. XL 32 — 56) und handenen (ligurischen oder iberischen?) UrbevOl- 

aus den inschriftlichen Denkmalern hervorgeht. kerung sind Spuren in Steindenkmalen, wie dem 

Der Wall des Pius muss friiher aufgegeben wor- von Stonehenge bei Salisbury und ahnlichen, in 

den sein, da er im antoninischen Itinerar und in Cromlechs, Dolmen, Maenhirs u. s. w., femer in 

der Notitia dign. fehlt. verschiedenartigen Grahern und ihrem Inhalt, so- 

Unter Diocletian erhoben sich auf der Insel wie in Pfahlbauten der irischen und schottischen 

die Gegenkaiser Carausius (s. d.) und Allectus Seen vorhanden (fiber die sog. vorhistorische Zeit 

(s. d.), wahrend Franken und Sachsen in Britan- W. B. Dawkins Early Man in Britain u. s-. w. 



875 



Britanni 



Britanni 



876 



mit 168 Abbild., Lond. 1880. J. Anderson Scot- 
land in pagan times mit zaMr. Abbild. , Edin- 
burgh 1886. J. Evans The Ancient Stone Imple- 
ments, weapons and ornaments of Great Britain, 
mit 2 Taf. 476 Abbild., Lond. 1875 und The 
Ancient Bronze Implements u. s. w. of Great 
Britain and Ireland, mit zahlr. Abbild., Lond. 1881). 
Die HauptvOlkerschaften (fiber die die einzelnen 
Artikel zu vergleichen) sind an der siidlichen Kuste 
im Sudwesten die Dumnonii und Durotriges mit 
den Stadten Isca, Moridunum und Durnovaria; 
weiter ostlich die Belgae mit Sorbiodunum und 
Venta Belgarum, und die Regni (vielleicht fiir Be- 
gird; Rhys verrmitete Regnii von dem regnum des 
Cogidubnus; doch wtirde man dann eher Begnmses 
erwarten) mit Clausentum am grossen Hafen und 
ihrer civitas (Chichester), im Osten die Cantii 
mit dem Hafen Rutupiae, der ,Burg der Cantier' 
Durovernum (Canterbury) und Londinium. Es 
folgen davon nOrdlich in der Richtung von Osten 
nach Westen die Trinovantes mit Camalodunum; 
die Iceni (oder Eceni der Miinzen) mit Venta 
Icenorum, die Catuellauni mit Verulamium, die 
Atrebates (oder Atrebatii) mit Calleva, die Do- 
buni mit Glevum. In den Bergen von Wales 
sassen die Silures mit Isca Silurum und Venta 
Silurum, die Ordovices mit Mediolanium, die Cangi 
(oder Geangi) mit Segontium, die Demetae im 
aussersten Westen mit Maridunum. Im Mittel- 
lande sass bis in den Norden hinauf die grosse 
VClkergemeinschaft der Brigantes (s. d.) mit Ebu- 
racum; vielleicht gehOrten zu ihnen ursprtinglich 
die Cornovii mit Durocornovium(?), Deva und Viro- 
conium, die Coritani mit Lindum und Ratae, die 
Parisii. Die nOrdlich vom Clota und Boderia in der 
Britannia barbara (Hist. Aug. Hadr. 11) wohnen- 
den Calidonii zerfielen ebenfalls in eine Reihe 
von einzelnen Volkern; ebenso die Hibernier. In 
rSmischer Zeit scheinen einzelne Vslkerschaften 
des Stidens oder aus ihnen ausgehobene Krieger 
im nordlichen Britannien angesiedelt worden zu 
sein (Catuvellauni CIL VLT 863, Dumnonii 775. 
776; s. d.). 

Die in ihrem altesten Bestande bis auf Py- 
theas und Timaios (Diod. V 21) zuriickgehenden 
Nachrichten fiber die Sitten der Bewohner, das 
Klima der Insel und ihre Erzeugnisse u. s. w. bei 
Caesar, Diodor, Strabon, Mela, Plinius, Tacitus, 
Dio (an den oft angefuhrten Stellen) bedurfen sehr 
der kritischen Sichtung und chronologischen Unter- 
scheidung. Die Inselkelten (auch die Calidonier) 
werden als langhaarig, blond und hochgewachsen 
geschildert (Caes. b. Gall. V 14. Strab. IV 200) 
und tragen den Knebelbart wie die festlandischen 
Kelten, wahrend sie sich im iibrigen schoren; dass 
dem Agricola die Silurer als briinett und kraus- 
haarig erschienen wie die Iberer, mag auf ein- 
seitiger Beobachtung beruhen (Tac. Agric. 11). 
Auch an Sprache und Sitten erschienen besonders 
die siidlichen Stamme den festlandischen Kelten 
nachst verwandt, wenngleich noch weniger kulti- 
viert in Kleidung, Nahrung und Wohnung. Sie 
gelten fiir iiospitibus feri (Horat. c. HI 4, 33), 
und iiberhaupt fiir ferociores, weil noch nicht, 
wie die Gallier, durch lange Priedenszeit verweich- 
licht (Tac. Agr. 11). Als Besonderheit gait das 
Farben des Kerpers mit vitrum (Waid), das aber 
schwerlich allgemein war (Caes. b. Gall. V 14, 2. 



Mela HI 51. Herodian. HI 14). Ebenso ist die 
vielbesprochene Weibergemeinschaft (Caes. b. Gall. 

IV 14, 4. Dio LXXVI 12), wenn iiberhaupt richtig 
beobachtet, woran wohl nicht mit Recht von den 
Anthropologen gezweifelt wird, nur auf der tief- 
sten Stufe gesellschaftlicher Entwicklung mOglich. 
Sie findet ihre Erklarung in der den Britten mit 
den iibrigen Kelten und den Iren eigentumlichen 
Clanverfassung, die auf gemeinsamem Heerden- 

10 und spater auch Ackerbesitz beruht (vgl. dariiber 
A. Meitzen Siedelung und Agrarwesen derWest- 
germanen und Ostgermanen, der Kelten, Romer, 
Pimien und Slawen, Berlin 1895, I 174ff., bes. 
229—232). Kleidung in Tierfelle und Ernah- 
rung durch Milch und Fleisch bei den nicht 
an der Kuste wohnenden Stammen (Caes. b. 
Gall. V 14, 2) , sowie die kannibalischen Nei- 
gungen der britannischen Atticotti (s. o. S. 859), 
die Hieronymus als Jiingling in Gallien, wo sie 

20 wohl im Heere dienten, selbst beobachtet haben 
will (advers. Iovin. II 7), gehoren derselben Ent- 
wicklungsstufe an. Hasen, Hiihner und Ganse 
verschmahten zu Caesars Zeit die Vornehmen, 
obgleich sie diese animi voluptatisque eama 
aufzogen (b. Gall. V 12, 6); auch die Calidonier 
sollten die in Menge vorhandenen Fische niclit 
geniessen, obgleich sie in ihren Hutten nackt und 
barfuss hausten und von Jagdbeute und Baum- 
friichten lebten (Dio LXXVI 12). An die Stelle 

30 der fruher allgemein herrschenden KOnigsgeschlech- 
ter (nur ausnahmsweise scheinen Frauen wie Car- 
timandua und Boudicca die Herrschaft gefiihrt zu 
haben; vgl. Tac. Agric. 12. 16) traten wohl auch 
in Britannien zuweilen gewahlte Heerfuhrer oder 
die Herrschaft der Gemeinde (Tac. Agric. 12). 
t'ber ihre Miinzen ist schon gesprochen worden; 
denen der KOnige gehen schriftlose Gold-, Silber- 
und Erzmiinzen voran. Daneben waren Erz, das 
von auswarts kam, und Eisensta.be nach dem Ge- 

40 wicht Tauschmittel (Caes. b. Gall. V 12, 4). Mun- 
zen aus Zinn sind nicht in den Zinndistricten, 
sondern nur bei den Cantiern gefunden worden 
(Evans a. a. O. Iff.). Die besondere Art ihrer 
oppida fiel alien Berichterstattern seit Pytheas 
auf; Reste solcher oppida, aber aus sehr versehie- 
denen Zeiten, sind in Wales und Scbottland vor- 
handen (Nachweisungen im Herm. XV 1880, 603). 
Als die Hauptbesonderheit ihrer Kriegfuhrung gait 
der (homerische) Wagenkampf schon dem Pvtheas 

50 (Timaios bei Diod. V 31, 3. Strab. IV 200. Ar- 
rian. tact. 19, 2. Dio LXXVI 12). Bei Caesar 
heissen ihre Streitwagen essedae (b. Gall. IV 33. 

V 15. 16; bei Cic. ad fam. VII 7, 1 essedum), 
bei Mela (III 52) und Tacitus (Agric. 12. 35. 36) 
covinni. Doch sind sie zu Tacitus Zeit nur noch 
bei den Calidoniern in Gebrauch ; die Britten sind 
zwar auch gute Reiter, aber in pedite robur (Agric. 
12). Sie kennen weder Helm noch Panzer (Agric. 
35); Lanzen und kurze Speere mit daran befestig- 

60 ten Kugeln, durch deren Gerausch sie die Feinde 
schrecken , und Schwerter sind ihre Waffen (Dio 
LXXVI 12); ihre nur bei Dio (LXH 12) erwahn- 
ten Schlachtgesange beruhen wohl auf rhetorischer 
tlbertreibung. Caesar berichtet, dass die Druiden 
des Festlandes ihre disciplina aus Britannien als 
dem Lande ihres Ursprungs sich zu holen pflegten 
(b. Gall. VI 13. 14; danach Tac. Agric. 11 eorum 
sacra, namlich Gallorum, depreltendas supersti- 



877 



Britanni 



Britanni 



878 



Honum persuasione) ; im Feldzuge des Suetonius 
Paullinus gegen Mona begeistern die Druiden 
selbst die Frauen zum Widerstand ; ihre heiligen 
Haine werden zerstort, in denen sie Gefangene 
opferten und aus menschlichen Eingeweiden weis- 
sagten (Tac. ann. XIV 30). Hiernach wird das 
vielbesprochene Druidentum vielfach als den vor- 
keltischen Urbewohnern der Insel eigentiimlich 
angesehen (Rhys Celtic Britain 69). Auch die 



fast ganz und Blei tritt seit der romischen Erobe- 
rung an seine Stelle. Die edlen Metalle, auf die die 
Eroberer gerechnet hatten, wie aus Ciceros Briefen 
(s. o. S. 866) hervorgeht, Gold, Silber, Eisen, werden 
von Caesar, Strabon, Mela. Tacitus, Eumenius zwar 
als vorhanden genannt, kamen aber wohl nur in ge- 
ringen Mengen vor. Auch die britannischen Edel- 
steine (Mela UI 51) und Perlen waren minderwertig 
(Tac. Agric. 12), wie jener von Caesar der Venus 



oben erwahnten Berichte des Demetrios von Tarsos 10 Genetm geweihte Panzer aus brittischen Perlen 



aus hadrianischer Zeit fiber den Daemonen- und 
Heroenkult auf den Inseln von Britannien zeugen, 
falls sie nicht auf willkurlicher Deutung beruhen, 
fur eine selbstandige Ausbildung des Religions- 
wesens. Die in Britannien gefundenen Inschriften 
haben eine ziemliche Anzahl dort verehrter meist 
localer Gottheiten kennen gelehrt, deren Namen oft 
als Beinamen rOmischer Gotter erscheinen, wie 
Apollo Maponus und Anextiomarus (Ephem. epigr. 
VII 1162), Iuppiter Tanarus, Mars Belatucadrus 20 
Cocidius Condates Corotiacus Nodon oder Nodens 
Rigisamus, Minerva Sulis u. a. (s. den Index zu 
CIL VII p. 330). Aber viele von ihnen sind, wie 
die auch hier verehrten Matres, von den Truppen 
aus ihrer Heimat verpflanzte keltischen Ursprungs ; 
so vielleicht Ancasta Antenociticus Contrebis Ia- 
lonus Setlocenia; andere sind germanischen Ur- 



zeigte (Plin. n. h. X 116; vgl. Tertull. de cultu fern 
I 5. Amm. Marcell. XXIII 6, 88). Bekannt waren 
schon im Altertum die britannischen Austern (Plin. 
n. h. XXXII 6) von Rutupiae (Iuv. IV 141; vgl. 
Auson. epist. V 36). Ausserdem wurden Sclaven 
und Felle ausgefiihrt (Strab. IV 200), dagegen 
Hals- und Armschmuck, sowie Pferdezeug mit 
Elfenbein ausgelegt, Bernsteinwaren, Glasgefasse 
und andere Kurzwaren eingeffihrt (ebd.). 

Uber die rOmische Verwaltung von Britannien 
s. CIL VII p. Iff. und Marquardt R6m. Staats- 
verwaltung I 2 284—288, wodurch die alteren Dar- 
stellungen in W. Camdens Britannia (zuerst 
1586) und J. Horsleys sehr verdienstlicher Bri- 
tannia Romana (1732) entbebrlich sind. Severus 
teilte im J. 197 die bis dahin nur von einem 
Consularen (legatus Augusti pro praetore) ver- 
waltete Provinz , dem wie tiblich ein Procurator 



sprungs, wie Garmangabis Harimella Ricagambeda waltete Provi , 

Viradesthis und Mars Thingsus (Ephem. epigr. Augusti (auf Inschriften Ofter genannt) zur beite 

VII 1040 1041) Auf die Besonderheit religiOser 30 stand (daneben erscheint seit Hadrian der lega 

'" i "" IV> *«^-»/- _ ... . , . O . ... nrT TTT 1O 0l3 KM. ^-™1 o.,/>l< Ai, 



Vorstellungen der Britten ist vorderhand kein 
Schluss daraus zu Ziehen. 

Das Klima wird als von dem heutigen wenig 
verschieden, mehr feucht und ncblig als kalt ge- 
schildert (Caes. b. Gall. V 13, 7. Strab. IV 200. 
Tac. Agric. 12. Eumen. paneg. Constantino Aug. 
VH 9); das Land als hugelig und waldig (Mela 
HI 51) mit viel Heiden und Sumpfen. Doch ver- 
misste Caesar Buchen und Tannen (b. Gall. V 



tus iuridicus CIL VI 1336. 1509 ; vgl. auch die 
Inschrift von Vieui, Memoir, des Antiquaires de 
France XXXVII 1876, 34\ in Britannia superior 
und inferior (Herodian. Ill 8, 2. Dio LV 23. CIL 
III 6995. VH 280. 281. VITI 1578. 2080. 2766. 
5180). Die Grenze bildete vielleicht Eburacum, 
von dem nordlich die inferior begonnen haben 
kSnnte (CIL Vn p. 4). Unter den Consularen stan- 
den die Legaten der vier, spater drei britanni- 



12,5). Der Hauptreichtum der Britten bestand 40 schen Legionen (s. o.); besondere Legaten der 



in Herden, wie alle Zeugnisse bekunden. Ihre 
Pferde werden als klein und hasslich, aber aus- 
dauernd bezeichnet (Arrian. tact. 19, 3). Jagd- 
hunde wurden Dach Gallien ausgefiihrt und dort 
auch im Kriege benutzt (Strab. IV 199f.). Acker- 
bau trieben zuerst nur die den Siiden bewohnen- 
den aus Gallien eingewanderten Stamme (Caes. 
" " "" " Strab. IV 199); spater war 



oberen und unteren Provinz sind bisher nicht be- 
kannt geworden (wenn Virius Lupus unter Se- 
verus bei Ulpian Dig. XXVIII 6, 2 § 4 Britan- 
niae praeses heisst, so ist das nur die damals 
ilblich werdende kurze Bezeichnung fiir den Lega- 
ten; so auch CIL VIII 11763). Nach der dio- 
cletianischen Verfassung zerflel Britannien in die 
vier Provinzen Britannia prima, Britannia se- 
cunda, die die siidlichen, Maxima Caesariensis 



b. Gall. V 12, 2. . . 

das Land ausser an 01 und Wein pattens frugum, ._ , ...... ,,. , n 

nur dass sie spat reiften (Tac. Agric. 12). Im 50 und Flavia Caesariensis, die die nOrdhchen Ge- 
4. Jhdt, war das Land eine Komkammer fur Gal- biete umfassten (so im Latercul. \ eron. vom J. ^97 



lien (Zosim. ffl 5. Amm. Marcell. XVHT 2, 3). 
Unter den Metallen, die Britannien lieferte, nehmen 
Blei und Zinn (plumbum, nigrum et alburn,^ stan- 
num) seit altester Zeit den ersten Platz ein (der 
alte Periplus, Avien. ora marit. 95ff. Pytheas bei 
Timaios, Diod. V 22, 5. Plinius IV 104. Caes. b. 
Gall. V 12, 4; fiber die romischen Bleibergwerke 
seit Claudius E. Hfibner Rh. Mus. XII 1857, 



m Seecks Ausg. der Notit. dign. p. 249, Riese 
Geogr. Lat. minores p. 127). Ein praeses pro- 
vinciac Britanniae primae zuerst auf der Inschrift 
von Durocornovium (s. d. , Korrespondenzbl. der 
Westdeutschen Ztschr. X 1891, 234). Unter den 
Kaisern Valentinian, Valens und Gratian im J. 369 
wurde durch den alteren Theodosius das vorher in 
die Hande der Barbaren gefallene nordlichste Gebiet 



347—371, die Aufschriften der aus den britanni- 60 unter dem Namen Vakntimana zu emer runtten 
- - - "■"■ — - Provinz gemacht (Vale ntia bei Ammian, Valentin 

oder Valentina einige Hss. des Laterculus des 
Polemius Silvius in Seecks Ausg. der Notit. 
dign. p. 260, Riese Geogr. lat. min. p. 132). So 
erscheinen in der Notitia dign. unter dem liea- 
rius Britanniarwn, der dem praefectm praetorio 
Galliarum unterstellt war, die beiden eonsidares 
der Maxima Caesariensis und der Vakntiniana 



schen Bergwerken gewonnenen Barren CIL VII 
p. 220ff. nr. 1196—1221); nur wenige Gefasse aus 
Zinn haben sich erhalten (CIL VTI 1. 1220. Ephem. 
epigr. VII '812); J. Charles Cox The Mining 
Operations and Metallurgy of the Romans in Eng- 
land and Wales (Archaeological Journal LII 1895, 
25—42) giebt die neueste sachverstandige t)ber- 
sicht: Zinn verschwindet danach um Christi Geburt 



879 



Britannia 



Britomartis 



880 



und die drei praesides der Britannia prima und 
secunda und der Flavia Caesariensis (occ. XXIII), 
ferner der eomes litoris Saxonid per Britanniam 
mit neuii ihm unterstellten Besatzungen (occ. 
XXVIII), der eomes Britanniae (occ. XXIX) und 
der dux Britanniarum mit vierzehn ihm unter- 
stellter Garnisonen siidlich vom Hadrianswall und 
denen per lineam valli, vierundzwanzig an Zahl. 
Diese geben den Besatzungsstand der diocletia- 



sammeugehangen habe. Der aestus maritimi Bri- 
tannici gedenkt Cic. n. d. Ill 24. [Hfibner.] 

Britannicns, Sohn des Kaisers Claudius, s. 
Claudius. 

Britho (BQi&m), eine der melischen Nymph'en, 
Tzetz. Hes. op. 144. [Hoefer.] 

Britolagai (BgnoXdyat, Ptol. Ill 10, 7), Volks- 
stamm in Moesia inferior nOrdlich von den Istros- 
miindungen gegen den Hierasos (Seret) und die 



nischen Verwaltung an (Mommsen Herm. XIXlOPeuMnoi hin ; der Name zeifft ebenso wie N 



1881, 233f.). Nicht viel weiter herab reichen auch 
die inschriftlichen Zeugnisse fiir die romische Ver- 
waltung und das romische Leben in der Provinz 
die das CIL VH (Berl. 1873 mit den Nachtragen 
Ephem. epigr. Ill 1877 p. 113—155. 311—316. 
IV 1881 p. 194—212. Vni 1890 p. 273—354) 
zusammenstellt. tlber das romische Strassennetz 
der Provinz, soweit es durch Meilensteine bezeugt 
ist, vgl. CIL VII p. 206-214 (wo auf die stets 



dununi und die nur in der Hs. X bezeugte gothiscbe 
Ortschaft Aliobrix echt keltisches Geprage. C. 
M tillers Vorscblag Brigolagai, sowie Latobrix 
fur Aliobrix, ermangelt der Sicherheit. 

[Tomaschek.] 

Britomartis (BQttofmgzig ; BgtzdfiaQTig Bull, 
hell. VI 1882, 23; B e vz6fta e zcg Rangabe Ant, 
hell. 691, vgl. Art. Bryte), eine spater in Ar- 
temis aufgegangene Gflttin hauptsachlich des Ost- 



anwachsende Litteratnr fiber die Spuren romiseher 20 lichen Kreta, die seit Kallimachos 



Strassen in alien Teilen der Insel hingewiesen 
wird); die Meilensteine reichen von Hadrian bis 
auf den jtingeren Constantin (337 n. Chr.). Fiir 
die Zeit etwa vom 5. bis 8. Jhdt. treten ergan- 
zend hinzu und veranschaulichen den tibergang 
vom Altertum in das Mittelalter, die meist in 
Cornwall,- Devon, Wales und Schottland gefunde- 
nen Inscriptiones Britanniae christianae (Berl. 
1876; ein Supplement in Vorbereitung). Eine 



in unseren 



Quellen eine schwer lOsliche Verbindung mit der 
wesensahnlichen westkretischen (Artemis) Diktynna 
als deren Nymphe eingegangen ist, urspriinglich 
aber mit ihr gemeinsame Heimat im Westen ge- 
habt zu haben scheint. 1. Kreta: a. Knosos nennt 
im Schwur von Staatswegen die B. unabhangig 
von Artemis und von ihr durch mehrere Gotter- 
namen getrennt , Rangabe Ant. hell. 1029. Ca uer 
Delect. 2 121; ebenso b. Dreros (ebd.), c. Lato 



erschfipfende Darstellung des romischen Britan-30und d. Olus: Chishull Ant. Asiat. 136: in Olui 

nSfin -foViH- nr»/»Vi 1 j-t.- • . -■ _i • l t i ir „ t^t- i ~ 



nien fehlt noch. 

Die besten Karten des rOmischen Britanniens 
sind die von H. Kiepert in den Formae orbis 
antiqui (Berl. 1894) Blatt XXVI Insulae Bri- 
tannicae mit eingehenden, und von F. Haver- 
field in dem Historical Atlas of Modern Europe 
(Oxford, Clarendon Press, 1896) Blatt XV Ro- 
man Britain mit kiirzeren Erlauterungen. 

[Hfibner.] 



hattesie ein daidalisches Xoanon: Paus. IX 40, 
3; e. in Cherronesos: Bgizofidgzeoog (statt des ge- 
wohnlichen - tSoe) isqov. Strab. X 479; f. nach 
Gortyn versetzt Altare der roQivvk vvf«p7j B. 
Kallimachos Hymn, in 189ff. Diese Kultorte lie- 
gen im Kreise um das ostkretische Atxztj-Gehirge 
(Aixzawv), das, mitten im Land gelegen, bei Kalli- ' 
machos der schliossliche Schauplatz des angeb- 
lichen Meeressprungs der B. ist (!). Hinter ihm 



Britannia, Gottin, die Personification des40musste als eehter ursprunglicher Schauplatz das 
Landes, auf den Inschriften aus York CIL VII insMeerhineinreichendewestkretische Amtvvvcuov- 



232 Britanniae sanctae P. Nikomedes Aug(ush>- 
rumj nfostrorum) libertus; Castlehill (am Wall 
des Pius) VLT 1129 Gampestribus et Britann(iae) 
[vgl. Britannae (Matres)], und Kerschbach (Nori- 
cum) CIL III 5300 [NJorciae re[g(inaej ejt Bri- 
tannia [ej. Vgl, VLT 1103 Genio terrae Britan- 
nicae (auch nr. 22). Steuding Roschers Lexi- 
kon I 821. Holder Altcelt. Sprachschatz s. Bri- 
tannia Sp. 588f. [Ihm.] 

Britannicum mare (Mela ni 48. Tertullian 
de cultu fem. I 5. Amm. Marcell. XXIII 6, 88. 
Iul. Honor, cosmogr. 15 p. 33, 17 R.) oder Bri- 
tannicus Oeeanus (Mela I 15. II 85. Plin. n h 
IV 109. VLT 206. Eutrop. VI 17, 2. Hieron. in 
genes. 10, 4 [aus Varro]. Oros. I 2, 63. Dimen- 
suratio prov. p. 14, 31 R. Geogr. Rav. 322, 15. 
325, 1. 344, 15 P.; Bgczzavixog dyy.eavog Ptol. II 
3, 3. 8, 2. 9, 1. VHI 3, 2. 5, 2. Anonym. Geogr 



Vorgebirge mit seinem Diktynna- (nicht B.-) Tem- 
pel vermutet werden (anders Rapp Roschers Myth. 
Lex. I 822f.), auch wenn nicht schon im Alter- 
tum sich Widerspmch gegen dieses kallimachische 
Eindringsel aus dem Diktynnamythos erhoben 
hatte. Der grosse Apollodoros (bei Strab. a. O. 
Diodor. V 76 und dem Schol. Arist, Ran. 1356) 
rugt an dem von ihm so oft bemangelten Kal- 
50limachos (Niese Ehein. Mus. XXXI 1876, 275. 
302. 297), bier wohl mit Recht, die Eimnischung 
des Minos und seiner neunmonatlichen Liebes- 
verfolgung, der Fischer und ihrer Netze, wie des 
Diktebergs in den Mythos von B., also den Namen 
Aixzvvxa und dessen aixtor, den Sprang ins Meer. 
Sie sind auszuscheiden aus dem B.-Mythos bei 
Kallimachos und dem von ihm abhiingigen Dio- 
genianos im Schol. zu v. 190 (gekurzt bei Hesych.), 
ebenso das Ji'xr^-Gebirge, fur das die dixzva als 



gr. min. II 500), das Meer_ zwischen Gallien und 60 etymologisches atuov nicht passen; es empfahl 



Britannien oder (nach Plinius) zwischen den Miin- 
dungen des Rhenus und der Sequana; d. h. der 
beutige Canal von England oder La Manche. Auch 
nennt Strab. II 128 das fretum Gallieum oder 
den Pas de Calais Bqezzavixog xogfyiog. Servius 
zu Vergils penitus toto divisos orbe Britannos 
(Eel. I 66) will wissen, dass er erst spater ent- 
standen sei und Britannien einst mit Gallien zu- 



sicb nur dem Kallimachos wegen der Namens- 
ahnlichkeit und seiner Lage inmitten der B.-Kult- 
statten als Anknupfungspunkt fur die Einflech- 
tung von Diktynnamotiven. So bleiben fur die 
B. als echtes Eigentum der Name rvfttprj elkoyo- 
vog, bboxoxog, das Hinstreifen durch Wiesen- und 
Waldgebirge, die Liebe der Artemis, im Kult eine 
der beiden heiligen Pflanzen (als ozi<pog) Fichte 



881 



Britovius 



Briva 



882 



oder axwog (Mastix), wovon die andere der Di- 
ktynna gutzuschreiben ist (vielleicht mit dem /ivq- 
zov, s. Art. Diktynna); ferner die Jagdnetze, die 
gegen die Fischernetze der kallimachischen Con- 
tamination von den Verteidigern des unver- 
mischten B.-Mythos ausgespielt werden, die sie 
entweder erfand (Diodor. a. O.), oder in die sie 
zufallig geraten sein sollte (Schol. Aristoph. Ran. 
1356) ; endlich darf man ihr als einer Landnymphe 
auch aus der spateren von Kallimachos beein- 
flussten Litteratur unbedenklich noch die Liebe 
zu S(>6fioi und &tfeat zuweisen (Paus. II 30, 3; 
vgl. Verg. Cir. 297), zu Pfeil und Bogen (Verg. 
a. O. 299), und Hunden (v. 308), die ihr auch in 
einem kretischen Tempel gehalten wurden (Philostr. 
v. Apollon. VIH 30 ; vgl. u. das Zeugnis des Ne- 
anthei) und das wallende Haar (Claudian. laud. 
Stilich. 302f., vgl. 251). Unbeschadet der oben ver- 
suchten Trennung von B. und Diktynna wird man 
aber doeh anerkennen mttssen, dass die Genealogie 
nach dem westlichen Centrum des Diktynnakults 
zu weisen scheint. Diodor (V 76, gegen Kalli- 
machos) lasst sie zu Kavco geboren werden ; wenn 
darin sich die antike Form des heutigen Namens 
fur Kydonia, Kanea, bergen sollte, so wiirde da- 
zu die Herleitung stimmen von dem aus Tarrha 
(unweit Kydonia) stammenden Karmanor, Vater 
des Eubulos, Vaters der Karme, die dem Zeus 
die B. gebar: nach epichorischer Sage bei Paus. 
II 30, 3 = z. T. Diod. V 76. Nach Anton. Lib. 
40 = Verg. Cir. 220 stammt aber Karme viel- 
mehr vom Agenofsohn Phoinix und der Arabios- 
tochter Kassiepeia ab. Nach Neanthes v. Kyzi- 
kos 3i. xeIetwv frg. 23 aus Phavorin. s. Botto- 
fia S zig p. 391, 7, FHG HI 8, vgl. Et, M. p. 214, 
25 wurde B. dem Zeus vori Hekate geboren, ob- 
wohl ihm von ihr ein Sohn durch Orakelausspruch 
verkiindet war, durch den er entthront werden 

wiirde. 2. Delos kermt'Agrefiioia BQirafiaqzia, Bull, 
hell. VI 1582, 23. 3. Synkretismuo mit verwandten 
Gflttinnen (ausser mit Diktynna) zeigt a. Aigina, und 
zwar mit der dortigen Artemis 'Atpala (s. Bd. II 
S. 1 381 , 5ff.) : Auctor ^tx^Ejuxkrfaeig -freaiv W e n t z e 1 
VI 16f. bei Paus. Ill 14, 2 (= Verg. Cir. 303). 
II 30, 2 (Mythos). Nikandros bei Antonin Lib. 
40, wo der Index B, [/isTaftoQ(povzacJ dg £davov 
'Atpaiav den Mechanismus der Identificierung auf- 
deckt; das Igoavov war ein Sixrvoig e).y.6jievor, wie 
manches dionj-sische, und erinnerte so an die 
durch Fischer mit Netzen aus dem Meer gerettete 
lebende Nymphe der Artemis Diktynna. b. Ke- 
phallenia mit der Artemis Aa<p(>ia (von Kalvdon) : 
Nikandros ebd., vgl. Apuleius met. XI 5 ; c. Sparta 
mit Artemis Acuvaia und 'laooiola: Paus. Ill 14, 
2, missverstandlich nach der Sammlung von 'Exi- 
xkrjoEig, deren Zusammenstellung der Perieget fiir 
Gleichsetzung hielt (W e n t z e 1 VI 1 6. Wide Lakon. 
Kulte 109); d. Argos, wo nach Nikandros a. O. 
die angeblich aus Phoinike stammende B. die 
TOehter des Erasinos, Byze, Melite, Maira und 
Anchinoe besuchte. Verfeblte antike Etymolo- 
gien sind die des EtjTii. M. (weil sie als vvficpr) 
Bfiloaig vv/tcpaig 6/uagzet) und des Myth. Vat. 
II 28 (Brite Martis sc. filia); richtig diejenige 
Solins XI 8 = dulcis mrgo, von Hesych. {Iqizv = 
■y?.vxi<- K@ijTeg und Steph. Byz. s. rd£a' /lagvd 
= JiaQdevog. [Tumpel.] 

BritoTiuSj einer der zahlreichen topischen Bei- 



namen des keltischen Mars auf zwei Inschriften 
aus Nemausus, CIL XII 3082: A<ug(usto) Marti 
Britovio (der Altar ist mit verschiedenen Relief; 
darstellungen geschmuckt, unter der Inschrift ein 
Stier und ein Widder). 3083 (verschollen) : MafrtiJ 
BritofvioJ Valerius A. [f.] Martialis v. s. I. m. 
J. Becker Rhein. Jahrb. XLLI 99. Holder Alt- 
celt. Sprachschatz s. v. [Ihm.] 

Brittae {Brittiael), Beiname der Matres auf 
10 zwei in der Gegend von Xanten gefundenen Votiv- 
steinen, Brambach CIRh 201 Matribus Brittis 
L. Valerius Simplex mil. leg. XXX U(lpiae) 
v(ictricis) v. s. I. m., und 208 (Abbildung bei 
Jans sen Musei Lugd. Bat. inscr. gr. et lat. 
Taf. XIV 4) MfatribusJ Brittis Maxacis (der De- 
dicant ist Soldat derselben Legion). Die Deutung 
des sicher topischen Namens steht noch nicht fest. 
Vgl. Rhein. Jahrb. LXXXIH 18f. Schwerlich = 
Britannae. [Ihm.] 

20 Brlttia, Insel bei Prokop. b. Goth. IV 20, 
,vielleicht der Name eines von den Britten vor 
ihrer Ankunft in Grossbritannien besetzten Lan- 
des', Holder Altcelt. Sprachsch. s. v. Drei fflvtj 
sollen sie bewohnen unter je einem fiaodevg, nam- 
lich die 'Ayyikoi, $Qiaaa>veg und oi tfj vijocp 6/mo- 
vvftoi B(>izTcovag. Pferde seien dort unbekannt, 
durch eine lange Mauer sei sie in zwei Teile ge- 
schieden. Was Prokop meint, ist unklar; wahr- 
scheinlich liegt ein Missverstandnis vor. Wacker- 
30nagel Haupts Ztschr. VI 1848, 191. [Ihm.] 

Brittlns. 1) Brittius Praesens, Corrector Lu- 
caniae et Brittorium im 4. oder 5. Jhdt., CIL X 
468. 

2) Brittius Praetextatus Argentius s. Prae- 
textatus. [Seeck.] 

BrittomariS; nach Appian. Samn, 6; Celt. 11 
ein Fiirst der Semnonen, welcher romische Ge- 
sandte ermorden lasst. Der romische Consul Cor- 
nelius (= P. Cornelius Dolabella cos. 471 = 283) 
40 nimmt darauf furchtbare Rache an dem ganzen 
Volke und fiihrt den B. im Triumph auf. Obwohl 
die Thatsache der Ermordung romiseher Gesandter 
durch die Semnonen feststeht, ergiebt sich aus 
Polyb. II 19, dass im Bericht Appians die That- 
sachen sachlich und chronologisch auf das argste 
entstellt sind, vgl. Mommsen R. Forsch. II 366 
— 376. Wahrscheinlich ist darum auch die Figur 
des B. eine reine Erfindung der jiingeren Anna- 
listik. [Klebs.] 

50 Brittones s. Britanni, o. S. 861f. 

Brittura (Bghzovga Proc. de aed. 284, 27), 
Castell im Gebiete von Remesiana (Bela palanka) 
in Moesia superior, W. Tomaschek Die alten 
Thraker II 2, 63. [Patsch.] 

Briva (keltisch = Briicke), Ofter vorkommen- 
der Ortsname (die Zeugnisse bei Holder Altcelt. 
Sprachschatz s. v.). 1) Brita Isarae (Ttin. Ant. 
384, Brunsara Tab. Peut), d. h. Briicke uber 
die Isara (Oise), an der von Caesaromagus (Beau- 
60 vais) nach Lutetia (Paris) ffihrenden Strasse, heute 
Pontoise (dep. Seine-et-Oise). Desj ardins Table 
de Peutinger 24. Gliick Kelt. Namen 51. 

2) Briva Ourretia, vicus bei den Lemovices 
(Greg. Tur. hist. Franc. VH 10), auch bios Briva 
genannt (Ruric. epist. 2, 24. Gregor. Tur. a. O.). 
,Briicke iiber die Correze', das heutige Brive la- 
Gaillarde (de"p. de la Correze). Desj ardins 
Ge"ogr. de la Gaule H 425. Longnon Ge"ogr. 



883 



Brivas 



Brixia 



884 



885 



Brixis 



Brodentia 



886 



525f. Davon Brivensis bei Leblant Inscr. chr£t. 
de la Gaule II p. 345. 

8) Briva Sugnuiia, Vico Brivae Sugnutiae 
auf der Inschrift Bull, de la soc. des antiquaries 
de France 1877, 199, heute das Dorf Breves an 
der Yonne {de'p. Nievre). Holder a. 0. Des- 
jardins Geogr. II 478. 

4) Brivae vicus bei Gregor. Tur. in glor. con- 
fess. 79. Brives bei Issoudun? Desjardins 
Ge"ogr. II 427; dagegen Longnon Geogr. 465. 
Dasselbe 'Wort liegt Yor in den Stadtenamen 
Brivodwrum , Samarobrim u. a. Vgl. Brivas, 
Brivates. [Bam.] 

Brivas (von briva , keltisch = Briicke), Ort 
in Aquitanien, vims der civitas Arvernorum. 
Sidon. Apoll. carm. XXIV 16 him te suscipiet 
benigna Brivas, sancti quae fovet ossa luliani. 
Auch vicus Brivatensis und ahnlich genannt bei 
Greg. Tur. (Zeugnisse bei Holder Altcelt. Sprach- 
schatz s. v.). Heute Brioude (aus Brivatem ge- 
bildet), dep. Haute-Loire. Longnon Geogr. de 
la Gaule au Vie siecle 492ff. [Ihm.] 

Brivates, Hafen in Gallia Lugudunensis, Ptol. 
II 8, 1 (BgiovaTr/g fofiijv). Man hat den Namen 
wiederfmden wollen in dem Plussnamen Brive' 
oder Brivet (Nebenfluss der Loire). Desjardins 
Geogr. de la Gaule I 292 (vgl. p. 314. 485) 
sucht ihn au nord-ouest de Vetang aneien de la 
Briere (vgl. pi. Vni). C. Miiller zu Ptol. a. 0. 
Nach Pinder und Parthey ist damit vielleicht 
identisch Blivida Geogr. Eav. IV 40 p. 298. 
Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. [Him.] 

Brivines. Ein cives Brivines auf der In- 
schrift von Lauingen CIL III 5878. [IhmJ 

Briula {Bgiovla Strab. XIV 650 [codd. Bqi- 
ovla\; UgiovXla Hierocl. 659, 7; der Name viel- 
leicht vom thrakischen [tgia = Stadt, vgl. Badet 
Lydie 52), xaToixia in Karien am Puss des Me- 
sogis, Antiocheia nordOstlich gegentiber im rech- 
ten Ufergebiet des Maiandros, Strab. a. a. 0. Nach 
Plin. n. h. V 120 zum Conventus iuridicus Ephesos 
gehorig, nach Hierocl. in der ijmQ%ta Asia. Die 
Miinzen weisen auf Kulte des Somiengottes, der 
Kybele und des Dionysos, Head 548. Bischofs- 
sitz nach den Act. concil. und den Not-it., Ram- 
say As. Min. 104. Jetzt Bilara. E. Purser- 
Hogarth Eev. Arch. 1887 II 355. [Burchner.] 

Brivodnrum, Station an der von Augusto- 
dunum nach Lutetia fuhrenden Strasse, zwischen 
Condate und Belca (Itin. Ant. 367. Tab. Peut), 
wie man annimmt, das heutige Briare an der Loire. 
Desjardins Table de Peutinger 33; Geogr. de 
la Gaule II 472. Holder Altcelt. Sprachschatz 
s. v. Vgl. Breviodurum. [Ihm.] 

Brlxa s. Brisoana. 

Brixaba (BQi£dfla), angeblich eine Anh5he 
am Flnsse Tana'is, gedeutet mit y.oiov fihconov, 
Ps.-Plut. de Sum. 14, 4. Selbst wenn das siidliche 
Vorgebirge Tauriens, Kriu metopon, jetzt A'i-Todor 
genannt, gemeint sein sollte, so ist es fraglich, 
ob der erfinderische Autor mit der Behauptung, 
dieses Vorgebirge habe in der einheimischen (tau- 
rischen) Sprache gleichbedeutend B. geheissen, 
Glauben verdient; in keiner bekannten Sprache 
bieten sich dazu Anklange. [Tomaschek.] 

Brixantai s. Brixentes. 
Brixantus, keltische Gottheit auf einer bei 
Moulins-Engilbert (de'p, Nievre) gefundenen In- 



schrift, Orelli 1925 Augu(sto) sacrum deo Bri- 
xantu propitiu (?). Holder Altcelt. Sprachsch. 
s. v. Steuding Roschers Lex. s. v. verweist auf 
die Bqi£&vt<u des Ptol. [Ihm.] 

Brixellum (so Inschriften und Autoren meist, 
BqI^sUov Ptol. Ill 1, 46; Einwohner Brixellani 
CIL XI 1027. Orelli 3734), weniger gut Bri- 
xillum (Plin. Ill 115. CIL VI 2381. Sidon. Apoll. 
epist. I 5; Bq&XXov Plut. Otho 5. 10. 18) oder 

10 Br&cillum (Paul. Diac. hist. Lang. II 29. Ill 18. 
19. IV 28), Stadt in Gallia Cispadana am rechten 
Ufer des Padus, jetzt Brescello. Genannt zuerst 
in der Kaiserzeit, besonders als Ort des Todes 
und Grabes des Otho (Tac. hist. II 33. 39. 51. 
54. Sueton. Otho 9. Plutarch. Otho a. a. O.). Pli- 
nius nennt es III 115 Colonie, vielleicht irrtum- 
lich; die Inschriften geben fiber die Magistrate 
keinen Aufschluss. Die Tribus der Stadt war 
die Arnensis (Kubitschek Imp. Bom. tributim 

20 discr. 96). In spater Zeit nennt es Ambrosius 
epist. II 18 = I 39 als halbverfallen. Dagegen 
erscheint es bei Paulus Diaconus wieder als fester 
und nicht unbedeutender Platz. Erwahnt noch 
in den Itinerarien (Antonin. 283. Geogr. Eav. IV 
33 p. 272; vgl. die Reisebeschreibung des Sido- 
nius Apollinaris a. a. 0.); gelegentlich von Pli- 
nius VII 163. Phlegon. macrob. 1. 3; auf Inschr. 
aus Rom CIL VI 100. 2379 (sechsmal). 2381b. 
Eph. epigr. IV 887 ; aus Koln, Bonner Jahrb. 1884, 

30 136. Lateinische Inschriften aus B. CIL XI 1023 
—1047. Vgl. auch Not. d. scavi 1892, 39. 

[Hiilsen.] 
Brixentes, Volk in den Alpen auf der In- 
schrift von Tropaea Augusti bei Plin. n. h. Ill 
137 genannt (Var. Brixenetis) zwischen Calu- 
cones und Lepontii, CIL V 7817. Die bei Ptol. 
II 12, 2 erscheinenden Bqi^avxai (xaziywoi <5s tijs 
'Paiziag xa ftev aQXTixcbrega Bgi^dvzai) sind Wohl 
dieselben (vgl. C. Miiller zu Ptol. a. O.). Nur 

40 diirfte man sie dann nicht in die Gegend von 
Brixen setzen, da Ptolemaios die B. dem nerd- 
lichen Teil von Raetien zuweist. Andere meinten 
daher, die B. des Ptol. seien vielmehr = Brigantii 
(s. d.i. Zeuss Die Deutschen 236. [Ihm.] 

Brixia. 1) Brixia (Brixa im Itin. Hierosol. 
558 und der Inschr. bei Mommsen Inscr. helv. 
268; BQfjila Strab. V 213; Bqi-m Ptol. HI 1, 
31), Stadt der Cenomanen in Oberitalien (Liv. 
V 35, 1. XXXII 30, 6. Iustin. XX 5. Plin. Ill 

50130. Ptol. a. a. O.; irrtuinlieh teilt sie Strab. 
a. a. O. den Insubrern zu) nicht weit vom Fliiss- 
chen Mela (jetzt Mella) (so correcter Philarg. 
ad Verg. Georg. IV 278. wogegen Catulls flatus 
quam molli percurrit flumine Mela, 67, 33, dich- 
terische Freiheit ist; durch die Stadt fliesst ein 
Nebenbach des Mella, modern Garza genannt), 
jetzt Brescia. Als die Cenomanen (225 v. Chr.) 
sich giitlich den Ro'mern unterwari'en , wurde 
B. ein Hauptstiitzpunkt der romischen Macht (die 

60 Cenomanen heissen Brixiani Galli bei Liv. XXI 
25, 14): spater stand es hinter anderen Stadten, 
so dem als seine Tochterstadt geltenden (Catull. 
67, 34) Verona zuruck ; Strabon nennt es in einer 
Keihe mit Mantua und Comum. Augustus hat 
hOchst wahrscheinlich nach 27 v. Chr. eine Co- 
lonie, aber nicht von Veteranen, nach B. gelegt: 
daher der vollstandige Name eolonia civica Au- 
gusta Brixia (CIL V 4212 und Pais Suppl. 1273). 



Die Tribus von B. war die Fabia (Kubitschek 
Imp. rom. tributim discriptum 108). Die Stadt 
tritt, obwohl sie sich auch in der Kaiserzeit eines 
bedeutenden Wohlstandes erfreut haben muss und 
hauflg als Heimat von Soldaten genannt wird 
(Verzeichnis bei Bohn Eph. epigr. V p. 252; 
s. auch CIL Vn 704), in der Geschichte wenig 
hervor. Genannt wird sie in den Itinerarien (An- 
tonin. 127; Hieros. 558. Tab. Peut. Geogr, Rav. 



weil sie durch Schlaf ihre Pflicht versaumten 
und nan den Zorn des Vaters fiirchteten (der kni- 
dische Chersonnes hangt ja gerade durch die Sage 
von den StaphylostOchtern mit dem delischen 
Apollonkultus zusammen, und auf ihm besass eine 
derselben, Hemithea, gleichfalls ein beriihmtes 
Incubationsheiligtum). Auch Halia-Leukothea auf 
Rhodos (Diod. V 55) und die urspriinglich gewiss 
identische Ino-Leukothea der Kulte von Boiotien, 



TV 30 p. 252). Im J. 452 wurde B. von den 10 Samothrake, Megaris. Lakonien u. a. (Welcker 



Hunnen unter Attila gepliindert (Paul. Diac. hist 
Rom. XIV 11), erholte sich aber wieder und er- 
scheint in der Langobardenzeit als wichtiger Ort 
und Hauptstadt eines Ducatus (Paul. Diac. II 32. 

V 36). Die antiken Reste in B. sind zahlreich 
und zeugen von der Bedeutung der Stadt : her- 
vorznheben der sog. Tempel des Hercules, korinthi- 
schen Stils, jetzt als Museum dienend, (vielleicht 
das Capitolium der Stadt, welches in den Acta 
Faustini et Iovitae erwahnt wird: Acta SS. Febr. 20 
12, vol. V p. 806). Benachbart dem Tempel be- 
deutende Reste eines Theaters, ferner Portiken, 
vielleicht zum Forum gehorig; ein Offentliches 
Gebaude, sog. Curia. Vgl. Museo Bresciano illu- 
strate, Br. 1838 (mit Planen und Aufnahmen). 
Einer von Augustus und Tiberius in die Colonie 
gefiihrten Wasserleitung gedenkt die Inschrift CIL 

V 4307. Als Kunstwerk hochbedeutend ist die 
1826 hier gefundene Bronzestatue der auf den 



Gotterl. I 643ff. S. Wide Lakon. Kulte, Index s. 
I no), die Retterin des Odysseus aus Meeresgefahr, 
gehOrt in diesen Gestaltenkreis. [Diimmler.] 

Brocavnm s. Brovonacae. 

Brocchus, Cognomen in der gens Annaea (s. 
Annaeus Nr. 3) und Furia (s. auch Armenius 
Nr. 2 und Iunius), bezeichnet urspriinglich einen 
Menschen mit vorstehenden Zahnen. Unbekannt 
ist das Nomen gentile bei den Folgenden : [Klebs.] 

1) Brooeus quidam iwn malus rhetor bei Sen. 
contr. II 1, 23 mit einer Sentenz erwahnt. An 
Ideivtitat mit Cornelius Bocchus (s. d.) denkt 
Kiessling Index zur Senecaausgabe 533 unter 
Venveisung auf Mommsen zu Solin. XVH; s. 
indes Te uff el- Schwab e R. L.-G.5 S. 709. 

[Brzoska.l 

2) BQoyxoe ist mit Veranius einer der bejden 
brjfiaQzoi, die nach der Ermordung des Kaisers 
Gaius im Auftrage des Senats zu dem im Prae- 



Schild schreibenden Victoria (Mus. Bresc. Taf. 38 30 torianerlager weilenden Claudius gehen: Joseph 



-40; vgl. Friederichs - Wolters Bausteine 
nr.1453). GriechischelnschriftenausB.beiKaibel 
IGI 2302-2304, lateinische CIL V 4197—4852. 
8882—8888 und bei Pais Suppl. 676—690. 
1267—1283. Vgl. auch Not. degli scavi 1877, 
74f. 1890, 270. [Hiilsen.] 

2) S. Bricia. 

Brixis, vicus bei Greg. Tur. hist. Franc. 
X 31, 5. Nach Longnon Geogr. de la Gaule 



ant. XIX "234. [Henze.] 

3) T. Brocchus, mutterlicher Oheim des Q. 
Ligarius, Cic. p. Lig. 11. 32, sein Sohn ebd. § 11, 
Brocohorum domm § 33. [Klebs.] 

Brochantas (Bgo^avras, 6 = Regenbach'?) 
ein pt'af in der Umgebung von Smyrna, 1228 
in einer Urkunde des K. Ioann. Duk. Vatatzis 
genannt. [Bflrchner.] 

Brochoi (B e 6-/m Polyb. V 46, If. 61, 8), Castell 



au Vie siecle 266 heut Eeignac (fruher Braye-sur- 40 in Koilesyrien, das mit dem gegeniiberliegenden 



Vlndre), dep. Indre-et-Loire, Holder Altcelt. 
Sprachschatz s. v. [Ihm.] 

Brizaka (BeiZaxa), Stadt in Gross-Armenien, 
Ptol. V 13, 14. [Baumgartner.] 

Brizana s. Brisoana. 

Brizice s. Brendice. 

Brizo (-Bptfco). Eine altertiimliche, auf Delos 
verehrte Gottin. Unsere Nachrichten bei Athen. 
Vm 335 a. Etym. M. s. v. Hes. s. Bq^oX. Eu 



Gerrha den Pass, der zu der Marsyasebene zwischen 
Libanon und Antilibanos fuhrt, beherrscht; nicht 
identificiert. [Benzinger.] 

Brochullos, aus Chaironeia. Archon daselbst 
2. Jhdt. v. Chr., IGS I 3343. [Kirchner.] 

Brocolitia s. Procolitia. 

Brocomagus (B^svy.o/iayog Ptol. II 9, 9_; 
C. Miiller vermutet Bgomoiiayoq), Stadt der Tri- 
boker in Gallia Belgica, an der Strasse von Ar- 



stath. zu Horn. 1720, 57 gehen auf das zweite 50 gentorate nach Colonia Agrippina (Itin. Ant. 253 



Buch der Delias des delischen Antiquars Semos 
zuruck (FHG IV 493), welcher den Namen bereits 
richtig von pgttco = schlafen ableltete mit Be- 
rufung auf Od". XH 7. Sie giebt den traumen- 
den (Frauen?) Orakel (also fand wohl in ihrem 
Heiligtum Incubation atatt) , welche sich haupt- 
sachlich auf Rettung aus Gefahren zur See be- 
zogen. Die Weihgesehenke, welche ihr die deli- 
schen Frauen darbrachten, hatten die Gestalt von 



Brocomago; Tab. Peut. Broeomacus). Hier er- 
focht Mian im J. 356 einen Sieg iiber die Ger- 
manen, Aram. Marc. XVI 2, 12 (Brotomagum). 
Auf dem Meilenstein BrambachCIRh 1953 (3. 
Jhdt.): C('witas) TribfoeumJ a Vro(comago). 
Heute Brumath im Elsass, mit Altertumern. Dort 
gefundene Inschriften Bra m bach CIRh 1897— 
1901. Desjardins Table de Peut. 10; G^ogr. 
II 460. Bacmeister Keltische Briefe 57. 120. 



Kahnen, welche mit allem Guten geftllt waren; 60 Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. Brocomagos 



nur Fische waren ansgeschlossen. Nach U s e n e r 
Gctternamen 147 ist sie als SchlafgOttin eine ev- 
Sdvefiog. Der sicher einst vorhanden gewesene 
Mythos zu diesem interessanten Kulte ist nicht 
erhalten. Vielleicht geh6rte die Gottin wie Brito- 
martis und die beiden Tochter des Staphylos 
(Diodor. V 62) zu jenen Gestalten, welche sich ins 
Meer stiirzten und dann Heroinen werden, letztere, 



f.Feld des Brocos'). Much Deutsche Stamrasitze 
105. [ttm-] 

Brodentia (Beodevria), Ort im sudlichen Ger- 
manien (jiaga ray Aavovpiov aorafiov) bei Ptol. II 
11, 15 (Var. BQOvdevzia, BQodsltia) ; wie C. Miil- 
ler (zu Ptol.) vermutet, das heutige Brenz in 
Wurttemberg (Jagstkreis). Holder Altcelt. Sprach- 
schatz s. v. [Ihm.] 



887 



Brodiontii 



Brodiontii, Alpenvolk auf der Inschrift von 
Tropaea Augusti (La Turbia) bei Plin. n. h. Ill 
137 genannt zwisehen Sogiontii und Neraaloni. 
CIL V 7817. Desjardins Geogr. de la Gaule 
II 254. Ob identisch mit den Bodiontiei (s. d.) ? 

[Ihm.] 

Brogitarus, Galater (Qallograecus), Schwie- 
gersohn des Konigs Deiotarus; P. Clodius ver- 
kaufte ihm wahrend seines Volkstribunates (im 
J. 58) fiir schweres Geld (grandi peeunia) das 
Priestertum der Mater Magna zu Pessinus und 
den Konigstitel ; beides liess er ihm lege tribu- 
nieia durch das Volk verleihen, Cic. p. Sest. 56; 
har. resp. 28—29, erwahnt auch de dom. 129; ad 
Q. fr. II 7, 2. [Klebs.] 

Broinagus, Ort in Helvetien an der Strasse 
Aventicum (Windisch)- Vivisco (Vevey), Itin. Ant. 
352 und Tab. Peut. (hier Viromagus, welche 
Lesart Holder Altcelt. Sprachschatz vorziebt), 
heute wahrscheinlich Promasens. D'Anville No- 
tice 180. Ha Her Helvetien unter den BOmern 
II 236. Desjardins Table de Peutinger 36. 

[Ihm.] 

Bro[manenses %\, Gemeinde bei Bergamo, der 
Name kann erhalten sein im heutigen Brumano. 
CIL V 5203 vicanis Bro[manensibus?J Anesia- 
tibus (Mommsen CIL V p. 557). [Ihm.] 

Brombeerstrauch. Genuss-, Heil- und Nutz- 
pflanze, Rubus fruticosus L. Griechisch; 6 §dxog 
(fj fiogfj'}) und xo yaiiaifiaxov , xo fidxivov und 
uogov (Beere), {SaxcbSng (Adj.). Lateinisch: rubus 
(Strauch), rubetum (Gebuseh), morum (Brombeere, 
auch Maulbeere). Neugriechisch -.fidta. Italienisch: 
rovo (di macehia), russa di moro, more. Unter- 
scheide: 1) xvrosfiaxov Hundsrose, wilde Eose. 

2) IdaTov, §dxog Idai'a, idaeum, italienisch rovo 
ideo Himbeerstrauch. Beschreibung bei Theo- 
phrast: Der fldzog hat Dornen (dxav&w&rjg h. pi. I 5, 

3) an den Blattern (xd ds <pvV,a nagaxav&iCorxa I 
10, 6), am Stengel (l%si dk Svia xai zov xavXov 
dxavdit,ovxa . . . olov pdzog I 10, 7), an den jungen 
Trieben {jzxog&axav&a VI 1, 3). Er gehOrt zu den 
immergriinen Pflanzen (auyvXXa I 9, 4). Er wachst 
tlberall, auf trockenem Acker (vgl. Horn. Od. XXIV 
230, wo Laertes yetgiddg x" stxI -/zqoI fiaxmv i'vexa 
tragt), wie in feuchtem Boden (<pvszai 6i xai kni 
xolg itpvSgotg xai iv xolg g~r)goTg III 18, 3; vgl. 
IV 18, 1). Die traubenartigen Friichte wachsen 
seitlich, wie an der Spitze (xai dxgdxagizov xai 
nXaywxagxov III 18, 12). Eine Art des Strauches 
wachst aufrecht , die andere kriecht am Boden 
(dgtiocpvrjg und yafiaiftaxov HI 18, 4). Genossen 
wurden die sog. Beeren : nee rubos ad maleficia 
tantum genuit nahira ideoque et mora his, hoc 
est vel, hominibus cibos, dedit (Plin. XXIV 117). 
Des Aristoteles Schiiler Phanias von Eresos nannte 
die Prucht yXvxvxaxov xai ijStoxov oxs zieTiavdcir] 
(Athen. II 51 e). Man koehte auch den Saft ein 
(Pallad. r. r. XIV 16). Naturlich rechnete der 
Traum vom goldenen Zeitalter zu den freiwiUigen 
Gaben der Natur, die der Mensch genoss, auch 
in duris haerentia mora rubetis (Ovid. met. I 
105); vgl. den rubus asper des Virgil (Eel. Ill 89). 
Geheilt werden mit diesem singulari remedio 
zahllose Leiden (Plin. XXIV 117— 120). Ein grie- 
chischer Arzt nannte die Beeren 6Xtyoxg6<pa xai 
evaxQuaya xai evsxxgixa (Athen. LI 51 f). Galenus 
(de alim. fac. II 13) hebt ihre astringierende 



Bromios 



Wirkung hervor. Auch die Blatter (Dioscor. de 
m. m. IV 37) und der Stengelsaft (Scrib. Larg. 
113. 128. 131) dienten medicinischen Zwecken. 
Benutzt wuTde der Strauch ferner: 1) wegen der 
Dornen zu Zaunen wie andere dornige Straucher 
(Colum. r. r. XI 3, 4. Pallad. r. r. I 34, 5); 
2) wegen der Blatter als Weide far die Schafe 
Ipascuntur horrentis rubos Verg. G. HI 315). 
Heutzutage sieht man in letzterem ein Hindernis 

10 fur das erstere (Lenz Bot. d. Gr. u. Rom. 82). 
Wirr ist die Terminologie bei Athenaios (n 51) 
und bei den Tragikern (ebd.); klarer bei Plinius 
(mora nascuntur el in rubis XV 97 ; rubi mora 
ferunt XVI 180) und vor allem Theophrast. Letz- 
terer zahlt freilich das xvvogfiaxov , wie schon 
der Name andeutet, zu den Arten des ftdxog (h. 
pi. Ill 18, 4); ersterer auch noch das idaeum 
(n. h. XVI 71). So mag es zweifelhaft bleiben, ob 
des Sophokles fiogir}, des Vergil sanguineis maris ' 

20 (Eel. VI 22) vom B. gelten. Geographisch 
ist der fldzog von Bedeutung , weil er manchem 
Ort den Namen gab, z. B. in Attica (Bdxr) Sijfiog), 
bei Troia (Baztsca), bei Priene (Baxivrjxov), My- 
thologisch ist er als Trager schwarzer Friichte 
und stechender Dornen ein Gewachs der Unter- 
welt und des Missgeschickes. Vgl. Apollod. Ill 
12, 1. Eust. zu II. II 814. Schol. zu II. XXI 236 
(Murr Pflanzenwelt in d. griech. Myth. 274). Die 
schwierige Unterscheidung der poga oder (.iwga 

30 von den Maulbeeren und Sykomoren behandelt 
V. Hehn Kulturpfl. 374ff. [Max C. P. Schmidt.] 

Bromias (Bgopidg), Tochter des Deiniades, 
eine Plotenspielerin. Sie erhielt von Phayllos, 
dem Tyrannen der Phoker, mehrere schone Weih- 
geschenke aus den delphischen Tempelschiitzen. 
Als sie einst den pythischen Nomos blasen wollte, 
wurde sie vom erzurnten Volke daran verhindert, 
Theopomp. bei Athen. XIII 605 B. [v. Jan.] 
Bromie (Bgo/titj, Bgo/u'd, Bgdfirj; vgl. Bro- 

40mios). 1) Tochter des Okeanos, Nymphe, welche 
mit ihren Schwestern den Dionysos auf dem Berge 
Nysa aufzog, Hyg. fab. 182. Schol. Verg. Eel. VI 
15 (Skol. 5 bei Bergk PLG in 644 Bgo/iiaig 
Nv(t<paig). 

2) Beiname der Artemis, Orph. hymn. 36, 2. 

3) Bakchantin, Nonn. Dion. XXI 64. 88. 

[Hoefer.] 
Bromios (Bgo^iog). 1) Beiname des Dionysos, 
sehr haufig in der Poesie: Aischyl. Eumen. 24. 

50 Find. frg. 75. Eurip. Bakch. 66 u. C. Pratin. frg. 1. 
Philoxen. frg. 4. Paian des Aristonoos, Philol. LIII 
Erganzungsheft 5; in dem Orakel bei Demosth. 
XXI 52; in poetischen Inschriften IGS I 1799. 
H 2484. IGI 889. 1224. 1857. CIG 1177; bei romi- 
schen Dichtern Ovid. met. IV 1 1. Lucan. V 73. Verg. 
cop. 20. Dracont. II 106. VI 17. CIL in 686; zahl- 
reiche weitere Belege bei Bruchmann Epithet, 
deor. 81f. Uber den metonymischen Gebrauch 
vgl. Eeichenberger Entwickl. d. metonym. Ge- 

60brauchs v. Gotternamen 40ff. 79f. 99f. B. wie 
das Beiwort egi^gofiog kennzeichnet den Dionysos 
als den Gott, bei dessen Festen und Umzugen 
rauschender Larm (vgl. Horn. Hymn. 26, 10 jiga- 
fiog) erscholl; vgl. Cornut. 30. Alte unzutreffende 
Erklarungen beziehen das Wort auf den Larm 
der unter Blitz und Donner erfolgten Geburt des 
Gottes, Diod. IV 5, 1. Schol. Horn. II. I 354. 
Etym. M. Et3 T m. Gud., vgl. ^vgifigofio; bei Nonn. 



889 



Bromiskos 



Brontinos 



890 



R 



Dionys. XIV 229; oder auf die Erziehung durch 
eine Nymphe Brome oder Bromie, Serv. Eol. VI 15. 
Hyg. fab. 182 ; oder bringen B. mit §oga. zusam- 
men, Suid. 

2) Beiwort des Ares (?), Lyr. graec. frg. adesp. 
108 Bgk.: Bgofue, 8ogaro<f>6g'' , 'Ewahe, siokefto- 
xeXade , izdzeg "Agrj. Dionysos und Ares hatten 
Beziehungen zu einander, Dionysos selbst wurde 
'EvvdXiog genannt (Macrob. sat. I 19, 1), und so 



Bronte (Bgovxr/). 1) Der personificierte Donner, 
Orph. hymn, prooem. 39 (Bgorzai) , nach Plin. 
n. h. XXXV 96 (vgl. Philostr. imag. I 14) von 
Apelles gemalt, 

2) Eines von den Jochpferden des Sonnen- 
gottes, Hyg. fab. 183 (Eumelos). Schol. Eur. 
Phoen. 3. [Hoefer.] 

SgoweZov, die ,Donnermaschine', eine Vor- 
richtung des antiien Theaters, mittelst derer man 



Dezieht sich der ganze Vers wohl auf Dionysos, 10 das Gerausch des Donners nachahmte. Bar Plate 



vgl. Preller-Eobert I 712. 

3) Beiname des Satyros, Telekleid. bei Hesych. 

4) Sohn des Aigyptos, den die Danaide Erato 
ermordete, Apollod. II 1, 5, 7. [Jessen.] 

5) Epikureer, wie Philodemos Schuler des 
Zenon aus Sidon, vgl. jr. or/p. col. 19, 9. 20, 10. 
Nach Philod. vol. rhet. p. 64 ed. Sudh. verfasste 
er eine Schrift negi zsyvrnv, in welcher die Fra- 
gen si fj laxgixr) xiyyrj, ei fj yga(A,)aaxixi] xiyvrj 



war in den Hinterraumen der Skene. Erzene Ge- 
fasse, in die Steine geschflttelt wurden, oder mit 
Steinen gefullte Schlauche, die gegen Erz ge- 
schlagen wurden, spielten bei dem /?. die Haupt- 
rolle; die Einzelheiten werden verschieden be- 
schrieben; vgl. Poll. IV 130: xo de p. vxo zfj 
oxtjvfj Sizus&EV aoxol y>rj<pa>v s/jjiXeoi Suoyxto/ievot 
(pegovtai xaxa xakxcoftdzaiv, ahnlich Suid. (Schol. 
Aristoph. Nub. 294): vxd xijv axtjvfjv 8i fjv aft- 
* -s__ y. .a_i / . 3... XI 11Q~,~ 



u f) grjxogixij xi%vr] behandelt wurden. Auffal- 20 rpupogevg yjrjyidag fywv &akaxxt'ag • f/v dk Ufa? 
• ■ ■ ' ' ' ' " -1 '-- ™-- yaXxovg, dg ov ai ifirjyoi xazrjyovxo xai xvfoo/tevot. 

fjyov dixexilovv ioixoxa figovxij, in etwas anderer 
Art stellt Hero den Hergang dar de autom. p. 263 
(vgl. Arch. Jahrb, V 75, 4) : ayytla anoexd^ovxw 
fldgri %%ovxa ha rpsgofieva ini diar&egas k~r)gag xai 
izsgizszafisvtjg xrjg ^vgat/g xa&dizeg sv xvjJJiavoig 
rov fjyov djioxeXfj. Bvgaai naxayovoai , die den 
Donner nachahmen sollen,' werden vom Anon, de 
com. bei Dubner p. XX 28ff. genannt; als tjx sTa 



lend ist es, dass er, obwohl Epikureer, die Rhe 
torik als eine TzoXixixdv X6yo>v xhyyri gelten lasst, 
eine Ansicht, gegen welche Philodem, wenn auch 
in rflcksichtsvoller Form (vgl. col. 34, 13 izgdg 
x6r yiXxaxov Bgofiiov), mit Entschiedenheit pole- 
misiert. [v. Arnim.] 

Bromiskos (Bgo/ilaxog), Ort in Makedonien, 
im Thai Aulon (s. d. Nr. 8) am Ausfiuss des Sees 
Bolbe (s. d.), Thuk. IV 103, 1. Nach Steph. 



Byz.. welcher Bog/ttoxog schreibt, wurde dort Eu- 30 bezeichnet Schol. Arist. Nub. 292 die Donner- 
ripides durch Hunde getotet. Das Grab des Dich- maschinen. In Rom wurde die einfachere Art des 



ters zeigte man in. dem nahen Arethusa (s. d. 
Nr. 8) ; doch muss letzteres deshalb mit B. nicht 
identisch sein. Tafel Via Egnatia orient. 7f. 
Neuerdings ist der Name in der Form Bog^iiaxog 
auch in den attischen Tributlisten (vom J. 425) 
nachgewiesen worden, Eeinach Chron. d'Orient 
494. [Oberhummer.] 

Bromos. 1) Kentaur, auf der Hochzeit des 



/?. (cum. clavi et lapides in labrum aeneum eot- 
cerentur) durch Claudius Pulcher in einer nicht 
naher beschriebenen Art verbessert, vgl. Fest. ep. 
p. 57, 10 (Glaudiana tonitrua). Fiir das rtmische 
Theater vgl. noch Vitr. V 6, 8. Phaedr. V 7, 23 
(Arnold AltrOm. Theatergebaude 17, 5). Donner- 
schlage werden schon in den Dramen des 5. Jhdts. 
erwahnt (Aesch. Prom. 1082. Soph. Oed. Col. 1456ff. 



Peirithoos von Kaineus erschlagen, Ovid. met. XII 40 Aristoph. Nub. 292) ; wann man zuerst versucht 

" " hat, sie in realistischer Weise durch ein ent- 

sprechendes Gerausch hinter der Skene vernehm- 
lich zu machen, ist nicht iiberliefert. Vgl. A. M til- 
ler Handbuch d. Btthnenaltert. 157. S. auch 
KegavvoaxoTieXov. [Reiscn.] 

Brontes (Bgovxtjg), einer der Kyklopen, Sobn 
des Uranos und der Gaia, Hes. Theog. 140 (Eustath. 
Od. 1622,50). Apollod. 1 1,2. Verg. Aen. VLH 425 
und Serv. Nonn. Dion. XTV 59. XXVII 91. XXVIII 



454. [Hoefer, 

2) S. Hafer. 

Brona, nach Plin. n. h. IH 15 eine zum Be- 
zirk von Gades gehSrige Stadt in Hispania Bae- 
tica; die Lage ist unbekannt. [Hiibner.] 

Broncas, nordische Velkerschaft, welche der 
Gothenfiirst Ermanarich unterjocht hatte , lord. 
Get. 23. Mullenhoff dachte an gothisch Bair- 
mam oder die Permier der urablschen Region; 



es konnten auch die samojedischen Jura'ka, Vu- 50 195ff. 207ff. (Kampf mit Deriades); schwangert 



rouka, (ostjak.) Kwalong, gemeint sein; v. Grien 
berge r Ztschr. f. deutsches Altertum XXXIX 
1895, 165, verbindet Vasina-broeam und deutet 
dieses gothische Gebilde als ,Rasenlander, Bruch- 
bewohner'. [Tomaschek.] 

Brongos (Bgoyyog), ein durch den Angros (s. 
d.) verstarkter Nebenfluss der Donau (Herod. P7 
49); nach der allgemeinen Annahme identisch 
mit Margus (Morava in Serbien). Kiepert Lehr- 
buch der alten Geographie 330; Formae orbis 60 
antiqui XVII. W. Tomaschek Die alten Thraker 
II 2, 94. [Patsch.] 

Brontaios (BgorxaTog), Epiklesis des Zeus als 
des Donnerers, wie Brontesios und Bronton, Aristot. 
nigi xoofiov 401a 16. Orph. Hymn. XV 9. Com- 
paretti Mus. ital. Ill 621. Als Vater der Athena 
bei Tzetz. Lyk. Ill; vgl. Wieseler Adversaria 
127. [Jessen.] 



des Okeanos Tochter Metis (s. Tritogeneia), 
Schol. II. Mil 39; samt semen Brudern von ApoL 
Ion getotet. Pherekyd. Schol. Eur. Ale. 1. Vgl. 
Kyklops. [Hoefer.] 

Brontesios (BgovxTjaiag) , Beiwort des Zeus 
als des Donnerers (vgl. Brontaios, Bronton), 
Ubersetzung des rCmischen lupiter Tonam, Mo- 
nument. Ancyran. graec. 10, 9. Cass. Dio LIV 
4; vgl. Pre Her Rom. Mythol. I 237. 

[Jessen.] 

Brontinos (Bgovxirog) oder Brotinos (Bgo- 
xXvog, Bgcaxivog) aus Metapont (Iamblich v. Pythag. 
267), Anhanger und Schwiegervater oder, anderer 
L'berlieferung zufolge, Schwiegersohn des Pytha- 
goras durch seine Tochter oder Gattin Theano- 
(Diog. Laert. VIII 42 ; Iamblich v. Pythag. 132 
nennt sie Deinono), nach einer unglaubwiirdigen 
Quelle auch Lehrer des Empedokles (Diog, VHI 



891 



Bronton 



Bronze 



892 



893 



Bronze 



Bronze 



894 



55). An ihn nebcn anderen hatte der Krotoniat Art, sitzend mit Donnerkeil in der. Rechten und 

Alkmaion seine Schrift gerichtet (Diog. VIII 83). Scepter in der Linken, dargestellt. tJber die Wid- 

Ein dem B. untergeschobenes neupythagoreisches mung Ad vyjtarq) fiQovzal<p Athen. Mitt. VI 135 

Buch Hepl vov xai diavoiag citiert Iamblich (de vgl. Hypsistos. [Cumont.] 

comm. scient. 8 p. 34,20 Festa); benutzt haben Bronze. Die Erflndung der B. , d. h. der 

es Syrian (in Ar. met. 926 a 2. 935 b 2 Usener), Mischung des Kupfers mit einigen Teilen Zinn, 

Ps.- Alexander (in Ar. met. p. 800, 32 Bonitz), wodurch ersteres zaher und zu praktischer Ver- 

Ioh. Stobaios (Phot. bibl. cod. 167 p. 114a 29 arbeitung brauchbarer gemacht wird, als es im 

Bekker) und ein Scholiast zu Platons Staat (p. reinen Zustande ist, geht in uralte Zeiten der 
411 Bekker, 350 Hermann). Vgl. Zeller la 5 10 menschlicben Kultur zuriick. Die Agypter, die 

364. 821. IIIb3 100. [E. Wellmann.] allerdings eine Zeit lang das Kupfer unvermischt 

Bronton (Bpovtatv). Dieser Beiname , der bearbeitet zu haben scheinen, miissen doch bereits 

dem griechischen Zeus fremd ist (man findet Bgov- in der fiinften oder sechsten Dynastie, also schon 

vacog nur in den Orphika Hymn. V 19; vgl. Arist. um 3000 v. Chr., die B.-Mischung gekannt haben 

de mundo 401a 17), erscheint auf zahlreichen (Perrot Hist, de l'art I 829). Den Grieehen ist 

kleinasiatischen Inschriften. Die Hauptstatte des die Kenntnis des Mischmetalls zweifellos auf dem 

Kultus des Zeus B. war allem Anschein nach in Wege des Handels und Tauschverkehrs zugekom- 

Dorylaeum (CIG 3810. 3817 b. v. Domaszewski men, und es ist bezeichnend, dass weder die Grie- 

ArcL-epigr. Mitt. VII 174ff. nr. 14. 16. 18. 29. 33. chen noch die Rcmer einen besondern Namen da- 
G, Hirschfeld S.-Ber. Akad. Berlin 1888, 866 20 fur besitzen, dass vielmehr yalxog to aes eben-' 

nr. 10. 11. Preger Athen. Mitt. XIX 1894, 311 sowohl B. als reines Kupfer bedeutet (was Buch- 

nr. 9—11. Radet Arch. Miss. Scientif. VI 1895, holz Homer. Realien I 327 Mr Homer mit Un- 

568nr.l2ff.), wonachCavedonisVermutung sein recht leugnet). Es ist durchaus wahrscheinlich, 

Bild auch auf den Miinzen dargestellt war (Mi on- dass erstere Bedeutung die urspriingliche, letztere 

net IV 285, 520; Suppl.'VII 557, 327; vgl. Ca- erst dem Kupfer beigelegt worden ist, als man 

vedoni Ann. d. Inst. XIX 1847, 132). Aber dies Metall selbst gewann und auch die Mischung 

auch sonst wird er oft in Phrygien (Prymnessos, selbst herzustellen verstand. Wie iiberall, so ging 

CIG 3819; Kymak, 3822; Gotyaeum, Perrot auch auf dem Boden Grieehenlands und Italiens 

Explor. Galatie p. 116; und besonders Nakolea das sog. B.-Alter, in dem Werkzeuge, Gerate u. s. w. 
vgl. Ramsay Journ. hell. Stud. HI 1882, 123ff. 30 aus B. hergestellt wurden, dem Eisenalter, in 

V 1884, 258ff.) und Galatien (Ogur CIG 4135; dem man sich bereits auf die Verarbeitung des 

Laodicea combusta Athen. Mitt. XIII 235, 1 Eisens und die Herstellung des Stahles zu Waffen 

Ad §qqvz<ovu xai aoigaxTovvu) erwahnt. Selbst und Werkzeugen verstand, voraus; die deutlichen 

in Rom ist sein Kultus friihzeitig wohl durch die Spuren davon liegen ebenso bei Homer vor (vgl. 

phrygischen Freigelassenen verbreitet worden (CIG Blumner Technol. IV 42ff.), wie die Fundobjecte 

5931. 5933 = IGI 982. 983. CIL VI 432. 733. diese Thatsache bestatigen (ebd. 46ff.), und bereits 

2241). Er muss dort mit dem Zeus Bgoinrjaiog im Altertum war diesc Auffassung allgemein ver- 

(Mon. AncyT. CIL III p. 780, 5; vgl. doch Cass. breitet (vgl. Hesiod. op. 150. Lucr. V 1285. Varro 

Dio LIV 4) dem Iupiter Tonans, welchem Augu- bei August, civ. dei VII 24). Daher kommt es, 
stus einen Tempel auf dem Capitol stiftete (Prel- 40 dass wir den Verwendungskreis derB. in der nach- 

ler Rom. Myth. I 237; vgl. CIL XIV 252), nicht homerischen Zeit in vielen Hinsichten zwar sich 

verwechselt werden. Wie gewflhnlich, wenn wir erweitern, in nianchen aber sich verengern sehen. 

fiber einen Gott nur durch Inschriften infor- Bei Homer sind Waffen und Werkzeuge noch viel- 

miert werden , sind wir fiber das Wesen dieses fach von B. (daneben kam freilich schon Eisen 

,Donnerers' sehr im unklaren. Die Beinamen zur Verwendung, vgl. Helbig Homer. Epos2 112), 

fieyag (IGI 982), ixijy.oog (IGI 983), sanctus von ersteren namentlich die Schutzwaffen (Helm, 

(CIL VI 432) sind ganz allgemein ; merkwurdiger Panzer, Schild); weitere Verwendung fand dann 

ist das Epitheton jranfe (Journ. hell. Stud. Ill die B. im Hause zur Verkleidung der Wande (im 

124), aber es genfigt nicht, um den B. ohne Hause des Menelaos Od. IV 71; im Palast des 
weiteres dem phrygischen liana; gleichzustellen 50 Alkinoos VII 89) , fur Hausrat , besonders Drei- 

(s. Papas). Noch interessanter ist in Rom die ffisse, Kessel, Becken, Schliissel, KOrbe u. s. w., 

enge Verbindung zwischen seinem Kultus und ferner fur Streitwagen (alsBeschlage). Kunstwerke 

den Mithrasmysterien , welche sich CIL VI 733 aus B. finden wir nicht, hierfiir zieht das Epos 

kund giebt. Auch in Kleinasien geschieht eine noch das glanzende Gold vor; auch zur Geld- 

Stiftung dem Zeus B. xaza xiXevotv &sov <&oi@ov pragung finden wir es noch nicht verwandt, wohl 

(v. Domaszewski a. a. O. nr. 14), und auf einem aber als Tauschmittel. Die Funde geben fur 

rSmischen Denkmal des Zeus B. ist Apollon dar- zahlreiche dieser Verwendungsarten , namentlich 

gestellt (CIL VI 432). Er muss also offenbar in was Waffen und Werkzeuge anlangt , die reden- 

irgend einer Beziehung zum Sonnengott gestanden den Belege ; ausserdem spielen neben den ange- 
haben. Ramsay hat schon hervorgehoben, dass 60 fuhrten Gegenstanden unter den Funden auch 

in Kleinasien fast jede Inschrift, wo der Zeus B. die bronzenen Fibeln eine wichtige Rolle, wenn 

erwahnt wird , ein Grabstein ist , so dass dieser auch nicht unter denen von Mykenai oder Tiryns, 

Gott zugleich einen himmlischen und chthonischen wo sie so gut wie gar nicht vertreten sind. In 

Charakter gehabt haben muss. Damit stimmt der historischen Zeit tritt bei den Waffen und 

auch uberein, dass er zusammen mit Hekate ver- Werkzeugen das Eisen immer mehr an Stelle der 

ehrt wurde (CIL VI 733 sacerdos dei, Brontoniis B. , die im wesentlichen nur noch als Material 

et Hecate). Auf den Miinzen, wo Cavedoni den fur Prunkwaffen oder sokhe, die man den Toten 

Zens B. erkennt , ist er ganz nach griechischer ins Grab mitgab , sowie fur Schutzwaffen ver- 



wandt wird; dafiir nimmt ihre Verwendung ffir Ge- gebaude mit 3000 Erzfiguren geschmuckt habe, 

rate des taglichen Lebens und des Hausrats der- und dass die Stadt Rhodos nach Angabe des 

artig zu, dass ein Verzeichnis all der Gegenstande, Historikers Mucianus noch im 1. Jhdt. n. Chr. 

die in griechischer und romischer Zeit aus B. herge- 3000 B.-Statuen besessen habe, und Athen, Olym- 

stellt wurden, einen grossen Raum beanspruchen pia, Delphi nicht weniger (a. a. O. 36). Dabei 

wtirde. Eine Wanderung durch die B.-Samm- waren schon frfiher durch die Kriege ungeneure 

lung des Museo nazionale in Neapel vermag davon Mengen von ETZwerken aus Griechenland und 

eine ungefahre Vorstellung fur die romische Kaiser- Kleinasien nach Italien entftthrt worden , wovon 

zeit zu geben; lehrreich ist auch Fried erichs die Nachrichten fiber die Trmmphe, m denen 
Gerate und B. im alt. Museum (Berlins ant. Bild- 10 unter den andern erbenteten Schatzen auch diese 

werke Bd. II), Dusseld. 1871, um andere Kata- aufgefuhrt wurden, Zeugnis geben; so figurierten 

loge zu fibergehen. In ktinstlerischer Hinsicht z. B. beim Triumphe des M. Fulvius Nobilior fiber 

kommen natiirlich in erster Linie die B.-Statuen in Aitolien (187 v. Chr.) 785 Erzstatuen gegenuber 

Betracht, die ausserordentlich hiiufig wurden, als nur 230 Marmorstatuen (Lit. XXXIX 5, 15). 
den Grieehen die Technik des Erzgusses, wahr- fiber den Gebrauch erzbekleideter Mebel liegen 

scheinlich auch von Agypten oder von Phoinikien historische Notizen nur sparlich vor. Zu den 

her, bekannt wurde (obschon sie dieselbe fur eine Grieehen kam der Gebrauch derselben jedenfalls 

eigene Erflndung ausgaben und dem Samiern Rhoi- vom luxuriosen Orient her, wohl besonders von 

kos und Theodoros zuschrieben); da das Material Assyrien, bei denen sowohl die Abbildungen, wie 
sehr dauerhaft war und verhaltnismassig billig 20 die noch erhaltenen Reste lehren, dass lhr Mobi- 

gewesen zu sein scheint, so wurde die B. auch liar aus Holz, das mit getnebenem MetaUblech 

fur kleinere Figfirchen, die man teils als Weih- verkleidet war, bestand (vgl. Perrot Hist, de 

geschenke, teils zum Schmuck des Hauses ver- l'art II 723ff.). Im homerischen Epos finden wir 

wandte sehr beliebt, und die Zahl solcher B.- schon die kostbaren §q6voi mit MetaUblech uber- 

Statuetten, von der rohesten Arbeit im Vollguss zogen, und wenn dies in den reichen Herrscher- 

bis zur feinsten und vollendetsten in durcheise- hausern Gold ist (Helbig a. a. O. 121ff.), so 

liertem Hohlguss, ist heute noch ausserordentlich wird B.-Blech jedenfalls nicht selten gewesen sem, 

gross wogegen die Zahl der auf uns gekommenen wie auch bei andern Mobeln und bei den Wagen 

grSsseren B -Statuen zwar infolge der Funde von Metallbeschlage teils belegt, teils vorauszusetzen 
Pompei und Herculanum und anderer neuer Aus- 30 sind (vgl. ebd. 127). Fur spatere Zeit bezeugt 
grabungen erheblich grosser ist, als zur Zeit Thuk. Ill 68, 3, die Anwendung von B. _zum 
Winckelmanns, aber doch im Verhaltnis zu der Mobiliar. Nach Rom sollen nach Liv. XXXIX 6, 7 
riesigen Ffille , die im Altertum einst bestand, und Plin. XXXIV 14 die ersten erzbelegten MObel 
verschwindend klein genannt werden muss. Denn (leeti aerati) im J. 187 v. Chr. durch On. Manlius 
in den Zeiten der Volkerwanderung und den darauf Vulso aus Kleinasien gekommen sein. Wie ver- 
folgenden Jahrhunderten, da der Bergbau danieder- breitet dieser Luxus, den noch Cicero dem Verres 
lag und der reelle Wert des Metalls fur praktische vorwirft (IV 60), geworden war, zeigen die Funde 
Zwecke den Leuten wichtiger erschien, als der von Pompei und Herculanum, doch lehren uns 
nicht erkannte Kunstwert, sind die meisten B.- andrerseits etruskische Graberfunde, dass schon 
Statuen in den Schmelztiegel gewandert, ein 40 lange vor Bekanntwerden der gnechischen 1 abn- 
Los, dem von den fiber der Erde stehen gebliebenen cate in Etrurien bronzene oder bronzebekleidete 
Kunstwerken nur der Marc Aurel entgangen ist. Mebel bekannt waren (besonders das Grab Regu- 
Namentlich fiir Portraitstatuen war die B. im lini-Galassi, vgl. Mus. Gregoriano 1 12ff. Martha 
Altertum sehr beliebt; in Griechenland vornehm- L'art etrusque 107). Von Etrurien sind denn auch 
lich bei den zahlreichen Statuen der Sieger in schon friihzeitig derartige Erzgerate nebst andern 
den gymnischen Agonen; spater in der bellenisti- nach dem Auslande exportiert worden (Cassiod. 
schen Zeit und bei den RCmern fur sonstige Ehren- var. VII 15); und wenn der Dichter Kntias bei 
statuen, die selbst in kleinen Stadten Mannern, Ath. I 28 B als Import der Tyrrhener ganz be- 
die sich um das Gemeinwesen irgend welche Ver- sonders lobt na? ya/.xog oug xoa^T S6/iov cvnvc 
dienste erworben hatten oder denen man sich 50 youa, so werden wir dabei nicht nur an Gefasse 
sonst dankbar zu erweisen Anlass hatte, gesetzt u. dergl., sondern auch an erzbelegtes Mobiliar 
wurden. Diese Sitte, die mit der Zeit geradezu zu denken haben. Tyrrhenische Leuchter, worunter 
zur Unsitte wurde, war in Griechenland schon wir jedenfalls auch eherne zu verstehen haben, 
ziemlich frfih eingerissen, da nach Plin. XXXIV erwahnt Pherecr. bei Ath. XV 700 C So gehen 
11 die Athener dem Demetrios von Phaleron 360 sicher auch die Anfange der B.-Piastik bei den 
Erzstatuen aufstellen liessen, freilich um sie bald Romern auf etruskischen Ursprung zuruck, wemg- 
nacbher wieder zu zerstoren, ebenso wie die Romer stens wird diejenige Statue, die nach Plin. XXXI V 
dem Marius Gratidianus aus Dankbarkeit in Sachen 15 die alteste Erzfigur in Rom war, narolich das 
«iner Munzregulierung in alien Vici Statuen er- aus dem confiscierten Vermogen des Spunus tas- 
richteten, die dann bald darauf beim Einzug des 60 sins (485 v. Chr.) hergestellte Bildnis der Ceres, 
Sulla samtlich zertrummert wurden (Plin. XXXIII von einem etruskischen Erzbildner gearbeitet wor- 
132). Dass auch die Etrusker B.-Statuen in sehr den sein, da um jene Zeit gnechiscne Kunst noch 
grosser Zahl besassen, zeigt die Notiz bei Plin. kaum nach Rom gedrungen war. 
XXXIV 34, dass in Volsinii im J. 265 bei seiner Wie der Handel mit B.-Gegenstanden in alter 

Eroberung 2000 Erzstatuen gewesen sein sollen. Zeit vom Orient nach Europa gegangen war, dann 
Andere Zahlen verdanken wir derselben Quelle; zwischen Griechenland und Etrurien em lebhafter 
so, dass M. Scaurus in seinem Theater, das doch Austausch vornehmlich kfinstlensch verzierter B.- 
nur ein vorubergehend errichtetes war, das Bfihnen- Gerate stattgefunden hat, so hat das letztere 



895 



Bronze 



Bronze 



896 



Land Jahrhunderte hindurch auch nach dem Norden 
Europas B.-Fabricate gesandt, freilich weniger 
solche des Kunstgewerbes , als vielmehr Gegen- 
stande des praktischen Gebrauches. Dariiber be- 
lehren uns die Funde, die den Vertrieb etruski- 
scher Erzwaren nach dem Norden durch zahl- 
reiche Beispiele belegen (vgl. besonders Gen the 
Etrusk. Tauschhand. n. d. Norden 2 10ff.): es sind 
nur zum kleinsten Teile Objecte kiinstlerischer 
Natur, vielmehr vornehmlich Hausrat, Gefasse 
aller Art, Messer, Beile und andere Werkzeuge, 
Wagenbestandteile , Pferdegeschirr , Schmucksa- 
chen, besonders Fibeln, Gurtelbleche, Kinge fflr 
Hals, Arm, Finger, ferner Haarnadeln, Knopfe 
und dergl.; sodann Waffen, als Schwerter, Dolche, 
Lanzenspitzen, Pfeilspitzen, Schilde, Panzer; end- 
lich allerlei Opfergerat (s. die Aufzahlung bei 
Genthe 21ff.), Bei zahlreichen dieser B.-Funde, 
die im Norden bis Schleswig-Holstein and Dane- 
mark, England, Schottland und Irland gehen, ist 
die etruakische Provenienz durch Analogien und 
Parallelen mit italisch-etruskischen Funden hin- 
langlich gesichert, wenn auch an einen directen 
Handelsverkehr bis nach jenen entfernten Gegen- 
den nicht zu denken sein wird. 

Die Mischung der B. mag bei kunstvollen 
Erzarbeiten, vornehmlich bei Statuen, zwar viel- 
fach vom Bildner selbst besorgt worden sein, 
doch wurde sowohl flir kiinstlerische als filr sonstige, 
zumal kunstgewerbliche Arbeiten vielfach die B. 
in eigenen Fabriken hergestellt und den K.iinst- 
lern oder Erzarbeitern fertig geliefert. In Grie- 
chenland war vornehmlich beruhmt das Era von 
Delos, das nach Plin. XXXIV 9 ursprunglich 
wesentlich zu Ftissen und Pfeilern von Sofas 
(tricliniorum pedibus fulcrisque), spater aber 
auch fur statuarische Zwecke verwandt wurde; 
Cicero erwahnt vasa Deliaca p. Kosc. Amer. 133, 
supellex Verr. II 83. 176; vgl. Plin. XXXIII 
144. Ferner war beliebt das Era von Aigina, 
da's ebenso wie das delische auch zu Statuen 
verwendet wurde, wie denn Plin. XXXIV 10 
berichtet, dass sich Polyklet des aeginetischen 
(das auch Kanachos benutzte, ebd. 75), Myron 
des delischen Erzes bedient habe. Bronzene Kan- 
delaber warden ebenfalls in Aegina gearbeitet, 
Schafte (scapi) von solchen in Tarent (ebd. 11). 
Die ROmer schatzten besonders die korinthische 
B., die gleichfalls sowohl zu Bildwerkeii, wie zu 
Hausrat, namentlich zu Gefassen {vasa Gorintkia) 
verarbeitet wurde, s. die Stellen bei Bliimner 
Gewerbliche Thatigkeit 75f. Indessen obschon 
Plinins (ebd. 4) angiebt, es habe von dieser B. 
drei Arten gegeben: weissliche mit Silberzusatz, 
goldgelbe mit Goldzusatz und eine dritte Sorte, 
bei der Kupfer, Silber und Gold zu gleichen Teilen 
gemischt seien, so ist er doch offenbar nur vom 
Horensagen dariiber unterrichtet , und das Ge- 
heimnis der korinthischen B., das zu seiner Zeit 
schon lange verloren gegangen war, ihm nicht 
naher bekannt gewesen. Denn gerade in der Zeit, 
wo die Sammelwut der reichen ROmer sich ganz 
besonders auf diese Objecte warf, wusste man 
schon nicht mehr recht, wie es um diese B. stehe, 
und die seltsamsten Fabeln warden fiber die Er- 
findung dieser Mischung verbreitet und geglaubt ; 
vgl. Bltimner Technol. IV 183fF. So werden 
denn auch diese Notizen aber Zusatz von edeln 



Metallen zum Kupfer lediglich auf spaterer Er- 
findung beruhen, um so mehr als neuere Ana- 
lysen antiker B. niemals Belege ftlr solche Zu- 
satze ergeben haben (betieffs des angebliehen Gold- 
zusatzes bei dem sogenannten Metallo Spinelli, 
Bull. d. Inst. 1878, 142, vgl. die Bichtigstellung 
E6m. Mitteil. II 252). Auf jeden Fall wird die 
abenteuerliche Erzahlung, wonach die Mischung 
erst durch Zufall beim Brand von Korinth 133 

10 v. Chr. entstanden sei (Plin. a. a. 0. 6) dadurch 
widerlegt, dass schon vorher Arbeiten aus korinthi- 
schem Erz erwahnt werden (z. B. im Festzug 
des Ptolemaios II., Ath. V 199 E. 204 C), obschon 
es allerdings nicht erwiesen ist, dass alles, was 
aus alterer Zeit als korinthische Erzarbeit be- 
zeichnet wird, auch von jener Mischung war, die • 
die BSmer als speeifisch korinthische bezeichneten 
und die die Kenner sogar am Geruch zu erkennen 
behaupteten (Mart. IX 59, 11). Plinius freilich 

20 (a. a. 0. 7) ist der Ansicht, dass alle diejenigen 
Kenner, die Werke beriihmter alterer Meister fur 
korinthisch hielten, getauscht seien, und dass es 
aus dieser Mischung nur Gerate, vasa Corinthia, 
gabe, wogegen Martial und andere Schriftsteller 
unbedenklich von Statuen oder Statuetten aus 
korinthischer B. reden (vgl. Mart. XIV 172. 177. 
Plin. ep. Ill 6 ; eine Sphinx erwahnt sogar Plinius 
selbst a. a. 0. 48). Andere im Altertum beson- 
ders geschatzte B.-Mischungen wurden nach der 

30 Farbe der B. benannt ; so die sog. temperatio 
formalis, die den beliebten color Graecanietts 
liefert, Plin. ebd. 98, ferner das beriihmte aes 
hspatixon (leberfarben), ebd. 8; eine andere Mi- 
schung fuhrte den Namen ollaria, ebd, 98, wurde 
also wohl vornehmlich zu Kiichengeraten verwandt. 
tlber diejenige Mischung, die unserem Messing 
entspricht, s, unter 'Ogei'x<t?.xog. 

Wie die Angaben des Plinius fiber die korinthi- 
sche B., so sind auch die sonstigen Notizen, die 

40 er uber B.-Mischungen giebt, durchaus verworren 
und unklar, zumal er von dem doch uberall un- 
erlasslichen und fast in alien antiken B. nach- 
gewiesenen Zusatz von Zinn nirgends etwas sagt, 
dafiir vielmehr Silberblei, plumbum argentarium, 
als Zusatz anfuhrt, XXXIV 97 ; auch die bedeu- 
tenden Bleizusatze, die er bei den von ihm mit- 
geteilten Legierungen nennt, sind in hohem Grade 
bedenklich, vgl. Bliimner Technologie IV 181f. 
In neuerer Zeit sind antike B. vielfach auf ihre 

50 Legierung hin chemisch gepriift worden ; man 
vgl. besonders v. Bibra Die B.- und Kupferlegie- 
rungen der alten und altesten Vclker, Erlangen 
18*9. FellenbergMitt. d. naturforsch. Gesellscb. 
z. Bern 1860 und 1861; anderes bei Bliimner 
a. a. 0. 186, 1; ebd. 188ff. tbersichtstabellen ; 
anderes zusammengestellt bei Sittl Archaeol. d. 
Kunst 204ff. Diese Analysen haben freilich hig- 
her nur sehr wenig sichere Resultate ergeben. Als 
erwiesen darf betrachtet werden, dass in den aller- 

60 altesten B.-Gegenstanden desklassischenAltertums 
der Zinnzusatz wesentlich geringer ist, als spater, 
wo er gewOhnlich 10— 14% ausmacht; ausserdem 
findet sich vielfach Blei zugesetzt, wahrend Zink 
fehlt. Bei den griechischen Mfinzen schwankt" 
der Zinngehalt zwischen 2% und 17°/ , Blei 
tritt erst vom 4. Jhdt. ab als offenbar absicht- 
licher Zusatz auf. Bei den romischen B.-Munzen 
steht es anders, indem hier die altesten Miinzen 



897 



Broteas 



Bruchoi 



898 



einen starken Bleizusatz (12 — 29%) aufweisen, 
wfthrend vom Ende der Eepublik ab dieser so 
gering wird, dass er nur als zufallige Verunrei- 
nigung betrachtet werden kann ; erst seit Marc 
Aurel tritt wieder betrachthche Bleibeimischung 
auf. Der Zinngehalt betragt 5 — 8%, und Zink 
ist seit der Kaiserzeit oft in bedeutenden Quan- 
titaten (10 — 15%) zugesetzt worden (nach Bibra 
a. a. 0.). Bei Geraten und statuarischen B.- 



talos verstanden hat, wissen wir nicht, jedenfalls 
ist die Motivierung seiner That eine andeie. Der 
Ausdruck mpidine mortis wird in den Scholien 
z. d. St. damn erklart, er sei ein Sohn des Zeus 
gewesen und von diesem wegen seiner Schlechtig- 
keit geblendet worden (Natalis Conies Myth. 
II 6 nennt ihn einen Sohn des Hephaistos und 
der Athene und giebt als Grand der That seine 
Hasslichkeit an), Gerhard Eh. Mus. VDJ 130- 



Arbeiten aus romischer Zeit ist der Zinngehalt 10 133. Dass dem Namen des B. (vgl. Brotos) 



sehr verscbieden (etwa 5 — 14%); durchgangig 
weisen aber die Spiegel einen grOsseren Gehalt 
an Zinn auf als andere Gegenstande, von 19% 
bis zu 32%, dazu wesentliche Bleibestandteile 
(Bibra 79); es ist mCglich, dass es diejenige 
Mischung ist, die in den Spiegelfabriken von Brun- 
disium iiblich war, wo nach Plin. XXXTV 160 und 
XXXIII 130 die besten Spiegel gefertigt wurden 
(nach einer Hypothese kame sogar das Wort B. 
selbst von Brundisium her). 

Was das Technische anlangt, so ist bei den 
altesten B.-Geraten in Griechenland wie in Etru- 
rien das Treiben von B.-Blech die gewChnlichste 
Art der Arbeit gewesen, die sogar bei grOsseren 
B.-Statuen zur Anwendung gekommen ist (Paus. 
in 17, 6); die einzelnen Teile so gearbeiteter Ge- 
fasse wurden in der altesten Zeit durch Nieten 
oder Nagel verbunden (vgl. BlumneT Technologie 
IV 236), nicht gelotet, wie spater. _ln der Folge 



und seiner Selbstverbrennung eine tiefere sym- 
bolische Bedeutung innewohne, ist von mehreren 
behauptet worden (Gerhard a. a. 0. Stark 
Niobe 437f.). 

3) Ein Faustkampfer, der nlit seinem Bruder 
Ammon im Kampfe des Perseus gegen Phineus 
von letzterem getotet wurde, Ovid. met. V 107ff. 

4) Ein Lapithe, bei der Hochzeit des Peirithoos 
vom Kentauren GTyneus getotet, Ovid. met. XII 

20 262. [Wagner.] 

Brotinos s. Brontinos. 

Brotion (Bqcotiov) , Ort auf Samothrake, 
Nonn. Dion. XIII 404. [Oberhummer.] 

Brotos (Bqotos), Repraesentant der Mensch- 
heit, nach Hesiod (frg. 134 Kink.; nicht in der 
Theogonie) Sohn des iather und der Hemera, nach 
Euhemeros (Etym. M. 215, 37) Autochthon. 

[Wernicke.] 

Broronacae, Castell im Gebiet der Brigantes 



zeit wurde auch bei Geraten aus B. das Giess- 30 in Britannien, an der Strasse von Eburacum nach 



verfahren mehr oder weniger angewandt, zum 
wenigsten filr gewisse massive Teile davon, wie 
z. B. die Henkel von Gefassen. In der statua- 
rischen B.-Arbeit ist der Guss das spater fast 
allein iibliche, und zwar in der Form des massiven 
Vollgusses fur kleinere Objecte, in der des kunst- 
reicheren Hohlgusses fur grflssere Figuren. Doch 
ist betreffs des technischen Verfahrens auf die 
Artikel Erzguss und Toreutik zu verweisen. 

[Bliimner.] 
Broteas (Bgozeas). 1) Sohn des Tantalos 
und der Euryanassa, Bruder des Pelops und der 
Niobe, nach der Genealogie der Pelopiden im Schol. 
Eurip. Or. 5 (Mant. proverb. II 94), welche Thrae- 
mer (Pergamos 61) auf Hellanikos zurlickfflhrt. 
Er war nach Paus. II 22, 3 der Vater des jiingeren 
Tantalos, des ersten Gemahls der Klytaimnestra, 
welcher sonst als Sohn des Thyestes bezeichnet 
wird (Paus. a. a. 0. und H 18, 2. Apollod. ep. 2, 



Luguvallium (Itin. Ant. 467, 4, unstreitig derselbe 
Ort, dessen Name ebd. 476, 5 in Broeavo und 
beim Geogr. Rav. 433, 5 in Brocara verunstaltet 
ist); wahrscheinlich das heutige Broughamcastle 
am Eden (CIL VII p. 73). Unter den dort ge- 
fundenen Inschriften nennt eine, wie es scheint, 
den Genius loci Brfovonacensis) nach wahrschein- 
licher Deutung (CIL VH 302). [Hiibner.] 

Broxas (var. Proxas), Ort in Carnia, unweit 
40 Forum Iulii (Paul. Diac. hist. Lang. V 23), nach 
Bethmann z. d. St. Purgessimo bei Ponte dei 
Schiavi am Natiso, nach anderen Prosasco an der 
Quelle desselben Flusses, oder Borgo Bressana, 
unmittelbar bei Cividale. [Hulsen.] 

Bruanl s. Abritani. 

Braaninm s. Bryanion. 

Braca (Bgovxa) oder Bucra (Bovnga), Vor- 
gebirge auf der Sudkuste Siciliens etwas sudlich 
von Kamarina (Ptol. Ill 4, 7), jetzt Punta Sca- 



16). Bei den Magneten gait er fur den Verfertiger 50 lambri oder die etwas weiter nordwestlich ge 



des altesten Bildes der GOttermutter an dem Kod- 
dinosfelsen (Paus. Ill 22, 4; vgL Preller Griech. 
Myth. I* 649. 113 380). Es ist dies wahrschein- 
lich die bekannte frfiher fur Niobe gehaltene Fels- 
sculptur bei Magnesia (Weber Le Sipylos 40. 
Thraemer Pergamos 21. Humann Athen. Mitt. 
XHI Taf. 1). Bei der Ausgestaltung der Pelo- 
pidensage ist auch B. in das Unglflck des den 
GCttem und besonders der Artemis verhassten Ge 



legene Punta del Bracetto. [Hulsen.] 

Brnchion (Bgovxiov), Name des Stadtteils von 
Alexandreia in Agypten, in dem sich die erste 
von Philadelphos gestiftete, mit der Residenz der 
Ptolemaeer und mit dem Museion verbundene Bi- 
bliothek befand und in dem eben die Gelehrten 
des Museion wohnten. Da es vor seiner ZerstA 
rung im J. 272 n. Chr. belagert worden war, 
muss es wenigstens zu dieser Zeit in verteidi 



schlechts hineingezogen worden. Denn Apollodor 60 gungsfahigem Zustande gewesen sein. Epiphan 



(ep. 2, 2) berichtet von ihm, er sei als Jager ein 
Verachter der Artemis gewesen und habe behaup- 
tet, das Feuer konne ihm nichts anhaben ; deshalb 
habe er sich im Wahnsinn selbst ins Feuer ge- 
sturzt (Wagner Apollod. epit. Vat. 159f.). 

2) Ovid (Dj. 515f.) nennt einen B., der sich 
aus Lebensiiberdruss in einen Scheiterhaufen ge- 
stfirzt hat. Ob er darunter den Sohn des Tan- 

Pauly-WUsowa III 



de ponderib. 12 (II 166 B und 168 B ed. Petav.) ; 
womit das Plautusscholion Ritschl Die alexan 
drin. Biblioth. 3 zu verbinden ist. Hesych. Miles, 
ed. Flach 243 (Vit. Apollou. Dysc. mit der Form 
JlgovxeTov). Amm. XXII 16, 15. Hieron. chron, 
ol. 262. Par they Das alesandrin. Mus. 55. Sonst 
vgl. oben Bd. I S. 1385f. [Puchstein.] 

Bruchoi (Bgovzoi), nach Procop. b. Goth. IV 

29 



899 



Brucida 



Bructeri 



900 



4 ein kaukasisches Bergvolk nordlich von den 
Abasgoi, an der Grenze der Alanoi und Zichoi 
(Zygoi); vielleicht der echte Name der heutigen 
U.buch oder Bych, welche zwischen den Abchasen 
und Cerkessen hansten und gegenwartig naeh 
der Tiirkei ausgewandert sind; ihre eigenartige 
Sprache ist noch nicht untersueht worden. Be- 
merkt sei, dass der Anonymos eines pontischen 
Periplus im Cod. Londin. den Fluss Borgys oder 
Burkas Bgov%ovxa (Nom. Bgovxwv) nennt, was 
mit dem Volksnamen zusammenhangen kann. 

[Tomaschek.] 

Brncida, Ort in Makedonien, an der Grenze 
von Epinis (nova) und an der Via Egnatia, 12 -+- 
18 mp. von Herakleia, 13 mp. von Lychnidos 
(Cledo), Itin. Hieros. 607. Nach Wesseling 
z. St. lautete der Name wahrscheinlich Brugiada 
und ist dann der von Steph. Byz. erwahnten Stadt 
Bgvyia; in Makedonien gleich zu setzen. Tafel 
Via Egnatia occid. 34ff. Tomaschek Thraker 
I 28, Vgl, Bryges. [Oberhummer.] 

Brucla (Tab. Peut.; Geogr. Rav. 188, 11 
Brutia), Station der Marosstrasse bei Nagy-Enyed, 
einer der wichtigeren Orte des dakischen Gold- 
districtes. Die bei B. in Fel-Gy6gy gefundene 
Ara CTL III 941 liess das eollegfiumj auraria- 
rum, das vermutlich aus kleineren hier thatigen 
Pachtern bestand, offenbar durch seinen magister 
errichten (0. Hirschfeld S.-Ber. Akad. Wien 
1874, 369. J. Jung Fasten der Provinz Dacien 
160). Die in CIL III 942. 943 genannten M. 
Opellius Adiutor (duum)vir col. und P. Aelius 
Maximianus dee. col., von denen der erstere auch 
in Ampelum, dem Sitze der BergbehOrde, be- 
giitert war (CIL III 1323), sind ohne Zweifel 
Grosspachter aus Sarmizegetusa. Die Statthalter 
stifteten selbst in B. Alt are (CIL III 940, 158 
n. Chr.) und erhielten hier Ehrensteine (CIL III 
943, 161 n. Chr.). Der Ort bewahrte seine Be- 
deutung von Traian (CIL III 942. 1323, dazu 
Mommsen CIL III p. 178) bis auf Pius (CIL 
ED 940. 943); ob er jemals Stadtrecht erhielt, 
ist unbekannt. In Maros-Decse bei B. wurde ein 
Mithrasrelief gefunden (Cumont Testes et monu- 
ments figures relatifs aux mvsteres de Mithra, mon. 
fig. nr. 203). CIL HI p. 178. 1014. 1386. W. To- 
maschek Die alten Thraker II 2, 63. [Patsch.] 

Bructeri, germanisches Volk, als Anwohner 
der Ems zuerst von Strabon VDI 290 (h zip 
'A/iaola Agovaos Bgovxzcgovs xazevavfidxqoe) be- 
zeichnet, womit iibereinstimmt Tac. ann. I 60 
Auction inde agmen ad idtimos Bructerorum 
quantum que Amisiam et Lupiam amnes inter 
vastatum, haud proeul Teutohurgiensi saltu. Im 
Sudosten also lagen die Grenzen der B. im Winkel 
zwischen der Ems und Lippe, im Norden waren 
Friesen und Chauken ihre Nachbarn. Dass sie 
ziemlich weit an der Ems hinab gewohnt haben 
nmssen, geht aus der angefilhrten Strabonstelle 
hervor, womit die ungenaue Angabe VDI 291 
veTglichen werden muss, dass Sugambrer, Chau- 
ben und Bructerer ago; z<i> d>xsarcp gewohnt 
hatten. Ptolemaios scheidet kleine und grosse B., 
eine Einteilung, die schon Strabon bekannt war, 
und zwar setzt er II 11, 6. 7 die B. fiixgol sud- 
lich von den Friesen an und westlich der Ems, 
die fielCovs (unter den klaooova s&vrj) offenbar 
Ostlich (unter den Westchauken). Auf der West- 



seite des Musses zeigt B. auch Tac. ann. I 60 
Caectnam eum quadraginta eohortibus Roman/is 
distraliendo hosti per Bructeros ad flumen Ami- 
siam mittit. tiber ihre Entfernung vom Rhein 
fehlt eine sichere Angabe. Die Stelle Strabons 
Vll 291, der die Lippe parallel zur Ems fliessen 
lasst und ihre Entfernung vom Rhein auf 600 
Stadien angiebt, ist unklar : AovTziae szozauog dt- 
i%wv 'Pr\vov negi s^axooiovs ozadiov;, gscor dia 

10 Bgovxzigatv zwv ikaxtovcov. Danach hatten die 
B. auch noch siidlich von der Lippe gewohnt. 
Dass sie den Fluss jedenfalls beruhrten, erhellt 
aus Tacitus, der hist. V 22 berichtet, die Ger- 
manen hatten einen erbeuteten rfimischen Drei- 
ruderer auf der Lippe zur brukterischen Seherin 
Veleda transportiert (vgl. IV 61. 65). Aus der 
dichterischen Angabe Claudians paneg. de IV cons. 
Honorii 451 venit aceola siliae Bructerus Her- 
cyniae lasst sich, ganz abgesehen von dem zeit- 

20 lichen Abstand dieses Zeugnisses, keine Grenz- 
bestimmmig gewinnen. 

Mit den Romern kamen die B., da sie unter 
den freien Germanen die dem rOmischen Gebiet 
zunachst wohnenden waren, sehr oft in feindliche 
Beriihrung. Drusus besiegte sie auf der Ems 
(Strab. VII 290. Schiller Gesch. der rOm. Kais. 
I 217). Dass sie thatigen Anteil an der Nieder- 
lage des Varus genommen, wird wohl dadurch 
bewiesen, dass L. Stertinius, der auf Befehl des 

30 Germanicus gegen sie zog, bei ihnen einen in 
der Varusschlacht verlorenen Legionsadler wieder- 
fand (Tac. ann. I 60. Schiller a. O. I 230. 
262; vgl. Vellei. H 105). Der unter Nero drohende 
Aufstand der B. und Tencterer wurde durch Avi- 
tusrasch unterdriickt (Tac. ann. XDI 56. Schiller 
a. O. I 354). An der batavischen Insurrection 
nahmen sie hervorragenden Anteil (Tac. hist. IV 
21. 61. 65. 77. V 18. 22. Schiller a. 0. 1 502. 
Mommsen R.G. V 132). Auch die Unruhen unter 

40 Traian scheinen nicht ganz unbedeutend gewesen 
zu sein, wenn wohl auch die Nachricht bei Taci- 
tus Germ. 33, dass die Angrivarier und Chamaven 
das Land der B. besetzt und ihre Nachbarn fast 
aufgerieben hatten, stark (ibertrieben ist (iuxta 
Tencteros Bructeri olim oecurrebant, nunc Cha- 
mavos et Angrivarios immigrasse narratur, pul- 
sis Bructeris ae penitus exeisis ■uicinarum con- 
sensu- nationum, seu superbiae odio seu praedae 
dulcedine seu fat-ore quodam erga nos deoritm; 

50 nam ne spectarulo quidem proelii inridere. super 
sexaginta milia non armis telisque Romania, 
sed, quod magnifieentius est, oblectationi ocu- 
lisque ceciderunt). Vgl. Plin. epist. II 7. Momm- 
sen Herm. HI 39 und im Ind. Plin. 429. As- 
bach Rhein. Jahrb. LXIX 5. Schiller a. 0. 
I 548. Zu Ptolemaios Zeit finden wir die B. 
noch in ihren alten Wohnsitzen (s. o.). Erst im 
folgenden Jahrhundert scheinen sie von den Fran- 
ken und Chauken nach Siiden iiber die Lippe ge- 

60 schoben worden zu sein {Bructeri nennt die Vero- 
neser V6lkertafel XIII 15 p. 251 ed. Seeck 
zwischen Flevi und Cati unter den gentes bar- 
barae quae pulhdaverunt sub imperatoribus, da- 
zu Mullenhoff Deutsche Altertumskunde III 
31 3f.; Bureturi auf der Tab. Peut. zwischen Koln 
Koblenz am rechten Rheinufer, Francia im Nor- 
den und Suevia hn Suden; vgl. Zeuss Die Deut- 
schen 92ff. 326. 328. 350f. Mullenhoff HI 216). 



901 



Brugetia 



Bnuidisium 



902 



Zu Anfang des 4. Jhdts. finden wir sie im Verein 
mit anderen Stammen wieder im Kampfe gegen 
die Romer. Constantin besiegte sie im J. 310 
und erhielt daher den Beinamen Germanicus (Inc. 
paneg. Constantino Aug. d. 12 p. 169 B. Nazarii 
paneg. Const. Aug. d. 18 p. 227 B. [und hierzu 
Mullenhoff a. 0. m 212]. Schiller a. 0. II 
174. 181 ; man bezieht gewOhnlich hierauf die In- 
schrift CIL HI 5565 = Henzen 5579 = Dessau 



der Ekliptik angelangt ist, also iiber dem Hori- 
zonte den kleinsten Tagesbogen beschreibt (bru- 
ma = brevissima dies) ; den Gegensatz bildet das 
Sommersolstitium, das von den ROmern solstitium 
schlechthin genannt wurde (Plin. n. h. VIH 187. 
X 90. XVni 220. Fasti Philocali CDL P p. 266. 
276). Der Tag fiel nach der landlaufigen An- 
schauung der Romer auf den achten Tag vor den 
Januarkalenden, d. i. den 25. December, und wurde 



664; vgl. die Anmerkung Mommsens). NochlOfrflher als Jahreswende betrachtet (Varro de 1. 1. 



zu Ende dieses Jahrhunderts sassen B. Ostlich vom 
Rhein, wo sie der Einfall des Arbogast traf (Snip. 
Alex, bei Greg. Tur. hist. Fr. H 9 Agrippinam 
rigente maxime hiemepetiit . . . transgressus RJie- 
num Brieteros ripae proximos, pagum etiam 
quern Chamavi incolunt, depopidatus est. Zeuss 
a. 0. 351). Unter den rOmischen Hiilfstruppen 
nennt Bructeri (Broeteri) die Not. Dign. occ. V 
39 = 187 = VII 69 (vgl. den miles e numero 



VI 8: tempus a bruma ad brumam voeatur 
annus; vgl. Ovid. fast. I 163. Censorinus 21, 13. 
Serv. Aen. VII 720). Die Dauer des kfirzesten 
burgerlichen Tages betrug fur die Rftmer 9 5 /g Stun- 
den (Mart. Cap. VIII 846 nam solstitialis dies 
habet aequinoetialis mensurae horas X1HI et sex- 
tantem, brwmalis vero novem et dimMiam ae 
tertiam portionem). Seltsamerweise wird die 
bruma in den Kalendern des Philocalus und des 



Brucherum der aus dem Ende des 4. oder An- 20 Polemius Silvius (CDL P p. 276f.) auf den 24. No- 



fang des 5. Jhdts. stammenden Inschrift von Con 
cordia CIL V 8768). Ausser bei Claudian (s. o.) 
und Sidon. Apoll. carm. VII 324, der sie unter den 
Hiilfstruppen des Attila auffuhrt, erscheint ihr 
Name dann noch bei Spateren (Zeuss a. 0. 352). 
Auch als die B. unter frankische Herrschaft ge- 
kommen waren, dauerte ihr Name als Gauname 
in den Lippegegenden fort (Bordhtra und abn- 
lich, Zeuss a. 0. 353. Forstemann Altdeutsches 



vember verlegt. Auch wurde nach dem Zeugnis 
der Geoponica (1 1, 9 p. 6 Beckh fj Se zcov Bqov- 
fiwv loQzrj iatt rfj noo oxxat xaAavdatv Aexefi- 
fiol(ov; vgl. I 5, 3 p. 10) am 24. November das 
Fest der B. gefeiert; richtiger gesagt, die Feier 
begann an diesem Tage und erstreckte sich dann 
auch auf die folgende Zeit (Reiske zu Const. 
Porphyrog. II 18 p. 701 Bonn.). Nach dem 
Zeugnis des Clodius Tuscus (Lydus de ostent. 



Namenbuch H 330f.). Was die Form des Namens 30 p. 151. 154 Wachsm.) und des Servius (Georg. I 

1 x ! A 3! ,V1 -- 1 --* "- 1 - -— J '-- 211) scheint man namlich mit bruma aucb die 

ganze Zeit vom 24, November bis zum kiirzesten 
Tage bezeichnet zu haben (Mommsen CIL I 3 
p. 287. Hartmann Der rSmische Kalender 92ff.). 

[Habler.] 
Brumalls circulus s. Himmelskreise. 
Brnndlsinm (spat und schlecht Brundusium , 
Brendesimn Geogr. Rav. IV 31 p. 261 ; Brindisi 
Tab. Peut. and Itin. Hieros. 609 ; Brindiee Geogr. 



anlangt, so ist die Uberlieferung uberwiegend fur 
Bructeri (BgovxzeQoi), s. die angefuhrten Citate. 
Bei Ptolemaios ist Bovodxtsgoi die Vulgata, als 
Varianten notiert C. Miiller, der mit Recht Bqov- 
kzsqoi als die ursprungliche Form hergestellt hat, 
BaavodxztQOt, Bovodxroooi, Bvodxzoooi, BdxzEQOi, 
Bovxxsqoi, 'ApQovxreqoL. Spatere vulgare Formen 
sind Bureturi (Tab. Peut.), Broeteri (Not. dign. 
occ. VII 69), Bricteri (Greg. Tur. hist. Fr. H 9). 



Zur Deutung des Namens vgl. Zeuss a. 0. 92. 40 Rav. V 12 p. 273; poetisch gekiirzt Brenda von 



J. Grimm Gesch. der deutschen Sprache I 3 371f. 
Much Deutsche Stammsitze 142ff. (die ,auf 
riihrerischen', oder die ,widersetzlichen', ,abtriin- 
nigen'). tiber die B. handelt ausfuhrlich, aber 
nicht einwandfrei Leop. v. Ledebur Land und 
Volk der Bructerer, Berlin 1827 (dazu desselben 
,Blicke auf die Litteratur des letzten Jahrzehnts 
zur Kenntnis Germaniens mit besonderer Riick- 
sicht auf das Land und Volk der Bructerer', Ber- 



Ennius nach Fest. ep. 33 ; Einwohner Brundi- 
sinus ; griech. Bgevzsatov — Bgevz^otov bei Polyb. 
XXI 24, 16 Abschreiberfehler — oder BqsvMoiov, 
Ptol. in 1, 14. VIII 8,4; Bgevdrjoiov Etym. Gud. ; 
Einwohner BqovteoTvoi auf der nur in Abschriften 
aus dem 16. Jhdt. bekannten Inschrift CIL IX 48 
= IGI 674, wo Var. BgovvSsaivoi und Boev&eoirot ; 
BgevSeatvoi auf der sehr alten Inschrift IGI 672, 
Bgeorsoivrj Inschr. v. Naxos Dittenberger Her- 



lin 1837). Vgl. auch Wietersheim-Dahn Ge-50mesXVI, 1881, 163), bedeutende Hafenstadt in Ca 



schichte der Volkerwanderuug 2 Bde. Lpz. 1880f. 

[Ihm.] 
Brugetia, gallischer Ortsname, verzeichnet 
auf der Mannorbasis von Nimes CIL XII 3362 
(= Orelli-Henzen 5230), wahrscheinlich eines 
der zu Nemausus gehOrigen oppida ignobilia 
XXIIB 7 Plin. n. h. In 37. Die heutige Ortlich- 
keit steht nicht fest. Nach Charvet Les voies 
Romaines chez les Volces-Are"comiques (1874) 109 



labrien, jetzt Brindisi. Der Name soil aus dem 
Messapischen stammen und .Hirschkopf' bedeuten, 
von der Ahnlichkeit der vielfach verzweigten Hafen- 
bucht mit den Stangen eines Hirschgeweihs (Strab. 
VI 282 : zfj Mtotscaiaiv yXtoiT-g Bgsrzeoiov t) xe- 
(paXri zov skd<pov xaXttzai. Steph. Byz.: Bgsvziov 
jiaga Meaoaszlote fj zov iXd<pov xeq/alrj, c&s Se- 
Xevxos tv devzlgm ylwaazov. Hesych.: Pgivdor 
Uarpov, ahnlich Etym. Gud. Schol. Bern. Lucan. 



soil es Brouzet (arrond. Alais) sein. Vgl. Ger-60H 609: Brundusium oppidum in fine Itcdiae 

~ " '" "" quod cmplures auetores a forma situs cogno- 

minatum tradunt. est enim simillimum cer- 
vino capiti, quod sua lingua ,brunda' dixerunt). 
Schwankende Uberlieferungen von einer griechi- 
schen Colonisation in der Urzeit (Grander ein Sohn 
des Herakles, Brentus: Steph. Byz. s. v.; oder 
Diomedes mit fluchtigen Aitolern: Iustin. XIII, 
7, vgl. Heiacl. Pont. r. p. 27; odeT flnchtige 



mer-Durand Dictionnaire topographique du 
Gard s. v. Desjardins Ge"ogr. de la Gaule n 
213. 219. 0. Hirschfeld CIL XH p. 346. 
Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. [Ihm.] 

Brulla, als ausgezeichneter KnOchelspieler er- 
wahnt, Cic. de or. HI 88. [Klebs.] 

Bruma bezeichnet das Wintersolstitium, d. h 
den Tag, wo die Sonne im sudlichsten Punkte 



903 



Brundisium 



Brundisium 



904 



Kreter unter Anftihrung des Minos oder Iapyx 
Oder Theseus: Strab. VI 282. Mythogr. Vat. II 
125. Schol. Lucan, a. a. 0.) lassen erkennen, dass 
das Griechentum in friiher Zeit hier keinen festen 
Fuss gefasst hat. Als griechische Niederlassung 
im Brundisiner Gebiet erscheint dagegen Tarent, 
welches mit B. in vielfache Beziehungen trat (Strab. 
a. a. 0. Iustin. Ill 4, 12) und den Handel zwi- 
schen der Ostlichen Halfte Unteritaliens und dem 
Mutterlande im wesentlichen auf aioh zu concen- 10 



trieren wusste (Polyb. X 1, 8). Der Hafen von 
B., dessen bereits Herodot (IV 99) gedenkt, blieb 
Stapelplatz fur die einheimischen Volker (Scymn. 
C. 363: Bqsvxeoiov smvsiov r&v Meaaaxioiv; vgl. 
Skylax 14). Die Stadt stand unter eigenen Fursten 
(Strab. a. a. 0.): eine einzige messapische Inschrift 
ist in B. gefunden, aber eine der iangsten und viel- 
leicht die alteste dieses Dialekts (Mommsen Unter- 
ital. Dialekte 60). Aus dieser Periode stammt auch 
der Bronzecaduceus mit Inschrift (rechtslaufig) &a- 



muiaJ 

. d/JsoZaj 



Taro 




MaSstalt J: 50000 

i k 



JS. 



fxoaiov Bovqiov (linkslaufig) dafioatov BgevSmlvrnv 
(IGI672. Mommsen Herm. m 298). Genaueres 
fiber die Stadt erfahren wir erst, seitdem dieselbe, 
nach tberwindung der Sallentiner 488 d. St. = 266 
v. Chr. (Eutrop. II 17. Floras I 15 [20], Zonar. 
VIII 7 aus Cass. Dio) in die Hiinde der Eomer 
kam. Eine Colonie latinisehen Rechtes wurde 246 
(Liv. ep. 19) oder 245 (Vellei. I 14) dorthin ge- 
fuhrt: der Grundnngstag waren die nonae Seir- 
tiles (Cic. pro Seat. 131 ; ad Att. IV 1, 4). Die 60 
Hauptsorge der EOmer war, den vortrefflichen 
Hafen fur ihre Seemacht nutzbar zn machen: er 
erscheint als Stutzpunkt der Flottenoperationen 
schon im illyrischen Kriege von 229 (Polyb. II 
11), sodann wahrend des zweiten punischen Krieges 
gegen die Makedonier (Liv. XXHI 48, 3. XXIV 
10, 4. 11, 3) und hauflg wahrend des ganzen 
2. Jhdts. v. Chr. (Liv. XXXI 14, 1. XXXIV 52, 



1. XXXVII 4, 1. XLP7 1, 1. XLV 14, 8). Auch 
die Embleme der Colonialmiinzen (nur Kupfer; 
Mommsen Rem. Mftnzwesen 284. 291. 321. 351): 
Neptun von Victoria gekrOnt, oder Heros auf dem 
Delphin (Typus der Tarentiner) weisen auf die 
maritime Bedeutung der Stadt hin (Cat. Brit. 
Mus. Italy 154—157. Garrucci Mon. dell' Italia 
II 121. Berliner Munzkatalog HI 1 , 213). Im 
hannibalischen Kriege hielt B. treu zu Rom (Liv. 
XXV 22, 14. XXVH 10, 7), nach dem Bundesge- 
nossenkriege wurde es Municipium, und die Burger 
der Tribus Maecia zugeschrieben (Kubitschek 
Imp. Rom. tributim discr. 39). Als im J. 83 
Sulla vom mithridatischen Kriege zuruckkehrte, 
tun sich gegen die Marianer in Italien zu wenden, 
6fiheten ihm die Einwohner Stadt and Hafen, 
wofiir er sie mit Steuerfreiheit begnadigte, die 
der Stadt noch lange verblieb (Appian. b. c. I 



I 



905 



Brundisium 



Bruttedius 



906 



79 : sdcoxev ateXgtav rjv xal vvv fyovoiv). Sehr 
hauflg genannt wird B. im Kriege zwischen Caesar 
und Pompeins (Caes. b. c. I 24 — 28. Cic. ad Att. 
IX 3. 13. 14. 15. Lucan. II 609-735. Cass. Dio 
XLI 12. Appian. b. c. II 40), ebenso bei den 
kriegerischen Operationen des Octavian und An- 
tonius (Appian. b. c. Ill 11. V 56. 57—60. 93. 
Cass. Dio XLVm 27—30. Plut. Anton. 35). 
In der Kaiserzeit blieb B. Municipium und 



CIL IX 32—214. 6096—6150. 6391— 6396c. Eph. 
epigr. VIE 2—51; griechische bei Kaibel IGI 
672—684. [Hiilsen.] 

Brundulum, ein Hafenort Venetiens, unweit 
der Fossae Philistinae, bei Plin. n. h. HI 121; 
noch jetzt Brondolo, sudlich von Chioggia; vgl. 
Mommsen CLL V p. 219. [Hiilsen.] 

Brnnga oder Brunka, Ort an der Kuste Bi- 
thyniens an der Strasse von Nikomedia nach Li- 



behielt seine Wichtigkeit als bedeutendster Han- 10 byssa, 13 Millien von ersterer und 12 Millien von 
delshafen der Ostkuste von Suditalien, sowie'fur letzterer (It. Hieron. p. 572 mit Wesseling), die 




starb in B. auf der Rflckkehr aus Griechenland 
19 v. Chr. (Donat. vita Verg.) ; Agrippina landete 
hier mit der Asche des Germanicus {quod navi- 
ganti eelerrimum fiMssim/umque appulsu erat, 
Tac. ann. Ill 1); auch spater wird B. ofter bei 



[Euge.] 
Brunichios, von Io. MaJalas als Gewahrs- 
mann fur die alberne Erzahlung vom Streite des 
Manlius Capitolinus mit dem Senator Februarius 
citiert, VII p. 187 Bonn.: tfvttva exteoiv ?]vqov 
sv Osoaalovixrj Tiofei, xai avayvovs tj§gor imye- 



Gelegenheit von Kriegsziigen und Kaiserreisen ge- 20 yQafifisvtjv rr/v ftifSlw "Ex&saie Bqowiziov 'Pa> 
nannt (Hist. Aug. M. Anrel. 9, 4. 27, 3; Sever. ' ' ------- 

15, 2). Eine Station der Kriegsflotte scheint nur 
unter Augustus und auf kurze Zeit in B. bestanden 
zu haben (CIL IX 41—43 mit Mommsens Be- 
merkung). Fur das italische Strassennetz hatte 
B. grosse Bedeutung als Endpunkt der Via Appia, 
die seit dem 2. Jhdt. v. Chr. uber Venusia-Taren- 
tum nach B. fuhrte (Itin. Ant. 119. Tab. Peut. 
Geogr. Rav. IV 31 p. 261, s. Bd. II S. 241) ; Traian 



ftaiov xQovoyQdrfov. Er gehOrt in den Bereich 
der Schwindellitteratur, wie Sisyphos von Kos, 
Diktys u. s. w. H. Gelzer Sex. Iulius Africanus 
I 229. [Wissowa.] 

Brusdorciani(?), Volk in Thrakien am Hebros 
bei Adrianupolis, Tab. Peut. VIH. 

[Oberhummer.] 

Brusoi (Bqovooi), ein Volk in Makedonien, 
nach welchem ein Gau BQovalg biess, als dessen 



baute 109 v. Chr. (Meilensteine CIL IX 6003. 30 Eponymos Boovaoe , Sohn des Emathios, gait, 
6004. 6008. 6013. 6015 u. s. w.: mam a Bene- "■ ' - - ■- - .„'*..! 

vento Brundisium pecunia sua fecit ; dem Kaiser 
wurde von den decuriones et municipes Brun- 
disini im folgenden Jahre eine Statue errichtet: 
CIL IX 37) die nach ihm benannte directere 
Strasse von Benevent uber Canusium und Gnathia 
nach B. (Itin. Ant. 118. 315; Hieros. 609. Tab. 
Peut. Geogr. Rav. TV 31 p. 261. V 1 p. 329 P.). 
Das Stadtgebiet von B. war ausgedehnt und frucht- 
bar, beriihmt der Honig und die Wolle, welche40 
dort produciert wurden (Strab. VI 282). Das 
Meer lieferte treffliche Fische (sargus, Enn. he- 
dyph. 4 bei Appnl. de mag. 39) und Austem 
(Plin. IX 169. XXXH 61). Nach Plin. XXXEI 130. 
XXXIV 160 wurden in B. Spiegel aus Kupfer 
und Zinn fabriciert. In spater Zeit sank die Be- 
deutung von B. und statt dessen bliihte Hydrun- 
tum (Otranto) auf; Prokop (b. Goth. Ill 18 p. 350. 
27 p. 392) nennt die Stadt unbefestigt. 



Steph. Byz. BgovoiaSa yijv nennt auch Konon 46 
das von Aineias am thermaischen Golf besetzte 
Gebiet, doch ist hier wohl mit Tafel Thessa- 
lonica 10 A. KgovaiaSa zu lesen, s. Krusis. 

[Oberhummer.] 

Brusos (Bgovoog, Hs. Gen. Bqioov 'fya&tov, 
corr. Xylander), Sohn des 'HftaMcov (des Epo- 
nymos der makedonischen fiolQa Bgovofc , Steph. 
Byz. [Tttmpel.] 

Brntia s. Brucla. 

Brutianus (Bruttianus). 1) Brutianus, Dichter, 
Zeitgenosse des Martial, der ihn als einen Kiinstler 
schatzt (IV 23). 

2) Lustricius Bruttianus war unter Traian 
Statthalter einer Provinz. In seiner Umgebung 
befand sich ein Montanus Atticinus, den er wegen 
Unregelmassigkeiten beim Kaiser anzeigte. Urn 
sich zu retten, klagte seinerseits Atticinus den 
Statthalter an, aber die Unschuld des B. stellte 



Das moderne Brindisi hat nur unbedeutende 50 sich als unzweifelhaft heraus in der Sitzung, deren 



antike Reste : gegenflber der Einfahrt zum inneren 
Hafen eine hohe Cipollinsaule, nebst Basis einer 
zweiten, welche moglicherweise ein Leuchtfeuer 
trugen (ein grosser Leuchtturm befand sich auf 
der vor dem ausseren Hafen liegenden Insel Barra 
oder Pharos, s. o. S. 26) ; ferner Reste von Ther- 
men und Wasserleitung. Die Nekropolen im 
Westen der Stadt liefern sehr zahlreiche Grab- 
schriften, fast nur von Sclaven , Freigelassenen 



Vorsitz Traian fuhrte und an der Plinius teil- 
nahm, Plin. ep. VI 22. Ob dieser B. mit dem 
Dichter B. Nr. 1 identisch, ist nicht zu erweisen. 

[Henze.] 
Brntobriga (Bgovzofigia), nach Steph. Byz. 
(der es durch BqoviovxoLs erklart, da bria kel- 
tisch Stadt bedeute) Stadt in Hispania Baetica 
zwischen dem Baetis und den Turdetanern ; Mun- 
zen bieten die voile rOmische Namensform (Mon. 



und geringen Leuten, wie in einer Hafenstadt mit 60 ling. Iber. nr. 184) und fnhren nach Form und 



grosser Arbeiterbevolkerung naturlich. B. wird 
erwahnt u. a. noch bei Plinius VI 216. X 141 
(Vogelzucht). XVn 166 (Weinbau) u. 5. Mela II 
66. Lib. colon. II p. 262 Lachm.; zweifelhaft 
die Unterschrift einer Constitution des Diocletian 
und seiner Mitregenten, Cod. Inst. V 16, 23 (Bar- 
tudixi Mommsen). CIL HI 3171. VI 2375a 30. 
2382b 31. IX 23. Lateinische Inschriften aus B. 



Typen auf die gleiche Gegend. [Hubner.] 

Bruttedius. 1) Von Bruttedius Brutus bringt 
Seneca contr. VII 5, 9 eine kleine Probe seiner 
Redeweise (color), IX 1, 11 einen Beitrag von 
ihm zu der Diaponierung eines Rhetorenthemas 
(divisio). An letzter Stelle erscheint er unter 
mehreren Rhetoren der augusteischen Zeit, in die 
er auch wohl zu setzen ist. 



907 



Brattiani 



Bruttii 



908 



2) Bruttedius Niger. Geschichtschreiber — 
unter den historiei nennt ihn Seneca suas. 6, 16. 
20—21 und fuhrt aus seinem Werke eine Probe 
fiber den Tod Ciceros an — und vor allem Rhetor 
aus der Schule des Apollodorus von Pergamon 
(s. Bd. I S. 2886 Nr. 64), dessen Theorien er in 
einem Schulstreite gegen einen Theodoreer ver- 
ficht bei Seneca contr. II 1, 35—36. Aedil im 
J. 22 n. Chr. (Tac. ann. Ill 66), erscheint er in 
diesem Jahre (Tac. a. a. 0.) als Mitanklager des 
C. Iunius Silanus u. a. neben Iunius Otho, den 
er sich auch in der Ehetorik zum Vorbild ge- 
nommen zu haben scheint (Senec. contr. II 1, 85). 
Seinem Konnen stellt Tacitus ein lobendes Zeugnis 
aus und bedauert nur, dass inn der Ehrgeiz von 
der rechten Bahn abseits geleitet habe. Als Typus 
eines riicksichtslosen Strebers fiibrt nun Iuvenal 
10, 83—88 einen B. vor, der, fruber ein Preund 
des Seian, jetzt dessen Leiche ostentativ mit Fiissen 
tritt. So tief hatte ihn also — denn voraussicht- 
licb ist Iuvenals B. mit dem des Tacitus identisch 
— sein Ehrgeiz heruntergebracht. [Henze.] 

Bruttiani, Apparitoren der romischen Magi- 
strate fur den Dienst in den Provinzen seit dem 
Ausgange des hannibalischen Krieges , die aber 
den Bundesgenossenkrieg unmoglich uberdauert 
haben kOnnen. Fest. ep. p. 31, 12: Brutiani diee- 
bantur, qui officio, servilia magistratibus prae- 
stabant : eo quod hi pritnum se Hannibali tradi- 
derant et cum eo perseverarant, usque -dum rece- 
deret de Italia. Eben diese historische Motivie- 
rung bei Gell. X 3, 19, der fortfahrt: id Romani 
aegre passi, postquam Hannibal Italia deeessit 
superatiquePoeni sunt, Bruttios ignominiae causa 
non milites scribebant nee pro sociis habebant, 
sed magistratibus in provineias euntibus parere 
et praeministrare servorum vicem iusserunt; 
vgl. Appian. Hannib, 61: nach der Abfahrt Hanni- 
bals aus Italien sg te to fiihlov cbisTiisv (sc. fj 
ftovlT)) avxoig (sc. zolg Boezzioig) fti) ozgazeveo&ai 
wg ovd' iXev^sQotg ovaiv, vjztjgezag de zoXg re vjzd- 
xoig xal azQazrjyolg zolg kg rag zcov l&vwv rjye^io- 
vlag ajiiovoiv eg Tag drjfiooiag vjtrjQsoiag, ola &EQ&- 
.-rovrctj, axolov-deTv. Beispiel ihrer Verwendung 
durch Q. Minucius Thermus, der als Consul 193 
v. Chr. (Liv. XXXIV 55, 1) das Commando gegen 
die Ligurer erhalten hatte, das ih.m fur das J. 192 
(Liv. XXXV 20, 6) prorogiert wurde; vgl. Cato 
p. 41 Jord. bei Gell. X 3, 16—18: dixit (sc. Ther- 
mus) a decemviris parum bene sibi cibaria cu- 
rata esse. Iussit vestitnenta detrahi atque flagro 
caedi. Decemviros Bruttiani verberavere. Gleiches 
Schicksal der Bruttier, Lucaner und Picenter aus 
gleicher Ursache meldet Strab. V 251: arzl di 
OTQateias ^^uqoSqoueiv xal yoauuazocpoQcTv auie- 
Ssl x d^aav. Mommsen St.-R." 13 333f. 

[Neumann.] 

Bruttianns s. Brutianus. 

Bruttianus campus, in Piom, in der vier- 
zehnten Region (Transtiberim), ungewisser Lage, 
Notit. reg. XIV und append. Polem. Silv. bei 
Mommsen Chron. min. I 545. [Hnlsen.] 

Bruttii (so durchweg die Romer der besseren 
Zeit, spater Brittii, s. u.; Bruttates Ennius bei 
Fest. ep. 35 M.; Bgovzzioi Ptol. Ill 1, 9. 74; Bgez- 
zioi meist die Griechen, Bqevzioi Dionys. Perieg. 
362 u. Hesych.; Bovxxiot Appian. b. c. IV 43. V 19 
u. 0. Procop. b. Goth. Ill 16; aus dem Schwanken 



der Orthographie folgert Mommsen Unterital. 
Dial. 253, dass der Stammvocal zwischen i und u 
geschwebt habe), Volk in Unteritalien, zum oski- 
schen Stamm gehSrig. Der Name, vielleicht ur- 
spriinglich nur einem Stamme, der im Innern des 
heutigen Calabriens wohnte, eignend und dann 
auf die ganze Halbinsel ausgedehnt, soil aus 
dem Lucanischen stammen und doaizexat (Diod. 
XT! 22. XVI 15) oder axooxaxai (Strab. VI 255) 

10 bedeuten (dagegen Ableitung von Personennamen 
bei Iustin. XXTI 1, 12. Steph. Byz. s. Bohxog. 
Eustath. zu Dionys. 362). Die B. scheinen, gleich 
den Lucanern, von Norden gekommen zu sein 
und sich, nach Unterwerfung und Verdrangung 
der Ureinwohner, im Innern des Silagebietes fest- 
gesetzt zu haben, wahrend die fruchtbare Kiisten- 
zone den griechischen Colonisten unterthan war. 
Zuerst erwahnt die B. Diodor XII 22 zum J. 452 
v. Chr. gelegentlich der Niederlassung sybariti- 

20scher Fliichtlinge am Flusse Traeis: xal xqovov 
fj,iv ziva (oi <pvydSeg) disfisivav, &r«#' ford Bqet- 
xtmv ixfikrj-d-evxeg xadjjQs&rjoap (Beloch Griech. 
Gesch. II 592 meint, dass die ZerstOrung keines- 
wegs vor der Mitte des 4. Jhdts. erfolgt zu sein 
brauche). Sicherer treten sie in die Geschichte 
ein seit der Mitte des 4. Jhdts., als die Lucaner 
von Norden vordringend die Macht der griechi- 
schen Colonien an der Kiiste brachen. Im J. 356 
v. Chr. gingen die B. angriffsweise gegen ihre 

30 Nachbarn vor , uberwanden die Lucaner und 
eroberten die griechischen Kustenstadte Terina 
und Hipponium (Strab. VI 255. Diod. XVI 15. 
lust. XXIII 1). Alexander von Epirus durchzog 
zwar siegreich auch das Bruttierland, eroberte Con- 
sentia und Terina, fiel aber bald darauf durch 
Verrat bei Pandosia, 331 v. Chr. (Liv. VIII 24. 
Iustin. XII 2. XXIII 1. Strab. V 256). Auch gegen 
Agathokles von Syrakus, der Hipponium erobert 
hatte (300 v. Chr.), behaupteten die B. schliess- 

401ich ihre Unabhangigkeit (Diod. XXI 3. 8. Iustin. 
XII 2 ; vgl. Bd. I S. 755). Die Epoche vom Ende 
des 4. bis Ende des 3. Jhdts. bezeichnet die HChe 
der Macht und der staatlichen Geschlossenheit des 
bruttischen Stammes. Aus dieser Zeit stammen die 
Miinzen mit der griechischen Aufschrift Boexximv 
(Garrucci Monete dell' Italia n 183); neben der 
oskischen Volkssprache herrschte durchaus die grie- 
chische (bilingues Bruttates Ennius bei Fest. ep. 
35). Hauptstadt des Bundes war Consentia (Strab. 

50 VI 256); als Stadte fiihrt Livius XXX 19, 10 an 
Consentia, Aufugum, Bergae, Besidiae, Ocriculum, 
Lymphaeum, Argentanum, Clampetia, dazu mutti 
ignobiles populi; der Lage nach sind nur Con- 
sentia und Clampetia bekannt. Dass die von 
Livius XXV 1, 2 genannten duodeeim populi, die 
im J. 214 zu Hannibal abflelen, die Gesamtzahl 
der Bundesmitglieder reprasentieren , ist nicht 
sicher; mit Namen fiihrt er hier nur die Consen- 
tini und Taurini auf. Ausserdem bezeugt Strabon 

60 VI 256, dass Tempsa von den B. den Griechen 
genommen sei. Es mag demnach um 300 die 
ganze Kuste des Golfs von S. Eufemia im Besitze 
der B. gewesen sein ; an der Ostseite der calabri- 
schen Halbinsel erscheint Petelia als bedeutendste 
den Griechen entrissene Stadt, wogegen weiter 
siidlich Skylakion, Kaulonia, Lokri, Rhegium ihre 
Selbstandigkeit behaupteten. Mit den Romern 
kam das bruttische Gemeinwesen zuerst im pyrrhi- 



909 



Bruttii 



Bruttii 



910 



schen Kriege in Beriihrung; die Triumphaltafel 
verzeichnet von 278 — 272 sechs Triumphe de Lu- 
eaneis Bruttieis (zweimal ist dieser Name auf 
dem Stein nicht erhalten) Samnitibus oder ahn- 
lich (vgl. Liv. epit. 12—14). Nach Ueberwin- 
dung des Pyrrhus wurde ihnen die Halfte des 
Silawaldes abgenommen und zur Staatsdomaene 
erkliirt (Dionys. Hal. XX 15. Cic. Brut. 85). Im 
zweiten punischen Kriege standen die B. uber- 
wiegend auf Seite des Hannibal; hier hielt sich 
der Punier auch noch in der letzten Epoche des 
Krieges (207 — 203), wahrend das ganze ubrige 
Italien in der Hand der Romer war; der Name 
der Station Castrum Hannibalis, am Golf von 
Squillace, erinnerte noch in spater Zeit daran. 
Nach Beendigung des Krieges wurden die B. ihrer 
Freiheit vollig beraubt (postquam Hannibal Italia 
deeessit superaiique Poeni sunt, Bruttios igno- 
miniae causa non milites scribebant nee pro 
sociis habebant, sed magistratibus in provineias 
euntibus parere et praeministrare servorumvicem 
iusserunt ... [hi autem] quod ex Bruttiis erant, 
appellati sunt Bruttiani Gell. X 3, 19 ; s. Art. 
Bruttiani); die rOmische Herrschaft ward be- 
festigt durch die Deduction zweier Burgercolonien 
nach Tempsa und Croton (194), sowie einer Colonie 
latinischen Rechtes nach Hipponium, dessen Name 
in Vibo Valentia geandert ward. Im J. 132 baute 
der Consul P. Popillius die grosse Strasse von Capua 
liber Consentia und Vibo nach Rhegium (CIL I 551 
= X 6950) und bewirkte in Ausiuhrung der gracchi- 
schen Ackergcsetze ut de agro poplico aratoribus 
cederent paastores. Im J. 71 behauptete sich Spar- 
tacus mit seinen aufstandischen Sclaven langere 
Zeit gegen die Romer in den schwer zuganglichen 
Walddistricten des Sila (Plut. Crass. 10. 11. Flor. 
IH 20); die B. als Volk spiclen weder damals 
noch im Bundesgenossenkriege vom J. 91 eine 
Rolle, Strabon VI 253 nennt die Bqsxtioi xtxa- 
xcofievoi Telelwg. 

Das Land der B. (ager Bruttius , niemals 
Bruttium, wahrend die Griechen BQexxia, Bqex- 
xiavri bilden) umfasst die in neuerer Zeit Cala- 
brien genannte westliche Halbinsel Unteritaliens 
(iiber die Ureinwohner s. unter Chones, Mor- 
getes, Oenotri). Die Grenze des bruttischen 
Gebietes nach Norden bildet der Fluss Laos, bezw. 
eine Linie die von diesem nach dem Nordrande der 
Ebene von Thurii gezogen wird, auf alien andern 
Seiten das Meer. Das Land ist zum grOssten 
Teil gebirgig; der nordlichste Teil (bis zur Ebene 
von Sybaris) gehort zum Appennin, wahrend siid- 
lich davon Urgebirgsketten, die zu den sicilischen 
Gebirgen in Beziehung stehen, beginnen. Diese 
letzteren zerfallen wiederum in zwei Massive, 
welche durch die vom Lametus durchflossene Senke 
von Tiriolo getrennt werden; auf den sudlichen 
f jetzt Aspromonte) pflegen die Alten den Namen 
Sila (s. d.) zu beschranken, den die Neueren auf 
beide GebirgsstOcke ausdehnen (doch vgl. Pais 
Storia della Sieilia I 391). Die Kiiste ist durch 
zahlreiche Vorgebirge gegliedert; an der West- 
kiiste: Taorianum promontorium (C. Vaticano), 
Pelorum pr. (C. diFaro); an der SSdkuste: Leu- 
copetra oder Bruttium pr. (C. dell' Armi), Hera- 
cleum pr. (C. Spartivento), Zephyrium pr. (C. di 
Brussano) ; an der Ostkflste : Cocynthum pr. (Punta 
di Stil6), Iapygium pr. (C. Rizzuto), Lacinium pr. 



(C. delle Colonne oder C. di Nau), Crimisa pr. 
(Punta dell' Alice). Die Flusse Laos (Lao), Sa- 
batus oder Okinaros (Savuto), Lametus (Lamato), 
Angitula (Angitola), Medma (Mesima), Metaurus 
(Marro) an der Ostseite zum tyrrhenischen Meere, 
Halex (Alice), Buthrotus (Novito?), Carcines (Co- 
race), Crotulus (Alii), Semirus (Simmeri), Arogas 
(Crocchio), Tagines (Tacina), Aisaros (Esaro), Neai- 
thos (Neto), Hylius (Fiumenica), Traeis (Trionto), 
10 Lusias (Lueino), Crathis (Crati) mit Sybaris (Cos- 
cile) an der Sud- und Westkiiste (zum ionischen 
Meere) sind fast samtlich unbedeutend; der be- 
trachtlichste ist der 93 km. lange Crathis, wahrend 
die Silaflusschen Carcines , Crotalus u. s. w. fur 
die HolzflOsserei dienten. 

Unter den Producten des Landes steht das 
Holz aus den Silawaldern obenan, teils als Bau- 
holz, teils zum Teerschwelen und zur Fabrication 
des geschatzten bruttischen Pechs (jiao&v d>v iofiev 

20 fjusig svaiSsoxdxrjv re xal yXv^vxaxr/v xf/v xaXov- 
fiirrjv BoeTxiav mzxav Dionys. XX 15. Pirn. n. h. 
XIV 127. 135. XVI 53. XXIV 37. 39. Diosc. 1 69. 
Colum. XII 18. Veget. IV 14. 15. 23. 25) be- 
niitzt. Ackerbau war im Gebirge selbst sehr 
gering, dagegen die Kustenstriche zum Teil sehr 
fruchtbar; beriibmt das Thai des unteren Crathis, 
wo in der (jetzt durch Malaria verodeten) Ebene 
von Sybaris der Weizen nach Varro (r. r. I 44, 2) 
hundertfaltige Frucht gab. Plinius erwahnt aus 

30 B. Gemttse (XIX 141) und Obst (XV 56). Ein- 
triiglich war aueh die Viehzucht (Varro de r. r. 
II 1 , 2 und u. S. 911). Das Silagebirge hatte 
auch mineralische Schatze, die schon in sehr friiher 
Zeit ausgebeutet wurden; bekannt sind besonders 
die (freilich schon in romischer Zeit aufgegebenen) 
Kupfereruben von Tempsa. 

Griechische Colonien an der Kiiste sind (am 
tyrrhenischen Meere): Terina, Hipponium, Medma, 
Rhegion, (am ionischen) Locri, Kaulonia, Skylla- 

40 keion, Petelia, Sybaris, wenig landeinwarts Thurii 
(in rOmischer Zeit Copia). Unter den einheimi- 
schen Stadten treten in der Geschichte fast nur 
Consentia, Clampetia, Tempsa hervor, die meisten 
anderen, z. B. die von Lycophron (Alex. 91 Iff.) 
genannten oenotrischen Stildte, die von Stephanus 
aus Hekataios citierten Ariarthe, Brystakia, Chone, 
Erimon, Ixias, Kyterion, Menekina, Ninaia, Sestion 
sind verschollene, nicht naher localisierbare Namen ; 
auch von den bei Livius (XXX 19, 10, s. o. S. 908) 

50 als Mitglieder des bruttischen Stadtebundes ge- 
nannten sind die meisten sonst unbekannt; nicht 
eimnal die Stelle von Pandosia, der uralten Kfl- 
nigsstadt der Oenotrer, lasst sich nachweisen. 
Auch die Stationen der grossen Strassen, der 
Via Popillia wie der Kustenstrasse am tarentini- 
schen Meerbusen , sind durchweg unbedeutend, 
Uberhaupt ist das ganze Gebiet in der Kaiserzeit 
zuruekgeblieben (Strab. VI 253, s. o. S. 909) und 
verwahrlost; blflhende Municipien sucht man ver- 

60geblich, das Terrain ist teils, wie die Silawal- 
dungen, Staatsdomaene, teils Latifundien einiger 
voniehmen Besitzer. 

Augustus vereinigte das Bruttierland mit Lu- 
canien zur dritten Region Italiens; zu administra- 
tiven Zwecken wurde im 2. und 3. Jhdt. die Region 
manchmal mit Apulien und Calabrien zusammen- 
gelegt. So kennen wir einen iuridicus per Apu- 
liam Calabriam Lucaniam Bruttios (auch per 



911 Bruttium promontorium 

Calabriam Lueaniam Bruttios allein) ; einen prae- 
positus tr actus Apuliae Calabriae Lueaniae Brut- 
tiorum; einen procurator ad alimenta per Apu- 
liam Calabriam Lueaniam et Bruttios (vgl. De 
Ruggiero Dizion. epigr. I 1048). In der dio- 
cletianischen Einteilung von Italien warde das 
bruttische Gebiet zusammen mit Lucanien unter 
einen corrector Lueaniae et Brittiorum (so regel- 
inassig, nicht Bruttiorum) gestellt (Not. Dign. 
occ. I 81. II 20. XIX 9. Polem. Silv. latere, in 
Mommsen Chron. min. I 536), der dem vwarius 
urbis unterstand und der in Rhegium seinen Sitz 
hatte (to 'Prjftov firjTQOTioXtg sari rr\g Bqsttios, 
Olymp. bei Phot. 58 a, 20); die Reihe der Cor- 
rectors (durchweg viri clarissimi im 4. und 
5. Jhdt., spectabiles im 6., Cassiod. var. HI 8. 46. 
47. Marini Papiri 168) s. Marquardt Staats- 
verw. I 2 237. De Euggiero Dizion. epigi. I 
1050. Cantarelli Bull. com. 1892, 212—218. 
Die Grenze des Sprengels war yon der augusti- 
schen dritten Region insofern verschieden, als 
Metapont zu Calabrien gescblagen war (Lib. colon. 
262 Lachro.), wogegen Salernura und das Terri- 
torium derPicentini statt zur ersten Region (Cam- 
pania) zur dritten gezogen wurden (Cod. Theod. 
VIII 3, 1. CIL X 517. 519). Die Provinz lieferte 
Naturalleistungen namentlich anWein (Cod. Theod. 
XIV 4, 4), Rindern (Cassiod. var. XI 39), Schweine- 
fleiseh (Nov. Valent. XXXV 1, 1. Cassiod. a. a, 0.). 
Als in Lucwnia et Brittii garnisonierend nennt 
die Not. Dign. 218 die Sarmatae gentiles. Seit 
dem beginnenden Mittelalter verschwindet der 
Name der Brittii ganzlich, und Calabria trltt an 
dessen Stelle (s. Calabria). 

Uber Volk und Land der B. vgl. Strab. VI 
253-263. Dionys. Hal. XX 15. Mela II 68. 69. 
Plin. n. h. Ill 71 — 74. Von Neueren: Kiepert 
Alte Geogr. 459 — 462. Nissen Ital. Landeskunde 
I 244f. 535f. Mommsen CIL X p. 1. 3. Pais 
Storia della Sicilia e della Magna Grecia c. I. II. 
Beloch Griech'. Geschichte II 591f. [Hiilsen.] 

Bruttiuni promontorium bei Mela II 68. 
Sallust. frg. hist. IV 23 Maurenbrecher (aus Serv. 
Aen. Ill 400). Plin. n. h. Ill 5 dasselbe wie 
Leucopetra. [Hulsen,] 

Bruttius. Die Bruttii finden sich vorzugs- 
weise in Siiditalien, so in Volcei (CIL X 408), 
Grumetum (X 238), Pompei (X 826) und Venusia 
(IX 425. 488. IGI 688). Auch in der Gegend von 
Amiternum haben sich zahlreiche Bruttierinschrif- 
ten gefunden; vgl. den Index zu CIL IX. Ferner 
sind CIL VI 7582-7589 eine Reihe Bruttiergrab- 
steine vereinigt, die alle an verschiedenen Stellen 
nicht zu weit von einander in der Umgegend von 
Rom gefunden sind und wahrscheinlich insge- 
sarnt aus einem Familiengrabe stamme. Der Gen- 
tilname Bruttius, der Gbrigens auch in der Form 
Brittius erscheint (IGI 688. CIL VI 833. 2153. 
X 468 , wahrend Bratii auf der schlecht erhal- 
tenen Inschrift IX 473 wohl Versehen ist), mag 
auf Ursprung von dem italischen Stamme der 
Bruttier hinweisen. [Henze.] 

1) Cicero, der Sohn des Redners, schreibt 
aus Athen im J. 710 = 44 ad fam. XVI 21, 4: 
nam quid ego de Bruttio dicam? quern nullo 
tempore a me patior discedere, cuius cum frugi 
severaque est vita, turn etiam iucundissima con- 
victio; non est enim schmrtus iocus a q^'/.o/.oyia et 



Bruttius 



912 



cotidiana av^nxrjaei. hu'tc ego locum in proximo 
eonduxi et, id possum, ex meis angustiis illius 
sustineo tenuitatem, praeterea deelamitare graeee 

institui, latine autem apud Bruttium exer- 

eeri volo. Also ein armer, lateinischer Schul- 
meister in Athen. [Klebs.] 

2) Geschicbtschreiber , hat, wie aus seiner 
Kenntnis der Christenverfolgung des Domitian 
hervorgeht, nach dieser Zeit geschrieben. Die 

10 Fragmente bei Peter Hist. Rom. fragm. 375f. 

[Henze.] 

3) L. Bruttius, eques Romanus, aus Sicilien 
herstammend, von Cicero dem Acilius Glabrio, 
Proconsul von Sicilien (urn 708 = 46) empfohlen, 
Cic. ad fam. XIH 38. [Klebs.] 

4) L. Bruttius Crispinus (so lautet der Name 
CIL XI 2702) war Consul im J. 224 zusammen 
mit Ap. Claudius Iulianus (Klein Fasti cons, 
zum J. 224) und zwar inschriftlich nachzuweisen 

20 vom 9. Januar an (CIL VIII 6942: VMus Ian.) 
bis zum 6. October (CIL III 3899 :pr. non. Octobres). 
Tagesangaben finden sich ferner auf folgenden In- 
schriften: 13. Januar (CIL XIV 3553: id. Ian.), 
23. Januar (XI 2702: X Kal. Febr.), 4. Marz (V 
4241: IIII Non. Mart.), 13. Marz (VIII 6942: 
III. Idus Martias), 22. Juni (Robert Etude s. 
quelqu. inscr. antiqu. du mus. de Bordeaux 1879, 
3: X K. lul), 23. Juli (IGI 2090: r>J ,-rgo i 
xalavd&r Avyovazatv), 3. August (CIL XIV 125 : 

30 III Non. Aug.), 20. September (Ephem. epigr. II 
363; XII Kal. Oct.). Nicht ganz genau zu fixie- 
ren ist die Inschrift beiCanat Inscr. antiqu. de 
Chalons-sur-Saone, 1856, 41 nr. XIX. Der Heraus- 
geber liest P- 1- MAI = pridie idus Martias If.) 
= 14. Marz, die Copie der Inschrift (Taf. XII) 
weist das vermeintliche P-I- als PR = pr(idie) 
auf, zwischen den Resten dieses R und dem M 
ist eine Lucke, die ebenso durch Kf'alendasJ wie 
NfonasJ wie Id(us) ausgefiillt werden kann; hinter 

40 dem MAI folgt in halber H<She des I ein Quer- 
strich, der der Entfernung nach schwerlich noch 
zu dem I gehOrt, eher der Mittelstrich eines A 
sein kOnnte. Dann ware zu lesen MAIAfS] und 
die Inschrift — sofern die Copie verlasslich ist — 
in die Zeit zwischen den 30. April (pr. K. Maias) 
und den 14. Mai (pr. Id. Maias) zu setzen. Der 
Codex Iustiniaims enthalt zahlreiche Rescripte 
aus diesem Jahre, datiert vom 10. Januar (IIII 
id. Ian.) an his zum 29. December (BUI K. Ian.); 

50 vgl. Cod. lust. rec. Kriiger, Index p. 491 zum 
J. 224. Inschriften wie Rescripte geben uberein- 
stimmend dem B. Crispinus das erste, dem Claudius 
Iulianus das zweite Consulat in diesem Jahre. In 
CIL VI 3023 ist dann also das Iterationszeichen zu 
B. Crispinus anstatt zu seinem Amtsgenossen ge- 
setzt worden. Wahrscheinlich ist dieser B. Crispi- 
nus wiederzufinden in dem Consular Crispinus, der 
im Auftrage des Senats zusammen mit dem Con- 
sular Menophilus die Organisation des Wider- 

60 standes gegen den im J. 238 gegen Italien heran- 
riickenden Maximums iibernimmt und uie in Aqui- 
leia belagerten Burger durch die Gewalt seiner 
Rede zum Ausharren ermutigt, Herodian. VIET 
2 — 3. Hist. Aug. Maximin. duo 21,6; Maximus 
et Balbinus 12, 2. 

5) C. Bruttius Praesens (so lautet der voll- 
standige Name CIL III 411) cos. I in einem uns 
unbekamiten Jahre, cos. H im J. 139 (Klein Fast. 



913 



Bruttius 



Bruttius 



914 



i 



cons, zum J. 139), wahrscheinlich, da mit dem 
Kaiser Antoninus Pius zusammen, ordinarius, nach- 
weislich vom 1. Marz (Bull. com. XIV [1886] 
nr. 1139: Kal. Mart.) bis zum 1. Juni (CIL VI 833: 
K. lun.). Datiert sind ferner die Inschriften : CIL 
III p. 936: 17. Marz = XVI K. Apriles; IE 411: 
8. April = VI Id. April, und 5. Mai = jtjw tqi&v 
Nmvmv Maimv. IGS I 2416: 31. Mai = tjj kq[o- 
zega xaka.vbS>v'Io]vvifov. In den beidenB. Praesens, 
die CIL IX 4512 erscheinen, der Vater als cos. 
II, der Sohn als cos., sind wahrscheinlich eben 
dieser B. Praesens, der cos. II des J. 139, und 
sein Sohn (Nr. 6), cos. I 153, II 180, zu suchen. 
Die Gattin unseres B. Praesens, deren Name ver- 
loren gegangen ist, miisste danach ihren Gatten 
iiberlebt haben und selbst vor dem zweiten Con- 
sulate ihres Sohnes, also vor 180, gestorben sein. 
Bs ist allerdings nicht unmOglich, da der Name 
fehlt, diese -Frau mit der Gattin eben des C. B. 
Praesens Nr. 6 zu identiflcieren, wenngleich uns da 
zwei Kinder, beide mit dem der Mutter entlehn- 
ten Beinamen, Crispinus und Crispina, bekannt 
sind. MOglicherweise ist der aus Lucanien stam- 
mende Praesens bei Plinius (ep. VII 3) eben dieser 
B. Praesens. 

6) C. Bruttius Praesens (so lautet der Name 
CIL VI 10234 am Ende), wahrscheinlich der Sohn 
von Nr. 5 (s. d.), war cos. im J. 153 zusammen 
mit A. lunius Rufinus (Klein Fast. cons, zum 
J. 153), soweit nachweislich vom 27. Februar 
(CIL VI 856 = III K. Mart.) bis zum 11. Marz 
(CIL VI 10234'= V id. Mart). Man sieht in 
ihm wohl mit Recht den Consul, der dies Amt im 
J. 180 mit Sex. Quintilius Condianus zusammen 
zum zweitenmale bekleidete. Die Identification 
wird allerdings hinfallig, wenn man in der sehr 
cigentiimlichen Benennung dieses Mannes (s. u.) 
als L. Fuhius L. f. auf L. f. mehr Wert legen 
will, als auf das Praenomen L., das er doch 
nicht tragt. In diesem Falle ware der cos. II 
180 also cos. I in einem uns unbekannten Jahre 
gewesen. Sein zweites Consulat ist nachzuweisen 
fflr den 17. Juli (Acta martyr. Scilitan. ed. Usener 
1881 p. 5: xgo is xaXavS&v Avyovarow = lov- 
).ia> i£) und fur XI Id. Romanas (= ? Hist. Aug. 
Commodus 12, 7), wahrscheinlich hat er jedoch 
als Schwiegervater des Commodus schon seit Be- 
ginn des Jahres das Amt inne. Die neu geknflpf- 
ten verwandtschaftlichen Beziehungen zum kaiser- 
lichen Hause erklaren auch wohl die nochmalige 
Verleihung des Consulats an ihn. Seine Nomen- 
clatur und seine Amterlaufbahn ist uns zum Teil 
erhalten in der Inschrift CIL X 408, die ihn 
C]r[i] spinas Aug. socer nennt (vgl. Hist. Aug. 
Marc. 27, 8. Cass. Dio LXXI 33). Er heisst 
also: L. Fnlvius L. f. Pomfptina tribufj 

[C.J Bruttius Praesens Min Valerius 

Maximus Pompeius L Valens Cornelius 

Proeulus .... Aquilius Veiento. Seine Lauf- 
bahn ist in descendenter Folge angegeben : sodalis 
Hadrianalis, sodalis Antoninianus, [sodalis Ve- 
rianus], sodalis Marcianus — comes impp. An- 
t[onini et Commodi Augg.J expeditionis Sarma- 
ticae' (Schiller Gesch. d. Riim. Kaiserz. I 646f.) 

cos. II proeos. p[raet. trib. pleb.] quaestor 
Aug. — trib. mil. kg. Ill Gfallicae. Wenn man 
aus dem Namen der Tochter Crispina, der aus 
CIL X 408 und Cass. Dio LXXI 33 feststeht, 



folgern darf, dass die Gattin des C. Bruttius Prae- 
sens, der der Stein von Cafsa (CLL VIII 110) ge- 
setzt ist, da sie den Namen Crispina fuhrt, eben 
die Mutter dieser Crispina Augusta, der Gattin 
des Commodus, ist, so kennen wir damit als Gattin 
dieses B. Praesens, dessen Vorname G. damit be- 
zeugt ware, die: Valjeria Mar [da] Hostilia 
Crispina Moecia Cornelia. Wir gewinnen daraus 
lerner die Moglichkeit, ihm Africa als Bezirk 

10 seines Proconsulats zuzuweisen, wie T is sot (Fast. 
de la prov. rom. d'Afrique lllff.) will. Als Sohn 
dieser . . . Crispina . . ., als Binder der Crispina 
Aug. ware dann wohl auch der cos. 187 L. Bruttius 
Quintius Crispinus (Nr. 9) in Ansnruch zu nehmen, 
der CIL VI 7582 als Sohn eines (J. B. Praesens cos. 
II bezeichnet wird, also als der Sohn eben unseres 
B. Praesens cos. H 180, dessen Vorname C. dadurch 
wieder gesichert wiirde. Seiner engeren Familie 
gehSrte dann also das Erbbegrabnis der Bruttii 

20 an, das sich wahrscheinlich zwischen Via Appia 
und Via Ardeatina befunden hat (CIL VI zu 7582). 

7) C. Bruttius Praesens (so lautet der Name 
CIL VI 1984) war zusammen mit T. Messius 
Extricatus im J. 217 Consul (Klein Fast. cons, 
z. J. 217) und zwar nachweislich Ende Februar 
(22. Febr. = VIII K. Mart, im Cod. lust. II 18, 9 
und 24. Febr. = VI K. Mart, in der Parallelstelle 
VIII 37, 3) bis Ende April oder Anfang Mai 
(CIL VI 2009: a. p(ost) R(omani) efonditam} 

30 969 maias). Moglicherweise ist er der 

Consul Praesens des Inschrift CIL V 5090; dann 
ware er noch am 13. August (id. Aug.) als im 
Amte nachzuweisen; doch hindert nichts daran, 
bei dieser Inschrift an den Consul des Jahres 246 
(Nr. 8) zu denken. 

8) C. Bruttius Praesens (so lautet der Name 
CIL III Suppl. p. 2000 nr. 89), cos. im J. 246 
zusammen mit C. Al . . . . Albinus (Klein Fast, 
cons, zum J. 246). Der Codex Iustinianus enthalt 

40 eine Reihe von Rescripten mit den Namen beider 
Consuln vom 1. Februar (K. Febr.) an bis zum 
12. Juli (Illlid. lul.); vgl. Cod. lust. ed. Kriiger 
Index p. 493, zum J. 246. Datierbar sind folgende 
Inschriften: CIL VIII Suppl. 18839: 1. Marz = 
Kal, Mart.; VI 2821: 28. Juni = 1111 Kal. ltd.; 
CIRh 692: 23. Sept. = Villi Kal. Octobr. ; CIL IX 
1599: 16. November = XVI Ka[l.J Dee.; CIRh 
1318: 23. December = X Kal. Ian. (etwas ver- 
stummelt). In der kaiserlichen Verordming CIL 

50 HI Suppl. p. 2000 nr. 89 erganzt Mommsen 
a. d, VII [id. Ian.] und wiirde damit den 7. Ja- 
nuar gewinnen, giebt aber weder an dieser, noch 
an den beiden andern Stellen , an denen er die 
Inschrift veroffentlicht und besprochen hat (Ephem. 
epigr. IV 66 und V 1439), den Grand an, weshalb 
er gerade diese Erganzung wahlen zu mussen 
glaubt. Den 13. August dieses Jahres ergabe CLL 
V 5090, falls die Inschrift auf diesen B. Praesens 
und nicht auf den gleichnamigen Consul des 

60 Jahres 217 (Nr. 7) zu denten ist 

9) L. Bruttius Quintius Crispinus (so lautet 
der Name CLL VI 7582), Sohn des C. Bruttius 
Praesens Nr. 6 (s. d.) und der Valjeria Mar[cia] 
Hostilia Crispina Moecia Cornelia, Bruder der 
Crispina, der Gattin des Kaisers Commodus, ist 
wohl der Consul des Jahres 187, zusammen mit 
L. Roscius Aelianus (Klein Fast. cons, zum 
J. 1871 und zwar nachweislich vom 28. October 



915 



Bruttos 



Bryaxis 



916 



(CIL X 1784: V Kal. Novembr.) bis zum 18. De- 
cember (OIL VI 8775: XV Kal. Ianuar.) und 
mOglicherweise sogar schon vom 13. August an, 
sofern der seitliche Zusatz CIL XIV 2113 von 
unsicherer tlberlieferung: idus Commodas ... .7 
eliano cos. auf dieses Jahr zu deuten ist oder 
falls in dem Aelianus der Inschrift CIL III Suppl. 
8196 (idus Aug.) sicher der Kollege des B. zu 
erblicken ist. Die bereits erwahnte Inschrift 
CIL VI 8775 weist ausserdem noch die Datie- 
rung VI Idus Noemb, (sic) = 8. November auf. 

[Henze.] 

10) Bruttius Sura (Bghxtog Sovggag Pint., 
Bgvxxwg Appian), Legat (xgeoficvrrig) des Praetors 
C. Sentius in Makedonien in den J. 666—667 = 
88—87, Plut. Sull. 14, besiegte in einer See- 
schlacht Metrophanes, den Feldherrn des Mithri- 
dates, und besetzte die Insel Skiathos, Appian. 
Mithrid. 29. Dann wandte er sich nach Boiotien 
und kampfte bei Chaironeia (Winter 88/87) drei 
Tage lang gegen Archelaos und Aristion. Nach 
Plutarch mit dem Erfolg, dass die Peinde ans 
Meer zuriickwichen, Aevxi'ov de AevxoXlov xelev- 
oavxog avzov V3iox<ogeiv imovxi SvXlq xai xbv 
siprj<piOfierov exeivcp ear JioXefiov ev&vg exXuimv 
xtjv Bouoxlav omoa) ngo; Xivxiov ouirjXavve, xaineg 
avtiji ta>v ixgay/ndxcov iXxidog jxiga jigo%a>QovvTO)v 
xai zijg 'EXXabog olxeiayg i%ovor}s jxgog [isxafloXr/v 
Sta xtjv exetvov xaXoxayadiav, Plut. a. a. 0. Glaub- 
hafter ist nach der allgemeinen Lage der Dinge 
der Bericht Appians AgxeXdeo xai Agiaziowi tqioiv 
rjjiegaig ovvejiXexeto toov xai dyx<OfidXov naff SXov 
xbv ayoiva. xov egyov yiyvojjtevov. Aaxwrmr de xai 
'A%ai&v eg ovfijiaxiav 'AgxeXdoi xai Agiazioovi tiqoo- 
wvxcov , 6 Bgvxxwg chiaaiv Sfcov yevojxevoig ov% 
qyovfierog d^iOfiayog Szi eoea&ai ave&vyvvev is 
xov Iletgaia, (leygi xai xovSe 'Agx&aog ejtiTiXevoag 
xaxea%tv, worauf dann (dies ist aus Plutarch hin- 
zuzunehmen) B. nach Makedonien zuriickging. 

Auf diesen B. sind mit grosser Wahrschera- 
lichkeit von Borghesi Oeuvr. II 239 bezogen 
die makedonischen Tetradrachmen mit der Auf- 
schrift Suura leg. pro qfuaestore]. Auch die Be- 
zeichnung der Vocallange dureh Gemination spricht 
fur die sullanische Zeit. [Klebs.] 

11) Bruttia Crispina, die Tochter des C. Brut- 
tius Praesens Nr. 6 (CIL X 408) und der Val]eria 
Marfcia] Hostilia Crispina Moecia Cornelia, die 
Schwester des L . Bruttius Quintius Crispinus Nr. 9, 
wurde von Kaiser Marcus vor seinem Aufbruch in 
den sarmatischen Feldzug, aus dem er nicht wieder 
heimkehrte, seinem Sohne, dem nachmaligen Kaiser 
Commodus angetraut: Cass. Dio LXXI 33, 1. 
Hist. Aug. Marc. 27, 8. Die Inschrift CIL X 
285 aus dem J. 177 ist ihr wohl erst als der 
Braut oder Gattin des Commodus gesetzt worden. 
Sie flndet, nachdem Commodus zur Regierung ge- 
kommen ist, ihren Tod auf Capri, wohin sie wegen 
Ehebruchs von ihrem Gatten verbannt wurde : 
Cass. Dio LXXII 4, 6. Es ist allerdings nicht 
wahrscheinlich , dass ihre Verbannung und ihr 
Tod vor das Consulatsjahr ihres Bruders fallt, den 
dann der Kaiser doch wohl nicht gerade noch mit 
dem Consulat geehrt hatte. [Henze,] 

Bruttos und Bruttus (Itin. Hieron. 583), 
zwei Stationen (mutationes) Phoinikiens, die eine 
12 Millien nordlich, die andere 24 Millien siid- 
lich von Tripolis. Ersteres ist sehr wahrschein- 



lich am Nahr el-Barid zu suchen ; letzteres diirfte 
der Lage nach dem heutigen Batrun, dem alten 
Botrys, entsprechen. [Benzinger.] 

Brntulus Papius, Liv. VIII 39, 12ff. s. Pa- 
pius. B. ist Cognomen. [Klebs.] 

Brutus. 1) Cognomen der Gens Iunia. 

2) S. Bruttedius Nr. 1. 

3) Bruti fraude, sagt Aur. Vict. Caes. 29, 4, 
fanden der Kaiser Decius und sein Sonn den Tod 

10 in der Gothenschlacht des Jahres 251. [Henze.] 

Brnusara = Briva Iswrae, s. Briva Nr. 1. 

Bruzos (Bgov^og), Stadt in Phrygia salutaris, 
zwischen Eumenia und Synnada, oder in anderer 
Eichtung zwischen Stektorion und Eukarpia, Ptol. 
V 2, 25 (Agovfrv). Hierokl. 677 (Bgov^og). Not. 
eccl. 1, 385 u. a. (6 Bgvfrv). Miinzen von Anto- 
ninus Pius bis Gordianns III. mit der Aufschrift 
Bqov£os oder Bgovfyvatv. Unter Commodus 0/16- 
voia mit Okoklia. Ein Bischof Bryx&norum er- 
20wahnt auf dem Cone. Chalced. 451 (Mansi VII 
163). Die Lage lasst sich noch nicht bestimmen, 
Kiepert Specialk. d. westl. Kleinas. IX und Ram- 
say Asia min. 139 setzen es bei Kara Sandykly 
an; vgl. Bull. hell. XVII 278. Miinzen Head 
HN 560. Num. Chron. XII 208. [Euge.] 

Bgvdkixa, lakonischer Tanz, der nach Poll. 
IV 104 von einem Bryalichos erfunden war und 
von Frauen zu Ehren der Artemis und des Apol- 
lon getanzt wurde. Darauf scheinen sich auch 
30 die Glossen bei Hesych. s. BgvdaXi%a (ngoooixov 
yvvaixeiov) und $vXXl%ai ixogoi xtveg 6gx f ) aT <Z> v naga 
Adxaxsiv) zu beziehen, wofiir Volcker Rhinthonis 
fragraenta (Halle 1887) 45 figvaXfya und figvatt- 
%ai einsetzt. Vgl. noch Hesych. s. figvlloxiozai 
[01 aloxga ngoaamua TiegiTi&s^ievoi yvraixeia xai 
vftrovg adorreg) und ^ovalixxai, und dazu Mor. 
Schmidt ed. mai. I 402f. [Reisch.] 

Bryauion (Bgvdviov) , Stadt der Deuriopen 
am Erigon im oberen Makedonien , Strab. VII 
40 327. Steph. fiyz. setzt sie irrtumlich nach Thes- 
protien. Liv. XXXI 39, 5 nennt Bruanium (so 
die Vulg. nach G r n o v ; cod. Bamb. Bruan- 
tiam) unweit Stubera und des Erigon gelegent- 
lich der kriegerischen Operationen zwischen Phi- 
lipp III. und P. Sulpicius Galba im J. 199 v. 
Chr., fiber welche Leake North. Greece III 307ff. 
322 zu vgl. Heuzey Miss, de Macdd. 322f. 
sucht B. in dem Murichovo genannten unteren 
Thale des Erigon (jetzt Tscherna Reka), wo sud- 
501ich von Dunie an einer Tsehebren genannten 
Stelle (siidOstl. von Perlepe) Spuren einer alten 
Ortschaft vorhanden sein sollen, die jedoch noch 
der Untersuchung bediirfen; vgl. Plan E bei Heu- 
zey und DemitsasJtfax«dov/a(1896) 281f. 321f. 
(Inschr.). [Oberhummer.] 

Bryas (Bgvas). 1) Ort am bithynischen Ufer 
des Bosporos, Theoph. 397 de Boor. Zon. XV 
26 a. E. [Oberhummer.] 

2) Argeier, Anfuhrer der Tausend. Er raubt 
60 bei einer Biirgerhochzeit in Argos die Braut; 
letztere blendet ihn und sucht Schutz beim Volk, 
das sich gegen die Oligarchen erhebt im J. 417 
v. Chr., Paus. II 20, 2; vgl. Curtius Gr. Gesch.6 
II 605. , [Kirchner.] 

Bryaxis, Erzgiesser und Bildhauer des 4. Jhdts. , 
dem Namen nach karischer Abkunft (vgl. Bgvaa- 
mg Bull. hell. IV 1880, 319), nach Athenodoros 
bei Clem. Alex. Protr. IV 48 p. 42 Pott. Athener 



917 



Bryaxis 



Bryaxis 



918 



und jedenfalls dort schon friih thatig und ver- 
mutlich auch kiinstleriseh ausgebildet. Mit Skopas, 
Timotheos und Leochares zur Arbeit am Mauso- 
leum von Halikarnass berufen (um 350), ubernahm 
er die plastische Ausschmuckung der Nordseite 
(Plin. n. h. XXXVI 30. Vitruv. VII praef. 12). 
Plinius nennt fiun ausserdem im ersten alphabe- 
tischen Verzeichnis der Erzgiesser XXXVI 22 als 
Verfertiger eines Asklepios und einer Portratstatue 
des Seleiikos Nikator; vgl. Mflnzer Hcrm. XXX 
1895, 508. Jene Getterstatue ist wohl identisch 
mit dem Kultbild in Megara bei Pausanias (I 40, 6), 
der auch die mit dem Gotte verbundene Hygieia als 
Werk desselben Kiinstlers bezeichnet ; vermutliche 
Nachbildung auf Bronzemiinzen der Kaiserzeiten 
bei Imhoof-Blumer und P. Gardner Numism. 
Comm. on Paus. p. 5. 6 pi. A VI. VII. Die Statue 
des Seleukos, der 312 den Kenigstitel annahm, 
wird nach Brunns Vorgang meist zur Bestim- 
mung der Lebensdauer des Kiinstlers verwertet; 
doch ware das Datum unsicher, selbst wenn in 
der Pliniustelle Seleukos ausdriicklich als KBnig 
bezeichnet wilrde, was, wie Overbeck richtig 
hervorhebt, nicht der Fall ist. Trotzdem wird 
sich uns alsbald eine Ausdehnung der kiinstleri- 
schen Thatigkeit des B. bis 312, ja noch tiefer 
hinab, als sehr wahrscheinlich ergeben. Ausser- 
dem nennt Plinius aus einer Nebenquelle, vermut- 
lich C. Licinius Mucianus, fiinf eolossale Getter- 
bilderohnenahereBezeichnung auf Rhodos (XXXIV 
42) und einen Dionysos aus Marmor in Knidos 
(XXXVI 22), so dass wir den Kiinstler, ahnlich wie 
Skopas, auch in der Nachbarschaft von Halikarnass 
thatig finden. Damit ist, abgesehen von der gleich 
zu erwahnenden erhaltenen Marmorbasis, die Zahl 
der ohne weiteres dem B. zuzuteilenden Werke 
erschcipft; denri bei einer in der lykischen Stadt 
Patara beflndlichen Gruppe, Zeus, Apollon und 
mehrere Lowen, schwankte die Zuteilung zwischen 
Pheidias und B., konnte sich also auf eine Kiinst- 
lersignatur nicht stiitzen (Clem. Alex. Protr. IV 
47 p. 41 Pott.). Besser beglaubigt scheinen trotz 
Kleins Verdachtigung (Arch.-epigr. Mitt. IV 
1881, 89, 5) die Kultbilder des Apollon in Daphne 
bei Antiocheia und des Serapis auf der Rhakotis 
bei Alexandreia zu sein, nur dass bei diesen die 
MOglichkeit zu erwagen ist, ob sie nicht einem 
jiingeren gleichnamigen Kunstler gehOren. Die 
Grflndung von Antiocheia 301 scheint zunachst 
fur den beruhmten B. ein etwas spates Datum, 
und den Serapis teilt Athenodoros bei Clem. a. 
a. O. ausdriicklich einem andern B. zu, was auch 
Overbeck auf Treu und Glauben hingenommen 
hat. Ware das Zeugnis dieses Autors zuver- 
lassig, so wurde man auch den Apollon von 
Daphne demselben jungeren Kunstler znzuschreiben 
haben. aber bei naherer Betrachtung richtet sich 
jene Stelle selbst. Der Schwindler Athenodo- 
ros rtckt die Serapisstatue in die Epoche des 
Sesostris hinauf , darum muss er dem B. einen 
Namensvetter geben, aber nicht einen jungeren, 
sondern einen unendlich alteren. Mit Recht hat 
Brunn bemerkt, dass gerade dieser Lfigenbe- 
richt die sicherste Burgschaft fur die SchOpfung 
des Serapistypus dorch B. giebt ; denn nur weil 
der Name B. absolnt feststand, sah sich Atheno- 
doros zur Verdoppelung genotigt. Die Annahme 
eines zweiten B. ist sornit hinfallig. Auch der 



Apollon von Daphne muss dem Kunstler vom Mau- 
soleum gehoren, mag man nun mit Brunn an- 
nehmen, dass die Statue ursprunglich fur die 
altere Stadt Antigoneia gefertigt war und erst 
spater nach Daphne versetzt wurde, oder mag 
man die Lebenszeit des B. bis zum Ende des 
4. Jhdts. ausdennen, worin ich, wenn man seine 
Thatigkeit um 355 beginnen lasst, keine Schwierig- 
keit sehe. Eine genaue Beschreibung jenes unter 

10 Lilian durch den Blitz zerstfirten Kultbildes giebt 
Libanios or. 61 (HI p. 334 R.) in seiner povaydta 
sjiI r<j5 ev Aatpvfl veto tov 'Andklatvog, dessen Be- 
richt in einigen Punkten durch \Toh. Malalas X 
p. 234 Dind. und Theodoret. hist. eccl. LH 10 er- 
ganzt wird; vgl. auch Cedren. Comp. hist. p. 306 B. 
Danach war es ein colossaler Akrolith mit ver- 
goldetem Gewand. Der Gott war als Kitharode 
dargestellt, im langen hochgegurteten Chiton, in 
der Linken die Phorminx, in der Rechten die 

20 Schale (etpxei qSovxc ffiXog q>atvezai xai 

OTiEvduv apio xrjg xgvarjg xvd&ov). Ein Tetra- 
drachmon des Antiochos Epiphanes und mehrere 
Bronzemiinzen der spateren Kaiserzeit zeigen Nach- 
bildungen der Statue und lehren fiber die litterari- 
schen Zeugnisse hinaus, dass der Gott schreitend 
dargestellt war, mit einem langon Mantel be- 
kleidet, das Haar in einen Schopf aufgebunden, 
von dem gedrehte Locken auf die Schultern herab- 
fielen, Overbeck Kunstmyth. Apollon, Munztafel 

30 V 37—39 S.-96; Leipz. Ber. 1886, 20 Taf. I 13 
—15; Plast. 114 98. Auf den Serapis des B. fiihrt 
man mit Recht die zahlreich erhaltenen Kopfe 
dieses Gottes zuriick. Ob aus der Erzahlung des 
Clemens geschlossen werden darf, dass die Statue 
nicht von Anfang an fur das Heiligtum auf der 
Rhakotis bestimmt gewesen, sondern als Geschenk 
einer griechischen Stadt dahin gelangt sei, mag 
dahingestellt bleiben. Bei der von Tatian 54 er- 
wahnten Pasiphae des B. ist wenigstens die Deu- 

40 tung verdachtig. Von einem in Rom beflndlichen 
Werk des Kiinstlers oder der Copie eines solchen 
riihrt die dort in der Nahe von St. Marco ge- 
fundene, mOglicherweise vom Forum verschleppte 
Basis mit der Aufschrift opus Bryaxidis her 
(Loewy Inschr. gr. Bildh. 492). 

Eine genauere Vorstellung vom Stil des B. 
hat uns zuerst eine im J. 1891 in Attaen beim 
sog. Marktgraben nordlich von Hephaisteion (dem 
sog. Theseion) gefundene Originalarbeit des Kunst- 

50 lers gegeben, freilich nur ein Denkmal bescheide- 
ner Art und jedenfalls eine Jugendarbeit , die 
Basis eines Dreifusses, den der Phylarch Demo- 
sthenes aus dem Demos Paiania beim Wett- 
renneu der Reiterphylen, der av&ixTiaaia, gewonnen 
hatte; bei dieser Gelegenheit werden zugleich 
zwei fruhere Siege seines Vaters und Bruders ver- 
herrlicht; abgeb. Bull. hell. XVI 1892 pi. ITI. VII, 
vgl. Couve ebd. 550ff. Homolle ebd. XV 1891, 
369. Kabbadias Atlx. agz- 1891. 34- Lol- 

60 ling ebd. 55. Wolters Athen. Mitt. XVI 1891, 
252. Die Vorderseite tragt die Weihinschrift sowie 
die Kiinstlersignatur Bgvafrg htorjaev., die andern 
Seiten zeigen je einen auf einen Dreifuss zureiten- 
den Reiter, ohne Zweifel Demosthenes, seinen 
Bruder Demeas und seinen Vater Demainetos. Die 
vortreffliche Bildung der verschieden charakteri- 
sierten Pferde hat Couve gut entwickelt. Dieses 
Monument giebt uns zugleich ein wichtiges Halfs- 



919 



Bryaxis 



Bryges 



920 



mittel an die Hand , urn die dem B. gehorigen Hauptstadte der Diadochen schafft er grosse Kult- 
Platten des Mausoleumfrieses festzustellen , eine bilder, und es ist sehi mOglich, dass wir in ihm 
Untersuchung, die dem Vernehmen nach F. Win- neben Eutychides den eigentlichen Begriinder der 
ter in grflsserem Zusammenhang unternehmen hellenistischen Plastik zu sehen haben. 
wild. Schon friiher hat Brunn S.-Ber. Akad. [C Eobert] 

Munch.. 1882 II 114f. entsprechend den Tier iiber- Bryazon, nach Plin. n. h. V 148 ein Kfisten- 

lieferten Kunstlern vier verschiedene Hande unter- fluss Bithyniens, zwischen Cius und Nikomedia, 
schieden, und Overbeck Plast. 114 I06ff. hat der nicht naher zu bestimmen ist. [Ruge.1 
sich mit Eecht ihm angeschlossen. Nur in der Brychon (B^w, d. i. der Eausehende). 

Verteilung hat er sich vergriffen ; die von ihm 10 1} Bach ira thessalischen Gebirge Pelion der 
dem B. zugewiesene Eeihe (Ant. Denkm. n Taf. beim Hain der TI n hua voriiber ins Meer fliesst 
16 VIII— X. Overbeck Plast.* II Fig. 171 Ser. [Dikaiarch.] II 7 (M tiller Geogr. gr. min I 107) 
III) wird wohl jetzt allgemein nach Treus Vor- Bursian Geogr. I 97. 

gang (Athen. Mitt. VI 1881, 412ff.) sowohl wegen 2) Bach auf der chaUddischen Halbinsel Pal- 

der Fundstelle an der Ostseite als wegen ihrer lene, Lykophr. 1408. Hesych. [Oberhummer.] 
Verwandtschaft mit den tegeatischen SculptuTen Bryela (m Bgvtla), bei Ducas 26 p. 97 (p. 175) 

fur Skopas in Anspruch genommen, dem sie auch neben Erythrai und Klazomenai, hinter dem es 
schon Newton zuweisen wollte. Dagegen zeigen 5 km, siidlich liegt, genannt, jetzt Urla, Viirla 

gerade die nach Brunn. dem Skopas gehorigen oder von den Griechen Wriula gesprochen. Bam- 
Platten (Ant. Denkm. II Taf. 16 VI. VII. Over- 20 say As. Min. 113f. nimmt eine alte Form Briula 

becka. a. O. Ser.IV, zu derdort verkehrter Weise an. Tomaschek S.-Ber. Akad. Wien CXXIV 

auch das allerdings sicher vom Mausoleum stam- (1891) vm 30. [Biirchner.] 

mende, aber nach Winters Nachweis dem Leo- Bryennlos s. Manuel Bryennios. 

chares gehorige Genueser Stiick gestellt ist) in Bryes (nicht Bryetes), Maler, Vater und erster 

der Pferdebildung die nachste Verwandtschaft mit Lehrer des Pausias von Sekyon, Plin. n. h. XXXV 

der Basis des B., was auch Couve anerkennt. ob- 128. Brunn Gesch. d. griech. Kiinstler II 144. 

gleich gerade dieser Gelehrte die Scheidung ver- C. Keil Analecta epigraphica 224. [O.Eossbach.] 
schiedener Stile beim Mausoleumfries ablehnen Bryges {Bgvyoi, Bgvyoi, Bgvyoi, Bgvyai, Bgv- 

will. Diese Eeihe also, weitaus die schOnste, wird yes, Bgtyes, Bgiyai, nach Herodian bei Steph. Byz. 
demB. zuzusprechen sein, ein Ergebnis, das fur 30 auch Bglyavreg; vgl. Brykai), illyrisch-makedo- 

seine kunsthistorische Stellung nicht ohne Belang nische Form des Namens 0gvyss, und wie diese 

ist. Einmal namlich stehen bei mancher Ver- durch Verschiebung der ursprunglich anlautenden 

schiedcnheit diese Platten des B. denen des Sko- Media aspirata bh aus Bhruges entstanden; vgl. 

pas bei weitem am nachsten^ wozn stimmt, dass Etym. M. 179, 20 s. Bilmms. Steph. Byz. s. 

B. sowohl in den Orten seiner Thatigkeit als in Begsvlxr/, Begoia. Auch der Ubergang von v in 

den Stoffen sich yielfach mit diesem Bildhauer < gehOrt hieher, s. Tomaschek Thraker I 29f., 

beriihrt; man hat ihn daher neuerdings wohl mit der an den Stamm von frugi (vgl. fruges) und 

Eecht geradezu als Schiller des Skopas bezeichnet .brauchen' denkt, Kretschmer Gesch. d. gr. 

T^'ii 111 ^ 3 " a ' °' Couvea - a -°- Winter Arch. Spr.229. Insbesondere bezeichnete man mit dieser 
Jahrb. VII 1892, 168). Aber dieser Schuler war 40 Form ein in verschiedenen Gegenden der Balkan- 

mcht nur nach seinen Arbeiten am Mausoleum, halbinsel auftretendes Volk, dessen Zugehorigkeit 

sondern auch nach der Schatzung der hellenisti- zur thrakischen Gruppe und urspriinglichen Zu- 

schen Zeit zu schliessen grosser als der Meister, sammenhang mit den Phrygern die Alten wohl 

dem erst das Zeitalter des Augustus einen Platz erkannten, Her. VI 45. VII 73 und die Ausl. zu 

unter den Klassikern eingeraumt hat (s. Eobert d. St. Steph. Byz. Strab. VII 295. 330 frg. 25. 

Arch. March. 48). Schon Brunn S.-Ber. Akad. XII 550. App. b. c. II 39. Plin. n. h. V 145. 

Munch. 1882 II 118 hat ausgesprochen, dass dem Konon 1. Hesych. Etym. M. Sie begegnen uns 

B, wahrscheinlich ein hoherer Ruhm gebiihre, zuerst in der Telegonie des Eugammon, nach 

als ihm jetzt zu teil werde, und Helbig (Cam- welchem sie unter Beihfllfe des Ares und Apollon 
pan. Wandm. 7) bezeichnet seinen Serapis mit 50 erfolgreich gegen die von Odysseus gefuhrten 

Eecht als die jungste bedeutende Schopfung eines Thesproter kampften (Prokl. direst. 5 in Scr. 

Gotterideals. Diese Anschauung wird durch ein metr. Gr. ed. Westphal 241 und Ep. Gr. frg. coll. 

zu wenig beachtetes litterarisches Zeugnis besta- Kinkel 57); sie miissen hienach etwa im 7. Jhdt. 

tigt, das sich schon durch die richtige Ansetzung nach Epeiros vorgedrungen sein. Hiemit stimmt 

des Polykleitos nach Pheidias als aus bester, ver- iiberein , dass wir sie im Norden dieses Landes 

mutlich pergamenischer Quelle stammend ausweist. wiederholt unter illyrischen Volkern begegnen. 

Columella I praef. 31 nennt als die dem Eange Nach Appian hatten sie sich, wie spater die Tau- 

nachunmittelbaraufPheidiasfolgenden Bildhauer lantier und die Liburner, voriibergehend in den 

Polykleitos, Lysippos, Praxiteles und Bryaxis. Besitz von Epidamnos zu setzen gewusst, und in 
Skopas fehlt auch hier. 60 das Hinterland jener Stadt setzt sie auch Strab. 

Nach dem Gesagten stellt sich der Lebens- VII 326. Auf die Inseln des Quarnero im Nor- 

gang des Kiinstlers etwa folgendermassen dar. In den des adriatischen Meeres fuhrt die Erwahnung 

Athen zwischen 360 und 350 von Skopas geschult, der beiden Bgvyijtdts vijooi, auf deren einer ein 

fertigt er unter anderem den Asklepios und die Tempel der Artemis stand und welche anschei- 

Hygieia fur Megara und geht dann mit seinem nend mit den Apsyrtides (s. d.) fur identisch ge- 

Lehrer zur Ausflihrung der Mausoleumsarbeiten halten wurden, bei Apoll. Ehod. IV 330. 470. 

nach Halikarnass. Seine Thatigkeit bleibt von Schol. ebd. 1002. St. Petris Cenni stor. sulle 

da an wesenthch dem Osten gewidmet. Fiir die Absirtidi I (Capodistria 1883) 24f. In die Ge- 



921 



Brygeides 



Brygos 



922 



gend des Lychnitissees im illyrischen Hinterland Ins. II 101, 14 und Inscr. gr. ined. Ill p. 31. 

setzt sie Skymn. 434. 437, weiter Cstlich in das W. SchulzeEhein. Mus. XL VIII 1893, 248—251. 

Flussgebiet des Erigon Strab. VII 327 frg. 8, P.KretschmeTEinl. in die Gesch. d.gr. Sprache 

der dort (frg. 9) auch eine Stadt derselben Kb- 328. Ein stadtrhodiscb.es Grabmal eines Brygin- 

Sgieu (vgl. KvSgaga in Phrygien) kennt. Es ist darios IGIns. I 166. [Hiller v. Gaertringen.] 

dies dieselbe Gegend, wo das Itin. Hieron. eine Brygion, Stadt in Makedonien, s. Bryges. 

Stadt Brucida (s. d.), richtiger Brugiada, bezeugt, [Oberhummer.] 

in der wir Bgvylas, noktg Maxedovlas bei Steph. Brygos (fruher falschlich Brylos gelesen), 

Byz. wiedererkennen; ob das von ihm mit glei- attischer TOpfer, aber dem Namen nach thraki- 
chem Zusatz genannte Bgvyiov davon verschieden 10 scher Abkunft, aus dem Anfang des 5. Jhdts., 

oder nur eine andere Namensform desselben Ortes da im Perserscbutt der Akropolis Fragmente einer 

ist, steht dahin. Mehrfach wird auch das Ge- Vase gefunden sind, die aus stilistischen Griinden 

birge Bermion (s. d.) als ihr Wohnsitz bezeichnet trotz der mangelnden Signatur ihm zugespiochen 

(Strab. VTI 330 frg. 25. Konon 1), und noch naher werden miissen ; vielleicht darf auch \a{ der der- 

der Kflste des thermaeischen Golfes mflssen wir selben Fundstelle entstammenden Basis CIA IV 

sie nach Her. VI 45 suchen, wo der trberfall des 2 nr. 373, 185 das BPY der ersten Zeile zu seinem 

Heeres des Mardonios durch die B. und ihre Unter- Namen erganzt werden; er hatte dann, wie Euphro- 

werfung unter die persische Herrschaft (J. 492 nios, Andokides und viele andere seiner Kunst- 

v. Ghr.) berichtet wird; infolge dieser Ereignisse genossen, seine SchutzgOttin, die Athena Ergane 
erseheinen sie auch im" Heereszuge des Xerxes 20 auf der Burg, durch ein Weihgeschenk geehrt, das 

(Her. VTI 185). Noch weiter Csthch gegen den alter als 480 gewesen sein musste. Da B. stets mit 

strymonischen Golf weist der Ort Brigizes (s. d.) snotrjcev signiert, so liegt die entfernte MOglichkeit 

auf die Anwesenheit der B. Spater werden B. vor , dass der Zeichner ein anderer war, als der 

noch im Heere des Brutus genannt (Plut. Brut. Tapfer; indessen ist die Wahrscheinlichkeit fur 

45). Vgl. Tomaschek Die alten Thraker I 27 diese Annahmc ausserst gering. Auf die sehr 

— 33. [Oberhummer.] charakteristische Handschrift des Meisters hat 

Brygeides (BgvyqtSee vfjaoi), Inseln im adria- Hart wig Meistersch. 371 mit Eechfe hingewiesen. 

tischen Meere, s. Bryges. [Oberhummer.] Wir besitzen sieben Schalen mit seiner Signatur, 

Brygias, Stadt in Makedonien, s. Bryges. von denen sechs in den Wiener Vorlegebl. Ser. VIII 

[Oberhummer.] 30 2 — 6 und C 7 zusammengestellt sind; vgl. Klein 

Brygindara (BgvycvSaga oder BgtxivStjga). Vas. m. Meistersign.2 175; das dort als nr. 2 

In den spateren attischen Tributlisten erseheinen aufgezahlte, nur durch eine fluchtige Notiz bei 

BgixivHagioi oder Bg[txivSagiot i ig *P6Soh] als Gerhard A. Vasenb. I 217 bekannte Stuck ist 

selbstandige rhodische Gemeinde (CIA I 262f. offenbar mit der Frankfurter Schale nr. 1 iden- 

Kehler Abb.. Akad. Berl. 1869, 262. Boeckh- tisch. Dazu kommt weiter ein von der Akropolis 

Frankel Staatsh.s II432). Den dazu gehorigen stammender Henkel mit der Kiinstlersignatur, 

Ort nennt Herodas in seinem auf der Nachbar- Hartwig a. a. O. 372. Fiinf von diesen Schalen 

insel Kos spielenden Gedicht II 57 Bgtxlvdriga. sind mit mythischen Darstellungen geschmuckt. 

Seit der Grundung des rhodischen Gesamtstaates Die eine jetzt verschollene (Wien. Vorl. VIII 3. 
(408 v. Chr.) bildeten die BgvyivSdgwt , wie die40Mon. d. Inst. 1856, 4. Eobert Bild u. Lied 53. 

in Ehodos allein vorkommende Form ist, eine 90.339. Urlichs Vasenm. Brygos. Engelmann 

Ktoina (= Demos) von Kamiros. Da in einer Liste bei Eoscher I 1968. Klein a. O. nr. 3) zeigt 

der Priester des Apollon Erethimios, gefunden aussen das Urteil des Paris und seine Euckkehr 

bei dem heutigen Dorfe Theologos etwa in der in das Vaterhaus, also die fiir den Ausbrucb. des 

Mitte zwischen Kamiros und Ialysos, auf dem trojanischen Krieges massgebenden Vorgange, 

Gebiete der ersteren Stadt, unter achtundzwanzig innen die SchutzgOtter Trojas, Apollon undArtemis. 

Priestern zehn 'Iaravioi, sechs IIovrcogeTg und fiinf Die zweite, imLouvre (Wien, Vorl. VIII 4. Heyde- 

Bgvyivdagtot genannt werden, wahrend sechs andre mann Diupersis auf e. Schale d. B. Eobert a. 

Ktoinen zusammen nur sieben stellen, wird man O. 61. 102. Urlichs Beitrage z. Kflnstlergesch. 
den Ort nicht weit von dem Heiligtum zu suchen 50 62. Purgold Arch, Zeit. XLII 1884, 249. Kle in 

haben, IGIns. I p. 99 and nr. 730. Und wenn Euphronios2 171; Vas. m. Meistersign. 2 nr. 4), 

die Feigen yon B. geriihmt werden als den atti- enthalt auf ihrer Aussenseite Scenen der niu- 

schen vergleichbar, kommt der fruchtbare Kflsten- persis, innen eine Credenzscene, Phoinix und Bri- 

strich bei den heutigen Dftrfern Phanes und So- seis. Die Darstellungen der dritten, die sich im 

roni wohl am meisten in Betracht, wo noch jetzt Stadelschen Museum zu Frankfurt befmdet (Wien. 

grosse Strecken mit Feigenbaumen bepflanzt sind. Vorl. VLTI 2. Gerhard Trinksch. u. Gef. Tf. A. B. 

Lynkeus von Samos ir xfj .-egos rov xeopucw Ho- Welcker Alt. Denkm. DJ T. 12 S. 93. Urlichs 

otCdvuiov baazo/.fi, d. h. einer Vergleichung der Brygos3; Beitr. z. Kunstgesch. 71. Eoberta.a.O. 

attischenProductemitdenrhodischen(W. Schulze), 51. 53. 88. Kle in Meistersign.2 nr. 1), sind der atti- 
bei Ath. XIV 652 c. d nennt die layabss Bgiyiv- 60 schen Localsage entlehnt, aussen die Ausfahrt des 

Sagldee (Bgvy. Kaibel); Poll. VI 81, wo Bayiv- Triptolemos und die von der Erichthoniosschlange 

Sagtot flberliefert, scheint auf dieselbe Quelle zu- verfolgten nngehorsamen KekropstOchter, innen Po- 

ruckzugeheiL Der Name ist , wie schon die in seidon und Aithra. Von der vierten Schale sind nur 

Sudwestkleinasien haufige Endung -aga beweist Fragmente erhalten, die sich jetzt im Cabinet des 

und Lynkeus a. a. O. hervorhebt, barbarisch, einer m^dailles in Paris befinden (Wien. Vorl. C 2 ; doch 

der zahlreichen Eeste der alteren (karischen?) Be- sind wie Klein gesehen hat, 2a und 2f als nicht 

vOlkemng der Insel; daraus erklart sich die ver- zugehong auszuscheiden; vgL P. J. Meier Arch, 

schiedene Schreibung, EossEeisen auf den griech. Zeit. 1884, 245. Urlichs Beitr. z. Kstlgesch. 61). 



923 



Brygos 



Brygos 



924 



Innen war eine Credenzscene, Nike einem sitzen- 
den Gotte (Zeus odei Poseidon, vgl. Arch. Zeit. 
XXXIII 1875 Taf. 10) oder einem sterblichen 
Krieger (ebd. XL 1883 Taf. 1) einschenkend (2 b. 
2g) angebiacht; aussen war auf der einen Seite 
der Raub der Helena (2 e. 2 h), auf der andern nach 
Kleins ansprechender Vermutung, die Wegfiih- 
rung der Briseis (2b. 2c. 2d) dargestellt. Die 
fiinfte, im britischen Museum befindliche Schale 



die andere Seite zeigt bei der Cornetaner Schale 
die Abholung des Neoptolemos von Skyroa (so 
Engelmann Arch. Zeit. XLII 1884, 72, anders 
Kerte Ann. d. Inst. 1881, 168. Dummler a. a. 
0. 73), bei der Londoner eine Credenzscene im 
Olymp. Als Innenbild ist in beiden Fallen eine 
Spendescene verwandt. Endlich ist auch der 
Wiener Skyphos mit Hektors Losung gewiss rich- 



tig den Werken dieses Meisters zugezahlt worden, 
zeigt als Innenbild eine Credenzscene des tag- 10 Mon. d. Inst. VIII 27. Masner Vas. u. Terr, 
lichen Lebens, als AussenbildeT burleske Satyr- nr. 328. Furtwangler Aufs. f. E. Curtius 
scenen, Here und Iris von dem briinstigen Gefolge 186. Arndt Stud. 115. Dummler a. a. 0. 



des Dionysos, der ergStzt dem Treiben zusieht, at 
takiert, wahrend Hermes und Herakles ihrer be- 
drangten Stiefmutter zu Hiilfe kommen; wahr- 
scheinlich liegt ein Satyrspiel zu Grunde, dessen 
Scenen aber B. in freier Weise umgestaltet hat, da 
in jener Zeit nur zwei Schauspieler denkbar sind. 
Die Vase ist eines der altesten Beispiele fur den 



75. Hartwig a. a. 0. 363. Auf den im Ein- 
gange erwahnten Fragmented aus dem Perser- 
schutt wollen Winter Arch. Jahrb. II 1887, 229 
und Hartwig Journ. Hell. Stud. 1891, 335 eine 
Darstellung des Mythos von Herakles und Eurytos 
erkennen, wogegen sich indessen vieles einwenden 
lasst; eine sichere Heraklesdarstellung enthalt 



Einfluss des Dramas auf die bildende Kunst (C. 20 hingegen die von Klugmann Ann. d. Inst. 1878 



Smith Cat. of Vas. Ill p. 87, E 65. Mon, 
d. Inst. IX 46. Wien. Vorl. VIII 6. Matz Ann. 
d. Inst. XLIV 1872, 294ff. Klein a. 0. nr. 8. 
Robert a. a. 0. 28. Dummler Rh. Mus. XLIII 
1888, 358. Bethe Prolog, z. Gesch. d. Theat.76). 
Die beiden anderen Schalen enthalten Genrescenen; 
die erste, in'Wtirzburg, einen Komos (Urlichs 
D. Vasenmaler Brygos. Wien. Vorl. VIII 5. Klein 
a. a. 0. nr. 5), die zweite in Florenz eine ob- 



tav. E publicierte Schale, die aber gewiss nicht 
das Abenteuer mit Nereus (Hartwig denkt 
an Komoedie oder Satyrspiel), sondern das mit 
Syleus darstellt (Robert Iliupersis d. Polygnot. 
46). Auch an Darstellungen aus dem Kreis der 
Gettersage fehlt es nicht. Die vorziigliche Berliner 
Gigantenschale -2293 (Gerhard Trinksch. Taf. 
VHI 2. X. XI. Wien. Vorl. I 8) hat schon Furt- 
w angler fur B. in Anspruch genommen, und 



scone Darstellung (Heydemann Dritt. Hall. 30 Hartwig hat ihr die Pariser Schale mit dersel 



Winckelmannsprogr. 94. Klein nr. 5). 

Ausser diesen signierten Werken hat man dem 
B. mit mehr oder weniger Sicherheit noch rund 
funfzig Gefasse zugeschrieben , s. die Liste bei 
Hartwig Meisterschalen 687f., in der jedoch das 
Berliner Fragment nr. 17 zu streichen ist, vgl. 
Hauser Arch. Jahrb. X 1895, 162; dafur ist 
neuerdings ein Kantharos mit Liebesabenteuern 
des Zeus hinzugekommen , s. Archeol. Anzeiger 



ben Darstellung zugesellt (Luynes Vases 19. 20. 
Gerhard Trinksch. A. B). Die vaticanische Schale 
mit der kOstlichen Schilderung des kleinen Her- 
mes als Rinderdieb hat Dummler a. a. 0. 73 
als dem B. gehOrig erwiesen (Mus. Greg. 88, 1. 
El. oil. m 86. Arch. Zeit. II 1844 Taf. 20). Zwei 
prachtige Schalen in Paris Cab. d. med. (Hart- 
wig Meistersch. Taf. XXXII. XXXIII) und Mttn- 
chen 332 (Thiersch Vas. Taf. 4), sowie eine 



1896, 96 Dr. 24. Unter den mythischen Dar-40Anzahl von Schalenfragmenten (Hartwig Taf. 



stellungen spielt wieder der troische Sagenkreis 
eine grosse Rolle. Fragmente einer zweiten Iliu- 
persisschale hat P. J. Meier als dem B. gehOrig 
erkannt (Luynes Vases pi. 42. P. J. Meier Bull. 
d. Ir.st. 1884, 45). Die in Hart wigs eigenem 
Besitz befindlichen und von ihm Arch.-epigr. 
Mitt. XVI 1893, 120f. verOffentlichten Schalen- 
fragmente gehOren zwar, wie dort richtig gesagt 
wird, auch dem B. , stammen jedoch von keiner 



XXXIII 2 S. 318. Schoene Museo Bocchi di Adria 
in 1. 4) fuhren den bacchischen Thiasos in kiihnen 
und phantasievollen Gruppen vor. Auch die von 
Hartwig 443, 1 dem ,Meister mit dem Kahl- 
kopf' zugeschriebene Londoner Schale mit einem 
dionysischen Symposion (E 66. C. Smith Cat. HI 
pi. 4) gehOrt nach Furtwanglers richtiger Be- 
merkung dem B. Unter den Genredarstellungen ver- 
dient zunachst die von Hartwig 331 dem Meister 



Iliupersis, sondern von einer Darstellung der To- 50 zugeteilte. einstmals Branteghemsche Schale wegen 
1 '' - " i ■■ « . i -^-j — -i-i ihrer verbluffenden Ubereinstimmung mit der sig- 

nirten Wiirzburger Komosvase genannt zu werden. 
Ahnliche Darstellungen linden sich auf einer Vase 
in Orvieto (Hartwig Taf. XXXVI), einer ver- 
schollenen (Hartwig 351) und mehreren Frag- 
menten. Scenen des Symposions enthalt vor allem 
eine schQne Londoner Schale (E 68. Hartwig Taf. 
XXXTV. XXXV), denen sich eine vaticanische 
(Mus. Greg. H 81), zwei weitere Londoner (E 70. 



tung des Aigisthos durch Orestes und sind wohl 
die alteste uns bekannte Illustration dieser Scene. 
Die von Dummler Bonn. Stud. 76 dem B. zuge- 
schriebene Londoner Schale zeigt den Streit um 
die Waffen des Achilleus (ATchaeolog. XXXII pi. 
11. Wien. Vorl. VI 2, vgl. Klein EuphroniosZ 
238. Hartwig Meistersch. 359. Robert Bild und 
Lied 213, wo aber verkannt ist, dass in der Ab- 
stimmungsscene Athene die Achaeer zu Gunsten 



des Odysseus zu beeinflussen sucht). Den Zwei- 60 64. Mon. d. Inst. EH 12), vielleicht eine Berliner 



kampf des Achilleus mit Memnon stellen mit 
unbedeutenden Variationen zwei Schalen in Cor- 
neto und London (E 67) dar, von denen die 
erste von Dummler a. a. 0. 73, die zweite von 
Hartwig a. a. 0. 362 dem B. zugesprochen wor- 
den ist (Mon. d. Inst, XI 32. Wien. Vorlegebl. D 8. 
1890/91, 8, 2. Gerhard Trinksch. und Gef. D. 
Robert Scenen der Ilias und Aithiopis 4) ; 



(2298) und zahlreiche Fragmente anschliessen. 
Erotische Scenen, zum Teil stark obscon, zeigen 
eine Schale in Corneto bei Bruschi (Hartwig 
343), drei weitere ebendort im Museo Taiqui- 
niese, eine in Kopenhagen (112. Gerhard A. V. 
281) und zahlreiche Fragmente, unter denen be- 
sonders die Branteghemschen (Hartwig Taf. 
XXXVI 4. 5) durch SchOnheit der Zeichnung her- 



925 



Brykai 



Bryllion 



926 



vorragen. Endlich wird auch die beriihmte, unter 
den Fundamenten des Parthenon gefundene Ross- 
sche Scherbe (Ross Arch. Aufs. Taf. 10) von 
Dummler a. a. 0. 74 und Hartwig 338 dem 
B. zugeschrieben. 

Seiner kunstgeschichtlichen Stellung nach 
schliesst sich B. an Peithinos und Hieron an, 
wShrend er sich von der Richtung des Euphronios 
wesentlich unterscheidet. Er geht aber liber seine 
Muster weit hinaus. Voll feurigen Temperaments 
und lebhafter Phantasie weiss er, auch wenn er 
alte Typen reproduciert, wie bei dem Parisurteil, 
der Iliupersis, dem Waffenstreit, ihnen geschickt 
neue Seiten abzugewinnen. Hochst glucklich ist 
z. B. die Einfflgung der Athene in die Abstim- 
mungsscene. Vorziiglich versteht er die Affecte 
wiederzugeben; man vergleiche die Kassandra auf 
den Paris- und Iliupersisschalen und auch die Poly- 
xena auf letzterer oder den Hermes und Herakles auf 
der Satyrschale. Seine mythischen Darstellungen 
tragen einen im besten Sinn dramatischen Charak- 
ter, wie er sich nur noch bei Euphronios in dessen 
letzter Periode, seltener bei Duris findet. Seine 
aus seharfer Beobachtung des Lebens geflossenen 
Genredarstellungen zeigen einen ubersprudelnden, 
haufig derben Humor. In der Charakteristik der 
Situation wie der Figuren nimmt er unter den 
sog. grossen Schalenmalern wohl den ersten Platz 
ein, wahrend er in der auf genauer Naturbeob- 
achtung beruhenden Wiedergabe des menschlichen 
Korpers unmittelbar auf Euphronios folgt, viel- 
leicht ihm gleichsteht. Charakteristisch flir seine 
Compositionsweise ist das Einfugen einzelner land- 
schai'tlicher und architectonischer Elemente, Saulen, 
Thfiren, Felsen und Baume, wie er (iberhaupt auf 
die Ausfuhrung des Beiwerks grosse Sorgfalt ver- 
wendet. In der Tierbildung stent er hinter Eu- 
phronios zurQck. Merkwiirdig ist, dass alle seine 
erhaltenen Werke ungefahr auf derselben Stufe 
des kunstlerischen Konnens stehen, so dass eine 
chronologische Anordnung derselben noch nicht 
hat gelingen wollen. Urlichs Der Vasenmaler 
Brygos, Wurzburg 1875. Klein Griechische Vasen 
mit Meistersignaturen 175ff. P. J.Meier Bull. d. 
Inst. 1889, 75. Dummler Bonn. Stud. 73. Hart- 
wig Meisterschalen 307. [C. Robert.] 

Brykai (Bgvxrjg, Bpvxai, Bgvxeig, BQvxrjiot) 
nennt Steph. Byz. ein thrakisches Volk. Die 
Notiz stammt vielleicht aus Hekataios, und dann 
ist thrakisch = makedonisch, s. Me in eke z. St. 
und zu Zavtj. In diesem Falle ist die Gleichheit 
mit den Bryges (s. d.) ausser Zweifel. Doch s. 
auch Brysai. [Oberhummer.] 

Bryke (Bqvxij), Tochter des Danaos und der 
Naiade Polyxo, Braut des Chthonios (Sohnes des 
Aigyptos und der Naiade Kaliadne), Apollod. II 
1, 5, 8. In der parischen Marmorchronik Z. 15 
wollte Boeckh unter anderen Danaidennamen 
auch den Namen B. (uberliefert Ba...) erganzen. 
Wohl als Eponymos der Bebryker aufzufassen, und 
demnach identisch mit Bebryke (s. d.). 

[Wernicke.] 

Bryklike oder Bryelike {Bovxhxri oder Bqvr\- 
hxq) x Landschaft in Kilikien, die den noTdOst- 
lichen Teil des Landes bis an den Amanos um- 
fasste, Ptol. V 8, 7. [Ruge.] 

Brykus (Bgvxovg) bildete mit Karpathos und 
Arkaseia (s. d.) die von Ps.-Skylax 99 erwahnte 



Dreistadt der Insel Karpathos — oder Vierstadt, 
wenn man nach Strab. X 489 Nisyros hinzufiigt. 
Die Stadt liegt auf einer felsigen Landzunge, 
die sich von Siiden nach Norden erstreckt und 
eine schmale Bucht im Osten beschutzt. Der siid- 
lichste Teil der Landzunge, der am hOchsten ist, 
wird die Akropolis mit dem Heiligtum der Athana 
Lindia getragen haben, IGIns. I 997. 998. Von 
anderen Gottern, die vermutlich ihre Tempel eben- 

10 falls in der Stadt batten, werden Asklapios und 
Dionysos genannt, ebd. 996. 1032, 23f. Dass 
der Ort schon in mykenischer Zeit bewohnt war, 
beweisen die Graberfunde; s. Bent Journ. of Hell, 
stud. VI 233ff. Aus bester griechischer Zeit stam- 
men die im Osten vorziiglich erhaltenen Stadt- 
mauern aus grossen, regelmassig geschichteten 
Quadern (Photographie in der Sammlung des athe- 
nischen Instituts, Abteilung Sporaden). Im 5. Jhdt 
zahlten die Brykuntier als selbstandige Teil- 

20 nehmer des ersten attisehen Seebundes die geringe 
Summe von 500 Drachmen an die Bundeekasse, 
CIA I 37. 231. 233. Nach 408 v. Chr. traten 
sic, wie die anderen karpathischen Stadte, frfiher 
oder spater dem rhodischen Gesamtstaat bei. Die 
staatsrcchtliche Stellung innerhalb desselben lasst 
sich freilich nur erschliessen. Nach Analogie von 
Karpathos, der Stadt, wird auch B. in locale 
Unterabteilungen, xxoivm, zerfallen sein, so wie 
z. B. Kamiros. Aber wahrend der Burger einer 

30 rhodischen Stadt innerhalb des ganzen Staates, 
auf Rhodos so gut wie auf Karpathos, nicht Aiv- 
dws oder Ka/itgevs, sondern z. B. NerriSag oder 
BQvyivSaQiog heisst, wird der Burger von B. iiberall 
Bqvxovvuos genannt. Daraus folgt, dass die 
Brykuntier und die anderen Stadte der Insel auf 
derselben Stufe wie die Ktoinen von Kamiros, 
die Demen von Lindos rangierten, als ein <5d/*o,- 
des aifviag Safiog x&v 'Pohlwv. Fiir alle nicht 
gemeinsamen Angelegenheiten , namentlich die 

40 sacralen , wird ihr Stadtrecht fortbestanden haben, 
so gut wie dasjenige der drei rhodischen Stadte. 
Im Gebiete von B. lag das Heiligtum des Potei- 
don oder Poseidon IIoQ&fitog, an dem die anderen 
karpathischen Stadte und auch der rhodische Ge- 
samtstaat Anteil hatten (s. Porthmos). B. be- 
stand noch in friiher christlicher Zeit; jetzt ist 
es verOdet; seine Ruinen dienen als Steinbruch 
fur das fast eine Meile entfernte Dorf Olympos 
(gesprochen: Elimbos). Aber der alte Name haftet 

50 noch fast unverandert an der Stelle in der Form 
Vurgunda (BovQyovvia), aus der bereits Wescher. 
ohne dort gewesen zu sein, die Lage der Stadt 
richtig bestimmt hat. 

Litteratur: Ross Inselreisen III 64. Wescher 
Rev. arch. Vni 1863, 469ff. Beaudouin Bull, 
hell. IV 1880, 274ff. aus Autopsie. Bent a. a. 0. 
(Vasen); die Inschriften IGIns. I 993—1030. 1032, 
vgL ebd. p. 158ff., wo weitere Nachweise. Grab- 
in schriften von Brykuntiern auf Rhodos: ebd. 

60 220—223. ^ [Hiller v. Gaertringen.] 

Brylle (BgvlJLt)) hiess die Tochter des Minos, 
mit welcher Poseidon den Orion zeugte, nach Hesiod 
bei Schol. Arat. 322. Auf Grand der Parallel- 
stellen (Eratosth. Catast. 82. Schol. Germ. p. 92, 
16. Hyg, astr. II 34) ist aber mitMarckscheffel 
Evqvdh] dafur einzusetzen. [Wagner.] 

Bryllion {BqvU.iov) an der Propontis, nach 
Ephoros FHG I 259 bei Steph. Byz. so viel als 



927 



Bryllis 



Bryson 



928 






929 



Brystakia 



Bubastis 



930 



Kios = Prusias in Bithynien (Plin. n. h. V 145) 
bei Daskyleion. Inschriften in der Gegend des 
jetzigen Triglia 'Efidofidg VH (1890) nr. 28. Zu 
Triglia Tomaschek S.-Ber. Akad. Wien CXX1V 
(1891) vm 13. [Biirchner.] 

Bryllis (fj BQv)Mg), Umgegend von Brylhon 
an der Propontis in Bithynien , Plin. n. h. V 144. 
Steph. Byz. a. BgvXhov. In ihr lag das Heine 
Stadtehen Daskyleion. [Biirchner.] 

Brynciai, Stadt auf Euboia, s. Grynchai. 10 



Bryon {Bqvcov aiyiaXdg) Kiistenstrich der Ky- 
renaika zwischen Berenike Nr. 8 und dem Vorge- 
birge Boreion Nr. 3. Ptol. IV 4, 3. [Sethe.] 

Bryonianns Lollianus war Procurator (octo 
ejitTQonmv) und stand auf der Rang- oder Gehalts- 
stufe der cktcenarii :Waddington Voyage archeoL 
HI 1385; vgl. 0. Hirschfeld Verwaltungsgesch. 

I 256ff. Die Zeit ist unbekannt. [Henze.] 

Brysai (Brysae) , ein thrakisches Volk , von 20 
Plin. n. h. IV 40 neben den Sapaiern und Odo- 
rnanten genannt. Vgl. auch Brykai und Bry- 
sakion. [Oberhummer.] 

Brysakion, Ortschaft der illyrischen Parthi- 
noi, ahnlich geformt wie die oinotrische Brysta- 
kia, Steph. Byz. p. 188 Mein. [Tomaschek.] 

Bryseai (Bqvo£<u, episch BQvaual), Stadt in 
Lakonien (II. II 583) am Ostlichen Puss des Tay- 
getos unterhalb des Taleton, frfihzeitig verfallen, 
doch mit einem noch spater fortbestehenden Tern- 30 
pel des Dionysos, in welchem nur Frauen opfern 
durften (Paus. Ill 20, 3). Von Steph. Byz. s. 
BqvouiI wild sie wohl nur aus Versehen nach 
ELLs verlegt. Vielleicht steckt der Name auch 
in dem Bgvozou des Hesych. Man sucht seit 
Leake die Lage in der quellen- und baumreichen 
Gegend von Slavochori, siidlich von Sparta, wo 
Reste alter Gebaude und Sculpturen gefunden 
warden und ein Dorf im Gebirge noch jetzt Ana- 
vryti heisst, Curtius Pel. II 250f. 319. Bur- 40 
si an Geogr. II 131. [Oberhummer.] 

Bryson (Bqvoo>v). 1) Bryson oder Brysson, 
ein Zeitgenosse und Schuler des Pythagoras 
(Iamblich. v. Pythag. 104), aus dessen unterge- 
schobenem olxovofitxog Ioh. Stobaios (flor. 85, 15) 
ein Stack anfuhrt. Vgl. Zeller III b 3 100. 

[E. Wellmann.] 

2) .Sophist', Sohn des Historikers Herodoros 
aus Herakleia am Pontes (Arist. hist. an. VI 5. 
IX 11; vgl. gen. an. in 6. Plut. Romul. 9, FHG50 

II 27), ohne Zweifel identisch mit dem, von wel- 
chem Arist. rhet. HI 2 einen ,sophistischen' Satz 
mitteilt, und wohl auch mit dem Urheber der 
,eristischen' Quadratur des Kreises anal. post. I 
9; soph. el. 11 (wozu die Comm.). Suid. s. 2mxgd- 
trj? nennt aber B. von Herakleia unter den Schu- 
lern des Sokrates; er habe mit Eukleides die 
,eristische Dialektik' begrundet, die dann Kleino- 
machos (Diog. Laert. II 112) mehr in Schwung 
gebracht habe. Nach andern sei er nicht Schuler 60 
des Sokrates, sondern des Eukleides, anderseits 
Lehrer des Pyrrhon gewesen. Die zweite Tra- 
dition ist glaublicher. Ein Schuler des Eukleides 
konnte ganz wohl Lehrer des Pyrrhon sein, ehe 
dieser sich dem Anaxarchos anschloss. So aber 
giebt Diog. Laert. IX 61 an, desgleichen Suid. 

s. IIvqqoiv. Nur macht dieser irrtumlich den B. 
zum Schuler des Kleinomachos, der nach obigem 



vielmehr sein Nachfolger war. Den Zusatz bei 
Diog. Laert. (rjxovae BQvamvog) zov SziXTtarvog, 
dig 'AAek~avdQog iv AiadoxaTg erklart RSper Pbilol. 
XXX 562 wohl richtig so, dass dem Sinne nach 
fj Srihcmvog dastehen sollte, die Anffihrung aber 
sich, wie in einer Reihe ahnlicher Palle, nur auf 
die abweichende Tradition bezieht. Einen Sohn 
— oder Schuler — des Stilpon konnte Pyrrhon 
nicht zum Lehrer haben, kaum diesen selbst. 
Dagegen liegt kein Grund vor, die Beziehung des 
Pyrrhon zu B. iiberhaupt zu verwerfen, wie Zeller 
Philos. d. Gr. II a* 250, 4. Ill a3 481, 1. v. Wila- 
mowit z Philol. Unters. IV 30, 6 geneigt scheinen. 
Derselbe B. ist es wohl, den Suid. s. &s68mQog (vgl. 
auch s. StutcQarr/g, wo das von Theodoros Gesagte 
mit dem einige Zeilen vorher iiber B. Angegebenen 
zusammengehort) als Lehrer des Theodoros afteog 
bezeichnet , denn dieser hat nach Diog. II 98 auch 
den megarischen Dialektiker Dionysios (ebd. 106) 
gehort (an den Kyniker B., Nr. 3, ist schwer- 
lich zu denken). Den Megariker kennt ebenfalls 
Sext. Emp. adv. dogm. 1 13. Dagegen kann nicht 
dieser (sondern etwa der Kyniker) es sein, der 
nach Diog. prooem. 16 keine Schriften hinterliess. 
Denn die Angaben des Aristoteles fiber den Hera- 
kleoten lassen auf vorhandene Schriften schliessen, 
und die ,Diatriben' des B. von Herakleia sind durch 
Theopomp bei Athen. XI 508 d (vgl. Schweig- 
hauser d.azu) bezeugt, nach dessen Behauptung 
sie, ebenso wie die Schriften des Aristippos und 
Antisthenes, von Platon ausgeschrieben worden 
waren. Athen. XI 509 c teilt weiter ein Frag- 
ment des Komikers Ephippos mit, in dem ein 
platonischer Schuler verspottet wird als einer x&v 
Bgvacoyo&Qaov/iiaxsiokTiyjixEQfidToip (so Meineke), 
d. h. als bettelhafter Sophist gleich B. und Thra- 
symachos (Bergk Fiinf Abhandl. 27, 2 hat er- 
k'annt, dass bei Thrasymachos nicht an den be- 
riihmten Rhetor, der mit xeg/iaxa nicht zufrieden 
war, sondern an einen geringen Dialektiker, ohne 
Zweifel den aus Diog. II 113 bekannten Me- 
gariker aus Korinth, Schuler des Ichthyas und 
Lehrer des Stilpon, zu denken ist ; um so sicherer 
ist auch der B. des Ephippos der Megariker). 
Endlich bezeichnet der 13. Platonbrief (p. 360 c) 
den Mathematiker Helikon, Schuler des Eudoxos, 
zugleich als Horer eines Isokratesschulers und 
eines Genossen des B. Namens Polyxenos. Dieser 
ist jedenfalls identisch mit dem .Sophisten' Poly- 
xenos, Zeitgenossen des Aristippos, den Diog. II 
76, und dem , Dialektiker' amHofe des Dionysios II., 
den Plut. apophth. reg. p. 176c nennt; durch 
beide Anekdoten wird er als ganz so ein bettel- 
hafter Sophist wie B. bei Ephippos gekenn- 
zeichnet (derselbe wild noch Plat. ep. 2, 314c 
und 310c erwahnt, vgl. Baumker Rh. Mus. 
XXXIV 64 ; daselbst iiber B. S. 70). Dieser sonst 
obscure Mann war aber nach Phanias Schrift gegen 
den Dialektiker Diodoros bei Alex. Aphr. in Arist. 
metaph. I 9 (p. 566 a 30 Br.) der Urheber des 
unter dem Namen des xghog av&Qamog bekannten 
Arguments gegen Platons Ideenlehre. Da nun 
eben dieses Argument von Platon selbst im Par- 
menides ohne Hindeutung auf anderweitigen Ur- 
sprung dargelegt wird, so verstehtsich (wie Baum- 
ker erkannt hat) die auffallende Angabe des Theo- 
pompos tiber platonische Entlehnungen aus B., 
vorausgesetzt nur, dass dieser das scharfsinnige 



Argument von seinem Genossen iibernahm und 
vielleicht andere, ebenfalls bei Platon wieder- 
kehrende Einwande hinzuffigte. Das Argument 
beriihrt sich ubrigens mit dem des Stilpon bei 
Diog. II 119, so wie der Satz des B. bei Arist. 
rhet. a. a. O. sein Gegenstlick findet an dem des 
Diodoros Kronos bei Gell. XI 12 u. a. (Zeller 
Ha* 271,2). Hiernach berichtigen sich die An- 
nahmen Zellers Ilai 243, 2. 247, 4. 250, 4. 
341, 1. 983 A. LTIaS 481, 1, der den B. des Ephip- 
pos (nach falscher Lesung) fur einen AngehOrigen 
der Akademie halt, diesen mit dem Sokratiker 
des Suidas und dem ^Mathematiker' des Arist. anal. 
und soph. el. gleichsetzt, dagegen von dem .So- 
phisten' Arist. rhet. und hist. an. und ,selbst- 
verstandlich' von dem Megariker, dem Lehrer des 
Pyrrhon, scheiden will. 

3) Bryson aus Achaia, Lehrer des Kynikers 
Krates (Suid. s. Kgdxrjg. Diog. Laert. VI 85) und 
der Hipparchia (Suid. s. 'bmagxta), demnach wohl 
Kyniker. S. auch unter Nr. 2. [Natorp.] 

Brystakia (Bgvaxaxla, Ethn. Bgvazaxiaz^g), 
Stadt der alten Oenotrer bei Steph. Byz. (nach 
Meineke aus Hekataios Europe). [Hiilsen.] 

Bryte (Bqvzij'?), Tochter des ,Mars' und dar- 
um ,Britomartis' genannt (!), Dienerin der kre- 
tischen Diana in einem an den Britomartismythos 
angeschlossenen etymologisierenden Mythologem 
des Myth. Vat. II 26. Sie wird von Minos ver- 
folgt, stiirzt ins Meer, ihr KOrper wird in Netzen 
(SixTva) aufgefangen ; darum wird der Diana Dic- 
tynna ein Tempel geweiht infolge eines Orakel- 
spruches, der das Schwinden einer Pest davon 
abhangig macht. Die Etymologie setzt die Form 
Bgvzo/itagzig der kretischen Inschrift Rangabd 
Ant. Hell. nr. 691 voraus. [Tiimpel.] 

Brytidal (B^vtcSai) , athenisches Adelsge- 
schlecht, bekannt aus der Rede gegen Neaira und 
den aus dieser Rede geflossenen Angaben der Le- 
xikographen (Harpokr. Suid.). In der Rede (§ 59) 
wird als AngehSriger dieses Geschlechtes Phrastor 
aus dem Demos Aigilia genannt, der eine Tochter 
der Neaira geheiratet und aus dieser Ehe einen 
Sohn in die Phratrie und das Geschlecht einge- 
fiihrt hatte. Aus § 61 lernen wir noch sechs weitere 
Mitglieder des Geschlechtes kennen, die in dem 
Process gegen Neaira eine Rolle spielten, Toepf- 
f e r Att. Geneal. 308f. v. Wilamowitz Aristot. 
und Athen II 271. Auch die Glossen bei Hesych. 

S. Bgvzivag ' yevog izagd 'A&tjyaioig und S. Bdg&ei ' 
yevog scheinen hierher zu gehOren. Vielleicht auch 
die Glosse s. Bov&axeg • at yvz&vtg fiofifivxivoi • 
rj yevog Waysvmv. Dagegen bringt H. Diels 
(Herm. XXVI 247, 1) die offenbar corrupte Glosse 
Bdg&et mit einem yevog Baoldm (Eponymos Baros) 
zusammen, das er aus Pausanias Attic, frg. 163 
(Schwab e p. 157) mit guten Griinden erschliesst. 

[Toepffer.] 

Bryusa (Bqvovoo.), eine Mainade, Nonn. Dion. 
XIV 222. [Hoefer.] 

Bnaicorix s. Baicorix 

Bnana (Bovava), Stadt Gross-Armeniens Cst- 
lich von den Tigrisquellen bei Ptol. V 12, 21. 
Trotz des Anklangs schwerlich das jetzige Wan, 
das Ptolemaios als Ocoama mit anderen Massen 
auffuhrt. [Baumgartner.] 

Buatikon (Buatico), Ort Thrakiens am schwar- 
zen Meer an der Strasse von Apollonia nach By- 

Pauly-Wiasowa III 



zantion, etwa in der Gegend des Vorgebirges 
Thynias (Kuru burun), Tab. Peut. VIII. 

[Oberhummer.] 

Bnba, Stadt in Koilesyrien (Bovpa Ptolem. 
V 15, 13), in der Landschaft Kyrrhestika gelegen; 
sonst unbekannt. [Benzinger.] 

Bubakene (Bubacene regio), unmittelbar vor 
Alexanders indischem Feldzug durch Polysperchon 
unterworfen, Curt. VIII 5, 2 ; offenbar benannt nach 
10 einem baktrischen oder sakischen Hauptling Bu- 
bakes, der in irgend einem nordlich vom Paro- 
panisos gelegenen Thalgebiet s einen Stammsitz 
hatte. [Tomaschek.] 

Bnbalia. 1) Ort in Armenia minor an der 
Strasse von Satala nach Zimara und Melitene 
(Tab. Peut. XI 1 Miller), 27 Millien von Zimara, 
also nicht weit vom Kara-Su zu suchen. [Ruge.] 

2) Bubalia (Aurel. Vict. ep. 29, 1) s. Budalia. 

Bubalus heisst ein beriihmtes Rennpferd von 
20 africanischer Herkunft, das als introwgm (a. d.) 
dem Wagenlenker Pontius Epaphroditus 134 mal 
bei der grttnen Circuspartei zum Siege verholfen hat. 
CILVI10048 = Wilmanns2601. Friedlander 
S.-G. lie 508. 517. [Pollack.] 

Bnbares (Bov^dgrjg), ein Perser, war vermahlt 
mit Gygaia, der Tochter des KOnigs Amyntas I. 
von Makedonien, der Schwester des Alexandros I. 
(s. d.). Herod. V 21. VIII 136. lust. VII 3, 
7ff, 4, 1. [Kaerst.] 

30 Bnbassos (und Bubastos) s. Bybassos. 

Bovfiaoziate&s zzozafiog, Ostlichster Nilarm 
des Deltas, benannt nach der Stadt Bubastis Nr. 2 
(s. d.). . r [Sethe.] 

Bubastis. 1) Bovpaoxtg (BovfSdoxia Nikom. 
Geras. bei Phot. bibl. p. 144 Bekker), agyptische 
Gottin, die die Griechen der Artemis gleichsetzten, 
Herod. II 137. 156 (vgl. CIG 7039. Steph. Byz.). 
Ovid, metam. IX 691, eigentlich Localgottheit 
der unteragyptischen Stadt Bast, nach der sie 
40 agyptisch Baste (urspriinglich Bastet), d. i. ,die von 
Bast' hiess , wovon wiederum die Stadt den hei- 
ligen Namen Per-bastef ,Haus der Bastet', grie- 
chisch Bubastis (Nr. 2) erhielt, der dann endlich 
von den Griechen wieder auf die Gettin iiber- 
tragen wurde (wie bei Buto) ; falsche Etymologie 
von [Sovg im Et. M. In Bubastis, wo die B. ein 
schSnes Heiligtum hatte (Herod. II 137. 138. 
Steph. Byz., vgl. Epiphan. haer. Ill p. 1093. Grat. 
Cyn. I 42), wurde ihr jahrlich mit ausgelassener 
50Freude ein grosses Fest gefeiert, zu dem unge- 
heure Menschenmengen aus alien Teilen des Lan- 
des zusammenstrOmten (Herod. II 59. 60); das 
Decret von Kanopos (ed. Lepsius) Z. 37 unter- 
scheidet ein grosses und ein kleines Fest der B. 
(BovfidotM). Das heilige Tier der B. war die 
Katze (vgl. Anton. Lib. 28 = Ovid, metam. V 
330), deren Leichen nach Herod. II 67 nach Bubastis 
zur Bestattung gebracht wurden. Hier hat sich, 
wie aber auch an anderen Orten (s. Wiedemann 
60 z. Herod, a. a. O.), in der That ein grosser Katzen- 
friedhof gefunden (N a ville Bubastis 52C); auch 
auf den Munzen des bubastitischen Gaus ist das 
Tier abgebildet (Head HN 723). Die Bemer- 
kung bei Steph. Byz., die Agypter nennten die 
Katze povpamog, ist ungenau und geht vielleicht 
darauf zuriick, dass die GiSttin selbst in der Regel 
katzenkCpfig dargestellt wird. Wie fast alle agyp- 
tischen Gottheiten, ist auch die B. nachweislich 

30 



931 



Bubastis 



Bubastos 



932 



sehr fruh mit anderen Gottinnen zusammengeworfen 
worden ; und zwar wird sie, die ihrem Wesen nach 
eine Gottin der Freude war, nicht nur mit solchen 
Gottinnen identiflciert, die einen ahnlichen, freund- 
lichen Charakter hatten, wie Isis (vgl. CIL XIV 21 
add.), Hathor (Aphrodite, so in dem gnostischen 
Buche Pistis Sophia ed. Petermann p. 366), Muth, 
sondern auch mit der kriegerischen Keith (Athene) 
und namentlich mit den lowenkfipfigen Gottinnen 
des Schreckens und der Hitze Pacht, Sechmet und 
Tafnet, nach deren Beispiel sie selbst nicht sel- 
ten mit Lowenkopf dargestellt wird. Auf diesem 
Synkretismus beruht es nun auch grosstenteils, 
wenn die B. (Artemis) an anderen ausserhalb 
ihres Gaues gelegenen Orten verehrt erscheint. 
So war die in dem mittelagyptischen 2ji£og 'Aqts- 
fiidog (s. d.) verehrte Gottin eigentlich die Pacht 
und mit der in Leontopolis (s. d.) im heliopoli- 
tischen Gau verehrten ayQia Bovjiaozig ,die wilde 
B.', deren verfallenes Heiligtum Onias mn 150 
v. Chr. in einen jiidischen Tempel umwandelte 
(Joseph, ant. Iud. XIII 66ff.), ist ohne Zweifel 
die grimmige, lowenkOpfige Gottin Sechmet ,die 
Herrin des Schreckens', die im Blut der gemor- 
deten Feinde watet, gemeint. Nach Herod. II 
155. 156 war B. eine Schwester des Horns (Apol- 
lon), Tochter des Osiris und der Isis, und hatte 
mit ihrem Bruder zusammen ein Heiligtum in 
Buto (s. d. Nr. 2). Diese Angabe erklart sich aus 
der haufigen Identification der B. und des Horus 
mit den Zwillingen Tafnet und Schu {2<og), die 
gewohnlich als Kinder des Sonnengottes Re' oder 
Atum gelten, nach einem abweichenden Mythus 
aber von der Isis in Chembis (s. d.) bei Buto 
geboren sein sollten (Papyr, Ebers 95, 8). Diese 
Eigenschaft der B. (Tafnet) als Schwester des 
Horus-Apollon (Schu) hat vielleicht iiberhaupt 
ihre Gleichsetzung mit der Artemis veranlasst, 
mit der sie sonst kaum Ahnlichkeit gehabt haben 
wird (vgl. Iuven. XV 8, nach dem in Agypten 
der Kult der Diana fehlte). Da die Tafnet ge- 
wohnlich Tochter des Re' heisst, wird auch die 
Baste oft so genannt; als ihr Sohn gilt der Gott 
Nefertem, griechisch Evzrjitug. Seit der zweiund- 
z wanzigsten Dynastie aus Bubastis kommt der Name 
der Gottin sehr haufig in Personennamen wie z. B. 
JleTov^daTrjg u. a. vor. Mit der Isis, mit der 
sie ja auch identiflciert wurde, hat schliesslich 
auch die B. in den griechisch-rOmischen Kult 
Aufnahme gefunden; CIG 7039. CIL III 4234. VI 
2249. 3880. XIV 21 add. 2215; vgl. Drexler 
Mythol. Beitr. 1 131ff. und Roschers Mythol. Lex. 
I 831 ; als Geburtsgottin (an Stelle der Eileithyia) 
tritt sie Anthol. Palat. XI 18 auf. Lanzone 
Dizion. di mitologia egiziana I 223—231. HI 82. 
83. Naville Bubastis, London 1891. 

2) Bovfiaoug (Herod. II 59. 67. 137. 166. Steph. 
Byz. Mela I 80), gewohnlich BovfSaoxog (Bin- 
nastas Geogr. Rav. Ill 2.?), agyptische Stadt 
im Delta, am rechten Ufer des Ostlichsten, nach 
ihr benannten Nilarms (Bovfiaoiiaxog noxafiog 
Ptol. IV 5, 39—44. BovfaoTixo; n. ebd. 52. 53. 
Bov^aaxixrjg n. Maneth. bei Jos. c. Ap. I 14), 
der bei Pelusion mtindete (Ptol. IV 5, 39), etwas 
unterhalb von der Stelle, wo der Canal nach dem 
roten Meer abzweigte, gelegen (Herod. II 158, 
vgl. Strab. XVII 805); Hauptstadt des vopog 
BovpamhT)? (Herod. II 166. Strab. XVII 805. 



Plin. n. h. V 49. Ptol. IV 5, 53. Steph. Byz.; 
Miinzen Head HN 723; Bovfiaetiog Theopomp. 
bei Steph. Byz.), vgl. Polyb. XV 27, 6. Der Name 
B. (altagyptisch Per-bdstet, koptisch Ilovfiaoii, 
hebraeisch Pi-beseth) bedeutet ,Haus der Bastet' 
(Bubastis), der OrtsgOttin, in deren Tempel jahrlich 
ein grosses Pest gefeiert wurde (s.Nr. 1); dereigent- 
liche Name der Stadt, von dem der der Gottin 
selbst erst abgeleitet ist, war Bast. Nach Herod, n 

10 138 befand sich in B. auch ein Tempel des Her- 
mes, dessen Kult aber die hier bisher gefundenen 
Inschriften nicht erwahnen; diese nennen viel- 
mehr ausser anderen mit der Bubastis in Be- 
ziehung stehenden Gottheiten namentlich ihren 
Sohn Nefertem. Als heiliges Tier der Bubastis 
wurde in B. die Katze verehrt und begraben 
(s. Nr. 1). Nach Ael. n. an. XII 29 waren da- 
selbst in einem Teich (wohl dem .Tempelsee') 
auch zahme Welse (oIAovqoi) gehalten worden, 

20 doch beruht dies augenscheinlich auf einem Miss- 
verstandnis, indem Aelians Quelle von Katzen 
redete, die in B. in grosser Zahl gehalten wur- 
den und die so zahm waren, dass man sie um 
die Wette nach Brotstiicken springen liess. Durch 
eine leichte Verlesung (vgl. die Hss. von Anton. 
Lib. 28) wurden aus den Katzen (aUovQQi) "Welse 
(oilovQoi) und die Geschichte wurde nun, obwohl 
sie auf diese Tiere gar nicht passte, mit dem 
Tempelsee, der in der vorhergehenden Beschreibung 

30 der Stadt B. erwahnt worden war, in Zusammen- 
hang gebracht. Die Cberlieferung bei Diod. 
XXVII 4, nach deT die Stadt der Isis erbaut sein 
sollte, erklart sich, wenn sie iiberhaupt glaub- 
wtirdig ist, vielleicht aus der Identification der 
Bubastis (Nr. 1) mit dieser Gottin. Schon unter 
der zweiten Dynastie soil B. nach Manethos (bei 
Synkell. p. 54 D. 55 D = FHG II 542f.) Schau- 
platz eines Natuvereignisses gewesen sein. Es 
haben sich auch in den Ruinen des Tempels Bau- 

40reste aus der altesten, uns bekannten Zeit, der 
der Pyramidenerbauer, gefunden. Grdssere histo- 
rische" Bedeutung crlangte die Stadt durch die 
zweiundzwanzigste aus Libyen stammende Dyna- 
stie (etwa 950 — 750 v. Chr.), die von Manethos 
(bei Synkell. p. 73 D. 74 D = FHG II 590) als 
bubastitische bezeichnet ist, was indirect durch 
ihre Fiirsorge fur den Tempel von B. und durch 
die Namen mehrerer ihrer Mitglieder (,Sohn der 
Baste', ,der Kater') bestatigt wird. Unterhalb 

50 von B., bis zur pelusischen Miindung hin, siedelte 
Psammetich I. die karischen und ionischen Sold- 
ner an (s. SroaTonida), Herod. II 154. Bei 
der Eroberung Agyptens durch Ochos (um 350 
v. Chr.) spielte die Stadt insofern eine Rolle, als 
sie sich zuerst den Persern ergab, welchem Bei- 
spiel dann die iibrigen Stadte folgten, Diod. XVI 
49, 7ff. In christlicher Zeit Bischofssitz von Au- 
gustamnica II, Lequien Oriens christianus n 
554ff.; vgl. Hierokl. Uber die Ruinen von Tell 

60Bastah bei Zagazig s. Naville Bubastis, 1891. 

_ [Sethe.] 
Bovfiaarirt)s voftog , unteragyptischer Gau, 
benannt nach seiner Hauptstadt Bubastis Nr. 2 
(s. d.). [Sethe.] 

Bubastos. 1) Die bei den meisten griechischen 
Schriftstellern (Polybios, Manethos, Strabon, Dio- 
dor, Ptolemaios, Aelian, Epiphanios, Steph. Byz.) 
gebrauchliche Form des Namens der Stadt Bu- 



933 



Bubegenas 



Bucellarii 



934 



bastis Nr. 2, zum Unterschied von der gleich- 
namigen Gottin Bubastis Nr. 1. 

2) Ort (xa>fitj) im agyptischen Nomos Arsi- 
noites (jetzt el Faijum), Mahaffy Flinders-Petrie 
papyri I nr. XII. II nr. XXVHI. XXXH. XLIV. 
XL VIII. Ag. Urkunden d. Berl. Mus. I passim. 

[Sethe.] 

Bubegenas, nach lord. Get. 23 eine von Er- 
in anerich unter worfene nordische Volkersehaft ; 
ahnlichen Ausgang zeigen die Mologenoi (s. d.) 
des Ptolemaios, sowie zahlreiche finnische Fluss- 
namen wie Pinega, Weduga, Mologa; anderseits 
hat v. Grienberger Ztschr, f. d, deutsche Alter- 
tum XXXIX 165ff. gothisch ubegena-seiddas als 
,kriegszugspflichtige' gedeutet. [Tomaschek.] 

Bubetani (Bovpevtaroi) , Einwohner einer 
Stadt in Latium, bei Plin. n. h. Ill 69 und 
Dionys. V 61 als Mitglieder des Bundes auf dem 
Mons Albanus genannt; der Ort ist fruh unter- 
gegangen, die Lage nicht naher zu bestimmen. 

[Hill sen.] 

Bubetii ludi, nach Plin. n. h. XVLU 12 Spiele, 
die bourn causa gefeiert wurden, jedenfalls Mb 
verschollen und gewiss niemals ein Staatsfest. 

[Wissowa.] 

Bubon {Bov§oiv). 1) Stadt in der kleinasia- 
tischen Landschaft Kabalia (Plin. n. h. V 101. 
Ptol. V 38), friiher Mitglied der kibyratischen 
Tetrapolis, von Murena im mithridatischen Krieg 
mit Lykien vereinigt, Strab. XIII 631, vgl. Steph. 
Byz. Auf dem Cone. Chalced. 451 war der Bischof 
Romanus Buboneorum I/yciae (Man si VII 406). 
Hierokl. 685, 3. Notit. Boftov rjroi Svqwlvovjio- 
lecog 3. 256 u. a. In der Gegend fand man die 
sog. creta eimolia, Plin. n. h. XXXV 196. In- 
schriften CIG 4380 k<» = Le Ba s nr. 1219. H e- 
berdcy und Kalinka Dcnkschr. Akad. Wien. 
Bd. XLIV 1896 Phil.-hist. CI. 39tf. Miinzen Head 
HN 577. Jetzt unbedeutende Ruinen bei Ebe- 
dschik im oberen Indosthal. Spratt and Forbes 
Travels in Lycia I 264. II 289. Ritter Erdk. XIX 
867ff. Kiepert Specialk. d. westl. Kleinas. XII; 
Forma orb. ant. IX. [Ruge.] 

2) Eponymer Griinder der lykischen Stadt, 
Genosse des Balburos, mit dem zusammen er das 
bei den Lykern beliebte Rauberhandwerk ausiibt, 
Steph. Byz. _ [Tumpel.] 

Bnbona, als gOttliche Beschiitzerin der Rinder 
(a buhus) genannt bei Augustin. de civ. dei IV 
24. 34 ; ein Zusammenhang der Bubetii ludi (s. d.) 
mit B. ist schon durch die Wortbildung ausge- 
schlossen. [Wissowa.] 

Bubrostis {Bovfiooioxig), Personification des 
Heisshungers, welcher die Smyrnaier einen schwar- 
zen Stier (avrodegov o/.oxavrovatv) opferten (Iw- 
vixa des Metrodoros bei Plutarch, quaest. sympos. 
VI 8, 1. Eustath. zu Horn. II. 1363, 62). Preller- 
Robert Gr. Myth. I-i 776; Usener Der heilige 
Theodosios 144 ; Gotternamen 367. W. Schulze 
Kuhns Zeitschrift XXXIII (1895) 243. [Kern.] 

Bubulcus. 1) S. Iunius. 

2) Bubulcus, Comes, steht 428 an der Spitze 
einer Gesandtschaft der Provinz Africa an den 
Kaiser, Cod. Theod. XI 1, 34. XH 1, 186. 

[Seeck.] 

Buca. 1) Buca (Bovxa), Hafenstadt der Fren- 
taner in Samnium, und zwar nach Strab. V 242 
und VI 285 der siidostlichste Ort derselben, mit 



seinem Gebiete an das von Teanum Apulum gren- 
zend, 200 Stadien von der grossen apulischen 
Lagune (Lago di Lesina), 400 vom Monte Gar- 
gano entfernt, also beim jetzigen Termoli (mittel- 
alterlich Thermulae, von den dort noch bestehen- 
den warmen Quellen), wenig nordlich von der 
Miindung des Tifernus (Bifemo). Damit stimmt 
die Lagenangabe bei Ptolem. HI 1 , 18 : irre- 
fuhrend ist es, wenn Mela II 65 B. zwischen 

10 der Miindung des Aternus und Histonium, Plin. 
Ill 106 es zwischen Histonium und Ortona auf- 
zahlt. Die angebheh in Histonium gefundene 
Inschrift Orelli 143, welche von den Bucani 
gesetzt sein soil, ist eine Falschung: CIL IX 282*; 
ebenso CIG 5878 == Kaibel IGI 85*, wo Bvxia. 
Lateinische Inschriften aus Termoli und Umgegend 
CIL IX 2826—2834. 6312. [Hiilsen.] 

2)' S. Aemilius Nr. 36. 37. 
Bucar ex praefectis regis (namlich Syphads), 

20 von diesem im J. 204 mit Heeresmacht ausge- 
sandt, um Masinissa tot oder lebendig in seine 
Gewalt zu bringen. B. schlug Masinissa voll- 
standig, doch gltickte es diesem durch die Flucht 
zu entkommen, Liv. XXIX 32. [Klebs.] 

Buccellarii s. Bucellarii. 
Buccia (so die beste Hs. , die schlechteren 
Baceia), unbekannte Stadt der Lusitaner, im viria- 
tischen Kriege erwahnt bei Oros. V 4, 12. Die 
Lage ist unbekannt. [Hubner.] 

30 Buccinium (Geogr. Rav. 208, 8. Guido 541, 
22) s. Vicinium. 

Bucco s. Atellanae fabulae oben Bd. H 
S. 1918f. 

Buceonienses odbr Bocccmienses , Bewohner 
einer Stadt in Numidien, deren Bischof im J. 411 
(Coll. Carth. I 198. Mansi Cone, collect. IV 146. 
Migne XI 1395) und im J. 484 (Notit. Numid. 
nr. 13. Halm Victor Vitensis p. 64) genannt 
wird. [Dessau.] 

40 Buccouis, Mutatio an der Strasse Burdigala- 
Tolosa, 14 Leugen von letzterem Ort (Itin. Hier. 
550). Nach Walckenaer das heutige Empeaux, 
nach andern anders. Holder Altcelt. Sprach- 
schatz s. v. (,im Mittelalter ein Wald Bouconne 
bei rlsle-en-Jourdain , dep. Gers') verweist auf 
den Gottesnamen Boccus (s. d.). [Dim.] 

BuceUarii, griechisch umschrieben durch 8o- 
QVffoqoi xai vsiaojiioral (Prokop. 73 C. 75 C. 254 
B. C und sonst), oi xdi dsin snopevoi (Prokop. 

50 487 B verglichen mit 493 A. 529 A. D. 641 C und 
sonst), oxaSol (Agath. I 15. 19. II 8. IV 21), 
fiw&o<p6Qot oUeioi (Malch. frg. 18, FHG IV 127) 
oder nudeg (Agath. Ill 16. Malal. Herm. VI 369). 
Da das letzte Wort dem deutschen ,Degen' dem 
Sinne nach vollstandig entspricht und auch die 
ubrigen griechischen Bezeichnungen der B. in ganz 
derselben Weise auf die germanischen Gefolgs- 
leute angewandt werden {dogv<fOQoi Prokop. 197 C. 
204 B. 344 A. 375 D. 469 C. 483 D; vxaoxiozai 

60 Prokop. 664 D ; Lt:6/.ievoi Prokop. 549 D ; 6xa6oi 
Agath. n 14), so ist anzunehmen, dass die deutsche 
und die rOmische Institution identisch waren, was 
durch ihre Ubereinstimmung bis in die kleinsten 
Einzelheiten hinein bestatigt wird. 

Die altgermanischen Degen kennen wir vor- 
zugsweise aus Tac. Germ. 13. 14 und dem Beo- 
wulf (A. Kehler Germania XIII 148). Lateinisch 
werden sie bald comites (Tac. a. O. Amm. XVI 



935 



Bucellarii 



Bucellarii 



936 



12, 60), bald clientes genannt (Tac. ann. I 57. der bei den Franken den Titel maior domus fiihrt, 

II 45. XII 30), -was ihre Doppelstellung teils als da das Gefolge eben als Teil des Hausgesindes 

Kampfgenossen ihres Herrn, teils als abhangige {domus) betrachtet wird. Den Konigen waren 

Bedienstete gut bezeichnet. Es sind Manner und diese kriegerischen Scharen iibermachtiger Privat- 

Jiinglinge aller Stande, teils sogar von hohem leute natiirlich immer ein Dorn im Auge, und bei 

Adel, die sich Konigen oder auch angesebenen einzelnen germanischen Stammen gelang es ihnen 

Privatleuten, namentlich berlihmten Kriegern, eid- wirklich , den Besitz eines Gefolges zum kdnig- 

Iich zur Treue verpflichtet haben. Ihre Zabl kann lichen Eeservatrecbte zu machen. Bei den Van- 

sehr veTschieden sein; bei dem AlamanenkCnig dalen war es ein Zeiehen des Aufruhrs, wenn ein 
Chnodoroar werden 200 genannt (Amm. a, 0.); da- 10 Privatmann sich Leibwachter zulegte (Prokop. 

gegen begleiten Amalafrida, die Schwester des 204 B); dagegen kommen sie bei den Ostgothen 

Ostgothenkfinigs Theoderich, als sie dem Vandalen- auch bei niederen Kriegsfiihrern vor (Prokop. 344 A. 

ktmige Trasamund vermahlt wird, 1000 8oQv<p6- Agath. II 14), und bei den Westgothen scbeinen 

qoi mit 5000 bewaffneten Knechten (Prokop. 197C). sie noch weiter verbreitet gewesen zu sein (Cod. 

Die Degen dienen ihrem Herrn im Kampfe als Euric. 310). Brunner Deutsche Reehtsgeschichte 

Leibwache (Tac. Germ. 14. Prokop. 664 D. Agatb. I 137; Porschungen zur Gesch. d. deutscben u. 

II 14) und betrachten es als die hochste Schmach, franzosischen Rechtes 76. R. Schroder Lehrbuch 

wenn es ihnen nicht gelingt, sein Leben zu d. deutschen Reehtsgeschichte 2 31. A. Kohler 

schiitzen. Als Segest zu den Romern, Inguiomar Germania XIII 148. SeeckGescbichte desUnter- 
zu Marbod iibergeht, zogern sie nicht, ihrem Fiibrer 20 gangs der antiken Welt I 202. 218. 

zu folgen (Tac. ann. I 57. II 45) ; mit KSnig Dies germaniscbe Institut fand im rOmischen 

Vannius genen sie in die Verbannung (Tac. ann. Beiche schon unter Caracalla Nachahmung, indem 

XII 30), und mit Chnodomar tibergeben sie sich der Kaiser fur sich das Corps der protectores 

in die rOmische Gefangenschaft. Natiirlich be- schuf ; dooh veranderte dasselbe bald seinen Cha- 

denken sie sich auch nicht, Mordbefehle des Herrn rakter und verlor fast jede Ahnlichkeit mit dem 

auszufiihren (Prokop, 375D), Anfangs sind sie deutschen Urbilde (s. Domestic!). Im 3. Jhdt. 

auch beim Mahle die Bankgenossen ihres Fiihrers; wird auch einmal ein protector praefecti prae- 

bei den ostgothischen KOnigen dagegen wohnen torio erwahnt (CIL VI 3238). Danach legten 

sie zwar auch noch den Mahlzeiten bei, aber auch einzelne Unterthanen sich Leibwachter zu; 
stehend und ohne an ihnen teil zu nehmen (Pro- 30 doch scheint dies gefahrliche Unterfangen bald 

kop. 470 A). Von ihrem Herrn erhalten sie die sein Ende gefunden zu haben. Aber unter der 

Nahrung und gelegentliche Geschenke, deren Wert schwachen Regierung des Arcadius und Honorius 

sich nach seinem Reichtum und seiner Freigiebig- erscheinen diese privaten Gefolge von neuem 

keit richtet. Ausserdem sind viele, wenn auch (Olymp. frg. 7). Der erste, bei dem sie sich nach- 

nicht alle, aus seinen Mitteln bewaffnet und mit weisen lassen, ist der Praefectus praetorio Orien- 

Pferden versehen (Tac. Germ. 14. Cod. Euric. 310 tis Bufinus im J. 395 (Claud, in Ruf. II 75), der 

bei K. Zeumer Leges Visigothorum antiquiores auch im iibrigen eine so lebhafte Vorliebe fiir die 

13). Denn beritten sind sie alle, schon weil ihr Germanen hegte , dass er zeitweilig selbst ihre 

Herr selber zu Rosse in den Kampf zieht und sie Tracht anlcgte (Claud, in Ruf. II 79). Spater 
in seinem steten Geleite an Schnelligkeit der Be- 40 breitet sich das Gefolgswesen immer weiter aus, 

wegung nicht hinter ihm . zuriickstehen diirfen und unter Iustinian findet sich bei alien Officieren 

(Tac. Germ. 14; ann. II 11. Amm. XVI 12, (Prokop. 206 D. 272 B. 280 D. 288 A. 296 A. 300C. 

35. Mullenhoff Ztschr. f. deutsch. Altert. 302 D. 383 D. 407 A. D. 418D. 477C. 493 D. 

X 553. Brunner Forschungen zur Geschichte 505 B. 644 C. Agath. I 15 und sonst) und bei sehr 

des deutschen und franzosischen Rechts 41. 43). vielen Civilbeamten (Prokop. 75 C ; hist. arc. I 4 

Das Verhaltnis ist Ton beiden Seiten jederzeit p. 13 A) eine grossere oder kleinere Zahl von sol- 

lOslich, ja manche vornehme Jiinglinge gehen es chen Trabanten. Belisar besass 7000 (Prokop. 

nur ein, um im Dienst eines beriihmten Recken 467 C), und auch bei andern kommen 1000 und 

ihre erste Lehrzeit durchzumachen und spater mehr vor (Prokop. 75 C. 529 A); doch waren dies 
selbst ein Gefolge um sich zu sammeln (Tac. Germ. 50 Ausnahmen. Bei geringeren Beamten werden es 

13). In der Regel aber dauert es lebenslanglich, oft wohl nur ein paar Leute gewesen sein , die 

ja in spaterer Zeit wird es sogar erblich. Bei den zum Schutze ihres Herrn gerade genugten. Es 

Westgothen muss der Degen , wenn er aus dem kam im 5. Jhdt. sogar vor , dass Privatleute in 

Dienste seines Patrons oder der Kinder desselben ihren stadtischen Hausern oder auf ihren Giitern 

austreten will, nicht nur die Geschenke, sondern bewaffnete Banden unterhielten ; denn Kaiser Leo 

auch die Halfte desjenigen, was er sich als Ge- musste es verbieten (Cod. lust. IX 12, 10). 

folgsmann selbst erworben hat , dem Herrn oder Diese Privatsoldner scbeinen ursprunglich co- 

dessen Erben ausliefern. Stirbt er, so bleiben mites geheissen zu haben (Malalas im Herrn. VI 

seine Kinder in dem alten Dienst, und der Herr 369. Not. dign. Or. V 29—31. VI 28. 31. VII 25. 
hat uber die Hand seiner Tochter zu verffigen 60 VHI 25. 26; Occ. VI 43. 50. 75. VII 159. 163), . 

(Cod. Euric. 310). Innerhalb der gr&sseren Ge- doch kam schon sehr Mb. fiir sie der Spitzname 

folge gab es Rangklassen, die der Fuhrer nach B. auf, der bald auch in den officiellen Sprach- 

freiem Willen bestimmte (Tac. Germ. 14); regel- gebrauch eindrang (Not. dign. Occ. VII 25. Cod. 

massig scbeinen es zwei gewesen zu sein. So lust, K 12, 10). Das Wort ist abgeleitet von 

nennt Ammian neben den 200 Comites des Chno- bucella, der Bissen. spater ein kleines Weizenbrot, 

domar drei amid iunctissimi, und das Beowulfs- das feiner war als die gewohnlichen (Cod. Theod. 

lied seheidet die ,Tugend' und die ,Jugend'. An XIV 17, 5 mit der Anm. Gothofreds). Die 

der Spitze der ganzen Masse steht ein Obmann, Krieger fuhren also davon ihren Namen, dass sie 



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Bucellarii 



Bucellarii 



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nicht das Commissbrot der kaiserlichen Annona, der Herr mit seinem Gefolgsmann unzufrieden, 

sondern die FeinbrOtchen vornehmer Herren essen so verbannt er ihn von seinem Angesicht (Prokop. 

(Schol. Basilic. 60, 18, 29: ol tov &qtov xirog 440 A). Und dieser wiederum kann in andere 

io&iovrsg in" avx<p xovxcj> zip jiaga/iivsiv avxrf). Dienste gehen (Prokop. 281 B. 558 D) oder auch 

Sie werden dadurch als Tischgenossen ihrer Ge- sich selbstandig machen (Prokop. 630 A). Nament- 

bieter charakterisiert , was sie in den kleineren lich geschieht dies, wenn er zum Officier befOr- 

Gefolgen wohl auch thatsachlich waren (vgl. Pro- dert wird, was bei den Gefolgsleuten der obersten 

kop. 207 B). Bei den Mahlzeiten grosser Herren Feldherrn nicht seiten vorkam (Prokop. 133 B, 

dagegen pflegten sie nur hinter dem Speisesofa vgl. 442 B. 282 D, vgl. 295 C. 257 A. 552 A. 555 D). 
derselben zu stehen (Prokop. 303 A; vgl. 281 C. 10 Manche von ihnen, wie Belisar und Sittas, sind 

304 A), und es war eine besondere Gnade, wenn zu den hochsten militarischen Wttrden emporge- 

ihnen die Speisereste tibergeben wurden, um stiegen (Prokop. 34 D, vgl. 459 D). 
sie draussen zu verzehren (Prokop. 304 A). Doch Aber wenn solche LOsungen des Abhangig- 

werden sie immer zum Hause (olxla) ihres Ge- keitsverhaltnisses auch oft genug vorkamen, so 

bieters gerechnet (Prokop. 467 C. 205 A. 243 B. miissen sie doch als Ausnahmen gelten. In der 

256 D. 271 D. 305 A. 356 A. 392B. Agath, 1 19) und Regel war es so fest, dass es geradezu nach Ana- 

oft mit dessen Sclaven und personlichen Dienern logie des Eigentums behandelt werden konnte. 

zusammen genannt (Agath. I 19. II 8. IV 21. Dies geht so weit, dass wenn das VermOgen eines 

Menand. frg. 9). Ihr Obmann scheint daher, wie hohen Officiers eonflsciert wird, der Kaiser sich 
bei den Franken, den Titel maior domus zufiihren; 20 auch seine B. aneignet (Prosp. chron. 1375) oder 

wenigstens weisen darauf die griechischen Um- sie seinen Gunstlingen verschenkt (Prokop. hist, 

schreibungen bin : 6 zfj tov SeTrog olxiq icpeaxcog arc. 4 p. 13 A). Auf diese Weise sind wohl auch 

(Prokop. 455 C. 551 D), 6 zmv olxoxQipcov djiaSav jene comites der Not. dign. aus Privatgefolgen zu 

xgmzooxdxtis (Agath. I 19) , 6 xa>v 67ta8S>v im- kaiserlichen Truppencorps geworden, und da es 

orarrfs (Agath. II 8)' d jiQcoroardr^g tov &tjrixov durchgangig Elitescharen waren , nehmen sie in 

um olxsuxov (Menand. frg. 9). den Verzeiclmissen der Reiterei meist die ersten 

Fiir die Verpflegung der B. zu sorgen, ist Stellen ein (S. 936). 
Sache des Herrn (Agath. IV 22) ; ein grosses Ge- Die B. zerfallen in zwei Rangklassen, von denen 

folge setzt daher immer ein bedeutendes Privat- die ho'here von Prokop SoQvyoQoi, lateinisch wohl 
vermOgen voraus. Belisar besass einen eigenen 30 armigeri, die niederigere vitaomazai genannt wird. 

imfisXetr/g rijg aegl rtjv oixlav SaTtavr/g, der gleich Ihr Zahlenverhaltnis scheint ahnlich gewesen zu 

den Unterofficieren, welche die Verpflegung der sein, wie bei den amid und comites des Chnodo- 

kaiserlichen Truppen besorgten , den Titel Optio mar (S. 935) ; denn oft werden Corps von einigen 

fuhrte (Prokop. 217 B). Bei den kleineren Leib- hundert Hypaspisten unter Fuhrung von einem 

wachen werden aber solche Beamte wohl uber- bis drei Doryphoren ausgesandt (Prokop. 133 B. 

Mssig gewesen sein. Auch die Pferde stellte der 216 C. 222 A. 229 B. 351 C. 377 B. 378 A. 390 C. 

Herr seinen Mannen (Prokop. 207 C) , denn sie 405 D. 416 B. 490 A). In den Gefolgen der niedri- 

waren alle beritten (Prokop. 467 C. 559 A); ob geren Officiere fehlten vielleicht die Hypaspisten 

auch die Waffen, ist nicht uberliefert. ganz. Sie werden nur bei zwei militarischen Be- 

Die B. setzen sich aus alien mOglichen Na- 40 amten, die nicht Magistri militum sind, erwahnt 

tionen zusammen, doch scheint die Hauptmasse (407 A. D. 505 B); aber beide bezeichnet Prokop 

aus Hunnen und namentlich aus Gothen bestanden (319 C) als unter ihren Genossen hervorragend ; 

zu haben (Benjamin 32—34). Ihre Anwerbung sie mOgen also ein aussergewohnlich grosses Ge- 

nennt Prokop (75 C) haiQl&od-m ,sicb zum Ge- folge besessen haben. 

nossen machen', wie auch der einzelne Mann mit- Einzelne Ton den B., namentlich von den Do- 
unter der hatQo; seines Herrn genannt wird (Pro- ryphoren, befinden sich nicht nur bei der Mahl- 
kop. 378 A). Manchmal geschieht sie in der Weise, zeit (S. 937), sondern auch sonst regelmassig in 
dass ein Soldat aus den Truppen des Kaisers, der der tfmgebung ihres Herrn (Prokop. 644 C). Im 
sich hervorgethan hat , von dem Fuhrer in sein Kriege lagern sie bei ihm (Prokop. 443 A), in der 
Gefolge aufgenommen wird ; dies gilt also fiir 50 Schlaeht steht er in ihrer Mitte (Agath. II 8. 
eine Auszeichnung (Prokop. 649 D ; vgl. 559 A). Coripp. Joh. VT 533. Prokop. 240 C und sonst), 
Mitunter traten auch die B. geringerer Officiere und einer von ihnen ist der Trager des Feldherrn- 
in den Dienst der hoheren uber (Prokop. 281 B. banners (Prokop. 238 A. 240 C. 241 B. 256 D). Sie 
558D). So sind die obersten Feldherren im stande, dienen ihrem Fuhrer als Leibwache und setzen 
sich als Leibwache ein ganz hervorragendes Elite- fiir ihn mit grosser Kiihnheit ihr Leben ein (Pro- 
corps zu bilden, das in sich die tuchtigsten Ele- kop. 279 D. 289 C. 356 A. 453 B. 595 B. Agath. I 
niente des ganzen Heeres vereinigt. Die B., welche 15. II 14. Coripp. Joh. IV 923. Marc, chron. 520). 
Belisar fiber den Tigris schickt (Prokop. 133 B), Ja selbst die Blutrache fiir ihn, wenn er gef alien 
werden ol xG>v aTgancor&r fiayiuiozaxoi genannt ist, betrachten sie als ihre Pflicht. So toteten 
(134D), und ahnliche Ausseruiigen begegnen oft 60 B. des Aetius den Kaiser Valentinian III., der 
(467 C. 652A. 217B. 405 D. 418 D). Die Bucher ihren Herrn erschlagen hatte (Mommsen Chro- 
des Prokop sind voll von Heldenthaten, die ein- nica minora I 303. 483. II 86. Greg. Tur. h. 
zelne B. ausgefuhrt hatten. Franc. II 8), und der Gothe Ostryg kampfte nach 

Die B. verpflichten sich ihrem Herrn durch dem Tode Aspars mit grOsstem Mut, um den Feld- 

einen Eid, in den aber auch Treue gegen den herrn zu rachen (Theoph. 5964. Malal. a. O.). 

Kaiser eingeschlossen wird (Prokop. 281 A. 459 D. Als Vertrauensmanner ihrer Fuhrer wurden die 

Coripp. Joh. IV 226). Doch kann das Verhaltnis Doryphoren oft mit schwierigen und verantwor- 

darum doch von beiden Seiten gelOst werden. Ist tungsreichen Sendungen beauftragt (Prokop. 43B.), 



939 



Buces 



Buch 



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namentlich leiteten sie an der Spitze selbstandiger 
Abteilungen oft gesonderte Operationen (Prokop. 
26 C. 34 C. 52 C. 133 B. 138 B. 21 6 C. 222 A. 229 B. 
282 D. 326 B. 351 C. 377 B. 378 A. 390 C. 391 A. 
396 A. B. 405 D. 416 B. 490 A. 499 D. 531 A. 534C. 
550 C. 553 D), Dasa sie daneben auch zur Voll- 
ziehung von Mordbefehlen beniitzt werden, ist in 
jenen Zeiten selbstverstandlich (Prokop. 408 B. 
Agath. I 12). Mommsen Herm. XXIV 233. C. 
Benjamin De Iustiniani imperatoris aetate quae- 
stiones militares, Berlin 1892. Seeck Ztschr. d. 
Savigny-Stiftung, Germ. Abt. XVII 97. [Seeck.] 

Buces [Buges] s. Bykes. 

Buch. Neuere Litteratur (bei Citaten 
wird im folgenden nur der Name mit Seitenzahl, 
notigenfalls noch ein kurzes Stichwort gesetzt): 
W. Ad. Becker Charikles lis von H. Goell 
(1877) 153ff.; Gallus 113 von W. Rein (1863) 
369ff. J. Bendixen De primis qui Athenis ex- 
titerunt bibliopolis, Husum 1845. Th. Birt 
Das antike Buchwesen, Berlin 1882. Pr. B 1 a s s 
Buchwesen u. Handschriftenkunde , Handb. d. 
kl. Altertumswiss. I (1886) 307ff. K. Dziatzko 
Zwei Beitrage z. Kenntnis d. antiken Buchwesens 
(1892); Art. Bibliotheken oben S. 405ff.; Tzetzes 
u. d. Plautusschol. tib. d. alex. Bibl., Eh. Mus. 
XLYI 349ff. ; Antor- und Verlagsrecht im Altert., 
Rh. Mus. XLIX 559ff. Em. Egger Histoire du 
livre, Paris 1880. V. Gardthausen Griech. 
Palaeographie, Leipzig 1879. H. Ge'raud Essai 
sur les livres dans l'antiquite' part, chez les Eom., 
Paris 1840. H. Go ell Ub. d. Buchhandel bei d. 
Griech. u. R6m., Schleiz 1865; Kulturbilder aus 
Hellas u. Eom IIP (1869) 98ff. Rud. GTaefen- 
hain De more libros dedicandi sp. scriptores graec. 
et rom. obvio, Diss. Marburg 1892. C. Haeber- 
lin Beitrage z. Kenntn. d. ant. Biblioth.- u. Buch- 
wesens, Centr. f. Bibl. VI 481ff. VII Iff. 201fF. 
271ff.; Griech. Papyri, ebd. XIV Iff. L. Haenny 
Schriftsteller und Buchhandler im alt. Rom.2, 1885. 
W. v. Hartel Die griech. Papyrus Erzh. Rainer, 
1886. Andr. de Jorio Officina de' papiri, Napoli 
1825. H. Landwehr Studien lib. d. ant. Buch- 
wesen, Arch. f. Lat. Lexik. VI 219fF. 419ff. J. 
C. F. Manso Verm. Abhandl. und Aufsatze (1821) 
274ff. J. Marquardt Privatleb. d. R6mer 12 
von A. Man (1886) 807ff. G. H. Putnam Au- 
thors and their public in anc. times, Newyork 
1894. G. Ritter D. liter. Leben i. alt. Rom, 
Prag 1878. Erw. Rohde Gett. Gel. Anz. 1882, 
1537ff. W. Ad. Schmidt Gesch. d. Denk- und 
Glaubensfreiheit im 1. Jhdt. (1847) 116ff. Fr. 
Schmitz De bibliopolis Rom., Saarbriicken 1857. 
W. Schmitz Schriftst. und Buchhandler in Athen 
und im iibr. Griech., 1876. Vict. Schultze Rolle 
und Codes. Ein archaeol. Beitrag z. Gesch. d. 
N. Test., Greifswalder Studien Herm. Cremer dar- 
gebr. (1895) 147ff. W. Wattenbach D. Schrift- 
wesen im Mittelalter s, 1896. 

I. Begriff und Name. B. ist die ausser- 
lich und inhaltlich zusammenhangende , in sich 
abgeschlossene Niederschrift von Gedanken auf 
einem leicht bewegbaren Stoffe. Die von Birt 1 
gegebene Definition (,Die Einheit eines zusammen- 
hangenden Schriftcomplexes nennen wir B. Diese 
Einheit ist nicht notwendig eine sachliche, sie 
ist vor allem eine raumliche Einheit') ist im ersten 
Teile zu weit (lange Inschriften waren nicht aus- 



geschlossen), im zweiten sonst anfechtbar; Birt 

12 widerspricht sich selbst bei der Unterscheidung 
von Band und B., von denen ersterer bios raurn- 
licher Riicksicht, letzteres einem logischen Ord- 
nungstriebe entspreche. Griechisch heisst B. pl- 
pXo; : ptpkiov, letzteres nicht notwendig mit dem 
Nebenbegriff des kleinen B., lateinisch liber (li- 
bellus stets das kleine B.). Ursprtinglich flel 
Raum- und Sinneinheit naturgemass zusammen. 

10 Bei umfangreichen Werken schloss sich die raum- 
liche Teilnng vor Einfiihrung der sog. B.-Eintei- 
lung durch die Alexandriner vermutlich an irgend 
welche , in den verschiedenen Exemplaren wech- 
selnde Sinnabschnitte, oder sie nahm, nur das 
Ganze als Einheit fassend, auf die Teilung des 
Inhalts gar keine Riicksicht. In diesem Sinne 
konnte pipkog (flifftiov) und liber (wie unter Um- 
standen unser B.) das ganze Werk bezeichnen, 
auch wenn sein Umfang die Benutzung mehrerer 

20 Rollen erforderte. Fiir die spatere Zeit steht das 
ganz fest (z. B. Gell. XVIII 9, 5. Charis. p. 53, 

13 K.), aber auch fiir die altere Zeit ist es sehr 
wahrscheinlich, obschon es vielfach geleugnet wird; 
s. iiberhaupt E. Rohde 1542. Landwehr 225ff. 
Im Griechischen haftete der Begriff der raum- 
lichen Einheit viel fester am Worte pipkog und 
pipilov, vielleieht weil es fiir jene nicht ein be- 
sonderes gebrauchliches Wort gab wie im Latei- 
nischen (volwneri) — xvkivdoos (Diog. Laert. X 

30 26), dXtjixa u. a. kommen nur vereinzelt vor — , 
und weil pipktov auch der iibliche Ausdruck fiir 
die einzelne Urkunde, den Brief und Ahnliches 
war. Nach Durchf'iihrung der B.-Einteilung durch 
die Alexandriner (s. Dziatzko oben Bd. I S. 1833ff. 
unter 'AfuyiZs pipkoi und Rh. Mus. XLVI 362ff.) 
flel Raum- und Inhaltseinheit — des Ganzen oder 
des Teilganzen — principiell zusammen, aller- 
dings regelmassig nur fiir die offentlichen, d. h. 
in Offentlichen Bibliotheken und im Buchhandel 

40 gebrauchten Exemplare. Das ganze, mehrere Pi- 
pkla umfassende Werk wurde nach seinem Inhalt 
(jioirjua, taioQiai, opus, annates und Ahnliches) oder 
mit seinem Sondertitel benannt (z. B. 'Rids, 'Odvo- 
otla , Noiwi , saturae , na.turalis Mstoria u. s. w.). 
Auch ovvxayfxa, avvra^ie, oatfia, aw/xdnov, spater 
lateinisch corpus, corpuseulum kommen als Namen 
fiir die hohere Einheit vor (Landwehr 248ff.). 
Privatexemplare schrieb man sicher haufig in fort- 
laufcnd gezahlten Rollen, ohne ihr Ende mit dem 

50 Ende der Teilganzen zusammenfallen zu lassen 
(s. u. S. 951). Um so erklarlicher ist, dass 
an pip/.os die Vorstellung vom Inhaltsganzen 
dauernd haften blieb und gelegentlich, besonders 
in spaterer Zeit, das Wort im Singular vom Ganzen 
gebraueht wurde im Gegensatz zu seinen grOsseren 
Teilen, die sicher doch in besonderen Rollen ge- 
schrieben waren (s. Landwehr 235). Jene hiessen 
dann TOf.wt, vermutlich weil beim Ende des Ab- 
schnittes der leere Rest der Rolle abgesehnitten 

60 wurde (Birt 25ff. 318f. u. s.). Volumen hebt 
zunachst nur die raumliche Einheit hervor, wird 
aber, weil jene beiden Einheiten in bestimmten 
Kategorien von Exemplaren fs. o.) regelmassig 
zusammenfielen, haufig ganz wie liber gebraueht. 
Indes lasst libri (im Plural), vom einzelnen Werke 
gebraueht, zunachst nur an seine ideelle Eintei- 
lung fiir die Litteratur denken, ohne Riicksicht 
darauf, in wie vielen volumina der einzelne das 



941 



Buch 



Buch 



942 



Werk besitzt, wahrend letzteres Wort gerade vor- 
aussetzt, dass ausserlich die Niederschrift ent- 
sprechend viele Eollen umfasst; vgl. Landwehr 
235ff. Nach Dig. XXXII 52 gehOrte im Zweifels- 
falle die Eigenschaft der Raumeinheit notwendig 
zum Begriff der libri {Ulpianus libra vicesimo 
quarto ad Sabinwm : Librorum appellations con- 
tinentur omnia volumina etc. und weiter in § 1 ; 
Si cui centum libri sint legati, centum volu- 



angesehen; Lederrollen mit rituellen Aufzeich- 
nungen hat es aber wahrscheinlich schon friiher 
gegeben; vgl. L. Low Graph. Requis. bei d. Jud. 
I (1870) 114ff. J. Benzinger Hebr. Arch. (1894) 
279. 289. W. Nowack Lehrb. d. hebr. Arch. I 
(1894) 286. Die Griechen hatten B. in obigem 
Sinne kaum vor dem Anfang des 6. Jhdts. Ein- 
zelne Exemplare der homerischen Gesange auf 
TierfeUen oder Holztafeln im Besitz der Schulen 



mina ei dabimus,non centum, quae quis ingenio 10 von Aoiden, die hesiodeischen Ijoya xal yfteQat 



suo metitus est, qui ad libri seripturam suffi- 
cerent: ut puta cum haberet Homerwm totum 
in uno volumine, rum quadraginta octo libros 
computamus, sed unum Romeri volumen pro 
libro aeeipiendum est), obschon gerade aus dem 
Zusammenhang hervorgeht, dass der Sprachge- 
brauch das Wort liber unter Umstanden auch in 
anderem Sinne auffasste, d. h. inhaltlich als Teil- 
ganzes. Zugleich erfahren wir, dass fiir liber 



auf Bleitafeln, die auf dem Helikon standen (Pans. 
IX 81, 4), oder langere Aufzeichnungen anna- 
listischen Charakters wie die der olympischen Feste 
waren zwar alter, aber anders als B. gerade auf 
Unbeweglichkeit berechnet (vgl. Wattenbach 
47). Sonst war der miindliche Vortrag von An- 
fang an und durch lange Zeit die einzige, auch 
spater noch die vorwiegende Form, in welcher 
Geisteserzeugnisse genossenund verbreitet warden. 



(als Raumeinheit) auch eharta (ursprtinglich nur 20 Seit dem Anfang des 6. Jhdts. hat es indes lit 



der vor alien verbreitete Stoff des B.; vgl. Dig. 
XXXII 76) gesagt wurde (§ 4 nam et in urn 
plerique libros ehartas appellant; vgl. Catull. 
1, 6 und Baehrens z. d. St.). — Geschrieben 
wurde pipXos, pipUov u. s. w. urspriinglieh sicher 
mit v, sehr friih setzte sich aber in Attika die 
Schreibung mit I fest. In der xowr\ wich die 
attische Schreibung wieder der alteren, die in- 
des anscheinend auf den Inseln und im Osten 



terarische Werke gegeben, wie die theosophischen 
Epen der Orphiker und die Localgeschichten der 
Logographen, vielleieht auch philosophische Dich- 
tungen und Prosaschriften, die alle fiir den miind- 
lichen Vortrag nicht recht geeignet scheinen und 
daher eher an eine Lectiire in sehriftlich sicher- 
gestellter Fassung denken lassen. Diese Schriften 
auf Holztafeln, Hauten oder — in steigender Zahl — 
in den zunachst durch den Handel eingefuhrten 



sieh erhalten hatte; durch jene drang sie nun- 30 pipUa waren also die ersten B. der Griechen. 

Wirklich popular wurden B. erst im 5. Jhdt., als 

der machtige geistige Aufschwung Athens in Kunst 
und Litteratur auch beim Publikum ein lebhaftes 
Veilangen nach den neuesten Geisteserzeugnissen 
entfacht hatte, dem die Gelegenheit des Horens 
nicht mehr genugte. In diese Zeit setzt daher 
v. Wilamowitz Herakl. 11 (1889) 120ff. das 
erste Aufkommen der B. — gewiss mit Recht, 
wenn man B. im engeren Sinne als ,Litteratur-B.' 



mehr in den Composita auch in die lateinische 
Sprache ein (s." oben S. 406). In Alexandrien 
war zuerst wohl die altere Schreibung mit 
v im Gebrauch, machte aber bald unter dem 
wachsenden Einnuss des attischen Klassicismus 
den Formen mit i Platz. Naheres s. u. By bios 
Nr. 4. 

II. Alter und Material. Biicher hat es, 
fiir uns nachweisbar, zuerst bei den Agyptern ge- 



geben Der Papyrus Ebers in Leipzig wird40nimmt — , und bezeichnet das attische Drama 



nach kalendarischer Berechnung in die Zeit der 
18. Dynastie (um 1500 v. Chr.) angesetzt; Reste 
von andern sowie Nachrichten uber solche und 
Abbildungen von Eollen, auch in Stein (s. u. 
S. 945f.) reichen ins 3. Jahrtausend v. Chr. 
hinauf. Der Umstand, dass in Chartarollen fast 
nur hieratische oder (spater) demotische Schrift 
vorkommt, von den sog. Totenbuchern mit einer 



als das erste B. Schon friiher hatte F. A. Paley 
Frasors Magaz. n. s. XXI (1880) 324ff. etwa in 
die gleiche Zeit, bezw. noch spater (um 400 v. Chr.) 
den ersten Gebrauch der Schrift fiir litterarische 
Zwecke angesetzt, dagegen wendet sich mit Er- 
folg L. R, Packard Trans. Amer. Phil. Ass. 
XI 34ff., der indes auch nicht weit genug zu- 
riickgeht. 

Das alteste Material fur zusammenhangende 



v 

hatbhieroglyphischen Schrift abgesehen, weist dar . 

auf bin , dass urspriinglieh dort nur auf festes 50 Aufzeichnungen privater Art waren bei den Gne- 
Material geschrieben wurde. Uber die Verwen- chen anscheinend Holztafeln (vgl. Anecd. Boiss. I 



geschrieben 
dung von Leder als Schreibmaterial bei den 
Agyptern vgl. E. Pietschmann in Dziatzkos 
Sammlung bibl. Arb. VLII 107ff. Gegenstand 
des Tausches und daher sicher auch des Kaufes 
waren (leere) Papyrosrollen schon friih (Ad. Er- 
man Geschichte Agyptens II 657). Die Teste 
der Thoncylinder von Niniveh (s. o. S. 407) kann 
man nicht wohl als B. bezeichnen , weil dem 



420 ol do^aioi iv raT-s aavlaiv b;oan>av. Eur. Alk. 
962ff. ; Iph. Aul. 798f. : Erechth. frg. 13. 'Ayi^'O/i. 
p. 325 G. Horn. Batrach. 3. Anth. gr. XIII 21, 3f. 
in Bezug auf Simonides) ; die Tafeln heissen xivaxss, 
aavidsg, dekroi. Daneben kamen die von den Phoi- 
nikiern eingefuhrten pipioi {pipiia) auf, doch 
waren sie wohl langere Zeit nicht vorwiegend aus 

„. , .,._ der agyptischen Papyrosstaude hergestellt. son- 

Schreibstoff die Eigenschaft des Zrisammenhangen- 60 dern aus Surrogatstoffen, niimlich ahnlichen Rohr- 



den und leicht Beweglichen abgeht. Die Perser 
besassen nach Ktesias bei Diod. II 32, 4 auf 
LedeT geschriebene Chroniken; seidene Schrift- 
rollen (achaemenio more) erwahnt Symm. epist. 
IV 34, in Stoffe eingewebte Schriften der Parther 
(aus junger Zeit) Plin. n. h. XIII 104. Bei den 
Israeliten werden die Schriften der Propheten als 
die friihesten eigentlichen B. (auf Chartarollen) 



pflanzen, die ausserhalb Agyptens wuchsen, oder 
aus Baumbast, Rinde, Blattern und Ahnlichem 
(Plin. n. h. XIH 69 antea non fuisse chartarum 
usum. in palmarum foliis primo seriptitatum. 
dein quarundam arborum libris. postea publica 
plumbeis voluminibus , mox et privata linteis 
confiei eoepta aut eeris; vgl. Diet. Cret. p. 7 
Ded. von angeblich alter Griechenzeit). Erst 



943 



Buch 



Buch 



944 



gegen Ende des 5. Jhdts. flnden wir das agyp- 
tische Papier in Athen und zwar mit einem neuen 
Namen (xdgxrjg, s. u. Chart a) und zu einem 
ungewflhnlich hohen Preise. Dieser hatte den 
Sfteren Gebrauch von filfiloi kaum gestattet, und 
doch lasst schon das Alter des Wortes die Sache 
als etwas GewShnliches erscheinen (s. z. B. Herod. 
I 123, 4. Y 58, 3; Aesch. Suppl. 947 Dind. wird 
von Paley a. 0. 328 nicht ganz ohne Grand 
verdachtigt). 

Als nach der Grttndung Alexandriens die Kultur 
der Papyrospflanze (Cyperus papyrus L.) in Unter- 
agypten einen hohen Aufschwung nahm, wurde 
dort auch die Charta masaenhaft fabriciert (Plin. 
n. h. XIII 69ff.) und als Hauptschreibstoff fur 
die B. der Griechen und (spater) der Remer aus- 
gefiihrt. Hiebei sei bemerkt, dass zdgxrjg ur- 
spriinglich nur das aus adjivgog hergestellte, noch 
unbeschriebene Papier bezeichnet (s. z. B. Plut. 



fia.Q(la.Qa>v eg roiavra; di(p&sQag ygdqiovoi, wonatiir- 
lich der Versuch, den alten Gebrauch der Ionier 
zu erklaren, verfehlt ist). Dass auf Kypros nach 
Hesychios der fii{SXtoy(>dq>og : diqj&eQ&Xoupog hiess, 
ist bei dem engen Zusammenhang der Kultur dieser 
Insel mit der des Ostens nicht zu verwundern (vgl. 
8i<p&sQa • to fiifSXiov in alten Glossarien). Nach Plut. 
qu. gr. 25 kannte auch Sokrates ihren Gebrauch. 

(ratira er Sufr&eQaig %a).xaig yeygdipaoi), doch steht 
10 die Authenticity der Worte natiirlich nicht fest. 
Der Charta stand dieser Schreibstoff in Bezug 
auf reichen Vorrat, Billigkeit und durch lange 
Zeit gewiss auch auf schones Aussehen nach, 
wennschon die Rivalitat zwischen der pergame- 
nischen und der alexandrinischen Bibliothek der 
Pergamentfabrication sicher forderlich war (s. 
o. S. 414). Ein Verbot des Exportes von Charta 
nach Pergamon, von dem Plin. n. h. XIII 70, 
nach Varro berichtet, kann, weil es unschwer 



plac. philos. IV 11 &gnsQ %6.Qxr\v evegyov etg 20 zu umgehen war , nur beschrankte Wirkung ge 
> < ™_ vwtt I-™ XT..-1. tt , ■ ^^ jjaben , a j, er d j e ^ttaliden haben ver- 

mutlich selbst die Vervollkommnung des seit 
alters dort iiblichen Schreibstoffes angestrebt und 
wenigstens erreicht, dass das nach ihrer Stadt 
benannte Pergament (griechisch Sup&ega und deg- 
Qig , erst sehr spat nsfyya/invri ; lateinisch mem- 
brana, nach Hier. epist. VII 2 auch pergamena 
als gebrauchliches Wort : unde et pergamenarum 
nomen ad kunc usque diem, tradente sibi invicem 



axoyQaqrijv. Dig. XXXII 52). Nach Varro bei 
Plin. a. 0. wurde damals die Charta iiberhaupt 
erst erfunden (reperta), d. h. ausserhalb Agyptens 
bekannt. Zumal fur das der Litteratur ange- 
horige B. bediente man sich seit jener Zeit durch 
viele Jahrhunderte fast ausschliesslich dieses Ma- 
terials, tfoer seine Zubereitung, seine Arten u. s. w. 
s. Charta. Von den Schreibstoffen der Griechen 
hat Pollux X 57 eine Zusammenstellung der Aus- 



driicke, wahrscheinlich aus Autoren der guten Zeit, SO posteritate, servatum est) sich langsam einen be- 



besonders Komikern, gesammelt. Auch bei den 
Romern gebrauchte man vor Einfuhrung der Charta 
durch lange Zeit fur B. Holztafeln (tabulae, codex) 
und Surrogate der Charta, besonders Baumbast 
(Plin. a. 0.), wie aus der alten Bedeutung von 
liber sich schliessen lasst; vgl. Serv. Aen. XI 
556 liber Oritur interior cortieis pars, quae 
ligno eohaeret . . . unde et liber dicitur, in quo 
scribimus, quia ante usum chartae vel mem- 



schrankten Platz unter den Schreibstoffen der 
damaligen Kulturlander verschaffte (vgl. Galen. 
XVIII 630 K., wenn fur diacpogoig : diip&EQaig zu 
lesen ist). Der Name des Krates von Mallos wird 
mit dem Aufschwung dieses Artikels in Yerbin- 
dung gebracht. Wo es auf besondere Dauerhaf- 
tigkeit und Raumersparnis ankam, bediente man 
sich des. Pergaments (iiber die Verganglichkeit 
der Charta s. z. B. Hor. ep. I 20, 12. Plin. n. 



branae de libris arborum ■volumina compa- 40 h. XIII 83. 86. Mart. II 46, 10. VI 60, 7 u. s. 



ginabantur; s. auch Symm. epist. IV 34. Mart. 
Cap. II 136. Cassiod. var. XI 38, 3ff. und iiber 
spatere Zeiten Cass. Dio LXVII 15 und LXXII 
8. Herod, ab exc. d. Marci I 17. Auch Lein- 
wandrollen gab es in friiher, ausnahmsweise selbst 
in spaterer Zeit (Plin. a. 0. 69. 88. Symm. a. 
0. Mart. Cap. a. 0.). Von Baumblattern ist bei 
Plin. a. 0. und Verg. Aen. Ill 443 die Rede; 
Blei statt Charta erwahnt gleichfalls Plinius 



Iuven. 1, 18. Auson. epigr. 34, If. 14. Symm. 
epist. IV 34, 3. Alciph. epist. I 26, 2 u. s. w.). 
Rollen von 200 Jahren erwahnt Plin. n. h. XIII 83 
als etwas Seltenes, Galen. XVIII 630 K. gar solche 
von ca. 300 Jahren. Das Pergament trat daher zu- 
nachst an die Stelle der Wacbstafeln, spater ebenso 
an die der Charta, zumal es beide Stoffe auch 
an Handlichkeit und Lesbarkeit der Schrift iiber- 
traf (Quint, X 3, 31. Euseb. v. Const. IV 36 



(XIII 69. 88) und hat sich in einem B. von 50 [evavayvcoaza] und vgl. iiberhaupt Frid. M o n e 



acht Blattern sogar erhalten (Montfaucon Pal. 
gr. 16. 180ff.); ferner von Gold (Plut. qu. conv. 
V 2, 10. Schol. Pind. 01. 7 prooem. bei Boeckh 
II 1 p. 157) und von Zinn (Paus. IV 26. 8); 
ferner statt der Holztafelchen solche von Elfen- 
bein (elephant inus liber), Hist. Aug. Tac. 8, If. 
(vgl. Mart. XIV 5, 2). 

Ein wesentlich anderes Schreib- und B.-Mate- 
rial war seit alter Zeit im Orient, bei den Grie- 



De libris palimps. [1855] 16. Marquardt-Mau 
818ff.j. Ein weiterer Vorzug des Pergaments war 
die leichte MOglichkeit, das Geschriebene von dem 
Stoffe sogar mehrmals abzuwaschen und zu kratzen 
zum Zwecke erneuter Verwendung (Mart. XIV 
7, 2 delebis quotiens scripta novare voles). Ubri- 
gens wurde auch Charta nach Beseitigung der 
Schrift von neuem verwendet (vgl. Cat. 22, 5f.), 
doch nur ausnahmsweise und mit Schwierigkeit 



chen nur von beschranktem Ortlichem Gebrauch, 60 (s. Cic. ad fam. VII 18, 2. Plut. c. princ. esse 

fiaa liprlpr IAirr.ft^t\ft\' nui rlPTi A nmforti Tcraiili+.QYi -r*U!l,%r> A Q.Q1! 3/ "VT-j- ~j- ±_ WTTT 



das Leder (SufSega) : bei den Agyptern, Israeliten, 
Persern und den Ioniern friiher Zeit, welche den 
Gebrauch wohl von den ostlichen Nachbarn an- 
genommen batten, sowie bei andern (nichtgrie- 
chischen) VOlkern (Herod. V 58, 3: xai rag filfcovg 
di(p&sQag xa/.svot cbzo zov jia/.aiov ol "Icoveg, ore 
xoxt iv OTtdvi ftifi/.cov h/^iovxo &i<p&£or)oi atyhjoi 
re xai oteyot ■ rri Sh y.al to xax iui txoIao'i tow 



philos. 4 fiip/.iov xa)Juyt]OTov. Not. et extr. XXHI 
2, 448 x&Qzris anai.mzog , antjXtfifiirog ; charta 
deletieia Dig. XXXVH 11, 4; s. Becker Char. 
158, Birt 57f.). 

Von Litteraturwerken auf diesem Stoffe sind 
vor der Kaiserzeit nur wenige sichere Beispiele 
bekannt : Cicero bei Plin. n. h. VII 85 berichtet 
von einer in eine Nuss eingeschlossenen Ilias-Hs. 



945 



Buch 



Buch 



946 



(in membrana seriptum); gewiss fand er vor- 
zugsweise im Orient Verwendung. Zu Martials 
Zeiten hat sich das Pergament, zumal fur Reiselec- 
tiire; wegen derbeiden oben erwahnten Vorziige (ge- 
ringer Omfang und Dauerhaftigkeit) bereits testes 
Peld verschafft (Mart. I 2, 3. XIV 184. 186. 
188. 190. 192) ; sonst aber fur gelegentliche Auf- 
zeichnungen, Entwurfe und dergl.; s. Hor. a. 
p. 389. Iuv. 7, 23. Gaius Dig. II 13, 10, 2. 
Oassius Dig. XXXII 52 a. m. St.; vgl. auch 
Pers. 3, lOf. ; Serv. Aen. XI 554 erwahnt charta 
vel membrana als Schreibstofle seiner Zeit (4. Jhdt.) 
neben einander, nennt aber doch die Charta zuerst. 
Dass die Charta jedenfalls im 4. Jhdt. n. Chr. 
noch allgemein im Gebrauch war, lehrt Geogr. 
lat, min. p. 113 Riese. Wenn im Ed. Diocl. vom 
J. 301 (CIL III p. 808. 831) vom membranarius 
die Rede ist, aber nicht von Chartarollen, so er- 
klart sich das daraus, dass deren Fabrication so 
gut wie allein auf Agypten beschrankt und dort 
iiberdies Kronregal war. Eine Zusammenstellung 
verschiedener in seiner Zeit ublichen Schreibmate- 
rialien giebt Ulp. Dig. XXXII 52: Librorum 
appellations eontinentur omnia volumina, sive 
in charta sive in membrana sint sive in quavis 
alia materia: sed et si in philyra aut in tilia 
fut nonnulli conficimitj aut in quo alio eorio, 
idem erit dicendum. quodsi in codicibus sint 
membraneis vel cartaceis vel etiam eboreis vel 
alterius materiae vel in ceratis codicillis, an de- 
beantur, videatur u. s. w. ; am gebrauchlichsten 
war damals aber Charta (vgl. ebd. 4; s. S. 941). 
Vgl. Mart. Cap. H 136 alii carbaxinis volumi- 
nibus implicati libri, ex ovillis multi quoque 
tergoribus, rari in philyrae cortioe subnotati. 
Isid. or. VI 12, 1 historiae maiore modulo scri- 
bebantur, et non solum in charta vel membranis, 
sed etiam in omentis elephantinis textilibusque 
malvarum- foliis atque palmarum. Vgl. auch 
Galen. XVIII 2 p. 630 K. von alteren Zeiten 
und Cassiod. a. 0. In einem Leydener Papyrus 
des 4. Jhdts. n. Chr. heisst es: yodqss etg fitfjkta 
xai diyMgag (K. Wessely Wien. Stud. XII 266; 
ebd. im zoqxov rj Siq>&sgag) , dagegen in einer 
lateinischen Hs. des 8. Jhdts. (ebd. 270) seribis . . . 
in membranam aut carta in umgekehrter Folge. 

Im 4. Jhdt. n. Chr. etwa begann man im 
Osten principiell, was an Litteratur der Erhal- 
tung wert schien, von der Charta, sobald die B. 
einer Erneuerung bediirftig waren, auf Pergament 
zu uberschreiben ; ein Process, der gewiss ein bis 
zwei Jahrhunderte andauerte. Fur heidnische 
Autoren scheint mit besonderer Zabigkeit auch 
am alten Stoff festgehalten worden zu sein. Im 
Westen des Reiches vollzog sich der Process etwas 
spater. Vieles der alten Litteratur ging dabei 
verloren, indem man es mit dem leicht vergang- 
lichen Stoff dem Untergang durch Wurmer, Moder 
u. s. w. preisgab oder es maculierte. Nur fur 
kleine Litteratur, Flugschriften, Briefe und dergl. 
blieb die Charta noch langere Zeit, bis ins 7. 
Jhdt., wenigstens in einzelnen Landern, z. B. 
Gallien, wo Massilia den Verkehr mit Agypten 
aufreclit erhielt, im Gebrauch. 

III. Form. Die regelmassige Form der B. 
im Altertum war die Rolle, namentlich beim 
Chartamaterial. Rollen sind bei- den Agyptern 
schon in sehr friiher Zeit (5. Dynastie) in Stein 



abgebildet (s. R. Lepsius Denkm. Ill Abt. [8. Bd.] 
Bl. 290 nr. 17. Pondat. Eug. Piot, Mon. et mem. 
p. p. G. Perrot I [Paris 1894] 1. fasc. pi. 1); 
vgl. auch J. G. Wilkinson Manners and cust. 
of the anc. Egypt, n. ed. by S. Birch (London 
1878) III pi. LX. LXVIII. Auch haben sich 
Chartarollen, zumal. sog. Totenbiicher, erhalten, 
die bis in die Anfange des 2. Jahrtausends v. Chr., 
ja bis in die 5. Dynastie zuriickreichen (s. L. 

lOBorchardt Aegyptiaca [1897] 8ff. 14 iiber ein 
Rechnungsbuch im Gizeh-Museum). Schutz der 
Schrift war wohl von Anfang an der Zweck, den 
man beim Rollen verfolgte ; eine natflrliche Rich- 
tung dazu hatte zwar der Baumbast, aber sicher 
nicht die Charta noch auch das Leder. Die He- 
braeer ubernahmen die Rollenform, wie das Wort 
megillah und megillat sepher (von galal, rollen) 
beweist (s. L. Low 115). Bei den Griechen waren 
die fitfiXta gleichfalls gerollt: bei Aesch. Suppl. 

20 947 ovd' er 7ixv%aig [iiflXwv jtaTSOtpQayiofisva. kann 
auch gefaltetes Papier gemeint sein, iiberdies 
wird von P. A. Paley a. 0. der Vers verdachtigt; 
aber vgl. Xenoph. mem. I 6, 14 rovg ihjoavQovg 
. . . ovg ixstvoi xaxilinov iv fitfiXiotg ypoopavxeg, 
aveXixxrov xxk. In hellenistischer Zeit wurde 
die gleiche Form der B. vollends die Regel, und 
sie wurde ebenso von den Romern ubemommen 
(Belegstellen sind zahllos). t'ber die Form, in 
welcher originate B. von Charta sich erhalten 

30 haben, wurde friiher nicht immerNaheres berichtet; 
indes ist bekannt, dass der Fund, den man zu 
Herculanum in der Villa dei Pisoni im J. 1752 
machte, aus Rollen bestand; der griechische Pa- 
pyrus des Museo Borgiano, denNic. Schow heraus- 
gab (Charta papyr. mus. Borg., Rom 1788) war 
nach p. XXVII in se circumvoluta; vgl. Ch. 
W. Goodwin Gr.-egypt. Fragm. on mag. (Cam- 
bridge 1852) nr. 8. Bekannt sind aus neuester 
Zeit die vier Rollen des Aristoteles noX. 'A&nvaiav ; 

40 vgl. C. Haeberlin Gr. Pap. Iff. 

Daneben kommen vereinzelt mit griechischem 
wie mit agyptischem Text B. vor, die aus ge- 
falteten und ineinandergelegten Chartablattern 
bestehen. Landwehr 422 halt diese Form fur 
alt, doch sind Belege daftir aus voralexandrini- 
scher Zeit von ihm nicht nachgewiesen (s. spater). 
E. Egger Mem. d' hist. anc. et de ph.il. (Paris 
1863) 149 [Aufsatz vom J. 1857] erwahnt eine 
Rechnung von 132/33 v. Chr. auf einem Blatt, 

50 ,pliee en douxet ; dies entspricht aber nicht ganz 
der spateren B.-Form. Jedenfalls bot obige Form 
den Vorteil, die Blatter auf beiden Seiten beschrei- 
ben zu kdnnen, griff aber in den Falten das Ma- 
terial an und fand an dessen Gebrechlichkeit ge- 
wiss ein starkes Hindernis bei der Verbindung 
der Doppelblatter. Erhalten haben sich noch aus 
spaterer Zeit solche B. aus Lagen von Doppel- 
blattern des Papvrosstoffes ; s. z. B. Reuvens 
Lettres a M. Letronne (Leide 1830) I 4 nr. 75. Ill 

60 65f. nr. 66. Fuhrer d. d. Samml. Erzh. Rainer 
nr. 26. 28 u. s. Birt 120. Marquardt-Mau 
811. Haeberlin XIV 202 nr. 5. 216 nr. 30. 221 
nr. 39. Die ELnzelblatter mit zusammenhangendem 
Text, von denen Reuvens nr. 76 und von denen 
Ch. W. Goodwin a. 0. berichtet (s. introd. 
p. IVf.), waren anscheinend nicht gefaltet noch 
zur Lage verbunden. Chartablatter in Lagen 
scheint dagegen das Edict des Ulpius Mariscianus 



947 



Buch 



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I 



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Buch 



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950 



(Eph. ep. V p. 630 Z. 41ff.) im Sinne zu haben, 
obschon zuerst von tumi (— tomi), womit sonst 
audi Eollen gemeint sind (s. u. S. 919), die 
Rede ist: carta in postulaiione singuli tumi 
sufficiunt niaiores; in contradictionitnts quater- 
nos maiores, in definite negotio . . . exigi oportebit. 
Aus dem 6. Jhdt. stamnit der von J. H. Bernard 
in Trans. E. Ir. Ac. XXIX (1892) 65Sff. (besond. 
659f.) beschriebene Papyrus-Codex von Schriften 
des hi. Cyrill in Quaternionen (mit Signatur je 
oben auf letzter Seite); vgl. auch Marquardt- 
Mau 820, 4. 

Fur Pergament war urspriinglich, wie zu ver- 
muten, ebenso wie fur das iiltere Leder, auch die 
Rollenform das gewohnliche, nur mOgen diese 
Eollen auf beiden Seiten beschrieben worden sein. 
Die Ilias in einer Nuss, von der Cicero bei Plin. 
n. h. VII 85 berichtet, denkt man sich am ehesten 
in Eollenform. Uber eine erhaltene griechische 
Pergamentrolle agyptischer Provenienz (in Wien) 
aus dem 6. Jhdt. berichtet K. Wessely Wien. 
Stud. VII 69f. Eine Eolle auf Sgaxovrog svtsqov 
(120 Fuss lang) mit Homers Ilias und Odyssee 
war zu Constantinopel in der Bibliothek der Ba- 
odmq nach Zon. XIV 2 (Dind. Ill 2561). 

Die Codexform, welche der modernen B.- 
Form am meisten ahnelt, ja ihr zu Grunde liegt, 
kntipft nicht naehweislich , wie Land we hr 420 
annimmt, an die im Orient gelegentlich vorkom- 
mende Faltung der Chartablatter an (s. o.) Die 
Griechen haben nicht einmal fiir den Codex ein 
besonderes alteres Wort, sondern iibertragen rsv^og 
darauf (so in den Basil.). Vielmehr geht, wie 
der Name besagt, die Codexform von der Vereini- 
gung mehrerer Holztafeln aus, die dem Inhalte 
nach zusammen gehorten. Solche waren bei den 
Bdmern von friiher Zeit her in Gebrauch ; s. Sen. 
de br. vit. XIII 4 Claudius is (Consul des J. 264 
v. Chr.) fuit Caudex oh hoc ipsum appeflatus, 
quia plurium tabulamm contextus caudex apud 
anttquos cocatur : wide publtcae tabulae codi- 
ces dicuntur und Varro, den Seneca benutzt zu 
haben scheint, bei Non. p. 535. Sic dienten zu 
privaten und Otfentlichen Aufzeichnungen , deren 
haufiger Gebrauch vorherzusehen war, auch in 
Zeiten, als man fur litterarische Zweckc liingst 
zur Charta ubergegangen war ; so der codex ae- 
cepti ct expensi bei Cic. p. Bose. com. 5 (ebd. 2 
tabulae aceepti ef expensi, wie auch sonst dort co- 
dex und tabulae im gleichen Sinne steht). Plin. n. h. 
XXXV 7 tabulina (Familienarchive) eodicibws 
imphbantur u. s. w. Die Darstellung soldier 
codices (zusammengeschnurte Holztafeln) sieht man 
auf den bekannten Marmorschranken vom rSmi- 
schen Forum aus der Zeit Traians (Mon. d. Inst. 
IX 48). So entspricht der Codex am ehesten 
dem Polyptyehon ; nur diirfte fur die alten Zeiten 
eher an ubertiinchte (cerussatae), als an wachs- 
iiberzogene Tafeln zu denken sein ; bei Prop. Ill 
23. 19f. legt freilich der Geizhals die Buxbaum- 
tafeln eines friiheren Diptychon mit seinen Bech- 
nungeu duras inter ephemeridas. Die Form des 
Codex bot neben dem Vorteil der Dauerhaftigkeit 
zugleieh den der Handlichkeit vor der Chartarolle, 
die bei jedem Gebrauch auf- und zugerollt werden 
musste. Gerade dieser Vorzug hat das Codex- 
format im Gebrauch erhalten und zu seinen Gun- 
sten die Eolle verdrangt (s. (iberhanpt Landwehr 



419ff.). Nur das Material wechselte grosstenteils, 
indem an Stelle des Holzes meist das Pergament 
trat, das noch dauerhafter als Holz ist, weniger 
Eaum einnimmt und sich leichter beschreiben 
lasst. Die Zeit dieses Ubergangs fallt etwa ins 
1. Jhdt. n. Chr. Nach Ascon. p. 29 K.-Sch. waren 
zu Ciceros Zeiten fiir amtliche Zwecke noch Holz- 
tafeln im Gebrauch (eremavit [corpus ClodiiJ 
subselliis et tribunalibus et mensis et codicibus 

10 librariorum , namlich in der Curie); dagegen 
brauchten nach Gains Dig. II 13, 10, 2 Ge- 
schaftsleute nur einzelne membranas ihres codex 
rationum als Beweismittel vor Gericht vorzuzeigen. 
Zu Martials Zeit ist' der Gebrauch der pugillares 
membranae bereits ganz gewohnlich, und zwar 
offenbar in Codexform (s. XIV 184 Ilias et . . . 
TJlixes multiplier . . . pelle latent). Auch sonst 
sind von ihm Litteraturwerke auf Pergament mehr- 
fach erwahnt (ep. XIV 186. 188. 190. 192). Es 

20handelt sich um Reiselectiire (s. Mart. XIV 188 
und Friedlander z. d. St.), fur welche die Mit- 
nahme zahlreicher Eollen mit ihr en Behaltern 
lastig war. Vor allem behauptete der Pergament- 
codes das Feld der friiheren tabulamm codices 
(fiir tabulae stent auch cerae oder lignum), der 
fiir den alltaglichen Gebrauch bestiromten Auf- 
zeichnungen von Verordnungen aller Art, Volks- 
und Senatsbeschliissen, Eechtsgewohnheiten und 
dergl. ; dafur hat sich auch der Name Codex xar' 

30 £%oyr\v erhalten. Als Lttteraturbucher erschienen 
indes auch diese Denkmaler zunachst noch in 
Eollenform, nur war fiir die ganze juristische 
Litteratur ein friiher Gebrauch von Pergament- 
codices angezeigt. Ebenso fiir einen grossen Teil 
der christlich-theologischen Biicher, die den juri- 
stischen in Bezug auf ihre Bestimmung fiir immer 
wiederholten Gebrauch und die beigelegte Ge- 
setzeskraft sehr nahe standen (vgl. Landwehr 
432). Das Gebiet der Litteratur im engeren Sinne 

40 blieb, von der Eeiselectiire und andern aus ausseren 
Griinden hergestellten Exemplaren abgesehen, 
durch lange Zeit im wesentlichen der Codexform 
verschlossen (fiir sehr viel alter halt C. Wachs- 
m u t h Eh. Mus. XLVI 331 die Pergamentcodices der 
Litteraturwerke). Am friihesten erschienen wohl die 
fiir Lehr- und Lernzwecke bestimmten gramma- 
tischen und lexikographischen Schriften, auch aus 
praktischen Griinden, in jener Form; dass dieselben 
zur Erleichterung des Nachschlagens in sehr kurze 

50 Biicher zerlegt sind, hat Birt 323f. richtig be- 
obachtet. Aber auch die von den Grammatikern 
viel citierten Schriften haben sie sowie ihre Schuler 
sich der leiehteren Benutzung wegen gewiss gem in 
Codexform angeschafft (vgl. Hist. Aug. Maxim, duo 
30, 4 cum grammatico daretur, quaedam parens 
sua librns Ilomerieos omnes purpureas dedit, au- 
reis litter is seriptos). Von Grammatikern werden 
besonders friih Codices angefiihrt, und Servius im 
Vergilcommentar spricht sogar von antiqui codices 

60 (zu Aen. V 871. VII 568; vgl. Birt 114). Ulpian. 
(3. Jhdt, n. Chr.) Dig. XXXII 52 (s. o. S. 945) 
kennt Eollen in Charta und in Pergament so- 
wie Codices von beiden Stoffen (dort wird die 
Charta, hier das Pergament vorangestellt). Vom 
4. Jhdt. an wurden neue Abschriften alterer Au- 
toren vermutlich schon haufig, wenn nicht vor- 
wiegend in Pergamentcodices gefertigt. In Cae- 
sarea liess der Bischof Euzoius am Ende des 



4. Jhdts. die schadhaften Teste (corruptam iam 
bibliothecam) in membranis umschreiben (Hier. 
de v. ill. 113), Pamphilus (f 309) hatte dort noch 
eine Bibliothek von fast 30 000 ,volumina' ge- 
sammelt (Isid. or. VI 6, 1). Dasselbe geschah 
gewiss bald, etwa ein Jahrhundert spater, auch 
im Westen und mit heidnischen Autoren , zumal 
das allgemeine Interesse fiir diese abnahm und 
eine haufigere Erneuerung ihrer Abschriften als 
lastig empfunden wurde. Mit der Ausbreitung 
des MOnchswesens vollzog sich der Process des 
Ersatzes der Chartarollen durch Pergamentcodices 
immer schnellerundzuletztvollstandig. Im6.Jhdt. 
n. Chr. war er wohl bereits abgeschlossen ; Fr. 
MoneDe palimps. 15ff. und Landwehr 432setzen 
den Umschreibeprocess spater an. V. Schultze 
I47ff. hat beobachtet, dass auf Bildwerken die 
Codexform im 5. (nicht schon im 4.) Jhdt. gegen- 
iiber den friiheren Eollen herrschend geworden ist 
(vgl. Heinrici bei Birt 122). Hierzu ist zu 
bemerken, dass im allgemeinen die Praxis der 
Kiinstler den factischen Verhaltnissen um einige 
Decennien nachgefolgt sein mag. Fiir kleine 
Flugschriften , Gedichte, Briefe und Ahnliches, 
die nur auf eine rasche und vorubergehende Lec- 
ture berechnet waren, wurde die Eollenform noch 
langere Zeit als Eegel beibehalten (s. o. S. 83 7 f. 
und vgl. Symm. ep. IV 34). 

Die erhaltenen alten Codices oder Bruchstucke 
solcher auf Pergament werden verschieden datiert, 
bis ins 2. Jhdt. hinauf. Unter den lateinischen 
Hss. scheinen die Sallustfragmente (in Vat. Eeg. 
1283 Bl. 92f.; s. H. Jordan Herm. V 369ff. 
Chatelain Pal. d. class, lat. pi. 51) sowie die 
Schedae Vat.-Berol. des Vergil (Vat. lat. 3256 ; 
s. H. Pertz Abh. Akad. Berl. 1863, 97ff. Cha- 
telain pi. 61) und die Sched. Vatic, des Vergil 
(Vat. lat, 3225 ed. Bottari Eom 1741. Cha- 
telain pi. 68) am altesten zu sein und noch dem 
3. (Sallust), bezw. dem 4. Jhdt. (Vergil) anzuge- 
hOren. Die meisten aber, im Alter vielfach etwas 
iiberschatzt, sind nicht alter als das 5. Jhdt. 

IV. Herstellung und Umfang. Fiir Lit- 
teraturzwecke kam in der Kaiserzeit und wohl 
schon in Alexandrien das reine Papier {charta) 
in Blatt- und Eollenform in den Handel ; letzteres 
geht aus dem Ausdruck seapus (Schaft) bei Plin. 
XIII 77 hervor (griechisch in Glossen = zopog 
xagrov, z. B. Not. et extr. XXIII 2 p. 448, latei- 
nisch tomulus). Dass zoftog von Eollen gebraucht 
wurde, lehrt die Aufschrift der dritten Eolle der 
neugefundenen xo/.uda 'A&rjvaitov des Aristoteles 
(r TOM02). Die Papierrollen hatten verschiedenen 
Umfang, je nach der Zahl der zusammengeleimten 
Blatter (paginae, p/agulae, seliedae) ; ihre hSchste 
Zahl war zwanzig (Plin. a. O. Birt 244 Anni. 
vennutet wenig glaublich ducenae statt ricenae, 
also 200). Die beschriebenen Eollen waren oft 
langer, aber fiir den Papierhandel empfahl es 
sich, das Maximum der Lange nicht zu gross an- 
zusetzen, da sehr lange Eollen ohne Zweifel sel- 
tener verlangt wurden. Durch Ankleben von 
Blattern konnte jeder die Rolle nach Bedflrfnis 
verlangern, wahrend beim Abschneiden von Blat- 
tern wenigstens ein Klebestreifen verloren ging. 
An den agyptischen Papyri des Berliner Museums 
hat L. Borchardt (Ztschr. f. ag. Spr. XXVII 
120) beobachtet, dass sich Fabrikzeichen finden 



mit der Zahl 20 (auch 10 ?) der Klebungen ; 20 
sei die normale Zahl gewesen (vgl. auch Ftihrer 
Pap. Erzh. Eainer nr. 282). Die Zahl der Win- 
dungen liess sich nach Borchardt 119f. an den 
von ihm untersuchten Papyri meist genau nach 
wiederkehrenden Bruchstellen, WurmlSchern und 
Ahnlichem (auf diese achtete bereits Nic. S c h o w 
a. O. p. XXVII) ausrechnen ; der Umfang betrug 
ca. 7 — 19 cm. Die griechischen Eollen waren 

10 in der Eegel wohl dflnner. Birt 130f. setzt den 
Cylinderdurchschnitt einer Maximalrolle auf ca. 
9 cm. an, doch ist dies zu hoch. Die Eollen 
auf dem von Th. Mommsen bezw. Chr. Hiilsen 
Ztschr. d. Sav.-Stift. f. Eechtsgesch. XH R. Abt. 
146 beschriebenen Scrinium (in Marmor, zu einer 
Statue gehorig) haben bei einer Hohe des Kastens 
von ca. 1 m. einen Durchmesser von ca. 5 cm., 
was wohl dem Durchsehnitt entsprechen wird. 
Wenn ich (Samml. bibl. Arb. X 43f.) einen Durch- 

20 messer von je 8 cm. annahm, so geschah es bei 
Berechnung der Rollenzahl von je 1 [j m. An- 
sichtsfiache der Bibliotheken, also mit Einrech- 
nung der Legeboden, Querleisten u. s. w. 

Die unbeschriebenen Eollen wurden also vom 
Handler {yaQToji<bkrjg) nach der Zahl der Blatter 
und der Giite der Charta, mit welcher ihre Hohe, 
vor allem aber die Breite der Blatter zusammen- 
hing, verkauft und von den Schreibern nach dem 
voraussichtlichen Umfang der B. ausgesucht. In 

30 der Maximallange von 20 Klebungen mit Birt 
132ff. 286ff., der deshalb freilich den Text bei 
Plinius andern will (s. vorher), eine feste Schranke 
fur den Schriftsteller zu sehen, an die er sich 
gebunden glaubte (ebenso z. B. Marquardt- 
Mau 818. A. Eiiegg Theol. Stud, und Krit. 
LXIX 94ff. uber die Lukasschriften) , liegt kein 
Grund vor (dagegen auch z. B. H. Landwehr 
Phil. Anz. XIV 358ff. Haenny90ff. U. Wilcken 
Herm. XXVIII 165ff.), zumal die Autoren ihr 

40Brouillon gar nicht in Eollen, sondern auf ein- 
zelne Blatter von Charta oder Pergament, bezw. 
auf Tafelchen zu schreiben pflegten und dann wohl 
nach dem Umfang dieser Aufzeichnungen die 
Grosse der Eolle fiir die Reinschrift bestimmten, 
nicht aber umgekehrt. Vgl. Cic ad Att. XVI 6, 
4 tu illud dissecabis, hoc, adglutinabis. Auch 
sind Eollen von viel grCsserer Lange (als 20 Kle- 
bungen) erhalten, was man aus der Zahl ihrer 
Columnen schliessen muss, selbst wenn diese schmal 

50 sind und etwa zwei (nebst Intercolumnium) auf 
ein Blatt gingen. In Here. Vol. XI (1855) sind 
von Philod. .-i. gt)i. 8 id xooz. Col. 136—147 unten 
geziihlt; s. ferner Philod. .-r. A e y. mit gegen- 
wartig 56 Col. (W. Scott Fragra. Here. p ; 21), 
govt. x. (filoG. 44 Col. (a, O. p. 32), jr. grjzog. 
vxonv. mit 70 Col. (a. O. p. 81 ; uber die Breite 
der Blatter s. Plin. n. h. Xin 78f.) ; vgl. auch 
Birtl29ff. Marquardt-Mau813. Hieratische 
Papvri giebt es bis zu einer Lange von 144 eng- 

60 lisctien Fuss (s. Chabas Pap. mag. Harris [Cha- 
lon s. S. 1860] 2) ; das grosse Turiner Totenbuch 
hat eine Lange von 57' 3" rhl. (s. E. Lepsius 
Chron. 38, 1). Auch der Umstand, dass gelegent- 
lich die Schrift einzelner Blatter am Eande tiber- 
klebt wurde (s. L. Borchardt a. O. 120) und 
dass in derselben (langen) Eolle mehrmals die 
Zahl 20 als Fabrikzeichen vorkommt (s. ebd.), 
beweist, dass man nicht bios in fertige Eollen, 



951 



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954 



sondern unter Umstanden auch auf einzelne Blatter 
schrieb, die dann zur Rolle zusammengefiigt oder 
der kiirzeren Eolle angeklebt wurden. Dies ge- 
schah notwendig in Fallen, wo nachtraglich der. 
Umfang eines schon in der Reinschrift fertigen 
B. vergrOssert werden sollte (vgl. Hor. serm. I 
10, 92 I, puer, atque meo citus haee subscribe 
libello). Auch Dig. XXXII 52 (perscripti libri 
. . . nondum conglutinati vel emendati) spricht 
hiefiir. Andrerseits ist zuzugeben , dass 20 das 10 
Maximum der Blatter hauflg begehrter Rollen 
-war und man sich irn allgemeinen nach diesem 
Umfang richtete. Scherzweise wurde zuweilen, 
wenn der Autor sich veranlasst sah, einein fer- 
tigen B. etwas wegzunehmen oder zuzufiigen, 
dies mit der GrCsse der vorliegenden. Rolle mo- 
tiviert, z. B. Nep. praef. 8. Rhet. ad Her. I und 
II a. E. Mart. II 1, 3. IV 89 u. s. August, 
de civ. I und II a. E. Irn iibrigen beruhte der 



von Reiuschriften fur Bibliotheken, den B.-Handel, 
Geschenke und dergl. gait seit den Zeiten der 
Alexandriner die Forderung des Zusammenfallens 
von B.- und Rollenende. Ausnahmen fanden auch 
hierin statt, sie wurden ahei ausdriicklich als 
solche anerkannt; z. B. Santra bei Non. p. 170: 
quod volumen unum nos lectitavimus et postea 
invenimus septifariatn divisum; vgl. uberhaupt 
E. Rohde 1541. Marquardt-Mau 812, 9. 

Im ganzen war gewiss diese B.-Einteilung 
gleichmassig und damit ein gewisses Normal- 
mass, nur kein bindendes, fur die einzelne Rolle 
begriindet. Es war verstandig und kntipfte an 
bestehende Gewohnheiten an, so dass spater die 
Autoren sich wieder bei der Disposition ihrer 
Werke einigermassen darnach richteten. Ver- 
schiedenheiten bildeten sich namentlich fiir ver- 
sehiedone Litteraturgattungen heraus. Die B. 
der Gedicht- und Briefsammlungen waren viel 



rormale Umfang eines antiken B. auf inneren 20 kiirzer als die der Geschichtswerke (vgl. Isid. or, 



Griinden und nicht auf der vom Papierhandler 
angesetzten RollengrOsse. 

In Agypten war in voralexandrinischer Zeit 
•der Inhalt der Rollen fur den ziinftigen Gebrauch 
einer kleinen Kaste bestimmt gewesen ; es gab 
daher vielfach Rollen von ausserordentlicher Lange 
(s. o.). Bei den Griechen und Romem der guten 
Zeit gehflrten die B. der Mehrzahl nach zur sog. 
schonen Litteratur, auch aus Gebieten, die man 



VI 12, 1 quaedam genera Kbrorum certis irto- 
dulis conficiebantur , breviori forma carmina 
atque epistolae, at vero historiae maiori modulo 
scribebantur ; vgl. Rut. Nam. II Iff.). Birt 29 Iff. 
hat die Richtigkeit dessen im einzelnen an dem 
Biicherumfang der aus dem Altertum erhaltenen 
Schriften nachgewiesen. Nach ihm enthalt die 
poetische Rolle der Alten zwischen 700 und 1100, 
im Durchschnitt gegen 1000 Verse. Bei Apol- 



heute zur streng wissenschaftlichen rechnen wurde; 30 lonios von Rhodos steigt die Zahl bis 1779 und 



sie erhoben den Anspruch, allgemein gelesen und 
gewtirdigt zu werden, Der Umfang eines B.s 
■wurde daher von vom herein so berechnet, dass 
der gebildete Leser den Inhalt im Zusammenhang 
aufmerksam und mit Interesse lesen und geistig 
bewaltigen konnte. Darnach richteten sich im 
wesentlichen die Sinnabschnitte grfisserer Werke 
(z. B. der einzelnen Rhapsodien Homers) sowie der 
Umfang der einzelnen Dramen, Reden u. s. w. 



bei Lucrez bis 1455 ; auch die Dramen haben 
hOhere Zahlen. Prosawerke, die an einen weniger 
ausgedehnten Leserkreis sich wenden, kOnuen in 
den einzelnen B. 4 und 5 mal so viel enthalten. 
Auch wuchs der durchschnittliche Umfang der 
Rollen im Laufe der Zeit (Rutil. Nam. II Iff. 
nondum longus erat ('liber) nee multa volumina 
[hier die Einzelwindung der Rolle] passus). 
Urspriinglich waren wohl die Klebestellen der 



Nach den gleichen Gesichtspunkten wurde von 40 Blatter einer Rolle als Intercolumnien gedaeht 



den Gelehrten der grossen alexandrinischen Biblio 
thek die B.-Einteiluug der alteren umfangreichen 
Werke durchgefuhrt und bei der eigenen Schrift- 
stellerei verfahren (s. 'Afiiyeig fiiji/.oi). Dabei 
wurde im Durchschnitt jedem B. eine eigene Rolle 
bestimmt, so dass deren Umfang wesentlich nur 
inncrhalb der von den verschiedenen B. innege- 
haltenen Grenzen wechselte (Ulp. Dig. XXXII 
52 si cui centum libri sint legati, centum volu 



und die Rolle bildete eine Reihe verbundener 
Emzelbliitter. Da aber die Breite dieser nach 
der Sorte des Papiers und nach der Mode wech- 
selte, die Zeilenbreite andrerseits mehrfach, be- 
sonders bei Versen, feststand, so gewOhnte man 
sich daran, auch aber die Klebestreifen wegzu- 
schreiben (Birt 256ff.). Dem entspricht es, dass 
in den Unterschriften der Rollen zuweilen neben 
der Zahl der Schriftcolumnen die der Klebungen 



mina ei dabimus. Isid. or. VI 13 liber unius 50 oder Blatter angegeben wird (s. Scott Fragm. 



volumims). Fur die Vorzeit hat Birt a. O. 443ff. 
und mit ihm Marquardt-Mau 812 viel grossere 
Rollen angenommen, z. B. eine Thnkydidesrolle 
von 81 m. Lange. Dies ist aber an sich unglaub- 
lich (s. z.B. E.Rohde 1554f. H. Land wehr a.O. 
Fr. Blass 313). Vielmehr schrieb man damals zu- 
meist ohne Rucksicht auf Sinnesabschnitte von 
einer Rolle in die andere {av,uiuysX; fiip.oi) ; vgl. 
Lex. Vind. p. 273f. Nauck a! jiivxoi gaycp- 



Hercul. [Oxford 1885] nr. 1414 dgi&fio. y.cpgrjjl 
y.oU.rjiiaTa jj osXidis fa). Die oe/USes (Columnen) 
sind auch sonst gezahlt: s. Birt 159ff. Fragm. 
Here. nr. 1050 (pi. XLIl. 1426. 1427. 1428 und 
vgl. Br. Keil Herm. XXIII 347 (betr. den Pa- 
pyrus des Isokrates aus d. Mus. Bore'ly in Mar- 
seille). Selbst eine fortlaufende Zahlung der ein- 
zelnen Columnen am obern oder untern Rande 
findet sich (s. z. B. Fiihrer Pap. Erzh. Rainer 



Slat y.aza avvatpuav ijbovro, xoocovidt fiovy dia- 60 63 uber nr. 282 und Philod. .1. orjioo. 8' xmr 



oxsD.ousvai , a/./.o) d'ovdavl (dazu s. H. Diels 
S.-Ber. Akad. Berl. 1894, 357, 3). Eine Aus- 
nahme bildeten u. a. des Aristoteles eioterische 
Schriften, nach Cic. ad Art. IV 16, 2. Fur den 
engereu Privatgebrauch kam jene Art der Nieder- 
schrift nie aus der Mode, wie die Rollen der 
no/uzeia 'Afltjv. des Aristoteles beweisen; vgl. auch 
Haeberlin XIV 206 nr. 18. 210 nr. 26 (?). Nur 



elg dvo to jiooT. in Here. Vol. XD ; ob zum Zwecke 
des Citierens oder zur Orientierung beim Zu- 
sammenkleben der Blatter, falls odk und x6lt.r\ua 
da iibereinstimmen, ist fraglich; vgl. auch Mar- 
quardt-Mau 813, 4. Bei Iuv. VII 100 (nullo 
quippe modo millensima pagina surgit , all- 
gemein in Bezug auf den Geschichtschreiber) be- 
zc-ichnet pagina die Schriftcolumne, sonst aber 



i 



auch das Blatt, d. h. also die Klebung. Nieder- 
geschrieben wurden die B, ins Unreine in der 
Regel auf einzelne Blatter von Pergament (mem- 
branae pugillares) oder von (unter Umstanden 
maculierter) Charta, in alterer Zeit auch auf Wachs- 
tafelchen, vom Autor selbst oder — bei reichen 
und vielbeschaftigten Personen — nach Dictat 
von einem Sclaven. Dieser bediente sich dabei 
vieler Abkurzungen, bezw. einer Schnellschrift, 
und fuhrte daher in der Kaiserzeit den Namen 
noiarius (z. B. Plin. ep. Ill 5, 15 vom Oheim 
Plinius: ad latus notarius cum libro et, pugil- 
laribus. IX 20, 2. 36, 2). 

In den Pergamentcodices fiel die Beschran- 
kung des Inhalts auf ein B. weg; war doch 
Raumersparnis einer ihrer Hauptvorzuge ; s. Isid. 
or. VI 13, 1 codex multorum Ubrorwm est. Phot, 
bibl. 72 p. 35 flifiklov Krrjoiov . . . iv (SifiXCois xy . 
Durchweg lasst sich beobachten, dass umfang- 
reiche Werke, die fur einen einzigen Band zu 
gross waren, moglichst nach runden Zahlen auf 
mehrere Bande verteilt wurden. Dies entspricht 
der alteren Vereinigung mehrerer Rollen zu einem 
ovvrayfia (Cic. ad Att. XVI 3, 1), zu avvrd^sig, 
aiouara, ooiftdxia (lateinisch corpus, corpusculum); 
z. B. des Dio Cassius 'Pa>u. lax. nach Dekaden 
(s. Suid.), Plotinos (27 Bch.) nach Enneaden; 
vgl. Birt 34f. E. Rohde 1544f. C. Wachs- 
muth Rh. Mus. XLVI 329ff. Auch der Cod. Pal. 
Admontanus des Plin. n. h. war in Banden von 
je funf (nach Fr. Mone Prol. p. XII von je zehn) 
B. geschrieben. Mit Unrecht wollen Rohde und 
Wachsmuth diesen Brauch nicht auf Charta- 
rollen ausgedehnt wissen, obwohl diese sehr gut 
in den cistae und scrinia oder einfach durch Zu- 
sammenbinden in awtd^etg von bestimmter Zahl 
vereinigt werden konnten. Einen Anschluss an 
die Praxis der B.-Rollen kann man ferner darin 
sehen, dass die altesten Codices mehrfach auf 
einer Seite zwei, auch drei Columnen haben, dann 
allerdings mit kurzen Zeilen; die langzeiligen 
Vergilcodices sind nur in je einer Columne ge- 
schrieben. Auch wurden anscheinend manche 
technische Ausdrticke der B.-Rolle auf den Codex 
iibertragen, z. B. pagina (= xoX/.rjfia), die Columne 
der Rolle, auf das Blatt (urspriinglich nicht die 
Seite) des Codex, wahrend folium das Doppel- 
blatt ist; s. Isid. or. VI 14, 6 folia autem li- 
broritm . . . cuius partes paginae dicuntur. Die 
einzelnen Lagen wurden fortlaufend gezahlt, meist 
am untern Rande der letzten Seite, zuweilen 
aber auch auf der ersten Seite. 

V. Aussere Ausstattung. Diese diente 
teils der Niitzlichkeit teils dem Schmuck der B. 
Wahrend bei den Agyptern auf beiden Seiten fort- 
laufend beschriebene Rollen von alters her nichts 
Seltenes waren, wurden sie bei den Griechen und 
Romem, welche die B. weit anhaltender benutzten, 
zur Schonung des morschen Materials und der 
Schrift in der Regel allein auf der Innen- oder 
Vorderseite, d. h. derjenigen, auf welcher die 
Fasern der Papyrosstaude horizontal liefen fs. 
U. Wilcken Herm. XXH487ff. und L.Borchardt 
a. a. 0.-119) beschrieben. Nur ausnahmsweise 
wurden, um Raum zu sparen, gleich beide Seiten 
der Rollen benutzt (dxio&oyoarpa; z. B. Plin. ep. 
Ill 5, 17 und vgl. Birt 506." U. Wilcken Herm. 
XXIII 467). Sonst nahm man die Riickseite nur 



von maculierten Rollen in Gebrauch (Mart. IV 86, 
11 inversa pueris arande charta. Dig. XXXVII 
11, 4; vgl. auch die vier Rollen der nohx. 'A&r)v.)- t 
Weiteres s. bei Marquardt-Mau 815. Die Zei- 
lenzahl der Columnen hing von der Hfihe der 
Charta, der Mode und der Bestimmung der Rolle, 
ab, war innerhalb der einzelnen Rolle aber im 
ganzen gleich (vgl. Don. bezw. Euanth. arg. in 
Hec. Terent. a. E. und in Ad. a. E.). Die leeren 

lORander oben und unten waren breit, da sie leicht 
abfaserten; weniger bTeit die Intercolumnien. 
Dass die Esemplare derselben Auflage dieselbe Co- 
lumnen- und Seitenzahl hatten , was auf eine fabrik- 
massige gleichzeitige Herstellung einer grOsseren 
Zahl von Exemplaren schliessen lasst, ergiebt 
sich aus Mart. X 1 , 3f. Terque quaterque rnihi 
finitur carmine parvo Pagina: fac tibi me quam 
eupis esse brevem, d. h. einigenaale endet die 
Seite des (noch kurzen) B., also weit vor dem 

20 Ende — parvo ist Dativ — mit einem Gedichte; 
da kOnne der Leser das Ende des B. ansetzen 
(anders Friedlander z. d. St.). Die Lange der 
einzelnen Zeilen richtete sich in poetischen B. 
natiirlich nach der Lange der Verse, wennschon 
einzelne iibermassig lange Verse sehr frtih abge- 
brochen worden sein mOgen. Fiir Prosaschriften 
gab die Verslange der altesten griechischen Epen, 
d. h. die des Hexameters, eine feste Durchschnitts- 
lange von 16 Silben ab (man verweist auf die Sil- 

30 benzahl des ersten Verses der Ilias) , die auch fur 
das Lateinische (als versus Vergilianus) ange- 
nommen wurde (vgl. Plin. ep. IV 11 a. E., von 
Birt 161 nicht richtig erklart); s. H. Diels 
Herm. XVII 377ff. Th. Mommsen Herm. XXI 
142tf. XXV 636ff. H. SchOne Rh. Mus. LII 
135ff. und u. Stichometrie. Ch. Graux Rev. 
d. Phil. n. s. II 97ff. hatte bereits die Zeile auf 
34 — 38 Buchstaben oder 15 — 16 Silben berechnet 
(vgl. auch Fr. Blass 315). Fiir Prosaschriften 

40 war jene Silbenzahl vermutlich nur eine auf die 
ordnende Thatigkeit der Alexandriner zurikkzu- 
fiihrende Recheneinheit, welcher eine gleiche Lange 
der Raumzeilen nur ausnahmsweise entspraeh. Viel- 
mehr scheinen gerade kurze Zeilen beliebt ge- 
wesen zu sein, als bequemer beim Lesen, nach 
Ausweis der Herculanensischen Rollen. Gewiss 
wechselte hierin auch die Mode und spielte die 
Vorliebe des einzelnen eine Rolle. Eine Verglei- 
chung uberlieferter stichometrischer Angaben mit 

50 der annahernd berechneten Silbenzahl der be- 
treffenden Texte liess iibrigens vermuten, dass fiir 
altere Schriftsteller (Herodot und Demosthenes) 
eine etwas kiirzere Normalzeile von fiinfzehn Silben, 
fur Hippokrates bei Galen dagegen ein achtzehn- 
silbiger axi/o; neben einem von sechzehn Silben, 
(so auch im Galen selbst) anzusetzen sei (Diels 
a. O. 379f.), indes scheint namentlich jene Zeile 
von fiinfzehn Silben zweifelhatt zu sein; vgl. 
H. Usener Nachr. Gstt. Gesellsch. 1892, 191f. 

60 Thatsachlich kommen iibrigens auf den lateini- 
schen Hexameter nicht sechzehn, sondern nur 
wenig uber funfzehn Silben (Mommsen Herm. 
XXI 150); angemessenerweise erfolgte die Ab- 
rundung nach oben. 

Zum Zweck einer grOsseren Gleichmassigkeit 
der Schrift wurden Linien mit dem Blei (oder 
Minium?) vorgezogen mittelst einer schmalen 
runden Scheibe (s. Gardthausen 67), zunachst 



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senkrechte zur Abgrenzung der Columnen (s. Anth. 
Pal. VI 62, 1 KvxXoTegrj /.lokipov, aeXidcov atj/Liav- 
xoga TiXsvgfjg), aber audi fiir die Schriftreihen 
(eM. 66, If.); vgl. Wattenbach 215. Erstere 
meint Hesych. s. asXJSeg : . . . xct&diteQ xal iv xoTg 
fiifiUots xa jisxa^v xCov mxoaygacpaiv. Spuren der 
Linierung sollen sich noch in erhaltenen Papyri 
finden (s. A. de Jorio 38, 6; vgl. Becker-Rein 
375). Einzelne Teile, Werter oder Bucbstaben des 



festen Halt beim Aufrollen diente ein angeklebter 
cylindrischer Stab (oficpaXog = umbilicus, daber 
ad wmbilicum evolvere u. a.) ex ligno out osse 
(Porph. ad Hor. epod. 14, 8), dessen namentlich 
die normal behandelten Rollen fiir Bibliotheken, 
Buchbandel, Geschenke u. dergl. seit der Alexan- 
drinerzcit kaum je entbehrten (vgl. u. a. Hero 
7i. avtofi. ed. Paris, p. 268). Bei geringer Aus- 
stattung, namentlich fiir reine Privatzwecke, be- 



Textes, besonders den Titel und die Anfange der 10 diente man sich wenigstens in Agypten auch des 



Sinnabschnitte , Zeilen und dergl. dureh besondere 
Farbe, vor allem die rote, auszuzeichnen, war 
bereits bei den Agyptern ublich, bei denen des- 
halb von alters hei die Schreiber je mit zwei 
Federn und einer doppelten Farbenbiichse dar- 
gestellt werden. Von ihnen wurde die Praxis 
durch die Griechen und Romer iibernommen, kam 
aber in Chartarollen nur als besonderer Schmuck 
in Anwendung und war woM auf den Titel und 



Stengels von Binsen u. a. (s. z. B. J. Ziindel Eh. 
Mus. XXI 437); anscheinend fehlte das Stab- 
chen nicht selten auch ganz. Erhalten haben 
sich nur wenige unzweifelhafte Spuren davon und 
auch die Abbildungen laasen es nicht immer 
sehen. Auf die Ausstattung mit den Stabchen 
geht wohl der Ausdruck malleati in Dig. XXXII 
52, 5 (. . . perscripti lilwi nondum, malleati vel 
ornati), von alten Glossatoren durch eum asseri- 



dietTberschriftenderKapitelu.s.w. (daher rubrica) 20 bus erklart. Beim unbescbxiebenen Papier be- 



"beschrankt (Ovid, trist. I 1, 7 nee titulus minio 
. . . iiotetur). Paarweise finden auch bei ihnen 
sich die Tintenfasser auf Bildern. Vgl. iiberdies 
Abschn. VII. 

Man las die Rollen, den Anfang links in der 
Hand haltend und das Ganze mit der Rechten 
uach und nach aufrollend (riXslv, sXhxetv, avsUxxsiv, 
avaxvXhxuv bei Lukian. adv. ind. 16 und Nigr. 7, 
aviUsiv und i&XXeiv nach Bekk. Anecd. gr. 19, 



fanden sie sich vermutlich noch lose in der Rolle. 
Die Enden des Stabchens waren bei sorgfaltiger 
Ausstattung je mit einem angesetzten kleinen 
Bogen (cornu) versehen (z. B. Mart. XI 107 E%- 
plicitum nobis usque ad sua cornua librum), 
wohl um ein Verschieben der Rollenwindungen 
zu verhindevn. Mit Unrecht halten Becker-Rein 
377 und Marquardt-Mau 816, 6 cornua und 
umbilici der Rolle fiir identisch. In der Kaiser- 



14fF.), wobei die Linke das Gelesene wieder einrollte 30 zeit ging man sogar dazu iiber , die Rolle auch 



•oder auch offen nach links bin fallen liess. Zu 
letzt musste die Rolle wieder so zuriickgerollt 
werden, dass der Anfang des B. nach aussen zu 
liegen kam; es geschah nach Abbildungen so, 
dass man den Anfang der Rolle unter und mit 
dem Kinn festhielt und von unten an das B. um 
den umbilicus aufwickelte (s. Mart. I 66, 8 quae 
/charta) trita duro non inhorruit mento. X 93, 6. 
"" "" """ A. SchCne Woch. f. kl. 



im Anfang mit einem Stabe zu versehen zum 
starkeren Schutze und zum Aufrollen beim Lesen, 
doch blieb dies wohl auf Falle reicher Ausstattung 
beschrankt; s. Stat. silv. IV 9, 7ff. (Libellus) 
Noster purpureas novusque charta Et bints deco- 
ratus umbilicis. Mart I 66, lOf. Sed pumicatd 
fronts si quis est nondum Nee umbilicis eul- 
tus atqite membrwna. Ill 2, 8f. Et frontis ge- 
mino deceits Iwnore Pictis luxurieris umbilicis; 



Marquardt-Mau 818). 

Thil. 1891 Sp. 1291, 1 halt diese immer wieder- 40 vgl. Ovid, trist. I 1, 8. Tibull.-Lygd. Ill 1, 13, 

kehrende Manipulation fiir einen Grund der starken vgl. auch Marquardt-Mau 816, 1. Die Charta 



'. Manipulation 
Abnutzung der Rollen und fragt nach dem tech- 
nischen Ausdruck fiir das Zuriickwickeln. Cas- 
siod. var. XI 38, 5 stellt dem explicare (Offnen; 
evolvere bei Plin. ep. I 13, 2) das revolvere und 
colligere entgegen. Da der Anfang der Rolle 
vor allem der Beschadigung durch das haufige 
Offnen und durch Bestossen ausgesetzt war, 
pfiegte man ihn durch Aufkleben eines Quer 



wurde mit CedernOl parfiimiert zum Schutz gegen 
Wiirmer (Ovid, trist. 11,7. Mart. Ill 2, 7. Vitr. 
II 9, 13. Mart. Cap. II 136; Weiteres bei Mar- 
quardt-Mau 815); der obere und untere Rand 
des gerollten B. wurde mit Bimsstein geglattet 
und gefarbt (Cat. 22, 8. Ovid, trist. I 1, 8. llf. 
Tibull.-Lygd. Ill 1, 10. Mart. I 66, 10. 117, 16 
und s. o.). Auch wurde im Hinblick auf die 



streifens zu verstarken (s. U. Wile ken Herm. 50 spatere Aufbewahrung der Rollen im Kasten oder 



XXIII 466ff. L. Borchardt Ztschr. f. agypt. 
Sprache XXVII 119. Fiihrer Pap. Erzh. Rainer 
15ff.) oder aus starkeren Blattern groberer Qua- 
litat herzustellen (Fiihrer Pap. Erzh. Rainer 18). 
Er trug mancherlei auf die Rolle beziigliche Ko- 
tizen, die zum Teil schon vor der Benutzung zu- 
gefugt sein miissen, wie Fabrikzeichen , welches 
in spaterer Zeit die Provenienz aus aerarischer 
Fabrik bekundete, Zeit, Qualitat und Preis, aber 



armarium am obern Rande , im Anfang (?) der 
Rolle — nach einer (erganzten?) antiken Dar- 
stellung denkt man auch an die Mitte — , ein 
Streifen von Leder (olV.vfio; oder oOlvfiov. Trod- 
del, nach Hesych. tu>r fjtjttiojv to deg/^a; ahzv- 
jiov haben die Codd. von Cic. ad Att. IV 8 a, 2 ; 
lat. lorum, index, titulus) befestigt, auf welchem 
kurz der Titel des B. verzeichnet war; auf Ab- 
bildungen ist er von liinglicher, meist ovaler Form. 



auch andere unter Umstanden vom Schreiber zu- 60 Man konnte jenen so lesen , ohne die Rolle zu 



gefiigte Bemerkungen, besonders einen kurzen 
Titel. Dieser Streifen, vielleicht auch das ganze 
erstc Blatt der Rolle, hiess ^qwtoxoJIov (von 
fj x6)j.a, die Leimung). Das letzte Blatt (nsQaia) 
fuhrte entsprechend den Namen iaxoaoxoXlov und 
«nthielt in der Regel eine langere oder kvirzere 
Unterschrift. 

Zum Schutz des En des der Rolle und zum 



Offnen, ja ohne sie aus ihrer Htille zu nehmen, 
wenn sie in einer steckte (s. Cic. ad Att. IV 4b, 1: 
mittas de tuis librariolis duos aliquos, quibus 
Tyrannio utatur glutinatoribus , . . . Usque im- 
peres, ut sumant membranulam, ex qua indices 
fiant, quos Oraeci, ut opinor, ai/J.v^ovg appel- 
latis; vgl. Cic. ad Att. IV 8 a, 2). Cat. 22. 7 
{flora rubra). Ovid, ex Pont. IV 13, 7. Tib.-Lygd. 



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III 1, 12 (hier lese ich indicet ut nomen littera 
pacta [Codd. facta] ttium). Mart. Ill 2, 11 (et 
cocco rubeat superbus index) , obschon es nach 
dieser Stelle scheinen kOnnte, als hinge die Titel- 
etikette an der vorher (v. 10) erwahnten Hiille. 
Fiir Cicero war die Sitte noch neu, sie entsprang 
den Bedurfnissen grOsserer Bibliotheken und bildete 
sich gewiss in Alexandrien aus. Auch die er- 
wahnten Hiillen (unser Futteral, griechisch <pai- 
roXtjg , lateinisch paenula, Mantel) dienten zur 
vollen ausseren Ausstattung der B., waren aber 
gewfilmlich nur leere Chartablatter , die man 
um die beschriebenen Rollen wickelte (s. A. de 
Jorio 20 und Marquardt-Mau 81 7f.). In 
Lederbiillen verriet sich ein gewisser Luxus (Cat. 
22, 7f., wo membrana deireeta plwnbo das ge- 
nau abgemessene und zugeschnittene Leder be- 
zeichnet. Ovid, trist. I 1, 5. 9); sie waren gelb 
oder purpurfarben (s. z. B. Ovid, trist, a. O. Lygd. 
1, 9. Mart, in 2, 11. X 93, 4. XI 1, 2). Eine 
Hiille von Musselin erwahnt E. Egger Mem. 
d'hist. 159. Ein noch besserer Schutz fur die 
Chartarolle (beim Gebrauch?) scheint das ma- 
nuale gewesen zu sein (s. Mart. XIV 84 und vgl. 
Friedlander z. d. St.). Dies alles gehOrte zum 
Schmuck der B. , von dem Dig. XXXII 52, 6 
(libri . . . nondum . . . ornati) die Rede ist; ein- 
gehend aufgezahlt auch bei Lukian. adv. indoct. 7 
(aveXixxsig del xal diaxoXXeig xal asQixomug xai 
dXsiipeis xio xqoxo) xal xfj xs8qoj xal diip'&sgag 
jir.oi^aXXsig xal S/mpaXovg Ivridetg xxk.). Besonders 
prachtvolle Rollen sind von Lukian beschrieben de 
mere. cond. 41: role xaXUaxoig xovxoig (SifiXiois, 
&v zQvaoi [i'ev oi ofitpaXoi, xoQtpvga S's exto&ev fj 
Sirpdepa, sowie adv. indoct, 7 (fliflXtov) nogcpvgav 
/j.sv s^ov xrjv dupd-ioav , xqvoovv di xov djupa- 
X6v. Origenes verwendete, vermutlich nicht allein, 
Frauen zum SchOnschreiben (Suid. p. 1 153 a Bekk.). 

Antike Abbildungen von Rollen sind nicht 
selten. Ausser dem, was bei Marquardt-Mau 
818, 5 mit Beschrankung auf bestimmte Darstel- 
lungen angefiihrt ist (nur gelesene Rollen sind 
beriicksichtigt) , vgl. Pitt. ant. d'Ereol. II 7. 55 
(= 221). 59. G. Marini Pap. dipl. (1805) Titel- 
bild (= Pitt. d'Erc. II 13 t. 2). A. de Jorio 
Offic. de pap. (1825) tav. I (vgl. p. 58ff.). Lach- 
mann Gromat. vet. (1848) Titelbild (woher?). 
Giorn. d. scav. di Pomp. n. s. ni t. VI (Figur). 
Arch. ZeitXXXI (1873) Taf. 1 (dazu Aufsatz 
von Ad. Michaelis). Niccolini Case di Pomp. 
II tav. 87 (Feld 1 = Pitt. d'Erc. II 221 ; Feld 
3 = Pitt. d'Erc. V 375). Gauckler Compt. 
rend, de l'ac. d. inscr. Paris 1896 zu p. 580. 
tJber die plastische Darstellung von Rollen s. o. 
S. 945f. und spater in Abschnitt VIII. 

In Pergainenthandschriften warden Linien, so 
viel sich sehen lasst, nicht mit Blei gezogen 
(Cat. 22, 7 geht auf anderes), sondern — je- 
denfalls in spaterer Zeit — mit der stumpfen 
Schneide eines Instrumentes eingedriickt, so dass 
sie auch auf deT Riickseite sichtbar waren. Die 
Haarseite des PeTgaments erhielt den Eindruck 
(Gardthausen67f. Wattenbach 215). Senk- 
rechte .Linien begrenzten zu beiden Seiten die 
Zeilen. Der erste Buchstabe einer Seite, unter 
Umstanden auch ihr letzter, wurde haufig etwas 
grosser geschrieben. Nach der spateren Praxis 
zu urteilen, wurde innerhalb der einzelnen Lagen 



(xEtfja&ia, tstQaoaa, tgiaod, quaterni, quaierniones 
u. s. w.) Haar- auf Haarseite und Fleisch- auf 
Fleischseite des Pergaments gelegt, was die Wah- 
rung der richtigen Blattfolge erleichterte (s. K. 
Dziatzko Centr. f. Bibl. IX 342f.). In grie- 
chischen Codices pflegt die Fleischseite, in latei- 
nischen die Haarseite des Vorderblattes jeder Lage 
in alterer Zeit nach aussen gekehrt zu sein (s. 
Dziatzko a. O.). Doch giebt es auch sehr alte 

10 Codices, deren Lagen so zusammengestellt sind, 
dass stets die Haarseite vorn ist. Fur die ein- 
zelnen Lagen wahlte man in der Regel je vier 
oder funf Doppelblatter {folia, diplomata); viel- 
leicht war das eine oder andere an die Praxis 
gewisser Schreibschulen gekniipft. Die Lagen von 
vier Bogen miissen das GewShnliche gewesen sein, 
da das Wort quaterni im Laufe der Zeit auch 
fiir kleinere Lagen der Codices gebraucht wird 
(Wattenbachl77f.). Uber die Zahlung der Lagen 

20 s.o. S. 953. Fiir kostbar ausgestattete Codices wahlte 
man purpurgefarbtes Pergament und schrieb dar- 
auf mit Gold- oder Silberschrift und mit beson- 
ders grossen Buchstaben (vgl. Wattenbach 1321, 
besonders Hieron. praef. in lob. [ed. Vail. IX 
1100f.] Habeant qui nolunt veteres libros vel in 
mernbranis purpureis auro argentoque descriptos, 
vel uneialibus ut vulgo aiunt litteris, oncra magis 
exarata quam codices; vgl. Hist. Aug. Maxim, 
duo 30, 4). Uber Chrysographie s. auch K. Wes- 

30 sely Wien. Stud. XII 259ff. Im iibrigen schlossen 
die Pergamentcodices sich in Bezug auf die aussere 
Ausstattung eng an die Praxis der Chartarollen 
an und wichen davon nur allmahlich in Einzel- 
heiten ab. Die erhaltenen Vergilhandschriften 
scheinen zum Teil gerade Prachtexemplare ge- 
wesen zu sein, die aus diesem Grunde gut verwahrt 
warden und so dem Schicksal der Vernichtung 
entgingen ; auch waren sie gleich den Bibelcodices 
ihres Inhalt.es wegen mehr verbreitet. Uber 50 

40 vtco xeyvn&v xaXXty(>a<p<ov kunstvoll hergestellte 
Codices der Bibel erwahnt Euseb. v. Const. IV 36f. 
Auch Papst Damasus hatte um 354 seinen Schfin- 
schreiber, Furius Dionysius Filocalus (s. M. Ihm 
Rh. Mus. L 196f.). Natiirlich pflegten kunstvoll 
geschriebene Codices auch einen kostbaren Ein- 
band zu erhalten. In spaterer Zeit des Alter- 
tums verwendete man vielfach dazu frflhere Di- 
ptychendeckel mit Schnitzereien in Elfenbein oder 
mit Metallschmuck und Edelsteinen ; vgl. u. D i - 

50 pty cha. 

VI. Innere Ausstattung. Diese erstreckte 
sich zumeist nur auf die fiir Bibliotheken, den 
Buchhandel, zu Geschenken und aus andern Grun- 
den mit besonderer Sorgfalt hergestellten Exem- 
plare, wahrend gewohnliche Privatabschriften hin- 
sichtlich der Fiirsorge fiir Text und Verstandnis 
durchaus von der Neigung des einzelnen Besitzers 
oder Schreibers abhingen. Indes hat sicher die 
Praxis der offentlichen Exemplare vorbildlich auch 

60 auf die andere Klasse eingewirkt. Erst die Or- 
ganisation der alexandrinischen Bibliotheken und 
deren Bediirfhisse haben Regeln und Gewohn- 
heiten geschaffen , welche von den Musterrollen 
jener Sammlungen aus den Buchhandel Alexan- 
driens und die weitere Herstellung von Abschriften 
auf der ganzen von Hellenen bewohnten Erde, 
aber ebenso im ROmerreiche beeinflussten (s. o. 
S. 414). Dass Aristoteles dazu schon vorher die 



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Wege gewiesen hat, ist an sich und nach directen lage geben zur Feststellung des Schreibelohnes 
i Nachrichten nicht unwahrscheinlich (Strab. XIII (vgl. Ed. Diocl. in CIL III p. 831 [7 Z. 39f.l); 
608. Cic. ad Att. IV 16, 2) ; auch ist, wie sich ehenso ferner dem Buchhandler und dem Publikum 
fur einzelnes noch nachweisen lasst, die Praxis als Massstah fur Ansetzung, bezw. Beurteilung 
der iigyptischen Schxeiber , die auf eine lange, des Ladenpreises dienen ; vgl. die Unterschrift des 
gleichmassigeTraditionzurucksehenkonnten,mass- Cod. Chelt. 12266 p. 67 (bei Th. Mommsen 
gebend gewesen. Vor allem erhielten die B. einen Herm. XXI 142ff. , vgl. XXV 636ff.) Quoniam 
Titel, entweder im Anfang (s. z. B. Here. vol. indiculum versuum in urbe Roma, non ad liqui- 
ds. I [Oxon. 1824] p. 83. 106. II p. 46. Haeber- dum, sed et alibi avariciae causa non kabmt 
lin XIV 220 nr. 36) oder am Ende der Kolle in 10 integrum, per singulos libros eomputatis sylla- 
Verbindung mit den sonstigen Angaben der Unter- bis posui /// [ich erganze cp = pro) numero XVI 
schrift (s. a. O. ps. I p. 26. II p. 45. 155. Scott versum Virgilianum, omnibus libris numerum 
Frgm. Here. p. 180. 239 und Taf. XLI. Hae- adseribsi. Mart. 118, 3f. noeuit librarius illis, 
berlin_ XIV 221f. ; vgl. S. 950). Letzteres Dum proper at versus adnumer are tibi. Bei der 
kommt in den Vol. Hercul. anscheinend efter vor. unvermeidlich verschiedenen Hohe der Charta- 
Im ganzen flnden sich nach Birt 128 etwa 69 rollen musste die Zahl der Zeilen ihrer Columnen 
Buchtitel in den Herkul. Rollen. Kurz wurde verschieden sein und die Zahlung der Seiten einen 
das Ende der B. durch die xoowvig ( g ) gekenn- ganz unsichern Massstab fiir den Unifang einer 
zeichnet (s. Mart. X 1, 1. Lex. Vind. ed. A. Nauck Schrift abgeben. Aber auch die Zahlung der 
273, 18 und vgl. H. Diels S.-Ber. Akad. Berl. 20 Zeilen war bei ihrer ganz verschiedenen Lange 
1894, 357). Die Gewohnheit gerade am Ende den (in Prosawerken) ungeniigend (vgl. Quint. X 3, 32). 
Urofang der Schrift nach axijoi und Columnen Eine andere Zahlung betraf die rhythmischen 
(oeWes), mitunter auch die Zahl der Klebungen Glieder lyrischer Schriflen und lyrischer Teile von 
(s. o. S. 952) , oder doch einzelnes davon anzu- Dramen oder die Sinnabschnitte (xcola, xoftfiaxa) 
geben, fiihrte dazu, ihren Titel hier anzufuhren. eines B. (s. u. Kolometrie). Nach diesen rhyth- 
Am Anfang war er entbehrlicher, da man an der mischen Gliedern waren die Schriften in der Eegel 
Aussenseite des Anfangs der Eolle kurz ihren In- auch geschrieben. Bei Prosawerken geschah es 
halt kund zu thun pflegte , um des Aufrollens nur in B., bei denen es auf eine genaue Unter- 
uberhoben zu sein zur Feststellung des Inhalts. scheidung der einzelnen Satze (Gedanken) ankam, 
Privatabschriften entbehrten gewiss hauflg ganz 30 wie in Gesetzen und Verordnungen (tituli, rubricae 
einer Aufschrift und damit der Verfasserbezeich- u. a.) , ferner in solchen Werken der Litteratur, 
nul) g; s. Galen, jr. x. id. (itftt. (XIX 9f.): cpiloig die zu Lehrzwecken verwendet und dabei ein- 
yaQ^ tj na&rjTals iSldozo %a>Qis exiygatpijs, cos av gehend analysiert wurden, z. B. Demosthenes und 
ovbh tzqos e'xdomv. Der Verfasser konnte die Cicero nach Hieron. praef. ad Jes. [ed. Vail. IX 
Nennung seines Namens unterlassen, da dieser 683]; vgl. Kastor Ehet. gr. "Walz III 721. Es 
sich ja meist aus der Zusendung ergab. Nicht giebt Cicerohandschriften, welche mit solcher Satz- 
mit Unrecht darf man daher die Anonymitat abteilung geschrieben sind, so der Paris, lat. 6332 
mancher antiker Schriften aus ihrer Abstammung (de sen. und Tusc); vgl. Birt 219ff. (mit einer 
von solchen Privatexemplaren herleiten (z. B. die Probe nach Ch.Graux a. 0. 126f.) und Chatelain 
IV libri de rat. die. ad Herenn.; vgl. Fr. Mars 40 pi. 44. Seinen Ursprung hat der Brauch von der 
ed. prol. Iff.). Dass Dedicationsepisteln auf die melischen Dichtung; vgl. Etym. M. p. 550 (= 
Aussenseite der Bollen geschrieben worden seien, Etym. Gud. p. 357) : xwla y.voicog iai x&v peXo- 
wie L. Friedliinder zu Mart. II epist. Z. 14 und noiibv, fiexatpoQixcog em x&v xe£oi.6ya>v xco/ioig fit) 
zu I epist. (S. 162) nach Birt 142 wegen Mart. yocog,eva>v. Eugenios verfasste um 500 n. Chr. 
LT a. O. und IX epist. (epigramma, quod extra eine besondere Schrift unter dem Titel Kwlo/xexQia 
ordinem paginarum est) annimmt, halte ich fiir xcov ftehfttov Aloyilov, Socpoxleovg xai Evgimdov 
unwahrscheinlich. Vielmehr waren jene Briefe in duo dgafidxcov ii. Zwei Reste dieser Zahlung 
Prosa die Begleitschreiben (wahrscheinlich in be- scheinen sich zu Cantica plautinischer Lustspiele 
sonderern Schriftstuek) bei Ubersendung der be- erhalten zuhaben; s.K.Dziatzko Jahrb. f.Philol. 
treffenden Dedicationen an die jedesmaligen Gon- 50 1883, 61ff. Auf diese oder ahnliche Angaben be- 
ner. Spater erfolgte ihre VerSffentlichung unter ziehen sich auch zwei merkwiirdige Stellen des 
Vorausschickung des Widmungsbriefes, wobei der Donat (praef. Ad. a. E. und tract, de com. a. E.) 
Test nicht geandert wurde, obschon er fiir jenen liber die Bezeichnung der modi mutati can- 
als Teil der Eolle nicht ganz passte. tici (vgl. Fr. Bitschl Eh. Mus. XXVI 599ff.). Die 
Der Schluss der Eolle (xo/.oqxJiv) enthielt, wie canonisch-theologischen Schriften des Christen- 
vorher erwiihnt, ausser Titel und Zahlung des turns erfuhren sehr frtih cine gleiche Behandlung; 
ausseren Umfanges (s. o. S. 950) die Zahlung so die poetischen B. der Septuaginta durch Ori- 
der ozlyoi {versus) , d. h. der metrischen Verse genes (Euseb. hist. ecel. VI 16. 4), die Briefe u. a. 
oder der Prosazeilen von der Lange des homeri- des Neuen Testaments durch Euthalios (s. Migne 
schen, bezw. vergilianischen Verses von 16 Silben; 60 Parr. gr. LXXXV629. 633); s. auch Hieron. a. O. 
s. dariiber oben S. 954. Herodian. de num. und vgl. Birt 178ff. Von den Exemplaren ge- 
in Steph. Thes. gr. Vlll 689 ed. Lond. lehrt: wisser Schriften des Hippokrates, die zu Galens 
xavza (die alteren griechischen Zahlzeichen) ev Zeiten und fruher in den Medieinerschulen ge- 
ts xoXg yoacpatg xSn> fStftlicov mi xolg xkoaoiv braucht wurden, lasst sich aus Stellen, wie sie 
So&fisv yoarpofteva. Ihr Zweck war zuniichst H. Schoene (Ausg. des Apollon. Kit. 1896 Keg. 
Feststellung der Vollstandigkeit eines Exem- II agt&ftoi = axtyoi) beigebracht hat , schliessen, 
plares (deshalb durehgefiihrt in der alexandrini- dass in ihnen bei gleicher Zeilenlange zum Zwecke- 
schen Bibliothek). Ferner sollte sie die Grund- des leichten Citierens Zeile fur Zeile fortlaufend. 



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Buch 



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gezahlt wurde (vgl. die Ausgabe von Mc. Perot- Bibliothek). Das distinguere bezog sich auf die 

tus Cornucopia durch Aldus Manutius d. Aelt. richtige Unterscheidung der Worter, Satze und 

[1499], m der zuerst von modernen Drucken sich grOsseren Gedankenabschnitte , auch auf Accente 

Zeilenzahlung findet), so dass &Qi&p6s im Sinne und Aspirationszeichen. Dies alles war infolge 

fon atixog gebraucht werden konnte. der antiken seriptio continua keineswegs selbst- 

Ausser auf Dber- und Unterschrift der Bollen verstandlich. Ausnahmsweise wurde die Wort- 

erstreckte sich die Fiirsorge fur das VeTstandnis trennung nach Art der lateinischen Inschriften 

des Inhaltes vor allem auf den Text. Da in die auch ausserlich durch Interpungieren deT Wfirter 

Abschriften sich, zumal wenn sie nach Dictat zu verdeutlicht, wie in dem Fragment de hello Actiaco 
stande kamen, sehr leieht Fehler einschlichen, die 10 (s. W. Scott Fragm. Hercul. Taf. A— H) und auch 

bei weiterem Abschreiben sich vermehrten (vgl. in einem der Majuskelcodices des VergU (Vatic, lat. 

Cic. ad Qu. fr. in 5f. De Minis (libris) quo 3867. Zangemeister-Wattenbach Ex. cod. 

me vertam, nescio; ita mendose et soribuntur et lat. t. 11). Consequent interpungiert wurde vor 

veneunt. 6, 6; ad Att. XUI 23, 2. Hor. ep. U 3, und hinter Abkurzungen, Zahlzeichen (fiber diesen 

354f. Strab. XIII 609; Weiteres s. bei Vi Hois on stehen auch Striche) u. a. Sinnesabschnitte im 

praef. H. [Venedig 1788] p. 34f.), so wurden in der Unifang unserer Paragraphen (oder Kapitel) be- 

Kegel, allerdings nur im Princip oder doch allein zeichnete man meist durch die aaQdyQa<po;, einen 

in den Schreibstuben tuchtiger und gewissenhafter kurzen wagerechten Strich am Eande unterhalb der 

Buchhandler, wie des Atticus, Trypho u. a., die Zeile, in welche der Abschnitt fiel (sehr haufig in 
von den ersten Schreibern angefertigten Abschrif-20 den Eesten antiker Bollen); auch im Text iiber 

ten von einem andern besser geschulten Mann der dem ersten Buchstaben des neuen Absatzes steht 

gleichen Officin zum Zwecke des Corrigierens (axQi- Punkt oder Strich. Zuweilen liess man kleine 

fiovv, Sioq&ovv, emendate) durchgelesen (Cic. ad Liicken innerhalb der Zeile, nach denen unter 

Att. XII 5, 3. XIII 23, 2. Mart. X 78, 12), viel- Umstanden der erste Buchstabe etwas grosser ge- 

leicht stellenweise mit der Vorlage oder guten schrieben wurde. In die Liicken oder an den 

alten Exemplaren verglichen (vgl. z. B. die sub- Eand setzte man auch ein besonderes Zeichen, das 

seriptio zu Cic. de leg. agr. II: Emendavi ad urspriinglich die Abkurzung einer Hieroglyphe ist 

Tironem et Laecanianum et dom [wohl = Do- (Ideogramm von goreh = Pause), woraus sich unser 

milium] et alios veteres III; vgl. auch Hieron. Paragraphenzeichen e'ntwickelt hat (s. H. Omont 
devir. ill. 35; s. auch Marquardt-Mau 831f.). 30 Cod. Sarr.-Colb. praef. VIII). Das Zeichen >(gleich 

Dies war in den Schreibstuben der Buchhandler der dmlij), einzeln oder wiederholt, diente zur Aus- 




j3Ua werden bei Diog. Laert. V 73 den avsxdoxa Die eigentliche adnotatio bestand in dem Beifflgen 

gegeniibergestellt (nach Hermann -Bliimner bestimmter Zeichen {arjftsTa, notae), zumeist mit 

Griech. Priy. Alt. 432, 3 Oifentlich vorgetragen). kritischer Bedeutung, auf dem Eande des Testes in 

Die so corrigierten Bollen erhielten zum Ausweis Bezug auf diesen. Die Sitte stammt von den alexan- 

darfiber am Ende die Unterschrift diwodtotai (vgl. drinischen Gelehrten her; otjfieta in alten Plato- 

H. Omont Vet. Test. gr. cod. Sarrav.-Colb. [1897] 40 ausgaben erwiihnt Diog. Laert. HI 65f. nach Anti- 

praef. IX; ob auch dviyrcovl), legi, emendavi, gonos Karystios. In griechischen Papyri flnden 

auch eontuli oder relegi (spat ist recensui). In sich noch einzelne der aristarchischen Zeichen; 

alten Pergamentcodices hat sich dieser Vermerk vgl. W. v. Hartel45ff. 78f. J. LaEoche Wien. 

am Ende der Biicher (den einzelnen Bollen ent- Studien XIV 150ff. H. Omont a. O. p. IX. 

sprechend) nicht seiten erhalten. B«i Geschenk- J. H. Bernard Trans. R. Ir. Ac. XXTX 656. 

exemplaren besorgte ausnahmsweise der Verfasser A. Ludwich a. v. St. C. Haeberlin XTV 

selbst die Durchsicht (Mart. VII 17, 7f.; vgl. 209 nr. 25. Origenes gebrauchte sie in den hlg. 

auch VII 11. Fronto ad M. Caes. I 6). Nach- Schriften. Accente und Noten flnden sich mehr- 

lassige librarii unterliessen die Corrector, zumal fach; z. B. in einem Fragment des Alkman (s. 

wenn die Herstellung der Abschriften drangte50E. Egger M^m. d'hist. anc. 159); fiber Quan- 

oder auf Massenabsatz einer Schrift gerechnet war. titatszeichen s. A. Ludwich Ind. lect. hib. Eegiom. 

Ausser und noch vor der emendatio wurde 1892/93, 6ff. Die RCmer ahmten den Gebrauch 

den sorgfaltig behandelten Texten die distinelio, nach] Sueton handelte von ihnen im Werke de 

nachher aber die adnotatio zu teil als Ausfluss vir. ill. im Anschluss an Valerius Probus (s. Anecd. 

der redigierenden Thatigkeit eines wissenschaft- Paris, bei Suet. p. 137ff. Reiff.); er fuhrt 21 notae 

lichen Correctors. Zunachst wurden nur die Vor- an , von denen ein Zeichen (vermutlich alogug 

lageexemplare, das oQyhvxov des Autors (Mart. VII a. O. 138) ausgefallen ist. Auch Isid. orig. I 21 

11, 4) oder die als deren Ersatz geltenden avxi- bespricht sie, doch haben bei ihm die Zeichen 

yoatpa (exemplaria), so behandelt, teils durch den und deren Bedeutung zum Teil sich geandert; 

Alitor selbst oder einen seiner geflbten Sclaven, 60 vgl. auch Anson, lud. s. sap. 13ff. (pone obelos 

teils — bei sog. litterarischen Gemeingut, d. h. bei igitur, primorum stemmata vatum u. s. w.). 

verstorbenen Autoren — durch einen grammaticus Ausserdem benutzte man den Eand zu sticho- 

(Suet. de gramm. 24). In die gewChnlichen Ab- metrischen Zeichen, horizontalen Strichen, aber 

schriften ging wohl nur ein Teil davon ttber. Von auch fortlaufenden Zahlen, welche das Ende von 

namhaften Gelehrten corrigierte Exemplare waren je 100 oder je 50 Zeilen angaben (Partialsticho- 

natiirlich sehr geschatzt (s. z. B. Fronto ad M. metrie). Sie scheinen in dieser Form vorwiegend 

Caes. I 6. Galen. VH 239 fiber ein mit %aQa- zur Controlle der Hauptzahlen gedient zu haben 

xtfjQsg versehenes Exemplar der alexandrinischen (s. C. Wachsmuth Rh. Mus. XXXIV 38ff.), doch 



Pauly-Wiseowa III 



31 



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finden sich auch Citate von Stellen nach der Vers- 
zahl; vgl. z. B. Diog. Laert. VII 33. 187f. Birt 
169f. Namentlich wird bei Asconius nach Zehnern 
citieit, und zwar nicht durch die ganze Rede, 
sondern a prima, circa medium, a novissimo, 
woraus wohl zu schliessen ist, dass die Absatze 
nur durch Zeichen, nicht durch Zahlen angezeigt 
waren und dem Leser das Nachzahlen iiberlassen 
blieb (anders Birt 177). Eeste dieser Partial- 
stichometrie sind besonders in einigen griechi- 
schen Hss. gefunden worden (s. M. Schanz Herm. 
XVI 309ff. K. Fuhr Kh. Mus. XXXVn 468ff. 
W. Christ Abh. Akad. Munch. Phil. CI. XVI 
155ff. Ch. Graux Rev. de phil. n. s. II 137f.; 
vgl. Haeberlin XIV 203 nr. 6. 210 nr. 26), 
doch kOnnen noch mehr in Codices versteckt sein. 

Interlinear- und Randglossen, sowie vollstandige 
Commentare den Texten selbst beizufiigen zu Lehr- 
zwecken, war in den guten Zeiten des Altertnms 
nicht gewChnlich. Schon die schmalen Inter- 
columnien der Rollen und die leichte ZerstOrbar- 
keit der Bander hinderte dies, solange nicht Perga- 
menthandschriften das gewOhnliche Material fiir 
Litteraturwerke waren. Indes fehlen Glossen 
und Scholien in antiken Bollen durchaus nicht; 
vgl. E. Egger Mem. d'hist. anc. 160f. in Bezug 
auf das schon erwahnte Alkmanfragment; ebenso 
bei B. P. Grenfell and A. Hunt. Greek pap. 
ser. II (1897) nr. XII (p. 24) aus dem 3. Jhdt. 
v. Chr. Ein Odysseefragment des 1. Jhdts. n. Chr. 
hat Scholien zwischen und fiber den Columnen (s. 
F. G. Ken yon Journ. of phil. XXII 238ff. und 
dazu A. Ludwich Homerica, Konigsberg 1894). 
In der Regel warden die vnofiv^^wia (commenta) 
in besonderen Buchern niedergeschrieben und ver- 
breitet, so des Asconius Commcntar zu Ciceros 
Reden , Galens Commentar zu Hippokrates u. a. 

Von den Pergamenthandschriften gilt hinsicht- 
lich der inhaltlichen Ausstattung im wesentlichen 
das Gleiche wie von den Chartarollen. Da sie 
auf wesentlich langeren Bestand berechnet waren, 
wurde ursprtinglich alles wohl noch planmassiger 
und sorgsamer ausgefuhrt und in den Unter- 
schriften gewohnlich Rechenschaft gegeben fiber 
den Urheber, die Grundlage oder wenigstens die 
Thatsache der Recension. Die Reste der Sub- 
scriptionen sind gesammelt nach J. H. L. Lersch 
(Mus. d. rhein. westf. Schulm.-Ver. IH 243ff.) in 
grundlegender Weise von 0. Jahn Ber. S. Ges. 
Wiss. Ill (1851) 327ff.; sie beziehen sich auf 
16 Prosaiker und 7 Dichter. Fortgesetzt sind 
diese Dntersuchungen von Fr. Haase (Ind. lect. 
Vratisl. 1860), Aug. ReiffeTscheid (iiber patri- 
stische Codices, Ind. lect. Vratisl. 1872); vgl. 
auch K. Dziatzko Comm. Woelfflin. [18911 
225ff. P. Lejay Rev. de phil. XVIII 53ff.; ferner 
zum Anct. ad Her. Fr. Marx edit, praef. Iff., zu 
Hippocr. progn. lat. H. K ub 1 we in Herm. XXV 
120. 122 u. s. w. 

VILOrnamentierungundlllustrierung. 
Wahrend der oben S. 955 erwahnte Gebrauch ver- 
schiedenfarbiger Tinte zur Hervorhebung des In- 
haltcs einzelner Teile des Textes diente, fingen 
uberdies Mh, d. h. in alexandrinischer Zeit, die 
Griechen auch an , durch Zeichnung und Farbe 
einzelnen B. einen besondern Schmuck und 
dem Text belehrende Anschaulichkeit zu verleihen, 
Zahlreiche Papj-rosreste weisen Spuren farbiger 



Initialen und Bilder auf; offenbar wirkte da die 
sehr alte und ganz gewOhnliche Praxis der agyp- 
tischen Rollen mit, welche die hieroglyphischen 
Texte nebenan durch zweifarbige Darstellungen 
erlautern. Vgl. C. Leemans Mon. egypt. II B 
pi. 226. Chabas Pap. mag. Harris p. 2. Cata- 
logo gen. d. mus. di antich. n. gall, e bibl. d. 
regno, ser. I vol. I (Roma 1881). A. Fabretti 
R. Museo di Torino (Tor. 1882) nr. 2031 — 

10 2041. W. v. Hartel 43. 52 (61 Stiicke d. 
Samml.). Fiihrer Pap. Erzh. Rainer 63 u. s. w. 
Zeichnungen in Wachstafeln sind von Maneth. 
VI 523f. erwahnt (evzrjxzov z' Said xtjqov ivgs- 
oraTg oavlfieooiv /loocpas ninrjlfjai x a Q aoc>a -t l &'>' ov S 
yoatpiSeamv). Ja schon Anaximander hat nach 
Eratosthenes (bei Strab. I 7) yscoyQayixbv aivaxa 
herausgegeben , falls wir uns diese Tafel nicht 
bios als Tabelle ohne Zeichnung zu denken haben. 
Nach Plin: n. h. XXV 8f. war es bei den Griechen 

20 seit langerer Zeit fiblich, den Beschreibungen von 
Pfianzen ihre Zeichnungen beizufiigen, ja einzelne 
(Krateuas, Dionysios, Metrodoros) unternahmen es 
gar diese auszumalen, was sich aber nicht be- 
wahrte, so dass Spatere davon abgingen, ja selbst 
die Beigabe der Zeichnungen unterliessen. Ob 
das, was Petron. 2 (pictura qwoqwe, mm alium 
exitum fecit, postquam Aegyptiorum audaeia 
tarn magnae artis compendiariam invem't) und 
Plin. n. h. XXXV 110 iiber gewisse technische 

30 Hulfsmittel zum Schnellmalen als Grund des Ver- 
falles der Malerei bei den Griechen bemerken, 
sich auch auf die Illustrierung von B. bezieht, 
ist aus dem Wortlaut nicht zu entnehmen. Die 
ROmer, die ohne Zweifel den Griechen folgten 
und auf diesem Gebiet zumeist durch Griechen 
arbeiten liessen, hatten fruhzeitig besondere Vor- 
liebe fiir das Portrat, und Varro wagte es sogar 
in seinen imagines (50 B.) ein Werk herauszu- 
geben, das wesentlich — gleichviel nach welchen 

40 Quellen — Portratzeichnungen von 700 beruhmten 
Mannern mit beigefiigten biographischen Notizen 
enthielt (Plin. n. h. XXXV 11 imaginum amo- 
rem flagrasse quondam testes sunt Attieus ilk 
Ciceronis edito de iis volumine, M. Varro be- 
nignissimo invento, insertis voluminum suorum 
fecunditati septingentorum inlustrium aliquo 
modo imaginibus). H. Usencr hat aus dieser 
Stelle wohl mit Unrecht auf ein besonderes Ver- 
fahren des Attieus zur Vervielfaltigung seiner 

50 Bilderhandschriften gesehlossen (Nachr. Gott. Ges. 
d. W. 1892, 201); vgl. K. Dziatzko Zwei Beitr. 
8ff. Der Gebrauch von Stempeln. selbst. umfang- 
reichen, zur Wiedergabe formelhafter WSrter — 
gewiss anschliessend an den Gebrauch von Siegel- 
ringen — steht freilich fiir das Altertum vOllig 
fest (s. W. v. Hartel 51 [50 Stiicke]. Fuhrer 
Pap. Erzh. Rainer a. v. St. [vgl. 8. 290ff.]). Ab- 
drucke in roter Farbe, sowie Stempel selbst (von 
weichem Kalkstein) haben sich erhalten; s. Griech. 

60 Urk. d. Berl. Mus. I nr. 183 (aus 84/85 n. Chr.). 
Diese aber fiir Bilder in Anwendung zu bringen, 
wurde sich nur bei einer sehr starken Anflage 
gelohnt haben und ist jedenfalls nicht nachweisbar. 
Auch spater ausserte sich die Vorliebe der 
ROmer fiir das Portrat (vgl. Iuv. 9, 145f.) darin, 
dass den Schriften eines Autors sein Bild, wohl 
zugleich mit biographischer Erlauterung, vor- 
gesetzt wurde (Sen. de tranq. an. IX 6 nunc 



965 



Buch 



Buch 



966 



ista conquisita, eum imaginibus suis descripta 
saerorum opera ingeniorum u. s. w.; vgl. Plin. 
n. h. XXXV 8f. Mart. XIV 186); die Buchhandler 
hielten dazu sich artifices (Nep. v. Att. 13, 3); 
vgl. E: Be the De Theocriti editionibus anti- 
quissirnis, Rostoch. 1896. Spottbilder eines Hermo- 
genes von Tarsos auf den Kaiser (in historia 
figuras) erwahnt Suet. Dom. 10. Agypten blieb 
anscheinend infolge der uralten Tradition durch 



vorlegten, waren gewiss zum grossen Teil von 
ihnen selbst oder ihren Sclaven geschrieben. Noch 
im Anfang des 3. Jhdts. v. Chr. schickte nach 
Diog. Laert. VII 36 KOnig Antigonos (Gonatas) 
dem Philosophen Zenon aus Kition nach Athen 
Sclaven zum Geschenk elg ftifHioy(>a<f>lav, offenbar 
um ihm die Verbreitung seiner Lehre zu erleich- 
tern. Grosse BQchersammlungen brachten daher 
damals die Griechen wohl nicht zusammen; vgl. 



lange Zeit das Land, woher hanptsachlich Bilder- 10 Xen. mem. IV 2, 10, wo Sokrates es erstaunlich 



handschriften vertrieben wurden; vgl. Pitra Anal, 
sacr. et class. V 128 col. 2 aus Mag. Moyses de 
Graec: Oraecia vero communiter quaeque priora 
per picturas digesta vocavit historias. Nobis quo- 
que mos est papyraceas texturas hystorias nomi- 
tiare, praeciptce quae picturatae nobis Aegypto 
■vehuntur. Vielleicht bedienten sie sich dabei propor- 
tionaler Netze, wie sie in Agypten sicher gebraucht 
wurden (R. Pietschmann bei Dziatzko Zwei 
Beitr. 12). 

Pergament war fiir Handzeichnungen noch ge- 
eigneter als Charta ; nach Plin. XXXV 68 wurde 
es fruhzeitig fiir Entwiirfe gebraucht. Es haben 
sich verschiedene Codices mit Bildern erhalten, 
die nach aller Wahrscheinlichkeit auf antike Vor- 
lagen zuriickgehen ; Bruchstucke einer colorierten 
Hs. der Ilias (5. Jhdt. in Mailand; Iliad, fragm. 
ant. ed. A. Mai 1819), drei Hss. des Dioskorides 
{zwei in Wien, eine in Paris), mehrere des Terenz 



findet, dass Euthydemos alle Gesange Homers be- 
silsse; fiber andere Privatbibliotheken s. o. S. 408f. 
Auch ausserlich liessen damals gewiss die B., da 
sie vorwiegend privatim verbreitet wurden, die 
Gleichmassigkeit der Form und Einrichtung ver- 
missen, zu welcher die Rucksicht auf den buchhand- 
lerisehen Vertrieb und die Bediirfnisse grosser 
Bibliotheken hinfiihren. Die Beschaffenheit der avfi- 
Ijuyelq (ii(Sloi, wie wir sie uns denken miissen, lasst 
20darauf schliessen (s. unter 'Afiiyslg ^j'/SAoi). 

In Alexandrien wurden die grossen von alien 
Seiten her gesammelten litterarischen Schatze 
(s. o. S. 409ff.), sowie die darauf gerichteten 
litterargeschichtlichen und bibliographischen Ar- 
beiten von Mannern wie Kallimachos materiell 
und formell die Grundlage und der Ausgangs- 
punkt eines bliihenden Buchhandels. Im engsten 
Anschluss an die neugeschaffenen Musterrollen 
der grossen Bibliothek wurden von Berufsschrei- 



(die codd. CFP bei Umpfenbach; ferner Par. 30bern und Buchhandlern , wie von Privatpersonen 



lat. 7900. 7903. Bodl. auct. F. 2. 13; vgl. Fr. 
Leo Rh. Mus. XXXVIII 317ff. und K. Dziatzko 
Comm. Woelffl. 221ff.); Bruchstucke eines Vergil 
im Vatican (lat. 3225; Ausg. v. Bottari 1741). 
Chirurgische Bilder zu des Apollonios von Kition 
Commentar der hippokratischen Schrift n. ag&o. 
giebt es in einem Cod. Laur. (s. die Ausg. von 
H. Schoene 1896); Bilder zu den Aratea in ver- 
schiedenen Hss. (E. Bethe Rh. Mus. XL Vin 9 Iff.). 



Abschriften mit gleichem Text und gleicher ansserer 
und innerer Ausstattung iiber die ganze bewohnte 
Erde verbreitet. Obschon im Laufe der Jahr- 
hunderte der innere Wert und das Ansehen auch 
der von alexandrinischen Buchhandlern bezoge- 
nen Exemplare bedeutend sank (s. z. B. Strab. 
Xni 609. Cic. ad Quint. DII 4, 5. 6, 6; vgl. 
auch Marquardt-Mau830), so liess doch 
noch Kaiser Domitian nach dem Brande der bi- 



Christlichen Inhaltes ist die sog. Wiener Genesis 40 bliotheca Octaviae (80 n. Chr.) in Alexandrien 



aus dem 4. Jhdt. (herausg. von W. v. Hartel 
undFrz. Wickhoff als Beil. z. Jahrb. d. kunsth. 
Samml. d. All. Kaiserh. XV u. XVI). 

VDII. Verbreitung. Antike B. fanden ent- 
weder durch Privatabschriften oder durch den 
Buchhandel ihre Verbreitung. Erstere Art der 
Veroffentlichung war jederzeit im Gebrauch, ging 
(neben der Recitation) vielfach der zweiten vor- 
aus, ja sie war urspriinglich die allein iibliche. 



B. abschreiben und verbessern (Suet. Domit. 20 
. . . missisque Alexandream, qui describerent 
[exemplaria] emendarentque). Hiebei handelte 
es sich freilich allein um Texte langstverstor- 
bener Autoren. Ebenso waren aber gewiss die 
Rollen neuer Schriften beschaffen, soweit sie fur 
den Buchhandel, fiir Bibliotheken und etwa auch 
fur Geschenke an Respectspersonen bestimmt waren. 
Gewohnliche Privatabschriften circulierten ausser- 



Das lebendige Wort allein und nicht die Schrift 50 dem zahlreich , da ohne Zweifel viele Schrift- 



gab anfangs bei den Griechen dem kunstlerisch 
gestalteten Gedanken Ausdruck. Spater trat die 
schriftliche Verbreitung in zweiter Lime hinzu 
und gewann nach und nach immer mehr Boden 
(s. in Abschn. DI). Die Verfasser gaben Abschrif- 
ten ihrer B. an solche, bei denen sie Interesse 
dafur voraussetzten , oder liessen andere davon 
Abschriften nehmen , welche dann zu weitcren 
Abschriften benutzt wurden (vgl. Lukian. adv. 



steller erst spat die zur buchhandlerischen Heraus- 
gabe ihrer Werke notigen Schritte thaten oder 
es auch' ganz unterliessen. Hatte einmal ein 
Autor eine Schrift an andere oder auch nur an 
einen mitgeteilt oder ein Lehrer vor Schulern 
Commentare oder Abhandlungen vorgetragen, so 
lag die Moglichkeit und je nach dem Inhalt des 
Werkes die Wahrscheinlichkeit ihrer weiteren Ver- 
breitung vor, auch ohne oder gegen den Willen 



ind. 4 fiber Demosthenes, der die B. des Thuky- 60 des Autors (s. z. B. Cic. ad Att. Ill 12, 2. 15, 3. 



dides sich selbst achtmal abgeschrieben habe). 
Dies blieb bis zur Zeit der Alexandriner der Haupt- 
weg der schriftlichen Verbreitung, obgleich schon 
vom Jetzten Drittel des 5. Jhdts. v. Chr. an nach- 
weisbar ist, dass in Athen Handel mit B.. auch 
nach auswarts, getrieben wurde (s. nnter Buch- 
handel). Die Texte, welche nach Plat. Prot. 
325 E die Lehrer ihren Schulern beim Unterricht 



XLH 21, 4f. Ovid, trist. Ill 14, Iff. 23f. Diod. 
XL frg. 21. Dig. II 13. 1, 1. 6, 7. Symm. epist. 
I 31 p. 17 Seeck cum semel a te profeetum ear- 
men est, ius omne posuisti; oratio publicata 
res libera est; vgl. Hieron. epist. 49). Selbst die 
Widmung und ttbersendung eines B. an einen 
Freund oder GOnner ist zunachst nur ein privater 
Act, von der buchhandlerischen, dem Autor viel- 



967 



Buch 



Buch 



leicht _ gar nicht erwunschten Verflffentlichung 
verschieden und auch nioht notwendig von dem 
Wunsche privater Yerbreitung begleitet (Quint, 
inst. or. ep. ad Tryph. If. Ead. Peiper Anson, 
opusc. praef. Vff. Firm. Mat. mathes. YIII 33 
[peroratio]. Graefenhain 47ff.). In der Eegel 
lag letztere sowohl im Interesse des Autors, der 
mflglichst bekannt werden wollte (s. z. B. Mart. 
II 1, 3ff. 12), wie in den Wiinschen des mit der 



968 



wurden auch nach der buchhandlerischen Ver- 
Offentlichung zahlreiche Abschriften eines Werkes 
privatim angefertigt, durch Unbemittelte, welche 
die Kosten des Xaufes scheuten, oder wenn Bxem- 
plare des Handels nicht zug&nglieh waren (s. z. B. 
Sulp. Sever, dial. I 23, 5). Solche waren ausser- 
Heh gewiss vielfach sorgloser geschrieben, unter 
Umstanden anf der Ruckseite raaculierter Rollen 
und ohne Elicksicht auf Sinnesabsclmitte (s. in 



w -j' Ty J \ r. j ,: -•■""""" . """«-=' """ u«»e lkucuBicuti am omnesaDscnmtte s. n 

WidmungBedachten, der die mm erwiesene Ehre 10 Abschn. IV), wie z. B. die xohreta >Alh,r a (wr 



zugleich mit den Schriften des Autors bekannt 
machen wollte. Br veranlasste daher gewiss nicht 
selten auf seine Kosten die Verbreitung eines ihm 
gewidmeten B., natiirlich durch herufsmassige 
librarii, bezw. anf dein Wege des Buchhandels 
(Mart. Ill 2, Iff. Cuius vis fieri, libelle, munus ? 
. . . Faustini fugis in sinus.' sapisti. Cedro nunc 
licet ambules perunctus u. s. w. ; vgl. Ill 5. VII 
97, 13 Uni mitteris, omnibus legeris. Cic. ad 



iff vtt in ir"™.' """7"" ^y-/«. ». « uugieiuuniassig. uaiens ganzes a. =ieoi ■ zaiv idlcoi 
Att.AU 40, 1). Die Zustimmung des Autors 20 /fy?/,W ist sogar veranlasst durch den ublen Zu 



Selbst der Uberschrift mit dem Autornamen ent- 
behrten sie gewiss nicht selten, da dieser sich fur 
den Besitzer aus der Erinnerung ergab fygl Galen 
XIX 9f. Mart. XII 3, 17f.). Da sie naturlich 
haufig von ungeiibten Schreibern hergestellt und 
nicht von beruferier Hand corrigiert waren, so 
war auch ihr Text noch unzuverlassiger als im 
Durchnitt der des Buchhandels, jedenfalls sehr 
ungleichmassig. Galens ganzes B. xeol zu>v Iblwv 



durfte er meist voraussetzen. Die Herstellung der 
Geschenkexemplare erfolgte naturlich auf Kosten 
des Verfassers (Mart. II 1, 4ff., falseh erklart von 
G. Eitter 14), der haufig dabei auf Gegenge- 
schenke der Gonner rechnete (vgl. Stat. silv. IV 9 
Mart. XI 108, 4). So erklart sich vielleicht die 
viermalige Ubersendung (Widmung) eines Uyog an 
verschiedene Personen durch den Autor (Epist ax 

p. 632Hercher).. *' V8 . _ u . v ioo „ mu . ^ 

Der Sehntt in die Offentlichkeit durch den 30 Quint, inst. or. I pr. 7 III 6 
Buchhandel(^ M Wtea^rfm*Z g r«reu.a.)bedurfteim Hieron. epist. 49), ' 

Princip gewiss der Zustimmung des Autors, wenn ""' • • ■ 

er noch lebte (s. z. B. Cic. ad Att. XIII 21, 4. XIV 
17, 6. XV 5, 5. Mart. I 3, 12). Erst hiebei gab 
dieser seiner Schrift in Bezug auf Auswahl und 
Anordnung des Stoffes sowie auf den Wortlaut 
seine endgiiltige Gestalt, selbst erst den Titel 
(Galen. XIX 9f.). Jede nicht autorisierte Aus- 
gabe konnte von dem Autor durch Veranstaltung 



stand, in den seine Schriften auf dem Wege priva- 
ter Verbreitung gelangt waren ; Ausnahmen waren 
naturlich nicht selten; vgl. z. B. Athen. XIV 620b. 
Front, ad M. Caes. I 7 g. E. Auch sonst gipfeln 
Klagen der Schriftsteller fiber nicht autorisierte 
Verbreitung ihrer Werke vor allem in dem Vor- 
wurf der Fehlerhaftigkeit, da sie nicht von ihnen 
selbst zur Herausgabe vorbereitet worden seien 
% Diod. V p. 186 Dind. Ovid, trist. Ill 14, 19ff. 
"~"'~ J ' T " Galen. II 216K. 



". . , v , ;; . """•""»" "s wuiuc uci y»eg ues xmcnnanaeis von leDenaen 

einer eigenen Ausgabe sofort antiqmert werden, 40 Autoren in der Eegel wohl nicht gleich beschrit- 

was <1em TinnnhSTirtlpr worn-, oi- im»k i? wrt ™^i„ — 4. -__i__. t. d . ■. „ . & . _ . *. 



Ob ein Autor seine Schriften bald nach ihrem 
Abschluss oder erst spater, nachdem sie im engeren 
Kreise geniigend bekannt geworden waren, oder 
auch gar nicht fur den Buchhandel bestiminte, 
liing vor allem von seiner Individualitat, aber auch 
von den Umstanden und endlich von der Mode 
ab. In der alteren Zeit der romischen Litteratur 
wurde der Weg des Buchhandels von lebenden 



was dem Buchhandler, wenn er noch Exemplare 
auf Lager hatte, directen Verlust brachte, s. Cic. 
ad Att. XIII 13, 1 in betreff der zweiten Ausgabe 
der Academica: tu Mam iacturam feres aequo 
ammo, quod ilia, quae, habes de Aeademicis, 
frustra scripta sunt (vgl. Quint, inst. or. Ill 6, 64 
und s. Diod. V p. 186 Dind.). Auch andefte der Autor 
selbst nicht gern an der einmal fur den Buch- 
handel gewahlten Form (Polyb. XVI 20, 7 yvovs 



)JS , " r , ,v J „ , , ""' ' /'">> '• ui -j> """ i»g uaran, sie unu sicn mogncnst De 

adwazov ovoav z n v peza&eoiv dta to jigoexSeSoj- 50 kannt zu machen (ad Att. XIII 12 2 Liaaria 



ten; anders zu Eom in der Kaiserzeit, Schrif- 
ten , die nach ihrem Inhalt nur auf ein kleines 
Publicum rechnen konnten, kamen seltener und 
spater in den Handel als schflngeistige, politische 
und iiberhaupt populare Biicher. Cicero gab die 
meisten seiner Reden, sobald sie gehalten, und die 
andern Schriften, sobald sie abgeschlossen waren, 
dem Atticus zur VerSffentlichung (s. Haenny 
28f.); ihm lag daran, sie und sich mOglichst be- 



xdrai zaz ovvxa^us, iivjit){h) fikv mg svt udhaia, 
.roteiv 8' ovSiv eye), da er Buchhandler und Kau- 
fer sonst gegen die Ausgaben seiner Schriften miss- 
trauisch machte (anders urteilt Ed. Wolfflin 
S.-Ber. Akad. Miinch. 1891, 490). Fraglich ist, 
ob etwa gegen den ersten Buchhandler, der ohne 
Zustimmung des Autors dessen Schriften Offent- 
lich zum Kauf ausbot, von diesem mit einer in- 
iuriarum actio vorgegangen werden konnte (vgl 



nam praeclare vendulisti : postkac quiequid serip- 
sero, libi pmeconium deferam) ; bei reicher Aus- 
stattung (ob auch sonst?) trug er jedenfalls zu 
den Kosten bei (ad Att, XIII 25, 3 quoniam 
impensam fecimtis in maeroeolla). Seine Briefe 
wollte Cicero sammeln und herausgeben lassen 
(ad Att. XVI 5, 5; fam. XVI 17, 1), doch kam es 
erst nach seinem Tode dazu durch Tiro mit ein- 
zelnen Sammlungen der epist. ad famil., wahrend 



tt t^,;„ + „w ni. °if vttv ;7^ . y 8 'emeu oaujuuuijgcu uer episi. aa iamu., wanrena 

K. Dziatzko Eh Mas. XLIX 566 in andermeOdie ad Att. noch viel spater zur Herausgabe ge- 



Zusammenhang nachRegelsberger). Aus Diod. 
I 5, 2 (zovg Siaaxevd^siv elco&ota; rag fiif!/.ovg 
a-TOrgiyai xov /.vfiaiveodai zag dV.ozgiag TZQayfia- 
zciag) ersehen wir freilich, dass gewisse Buch- 
handler oder Litteraten gewerbsmassig ' Schriften 
noch lebender Autoren sammelten und in will- 
kiirlicher Zusammenstellung herausgaben (vgl C 
Wachsmuth Eh. Mus. XLV 476f.). Naturlich 



langten und vorher nur im Original eingesehen 
werden konnten (Nep. Att. 16) oder aus Eicerpten 
bekannt wurden (Quint. VI 3, 109); vgl. Fr. Leo 
Ind. lect. Getting. 1892, 3ff. In der Kaiserzeit 
fuhrten Ruhmsucht und zum Teil die bedrangte 
Lage der Autoren (s. z. B. Mart. Ill 38, 7ff. X 
74, 7ff. XI 108, 2f. sed Lupus usuram pueri- 
que diaria poscunt: Lector, solve u. s. w.), sowie 



969 



Buch 



Buch 



970 



auf der andern Seite nicht selten das Drangen 
der Verleger (Quint, inst. or. epist. ad Tryph. 
Mart. I 8, 3f.) weit haufiger und schneller zur 
Wahl jenes Weges. Doch finden sich auch Bei- 
spiele vom Gegenteil: z. B. Auson. epigr. 34 (Peip. 
1), 10. 12. 13f. 

Hatte ein Autor nicht selbst Schritte gethan, 
seine B. buchhandlerisch zu verbreiten, so kam 
es darauf an, ob nach seinem Tode sich ein Freund, 
Verehrer oder Buchhandler fand, der jene aus 
Privatbesitz sammelte, ordnete, redigierte und 
herausgab; sonst war ihre Erhaltung ganz dem 
Zufall uberlassen. Die B. ad C. Herennium sind, 
wie Fr. Marx (Proleg. d. Ausg. Iff.) iiberzeugend 
darlegt, erst im 4. Jhdt. n. Chr. (aus dem Wid- 
mungsexemplar) an die Offentlichkeit gelangt. 
Aber auch von Autoren, die bereits durch den 
Buchhandel bekannt waren, wurde, wenn ihre Zug- 
kraft anhielt, in gleicher Weise nach ihrem Tode 
mit Hinznnahme unedierter Schriften eine Ge- 
samtausgabe veranstaltet, wobei diese ihre defini- 
tive, sachliche, chronologische oder alphabetische 
Anordnung erhielten, welche in den meisten Fallen 
die Grundlage der uns iiberlieferten Eeihenfolge 
geblieben ist. Es geschah dies durch berufs- 
massige Gelehrte (grammatici) oder Buchhandler, 
und wenn im Laufe der Zeiten der Text wieder 
in Unordnung geraten waT, was bei der hsl. t;ber- 
lieferung unausbleiblich geschah, so wurde bei 
anhaltender Nachfrage eine neue Recension her- 
gestellt , . wobei jtewiss die Orthographie vielfach 
modernisiert , Schaden des Textes oft gewaltsam 
beseitigt und unter Umstanden auch der Inhalt 
•dem Geschmack der Zeitgenossen angepasst wurde. 
Originalexemplare einer alten Recension waren 
sehr selten, und man zahlte zuweilen viel Geld 
fur ihre Benutzung (Gell. XVIII 5, 11). Alte 
Hss. richtig zu lesen und zu copieren, war natiir- 
lich der Schrift, besonders aber des Inhaltes, der 
Wortformen u. s. w. wegen schwierig (s. z. B. Galen. 
XVHI 2, 630; vgl. Cobet Mnem. VHI [1859] 
434ff.). Es gab daher eine besondere Klasse von 
Leuten , die dies ubten und betrieben , die anti- 
quarii, griech. aqxatoloyoi (s. Isid. orig. VI 14, 1. 
Ed. Diocl. in CIL III p. 831 [7 Z. 69]. Cod. Theod. 
XIV 9, 2 in einem Edict des Kaisers Valens v. J. 372 : 
antiquarios ad bibliothecae codices compotiendos 
tel pro vetustate reparandos quattuor graecos et 
tres latinos seribendi peritos legi iubemus). 

Zahlreich liefen Exemplare der ersten privaten 
Verbreitung und des Buchhandels nebeneinander 
her, erstere naturlich durch die letzteren ent- 
wertet. Die gelehrte Forschung durfte, wenn auch 
oft der Unterschied der beiderseitigen Texte nicht 
gross war, nur die Buchhandlerexemplare benutzen, 
in denen man mit Grund die definitive Form vor- 
anssetzte, welche ein Schriftsteller seinem Werke 
geben wollte; nach ihnen wurde vor allem citiert, 
wie heutzutage nach der letzten Ausgabe eines 
Werkes, und das ist der Grund, weshalb von jenen 
alteren Exemplaren der Schriften nur wenige Spu- 
ren auf uns gelangt sind. Manches, was jetzt als 
Rest sog. doppelter Recension erscheint, ist viel- 
leicht" in dieser Weise zu erklaren. 

Die Verbindungen der Buchhandler zur Ver- 
breitung von B. nach auswarts reichten in der 
Kaiserzeit weit. Schon bei Cic. pr. Sull. 42f. 
heisst es: non occultavi. non confiiaii domi (den 



Inhalt gewisser tabulae), sed statim deseribi ab 
omnibus Ubrariis, dividi passim et perpulgari 
atque edi populo romano irnperavi. Divisi tola 
Italia, emisi in omnes provindas; eius indicii 
. . . expertem essetieminemvolui. Autoren durften 
hoffen oder mussten farchten, ihre Schriften aus 
Rom in die fernsten Orte des Ostens, Westens und 
Nordens ausgefiihrt zu sehen (s. Buchhandel). 
tfber die Zahl der Exemplare, in denen B. ver- 

10 breitet wurden , wissen wir wenig. M. Regulus 
liess nach Plin. ep. P7 7, 2 die Lobrede auf seinen 
fruh verstorbenen Sohn in 1000 Exemplaren ab- 
schreiben und in ganz Italien, sowie den Provinzen 
versenden (vermutlich als Geschenk). Der Kaiser 
Tacitus liess nach Hist. Aug. Tac 10, 3 die Werke 
des gleichnamigen Historikers jahrlich zehnmal 
yon Staatswegen abschreiben, wahrscheinlich zur 
Einreihung in Archive und Bibliotheken. Von 
der officiellen Verbreitung des Codex Iustin. handelt 

20 dieser Kaiser in der Conflrmationsepistel an Menna 
vom J. 529 (§5): ... ipso etiam textu eodieis 
in singulas provincial nostro subiectas imperio 
. . . mittendo. 

Ober die Preise der B. s. u. Buchhandel. 
IX. Aufbewahrung. Dass die einzelne Rolle, 
wenn sie nicht benutzt wurde, zu ihrem Schutz 
haufig oder in der Regel eine Hiille erhielt, die 
gewfihnlich wohl nur aus einem Stuck Charta be- 
stand, bei reicher Ausstattung aber aus einem 

30 Lederfutteral (paenula), ist oben S. 957 darge- 
legt. Hinsichtlich ihrer weiteren Aufbewahrung 
ist zu unterscheiden zwischen beweglichen Behal- 
tern (raJ^of, xifiwziov, xloxtj, cista, capsa, seri- 
nium), in die man inhaltlich zusammengehOrige 
Rollen (nur diese nach Mart. I 2, 4) stellte, um 
sie ausserhalb des Eaumes der Rollensammlung 
an beliebigem Platze zu benutzen (s. z. B. Mart. 
XIV 37; die scrinia salariorum bei Mart. IV 
86, 9 sind etwas anderes). Vgl. Plin. epist. IV 

40 6, 2. V 5, 5. VII 27, 14. Von geschmeidigem 
Buchenholz waren sie meist hergestellt (s. Plin. 
n. h. XVI 229 facilis et fagus . . . in tenui flexi- 

- lis capsisque ae seriniis sola utilis). Die darin 
vereinigten Eollen bildeten ein avvzayfia, corpus 
u. s. w. Manche irrige Zuweisung einer Schrift 
an einen falschen Autor mag in ihrer Zusammen- 
stellung mit inhaltlich verwandten Schriften in 
der gleichen capsa ihren Grund haben. Gewohn- 
lich sind sie rund; eine cista triangularis ist 

50 CIL VI 29814 erwahnt (vgl. nr. 29810. 29815). 
Antike Statuen und Bilder von Schriftstellern und 
Beamten haben solche Biicher- oder Actenkapseln 
zuweilen neben sich stehen (s. z. B. Suet. gr. 9. 
Welcker Alte Denkm. I Taf. V [zum Teil er- 
ganzt]. Marquardt-Mau 678). Zwei sind 
von Th. Mommsen Ztschr. d. Sav. Stift. f. 
Rechtsgesch, XII R. Abt. 146ff. abgebildet und be- 
sprochen. Es sind mit Deckel versehene Kasten, 
in denen die Rollen nebeneinander stehen. Der 

60 eine Kasten ist — wegen der GrCsse der Statue, 
zu welcher er gehOrt, — 1 m. hoch, mit einem 
Durchmesser von 40 cm. ; die Rollen haben einen 
Durchmesser von ca. 5 cm. Auf dem Deckel sind 
einige Rollen mit 2 Schnuren angebunden, ein 
Tragband ist auf beiden Seiten des Kastens be- 
festigt und der Kasten ist zu verschliessen. Von 
einem Schriftkasten der vierten makedonischen 
Legion sind noch Re.ste des Beschlages vorhanden 



971 



Buche 



Buche 



(s. Th. Mom m sen Corr.-Bl. d. westdtsch. Ztschr. 
1888, 56fF.). Vermutlich waren solche Kasten zur 
Mitnahme auf Reisen bestimmt, sowie vor allem 
zur Aufbewalmmg von Archivalien; vgl. Poll. X 
61 xtficoTta yQa/i/tatoqioga unter den axevrj Sixa- 
anxd; Iustin. de conf. Dig. 9 erwahnt das Amt 
eines magister serinii libellorum. Diese Schrift- 
kasten mfigen auch das Schreibger&t enthalten 
haben (vgl. Aristoph. Vesp. 529. Prop. IV 6, 14). 



972 



Nam en, die in Betracht kommen, sind: 
<PW°s t fagus, 6§vrj. Unbeanstandet ist die Glei- 
chung fagus = Botbuche. Die Gleichung d&t} 
= Rotbuche beanstandet 0. Schrader (Sprach- 
vergl. u. TJrgesch.2 398), seine Gleichung heisst 
ogvi) = Esche. Am schlimmsten steht es mit 
<priy6s, das die einen als Rotbuche (Schrader- 
Engler bei V. Hehn Kulturpfl.6 389), andere 
als Kastanie (Buchholz Flora Horn. 1848. Koch 



o x j r \ — j: r" "' "r a,lB Ji-uowuiiB Ducunoiz mora Mom la4» Koch 

Sons, wurden zusammengehOrige Rollen auch ein-lOBaume und Straucher des alt. Grie'ch 45ff T die 



fach zusammengeschnurt in Biindel (fasces bei Liv. 
XL 29, 6, fasciculus bei Nep. v. Att. 16; daher 
vielleicht der Ausdruck deouai bei Dion. Hal de 
Isocr. 18); vgl. Marquardt-Mau 677f. Anderes 
s. bei Th. Mommsen Ztschr. a. 0. und V. 
Schultze 149ff., wo auch die Darstellungen von 
Codices auf christlichen Denkmalern zusammen- 
gestellt sind. Nach Dom. Comparetti e G. de 
Petra La villa Ercol. d. Pis. (Turin. 1888) 293 



meisten als Speiseeiche (Bliimner Techn, II 250. 
Murr Pfianzenwelt in d. alt. Myth. 4. Leunis 
Synopsis II 509 : ,die Griechen und auch die Romer 
meinen gar haufig die Speiseeiche'. L e n z Bot. 
d. Gr. u. Rem. 399) auffassen. Welche dieser 
Gleichungen sind richtig? A. Fagus = Rotbuche. 
Noch heute heisst sie in Italien faggio. Charak- 
teristische Bilder wie patulae reeubans sub teg- 
mine fagi (Verg. Eel. I 1) oder inter densas, 



TZ B^t derd n gef T de ^ ^ ,eD (lat6in -> 20 ^^a^fagos EcLn %££%& 
in ein Bundel vereime-t nnd in H n lTs^/.v. a r. ™> *,„„*„ „..* j:_ tt»t_' ' " -A- ,. , . ' v*™" LW \ U 



in ein Bundel vereinigt und in ein Kastchen ge- 
schlossen. 

Innerhalb der Buchersammlungen und grOsseren 
Buchladen kann man sich schon der guten Ord- 
nung wegen nicht oder doch nicht lange mit lose 
zusammengestellten eistae begniigt haben. Die 
Griechen flngen damit an, besondere Gestelle 
(mjyfiaza) zu construieren , in denen die Rollen, 
mit Etiketten an der Spitze, untergebracht waren. 



Einnchtung seiner Bibliothek geschickten griechi- 
schen Sclaven kennen (Cic. ad Att. IV 8 a). Die 
Gestelle fiihren lateinisch den Namen armaria 
(auch foruli, loeuli, nidi u. s. w. ; griechisch 
omsvos); vgl. Mart. I 117, 15, VII 17, 5. Sie 
werden in Dig. XXXII 52, 3 ausdrlicklich von 
den scnnia unterschieden ; Sidon. epist. 119 er- 
wahnt armaria extrueia bibliopolarurn. Ob in 
ihnen die Rollen standen oder gleich Acten auf 



heute auf die Hohen von Norditalien. B. dozyvr) 
= Rotbuche. Dafur spricht trotz kleiner Un- 
genauigkeiten Theophrasts und Plinius' Beschrei- 
bung. Schrader setzt selber hinter seine Glei- 
chung ein Pragezeichen. Stiinmt aber auch seine 
Etymologic, so ist ein Umspringen der Bedeutung 
(vgl. C) nicht ohne Beispiel; Schrader selbst 
nennt ein solches quereus = Fohre (394). Auch 
haben die Griechen fur Esche das Wort ftsXltj. 



#t i , . — , ~r"""> """wgouio^in, noicu. uauen uie uriecnen tur .Ksche das Wort, urlfn 
Cicero lernte sie durch die von Atticus ihm zur 80 Dass endlich S&, wie sontt „,!'„ bei ArfMlochos 
Einnchtung seiner Bibliothek geschickten oriechi. fnr K™*,. ^? \! 'I'LJt Itfil Dei ArcnUochos 



Brettern l» m l\ T 5 ^iooV ■ T T"T^ j ,^S v , alcnelKattee wuroe ihn stutzig machen. 
fvd auchTsitnlJ; 11' t T^^tt 4 ° ?. ch "te? B «JL»- S ? ce -i° n - d - -«^e„ S 



fur Speer steht, beweist nichts, da so auch andere 
Worter gebraucht sind, wie fj xeavela (vgl. Cor- 
nus). C. yriyos = Speiseeiche, quereus esculus L. 
Den Nachweis lieferte besonders Murr (Speise- 
eiche, Kastanie und Verwandtes, Innsbruck 1888). 
Ein Blick auf Kochs Satze zeigt die Willkiir 
seiner Behauptungen. So leugnet er die essbaren 
Eicheln rundweg ab und setzt dafur Kastanien. 
Schon der Eichelkaifee wiirde ihn stutzig machen. 



(vgl. auch V. Schultze 150). Der Name nidus 
(Mart. I 117, 15. VII 17, 5) lasst auf schmal 
begrenzte Behalter schliessen. Jedenfalls steht 
fest, dass von den Rollen allem der obere Rand 
(from) sichtbar war. 

Vgl. iiberhaupt auch Bibliotheken und 
Buchhandel. [Dziatzko.] 

Buche, Waldbaum und Nutzholz, Fagus sil- 
vatica L. = Rotbuche. Auszuscheiden aus der 



ErflrtwiiiK. S i„; 1 ; « w • T r j w • " elnnscne s i^icneln . JNicht anders ist es mit 



buche, Carpinus Betulus L.; itahenisch carpino, 
carpine bianco (o commune); 2) die Hopfenbuehe, 
Carpinus Ostrya L. ; italienisch carpine nero 
ostria, sappino (vgl. Plin. XVI 193). Beide ver- 
wendete man zu Werkzeugen und Geraten. Jene 
hiess £vyia, da man die Joche der Ochsen daraus 
fertigte (Vitr. II 9); auch die Griffe und Stiele 
landlicher Werkzeuge bestanden aus Weissbuchen- 
holz (manubrium earpineum Colum. r. r XI 2 



an zwei Stellen (Plat. Pol. 372 : tprjyovg oxoStovoi 
xqo; to jivq. Aristoph. Pax 1137 : zr/v tpyyov i/tuzv- 
Qerxov) Kastanien gemeint sein durften, ist auch 
nicht berechtigt; heimkehrende Soldaten erfreuen 
sich gegeniiber der Kost des Lagerlebens zunfichst 
nicht am Kdstlichen, sondern am Gemiitlichen des 
hauslichen Lebens ; ihnen sind die gerOsteten tpr)- 
yoi nichts Leckeres (Kastanien), sondern etwas 
Heimisches (Eicheln). Nicht anders ist es mit 



92 Plin YVT 9Mi n;7 t- — » V .' f°»- -r raas oynopsis H4h . Wenn aber Sophokle: 
sLl ^ ,™ tL^ITI t 6S l ?^evs^oia&im demselben Stuck (Trach.) den Baum von Do 



ooxgva, wird von Theophrast beschrieben (h. pi 
m 10, 3; vgl. Plin. n. h. XIII 117), lieferte das 
beste Holz firr Olpressen (Cato agric. 31, 2: ear- 
ptnus atra), Tischlerarbeiten (Plin. XVI 226) und 
Bauten, weil es oxkygov xai a X Qovv war (Theophr 
UI 10,3). Vgl. Bliimner Techn. II294f. Theophr. 

n T p o ? I o 3, l - 6 > 1; caus - p 1 - v 12 > 9 ; ^*'° : h - pi- 

HI3, 1. 3,3. 4,2. 6,1. 11,1. VI, 2. 3,3. 7 6 



Ebenso behauptet Schrader-Engler nicht, dass 
die Etymologie fagus = <p Vr 6g = Buche beweise, 
dass <pt]y6e bei den Griechen, sondern dass es ,im 
Urland der Griechen' die Rotbuche bezeichnet 
habe. Der Bedeutungswechsel erklart sich daraus, 
dass die sudwarts ziehenden Griechen siidlich von 
der ambrakisch - malisehen Einschniirnng keine 
Buche mehr fanden (Kiepert Lehrb. d. alt. Geogr. 
236. Fraas Synopsis 246). Wenn aber Sophokles 



dona Sqvs (1158) und (prjyog (171) nennt, so ist 
fur seine Zeit die Bedeutung von <ptiyos unzweifel- 
haft. Fur Homer und Hesiod eine andere Bedeu- 
tung anzusetzen , ist an sich nicht verwerflich 
(axedi'a = Schiff, Homer; — Floss, Spatere), aber hi 
diesem Falle willkurlich. Also scheidet wyog aus 
und gehSrt unter die Eichen. 

Beschreibung: Die d^vr; hat keine Abarten 



973 



Bucheta 



Buchhandel 



974 



(ftovoyeves), gleicht der Weisstanne (Udztj), bildet 
farbiges, festes Holz und glatte, dicke Rinde, tragt 
ungeteilte, zugespitzte Blatter, wurzelt weder tief 
noch reich (vgl. HI 6, 5), reift eichelartige Friichte v 
in stachligem Gehause, liefert endlich treffiiches, 
weisses Holz, falls sie iv T<p Sgsi, nicht ev rote nt- 
Si'ote wachst (Theophr. h. pi. HI 10, 1 ; vgl. V 6, 4. 
LH 11, 5). Man fabelte, in Makedonien trage sie 
keine BlUten (IH 3, 8). Ihr Holz fault nicht im 
Wasser (V 4, 4). Erstaunliche Exemplare gab es 
in Latium (V 8, 3). Das Fruchtgehause ist drei- 
kantig (triangula), das Blatt ist dunn, glatt, 
pappelartig, es vergilbt schnell und tragt oft eine 
grune, zugespitzte Beere (Lenz Erzeugnis der 
Buchen-GaRschnake, vgl. Brehms Tierleben, In- 
sekten 2 458) u. s. w. (Plin. XVI 18). Benutzt 
wurde das Holz; 1) als Bauholz bei den Griechen, 
nicht so bei den Romern, da jene es fur wasser- 
fest (Theophr. V 4, 4), diese fur leicht fanlend 
(Vitr. H 9, 9. VII 1, 2) hielten; sonst aber gait 
es auch den Romern fur leicht zu bearbeiten, weil 
zart, aber auch fur zerbrechlich (Plin. XVI 229); 
erklarlich ist, dass es die Griechen auch zu solchen 
Schiffsteilen benutzten, die im "Wasser lagen (Theo- 
phrast III 10, 1. V 7, 2. 4, 4. 8, 6). 2) Zu Wagen, 
xXtvai, Sesseln, Tischen (Theophr. IH 10, 1. V 
6, 4. 7, 6. Verg. Georg. I 173. Ill 172. Mart. II 
43, 10). 3) Zu Kasten, Gefassen, Speerschaften, 
Saiteninstrumenten (Plin. XVI 229. Colum. XII 
47, 5. Tib. I 10, 8. Verg. Eel. 3, 36. Ovid. met. 
VIII 669; fast. V 522. Eur. Heracl. 727. Horn. 
II. VIII 514; Od. XIX 33. Athen. 183 b. u. s. w.). 
4) Endlich liefert es biegsame Fourniere (Plin. 
XVI 86). Vgl. Bliimner II 250ff. 

[Max C. P. Schmidt.] 

Bucheta (Bobxeza, Bovjrerog oder -or, Bovfi- 
nov), kleine Stadt der Kassopaier in Thesprotien, 
nahe bei Kichyros (Ephyra) , unweit des Meeres, 
Griindung der Eleer, von Philipp II. im J. 342 
v. Chr. mit Pandosia und Elatreia besetzt und 
an seinen Schwager Alexander von Epeiros iibev- 
geben, [Dem.] VII 32, dazu A. Schafer Demo- 
sthenes II 2 496. Strab. VII 324. Polyb. XXI 26 
(XXII 9), 9. Polyaen. arg. 1. VI. Harp. s. v. und 
s. 'Ekdzeia. Etym. M. Suid. s. v. und s. Qs/xtg. Schol. 
Od. XVIII 85 (Theop. frg. 228. Philoch. frg. 186. 
Philostoph. frg. 9 a, FHG III 30. Mnas. frg. 25 
ebd. 153. Muller zu Philoch. u. Philost.). Bur- 
sian Geogr. I 29f. setzt sie bei Klarentsa siid- 
lich iiber dem Acheron an, was der Angabe Stra- 
bons am meisten zu cntsprechen scheint, Kiepert 
Formae XV weiter siidlich an der Kuste bei Kastro- 
sykia. An beiden Stellen linden sich antike Rui- 
nen; vgl. Philippsons Karte von Epirus (Ztschr. 
Ges. Erdk. 1895). [Oberhummer.] 

Buohetos (Bov/eroe), Vater des aus der Odyssee 
beruhmten ,sikelischen' (!) Tyrannen Echetos, 
eponymer Grander entweder der ,sikelischen Stadt' 
Buchetos (?), Mnaseas frg. 25 und (nach Muller 
,oder') Marsyas (v. Philippoi) frg. 10 aus Schol. 
QV Od. XVm 86, FHG III 153. Gemeint ist 
vielmehr die thesprotische Stadt Bovxeza, Bovxi- 
tiov (s. d.); vgl. Buttmann z. d. Sch. Ebert 
Diss." Sic. I 109. Dindorf zu H. Stephanus 
Thes. 1. g. n 382f. [Tftmpel.] 

Buchhandel. (I.itteratur s. o. S. 939). I. B. in 
voralexandrinischer Zeit. Der B. als 
die gewerbsmassige Herstellung und Verausse- 



rung von Biichern ist bei den Griechen verhalt- 
nismassig nicht alt und in voralexandrinischer 
Zeit nicht einmal in Athen hoch entwickelt ge- 
wesen) ebenso urteilt z. B. Boeckh Staatshaush. 
d. Ath. I s 68f.). Ausser einer zugkraftigen Lit- 
teratur, die freilich schon im 5. Jhdt v. Chr. 
dort in reicher Blute vorhanden war (s. u. a, 
v. Wilamowitz Enrip. Herakl. II 120ff.) , ge- 
hOrt dazu ein kauflustiges Publicum, fur welches 

10 der Weg des B.s der einzige oder doch der ein- 
fachste und hilligste ist, urn die Litterateur kennen 
zu lemen. Dies ist aber fur jene Zeit zu leugnen. 
Auffiihrungen und cffentliehe wie private Vor- 
trage, letztere beim egavog, avpmoaiov u. dergl., 
blieben lange der lebensvollere Weg, auf dem 
litterarische Bildung damals ausgegeben und ver- 
breitet wurde. Soweit er nicht ausreichte, ge- 
niigten gewiss vielfach Abschriften, die in Freun- 
deskreisen circulierten (vgl. oben S. 965). Stellen 

20 wie Aristoph. av. 1288 (xcbistz' av a/ia xazfj- 
gar eg xa fiifilia) lassen freilich auf ein weitgehen- 
des Verlangen nach Biichern schliessen; der Be- 
sitz von Biichern aber gait, sobald der Reiz 
der ersten Kenntnisnahme eines Litteraturwerkes 
voruber war, gewiss nur so weit als erstrebens- 
wert, als Interessen des Faches eine wiederholte 
Benutzung bestimmter Werke und eine eindringen- 
dere Vertiefung in sie erforderlich machten; vgl. 
Plat. Prot. 325 E; Phaed. 97 C u. s. Ps.-Xen. 

30 mem. I 6, 14. IV 2, 10. Isokr. XIX 5. Alexis 
bei Athen. IV 164 b. c. Plut. Alk. 7. Schon die 
reiche Fiille neuer Geisteserzeugnisse hinderte ein 
langeres Verweilen bei den einzelnen. FiiT den 
Bedarf an Exemplaren reichte zum grOssten Teil 
die eigene Thatigkeit der Interessenten und ihrer 
Sclaven aus (vgl. Lucian. adv. ind. 9 und von 
einer etwas spateren Zeit Diog. Laert. VII 36). 
Kephisophon wird so als servus litteratus des 
Euripides bei Suidas genannt, Chares als der des 

40 Lykon bei Diog. Laert. V 73 ; vgl. iiberhaupt 
H. HausdOrffer De servis ac libertinis qui... 
doctr. laude floruerunt, Helmstedt 1856. A. 
Boeckh Staatsh. d. Ath. 12 68. Zum Teil trat 
indes etwa seit dem letzten Drittel des 5. Jhdts. 
v. Chr. erganzend die Unternehmungslust von 
Handlern ein, welche auf Vorrat Abschriften viel- 
begehrter Bticher anfertigten und am Orte oder auf 
Handelsreisen in der Fremde abzusetzen suchten. 
Daneben waren altere, wohl aus Privatbesitz stam- 

50mende Exemplare von Schriften, deren Inhalt 
nur noch durch die Lectiire zuganglich waT, frth- 
zeitig, ja vielleicht zuerst Gegenstand des Han- 
dels (s. Plat. apol. 26 D von Schriften des Ana- 
xagoras : evioze kauflich) ; doch darf man im An- 
tiquariat nur einen Nebenzweig des B.s sehen. 
Als Ort dieses Handels wird bei Platon die 6qxv~ 
ozga genannt, nach Phot, und Suid. ein alter Teil 
der 'Ayogd (bei K. F. Hermann-Blflmner Pri- 
vataltert. 433 wird wie von andern irrig an Ani- 

60 fuhrungen im Theater gedacht; s.dagegenF. Polle 
Jahrb. f. PhU. LXXIX 1868, 770ff.). 

Eupolis bei Poll. IX 47 erwahnt zuerst mit 
den Worten ov za pifiM' &na den Verkauf von 
Biichern; die Umschreibung lasst vielleicht da- 
rauf schliessen, dass ein flbliches Wort fur Buch- 
laden noch fehlte. Biftt.um(i>hr\g wird bei Poll. 
VII 211 aus Aristomenes (alte Kom.) b> rdt/otv 
belegt; auch Nikophon (alte Kom.) erwahnt die 



rm 



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Buchhandel 



Buchhandel 



976 



{lifilioncbXai (Athen. Ill 126 e). Ihm steht parallel 
(scherzhaft) ein if>tj(pia/uazojic6Xtjg bei Aristoph. av. 
1037 (vdfiovg reovg nwkrjavov), Sonst ist noch 
aus Poll. IX 47 zu schliessen, dass filr ,Buch- 
laden' auoh PifiXiofrijxai sich fand (bei den Ko- 
mikern) nach der Grundbedeutung des Wortes 
,Lager von Buchern'. Sie waren Sammelpunkte 
des litterarischen Verkehrs (sv zcov xoiv&v bei 
Poll. a. 0.); dazu vgl. die Erzahlung bei Diog. 
Laert. VII 2f. fiber Zenon ausKition, der als schiff- 10 
briichiger Kaufmann gegen Ende des 4. Jhdts. 
v. Chr. zu Athen in einer Buchhandlung das 
II. Buch der xenophonteischen ajiofivrifwvevuata 
vorlesen htirte. Vgl. (iberhaupt Becker-Gcll 
Char. IIS 160ff. 175 und die dort angefuhrte Lit- 
teratur. 

Gleich andern Artikeln nahmen Kaufleute (1^- 
jioqoi) auch Biicher auf ihre Handelsreisen mit, 
vermutlich zumeist Novitaten oder wenig bekannte 



legergewinnes, war also kaum viel unter 3 Dr. 
zu haben, was in Anbetracht des geringen In- 
haltes einer Kolle teuer zu nennen ist. Um Affec- 
tionspreise fiir Inedita handelt es sich bei den 
drei Buchern des Philolaos, die Platon, und bei 
denen des Speusippos, die Aristoteles sehr hoch 
bezahlt haben soil (Gell. Ill 17. Diog. Laert. 
Ill 9. IV 5; Tgl. Dziatzko Eh. Mus. XLIX 
563, 3). 

II. Der B. seit Griindung der alexandri- 
nischenBibliothek. 1. Allgemeine Grund- 
lagendesB.s. Die Griindung der grossen Biblio- 
thek in Alexandrien und das damit wachgerufene 
weitverbreitete Bedurfnis nach Biichern in cor- 
rected ausserlich und innerlich wohlausgestatteten 
Exemplaren hatte dort die Entwicklung eines 
bliihenden B.s zur Folge. Von da an ist zwi- 
schen Privatabschriften und solchen des B.s be- 
stimrat zu unterscheiden, wenn auch in der Praxis 



Schriften oder vollstandige Sammlungen alterer 20 die Grenzen oft nahe nebeneinander herliefen f, 



angesehener Autoren, kurz solche Texte, von denen 
voraussichtlich noch keine Exemplare an den zu be- 
riihrenden Orten vorhanden waren, die dort als Vor- 
lage fur Copien dienen konnten. Vgl. Xen. anab. VII 
5, 12 von der Kiiste von Salmydessos; Suid. s. X6- 
yowiv'EguodcoQog lunoQEvsxai (und Cic. adAtt.XIII 
21, 4) in Bezug auf den Vertrieb von Platons 
Dialogen nach Sicilien (s. Dziatzko Eh. Mus. 
XLIX 568f.); Diog. Laert. VII 31 von Schriften 



oben S. 966ff,). Berufsmassige Schreiber liefer- 
ten Abschriften nach den Musterrollen jener Bi- 
bliothek, von denen sie sich naturlich sorgfaltig 
revidierte Copien (avziyqacpa) als Vorlagen ver- 
schaffen mussten. Die Leichtigkeit der Erneue- 
rung und Verbesserung solcher Vorlagen sicherte 
durch eine lange Tradition dem B. jener Stadt 
den Vorrang vor dem anderer grosser Stadte, wie 
z. B. Pergamon und Athen, in denen die gleiche 



der Sokratiker, die Zenons Vater dem Sohne von 30 Industrie einen kraftigen Aufschwung nahm. Vor 



seinen Handelsreisen mitbrachte; endlich Dion. 
Hal, de Isocr. 18 Sca/iag jiavv nollag dtxavtx&v 
Xoyatv 'looxQaisiiov nsQiaigQEoftai cpqoiv vno xurv 
$i$XuKiaA&v 'AgiazozeXtjg, eine Stelle, aus der zu 
schliessen ist, dass damals beieits berufsmassige 
Buchhandler ihre Wanderlager von Ort zu Ort 
fiihrten. Dass etwa ein Jahrhundert friiher der 
B. von Athen nach Sicilien noch sehr mangel- 
haft war, darf man aus Plut. Nik. 29 folgern, 



alien wurde Rom ein weiterer Hauptplatz des 

B.s; Strab. XIII 609 (fSifiXwxwXai tivsg ygarpevoi 
(jpavXotg XQ^W ' *«' °vx avxifiaXXovzeg, ojreg xai 
ijii ziov aX?.o>v ovftftat'vet xwv sig Ttqaoiv ygaipo- 
/j.svcov ptfikicov xai iv&dSe [in Eom] xai iv 'AXe- 
g~av&Qeiq xxL) beweist die Bedeutung des B.s 
der beiden Orte (damit vgl. aus spaterer Zeit 
Suet. Dom. 20), zugleich aber auch, dass fiber 
die Fehlerhaftigkeit der Buchhandlerexemplare 



wo erzahlt wird, dass gefangenen Athenern, welche 40 geklagt wurde (s. o. S. 961 sowie Strab. VIII 



Stellen aus euripideischen Stucken den Einge 
borenen dort aus dem Gedachtnis vortragen konn- 
ten, dies zurn Vorteil gereichte. Und auch spater 
soil Alexander d. Gr. sich durch Harpalos aus 
Athen die neueste Litteratur nach Makedonien 
haben schicken lassen (Plut. Alex. 8). 

Die Biicherpreise kOnnen in jener Zeit nicht 
niedrig gewesen sein (anders V. Gardthausen 
Palaeogr. 308 f.), was der Entwicklung eines leb 



374. Galen. XVIII 2, 630f.). Besonders latei- 
niscbe Autoren in correcten Exemplaren zu er- 
halten, war schwierig (s. Cic. ad Qu. fr. Ill 4, 5. 
5 (6), 6 de Minis vero [libris] quo me eertam, 
neseio; ita mendose et seribuntur et vmewnt; 
vgl. ad Att. II 1, 12. Hor. a. p. 354. Liv. XXXVIII 
55, 8. Mart. II 8. Gell. VI 20, 6 u. s. Hieron. 
epist. 71, 5); ein Beweis dafiir, welchen Vorsprung 
der griechische B. durch die lange Pflege litte- 



haften B.s gewiss auch hinderlich war. Anti- 50 rarischer Interessen und gelehrter Studien in Grie 



quarisch war zwar gegen Ende des 5. Jhdts. eine 
Schrift des Anaxagoras fiir hochstens eine Drachme 
zu kaufen (Plat. apol. 26 D). aber um dieselbe 
Zeit (407 v. Chr.) kosteten dort zwei (leere) x&Q- 
zai 2 Dr. 4 Obol. (CIA I 324). Wenn dies auch 
Blatter oder Bogen grossen Formates und bester 
Qualitat waren, lasst sich doch daraus im all- 
gemeinen auf den hohen Preis des Materials allein 
i'iir eine Buchrolle von etwa zwanzig xoD.^/uaza 



chenland besass. Nach Strab. a. O. kann es 
scheinen, als seien gerade die Exemplare des B.s 
mangelhaft und Privatabschriften weit besser ge- 
wesen, doch hat eine solche Ansicht nur bedingte 
Gultigkeit. Abschi-iften, die ein litterarisch ge- 
bildeter Mann selbst anfertigte oder comgierte (s 
z. B. Athen. XIV 620b. Mart. VII 11, Iff. 17, 6ff. 
Lucian. adv. ind. 4) oder durch geeignete Per- 
sonen corrigieren lies? (s. z. B. Cic. ad fam. XVI 



schliessen (s. o S. 949f.). Ganz geringes Material 60 22, 1), waren ohne Zweifel zuverliissiger und les 

hat Demosth. LVI 1 im Sinn (iv yQafinarei&Up SvoTv ' ,,.„.... . °_ . .. 

yalxoiv icovrjfievco xai fitjttiSta) fuxoq) navv rrjv 

ofioXoylav xaraXkXoi^e xrX.), wo fiir den kurzen Ver- 

trag gewiss ein kleines Blatt genfigte. Hatte das 

fiifiXtdiov ungefahr denselben Wert wie das yoa/i- 

fiaretStov. so wiirde der Stoff fur eine ganze Eolle 

immer noch ca. 1 Drachme gekostet haben. Die 

geschriebene neue Rolle, mit Einschluss des Ver- 



barer als die Durchschnittsware des B.s. Solche 
Muhe haben sich aber sicher nur die wenigsten 
Manner von Stand und Bildung gegeben (vgl. 
Cic. ad Qu. fr. a. O.), abgesehen davon, dass 
ihnen in der Regel doch keine verlasslichen av- 
ziyQacpa als Vorlage zur Verfiigung standen wie 
den benifsmassigen Buchhandlern. Auch war 
deren Arbeitspersonal gewiss geubter im Ab- 



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Buchhandel 



Buchhandel 



978 



schreiben von Testen als in der Regel Privat- 
personen und deren Sclaven (s. Nep. Att. 13 
ustifS est familia, si utilitate iudicandum est, 
optima .... namqite in ea erant pueri littera- 
tissimi, anagnostae optimi et plurimi librarii, 
ut ne pedisequus quidem quisqttam esset, qui 
noil utrumque hortvm pulehre faeere posset). Nur 
bedurffce es, da den Abschreibern selbst das innere 
Interesse an der Gflte ihrer Arbeit fehlte und 
nicht selten auch minder geeignete Lente zur 
Verwendung kamen, einer sehr sorgfaltigen Cber- 
wachung und Correctur der Arbeit. Diese aber 
war bei jedem einzelnen Exemplar notwendig und 
daher htichst umstandlich , so dass sie meist um 
so mehr unterhlieb, je fabrikmassiger sich die 
Herstellung der Texte gestaltete; vgl. Cic. ad 
Qu. fr. Ill 4, 5 (sed ego mihi ipsi ista [die Be- 
schaffung einer guten Bibliothek] per quern agam, 
non habeo. neque enim venalia sunt, quae quidem, 
placeant [gute Exemplare], et confiei nisi per 
hominem et peritum et diligentem non possunt. 
Chry&ippo tamen imperabo et eum Tyrannione 
loqitar) jind III 5 (8), 6. Dieser Chrysippus war 
wohl Ciceros librarius privatum (zu ob. St. s. ad 
Att. V 2, 8. 5, 3. XI 2, 3), wie Eros der libra- 
rius et libertus des Vergil (Don. vit. Verg. bei 
Suet. 62 Eeiif.); vgl. uberhaupt Marquardt- 
Mau 151. 

Gegenstand des B.s waren entweder altere 
Texte verstorbener Autoren, sog. litterarisches Ge- 
meingut, oder Schriften noch lebender Schriftsteller. 
Erstere bildeten urspriinglich die umfangreichere 
und wichtigere Klasse; fur sie ging man. natiir- 
lich auf mOglichst alte, wenn thunlich auf Ori- 
ginalhandschriften der Autoren zuruck (s. z. B. 
Gell. II 3, 5. 6 u. s. Galen. XVIII 2, 630f. 
und uberhaupt Cobet Mnem. VIII [1859] 434ff.). 
Solche befanden sich nicht bios im Besitz Offent- 
licher Bibliotheken, sondern auch giossere Buch- 
handler suchten als Verleger sie zu erwerben, um 
sie fur Abschriften der betreffenden Schriftsteller 
zu verwerten; so kaufle, wie es scheint, Dorus 
librarius die Biicher Ciceros, vielleicht die Ori- 
ginale aus des Atticus Nachlass (s. Dziatzko 
Rh. Mus. XLIX 571f.). Plin. n. h. XUI 83 
berichtet von aiz6yga<pa der beiden Gracchen, 
Ciceros, des Augustus und Vergilius, die es zu 
seiner Zeit gab. Waren die Texte im Laufe der 
Zeit nach und nach verwildert, so unternahmen 
gelehrte Buchhandler mit Benutzung alles zu- 
ganglichen Materials eine neue Recension oder 
liessen durch berufsmassige Gelehrte {grammatici) 
eine solche herstellen; am Texte anderten sie 
dabei unter Umstanden sehr gewaltsam (Quint. 
IX 4, 39. Galen. XVIII 2, 631). Die offi- 
eina (statio u. a.) des betreffenden BucbMndlers 
(fiij}XioyQaq>og , librarius, bibliopola) wurde dann 
hauflg in der Unterschrift der Exemplare genannt 
(s. o. S. 961). Abschriften , die auf die Re- 
cension beruhmter Gelehrter zuriickgingen, waren 
im B. besonders gesucht ; vgl. Fronto epist. p. 20 
Nab. Gell. V 4, If. XVIII 5, 11. Nach beson- 
deren Recensionen der Schriften Platons war die 
Nachfrage so gross, dass sie gleich nach dem 
Erscheinen von den Besitzern um Geld ent- 
liehen wurden (nach Antigonos Karystios bei 
Diog. Laert. in 65); ferner s. Bd. I S. 2694 
und Bd. II S. 2237ff. Cberhaupt entwickelre 



sich auf Grund der Thatsache, dass die Ab- 
schreiberversehen innerhalb desselben Textes im 
Laufe der Zeit immer zahlreicher wurden, ein 
lehhafter Handel (Antiquariat) mit alten (unter 
Umstanden selbst nur angeblich alten) Exem- 
plaren, wie u. a. aus Lucian. adv. ind. 1. Dio 
Chrys. or. XXI 12 zu schliessen ist: kartmg yaQ 
tivi zu>v §i^XiOTimXmv XQogiaxtxag; 6ia zi dij 
tovto fie igazag; Sri eldozeg ta aQxala tmv fjiftXloiv 

10 ojtov$a£6fieva d>g apteivov yeyfMfifieva xai iv xqsiz- 
zom fiiflXiotg , oi ds za (pavXozaza tmv vvv xaza- 
^evt8? sig oTzov , oncog to zb #£<5^a o/tom yevtjzai 
rotg JtaXaioTg, xai ^zQogSuup&sigot'TEg ajzoSlSovzat 
d>g nalaia; s, auch Cic. ad Att. II 4, 1. GelL 
II 3, 5. V 4, If. Fiir vorubergehende Benutzung 
wurden seltene Exemplare von den Handlern auch 
gegen Geld ausgeliehen; s. z. B. Gell, XVDII 
5, 11 (Enni annaliwm) librum summae atque 
reverendae vetastatis . . . studio pretioque muito 

20 unius versus inspioiendi gratia conduxi. 

Von lebenden Autoren kamen Schriften in 
der Regel, jedoch nicht ausschliesslich, mit ihrer 
Zustimmung oder auf ihr Betreiben in den B. 
Hatten sie sie auch vorher in Widmungsexem- 
plaren oder sonst aus der Hand gegeben, so war 
aoch in der Praxis der Schritt zur Vereffentlichung 
durch den B. (ixdtddvat, vulgare, divulgare, publi- 
eare, emittere, edere im engeren Sinne u. s. w.) 
ihnen noch vorbehalten (vgl. Cic. ad Att. XHI 

30 21, 4 dio mihi plaeetne ttbi primum edere in- 
iussu nieo ? hoe ne Hermodorus quidem faciebat, 
is qui Platonis libros solitus est divolgare, e% 
quo Xoyocotv 'Egfioda>Qog. quid illud? reetumne 
existimas miquam {ante quam) Bruto? mi te 
auetore aQog<f<ov<o u. s. w. Plin. ep. I 8, 3 bei t)ber- 
sendung einer nicht mehr neuen, aber noch nicht 
verbffentlichten Rede, die der Adressat durch- 
sehen soil : erit enim et post emendationem libe- 
rum nobis vel publieare vel eontinere; vgl. auch 

401 2, 1 und 5. Firm. Mat. math. VIII peror. 
aecipe . . . septem hos libros . . . quapropter haee 
filiis tuis tantum trade . . . horum autem libro- 
rum artifkium tws tibi soli edidisse suffieiet 
u. s. w.). Die Instit. orat. Quintilians wurden erst 
lange (etwa 7 Jahre) nach ihrer privaten Wid- 
mung an Marcellus dem B. iibergeben (epist. ad 
Tryph. 1. 2). Auch konnte der besondere Inhalt 
einer Schrift es dem Verfasser wiinschenswert 
machen, sie nicht in den B. zu geben, sondem 

50 sie gleich unsern ,als Manuscript gedruckten' 
Biichern nur privatim zu verbreiten. Solche er- 
hielten dann unter Umstanden selbst den Titel 
Anecdota (Geheimgeschichten) ; vgl. Cic. ad Att. 
II 6, 2 ; s. auch R. Hirzel Rh. Mus. XLVII 368f. 
Ein gesetzliches Recht, welches die Verbreitung 
einer einmal aus der Hand gegebenen Schrift in 
Abschriften verhindert hatte, gab es nicht, wie 
zahlreiche Beispiele nicht autorisierten Copierens, 
auch durch Buchhandler, beweisen; zu den von mir 

60 Rh. Mus. XLIX 569ff. (s. auch Bd. H S. 2608ff.) 
beigebrachten Stellen vergL noch Plat. Parm. 
p. 128 D. E. Cic. ad Att. Ill 12, 2 (ita eompres- 
seram [orationem in Curionem] , tit numquam 
emanaturam putarem. quomodo exciderit, neseio ; 
s. dazu ebd. Ill 15, 3). Hieron. ep. 49 [ed. Vail. 
I 234f.]. Sulp. Sev. dial. I 23, 4. In Dig. II 
13, 1 wird daher edere als eopiam describendi 
faeere definiert ohne Beschrankung auf eine ein- 



979 



Buchhandel 



Buchhandel 



980 



zelne Person. Hochstens hatte das Offentliche 
Feilbieten yon Schriften gegen den Willen des 
Verfassers zu einer iniuriarum actio Anlass 
geben kGnnen (s. o. S. 967). Dass unter solchen 
Umstanden sich im Altertum nicht die — im 
Princip ubrigens nicht ausgeschlossene — Zah- 
lung eines' Autorhonorars entwickeln konnte, ist 
naturlieh (vgl. Rh. Mus. XLIX 562ff. und dazu 
Gai. inst. It 77 , wo unter impensa scripturae 



Die Initiative zur VerCffentlichung von Schrif- 
ten lehender Autoren im B. ging in der Kegel, 
namentlioh in alterer Zeit, vom Autor selbst aus, 
der haufig sogar, wenn der Buchhandler nicht 
rait Sicherheit auf einen guten Absatz rechnen 
konnte , die Kosten ganz oder zum Teil trug 
(s. o. S. 968). Besonders vgl. Cic. ad Att. XIII 
12, 2. 21, 4; p. Sull. 42 . . . (indicium) nan oe- 
eultavi , non continui domi, sed statim describi 



nach dem Zusammenhang nur die Kosten des 10 ab omnibus librariis, dividi passim et pervul- 



Schreibens, nicht des Inhalts, verstanden werden 
konnen, auch Mart. Ill 38 ist sehr lehrreich und 
XI 3, 6; ferner vgl. H. Goll Kulturbilder IE a 
116ff.). Wenn gleichwohl die Schriften eines Ver- 
fassers im B. zuerst in der Kegel nur mit dessen 
Zustimmung und Mitwirkung erschienen (vgl. auch 
K. Grafenhain 53), so lag das daran, dass 
anders die librarii kaum in den Besitz conecter 
und vollstandiger, den Absichten des Autors selbst 



gari atque edi populo romano imperavi. divisi 
lota Italia, emisi in omnes provincias u. s. w. Ge- 
wiss war es daher nicht immer leicht, die Schrif- 
ten eines fruchtbaren Autors, von dem es noch 
keine Gesamtausgabe gab, vollstandig zu erwerben 
(vgl. Hor. c. I 29, 13 coempti undique nobilis 
libri Panaeti), da die Buchhandler nur gangbare 
Artikel regelmassig auf Lager halten konnten. 
War die Nachfrage nach einem Buche gross, so 



entsprechender Exemplare , die zu Vorlagen ge- 20 beeilten sich gewiss auch andere librarii , es zu 



eignet waren, gelangen konnten, sie vielmehr be- 
fiirehten musaten, durch eine autorisierte und 
wesentlich veranderte Ausgabe des Verfassers die 
ihrige alsbald antiquiert zu sehen. Denn dass 
die Schriftsteller ihre Werke vor der Herausgahe 
durch den B. einer neuen sorgfaltigen Durchsicht 
unterzogen (eine. Ausnahme z, B. bei Hieron. ep. 
49, 2), ja noch Anderungen vornahmen, wahrend 
die Schrift bereits in den Handen des Buchhand- 



copieren; von Martials Gedichten waren einzelne 
Blieher sicher zugleich bei verschiedenen Hand- 
lern zu kaufen (s. Rh. Mus. XLIX 570, wo Q. 
Pollius Valerianus als Verleger der Jugendgedichte 
Martials aus I 113 zuzufiigen ist). Ein Gesetz 
dagegen gab es nicht; hochstens vermieden die 
Buchhandler derselben Stadt aus Anstandsriick- 
sichten oder aus Furcht vor dem gleicheu Schick- 
sal eine illoyale Concurrenz. Dass einzelne von 



lers war (s. z. B. Cic. ad Att. XII 6, 3. XIII 21, 30 ihnen aber bei Aussicht auf Gewinn auch eigen 



3. 4. XVI 6, 4), oder dass sie Freunde urn ihre 
Hulfe bei Durchsicht des Manuscriptes baten (s. 
z. B. Plin. ep. I 2, 1. 5f. 8, 2f. und Weiteres bei 
R. G rafenhain 23f. 48ff.), ist durch viele Stellen 
zu belegen (vgl. iiberhaupt Buch Abschn. VIII). 
Unter Umstanden besorgte auch ein anderer fur 
den AutoT die Herausgabe und ihre Vorbereitung 
(Ovid, trist. Ill 14, besonders v. 5ff. 9. 15f. 19ff.). 
Andrerseits erwarteten sie auch vom Buchhandler, 



machtig vorgingen und Schriften ohne Wissen des 
Autors herausgaben mit willkflrlicher Redaction, 
ist niehrfach iiberliefert, z. B. in Bezug auf Schrif- 
ten Galens (II 21 6f. XIX 9f.), sowie bei Diod. 
15,2 und Bd. V 186 Dind. (s. C. Wachs- 
muth Eh, Mus. XLV 476f.). Sogar Falschungen 
von Schriften aus Eigennutz der Buchhandler 
waren nichts Seltenes (s. Galen. XV 9. 109. XVI 
If. XIX 9. Lucian. pseudol. 30; adv. ind. 4. 



dass er die Vervielfaltigung des Textes mit Fleiss40 Schol. Aristot. p. 28 Brand. Sen. contr. I pr. 11 



iiberwache und die Verbesserung der Exemplare 
sich angelegen sein lasse; s. Quint, epist. ad Tryph. 
3 tnultum autetn in tna quoqtw fide ac diligentia 
positum est, ut in mantis hominum quam emen- 
datissimi (libri) veniant. Vgl. auch Hieron. ep. 
71, 5. Iren. bei Hier. de v. ill. 35 in einer an 
jeden, der sein Buch spater abschreibt, gerichteten 
Schlussschrift. An der vom Verfasser den Buch- 
handlerexemplaren eininal gegebenen Fassung (a 



Quint. VII 2, 24. Mart. VII 12, Eff. 72, 12ff. 
X 3. 5. 33, 5ff. und uberhaupt W. A. Becker- 
GiSll Char. 113 172f.), und je beruhmter ein Ver- 
fasser war, ran so mehr war er diesem Schicksale 
ausgesetzt (s. auch o. S. 841). 

Andrerseits waren die Buchhandler, falls der 
Inhalt der von ihnen verbreiteten Schriften der 
Staatsgewalt anstOssig schien, empfindlichen Ver- 
lusten durch deren Confiscation, ja in der Kaiser- 



summa manu bei Ovid, trist. Ill 14, 23) pflegte 50 zeit selbst schweren personlichen Strafen ausge 



er spater nur selten zu andern; Ciceros Umar- 
beitung des Catulus und Lucullus (die 2 Biicher 
der Academica in der alteren Gestalt) zu 4 Buchern 
(Acad, poster.) wird von Quintilian (III 6, 64) 
besonders hervorgehoben (vgl. o. S. 967). Da- 
gegen wurde wohl nach dem Tode eines Autors 
meist, bald oder spater, eine Gesamtausgabe seiner 
Schriften in neuer Recension und in der Regel 
wohl auch mit Feststellung einer neuen Reihen 



setzt (vgl. u. a. H. Goell Kulturbild. Ill* 123f.). 
Die Anfange solcher Censur reichen der Uber- 
lieferung nach (Diog. Laert. IX 52) hoch hinauf 
und betreffen die Schriften des Protagoras, welche 
in Athen von Staatswegen auf dem Markte ver- 
brannt wurden. Kaiser Augustus suchte mit be- 
sonderem Eifer die Unzahl fatidiei libri zu unter- 
drucken, welche danials erschienen (Suet. Oct. 31); 
2000 Exemplare, zumeist wohl aus Buchladen und 



folge durch Freunde oder auf Betreiben eines 60 Cffentlichen Bibliotheken , wurden so vernichtet. 



Bucbhandlers veranstaltet. Die verschiedenen von 
einander ahweichenden Kecensionen antiker Schrif- 
ten, von denen sich Spuren erhalten haben (vgl. 
u. a. Fr. Blass Act. apost.2 [1896] praef. Vlff. 
und Lit. Centr. 1897 Sp. 385), gehen, wie es scheint, 
nur ausnahmsweise auf verschiedene, vom Autor 
selbst besorgte Buchhandlerausgaben zuriick (vgl. 
indes z. B. de emend. Cod. lust. [v. J. 534] 3. 4. 5). 



Zahlreiche weitere Falle von Einziehungen staats- 
gefahrlicher Schriften und von Bestrafungen ihrer 
Verfasser, Verbreiter und Besitzer fuhrt Birt 
Buchw. 368f. an (vgl. auch Ovid, trist. Ill 14, 5ff. 
Act. apost. XIX 19). Sie richteten sich in spaterer 
Zeit mit gleicher Heftigkeit gegen heidmsche 
Biicher im Interesse des Christentums , wie vor- 
her durch langere Zeit das Umgekehrte der Fall 



981 



Buchhandel 



Buchhandel 



982 



gewesen war. Ausser den dort beigebraehten 
Stellen vgl. auch Paull. sent. V 23, 18: IAbros 
magicae artis apud se tieminem habere licet; et 
penes quoseurnque reperti sint, ambustis his pu- 
blieis bonisqrue ademptis honestiores in insulam 
deportantur , humiliores capite pzmiuntur. nee 
enim tatnium huiits artis professio, sed etiam 
soientia prohibita est; dazu s. V 21, 4 und Dig. 
X 2, 4, 1. 

Wie die Buchhandlerexemplare ausserlich und 
innerlich ausgestattet waren, ist im Artikel Buch 
Abschn. IV— VII dargelegt. 

2. Buchhandler. Buchladen. Der Einzel- 
verkauf der Biicher fand meist wohl durch die 
(iiflAtoitaiXai und librarii, die sie hergestellt hatten, 
selbst statt (s. Cic. leg. Ill 46 a librariis peti- 
mus [leges] , publicis litteris consignatam rne- 
moriam publicum nullam habemus), zum Teil 
aber durch Kleinhandler i^t^XioKairqiot; vgl. z. 
B. Lucian. adv. ind. 4 tig Si roig efinoQOig xax 
rots $iftt.t,ox(mr\lois fjQioKr av jieqi naiHelag ro- 
oavxa fiifiXta is%ovoi xai stcoXovaiv; auch c. 24. 
Cone. Trull, can. 68 in Man si Coll. XI 973), 
welche einzelne Exemplare anch selbst schrieben, 
andere vielleicht vom Verleger in Partien bezogen, 
meist aber wohl sich auf den Handel mit alten 
Rollen verlegten. Dem (SifiXioxanrjXot entspricht 
teilweise lateinisch der libellio (Stat. silv. IV 9, 
21) mit geringschatziger Nebenbedeutung. Dass 
ein Mann wie Atticus zwar Handel mitBtichern 
trieb (Cic. ad Att. XIII 12, 2 Ligarianam prae- 
clare vendidisti), aber nur durch ihm unterstellte 
oder mit ihm in Verbindung stehende librarii 
(ebd. 21, 4 seripsi enim ad librarios, ut fieret 
tuis, si tu velles, describendi potestas ; vgl. XII 
6, 3. 40, 1. 44, 1), steht lest. Seiner Hulfe be- 
diente sich Cicero nicht nur bei Durchsicht seiner 
Schriften vor ihrer Herausgabe, sondern auch bei 
Herstellung und Ordnung seiner Bibliothek (Cic. 
ad Att. I 4, 3. 7.10, 4. II 1, 12. IV 4 b. 5, 3. 
8 a, 2). Dasselbe gilt wohl auch von andern Buch- 
handlern, dass sie fur reiche Komer die Beschaffung 
und Einrichtung von Bibliotheken ubemahmen. 
Sicher gab es zur Zeit des Atticus in Rom noch 
andere berufsmassige librarii (Cic. ad Att. XIII 
21, 4; ad fam. XVI 21, 8; p. Sull. 43; leg. Ill 
46), aber sie scheinen wenig leistungsfahig ge- 
wesen zu sein (Cic. ad Qu. fr.' Ill 4, 5) , und 
dies gerade war vermutlich fur Atticus der Grund, 
die in Athen gewonnenen Anschauungen und Er- 
fahrungen und den dort erworbenen Bestand im 
Schreib- und Buchwesen gettbter Sclaven in den 
Dienst der Bediirfnisse seiner zahlreichen rOmi- 
schen Freunde zu stellen. Dadurch, abgesehen 
von seinen eigenen litterarischen Neigungen, er- 
klart es sich, wie ein rSmischer Ritter, was spater 
anscheinend nicht wieder vorgekommen ist, seinen 
Keichtnm und seine Unternehmungslust gerade 
auf die Vervielfaltigung und den Vertrieb von 
Buchern richtete. Mancherlei , wie die Namen 
einzelner seiner servi litterati (Dionysius und Me- 
nophilus bei Cic. ad Att. IV 8a, 2, Antaeus 
und Pharnaces ebd. XITi 44, 3; vgl. 30, 2), und 
was tiber die durch Cicero bei Atticus erbetene 
und erlangte Hulfe bei Ordnung seiner Biblio- 
thek berichtet wird (a. 0. IV 4b. 5, 3. 8a, 2; 
vgl. auch I 7), beweist, dass Griechenland und 
dann naturlieh Athen (vgl. Cic. ad Att. II 1, 2. 



Nep. Att. 4 u. s.) der Ort war, wo er die An- 
, regung zu seinem Vorgehen erhielt, dass dort also 
seit lange ein gutentwickelter B. bestand. Vom 
Ende der Republik an war der inzwischen er- 
starkte B. in Kom anscheinend allein oder ganz 
vorwiegend in den Handen von Freigelassenen ; 
griechische Namen begegnen unter ihnen zumeist 
(s. auch Cic. ad fam. XVI 21, 8). Im Anfang 
der Kegierung des Augustus genossen die Sosii, 

10 deren Laden beim Standbild des Ianus nahe dem 
Vertumnustempel sich befand, vorziigliches An- 
sehen (Hor. epist. 1 20, Iff.; a. p. 345). Quintilian 
empfiehlt seine inst. orat. in besonderem Schreiben 
der Zuverlassigkeit und Sorgfalt .seines Trypho' 
(epist. ad Tryph. 3), den wir auch aua Mart. IV 
72, 2. XIII 3, 4 als bibliopola kennen, und zwar 
als einen nicht billigen (XIII 3, 8f.). Martial 
nennt ausserdem den Atrectus (I 117, 8ff.) im 
Argiletum (s. unter Atrectus), den Secundus 

20 libertum docti Lueensis mit einer Officin hinter 
dem templum Paeis und forum Palladium (I 2), 
sowie den Q. Pollius Valerianus (I 113). Seneca 
de ben. VII 6, 1 lehrt uns einen Dorus librarius 
kennen, der Biicher Ciceros gekauft hatte (s. Rh. 
Mus. XLIX 57 If.). Ohne Nennung von Namen 
spricht Gell. V 4, 2. XVIII 4, 1 von librarii; 
die bei Muratori 943, 2 (C. Galpetanus Sil- 
vestrus bibliopola), Orelli 4154 (M. Ulpius Aug. 
lib. Dionysius bibliopola) und Orelli 4211 (On. 

30 Pompeius Phrixius doctor librarius de sacra 
via) mit Namen von Buchhandlern angefuhrten 
Inschriften sind gefalscht (s. CIL VI 1507*. 3005*. 
3413*). Von Lukian adv. ind. 2 und 24 werden 
wegen der Schonheit, bezw. der Sorgfalt ihrer 
Abschriften geruhmt die §ij}Xioyoa<poi (c. 24) 
Kallinos und Attikos (6 doldt/iog). Mit letzterem 
kann sehr wohl Ciceros Freund gemeint sein, 
dessen Verhaltnis zum B. dann von Lukian falsch 
aufgefasst ware; s. u. 'Azrixiava [avr(yQa<paJ. 

40 Dagegen schildert er ebd. 4 die Buchhandler seiner 
Zeit als unwissend und halbgebildet. Auch bei 
Kallinos konnte man an ein Missverstandnis Lu- 
kians glauben und an den bei Diog. Laert. V 
73 erwahnten Freund und Schiiler des Philosophen 
Lykon denken, dessen dvsxSora /?i/?Ai'a jener Ly- 
kons Testament zufolge bit/itX&e herausgeben 
sollte. GewOhnlich halt man sie fiir gleichzeitig 
mit Lukian. Ein Anicius ortus ab urbe (v. 1), 
aber exul (v. 2) wird in einem Gedicht der Anthol. 

50 lat. (nr. 764 Riese) besungen , der den Aristo- 
teles ubersetzte und als bibliopola VermOgen ab 
Athenaeis rapuit gaxis. Vom bibliopola, Buch- 
handler, unterscheidet sich der librarius darin, 
dass letzteres Wort den eigentlichen Buchschreiber 
bezeichnet, niochte er als servus librarius einem 
Privatmann, bezw. einem Buchhandler gehOren, 
oder als Freigelassener selbstandig, allein oder 
mit Hulfe eigenen Personals, auf Bestellung oder 
zum freien Verkauf Bucher abschreiben (s. Mar- 

60quardt-Mau 151; auch Bh. Mus. XLLX 572). 
Die Laden, fitfikoaioXgla, tabernae librariae (Cic. 
Phil. II 21), librariae (Gell. V 4, 1. XIII 31, 1), 
tabernae (Hor. serin. I 4, 71. Mart. I 3, 1. 117, 
10. 14 u. s.), befanden sich naturlieh an verkehrs- 
reichen Stellen der Stadt. Auf dem Forum sind ta- 
bernae librariae bei Cic. a. O., in der Kaiserzeit 
trat besonders der vicus Sandaliarius (Gell. XVIII 
4, 1. Galen. XIX 9 lv yap xoi tai ZavdaXagiq) 



983 



Buchhandel 



Buchhandel 



984 



*a#' 8 St] nUloxa. x&v iv Tco/.ir) fit,$lioic<o)xi<av 
iatlv xtk.) als Buchhandlerviertel hervor; daneben 
die vorher aus Martial angefuhrten Ortlichkeiten 
und bei Gellius iiberdies die Sigillaria (II 3, 5. 
V 4, 1), beidemal, wohl nur aus Zufall, in Be- 
zug auf alte, also antiquariseh verkaufliche Exem- 
plare. Uber die Lage dieser Platze des alten 
Bom vgl. Ch. Hiils en Rh. Mus. XLLX 630. 
In den Buchladen lagen diejenigen Biicher, 



fest bestellte Exemplare oder auf vOllig neue 
Schriften beschranken; iiberdies aber noch auf 
solche, die in der Hauptstadt nicht mehr abzu- 
setzen waren und deren Vertrieb also auswarts 
versucht wurde (s. Hor. ep. I 20, 13f. . . . aut 
tineas pasces taoiturnus inertes aut fugies Uti- 
cam aut vinctus mitteris tterdam), falls sie nicht 
gauz maculiert wurden (s. z. B. Hor. a. 0. Cat. 
95, 7f. Mart. Ill 2, 2ff. und dazu Friedliinder. 



„„* ™„> i, a- k — —o-" -vjv^^ i-uuupi, vo, ii. juaru ixi a, an. una aazu iriedlander. 
aut welche die Aufmerksamkeit der Besucher vor 10 Anson, epigr. 34, If.). Fiir die aneesehenen christ- 
allem irelenkt. wwHbh enin* »„. <a*n v a 1 i.-„i.„_ cK i.? : ~ ' ._ > , T. „ augesenenen cnrist- 



allem gelenkt werden sollte, aus (Gell. V 4, 1 
■ibi expositi erant Fabii annates u. s. w. IX 4, 
Iff.); die Titel(?) und Proben der neuen Schriften 
bedeckten die zum Laden gehsrigen Siiulen, Pfeiler 
und Thiirpfosten; s. Mart. I 117, lit scripti-s 
postibus him et inde Mis, omties ut cito per- 
legas poetas. Hor. serm. I 4, 71 Nulla taberna 
meos liabeat neque pila libellos; vgl. auch a. p. 
372f. Ein reger litterarischer Verkehr entfaltete 
sich in den Laden (s. z. B. Gell. XVIII 4, 1 in 20 
mtdtorum homimtm coetu; anderes bei Mar- 
qnardt-Mau 827, 17). Die Rollen waren in 
armaria untergebracht oder in eapsae (Stat. silv. 
IV 9, 11 de capsa miseri Hbellioiiis) , und zwar 
die gangbarsten Schriften zunachst den Handen 
des Verkaufcrs (Mart. I 1 17, 15 de prima dabit 
alterove nido; vgl. VII 17, 5). Vgl. iiberhaupt 
unter Buch Abschn, IX. 

In Bezug auf die Verbindungen des B.s von 



lichen Schriften wurde die Maculierung verboten 
durch das Concil. Trull, im J. 680/81 (s. Man si 
XI 973). An centralen Verkehrseinrichtungen des 
B.s fehlte es wohl ganz. Einzelne Buchhandler 
verschiedenerOrte konnten dabei sehr wohl unter 
sich in Verbindung stehen; ausserdem machten 
sie gewiss mit neuen Schriften selbst Geschafts- 
reisen (als sfimgoi) oder sandten ,Reisediener' in 
die Fremde. 

3. Biicherpreise. Die Preise der Bucher 
waren, obschon ein Autorhonorar nicht nachweis- 
bar 1st, auch zur Hohezeit der Litteratur im Ver- 
h&ltnis zu den heutigen Preisen selbst in Rom 
nicht sehr niedrig, da jadie HerstellungderExem- 
plare auf Handarbeit beruhte (s. W. Schmitz 
30; anders L. Friedliinder Sitt. Roms III5 
371f.). Nach Stat. silv. IV 9, 7ff. kostete ihn 
selbst, yon der eigenen Arbeit abgesehen (praeter 
"-\ ein elegant ansgestattetes Exemplar eines 



»„ m „„] 3 r\ i s , '""i' CU1 ele g alu ausgesxatteies exemplar emes 

j- a ™/ "ndemCentren jus nach auswarts war 30 Bandchens (libellus) seiner Gedichte einen decwsis 



die Ausdehnung der rOmischen Herrschaft und die 
zunehmende Centralisation ihrer Verwaltung, mit 
welcher das Wachsen des Handels und Verkehrs 
Hand in Hand ging, jenen naturlich giinstig. Zwar 
kann man bei Cic. p. Sull. 42f. (s. o. S. 980) anneh- 
men, dass die dort geschilderte Verbreitung eines 
Schriftstiickes durch Organe der Verwaltung er- 
folgte und nicht des B.s (ahnlich vielleicht Plin. ep. 
IV 7, 2 und jedenfalls Cod. lust. ep. conf. a. 529 



s t\ i, n" T i7r itT « r- V « , ^luuusis i.ugesLaimnis ^v. 101. went aie stelle, 

§ 5), aber aus Cic. ad Att. II 1, 2 von der Schnft40 was hochst wahrscheinlich ist, auf Buch I selbst 



(21/2 Sesterzen = ca. 55 Pfennig); zum Geschenk 
bestimmt, war es vermutlich durch einen Ulrra- 
rius geschrieben (vgl. Mart. II 1, 4ff.). Fiir den 
Verleger, der eigene librarii hatte, war der Her- 
stelluugspreis wohl etwas geringer. Martials epigr. 
libellm wurde nach I 117, 15ff. in sch&ner Aus- 
stattung von Atrectus fur 5 Denare (20 Sesterzen 
= ca. 4,40 Mark) verkauft, nicht billig nach des 
Dichters Zugestandnis (v. 18). Geht die Stelle, 



de eoiisid. suo : (hi si tibi placuerit liber, cura- 
bis uiet Athenis sit et in ceteris vppidi-s Orae- 
ciae) ist zu folgern, dass schon zu Ciceros Zeit 
auf giiechischem Boden der B. der verschiedenen 
Stadte unter sich genugende Fuhlung hatte, um 
einerSchrift die gewunschte Verbreitung in sichern. 
In Tomi freilich klagt Ovid (trist. Ill 14, 37f.) 
keine Bucher zu haben. Dagegen stellt Hor. a. 
p. 345; hie et mare transit in Rom einem guten 



nicht auf die alteren epigr. sped. , so fallt der 
starke Umfang jenes ins Gewicht. Ebensoviel 
(5 Denare) kostete nach Epict. diss. I 4, 16 die 
Schrift des Chrysippos Jtegl og^fjs. Das Buch 
der Xenien dagegen, nur etwa ein Drittel so stark 
als jenes, verkaufte Tryphon fiir 4 nummi (4 Se- 
sterzen = 87—88 Pfennig); noch beim halben 
Preise konnte er seinen Vorteil haben (XIII 3, 
Iff.). Man sieht, dass die Buchhandler Roms die 



to,,„T> a ;„ a„ ■ uj I r,.T. ; e r •'■ J3±a " Sic " 1 '! uass <"« xiucuuanaier rcoms cue 

S'nV^Sr^ rt ^ffJM- Hor-SOGangbarkeit eines Artikeh, wohl ausniitzten, wo- 



c. II 20, 13ff. Ovid, trist. IV 9, 19ff. 10, 128. 
Mart. I 1, 2. Ill 95, 7. V 13, 3. VII 88, If. VIII 
3, 4. 61, 3. 5. X 9, 3f. XI 3, 5. XII 4, 3f. Plin. ep. 
IX 11,2 bibliopolas Lugduni esse turn putabam, 
ac tanto libentius ex litteris hiis cognovi vendi- 
tari libellos meos. GelL IX 4, Iff. (von Brun- 
disium). Sulp. Sev. dial. I 23, 3ff. (vgl. Birt 362. 
Marquardt-Mau 828, 10). Dabei ist hides zu 
beacbten, dass der Mangel eines Autor- und Ver 



gegen sie bei andern naturlich zuweilen Schaden 
hatten. Nach obigera scheint etwa ein Sesterz 
oder wenig mehr der Selbstkostenpreis eines Ver- 
legers fiir eine Rolle geringen Umfangs und ein- 
facher Ausstattung gewesen zu sein (Handworterb. 
d. Staatsw. II 746 setzte ich li/ 2 Sesterzen wohl 
etwas zu hoch an). Dasselbe ist aus Mart. I 
66, Iff. zu schliessen, wo v. 4 (non sex paratur 
aid decern ,sopkos' nummis) auf ebensoviele Exem- 



i,„„.,' , „ . . ? " r ~ ,"™ ."•'" ""* "mem ,supims- nummis am eDensoviele Jlxem- 

lagsrechts der Entwicklung ernes regelmiissigen 60 plare einfacher Ausstattung (tomus vilis v. 3) 
B.s nach den Provinzen insofern hinderlich sein zum Selbstkostenpreise von je 1 num. geht, die 
musste, als die Buchhandler Roms. bezw. anderer Aw k n „ n,AM a ,1., ..^„,. „:' -r.n.i. 1 ? „ __ 



musste, als die Buchhandler Roms, bezw. anderer 
grosser Stadte nicht wissen konnten, ob nicht 
andere Handler ihnen am auswartigen Orte mit 
Exemplaren von Schriften, deren Vertrieb sie 
unternahmen, zuvorgekommen seien oder der Be- 
darf an jenem Orte selbst befriedigt werde. Im 
wesentlichen musste jener Handel sich also auf 



der Angeredete als seine eigenen Dichtungen an 
Bekannte verteilte (von Birt 210f. wie von f rie d- 
lander z. d. St. unrichtig erklart; s. dagegen 
Handw. d. Staatsw. a. O.). Keinen Anhaltspunkt 
bietet z. B. Mart. XIV 194 und die Nachricht in 
Act. apost. XIX 19, dass die Glaubigen in Ephe- 
sos anstessige Biicher offentlich verbrannten. deren 



985 



Buchloos 



Bucinator 



986 



Wert nachher auf 50000 (Drachmen) Silbers — 
auffallend hoch — geschatzt wnrde. Aus Lukian. 
Cronosol. 16 lasst sich schliessen, dass ein §i(Sl.i<n> 
x&v jiaXaiwv gewehnlich billiger war, als das 
Exemplar eines modernen beliebten Autors. Wich- 
tiger ist die Angabe des Edict. Diocl. in CIL III 
p. 831, nach welcher ein Schreiber fur 100 Verse 
bester Schrift 25 Denare (= ca. 45 Pfennig), fur 
100 Verse sequ(ioris, bezw. sequentis, wie Th. 
Mommsen erganzt hat) seripturae 20 Denare 
(= c. 36 Pfennig) im Maximum fordern durfte. 
Antiquarische Preise schwankten ungemein je nach 
der Nachfrage und der Schatzung des einzelnen 
Exemplares. Wahrend nach Gell. II 3, 5 fiir ein 
Exemplar des dritten Buches der Aeneis, das man 
fiir das Autographon Vergils hielt, 20 aurei (= 500 
Drachmen oder fiber 420 Mark) und nach Lnkian. 
pseudolog. 30 fiir ein (untergeschobenes) Buch des 
Tisias 30 x& v0 °vs (= 750 Drachmen) gezahlt 
wurden, kostete nach Stat. silv. IV 9, 22 bei 
einem kleinen Handler ein schadhaftes schlechtcs 
Exemplar des ,langweiligen' alten Brutus nur ein 
gaianisches as. Gellius (IX 4, Iff.) kaufte zu 
Brundisium in einem Laden viele Rollen alter 
Unterhaltungslitteratur aere paueo, adduetus mira 
atque insperata vilitate. Bei seltenen Stflcken 
holte man unter Umstanden vor dem Kauf den 
Rat eines Sachverstandigen ein (Gell. V 4, If.). 
Allgemeine Klagen iiber die Habsucht der Buch- 
handler linden sich bei Lucian. adv. indoct. 4, 
sovvie in der von Th. Mommsen Herm. XXI 
146 veroffentlichten , mindestens aus der Mitte 
des '4. Jhdts. n. Chr. stammenden Unterschrift 
des Cheltenhamer Cod. nr. 12266 (s. o. S. 960); 
vgl. auch Sulp. Sev. dial. I 23, 3. 

[Dziatzko.] 

BucblooS) Castell im Trifinium der Kolchoi, 
Alanoi und Misimianoi, Agathias III 15 zum J, 555 ; 
vgl. Anastasii hibliothecarii opera ed. Sirmond 
III p. 376 : aastrum rcgionis Misimianae, cuius 
nomen Bucidus est, iam in confinibus Alano- 
rum situm, quod Alani nunc eaptum retinere 
noseuntur. Es lag wohl in dem westlich an 
Suanethi angrenzenden Hochthal Zebelda, nahe 
der Klause Klyc, am Oberlaufe des Kodor (s. 
Koras). [Tomaschek.] 

Buctaonia s. Buconia. 

Buchsbaum, Nutz- und Zierpflanze, Buxus 
sempervirens L., jra|oj, buscus (Baum), buxum 
(Holz). Vorkommen: Er gedeiht noch heut in 
Nordgriechenland (xv^dgi), Makedonien (am Olym- 
pos), Albanien, endlich in Italien (bwso, bosso) 
und Portugal. Im Altertum fand man ihn be- 
sonders reichlich in Paphlagonien (to Kvkoqo), 
besonders stark entwickelt in Corsica, dagegen 
kurz, schlank und wenig brauchbar am Olympos. 
Vgl. Theophr. IH 15, 5. I 10, 3. V 7, 7. Strab. 
Xn 545. Plin. XVI 71. SprichwOrtlich xvfrv dg 
Kvtooqov soviel wie Eulen nach Athen tragen, 
Eustath. ad II. I 206 p. 88, 3. VgL Cytore 
buxifer Catnll. 4, 13. Undantem busca Gytorum 
Verg. G. H 487. Plinhis (XVI 71) nennt noch 
die Pyrenaen und den Berecynthus in Phrygien 
als Orte seines Vorkommens. Sein ursprungliches 
Vaterlanl ist nicht festgestellt. Beschreihung: 
Der Baum ist nicht gross, wachst an kalten und 
rauhen Orten ; der korsische Honig verdankt ihm 
seinen unangenehmen B.-Geruch ; die Blatter glei- 



chen denen der Myrte (Theophr. Ill 15, 5). Er 
wachst wild und ist immergriin (I 10, 3. 3, 3), 
liebt die Berge (HI 3, 1) und die Kalte (ydo- 
ymxQov IV 5, 1 ; vgl. caus. pi. LI 3, 3). Sein Holz 
ist schwer (I 5, 5) und trocken (I 5, 4); vereint 
Harte mit der Schwere (V 3, 1. 4, 1), fault nicht 
(V 4, 2) und wird von den Holzwurmern gemie- 
den (V 4, 5). Die Friichte reifen spat und sind 
ungeniessbar (III 4, 6). Das Mark ist kaum merk- 

10 lich (I 6, 2. V 5, 2. 5, 4). Der Baum ist wenig 
verastelt (I 8, 2) und wachst schnell empor (sv- 
aM%&<na.xav1 III 6, 1). In den Garten von Baby- 
lon kam er nicht fort (IV 4, 1). Vgl. die Be- 
schreihung bei Plinius (XVI 70f. 204. 212. 226. 
231) und in den Geop. XI 9. Nutzbar ist das 
treffliche Holz vielfach (Theophr. V 7,. 7); so zu 
Jochen (II. XXIV 269), Stielen fur Hammer und 
Bohrer (Theophr. V 7, 8), Kreiseln (Verg. Aen. 
VII 382. Pers. Ill 51), Klarinetten und Saiten- 

20 instrumenten (Ovid. met. XIV 537; fast. VI 697. 
Claudian de rapt. Pros, m 130. Prop. V 8, 42. 
Theocr. XIX 110 u. s. w.), Kammen (Ovid. fast. VI 
229. Iuven. 14, 194), Kaseformen (Colum. r. r. 
VII 8, 7), Gotterbildern (Theophr. V 3, 7. Paus. 
VI 19, 6), Buchsen (Lucian. Asin. 14), Schreib- 
tafeln und Tafelbildern (Prop. IV 23, 8. Poll. X 
59. Schol. Hor. epist. I 6, 74 u. s. w.). So hiess 
buxum geradezu ,Klarinette, Kamm, Kreisel'; so 
hiess ,Buchse' xv&s, .Schreibtafel' :iv£iov ; so bildete 

30 man das Wort xv^oyQayeTv (Artem. oneir. I 53) ; 
so kommen ,Bussole' und ,Biichse' von buxum- 
her. Endlich brauchte man es zu Fournieren und 
Drechslerarbeiten: xXivfj naQ&nvfrs (Poll. X34); 
torno rasile buxum (Verg. Geo. II 448) u. s. w. 
Vgl. Bliimner Techn. II 253f. Lenz Bot. 658f. 
Als Zierpflanze diente der Baum, da er sich gut 
beschneiden liess (Mart. Ill 58, 3). So gab man 
ihm die Gestalt grosser Tiere (Firm. Math. VIII 
10). In der Religion spielt er die Rolle vieler 

40Immergruns, er ist den Unterirdischen geweiht 
und der Aphrodite verhasst. Verl. Murr Pfl. in 
d. Myth. 99f. [Max C. P. Schmidt.] 

Bucilianns (Bovxokiavos), Bruder eines (sonst 
unbekannten) Caecilius, nahm an der Verschwo- 
rung gegen Caesar teil und brachte ihm in der 
Curia (also war er Senator) is to /ueraqp^evov eine 
Wunde bei, Appian. b. c. II 113. 117. Im Juli 
710 = 44 bereitete er in Gemeinschaft mit Brutus, 
Cassius, Sestius und anderen CaesarmOrdern lu- 

50 culenta tiavigia zur Flucht vor, Cic. ad Att. XVI 
4, 4. Erwiihnt auch ebd. XV 17, 2. [Klebs.] 

Bncina. 1) BucinCnJa, wie es scheint, Heine 
Insel bei Sardinien , lib. Pontine, vita Pontiani 
(z. J. 235: deportati ah Alexandre/ in Sardinia 
insula Bueina) ; wohl identisch mit dem auf der 
Tab. Peut. gezeichneten Bovenna. S. Boaris. 

[Hulsen.] 

2) S. Bukinna. 

3) Ein schneckenfOrmig gewundenes Horn 
60 (Plin. n. h. IX 103. Veget. Ill 5. Ovid. met. I 

335). Auf Monumenten nicht nachweisbar. 

[v. Domaszewski.] 
Bucinator, Blaser, der mit der Bueina das 
Signal giebt, wie es scheint, nur fur den Lager- 
dienst. So fiir die AblSsung der Wachen bei Tag 
(Senec, controv. DTI prooem. Senec. Thyest. 798} 
und bei Nacht (Polvb. VI 35, 12. Liv. VII 35, 1. 
XXVI 15, 6. Propert. V 4, 63. Silius VII 154. 



987 



Bucinobantes 



Budeion 



988 



Front. I 5, 17. Caesar b. c. II 35, 6. Cic. pro sammenfallend mit der im Itin. Hierosolym. 609 

Mur. 22), auch fur Beginn und Ende der oena, genannten mutatio ad quintum deeimum, also 

Taeit. ann. XV 30. Polyb. XIV 3, 6. Bucina- in der Nahe des heutigen Andria. S. Mommsen 

tores in alien TruppenkOrpern, Ruggiero Diz. CIL IX p. 33. [Hiilsen ] 

epigr. I 1050f., auch bei den Vigiles, v. Do- Bndaia, Ortschaft in Indoskythia, am Mittel- 

maszewski Die Fahnen 8. [v. Domaszewski] lauf des Indos, zwischen Pentagrarnma und Naa- 

Bucinobantes, einZweigder Alamannen(s.d.), gramma. Ptol. VII 1, 61. Lassen Ind. Alt. Ill 

der zur Zeit Valentimans seine Wohnsitze Mogon- 144 denkt alien Ernstes an einen Buddhatempel; 

tiacum gegenuber hatte, Amm. Marc. XXIX 4, 7. Saint-Martin sucht den Ort zwischen A16r und 
Auch in der Not. Dign. oc. VI 17. 58 erwahnt. 10 Mithan-k6t und vergleicht Bodh-pur und Budhya; 

Zeuss Die Deutschen 9. 310. J. Grimm Gesch. Yule denkt gleichfalls an Budhya, das westlich 

d. deutschen Spr. lis 412. Much Deutsche Stamm- vom Indus nnd siidlieh vom Bolanpass liegt. Die 

sitze 21. Vgl. den Artikel Buconia. [Ihm.] arabischen Geographen kennen in Ober-Sindh und 

Bucinum. Aureum buoinum, Ort (wahr- in Kaccha-Gandava (Qandabil) ein nomadisches 

scheinlich Strassenname = vicus aurei bucini) Volk Bodha, welches das baktrische Karael ziich- 

m der yierten Region von Rom (Not. u. Curios. tete und den ackerbauenden Zott benachbart war; 

urb. bei Jordan Top. II 546), unweit der par- aber die ptolemaeische Ortschaft lag weiter gegen 

tieus absidata , des Apollo sandaliarius und Norden. [Tomaschek.l 

templum Telluris , also etwa bei S. Quirico e Bndalia, vicus von Sirmium-Mitrovica in Pan- 

Giulitta und Tor dei Conti. [Hiilsen.] 20 nonia inferior, 8 mp. von der Stadt entfernt auf 

Bucinus portns verzeichnet Holder Altcelt. der Strasse nach Cibalae-Mursa (Vinkovce-Esseg) ; 

Sprachschatz e. v. aus den Acta SS. IX Oct. 533 Geburtsort des Kaisers Decius (It. Ant. p. 268. 

unter Verweisung auf Abucini partus (s. A.) der Butrop. IX 4. Aur. Vict. ep. 29, 1 : Bubalia, vgl. 

Not. Gall. IX 10 (Var. Buceni). Port-sur-Sa&ne, Caes. 29, 1. It. Hieron. p. 562 : Vedtdia). Momm- 

dep. Haute-Sa6ne? [Ihm.] sen CIL III p. 422. Kiepert Formae orbis an- 

Bncolas, Freigelassener des Claudius oder des tiqui XVTI. H. Schiller Geschichte der rSm. 

Nero; seitdem heisst er: Ti. Claudius Aug(usti) Kaiserzeit I 804, 3. [Patschl 

lib(ertus) Bucolas. Er fiihrt die Titel praegu- Bndaron s. Budoron. 

stator triclinarc . . procurator) a muneribfus), Budaxicara s. Buduxi. 

procurator) aquarfwm), proc(urator) castrensisM Buddarns {BV&&ARVS), gallischer Vasen- 

(LILXI3612) und ist als proc. aquwr. noch zur fabricant der Kaiserzeit; Dragendorff Bonn. 

Zeit des Kaisers Domitianthiitig: Bull. com. XVIII Jahrb. XCVI 106. [C.Robert.] 

(1890), 179, 1. Seine Mutter Sulpicia Cantabra, Budeia (Bovdeia). 1) Nach Steph. Byz. eine 

seinenSobnQ. Claudius Flavianus kennt die bereits phrygische Stadt, Nonn. Dion. XIII 511; vgl 

genannte Insehrift CIL XI 3612. Vgl. Borghesi Beudos. PEtugef 

Oeuvres IV 340. [Henze.] 2) Stadt in Thessalien, s. Budeion. 

Bucolici mllites s. Bovxokoi Nr. 1. [Oberhummer] 

Buconia, Wald in Germanien, Greg. Tur. II 3) Epiklesis der Athena in Thessalien, Lykophr. 

40 eumque tile (rex Sigibertus) egressus de Co- 359 nebst Tzetz. Steph. Byz. s. BovSeca. Eustath 
lorna cwttate transacto Rheno per Buconiam 40 Horn. II. 1076, 27. B. dem Sinne nach gleich 

(Var. Buehoniam, Bocehoniam) silvam ambidare Buzyge und der Epiklesis der Athena Boarmia 

disponeret. Buconia, (von boka = fagus) bezeich- ( s . d.), kennzeichnet die Gottin als die Erfinderin 

net nach Zeuss (Die Deutschen 9.311. 344) zu- des Pflugens , indem sie zuerst die Rinder an- 

nachst nur die Koln gegenuberliegenden Wald- schirrte, Welcker Griech. Gfltterl. II 301. O 

hflhen, erst spiiter wurde es Name der Buchen- Miiller Orchomenos 186. Preller Griech. Mvth 

waldungen an der Rhon und dem Vogelsberg. I 222, 1. Burnouf Legende athenienne "84 

Much Deutsche Stammsitze 21. Vgl. dieBuci- TSpffer Attische Geneal. 137, 2. [Jessen.l 
nobantes (auch Bacenis silva). [Ihm.] 4) Heroine, deren Sagengestalt sieh offenbar 

Bueonice, Ortsname auf einem in Bruchloch aus dem thessalischen Kult der Athene B. ent- 
lm Luxemburgischen gefundenen Inschriftfrag- 50 wickelt hat, und als solche die Gemahlin des 

ment, Revue archeol. n. s. XXXII (1876) 176ff. Klvmenos und die Mutter des Erginos. Schol 

Rhein. Jahrb. LXVII 5. Vorangeht Mogontiac . . . Il.'Townl. ed. Maass II 197 zu XVI 572. Eu- 

Wohl identisch mit Bonconiea (Tab. Peut.) oder stath. comm. H. p. 1076 , 26. Der phthiotische 

Bawomca (Itin. Ant.), dem heutigen Oppenheim. Ort BovSstov soil nach ihr benannt sein. Sie 

Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. [Ihm.] ffihrte auch den Namen Bovtfyrj und war dann 

Bnconis Turris, Ortsname aus Mauretania die Tochter des Lykos, Schol. Apollon. Rhod I 

Iingitana, Geogr. Rav. Ill 11 p. 164. Vielleicht 185. Vgl. K. O. Muller Orchomenos und die 

identisch damit Boxxavov jy^pov, bei Ptol. IV Minver^ 185. Toepffer Att. Genealogie 137,2. 
1» 15. [Dessau.] [Kern.] 

Bucra s. Bruca. 60 Budeion {BovSstov). nach II. XVI 572 eine 

M. Buculeius, homo neque meo (= Orassi Stadt,inwelcherderMyrmidoneEpeigeusherr8chte. 

oratorts) %iidww stultus et suo valde sapiens et Die Schol. und Eustath. z. St. setzten sie nach 

ab mrts studio non abhorrens, Zeitgenosse des Thessalien, bezw. Phthiotis oder Boiotien, Etvm. 

Redners Crassus, Cic. de or. I 179. [Klebs.] M. nach Thessalien oder Epeiros, Steph. Byz 

Budae {Budas, Geogr. Rav. IV 35 p. 282 P.; nach (dem thessalischen) Magnesia. Letzterer, 

budas Guido 47 p. 485) oder Rudae (Rudas Tab. der sie BovSsta nennt und s. Qlxeiov das Ethni- 

Peut.), Station der Strasse von Butunti nach Ca- kon Bovdtiv; giebt, leitet von dort den Beinamen 

nusium, 15 mp. von Rubi (Rugge), wohl zu- Bovdsta her, wclchen Athene in Thessalien fuhrte 



989 



Budeios 



Budinoi 



990 






(Lykophr. 359). Vgl. Bd. II S. 1947 und Bu- Demnach fallt das Volkstum der B. mit der per- 

deios. [Oberhummer.] mischen Gruppe (Wotjaken und Syrjanen) voll- 

Bndeios (BovSecog), eponymer Grtinder der standig zusammen; allerdings sind diese Permier 

thessalischen oder epeirotischen Stadt Budeion naehmals, gedrangt durch die hunno-bulgarischen 

oder Budeia, Sohn des Argos, Schol. B(L)V II. Stamme, noch weiter hinauf, die Kama und Wjatka 

XVI 572 und Eustath. z. d. St. p. 1076, 29. Steph. entlang, in das Gebiet der nordischen Nadelwal- 

Byz. s. Bovdeia ; nach Seleukos bei Hesych. = der. wo sie noch heute hausen, eingezogen. 

dvotjzog. Der Bovdwg, mit dem ein hellender Lehrreich ist nun die weitere Schilderung der 

Hund verglichen wird bei Lysippos (Hs. Xqv- B. bei Herodot. IV 108. 109: ,Die B. bilden ein 
cuinog, corr. Meineke) frg. 8 Kock (CAF I 702f.) 10 grosses und zahlreiches Volk mit hellblauen Au- 

ist unerklart; vielleicht liegt ein Doppelsinn zu gen und ganz rotem Haar; sie sind Eingehorene 

Grunde: a. grosser molossischer Hund aus epei- ihres Landes (im Gegensatz zu den eingewan- 

rotisch (molossisch ?) Bndeia, b. Bullenbeisser von derten hellenischen Ansiedlern, den Gelonoi, s. d.), 

dl<o-fiovs. [Tumpel.] fiihren als Jager eine unstete Lebensweise und 

Budenicus, topischer Beiname des Mars auf fressen, die einzigen unter jenen Volkern, Lause. 

auf einem in der Nahe von Ucetia (Uzes, Gall. Ihr Land ist ganz dicht mit allerlei Wald be- 

Narb.) gefundenen Altar CIL XII 2973 Marti wachsen, und in dem dicksten Wattle liegt ein 

BudehicFoj Ordtus Severi fdius. Den Ort ver- grosser voller See und ein ringsum mit Rohr be- 

mutet man (Allmer Revue epigr. I p. 132) wachsener Sumpf; im See werden Fischottern, 
in dem Namen des bei Uzes gelegenen Dorfes 20 Biber und andere Tiere mit vierschrOtigem Ge- 

Bezuc (?). Die Bewohner heissen Budmicettses sicht gefangen, mit deren Balgen man die Pelze 

auf der aus derselben Gegend stammenden In- verbramt.' In fabuloser Weise lasst ferneT Hero- 

schrift CIL XII nr. 2972 und p. 832. Vgl. Bull. dot. TV 102. 119ff. neben den librigen skythischen 

^pigr. 156. V 197. Holder (Altcelt. Sprach- Stammen auch die B. an dem Verteidigungskriege 

schatz s. Budemeum) scheidet die Budenicenses gegen die Perser teilnehmen ; er berichtet end- 

von dem Ort, der unter dem Schutz des Mars lich IV 105, dass ein Menschenalter vor dem 

B. stand. [Him.] Zug des Dareios die aus ihren Wohnsitzen durch 

Budidai (BovSiSai) , Adelsgeschlecht auf der Schlangen vertriebenen Neuroi bei den B. Zuflueht 

Iusel Aigina, benannt nach Budion, dem Vater fanden. Das grosse Gebiet der B. umfasste das 
der Oinone, nach der die Insel ehemals Olvdbvt} 30 Stromgebiet der mittleren Wolga. zumal die siid- 

geheissen haben soil , Schol. Pind. Nem. VI 53 lichere Waldregion, wo Linden und Eichen flber- 

o dtdvuo? (prjoi ■ jiQoarjXEi yoayeiv Bovdidai ■ ye- wiegen; die Menschenzahl der permischen Stamme 

vsa&ai ydo nva Bovdlcova iv Alyivrj, cup' ov xard- hat aber im Laufe der Zeiten stark abgenommen. 

yeoftai yeveav ttjv rc5v BovScSwv. Der Stamm- Den Syrjanen sind noch jetzt lichte Augen und 

vater des Geschlechts und seine Tochter die Epo- Haare eigen ; die Wotjaken zumal besitzen nach 

nyme der Insel Oinone wurde auch von Pythai- Gmelin, G. Muller, Pallas und M. Busch 

n'etos im 1. Buche seiner Alyivr/zixd erwahnt (Schol. ,lichtgelbe oder sogar feuerrote 1 Haare und ,blaue. 

Pind. a. a. 0. ). Vgl. Tzetz. Lj'k. 175. grime und graue' Augen ; dieser finnische Typus 

[Toepffer.] mochte sich infolge Mischung mit den benach- 

Bndinoi (BovStrot, BovSirol), ein grosses Volk 40 barten Sarmatai , welche erwiesenermassen auch 

des skythischen Nordens, uber dessen Wohnsitze auf den Sprachschatz der Permier eingewirkthaben, 

Herodot IV 21 folgendes berichtet : ,Geht man zu besonderer Starke entwickelt haben. Das Zer- 

iiber den TanaSs, so bewohnen das erste Land, beissen der Lause wird fur viele NordvOlker be- 

reinen Steppenboden ohne alien Baumwuchs. auf statigt. Als Jager, welche den Pelztieren (Zobeln, 

15 Tagereisen gegen Norden hin die Sauromatai; Mardern und EichhOrnchen) nachstellen, werden 

daruber liegt ein zweites, ganz dicht mit allerlei gerade die Permier (Tlsg/iiot Chalkokond3 r les III 

Holz bewachsenes Land, wo die B. wohnen. Weiter 132) allezeit hervorgehoben ; die hellenischen Ge- 

hinauf folgt in einer Strecke von sieben Tage- lonoi mochten das Grauwerk nach Tanais und 

reisen eine EinOde, hinter welcher gegen Osten Olbia auf den Markt gebracht haben. Jener an 
die grossen Jagervolker der Thyssagetai und Iyr- 50 Fischottern, Bibern und Seehunden so reiche See 

kai (s. d.) herumstreifen.' Wie wir sehen wer- wird von Kruse auf den Belo ozero oder Valget- 

den, liegen in den beiden letztgenannten Volkern jarwi bezogen, wo noch jetzt ein Zweig der Ja- 

unverkennbar die Wogulen an der Cusso-wa und men (s. Iamoi) haust, der im Mittelalter (s. Va- 

sodann die JOgra oder Ugrier des Ob-Gebietes vor. sina) unter dem Namen Vesi, Visu und Wizzi 

Die EinMe bezieht sich auf die einst walderfull- ob der Pelzlieferung beruhmt war; und ausge- 

ten Dfergelande der uralischen Kama (s. Rhas). dehnte Rohrsumpfe finden wir am Nordnfer der 

welche noch jetzt bei den Kazan-Tataren ,Fluss mittleren Wolga, an der Sura, der unteTen Oka 

der EinOde' Colman-idel genannt wird. Das sar- und an der Kl'azma ; an das haufige Vorkommen 

matische Steppengebiet reichte von der Tanais- des Bibers erinnem hier zahlieiche Ortsnamen. 
miinde an bis zur Breite von Vororiez und Sara- 60 Die Zuwanderung der Neuroi (s. d.) von den Ost- 

tow hinanf. Somit bleibt fur das grosse Wald- lichen Zuflussen der Weichsel zu den B. warwohl 

gebiet der B. der Raum fibrig. den seit der Zeit keine dauernde ; erst der russische Chronist Nestor 

der Volkerwanderung und der hunnischen Vclker- berichtet von einer vollen Auswanderang sloveni- 

stiirme die Wolgafinnen (Mordwa, Ceremis und scher Radymici und Wjatici ins Land der Wot- 

Permier)' inne haben. Zu Herodots Zeit jedoch jaken. Die permischen Wotjaken nennen sich 

sassen die Mordwa (s. Androphagoi) am oberen Udy oder Ud'-murt; der Name der alten B. mochte 

Borysthenes an der Seite der Litauer, und die ,Wasserleute, Flussanwohner' bedeutet haben, auf 

Ceremis (s. Melanchlainoi) am oberen Tanais. Grund von wotj. mi, cerem. wiid, mordw. iced", 



991 



Budioi 



Biiffel 



992 



suom. wede- ,Wasser' ; dazu das Adjectiv cerera. Bndorls (Bovdogis), Ort in Germania Magna 

icudwn, mordw. wederi , estn. wedin. von Ptolem. II 11, 14 erwahnt. Er lag in der 

Aristoteles bei Ael. hist. an. XV 33 gedachte, Nahe des Eheins, nach C. M tiller u. a. das heu- 

nach Berichten der Tanaitai, eines budinischen tige Biiderich bei Wesel (?). Vgl. Budorgis. 

Ortes Kariskos, wo grobwollige schwarze Schafe ' [Ihm] 

gezogen wurden ; zu diesem Namen vergleiehe man Budoron (BoiSogov, BovSoigov, BoiSogov, Bov- 

perm. kar', karys ,Schlag, Verhau, Feste, Stadt,'. Sogwv) hiess die Nordwestspitze der Insel Salamis, 

dim. karysok. Derselbe erhielt ausserdem Nach- Megara gegenfiber , auf welcher die Athener eia 

nchten vom Dasein eines Jagdtieres im Lande gleichnamiges Castell angelegt hatten, um yon 

der B. , xdgavSog genannt (s. d. Lex.) , das die 10 dort ans den Schiftsverkehr von und nach Me- 

Naturforscher dem nordischen Ren gleichstellen, gara zu uberwachen, Thnk. II 93, 4. 94, 3. Ill 

obwohl man auch an den stidlicher yerbreiteten 51,2. Ephor. frg. 66 nach Steph. Byz Diod XII 

Elch Oder Elen denken kann; dieses Wort zeigt 49, 3. Strab. X 446. Dodwell Travels I 579f. 

deutlich eine sarmatische Participialform , sei es und Velsen Arch. Anz. 1855, 115* beschreiben 

tarant os. tkarond ,einherjagend', oder earant auf der jetzt durch eine Fahre mit dem Festland 

.schreitend, weidend'. Alle spateren Zeugnisse verbundenen, daher TUgafia genannten Landspitze 

iiber die B. (s. Ukert Geogr. d. Gr. u. R. m westllch vom Kloster der Pan. Phaneromeni noch 

2, 537ff.) sind aus Herodot gezogen und ob steter wohl erhaltene Eeste der alten Befestigung, welche 

Verwechslung mit den Gelonoi wertlos. Erst zur zum Teil noch jetzt erkennbar sind. Bursian 
Zeit der gothischen und hunnischen Volkersttirme 20 Geogr. I 365. Karten von Attika XXIII und 

tritt der hohere Norden wiederum in den Vorder- MilchhOfer im Text hiezu Heft VII— VIII S 35 

grand (vgl. z. B. Acatziri). [Oberhummer.] 

Herodots Schilderung hat wiederholt die Phan- Budoros {BoiSogog , BovSwgog) , Fluss bei 

tasie der gelehrten Forscher beschaftigt, und so- Kermthos an der Ostkiiste von Euboia, Strab X 

wohl die Wohnsitze der B. wie die Abkunft dieses 446. Ptol. Ill 14, 22 (15, 25). Nach Bursian 

Volkes sind nicht immer richtig bestimmt wor- Geogr. II 402 der bei Kerinthos selbst mtindende. 

den. Lber die Wohnsitze urteilte zuerst sach- aus zwei Quellarmen (Kereus und Neleus?) stro- 

gemiiss Heeren Ideen I 2, 278; vgl. feraer mende Fluss von Manduti, nach M tiller zu Ptol. 

Hansen Osteuropa 32. 174. KOppen Nordge- a. a. 0., dem jetzt auch Kiepert Formae XV 
stade des Pontus 68. 71. v. Bar Kl. Aufsatze 30 folgt , der Ostlich davon in die. Bucht Kimasi 

III 79. 85. Bonnell Beitr. zur Altertumskunde miindende Bach Stringolakos. [Oberhummer.] 

Kusslands 113. Dagegen hatte Safafik Slav. Budroe (var. Budrae, Budroae, Budorae, Bu- 

Altertiimer I 184ff. die B. nach Weissrussland ver- ditiae), zwei Inselchen, welche Plin. n. h. IV 61 

legt, Kruse Urgeschichte des estnischen Volks- neben Leuce (s. Leukai) an der Kuste von Kreta 

stammes 256ff. zu hoch hinauf an den .Weissen- gegentiber Kydonia nennt. Nach Bursian Geogr. 

see'. Einige Forscher glaubten in den B. eine II 542f. die beiden Inselchen der Sudabai; vgl. 

Colome indischer ,Buddha-Verehrer' zu entdecken ; Admiralitatskarte nr. 1658 (Sudabai) und nr. 2536 a 

Mannert Geogr. Ill 17ff. und Hailing De flava (Kreta West), sowie die Karte von Kreta in Ztschr. 

gente Budinorum, Berol. 1834 hielten sie fur leib- Ges. Erdk. 1866 Taf. VII, wo jedoch der Name 
haftige Germanen und Gothen ; Safafik 189ff.40auf das westlich von Kanea (Kydonia) liegende 

stempelte sie zu Slawen, und Band tke Polnische Inselchen H. Theodoros bezogen wird , auf das 

Geschichte, Krakau 1822, legt,e dem Namen das vielmehr das Axoixwv (Koixrj) des Stad. m. m. 342f. 

slawische Wort icoda ,Wasser' zu Grunde; Zeuss ('Axvxog bei Steph. Byz.) passt. S. auch Muller 

Die Dcutschen 703 nahm eine Verwandtschaft der zum Stad. und Kiepert Formae XII. 

B. mit den sarmatischen Alanoi an ; ausfuhrlichere [Oberhummer.] 

Nachweise fiber die Gleichheit der B. und der Budua s. Burdua. 

permischen Finnen bot der Unterzeichnete in seiner Budnxi, in Numidien, fiinf Millien von Signs, 

Abhandlung ,tiber den skythischen Karawanenweg Tab. Peut. ; derselbe Ort vielleicht beim Geogr. 

nach Innerasien' , S.-Ber. Akad. Wien CXVII Rav. Ill 3 p. 149 gemeint (Budaximra). 

1888,19—32. Vgl. die Artikel Bodinoi, Bo-50 [Dessau.] 

dua. [Tomaschek.] Biiffel (/foi^ aygiog = bos bubalus, vgl. Aubert- 

Budioi {BoiStoi), nach Her. I 101 einer der Wimmer Arist. I 65; povpaXog urspriinglich 

sechs Stamme der Meder. Oppert erklart den die Gazelle, nicht der Biiffel; vgl. Hehn Kul- 

Namen als .Ackerbauei' , pers. biUhjaft); vgl. turpflanzen und Haustiere6 590). Die Urheimat 

Sayce zu obiger Stelle. [Weissbach.] des B.s ist Indien: der Rigveda erwahnt ihn 

Bndion (Bovdimv). Aiginete, Vater der Insel- des ofteren (vgl. V. Hehn a. a. 0. 459). ^ach 

eponyme Oipone, Ahnherr des Geschlechtes der Aristoteles (h. anini. n 4), dessen Beschreibung 

Budidai. Didymos und Pythainetos in Schol. Pind. des wilden Ochsen auf den B. passt, war er in 

Nem. VI 53. Vgl. d. Art. Budidai. Arachosien heimisch. wo ihn die Makedonier auf 

[Toepffer.] 60 dem Zuge Alexanders kennen lernten , und von 

Budorgis (BovSogyig). Ort in Germania Magna dort verbreitete er sich weiter nach dem Westen. 

bei Ptolem. II 11, 14, vielleicht das heutige Par- Nach der Beschreibung des Aristoteles war er 

dubitz (nach C. Mill ler)? Vgl. Bu dor is. schwarz , von starkem Korperbau , hatte eine ge- f 

[Bbm.] bogene Nase und mehr nach hinten gerichtete { 

Budorigum (Bovdogtyov), Stadt im inneren Horner. Fur sein erstes Auftreten in Italien liegt 

Germanien bei Ptolem. II 11, 13, vielleicht das das Zeugnis des Paul. Diac. hist. Lang. IV 11 

heutige Brieg. Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. vor, der berichtet, dass unter der Regierung des 

[Ihm.] longobardischen Konigs Agilulf (596 n. Chr.) die 



993 



Buffadensis 



Bukephala 



994 



bubali Verwunderung erregten. In Griechenland Bukates, Sohn des Glaukos aus Tanagra, 

kommt er noch heute vor, in Italien nur in den gaytcpdos, siegt in den Sarapieien zu Tanagra 

weniger angebauten Gegenden, wie in Calabrien zwischen 100—70 v. Chr., IGS I 540. 

und den pontinischen Sumpfen. Vgl. O. Keller [Kirchner.] 

Tiere des klass. Altertums 63. [M. Wellmann.] Bukation (Bovxaxiov), Stadt in Aitolien, In- 

Buffadensis {civitas) in Numidien; bekannt schrift bei Bazin Mem. s. l'Etolie (Arch, miss.' 

aus der africanischen Bischofsliste des J. 484 scient. II 1) 369, 11. [Oberhummer.] 

(Not. Numid. nr. 63, Halm Victor Vitensis p. 65). Bukatios (Bovxdxcog) , Monatsname der Ka- 

S. auch Bofetana civitas. [Dessau.] lender des westlichen Mittelgriechenlands, von 
Bugarma s. Bagaraca. ' lOBoeckh CIG I p. 733 aus fiovv xalvee&cu abge- 

Bugenes (Bovyevtfg) , Epiklesis des Dionysos leitet, und sicher mit einem Feste Bovx&ua 

bei den Argivern, welche unter Opfern fur Hades (vgl. Boeckh CIG I p. 733) zusammenzustellen. 

und Trompetenschall den Dionysos B. aus der 1) Boiotien : nach Plutarch. Pelop. 25 in Theben 

'AXxvovia Xipvri (s. o. Bd. I S. 1583) bei Lerna erster Monat des Jahres; in Theben IGS 1 1777, 

emporriefen, Plut. Is. et Osir. 35 (nach Sokrates in Hyettos 2808, in Chaironeia 3316. 3325. 3329. 

jisgl 6oi(ov FHG IV 498, 5), vgl. quaest. conviv. 4; 3357. 3364. 3366. 3378. Gleichungen: Collitz 

quaest. Graec. 36. Poll. IV 86. Bovyevrj? wie rav- nr. 1872 twv Bokotwv . . . firjvds Bovnauov, ev 

Qoyevr)? bei Orph. frg. 160 Abel weist hin auf die Ael<poX[g] Se . . . fttjvog nongomov; nr. 2149 iv 

stierartige Bildung des Gottes , fiber welche das 'Egewecu . . . fitjvos Bovxaxiov , iv Asltpoig Si ... 
Nahere bei Welcker Griech. Getterl. II 597ff. 20 ^vog Bovxaxiov; vgl. auch die Einwendungen, 

Preller Griech. Myth. I 695. 71Sf. Stephani welche Plutarch gegen den Vers in Hesiods Erga 

Compte rend. p. 1863, HOff. A. W. Curtius 502 erhebt (Proklos z. St. und Hesychios s. Ar/- 

Stier des Dionysos 4ff. Wieseler Getting. Nachr. vma>v). 2) In Delphi (CIA II 545, 45) innerhalb der 

1891, 367ff. [Jessen.] jiqwxo. k^a^vog Collitz nr. 2223. 2184. Wieder- 

Bnget oder Bugeth, Ort im siidlichen Gallien holt begegnen uns Gleichungen : mit dem aito- 

beim Geogr. Rav. V 3 p. 341 (Guido c. 80 p. lischen Kalender Collitz nr. 2135 xwv Ahoilibv 

514) neben Sextantio , Aquae Convenarum , Ru- . . . fitjrog navafiov, iv di Aek<poTg . . . firjvog Bov- 

scino, Baeterrae u. a. genannt. Statt Buget er- xaxiov, ahnlich nr. 2123. 2134. 2305; mit Am- 

scbeint beim Geogr. Rav. IV 28 p. 245 in der- phissa: 2223 Iv Ae).<polg ... /irjvdg Bovxaxiov, 
selben Umgebung der Ort Abate. Die beiden 30 iv de 'Aft<pioa . . . fttjvog Aygeoxvmvog, nr. 2093 

scheinen identisch zu sein. Vgl.Burrea. [Dim.] iv 'Afupiooa ... firjvog 'AyQeozv&vog , h AeXrpoTg 

Bneins, keltischer Gott, dem die in Tarquim- Se . . . fit)v6g Bovxaxiov ; mit Phokis nr. 1755 

pol(Lothringen)gefundeneInschriftOrelli-Hen- rcov <Pwxswv ... fttjvog ivdexdrov, ev AeX<poig 

zen 5882 (Bugio M. Monianiits Magnus v. s. Si . . . firjvog Bovxaxiov; mit Ereineos nr. 2149 

r. m.) geweiht ist. Vgl. die Eigennamen Bu- iv 'Egeiveq> firjvog Bovxaxiov, iv Aelrpotg Sk . . . 

gius, Bugia (Holder Altcelt. Sprachsch. s. v.). firjvog Bovxaxiov. 3) In Amphissa nr. 2141 iv 

[Ihm.] Aficplooq . . . firjvog [Bovxajxiov , iv AeXtpoTg de 

Bovylmaoov, .Ochsenzunge'. Vielleicht An- ... fi V v6g Aai8a<p[ogiov] ; in Chaleion nr. 2204 

chusa italica Retz. , oder Anchusa officinalis L. iv AelfpoTg Sk ... firjrog Boa&oov, iv Se Xai.ei<p . . . 

Beide heissen noch heute in Italien buglossa, jene 40 firjvog Bovxaxiov; in Ereineos nr. 2149 ev 'Egei- 

aber in Griechenland poXSoyXtoooa , diese nach veqt ... firjvog Bovxaxiov, iv AelyoTg Si ... firjvog 

Lenz Behauptung (Bot. 534; vonBerendes Phar- Bovxaxiov, aus der ngcbxa i^afirjvcg. 4) In Ai- 

macie bei d. alt. Volk. , nicht bestatigt) in den tolien nr. 1795 xwv Aixwhov . . . firjvog Bovxaxiov, 

Apotheken buglossum. Den Namen hat sie von h Ae/.<potg Si . . . firjvog AaiSarpogiov, ebenso nr. 

Her Gest&lt: bourn linguae simtiis (Plin. XXV 81). 1986. 5) In Lamia Rhangabe' Ant. hell. nr. 

Sie hat niederliegende, stachlige, dunkelgefarbte 951 = Fick bei Bezzenberger Beitrage VI 

Blatter (Diosc. m. m. IV 126). Der (3ovy).(oooog 1881, 326 nr. 11 C. Sinnverwandt ist Bovyo- 

bei Athenaios VII 288 ist ein Fisch. In Wein via>v, s. d. Vgl. C. F. Hermann Griech. Monats- 

geworfene Blatter der Pflanze erheitern die Zecher kunde 49f. [Kubitschek.] 

(Diosc. m. m. IV 126. Plin. XXV 81. Macer Flor. 50 Bukephala. 1) Ta BovxiyaXa (Arrian. an. 

1137f.; vgl. 1878ff.), Murr Pfl. in d. Myth. 213. V 19, 4. 29, 5. Plin. u. a., r) BovxtyaXa Diod. 

[Max C. P. Schmidt.] XVII 95. Ptol. in 26, 8. Steph. Byz. s. Bobg 

Buguntes s. Burgundiones. xe<pa/.ai. Curt. IX 3, 23; Bucephale lust, XII 8, 

Buiza s. Quiz a. 8; Bovxecpalia Strab. XV 698. Plut. Alex. 6; de 

Bukaia (Bovxaia), Stadt in Phokis am Par- Alex. fort. 1, 5; Bovxe<pd/.eia Steph. Byz. s. v. He- 

nassos, benannt nach der jahrlichen Verbrennung svch. ; fj Bovxe<pa).og AhiavSgeta Peripl. mar. 

eines Rindes zur Erinnerung an die deukalionische Ervthr. 47 ; Alexandria Bueefalos Tab. Peut. 

Flut, Etym. M. [Oberhummer.] Geogr. Rav. II 1), Stadt am Hydaspes (Vitasta, 

BnkaioiCBwxafo<),VariantefiirAbukaioi, s. d. prakr. Bidasta, jetzt Bihat oder (ihalam), von 

Bnkarteros (o Boyxdgxegog) , Nicand. ther. 60 Alexander nach Besiegung des Poros 326 an der 

217 und Schol., ein mit Felstrummern bedeekter Stelle erbaut, wo er den stark angeschwollenen 

Berg in Asien, auf dem es Nattern {e/.iSvat) vou Strom uberschritten hatte, und nach seinem in- 

einer und mehr Ellen Lange giebt. [Btirchner.] folge des Alters beim Cbergange oder in der 

Bukasa (Bovxaoa), Berg auf Kypros unter- Schlacht verendeten Streitrosse Bukephalas be- 

halb des Troodos, in welchem angeblich Gold ge- nannt; zu gleicher Zeit wurde am Orte der Schlacht 

funden wurde, [Aristot.] frg. 266 Rose (wahr- zur Feier des Sieges am gegenseitigen UferNikaia 

scheinlich aus Theophrast, s. Oberhummer Cy- gegi-iindet. Der Bihat fliesst in gestrecktem Laufe 

pern 177ff.). [Oberhummer.] gegen Siiden, 20 miles unterhalb <5halam an einer 

Pauly-Wissowi III 32 



995 



Bukephalas 



Bukoleion 



996 



von Westen her streichenden waldigen AnhOhe 
(axoa Arrian. an. V 11, If.) vorfiber, wobei in 
seinem Bette bebusclite Inseln auftreten ; bier be- 
finden sich am rechten oder westlichen Ufer die 
Ruinen der Peste Darapur (= Udinagar bei Bur- 
'n es Travels in Penjab II 50) und seit 1832 die 
neue Ansiedlung Dilawar; hier wird der Strom 
rait Hiilfe einer Insel am leichtesten passiert; hier 
darf demnach B. gesucht werden. Weiter abwarts 



Meerbusens, zwischen A&rjvaicov Xi/,tt)v (Plin. An- 
thedus, s. Nachtrage) und Kenchreai, Ptol. Ill 
14, 33 (16, 12). Plin. n. h. IV 18. Es ist wohl 
derselbe, welcher bei Steph. Byz. s. Bovxstp&Xua 
als BovxeydXag Xifir)v rfjs 'Axxixrjg bezeichnet 
wird, was offenbar durch Missverstandnis Ton 'Ax- 
xixrjg beztf.'AxTfjg (s. Akte Nr. 3) entstanden ist, 
s. Miiller zu Ptol. a. a. 0. und Bursian Geogr. 
II 23, 1 , wo jedoch obne zwingenden Grund B. 



liegt am gegenseitigen ostlichen Ufer die Feste 10 = Peiraios (s. d.) gesetzt wird. Vielmehr scheint 



Mong, die Statte des Sieges fiber Poros, also von 

Nikaia. Der Strom macht dann eine Wendung 

gegen Westen, und 2 miles vom rechten Ufer liegt 

unterhalb jener Hohenzfige, 10 miles siidwestlich 

von Dilawar, der Ort Cralalpur, wo Alexander nach 

seinem Marsche von Taxila aus sein grosses Lager 

bezogen^ hatte, bevor er iiber den Strom setzte. 

So vereinigen sich am besten die Andeutungen, 

welche Arrian, Strabon und Plutarch nebst Cur- 

tius iiber die Ortlkhkeiten geben; vgl. hieruber 20 M. ; vgl. Bukera'is 

Alex. Cunningham Geogr. of ancient Indial59ff. Bukerais (Bovxeoats 

mit Plan Taf. IV. Nach Plin. VI 77 war B. Vor- — - ■ — 

ort der Asini, welche drei Stadte besassen und 

unterhalb der Cecaeae (sir. Kaikaya, Kekaya; s. 

Ceae) hausten, denen 24 Stadte eigen. B. bliite 

im Gegensatz zu dem spater nicht roehr erwahnten 

Nikaia noch wahrend der indoskythischen Herr- 

schaft, wie aus Ptolemaios, dem Periplus und der 

Tab. Peut. erhellt; bei Darapur oder Dilawar 

wurden Miinzen aus der indoskythischen Zeit ge- 30 



funden. [Tomaschek.] 

2) Ein Vorgebirge der argolischen Halbinsel, 
welches Paus. II 34, 8 westlich von Skyllaion 
nennt. Doch leidet seine Reihenfolge an einer 
Verwirrung und ist B. wahrscheinlich an der Sud- 
westspitze der Halbinsel, Spetsaes gegeniiber, zu 
suchen, Bursian Geogr. II 86f., 3. 101, 2; vgl. 
Bukephalos. [Oberhummer.] 

Bukepkalas {Bovxe<pdXag). 1) Ein von Buke- 



der Vorsprung nordwestlich von Porto franco, bei 
welchem sich die Kflste nach Westen wendet, als 
BovxeyaXog (oder Bovxeyalov) bezeichnet worden 
zu sein und hienach auch die westlich anstossende, 
auf den Karten namenlose Bucht den Namen er- 
halten zu haben. Dieses Vorgebirge ist offenbar 
bei Mela II 49 mit Bucephalos gemeint; vgl. 
iibrigens Bukephala Nr. 2. [Oberhummer.] 

Bukera (Bovxega), Name eines Sees, Etym. 

[Oberhummer.] 
Quelle im Gebiet von 
Plataiai, Theon und Seren. in Etym. M. Philo 
18 a (FHG III 575). [Oberhummer.] 

BovtttQag s. Bockshornklee. 

Bukinna (BovxCwa), angebliche Stadt Sici- 
liens, Steph. Byz., wohl missverstandlich aus dem 
zweiten Namen der sonst Phorbantia genannten 
Insel in der Gruppe der Aegates, der bei Plinius 
III 92 Bucion lautet. Jetzt Levanzo. [Hiilsen.] 

Bukiris, Ort in Unteragypten, vermutlich das 



jetzige Abukir, an der Kiiste, 23 Km. Ostlich von 
Alexandreia, CIG 4814 (Letronne Rec. des inscr. 
II 307). Die Identification, die lautlich aufs beste 
stimmt (vgl. Busiris = Abusir) , wird dadurch 
untersttitzt, dass in der betreffenden Inschrift die 
Tochter eines Mannes aus B. (Bovxeigemis) nach 
dem in der Nahc von Abukir gelegenen Orte 
Menuthis heisst (Mevov&idg), vermutlich weil dieser 
die Heimat ihres Vaters war, wahrend eine zweite 



phalaNr. 2 verschiedenes Vorgebirge der argolischen 40 Tochter ihren Namen Hdyog offenbar von der 

Halbinsel, s. Bukephalos. [Oberhummer.] " " 

2) Lieblingsross Alexanders d. Gr., das nur 
von diesem selbst geritten wurde; es starb im 
J. 326, unmittelbar nach der Schlacht am Hy- 
daspes, an Altersschwacbe (Arrian. V 19, 4ff. 
[danach exc. Vat. 183]. Onesicr. frg. 9 = Plut. 
Alex. 61), nicht, wie die gewohnliche Tradition 
lautete, infolge von Wunden, die es in der Schlacht 
empfangen (Plut. a. O. Gell. n. a. V 2, 4 ; vgl. 



Heimat ihrer Mutter Kvxqio. trug, vgl. Letronne 
a. a. O. [Sethe.] 

BovkoXcioi , eine den attischen Phratrien 
entsprechende Abteilung einer Phyle von Kamiros, 
IGIns. I 695, 82. "[Hiller v. Gaertringen.] 

Bukoleion (fiovxoXeiov) in Athen, wird als 
altester Sitz des Archon Basileus von Aristot. 
'Aflijv. .-io>.. 3 aus dem Umstand erschlossen, dass 
hier am Anthesterienfeste die Basilissa dem Dio- 



Anian. V 14, 4). Alexander griindete zu seinen 50 nysos nach einer noch zu seiner Zeit ublichen 



Ehren eine Stadt Bukephala (s. d. Nr. 1). Vgl. 
auch Plut. Alex. 6 (wohl nach Chares). Curt. VI 5, 
18. Diod. XVII 76, 5f. (wo es wohl irrtiim- 
lich ein Geschenk des Korinthiers Demaratos ge- 
nannt wird). Plin. n. h. VIII 154 (Solin. 45, 8ff.l. 
Gell. V 2. Strab. XV 698. Schol. Arist. Nub. 23. 
Plut. de soil. an. 14, 5. Max. Tvt. diss. XIV 4. 
Her cher Epist. gr. 777. Ps.-Callisth. I 13. 17. 
Iul. Val. I 7. 9. Sternbach Wien. Stud. XVI 
13ff. [Kaerst.] 

Bukephalia. 1) S. Bukephala Nr. 1. 

2) S. Bukephalitai. 

Bakephalitai. BovxurfaXizai ■ ovroi yao xal 
dtjfiog Qemuu.ovly.tjg, Steph. Byz. s. BovxeqydJ.ua. 
TafelThessalonica 23f. vermutet, dass Qsaaahag 
zu lesen sei. [Oberhummer.] 

Bukephalos {BovxiyaXog Mfitjv, partus Buce- 
phalus), Hafen an der Westkuste des saronischen 



Sitte angetraut wurde (s. o. Basileion); d. h. die 
Feier fand nach Aristoteles ursprfinglich im Ge- 
biet des Basileus, nicht in dem des Dionysos statt. 
Mithin hat man ohne Grund das B. in den Be- 
zirk des Lenaions verlegen wollen, in dem ge- 
wisse andere Festacte der Anthesterien begangen 
wurden (so zuerst Curtius Arch. An z. 1891. 69 
und Maass Herm. XXVI 184, 1. besonders De 
Lenaeo et Delphinio [1891]; dagegen Judeich 
60Rbein. Mus. XLVII 56). Zulassig" ist diese rasch 
herrschend gewordene Annahme schon deswegen 
nicht, weil das B. nach Aristoteles a. a. 0. xfajolor 
rov xovzavslov d. h. in der Nahe des einzigt-n 
historisch bekannten Prytaneions am Nordabhang 
der Burg lag. Was da"s B. selbst war oder be- 
deutete. lasst sich noch nicht mit Sicherheit er- 
kennen. Curtius Stadtgesch. Ath. 51 vcrsteht 
darunter eine kOnigliche Meierei mit Schlachthaus ; 



997 



Bukoleon 



Bukolik 



998 



Maass De Lenaeo Vlf. erklart es als den Hirten- 
platz, wo der Heros Ikarios von trunkenen Hirten 
getotet wurde (vgl. auch denselben Gott. gel. 
Anz. 1889, 816, wo er auf das attische Geschlecht 
der Bukoliden hinweist). Wilamowitz Aristot. 
u. Ath. Lt 42 halt es fur die Statte, wo Diony- 
sos als Stier (vgl. Aiowoog Tavgos in Thespiai 
und Elis) verehrt wurde; Dieterich De hymn. 
Orphic. 11 vermutet, wie Maass Herm. a. a. 
0., dass es nach den bei mystischen Diensten 
beachaftigten jiovxokoi benannt sei. Noch andere 
meinen, einen Zusammenhang zwischen ihm und 
dem [Sovxohxog auf der Inschrift eines dionysi- 
schen Thiasos construieren zu diirfen, welche bei 
den Ausgrabungen am Westabhang der Burg unter 
den Triimmern des Festhauses dieses Thiasos auf- 
gefunden wurde (Athen. Mitt. XIX 260 Z. 122); 
so schon Poland Griech. Stud. Lipsius dargebr. 
84. 87 und DCrpfeld selbst Athen. Mitt, XIX 
149; doch erklart sich jetzt Maass Orpheus 56. 
62 mit Recht gegen einen solchen Zusammenhang. 
Tiber die vermeintliche Identitat des B. mit dem 
Buzygion s. d. [Wachsmuth.] 

Bukoleon (Bovxolicav) hiess in Constantinopel 
ein innerhalb der Linien des grossen Kaiserpalastes 
hart amMeere gelegenerund wohlbefestigterPalast- 
bau, der von Nikephoros II. Phokas (963 — 969) 
mit grossem Aufwand hergestellt wurde und noch 
unter den lateinischen Kaisern (damals Bucca 
leonis genannt) als Residenz diente. Doch geht 
der Name und die urspriingliche Anlage bis in 
das Altertum zuriick, denn Kodinos (d. aed. p. 1 00 
Bonn.) und die TTaxQia Kcavar. bezeugen, dass 
Theodosios II. (408 — 50) den Palast angelegt hat, 
s. Ducange Const. Christ. 114, 6(S. 119f.). Ban- 
duri Imp. Orient. Ill 9. IV 475f. 678f. Ebenso sagt 
AnnaKomn.m 1 a.E.,dassdergleichnamige Hafen 
sialai x&v yj>6va>v (pxodo/irjro ; wahrscheinlich war 
derselbe, als unentbehrliche Beigabe zum Kaiser- 
palast, schon von Constantin d. Gr. angelegt worden. 
Anna Komn. a. a. 0. Zonar. XVI 28. Georg. Kedr. 
II 49f. Bonn. u. Io. Skyl. (s. Banduri) fuhren 
den Namen auf die marmorne Gruppe eines ein 
Rind erwiirgenden LOwen zuruck, welche am Hafen 
anfgestellt und noch im J. 1532 vorhanden war, 
wie aus den Berichten der Venezianer Petro Zen 
und Sagredo hervorgeht, s. MordtmannEsquisse 
topogr. 54. Dass man den Namen, der natiirlich 
wie Bovxoha, Bovxohlov u. a. lediglich von 
^ovxoko; abzuleiten ist, durch ein derartiges Bild- 
werk, dem wir doch wohl antiken Ursprung zu- 
schreiben mussen, zu erlautern suchte, deutet auf 
das hohe Alter der an der Ortlichkeit haftenden 
Bezeichnung, wie auch der Palast und die Kirche 
der Blachernai (s. d.) die Erinnerung eines alt- 
einheimischen Localnamens fortpflanzten. Zur 
Topographie des Hafens und Palastes B. vgl. ausser 
dem, was Mordtmann 52ff. (vgl. den dazu ge- 
horigen Plan) anfuhrt, noch J. v. Hammer Con- 
stantinopolis I 122ff. Lab arte Palais imperial 
(Par. 1861) 91 T. n. Pa spates Bv£avr. Mdhai 
113—119; Bvfavr. 'Avaxjoqa 301—305 (Plan). 
Hertzberg Hist. Ztschr. LI (1883) 461f. Reber 
Abhandl. Akad. Munchen, Hist. Kl. XIX (1891) 
772f. (Plan). Meyers Turkei 14 222f. (Plan). 

[Oberhummer.] 

Bakolia {Bovxoha). 1) Ortlichkeit bei By- 
zantion, s. Bukolos Nr. 1. [Oberhummer.] 



2) S. Bovxoloi Nr. 1. 
BovKoXiaofj,6g, ein Hirtengesang. Athen. XIV 
619 a zahlt unter den (pSal, die bei den verschie- 
denen Beschaftigungen ublich sind, den f$. — eine 
Hs. uberliefert ^ovxoXtafio? — als den Gesang der 
Hirten auf; Diomos, ein sicilischer Hirte, habe die 
Sangform (to sldog) erfunden, Epicharmos habe 
im Alkyon (p. 220 L.) und im Odysseus Nauagos 
(p. 248) dessen Erwahnung gethan. Da bei Athen. 

10 XIV 618 c unter den avXrjotig , die zu Tanzbe- 
gleitung bestimmt sind, neben xm/iog und yiyyf>ag 
auch ein {Sovxo).iofi6g genannt wird, so kOnnte die 
Frage entstehen, ob dieser (SovxoXio/j4s etwa als 
ein dionysischer Tanz (vgl. Luk. de salt. 79; s. 
BovxoXoi) zu scheiden sei von dem /?. , dem 
Hirtengesang. Bei Eustath. H. 1164, 12 und 
Etym. M. 208, 9 ist fur den Hirtengesang der 
Name povxoXia/iog uberliefert, bei Hesych ist viel- 
leicht neben /?. (fisXonoiag ttvog sidog xal o"qx*)~ 

20onwg) jiovxoXwiiog ausgefallen. [Reisch.] 

Bnkolidai (BovxoXidm). l)Ithakesisches Adels- 
geschlecht (Plut. quaest. gr. 14). Es ist mSglich, 
dass zwischen dem Athener Sphelos, der in der 
Ilias (XV 338) BovxoXidtjg d. h. Sohn des Bov- 
xoXog genannt wird, und dem yivog twr Bovxo- 
Xtdwv auf Ithaka irgend ein genealogischer Zu- 
sammenhang bestanden hat. da sich in den Ge- 
schlechtersagen der Athener Beziehungen zu Ithaka 
nachweisen lassen, z. B. bei den KstpaMdai. Auch 

30 wird man das ithakesische yivog der KoXiddat 
neben die attischen Ko'/MSat (Hesych. yivog tda- 
y£»><5r) stellen diirfen. Wie die KoXidSai, so wer- 
den auch die BovxoXidm ihren Ahnherrn im Epos 
gesucht und gefunden haben. Vgl. Aristoteles bei 
Plut. quaest. graec. 14. [Toepffer.] 

2) Name von drei Patren der zur Phyle Althai- 
menis in Kamiros gehOrenden .Phratrie' der Xv- 
x S Uioi, IGIns. I 695, 30ff. 

[Hiller v. Gaertringen.] 

40 Bukolik. I. Litteratur. Die altere Lit- 
teratur ist wegen der falschen Auffassung der 
kunstmassigen B. vOllig veraltet. Man hat in 
dem Glauben, dass Theokrit (mit seinen Nach- 
folgern) alte volkstumliche Hirtenpoesie direct 
nachgebildet habe, einen Gegensatz zwischen ihm 
und der zeitgenCssischen alexandrinischen Dich- 
tung zu construieren versucht und sich durch die 
berechnete Naivetat des Dichters tauschen lassen. 
So zuletzt A. Lang Theocritus and his age (Ein- 

501eit. zu seiner Ubersetzung, London 1892), der 
vom Standpunkt des Folkloristen den Dicbter 
beurteilt und iiberall zu falschen Schliissen ge- 
langt (vgl. Berl. phil. Wochenschr. 1893. 776). 
Der nicht sehr tiefgeschopfte Aufsatz von R. 
Gosche .Idyll und Dorfgeschichte im Altertum 
und Mittelalter' Archiv fur Litteraturgesch. I 
169—227 ist ebenfalls wenig fflrdernd. Indem 
man das Volkstiimliche u. a. in einer genauen 
strophierten Gliederung zu flnden glaubte, ist man 

60 zu verwegenen Responsionstheorien gelangt, die 
jetzt wohl ziemlich tiberwunden sind. Eine richtige 
Wiirdigung Theokrits hat M. Haupt 1849 ange- 
bahnt (Opusc, 1 252), ihmfolgten Meineke (Theo- 
critus Bion Moschus, Berlin 18563 m it glflcklicher 
Erklarung des angeblichen Hirten Tityros in den 
Thalvsien) und Hartung (Die Bukoliker, griech. 
und deutsch IX— XVIII, Lpz. 1858, meist wust und 
unkritisch). Ohne erhebliche Forderung ist Rib- 



yyy 



Bukolik 



becks popular geschriebener Aufsatz Die Idyllen 
des Theokrit, Preuss. Jahrb. XXXII (1873) 58—98; 
einiges Neue (nach Andeutungen Useners) bietet 
Holm Geschichte Siciliens II 298—321. 493 (chrc- 
nologisch verfehlt). Erst nach langera Zwischen- 
raum bat v. WilamowitzDe Lycophronis Alexan- 
dra (Greifswald. Lektionsverz. 1883) 12 die Frage 
durch den Nachweis der Echtheit der theokri- 
teischen Syrinx und die Ausdehnung der Meineke- 
schen Beobachtung auf andere theokriteische Hirten 
wesentlich gefflrdert. Eine Ausfuhrung seiner Ge- 
danken giebt C. Haeberlin Carmina figurata 
Graeca^, Hannover 1887, leider mit vielen halt- 
losen Einfallen, die er in den Epilegomena (Philol. 
N. P. Ill 649) durch neue vermehrt hat. Zuletzt 
ist die Entstehung der B. von Reitzenstein 
irn Tierten Kapitel seines anregenden Buches Epi- 
gramm und Skolion, ein Beitrag zur Geschichte 
der alexandrinischen Dichtung, Giessen 1893 (Vor- 
arbeit Bostocker Lektionsyerz. 1891/92, 5), leider 
von einem falschen Gesichtspunkt, behandelt wor- 
den (Genaueres in den Besprechungen von 
Crfusius] Litt, Centralbl. 1894, 724. G. Knaack 
Berl. phil. Wochenschr. 1895, 1160). Die folgende 
Skizze giebt in dem Theokrit betreffenden Teil 
nur einen Auszug meiner in den .Hellenistischen 
Forschungen' ausfuhrlieher begriindeten Ergeb- 
nisse wieder. Die jungste Revision der Frage 
durch Helm Theokritos und die bukolische Poesie 
Jahrb. f. klass. Phil. 1896, 457—472 bietet nichts 
Neues. 

II. Die antike Oberlieferung. (Jber den 
Ursprung der bukolischen Poesie besitzen wir 
eine Anzahl Berichte (Evpeoig rcov povxohx&v 
' in der Einleitung zu den Theokritscholien. Dio- 
med. Ill 486, 17 K. Prob. in Verg. bucol. comm. 
p. 2, 8K. Serv. praef. in bucol. [Isid. orig. I 28, 
16]. Schol. Bernens., Jahrb. fur Philol. Suppl. IV 
741, 51ff. Hag.). Alle gehen trotz kleiner Ab- 
weichungen im einzelnen auf eine gemeinsame 
griechische Quelle zuriick, und zwar auf einen 
alten Commentar zu Theokrit aus der besten Zeit 
(Theon?), dessen Bericht Probus durch allerhand 
leicht auszusondernde Zusatze erweitert hat. Wenn 
wir die mehrfach erwahnten mythischen Erflnder, 
wie Daphnis u. a., die keiner Erklarung bedflrfen| 
ausscheiden, so haben wir mit drei an verschie- 
denen Orten localisierten Legenden zu rechnen. 
Die eine, die Grundungssage des Artemistempels 
zu Tyndaris auf Sicilien. erziihlt, dass Orestes, 
nachdem er seine Blutschuld in Rhegion getilgt 
hatte, das Bild der taurischen Artemis in jene 
Gegend brachte und sie gemeinsam mit seinen 
Schiffern und einheimischen Hirten in Liedern 
feierte (uber die Varianten vgl. Welcker Kl 
Sehriften I 405). Artemiskult fur Tyndaris ist 
bezeugt (Votivrelief CIG 5613b), Orestes selbst 
aber ist nach den neuesten Forsehungen als eine 
dem Dionvsos verwandte Gottheit anzusehen (Wide 
Lakon. Kulte 82): somit sind die idta Tiot^ara 
zu Ehren der Artemis verstandlich, aber zur Er- 
klarung der svgecig rcov ftovxo/.ixaiv tragen sie 
nichts bei und haben wohl auch nkhts damit zu 
thun. Die dritte Erklarung, in dem griechischen 
(verkiirzten) Texte durch die Worte 6 &h d/.>;*% 
tiyog ovtos eingeleitet und dadurch besonderer 
Beachtung empfohlen, sucht den Ursprung in einer 
Artemisfeier zu Syrakus. Vor der Herrschaft Hie- 



Bukolik 



1000 



rons Piomedes) oder vor der Tyrannis Gelons hatte 
die Gettin nach einem Aufstande die hadernden 
Burger miteinander versOhnt, oder sie hatte eine 
(Vieh-) Seuche gestillt (daher ihre Epiklesis Lyaia). 
Um lhren Tempel, der zur Erinnerung an dicse 
Thatsache gegrtindet wurde, einzuweihen, kamen 
Hirten in die Stadt, die Weinsohlauche, Kuchen 
in Gestalt von Tierfiguren und Ranzen mit aller- 
lei Samereien trugen, zogen in Syrakus umher 
10 und sangen das Lob der Gsttin. Diese Sitte er- 
hielt sich in der Folgezeit: wir hOren, dass die 
Hirten in der beschriebenen Tracht, mit einem 
Kranz und Hirschgeweihe auf dem Kopfe, einen 
Knotenstock in den Handen, den Vorubergehenden 
aus ihrem Schlauche spendeten und sich in Wett- 
gesilngen vernehmen liessen, wobei dem Sieger 
der Kuchen des Besiegten zufiel. Wahrend die 
einen in der Stadt singend umherzogen und Same- 
reien auf die Thiirsclrwellen streuten, gingen die 
20andern auf die umtiegenden Dorfer, sammelten 
Gaben ein und wunschten den Spendern Gliick 
in volkstumlichen priapeischen Versen, von denen. 
der Schluss mitgeteilt wird (Bergk PLG* lit 
672). Dieser religiose Brauch artete allmahlich. 
in eine Art Bettelei aus, die spater so gewerbs- 
massig betrieben wurde, dass diese sog. Buko- 
listen oder Lydiasten in fernen Landern zu fin- 
den waren. Zu der syrakusanischen Kultuslegende 
tritt die in unsern Berichten an erster Stelle mit- 
30 geteilte lakonische, die den Ursprung der ,Hirten- 
lieder' in die Zeit der Perserkriege verlegt. La- 
konische Jungfranen, die sonst zum Feste der 
Artemis Karyatis zu singeu pflegten, hatten sich 
aus Furcht vor den Feinden verborgen. Da traten 
Landleute fur sie ein und feierten in ihrer Weise 
die Gottin durch Hirtenlieder. Diese Sitte blieb 
fur die Folgezeit bestehen, da die ,fremde Muse' 
gefallen hatte. Die Festbrauche beim syrakusa- 
nischen Artemisfest sind nicht ohne Analogien: 
40 entsprechend dem Yiehsterben kennt die Griin- 
dungslegende der attischen Eiresione Misswachs 
im Lande ; Brote mit mannigfachen Figuren ver- 
ziert oder Kuchen in allerhand Gestalten, Gefasse 
mit Honig, 01 und Wein, aus denen gespendet 
wird, fehlen ebensowenig in ihrer Procession, wie 
das Gabeneinsammeln zum Schluss (Mannhardt 
Antike Wald- und Feldkulte 220ff.) , das bei den 
Koronisten und Chelidonisten zugleich mit den 
dazu gesungenen Liedchen wiederkehrt ("Welcker 
50 408 und besonders Mannhardt 244). Das doch 
wohl als Maske gedachte Hirschgeweih findet 
aus dem von Mannhardt Wald- und Feldkulte 
I 540 behandelten Umlauf Vermummter seine Er- 
klarung (vgl. das Vasenbild Berlin 1697 bei 
Poppelreuter De comoed. attic, primord., Diss. 
Berl. 1893); endlich der Sack mit Panspermie 
gefiillt erinnert an die Panspermie bei den Thar- 
gelien und Pyanopsien. So erscheinen diese 
volkstumlichen Brauche und Lieder gut bezeugt, 
60 fur die Frage nach dem Ursprung der B. geben 
sie freilich nichts aus (Welcker 408), und nur 
schwache Spuren fuhren weiter. Der syrakusa- 
nischen Legende liegt die Tendenz zu Grande, 
die bauerliche Poesie, deren Existenz seit alte- 
ster Zeit vorausgesetzt zu sein scheint, mit der 
verfeinerten stadtischen Kultur in Einklang zu 
bringen; indem man nach einer festen Datieruiiij- 
suchte, verfiel man auf die Zeit der GriinduiiJ 



1001 



Bukolik 



Bukolik 



1002 



des Artemistempels. Die beiden uberlieferten An- 
satze schliessen sich gegenseitig nicht aus : sie 
weisen ziemlich deutlich auf Epicharmos, den 
Zeitgenossen Gelons und Hierons I., bei dem wir 
zuerst unverkennbareBeziehnngen auf volksmassige 
Hirtenlieder flnden, die das Interesse der heheren 
Stande an diesen Dingen bekunden. Epicharm 
erwahnt ein noifisvixov /zdkos mit FlOtenbeglei- 
tung (frg. 130 L.) und gedenkt zweimal (p. 220 L, 



Hirten hingewieaen werden, die man als Nach- 
bildungen der alten Agone (altestes Beispiel das 
Certamen Homeri et Hesiodi, s. o. Bd. I S. 867) 
auffassen mochte. Wortgefechte zweier gegen ein- 
ander streitenden Chore gehoren wohl mit zu den 
altesten Bestandteilen der Komoedie (Zielinski 
GliederungderattKomoedie 249ff. KaibelHerm. 
XXX 80, vgl. auch das laiijSlfeiv aZtyXots, in dem 
Aristot. poet. 4 die ersten Keime der Komoedie 



iv 'Alxvovi ['Akxvovet ; Jahn] xal ev 'OdvoosT 10 findet) ; leicht mochte sich ein Straf- oder Preisge- 



vavayqj p. 248) des sikelischen &ovxolog Diomos, 
des Erfinders des ftovxo2.iao/xos, der zugleich Tanz- 
und FlOtenweise war (Hesych. s. v. Etym. M. 208, 10. 
Tryphon frg. 109 Vels.). Ausserordentlich wich- 
tig wiirden diese abgerissenen Citate sein, wenn 
Hollands Vermutung (De Polyphemo et Galatea, 
Lpz. Stud. VII 156), ,dass der 'Odvaasvs vavayog 
mit dem Kvidcoyi identisch sei, sich bewahr- 
heitete; sie scheint aber durch die Citierweise 



richt (wie noch vielfach in den deutschen Fast- 
nachtsspielen) anschliessen. Solche und ahnliche 
Scenen werden auch bei Epicharm nicht gefehlt 
haben (eine schwache Spur eines Wettstreites 
zwischen JS und QaXaooa findet Crusius Gett. 
Gel. Anz. 1890, 132 im frg. 9 p. 215 L.), und 
das steht wieder im Einklang mit den Berichten 
fiber die syrakusanische Stiftungslegende , die 
ubereinstimmend die Wettgesange der Hirten 



ausgeschlossen. _ Auch auf Lieder zu Ehren der 20 um den Siegespreis hervorheben. Diese Form 



Artemis (Chitonia) kommt Epicharm zu sprechen 

(p. 252 L. iv 2<piyyl- Kal to ret? Xiriovias avXtjodrco 

Ti'j ftot fi&og;). Ob die fingierten Namen seines 
Vaters, Tityros, Chimaros, Thyrsos (Suid. s. 'Em- 
yaQjjiog. Iamblich. vit. Pyth. 241), die zum Teil 
wieder in dem theokriteischen Kreise auftauchen, 
mit Rticksicht auf das Interesse des Dichters 
an dem volkstumlichen Hirtengesange gewahlt 
sind (Lorenz p. 48, anders Welcker III 279), 



des Agons hat in anderen Dichtungsgattungen 
weiter gewirkt: sie begegnet wieder in der sym- 
potischen Elegie (Theogn. 993—996; den An- 
klang an Theokrit I 61 hat Reitzenstein 
bemerkt) und tritt in der Form der scharf per- 
sonlichen SvyxQioug im hellenistischen Zeitalter 
wieder auf (Alkaios von Messene nach Polyb. 
XXXII 6, 5; scherzhaft gewandt von Meleagros 
bei Ath. IV 157 b), von denen die erhaltenen spa- 



ist natiirlich nicht auszumachen , aber immerhin 30 ten Nachbildungen (avyxqioi; Msv&vSqov xai $i- 



der Erwiigung wert. Diomos aber ist schwerlich 
zu trennen von dem Eponymos des attischen De- 
mos Diomeia, dem i^coficvos des Herakles; ihm 
zu Ehren ward ein Ofter von den Komikern er- 
wahntes Fest gefeiert (Harpokrat. s. iv dtofteloig 
'Hoax)xiov). Es gab eine Genossenschaft von 
sechzig Mannern, die an den Diomeen sich und 
andere durch Spasse neckten und ergotzten und 
so beruhmt waren, dass Kfinig Philipp von Ma- 



kioricovog und Vespas indicium eoei et pistoris 
iudice Vuleano PLM IV 326) nur eine dlirftige 
Vorstellung geben. Es bleiben noch die lako- 
nischen aus dem Kult der Artemis Karyatis heraus- 
gesponnenen Anspriiche zu erOrtern. Den diony- 
sischen Charakter dieser Gottin hat Wide (Lakon. 
Kult. 108, Stellensammlung 102, vgl. oben Bd. 
II S. 1388) mit Recht hervorgehoben. Auch hier 
ist das Eindringen der landlicben Muse in die 



kedonien^ liber dessen Vorliebe fur die ^oi ye- 40 stadtische Feier nicht zu verkennen (Diomedes); 
J.oicov xai jtoiyral aloxQair qofioHov Demosthenes bei den MadchenchOren mochte man am linhstpn 
(II 19) sich ereifert, gegen ein anstandiges 



Geldgeschenk ihre Witze in Abschrift sich aus 
bat (Hegesand. bei Athen. VI 260 b. Telephanes 
ebd. XIV 614 d). Unter der Voraussetzung, 
dass ahnliche (doch wohl im Kult begriindete) 
Eeckereien an einem in Syrakus zu vermuten- 
den Diomeenfeste stattfanden, kOnnte man in 
dieser Genossenschaft das Prototyp des spate 



bei den MadchenchOren mochte man am liebsten 
an Alkmans Parthenien denken, in denen es an 
gegenseitigen Neckereien der Choreutinnen nicht 
gefehlt zu haben scheint (Be the Proleg. zur 
Gesch. d. Theaters im Altert., Lpz. 1896, 30ff., 
vgl. Diels Herm. XXXI 339ff); auch an die 
Wettgesange der spartanischen Mannerch&re (Plut. 
Lyk. 21) sei erinnert. Beriihrungen mit Syra- 
kus ergeben sich aus anderen lakonischen Kulten 



ren bukolischen Verbandes erblicken, dessen Wett- 50 der Gottin : so finden wir das Herumtragen von 



und Neckreden in kunstmassiger Umbildung 
bei Theokrit vorliegen. Doch das ist unsicher. 
Es genugt, einen Einflnss Epicharms auf Theo- 
krit zu constatieren : nicht nur der Verfasser 
des Epigramms auf die alteste Ausgabe seiner 
Gedichte lasst ihn sich riihmen, keine fremde 
Dichtungsart sich angeeignet zu haben (richtig 
erklart von Bethe Rostocker Lektions - Verz. 
1896, 9), sondern er selbst preist Epicharm in 



Geback in Tiergestalten (s. o.) im Festbrauch der 
Artemis JlaQ^evog (Sosibios bei Athen. XIV 646 a), 
die possenhaften xvoittoi (Hesych.) an den Festen 
der lakonischen Artemis Korythalia kehren als 
Vermummte xaza 'haliav (?) wieder, fSQvaliya, 
derbkomische und obscone Tanze von Maskierten 
inWeibertrachtaufgefuhrt(Wide 10, vgl. Weber 
Quaest. Lacon. , Diss. GiStting. 1887, 56) hatte 
Rhinthon erwahnt (frg. 18 V5lker, der p. 45 Ver- 



einem (echten) Epigramme (Anth. Pal. IX 600) 60 besserungsvorschlage zu den stark verderbten He 



in Ansdriicken, die eine genaue Bekanntschaft 
mit dem grossen Komiker verraten. Bei dem 
Mangel aller einschlagigen Fragmente ist dieser 
Einfiuss 'im einzelnen leider nicht mehr festzu- 
stellen (vgl. noch Hesych. s. povxohaofiog, wo der 
erste Teil der Glosse auf Epicharm zuriickzugehen 
scheint), doch darf vielleicht auch hier auf die 
Wettgesange und Streitscenen der theokriteischen 



sychglossen macht), derselbe Rhinthon, der auch 
eine mystische Bukolenscene parodiert hat (Cru- 
sius Rh. Mus. XLV 265) — alles abgerissene 
Kotizen, die einen engen Zusammenhang zwi- 
schen der Peloponnes und Sicilien ahnen lassen, 
der durch die neuesten Untersuchungen (A. Korte 
Archaeol. Jahrb. VLTI 1893, 61-93. Loeschcke 
Ath. Mitteil. XIX 1894, 519f. Bethe a. a. O. 



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48ff. 60f.) bestatigt zu werden scheint. Am mei- krit VII 75 , der auch sonst nachweislich dem 
sten zu bedauern ist der Verlust des Dithyram- Stesichoros gefolgt ist (frg. 2 Mein. = Stesich. 
bus (Satyrdramas ?) Avo/iaivat fj Kagvdudeg des frg. 27, frg. 3 = frg. 69) diesen im Sinn, wenn 
Pratinas von Phlius (PLG III 559 = FTG2 726; er das Local der Daphnissage nach Himera ver- 
der Name weist auf einen dionysischen Kult; legt (auch Theokritos scheint den Stesichoros 
Philargyr. Verg. Georg. II 487. Meineke Anal, stofflich beniltzt zu haben, allerdings nicht fur 
Alex. 860), zumal da in diesem Stucke vielleicht seine speciell bukolischen Gedichte: Hypothes. 
der Schliissel zum Verstandnis der dtirftigen und zu Theokr. XVIII ['EMvys 'Exi&cddfitov], vgl. 
unklaren lakonischen Legende enthalten war; die Kaibel Herm. XXVII 249). Ferner muss das 
unbestimmte Zeitangabe (t&v I7egoixa>v iveoztb- 10 Satyrdrama vielfach bukolische Elemente enthal- 
tcov u. a.) wiirde auf den Zeitgenossen eines Choi- ten haben, die auch der euripideische Kyklops 
rilos und Aischylos passen. Bemerkenswert ist, nicht ganz verleugnet (erstes Chorlied); seine Ver- 
dass der biiuerliche Charakter seiner Satyrdramen wandtschaffe mit dem Dithyrambus empfangt auch 
besonders hervorgehoben wird (Dioskorides A. P. von dieser Seite ein besondere Beleuchtung. Denn 
VII 87), und dass spater Sositheos, der mit seinem die Dithyrambiker haben mit besonderer Vorhebe 
Daphnis zu den bukolischen Genossen Theokrits die auf Sicilien localisierte Sage von dem plum- 
bs Beziehung tritt, gerade auf Pratinas zuriick- pen Gesellen Polyphemos behandelt, dessen Hebe 
griff (Dioskorides A. P. VII 707). Endlich sei zu der schonen Nereide Galateia zuerst Philo- 
npch der hydriotische ,Hirte^ Euages erwahnt xenos von Kythera in die Litteratur eingefiihrt 
(dygd/xfiazog^ dqXaSrj nai xrjg akkt/g naideiag ojiei- 20 zu haben scheint. Seine Darstellung (Kvxkcoy 
gog, jiottjiije $' aya&dg xtoficpdiaiv, Dionysios fj raldxua) ist nicht nur fur die mittlere und 
im 23. Buch der Movoixrj iarogia bei Steph. Byz. neuere Komoedie, sondem auch fur den jugend- 
s. 'Ydgsa), der vielleicht ebenfalls in diesen Zu- lichen Theokrit (XI) massgebend geworden: der 
sammenhang gehort. wildidyllische Hintergrund der Scenerie und die 
III. Die Vorlaufer der Bukolik. Alle Wandlung des rohen Barbaren zum schmachten- 
diese aus den antiken Legenden vom Ursprunge der den Schafer werden den Dichter besonders ange- 
B. herausgesponnenen Combinationen sind mehr zogeu haben. Fast noch bedeutsamer erscheint 
oder minder trugerisch: auf festem Boden stehen der Umstand, dass die sog. ,bukolische Maske- 
wir erst mit der Thatsache, dass Stesichoros von rade' im Eeime bereits im Drama des Philoxenos 
Himera die Figur des Daphnis in die Poesie ein- 30 vorgebildet war, der nach glaubwiirdigen Zeug- 
gefiihrt hat. Entnommen hat er diesen echten nissen unter der Maske des einaugigen Kyklopen 
und rechten Archegeten der B. aus dem Sagen- seinen ehemaligen Gonner, den Tyrannen von 
schatze seiner chalkidischen Heimat. Verbunden Svrakus, den alteren Dionysios verspottet hat 
mit Menalkas erscheint Daphnis bei Hermesianax (Holland 189). Vorbildlich fur die theokriteische 
frg. 2 und 3, beidemale ist die Scene Euboia. B. war endlich die sentimentale Auffassung des 
Nach frg. 3 liebt der Chalkidier Menalkas die Hirtenlebens im Dithyrambus des Lykophronides, 
euboeische Jungfrau Euippe (rfjg Ktjvalag EvItc- der einen verliebten Ziegenhirten seine Neigung 
mis, so v. Wilamowitz Herm. XIV 162 fttr in gar zierlichen Versen aussprechen lasst (Kle- 
KfvjQtjvaiag, falsch Maass De Lenaeo et Del- arch bei Ath. XV 670e = PLG III 634; vgl. 
phinio, Greifswalder Lektionsverz. 1891/92, 20)40Bohde Roman 113. 506 und besonders v.Wila- 
und sturzt sich aus Schmerz dariiber, dass er mowitz Herm. XIV 173, der zuerst auf den Zu- 
ihre Liebe nicht gewinnen kann, ins Meer; das sammenhang mit der alexandrinischen B. hinge- 
ist unverkennbar die Fortsetzung und Weiterbil- wiesen hat). 

dung der von Klearch (Ath. XIV 619c = PLG IV. Theokritos und sein Kreis. So war 

III 663) ohne Localangabe erzahlten Volkssage der Boden vorbereitet, auf dem das kunstliche 

von der schonen Eriphanis, die in unglucklicher Gewachs der alexandrinischen B. emporspriessen 

Liebe zu dem sproden Jager Menalkas entbrannt konnte, die mit dem Namen des Theokritos von 

in den Bergwaldern umherirrt und ihr Leid im Syrakus unauflfislich verbunden ist. Eine ein- 

Liede (^laxgal Sgveg, d> Mevdlxa) klagt. Die gehende Wiirdigung dieses Mamies kann hier nicht 
Analogic mit Daphnis springt in die Augen : 50 gegeben werden, wo nur die eine Richtung seiner 

auch dieser muss, wie seine Verbindung mit Me- Poesie in Betracht kommt. Fiir seine Zeit be- 

nalkas (Schol. Theokr. VIII 55 6 'Eg/itjmdva!- deutet sie nicht einmal etwas vollkommen Neues, 

teyei riv Aayviv igcozr<dig e/uv zov Mevdkxa) kamen doch die litterarischen Stromungen und 

lehrt, aus der euboeisehen Volkspoesie stammen; Neigungen des 3. Jhdts. dem Dichter entgegen. 

als Diener der Artemis weist er wieder ruck- Wiederholt erklingt aus der neuen Komoedie ein 

warts auf die erwiihnten dorischen Hirtenlieder. fast sentimental zu nennendes Lob der landlichen 

Von der stesichoreischen Fassung der Daphnis- Ruhe und Einsamkeit; sie mochte dem antiken 

sage vermogen wir uns aus den auf Timaios Grossstadter wie dem modernen besonders reiz- 

zuruckgehenden Berichten (Geffcken Timaios roll erscheinen, da die Bethiitigung der Burger 
Geogr. des Westens, Philol. Unters. XIII 119) 60 an dem Staatsleben durch die absolute Monarchic 

einen Begriff zu machen , da einerseits Diodor. ausgeschlossen oder doch stark verkummert war. 

IV 84 Daphnis als Erfinder der (vortimaeischen) Auch sonst nimmt ja die Poesie des alexandri- 

Hirtenlieder nennt, andererseits Aelian v. h. X nischen Zeitalters idyllische Elemente mit Vor- 

18 zum Schluss ausdriicklich bemerkt, dass Ste- liebe auf. Ja, nach den neuesten Forschungen 

siehoros von Himera zuerst den bukolischen Ge- (Reitzenstein 121ff.) ist es ziemlich ausgemacht. 

sang in die Poesie eingefiihrt habe (vgl. Welcker dass eine altere vortheokriteische B. — etwa im 

a. a. O. 188 und den Artikel Daphnis). So Ausgang des 4. Jhdts. — in der Peloponnes, und 

hat also Tityros-Alexandros von Pleuron bei Theo- zwar hauptsachlich in Arkadien gebliiht hat. Von 



ihrer fur uns kenntlichsten Hauptvertreterin Anyte 
von Tegea (s. d.) sind in der Anthologie noch 
eine Anzahl anmutiger Epigramme voll idylli- 
scher Schildexung der Natur und des Kleinlebens 
vorhanden , die den Verlust ihrer fislr) (Steph. 
Byz. s. Teyea) um so mehr bedauem lassen. Doch 
scheint es erlaubt , diese mit dem bis auf Poly- 
bios (IV 20) stets in Arkadien gepflegten Dithy- 
rambus (Philoxenos) in Beziehung zu setzen, dessen 



raxecog dgxobiisS' aotdag) ist im Munde eines 
ahtolog auffallend, noch auffallender, dass die 
nun folgenden Wettgesange , das Propemptikon 
auf Ageanax und das ironisch gefarbte Lied von 
der Liebe des Koers Aratos (s. d. Nr. 7) zu dem 
schonen PhilinoSj abgesehen von dem ,bukolischen' 
Schlusse 71 — 89 nichts speciflsch aufs Hirtenleben 
Beziigliches enthalten. Folglieh sind diese Worte 
bereits feststehende Termini, deren Ursprung man 



bukolische Motive oben erwahnt sind. Damit 10 in der oben entwickelten voralexandrinischen Hir- 



ware der Anschluss an die altere Poesie (doch 
wohl schwerlich an die lakonische Kultlegende) 
gegeben ; fur Theokrit bildet den Vennittler sein 
Jugendfreund Nikias von Milet, ein notorischer 
Nachahmer Anytes (Reitzenstein 123). Auch 
sonst ist der Einfluss dieseT arkadischen B. zu 
spiiren, so namentlich i bei Leonidas von Tarent 
(Nachweis bei Geffek'en Leonidas von Tarent, 
Jahib. f. Philol. Suppl. XXHI), dessen gezierte 



tenpoesie (Epicharm) suchen darf. Immerhin ist 
eine Anlehnung an die sacralen povxokoi jener 
Zeit moglich, ja sogar wahrscheinlich. Man darf 
annehmen, dass diese Verbande, deren Treiben 
bereits im 5. Jhdt. Kratinos in seinen Bovxola 
geschildert hatte, auf die Namengebung einge- 
wirkt haben (Usener bei Holm Gesch. Siciliens 
II 493), da Spuren orphischen Einflusses bei Theo- 
krit und seinen Genossen nicht fehlen. Abge- 



Epideixis dieNaturwahrheit der anyteischen Poesie 20 sehen von dem Mimus Pharmakeutriai , in dem 



erst recht erkennen lasst. Wie sich Theokrit zu 
der Schule gestellt hat, ist kaum mehr zu er- 
mitteln (Reitzensteins Combinationen sind zu 
verwegen), jedenfalls ist sie durch ihn in den 
Hintergrund gedrangt und verdunkelt worden. 
Erst im Ausgang des 3. Jhdts. tritt in Mnasal- 
kas von Sikyon wieder ein Vertreter dieser Rich- 
tung auf, zuletzt finden sich Spuren bei den rOmi- 
schen Dichtern, namentlich bei Vergil, s. u. Bei 



ein orphischer Zauberlrynmus beniitzt zu sein 
scheint (Reitzenstein Rostocker Lektionsverz. 
1892/93, 18), verrat der Dichter nahe Bekannt- 
schaft mit den Vorstellungen jener Kreise in sei- 
nen Afjvat (XXVI) — man hat dieses Gedicht 
ein Kultlied fur die Dionysosfeier am koischen 
Vorgebirge Drakanon genannt (Maass Herm. 
XXVI 178. Reitzenstein 217)—, unddiegleich 
zu erwahnenden Technopaignien mOgen richtig auf 



seinen Zeitgenossen fand Theoki-it noch andere 30 Vorbilder in der orphischen Sacralliteratur zu 



Vorbilder : der durch Herondas neubelebte Mimus 
weist verwandte , - nur ins Grelle und Unerquick- 
liche gesteigerte Zuge auf. Auch in dieser Dich- 
tungsart hat sich Theokrit versucht; die t)ber- 
einstimmungen mit Herondas weisen auf Sophron 
als gemeinsames Vorbild beider hin. Ferner darf 
man dem Satyrdrama, wie oben bemerkt, das 
sich ebenfalls an bukolischen Stoffen versuchte 
(Daphnis des Sositheos), einen erheblichen Ein 



riickgefuhrt sein (Crusius Wochenschr. f. kl. Phil. 
1888, 1095). Aber fiber diese wesentlich for- 
malen Entlehnungen darf man nicht hinausgehen ; 
der Versuch Reitzensteins, Theokrit und seine 
Genossen zu sacralen Bukolen zu stempeln, muss 
entschieden zuriickgewiesen werden. Zu Lykidas- 
Dosiades tritt ausser zwei nicht naher bezcich- 
neten ,Hirten' aus Acharnai und dem aitolischen 
Lykope, Tityros (72), in dem bereits Meineke mit 



fluss auf Theokrit ohne Bedenken zuschreiben. 40 grosser Wahrscheinlichkeit Alexandres von Pleuron 



Die dramatisch bewegte Scenerie, die Streitscenen 
zwischen zwei Gegnern kehren sogar in der phi- 
losophischen Litteratur wieder (Krantor bei Sext. 
Emp. adv. dogm. V 53. Kleanthes bei "Wachs- 
muth De Cleanthe et Zenone II 7: Streit 
zwischen Aoyiauog und &vfiog in amoibaeischen 
Versen, vgl. Hirzel Der Dialog I 372. 398). 
Eigentiimlich ist nur, dass Theokrit im Gegen- 
satz zu der arkadischen B. nicht einfache Hirten 



(s. Bd. I S. 1448) erkannt hat; er tragt ein Lied von 
dem bienengenahrten afaokog (unteritalisches Mar- 
chen nach Lykos von Rhegion, Schol. 78) vor. 
Diesem mythischen Hirten stellt Lykidas die 
kretische Sagenflgur Komatas (Clem. Alex, strom. 
I 398 P.) gegeniiber, und die Vermutung liegt 
nahe, dass die von Tityros-Alexandros behandelte 
Version der Daphnissage (73 — 77, nach Stesicho 
ros, s. o.) ebenfalls ihr kretisches Gegenspiel ge- 



vorfuhrt, sondem dass diese Hirten ofters die50funden hat: die Bestatigung giebt Kallimachos 



Zflge zeitgenOssischer Dichter und Kfinstler tra 
gen. Diese vielfach bestrittene und bereits im 
Altertum verkannte bukolische Maskerade ist am 
besten ersichtlich aus den Thalysien (VII), 
einem aus der reifsten Kunstperiode des Dich- 
ters stammenden Idyll, das nicht ohne Anachro- 
nismen Erinnenmgen aus der Jugendzeit feiert 
und far uns das einzige Document fur die Exi- 
stenz der koischen Dichtergenossenschaft ist. Dem 



Ep. 22 Wil., vgl. Bd. II S. 2861. Deutlicher als 
diese durch Combination erschlossenen Stucke 
reden die beiden erhaltenen Ratselspiele der jugend- 
lichen Dichtergenossen , der Altar des Dosiades 
und die Syrinx Theokrits. Hier hat zuerst v. Wila- 
mowitz die gegenseitige Bezugnahme (Dosiades 
10 Osoxgizoio [= UdotSog] xxavzag e*3 Theokr. 
12 Ildoig Ziur/J&a;) und die Anspielung (Sy- 
rinx 3)" auf die von Dosiades behandelte Koma- 



zum Erntefeste eingeladenen Simichidas f = Theo- 60 tassage (Kegdarag = Kofidiag nach Horn. B. XI 



loritos, so schon die Scholien, wo allerdings viel 
Verkehrtes eingemischt ist) begegnet auf dem 
Wege ein afcid).og Lykidas, unverkennbar ein be- 
ireundeter Dichter (Dosiades von Kreta, wie v. W i 1 a - 
mowitz De Lykophr. Alex. 13 wahrscheinlich 
gemacht hat), diesen fordert er zu einem poeti- 
schen Wettstreit (fiovy.ohdieo&at 36) auf. Der 
Ausdruck (wiederholt 49: aW aye fiovy.ohxug 



385) erkannt, vgl. die Ausfilhrungen Haeberlins 
Carm. fig. graeca 50 — 59. Ausser den Genannten 
scheint der Arzt Nikias von Milet zu den Genossen 
des koischen Dichterbundes gehort zu haben; ob 
auch Hermesianax, der mehrfach bukolische Stoffe 
behandelt (frg. 2. 3; frg. 1 aus der Leontion), 
stent dahin (Haeberlins Combinationen sind ab- 
zuweisen). Schliesslich steht hinter all diesen 



1UUV 



Bukolik 



jungen Mannern der Dichter, den Theokrit neben 
Asklepiades von Samos (Sikelidas 40) als seinen 
Meister anerkennt: Philetas von Kos. Es ist 
gar nicht unwahrscheinlich, dass er der eigent- 
liche Stifter des bukolischen Bundes gewesen ist 
da ihn Longos II 15 offenbar nach guter tlber- 
lieferung den altesten und erfahrensten .Hirten' 
nennt und seine nahen Beziehungen zur Hirten- 
poesie durchblicken lasst; bier wird eine ein- 
gehende Analyse noch manches Einzelne lehren 
In den sparhchen tjberresten des Philetas flndet 
sich wemgstens ein Anhalt in frg. 21 B. d-Qrjaaa&an 
jrlarAvo, y{q)aty vtio, das erst durch Hermesia- 
nax ftei Athen. XIII 598 F v. 75) oh&a Si *al 

tov aotSov Sv EvQvniXov nohijxw KcSot yAXxuov 
ittjxav ixA nlaxavy JBizzida /noXjtdSovza 
vor/v *rr! ins rechte Lieht geriickt wird (Bergk 
Kl. Schriften II 179). Wir blicken also in die Ge- 
nossenschaft jugendlicher Dichter hinein, die wahr- 
scheinlich zu einem festen Yerbande organisiert, 
in dem Kostiim von Hirten und unter poetischen 
Spitznamen etwa in dem ersten Jahrzehnt des 
3. Jhdts. auf Kos die Musenkunst pflegten. Der 
Kreis scheint sich spater erweitert zu haben 
Wie der versteckte Ausfall auf die Argonautika 
des Apollomos beweiat (45), sind die Thalysien etwa 
in der Mitte der sechziger Jahre verfasst. Kurze 
Zeit darauf hat der Dichter seine Beziehungen zum 
alexandrinischen Hofe aus unbekannten Grunden 
gelOst und eine Zeit lang auf der Statte seiner Ju- 
gend verweilt. Hier sind die eigentlichen buko- 
lischen Gedichte (ausser VII [falls dies nicht noch 
in Alexandres gedichtet ist] noch I. III. VI) ent- 
standen, die der reifen Kunstperiode Theokrits 
angehoren (anders Susemihl Jahrb. f. Philol. 
1896, 383ff0- Am klarsten ist der technische Fort- 
schntt in VI (BovxoXiaotal) zu erkennen, einer 
freien Weiterbildung des an Philoxenos ankniipfen- 
den, dem koischen Genossen Nikias gewidmeten 
Jugendgedichtes XI (Kyklops): es fiihrt Daphnis 
als bereits bekannte Figur zusammen mit dem 
schemenhaften Damoitas und das Wettsingen dieser 
beiden Hirten als bereits conventionell gewor- 
denes Motiv ein (v. Wilamowitz Nachr. der Get- 
ting. Gesellsch. d. Wissensch. 1894, 182) In 
dem Glanzstiicke ,Daphnis', das von dem spaten 
feammler offenbar mit Absicht an den Anfang 
gestellt ist, hat der Hirfce Thvrsis das Lied von 
den Leiden des Daphnis vor Zeiten in einem 
Agon mit dem Libyer Chromis vorgetragen und 
daunt hohen Ruhm erlangt, jetzt wird es einem 
nicht namenthch genannten Ziegenhirten auf des- 
sen Wunsch wiederholt. Unter dem Sanger (eta- 
ok 8V <u* Atjvas 65) verbirgt sich wohl Theo- 
kntos selbst — der poetische Spitzname hat also 
gewechselt — , wer unter dem abi6/jK (Philetas *>) 
und dem Libyer Chromis (Kallimachos?), ist nicht 
so leicht zu ermitteln. Im Komos, dem Stand- 
chen ernes verliebten Hirten (HI) begegnen wir 
dem bekannten Tityros (= Alexandres von Pleu- 
ron); der nicht genannte Liebhaber der Amaryl- 
lis (6) scheint trotz IV 38 nicht Battos, sondern 
Iheokrit selbst zu sein. Da IV 16 in den Worten 
des Battos eine deutliche Anspielung auf Kalli- 
machos fig. 542 vorliegt, so wird man die bereits 
von anderen (Hartung und Haeberlin) vorge- 
scnlagene Gleichung Battos = Kallimachos wemg- 
stens tar zuliissig halten diirfen, ztimal da die 



Bukolik 



1008 



Teilnahme des Battiaden an der bukolischen Maske- 
rade aus seinem Epigramm auf Astakidas erschlos- 
sen ist. Die Gedichte IV (No/uts) und V (VSomSooi) 
spielen beide unverkennbar in Unteritalien, und 
wenn sie auch zeitlich schwer zu fixieren sind 
so scheint doch die metrisch* Technik zu erlauben' 
sie m dieselbePeriode wie I. III. VI. VII zu riicken' 
Der Dichter schlagt hier einen viel derberen und 
realistiseheren Ton an, der den Schein erweckt, als 
10 ol i er uns wirkliche Hirten vorfiihre, aber die 
schembare Naivetat der Sprecher ist in Wahrheit 
absiehtlieh und berechnet, und durch allerhand 
hmemgetragene Beziehungen ist dafiir gesorgt 
dass wir im Hintergrunde maskierte litterarische 
Personhchkeiten ahnen sollen. Der Beweis kaim 
nur durch Einzelinterpretation geliefert werden 
(vgl. einstweilen Knaack Henn. XXV 84 und 
Eeitzenstein 228, der aber in der Deutung 
fehl greift). Einen rein landlichen Stoff endlich 
20 wie es scheint, ohne Maskerade, behandelt Theo- 
krit in den 'Egyaxlrm (X). In all diesen Ge- 
dichten steht er auf der Hohe seiner Kunst, wie 
er I 20 selbstbewusst ausspricht. Die Verse 
sind nach den Regeln der alexandrinischen Tech- 
nik gebaut; die sog. bukolische Diaerese wiegt 
yo-r (uber den Unterschied der vergilischen Verse 
Marms Victorinus GL VI 114, 25). Entsprechend 
der Fiction des ,Hirtengesanges' hat der Dichter 
m den Liedern seiner Hirten eine Art von Stro- 
30 phenbau gewahlt, der hin und wieder durch einen 
Schaltvers ausserlich markiert, aber von stren«er 
Eesponsion weit entfernt ist (liber die Termino- 
logy Schol. I 64 p. 63 Ahr.). Das eigentiimliche 
Gemisch von Erzahlung und Dramatik ist schon 
den alten Erklarern aufgefallen (yivog fiixtov in 
den Prolegomena). Fttr die Folgezeit gilt Theo- 

tIoo^ rr er P ovx6X °s *«*' ?£°XW (Schol. Apollon. 
1 1^89 [Iheon]), seme Gedichte als die flovxohy.a 
(xegi vyovs 54, 20 [mit feiner Wurdigungl. Schol 
40 Apollon. I 1236 [Theon]). Interesse an der neuen 
Dichtungsart bekundet auch die auf einen Gram- 
matiker der besten Zeit zurflckgehende Bemer- 
kung Schol. Horn. Od. X 456 ; Mnaseas leitet in 
geschmackloser Weise die B. von Bukolion, dem 
Soline Pans, ab (Schol. Theokr. I 64 Ahr. [fehlt 
im Ambros.]). Weitaus bedeutsamer ist der Ein- 
fluss auf die bildende Kunst der alexandrini- 
schen Epoche (Brunn S.-Ber. Akad. Miinchen 1879 
II 1-22 [von unrichtigenGesichtspunkten]. S chrei- 
50 ber Die Wiener Brunnenreliefs aus Palazzo Gri 
mani, Lpz. 1888 ; Hellenistische Reliefbilder, Lpz. 
1889—96. Sauer Der Torso von Belvedere 
Giessen 1894). 

V. Xachfolger und Nachahmer. Theo- 
krit muss seine Gedichte einzeln herausgegeben 
haben; fur diese Annahme sprechen die treffend 
gewahlten Xamen fur die Stiicke, die mit grosser 
Wahrscheinlichkeit auf den Verfasser selbst zu- 
riickgefuhrt werden durfen (fiber die spatere Be- 
60zeichnung sidv)lia vgl. Christ Verh. der 26. 
Philologenvers. in Wurzburg 1868, 49). Erst 
nach seinem Tode scheint eine Sammlung erschie- 
nen zu sein, in die bereits unechte Stflcke ein- 
geschwarzt sind. Dazu gehOren \TII und IX 
(Bovxohaazai /?' und /), deren nachtheokriteischen 
Ursprung sprachliche und metrische Abweichungen 
erweisen. Der Verfasser der zweiten Bukoliasten 
hat wunderlicherweise den Wettgesang des Me- 



1009 



Bukolik 



Bukolik 



1010 



nalkas und Daphnis, die zu schemenhaften Figu- 
ren herabgesunken sind, in elegischen Distichen 
geschrieben und eine peinlich strenge Eespon- 
sion erstrebt; in IX zeigen die Verse 28 — 36, 
dass das Gedicht bestimmt war, den Schluss einer 
Sylloge zu bilden. Sie standen auch in der Vor- 
lage, die der besten Hs. K (Ambros. 222) zu 
Grande liegt (und zwar in der Beihenfolge I. VII. 
III. IV. V. VI. VIII. IX. X), und sind bereits von 
Vergil als theokriteische Stiicke gelesen und nach- 
geahmt worden (darauf bezieht sich Serv. Verg. 
buc. prooem: sane sciendum VII eclogas esse meras 
rusticas quas Theocritus X habet). Vielleicht 
ist die von Theon Schol. Apollon. 1 1236 (iv vols 

fiovxoXixots , er rc5 "Y).a. [XIIIJ lmyQa<poixh(p) 

citierto Sammlung mit dieser identisch. Wahrend 
diese Gedichte im Altertum eine grammatische Re- 
cension und Interpretation erfahren haben, wie die 
Scholien beweisen, stammen die ohne solche und 
bedeutend schlechter uberlieferten : XX (Bovno- 
7.laxoq), XXI ^AXisXg, mit starker Beniitzung des 
Leonidas von Tarent), XXVII ('OaQioxv;) aus viel 
spaterer Zeit ; die Cberlieferung behandelt Hiller 
Beitr. zur Textgesch. der griech. Bukoliker, Lpz. 
1888. Die 'Ooqcotvq ist bei weitem das erfreu- 
liehste Stuck, in lebhafter Stichomythie geschrie- 
ben, frivol, aber graziOs (Wilamowitz Herm. 
XIII 276). Zeitlich lassen sich alle diese Stiicke 
ungemein schwer fixieren, einzelne reichen wohl 
in den Ausgang des 3. Jhdts. hinab, und es ist 
nicht unmOglich, dass Mnasalkas von Sikyon (fiber 
dessen Zeit vgl. Susemihl Alex. Litteraturg. 
II 540) Anth. Pal. IX 324 an dieser weichlich 
und vorwiegend erotisch gewordenen B. in seiner 
Art Kritik iibt. Diese Eichtung geht dann weiter : 
Moschos und Bion (s. d. Nr. 6) zeigen in ihrem 
Nachlass keinen wirklich bukolischen Charakter 
mehr, es sind nur erotisch-sentimentale Tande- 
leien und Spielereien. Wenn der Verfasser des 
Epitaphs auf Bion diesen als jiovxolog feiert, 
mit dem das povxoXixov /^e).os ausgestorben sei 
— doch nennt er sich selbst seinen dichterischen 
Erben — , wenn der Dichter des 'Em&aXdfuov 
'AzilXeay; koX Aqidafieias (Pseudo-Bion II Ziegl.) 
zwei Hirten als Gesprachspersonen einfiihrt und 
im Anfang einen bukolischen Ton anschlagt, so 
beweist das nur, wie fest die von Theokrit be- 
griindete Terminologie bei den Nachfahren haftete. 
So konnte denn im 1. Jhdt. v. Chr. der Gram- 
matiker Artemidoros eine Gesamtausgabe aller 
Bukoliker veranstalten oder, wie er selbst sagt, 
die bukolischen Musen alle in einem Stall und 
zu einer Herde vereinigen (Anth. Pal. IX 205, 
vgl. uber das vielbesprochene Epigramm zuletzt 
Bet he Eostocker Lectionsverz. 1896). Wie weit 
sonst die bukolischen Einflfisse auf die Dichtung des 
2, und 1. Jhdts. gingen, entzieht sich unserer Kennt- 
nis ; immerhin ist die bukolische Scenerie bei dem 
alteren Zeitgenossen Bions, Xikandros, bemerkens- 
wert (Anton. Lib. 22), der den aus einer obscuren 
malischen Localsage hervorgeholten Hirten Ke- 
rambos ungefahr die Rolle des Daphnis spielen 
lasst. Nur in losem Zusammenhang mit der B. 
steht der Euboikos des Dion (VII), die alteste 
,Dorfge'schichte' (O. Jahn Aus der Altertums- 
wissenschaft 51). Sonst kehrt der Gegensatz 
zwischen Stadt und Land Ofter in der spateren 
Ehetorik wieder, wie z. B. bei Alkiphron , wo die 



bekannten Namen Aigon und Korydon wohl an 
Theokrit erinnern sollen. Auch die Romanschrift- 
steller bieten Verwandtes ; einen fOrmlichen Hir- 
tenroman mit starken Entlehnungen aus Theokrit 
und guter Sachkenntnis (s. o.) hat Longos in sei- 
nem ,Daphnis und Chloe' geliefert (anderes Rohde 
Rom. 508). Im 5. Jhdt. wirft Synesios, der von 
kunstlosen landlichen Liedern seiner kyrenaeischen 
Hirten zu berichten weiss (ep. 148 Petav.), ge- 

10 legentlich einen Seitenhlick auf die B. Theokrits 
(z. B. ep. 113). Auch die Poesie des ausgehen- 
den Altertums wird nicht mude, auf diese zuriick- 
zugreifen: Gregorios von Nazianz, Nonnos und 
seine Schule sind voll von Nachahmungen (vgl. 
besonders die Episode von Hymnos und Nikaia 
Dionys. XV 169, die in ein regelrechtes buko- 
lisches Lied mit Kehrvers auslauft). Den Kyros 
von Panopolis wollte Ahrens sogar zum Verfasser 
des Bukoliskos (Ps.-Theokr. 20) machen; dagegen 

20 Hiller Beitr. z. Textgesch. der griech. Buk. 70. 
Andere Nachahmer verzeichnet Ahrens in deT 
grossen Ausgabe der Bucolici Graeci, NachtrSge 
giebt z. B. Eaibel Henn. XV 456. Kehr De 
poetar. qui sunt in Anth. Pal. studiis Theocriteis, 
Diss. Lpz. 1880. Auch in der byzantinischen 
Zeit spurt man noch die Einwirkung der Buko- 
liker, so in den Briefen des Theophylaktos Simo- 
katta (7. Jhdt.), in denen ,das Landleben ira 
falschen Spiegelbilde einer susslichen SchOnred- 

30 nerei erscheint' (Krumbacher Gesch. derbyzant. 
Litteratur 55), und im Roman des Niketas Eu- 
genianus, der namentlich Theokrit weidlich aus- 
pliindert. Endlich hat Maximus Planudes (15 
Jhdt.) ein ,Idyll' verfasst (herausgeg. von Hol- 
zinger Festgruss zur Wiener Philologenvers. 
1893), das wegen der Namen der Sprecher, Tha- 
myras (so heisst der Hirte in dem Einsiedler- 
gedicht PLM III 60, s. u.) und Kleodamos (nach 
Bion ni) ein gewisses Interesse erweckt (M. 

40 Schneider Berl. philol. Wochenschr. 1894, 616). 
VI. Die Eomer. Die romische Poesie hat 
sich verhaltnismassig spat der bukolischen Dich- 
tungsgattung zugewandt; es scheint, als ob ihnen 
die eigentiimliche Idealisierung des Landlebens, 
dessen Realitat sie kannten und zu schatzen 
wussten, nicht sehr zugesagt hat. Bezeichnen- 
derweise hat bukolische Gedichte in der Weise 
Theokrits, und zwar noch in griechischer Sprache 
zuerst M. Valerius Messala verfasst, ein Ver- 

50 treter der popularen Sokratik Xenophons , der 
das Landleben im Oikonomikos begeistert ge- 
priesen hat (Hirzel Der Dialog II 4 mit wei- 
teren Nachweisen). Wir leraen diese ersten Ver- 
suche aus der sog. Elegia in Messalam (Ps.- 
Verg. catal. XI 17) kennen: sie enthielten Wech- 
selreden der Hirten Moeris und Meliboeus viridi 
patulae sub tegmine quereus und mussen ganz 
entschieden von Einfluss auf den jungen Vergil 
gewesen sein, der nicht nur die beiden Hirten- 

60 namen (Meliboios thebanischer Hirte bei Ioh. An- 
tioch. FHG IV 545), sondern auch wohl den An- 
fang der ersten Ecloge aus ihnen entnommen hat 
(Wernsdorf PLM III 149). Auch der wieder- 
holte Preis des Landlebens bei Tibullus diirfte 
auf Messalas bukolische Studien zuruckzuffihren 
sein. Bei Vergil erscheint in den Eclogen unter 
durchsichtigerer Hiille als bei Theokrit ein ,Kiinst- 
ler- und Litteratentreiben' (Eibbeek Gesch. der 



1011 



Bukolik 



Bukolion 



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Bukolo 



Bovxokot 



1014 



rom. Dichtkunst II 31): Pollio als Freund der 
landlichen Muse und Verfasser eigcner Gedichte 
dieser Art, Gallus, Varius und China; die Neider 
Codrns, Bavius und Maevius werden erwahnt, 
der Dichter selbst tritt bald als Tityrus, bald 
als Menalcas auf (Quintil. VIII 6, 46); auch 
unter den anderen griechischen Namen bergen 
sieh zum Teil wohl fur uns nicht mehr erkenn- 
bare Zeitgenossen. Auf die Abhangigkeit Vergils 



ren (v. Wilamowitz Getting. Lektionsverz. 1884, 
6; viel zu viel sucht hinter diesen Namen Maass 
Orpheus 145, 31). In der tandelnden Poesie 
der hadrianischen Zeit finden sich bukolische An- 
klange z. B. in den Opuscula ruralia des Sep- 
timius Serenus (FPR 386 frg. 11). Im 3. Jhdt. 
verfasste der Karthager M. Aurelius Olyrapius 
Nemesianus seine vier Eclogen im engen Anschluss 
an Calpurnius, mit dem er friiher zusammenge- 



von ineokrit hat man bereits im Altertum geach- 10 worfen wurde (Scheidung durch M. Haupt Opusc 
tet (Gell. IX 9, 4, im allgemeinen Macrob. sat. ' ' - • - f _- r - - 

V 2, 4): sie erstreckt sich nicht nur auf eine 
freie Nachbildung einzelner Gedanken und Verse, 
sondern geht bisweilen in eine mosaikartige Con- 
tamination aus Partien verschiedener theokri- 
teischer Gedichte liber. Wichtiger als diese oft 
gemachte Beobachtung ist der neuerdings ver- 
suchte Nachweis der Verschmelzung alterer und 
jilngerer Concetti zu einem neuen Ganzen(Vah 



I 358), schon ohne Reminiscenzen an Theokrit 
(Schenkl praef. XXXIII gegen Kaibel Herm. 
XVII 429). Zur Zeit Constantins erneuerte Publi- 
lius Optatianus Porfyrius die hellenistischen Tech- 
nopaignien, die er durch aberwitzige Kimsteleien 
zu uberbieten versuchte, noch spater (Ende des 
4. Jhdts.) finden sich bukolische Anklange in der 
Mosella des Ausonius, dessen .Idyllia' freilich nur 
der Willkiir alterer Herausgeber ihren Namen 



len Berlin. Lektionsverz. 1888. Bethe Rh. Mus. 20 verdanken. Ungefahr derselben Zeit sehort das 



XLVH 577). Wie im Theokrit hat auch hier 
eine unfruchtbare Eesponsionstheorie die sach- 
liche Erklarung lange genug zuriickgedr&ngt ; fur 
das Einzelne bleibt daher noch genug zu thun, 
namentlich ist die griechische Quelle der auf- 
fallend oft erwahnten arkadischen B. noch zu 
finden, s. o. Den Beifall, den Vergil mit seinen 
Eclogen fand, spricht am lautesten Properz III 
34, 67 aus (vgl. Kothstein Herm. XXTV 1. 



in zierlichen Asklepiadeen verfasste Gedicht des 
gallischen Bhetors Endelechius de mortibus bourn 
an (Riese AL 893), ein Gesprach zwischen Bu- 
cu\us K Aegon und Tityrus. Im 5. Jhdt. spielen 
Sidonius Apollinaris und seine Freunde mit den 
iiberkommenen Formen, namentlich wird der Rhe- 
tor und Dichter Lampridius von Bordeaux ge- 
nannt (Sidon. ep. VIII 11, 6; vgl. VIII 9); im 6. 
hOren wir von einem (verlorenen) carmen btico- 



Ovid. trist. n 537), der selbst IV 13, 25— 46 das 30 lieum des Boethius (Usener Anecdot. Holderi 4, 



goldene Zeitalter mit bukolischen Farben schil 
dert (der Schluss ist aus Leonidas von Tarent 
Anth. Pal. IX 337 ubersetzt). Die Versuche seiner 
Zeitgenossen sind verschollen, einen gewissen Fon- 
tanus erwahnt Ovid. ep. ex Pont. IV 16, 35 
(die Stelle ist verderbt, vgl. noch Schanz Rom. 
Litteraturgesch. II 168, der die vorhergehenden 
Verse auf Grattius bezieht); verwandte Tone 
schlagt der Verfasser der Dirae an. Eigentiim- 



16), noch spater (7.-8. Jhdt.?) ist die Ecloya, 
Tkeoduli entstanden, ein Wechselgesprach in vier- 
tehalbhundert assonierenden Hexametern zwischen 
Alithia und Psemtis; letztere tragt die Leh- 
ren der Heiden vor, wahrend Alithia ihr die 
des alten Testaments entgegenhalt ; zum Schluss 
erfolgt Entscheidung durch Fronesis. So geht der 
Strom dieser Poesie fast ununterbrochen bis auf die 
karolingische Zeit hindurch, wo in der Akademie 



lien ist die realistische Schilderung des Land- 40 Kails des Grossen sofort wieder die altbekannten 



lebens im pseudovergilianischen Moretum; sehr 
schwache Spuren fiihren auf eine griechische Vor- 
lage (Parthenios?), die indes Buecheler Eh. 
Mus. XLV 323 leugnet. Ein merkwurdiges Ur- 
teil fiber Theokrit findet sich bei dem sog. Ma- 
nilius H39(Sternbach Wiener Stud. VIII 240). 
Im neronisehen Zeitalter sind die beiden ano- 
nymen Hirtengedichte im cod. Einsidlensis 266 
und die Eclogen des Calpurnius entstanden. Erstere 



Schafernamen Damoetas, Menalcas, Thyrsis und 
auch die verkiinstelten Formen der Figurenge- 
dichte auftauchen (Diimmler Poet. lat. Carol. 
I 270. 360. 382; im allgemeinen Wattenbach 
Deutschlands Geschichtsquellen im M.-A. 5 I 147), 
die dann das Mittelalter hindurch gepflegt (L. 
Miiller Nord und Slid 1878, 98) durch die Em- 
pfehlung Scaligers in der Poetik mitsamt dem 
allegorischen Hirtengedichte ihre Auferstehung 



verherrlichen ausserst loyal den jungen Kaiser 50 in der Renaissance feiern (Borinski Poetik d 



als Kitharoeden und Begriinder eines neuen gol- 
denen Zeitalters; iihnlich Calpurnius, der seine 
Lobpreisungen durch einen hohen GOnner (Meli- 
boeus = Calpurnius Piso ?) unter die Augen Xeros 
zu bringen sucht (I. IV. VII; vgl. dariiber Haupt 
Opusc. I 358, zuletzt Chytil Der Eclogendichter 
Calpurnius und seine Vorbilder. Progr. Znaim 
1894 [ohne Ffirderung des Problems]). Die iibri- 
gen Gedichte wiederholen fast nur bekannte Mo- 



Renaissance 44). [Knaack,] 

BovxoXikov axofia, eine der Miindungen des 

Nils, Herod. II 17, s. BovxdXot Nr. 1. [Sethe.] 
Bukolion. 1) BovxoXiwv (Bueolium), Ort 

in Arkadien im oberen Alpheiosgebiet, Thuk. IV 

134, 2. Plin. n. h. IV 20. Curtius Pel. I 316. 

Bursian Geogr. II 227f., 4. Zum Accent vgl. 

Stahl zu Thuk. a. a. O. [Oberhummer.] 



.,,,.., 2) Einer der fiinfzig von Zeus getoteten Sohne 

tive, wemge theoknteische und diese meist durch 60 des Lykaon (Apollod. Ill 8, 1, 3), offenbar be 
Verrmttlung Vergils (Calpurnii et Nemesiani bu- nannt nach der arkadischen Stadt gleichen Namens 



colica rec. H. Schenkl,"Prag-Lpz. 1885, praef. 
XXI). Eine eigene Untersuchung verdient die 
Namengebung bei diesen Dichtern: neben den 
aus Theokrit oder Vergil bekannten Hirten er- 
scheinen horazische (Mystes, Eclog. Einsidl. II; 
Ornytus, Calpurn. I) und properzische (Aeanthis, 
Calpurn. VI 76 und Lycotas, Calpurn. VIIj Figu- 



gleichen ] 
3) Sohn des Laomedon und der Nymphe Ka- 
lybe (Apollod. Ill 12, 3, 8). Seine Geliebte war 
Abarbarea, mit der er den Aisepos und Pedasos 
zeugte (Horn. 11. VI 21ff. Tzetz. Horn. 115. Nonn. 
XV 376. Diet. IV 22. Dar. 6); Orph. Lith. 463 
und Tzetz. Horn. 223 wild auch ein Bovxo/.idtj; 
Evyoojios als Sohn der Abarbarea genannt. 



I 1 



4) Arkadischer Fiirst, Sohn des Holaias, Enkel 
des Kypselos, Vater des Phialos, Paus. VIII 5, 7 
(vgl. E. Curtius Peloponn. I 319). 

5) Sohn des Pan, als Erfinder des fiovxoXeiv 
genannt von Mnaseas Schol. Theokr. 1, 64. 

6) Mykenaeer, vor Troia von Eurypylos getotet, 
Quint. Smyrn. VI 615. [Wagner.] 

BukolO. BwxqXco <&a.Qoa}.iag • nolig &Qqxt]s, 
Hesych. [Oberhummer.] 

BovhoIol. 1) Name der rauberischen Hirten- 
bevolkerung im nordwestlichen Telle des Nildeltas 
in der Umgegend von Alexandreia, am herakleo- 
tischen Nilarm, bis nach Chemmis hin (Era- 
tosth. bei Strab. XVII 802. 792. Heliod. Aeth. I 5. 
H 17. 18. VI 2—12. 24. Achill. Tat. m 9—18), 
auch 'HQaxAeofSovxoJ.01 genannt, wohl nach der 
Stadt Herakleion, Steph. Byz. Sie unterschieden 
sich in Aussehen, Sitten und Gewohnheiten von 
den tibrigen Agyptern wesentlich, wie schon in 
den altesten agyptischen Darstellungen die Einder- 
hirten des Deltas (Erman Agypten II 583ff.). 
Unter M. Aurel (172) erregten diese B. oder Bu- 
eoliei milites einen Aufstand, der von Avidius 
Cassius nur mit List unterdriickt wurde, nach- 
dem Alexandreia beinahe in ihre Hande gefallen 
ware, Cass. Dio LXXI 4. Hist. Aug. M. Antonin. 
philos. 21; Avid. Cass. 6. Nach Heliod. Aeth. 

I 5 hiess die von ihnen an der herakleotischen 
Mundung bewohnte sumpfige Niederung, die durch 
die Uberschwemmungswasser in einen See ver- 
wandelt wurde und den Raubern ein sicheres Ver- 
steck bot, ta Bovxofoa, vgl. Bucolia Geogr. Rav. 
Ill 2. Quatremere Mem. g<5ogr. sur l'Egypte 
1232, rar<5v5ot)«oA(;WChron.Pasch. 471 (Bonn.), 
rd BovxoXov und Buczdus Quatremere a. a. O. 
Als Hauptorte der B. werden bei Heliodor und 
Achilles Tatius Brjaaa und Ntxcoxtg genannt (s. d.). 
Rauberische Hirten (jioifisveg) gab es auch an 
anderen ahnlich geeigneten Stellen des Deltas, 
wie z. B. bei Pelusion (Xen. Ephes, III 12), doch 
ist B. als Name nur fur die Bcwohner der Bov- 
xofoa im nordwestlichen Delta nachgewiesen. Man 
hat deshalb auch kein Recht, die nur von Herod. 

II 17 erwahnte, nach ihm kiinstliche Nilmlindung 
Bovxohxov orofia, die offenbar nach dieser Ge- 
gend benannt ist, mit der phatmetischen im ost- 
lichen Teile des Deltas zu identilicieren, vgl. C h a m - 
pollion L'Egypte sous les Pharaons II 15. 

[Sethe.] 
2) Wie es in der Entwicklung der griechi- 
schen Religion eine Stufe gegeben hat. auf wel- 
cher das gottliehe numen in lebloseu Fetischen, 
in Steinen, Brettern und KlOtzen gesucht und 
verehrt wurde, so ist in ihr auch die zweite Seite 
des Fetischismus, der sog. Totemismus noch deut- 
lich erkennbar, die Stufe, auf der man sich die 
Getter und die Vorfahren des lebenden Menschen- 
geschlechts in Tiergestalt vorstellte. Zahlreiche 
Spuren, deren Sammlung eine Erfolg verheissende 
Arbeit ware, weisen darauf hin : die Epitheta der 
Getter, deren Ursprung von Tiernamen genommen 
ist (Zeus Lykaios, Hera Boopis), die heiligen Tiere, 
welche als Attribute der Gottheiten erscheinen 
(der Adler des Zeus, die Eule der Athene, die 
Schlange der unterirdischen GOtter) und nament- 
lich auch das Kultpersonal, das durch Tiernamen 
bezeichnet wird, wie die ayxzoi der brauronischen 
Artemis, die n<S>lm der lakonischen Demeter, die 



xavQoi des ephesischen Poseidon, die Tzmoi des 
Dionysos der athenischen Iobakchen (Ed. Meyer 
Forschungen zur alten Gesch. I 60. 69). S. Wide 
Lakon. Kulte 79 (vgl. Athen. Mitt. XIX 281) hat 
namentlich auf diesen dritten Punkt hingewiesen, 
auf die Falle, in denen im weiteren Verlaufe der 
Entwicklung das Tierische von den Gottern auf 
die Umgebung des Gottes tlbergegangen ist. So 
sind auch die B. ein Zeugnis fur diese fruhe 

10 Periode der griechischen Religion. Sie fiihren 
uns in den Kreis der dionysischen Religion und 
zwar in einen solchen Kult, in dem Dionysos ur- 
spriinglich in Tiergestalt verehrt wurde, als afiog 
tavQog, zu dem die Frauen in Elia beteten (P r ell e r- 
Eobert Griech. Myth. I i 695), und der in The- 
spiai (IGS I 1787) wahrscheinlich den Kultnamen 
Tavgog hatte. Ob diese Frauen selbst cinmal als 
fioeg bezeichnet worden sind, wissen wir allerdings 
nicht, und es ist auch sehr wahrscheinlich, dass sich 

20 R. Schoell (Satura philologa in hon. H. Sauppii 
177) und A.Dieterich (De hymnis Orphicis 5) mit 
ihrer Beurteilung der povg in der Inschrift aus 
Ilion CIG II 3605 geirrt haben (Fraenkel Inschr. 
von Pergamon II 485). Aber dass es in dem Kult 
des Dionysos ein Personal gegeben hat, das den 
Namen fiosg trug, dafiir ist das priesterliche Amt 
der B. ein deutliches Zeugnis. Wenn der Dio- 
nysoskult Hirten kannte, denen eine sacrale Func- 
tion zukam, dann hat es in ihm auch jioeg ge- 

30 geben, die den aqxroi der Artemis Brauronia u. s. w. 
entsprochen haben werden. 

In Ionien und am Pontos vor allem lassen sicli 
B. in mystischen Dionysosdiensten nachweisen, wie 
es zusammenfassend bei Lukian itegl dQx*l oea> z 
79 heisst: fj fiiv ye Baxy_ixr\ ogxyoig iv 'Iwriq 
fidltara xal iv Tlovtco ojiovdaCo/nevt] , xairoi aazv- 
qixrj ovaa, ovta> K^st'^WTaj rovg av&Qumovg tovg 
ixil, mote xaxa xbv zetay fievov exaaroi xatgov dndv- 
tcov ixda&oftevot t<ov aida>v xdihjvxai bi fjfj.egag Ti- 

40 xavag xal KoQvfiaviag xai SaxvQovg xal jiovxdkovs 
dgdivieg' xal ogxovviat ye xavza. oi evyeveararoi xai 
ngforevovteg iv exdarij rcov jid/.eiov ovx ojuog aidoi' 
fievoi, dXXa xal jieya (poovovvzeg snl r(p Ttgdyfiart 
fidXXor fjjiEQ in" evyeveiaig xal Xeixovgyiaig xal 
agicbfiam ngoyovixolg, und wie es vier in diesen 
Gegenden gefundene Inschriften bestatigen : a) aus 
Apollonia am Pontos CIG II 2052 neben Xixva- 
rpogog, xiozaq>dgog , aQxipvoTyg, dgxi^aoadga; b) aus 
Perinthos, Mommsen Ephem. epigr. HI p. 236, 5. 

50 Kaibel Rh. Mus. XXXIV 211. Dumont Me- 
langes d'archeol. et d'epigraphie 396, 74 Z. 8; 
c) aus Pergamon (1. Jhdt, n. Chr.) Fraenkel 
Inschr. von Pergamon H 485—488 neben vuvo- 
diddoxaXoi und Zedtpoi; d) aus Ephesos Inscr. 
of the British Mus. Ill 229 nr. DCII d, o. Hin- 
zu kommen noch einige von Dieterich a. a. O. 
9 gesammelte Inschriften aus Rom (CIL VI 504. 
510. IGI 2045) und ein in Paris befindlicher 
Zauberpapyrus aus Agypten (Dieterich a. 

60 a. O.). 

In den letzten Jahren hat die Ansieht mehr 
und mehr Anhanger gefunden, die in den B. spe- 
ciell Beamte derorphischen Dionysos-Kulte sieht, 
und E. Maass Orpheus 188 ist soweit gegangen, 
in dem Orph. Hymn. I 10 und XXXI 7 erwahnten 
B. Orpheus selber als den heiligen Sprecher zu 
erkennen, wogegen sich schon E. Rohde Neue 
Heidelb. Jahrb. 1896, 13 gewandt hat. Die Stel- 



1015 



BovxoXot 



Boi'xoXoi 



1016 



1017 



BovxoXcav xaifit] 



Bovxonict SevSaiaia 



1018 



lung, welche man zu dieser Ansicht einnimmt, 
hangt von der Anschauung ab, die man Yon dem 
sog. orphischen Hymnenbuch gewonnen hat. Wer 
der Meinung ist, dass dies Buch fur den litur- 
gischen Gottesdienst einer orphischen Gemeinde 
gedichtet ist, wird geneigt sein, die B. so zu be- 
urteilen, wie es jetzt Dieterich, Eeitzenstein 
und Ma ass thun. Wer aber, wie ich, auf dein 
Standpunkt steht, dass wir in diesem Hymnen- 
buche ein aus Liedern der allerverschiedensten 
Kulte zusammengesetztes, in theogonischer Beihen- 
folge kiinstlich geordnetes Buch besitzen, dessen 
Redactor auch Interpolationen aus der alten rhap- 
sodischen Theogonie des Orpheus vorgenommen 
hat, der wird lieber die B. im allgemeinen als 
Beamte mystischer Dionysosdienste gelten lassen, 
als sie nun uberall als Vertreter eines specifisch 
orphiscben Kultes aufzufassen. Denn wir komnien 
sonst leicht in die Gefahr, die Mannigfaltigkeit 
der mystischen Dionysosdienste zu unterschatzen. 
Gerade die beiden orphischen Hymn en, die sich 
in ihren Schlussversen an den B. wenden, sind 
frei von jeder Bezugnahme auf orphische Lehren; 
sie gehoren beide nicht einmal in einen Dionysos- 
dienst, sondern sind Kultlieder fur Hekate' (bei 
der man nicht wegen Paus. II 30, 2 an die aigi- 
netische zu denken braucht) und die Kureten yon 
Kreta, fur das schon Euripides einen flovrag be- 
zeugt. Nur ein einziges Zeugnis ist mir bekannt, 
in dem ein B. erwahnt wird, der mit einem orphi 
schen Kult in Beziehung stehen kann, es ist das 
die von Cyriacus von Ancona in Perinthos abge- 
schriebene Inschrift (b), deren richtige Herstel- 
lung erst A. Dieterich a. a. O. 8 verdankt wird, 
Denn der Orakelspruch der Sibylle, welcher unter 
dem &Qxi{Sovxolog Zwlliog Evtj&ig gegeben ist, 
spielt in der unzweideutigsten Wcise auf das be- 
kannteste Dogma der orphischen Theologie an, 
auf die Lehre von der Entstehung des Menschen- 
geschlechtes aus der Asche der von Zeus erschla- 
genen Titan en, an welche sich die Hoffnung auf 
die Unsterblichkeit deT Seele anknupfte. Aber 
diese eine wirklieh sichere Anspielung auf die 
orphische Lehre berechtigt uns nicht, da uberall 
von orphischen Yereinen zu reden, wo uns B. be- 
gegnen. Mit Eecht haben 0. Cr(usius) Lit, 
Centralblatt 1894, 727 und G. Knaack (Berl. 
philol. Wochenschr. 1895, 1160) hiegegen ener- 
gischen Widerspruch erhoben (vgl. den Artikel 
Bukolik). Von einem irgendwie tief eingreifen- 
den Einfluss der Orphik auf Theokrit kann nicht 
die Kede sein ; am wenigsten sind dafiir die Afjvai 
fj Baxxai beweisend. die von Ma ass Herm. XXVI 
(1891) 178, Eeitzenstein Epigr. und Skolion 
217 und wohl auch von Knaack (vgl. oben 
S. 1006) unrichtig beurteilt werden; vgl, dar- 
uber Kern in Wendlands und Kerns Beitr. 
zur Geschichte der griech. Eeligion und Philo- 
sophic 97. 

Wahrend nun die Inschriften das Amt der B. 
lediglich fur die romische Zeit und nur fur die 
von Lukian genannten Gegenden erweisen, giebt 
es eine Anzahl litterarischer Zeugnisse, die uns 
nach Griechenland selber und in das fflnfte vor- 
christliche Jahrhundert hinauffuhren. Der Ver- 
such Eeitzensteins a. a. 0. 207 schon aus 
Pindar. 01. XLH 18 den Dithyrambus als Kult- 
lied der B. zu erschliessen, scheint mir allerdings 



missghickt zu sein, trotzdem es sicher ist, dass 
die B. des Kratiuos, unser altestes Zeugnis, mit 
einem Dithyrambus begonnen haben (K o c k FCA 

I 16), und wir also auch hier in den Kreis des 
Dionysos gewiesen werden, genau wie inAristophan. 
Vesp. 10 (rov avrov ag' sftot fSovxolsig 2afSa£tov); 
denn der thrakisch-phrygische Gott Sabazios ist 
sehr friih mit Dionysos identificiert worden. Auch 
Euripides, der genaue Kenner sacraler Institu- 

lOtionen, bezeugt die B. als Diener des Dionysos 
und zwar des thebanischen , wie das Bruchstiick 
aus der Antiope NauckFTG 2 p. 421 frg. 203 be- 
weist, nach dem die Pflicht eines B. darin besteht, 
dass er die altheilige Saule des Dionysos mit 
Epheu bekranzt (Archaeol. Jahrb. XI [1896] 113; 
vgl. auch v. Wilamowitz Aristot. und Athen 

II 42, 13, nach dem die daka/tot fiovxdlcav [so 
v. Wilamowitz statt fiovxolov] dem atheni- 
schen BovxolsTov entsprechen). Von einem orphi- 

20 schen Kultus ist also auch hier nicht die Rede ; 
es ist der grosse Gott von Theben, fur dessen 
Kult Euripides einen B. anfiihrt. Aber Euripides 
kennt auch bereits einen B. in Kreta ; denn eine 
glanzende Emendation von H. Diels (Deutsche 
Litt.-Ztg. 1889, 1081) hat uns die Erwahnung 
ernes vvxtmolov ZaygEaig jiovrag in den Kretern 
des Euripides (frg. 472 N.2) gelehrt. Aber be- 
wiesen ist auch hier nicht, dass der von Euripides 
erwahnte kretische Zagreuskult ein orphischer 
30 Gottesdienst gewesen ist, wenn auch E. Maass 
Orpheus 103, 133 mit Eecht gegen Ed. Meyer 
Gesch. des Altert. II § 460 betont hat, dass der 
fiovrag des Zagreus von dem kurz vorher bei Euri- 
pides ebenfalls erwahnten Aiog'Raiov pvavtjg zu 
trennen ist, dass Euripides hier die Priester von 
zwei verschiedenen Kulten, dem des idaeischen 
Zeus und dem des Zagreus sprechen lasst. 

_ Kratinos' Komoedie bezeugt die B. fur Athen. 
Wir kennen jetzt auch den Ort, an dem diese in 
40 Athen ihren Sitz hatten. Es ist das nach Aristot. 
'Adtjvattov Tiohrua 2, 26 Kaib.-v. Wilamowitz in 
der Nahe des Prytaneions gelegeneBovy.ol.ecor, das 
seinen Namen von diesen priesterlichen Beamten 
des Dionysos {all' 6 per (Saodevg tigs to vvv xa- 
/.ovfievov BovxolsTov jilr/oiov rov zzovzavdov • ot]- 
fieior Se- hi xai vvv yap rfjg %ov (taoilecog yvrai- 
aog r] ovLipu^ig h'rav&a yivstai t$ Awrvoco xai 
6 ydfiog) empfangen hat. Von diesem BovxohTov 
wieder ist dann der in den Athen. Mitt. XIX 
50(1894) 255, 122 von S. Wide publicierten Sta- 
tuten der Iobakchen genannte [lovxolixog abzu- 
leiten, wie das zuerst W. Doerpfeld vorge- 
schlagen hat (vgl. auch Poland Griech. Studien 
fur Herm. Lipsius 1894, 84). Maass Orpheus 
56. 62 fasst den fiovxohxo; dagegen als den Prie- 
ster des Orpheus auf, in dem er den B. xar' ifo^i- 
erkennen will. Letztere Ansieht ist bereits oben 
zuruckgewiesen worden; und mit ihr fallt auch 
Maass' Versuch, die Iobakchen als einen orphi- 
60 schen Dionysosverein zu erweisen (F. Dummler 
Theolog. Litt.-Ztg. XX 1895, 458). 

Der Schluss, zu dem diese Ubersicht hindrangt. 
ist also der: B. sind sacrale Beamte im Dienst 
des Dionysos und erinnern in ihrem Namen an 
den ursprunglich in Stiergestalt verehrten Gott. 
Sie finden sich aber vereinzelt auch in anderen 
Kulten, z. B. in Kreta im Kult des unterirdischen 
Zagreus und der Kureten und im Dienst der 



* 



I 



Hekate. Einen ae%i()ovx6log des Apollon Smin- 
thios aus mythischer Zeit erwahnte Polemon frg. 
31 Preller. tTber ihre sacrale Function wissen 
wir wenig : wir kennen aus den Inschriften einen 
agxi^ovxolog und wissen, dass der Thyrsos auch 
fiovxohxov xsvtqov genannt wurde (Crusius Eh. 
Mus. XLV 1890, 265). In Theben haben sie nach 
dem angefiihrten Bruchstiick aus Euripides' Antiope 
die Pflicht, den alten Fetisch des Dionysos mit 
Epheu zu bekranzen, wie das die Archaeol. Jahrb, 
XI 1896, 115 verOfifentlichte kleine Lekythos aus 
Ehodos illustriert. liber die strengen Vorschriften 
der Lebensfiihrung, denen die B. in Kreta unter- 
worfen waren, orientiert das Fragment aus den 
Kretern des Euripides (Eeitzenstein 208). Lit- 
teratur: E. Schoell De communibus et collegiis 
quibusdam Graecorum in der Satura philologa 
Herm. Sauppio oblata 1879, 176. O. Crusius 
Eh. Mus. XLV 1890, 266. A. Dieterich De 
hymnis Orphicis capitala quinque, Marburger 
Habilitationsschrift 1891, 3. E. Eeitzenstein 
Epigramm und Skolion 1893, 193. M. Fraenkel 
Inschriften von Pergamon II 485. E. Eohde 
Psyche 308, 2. E. Maass Orpheus 1895, 43. 180. 

[Kern.] 

BowxiXwv xoifiT/, Ort im agyptischen Nomos 
Arsinoites (jetzt el Faijum), Mahaffy Flinders- 
Petrie papyri II nr. XIII col. XIII. XXVIII col. 
V 16. VHI 2. [Sethe.] 

BovxoXojv n6kis (Strab. XVI 758), sonst 
unbekanntes Stadtchen an der Kflste Phoinikiens 
in der Nahe des. Karmel zwischen Sykaminum 
(Haifa) und dem Krokodilfluss (Nahr ez-Zerka); 
nicht identificiert. [Benzinger.] 

Bukolos (Bovxolog). 1) Eine steile Anhohe 
am Anfang der Ostseite des goldenen Homes, 
zwischen Drepanon und Mandrai, deren Name 
mit der Grflndungssage von Byzantion in Zu- 
sammenhang gebracht wurde, Dion. Byz. 24 — 26 
Wesch. Hes. Mil. 4, 4 (FHG IV 147), welcher 
den Ort Bovxolia nennt; vgl. Bukoleon. 

[Oberhummer.] 

2) Sohn des Herakles und der Thespiade 
Marse, Apollod. II 7, 8, 7. 

3) Sohn des Hippokoon in Lakedaimon, von 
Herakles mit Vater und Brudern getdtet. Apollod. 
HI 10, 5. 

4) Sohn des Kolonos zu Tanagra, Bruder des 
Ochemos und Leon und der Ochna. Als diese 
vergeblich versucht hatte, den schonen aber spr6- 
den Jiingling Eunostos (s. d.) zu verfiihren, kam 
sie der drohenden Entdeckung dadurch zuvor, 
dass sie durch die Verleumdung, er habe ihr Ge- 
walt anthun wollen, ihre Bruder veranlasste, ihn 
zu ermorden. Diese wurden von Elieus, dem Vater 
des Eunostos, ins Gefangnis geworfen, entkamen 
aber, nachdem Ochna reuig die Wahrheit gestan- 
den und sich erhangt hatte. Myitis bei Pint, 
quaest. graec. 40. 

5) Vater des Sphelos, Grossvater des vor Troia 
gefallenen Iasos, eines athenischen Anfuhrers, 
Horn. H. XV 338. ^ [Wagner.] 

Bovx6jiia QevSaloia (in alterer Orthographie 
Boxoma Geodaiota). Einen uns zunachst ratsel- 
hai'ten Opferbrauch bezeugen eine Anzahl von 
Inschriften, die sich kurzlich am Nord- und Nord- 
ostabhange der Akropolis von Lindos auf Ehodos, 
etwas iiber dem grossen Hafen gefunden haben, 



und deren Zeit fur die altesten vielleicht noch 
im 5., far die spateren kaum nach dem 3. Jhdt. 
v. Chr. anzusetzen ist (IGIns. I 791—804). Die 
Inschriften ■ sind teils auf dem Felsboden , teils 
auf einer langeren Wand, die senkrecht in das 
Gestein nach Art einer Terrassenmauer einge- 
arbeitet ist, meist ohne Kunst angebraeht ; einige 
von ihnen haben durch Verwitterung sehr stark 
gelitten. Sie sollen die Erinnerung an thatsach- 

lOlich an ebenderselben Steile von einzelnen oder 
meist von ganzen Familienverbanden (z. B. tmv 
Qalliog xai Aainoliog iyyovmv, oder EvaQaxofv) 
jratdcov , oder 'Ayrjoijifiijov xai eyyorcov) darge- 
brachte Opfer festhalten. Das Opfer wird meist 
als jiooa%aoatog (oder jtQooa%aQaicg) ■frvola am 
Feste der B. (Boxomoig oder Bovxojiiocg) bezeich- 
net; einmal steht im Nominativ [Box]6(ma) Oso- 
daioia, einmal [Box]6(ma oder -moig) 6et)$aloi[a 
oder -ioig]. Wir werden also auf den rhodischen 

20Monat Theudaisios hingewiesen, in welchem die 
Feldbestellung stattfand, da am sechsten Tage 
desselben dem Poseidon Phytalmios, der Gedeihen 
der Saaten verleiht, geopfert wurde, d. i. wahr- 
scheinlich den dritten Monat des rhodischen, mit der 
Herbstnachtgleiche beginnenden Jahres (Ditten- 
berger Syll, 375 = IGIns. I 905. A. Mommsen 
Jahresber. LX 1889, 434. Paton-Hicks Inscr. 
of Cos p. 330 ; doch ist die Frage nach der An- 
ordnung der rhodischen Monate noch nicht ab- 

30 geschlossen; es stehen neue Behandlungen der- 
selben von Wilhelm und Bischoff in nach- 
ster Aussicht). Der Gott sollte freudig {xQog 
XOLQav) und gnadig gestimmt werden, um gutes 
Wachstum zu verleihen. In Athen opferte man 
am Ausgange des Winters Aqxoij.ev<ov xaqn&v 
(pvso&ai die IlQoxajQioTrjQia, und zwar an Athena 
(Preller-Eobert Gr. Myth. I 207, 2). Wem 
gait das lindische Opfer? Schwerlich der Atha- 
naia Lindia; denn deren heiliger Bezirk war die 

40 Burg. tTberliefert ist aus Lindos nur ein Rinder- 
opfer, dieses aber ist durch seinen aetiologischen 
Mythos in enge Beziehung zum Ackerbau gesetzt: 
es gilt Herakles , dem Buzygen (Suid. s. Bov^vyrjg. 
Tspffer Att. Geneal. 146, 4). Ihm wurden an 
einem fiov^vyov genannten Altar ein Paar Pflug- 
stiere geopfert, wahrend der Priester von einer 
AnhOhe in der Nahe den Heros mit Verwiinschungen 
uberhaufte. Herakles selbst soil sich den Ackers- 
mann zum Priester bestellt haben, nachdem er 

50 ihm zuvor den einen Stier (oder besser wohl beide) 
vom Pfluge ausgespannt und verzehrt hatte, wo- 
bei ihn die Fluche des so Geschadigten nur zur 
gr5sseren Heiterkeit stimmten (Lactant. inst. 
div. I 21. Conon narr. 11. Apd. II 118 Wagn., 
vgl. Philostr. imag. II 24; nach Knaack Herm. 
XXIII 1888, 139ff. liegt die Erzahlung des Apol- 
lonios in der 'Podov xziotg zu Grande). Attische 
Parallelen erklaren den Brauch und den Mythos. 
Auch dort hatte ein Buzyge die heilige Pfliigung 

60 am Fusse des Burgfelsens eingefflhrt (s.'Agoroi 
iso ol). Der Ackerstier gait dort nach den Satzungen 
der Buzygen als unverletzlich ; den Ubertreter 
trafen die Bov&yetoi doac (TSpffer a. a. O. 
139). Auch wenn das Opfer von der Gottheit 
gefordert ist, ist der Vollstrecker desselben schuld- 
beladen, wie bei den attischen Buphonien, deren 
Namen sehr an die Bukopien evinnert. In Rhodos 
wurde das Opfer von den Nachkommen des He- 



1019 



Bukra 



Bovkrj 



1020 



rakles verlangt; so biirdete man dem Ahnherrn 
zuerst die Schuld auf (M. W. Heffter Die 
Gottesdienste auf Ehodos im Altertum I 1827, 
namentlich S. 24ff.). Wenn also Herakles das 
Opfer einfiihrte und zugleicb auch entgegennahm, 
so erklart sich der gentilicische Charakter des- 
selben, der sich im Zusammenhalten der Sippen 
ausspricht, von selbst. 

Wegen des Namens 0evdaioia kOnnte man an 



Jahrb. Suppl. II 34, an den beiden zuletzt ge- 
nannten Orten neben Zeus B., ebenso auch in 
einer griechischen Eidesformel romischer Sena- 
toren, Thomas Miinchner Gelehrte Anzeigen 1860, 
158. d) Artemis in Athen, wo ihr und dem Apol- 
lon Prostaterios vor der Ekklesia geopfert wurde, 
CIA II 390. 392. 408. 417. 431. 432. 459. 'Eynp. 
aQx- 1890, 151,2. Wachsmuth a. a. 0. 321,1. 
Preller-Robert Griech. Myth. I 276, 1. 315; 



sich auch an Dionysos denken, der mehrfach in 10 ferner in Milet, Bull. hell. I 287f., vgl. Bule- 

sicheren Beziehungeii zu diesem Pest und dem * * T " ' ~ ~ 

darnach benannten Monat steht (Preller-Kobert 
I 683, 3), zumal wegen eines Brauches in Tene- 
dos, wo diesem Gotte ein neugeborenes Kalb ge- 
opfert wird, der Thater aber von Steinwiirfen 
verfolgt bis zum Meere fiiehen muss (Ael. nat. 
hist. XII 34). Kult des Dionysos in Lindos steht 
geniigend fest, und die Nahe des Meeres wlirde 
auch zutreffen. Aber da wir den Mythos von der 



phoros Nr. 1. e) Demeter, Aelian. frg. 10 Her- 
cher. f) Themis, Plut. reip, ger. praec. 5 p. 802 B, 
vgl. dg&ofiovXog Aesch. Prom. 18. Epitheton 
der Agrippina, Athen. Mitt. XI 282, 45. 

[Jessen.] 

Bui a lies s. Borani und Su lanes. 

Bularchos. 1) Sohn des Aristobulos, Athener 
(<Plvevg). Ta&aiQxog im J. 338 in den fur die 
AtheneT gliicklichen Gefechten an der phokischen 



Mahlzeit des Herakles haben, werden wir es uns 20 Grenze (Dem. XVIII 216). Auf ihn bezieht sich 



nicht entgehen lassen, darin einen deutlichen Hin- 
weis auf das Fest des Gettermahles. der 0eo8aiaia, 
zu erkennen. [Hiller v. Gaertringen.] 

Bnkra s. B r u c a. 

Balagoras [Bovlayogag) aus Phanagoria soil 
sich aus Liebe zu dem Flotenspieler Diodoros vom 
leukadischen Felsen hinabgestfirzt haben ; Schwin- 
delnotiz des Ptolemaios Chennos (Westermann 
Mythogr. 198, 32). [Knaack.] 



das Belobigungsdecret CIA II 562, vgl. 1214 und 
Schafer Dem. IP 556, 1. 

2) Sohn des Damokleas, Athener {Axa/iav- 
xi'dog <pvXfjg), in einem agonistischen Katalog 
zwischen 168—164 v. Chr., CIA II 968. 

[Kirchner.] 

3) Nach Plinius (n. h. VII 126. XXXV 55) 
hatte Kaudaules den von B. in einem umfang- 
reichen Bilde dargestellten Untergang der Ma- 



Bn\alos,Tijilai&(Bov?.aToe,BovXala), Epiklesis 30 gneten mit Gold aufgewogen. Welcker Kl. Schr. 



verschiedener Gottheiten als der Verleiher guten 
Rates und Beschutzer der BovUj. a) Zeus B., 
Cornut. 9. Lykophr. 435. Tzetz. Lykophr. 288. 
435. Anon. Ambros. 23 = Schoell-Studemund 
Anecd. II 265 ; speciell in Athen im Buleuterion 
neben Athena Bulaia, Antiphon VI 45. Paus. I 
3, 5. CIA III 272. 683. 1025, vgl. Overbeck 
Griech. Kunstmythol. Zeus 62. 212. Wachsmuth 
Stadt Athen II 320; in Lakedaimon CIG 1245 



I 439 vermutet, dass diese Nachricht aus den 
falschen Lydiaka des Xanthos stamme, also un- 
zuverlassig sei, wogegen sich A. v. Gutschmid 
(Kl. Schr. IV 310) mit Recht erklart, s. auch 
Brunn Kstlg. II 4f. [O. Kossbach.] 

Bulbua. Romisches Cognomen, s. Atilius 
Nr. 33f. 

BovXr\ (dialekt. fiov)A, ftaXd, polka; in spa- 
terer Zeit owsSqiov, vgl. Bekker anecd. 219, 26. 



1392 vgl. 1240; in Pergamon neben Hestia B., 40 248, 11; bei Dion. Hal. ant. II 12, 4 Povlevzrjgiov, 



Frank el Inschr. v. Pergam. I 246; in Aigai 
ebenso, Bohn Arch. Jahrb. Suppl. II 34; im Pa- 
nionion bei Mykale CIG 2909; in einer griechi- 
schen Eidesformel romischer Senatoren neben He- 
stia B., Thomas Miinchner Gelehrt. Anzeig. 1860, 
158; ferner auf Miinzen von Mytilene (Eckhel 
II 504. Mionnet III 46, lOlf. Head HN 488) 
und Antiocheia am Maeander (Mionnet Suppl. 
VI 447, 60. Overbeck Griech . Kunstmythol. Zens 



vgl. Paus. I 3, 4), der Rat, Beirat, dann Rats- 
versammlung, bezeichnet einen staatsrechtlichen 
Factor, der uns neben dem Souveran entgegen- 
tritt zunachst in der Stellung als Beirat (con- 
silium), allmahlich aber sich als collegiale Be- 
horde. gleichwertig mit den anderen massgebenden 
Factoren des Staatswesens, zeigt, so dass zur 
Bezeichnung der vollen Staatsgewalt in oligarchi- 
schen Staaten neben den Magistraten, in demo- 



212). Das Zeusbeiwort wurde nachmals auch 50 kratischen neben dem dijpog die /?. erscheint; 



Ehrenbezeichnung der Kaiser , z. B. auf Miinzen 
Mionnet II 594, 538, auf Inschriften CIG 1307. 
3847 m und Frankel a. a. 0. p. 159 (zu CIG 
2452 und Athen. Mitt. XIII 20). b) Athena. In 
Athen im Buleuterion neben Zens B. , Antiph. 
VI 45. CIA in 272. 683 Welcker Griech. 
Gotterl. II 303. Preller- Robert Griech. My- 
thol. I 220. Wachsmuth Stadt Athen II 320. 
c) Hestia im Buleuterion zu Athen, Aischin. II 



sie bildet insbesondere die beratende Gewalt neben 
der beschliessenden (dem Sijuog). Nach den ver- 
schiedenen Verfassungsformen hat die fjoidevzixr) 
aoyt) (Aristot. Pol. Ill 1 p. 1275 b) eine ver- 
sehiedene Gestaltung und Geltung; der Entwick- 
lungsgang lasst sich kurz so charakterisieren : 
aus dem Beirate, urspriinglich privater Natur, 
bildet sich der adelige Staatsrat, der in der De- 
mokratie dem autonomen Gemeinderate weichen 



45 nebst Schol. Dinarch. bei Harpokr. und Suid. 60 muss. Nicht immer und nicht fiberall ist die Be- 
s^ Bovlaia. Diod. XIV 4_;_ vgl. Andokid. I 44. zeichnung die gleiche. 



n 15. Xen. hell. II 3, 52. Wachsmuth a. 
a. 0. 320f., in Andros im Prytaneion CIG add. 
2349 b, in Erythrai Rev. arch. XXXIV 107ff. = 
Dittenberger Syll. 370, 65, in Knidos Newton 
Discov. Halicarn." II 2, 771 nr. 79 = Loewy 
Inschr. griech. Bildh. 161, in Pergamon Frankel 
Inschr. v. Pergam. I 246, in Aigai Bohn Arch. 



I. B. als Beirat, also in der wortlichen Bedeu- 
tung des Wortes, finden wir in den homerischen 
Gedichten als ftov'/.i) yeoovxior: der Kdnig beruft 
die Ratmanner (pov/.r/r t^ei H. II 53), um einen Plan 
zu beraten ; er teilt mit ihnen das Mahl und den 
Wein, daher yegovawg oh-og II. IV 259; Odyss. XIII 
8. Die Manner, die dazu erscheinen, werden vom 



1021 



BovAij 



Bovltj 



1022 



KOnige bestimmt, gehOren aber den fiaoilfjeg oder 
aoioxrjtg an, dem Adel. Wir wissen nicht, wie 
viele derselben waren (II. II 404—408 werden 
sieben genannt), noch ob sich der KOnig immer 
derselben Manner als Beiratcs bediente ; doch der 
,gemeine Mann' zahlt nicht mit im Rate, II. II 
202. Die Bezeichnung der Mitglieder des Bei- 
rates als yigovxeg lasst sie wohl als gereiftere 
Manner, die oft fiber das kriegerische Alter hinaus 
sind, erscheinen, dochfinden wir genug der Jiingeren. 
Die Bezeichnung als jiovi.r](p6goi , fiyrfzogeg JjtH 
fisdovTsg zeigt uns den Wirkungskreis an: der 
Konig ist an ihre Zustimmung nicht gebunden, 
legt aber Gewicht darauf. Sie sind wohl auch 
Beisitzer in der Entscheidung wichtiger Rechts- 
falle, besonders die den Adel selbst betreffen, als 
dixdonoXoi, vgl. II. XVni 497—508. Auch bei 
den Troern werden yigovzeg fiovhvmi erwahnt 
II. VT113f., ohne dass etwas Naheres daraus zu 
schliessen ware; Gladstone Horn. St. 416ff. be- 
merkt, dass die Troer keine /?. hatten. 

Wie Agamemnon seinen adeligen Beirat hat, 
so war dies auch bei den anderen Kfinigen in 
der heroischen Zeit der Fall; wir wissen nichts 
dariiber, auch nicht, ob die Wurde in einzelnen 
Familien forterbte ; vgl. Dion. Hal. II 12, 4 rotg 
yovv Raoilevow .... pov/.evxfigiov f\v ex xgaxioxwv. 
E. Meyer Gesch. d. Altert. II § 53. 82f. SchO- 
mann Gr. Altert. 1 3 340. Allmahlich steigerte 
sich die Macht des Adels und demgemass auch 
des Rates, der als Repraesentant des Adels er- 
scheint. So bildet sich 

II. B. als adeliger Staatsrat '(vgl. Meyer 
Gesch. II § 226. 227). Dieser stand dem KOnige 
bezw. dem an dessen Stelle getretenen Beamten 
in der Verwaltung und Rechtspftege zur Seite. 
Gerade die Rechtspflege bot Gelegenheit zur Festi- 
gung und Erweiterung der Machtstellung des 
adeligen Staatsrates ; allmahlich wird die Wurde 
in bestimmten Familien erblich geworden sein. 
Die Regierung wurde dann gefiihrt durch Mit- 
glieder des Rates, die liingere oder kurzere Zeit, 
oft selbst lebenslanglich damit betraut waren, 
wie wir dies in Sparta sehen, wo die KOnige Mit- 
glieder der ysQovoia sind und ihrem Gerichte unter- 
stehen. Dass" es auch in Athen so war, ist langst 
erkannt worden, nur strittig ist, welche Form 
dieser Eupatridenrat hatte, in welcher spateren 
Einrichtung er etwa nachlebte, am wahrschein- 
lichsten in dem Rate auf dem "Agsw; xdyog . F o r c h - 
hammer will eine theseische /?.; vgl. besonders 
v. Wilamowitz-Mollendorff Aristot. u. Athen 
H 200. 

Es ist dieser Rat der oligarchische, als dessen 
Kennzeichen gelten (vgl. Arist, Pol. II 12, 1273 a. 
Hypoth. II zu Dem. XXII), dass seine Mitglieder 
lebenslanglich das Amt bekleiden, dass sie aus 
gewesenen Beamten herrorgehen und keine Rechen- 
schaft abzulegen haben; vgl. Senatus. In olig- 
archischen Staaten ist der Rat auch die beschlies- 
sende Gewalt, es werden dann zwei Rate unter- 
schieden. 

III. B. im eigentlichen Sinne des Wortes ist 
der vorberatende Ausschuss des souveranen Volkes, 
aus dem Volke fur kurze Zeit bestellt und rechen- 
schaftspflichtig. Sie erscheint neben dem dtjuo; 
in den Beschlussen, ist in den demokratischen 
Staaten der einflussTeichste Factor und erscheint 



neben den eigentlichen aQ%ai selbst als eine sebr 
bedeutende und wichtige dgxv- Das Vorhanden- 
sein einer p. bildet noch in der Kaiserzeit das 
Zeichen einer autonomen, freien Stadt ;Marquardt 
St.-V. iz 210. Mommsen R. G. V 234. 

B. in Athen. Genauer die Geschichte und 
Competenz des Rates darzustellen haben wir nur 
fur Athen die MOglichkeit; es soil daher zuerst 
fiber den Rat in Athen gesprochen werden, dann 
10 soweit uns etwas fiber den Rat ausser Athen 
bekannt ist. 

Bezeichnung. In Athen gab es zur Zeit 
der Demokratie zwei (Sovlal, den Rat auf dem 
Areiopag und den Rat im Prytaneion; Bekk. anecd. 
222, 6f. Plut. Sol. 19. Liban. arg. Dem. XXII, 
dann hypothes. II. Es wird unterschieden f\ h 

'Aqdcp aaycp ftovXtj (oder fj 'AgeostayTtig) und f} 
dsvTsga, auch hsga r\ to. nohxixd agdzTovoa oder 
r) fiovlij x&v jievraxooicov. Uber den Areiopag 

20 s. Bd. II S. 628ff. Die letztere /?. wird dann als /¥. 
schlechthin bezeichnet besonders in den Inschrif- 
ten ; vgl. v. Wilamowitz Aristot. u. Athen II 
200f. Es entsteht nun die Frage; ,Seit welcher 
Zeit gab es einen doppelten Rat?' ,Von wem ist 
der zweite Rat eingesetzt worden?' Eine end- 
gultige Beantwortung dieser Fragen ist zur Zeit 
unmoglich; es genttge eine Zusammenstellung der 
dariiber aufgestelltenAnsichten. AusAristot.Mi?j?v. 
iro/l. c. 4 haben wir die Nachricht, dass Drakon 

30 einen Rat von 401 Mitgliedern eingesetzt habe, 
und ich sehe keinen Grund, diese Nachricht als un- 
richtig zu bezeichnen ; vgl. Busolt Griech. Gesch. 
112 36,2 mit Litteraturangaben. v.Schoeffer Jah- 
resber. LXXXHJ (1895) 18lf. Schoemann hat 
Jahrb. f. Philol. CXV (1875) 455 die Ansicht aus- 
gesprochen, dass das vorsolonische Naukrarencolle- 
gium eine /?. gewesen sei, die gegenfiber dem eupa- 
tridischen Rat eine ahnlichc Stellung hatte wie 
spilter die p. der 400 zum Areiopag (vgl. Altert. 

40 is 344), wahrend Wecklein undR. SchOll in den 
Naukraren den eupatridischen Staatsrat der KOnige 
sehen, Lange aber einen Adelsrat von 60 lebens- 
langlichen Mitgliedern (51 Epheten und 9 Ar- 
chonten) annimmt und nach ihm auch Philippi 
(Jahrb. CXV 1751). Lange hat einen vorsolo- 
nischen Rat von 300 auf Grund der Nachricht 
Plut. Sol. 12 angenommen; vgl. Caillemer in 
Daremberg et Saglio Diet. I 739. Neuerdings 
sagt Busolt a. a. O. 112 40 Anm.: ,Wenn es 

50 vor Solon neben dem Areiopag einen Gemeinderat 
gab, so bestand er hOchstwahrscheinlich nicht 
aus 400, sondern aus 300 Mitgliedern'. Duncker 
Gesch. d. Alt. VI 187 behauptet, mit dem Areiopag 
sei beibehalten der vormalige grosse Rat der 300. 
Meyer Gesch. d. Alt. II § 233 meint, der alte 
Rat habe weiter bestanden in der /?. der 400 und 
sei urspriinglich zusammengesetzt gewesen aus 
den Beiraten der PhylenkCnige (§ 205). Neuer- 
dings nun hat ausfiihrlich v. Wilamowitz fiber 

60 den alteren Rat gehandelt; er behauptet, der alte 
Rat habe weiter bestanden in dem Areopag ; der 
altere Rat sei eine Vertretung der Naukrarien 
gewesen wie der kleisthenische eine Vertretung 
der Demen, und bestimmt die Competenz dieses 
alten Rates (Aristot. u. Athen I 85). Ich meine 
nun. dass aus dem alten, vordrakontischen Rate, 
der politische und richterliche Befugnisse hatte, 
unter Drakon der Rat der 401 mit politischen 



1023 



Bovhq 



Bovkrj 



1024 



Befugnissen abgezweigt wurde, was im Zusammen- 
hange mit der Entwicklung der Demokratie steht 
(vgl. Naukraren und Prytanen). Der Areio- 
pag blieb dann noch immer ein aristokratischer 
Eat, da er sich aus den gewesenen Archonten er- 
ganzte und seine Mitglieder lebenslanglich waren, 
Hypoth. II zu Dem. XXII. Dieser Rat hatte weiter 
seine richterliche Competenz, ihn bezeichnet der 
Bedner schlechthin mit ft. , wenn er vor dem 



durch das Bolmenlos aus den von den einzelnen 
Demen nach Verhaltnis ihrer Grflsse und Be- 
deutung vorgeschlagenen Candidaten aus jeder 
Phyle 50 Buleuten erlost, eine Verbindung von 
Wahl und Los, wie sie Platon leg. VI 758B (ex 
nQoxQhcov H).rjQu>&-ivxeq) fiir seinen Staat ver- 
langt; dabei wurde zugleich je ein Ersatzmann 
(smka%(ov) erlost. CIA I 9 (fiir Erythrai) : <L-zo- 
xX.rjoovv 8k duo xvdpoyv ftovltjv. Thuk. VIII 09 



Areopag spricht. Sonst aber bezeichnet ft. den 10 toF? and zov xvd/iov ftovXevzalg. Aristot. 'Ad. 



Bat als die vorberatende BehOrde der athenischen 
Demokratie, von der Plat. Sol. 19 gesagt ist: 
ftovZrjv cbzd <pvXrjg kxdozrjg teTTagior ovawv exazov 
av8gag emXegd/ievog, ovg xgoftovXeveiv stage tov 
drjftov xai fitjdev ear cbxgoftovXevxov eig exxXtjoiav 
eigepegeodat ; vgl. Liban. argum. Dem. XXII. 
Es ist demnach jene ft., von der Aristot. Pol. VI 

(IV) 15, 1299 b sagt: Set fih ydg elval xi xoiovxov, 
co enifteXeg eozai tov Stjftov ngoftovXeveiv, ojicog 



xoX. 43, 2. Harpokr. s. ejiiXaycov Aloxivrjg xaza 
KtTjaicpibvTog ,ovxe ka%d>v ovx' ijiiXa^cav, dXX' ex 
xagaoxevijg Ttgid/ievog 1, eotxe xo yiyvdfievov toi- 
ovtov elvai exXtjgovvzo olftovXeve.iv rj ciQyeiv 

ecpiijievoi , ejzetxa sxdoTco zcor Xa%6vzmv ezegog 
ineldyxavev, ir' edv d ngmtog Xax<or djioSoxiftaodji 
rj xeXevtrjorj, dvz exslvov yivrjrai ftovXevzijg 6 ai- 
Xaxcor avxep. Bekk. anecd. 256 , 3f. IsuXaxmv • 
ei' Tig cbzodoxifjULofieirj cu? dre^ixrjSeiog , aXXog dvzi 



aoxoXwv eoTat. und ftovXij fyfiouxov, dann 6 fiev 20 zoizov smXaxtov avzdg fjQxev. Ober die Vertei 



ydg ftovXevzijg Sqfiozixov, o 8e jcgoftovXog oXtyag- 
Xixdv. In welchem Verhaltnisse die Volksab- 
teilungen in dem Kate der 401 unter Drakon ver- 
' treten waren, konnen wir nicht erkennen ; unter 
Solon sehen wir jede der 4 Phylen und zwar die 
ersten drei Schatzungsklassen durch je 100 Rats- 
herrn vertreten. Mit der Vermehrung der Phylen 
durch Kleisthenes wurde die Zahl der ftovXevxai 
auf 500 erhoht, daher die Bezeichnung fj ftovXij 



lung der einzelnen Eatsstellen auf die Demen 
vgl. Athen. Mitt. VII (1882) 103f. 

Dokimasie, Amtsdauer, Iteration. Der 
Erlosung folgt die Priifung, Soxi/iaoia, vor dem 
alten Rate ; Aristot. 'Ad. moX. 45, 3. Lys. XXXI 
1. Dem. XXI 111. [Dem.] LIX 3. Die Priifung 
erstreckte sich auf das ganze Leben des Candi- 
daten, nicht etwa auf besondere Pahigkeiten ; Lys. 
XVI 9 ev 8k TCtTg 8oxifiaoiaig Sixaiov slvai jiavxdg 



ol xsvzaxdoioi CIA I 57 (411/410 v. Chr.). II30TOC ftiov Xoyov Sidovcu; ursprttnglich war diese 



809 b (4. Jhdt.) ; Lykurg. Leokr. 37. Aeschin 
III 20. Liban. arg. Dem. XXII (Bekk. anecd. 
248 s. ixqjv/J.oqjogijoai hat die Bezeichnung awe- 
Soiov T(ov Jievtaxoaioiv, daneben eoxonet fj ftovXij). 
Als die Zahl der Phylen auf zw&lf vermehrt wurde 
(Plut. Demetr. 10), finden wir r) ftovXij ol kg~a- 
xoatoi CIA II 476; im 3. Jhdt. v. Chr. wurde 
zeitweise eine dreizehnte Phyle (Ptolema'is) ge- 
bildet, aus jener Zeit eine ftovXij 01 ig~axooioi xai 



Dokimasie vor dem Rate entscheidend, spater 
konnte der Zuriickgewiesene (dxodoxifiao&ek) Be- 
rufung an ein Heliastengericnt einlegen; Aristot. 
!4i?. .-xoX. 45, 3. Die Amtsdauer betrug ein Jahr, 
wie die der meisten Beamten , Liban. argum. Dem. 
XXLT. Hypoth. II zu Dem. XXII ; eine und dieselbe 
Person konnte mehrmals die ftovXda bekleiden; 
fur Erythrai ist CIA I 9 bestimmt ftovXeieiv 8i fir) 
ivrog TSTTaocov ha>v. Auch in Athen mag ein 



ntvTrixovTa CIA IV 2, 385 d. In der Kaiserzeit 40 Zwischenraum bestimmt gewesen sein, Boeckh 
finden wir wieder 600, CIA III 2. 68 (Zeit der St.-H.s II 763. 



Flavier) u. 0. ; dann seit etwa 126 n. Chr. 500, 
CIA III 5. 10. 41 (175-192 n. Chr.). 62 (126/7 
n. Chr.). Nach Busolts Vermutung (Handb. IV 
1. 133), der Paus. I 3, 4 ftovXevxtjotov twv Ttev- 
xaxoaiwv xaXovf-tsvov anfuhrt. mag es einige 
Zeit 540 Buleuten gegeben haben. Um 270 n. Chr. 
gab es 750 Buleuten, CIA III 716, in derzweiten 
Halfte des 4. Jhdts. n. Chr. eine ftov/.ij xmv toiu 



Amtsantritt, Amtseid. Der Amtsantritt 
erfolgte wohl Mitte des Skirophorion (Aristot. 
'A&. no).. 32, 1), und zwar unter Darbringung feier- 
licher Opfer, elgitfQia; Thuk. VIII 70. Dem. XIX 
190. Suid. S. eigiTrjQia- »/ ftovXij xa elgixr/ota 
&ve.i .... Schol. Dem. XXI 114 dgixrjQia yiy- 
vezai fte/.Xovorjg etgtirai ifjg ftovXijg elg to ftov- 
Xevx))oiov. Beim Amtsantritte wurde der Amtseid. 



xooicav CIA III 635. 719. Swiboia fur ftovXr\ 50 ftovXevxixog Soxog, geleistet, von dem nur einzelne 



und Areopag CIA III 10. 693 u. s. w, 

Bedingung zum Eintritt, Modus der 
Ernennung. Bedingung fiir das ftovXeveiv. das 
Amt eines ftovXevxrjg, fiir die ftov/.eia war der 
Besitz des Burgerrechts und der biirgerlichen 
Ehrenrechte, bis auf Aristides die ZugehSrigkeit 
zu den ersten drei Schatzungsklassen, die ftov- 
Xevxtxi] fjXixla von 30 Jahren und die Meldung 
als Bewerber; vgl. Harpokr. s. ftovleia- xo lx xfj; 



Bestimmungen erhalten sind (vgl. CIA I 9 fiir Ery- 
thrai). Aristot. 'A&. .-to/.. 22, 2. Xenoph. memor. 
I 1, 18. Plut. Sol. 25. Dem. XXIV 144. [Dem.l 
LIX 3. Lys. XXXI 1. 2. Dieser Eid bezog sich 
auf die verschiedenen Pflichten des Rates: nach 
den Gresetzen ihr Amt zu verwalten, die soloni- 
schen Gesetze zu halten, dem Volke das Beste 
zu raten, bei der Dokimasie die TJntauglichen 
zuriickzuweisen, nur unter gewissen Bedingungen 



ftovXrj; ovxaTiodxxtn' a ToTg ftovXevxai; xqooi'jxu ; 60 einen Athener in Fesseln zu legen. 



ftovXevTixrj fjXixla Xenoph. memor. 1 2, 35. Liban. 
arg. Dem. XXII. CIA I 9 (Bestimmungen fiber 
die ft. von Erythrai aus der Zeit des Kimon): 
fttj5' ei.aTxov fj ToidxorTa hi) yevovebg. Meldung : 
Lys. XXXI 33. " 

Die Ernennung erfolgte nach Aristot. 'Adijv. 
.to/.. 4 schon zu Drakons Zeit durch das Los ; 
nach der kleisthenischen Demeneinteilung wurden 



Abzeichen, Ehren und Vorteile. Als 
Abzeichen hatte der ftovXevxi/; den Kranz, Lyk. 
Leokr. 122, war wahrend seines Amtsjahres frei 
vom Kriegsdienste, Lyk. Leokr. 37, erhielt den 
ftovXevxixog ftio&og im Betrage von 1 Drachme 
taglich , Hesych. s. ftovXijg XayeTv xo Xaxeiv ftov- 
Xsvtijv xai doa/uip' xijg tjuegag XafteTv. Thuk. VIII 
69. Bei Aristot. A&. xoX. 62, 2 werden nur mehr 



1025 



Bovlri 



BovX'q 



1026 



5 Obolen angegeben. Vgl. das xadsoi/uov Tijg 
ftovXijg als besondere Einnahme an den Theseien, 
CIA n 444 — 446. Dann hatten die Eatsherren 
Ehrenplatze im Theater : ftovXevxixog rojxog, Ari- 
stoph. Av. 794 und Schol. Suid. s. ftovXevuxog. 
Pollux IV 122 ixaXeito 8e xi xai ftovXevtixov 
fteoog tov v^edxgov xai iiptjftixov. Nach Beendi- 
gung der Amtszeit wurde dem Rate , wenn er 
sein Amt ordentlich verwaltet hatte, die Bekran- 
zung durch das Volk zu teil, Hypoth. II zu Dem. 
XXII § 8 vdftog 8i ijr ttjv ftovX.rjv xijv dd^acav 
tip drjfiop xaXwg fteftovXtvxsvat ozeipavovo&ai ; Vgl. 
Dem. XXII 12. 36. Aristot. 'Ad. noX. 46, 1. 

Rechenschaftsablage. Am Schlusse des 
Amtsjahres war jedes Eatsmitglied wie jeder Be- 
amte verpflichtet, fiir seine Amtsfuhrung Rechen- 
schaft abzulegen (ev&vvag SiSovai); CIA II 114. 
Aischin. Ill 20. Dem. XXII 38f. Bei der Nieder- 
legung des Amtes wurden wie beim Antritt feier- 
liche Opfer (eg'tzriQia) dargebracht (Suid. s. eigi- 
xriQia. SchOmann 18 402). 

Der Rat als Korperschaft. Als Korper- 
schaft hatte die ft. in ihren inneren Angelegen- 
heiten voile Autonomic, vor allem Disciplinarge- 
walt gegen die Mitglieder: ein Ratsherr, der sich 
eines Vergehens schuldig gemacht hatte, wurde 
durch die excpvXXocpoola , so genannt, weil dabei 
mit Olblattern statt mit Stimmtafelchen abge- 
stimmt wurde, vorliiufig ausgeschlossen; diese Aus- 
schliessung wurde durch ein ffirmliehes gericht- 
liches Verfahren entweder bestatigt oder aufge- 
hoben, Harp. s. ex-<pvXXo<pooijoat. Bekk. anecd. 248, 
7f. Etym. M. s. ix(fvXX.o<poQijoai. Aischin. I 11 If. 
129 u. Schol. Nach Pollux VIII 18 war es eine 
xazdyvoioig, ein Vorurteil, wahrend das Endurteil 
erst von dem als G-ericht constituierten Rate oder 
einem ordentlichen Gerichte gesprochen wurde. 
Die ft. hatte ihren geschaftsfiihrenden Ausschuss 
oder eine permanente Commission aus ihrer Mitte 
mit einem Vorstande, welche das Presidium in 
der ft. fuhrten, die Prytanen, wahrend ein Beamter 
weder zur Berufung noch Leitung der Ratsver- 
sammlung oder auch nur zum unmittelbaren Zu- 
tritte berechtigt war (Gegensatz der romische 
Senat). Dieseu geschaftsfiihrenden Ausschuss bil- 
deten die Ratsherren einer Phyle abwechselnd in 
einer durch das Los bestimmten Reihenfolge fur 
den zehnten Teil des Jahres unter dem Titel 
TiQvxdveig , Aristot. 'Ad: TtoX. 43, 2. Harp. Suid. 
Phot. s. v. Bekk. anecd. 291, 4f. Poll. VITI 95. 
Der Zeitraum, wahrend welchem die xovxavevovoa 
<fvXt (CIA II 190. Poll. VIII 155) im Amte 
war, hiess xovzaveia, bezeichnet nach der (pv/.ij 
(z. B. fj 'EQex&rjtg novravela CIA I 31), und um- 
fasste zur Zeit der 10 Phylen 35, bezw. 36 Tage 
in Gemeinjahren, 38 bezw. 39 in Schaltjahren, 
zur Zeit der 12 Phylen einen Monat, Poll. VLTI 
115: Tiovxaveia 8e eoxi yoovog, ov exdaxij ffvXi] 
xovxavEvu ' xai OTe fier dexa r/oav, aXei'ove ixdoTfj 
(fv/.jj ai rjfiigai, f.t« 8'e 8<!j8ey.a eyevovzo, ixdoxt] 
cfvXrj fj.rjv6g xovxaveiav eyei. Im fiinften und im 
ersten Viertel des 4. Jhdts. v. Chr. fuhrte den 
Vorsitz unter den Prytanen und somit im Rate 
ein taglich aus der Mitte der Prytanen erloster 
e.itaxdxtjg xcov nQvxdvecov, Aristot. 'A&. .to/.. 44, 1 ; 
er fuhrte den Vorsitz einen Tag und eine Nacht, 
durfte das Amt nur einmal wahrend der Prytanie 
verwalten , bewahrte den Schliissel zum Staats- 

Panly-Wissowa III 



schatze und zum Staatsarchiv, fuhrte das Staats- 
siegel und musste mit einem von ihm bestimm- 
ten Drittel der Prytanen immer im Sitzungslocale, 
&6Xog, anwesend sein; vgl. Suid. Etym. M. Harp. 
s. v. Bekker anecd. 244, 31f. Poll. VIII 96. 
Eustath. zu Od. XVII 455. Xen. mem. 1 1, 8. IV 4, 2. 
Aristoph. equit. 624f. 665. 674; Acharn. 40f., in den 
Inschriften 6 SeTva ateozdzei, Hartel Stud. 4u. 0. 
Hinrichs in Miillers Handb. II 453. Im 4. Jhdt., 

10 zuerst bezeugt fiir 378/7, ging das Prasidium im 
Rate und in der Volksversammlung fiber an den 
sTziozdzrig tu>v jzgoidocov; es wurden vor jeder Rats- 
und Volksversammlung aus den neun gerade nicht 
prytanierenden Phylen durch den imazdzrjg zojv 
jigvzdvecov je ein xgoeSoog und aus . den neun 
siqosSqoi der emoTaTrig t&v ngoedgcov erlost, Ari- 
stot. 'A&. 710X. 44, 2. Harp. s. n(,oed e oi. Poll. VIII 
96. Es tritt dann die Formel ein: t&v tiqo£8qo)v 
ejzeyit/<pt£ev o SeTva, Hartel a. a. O. 15 u. o\ 

20 Den Vorsitz fuhrten dann diese xQoe8oot , den 
Prytanen blieb nur das Recht der Einberufung 
(avXXoyr), vgl. CIA II 390 u. 0.). Die Prytanen 
bildeten gleichfalls eine politisehe Korperschaft, 
sie erwahlten fiir die Dauer der Prytanie einen 
Schreiber und einen Schatzmeister (CIA n 431. 
440. 454. 869. 872), hatten ein Amtslocal in der 
Nahe des ftovXevzr\qiov , wo sie gemeinsam auf 
Staatskosten speisten , #6Xog und Sxtdg genannt, 
Aristot. 'A&. izoX. 43, 3. 62, 2. Harp. s. 96Xog. 

30 Phot. s. oxidg. Dem. XIX 190. Andok. 1 12. 45. Poll. 
VIII 155. Paus. I 5, 1; oxidg CIA II 476 u. 0. 
Sie hatten das Recht, Leute, die sich um sie ver- 
dient gemacht, zu bekranzen , wie sie selbst oft 
vom Rate und Volke bekranzt wurden, CIA II 
190 u. 0. Cber die Thatigkeit der Prytanen vgl. 
Plat. leg. VI 758 B— D. Aristot. 'Ad. jioX. 43, 3. 6. 
Aristoph. equit. 300 ; Thesm. 654. 754. 854. 923. 
929f. Dem. XVIII 169f. XIX 185. [Dem.J XLVII 
42. Lys. XXII 1. Poll. Vffl 95. An die Pry- 

40 tanen wendeten sich die fremden Gesandten, sie 
iibernahmen Anzeigen und Meldungen, handhabten 
die Polizei durch die Toxoten, bereiteten die Vor- 
lagen fiir den Rat vor und beriefen den Rat, ge- 
wohnlich durch ein sciiriftliches xgoygafifia, mit 
Angabe der Tagesordnung und leiteten die Rats- 
sitzungen und Volksversammlungen. Ein tzqo- 
ygafi/na erwahnt CIA II 61; Berufung des Rates 
und der Volksversammlung, ovXXoyij zijg ze ftovXijg 
xai zov drjfiov , CIA II 390; vgl. Athen. Mitt. 

50 VII (1882) 103f. Besonderer Sttz der Prytanen 
Lys. XIII 37; Antrage derselben Isokr. VIII 15: 
a yiyvcioxoy xegl ojv ol ngvzdvetg xgoztdeaoi ; Opfer 
fur den Staat durch die Prytanen dargebracht 
CIA II 390. 408 u. 0. Uber die Thatigkeit der 
Prytanen bei der Abstimmung in gewissen Volks- 
versammlungen , z. B. bei der Biirgerrechtsver- 
leihung, s. Hartel Stud. 272. Die ft. hatte als 
Corporation ihre Beamten und Diener, ferner eine 
eigene Kasse, ein Amtslocal mit einem Altar der 

60 Gotter des Rates, und konnte in ihren eigenen An- 
gelegenheiten Beschliisse fassen, besonders Ehren- 
bezeugungen fur ihre Beamten und wohlverdiente 
Manner enthaltend. 

Beamte des Rates (in der Darstellung 
derselben folge ich G. Gilbert Handb. V 298f„ 
wo auch die Litteratur angegeben isti. Von den 
aus der Mitte des Rates fur diesen und von die- 
seni bestellten Beamten nahmen die erste Stelle 

33 



1027 



Bovhiq 



Bovhq 



1028 



ein die yga/ifiazeig, deren wichtigster der eigent- 
liche Ratssclireiber war; derselbe war zuerst er- 
wahlt und wechselte mit der Prytanie, daher sein 

Voller Titel lautete: 6 xaxa ngvzavsiav ygafifta- 
zsvg zijg flovXrjg, dann abgektlrzt: 6 yga/ufiazsig 
xfjg flovXrjg, Aristot. 'A-&. noX. 54, 3. Harp. s. 
yga^atsvg. Poll. VIII 98. Er hatte fur die 
Aufzeichnung und Aufstellung der Urkunden zu 
sorgen , die Aufsicht iiber das Metroon , das in 
der Nahe des Kathauses lag (Paus. I 3, 4), 
und das Protokoll zu fiihren. In spaterer Zeit 
wurde er erlost; Tgl. CIA I 61. 188. trber 
die Erwahnung desselben in den Praescripten zur 
Datierung Hartel a. a. 0. 4 u. 6., der aber 
nicht fiir identisch mit dem ygafifiaxsvg zijg flovXrjg 
halt den ygafifiazevg 6 xaxa jzgvxavsiav (ebd. 120). 
Seit der Mitte der sechziger Jahre des 4. Jhdts. 
v. Chr. wurde er nieht mehr bios fur eine Pry- 
tanie, sondern fiir das ganze Jahr erlost, behielt 
aber doch den Namen ygapftaxevg xaza xgvza- 
vet'av und yga/tfiaxsvg xijg fiovXijg , z. B. CIA II 
186. Aristot. 'A&. xol. 54, 4 (Tgl. Poll. VIII 98) 
sagt weiter: xXtjgovat 8s xai ixl xovg vofxovg 
ixsgov, 8s Tiagaxd&tjxat xfj §ovXf) xal avxiygacpsxai 
xai ovzog navzag. Von diesem Schreiber ist in 
den Inschriften keine Spur vorhanden; Gilbert 
a. a. 0. vermutet wohl mit Recht, dass derselbe 
dieselben Aufgaben fiir die Gesetze zu erfullen 
hatte, die dem ersten Ratsschreiber gegentiber den 
Rats- und Volksbeschlussen oblagen, dass er bei 
Dem. XXIV 42 gemeint sei und nicht lange be- 
standen habe. 

Hier m8ge der tjbersicht wegen gleich ange- 
fiihrt werden der dritte ygapnazevg, der zwar zur 
/?. in Beziehung stand, aber nicht aus der Mitte 
der Buleuten von diesen bestellt wurde, sondern 
vom Volke gewahlt, aber doch selbst Buleut war, 
Aristot. 'A#. noL 54, 5 (vgl. Poll. VIII 98): er 
war bestimmt, in der Volksversammlung und im 
Rate die Schriftstiicke zu verlesen, wohl der ygap- 
ptazevg zijg fiovXijg xai zov 8tf,uov, seit 307/6 v. Chr., 
gewohnlich bios ygafifiaxsvg xov Syfiov genannt. 
Seit dieser Zeit war sein Wirkungskreis erweitert, 
indem er abwechselnd mit dem ygap/xaxevg xaza 
ngvxaveiav mit der Aufzeichnung und Aufstellung 
der Urkunden beauftragt wird; bald nach dem 
Beginne des 3. Jhdts. v. Chr. wird wieder der 
ygafifiaxsvg xaxa xgvxavelar mit der Aufzeichnung 
von Beschlussen betraut. Beide Schreiber be- 
standen noch in der Tdraischen Zeit, der ygafi- 
fiaxsvg xaxa ngvxavslav als xegl fiijfia (CIA III 
10), und der ygafifiaxsvg fiovXijg xal 8rjfiov (auch 
bios ygafiftazsvg zijg {SavXijg genannt , CIA HI 
1038. 1045). Nur voriibergehend werden genannt 

6 hzl za %pr)<piofiaxa und der avaygatpsvg bei der 
Aufzeichnung von Volksbeschlussen, CIA II 114. 
190 u. 0. Der ixoygafifiaxevg xijg fiovXijg diente zur 
regelmassigen Unterstutzung des Ratsschreibers, 
CIA H 329. 393. 431. 441. Poll. Vffl 98 er- 
wahnt noch den dvxiyga<pevg, von dem es heisst 
ngozsgov fikv aigszog, avSig 8s xXtjgazog fjv, xal 
ndvza dvzsygacpszo xagaxadrffisvo; zfj fiov/.fj ; Harp. 
s. v. hat die weitere Angabe 8izxoi 8's rjaav arzi- 
ygaipsig, 6 fisv xijg dtoixijosoyg, &g ipr)m <PtX6yo- 
Qog, 6 8i zijg fiovXijg , dig 'AgtozozsXrjg iv 'Adrj- 
raiarv jzoXizeia. In der That wird es derselbe 
Beamte gewesen sein, der Gegenschreiber. welcher 
als Bncbhalter oder Controlor des Rates alle die 



Geldverwaltung des Rates betreffenden Verhand- 
lungen zu beaufsichtigen hatte. Sicher ist es 
nicht, ob er und vielleicht auch der vjtoygafifia- 
xevg vom Rate aus seiner Mitte genommen wurde. 
Bass der Rat seine eigene Kasse hatte, ergiebt 
sich daTaus, dass er Schatzmeister, xa/tiai, aus 
seiner Mitte bestellte; CIA II 61. 114 (343/2 
v. Chr.) nennt zwei flovXrjg zafiiai; sie hatten die 
Kasse zu verwalten, aus der die Ausgaben fiir 
10 den fiio&bg fiovXsvxixog, den Sold der Diener, die 
Kosten der Aufzeichnung der Ratsbeschliisse und 
der Herrichtung gewisser Opfer bestritten wurden : 
za xaxa yjrjipiofiaxa dvaXioxofieva xfj fiovXjj (Har- 
,tel a. a. 0. 130). Im 5. Jhdt. und dann seit 
dem Ende des 4. Jhdts. v. Chr. scheint es nur 
einen zafilag der fi. gegeben zu haben ; vgl. AeXz. 
aQz- 1889, 26. 39. CIA II 329 nennt: Nixoxgdzr)g 

fiovXsvsiv Xa%mr . . . xal zaftlag aigs&elg vjio zijg 
flwXijg ug zs zag ihjaiag . . . Dieser xafiiag musste 

20 dem Rate Rechenschaft ablegen, ebd. 375. 

Erwahnt wird ferner der xijgvS zrjg (iovXrjg 
CIA II 61. 73. 329, spater bezeichnet als xijovs~ 
xijg (iovXrjg xal zov Sijfiov, CIA II 393. 394. 431; 
dieser war wohl besoldet. Erwahnt wird auch 
ein 8t]fioawg xijg {lovXrjg, CIA II 61. Arist. 'A&- 
noX. 48. 52. Zur Verfugung des Rates standen 
auch die Toxoten oder Skythen , Aristoph. Ach. 
54; Thesm. 940. 1002f.; vgl. Lysistr. 441f. Poll. 
VIII 132. 

30 Ratssitzungen, Tagesordnung, Ge- 
schaftsordnung. Ratssitzungen fanden tag- 
lich mit Ausnahme der Fest- und Unglttckstage 
statt (Aristot. 'Aft. vtoX. 43, 3. Harp. s. xvgia ix- 
xXrjoia. Poll. VIII 95), und zwar entweder in- 
folge des jzgoygafi/ta des Prytanen oder der Be- 
rufung durch den Herold, Andok. I 36; iiber das 
arjfieiov Schoemann Altert. IS 401; de comit. 
1491 ZvyxX n xog §ovXr): CIA II 439 povXr) e fl - 
fiovXevxrjglci> ovyxXrjxog; IV 2, 441f. ozgazrjy&v 

40 jtagayyeiXavzmv. In gefahrlicher Zeit blieb der 
Rat in Permanenz, Andok. I 45 (auf der Akro- 
polis). Die Sitzungen selbst, edgai genannt (CIA 
I 31. 40. 50. II add. lb u. 8. Poll. VIH 144; 
vgl. edgav noieTv Andok. I 64), fanden gewOhn- 
lich im fiovXevixiQiov, bei besonderen Gelegenheiten 
an anderen Orten statt, bisweilen wurde die 
Sitzung von einem Orte an einen andeni verlegt ; 
regelmassig wird in den Inschriften der Ort, wo 
die Ratssitzung stattfand, angegeben: fiovXevxri- 

hOgwv CIA I 59. n 179 u. O. IV 2, 128 b 30; h 
Td5 'EXevoiviy CIA n 372. 431. Andok. I 111; 
h> xai &t]oci(j) CIA H 481; iv r<j> vetogia CIA I 
40; h ITcigaiet IV 2, 373 C 4; «■ T&3 Sedxgq) II 
482; IlavaSrjvaixov oxadtor II 482 ; iv 0ov?.evxt]- 
oitp xai ix zov fiovXsvzrigiov iv zcS 'EXevaivim II 
431, 30; iv T<ji &edzoo) i) fiezay&siaa ex xov 77a- 
va&rjva'ixov ozadiov II 482. Die Sitzungen waren 
regelmassig Sffentlich, Dem. XIX 17 ; eine dovqpaxxa 
(Xen. hell. II 3, 50) oder xtyxXlg (Aristoph. equit. 

60 641) genannte Barriere trennte die Zuhorer von 
den Ratsmitgliedern. Bei geheimer Beratung 
musste sich das Publicum aus dem Sitzungslocale 
entfernen, Aisch. HI 125. [Dem.] XXV 23. Harp. 
s. oTisoyotviaiisvog. Die jedesmalige Tagesordnung 
wurde durch das szgoygafifia bestimmt; auswartige 
Angelegenheiten , z. B. wegen Gesandtschaften, 
gingen alien anderen voran, Dem. XIX 185. Zu- 
tritt zum Rate musste von Privaten erbeten wer- 



1029 



Bovkij 



BovX^ 



1030 



den: jigoooSov ygaqjso&ai, Dem. XXIV 48; der 
Betreffende wurde dann von den Prytanen einge- 
fiihrt, ebenso auch die Beamten, Schol. Aristoph. 
Pax 905 xdtg Tigvxdveoiv Sdog fjv ngogayayuv zovg 
Ssoftivovg slg ztjv fiovlfjv. Andok. I 111. Die 
xgooodog ngog zijv (SovXr)v wurde auch vom Volke 
verliehen, CIA I 31. Das Recht, einen Antrag 
zu stellen, hat der Privatmann nicht. Nach der 
410/9 in den Eid aufgenommenen Bestimmung 
mussten die Buleuten phylenweise zusammensitzen, 
wahrend fruher wohl die Gruppierung parteien- 
weise erfolgt war, Schol. Aristoph. Plut. 972 <ptjol 
yog &iXQ%ogog em FXavxbmov xal r\ jiovXi] xaxa 
yg&jifia xoxs ngwxov ixa&i&xo xal dfivvm an 
ixsivov xafteSeTo&at sv zip ygafi/taxi cp av Xayotai. 
Dass die <pvXt] izgvzavevovaa und spater die ngoe- 
Sqoi einen besonderen Platz inne hatten , wurde 
sehon oben gesagt. Die Verhandlungen der ft. 
selbst begannen nach einem Opfer und Gebet an 
die Getter des Rates, Zeis BovXatog vmi'A&rira 
BovXaia (Antiph. VI 45), denen wohl auch die 
kazia flovXaia im Sitzungslocale geweiht war (Harp. 
s. (SovXaia), und nachdem der Herold die iibliche 
agd ausgesprochen hatte, Dem. XIX 70. XXIII 
97. Die Abstimmung gesehah gewOhnlich durch 
Cheirotonie, bei der Ausschliessung eines Mit- 
gliedes (ix<pvXXoq>ogia) durch Olblatter, und, wenn 
die /?. als Gerichtshof constituiert war, durch 
Stimmsteine. In der drakontischen Verfassung 
war auf das Versaumnis einer Sitzung eine Strafe 
von einer Drachme gesetzt (Aristot. 'AS: noX. 4. 
v. Wilamowitz Arist. u. Athen. I 88); ob dann 
im Rate der 500 derjenige Buleut, der zur Sitzung 
zu spat kam, seines Soldes fiir diesen Tag ver- 
lustig wurde, wie Schoemann Alt. 13 402 meint, 
lasst sich nicht bestimmen. Die Auszahlung des 
fuo&og ftovXevxixog erfolgte gegen Abgabe der 
Praesenzmarke , des ovjijioXov, welches der Rats- 
herr in der Sitzung erhalten hatte, Benndorf 
Ztschr. f. Osterr. Gymn. XXVI 1875, 595. Dar em- 
berg- Saglio Diet. I 741. 

Bevor ich zur Darstellung der Competenz des 
Rats iibergehe, mOchte ich einige Worte iiber die 
Bezeichnung der Ratsbeschliisse sagen. Wir finden 
die Bezeichnung: Ttgo^ovXn'/ia Dem. XXIV 11. 
[Dem.] LIX 4 u. a.; dafur auch i/)^<pto/ta, Dem. 
XXIV 16. 92 u. 0. Bekker anecd. 289, 261 xo 
zfjv fiovXrjV rmv xevxaxooicov ngozegov xglretv zo 
ysijfpia/ta , ti xa).6~>; syei , xal ovxotg ugq>soeo&at 
dg xov dijiwv. xai zovzo xaXitzai xgoflovXevfia. 
to d*e jzgofiovXsviia xvgiov yr aj^gt eviavzov, fieft 
o axvgov iyivsxo. Harp. TigofiovXevfux xo ford 
xijg flovXijg y.>t](pio~9iv jzqIv elg zov dijfiov elgsi'i- 
yjdijvai. Es ist demnach ein Vorbeschluss, der 
noch der Sanction durch das Volk bedarf, ein 
Antrag an das Volk. Die friihere Ansicht ging 
nun dahin, dass solche probuleumatische Antrage, 
wenn sie nicht innerhalb des Amtsjabres der /?., 
von welcher sie ausgingen, vom Volke bestatigt 
wurden, verjahrten; es ist das Verdienst Hartels 
(a. a. O. 2611), nachgewiesen zu haben, dass zwei 
Arten derselhen zu unterscheiden sind: solche von 
der Bule beschlossene Antrage, die bis zum Ende 
des Amtsjahres der Bule nicht vor das Volk ge- 
brachf. waren und daher erloschen, und solche, die 
zwar beim Volke eingebracht, aber nicht sanc- 
tioniert waren: die letzteren erloschen nicht mit 
der Amtsdauer des Rates. Hartel hat auch (60. 



65) das Merkmal probuleumatischer Decrete fest- 
gestellt und sie von den eigentlichen Ratspsephis- 
men, d. h. Beschlussen, welche der Rat innerhalb 
seiner Competenz fasste, geschieden. 

Competenz. Uber die Competenz der p. 
sind wir durch die Angaben der Schriftsteller 
und durch die Inschriften untenichtet, doch nicht 
fiir die verschiedenen Zeiten in gleicher Weise, 
daher eine historische Darstellung der Competenz 

10 nicht ratlich ist. Wir haben nur diirftige An- 
gaben iiber den Rat nach der drakontischen und 
solonischen Verfassung, in beiden war seine Haupt- 
thatigkeit das izgoftovXeveiv, Aristot. 'A-&. noX. 45, 
4. Plut. Sol. 19. Dass er ein ausgedehntes 
Strafrecht besessen habe, erfahren wir aus Ari- 
stot. 'A&. 310X. 45, 1 : r) 8k PovXtj ngoxsgov fjkv 
fjv xvgia xal zgtjftaoi £t]/*i<5oat xal ftrjoai xal 
anoxxelvai. Diese Rechte verlor er; vgl. CIA I 
57 und die Bestimmungen im Ratseide. Inwie- 

20weit der Rat vor Kleisthenes auch an der Ver- 
waltung beteiligt war, lasst sich nicht bestimmen. 
Als Sitzungslocal jener Zeit wird das Prytaneion 
angenommen. Mit der Entwicklung der Demo- 
kratie wuchs die Bedeutung des Rates, bis sich 
seine Competenz iiber alle Zweige der Staatsver- 
waltung erstreckte und er die hochste Regierungs- 
und VerwaltungsbehOrde wurde. Er ist der mass- 
gebende Factor in dem Teile der xohxtla, welchen 
Aristot. Pol. VI (JV) 14, 1298 a als das fiovXev6- 

Zbfiivov bezeichnet; er ist ein Zeichen der Demo- 
kratie, Aristot. PoL VI (IV) 15, 1299b: amy 

(sc. ag^ij z&v ngofiovXaiv) ov drjjioxQaxixrj, ftovXr) 
8s Stj/iozixov, ebd. o fiovXevxijg Srjfioztxor . .; ebd. 
iiber die Notwendigkeit des xgofiovXevEiv. VH (VI) 
8, 1322 b 7ig6fiovXoi 8ia zo jigofiovXevetv, ostov 8s 
xXij&og ioxt, fiovXr) fiaXXov. Daher ist auch VII 
(VI) 2, 1317 b gesagt: zObv 8' agytov Srjfioxixtbxa- 
xov jiovXri, und wird die Competenz der 500 im all- 
gemeinen bestimmt bei Liban. Dem. XXTI im 

40 Gegensatze zum Areiopagos als Iziga fi za noXi- 
zixa ngazxovaa und Hyp. II zu derselben Rede 
mit to zr\v zfiiv xsvzaxoolcov za 8rj(i6aia 7tgdy(iaza 
SioixeTv; vgl. [Xen.] A&. ml. Ill 2. Diese Macht- 
stellung hat der Rat der 500 im 5. Jhdt. v. Chr. 
(seit Ephialtes), behielt sie aber nicht, wie wir 
aus Aristot. 'A&. .to/.. 45 erfahren, nachdem das 
Volk selbst immer mehr der Regierung und Ver- 
waltung sich bemachtigte; vgl. Aristot. Pol. VI 
(IV) 15, 1299b. 1300: xaxa/.vezai 8'e xai xijg fiov- 

50 Xijg i) 8ivafiig iv zatg xoiavxatg drjfioxgariacg, iv 
alg avxbg ovvioiv 6 Sijfiog ygtjfiaxi^ei negl xavxeov. 

Daher das Bestreben der 400 im J. 411, einen Rat 
nach oligarchischer Weise einzurichten. Unter 
den 30 hatte er uber Leben und Tod zu richten, 
Xen. hell. II 3, 241 

Wir wollen die Competenz nach den Angaben 
des Aristoteles in der 'Ad. noX. betrachten; zu- 
nachst mochte ich bezuglich der Gliederung der- 
selben unterscheiden die Thatigkeit als vorberaten- 
60 der Gemeinderat und als Regierungs- und Ver- 
waltungsbehSrde ; denn dass die /?. eine aoyr\ 
war. ist allgemein anerkannt, Plat. leg. VI 758 B. 
Aristot. Pol. VH (VI) 2, 1317b; 'A». noL 8. 47, 1. 
49, 4. 62, 3. Hypoth. II zu Dem. XXII. S z a n t o 
Griech. Btlrgerr. 3. Wilamowitz Arist. u. Ath. 
I 2091; es sind bei ihm also auch jene Rechte 
zu beachten, die Aristot. Pol. VI (IV) 15, 1299 a 
als Erfordernis jeder agxn angiebt. 



1031 



Bovi.r\ 



BovXij 



1032 



Als vorberatender Ausschuss hatte die /J. 
alle Angelegenheiten, die vor die Volksversamm- 
lung gebracht werden sollten, vorzuberaten und 
darfiber ein Gutachten, Ttgo^ovlev/ia, auch yv<i>tiv\ 
genannt (vgl. Bekk. anecd. 227, 4: yv&pai • to 
y»l<pioftaza), abzufassen, dieses Gutachten diente 
dann als Grundlage fur die Beratung in der ix- 
xtyoia, Aristot. AS. no).. 45, 4. Pint. Sol. 19. 
Es gilt der Grundsatz: fir/div iav tbiQojiovkev 



Werfte, im Kriegsfalle war er auch thatig bei 
der Aussendirng eines Geschwaders, Aristot. 'AS. 
sioX. 46, 1: em/ieXetrai de xal z&v nejioirj/j.evwv 
tqiyiqcov xai ztov oxevcov xal z&v vsa>eoixo>v xal 
JtoisTzai xaivdg zgitjQug xal zezQrfQsig , Sjzoxegag 
av 6 dfjiio; x el Q OTOV V a TI *«' cxevt] zavzai; xal 
vewoolxovg u. s. w.. vgl. Hypoth. II zu Dem. XXII, 
ebenso Liban. ebd. CIA II 808 b. 809 b. 809 d. 
811 c. Hitter und Pferde vom Rate beaufsichtigt 



zov etg ixxli)oim> dgrpigsoSai , wobei aber das 10 (doxifiaaia bixeav) : Xen. 'Ijijux. I 8. Ill 9—14 ; 

PrAnnl aiitvt o m /» r« + rnim/iv mnm'-i-Avir,AA A «J- U ^: ^ /~\Z TV "If A * _J L s^o i ir\ r ... i 



Probuleuma nieht immer meritorisehe Antrage 
enthalten musste, sondern sich auf die blosse 
Einbringung des Antrages beschranken konnte, 
Hartel a. a. 0. 63f. Damit hatte der Rat die 
Initiative fur die beratschlagende Gewalt und in 
gewissem Sinne auch die Legislative in seiner 
Hand. Er vermittelte den Verkebr sowohl der Be- 
amten als der privaten Bittsteller mit der Volksver- 
sammlung, daher Gesuche an ihn gerichtet wurden, 



Oieon. IX 15. Aristot. AS. szoL 49. In spaterer 
Zeit hielt er die Musterung der Epheben, CIA 
II 467. 468. 

Er fiihrte eine beaufsichtigende Thatigkeit: 
a) Durch Dokimasien, was darauf schliessen lasst, 
dass der alte Staatsrat die Beamten selbst er- 
nannte; es ist uns bezeugt: I) die doxifiaaia des 
neuen Eates vor dem alten ; 2) die Soxi/taoia der 
Archonten vor Rat und Gericht, Dem. XX 90. 



Hartel a. a. O. 239f. Die beschliessende Thatig- 20 Poll. VIII 85; liber die anderen Beamten herrschen 



keit des Rates beschrankte sich aber nicht auf 
diese probuleumatischen Antrage, sondern er fasste 
als Corporation im eigenen Geschaftskreise bin- 
dende Beschliisse, die den bestehenden Gesetzen 
aber nicht widersprechen durften, Dem. XXIII 87 
yrrjyiopa fttjdkv firjxe (lovXfjg firjzs drjfiov xvqko- 
teqov rfvai. [Dem.] XL VII 34. Diese Ratspsephis- 
men (Hartel 60f. 261f. u. 6.) betreffen z. B. die 
Ernennung eines Heroldes, CIA n 73 ; Kultange- 
legenheiten, II 404 u. a.; Belobignng der Pry- 30 
tanen, vgl. Hartel 67; die Belobungsdecrete der 
Beamten der Prytanen sind in der Regel Rats- 
psephismen. Dem Rate wurde die Ausfuhrung 
von Volksbeschliissen aufgetragen; dabei waren 
entweder die Bestimmungen, nach denen der Rat 
vorzugehen hatte, genau angegeben oder es wurde 
ihm i'reier Spielraum innerhalb gewisser Grenzen 
gegeben, vgl. CIA I 32. IV 22 a. n 17. 66 b. 
809 b; seltener erhielt er unumschrankte Voll- 



verschiedene Meinungen, s. Thalheim Herm. XIII 
366—372; Jahrb. f. Philol. CXIX 606. S chafer 
ebd. CXVLT 821—29. Frank elAtt. Geschw. 29 
u. a. ; 3) der jungen Burger bei der Aufhahme unter 
die Demoten, Aristot. 'AS. no).. 42 ; 4) der dSvyaxoi, 
d. h. die Arbeitsunfahigen, ebd. 49, 4, vgl. Harp. 
s. aSvvarot. Aischin. I 108. Lys. XXIV. b) tlber 
die Offentlichen Gebaude, fur deren Instandhaltung 
er sorgte, Aristot. 'AS. noL 46, 2. CIA I 301. 

Leitung der auswartigen Politik. Der 
Rat vermittelte den Verkehr mit den auswartigen 
Staaten, empfing fremde Gesandte, verhandelte 
mit ihnen, ging Vertrage ein, berichtete dariiber 
in der Volksversammlung und fiihrte die Gesand- 
ten ein, Aischin. II 56: zaig di SsrtxaTg szgeo- 
fieiaig fj fiov).i) zdg eig zov dfj/Lior xoogodovg jiqo- 
povXeiei. Poll. VIII 96. Hartel 103. CIA IV 
27 b. Dem Rate wird die Beschworung von Ver- 
tragen zusammen mit militarischen Beamten auf- 



macht, fLovlii avxoxgdzag, z. B. im Hermokopiden- 40 getragen : Thuc. V 47. CIA I 52 (416 v. Chr.), 



processe, Andok. I 15 ; vgl. Dem. XIX 154. CIA 
132. BoeckhSt.-H. II3 44f. Der Rat hatte das 
Recht des imzdxzuv, d. h. den Beamten Auftrage 
und Weisungen zu erteilen, dann von ihnen Be- 
richte entgegenzunehmen; die Beamten waren ver- 
pflichtet, allmonatlich dem Rate Bericht zu er- 
statten, Aristot. AS. no).. 47, 1. 49, 4 {owbioixtl 
8k xai zalg aXlcug aQ/jiig xa Tzleloza). 45, 2 xgivei 
Sk zag aQjras rj [lov/.i/ zag xXcioxag , pidhoza oca 



266vIV 27 a u. 0. Zugleich mit den Strategen 
hatte er die Fiirsorge fur die evegyhai und xqo- 
Sevoi. CIA I 59. 64. IV 94. II 40 u. 0. 

Rat als oberste Pinanzbehorde. Als 
solche hatte er die Leitung des Finanzwesens und 
die Oberaufsicht uber die gesamte Finanzverwal- 
tung. Er hatte fiber die Beschaffung der Geld- 
mittel zu beraten, Lys. XXX 20. [Xen.] 'Ad. mi 
III 2 ; nnter seiner Aufsicht erfolgte die Verpach- 



xo^naza SiaxmQ%ovot. Lys. XXX 5 , vgl. unten 50 tung der Zolle und Abgaben durch die Poleten 



uber den Rat als FinanzbehOrde. Beispiele bieten 
Andok. 1 45. Dem. XVIII 169. CIA n 61. Antiph. 
VI 49. Da der Rat das Recht hatte, Auftrage zu 
geben, stand ihm auch das Recht zu, die Ausfiih- 
rung derselben zu erzwingen, bezw. Vergehungen 
dagegen zu bestrafen, das Recht der l-u/foXr/ : Bekk. 
anecd. 254, 24f. i^i^o/.tj xal snt(ta).).eir " £r)utag 
orofta, zo zor agyorza tj zfjr fiov/.ijv yQ'lfiara oqi- 
^eiv ziyl Qrjfiiav doxovvzi aSixetv ; der Rat hatte 



die Pachtsumme musste vor dem Rate eingezahlt 
werden; xogvixbv xki.og Aischin. I 119; jzsvttj- 
xoozri Andok. I 134. Aristot. AS. .toJL 47, 2f., 
vgl. CIA IV 27 b. Er sorgte fiir die Eintreibung 
der Staatsschulden , wobei die Staatsschuldner, 
welche nicht zur bestimmten Frist zahlten, ins 
Gefangnis geworfen wurden. Dem. XXIV 96f. CIA 
II 803d. Bekk. anecd. 199, 4f. : vcioyqatptw • tot iirj 
fiov/.OjiEvov ixziveiv to ofp/.tjfia o S<pci/.et dix).ov- 



Aie Extjiofoj bis 500 Drachmen, CIA I 57, die 60 zai zo off'/.ijua, xal 6 drj/iaoyog ovr roig pov'/.evraTg 
-too^ooc bis 50 Drachmen. Aischin. I 35. 

Da der Rat alle Gegenstande, die vor die 
Ekklesie kamen, zu begutachten hatte, so fbden 
wir ihn amtlich thatig bei den verschiedensten 
Angelegenheiten, [Xen.] AS. xoL III 2. So sorgte 



er fur die Kriegstuchtigkeit des Staates, er fiihrte 
die Aufsicht uber das Rittercorps, fiber die In- 
standhaltung und Ergiinzung der Flotte und die 



zovtov Eigxgazzsi , xat aaoygarfsrat avtov xi)v 
oi-ot'av xal evsyvgia^si. Dem. XXIV 144. Andok. 
I 93. Der Bat nahm ferner Anzeigen entgegen 
gegen diejenigen , welche Staatsgut im Besitze 
hatten, Dem. XXTV 11. In Gegenwart des Rates, 
ubernahmen die dxodixzai die Zahlungen nach 
den Listen, die ihnen der d>] : u6oiog des Rates gab, 
loschten in denselben die erfolgten Zahlungen, 



1033 



BovXv\ 



Bovlij 



1034 



merkten die im Riickstande gebliebenen Schuldner 
an und gaben die Listen zuriick. Sie teilten noch 
am selben Tage den einzelnen Beamten die Gelder 
zu und brachten am folgenden Tage die Vertei- 
lungsliste beim Rate zur Genehmigung ein, Aristot. 
'AS. noL 48. 52; s. 'Anobkxrai. 

Unter der Controlle des Rates standen die 
meisten Beamten, die Gelder verwalteten; dafiir 
wurden aus dem Rate selbst die Xoyunal (s. d.) 
und evSvvoi (s. d.) bestellt; vgl. v. Wilamowitz 
Arist. u. Athen I 234f. So controllierte er auch 
die ,Schatzmeister der GOttin' und der ,anderen 
Getter' , die vor dem Rate die heiligen Gelder 
ubergaben und ubernahmen , Aristot. 'AS. stol. 
47. 48. CIA I 32. 

Der Rat leitete auch die Bundesangelegenheiten 
und hatte die Vorarbeiten fur die Feststellung der 
Tribute, die an den Panathenaien bestimmt wur- 
den, zu treffen; den Tribut selbst nahmen an den 
grossen Dionysien die Hellenotamiai in Gegen- 
wart des Rates in Empfang, CIA I 37. [Xen.] 
'AS. no).. IH 2. Thuk. 1 96. 

Ausserdem finden wir, dass der Rat fiir staat- 
liche Heiligtiimer und fiir Feste sorgte : CIA I 301. 
II 114. IV 27 b (beziiglich des IIs)MQyix6v). Aristot. 
'AS. nol. 49, 3. Aus den Ratsmitgliedern wurden 
die Sso>Qoi bestellt: Deinarch. I 82. Dem. XEX 
128. Im Rate wurden auch die freiwilligen 
Gaben fiir den Staat entgegengenommen , dann 
die Listen der jigoeiotpeoovzeg aufgestellt, Dem. 
XXI 161. L 8. 

Endlich hatte der Rat die laufenden Geschfifte 
des Tages, welche zu unbedeutend waren fur die 
Volksversammlung, zu erledigen, [Xen.]. 'AS. noL 
III 2 : %r)v 8s fSovXijv (SovksveoSai . . . zieoi ztov 
xaza 3z6H.iv ast yiyrofiivcov. 

Rat als Gericht. Zunachst konnte der Rat 
in der Form eines Vorurteiles, einer xaxayvcoaig, 
gegen einen Beamten einen Strafantrag an die 
Thesmotheten richten, wenn die Busse fiir Ord- 
nungswidrigkeit und Pflichtversaumnis desselben 
die dem Rate zustehende HOhe von 500 Drachmen 
iiberstieg. Es konnte aber auch jeder Bfirger eine 
schriftliche Anzeige, cioayyeMa , beim Rate ein- 
reichen und damit eine xazdyvcooig des Rates erwir- 
ken. Es wurde dann im Rate zuerst nach AnhOrung 
des Klagers und des Beklagten heimlieh fiber die 
Schuldfrage abgestimmt; erschien der Angeklagte 
schuldig, dann entschied der Rat am zweiten Tage 
durch eine neue Abstimmung, ob der Schuldige 
nur mit der dem Rate zustehenden Strafe zu 
belegen oder an ein heliastisches Gericht zu weisen 
sein, Poll. VHI 51. Isokr. XV 314. [Dem.] XLVII 
42f. Isokr. XVI in einer rfoayystia an die /?. ge- 
halten. CIA II 811. IV 27 b. Auch Iv&eih?, 
anaycoyf) und verschiedene Falle der <paoi; konnten 
beim Rate eingebracht werden, Andok. 1 91. Isokr. 
XVII 42. XVIH 6. Meier und SchOmann- 
Lipsius Att. Pr. 138. Alle Rechte, die ange- 
geben wurden, standen aber nur der ganzen Korper- 
schaft zu, der einzelne Buleut durfte sie nicht 
fiir sich allein ausfiben; hierdurch unterscheidet 
sich der Rat von den ein Collegium bildenden 
BehOrden im engeren Sinne, stent in der Mitte 
zwischen diesen und dem Volie, Aristot. Pol. Ill 
11, 1282 a. 

So erscheint nns der Rat seit der Mitte des 
5. Jhdts. v. Chr. an der Spitze der Staatsver- 



waltung; es ist die nach Phylen geordnete Ver- 
tretung der Demen (Aristot. 'AS. izoL 21, 3), fiir 
sein Amtsjahr Trager der Regierung in jeder Be- 
ziehung, besonders in der Finanzwaltung , eine 
der beiden Stiitzen, auf denen das ganze Reprasen- 
tativsystem der Athener beruht. Wenn es CIA 
I 57 heisst, jz61sftog und Sdvarog kann nur mit 
Zustimmung des Srjuog bestimmt werden, so lasst 
sich schliessen, dass der Rat einst diese Macht 

10 gehabt habe, also der ,Herr von Athen' gewesen; 
vgl. Aristot. 'AS. xoX. 45, 1. Jmmerhin war die 
politische Bedeutung des Rates auch noch im 
4. Jhdt. v. Chr. eine hohe, daher die fiovXsla ein 
gesuchtes Amt war. 

Die /?. unter romischer Herrschaft. Die 
fi. hat auch unter rCmischer Herrschaft fortbe- 
standen; die Veranderung in der Zahl der Mit- 
glieder wurde bereits angegeben. 'Wahrscheinlich 
im J. 48 v. Chr. wurden ihre Befugnisse erweitert 

20 unter gleichzeitiger Beschrankung der Rechte der 
Volksversammlung. trber ihre Befugnisse und 
die Scheidung ihrer Competenz gegeniiber dem 
Areopag lasst sich nichts Genaueres angeben; 
vgl. Kohler zu CIA II 481. Wir finden Weihungen 
von Privaten: xaza xa do^avza zfj {tovXfj, CIA III 
809. 77 a. Nach dem Decrete Hadrians uber die 
Olausfuhr soil die §. die Processe, welche aus der 
tibertretung dieser Vorschrift sich ergeben, bis 
zu einer bestimmten Hflhe selbstandig entscheiden, 

30 CIA ni 38. Den Vorsitz fiihrten auch dann noch 
die Tzgvzavug mit ihrem Imoxdxrjg, der aber die 
ganze Prytanie hindurch derselbe war. Es er- 
scheinen als Beamte des Rates: yoa/i/iazevg (Sov- 
).ijg xai dtffiov, ein ygafifiazevg xaza jigvzavelav 
oder jzeqI zo fiijfia, ein xrjgvg' flovlij; xal drj/iov, 
ein vjxoyeafifiatevg, alle Genannten dtoizot, und ein 
zafiiag zijg jjovhjg, aber nicht dtotxog. Doch wird 
der Staat nicht mehr durch Rat und Volk, son- 
dern durch den Areopag, den Rat und das Volk 

40 reprasentiert. 

B. ausserhalb Athens. Auch ausserhalb 
Athens erscheint die fi. als eine politische KOrper- 
schaft, welche alle wichtigen Angelegenheiten fur 
die Beschlussfassung des Souverans vorbereitet. 
Es ware zu weitlauflg, alle Stadte aufzuzahlen, in 
welchen das Vorhandensein eines solchen beraten- 
den Ausschnsses bezeugt ist durch Inschriften 
oder Angaben der Schriftsteller; ich verweise des- 
wegen auf S woboda Griech. VolksbeschWsse 58f., 

50 dann auf die Indices der Inschriftensammlungen. 
Das Material reicht nicht hin, um eine eingehende 
Darstellung zu geben; auch ausser Athen hat der 
Rat je nach der Verfassung der betreffenden Stadt 
eine verschiedene Stellung. Zu unterscheiden 
haben wir den oligarchischen Rat, auch bezeichnet 
als ysgovaia, und den demokratischen Rat, p. im 
engeren Sinn. Die ysgovaia finden wir in Sparta; 
ihr Merkmal ist, dass die Mitglieder lebenslang- 
lich waren, vgl. Aristot, Pol. HI 1, 1275 b; dann 

60 in Kreta, wo die yigovzcg, bezeichnet als p., den 
Beirat der xoonot bilden, lebenslanglich sind und 
aus den gewesenen xoofioi gewahlt werden, Aristot. 
Pol. II 10, 1272 a 8 und 35 yeQorzag atoovvzai 
ex zam xexoofiyxoxtov. Es bestand dort eine 
streng aristokratische Verfassung, die erst im 
3. Jhdt. v. Chr. eine Veranderung nach der demo- 
kratischen Seite hin erfuhr. In Knidos bestand 
ein Rat von 60 Mitgliedern auf Lebenszeit, die 



1035 



Bovhrj 



Bovhq 



1036 



Mitglieder hiessen Amnemones, Plut. quaest. Gr. 4; 
nachdem diese 366 v. Chr. beseitigt waren, trat eine 
p. mit TiQoordtat ein : Anc. Gr. Inscr. IV 788. 789. 820. 
Ilgoatdrai auch in Iulis auf Keos, CIA II 546 (350 
v. Chr.). In Massalia bestand ein Rat von 600 Mit- 
gliedem, tc/.wvxoi genannt; sie waren lebenslang- 
lich, ein Ausschuss von fiinfzehn fiihrte die laufen- 
den Geschafte, Strab. IV 179; die Sgaxdowi er- 
wahnt in einem Beschlusse aus Lampsakos, Athen. 
Mitt. VI (1881) 96. In Chios berichten ol jisv- 
rexaiSexa an die fiovXrj (5. Jhdt.) R6hl IGA 381. 
In Epidauros bestand eine Korperschaft von 180, 
aus denen die agzvvoi gewahlt wurden,Plut. quaest. 
Gr. 1. Auf Rhodos gab es /idozooi in Kameiros, 
IGIns. I 698. 701; Ialysos 677; Lindos 762, vgl. 
828. Hesych. s. jidoxgoi • nagd 'Podloig ftovkevmi; 
nach Schumacher De rep. Rhod. 40 waren es 
30 und zwar aus den xxolvai gewahlt. Spater 
flnden wir in Rhodos eine povXd, IGIns. I 84. 53 



Wie in Athen haben diese Ratscollegien ihre 
Beamten, besonders haufig wird der ygafi^axsvg xfjg 
povlfjg genannt: Knidos, Colli tz 3511 (3. Jhdt.); 
Ephesos, Le Bas III 136 a; Megara (4. Jhdt.), 
Collitz 3003f.; Kyzikos, CIG 3661. 3663; Sa- 
mos, Curtius Inschr. t. Samos nr. 8. 9; Tenos, 
CIG 2329 (halbjahrig). Assos, ygapfi. rijg pdl- 
Xag, Pap. Amer. School. I 8 nr. V. Ein vnoygafi- 
fiaxtvg Rhodos, IGIns. I 49. 50, xrjgv£ rrjs p. Kni- 
10 dos, Anc. Gr. inscr. IV 788f. 

Das jtgopovXsveiv wird erwahnt : Iasos, Anc. Gr. 
inscr. Ill 444; Lampsakos, Athen. Mitt. VI (1881) 
96. Der Beschluss hezeichnet als yvwfta tag pol- 
kas: Kyme, Bull. hell. XII (1888) 360, 4; povXag 
yvatfia: Anaphe. Collitz nr. 3430; Msyros, Col- 
litz 3497. In Knidos, Collitz 3505, wird X sigo- 
rovia h fiovXa erw&hnt. In Dyme wird von Seite 
des Vaters der Eid im Rat geleistet, Bull. helL 
II (1878) 96, 2. Pinancielle Thatigkeit der p. 



{extanrivog). 58. 77. 51. Diese povXevxai begegnen 20 haben wir in Korkyra, CIG 1845 = Collitz 3206, 



seit der makedonischen Zeit, waren durch das Los 
erwahlt und erhielten /uia&og wie die attischen. 
Dagegen finden wir einen demokratisehen Rat 
vielfach, in Erythrai 121 durch das Bohnenlos 
Gewahlte: CIA I 9, vgl. Anc. Gr. inscr. Ill 418; 
Kyzikos mit 400, spater 600 Mitgliedern, s. zu CIG 
3663; erwahnt wird die p. nebon dem Sfjfiog in einer 
Inschrift aus Seleukeia, Denkschrift Akad. Wicn 
XLI (1896) 115. CIG 3655; der geschaftsfuhrende 



wo der Rat dafflr zu sorgen hat, dass das ge- 
schenkte Geld nutzbringend angelegt wird. Richter- 
liche Thatigkeit in Antandros, CIG 8568. p. in 
Eid en, Mantinea (420 v. Chr.) und Argos, Thuk. 
V 47. Der Rat hat sein Versammlungslocal, pov- 
XevtrjQiov, z. B. in Iasos, Anc. Gr. inscr. LTI 443, 
auch Prytaneion genannt; vgl Megara, Pans. I 
43, 3. Der Rat hat seine eigene Kasse: Elaia. 
CIG 3532 (105 n. Chr.): tfjg povXijg ix xcov Idlcov 



Ausschuss heisst xgvxdveig wie in Athen. IIqv- 30 ava&etatjg; erhalt auch Legate und Multen : Teos, 



zdveig auch aufSamos: Curtius Inschr. v. Sa- 
mos nr. 9 (306 v. Chr.); Tenos CIG 2329 (2. Jhdt. 
v. Chr.). 2335 (100 v. Chr.). In Olympia wird 
eine pa>Xa Ttevxaxaxiav erwahnt, Dittenberger 
Inschr. v. Olympia nr. 7, pmXd selbst schon 580 
v. Chr., ebd. nr. 3, ein y>d<pw/ua derselben ebd. nr. 39. 
In Tegea wohl S00, Le Bas II 340 e, Zu be- 
achten ist Megara mit seinen Colonien ; diese haben 
eine p., aloifivfjxai gleich den ixgvxdvug, der jxgo- 



CIG 3094. 3136, er hat demnach Corporations- 
recht. 

Die /?. hat sich in den griechischen demokra- 
tisehen Stadten von Kleinasien ohne Umgestal- 
tung bis in die Zeit der Antonine erhalten: Men- 
nadier Qua condicione Ephesii fuerint 30. Mar- 
quardt St.-V. I 2 518. In der RCmerzeit wuTden 
die Ratsherrn auf Lebenszeit berufen, die Wahl 
durch das Volk horte auf. Kurz mochte ich noch 



maifivmv = dyefidry povXag ; in Megara selbst ein 40 die Frage bertihren, ob der Rat nicht fehlen konnte. 



Aiovjiviov erwahnt Paus. 143, 3; s. Latyschew 
Bull. hell. IX (1885) 265—300. Collitz Dial. 
Inschr. 3016; Kalchedon, Collitz 3058. 3054 = 
CIG 3794. In Delos haben wir povXevxai und 
xgvzdvetg, wohl zwOlf Abteilungen nach den Tri- 
tyen, v. Schoeffer De Deli ins. rebus 114. 'Esti- 
nrjvioi als gesch&ftsfiihrenden Ausschuss der p. 
gab es in Smyrna, CIG 3137; Lampsakos, CIG 
3641 b ; Hekatonnesos, Hi c k s Manual 138 ; Odessos, 



Szanto Gr. Burgerr. 4 meint, ,es lasse sich das 
Fehlen des Rates nicht nachweisen ; es ware aber 
nioglich, da einzelne Magistrate die Functionen 
des xQofiovXeveiv iiben konnten.' Nun scheint 
thatsachlich in zwei Fallen das Fehlen des Rates 
constatiert zu sein. Swoboda Griech. Volksb. 
105 hat aus Le Bas II 243 den Schluss gezogen, 
dass es im 1. Jhdt. v. Chr. in Gytheion keinen 
Rat gegeben habe, die Burger hatten nach Vor- 



Rev. arch. n. s. XXXV 111; vgl. Hauvette bei 50 schlag der Ephoren entschieden ; Gilbert Handb 



Daremberg-Saglio Diction. II 694. Einen 
Rat finden wir auch bei den verschiedenen Btiiiden 
mit Ausnahme wohl des achaeischen. Der Name 
dafiir ist ovvedgiov, die Mitglieder des Rates heissen 
ovvtSgot. In aer Bedeutung ,Rat' = p. ist ovve- 
Sgot in vielen Stadten Aehaias gesagt: Megalo- 
polis Le Bas II 322; Thuria, Le Bas II 303a; 
Andania, ebd. 326a; Koronea. 'Adfr. IV 104; 
Pagai. 'A&tjv. n 481; Dyme CIG 1543; Mantinea 



II 114f., 3 halt fur wahrscheinlich, dass im achaei- 
schen Bunde eine eigentliche p. nicht existierte. 
Doch bei der Luckenhaftigkeit der Uberlieferung 
wird es geraten sein. das VorJiandensein dieser 
echt griechischen Einrichtung eines vorberatenden 
Ausschusses, wenn auch nicht uberall in derselben 
Form, anzunehmen. 

Litteratur: Caillemer bei Daremberget 
Saglio Diction. I 738—744. Schoemann Griech. 



(Antigoneia, 198—146 v. Chr.), Bull. hell. XX60Altert. 13 394f. Hermann-Thumser Antiq. I« 



(1896) 119 ovvedgoi xal Xotxoi xoXTrat. Die Be 
schliisse derselben werden Soyfiaza genannt; die 
Sitzungen waren durch das Gesetz bestimmt, aiv- 
vouoi ovvayor/ai auch ixxXqoiai genannt; im 2. 
— 3. Jhdt. n. Chr. erwahnt eine Inschrift: povXlj 
xov ygafifiarea xov avvedgiov, Bull. hell. XX (1896) 
156 nr. 2, wo es dann wohl den Prytanen in 
Athen entspricht. 



§ 68 (383). § 85 (478f.). Boeckh St.-H.s I 187f. 
II 45f. Gilbert Handb. 12 134. 151. 183. 295f. 
II 316. Busolt Griech. Gesch. 112 430f; Mul- 
lers Handb. IVi 164f. E. Meyer Gesch. d. Altert. 
II § 409. 494. v. Wilamowitz-Mollendorff 
Aristot. u. Athen I 289f. II 191. Hartel Studien 
fiber attisches Staatsrecht und Urkundenwesen 
(S.-Ber. Akad. Wien XC 543ff. XCI lOlff. XCIl 



1037 



Buleia 



Buleuterion 



1038 



87ff.), Wien 1878. H. Swoboda Die griechischen 
Volksbesehlusse, Leipzig 1890. S z a n t o Das grie - 
chische Biirgerrecht, Freiburg 1892. Heyde- 
mann De senatu Atheniensium , Dissert, philol. 
Argent. IV (1880) 147ff. v. Schoeffer De Deli 
insulae rebus, Berlin 1889. Schumacher De 
republica Rhodiorum, Heidelberg 1886. Gabler 
Erythrae, Berlin 1892. [Oebler.] 

Bnleia, Bulla s. Bulis Nr. 1. 



oavxa iv z<p avxdo Jvs^soi^at xai xbv tfi yugt igya- 
ad/Mvov, aiso je nachdem Tod oder Verbannung. 
DasGericht war nach Arist. Resp. Ath. 57 das Pal- 
ladion, wonach der Bericht des Harpokvation bezw. 
Deinarchos, dass die Klage auch vor dem Areopag 
verhandelt worden sei, wohl auf Missverstandnis 
beruht. Plene 51 denkt an eine Anderung des 
Verfahrens. 

Die zweite Art dieser Klage betrifft die Staats- 



Kiueiu, rsuilH s. nuns x\i. j.. ^^ -..»««, ^- — — d T., >tt„.„ 

Bnleides, Sohn des Metrodoros. 'LiTiagx&v 10 schuldner, wird aber von den Grammatikem (tlarp. 
(Eponymos) in Kyzikos Mitte des 1. Jhdts. v. Chr., Suid. Poll. VEI 43) mit der Klage y*v8sp>&aws 
~-~ -- — ' "■■■ ' " -" «"« zusammengeworfen. Emen Unterscrued maoht 

Suidas (ysvSt]Q iyygatp^) unter Berufung auf Ly- 



CIG 3668 = Dittenberger Syll. 270 

[Kirclner.] 
Buleliauensis (so die einzige erhaltene Hs._; 
eine verlorene hatte vielleicht Bubelianmsw) ci- 
titas, in Africa, PTovincia Byzacena, Notitia epis- 
coporum in Halms Victor Vitensis p. 67. 

[Dessau.] 
Bulephoros. 1) BovXriydgo; , Epiklesis der 



kurgos (jedenfalls in der Rede gegen Aristogeiton 
vgl. Harp. S. yevdeyygayrj) dahm: ^tvSeyygtKffji 
fih sldy%avov ol firj oydXovtsg /lev, eyygayevxsg 
Si ysvSiog, fiovXevosoiS Ss ol ndlai fiev mipXtjxotes, 
wnoSorxsg de xai av&ig xax" impovkijv ytevSebg 
syygayivzeg. Und hierzu stimmt ungefahr [De- 



Artemis In Milet, neben Bulaia (s. d.) ; Rev. arch. 20 mosth.] XXV 711 Aber bei Boeckh Seeurkunden 



XXVHI 104 = Dittenberger Syll. 391, 3. 13 
'Agxifttdt BovXi)<pdg<0 2xigiSt. [Jessen.] 

2) Rationalis im J. 349 (Cod. Inst. Ill 26, 
7), Consularis Campaniae 364—365 (Cod. Theod. 
VIII 5, 24. IX 30, 2. XV 15, 1), erwahnt bei 
Symm. epist, IX 116. [Seeck.] 

Buleus {BovXevg). 1) Epiklesis des Zeus auf 
Mykonos, Dittenberger Syll. 373 = Bull. hell. 
XII 460; vgl. Bulaios und Eubuleus 



536 wird die Klage povXsvoeojg dem Schreiber der 
Elfmanner angedroht, wenn er von der Schuld des 
Sopolis deft Preis gelieferter Ruderhclzer nicht ab- 
streichen sollte. Danach richtete sich also die p. y. 
vielmehr gegen denBeamten, der einen Staatsschuld- 
ner trotz der Bezahlung nicht loschte. Und diese 
Erklarung hat sowohl die innere Wahrscheinlich- 
keit fiir sich, da dies Vergehen unter die ysv- 
deyygacpri nicht flel, als auch stehen die Gram- 



2) Sohn des Herakles und der Eleucheia (TEXa 
islag schlug Heyne vor, Ao/Jas schwerlich richtig 
Hercher), Apollod. II 7, 8, 6. [Hoefer.] 

BovXevaemg ye<*<PV is t d er Name zweier ver- 
sehiedener Klagen. Die erste gehorte zu den 
ifonxai. Ihr Begriff war lange streitig. Harpo- 
kration (und danach Suid. und Bekk. anecd. I 
220) bestimmt ihre Anwendung dahin, oxav i§ 
empovXijs xi'g xivt xaxaoxivdoj/ d-dvaxov , sdv xs 



us. vtyy^u-Y'l ""'"» ""i "»" "- — " . — — - " 

[Jessen.] 30matiker und die pseudodemosthenische Rede an 



Glaubwiirdigkeit tief unter dem inschriftlichen 
Zeugnis. Die Klage, der ttbrigens die wesent- 
lichen Eigenschaften einer Offentlichen Klage feh- 
len, gehorte vor die Thesmotheten und hatte zur 
Folge eine Privatbusse an den Klager in Hohe 
der unterlassenen LOschung und eine Busse an 
den Staat, die im Falle des Sopolis vom Rate 
im voraus auf 3000 Drachmen bestimmt war, 
sonst wohl aber der Schatzung unterlag. Vgl. 



fao&dvn 6 ixiBovXevMg My te /«^. Ihm folgte 40 Boeckh Seeurkunden a. a. O. i-ipsius Att. 



Meier'Att. Proc. 312. Dieser Auffassung wider 
spricht der Fall bei Antiphon VI, wo der Sprecher 
durch p. y. angeklagt wird, weil er unabsicht- 
lich (§ 19) den Tod des Knaben Diodotos her- 
beigefuhrt habe dadurch, dass er ihm zur Ver- 
besserung seiner Stimme einen verderblichen Trank 
reichen liess, vgl. Schoemann Berl. Jahrb. 1839, 
495. Thalheim Progr. Schneidemuhl 1892, If. 
Ausserdem findet sich an verschiedenen Stellen 



Proc. 416f. [Thalheim.] 

Bnlenterion. 1) Das povXevxtJQiov in Athen 
lag im siidlichen Teile der Agora neben der Tholos 
und in engster raumlicher Verbindung mit dem 
Metroon (Paus. I 3, 5. 5, 1. Ps.-Plut. vit. X orat. 
842 e; vgl. Wachsmuth Stadt Athen I 163f.), 
auch unfern der Eponymen (Aristot. 'A-&. no).. 53). 
Dasselbe bildete das constante Versammlungs- 
local fur die Gesamtsitzungen (sSgai) des_ Rates. 



Ausseraem nnuei sicu au vciaLmcucucu u^ucu iw»» ***. «.v ^,™~...— .----„— \-- = -v . _ 
als Gegensatz des PovXsvoag der X eigi igyaodfierog, 50 Unmittelbar mit dem Sitzungssaal hing eine JLa 



And. f 94. Ant. VI 16, der xalg x e 9 ai xgd'g'ag, 
Demosth. XIX 21, der x"6 ov Qy*l oa s > Aisch. LI 
117, der avroyng. Plat. Leg. LX 872a. Xen. hell. 
VI 4, 35. Danach hat Forchhammer De Areo- 
pago 30 als das Wesentliche an der Klage er- 
kannt, dass der Beschuldigte die That ersonnen, 
aber nicht mit eigener Hand ausgefuhrt hatte; 
vgl. Philippi Areopag 29. LipsiusAtt.Proc.384. 
Hermannn-Thalheim Rechtsalt. 45. Diese 



pelle zusammen, in der die guten Rat gewahren- 
den Gotter, an die sich die Buleuten beim Eintritt 
mit ihrem Gebet zu wenden pflegten, Zeus Bu- 
laios und Athene Bulaia, anfgestellt waren (An- 
tiph. VI 45. Paus. I 3, 5). An dem hier errich- 
teten Altar, der sotia povXaia, schwur man die 
feierlichen Eide (Aeschin. II 45); zu ihm fluch- 
teten die wahrend der Ratsverhandlungen in Ge- 
fahr Geratenden (Andok. I 43. H 13. 15. Diod. 



nermannu- 1 ua inei ui necuuaaiu. iu. ^/icoc mm utioivuuvu ^^..^ — - 

Auffassung ist vergeblich bekampft worden von 60 XIV 4). In dieser Kapelle stand auch der Apol 
n tL ^; m 5„^ a„..: '„„.„ /jm+ iftRR Tio;. ^ n „ v<ln Ppisias und deT Demos von Lyson (Paus 



Pas sow De crimine povXevoscog, Gott. 1886. Hei 
kel Acta soc. Fenn. XVI If. Kohm Die pov- 
Xsvoie im att. Proc, Olmfltz 1890, wahrend Plene 
De homicidarum in Areopago iudicio 39f. , ge- 
stutzt auf Ant. IV y 4 unter dem povXevoag den 
verstehen will, der die That zwar nicht vollzogen, 
aber ,die Verantwortung dafur hatte. Fur die Be- 
strafung gait das Gesetz And. I 94 xov povXev- 



lon von Peisias und deT Demos von Lyson (Pans, 
a. a. O.). Der eigentliche Sitzungssaal war mit 
einer Rednerbuhne {pijua. Antiph. VI 40) und 
Biinken (Lys. XHI 36) ausgestattet , von dem 
Raum, wo die ZuhOrer, die sog. ISiaxai, weilten, 
durch Schranken abgescbieden (Aristoph. Ritt. 
640ff. 675. Xenoph. hell. II 3, 5. Ps.-Demosth. 
XXV 22). Die Platze der Ratsherren waren seit 



1039 



Buleuterion 



Bulgaroi 



1040 



der ersten Eestauration der Demokratie (410/9) ^svog zaiv fjiegl xov Aiowaov) xeyvixmv zusammen- 

fest bestimmt, s. Philochor, im Schol. Aristoph. bringen, dessen Lage unbekannt ist, gewfihnlieh 

Plut. 972 (vgl. die verschiedenen Auslegungen Dei aber in der Nahe der Agora gesucbt wird, da man 

Wachsmuth a. a. 0. 523, 1 und B. KeilHerm. es (sehr voreilig) zusammenbringt mit dem Hain 

XXIX 68). tibrigens schmiickten den Saal einige des Dionysos Melpomenos beim Hause weiland 

Portraits verdienter Manner, so die von Protogenes Pulytions* (vgl. Wachsmuth Stadt Athen I 215, 

gemalten ausgezeichneten Thesmotheten und das 4. Maass Orpheus 61, 7). Wenn dagegenLol- 

von Olbiades herriihrende Bild des siegreicben Ffih- ling in Miillers Handb. d. A.-W. Ill 312, 4 an- 

rers beim Thermopylenkampf im J. 279 (Paus. I 3, nahm, dass das B. einen Teil des Pompeions bilde, 

5). Sicber wurden im B. selbst die vom Rat gefass- 10 so war das unbegrundet und wurde geradezu aus- 

ten Beschliisse nebst den Sitzungsprotokollen auf- gescblossen, falls das Eeitermonument, in dessen 

bewahrt; bieher darf man auch rechnen den Be- Kabe dasB. lag, sich, wie wahrscheinlich, auf dem 

schluss iiber die Straflosigkeit des Frevlers An- effentlichen Begrabnisplatz befand; vgl. Wachs- 

dokides (Andok. II 23) ; gleichfalls war im Eats- muth Stadt Athen I 264. [Wachsmuth.] 

gebaude eine Liste der mit der Proxenie Geehrten Balga , nach Fest. ep. 35, 1 ein gallisches 

aufgestellt (CIA II 21), fur die ja der Rat die Wort, ein lederner, am Arm getragener Beutel, 

Sorge ubernommen hatte, so dass ihre genaue der namentlich als Geldbeutel diente, Lucilius 

Kenntnis gesiehert sein musste. Ahnlich stan- und Varro bei Non. II 78, 2. 187, 15 (bier vulga). 

den vor dem B. Stelen mit Volksbeschliissen, die [Mau.] 

bei allgemeiner und hervorragender Bedeutung fur 20 Bulgaroi, selten Bulgares, Gesamtbezeich- 

die hSchste Begierungsbehorde eine ganz beson- nung fur verschiedene hunnische Stamme, welche 

dere Wiehtigkeit besassen,; so das 403 v. Chr. nach Attilas Tode an der unteren Donau, am 

gefasste Psephisma, das jeden, der die demokra- Danaprls (den die Hunnen Var benannten, lord. 

'tisehe Verfassung umzustiirzen suchte, fur vogel- Get. 52) und in den entfernteren Ostlichen Steppen 

frei erklarte (Lykurg. Leokr. 124. 125. 126. An- zurflckgeblieben waren und sich durch nach- 

dok. I 95), und das Ehrendecret fur die Wacke- riickende innerasiatische Horden verstarkten; man 

ren ron Phyle, deren Energie die alte Staatsord- spricht daher von ,hunnobulgarischen' Stammen. 

nung wieder ins Leben gerufen hatte (Aeschin. Der zuerst im J. 481 geschichtlich bezeugte Name 

III 187), oder das fiir Euchares, der 303 v. Chr. B. mag entweder ,Mischling' oder ,Aufmischer' 

nach der Yertreibung des Demetrios bei der Ge- 30 bedeutet haben , von dem tiirkisch-mongolischen 

setzrevision urn Eat und Volk sich verdient gemacht Verbalthema bulgha- ,mischen' (3. sing, praes. 

hatte (CIA II 258 , 19). Unrichtig ist dagegen bulgha-r, ursprunglich eine Nominalform). 

die Meldung, dass die auf xvqfiuq aufgeschrie- Nach Agath. V 11 waren unter Kaiser Leo I. 

benen Solonischen Gesetze durch Ephialtes hieher (457—474) zuerst die Ultinzuroi und Vurugundoi 

versetzt waren, die nur auf einer (falschen) Yer- machtig hervorgetreten ; Ultzinzures standen nach 

mutung des Didymos (bei Harpokr. Phot. Suid. Iordanes im J. 462 unter Attilas Sohn Dengitzich 

s. o xdzco&ev vo'/io;) beruht, s.Wilamowitz Arist. im Gebiet von Sirmium, ebenso Angisciri Bar- 

u. Ath. II 45 , 7. Ebenso ist die vermeintliche dores und Bittugores (s. d.) ; Urugundoi nennt be- 

Naehricht des Aristoteles bei Harpokr. Phot. Suid. reits urn die Mitte des 3. Jhdts. Zosimos. Wah- 

s. oxQazua fa rotg knoyvvnoig, dass das Verzeichnis 40 rend der ganzen Folgezeit blieben weite Strecken 

der dienstpflichtigen Epheben hier aufgestellt war, am Nordufer der unteren Donau von den B. be- 

durch Aristoteles selbst 'Ad. noX. 53 dahin be- setzt; als die beiden Theoderieh das ostrOmische 

richtigt, dass es auf einer Bronzestele bei den Reich bedrangten, nahm Kaiser Zenon zuerst im 

Eponymen tzqo zov povhvttjQiov stand. Auch die J. 481 die Hulfe dieser B. in Anspruch, Jo. An- 

neuereVermutung(v.Wilamowitz AusKydathen tioch. bei Cramer Anecd. Oxon, H 83. Als hier- 

205. Miller De deer. Att., sent, contr. I. Thai- auf im J. 488 der grosse Theoderieh nach Italien 

heim Jahrb. f. Philol. 1878, 546 und Berl. philol. aufbrach, hatte er zumal im Gebiet von Sirmium 

Wochenschr. 1894, 1064), dass das B. in alterer mit den Gepiden und deren hunnobulgarischen 

Zeit als allgemeines Staatsarchiv gedient habe, Bundesgenossen, welche unter dem Hordenfuhrer 

ist unbeweisbar und an sich unwahrscheinlich. 50 Busa standen, blutige Kampfe auszufechten, Hist. 

Vgl. Wachsmuth Stadt Athen II 320ff. misc. XVI 17; mit eigener Hand erschlug er den 

2) Das B. der Techniten (zo zwv zzyyixwv Bulgaren Libertem (turk. Alb-ertem ,Helden- 

§ovlsvxr)gtov), ein nur bei Philostr. vit. soph. II tugend'j, wie Ennodius bezeugt. Derselbe Autor 

8, 2 erwahntes Gebaude zu Athen, das beim Di- spricht von einer indomita Bidgarurn inventus 

pylon oi jioqqco xmv hixiwv lag und in der Kaiser- und Cassiodorius Yar. VIII 10 von Bulgari toto 

zeit zu Yortragen der Sophisten benutzt wurde. orbe terrib iles mit deutlicher Auspielung auf deren 

Die urspriingliche Bestimmung kann man nur aus hunnische Vorganger. Vom J. 493 an bis zum 

der Bezeichnung erschliessen ; es muss also das Auftreten der Awaren in Pannonien sind standige 

Versammlungshaus einer als Thiasos geordneten Einfalle der bulgarischen Horden in die Bomania 

Association von Techniten, bezw. ihren Yertretern 60 bezeugt ; die Chronisten (Marcellinus Comes, Pro- 

gewesen sein. An sich kOnnen ja alle mOglichen kopios, Theophanes u. a.) bezeichnen diese meist 

Techniten, d. h. Handwerker gemeint sein; doch von Slovenen begleiteten Eaubscharen bald als 

liegt es nahe , speciell an oi xegi xov Aiowaov B., bald mit den veralteten Namen Skythai, Getai 

ze/vTzai zu denken, zumal bei ihnen die fur Yor- und Mysoi. Gefahrlich fur das Eeich war beson- 

trage geeignete Einrichtung eLnes Yersammlungs- ders der Aufstand des fiir die Sache des rflmi- 

raumes besonders begreiflich erscheint. Ware das schen Bischofs eingetretenen Generals Vitalianus 

sicher , so diirfte man dieses B. wohl mit dem 512-520, der sich hiebei hunnobulgarischer Reiter- 

von Poseidonios bei Athen. Y 212 e genannten xe- scharen bediente. Urn sich der Einfalle der Nord- 



1041 



Bulgaroi 



Bulgaroi 



1042 



vOlker erfolgreich zu erwehren , schrieb Iustinia- Turken, Menander p. 301. 401 ; zuletzt aber wur- 

nus I. harte Steuern aus, und noch gelang es, die den hier die vormaligen Sabiroi unter dem Namen 

heftigen Ansturme zuriickzuschlagen ; von einer Chazaroi allmachtig. Der Eavennate setzt ein Ge- 

instantia quotidiana Bvlgaroram Antarum et biet Onogoria iiber der fischreichen Maiotis am 

Solavirwrum spricht Iordanes im J. 551; bald Tana'is an; Iordanes berichtet, dass die bulgari- 

traten jedoch an die Stelle dieser Eaubscharen die schen Hunnuguri das Grauwerk des hohen Nordens 

weit gefahrlicheren Awaren. in den Handel brachten; es sind die Onoguroi 

Die in Innerasien emporgekommenen Abaroi des Priscus oder Unnuguroi des Theophylactus, 

hatten die am Irtysch und Tobol hausenden hun- deren Ortschaft Ba-kath durch ein Erdbeben ver- 

nischen Sabiroi erfolgreich bekampft — von beiden 10 nichtet wurde ; ihr Name deutet sich aus tiirkisch 

Yolkern stammt die orientalische Benennung AbaT- On-ujghur ,die zehn verbttndeten (Stamme)'. Im 

o-Sabtr fur ,Sibirien'. Die Sabiroi hinwieder driing- Sendschreiben des Chazarenchans Joseph wird 

ten auf die bei den Akatziroi herrschenden Sara- ferner eine uberaus zahlreiche unterworfene Horde 

guroi, welche zu den kaspischen Thoren fluchte- Unundur erwahnt, ahnlich geformt wie die Chai- 

ten, auf die Urogoi und Onoguroi; sie besetzten lendur oberhalb Darband, die Yetendur der ar- 

selbst zuletzt die kaspischen Westgestade zwischen menischen Landschaft Vanand und die oben er- 

A^olga und Kur und machten von hier aus Ein- wahnten Oichondur. Einen ahnlichen Ausgang 

falle_ in die siidlichen Lander; diese Sabiroi er- zeigen die von Nikephoros und Theophanes ver- 

scheinen nachmals unter dem Namen Chazaroi, merkten Onogunduroi oder Ummgunduroi, welche 

pers. Chazran, armen. Chazirkh (vgl. Mas'udi in 20 mit den Onoguroi nichtverwechseltwerdendfirfen; 

Kitab el-tanbih p. 83 De Goeje). Unter den von ihre Geschichte ist mit jener der Kutriguroi innig 

Awaren gedrangten Volkern hunnischen Schlages verknupft, und beide Stamme miissen benachbarte 

fiihrt Theophylactus VII 8 ausser den Sabiroi Sitze eingenommen haben: beide wurden von den 

auch noch die Barsil, Unnuguroi, Zabender, Kot- schliesslich nach Pannonien eingeriickten Awaren 

zageroi und Tarniach an; letztere begegnen in unterjocht. Organa, der Hauptling der Onogun- 

der Form Tarna im hebraeischen Sendschreiben duroi, kniipfte im J. 619 mit dem christlichen 

des Chazarenchans Joseph im J. 960 (vgl. Eussische Byzanz innige Beziehungen an ; sein Neffe Kuwrat 

Revue 1875, 81) neben Barzil Bulgar und Sawir. wandte sich im J. 635 offen dem Kaiser Hera- 

Mehrere bulgarische Horden nahmen Wohn- kleios zu ; allgemein hatten sich damals die Bul- 

sitze an der Seite der Sabiroi und Alanoi vom 30 garen und Slovenen gegen die Awaren erhoben. 

Nordabhang des Kaukasos an entlang der maio- Von den benachbarten Kutriguroi, deren Namen 

tiscben Ostkiiste bis zum kimmerisehen Bosporos ; verschiedene Nebenformen zeigt (Kotriguroi, Ko- 

sie einigten sich unter dem Namen Utiguroi, von trageroi, Kotzageroi, bei Iordanes Cutziagiri ; vgl. 

turk. ittighur, ujghur ,folgsam, anhanglich, ver- turk. kotrugur ,hervorragend , bertthmt'), ist es 

bflndet'. Die spatere Sagenklitterung bei Nike- bekannt und ausgemacht, dass sie vom Flachge- 

phoros und Theophanes kennt diese Bezeichnung biet Tauriens an bis zu den Donaumundungen hin 

nicht mehr; sie spricht von einer , ersten alten herumschweiften und in Raubziigen oftmals die 

und grossen Bulgaria', welche sich zwischen dem Donau iiberschritten , so namentlich im J. 558 

Atal (Volga), Tana'is und Kuphis (Kuban) erstreckt unter ihrem Hauptling Zabergan, gegen welchen 

habe und von wo aus vier Hauptabteilungen der 40 Iustinianus vergeblich die ,stammverwandten und 

bulgarischen Nation auszogen, wahrend die fiinfte gleiehsprachigen' Utiguroi unter Sandilch aufbot, 

unter ihrem Fttrsten Basianos oder Batbaian zu- Menander p. 344. Eben damals gerieten beide 

ruckblieb. In zwei Zusatzen zur armenischen Stamme unter das Joch der Awaren. Etwas fruher 

Geographie des Moses heisst es (p. 25. 17 Soukry) : (550 ?) hatten 12 000 Kutriguroi den Gepiden Hulfe 

,uber dem pontischen Kustenorte Nikopsis beginiien geleistet gegen die Langobarden ; anderseits zogen 

die von Turken besetzten Striche ; es hausen dort im J. 568 Scharen von Bulgaren mit Alboin nach 

die nach Flusslaufen benannten Stamme der Kuphi- Italien. Im folgenden J. 569 sandte der Awaren- 

Bulgar, Duci(?)-Bulgar, Otchondur-Bulgar und chagan Bajan 10000 Kutriguroi iiber die Sawe 

K(ijdar-Bulgar (vgl. Hunnoi Kidaritai)'. Der gegen Dalmatien, wobei 40 r»mische Castelle zer- 
synsehe tbersetzer der Chronik des Zacharias von 50 stort wurden. Im J. 596 erlitt der General Pe- 

Mitylene fttgt eine aus Ptolemaios geschfipfte Geo- tros eine Schlappe bei dem Donaucastell Asemos 

graphie bei (Land Anecd. Syr. m p. 327—340) (s. Anasamus) durch 6000 Bulgaren. Zahlreiche 

und handelt fiber christliche Missionen zu den Haufen von Hunnobulgaren neben Slovenen und 

nOrdlich vom Kaukasos sesshaften B. oder Hun6je. Gepiden standen im Heere des Awarenchagans 

so wie uber die der hunnischen Sprache angepasste vor Byzanz 617—626, Georg. Pisida b. Avar. 

Schriftart. In der That berichten die byzantini- 197. 409. Doch nahmen die Aufstandsversuche 

schen Annalisten zum J. 528 iiber die Taufe eines gegen die Awaren immer mehr uberhand ; so zogen 

Utigurenhauptlings Gorda oder Grod, welcher die 9000 Bulgarenfamilien unter Altich im J. 630 

aus Silber und Bronze gefertigten Gstzen ein- in die frankisch-bajovarische Creinamarca, Frede- 
schmolz, worauf ihn das von den Zauberpriestern 60 gar 72 ; als sie an den Winden hartnacMge Gegner 

aufgehetzteVolkerschlugundseinenBruderMuger fanden, zogen sie unter demselben Fuhrer Alzeeo 

zum Chan ausrief._ Die Obermacht der Awaren (dies die longobardische Namensform) nach Italien 

bei diesen Utiguroi war von kurzer Dauer; sie und erhielten von Herzog Grimoald Sitze in der 

wich jener der eigentlich so genannten Turkoi Abruzzenlandschaft Molise bei Saepianum, Bovia- 

vom Altaigebirge ; im J. 570 , als der Gesandte num und Aesernia, wo sie noch lange ihre eigene 

Zemarchos, wie auch im J. 575/76, als Valentinus Sprechweise bewahrten , Paul. Diac. V 29. Urn 

den Turkenchan im Altai besuchten, standen die das J. 750 zog der Bulgare Kuwer aus der awa- 

Utiguroi gleich den Alanoi unter dem Joche der rischen Mark Sirmium und fand eine neue Heimat 



1043 



Bulgaroi 



Bulgaroi 



1044 



im makedonischen Hochfeld Keramie (s. d., jetzt 
Prilip), Acta SS. Oct. IV 179. 184. Die frei ge- 
wordenen Horden der Onogunduroi und Kutrigu- 
roi haben die Geschicke der Haemushalbinsel oder 
Romania entscheidend dadurch beeinflusst, dass 
sie endlich zwischen 660 — 668 die untere Donau 
iiberschritten und im Haemus, woselbst seit 580 
sieben slovenische Stammehausten, das bulgarische 
Staatswesen begriindeten; obzwar schwacher an 
Volkszahl , dafiir jedoch politisch fest geeinigt, 10 
haben diese hunniseh-turkischen Metanasten den 
von ihnen unterworfenen weit zahlreicheren, aber 
von jeher uneinigen Slovenen sogar die nationale 
Benennung B. iibermittelt ; darum Mess die slove- 
nische Sprache schon fruh die bulgarische , vita 
S. Clementis c. 2; das echte und alte Idiom der 
herrschenden Horde war jedoch alttiirkisch. 

Bei Const. Porphyrog. de caerim. II 52 p. 740 
sind B. und Hunnoi synonyme Ausdriicke. Ein 
Sehriftsteller aus dem Anfang des 11. Jhdts., Leo 20 
Diaconus VI 8 p. 107, leitet die B. von den nach 
Moesien eingewanderten Kotragoi, Chazaroi und 
Chunavoi ab — Namen, die auch im griechischen 
Alexanderroman (Ps.-Kallisthenea ed. Meusel IH 
28) vorkommen. Die von Nikephoros und Theo- 
phanes (Iberlieferte kiinstliche Stammsage lasst die 
bulgarischen Onogunduroi und Kotragoi beim Ein- 
bruch der zuerst im J. 622 erwahnten Chazaroi 
noch in der ,alten grossen Bulgaria' am Atal, 
Tana'is und Kuphis wohnen und vom kotragischen 30 
Fiirsten Kubratos beherrscht sein, dessen zweiter 
Sohn Kotragos iiber den Tana'is zog, wahrend 
Kubrats dritter Sohn Asparuch, von den Chazaroi 
vertrieben, seinen Sitz im Onglos oder , Winker 1 
an den Donaumiindungen nahm und zuletzt eine 
neue Herrschaft im Haemus begrtindete — und 
doch kennt bereits Prokopios unter Kaiser Iusti- 
nianus die Kutriguroi uber den Donaumiindungen! 
Jene Sagenklitterung erscheint auch in der ein- 
geschobenen Stelle der armenischen Geographie : 40 
,Aspar hruk, Sohn des Chubra-atha, verliess, von 
den Chazirkh verdrangt, die Berge Hippika (s. d.) 
und nahm Sitze auf der Donauinsel Peuke, nach- 
dem er von bier die Avar vertrieben hatte'. In 
einer slawischen Chronik (Zapiski der Petersburger 
Akad. d. Wiss. 1878, 118—161) erscheint als Ahn- 
herr der bulgarischen Dynastie Dulo (fciirk. toluq, 
osm. dolu ,voll, stark') Awi-tochol ; dessen Nach- 
folger war Irnik (vgl. Attilas Sohn Ernach um 
468) ; dann folgte der Usurpator Kostun aus dem 50 
Geschlechte Jermi; hierauf der Duloide Kuwrat, 
dann Bezmer, endlich Jesperich (= Asparuch), 
welcher fiber den Strom setzte. Die Einwande- 
rung des Asparuch nach Moesien und die Unter- 
werfung der slovenischen Stamme fuhrte grosse 
Umwalzungen herbei; nach Theophylactus archi- 
episcopus Bulgariae (opera Venet. 1758 III p. 497) 
haben die B. die BevSlkerung ganzlich verschoben : 
die Bergbewohner wurden von ihnen ins Flach- 
land versetzt, die Bewohner der Niederungen ins 60 
Gebirge vertrieben. Haufig empSrten sich die ge- 
knechteten slovenischen Bewohner, manche wan- 
derten nach Makedonien aus; unter den bulgari- 
schen Herren selbst herrschten Fehden und Thron- 
streitigkeiten ; bald zeigten sie sich als Todfeinde 
der Griechen, bald hielten sie fest zu Byzanz. 
Weiters werden in jener slawischen Chronik, so- 
wie bei den byzantinischen Chronisten, zumal 



Theophanes, als bulgarische Fiirsten im Haemus 
erwahnt: Terbelis oder Terwel (vgl. jakut. tirabil 
,Stiitze'), neben ihm ein gewisser Kormesios oder 
Kormisos (tiirk. jMraM/£,Besorger, Zurichter, Bogen- 
spanuer') aus dem Geschlechte Ukil, der im J. 716 
dem Theodosios III. die schmahlichen ndxxa be- 
zuglich der Haemusgrenze abnotigte, Theophan. 
p. 775 ; dann Wichtun, dann Teletzis (jakut. til- 
laiSi jErCffiier') aus dem Geschlechte Uga'in; hier- 
auf regierten kurz nach einander Sewar, Ulnar, 
die Briider Bajan und Toktos (tiirk. toqtaS ,Still- 
stand, Euhe'), weiters Telerich oder Telleryg (tiirk. 
toloriiq ,einer der sich loslost'?), endlich Karda- 
mys und der gewaltige Krum (bei Suid. Kqe/j,), 
nach dessen Tode die Heerfuhrer Tzok (mongol. 
tsok , Nimbus, Glanz'), Ditzeng und Dukum auf- 
traten, worauf Krums Sohn, der schwache Omor- 
tag (tiirk. jumurtagh ,geballt, massiv, oval'), auch 
Murtagon genannt, den legitimen Herrschersitz 
einnahm; unter ihm beginnt der Durchbruch 
des slovenischen Volkselementes, seine drei Sflhne 
tragen bereits slawische Namen ; sein Enkel Bo- 
goris oder Boris (mongol. boghori ,niedrig, klein') 
liess sich im J. 864 von byzantinischen MOnchen 
taufen und erhielt den Namen Michael ; fortan er- 
scheinen die B. als ein cbristliches Volk mit iiber- 
wiegend slawischem Volkscharakter ; das Tiirken- 
tum tritt nur noch gelegentlich in einigen Per- 
sonennamen hervor. 

Der Titel der bulgarischen Fiirsten war wie 
bei den Awaren ^aya>'o? (mongol. chaghan ,Zer- 
spalter, Entsoheider' von cliaghu ,entzwei'; fern. 
ehaghatun tiirk. qatun); die Minister, sechs an 
der Zahl, hiessen fiofodSss, fioi'/.dSeg, sing. fioXlas, 
floilag (vgl. tiirk. bqjlu ,hoch', bolja- ,emporragen, 
zur Hohe gelangen'; daher das slawische Lehn- 
\tort Joljar, rum. bojar ,Magnat'); die Heerfuhrer 
payaivoi (so auf Inschriften) ; dazu der Ausdruck 
fur ,Held' fiayarovQ (mongol. bagltatur, tiirk. ba- 
tur, neupers. belmder) ; eine Hofwurde bekleidete 
der oatj,ipriq , sampsis (bulgar. saney , samucij 
von samt, .Ehre, Wurde' = tiirk. son ,Ansehen, 
Schatzung', sana- ,schatzen, zahlen', jakut. sa- 
naZci ,sinnend, beratend, weise'), femer der ,Blut- 
richter' xavao uxetvos (tiirk. qanar ,blutvergies- 
send' und tikin, junger Held') ; ein .Freiherr' Mess 
ragxdvog (tiirk. tarkhan). In Eigennamen begeg- 
nen die tiirkischen Endungen -xt,r\s {-&)), -bid (so 
auch jakut. fur osman. -ghvl) und -in (z. B. in 
Magotin, vgl. tiirk. maghut- ,erheben, preisen'i. 
Zum tiirkischen Ursprung der alten B. stimmt 
auch alles, was iiber die Sitten und Brauche der- 
selben iiberliefert wird. Die Hauptstarke ihrer 
Armee bildete die Reiterei; die unterworfenen 
Slovenen bildeten die Avantgarde (zgofiayoi) und 
den Tross; ein Rossschweif (tiirk. high) gait als 
Banner. Links gait wie bei den Hunnen fur die 
Ehrenseite. Bei Gelagen tranken sich der Chagan 
und die Magnaten aus den Schadeln der feind- 
lichen Heerfuhrer Gesundheit zu. Die Manner 
schoren die KOpfe bis auf einige Haarflechten 
glatt ab ; sie trugen Pelzmutzen und zottige Sehaf- 
pelze ; die Frauen verhullten das Gesicht und 
trugen Pluderhosen und um den Leib Scharpen- 
giirtel mit Schmucksachen aus Eisen, Kupfer, 
Glas und Bein (Tzetz. Chil. X 224—233). Vor 
Annahme des Christentums huldigten die B. der 
Sonne, dem Monde und den ubrigen Sternen (Theo- 



1045 



Bulgiatensis 



Bulis 



1046 



phylact. arcMepisc. Ill p. 497) und brachten ihren 
Naturgettern Menschenopfer dar; die Utiguren 
verehrten Gotzenbilder aus Silber und Bronze. 
Die Hauptnahrung bestand aus Fleisch, zumal 
von Rossen, und aus geronnener Milch. Die Ge- 
schiehte der vom J. 864 folgenden slawo-bulgari- 
schen Zeit liegt ausserhalb unserer Betrachtung; 
iiber die chagano-bulgarische Periode vgl. Zeuss 
Die Deutschen 710 — 727 und Tomaschek Ztschr. 
f. d. Osterr. Gymnasien 1877, 682ff. Uber die 
Gesamtgeschichte der Bulgaren hesitzen wir jetzt 
ein ausgezeichnetes Werk von Constantin J i r e c e k. 

Zum Schlusse sei bemerkt, dass es auch Bul- 
garen — offenbar ein Rest der alten Sabiroi — 
und eine Stadt Bulghar (wo eine gute Ledersorte 
erzeugt wurde, daher tiirkisch bulghar ,samisches 
Leder') im heutigen Gebiet von Kazan (tiirk. qazan 
,Kessel') zwischen der mittleren Volga und der 
unteren Kama gegeben hat ; wir besitzen hieriiber 
ausgezeichnete Nachrichten bei den arabischen 
Geographen (vgl. Frahn Me"moires der Peters- 
burger Akad. d. Wiss. Vie g&ie vol. 1) und in 
den russischen Annalen (vgl. Uwarow De Bul- 
garum origine et sedibus antiquissimis , Dorpat 
1853); Const. Porphyrog. de adm. imp. 12 p. 81. 
42 p. 180 erwahnt eine fiavQt/ BovXyagia im Hin- 
terland der Chazaroi und Ros (an zweiter Stelle 
ist SvQia entweder als MvQia i. i. das Gebiet 
der finnischen Merja oder als MoqSux d. i. Mor- 
dwa zu fassen); durch abendlandische Prediger- 
mOnche wurde seit 1232 eine Magna Bulgaria west- 
lich von Bascardia erkundet; deren Bewohner 
heissen auch Byleri, Bular, Belar ; noch verzeichnet 
die italienische Karte des Pizigan im J. 1367 und 
die Mappa Catalana im J. 1375 die Stadt Bor- 
gar, Burgar. Ein Stamm der Baskyren nennt 
sich noch heutzutage Bulghar, und die Wotjaken 
benennen einen Kazan- Tataren Biger d. i. Bulgar. 

[Tomaschek.] 

Bulgiatensis villa bei Greg. Tur. hist. Franc. 
HI 16, das heutige DorfBongheat (friiher Boug- 
heat), d6p. Puy-de-D6me. Longnon Geogr. de 
la Gaule au Vie siecle 496. Holder Altcelt. 
Sprachsch. s. Bulgias. [Ihm.] 

Bulibas (Bovhftds), Castell in Epeiros, durch 
lustinian I. erneuert, Prokop. aed. IV 4 p. 279. 

[Oberhummer.] 

Bulidai (BovMdcu, abgekflrzt Bov. in einer 
Inschrift aus flavischer Zeit IGIns. I 4 col. Ill 
22) ist einer der kleineren Demen von Lindos, 
der von dreiunddreissig Vertretern nur zwei zu 
wahlen hat, wahrend andere Demen sieben, ja 
acht entsenden (vgl. Brasios), IGIns. I 761. 
Der Ort, dessen Lage zu bestimmen uns jeder 
Anhalt fehlt, mag Bovleia (oder BovXk) geheissen 
haben, wovon BovUSai gebildet ist wie Nentdat 
von Neizeia. Patronymische Demennamen sind 
in Rhodos nicht selten; vgl. noch EvgtdSat und 
Ao^i&at. Bottermund De republics Rhodiorum 
commentatio, Diss. Hal. 1882, 14f. Selivanov 
Umrisse der alten Topogr. der Insel Rhodos, Kasan 
1892, 37f. 160 (russisch). Stadtrhodische Grab- 
maler von Buliden: IGIns. I 181—188. 

[Hiller v. Gaertringen.] 

Bnlikas (Bovhxds, Hafen der Homeriten in 
Westarabien, von wo man nach Adulis in Aithiopien 
iiberzusetzen pflegte , Prokop. bell. Pers. I 19, 
etwa mit dem Hafen Ghalaflka oder seinem Vor- 



ganger zusammenzustellen (vgl. Sprenger Alte 
Geogr. 62). [D. H. Miiller.] 

BovXifiov igeXaois- Eine alte Opfersitte in 
Chaironeia, iiber welche wir nur durch Plutarch, 
dessen quaestio symposiaca VI 8, 1 davon han- 
delt, unterrichtet sind; der aQx a > v vollzieht sie 
auf der xotri} iana, und sonst jeder in seinem 
Hause. Die oixerai fallen (wohl nach einem 
Opfer) iiber einen Genossen her, schlagen ihn mit 

10 Weidenruten und rufen dabei: el-co ftovhfiov, iaa> 
ds nlovtov xai vyieutv. Diese Sitte entspricht 
offenbar dem slavischen und deutschen Brauch, 
welchen Mannhardt Wald- und Feldkulte I 25l 
den ,Schlag mit der Lebensrute' genannt Tind an 
einer grossen Anzahl von Beispielen se,h5n erlau- 
tert hat; vgl. z. B. den von Mannhardt a. a. 
O. 257 citierten Vers: ,Nicht ich schlage, die 
Weide schlagt; In einer Woche ist Ostertag. 
Krankheit in den Wald! Gesundheit in die Ge- 

20 beine !' tJber die durch Plutarch a. a. O. bezeugte 
boiotische Form novhfws vgl. Wilh. Schulze 
Kuhns Zeitschr. XXXIH (1895) 243. [Kern.] 

Bulini [Bovhvai, richtiger BovXlvoi nach illy- 
rischem Typus, Artemidoros bei Steph. Byz.), illy- 
risches Volk in der Nachbarsehaft der Hylloi und 
zwar an der Siidseite der hyllischen Halbinsel ent- 
lang einer Kiiatenstrecke von der Lange einer 
grossen Tagfahrt ostwarts bis zur Miindung des 
Flusses Nestos (= Tilurius, jetzt Ce"tina), so dass 

30 also Tragurium mitten auf dieser Strecke lag, 
Scyl. 22 ; ebenda kennt auch Dion. per. 387 Bov- 
Xtpscov (wohl von Nom. BovhfieTg, richtiger Bov- 
Uviatv oder nach C. Miiller BovUvcov) axzai; 
minder genau setzt Scymn. 404 Bovhv&v S&vos 
nflrdlicher an, zwischen den Libyrnoi und der hyl- 
lischen Halbinsel. Artemidoros bei Steph. Byz. 
nannte das Gebiet oder dessen Vorort BovMvq; 
nach der augusteischen Weltkarte vermerkt noeh 
die Tab. Peut. ein Gebiet Bulinia an der dal- 

40matischen Kuste oberhalb Tragurium, zwischen 
Practorium Magnum, Andetrium und Siculi; der 
illyrische Wortstamm bid- findet sich auch in 
Bullis , Bvllk (s. d.) und in den pannonischen 
Eigennamen Bulus oder Bulius, CIL HI 4372. 
Wenn das eigentliche Illyris, wie es Scymn. 415 
und Dion. per. 388 angeben, erst mit dem Nestos 
begann und nicht schon mit dem Katarbates (= 
Telavios, jetzt Zermanja), wie Scyl. 22 angiebt, 
so dflrfen die B. samt den Hylloi zu der Gruppe 

50 der liburnischen Volker gerechnet werden , die 
zwar auch zu der grossen illyrischen Nation ge- 
horten, jedoch eine altere Schicht derselben dar- 
stellten, als die Delmatai. [Tomaschek.] 

Balis. 1) Bovlis, Stadt in Phokis, angeblich 
von Dorern unter Bulon (s. d. Nr. 1) gegrundet. 
Auf eine von den ubrigen Phokern verschiedene 
BevSlkerung weist ihre politische Sonderstellung 
(Paus.) , sowie der Kult eines Gottes Mcyiorog 
(neben Artemis und Dionysos), der vielleicht ebenso 

60 wie die Purpnrfischerei, von welcher sich die Mehr- 
zahl der Bewohner nahrte, auf alte phoinikische 
Einfliisse zuruckzufiihren ist. Sie lag auf einer 
AnhOhe sieben Stadien von ihrem Hafen entfernt, 
auf welchen Bursian die von Strab. IX 423 be- 
zeugte Benennung Mvyps bezieht, die jedoch eher 
mit H. Kiepert Formae XV der weiter ostlich 
gelegenen Bucht von Korsiai zuzuweisen ist. Das 
kleine, vom Giessbache Herakleios durchflossene 



1047 



Bulla 



Bulla 



1048 



Thai von B., in dessen Gebiet ausserdem noch 
erne Quelle Savvior genannt niid, ist nach Nor- 
den gegen Phokis durch ein rauhes, unwegsames 
Bergland, den westlichen Teil des Helikon, be- 
grenzt, Paus. X 37, 2f, (Hauptstelle). Plin. IV 8. 
Ptol. Ill 14, 17 (15, 18), wo die Hss. BovXia, 
BovXela, BovXua geben. Steph. Byz. 0. Miiller 
Orchomenos 2 482 wollte den Namen anch bei Plut. 
soil. anim. 31 fur Bovvoi (s. d.) herstellen. Die 



wird (den campus Bullensis nennt auch Augusti- 
nus ep. 56). Vielleicbt ist dies dieselbe Ebene, 
die Ennius bei Cic. de or. m 167. Polyb. XIV 
7, 8. Liv. XXX 8, 3. Appian. Lib. 68 als Magni 
Campi, to MeydXa Tisdla, erwahnen (Tis sot GeV 
grapbie de l'Afrique I 62. II 264). Die in B. 
regia gefundenen Inschriften s. CIL VIII Suppl. 
144674. Die Ergebnisse der neuesten Ausgra- 
bungen s. Bulletin archeologique du comite' des 



noch vorhandenen Euinen lassen eine kleine, be- 10 travaux historiques 1890, 149f. 1892, 69f. Einen 



festigte Stadt erkennen , Leake North. Greece 
II518ff. BursianGeogr.I185f. [Oberhummer.] 

2) BovXi;, Thessalierin, Mutter des Aigypios 
(s. d.), nach der Blutschande mit ihrem Sorm in 
einen Vogel (naivyg) verwandelt, der die Augen 
von "Fischen, VOgeln und Schlangen zu fressen 
pflegt, Boios bei Anton. Lib. 5. Hesych. s. Bov- 
Xig- yvri] ovzoi xaXovftevij (wo M, Schmidt mit 
Unrecht audern wollte). Hygin. fab. 253 (quae 



Plan der Euinen giebt Winckler Bulletin tri- 
rnestriel des antiquity africaines 1885, 112 Taf. 
Vgl. auch Cagnat u. Saladin Voyage en Tu- 
nisie (1894) 259ff. b) Ein zweites B. in der 
Provinz Africa erwahnt Ptolem. IV 3, 35 als 
Bovllajirjvaa {Bulla mensa ?). Auch die Bischofs- 
liste vom Jahre 484 (in Halms Victor Vitensis) 
verzeichnet unter den BischOfen der Provincia 
proconsularis ausser Iohannes Bullensium reg. 



contra fas coneubuerunt): {Aegypius) cum Bu- 20 (nr. 50) noch einen Felix Bullensis (nr. 34}. 



lick (fiir Bliade) matre sua von Bursian Emend. 
Hyg. 14 mit grosser Wahrscbeinlichkeit herge- 
stellt. tJber den Vogel s. Ps.-Aristot. hist. an. IX 
18 (<pa>v%, eine Taucherart) = Hesych. s. ti5jv%. 
Etym. M. 699, 10 (jKovyye;, zu den afflviai ge- 
rechnet). [Knaack.] 

3) Bovhs (liber den Namen Ahrens De graecae 
linguae dialectis II 564), junger Spartaner, der 
mit Sperthias zusammen zur Stihne der von den 



Vielleicht gehort hierher der episcopus plebis 
Bullamensis aus dem J. 525 (Man si Cone, col- 
lect. VIII 648), wahrend der episcopus Bulle- 
rensis aus dem J. 649 (Man si X 942) eher zu 
B. regia geheren diirfte. [Dessau.] 

2) Eine am Hals getragene lederne oder me- 
tallene, bei Wohlhabenden goldene, in der Regel 
lmsenf8rmige(ya«o£((5^Plut.qu.rom. 101)Kapsel, 
genannt nach der Ahnlichkeit mit einer Wasser- 



Spartanern getSteten persischen Gesandten an Xer- 30 blase. Man trug in ihr Amulete (praebia) zur 



xes geschickt, von diesem aber begnadigt wurde, 
Vater eines der spartanischen Gesandten, die auf 
dem Wege nach Susa in athenische Gefangenschaft 
gerieten und von den Athenern getotet wurden. 
Seine Geschichte erfuhr Herodot (Vn 134—137) 
von Spartanern, wie Kirchhoff (Entstehungszeit 
22. 23) annimmt, von spartanischen Kriegsge- 
fangenen in Athen. Von Herodot kennen die Ge- 
schichte Plutarch (apophth. Lac. 235 F; rei publ. 



Abwehr des Zaubers, Macrob. sat. 1 6, 9 ; vgl. Varro 
de 1. 1. VH 108. Plin. n. h. XXVIE 39; auch 
das Gold selbst gait als zauberabwehrend , Plin. 
n. h. XXXIII 84. Jahn Sachs. Ber. 1855, 43. 
Die Sitte stammt aus Etrurien, wo die B. zur 
Konigstracht gehorte (Fest. 322 b 1. Plut. Rom. 
25), aber auch sonst, wie die Bildwerke und Griiber- 
funde (s. weiter unten) beweisen, wenigstens von 
den Vornehmen, Mannern, Frauen und Eindern, 



ger. praec. 19) , Lukian (Demosth. encom. 32), 40 allgemein getragen wurde , Bull. d. Inst. 1860, 
----■--•- — — - " •- - 186 (Aschenurnen von Volterra). JahnFicor.Cista 

18. Daremberg et SaglioDict. I 754. Als 
Etruscum aurum bezeichnet die B. Iuven. 5, 164, 
und von den Erzahlungen iiber den Ursprung der 
Sitte fiihren zwei sie auf Tarquinius Priscus zu- 
riick, Plin. n. h. XXXHI 10. Plut. qu. rom. 101. 
Macrob. I 6, 8. 11. Als etruskischer Schmuck 
ist wohl auch die B. der Laren (Petron. 60. Mon. 
d. Inst. VI 13. Jordan Ann. XXXIV 1862, 312 F) 



Theseus (bei Stob. flora. VII 70) und Suidas (s. 
BovXig). t [F. Cauer.]_ 

Bulla. 1) Stadte dieses Namens gab es in 
Africa mehrere. a) Bulla resria (der Beiname bei 
Plin. n. h. V 22. Ptolem. VIII 14, 10, wahrend IV 
3, 30 Bovi.Xa.Qia steht, in den Itinerarien, beim 
Geogr. Rav. und in den Bischofslisten), feste Stadt 
des numidischenKonigreichs, in die im J. 81 v. Chr. 
der Kfinig Iarbas sich gefluchtet hatte und wo 



er dem Pompeius ausgeliefert wurde (Oros, V 21, 50 zu erklaren, nieht mit Jordan a. O. 338 aus der 



14). Von den Romern zum oppidum liberum er- 
klart, erscheint es als solches bei Plin. n. h. V 
22, der es zu Numidien rechnet; administrativ 
gehcrte es indes zur Provincia proconsularis, wie 
die Bischofsliste vom J. 484 zeigt. Nach Itin. 
Ant. p. 44 und deT Tab. Peut. lag B. regia 
an der binnenlandischen Strasse von Karthago 
nach Hippo Regius, und zwar nach Itin. Ant. 
7 Millien von Simitthus. Danach hat T i s s o t 



Sitte. ihnen die abgelegte B. zu weihen. B. als 
Attribut einer Muse Ann. d. Inst. XXX 1858, 332. 
XXXIV 1862, 130, 1. Clarac H 123, 52. Mttl- 
ler-Wieseler U 14, 152. 

Als Teil deT alten Konigstracht wurde die 
goldene B. in Rom vom Triumphator getragen 
(Macrob. 16,9). Namentlich aber gehOrte sie 
zur Tracht anfangs der vornehmen, spater aller 
freien Kinder, bei Knaben bis zur Anlegung der 



(G^ographie de l'Afrique II 259) die Stadt in den 60 Toga virilis; dann wurde sie den Laren geweiht, 



Ruinen von Hammam Darradj, 7 1/2 Km. von Souk- 
el-Arba (Hauptstation der Eisenbahn von Tunis 
nach Algier), wenig nOrdlich vom Bagradas, wie- 
dergefunden. Die sich sudlich von B. , jenscits 
des Bagradas , ausbreitende Ebene ist to BovX- 
lt)s nedlov, das von Prokop. Vand. I 19. 25. II 
15 als Sammelplatz der von Karthago nach Nu- 
midien sich zurfickziehenden Vandalen erwahnt 



Pers. V 31. Dass sie auch von Madchen getragen 
wurde, darf aus Plaut. Rud. 1171 vermutet wer- 
den ; denn wenn auch die Stelle aus dem griechi- 
schen Original stammt, so wurde doch in der 
tTbersetzung wohl ein anderes Wort gewahlt wor- 
den sein, wenn die B. der Madchentraeht fremd 
gewesen ware; sie werden dieselbe bis zur Ver- 
heiratung getragen haben. 



^ 



1049 



Bulla 



Bulla 



1050 



Die goldene B. wurde anfangs nur von den 
Kindern patricischer, spater senatorischer Familien 
(Macrob. I 6, 11), schon fruh aber (nach Plin. n. 
h. XXXHI 10 von Anfang an) auch von Ritter- 
kindern, und weiter von denen aller Freigeborenen, 
ingenui, getragen. Der Zeitpunkt dieser Aus- 
dehnung des Gebrauchs ist nicht iiberliefert. Wenn 
aber (nach M. Laelius bei Macrob. I 6, 13 ; vgl. 
Liv. XXII 1, 17) im J. 217 v. Chr. infolge einer 
Feier, zu der auch Freigelassene beitrugen, deren 
Kindern die Toga praeteita und lorum in collo 
pro bullae deeore gestattet wird, so war wenig- 
stens die Meinung des Laelius, wie aus eben diesen 
Worten hervorgeht, dass damals die Sohne aller 
Freigeborenen die goldene B. zu tragen berech- 
tigt waren. Sicher ist dies fur die letzte Zeit 
der Republik; bei Cic. Verr. I 152 hat sie ein 
Knabe de plebe Botnana gehabt. Aber auch den 
Sohnen der Freigelassenen ist bald der Gebrauch 
der Praeteita und der goldenen B. entweder ge- 
stattet oder von ihnen usurpiert worden ; sie heissen 
insignia, ornamenta ingenuitatis , Val. Max. V 

6, 8. Cic. Verr. I 113; ingenuus aber ist seit 
etwa 189 v. Chr. (Mommsen St.-R. Ill 73. 437) 
jederFreigeborene; vgl. auch Suet, de rhet. 1, 
wo die Bekleidung mit Praetexta und (doch wohl 
goldener) B. der Freilassung gleichgesetzt wird. 
Wenn noch spater (Iuv. 5, 164. Stat. silv. V 3, 
120) die goldene B. im Gegensatz zum lorum als 
Zeichen besseren Standes erscheint, so bezieht 
sich dies nur auf den Gegensatz zwischen Reichen 
und Armen, SchoL Iuv. a. O.: antiqmtus twbi- 
lium pueri bullas aureus habebant, pauperum 
de loris, signum libertatis. 

Die zum Tragen der goldenen B. nicht be- 
rechtigten freigeborenen Kinder, spater die, welche 
aus Armut von diesem Recht keinen Gebrauch 
machten, trugen einen Riemen um den Hals, in 
dem ein Knoten, der wohl auch ein Amulet ent- 
halten mochte, die B. andeutete, Macrob. I 6, 14. 
Iuv. 5, 165. Eine lederne B. erwahnt Schol. Iuv. 
a. O. und Ps.-Ascon. Cic. Verr. p. 199 Or. : bulla 
suspendi in collo infantibus ingenuis solet aurea, 
libertinis seortea, was wortlich verstanden be- 
sagt, dass (nachdem das Recht der goldenen B. 
auf alle Freigeborenen ausgedehnt war) die als 
Kinder Freigelassenen eine lederne B. tragen. 
Moglich ist dieses ; vgl. Schol. Iuv. a. 0. signum 
libertatis. Es ist aber auch mOglich, dass es sich 
hier nur um eine ungenaue Wiedergabe der auf 
altere Zeit bezfiglichen Angabe des Laelius han- 
delt. Dass aber in der That auch lederne B. in 
Gebrauch waren, darf geschlossen werden aus der 
deutlichen Nachahmung derselben in Bronze,- Nas- 
sauische Ann. HI 3, 1844 Taf. 5, 4; ja auch die 
hauflgste und offenbar dem Herkommen am meisten 
entsprechende Form der goldenen B. ist vielleicht 
nur eine Nachahmung einer ledernen B. (s. weiter 
unten). 

tjber die Berechtigung zum Tragen der B. 
handelt ausfuhrlich M. Voigt Sachs. Ber. XXX 
1878, 186, 128. 129, aber auf Grand einer irr- 
tiimlichen Definition der UbeHini und der Ingenui- 
tat: s. hieruber Mommsen St.-R. Ill 422, 2. 

In Etrurien finden sich bronzene B. schon in 
Grabern aus der Zeit der geometrischen Decoration, 

7. Jhdt. v. Chr. ; zwar nicht in der spater ge- 
wohnlichen Form, aber doch wesentlich gleich- 



artig und ganz nach Art der spateren B. am 
Halsband getragen. Hierher sind auch zu rechnen 
ornamentierte runde Bronzescheiben, die ganz in 
derselben Weise getragen wurden. BullenfOrmige 
Scheiben, an einem Draht aufgereiht, dienten als 
Armband, Mon. d. Inst. X 23a 1. 6, dazu Helbig 
Ann. XLVII 1875, 222. Bull. d. Inst. 1874, 56, 4. 
Goldene B. aus etruskischen Grabern spaterer Zeit 
(3. — 2. Jhdt. v. Chr.), zum Teil mit figurlichem 

lOReliefschmuck, besitzt das etruskische Museum 
des Vatican, Mns. Greg. I 78 (123), 2. 3. 81 (126), 
1. Reisch bei Helbig Fiihrer II 356. 357. 358. 
Eine andere, aus Vulci, auch mit figurlicher Dar- 
stellung, in Paris im Cab. des meMaiU.es, Cha- 
bouillet Catal. 2551. Auch in dieser spateren 
Zeit wird das Motiv der B. ornamental verwendet, 
indem aus aufgereihten B. Halsbander gebildet 
werden. Ein schftnes Beispiel aus Tarquinii, Mon. 
d. Inst. VI 46 b; dazu Brunn Ann, XXXII 

20 1860, 474. 

Goldene B. aus romischer Kaiserzeit sind nicht 
selten in Aschenurnen von Kindern gefunden wor- 
den. Ihrer zwei besitzt das Museum in Neapel 
(eine, aus Pompeii, abgeb. Mus. Borb. II 14), 
eine aus der Sammlung Hamilton, also aus Italien 
stammende, das Brit. Museum (abgeb. Arch. Journ. 
VI 1849, 113). Zwei sind in London in Privat- 
besitz, beide aus rCmischen Grabern, die eine von 
der Via Praenestina (Ficoroni Bolla d'oro 6, wo 

SOAbbildung. Arch. Journ. VIII 166), die andere 
von der Via Appia (Abbild. Arch. Journ. VIH 
166). Diese letztere hat am Henkel die Inschrift 
HOST-HO'S-, d. i. Hostus Hostilius, der Name 
des Knaben, der nach Macrob. VI 6, 16 zuerst 
von Romulus die goldene B. erhielt. Dagegen hat 
eine in Rom im Besitz der Familie Chigi befind- 
liche B. an derselben Stelle den Namen des Be- 
sitzers CATVLVS. Eine aus Pompeii stammende 
B. besitzt das germ.-rom. Centralmuseum in Mainz 

40 (Hattemer Aus d. Leben d. Kinder in Hellas u. 
Rom, Progr. Mainz 1865, 9), eine in einer Aschen- 
urne bei Kreuznach mit einer Bronzelampe und 
Miinzen Vespasians gefundene das Museum in 
Wiesbaden, Habel Nassau. Ann. Ill 3, 179 Taf. 5. 
Eine in Adria in Privatbesitz befindliche, aus 
dem Grabe eines Kriegers bei Adria, ist mit 
Haaren geffllt , Heydemann Mitt, aus d. Antiken- 
samml. in Ober- und Mittelital. 27. Ein Streifen 
Goldblech, vermutlich der Henkel einer B., wurde 

50 mit einer Miinze Hadrians in England in der 
Aschenurne eines zwei- bis dreijahrigen Knaben 
gefunden, Arch. Journ. VI 1849, 112. Zwei weiterc, 
aus Aries und aus Portugal, letztere mit einem 
geschnittenen Stein verziert, beide in Aschenurnen 
gefunden, erwahnt R. Rochette 3e mem. sur les 
catacombes 101 (629). 

Diese B. sind wesentlich gleicher Gestalt. Zwei 
convexe, runde, glatte Platten bilden, zusammen- 
gesetzt, eine Linse von 4 — 6 cm. Durchmesser; 

60 an dem Wiesbadener Exemplar umzieht ein schnur- 
artiger Streif die Peripherie. Ein breiter orna- 
mentierter Goldblechstreifen ist zusammengebogen , 
als Henkel zum Durchziehen der Schnur , mit 
jedem Ende an einer der Platten mit Nageln be- 
festigt. Sie sind grOsstenteils aus so dilnnem 
Blech gearbeitet, dass sie zu wirklichem Gebrauch 
nicht gedient haben kOnnen, sondern offenbar 
eigens zum Zweek der Beigabe zur Bestattung 



1051 



Bullaeum 



Bunaia 



1052 



gemacht sind. Die drei in England befindlichen 
und die in Wiesbaden wiegen nur 18—22 g., da- 
gegen die Chigische etwa 50 g.; diese wird also 
wohl wirklich getragen worden sein. Es ist wenig 
wahrscheinlich , dass diese Form fur Metall er- 
funden sein sollte. Die Zusammenfiigung aus 
zwei runden Scheiben, die Ornamentlosigkeit eben 
dieser Scheiben im Gegensatz zum Henkel, der 
schnurartige Streif an der Peripherie, alles dies 



Bullatius, Adressat derEpistell 11 desHoraz. 

[Henze.] 

BuUiones, Bullis s. Byllis. 

Balnetia, Ort in Ligurien, vom Geogr. Eav. 

IV 32 p. 269 und V 2 p. 337. Guido 35 p. 475 

Vulnetia neben Cornelium (= Corniglia zwischen 

Spezia und Levanto) genannt, ungewisser Lage. 

[Hiilsen.] 
Billon (Bovkwv). 1) Eponymer Grfinder der 



macht den Eindruck einer Metallnachahmung einer 10 an Phokis grenzenden Stadt Bovto, btepn. Byz,; 



Lederbulle. So auch sehr entschieden die B. des 
Halsbandes Mon. d. Inst. VI 46 b; bier und im 
Mus. Greg, ist auch die Schnur an der Peripherie. 
Doch ist dies nicht die einzige erhaltene Form. 
Eine kleinere und einfachere goldene B. aus Eng- 
land Arch. Journ. VIII 1851, 168; ebenda eine 
halbmondformige. Auch bronzene und silberne B. 
werden gefunden, Ficoroni Bolla d'oro 4. E. 
Eochette 3<> mem. 630 (102). Nassau. Ann 



III 3, 186, meistens rund und den Goldbullen 20 CIA III 110L 1110 



herstammend mit seiner Colonie aus der alten 
Doris: Paus. X. 37, 2. [Tumpel.] 

2) Sohn des Leokrates, Athener (JlakXtjvsvg). 
s <i(io»hi]e im J. 97/96, CIA II 985 D n 25. 

3) Sohn des Moiragenes, Athener (tpvZdotos). 
Xoerjyog Ende des 1. Jhdts, n. Chr. CIA HI 
78. Derselbe mgl to fiijfta ebd. 1020. Zu seiner 
Familie gehSren die Epheben gleichen Namens 
in Inschriften der Jahre 110—120 und etwa 130, 



ahnlich; bemerkenswert ist eine in Form eines 
Beutels mit vier Eckzipfeln, offenbar Nachahmung 
einer Leder-B. Ohne Zweifel sind dies von Un- 
bemittelten getragene Surrogate der goldenen B. 
Zu der nicht ganz klaren Angabe Macrob. I 
6, 17 ut cordis figuram in bulla ante pectus 
adnecterent, ist zu bemerken, dass in der That 
auch mehr oder weniger herzformige B. gefunden 
werden, Montfaucon Ant. expl. Ill 1, 37; vgl 



[Kirchner.] 



Balos (Bovkog). 1) Sohn des Portesilas. Kos- 
mos aus dem GescMechte der Dymanen in Hiera- 
pytna auf Kreta, Mitte des 2. Jhdts. v. Chr., 
Athen. Mitt. XI 181. [Kirchner.] 

2) Bovkog ijtoiei lautet die nachchristliche 
Inschrift einer nachlassig gearbeiteten Marmor- 
platte auf der Insel Ios; darunter ist ein Hahn 
eingeritzt. Graf Paasch von Krienen hat nach 
diesem Muster seine bekannten Inschriften des 



auch das Halsband Mon. d. Inst. VI 46 b; eine 30 angebhehen Homergrabs gefalscht. S. die ab 

. . . ■ tt ■ t» .t . j» 1 --.J... 17" >»1 .Al^ nnnn ^nn "Riio-nv-tnli iiti ft VfiTl T i (1 A W TT ITlSfhT 



b.-artige . mit Herzen in Belief verzierte Kapsel 
Montfaucon a. O. Auch auf Bildwerken kommen 
herzfOrmige B. vor : Miinze der Sohne des Drusus, 
Cavedoni Ann. d. Inst. XXIII 1851, 233; ferner 
Ann. d. Inst. XXII 1850, 135. Arneth Cameen 
des Miinzcabin. 17, 6. 

Darstellungen von pueri btdlati sind haufig. 
So die eben erwahnte Miinze der Sonne des Dru- 
sus, Cohen MeU imp. 12 217, 1; der jugendliche 



schliessenden Besprechung von Loewy Inschr. 
gr. Bildh. nr. 355. [C. Robert.] 

Bulotus (so der cod. Putean.) oder Bidhrotus 
(so die dem Spirensis nahestehenden codd.), Fluss 
im Lande der Bmttier bei Locri (Liv. XXIX 7, 3). 

[Hiilsen.] 

Bulturiensis (oder wohl richtiger Vulturien- 
sis) ciiiias, Bischofssitz in Mauretania Caesa- 
riensis (Nomina episc. Maur. Caesariensis nr. 89 



SUS, IjUliCIl J11CU. lull). J.- «il, I, uoi jugvuu^vu. ii^.-^u v ". ^t-7 • ni\\ rn 1 

Eeiter auf dem Denar Babelon Monn. de la rep. 40 bei Halm Victor Vitensis p. 69). [Dessau] 

-. . .*. rtJ - *-*~. n l i • v - rii-j. .3 T> A l±-.f- T> .,«..-» /fwn\\n-*a T.OCQt4. R/t.9I/miwA . Slflflt, 1T\ Alt 



I, Aemilia 20—22. Zahlreiche Statuen und Reliefs 
Drei Grabmonumente bei Montfaucon Ant. expl. 
m 1, 37. Ferner Visconti Mus. Pio-Clem. Ill 
24 ; Iconogr. rom. 19*. Mus. Borb. VII 49 u. a. m. 
Gemalte Glasmedaillons : Y a t e s Arch. Journ. VIII 
170, wo eines mit der Beischrift M. CECILIVS, 
welches in die Zeit der Gordiane gesetzt wird, 
abgebildet ist. Das bei Ficoroni 11 abgebildete 
ist unecht 



Buma (friihere Lesart Bauma), Stadt in Aithi- 
opien , am linken Ufer des Nils. Plin. n. h. VI 
180. , [Sethe.] 

Bumadus (Bumodus , Bov/imdo;) , Fluss in 
Assyrien bei Gaugamela. Arrian. anab. M 8. 
VI 11. Curt. IV 9. Itin. Al. 57. [FraenkeL] 

Bumasanoi {Bovfidoavot Ptol. VII 4, 9), Vcl- 
kerschaft von Taprobane (Sailan), und zwar im 
sudwestlichen Teil der Insel zwischen den Malaya- 



F. de' Ficoroni La bolla d'oro de' fanciulli 50 bergen und den .Elefantenweiden' des Rohana- 



nobili romani e quella de' libertini, Koma 1732. 
R.-Rochette 3 e me"moire sur les antiquity chr^- 
tiennes des catacombes , in M&n. de l'lnst. de 
France, Ac. des inscr. XIII 1838, 628(99). Bee ker- 
Goll Gallus II 70. Marquardt Privatl.2 84. 
Daremberg et Saglio Diet. I 754. Martha 
I/art e"trusque 571. [Man-] 

Bullaeum {BoiUatov), Stadt der Siluren im 

westlichen Britannien (Ptol. II 3, 12), wahrschein- 

lich dasselbe wie das Burrium des Itin. Ant. 484, 60 paissees, IGS I 3078 

w i r\f -t 1 ft lr.Mi: J c_i.1I «1~ n «« TrniA ni-i Dnnalfl I R/VlMf nr I ft 1 



5. 485, 1, das 9 Millien nordcstlich von Isea, an 
der Strasse von da nach Viroconium lag; doch ist 
die Lage noch nicht genau ermittelt. [Hubner.] 

Bnllas, ein gefahrlieher Rauber, der in Itahen 
sein Unwesen in der Regierungszeit des Kaisers 
Septimius Severus trieb; man wurde seiner nur 
mit Muhe habhaft, Cass. Dio LXXVI 10. 

[Henze.] 



htigellandes ; dem Worte liegt skr. bhilma n. 
,Wesen, GeschOpf zu Grunde, mit einer Ableitung 
sei es von a$ oder von as, as. [Tomaschek.] 

Bnmegas (Bovpiyas), in einem Buch der Pe- 
raten (Hippol. ref. haer. V 14 p. 186, 41 D.-S.) 
zusammen mit andern Erzzauberern und Astro- 
logen genannt. Sonst unbekannt. [Riess.] 

Bumelitaia (Ethn. BovfiehzamT;), Ort in Boio- 

tien, anscheinend in der Gegend Ostlich des Ko- 

[Oberhummer.] 



Bnnaia {Bowata), Epiklesis der Hera in Ko- 
rinth (Paus. II 4, 7) als Gottin, die auf Berges- 
hohen verehrt wurde (von fiowos = Hfigel), dem 
Sinne nach gleich Akraia. Der Tempel der Hera 
B. soil nach Paus. a. a. O. von Bunos gestiftet 
sein, der jedoch vielmehr nur ein Eponymos dieses 
Kultes sein durfte; vgl. 0. Miiller Prolegom. 137. 
Curtius Peloponn. II 533. Bursian Geogr. 



1053 



Bunartis 



i 






Buphagos 



1054 



Griech. II 17. Preller-Robert Griech. Mythol. 
I 162, 1. 170, 1. [Jessen.] 

Bunartis (BovvaQtig), Stadt Libyens. Steph. 
Byz. [Sethe.] 

Baneima (Bovvst^ia, Bovvifia), Stadt im Bin- 
nenlande von Epeiros, unweit Trampya(?), von 
Odysseus gegriindet, Steph. Byz. s. v. und s. 
Tqa/jinva. [Oberhummer.] 

Buneus, Sohn des Eliers Menedemos, Gehulfe 
des Herakles beim Augeiasabenteuer. Im Kriege 10 
gegen Augeias wird B. getOtet, Herakles begrabt 
ihn in Lepreon und veranstaltet ihm zu Ehren 
einen Wettkampf. Ptol. Heph. 6. K. O. Miiller 
Orchomenos2 367. [Eseher.] 

Buni (Plin. n. h. ni 139), ein Teil der Li- 
burner, der schon in friihester Kaiserzeit jedwede 
Selbstandigkeit verloren hatte. [Patsch.] 

Bovvias s. Kohlrube. 

Bnnikos, Sohn des Paris und der Helena, 



Biuithum (Bovv&ov oder Bovv&a>v), Stadt der 
Provinz Africa zwischen Bagradas und Triton 
(Ptol. IV 3, 36). [Dessau.] 

Buonomai (Bovovopcu) , ein wahrscheinlich 
erdichtetes Volk der pontischen Region, neben 
Gymnoi und Arkyes erwahnt, Orph. ATgon. 1048. 

[Tomasehek.] 

Bupalos. 1) Eponymer Prytane in Korkyra, 
CIG 1859. [Kirchner.] 

2) Bildhauer von Chios, Sohn des Archermos 
und Bruder des Athenis (s. d. ; nachzutragen ist, 
dass Miinzer Herm. XXX 1895, 524 in dem 
altesten Kunstschriftsteller, der unsres Wissens 
diese Bildhauerfamilie erwahnt hat, Karystios von 
Pergamon, den in Pergamon lebenden Antigonos 
von Karystos vermutet, was mir nicht sehr wahr- 
scheinlich ist). Gefalscht ist die Kunstlersignatur 
des B. auf zwei Basen, von denen die eine, im 
Vatican, mit einer kauernden Venus, die andere, 



Bruder des Korythos (Korythaios) , Idaios und 20 in Ince Blundell, mit einem Symplegma von Satyr 



Aganos (Agauos?). Tzetz. Lyk. 851; Horn. 442, 
vielleicht nach Nikander, vgl. frg. 108. S. Bu- 
nimos und Bunomos. [Eseher.] 

Bunimos = Bunikos (s. d.). Iohannes Sike- 
liota ed. Heinrich, Progr. 1. Staats-Gymn. Graz 
1892, 9. [Eseher.] 

Bunitium {Bowhiov), Ort im nfirdlichen Ger- 
manien, Ptol. II 11, 12. Nahere Lage unbestimmt. 

[Ihm.] 



und Pan verbunden ist. Beide Bildwerke sind 
im J. 1760 an der Via Prenestina von dem Maler 
Nicola La Piccola gefunden, angeblich mitsamt 
den Basen, Visconti Op. var. II 994. Die Venus 
auf jener sicherlich nicht zugehOrigen Basis sah 
bereits Goethe April 1788 im vaticanischen Mu- 
seum ; das Symplegma befand sich gleichfalls mit 
der Basis verbunden 1793 im Atelier des da- 
maligen prefetto delle antichita, des Bildhauers 



Bunnos (Bovwos Steph. Byz.), Stadt Hlyriens 30 Ant. d'Este (Zoega Hss. App. in Kopenhagen 



von unbekannter Lage. [Patsch. 1 

Bunobora (BovvojioQa), Stadt in Mauretania 
Caesariensis, nordwestlich von Manliana (dem 
houtigen Miliana), Ptol. IV 4, 24. [Dessau.] 

Bounoi (Bovvoi oder Bovral) heisst bei Plut. 
soil. anim. 31 eine am Meer gelegene Ortschaft. 
Dieselbe wird zwar neben Antikyra (s. d.) ge- 
nannt, doch lasst sich daraus uber die Lage nichts 
Bestimmtes entnehmen, weshalb auch die von 



Fol. 160, 7), daher ,dans le magasin de Vatican' 
E. Rochette und Clarac, Besitzer aber war 
pach Zoega schon damals M. Blundell. Schon 
A. d'Este hatte nach Zoega erkannt, dass die 
beiden Stiicke, obgleich aus demselben Marmor 
(carrarischem A. d'Este, parischem Michaelis) 
gearbeitet, nicht zusammengehSren konnten. Die 
Inschrift der Venusbasis ist nach der auf der 
andern Basis copiert, aber auch von dieser ver- 



O.MiillerOrchomenos2482 vorgeschlagene Ande- 40 sichert Michaelis, dass sie nicht antik sein 



rung des iiberlieferten Bovrwv in Bovtewr (s. 
Bulis Nr. l)zweifelhaftbleibt. [Oberhummer.] 

Banomeia (Bowo/teia) oder Bunomos {Bm'ivo- 
ftog), alter Name von Pella in Makedonien. Steph. 
Byz. [Oberhummer.] 

Bunomos (Diet. V 5) s. Bunikos. 

Bunos (Bovvog), der Sohn des Hermes und 
der Alkidameia. Als Helios das Land unter seine 
Sshne Aloeus und Aietes verteilte, erhielt ersterer 



Arkadien, letzterer Korinth. Aietes ubergiebt je- 50 II 258. 



konne. Von einer modernen Bronze mit der nach 
Paus. IV 30, 6 gefalschten Signatur des B. be- 
richtet Maffei. S. Loewy Inschr. griech. Bildh. 
nr. 497. [C. Robert.] 

Buphagion (Bovtpdyiov) , Ort im Gebiet der 
arkadischen Stadt Heraia, am Bache Buphagos 
(s. d. Nr. 1), Paus. VTII 26, 8. Le ake Morea n 67. 
92; Pelop. 233. Pouillon-Boblaye Recherches 
161. Curtius Pelop. 1356.3921 BuTsianGeogr. 



doch sein Erbteil dem B. mit der Bestimmung, 
dass es ihm selbst oder seinen Nachkommen, 
wenn sie aus Aia zuriickkamen, wieder zuf alien 
solle, Eumelos frg. 2 und 3 = Schol. Pind. 01. 
Xni 74. Schol. Eur. Med. 9. 10. 20. Paus. II 
3, 10. Tzetz. Lyk. 174. Ein Heiligtum der Hera 
Bunaia am Wege nach Akrokorinth sollte von 
B. gegrundet sein. Paus. II 4, 7. Den Nanien 
bringen einige mit der Eigenschaft des Hermes 



[Oberhummer.] 



Buphagos. 1) Bovtpayog, Zufluss des Alpheios 
von der rechten Seite, an der Grenze von Heraia 
und Megalopolis , Paus. V 7, 1. VHI 26, 8. 27, 
17. Curtius Pelop. I 356. Bursian Geogr. DT 
256; vgl. Buphagion. [Oberhummer.] 

2) In Arkadien Eponym des bei Buphagion 
entspringenden Nebenflusses des Alpheios, B.Nr. 1. 
Nach Paus. VIII 27, 17 war er ein Sohn des 
Iapetos und der Thornax und wurde von Artemis, 



als Erdgott in Verbindung ; povrog heisst Hugel, 60 der er ungebfihrlich nachstellte, im Pholoegebirge 



Berg. Gerhard Griech. Myth. 282. Schwenck 
Etvm.-myth. Andeutgn. 326. Welcker Aesch. 
Tnl. 404. Nach Wilis ch U. d. Frg. d. Ep. Eu- 
melos J 1 ware der Name durch Riickbildung aus 
Bunaia, dem Beinamen der Hera, entstanden. 
Vermutlich aber war fur den korinthischen Dichter 
ftowog schlechtweg der Burghflgel. B. also der 
,Burgherr'. [Eseher.] 



getotet. In Pheneos erzahlte man von einem B., 
der mit seinem Weibe Promne den im Kampf 
mit den Molioniden verwundeten Iphikles , den 
Bruder des Herakles. aufnahm, pflegte und nach 
seinem Tode in Pheneos bestattete, Paus. Vni 
14, 6. Preller-Plew Griech. Myth, n 239 ver- 
mutet, es sei dies Herakles selbst unter seinem 
altertiimlichen Kulturnamen B. 



1055 



Buphia 



Buphonia 



1056 



3) Beiname des Herakles, z. B. Anth. Pal. IX 
59, 7. Von Herakles B. oder Buthoinas (s. d.), 
der einen ganzen Stier verzehrte, wird in den 
verschiedensten Gegenden erzahlt. So nimmt er 
dem Dryoper Theiodamas ein Eind vom Pfluge weg, 
schlachtet und verzehrt es, Kallim. in Dian. 161 
und in den Aitia (Knaack Herm. XXIII lSlff.; 
vgl. Schneider Callim. II 59ff. Knaack Calli- 
machea 12). Apollod. II 7, 7, 1. Apoll. Ehod. I 
1212 nebst Schol. Anthol. Plan. 101. Nonn. narr. 
ad Greg, invect I 41 = Westermann Mythogr. 
Graec. 370f. Tzetz. Chil. II 464. 590. Snid. s. 
BovCvytjg. Eine ahnliche Sage gab es in Lindos 
auf Rhodos, Apollod. II 5, 11, 8. Konon 11. Lae- 
tant. instit. divin. I 21. Philostr. imag. II 24 
(vgl. dazu Knaack Herm. XXIH 140). Zenob. 
IV 95. Diogenian. VI 15. Apostol. X 71. Tzetz. 
Chil. II 385. Gregor. Nazianz. oiat. IV 303. Ein 
Eind verzehrt Herakles auch bei dem Lapithen 
Koronos (Pindar bei Philostr. imag. n 24, vgl. 
Pind. frg. 168) und im Wettstreit mit Lepreos 
(Paus. V 5, 4. Athen. X 412 a. Ael. v. h. I 24. 
Eustath. Horn. Od. 1523, 4). Daher gait auch 
die MOwe Xaqog fiov<pdyog fiir das dem Herakles 
B. geweihte Tier, Aristoph. Vog. 567. Athen. X 
411 c. Eustath. 1523, 3. Von seiner adrjipayia, 
die auch im Gstterkreis auf dem Olymp nieht 
aufhOrte, erzahlten manche Dichter, vgl. Athen. 
X 411. Kallim. in Dian. 160. 

4) Beiname des Lapithen Koronos bei Orph. 
Argon. 138, der wohl im Wettstreit mit Herakles 
ein Rind verzehrte , vgl. Pind. a. a. O. Auch 
andere Helden waren wegen ihrer Esslust be- 
ruhmt. So erinnert Preller-Plew Griech. Myth. 
II 95, 3 mit Eecht daran , dass auch Idas ein 
fiovyayog war. Von Athleten , denen man das 
Gleiche nachrtihmte, spricht Athen. X 41 2ff. Paral- 
lel Sagen giebt es bei alien Volkern, vgl. Grimm 
Deutsche Myth. 489. Mannhardt German. My- 
th en p. IX und 99ff. Schwerlich darf man daher 
die Buphagie bei Herakles erklaren aus den ihm 
dargebrachten Stieropfern, aus natursymbolischen 
Eeminiscenzen, etwa an die allverzehrende Kraft 
der Sonne (Preller-Plew Griech. Myth. II 266), 
oder aus einem alten Gegensatz zwischen Herakles 
als Vertreter des LOwenkultus und Hera als Ver- 
treterin des Rinderkultus (Cook Journ. of hell, 
stud. XIV 132). Wie schon Welcker Griech. 
Gotterl. II 785f. ausfiihrt, hat die ungeheure Ess- 
lust lediglich als Zeichen der gewaltigen Kraft, 
die Herakles auszeichnete, zu gelten. [Jessen.] 

Buphia (Bovrpia), Flecken in Sikyonia, Ephor. 
XXm frg. 145 (Steph. Byz.). Nach L. Ross 
Reisen im Pelop. 40 vielleicht dasselbe wie Phoibia 
(s. d.). Leake Pelop. 401. Curtius Pelop. II 
505. 587. Bursian Geogr. II 31. 

[Oberhummer.] 

Buphonas, ein sicilischer Held, welcher im 
Kampf gegen Herakles fiel, als er sich in Ver- 
bindung mit andern Anfflhrem (ansser B. werden 
genannt Leukaspis, Pediakrates, Glychatas, Bu- 
taias, Krytidas) demselben auf seinem Zuge durch 
Sicilien entgegenstellen wollte. So (nach Timaios: 
Be the Quaest. Diod. mvth. 36) Diod. IV 23. 

[Hoefer.] 

Buphonia hiess eine Opf erceremonie , die an 
den Dipolien, dem Feste des Zeus Polieus, in 
Athen ublich war (Topffer Attische Geneal. 



149). Theophrast (bei Porph. de abst._ II 30. 
Bernays Theophr. fib. d. Fremmigkeit 99ff.) 
schildert sie folgendermassen : Man treibt satt- 
geweidete Stiere an den mit einer Erzplatte be- 
deekten Altar, auf dem ein Opferkuchen und Ger- 
stenschrot liegen. Wahrend dessen haben dazu 
erwahlte Jungfrauen Wasser zum Schleifen eines 
Beiles und Messers gebracht. Der das Beil ge- 
schliffen hat, reicht es einem andern, dieser giebt 

10 es wiederum, sobald einer der Stiere von den 
Opfergaben gefressen hat, dem Priester, der das 
Tier niederschlagt, scheinbar erschreckt das Beil 
fortwirft und flieht. Das Eind wird geschlachtet, 
abgezogen, zerlegt, znbereitet, und alle kosten 
von dem Fleische. Aber sie werden dafiir zur 
Eechenschaft gezogen und vor den Bichterstuhl 
des Archon Basileus beim Prytaneion gefiihrt. 
Die vSqo<poqoi schieben die Schuld auf den, der 
das Beil gescharft, dieser auf den, der es hin- 

20gereicht, dieser auf den Sangog, der das Tier 
geschlachtet und zerlegt hat; denn der Haupt- 
schuldige, der Priester, ist entflohen. Endlich 
wird das Mordinstrument verurteilt und ins Meer 
versenkt. Die Haut des Tieres aber wird aus- 
gestopft, und der so scheinbar dem Leben zuriick- 
gegebene Stier vor einen Pflug gespannt. 

Wir haben zwei Versionen der Legende, die 
diesen schon fruh als seltsam empfundenen (Ari- 
stoph. Nub. 984) Brauch erklaren soil. Die altere 

30 (vgl. T«pffer a. a. O. 155ff.) liegt namentlich 
bei Porph. de abst. II 10 vor : Diomos (wie dieser 
Name statt des richtigen und urspriinglichen Thau- 
Ion hineingekommen ist, setztTOpffer 156 aus- 
einander), der Priester des Zeus Polieus, sollte 
seinem Gotte am Dipolienfeste (Schol. Arist. nub. 
985. Suid. s. Bovrpovta) nach alter Sitte (Porph. 
II 10) ein unblutiges Opfer darbringen, tetete 
aber mit Beihiilfe der Anwesenden am Altar (Paus. 
I 28, 10), auf dem bereits die Opfergaben lagen 

40 (Paus. I 24, 4), einen Stier. Er warf das Beil weg 
(Paus. I 28, 10) und floh (Paus. I 24, 4. Schol. 
II. XVIII 483; vgl. Theophr. bei Porph. H 29). 
Die Mithelfer wurden vor Gericht gestellt, scho- 
ben die Schuld, wie natiirlich, auf den Fliichtigen, 
schliesslich wurde das Beil verurteilt (Paus. I 
24, 4. 28, 10. Theophr. bei Porph. II 30; fiber 
das d(peidtj bei Paus. I 28, 10 s. Daremberg- 
Saglio Diet, m 270, 24); der getotete Stier 
wurde vergraben (Theophr. bei Porph. II 30). 

50 Die spatere Fassung liegt bei Theophrast (bei 
Porph. II 29) vor: Ein ackerbauender Metoeke 
(Diomos oder) Sopatros hat sich seine landlichen 
Opfergaben auf einem Tisch zurechtgelegt, um 
sie bei einem Staatsfeste in Athen den Gottern 
darzubringen. Da kommt ein Stier und frisst 
sie auf. Der Mann, daruber eTgrimnit, ergreift 
ein Beil und erschlagt den Stier. Erschreckt 
fiber seine rasche That vergrabt er das Tier und 
geht in freiwillige Verbannung nach Kreta. Die 

60 Gottheit sendet zur Strafe Dttrre und Misswachs. 
In Delphoi empfangt man das Orakel, der Ver- 
bannte in Kreta werde Heil schaffen, und nach 
Bestrafung des MOrders und Auferstehung des 
Gemordeten an demselben Opferfeste, bei dem er 
den Tod gefunden habe, werde es besser gehen, 
wenn sie von dem Gemordeten kosten und sich 
seiner nicht enthalten wollten, d. h. ein Speise- 
opfer darbringen. Sopatros wird zuriickgerufen 



1057 



Buphonion 



Buprasios 



1058 






opfert den Stier, alle essen von dem Fleisch, er 
selbst flieht, die andern werden vor Gericht ge- 
stellt, das Beil verurteilt, die Haut des Tieres aus- 
gestopft, und diese Ceremonie wird alljahrlich am 
Dipolienfeste wiederholt. 

Der Sinn der Ceremonie ist offenbar, dass 
ein ursprfinglich unblutiger Kult (vgl. Hesych. s. 
Aiog &axoi. Suid. s. Aiog yttjtpog und Momm- 
sen Heort. 450f.) in einen blutigen umgewandelt 



welche landeinwarts von Pylos zu suchen ist, 
wahrscheinlich eine AnhChe, Leake Morea 1 116. 
Curtius Pelop. II 180f. 198. [Oberhummer.] 

Bovjzlrjl- bezeichnet a) den Stachelstab zum 
Antreiben des Viehes (Lucian. Philops. 4, ^ovuXtj- 
xzqos axatva Anth. Pal. VI 41, 3), stimulus (s. 
d.); b) nach Hesych. und Eustath. zu H. VI 135 
eine Peitsche aus Eindsleder; c) ein Beil zum 

„ Schlachten der Binder. Bei Horn. II. VI 135 

wurde. Zur Entschuldigung und Erklarung die- 10 ist der B., mit dem Lykurg die Bakchantinnen 



ser Anderung des heiligen Brauches erfand man 
die Legende und den Orakelspruch. Der Priester, 
der das erste Eind am Altar, der fur unblutige 
Gaben bestimmt war, tetete, hatte sich einer 
aotfua schuldig gemacht und ging daffir in die 
Verbannung. Die <pvyr) aber bleibt auch die Strafe 
jedes Priesters, der seither am Dipolienfeste den 
ersten Stier schlachtet. 

Bemerkenswert ist das Gericht des Archon 



vertreibt, wahrscheinlich in der Bedeutung a ge- 
meint; die Spateren (so namentlich Nonnus) haben 
aber das Wort in der dritten Bedeutung (e) ge- 
fasst, und so erscheint Lykurg auf Bildwerken 
durchaus mit dem Beil bewaffnet. B. heisst bei 
Qu. Smyrn. I 159. 337. X 218 die Streitaxt 
der Amazonen, Etym. M. 371, 41 das Beil, mit 
dem Hephaistos den Kopf des Zeus spaltet. Es 
ist, wie die Lykurg, Amazonen und Opferscenen 



Basileus. Er richtete im Prytaneion 1) ttber un- 20 darstellenden Bildwerke beweisen (vgl. auch Quint. 



bekanntgebliebeneoder entflohene Morder; 2) fiber 
leblose Gegenstande, die den Tod eines Menschen 
verursacht hatten; 3) fiber Falle von doifieia. 
Schon diese Thatsache schliesst aus, dass der 
Priester als vorsatzlicher Morder vor seinen Stuhl 
citiert werden konnte; ebenso wenig die Teil- 
nehmer, hOchstens konnten sie als Zeugen im Pro- 
cess gegen den Abwesenden auftreten. Im fibrigen 
sind die Falle hier vermischt (vgl. Paus. I 28, 10). 



Smyrn. I 159. Opp. Hal. V 257), ein Doppelbeil, 
bipennis (vgl. o. S. 488f.). [Man.] 

Bnpoodin (Bovnoa>div, wohl verderbt). Castell 
in Makedonien, Prokop. aed. IV 4 p. 280. 

[Oberhummer.] 

Bnporthmos (Boijiog&^o;), ein hohes, gegen 
die Insel Aperopia (s. d.) vorspringendes Vorge- 
birge der Kuste von Argolis im Gebiet von Her- 
mione, auf welchem sich Heiligtumer der Demeter 



Die Sage aber enthalt unzweifelhafte Spuren, dass 30 und Kora, sowie der Athena Promachorma be- 



es sich um einen Fall von aoijieia handelt. $vytjv 
6s Bxovaiov dgdfievo; d>g tjae^?jxd>g heisst es bei 
Theophrast (Bernays 89 Z. 434), und in der ur- 
spriinglichen Fassung der Legende (bei Porph. 
II 10) geschieht die That gar nicht in Zornes- 
aufwallung, sondern mit tTberlegung: avvsgyovs 
yog lafioyv xovs alkovs , Soot jiagjjoav, (o hQevg) 
cuiexcuve xbv /SoCv. Er hat sie also zu dem (ver- 
botenen) Opfer fiberredet. 

Der Priester {$<m<p6ros oder fiovrvnos) wird 40 
dem Geschlecht der Thauloniden entnommen, die 
xevtQiddcu, die das Rind an den Altar treiben, und 
die SaiTQoi dem der Keryken (TSpffer a. a. O.). 

Vgl ausser den bereits angeffihrten Stellen 
Ael. yar. hist. VIII 3. Suid. s. 6avXa>v. Hesych. 
s. fiomqe, jiovzvxov, xEVTQiaSat, Saitgog. Bekker 
anecd. I 221 und fiovzvxoi. Etym. M. 210, 31 
s. fiovyovia. Schol. Apoll. Ehod. Arg. H 91. Von 
Neueren ausser den Genannten: Schoemann 



fanden, Paus. II 34, 8. Nach den iiberzeugenden 
Ausfiihrungen von Leake Pelop. 284 una Bur- 
sian Geogr. II 86f., 3. 100 (gegen Curtius 
Pelop. II 453f.) der halbinselformige Felsvorsprung 
von C. Musaki gegeniiber Dok6. 

[Oberhummer.] 

Bupos {BovTioi), Castell in Nea Epeiros, durch 
Iustinian I. erneuert, Prokop. aed. IV 4. 

[Oberhummer.] 

Buprasion {BovitQ&otov), eine Gegend in der 
Niederung des nOrdhchen Elis, reich an Weizen 
und Wein, in alterer Zeit von Epeiern bewohnt, 
II. II 615. XI 756 (jzoXvxvqov). 760. XXHI 631. 
Theokr, 25, 11 {nolv^otQvog). Strab. VHI 340 
—342. 345. 347. 349. 352. 387. X 453. Plin. IV 
18. Steph. Byz. s. v. und s. Avfiij. Hesych. ('IM- 
Sog Missverstandnis des Abschreibers fiir 'HX(dog). 
Etym. M. Schol. Plat. Phaed. 89 c. Dass es 
eine Stadt gewesen sei, sagt weder Homer, noch 



Griech. Alt.S n 505. Hermann Gottesd. Alt.2 50 wussten die Spateren von einer solchen etwas Be- 



420 § 61, 15ff. Boeckh-Frankel Staatshausk 
H 126. Preller-Robert Griech. Myth. I 131. 
Mannhardt Mj-thol. Forsch. (Strassburg 1884) 
69ff. v. Wilamowitz Eur. Her. I 60. Band 
De Diipoliorum sacr. Ath., Halle 1873. Stengel 
Herm. XXVIII 489ff. [StengeLJ 

Buphonion (Bov<povidn>), Monat des Kalenders 
von Delos, mit dem attischen Metageitnion ge- 

glichen CIA I 283 Msraysirvtup fiTfr 'A&rjvfaotv, 



stimmtes; die Dichterstellen wie ihre Erklarer 
setzen vielmehr den Gebrauch des Namens in 
weiterem Sinne fur eine Gegend voraus, die auch 
BovxQaaia (Steph. Byz. s. Avfirj. Hes.) und Bov- 
xeaot; (Strab. VIH 345. Schol. Plat.) genannt 
und durch den Larisos gegen Dyme hin begrenzt 
wurde (Strab. YHI 387. Steph. Byz. s. Aifirj); 
dass letzterer auch Bovxgdowg hiess, scheint aus 
Steph. Byz. und Etym. M. hervorzugehen. Die 



iv] Arjkp Si Bovyovtwv fiijr- ausserdem fur 60 Gegend ist jetzt teils sumpfig, teils von Eichen- 

i ^ , wald bedeckt und (wie schon im spateren Alter- 
tum) sehr wenig bevolkert. Curtius Pelop. II 
36. Bursian Geogr. II 270. 309. Philippson 
Pelop. 305fF. Zum Namen (siq&oov ?) vgl. T z e r 
Lectures 376f. und Buphras; s. auch Lolling 
Athen. Mitt. IV 113. [Oberhummer.] 

Buprasios (Bovjigdoiog ). 1) Name eines Flusses 
(= Larisos?), s. Buprasion. [Oberhummer.] 

34 



Tenos bezeugt durch CIG 2338 = Ancient greek 
Inscr. of the British Museum nr. 377 Z. 35. 103. 
109. 113. Sinnverwandt ist der Monatsname Bu- 
katios. C. F. Hermann Griech. Monatskunde 
50. Bischoff Leipziger Studien Vn 390. 

[Kubitschek.] 
Buphras (Bovygdg), nach Thuk. IV 118, 4 
eine sonst nicht bekannte Ortlichkeit in Messenien, 

Pauly-Wissowa III 



1059 



Bura 



Burbuleius 



1060 



2) Eponymer Herrscher der elischen Stadt Selinus. Paus. VII 25, 8 vgl. VII 1, 3 (daraus 

Buprasion, Steph. Byz. s. Bovjiqooiov — Eustath. Steph. Byz,). [Hiller v. Gaertringen.] 

II. II 615f. p. 303, 36 (aus dem Stephanos pie- Burasrara s. Bagaraca. 

nior, und weiter fiber Epaphroditos aus Apollodors Buraia. Nach Steph. Byz. eine von einem 

Comraentar awpJ vsmv: vgl. Niese Rhein. Mus. Buraios gebaute Stadt Italiens. [Hulsen.] 

XXXH 1877, 276f.). [Tiimpel.] Buraikos (Bovgaixog). 1) Fluss in Achaia, 

Bnra. 1) Bovqo., lateinisch auch Buris, eine nach der Stadt Bura (s. d. Nr. 1) genannt , an 

der zwolf Stadte von Achaia , deren Griindung welcher er Ostlich vorbeizieht, Paus. VII 25, 10. In 

auf eine gleichnamige Tochter des Ion und der seinem Oberlauf hiess er auch Erasinos, jetzt 
Helike, also deutlich auf ionischen Ursprung zu- 10 Muss von Kalavryta, Bursian Geogr. II 311f. 

riickgefuhrt wurde, Her. I 145. Paus. VII 25, 8. [Oberhummer.] 

Steph. Byz. Dagegen wird von Kallim. h. Del. 2) Epiklesis des Herakles in einer Hchle am 

102 mit Sehol. B (vgl. Etym. M. s. Bovqo) mit Buraikosfluss hei Bura in Achaia. Herakles B. 

dem Kentauren Dexamenos in Verbindung ge- hatte dort ein Orakel, bei welchem mit Astra- 

bracht, woriiber vgl. Weizsacker in Roschers galen gewiirfelt und die auf den Astragalen 

Myth. Lex. I lOOOf. Sonst wird fiir die mythische stehenden Zeichen nach einer dort aufgehang- 

Zeit B. noch bei Lykophr. 591 genannt. Ge- ten Tafel gedeutet wurden, Paus. VII 25, 10. 

legentlich des grossen Erdbebens, welches im Sein Kultbild auf Miinzen, Journ. Hell. Stud. 

J. 373 v. Chr. Helike (s. d.) den CTntergang VII 93. v. Wilamowitz Euripides Herakles I 
brachte, wurde auch B. von einem klaffenden 20 273, 20. Uber die Gegend Exped. d. More"e III 

Erdspalt verschlungen, nach anderen vom Meere Taf. 84, 1. Curtius Peloponn. I 471. 491. Bur- 

bedeckt, unter dessen Oberflache man angeblich sian Geogr. Griech. II 337. [Jessen.] 

wie von Helike noch die Trummer sah; nur die Buraios [BovQatog), eponymer Griinder der 

damals zufallig von der Stadt Abwesenden sollen italischen Stadt BovQala , Steph. Byz. s. v. 

gerettet worden sein und eine neue Stadt begrlindet [Tumpel.l 

haben, Strab. I 59. VIII 386. Diod. XV 48, 3. Buratala {Bovgaxala), Stadt Aquitaniens bei 

Paus. VH 25, 8f. Ovid. met. XV 293. Sen. nat. Marcian. peripl. mar. ext. II 21 (Geogr. gr. min. 

quaest. VII 5, 3. Plin. n. h. II 206. IV 12. Ne- I 552), falsche Lesart statt Bovodiyaka. 

potian. IX 34. Bian. in Anthol. IX 423. Neu- {Dm.] 
ma nn-PartschPhys. Geogr. 324f. PhilippsonSO Burbida, Station der romischen Strasse zwi- 

Pelop. 276. 438. Ware die zweite Version rich- schen Iria Flavia und Tude im hispanischen Cal- 

tig, wonach B. vom Meere verschlungen ware, so laecien (Itin. Ant. 430, 1) ; nahe dem heutigen 

mtisste das alteste B. in der Ebene an der Kiiste Borben (Guerra Discurso a Saavedra 89); viel- 

gelegen haben; doch ist daruber nichta uberliefert leicht das Bonisana des Geogr. Eav. 307, 8. 

und wohl nur, was von Helike berichtet wird, [Hiibner.] 

auf B. iibertragen. Die neue Stadt, von welcher Burbuleius. 1) Ein Schauspieler; seinen Na- 

noch ausgedehnte Mauerreste und Fundamente men erhielt Curio omnibus honoribus abundans 

erhalten sind, lag 40 Stadien vom Meer entfernt, (C. Scribonius Curio cos. 678 = 76) propter 

785 m. hoch auf einer gegen die Kiiste vor- corporis motum als Spottnamen, Valer. Max. IX 
springenden Anhohe, in grossartiger, wilder Ge-4014, 5. Vgl. tiber seine lacherliche Art, sich als 

birgslandschaft, mit weitem Blick iiber den korin- Redner zu bewegen, Cic. Brut. 216 — 217. 

thischen Golf, Strab. VHI 385f. Paus. VIH 25, [Klebs.] 

8. Ptol. Ill 14, 36 (16, 15). Curtius Pelop. I 2) L. Burbuleius OptatusLigariamisistbekannt 

469f. 490f. Bursian Geogr. II 335ff. Das erste durch die Inschrift CIL X 6006 = Dessau 1066. 

Ereignis, welches aus der Geschichte der neu ge- die seine Amterlaufbahn in absteigender Reihen- 

griindeten Stadt gemeldet wird, ist ihre Befreiung folge angiebt, dem Consulate aber, das zeitlich etwa 

von der Herrschaft des Kassandros durch Demetrios vor die Verwaltung von Kappadokien gehort, den 

Poliorketes im J. 303, Diod. XX 103, 4. Droy- iiblichen Ehrenplatz an erster Stelle anweist. Die 

sen Hellenismus II 2. 186. Niese Griech. -mak. Inschrift ist eingehend besprochen von Borghesi 
Staaten I 337. Spater finden wir sie unter einem 50 (Oeuvr. IV 103—178), die Amterfolge haben daraus 

Tyrannen, nach dessen Vertreibung im J. 275 excerpiert Klein (Die Verwaltnngsbeamt. von 

v. Chr. B. dem neu gegrflndeten achaeischen Sizil. und Sardin. 109 — 111) und Liebenam 

Bunde beitrat, Pol. II 41, 8. 13f. CIG 1542 = (Forschungen zur Verwaltungsgesch. d. Rom. Kai- 

Dittenherger Syll. 182 dafiweywv - - tjya Bov- serreichs 1 124). Die Inschrift lautet: L. Burbuleio 

qiov. Droy sen HI 1, 202. 328. Paus. VII 25, 9 L. f. Quirfina tribu) Optato Ligariano cos. (vor 

beschreibt dort noch Heiligtumer der Aphrodite, der Verwaltung Kappadokiens: Borghesi 156), 

des Dionysos, der Eileithyia und der Isis. Steph. sodal. Aug., leg. imperat. Antonini Aug. Pii pro 

Byz. kennt von dort einen Maler Pytheas. Ein pr. prov. Syriae, in quo Iwnore decessit (nach 138, 

delphischer Proxenos in B. 177 v. Chr. bei "We- dem Todesjahre Hadrians), leg. eiusdem et divi 
scher-Foueart Inscr. 18 = Dittenberger60 Hadriani pro pr. prov. Cap2>atf.(138ff.: Borghesi 

Syll. 198. Cher den bei B. voruberziehenden Fluss 156), cur. oper. locor. q. publ, praef. aerar. Sa- 

s. Buraikos Nr. 1. [Oberhummer.] turn., procos. Sic-il. (ca. 129 — 132: Klein 111), 

2) Ort in Mesopotamien am Pallacontas, logiste Syriae, legal, leg. XVI Fl, Firm., cur. 
Plin. n. h. VI 118. Ein arabisches Bura nennt reip. Narbon., item Anconitanor., item. Tarridn.. 
Ialcut I 755 in der Nahe von Bagdad. curat, viar. Clodiae Cassiae Ciminae, pr., aed. 

[Fraenkel] pi, q. Pouti et Bithyn. (Anfang der Regierung 

3) Eponyme der gleichnamigen Stadt (Nr. 1), des Hadrian: Klein 110), trib. Mid. kg. IX 
Tochter des Ion und der Helike, der Tochter des Hispan.. Ill vir kapit., pair. col. [Henze.] 



1061 



Burca 



Biirginatium 



1062 



Burca (Bovoxa), Stadt in Mauretania Cae- KOprusii heisst, Jirecek Heerstrasse v. Belgrad 

sariensis, in der Nahe von Oppidum novum (Ptol. nach Konst. 47. Tomaschek Thraker II 2, 61; 

IV 2, 25). S. auch Buruc. [Dessau.] vgl. Burdapa. [Oberhummer.] 
Burcana, von Drusus eroberte Insel vor der Burdizizon, Ort in Thrakien, s. Burtudi- 

Nordkiiste Germaniens (Strab. VII 290 Bv Q %avk, zon. [Oberhummer.] 

vgl. Steph. Byz. Bot>Qx av 's vr\eos iv zfj Kekrixy Burdo s. Iulius Burdo. 

(he Ztq&Pgiv), von den Romern wegen der dort Burdoga s. Burdua. 

wildwachsenden Bohnen Fabaria genannt (Plin. Burdomina {Bovgdo/ztva Proc. de aed. 284, 

n. h. IV 97, vgl. XVIII 121). Nach allgemeiner 53), Castell im Gebiete von Reroesiana (Bela pa- 
Annahme das heutige Borkum. Grimm Gesch. lOlanka) in Moesia superior, W. Tomaschek Die 

d. deutschen Sprache 113 413. Miillenhoff alten Thraker n 2, 61. [Patsch.] 

Deutsche Altertumsk. I 483. [Dim.] Burdopes (BovoSmxes Proc. de aed. 284, 21), 

Bur co, schlug im Marz 457 eine plundernde Castell im Gebiete von Naissus (NiS) in Moesia 

Alamanenschar bei Bellinzona, Apoll. Sid. carm. superior, W. Tomaschek Die alten Thraker H 

V 378. [Seeck.] 2, 61. [Patsch.] 

Burcturi s. Brueteri. Burdua, Stadt in Lusitanien (BoieSova Ptol. 

Burdapa, Ort in der Gegend von Philippu- H 5, 6) an der Strasse von Olisipo nach Emerita 

polis, CIL VI 2799 p. 721, vielleicht = Burdipta Augusta, 38 Millien von letzterer (Itin. Ant. 419, 

/ Si d.). [Oberhummer.] 4), wo jedoch Budua uberliefert ist (Burdoga der 

Burdenae, Ort in Thrakien, s. Burdipta. 20 Geogr. Rav. 317, 7); wahrscheinlich bei N» S* 

[Oberhummer.] de B6toa in der Nahe von Badajoz (Guerra Dis- 

Burdlgala (BovQ$iyaHa), Stadt der Bituriges curso a Saavedra 89). [Hiibner.] 

Vivisci in Aquitanien auf der Siidseite des Ga- Burei s. Buri. 

rumna, emxei/ievov hfivodaXdzztj nvi, fjv jiotovaw Burgaon (Bovgydcov), Berg in Africa, Provinz 

at ixjoXai tov norafiov, Strab. IV 190, das heutige Byzaeena, geschildert von Prokop. Vand. II 12. 

Bordeaux. Ihr Handel war sehon im Altertum Vermutungen iiber denselben bei T is sot Ge"o- 

hedeutend (Strab. a. O.), spater war sie beriihmt graphie compare de l'Afrique I 34. II 785. 

durch Betrieb der Wissenschaften ; der Dichter [Dessau.] 

Ausonius, der sie oft erwahnt, ihre Gelehrten, Burgarit s. Burgus. 
ihren Wein, ihre Austern, ihr angenehmes Klima 30 Burgenae, Station der Donauuferatrasse Acu- 

preist (die Zeugnisse ausgeschrieben bei Holder mincum— Taurunuin (Tab. Pent. Geogr. Rav. 216, 

Altcelt. Sprachschatz s. v.), ist dort geboren. Er- 10) und wichtiger niederpannonischer Garnisons- 

wahnt ferner von Martial. IX 32, 6 {crassae men- ort, Not. Occ. XXXII 5 = 24: cuneus equitum 

tula Burdigalae). Ptol. II 7, 7. VHI 5, 4 (Mar- Constantmnorum. 18 = 37: equites Dalmatae. 

kian. peripl. II 21 BovQaza/.a). Eutrop. IX 10. 46: praefectus legionis quintae loviae. Nach den 

Amm. Marc. XV 11, 13. Sulp. Sev. chron. II 48. Distanzangaben jetzt Novi Banovci (Kiepert 

Paulin. Pell, euchar. 43ff. 502. 544. Sidon. Apoll. Formae orbis antic-ui XVn) , eine Ansiedlung, 

epist. VH 6, 7. VHI 9, 1. 11, 3. 12, 1. Ruric. deren Bestand sich bis in die neolithische (J. 

epist. II 83 u. a. (Zeugnisse bei Holder a. 0.), Brunsmid Vjestnikhrvatsk. arheol. druitval895, 
auf der Inschrift CIL VHI 2103 , auf Merovin- 40 172) und, wie Funde von BarbaTenmunzen (Vjestn. 

gischen Miinzen (Burdegala). Endpunkt mehrerer 98) zeigen , in die keltische Zeit verfolgen lasst. 

Strassen: Tab. Pent. (Burdigalo, dazu Desjar- Nach den hier gefundenen Denkmalen standen 

dins Table de Peut. 38). Itin. Ant. 453. 456. hier in den erst en Jahrhunderten der Kaiserzeit : 

457. 458. 461. Itin. Hieros. 549. 553. 571 (p. 3. coh. I Thracum c. R. (CIL III 13387. Vjestn. 

4. 11 ed. Tobler-Molinier, Var. Bordegala). Bor- 175) fruhestens unter Pius; coh. HI Alpinorum 

dicalon beim Geogr. Rav. IV 40 p. 298. Die (Vjestn. 175) fruhestens nach Kaiser Marcus. Ge- 

eivitas Burdegakmium verzeichnet als Haupt- baut hat hier oder Ziegel hat hierher geliefert 

stadt von Aquitanica secunda die Not. Gall. XHI die elassis Flavia Pannoniea (Vjestn. 175) und 

2 (s. Longnon Giogr. de la Gaule au VI« siecle die Centralziegelei des exercitus Pannoniae in- 
544). Die Zeugnisse for die Form Burdigalemis 50 ferioris (CIL HI 13385). Beim Lager entstanden 

s. bei Holder a. O. Sp. 635ff. (z. B. Greg. Tur. reichere canabae (vgl. die zahlreichen bis in 

hist. Fr. IX 5 usque Burdegalensem terminum, die byzantinische Zeit reichenden Munz- und 

= le Bordelais). Vgl. iiber Altertumer, Funde sonstigen Kleinfunde Vjestn. 176ff.). Der an 

etc. Millin Voyages IV 608ff. Jullian Inscr. dieser Donaustrecke stark verbreitete Kult des 

Tomaines de Bordeaux 1887 (vgl. Bull, epigr. IV luppiter Dolichenus hat hier CIL HI 13350 

190ff.). Ch. Robert Les strangers a Bordeaux (Vjestn. 175) hinterlassen, Patsch Glasmk 1896, 

1883 (t. Vm der Memoires de la soc. archeol. 283. A. Holder Altkeltischer Sprachschatz s. v. 

de Bordeaux, vgl. Bull. (Spigr. m 310). Jullian [Patsch.] 

Revue historique XL VHI (1892) Iff. |Thm.] Burginatium. Ort in Gallia Belgica an der 

Burdipta, Station (mamio) in Thrakien, an 60 Strasse von Lugdtmum Batavorum nach Argen- 

der Strasse von Philippupolis nach Hadrianupolis. torate, zwischen Arenacum (Harenatio) und Co- 

Itin. Ant. 137. 231. Itin. Hieros. 569 (Burdisla). Ionia Traiana. (Itin. Ant. 256. 370. Tab. Peut). 

Tab. Peut. VIH (Burdenae). Act. S. Alex. 26 in In der Gegend des heutigen Monterberg bei Cal- 

Act. SS. Mai HI 199 (Bortia). Von Iustinian I. car (Hof op gen Born? die romischen Inschriften 

hefes'tigt (Prokop. aed. IV 11 p. 306). diente sie aus jener Gegend bei Brambach CIRh 168— 

zur Sicherung der hier iiber den Hebros fiihrenden 191). Rhein. Jahrb. LXI 74. LXXH 56. Holder 

Brucke, nach welcher jetzt die 30 km. oberhalb Altcelt. Sprachsch. s. Burginacum. A. Rein 

Adrianopel gelegene Ortschaft Mustafa Pascha Die romischen Stationsorte und Strassen zwischen 



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Col. Agrippina und Burginatium, Ciefeld 1857. Altertumskunde III ?15) unter den gentes bar- 
Vgl. Bogadium. [Ihm.] barae quae, pullulaverunt sub imperatoribus. 
Burgiones (Bovgyicovsg) nennt Ptol. Ill 5, Iulian lagerte 359 mit seinem Heere auf der 
8 unter den V&kern des europaeischeu Sarmatiens Grenze der Alamannen und Burgunder : Amm. 
in den Umgebungen der Weichselquellen : Ava- Marc. XVIII 2, 15 ubi terminates lapides Ala- 
qivoi wiQa, xtjv xt(palr]v xov OvCaxovhj. noxapov, mannorum et Burgundiorum oonfinia distin- 
vq>' ovg'O/tfyaives, sha'AvaQTorpgaxTot, slta Bovq- guebant (Zeuss a. 0. 311£). Mit den Ala- 
ytcoveg xxh Schwerlich = BovgyovvStaxrsg. Vgl. mannen standen sie nach wie vor auf gespanntem 
Zeuss Die Deutschen 262. Miillenhoff Deut- Fusse wegen der Grenzen und gewisser Salzquellen, 
sche Altertumskunde II 81 (got. baurgjans = 10 deren Lage nicht naher bestimmt werden kann 
noXtxai). Much Deutsche Stammsitze 44. Auch (Amm. Mare. XXVILL 5, 11 salinarum fmiumque 
C. Muller zu Ptol. II 11, 8 p. 259. [Ihm.] causa Alamannis saepe iurgabant, Zeuss a. 0. 
BovQyov SXxov , von Iustinian wiederherge- 312.467). Es fiel daher dem Kaiser Valentinian 
stelltes Castell Moesiens an der Donau (Proc. de nicht schwer, sie gegen ihre Nachbarn aufzuwie- 
aed. IV 6 p. 289). [Patsch.] geln. Ein grosser Heerhaufe zog auch an den 
Bnrgonobore (BovoyovdfloQE oder BovQyovo- Rhein (im J. 370), musste aber, da Valentinian 
yoQe), Castell Moesiens an der Donau (Proc. de .die in Aussicht gestellte Hulfe nicht sandte, urn- 
aed. IV 6 p. 289). [Patsch.] kehren (Amm. Marc. XXVIH 5, 8—14. Hieron. 
Burgiwdio. 1) Diesen Namen trug derjenige, chron. 2389 Abr. Oros. VII 32,11. Isidor. orig. 
welcher das Volk der Stadt Eom bei der Ermor-20 1X2, 99; vgl. Zeuss a. 0. 467f. Reiche Chronol. 
dung des Kaisers Petronius Maximus (455) an- d. 6 letzten Bucher des Amm. Marc, Liegnitz 
fiihrte, Apoll. Sid. carm. VII 442. 1889, 46f. Schiller a. 0. H 380f.). Zu einem 
2) Ein gallischer Jiingling aus der Preund- neuen Vorstoss liessen sie sich erst hinreissen, als 
schaft des Apollinaris Sidonius, der verschiedene der grosse Sturm der Vandalen, Suevenund Alanen 
rhetorische Prunkstucke abgefasst und Cffentlich gegen Gallien erfolgte (Oros. VH 38). Wir finden 
vorgetragen hatte. An ihn gerichtet Apoll. Sid. sie zu Anfang des 5. Jhdts. in der Umgebung von 
ep. IX 14. [Seeck.] Mainz, wahrscheinlich auf beiden TJfern des Eheins. 
Burgundiones. Das Volk der Burgunder er- In Mainz wurde im J. 412 durch ihren KOnig Guu- 
wahnt zuerst Plin. n. h. IV 99 (Burgodiones) tiar und den Alanen Goat Iovinus zum rOmischen 
im Verein mit den Varini (Varinnae), Charini 30 Kaiser erhoben (Olympiod. exc. p. 454 ed. Bonn, 
und Guttones, als Zweig der Vandalen (VandUi); Greg. Tur. hist. Pr. II 9. Zeuss a. 0. 468). Im 
dann Ptolemaios II 11, 8. 9. 10, der sie unter darauffolgenden Jahr besetzten sie das westliche 
dem Namen Burguntae (Burguntes ? BovQyovvxcov Eheinufer [Burgundiones partem Qalliae propin- 
hat C. Muller aufgenommen, Var. BovQyovvxcov, quam Btieno obtinuerunt, Chron. Prosp. Aquit. 
Bovyovvtmv und ahnlich) den Semnonen gegen und ahnlich Cassiod. Mommsen Chron. min. I 
Osten folgen lasst, von der Oder bis zur Weich- 467. H 155). Ihrem weiteren Vordringen setzte 
sel, die Alkovaicovsg (Helvecones) als ihre nOrd- Aetius ein Ziel (Sidon. Apoll. carm. VII 233. 
lichen, die Aovyoi ol 'Opiavoi als ihre sudlichen Hydatii chron. a. 437. Mommsen Chr. min. Et 
Nachbarn angiebt. Dir Stammland ist also an der 23) ; gleichzeitig brachten ihnen Hunnen eine 
Netze und Warthe anzusetzen (Zeuss Die Deut- 40 schwere Niederlage bei (Chron. Prosp. Aquit. und 
schen 133f.). Bei ihrerWanderung nach dem Siiden Cassiod. a. 435), wobei ihr Konig Gundihar (Gun- 
stiessen sie mit den Gepiden zusammen, deren dicharius) erschlagen wurde. Trotzdem erhielten 
Konig Fastida ihnen (unter Decius) eine schwere sie im J. 443 neue Wohnsitze am westlichen Ab- 
Niederlage beibrachte. Iordanes Get. 17 (vgl. Mul- hang der Alpen (vgl. Mommsen Chron. min. 
lenhoff D. Altertumsk II 91) berichtet, sie seien n 232). Dieses neugegriindete Burgunderreich 
fast aufgerieben worden, aber die Nachricht ist (mit der Hauptstadt Genf) dauerte bis zum J. 533, 
wohl iibertrieben, da die B. noch im Laufe dieses wo es die Sohne Chlodwigs eroberten. Unter die 
3. Jhdts. den gegen Donau und Rhein vordringen- Masse der Eingeborenen gemischt hOrten die Bur- 
den deutschen VOlkerschaften folgten. Kaiser Pro- gunder nun auf, ein selbstandiges Volk zu bilden, 
bus hatte mit ihnen und den Vandalen zu kam- 50 aber ihr Name lebte fort (Bourgogne, Burgundia 
pfen (Zosim. I 68, Tiber den Schauplatz des Kam- bei Cassiod. Greg. Tur. Geogr. Rav. IV 26 und 
pfes s. Zeuss a. 0. 446f.). Es gelang ihnen &.). Ein Burgundio eTscheint auf der christlichen 
nicht, mitten unter so vielen kriegerischen Volkern Inschrift vom J. 629 CIL XII 2097 (= Leblant 
eine Machtstellung zu erringen; wahrscheinlich Inscr. chret. de la Gaule H nr. 397 a pi. 281). 
von den Vandalen verdrangt, wandten sie sich Aus dem 4. oder 5. Jhdt. stammt die Trierer 
gegen den Rhein und die Alamannen. Von diesen Inschrift Haritdfm protector domesticus flints 
Bewegungen berichtet nur der Panegyriker Clau- Hanhavaldi regaiis gentis Burgundionum qui 
dius Mamertinus (pan. Marimiano d. 5; genethl. viexit amios XX et meiisis nore(m) et dies no- 
Maximiani 17). Danach lagen sie in Grenzstreitig- re/m/. Reutilo avunculus ipsius fecit, Momm- 
keiten mit den Alamannen, machten aber mit 60 sen Eph. epigr. V p. 124 und 136. Kraus Alt- 
ihnen auch einen Einfall in Gallien (Schiller christl. Inschr. der Rheinlande nr. 102 (Taf. XI 
Gesch. der rom. Kais. II 126f. >. Ihre Wohnsitze 1). Hettner Rem. Steindenkmaler des Provin- 
waren zu Ende des 3. Jhdts! am oberen und cialmus. zu Trier p. 130 nr. 298 mit Abbild. 
wohl auch mittleren Main, und hier behaupteten (zu dem regaiis gentis Burg, vgl die Anmerk. 
sie sich etwa ein Jahrhundert lang. Die Vero- Mommsens bei Hettner p. 131 und Waltz: 
neser Volkertafel (XIII 17 p. 251 ed. Seeck Not. Deutsche Verfassungsgesch. 13 305). Diese In- 
dign.) verzeichnet sie (Bitrgunxiones) zwischen schrift enthalt noch keinerlei Hinweis auf das 
Chatten und Alamannen (Miillenhoff Deutsche Christentum , zu dem die B. im Anfang des 5. 



1065 



Burgundiones 



Burgus 



1066 



Jhdts. iibertraten (Oros. VTI 32, 13. VII 41, 8. Burgus, ein urdeutsches Wort, das alien ger- 
Socrat. hist. eccl. VII 30 e&vos p&g^aQov nsQav manischen Stammen gemeinsam ist und sich schon 
xov noxa/toi! 'Ptfvov s^ov rijv otxtjoiv , BovQyow- in so alten Ortsnamen wie Asciburgium (Tac. h. 
Ctwves xaXovvxw xrL). — Die Form des Namens IV 33; Germ. 3) verwendet flndet. Die ROmer 
schwankt bei den verschiedenen Autoren und in den haben es wohl von ihren barbarischen Grenznach- 
Hss. (s. die ohen angefuhrten Citate) : Burgodiones barn entlehnt; jedenfalls hat es mit dem grieehi- 
Phn.; xo x&v BovQyowx&v l&vog, zovg Bovq- schen nvgyog nichts gemein. Da sich schon unter 
yovvxas Ptol. (s. o.); Burgundiones Inschr. CI. Hadrian ein nfutnerus) bwrg(ariorum) et vere- 
Mamertinus (p. 93 und 115 ed. Bahrens, dagegen dariofrum) Daciae infterioris) nachweisen lasst 
der Accus. Burgundios p. 114, 24). Veget. mulo- 10 (Arch.-epigr. Mitt. XVII 224), kann es kaum nach 
med. VI 6, 2 {equi Burgundiones). Chronica. Oro- dem 1. Jhdt. ins Lateinische tfbergegangen sein. 
sius. Sidon. Apoll. Cassiod. Isidor.; Burgundii Hier bezeichnet es ein ganz kleines Castell {ea- 
Amm. Marc, (und die eine Stelle bei CI. Mamert.) stellum parvulum, quern burgum vocant Veg. 
und spatere Schriftsteller (neben Burgundi); Da- IV 10), wie man es als detachiertes Fort in der 
tiv BovQyovvdoig Zosimus; BovQoiiyowdoi Agath. Nahe grOsserer Festungen zu errichten pflegte. 
V 1 1 p. 300 ed. Bonn, (diese nach Z e u s s 695 iden- So empflehlt Vegetius (a. 0.), falls eine Stadt in 
tisch mit den Urugundi, s. d.); Burgundiones ihren Mauern kein Trinkwasser besitze, die ausser- 
mit gezischtem d Veroneser Volkertafel und die halb gelegene Quelle durch einen B. zu schutzen, 
spateren Griechen (Prokop. b. Goth. I 12. Aga- und Valens lasst bei Solva (Gran) in Pannonien 
thias I 3 p. 19 Bonn. Socrates VII 30); Bovq- 20 zuerst Castra erbauen (Dessau 762), d. h. ein 
yowuovow Olympiodor. ; bei Iordanes bieten die grOsseres befestigtes Standlager, und einige Jahre 
Hss. Burgundiones, Burgutimes, Burgundxones, spater fiihrt er in nachster Nahe desselben einen 
Burgunzones, Bivrgundxoni. Zu trennen von den B. auf , urn von ihm aus den Handel mit den 
B. sind wohl die Burgiones, Phrugundiones, Uru- transdanuvianischen Barbaren zu beaufsichtigen 
gundi (s. die betr. Artikel); auch die Mugilonen (Dessau 775). Die Erbauung desselben nimmt 
Strabons sind mit Unrecht mit den B. identificiert nur 48 Tage in Ansprueh, ein Zeichen, wie klein 
worden (Zeuss a. 0. 183). Fur Verwandtschaft er ist. Namentlich aber dienen die Burgi zum 
der B. mit den Gothen spricht auch die Angabe Schutze der Grenze (Isid. or. IX 4 burgarii a 
Ammians XXVHI 5, 14, dass ihr Kfinig liendinos, burgis dicti, quia crebra per limites eonstituta 
ihr oberster Priester sinistm hiess, indem diese 30 habitaeula bwrgos dieunt) , an welcher sie in 
Worte in got. Mndins (tfysficbv) und sinissa massigen Abstanden errichtet (Anon, de reb. bell. 
(jiQsaSvxEQos) ihre Erklarung finden. Wir erfahren 21) die Zwischenraume zwischen den grossen 
aus dieser Stelle auch, dass die Macht des KOnigs Festungen ausfullen und das Durchschleichen klei- 
eine beschrankte war , da er bei Misswachs oder nerer feindlicher Raubscharen beobachten und ver- 
anderem Ungliick abgesetzt werden konnte, wah- hindern pessau 395 vom J. 185 : ripam omnem 
rend der Oberpriester seine Wiirde auf Lebens- burgis a solo extrmtis item praesidiis per loca. 
zeit behielt und nicht abgesetzt werden konnte opportuna ad elandestinos latrunculorum tran- 
(Zeuss a. 0. 467; vgl. auch die zu der Trierer situs oppositis munivit ; vgl. 773.774). So konnte 
Inschrift angegebene Litteratur). Zweifelhaft ist, man, als Iustinian Africa von den Vandalen zu- 
ob der einheimische Name der Insel Bornholm 40 ruckerobert hatte, den ehemaligen Lauf der rOmi- 
(Borgundarholms) auf Wohnsitze der B. hindeutet schen Grenze an der Linie der B. erkenneu (Cod. 
(Zeuss 465. J. Grimm Gesch. d. deutschen lust. I 27, 2 § 4). Das Wort burgarii findet 
Sprache IP 486), und ob die aus der Langobar- sich zuerst in zwei Inschriften aus den J. 138 
dischen Wanderungssage bekannte Landschaft und 140 bei dem schon genannten numerus bur- 
Burgundaib ( Vurgundaib) bei Paul. Diac. hist, gariorum et veredariorum ; es bezeichnet also die 
Langob. I 13 an die alte Heimat der B. im Osten Soldaten eines bestimmten barbarischen Truppen- 
erinnert (Miillenhoff D. Alt. II 98, dagegen kfirpers in rCmischen Diensten (aber die Bedeu- 
Zeuss a. 0. 695; vgl. den Artikel Urugundi). tung von numerus s. Mommsen Herm. XIX 219). 
Zeuss (a. 0. 133) leitet den Namen B. aus baurg Spater erscheint es ausser der angefuhrten Stelle 
(Burg) und -wxdja (pruximus) ab (vgl. Oros. VII 50 des Isidor nur noch in einem Gesetze des Hono- 
32, 12, daraus Isidor. orig. IX 2, 99); nach rius vom J. 398, das sich auf die gallische Prae- 
Kluge (in Pauls Grundriss I 305), der sie mit fectur bezieht und fur diese verordnet, dass den- 
den keltischen Brigantes zusammenstellt, bedeutet jenigen eine schwere Geldstrafe treflen solle, der 
der Name monticclae, nach Much (Deutsche Stallknechte der Post (muliones), Arbeiter der 
Stammsitze 41ff.) die ,ragenden, hohen' (analog kaiserlichen Kleiderfabriken (publids vestibus de- 
die Gottin Brigantia die .erhabene, erlauchte', putati) und Burgarii zum Weglanfe n ve rfuhre 
nicht die .bergbewohnende'). — Ausser der bereits oder bei sich aufnehme (Cod. Theod. VHI 5, 58 
angefuhrten Litteratur vgl. noch J. Grimm Gesch. -t- VII 14). Ausserdem ist in einem zweiten Gesetz, 
d. deutschen Sprache Cap. XXV. Derichsweiler das gleichfalls an den Praefecten von Gallien ge- 
Geschichte der Burgunder bis zu ihrer Einver- 60 richtet ist, von denjenigen die Rede, qui curiae 
leibung ins Frankische Reich (Mflnster 1863). Bin- vel collegio ml burgis ceterisque corporibus — 
ding Geschichte des Burgundisch-Romanischen servierint (Cod. Theod. XII 19, 2). Daraus er- 
Konigreichs (Leipzig 1868). Albert Jahn Die giebt sich ztmachst, dass die burgi um das J. 400 
Gesch. der Burgundionen und Burgundiens bis corpora, d. h. juristische Personen waren, mithin 
zum Ende der I. Dynastie (Halle, 2 Bde. 1874). als solche auch Grundeigentum besitzen konnten 
E. v. Wietersheim Geschichte der VOlkerwan- (den Grundbesitz der TruppenkOrper bezeugt auch 
derung, 2. Aufl. v. F. Dahn, 2 Bde. Leipz. 1880. CIL H 2916; vgl. Cod. Theod. V 4, 1. VII 
1881 (s. das Register). S. auch Butones. [Dim.] 15, 2). Ferner scheint die Zusammenstellung 



1067 



Burgus novus 



Burnum 



1068 



der burgarii mit den nmliones und vestiarii 
darauf hinzuweisen, dass sie gleich diesen nicht 
Soldaten, sondern Sclaven oder doch Leute in 
sclavenahnlicher Stellung waren. Vielleicht waren 
sie identisch mit denjenigen, die im 3. Jhdt. in- 
quilini castrorum genannt werden (Dig. XXVII 
1, 17 § 7 ; vgl. Seeck Gesch. des Untergangs 
der antiken Welt I 526), d. h. sie hatten als Ho- 
rige die Acker zu bebauen, welehe den Grenz- 
castellen als jnristischen Personen zugehCrten, und 
da von eine jahrliche Fruchtquote fur den Unter- 
halt der Soldaten zu liefern. Nachweisbar sind 
sie unter dem Namen burgarii bis jetzt nur in 
Gallien und Spanien. Mit den eastellani (Momm- 
sen CIL HI p. 2001) haben sie wohl nichts zu 
thun. Gothofredus ad Cod. Theod. VII 14. 

[Seeck.] _ 

Burgus novus (Bovqjovs votjs), ein von Iusti- 
nianus erbautes Castell in Tzanike oder dem Hin- 
terlande von Trapezus, nahe an Longini fossatum, 
eine Tagreise von Sisilissa (s. Sisila), Procop. de 
aedif. Ill 6. [Tomaschek.] 

Burl {Bufiil), germanisches Yolk, zuerst von 
Tac. Germ. 43 erwahnt zusammen mit Marsig- 
nern, Cotinern und Osen: terga Mareomannorum 
Quadontmqiie clauditnt, e quibus Marsigni et 
Buri sermone eultuque Suebos referunt (Bwri 
besser bezeugt als Burii). Ptol. II 11, 10 setzt 
die Aovyioc Bovgoi vjio zip ' Aonif$ovQyli>) oQst 
bis zur Weichselquelle. Als den Quaden benach- 
bart erscheinen sie auch bei Dio LXXI 18. LXXII 
3 (Bovqqoi), und die Tab. Peut. endlich verzeich- 
net sie zwischen Sarmaten und Quaden fiber der 
Donau (Bur . .). Sie scheinen ein nicht unbe- 
deutendes Volk gewesen zu sein. Dio LXVIII 8 
berichtet von ihrem guten Einvernehmen mit 
Traian (Mommsen E.G. V 202). Marc Aurel 
und Commodus schlossen mit innen Friedens- 
vertrage (Dio LXXI 18. LXXII 2). Unter den 
V&lkern des Markomannischen Krieges nennt Iul. 
Capitolinus (Hist. Aug. M. Ant. phil. 22) auch 
die Burei (so die Hss., wohl fiir Burii). Sonst 
werden sie nicht genannt. Dass sie mit den Bo- 
rani des Zosimus identisch seien, ist wenig wahr- 
scheinlich, und auch die Vermutung von Zeuss 
(Die Deutschen 126), dass bei Strab. VLT 290 
Zov/xovg zu verbessern sei in Bovqovs, hat nicht 
viel fur sich. Ebenso ist die Deutung des Na- 
mens ungewiss. Vgl. Zeuss a. O. 122ff. 126. 
458ff. J. Grimm Gesch. d. deutschen Sprache 
IP 495f. Mullenhoff Deutsche Altertumsk. II 
324f. 337. Much Deutsche Stammsitze 133. 
Schiller Gesch. d. r5m. Kais. I 643. 662. Do- 
maszewski Serta Harteliana 10. 12. [Hun.] 

Burichos, ein Schmeichler des Demetrios Po- 
liorketes. Er wurde von den Athenern gleich 
jenem mit gQttlichen Ehren gefeiert (Demochares 
FHG II 449, 3). In der Seeschlacht bei Kypros 
kampfte er unter Demetrios und wurde von ihm 
mit der Verfolgung des Feindes beauftragt (Diod. 
XX 52, 4). [Wilcken.] 

BovQiSavr/vaioi (Ptol. Ill 8, 5) s. Burridava. 

Burina (Boi'Qira, var. Bovogiva, BovQoiva, 
Bovgivra, Bovqzwl Theokr. VII 6 und Schol., vgl. 
Eustath. in Dionys. 511 und die an den zwei 
letzten Stellen gegebene Etymologie), Name einer 
Quelle (xgdra) 8 km. sudsfidwestlich von der Stadt 
Kos auf der gleichnamigen Insel. Eustathios ver- 



setzt sie falschlich (die inschriftlich nachgewie- 
senen Namen "AUis Theokr. a. a. 0. 1 und IIv£a. 
[ebd. 130] und andere Grunde sprechen dagegen, 
vgl. Pantelidis Bull. hell. XIV 292ff.) nach 
Italien. Sie soil von einem alten Herrscher von 
Kos Chalkon (Xakx&Swv Apoll. bibl. II 7, 1) 
leicht benutzbar gemacht worden sein. Geradezu 
als Wahrzeichen von Kos wird B. von dem Arzte 
Andromachos (ther. v. 171 bei Galen. XIV 42) 
10 angefiihrt : r\ 'Podog fj Bovqiva tj ayxidkr) 'Em- 

daveos. Das sehr altertumliche , ziemlich hoch 
am Nordabhang des 'Oeoftedtov-BeigzVigs (jetzt 
Eremiti) gelegene, tholosartig gebaute Quellhaus 
beschreibt L. Ross Eeisen auf den griech. In- 
seln III 131ff. und ausffihrlich Archaol. Aufs. II 
389ff. , vgl. die Abbildungen Tafel V. E o s s 
zahlt dieses Bauwerk zu den altesten dieser Ge- 
genden. Dei jetzige Name ist noch "Wurina. 
Eine Wasserleitung lieferte das Wasser nach der 

20 Stadt Kos (a. d.) [Biirchner.] 

Buris, Stadt in Achaia, s. Bur a Nr. 1. 

[Oberhummer.] 
Buritanus. Ein episcopits plebis Buritanae 
in Africa wird im J. 41 1 erwahnt , Gesta coll. 
Carth. 1 133 (Man si Cone. coll. IV 109. Migne 
XI 1300). [Dessau.] 

Burkas s. Borgys. 

Burnistae (Plin. Ill 130), eine der 14 civi- 
tates der Liburner. Ihre Wohnsitze sind bestimmt 

30 durch ihren friiheren Vorort, das spatere Legions - 
lager Burnum, heute archi Romani bei Kistagne, 
westlich von Knin an der Krka in Dalmatien. 
Sie werden auch erwahnt auf der Bauinschrift 
von Scardona (CIL III 2809 : praetoriu[m vetu- 
state] eonlapsum [. . . . ,] Burnistae [. . . . Jses 
ex pec. [publ. refecer.] Seapulfa Tertullus] leg. 
Augg. p[rov. Dalmatiae] restit[uit]. Ob Scapula 
unter Marc Aurel und Commodus Statthalter war, 
wie Borghesi VI 266 angenommen hat, ist frag- 

40 lich ; vgl. W. Liebenam Forschungen zur Ver- 
waltungsgeschichte I 162f. [Patsch.] 

Burnum (Plin. n. h. HI 142. Ptol. II 16, 10: 
Bovovov. Tab. Pent.: Promona — XVI—Burno 
— XII—Aserie. Proc. b. Goth. I 16), nach den 
Distanzangaben die ausgedehnte, von der Krka um- 
flossene Ruinenstatte ,Suplja crkva' auch ,Trajanski 
grad', ,archi Romani' genannt, westlich von Knin 
in Dalmatien. Jetzt sind noch sichtbar das Amphi- 
theater, mehrere Bogen, eineWasserleitung, Strassen 

50 zwischen Schutthiigeln u. s. w. Urspriinglich Vor- 
ort der libumischen Burnistae (s. d. ; von Plinius 
wird B. falschlich zu Delmatia propria gerechnet, 
vgl. Mommsen CIL FH p. 367) wurde es eine 
der wichtigsten Festungen Dalmatiens ; angelegt 
unter der unruhigen, an ihrer Eigenart lange fest- 
haltenden epichorischen BevSlkerung des oberen 
Cetina-, des Krka- und Zrmanjagebietes (CIL in 
9929 a. Glasnik 1895, 413. 395) hatte sie den 
Zweck, die fiber die dinarischen Alpen durch den 

60 Pass von Rastello di Grab (Mons Ulcirus; vgl. A. 
Bauer Arch.-epigr. Mitt. XVII 139) nach Binnen- 
dalmatien fuhrenden Strassen (Ballif-Patsch 
E5m. Strassen in Bosnien und der Hercegowina I 
12ff. Kie pert Formae orbis antiqui XVII) zu fiber- 
wachen und den frfihromanisierten Kttstenstrich 
Aenona— Iader— Scardona zu schiitzen. Zuerst 
stationierte hier die leg. XX Valeria victrix und 
zwar bereit9 vor dem J. 6 n. Chr., da auf ihrem 



1069 



Burnum 



Bursaones 



1070 



Mer gefundenen Steine CIL III 2836 (9909. 9010 
gehoren ihr nicht, vgl. Glasnik 1895, 398. 403) 
die in diesem Jahre erworbenen Beinamen (Gro- 
tefend Paulys E.-E. IV 897. Marquardt- 
Domaszewski St.-V. 112 446, 3. O. Hirsch- 
feld Rom. Mitt. 1887, 152) noch fehlen. Die 
fruhe Anlage des Lagers beweist auch seine Lage 
diesseits des dalmatinisch-bosnischen Grenzgebirgs- 
zugs. Im J. 10 wurde die Legion nach Germa- 



Legion durften in IvoSevci (2 km. westlich von 
B.), wo sich ein Tempel des Iuppiter befand (CIL 
m 9398—9901, vgl. 13263. Glasnik 362), gewesen 
sein; sie hatten sicher schon im J. 118 das Stadt- 
recht (CIL ffl 2828 = 9890, vgl. 2830 = 9891. 
Glasnik 384. 389); jtoAi? wird die Stadt noch 
von Prokop genannt. Die Tribus ist unbekannt; 
vgl. J. W. Kubitschek Imp. Eom. tributim di- 
scriptum 233. Mommsen CIL HI p. 367ff. 1036. 



nien zum Ersatze der im Teutoburger Walde ver- 10 1059. Hirschfeld ebd. 1627. Fortis Viaggio 



nichteten Truppen transferiert (Mommsen CLL 
III p. 280. 282. Hirschfeld ebd. p. 1474; Herm. 
XXV 353). Seitdem stand in B. bis zum J. 70 
die leg. XI Claudia pia fidelis (Mommsen a. 
a. 0. p. 280. 282. 368; Herm. XIX 440, 1. Hirsch- 
feld CDLHIp. 1476. A. v. Domaszewski Rh. 
Mus. XLVII 1892, -213). Ihre Anwesenheit da- 
selbst vor 42, in welchem Jahre sie die Beinamen 
erhielt, bezeugen CLL JJI 2832 = 9892. 2835. 
9908 (Glasnik 1895, 399), nach 42 CIL m 2833 20 
(Glasnik 390). 2834 (vgl. 9893. Glasnik 381). 9903 
I Glasnik 397). 9904 (Glasnik 398). 9906 (Glasnik 
397). 13263 (Glasnik 392). Glasnik 382. Auf diese 
Legion kOnnen wohl auch bezogen werden CIL 
III 2837. 2838, 9899. 9909 (Glasnik 398). 9911 
(Glasnik 399). Die Legion unterhielt von B. aus 
kleinere Besatzungen in Mokropolje (CIL III 6416. 
9905 Glasnik 394), Padjine(CIL III 13251), Strmica 
(ebd. 6417), Teplju (ebd. 6419 = 9897) und baute 



in Dalmazia I 118. Ljubic Archiv fiir Kunde 
Osterr. Geschichtsquellen XXII 259 ; Bull. Dalm. 
n 83f. E. v. Schneider Arch.-epigr. Mitt. LX 
58ff. Euggiero Dizion. epigr. 1 1054. Sehr viele 
Funde von B. beflnden sich im Museum zu Knin ; 
vgl. P at s ch Die Steindenkmale des Museums von 
Knin ,Glasnik' des bosn.-herc. Landesmuseums 
1895, 379ff. [Patsch.] 

Burnus s. Liburnus. 

Burorina, Gottin auf einer Inschrift aus 
Domburg (Holland), Brambach CIEh 46 Deae 
Burorine u. s. w. (nach Janssen Beelden en 
gedenksteenen van Zeeland Taf. XVTII 86) = 
Orelli-Henzen 5883. Die Cberlieferung und 
Deutung ist unsicher. Steuding in Eoschers 
Lex. d. Myth. s. v. [Ihm.] 

Burr a, a colore dueta (= feuerfarben sivqqSs, 
vgl. Vanicek Et. W.s 175. Curtius Gr. Et.6 
286), wird in der Schrift de praenominibus c. 7 



im Verein mit leg. VU in lader (ebd. 2906). 80 aufgezahlt unter den antiquarum mulierum fre- 



Wahrend dieser Zeit wurden im Lager Bauten 
ausgefuhrt von -den Statthaltern P. Cornelius Do- 
labella unter Tiberius (14—18/19 n. Chr. Glasnik 
1895, 381, vgl. W. Liebenam Forschungen zur 
Verwaltungsgeschichte 1 153f.) und von P. Anteius 
unter Claudius (51/52, Glasnik 392. Liebenam 
157). Unter dem ersten Kaiser wurde auch die 
von Rastello di Grab durch das Cetinathal nach 
Salonae fuhrende Strasse (Bauer Arch.-epigr. Mitt. 



qwenti in usu praenomina. [Klebs.] 

Burre'a. Ort im sudlichen Gallien beim Geogr. 
Rav. IV 28 p. 245 (Burnt V 3 p. 341 und Guido 
c. 80 p. 514), genannt neben Sextantio, Aquae 
Convenarum, Euscino, Baeterrae u. a. Vgl. Buget. 

[Ihm.] 
Burridava (Tab. Peut.) , Vorort der Bv/rri- 
davenses (Bovgidavrivowi Ptol. IH 8, 5) und Station 
der vom Eothenthunnpass zur Donau fuhrenden 



XVII 138f.) und unter dem zwei ten als deren 40 Alutastrasse, wurde wie auch der Stamm, da die 



Fortsetzung die Strasse ins Unac- und Sanathal 
mit der Meilenzahlung von B. hergestellt (Bal- 
lif-Patsch a. a. O. 12ff. 52ff.). Ausserdem teilte 
sich hier die von Salonae und Promona kommende 
Strasse ; die eine Strecke lief auf Asseria — Nedi- 
num — Iader zu, die andere beriihrte Hadra — Senia 
(Tab. Peut. Mo mmsen CIL III p. 367. Kiepert 
Formae orbis antiqui XVLL Glasnik 1895, 380). Die 
Ausdehnung des Territoriums der eastra giebt 



wenigstens nach einer Eichtung hin die auf dem 50 Cic. p. Quinct. 25. 69. 



Alutalinie von Kaiser Hadrian befestigt wurde, 
schon bald nach der Occupation von der r&ni- 
schen Kultur beeinflusst. Die Lage von B. ist 
noch nicht mit Sicherheit ermittelt; Kiepert 
setzt sie Formae orbis antiqui XVLT am linken 
Alutaufer bei Rimnik, W. Tomaschek Die alten 
Thraker II 2, 61 (vgl. I 105) bei Slatina an. 

[Patsch.] 
Bnrrieuus, praetor urbanus urns J. 671 = 83, 



Hugel Vedropolje gefundene Terminationsinsehrift 
CIL HI 13250 (Glasnik 418) an; diese Inschrift 
beweist zugleich, dass das Lagerterritorium nach 
Verlegung der leg. .X/eine Domane des Fiscus war 
(A. Schulten Herm. XXLX 491). Doch scheint 
hier am Ende des 2. oder in der ersten Halfte 
des 3. Jhdts. ein Detachement der leg. I ad. ge- 
standen zu haben (CIL III 2823. 13212. Glasnik 
412). Auch die coh. UlAlpinoru/m lag im 1. Jhdt 



[Klebs.] 



Burrium s. Bullaeum. 

Burrus, Sohn des Parthenius, des kaiserlichen 
Kammerers unter Domitian (MartiaL V 6, 6). 
Seinen ffinften Geburtstag feiert Martial. IV 45. 

[Henze.] 

Bnrsa s. Munatius. 

Bur sad a (Bov^aada), Stadt der Keltiberer in 
Hispania Tarraconensis (PtoL II 6, 57), vermut- 
lich nicht weit vom Einflusse des Guadiela in den 



in B. (CIL III 9907. Glasnik 400, vgl. 383), die 60 Tajo; doch ist die Lage noch nicht ermittelt, 



aber mehr die Aussenposten im Municipium Ma- 
gnum (CIL IK 2759) und in Matkovine im Cetina- 
thale (CIL III 2748) besetzt gehalten zu haben 
scheinj;, ebenso wie die coh. I Luemsium (CLL 
HI 9834: Teplju). Vorubergehend muss in dem 
Bereiche von B. im 2. Jhdt. auch eine Praeto- 
rianerabteilung geweilt haben (CLL III 13208 
[Glasnik 411], vgl. 2887. 2888). Die eanabae der 



[Hfibner.] 

Bursaones ^ Volkerschaft oder Gemeinde der 
Hispania Tarraconensis, die im sertorianischen 
Krieg als den Stadten Cascantum Gracurris Cala- 
gurris benachbart erscheint, in dem Fragment 
aus Liv. B. XCI. Plinius nennt unter den Stipen- 
diarii des Conventus von Caesaraugusta Bursao- 
nenses (Til 24). Bursao oder Bursavo (wie Urgavo 



1071 



Bursio 



Busa 



1072 



Hercavonia) scheint dem heutigen Borja zu ent- 
sprechen. [Hiibner.] 

Bursio s. Iulius. 

Burticum. 1) Station der Marosstrasse siid- 
westlich vor Apulum in Dakien (Geogr. Eav. 189, 
1), am rechten Ufer des Flusses gegeniiber von Al- 
vincz, wo sich die zum Eothenthurmpass (Aluta) 
fiihrende Strasse abzweigt, Mommsen CIL III 
p. 225. Kiepert Formae orbis antiqui XVII. J. 



Provinz Africa zwischen Vaga und Bulla regia, 
bekannt aus einer Inschrift aus der Zeit des Corn- 
modus, UIL VIII 10570 (mit Nachtragen Suppl. 
14464; erlautert von Mommsen Herrn. XV 
386). Spater hat sich hier eine christliche Ge- 
meinde gebildet, da ein episcopus Buronitanus 
bei Victor Vitenais I 38 vorkommt. [Dessau.] 

Bnrznini und Burxumon heisst beim Geogr. 
Eav. 208, 3. 211, 8 die im Itin. Ant. p. 339 Bir- 



Jung fasten der Provinz Dacien 148. W. To- 10 ximinmm und Tab. Peut. Bersumno irenannte 



maschek Die alten Thraker II 2, 62. [Patsch.l 

2) Nach Geogr. Eav. V 12. Guido 106 Ort 
an der thrakischen Kiiste des schwarzen Meeres 
(an der Strasse von Apollonia nach Byzantion). 
Bei Geogr. Eav. IV 6 heisst derselbe Burtinum, 
in der Tab. Peut. VIII Buatieo und ist wahr- 
scheinlich = Ueqovtixov bei Ptol. HI 11, 3 (4), 
Muller zu Ptol. a. a. O. denkt an Brodivo, 7 km. 
landeinwarts von Achtebol (Agathopolis), Kiepert 



dalmatinische Strassenstation; s. Bersumnum. 

[Patsch.] 
Bus, 1) o Bovg, Bobg ayoga, forum Bovis, 
nach den IlaxQia Kwvor. (Kodin. 46 Bk. Ban- 
duri Imp. Orient. Ill 20. IV 589) ein Platz in 
Constantinopel (gegen Westen), wo ein sehr grosser 
Ofen (xdpivog ) mit dem Haupt eines Eindes stand. 
Dort wurden auch die Verbrecher bestraft, unter 
welchem Vorwande Iulianus (361 — 363) dort viele 



iormae XVII setzt es wohl richtiger an die Kiiste 20 Christen verbrannte. Es hatte aber der Ofen 

Unter 42° nflrdlioher Rreite Vieim iptriffpn St. rlao Anca>,a-n «;■.»« „„!,.,,„„ i„„ T);«j :_ j 



unter 42° nOrdlicher Breite beim jetzigen St. 
Stefan. [Oberhummer.] 

Bnrtina s. Bortinae. 

Burtinum s. Burticum Nr. 2. 

Burtizon s. Burtudizion. 

Burtudizon, Station in Thrakien an der Strasse 
von Byzantion nach Hadrianupolis, 18 Milien west- 
lich von Bergule (s. d.), Itin. Ant. 127. 230. 323 
(hier Burdixixo). Tab. Peut. VIII Burtiho 



x - — _„. „„„„™ / . ^„„. ^^„. .j.^ ^„,„„„. uaiBueuuugeii \iozoQiai /.imvai). uass aieses an 
Cxeogr. Eav, IV 6 p. 184 Burtizon. Cod. lust, 30 orientalische (kanaanitische) Vorbilder erinnernde 
V 10. 23. VJil 35. 9 a. 294 Eurtodim. Act AW PiMmorl- ■« Pn.«n.« „„„i, n t ±: i 



das Ansehen eines colossalen Eindes, in dessen 
Nachahmung auch beim Neorion ein Eind er- 
richtet wurde. Der Ofen bestand bis auf Phokas 
(602—610), wurde aber von Herakleios (610—641) 
eingeschmolzen (ixtovevfrtj Xdyq> <poX£a>v, d. i. mit- 
telst Geblases?). Auf dems'elben Platz waren 
auch Bogengange (dy>Tdes), ahnlich denen auf dem 
Xerolophos, mit Bildsiiulen (dydHftma) und Belief- 
darstellungen (Iotoqicu h&ivcu). Dass dieses an 



V 10, 23. Vm 35, 9 a. 294 Burtodixi. Act! Ales. 
26 (Act. SS. Mai. Ill 199) Burtodexion. Durch 
Iustinian I. wurde der zur Provinz Haimimontos 
gehorige Ort befestigt, Prokop. aed. IV 11 p. 306 
BovQTovdyi£i. Jirecek Heerstrasse von Belgrad 
nach Constantinopel 49 setzt ihn an den Teke 
Dere (also bei Kuleli?), Tomaschek Die alten 
Thraker II 2, 62 und Kiepert Formae XVII 
an den Bojtik Dere bei Eski Baba. Verschieden 



_-. — ." J j , * "'""■ t ciBciiicuou aucu uacu uer jiiinscnmeizung aurcn neraJHeios 

davon ist das xdaxgov BovoSgov bei K a n i t z 40 blieb der Name und die schaurige Tradition an dem 



Bildwerk aus Pergamon nach Constantinopel ge- 
bracht wurde (durch Iulian?), bestatigen Georg. 
Kedr. I 566 Bonn. Zon. XIV 14 a. E. ; ersterer 
lasst auch den Martyrer Antipas (Apokal. 2, 13) 
in demselben verbrannt werden. Dass der Leich- 
nam des Phokas in diesen Ofen geworfen wurde, 
bezeugen Chron. Pasch. I 700 Bonn. Theoph. 299 
de Boor. Nikeph. Const. 5 de Boor. Zon. a. a. O. 
Auch nach der Einschmelzung durch Herakleios 



Donaubulgarien III 241ff. 356. [Oberhummer.] 

Buruc, Ort in Numidien, dessen Bischofe im 
J- 255 (Concil. Carthag. in Hartels Cyprian HI 
443) und spater erwahnt werden (Augustinus de 
baptismo contra Donatist. VI 34. 65 : Quietus a Bu- 
rueh. Bischofsiiste vom J. 484, in H a 1 ms Victor 
Vitensis p. 64, Numid. nr. 5 : Leontim Bureemis). 
S. auch Burcaund Burugiatensis. [Dessau.] 
Burnesca s Virovesca 



Platze haften, wie die Verbrennung zweier Gunst- 
linge Iustinians II. im J. 695 zeigt, Theoph. 369. 
Nikeph. Const. 39. Vgl. sonst noch Theoph. 235. 
Nikeph. 72. Zon. XVIII 20. Tzetz. Chil. IX 615. 
Anderes bei Ducange Const. Christ. I 24, 1. 
Banduri a. a. O. B. lag in der 11. Eegion, wo 
diese an die 9. und 12. stiess, beim jetzigen Ak 
serai, Mordtmann Esquisse topogr. § 13. 110— 
112. 133 Plan. Wie aus Kodin. 42 (Banduri 



_ ~ — _ . .. v ,w UV _. na. iiw i lau. itic aus n.uiuii. li manuuri 

Bnruglatensis (ciritas), Ort in Africa, mit 50 III 17f. IV 504ff.) klar erhellt, und schon Du- 



Bischof, Gesta coll. Carth. I 201 (Mansi Cone, 
collect. IV 152. Migne XI 1340). S. auch 
Buruc. [Dessau.] 

Burmu (Bovqov), Ort der Callaeker in Hispa- 
nia Tarraeonensis (Ptol. II 6, 22); die Lage ist 
unbekannt (C. Muller zu Ptol. a. a. O. denkt an 
Vares beim Vorgebirge Vares). [Hiibner.] 

Buruneriim (Buruneum). Ort in Gallia Belgica 
an der Strasse von Col. Agrippina nach Vetera, 

TUTIDnnan Ttnmnmnmn /T\ a_«^. * ^.^a. \ .. J "XT ' 



cange a. a. 0. hervorhob, ist B. durchaus ver- 
schieden von dem forum Tauri (Tavgo;) oder 
forum Theodosii (beim Seraskierat), mit welchem 
es zuweilen verwechselt wird, so auch von Gros- 
venor Constantinople I 300. Naheres daruber 
s. u. Constantinopolis (Platze). 

2) fi Bovg, Ort am asiatischen Ufer des Bos- 
poros bei Chrysopolis, Ausgangspunkt der Uber- 
fahrt uach Byzantion, benannt nach Io (Pol. IV 



— . v — fT "6"re m » "uvu i eras, lauii uiitu D)iauuuu. uenannx nacn io iroi. IV 

zwischen Durnomagus (Dormagen) und Novesium 60 43 , 6f. 44, 3) oder einer Grabstele mit Dar- 

(NeUSSL Itin. Ant. 2SK (Var. Thir~lilinn\- hpim rjoAOT- otollTiT,™ „;„ n . TT„li m: T(„- 11A m 1. \ _ 



(Xeuss), Itin. Ant. 255 (Yar. Buruneo); beim Geogr. 
Eav. IV 24 p. 227 Rxingon. Man sucht es beim 
heutigen Worringen (Haus Biirgel?); vgl. A. Eein 
Haus Burgel, das rOm. Burungum, nach Lage, 
Namen, Altertumern. Crefeld 1855. Die Inschrif- 
ten von Burgel bei Brambach CIRh 295—299. 
Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. [Ihm.] 
Buranitanus saltus, Gutsherrschaft in der 



stellung einer Kuh (Dion. Byz. 110 Wesch.), s. 
Bosporos Nr. 1 unter nr. 110. [Oberhummer.] 

Bnsa. Eos, qui Canusium perfugerant (nach 
der Schlacht von Cannae), mutter Apula nomine 
Busa (oskischer Name), genere dara ae divitiis, 
moenibui tantum tectisque a Ganusinis aeeeptos 
frumento veste viatico etiam iuvit, pro qua ei 
munifkentia posted bello perfecto ab senatu hono- 



1073 



Busacteri 



Busiris 



1074 



res habiti sunt, Liv. XXII 52, 7, daraus kurze 
Erwahnung Valer. Max. IV 8, 2. [Klebs.] 

Busacteri s. Bructeri. 

Bnsal {Bovoai), einer der sechs Stamme der 
Meder, Her. I 101. Den Namen erklart Oppert 
(Le peuple et la langue des Medes 7) aus skr. 
bhu-g'a, das ,autochthon' bedeuten konnte, im 
Griechischen aber zu (lov£a hatte werden mussen. 

[Weissbach.] 
_ Busan, ein rOmisches Castell in Mesopota- 
mien zwischen Bebase und Amida, Amm. Marcell. 
XVm 10, 1. [Fraenkel.] 

Busbatos {Bovcpatos), eine thrakische, von 
den Griechen mit Artemis identificierte Gttttin, 
Hesych.; vgl. Lagarde Ges. Abh. 279. Sie kann 
mit Bendis verglichen werden, s. o. Bd. II S. 1370. 

[Jessen.] 

Buselos, Athener («f Cffov). Stammvater der 
zahlreichen Familie der Buseliden, vgl. Topffer 
Att. Geneal. 5. Aus dieser Familie stammt der 
Urenkel des Buselos, Theopompos, der Sprecher 
derim J. 359/8 verfassten XI. Eede des Isaios 
jisqI tov 'Ayviov xXtiQov; ferner stammt aus ihr 
Makartatos, der Sohn des Theopompos, gegen 
den die XLIII. (pseudo-)demosthenische Eede aoos 
Maxagratov jiegi 'Ayviov xXtiqov etwa aus dem 
J. 341 geschrieben ist, vgl. Blass Att. B. IP 565. 
IH2 1, 552. [Kirchner.] 

Businca. Eugipp. vita s. Severini XV 1: 
Quintanis appellabatur seeundarum munwipium 
Raetiarum super ripam Danuvii situm: huio 
ex alia parte parvus fluvius, cui Businca nomen 
est, propinquabat. is erebra inundatione Danu- 
vii superfluentis exerescens nonnulla eastelli 
spatia, quia in planum fundaium fuerat, oceu- 
pabat. Das genannte, von Eugippius noch mehr- 
faeh erwahnte Castell soil das heutige Plattling 
(zwischen Straubing und Osterhofen) sein. CIL 
HI p. 734. Der Name des Fliisschens wird sonst 
nicht erwahnt. Zur Endung vgl. den Flussnamen 
Abrinca (Obrinca). [Ihm.] 

Busiris (Bovaetgig mit si ist die jetzt viel- 
fach recipierte Schreibweise des cod. Urbinas des 
Isokrates, wahrend Etym. M. ausdrtlcklich Bov- 
oiois vorschreibt). 1) Name mehrerer agyptischer 
Stadte, koptisch BIovoiqi, assyrisch Pusiru oder 
Busiru, altagyptisch Per- Usire ,Haus des Osiris', 
arabisch Abuslr. Falsche Etymologie von ^ovg bei 
Diod. I 85, 5 = Steph. Byz. Porphyr. de abst. 
IV 9 oder von dem Herrscher Busiris (Nr. 5) bei 
Steph. Byz., wahrend Eratosthenes (bei Strab. XVII 
802) in richtiger Erkenntnis, dass B. ein Orts- 
name sei, den Namen des Herrschers von dem der 
Stadt ableitete. — Die bekannteste Stadt dieses 
Namens lag imnitten des Deltas (Herod. II 59) an 
dem nach ihr benannten Nilarm (BovotQiuxog ,to- 
Tafios), der durch die phatmetische Mundung miin- 
dete (Ptol. IV 5, 39—52). Strab. XVH 802. Plin. 
n. h. V 64. Epiphan. haer. Ill p. 1093. Steph. Byz. 
Hierokl. Hauptstadt des Nomos Busirites (Herod. II 
1 65. Strab. a. a. O. CIG 4697, 22. Plim n. h. V 49. 
Hermipp. frg. 50 = FHG HI 47. Alex. Polvhist. 
frg. 18 = FHG m 226. Porphyr. a. a. O. Mtin- 
zen). Der profane Name der Stadt war Ddw, 
so benannt wohl nach der dort verehrten Gott- 
heit, dem Pfeiler Dd, den die spatere Theologie 
mit dem Euckgrat des Osiris identificierte (Er- 
man Agypten II 352. 377). Der heilige Name 



war ,Haus des Osiris des Herrn von Ddw' (zum 
UnterschiedvondenanderngleichnamigenStadten), 
Brugsch Diet, ge'ogr. 977flf. Wie die meisten 
alteren agyptischen Stadte sollte auch B. ein Grab 
des Osiris haben, nach Diod. I 85, 5 und Eu- 
dox. bei Plut. de Is. et Os. 21 ware es das wirk- 
liche Grab, das den Leichnam des Gottes barg, 

fewesen. In der That spielt die Stadt Ddw in 
em Totenkultus der Agypter eine ebenso be- 

lOdeutende Eolle wie Abydos. Als Verehrer des 
Osiris verabscheuten die Bewohner von B. nicht 
nur den Esel, das heilige Tier seines Feindes Seth 
(Typhon), sondern auch den Ton der Trompete, 
der dem Schrei dieses Tieres iihnelte, Pint, de 
Is. et Os. 30. Ael. n. an. X 28. Die Isis, wel- 
che hier den Osiris begraben haben sollte, hatte 
in B. ein grosses Heiligtum, in dem ihr jahrlich 
ein grosses Fest gefeiert wurde, das der Trauer 
ran den Tod des Osiris gait, Herod. H 59. 61. 

20 Auf den Miinzen des busiritischen Gaus erscheint 
Osiris mit einem Bock, seinem heiligen Tiere (vgl. 
Anton. Lib. 28 = Ovid. met. V 329) und einer 
Sehlange, die wohl beide hier verehrt wurden, Head 
HN 724. Eckhel D. N. IV 104. Nach der Not. 
dign. lag in B. die eohors seeunda Astarum ; als 
Bischofssitz von Aegyptus II genannt bei Le- 
qui e n Oriens christianus II 566ff. tTber die Euinen 
beim Dorfe Abusir s. Naville 7 th mem. of the 
Egypt Exploration Fund, London 1890, 27. 

30 2) Ort (vicus, xcofirj) im letopolitischen Gau, 
in der N&he der grossen Pyramiden von Gizeh, 
deren Besucherfi die Bewohner als Fremdenfiihrer 
dienten. Plin. n. h. XXXVI 76. CIG 4699. 
Der Ort, dessen voller agyptischer Name .Haus 
des Osiris des Herrn von Re>-st>w' (d. i. der Name 
des betr. Teiles der memphitischen Nekropole) 
war , lag siidostlich von der grossen Sphinx 
(Brugsch Diet, ge'ogr. 653). Das heutige Dorf 
Abusir liegt weiter siidlich, zwei Stunden von 

40 den grossen Pyramiden entfernt, bei einer anderen 
Pyramide ngruppe. 

3) Stadt in der Thebais, die unter Diocletian 
292 mit Koptos (s. d.) zusammen wegen eines 
Aufstandea zerstOrt wurde, Zonar, XTT 31. Georg. 
Cedren. I 467 Bekker. Zu der Identification mit 
der unteragyptischen Stadt B. (Nr. 1) liegt, bei 
der Haufigkeit des Namens in Agypten, kein 
Grund vor. 

4) BovoeiQig, Ort mit Steinbruchen, vermut- 
50 lich in der Nahe der Oase el Faijum (Nomos Ar- 

sinoites) gelegen. Mahaffy Flinders-Petrie pa- 
pyri II nr. XIH (18a). [Sethe.] 

5) Eine von griechischen Seefahrern spatestens 
wohl im 7. Jhdt. v. Chr. geschaffene Sagengestalt, 
welehe die Ungastlichkeit der Agypter und ihre — 
fur die altere Zeit \ielfach staA flbertriebene — 
Feindschaft gegen alle Fremden auf das drastischste 
zum Ausdruck bringt. Den Namen hat die im 
Delta gelegene Stadt Pe Asar, Haus des Osiris, 

60geliefert, welehe die griechischen Kaufleute und 
Ssldner auf ihrem Wege ins Innere wohl meist 
passierten, vgl. Nr. 1 ; Eratosth. bei Strab. XVII 
802. Diod. I 88. Steph. Byz. Et, M. Ed. Meyer 
Gesch. d. Alt. I § 57. Das hesiodische Epo* er- 
wahnt ihn ohne Zusammenhang mit Herakles, 
vielleicht einfach als Sohn des Aigyptos (Hes. 
frg. 222 Ez. bei Theon progymn. 6, der stark 
auf Isokrates Eflcksicht nimmt; vgl. Apd. n 1, 



1075 



Busiris 



Busiris 



1076 



5, 3); wahrscheinlich fallt jedoch die Ausbildung 
der Sage nach Ionien, wohin Furtwangler die 
vortrefflich ausgeftihrte archaische Vase Monum. 
d. Inst. Vin 16 setzt (in Eoschers Myth. Lex. 
I 2215), wenn wir nicht noch lieber an die dorische 
Hexapolis denken wollen, der dann auch die Ein- 
flechtung in die Heraklessage zu danken ware. 
Der Halikarnassier Panyassis frg. 26 Ki., angefuhrt 
von Seleukos bei Athen. IV 172 d, behandelte die- 
selbe und nicht minder die ionischen Logogra- 10 
phen (Hekataios? A. v. Gutschmid KL Schr. 
I 47 nach Klaus en), gegen die Herodot II 45 
ankampft, auf die Isokrates sich im allgemeinen 
bezieht (XI 37 5/iokoyeizai jraga jzdvzoiv zmv 
XoyoTtai&v). Nach Pherekydes frg. 33 totete B., 
der Sohn des Poseidon, wie so viele Unholde, 
in Memphis (wo eine zweite Stadt mit Namen 
B. lag, s. Nr. 2) die Fremden am Altar des 
Zeus; Herakles kam hinzu und brachte ihn, 
seinen Sohn Iphidamas, seinen Herold Chalbes20 
(semitisch aia Hund; A. v. Gutschmid Kl. 
Schr. II 49, 3) und seine Diener um ; das Gedicht 
des Panyassis (untergeschoben?) knupfte daran 
anscheinend die Stiftung eines reineren, dem Gotte 
wohlgefalligen Opfers. von VOgeln und Kuchen; 
s. Liitke Pherecydea, Diss. Gott. 1893, 29. Meist 
ist B. Sohn des Poseidon und der Libye, Tochter 
des Epaphos (Isocr. XI 9 nach den ,Xoyosioioi') 
oder Lysianassa (Apd. II 5, 11, 6); in den Dar- 
stellungen bei den Schriftstellern und zum Teil30 
auch, auf den Vasen des 5. und 4. Jhdts., fiber 
welche Furtwangler (a. a. 0. 2233 mit Nachtrag 
Arch. Anz. 1892, 89) das Erforderliche gesagt 
hat, kommt namentlich zum Ausdruck, wie sich 
Herakles ruhig zum Altar fiihren lasst, bekranzt 
wie ein Opfertier, und erst bei Beginn der Opfer- 
handlung, als man ihm die Locke abschneiden 
will, sich anfangt zu wehren und nun schonungs- 
los mordet. Bereits in der iiltesten bildlichen 
Darstellung (s. o.) ist ein starker Zug zum Burlesk- 40 
komischen bemerkbar, in der Bildung des Herakles 
und noch mehr der im Vergleich zu dieser ath- 
letischen Riesengestalt fast zwergenhaften Neger 
(nicht Agypter). Dies und die Wandlung in der 
Auffassung des Herakles, die v. Wilamowitz 
Eur. Her. 1 333f. charakterisiert hat, vereinigte sich, 
um die B.-Sage zu einem beliebten Gegenstande 
der Komoedie zu machen. Wir wissen schon von 
einem B. des Epicharmos, der den Herakles als 
Fresser beim Siegesmahl — oder beim- Wettkampf 50 
im Essen, vgl. unten Dion — schildert (p. 223 
Lorenz), dann von spateren Stlicken des (jfingeren?) 
Kratinos (Kock FCA I 19. II 289), des Anti- 
phanes, welcher die .to.u-tiJ , den Zug zum Opfer 
beschrieb (U 37), des Ephippos (II 251) und des 
Mnesimachos (II 436j. Zu einem Satyrdrama 
hatte bereits Euripides den Stoff verarbeitet (frg. 
315ff.). Dieser Richtung gegentiber war es ein 
colossales Paradoxon, denselben B. als Ausbund 
aller Tugendhaftigkeit und Idealfursten hinzu- 60 
stelleu; doch gerade dies reizte die Sophisten, 
nachdem schon Herodot II 45 auf Grand seiner 
Kenntnis Agyptens die innere UnmCglichkeit des 
Menschenopfers in der Sage hervorgehoben hatte. 
Was dem Polykrates wenigstens nach der Ver- 
sicherung seines Gegners Isokrates nicht gegliickt 
war (nach ihm war B. sogar ein Menschenfresser), 
eine djtokoyia BovaeiQtdog, fuhrte Isokrates or. 



XI durch, indem er alles, was je zum Lobe Agyp- 
tens und seiner Bewohner gesagt war oder hatte 
gesagt werden kOnnen, auf B. ubertragt, dabei 
aber immer deutlich zu verstehen giebt, dass er 
es gar nicht ernst meint, sondern nur seitiem 
Gegner zeigen will, wie er es hatte machen sollen. 
Herakles konnte nie mit B. zusammentreffen, 
denn er lebte iiber 200 Jahre 4- drei Generationen 
(Isokr. § 36 = elf Generationen bei Theon pro- 
gymn. 6) spater ! Ein seltsames Stlick, und doch 
hatte es seine Nachwirkungen. Euemeros (bei 
Diod. I 17, vgl. Steph. Byz.) macht den B. in 
recht hellenistischer Weise zum emfieknrtfg des 
Osiris fur einen Teil des Reiches; eine andere 
Quelle des Diodor (I 88, Hekataios von Abdera?) 
und etwas anders Eratosthenes bei Strab. XVII 
802 schaffen den Wiiterich B. ganz bei seite. 
Zwei Konige des Namens kennt das wertlose 
Schema Diod. I 45 ; der zweite griindet sogar, 
ganz isokrateisch, Theben. In letzter Linie ge- 
hOrt hierher der agyptische Konig BSsir bei ara- 
bischen Geschichtschreibern : A. v. Gutschmid 
Beitr. zur Gesch. des alten Orients 1858, 35. 
Fur die Ausgestaltung des Mythos kommen diese 
rationalistischen Plattheiten kaum noch in Be- 
tracht; da war fur die Folgezeit das Aition 
des Kallimachos massgebend, der die fur seinen 
Zweck zurechtgemaehten Geschichten von Phalaris 
und B. in Parallele gestellt hatte. Der kyprische 
Seher Thrasios riet dem B., um Agypten von 
einer schon neun Jahre wahrenden Dime zu be- 
freien, jahrlich einen Fremden zu opfern ; B. opfert 
darauf zuerst den Katgeber selbst, was den ge- 
wunschten Eegen bringt, und dann alle hinzu- 
kommenden Auslander, bis Herakles seinem Wiiten 
ein Ende macht (die gute Interpolation des Ps.-Plut. 
parall. 39 citiert die aina II Buch fur Phalaris; 
Phalaris-Busiris: Kallimachos frg. 194 Schneider, 
vgl. mit Ovid, trist. HI 11, 39ff.; ars am. I 646ff.; 
ex Ponto III 6, 41 ; Ibis 397f. ; danach Claudian. 
in Eutrop. I 159ff.). Wenn Vergil Georg. Ill 5 
fragt : wer kennt nicht den Altar des nie gelobten 
B.?, so vergisst er die Sophisten; als Dichter 
schwebt ihm nur Kallimachos vor (inlaudati mit 
Serviua als Polemik gegen Isokrates zu fassen, 
gleich wie inlaudabilis , der nie hatte gelobt 
werden sollen, ist zu fein). Auch die Mytho- 
graphen gehen meist auf Kallimachos zuruck: so 
Apd. II 5, 11, 6, vgl. Kallimachos frg. 182. Ps.- 
Plut. Parall. min. 39. Hyg. fab. 56. Serv. und 
sein Interpolator a. a. O. und sonst (mit Aus- 
schreibern). Fur alles dies ist auf die naheren 
Ausfilhrungen von Knaack Callimachea, Progr. 
Stettin 1877, 6fl. zu verweisen ; die altere An- 
schauung bei Preller-Plew Griech. Myth. 8 II 
219, wonach eine ahnliche massgebende Stellung 
dem Satyrdrama des Euripides zuzuschreiben ware, 
ist damit wohl endgiiltig beseitigt. Von den 
Spateren scheint nur Dio vielmehr der Komoedie 
gefolgt zu sein (or. VIII 32) ; bei ihm ist B. ein 
Fresser und riihmt sich seiner Ringkunst; aber 
Herakles wirft ihn (nach vorangegangenem Fress- 
wettkampf wie bei Lepreos Pans. V 5, 4?, vgl. 
oben zu Epicharm) nieder und zerreisst ihn wo.-ifo 
zovg &v).dxovg tovg orpodQa yiftovzag. Die Uber- 
tragung des Eingkampfes vom Antaiosmythos 
(W. Helbig Ann. d. Inst. XXXVH 1865, 296) 
hat schwerlich erst Dio besorgt. 



1077 BovaiQittjg vo/jiog 

Die richtige Auffassung des Mythos — wenn 
man von Mythos sprechen will — lag von jeher 
auf der Hand; vgl. K. O. Miiller Prolegomena 
174f. A. v. Gutschmid Kl. Schr. II 49 u. a. 
Mit Diodor I 88 (Hekataios von Abdera?) und 
Preller a. a. O. einen ursprunglich mit Menschen- 
opfern verbundenen Kult des Osiris (bezw. Typhon !) 
in der Stadt B. als religiesen Kern anzunehmen, 
mOchte ich nicht raten; das Regenopfer bei Kalli- 



Butadai 



1078 



der ebenfalls in Pannonien ansassige Stamm der 
Oseriates an osero (jexero , See); vgl. Kiepert 
Forraae orbis antiqui XVII 6. [Patsch.] 

Bustuarii sind Gladiatoren, die einem Toten 
zu Ehren bei dessen Verbrennung am Scheitei- 
haufen (ad bustum) fechten mussten. Diese Sitte, 
die mit den Leichenspielen des homerischen Zeit- 
alters eine gewisse Ahnlichkeit hat, trat an die 
Stelle der grausamen Menschenopfer , die vorher 



mocm.e icu mum raien ; uas iwgeuu^i^i ra™ 1 " u«v"~ ■- — &i ~»™™™ — . v „„ r — , — . .__ 

machos passt ebenfalls besser auf das LykaionlObei gleicher Gelegenheit vorgenommen wurden. 



oder Laphystion als nach Agypten! B. hat mit 
Osiris nichts gemein als den Namen seiner Stadt, 
deren Eponym er fur diese bestimmte griechische 
Sage ist. Noch weniger stent er in Beziehung 
zur Hyksosherrschaft in Agypten, wie Haackh 
und Eeinisch R.-E. a I 2548 andeuten; die war 
bereits graue Vorzeit, als die ersten griechischen 
Horden unter Merneptah und Eamses HI. in 
Agypten einbrachen, und interessierten die Grie- 



Sie war nur in den alteren Zeiten der rOmischen 
Republik in tJbung , als die munera gladiatoria 
noch nicht von Amtswegen gegeben wurden. Die 
Hauptstelle ist bei Serv. Aen. X 519 mos erat 
in sepulwis virorum fortium captivos necari. 
Quod postquarn erudele visum est, placuit gla- 
diatores ante sepulera dimieare, qui a bustis 
bustuarii dieti. Cic. Pison. 19. Lipsius Saturn, 
serm. 18 (Graevii Thes. antiqu. Eoman. IX 1187). 



chen damals schwerlich genflgend, um ihnen noch 20 Friedlander S.-G. lie 359. S. auch unter GU 



Anlass zur Sagenbildung zu geben. 

[Hiller v. Gaertringen.] 
Bovoigfct)g vofi6$, unteragyptischer Gau, be- 
nannt nach seiner Hauptstadt Busiris Nr. 1 (s. d.). 

[Sethe.] 
Bovoigtzcxds noza/iog, ein Arm des Nils im 
Delta, benannt nach der Stadt Busiris Nr. 1 (s. d.). 

[Sethe.] 
Busmadis (Bovopadig Steph. Byz.), eine isau- 
rische Stadt, vgl. Eamsay Asia min. 369. 

[Euge.] 
Bussenius, Pompeianer, dessen brieniche Mit- 
teilungen in einem Schreiben des Pompeius a. d. 
XIIII kal. Mart. 705 = 49 erwahnt werden, Cic. 
ad Att. VHI 12 C 1. [Klebs.] 

Bussumarus (?), wie es scheint, Beiname des 
luppiter auf der Inschrift von Carlshurg (Dacien) 
CIL IH 1033 I(ovi) ofptimo) Bussumaro (BVS- 
SVMARO der Stein). Der keltische Mannsname 



diatores. [PoUack.] 

Bustum. Das Wort wird schon im ZwOlf- 
tafelgesetz (Cic. de leg. n 64) und seitdem immer 
in der allgemeinen Bedeutung ,Grab' gebraucht, 
nur poetisch (Lucr. IH 906. Stat. silv. V 1, 226) 
auch far den Scheiterhaufen. Es ist wohl nur 
aus der Etymologie geschlossen (Fest. ep. 32, 4. 
Serv. Aen. XI 201), aber doch wohl richtig, dass 
B. eigentlich der Ort ist, wo eine Leiche ver- 
30brannt und die Eeste hegraben sind. Diese De- 
finition passt auf Graber wie die von Bruzza 
Iscr. Vercellesi LI beschriebenen, wo in der etwa 
1 m. tiefen Grube selbst der Tote verbrannt ist 
und die Knochen entweder in eine Urne gesammelt 
oder auch ohne diese mit Erde bedeckt sind. Doch 
werden solche Graber nur selten gefunden; vgl. 
Not. d. scav. 1879, 182. 1880, 201. 1881, 130. 
Die ursprungliche Bedeutung hat sich ernalten 
in den Bmta Gattica (s. d.), die ein Massen- 



Bussumarus (Busumarus) ist auf Munzen belegt. 40 brandgrab gewesen zu sein scheinen. (Mau.J 

■r, . -. .„\u n T-_.-L.i_ _ „ m 1 1>..„..„^I.. Uim flonoT ftav TV 27 TL 2' 



Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. [Ihm.] 

Bussuritios (BovooovQi[zi?]og). Ein Avqtj- 
hog . . . vttox6eos rov Aik BOYCGOYPI- FTOY 
wird auf einer Inschrift von Galatien (CIG 4102) 
erwahnt. Der Name des Gottes ist ohne Zweifel 
keltisch (vgl. Bussumarus). [Cumont.] 

Bnsta Gallica in Eom, ein Ort media in 
urbe (Liv. XXII 14, 11), wo die Gallier bei der 
Belagerung 390 v. Chr. ihre Toten begraben haben 



Busuntlus beim Geogr. Eav. IV 27 p. 241 
(Bizantia IV 26 p. 230) = Vesontio, s. d. 
v [Ihm.] 

Bntadal (Bovxabai), kleiner attischer Demos 
der Phyle Oineis (Steph. Byz. nennt falschlich die 
Aigeis), spater der Ptolemais zugeteilt. Da das 
uralte Adelsgeschlecht der Butaden ein speciflsch 
athenisches war (s. Toepffer Att. Geneal. 113f. 
und u. Butes), so haben wir die kleisthenische Ge- 



ueiagerung o»u v. v^ur. lure iuwu ucgi-ucn iwku ___-. u. _- -.v--^, »» _.-_. — - — " ; , - 

(Varro de 1. 1. V 157. Liv. V 48) und spater von 50 meinde sicherhch in dem stadtischen Bezirk der 

V_ ... _■_ • ii ________*11__:___I /*__ ._ ~— am /iVinn fii\r nialnnan To Vi atlai QtYl K P.- 



Camillus geschlagen sein sollen: jedenfalls in der 
Nahe des Capitols, wahrscheinlich beim Forum 
Boarium; genaue Bestimmung der Lage ist bis 
jetzt nicht mOglich. Vgl. Jordan Topogr. I 2, 
487 (zu unbestimmt). Gilbert Top. LH 439. 
Hnlsen Atti dell' Accademia Pontiflcia NS. 
VI 272. [Hiilsen.] 

Bnstiaua s. Eusticiana. 

Bustica, Stadt Gross- Armeniens Cstlich von 



Oineis zu suchen, fiir welchen Lakiadai am Ke- 
phisosuhergang der .heiligen Strasse' nach Eleusis 
feststeht. Dazu stimmen einige Ortliche Be- 
ziehungen. So gait Zeuxippe, die Mutter des Butes, 
als Tochter des athenischen Baches Eridanos, der 
vermutlich im Nordwesten aus der Stadt trat. 
Ferner hatten die Eteobutaden ein erbliches Ehren- 
amt bei den Skirophorien, die dem Orte Skiron an 
der heiUgen Strasse galten (vgl. Harpokr. s. SxZ- 



\rtaxata, Tab. Pent. XI 5 ed. Mill und Geogr. 60 gov). Wahrscheinlich lag also lhr Stammsitz und 
Kav TT 12 n. 73. wo die Stationen der betr. darnach der Demos zwischenKephisos und Dipylon- 



Rav. II 12 p. 73, wo die Stationen der betr. 
Strasse der Tab. Pent, von Osten nach Westen 
aufgezahlt und vervollstandigt sind. 

[Baumgartner.] 

Bustricius, unbekannter Fluss Pannoniens 

beim Geogr. Rav. 218, 18. Er erinnert auffallend 

an die im Slavischen oft vorkommenden Fluss- 

und Bachnamen Bystrica, Bistriea, ebenso wie 



^arnach der Demos zwischenKephisos und Dipylon- 
gegend (Eteobutaden nannte sich das Geschlecht 
erst zum Unterschiede von den Demoten; sowar 
Lykurgos, Sohn des Lykophron , rov Sijfiov Bov- 
zddrjg, yevovg dc zov xwv 'Ezeo^ovxadwr). Vgl 
Demenordung des Kleisthenes (Abh. Akad. Berl 
1892) 27 Loeper Athen. Mitth. XVLT. 402. 
' [MUchhsfer.] 



1079 



Butades 



1081 



Butes 



Butes 



1080 



Butes 



1082 



Butades, sikyonischer Topfer, angeblich der 
Erfinder der Thonplastik. An ein in einem korin- 
thischen Tempel (nymphaeum Plin.) bis zur Zer- 
stOrung durch Mummius aufbewahrtes Votivrelief 
aus Terracotta, dessen Authenticitat anzuzweifeln 
wir keinen Grand haben und das also aller Wahr- 
scheinlichkeit nach mit dem Namen und Ethni- 
kon des B. signiert war, kniipfte sich die Legende, 
dass es das alteste Belief uberhaupt sei. Die Er- 
findung wurde durch die anmutige Erzahlung moti- 
viert, dass die Tochter des B. den Schatten ihres 
scheidenden Geliebten an der Wand umrissen und 
ihr Vater dann die so umgrenzte Flache mit auf- 
gesetztem Tbon bedeckt habe; so sei zuerst das 
auf den Grund aufgesetzte Belief (prostypon, vgl. 
Athen. V 194 C), aus diesem dann das in die 
Platte vertiefte bezw. mit dem Grund aus der 
Form gepresste (ectypon) entstanden — also nicht 
etwa Hoch- und Flachrelief , wie friiher ubersetzt 
zu werden pflegte, s. Bliimner Technol. II 130. 
Diese beiden Reliefarten hatten zunachst als Stirn- 
ziegel ihre Verwendung gefunden, woraus sieh dann 
spater die Akroterien der Tempel entwickelt hatten. 
Naturlich macht der Localpatriotismus der Korin- 
thier zum Schauplatz sowohl jener Geschichte als 
der Thatigkeit des B. uberhaupt Korinth. Urn 
so mehr darf die Bezeichnung des B. als Sikyonier 
den Wert echter auf einer Kiinstlersignatur be- 
ruhender tberlieferung fiir sich beanspruchen. 
Wenn als weitere Erfindung des B. die Mischung 
des Thons mit Hotel oder die Einfuhrung eines be- 
sonders rOtlichen Thons angefuhrt wird, so mag das 
darauf bertihen, dass jenes Belief in Korinth that- 
sachlich aus solchem Thon gefertigt oder vielleicht 
auch nur rot geflrnisst war. Da man sich in der 
spateren Zeit der Verdienste Korinths um die Ent- 
wicklung der Dach construction noch wohl be- 
wusst war, lag es nahe, den B. seine Erfindung 
vornehmlich auf diesem Gebiete verwerten zu 
lassen. Als historischer Kern bleibt also ein siky- 
onischer Thonarbeiter B., von dem man in Ko- 
rinth ein signiertes, hochaltertumliches Belief be- 
sass und dessen Lebenszeit man daher schwerlich 
unter das 7. Jhdt. wird herabrucken dflrfen. Das 
Marchen von der Auswanderung des Eucheir und 
Eugramnos um 01. 29 darf als Terminus ante 
quem natiirlich jetzt nicht mehr verwendet werden, 
wie es einst von Brunn Kunstlergesch. 124 ge- 
schehen ist. Plinius, dessen Malergeschichte n. h. 
XXXVI 151. 152 wir allein unsere Kunde von 
B. verdanken, hat die Nachrichten fiber ihn der- 
selben Quelle entnommen wie die uber die An- 
fange der Malerei XXXV 15. 16. 56. 58, also 
einer Schrift usqi ev^fidzcov (s. Bobert Arch. 
March. 130f.), mOglicherweise durch Vermittlung 
des Varro. Dass die Urquelle Xenokrates sei, wie 
Munzer Eerm. XXX 1895, 524 annimmt, lasst 
sich nicht beweisen. Die Geschichte von der 
Tochter des B. erzahlt in etwas andrer Brechung 
auch Athenagoras 19, jedoch ohne den Namen 
des Vaters zu nennen; doch verrat er uns die 
eigentliche Wurzel der Erfindung, das etvmolo- 
gische Spiel mit xoQo^laoziv.rj und xogrj. "Over- 
beck Griech. Plasty I 75. [C. Bobert.] 

Butae, indische Volkerschaft zwischen Sura- 
strene und den Mundungen des Indus, Plin. VI 
76; vgl. Butos Nr. 1. [Tomaschek.] 

Butaias s. Buphonas. 



Butaroton s. Buthroton. 

Bntas [Bovrag), 1) Sohn des Polyneikes aus 
Miletos. Er siegt zu Olympia, woselbst sein Stand- 
bild, im Faustkampf der Knaben, Paus. VI 17, 3. 

[Kirchner.] 

2) Wahrscheinlich Freigelassener des jiingeren 
Cato (Plut. Cat. 70), schrieb Atria (in causa- 
hbus Arnob. V 18) in elegischem Mass nach 
dem Vorbilde des Kallimachos , worin romische 

10 Sitten und Brauche aitiologisch behandelt waren. 
Plut. Bom. 21 (ein Distichon iiber den Ursprung 
der Lupercalien; vgl. Mannhardt Mytholog. 
Forschungen 78). Arnob. a. a. O, (uber die Bona 
Dea, aus S. Clodius, Bern ays Theophr. iib. From- 
migkeit 10f.). Eohde Bom. 96. Bergk Anth. 
iyr- 2 168. [KnaacL] 

3) S. Acilius Nr. 27. 
Bnteo. 1) Cognomen dei Gens Fabia. 

[Henze.] 
20 2) Buteo (Fabius ?), Declamator aus der ersten 
Zeit des Augustus, Zeitgenosse des Porcius Latro, 
der zu seiner Schule in einer gewissen Gegner- 
schaft gestanden zu haben scheint (Sen. contr. II 
5, 15f. I 1, 20. 6, 10), des Passienus (contr. II 
5, 17), Blandus (contr. II 5, 15), Asinius Pollio 
(contr. VH 4, 3). Nach contr. I 7, 18 war Gar- 
gonius ZuhCrer des B. und spater sein Schulnach- 
folger; wenn dieser identisch ist mit dem Gar- 
gonius bei Hor. sat. I 2, 27, wie Bentley z. St. 
30 annimmt, so miisste B.s Schulthatigkeit wohl in 
die fruheste Zeit des Augustus hinaufgerflckt wer- 
den. Seneca charakterisiert B. als trockenen De- 
clamator , dem es jedoch nicht an Geschick und 
Scharfsinn im Disponieren der Controversien ge- 
fehlt habe, wiewohl er auch hierin Angriffe seiner 
Zeitgenossen (so des Passienus und Asinius Pol- 
lio) zu bestehen hatte (contr. E5, 15. 17. VH 
4, 3). Contr. I 6, 9f. wird er wegen eines weit- 
hergeholten color getadelt (vgl. auch den Tadel 
40Latros I 1, 20). An Albernheiten (vgl. das Ur- 
teil contr. "VTI 4, 3) wurde er von seinem Schiller 
Gargonius noch iibertroffen. Proben seiner De- 
clamationen I 1, 20. 6, 9. II 5, 15. 16. VH 2, 
7. 12. 4, 2. 3. 6, 16. IX 2, 11. 6, 7. X 3, 4; 
m contr. VH 5, 8 will Gertz aus der verderb- 
ten hsl. Lesart den Namen des B. herstellen. 

[Brzoska.] 
Buteries (Bovzegieg (Proc. de aed. 282, 41), 
Castell in Dacia mediterr., W. Tomaschek Die 
50 alien Thraker II 2, 62. [Patsch.] 

Bates (Bovztjg ,der Hirt'). I. Altattisch-ionische 
Sagenfigur, erscheint an verschiedenen Orten mit 
verschiedener Genealogie, aber immer in demselben 
(poseidonischen) Zusammenhang. 

1) Ahnherr des alten athenischen Adelsge- 
schlechts der Eteobutadai (Harp. Snid. s. Bovzijg. 
'Ezcojlovza&ai. Eustath. II. p. 13, 43 [= Phavorin. 
EkL Gramm. Gr. I 361, 6ff. Dindf.]. 1644, 47. 
Etym. M. 209, 53. Plut. vit. X or. 841 B. Schol. 
60 Aischin. II 147), die das erbliche Priestertum des 
Poseidon Erechtheus im Erechtheion inne hatten 
(Eustath. 1644, 47. Plut. a. a. O. 38. 40. Schol. 
Aisch. II 147), wiihrend die Frauen des Geschlech- 
tes das Priestertum der neben Poseidon im Erech- 
theion verehrten Athena Polias besassen (Aischin. 
II 147 m. Schol. Lykurg. bei Harp. s.'EzeopovTddat). 
Er gait zweifellos ursprtinglich fur einen Sohn 
des Poseidon Erechtheus selbst (Hes. frg. 124 Bz.). 



dessen Hypostase er ist, und in dessen Heiligtum 
sein Altar stand (Paus. I 26, 5), der von einem 
besonderen Priester bedient wurde (Ehrensessel 
mit der Inschrift IsQscag Bovzov im Erechtheion 
gefunden, CIA II 1656), Als spater Pandion in die 
attische KOnigsliste eingeschoben wurde, machte 
man B. zum Sohn des Pandion und der Zeuxippe 
(Apollod. HI 14, 8, 1. Steph. Byz. s. BovzdSai), 
deren Name sehon ihre poseidonische Natur ver- 



lod. I 9, 25, 1; Eryx wird als Sohn der Aphro- 
dite und des B. bezeichnet Schol. Theokr. XV 
101. Diod. IV 23, 2. 83, 1 [der B. Ktaig des Lan- 
des nennt]. Steph. Byz. s. "E e v£. Hyg, fab. 260. 
Serv. Aen. V 412. Myth. Vat. I 53 ; als Sohn 
des Poseidon Myth. Vat. I 94; als Sohn des B. 
oder des Poseidon Serv. Aen. I 570. V 24. Myth. 
Vat. II 156; vgl. auch Verg. Aen. V 24. 412. 
630; iiber den historischen Zusammenhang der 



rat (Poseidon ist es ja, der die Bandigung des lOganzen Ankniipfung vgl. v. Wilamowitz Eurip. 
Bosses gelehrt; sein^Doppelganger J3richthonios HeraklesS I 32), 



schirrt zuerst vier Eosse an den Wagen); ein 
zweiter Erechtheus wird nun sein alterer Bruder, 
dem nach des Vaters Tode die Konigswiirde zu- 
fallt, wahrend B. die Priesterwurde erhalt (Apol- 
lod. Ill 15. 1, 1. Harp. Suid. s. Bovryg. Schol. 
Aisch. II 147. Etym. M. 209, 53) und des Ere- 
chtheus Tochter Chthonia zuiri Weibe nimmt (Apol- 
lod. Ill 15, 1, 2f.; nach anderer Sage wurde 



5) In attischem Grunde wurzelt aueh die Er- 
zahlung des Diodor V 50, 2ff., wonach Lykurgos 
und B. Stiefbriider und Sohne des Boreas sind. 
Lykurgos und verwandte Namen sind die tradi- 
tionellen Eteobutadennamen ; Boreas ist der at- 
tische Gott, der die attische Oreithyia raubte, die 
Tochter des Erechtheus, dessen Bruder B. genannt 
wird; B.s Gemahlin ist die Erechtheustochter 



Chthonia geopfert, s. Artikel Chthonia). Dies 20 Chthonia , die auch als Tochter des Boreas er- 

Tirol* Hi a i4aonnl onntcfiw Ati-tj\-vm A --.— "C^i „*l, —J.^ J ; _ 1 ; J_ o _ ■ _.j_ !_■_ n. t .. t ■* 



war die Geschlechtstradition der Eteobutaden, wie 
sie der von Ismenias gemalte, von Habron dem 
Sonne des Lykurgos geweihte Stammbaum des 
Geschlechtes im Erechtheion (Plut. vit. X or. 
843 E. Paus. I 26, 5) angab. 

2)_ Aber B. war in Attika nicht nur der Ahn- 
herr eines einzelnen Geschlechts, sondern war eine 
Sagenfigur von viel weiterer Bedeutung. Auf eine 
Localisierung in Pallene weist es hin, wenn B 



scheint. So ist hier alles unlOsbar und unent- 
wirrbar mit einander verbunden. Die Geschichte, 
die hier von B. erzahlt wird, ist der bekannte 
Conflict zweier Meeresgewalten, des Poseidon und 
des Meerdionysos, wie er in ganz Mittelgriechen- 
land im Schwange war und uns in mehrfachen 
Brechungen (Theseus und Aigeus, der Triton von 
Tanagra u. s. w.) vorliegt; bei Diodor natiirlich 
rationalistisch gefarbt: der jiingere B. stiftet eine 



Sohn des Pallas genannt wird , der mit seinem 30 VerschwOrung gegen seinen Bruder, wird entdeckt 



Bruder Klytos in Begleitung des Kephalos nach 
Aigina geht, um bei Aiakos Hiilfe gegen Minos 
nachzusuchen (Ovid. "met. Vn 500; uber die Ver- 
wandlung beider Bruder in Giganten vgl. M. M a y e r 
Gig. u. Tit. 185); an diesen B. von Pallene denkt 
Val. Flacc, Arg. I 394ff. vermutlich, wenn er 
den Argonauten B. am Hymettos ansassig sein 
lasst. 

3) Bei Orph. Arg. 140 heisst der Argonaut 



und mit seinen Anhangern verbannt. B. mit seinen 
Thrakern (als Sohn des Boreas ist er natiirlich 
Thraker) fahrt zur See ab, wird nach den Kykla- 
den verschlagen und nimmt Strongyle (das spatere 
Naxos) in Besitz. Sie leben dort von Seeraub, 
und da es ihnen an Weibern fehlt, beschliessen 
sie, sich solche zu rauben. Die Kykladen waren 
damals teils gar nicht, teils sparlich bewohnt, 
ein Versuch, auf Euboia zu landen, wird abge- 



B. nach der Uberlieferung Alviabr^g ; man hat Ver- 40 schlagen ; so fahren sie wieder nach Thessalien 

=^i^ n C = ^ni;.;^ , t? j .».„«„. ;„^ wo sie bei Drios in Phthiotis die r e o^o<'des Dio- 

nysos bei ihrer Feier treffen. Die Bauber stflrzen 
herbei, die Madchen werfen die heiligen Gerate 
weg und fliehen teils ins Meer, teils auf den Berg 
Drios. Nur Koronis wird geraubt und gezwungen, 
dem B. beizuwohnen. Sie fleht zu Dionysos um 
Hulfe, der B. wahnsinnig macht, so dass er in 
einen Brunnen springt und so sein Ende findet. 
In denselben Kreis von VorsteUungen gehfirt es, 



schiedenes conjiciert, z. B. Aiyeidtjs, indem man 
an die (irrige) Angabe des Steph. Byz. dachte, 
der Demos Butadai habe zur Phyle Aigeis gehort'; 
das richtige ist AivezCStjg, Sohn des Ainetos, des 
Binders des Kephalos (Apollod. I 9, 4). 

4) Ferner wird B. Sohn des Teleon genannt, 
Apoll. Rhod. I 95. Apollod. I 9, 16, 9. Hyg. fab. 
14; letzterer nennt als Mutter wieder die Ahn- 
mutter der Eteobutaden, Zeuxippe, die Tochter 



des attischen Flusses Eridanos (der in derselben 50 wenn nach Schol. Ov. Dns 605 B., der Sohn des 



Liste vorkommende Eribotes, Sohn des Teleon, ist 
wohl nur eine Doublette). An den Sohn des Te- 
leon wird gewOhnlich die Einfuhrung des B. in 
den Kreis der Argonauten angeknupft (die ge- 
nannten Stellen fahren ihn unter den Argonauten 
auf). Als Argonaut wird er dann nach Sicilien 
iibertragen und dort localisiert : als die Argonau- 
ten bei den Seirenen vorbeifuhren, wusste Orpheus 
durch sein Saitenspiel fiir alle iibrigen die Wir- 
kung des Seirenengesanges zu paralysieren ; nur 60 
B. vermochte nicht der Lockung der sussstrmmigen 
Unholdinnen zu widerstehen, er sturzte sich (ein 
echter Poseidonsohn!) in die Flut und ware ver- 
loren gewesen, hatte ihn nicht Aphrodite (die 
MeeresgOttin) nach Lilybaion gerettet, wo er mit 
ihr den Erys zeugt, der seiner gOttlichen Mutter 
auf dem nach ihm benannten Berge den berflhm- 
ten Tempel errichtet (ApuE. Bhod. IV 910ff. Apol- 



Lykurgos, an den Bakchen Rache nimmt wegen 
seines Vaters (uber den Zusammenhang des Diodor- 
berichts mit der Aloadensage s. den Artikel A lo a- 
dai Bd. I S. 1592). 

6) Endlich geht es noch den attischen Heros 
an, wenn B. Vater der Gemahlin des Peirithoos, 
Hippodameia (Diod. IV 70, 3) oder Hippoboteia 
(Schol. II. I 263) — auch hier wieder poseidoni- 
sche Namen! — heisst. 

Nach dem attischen B. wurde in der kleistheni- 
schen Gemeindeordnung der Demos Butadai (Harp. 
s, Bovztjg. Hesych. Etym. M. s. Bovzddai) ge- 
nannt, der zur Phyle Oinels gehorte (Harp. Suid. 
S. Bovzddtjg. Etym. M. s. BovzdSat ; falschlich 
giebt Steph. Byz. s. BovzdSat die Aigeis an) und 
spater in die Ptolemais versetzt wurde (vgl. Dit- 
tenberger Herm. IX 399). Im allgemeinen vgl. 
uber den attischen B. Toepff er Att. Geneal. 113ff. 



1083 



Buthericus 



Buthroton 



1084 



1085 



Buthrotos 



Buto 



1086 



Boehlau Butes und Koronis, Bonner Studien f. 
Kekuld 126ff. Einige Kunstdarstellungen hat 
Stephani (Boreas u. die Boreaden, Mem. de 
l'acad. de>St. Petersb. VII. Ser. XVI 1871, 28ff.) 
auf den Mythos von B. und Koronis gedeutet, je- 
doch hat diese Deutung nur bei der rf. Hydria 
in Neapel, Mus. Naz. 2912 (von Heydemann 
irrig auf Boreas und Oreithyia gedeutet) einigen 
Anspruch auf Wahrseheinlichkeit (s. o. S. 727f.) ; 



947, 25 Lentz. Suid. s. v., vgl. Meineke Com. 
II 158. [Kirchner.] 

ButtuH>ton(2?ot>#ga>T<fr oder jBovtfetuToV), Stadt 
an der Kttste von Epeiros , Kerkyra gegeniiber, 
zu Chaonia und wohl noch zur Landschaft Eestrine 
gehOrig, Hekat. frg. 75. Steph. Byz. s. Tqoia. 
Ihre Griindung wurde dem Troianer Helenos zu- 
geschrieben und zura Zeugnis dessen noch spater 
bei B. ein Hugel Tgoia gezeigt, Teukros (FHG 



die Heydemann 'sche Deutung eines Bildes der 10 IV 508) bei Steph. Byz. und im Etym. M. s. 
candelaberformigen Amphora in Neapel, Mus. Naz. Bovrgcorog. Dion. Hal. arch. 151, 1. Verg. Aen. 
3233 auf B. und Erechtheus den Tereus verfolgend 



ist von Koerte (Personif. psychol. Affecte in 
d. gr. Vasenmalerei, Diss. Munch. 1874, 47ff.) 
treffend widerlegt worden. 

II. Ausser dem attischen B. koromen noch 
einige andere Trager des Namens B. in der tfber- 
lieferung vor, deren mythischen Zusammenhang 
wir nicht durchschauen , oder die lediglich auf 
poetischer Namengebung beruhen. 

7) Vater des Polykaon, des ersten KOnigs von 
Messene, Hes. Ehoien bei Pans. IV 2, 1. 

8) Genosse des Herakleiden Tlepolemos bei 
dessen Flucht aus Argos nach Khodos, wo Tlepo- 
lemos KGnig wird ; als dieser gen Hion mitzieht, 
libergiebt er dem B. die Herrscnaft, Diod. V59, 1. 

9) Sohn des Amykos, ein Bebryker, von Dares 
bei den Leichenspielen des Hektor besiegt, Verg. 
Aen. V 372. 



m 295. 349 mit Serv. Der Name, welcher mit 
dieser Sage in Verbindung gebracht wurde, ist 
thatsachlich aus dem Ruhm der epeirotischen 
Rinderzucht zu erklaren, Bursian Geogr. I 17, 3. 
Aineias soil auf dem Landwege von Ambrakia 
iiber Dodona (in vier Tagen) hieher gelangt sein, 
wo Anchises mit den Schiffen wartete, Dion. 
a. a. O. Verg. Aen. in 290ff. Varro bei Serv. 
20 Aen. HI 349. Ovid. met. Ill 720f. In dieser Er- 
zahlung tritt die Bedeutung von B. als Hafen 
hervor, welche erhoht wurde durch einen 7 km. 
weit landeinwarts sich erstreckenden Strandsee, 
Pelodes (Palodes) genannt (s. d.), welcher durch 
eine nur S km. lange Mundung mit dem Meere 
in Verbindung stent ; auf der durch diese Lagnne 
gebildeten Halbinsel (daher ungenau vijoos bei 
Steph. Byz.) lag B., Strab. VH 324. Geschieht- 
lich wird die Stadt erst zur Zeit der rOmischen 



10) Waffentrager des Anchises, von Aineias 30 Btirgerkriege erwahnt, Caes. b. c. Ill 16, 1. Pint. 



dem Askanios als Begleiter gegeben, Verg. Aen 
IX 646ff. 

11) Troer, von Camilla getOtet, Verg. Aen. 
XI 690. Die drei letzten vom Dichter vielleicht 
als identisch gedacht. [Wernicke.] 

Buthericus, Magister militum per Illyricum, 
wurde im J, 390 in Thessalonike bei einem Volks- 
aufstande erschlagen, was Theodosius d. Gr. An- 
lass gab, das bekannte Blutbad in der Stadt an- 
zubefehlen, Sozom. VII 25. [Seeck.] 

Bntheros, Neupythagoreer, aus dessen Schrift 
mpl aQi&ii&v Stob. eclog. I p. 18 W. mehrere 
Bruchstucke mitteilt. Mullach Frg. Phil. II 
p. 50. Vgl. Zeller Philos. d. Gr. V3 100, 1. 

[v. Arnim.] 

Buthla {f) Bov&ia), jioUs im asiatischen Ionien. 
Steph. Byz. Theopomp. bei Steph. Byz. nennt 
sie nur ein ^coqiov. Et. M. s. Bovftoir]. J. A. 
Cramer As. Min. I 395. [Burchner.] 



Brut. 26. Infolge der Nichtleistung einer ihr 
von Caesar aufgetragenen Zahlung kam sie in 
Gefahr, ihre Landereien zu verlieren. doch trat 
Atticus, welcher dort begtttert war, fur ihre Ver- 
bindlichkeit ein, Cic. ad Att. II 6. IV 8. XIV 10. 
11. 12. 17. 20. XV 4. XVI 2. 4. 16; ad fam. XVI 
7. Drumann Gesch. Roms V 9f. 62f. Hertz- 
berg Griech. unt. d. Herrsch. d. RCm. I 440. 
Spater, warscheinlich nach der Schlachtbei Aktion, 
40 erhielt sie eine rtoiische Colonie, Strab. a. a. O. 
Plin. n. h. IV 4. Ptol. IH 13, 3 (14, 4), wo vielleicht 
xoXmvia statt xokios zu lesen, s. Miiller z. St. 
Hertzberg a. a. 0. 498. 508. Aus jener Zeit 
stammen Mtinzen mit der Aufschrift C. I. BVT. 
oder C. A. BVT. (Colonia lulia oder Augusta 
Buthrotum), auch BVTH, BVTHR u. s. w., am 
vollstandigsten gesammelt bei Imhoof-Blumer 
Monnaies gr. 138— 40. Head HN 271. Sparlich 
sind die Inschriflen aus B., so CIG 1823. CIL 



Buthoinas (Bov&oivas), Beiwort des Herakles 50 III 580. Spater mehrfach in den Strassen- und 



wie Buphagos, Anthol. Plan. 123. Georgios Pachy- 
meres bei Walz Rhet. graec. I 565. Gregor. Na- 
zianz. orat. IV 77. 103. 122 (Migne Graec. 
XXXV 604. 640. 662). Nonn. nan-, ad Greg, invect. 
I 41 = Westermann Mythogr. Graec. 370f. 
Eustath. Horn. Od. 1523, 8. Suid. s. Bov£vyr]s 
(vgl. Wentzel 'ExudrjoeK I 3). Knaack Herm. 
XXIII 131ff. hat nachgewiesen, dass Kallimachos 
in den Aitien den Herakles B. behandelte und 



Provinzverzeichnissen genannt (Itin. Ant. 324. Itin. 
mar. 488. Tab. Pent. VII Butharoto. HierokL 
652 Boviqvtos), erscheint sie seit 451 als Bischofs- 
sitz, Not. ep. m 531 Parth. Bov&ganov. X 624 
Bo&qevtov. XIH 475 Bo$qovtov ; vgl. App. 49 
"HxstQog to Bo&Qtvxov. Georg. Cypr. 1668 Gelz. 
Bo&qwtov. CIG 8828 Bov&qg>tov. Hertzberg 
a. a. 0. HI 486. Als wichtige Kustenfeste spielte 
B., nunmehr Btdrinto (vulg. Vutxindro) noch bis 



dabei erzahlte, wie Herakles mit Hyllos zu dem 60 in die neuere Zeit eine Rolle; 1081 landete hier 



Dryoper Theiodamos kam, ihm ein Rind vom Pfluge 
wegnahm und dieses schlachtete und verzehrte; 
vgl. Buphagos Nr. 3. [Jessen.] 

Buthos, Pythionike. Das angeblich auf ihn zu- 
riickgehende Sprichwort Bov&og nequpoira wurde 
von thOrichten Menschen gebraucht, Kratin. bei 
Zenob. n 66. Aristot. bei Hesych. s. v. Herodian. 
neol xa&ok. TiQoocaS. I 144, 12; sisqi fiov. A«f. n 



Boemund als Vorlaufer der Eroberung durch Ro- 
bert Guiscard im J. 1084, und nocb urn 1153 
nennt Edrisi B. einen volkTeichen Handelsplatz ; 
auch nach VerOdung der Stadt blieb die Burg 
noch einer der festesten Platze des Despotats 
Epiru.3 und del angiovrinischen Herrschaft, kam 
1386 an Venedig und fiel 1502 den Turken in die 
Hande, denen es 1716 darch Graf Schulenburg 



entrissen wurde. Nach dem Ende der Republik 
Venedig von einer franzosischen Compagnie ver- 
teidigt, musste sie 1798 an Ah Pascha ausge- 
liefert werden und blieb seitdem dem Verfalle 
preisgegeben. HertzbergGriechenl.v.Absterb.d. 
ant.Lebens 1 357. Ill 189. 305. WarsbergOdyss. 
Landschaften n 51ff. Aber noch dehnen sich im 
Umfang von etwa einer halben Stunde die Ruinen 
aus hellenischer, rflmischer und byzantinischer 
Zeit, von welchen Leake North. Gr. I lOOff. 
eine kurze Beschreibung gegeben hat; hienach 
Bursian Geogr. I 17f. Landschaftlich schildert 
die Gegend Prokesch v. Osten Denkwiirdig- 
keiten I 22ff. und besonders v. Warsberg a. a. 0. 
38 — 60. Nautische Angaben bietet der Medi- 
terranean Pilot HI 256, wozu vgl. Admiralitats- 
karte nr. 206. [Oberhummer.l 

Buthrotos (Bov®q(ot6$), eponymer Grander 
der korkyraeischen Stadt nach einigen bei Steph. 
Byz. [Ttimpel.] 

Buthrotus s. Bulotus. 

Buthnris , Stadt im Quellgebiet des Bagra- 
das , in dem Abschnitte iiber Libya interior ge- 
nannt von Ptol. IV 6, 29. [Dessau.] 

Buthysia {fiovdveia), Rinderschlachtfest, das 
in den verschiedensten Kulten meist wohl durch 
die Darbringung einer Hekatombebegangen wurde, 
so i. B. an den argivischen Heraien (Pind. Nem. 
X 22 aydyv rot ydAxeos SSfiov otgvvei jiot'i flov- 
■dvalav "Hgag ai&Xmv ts xqioiv). Inschriftlich ist 
f\ trjg p. ioQxrj fiir Tenos bezeugt, wo es zolg e[v] 
'H Q iatc,y &eo[T]g gilt (CIG H 2336). [Kern.] 

Bovrixt] Xlfivi}, der eine der beiden grOsseren 
Seen zwischen der bolbitinischen und sebennyti- 
schen Nilmlindung (s. auch Sefievvvxixr) l.tfivrj), 
benannt nach der Stadt Butos (Buto Nr. 2), Strab. 
XVH 802, wohl derselbe, in dem nach Herod. 
n 156 die Insel Chemmis (s. Chembis) und wohl 
auch die Insel mit der Stadt Hermopolis lag ; ihm 
entspricht heute etwa der westliche Teil des Sees 
Burlos. [Sethe.] 

Bovvixdg vofi6s, unteragyptischer Gau, Epi- 
phan. haeres. Ill p. 1092, dessen Hauptstadt die 
Stadt Buto Nr. 2 war (s. d.), sonst Phthenotes 
genannt (s. d.). [Sethe.] 

Butilinus. Nach Teias Falle beschlossen die 
in Oberitalien ansassigen Gothen eine Gesandt- 
schaft an den FrankenkSnig Theodebald, welche urn 
Hiilfe gegen die ubermachtigen ROmer und Narses 
bat. Der KOnig liess sich zwai nicht dazu herbei, 
den Resten der Gothen in einem gefahrlichen 
Kriege gegen den Kaiser beizustehen, aber zwei 
alemannische Bruder, Leutharis (s. d.) und B., 
welche im Frankenreiche hervorragende Stellungen 
einnahmen, beschlossen den Zng auf eigene Paast 
za unternehmen. Mit ungefahr 75 000 Mann, die 
sie unter Franken und Alemannen geworben hat- 
ten, iiberschritten sie in der zweiten Halfte des 
J. 553 die Alpen. Ihre wilden Scharen flossten 
den RBmern Schrecken ein. und es gelang ihnen, 
da Narses selbst in Etrnrien durch verschiedene 
Operationen gegen gothische Scharen noch znriick- 
gehalten war, dessen vorgeschobenen Truppen bei 
Parma .eine Schlappe beizubringen. Narses legte 
seine Armee in die verschiedenen festen Platze 
Italiens in die Winterquartiere. Leutharis und 
B. aber zogen im Frfihjahre an Caesena vorbei 
und sengten und brannten alles nieder, was ihnen 



in den Weg kam. Obwohl Narses einer ihrer 
Scharen bei Ariminum eine Schlappe beibrachte, 
zogen sie weiter nach Samnium. Hier teilten sie 
sich. Leutharis zog an der Ostktiste, wahrend 
B. durch Campanien bis zur sicilischen Meerenge 
vordrang. Wahrend aber Leutharis, naehdem er 
genug Beute gemacht, zuriickkehrte, um die ge- 
sammelten Schatze in Sicherheit zu bringen, wollte 
B., seinem Eide treu, den Gothen zur Rtickerobe- 

10 rung ihres Landes verhelfen, obwohl schon seit 
Monaten der festeste Stiitzpunkt der Gothen im 
Suden, Cumae, durch Aligerns Ubertritt in riSmische 
Hande gelangt war. Auf diejenigen Gothen ge- 
stiitzt, welche es immer noch vorzogen, den heid- 
nischen Alemannen, als dem Kaiser zu dienen, 
hoffte er sich selbst zum KCnige erheben lassen 
zu kOnnen und rechnete darauf , dass ihm spater 
sein Bruder ein Hulfsheer aus der Heimat zu 
fiihren werde. Durch das Klima geschwacht — 

20 denn die Sonne brannte heiss und es war die Zeit 
der Wemlese — zog B. immer noch mit 30 000 
Mann nach Campanien zuriick, um hier, obwohl 
keine Verstarkung gekommen war, dem Narses 
die Entscheidungsschlacht zu liefern. An den 
Casilinus gelehnt, unweit von Capua, schlug er 
seine Wagenburg auf. In der folgenden blutigen 
Schlacht warden die Alemannen von der ilber- 
legenen rOmischen Taktik besiegt und aufgerieben. 
Auch B. fiel, und es sollen nur fttnf Alemannen 

30 entkommen sein. Hauptquelle : Agathias I 6 — 
II 9. Dazu Mar. Avent. z. J. 555. Agnell. 90. 
Greg. Tur. Ill 32. IV 9. _ [Hartmann.] 

Butis. 1) In der svrischen Dekapolis, s. 
Pella. 

2) Bovng (Proc. de aed. 283, 30), Castell im 
Gebiete Kasseta, W. Tomaschek Die alten 
Thraker n 2, 62. [Patsch.] 

Buto (Bovtco). 1) Name der in der unter- 
agyptischen Stadt Buto (Nr. 2) verehrten Gottin, 

40 die gewohnlich der Leto gleichgesetzt wurde, 
Steph. Byz. Thr wahrer agyptischer Name war 
Udo (ursprunglich We'd'&jet); der Name B., wel- 
cher ,Haus der Udo' bedeutet, ist eigentlich der 
Name der Stadt, mit dem von den Griechen der 
ahnlich lautende der Gottin verwechselt worden ist 
(vgl. Bubastis). Nach dem von Herod. II 156. 
Plut. de Is. et Os. 18. 38 erzahlten Mythus soil die 
B. den jungen Horus (Apollon), der von der Isis 
heimlich auf der schwimmenden Insel Chemmis 

50 bei Buto geboren war, in den Sfimpfen aufge- 
zogen haben. Die Ahnlichkeit dieser Sage mit 
der von der Geburt des Apollon auf Delos wird 
vermutlich zu der Identification der B. mit der 
Leto Veranlassung gegeben haben. Die Gottin 
war ursprttnglich lediglich Localgottheit der Stadt 
Buto und des dazu gehorigen Gaues, der eben- 
falls nach ihr ,das Land der Udo' (agyptisch Pte- 
neto, griechisch Phthenotes, s. d.) benannt war. 
Sie heisst deshalb oft ,die von Dp und P (A. i. Buto), 

60 die in Wnw (d. i. Hermopolis in demselben Gau)'. 
In Buto selbst hatte sie einen praehtigen Tempel 
mit dem beruhmtesten Orakel der Agypter (Herod. 
n 83. 111. 133. 152. 155. m 64. Strab. XVn 
802. Ael. v. h. H 49), von dem sich aber in den 
agyptischen Inschriften bisher keine Spur gefun- 
den hat. Hier wurde ihr auch alljahrlich ein 
grosses Fest gefeiert, Herod. II 59. Als Gottin 
von Buto, der alten Hauptstadt Unteragyptens, 



1087 



Buto 



Butrium 



1088 



1089 



Butta 



Butter 



1090 



gilt die Udo als Herrin und Beschiitzerin dieses II 67. Der Sperber erscheint auch auf den Mto- 

ganzen Landes und tr&gt in den Darstellungen zen des Gaues (Head HN 724), sperberkopfig 

deshalb fast immer die rote unteragyptische Ko- werden auch die in den agyptischen Texten viel 

nigskrone. Ihre eigentliche Gestalt ist die einer genannten Geister von B. dargestellt. Nach Plin. 

Uraeusschlange, als solche wird sie dargestellt, n. h. XIX 14 hiess eine besondere Art des agyp- 

wie sie sich zum Eampf aufbaumt oder um eine tischen Leinens Unum Buticwm. Herod. II 59. 

Papyruspflanze windet, besonders oft auch mit 63. 67. 111. 133. 152. 155. Ill 64. Strab XVII 

ausgebreiteten Flttgeln fiber dem KOnige schwe- 802. Plin. n. h. V 64. Ptol. IV 5, 48. Ael. v. h. 

bend und ihn so beschutzend. Auch menschliche II 49. Plut. de Is. et Os. 18. 38. Steph. Byz. 

Gestalt erhaltsie nicht selten (LanzoneDizion. 10 Hierokl. Geogr. Ear. EI 2. V 7 = Guido 93 

di mitologia egiziana 1 177if. IH 58—60. Lep- Tab. Pent. Die Lage der Stadt ist unbekannt. 

si us Denkm. EI 18. 49 u. 6.). Secundar und 3) Agyptische Stadt imOsten des Deltas, bei der 

dem Synkretismus, der die ganze agyptische Gotter- die angeblich aus Arabien kommenden gefliigelten 

lehre schon sehr fruh beherrscht, zuzuschreiben Schlangen von den Ibis abgefangen und getfttet 

sind dagegen die Darstellungen der Udo mit der werden sollten (vgl. Ibis), Herod. II 75. Die ver- 

Geierhaube der Isis, mit dem einigen anderen sehiedentlich aufgestellten Verrautungen fiber die 

Gsttinnen zukommenden LOwenkopf oder als Geier Lage des Ortes sind verfehlt, da die Angabe %g>qos 

fiber dem Konig schwebend, wie die Schutzgottin t$ s 'Aga^lag ganz unbestimmt ist. Am begrun- 

von Oberagypten Eileithyia. Kultusstatten der detsten ist noch die von Gxiffith (Petrie 

Udo-Leto waren ausser der Stadt Buto und ihrem 20 Nebesheh and Defenneh 37), der es, von der 

Gau u. a. noch, wie der Name lehrt, Letopolis, Bedeutung des Namens B. (s. Nr. 1) ausgehend, 

Hauptstadt des letopolitischen Gaues, und die in der hieroglyphischen Stadt 'Imt sucht, in der 

Stadt 'Imt (Tell Nebgscheh), in der Griffith besonders die Gottin Udo verehrt werde. Fiir 

(bei Petrie Nebesheh and Defenneh 37) die die ganze Geschichte ist iibrigens vielleicht zu 

alte Stadt Buto Nr. 3 vermutet. Auch als Schutz- beachten , dass diese Gottin selbst oft als ge- 

herrin fremder Lander, wie sonst die Hathor, er- fliigelte Schlange dargestellt wird (s. Nr. 1). 

scheint in den Inschriften bisweilen die Udo, so vom [Sethe.] 

Weihrauchlande .Gottesland' und von den Nord- Bntoa, Inselchen an der Sudseite von Kr'eta, 

volkern der S'nbw, zu denen auch die Griechen Plin. n. h. IV 61. Wahrscheinlich = Letoa (s. d.). 
gerechnet werden (Brugsch Geogr. Inschr. IIISOBursian Geogr. II 569, 2. [Oberhummer.] 

58. 64). Das der Gottin heilige Tier war die Butones (Bovtcovag) nennt Strabon VII 290 

Spitzmaus (vgl. Anton. Lib. 28), die nach Herod. unter den von Marbod unterjoehten Volkern. Die 

II 67 nur in Buto begraben wurde, deren Mumien Herausgeber (z. B. Meineke) haben meist die 

sich aber auch anderwarts gefunden haben (s. Conjectur Casaubons rovrcovag aufgenommen. 

Wiedemann z. St.), nach Ael. n. an. 47 der Zeuss Die Deutschen 134. 136. J. Grimm 

Ichneumon, der auch auf den Munzen des leto- Gesch. d. deutschen Sprache 113 485. 495 (Bov- 

politischen Gaues abgebildet ist (HeadHN 724). zcovsg sei entstellt aus Bovyovvzowsg). [Bim.] 

2) Bovxw (Herodot.), Bovzot (Hecat. frg. 284), Butoridas (PHG IV 352. Susemihl Gr. 

gewohnlich Bovxog, agyptische Stadt im nordwest- Litt.-Gesch. I 486) wird in dem , chronologisch 

lichen Teile des Deltas, in der Gegend der sebenny- 40 allerdings nicht ganz zuverlassigen Verzeichnis der 

tischen Nilmiindung (Herod. II 155) an der Schriftsteller iiber Pyramiden bei Plin. XXXVI 

Bovuxrj /JfivTj (s. d.) und dem Bovnuog noza/uog, 79 nach Alexander Polyhistor genannt. 

der der Kiiste parallel fliessend die zum Meere [Schwartz.] 

gehenden Flussarme verband (Ptol. IV 5, 44). Butos [Bovzog). 1) Ort in Gedrosia, Steph. 

Der agyptische Name war Buto (ursprfinglich Byz. Da der Name Gedrosia missbriiuchlich auf 

Per-We-d'ojet) und bedeutet ,Haus der Gottin die Kiiste vom Indus bis Barygaza angewendet 

Udo' (s. Nr. 1). An Stelle des profanen Namens erscheint (Steph. Byz. s. Bagdxtj und BaQvydfr), 

der Stadt geben die Inschriften in haufiger Ver- so kann B. mit dem Volke der Butae zusammen- 

bindung die beiden Namen Dp und P, die ur- gestellt werden. [Tomaschek.] 
sprunglich zwei verschiedene Orte bezeichneten, 50 2) Die bei spateren Schriftstellern (Strabon, 

dann aber, wie zahlreiche Anspielungen lehren, Plinius, Ptolemaios, Herodianos bei Steph. Byz.) 

in vorhistorischer Zeit, als Agypten noch in zwei gebrauchliche Nebenform des Namens der Stadt 

Reiche zerflel, zusammen die Hauptstadt des Nord- Buto Nr. 2 (s. d.), wohl zur Unterscheidung von 

landes bildeten, wie die beiden sich gegenilber- der gleichnamigen Gottin Buto Nr. 1. [Sethe.] 

liegenden Stadte Eileithyiaspolis und Hierakon- Bntrinm (BovzQior Steph. Byz.), zu Ravenna 

polis (s. d.) die Hauptstadt von Oberagypten. gehSriger tieus (zijg 'Paovewqg xoLo/mx Strab. 

B. war die Hauptstadt eines Gaues, des Bovzixdg V 214), an der nordlich nach Altinum fuhrenden 

vopog (Epiphan. haeres. Ill p. 1092), der den Strasse, 6 mp. von Eavenna entfernt, von Plinius 

Namen Pteneto, griechisch Phthenotes (s. d.) (HI 115) den Umbrern zugeschrieben. Der Distanz 
fiihrte. Ausser dem grossen Heiligtum der Oris- 60 nach musste es fast am Sudrande der modernen 

gottin Udo (Leto), das mit einem Orakel ver- Lagunen von Comacehio liegen ; doch ist die Con- 

bunden war (s. Nr. 1) , befand sich in B. noch figuration des Terrains seit dem Altertum der- 

ein Heiligtum des Horus (Harpokrates, Epiphan. massen verandert. dass eine genaue Bestimmung 

a. a. O. Munzen Head HN 724) und seiner unmoglich ist. Inschriftlich erwahnt wird B. in 

Schwester Bubastis (s. d. Nr. 1), Herod. II 155. der Praetorianerliste von 143—144 n. Chr., CIL 

Demgemass waren den Bewohnem die Spitzmaus VI 2379 v 51. Das BoI-xqiov , welches Ptolem. 

als Tier der Udo (Leto) und der Sperber als Tier III 1, 31 als siidostlichste Stadt der Cenomanen 

des Horus heilig und wurden hier begraben, Herod, (also westlich des Athesis) nennt, kann mit diesem 



nichts zu thun haben, beruht iiberhaupt vielleicht Weise die Gesamtmilch, wie es scheinen konnte, 

nur auf Confusion. Ebensowenig ist das moderne oder nur den Eahm zu B. verarbeitet hat, muss 

Budno am Idice (10 mp. von Bologna, 34 von Ra- dahingestellt bleiben. Am ausfiihrlichsten, wenn 

venna) mit B. zusammenzubringen. Vgl. CIL XI auch, was unwesentlich, vielleicht nur mit Be- 

P ' ■« 4.J. n [Hiilsen.] zug auf die Ziegenmilch, spricht daruber Plinius 

Bntta. Ort im africanischen Binnenlande, (XXVTII 133. 134), freilich nicht ohne ein storen- 

zwischen den beiden Syrten, Ptol. IV 3, 42. des Versehen: ,Man bereitet die B., wozu im Winter 

_ . , ^ [Dessau.] die Milch vorher erwarmt wird, dadurch , dass 

Butter. Das gnechische Wort fiovrvgov hat man sie durch haufiges Schtttteln in langen Ge- 
man zum Teil far ein skythisches gehalten, da 10 fassen herauspresst; zu den letzteren hat die Luft 

der Verfasser des vierten Buches der unter dem nur durch ein enges Loch unterhalb der verstopf- 

Namen des Hippokrates gehenden Schrift de mor- ten (durch einen Lappen verschlossenen) Offnung 

bis (II 357. 358 Kuhn) dies sagen zu wollen Zutritt ; es wird ein wenig Wasser hinzugegossen, 

scheint. Seme Worte sind: Die Skythen schiitteln damit die Milch sauerlich wird; was am meisten 

die in hohle Gefasse geschiittete Stutenmilch; zusammengezogen ist, schwiinmt obenauf, und 

diese schiiumt infolgedessen und wird geschieder, ; dieses nennt man, nachdem es herausgenommen 

das Fett, 8 fjovivgov xalibvaiv, sammelt sich, da ist, oxygala, das ubrige kocht man in TOpfen; was 

es leicht ist, an der Oberfliiche an; die schwere obenaufschwimmt, ist butyrum, welches eine olige 

und dicke Masse sammelt sich unten, diese schei- Beschaffenheit hat'. Offenbar mussen hier min- 
den sie auch aus und trocknen sie; wenn sie ge- 20 destens , wie schon Beckmann (Beitrage zur 

ronnen und trocken geworden ist, InTta^v (Pferde- Gesch. d. Erfindungen 1792, III 1. 286f.) und 

quark) /lev xakkovoiv , die Molke der Milch be- Schneider (in seinem Commentar zu Col. XH 8) 

findet sich aber in der Mitte. Will man jedoch gesehen haben, oxygala und butyrum oleosum 

das erste xaliovmv auf die Skythen beziehen, so natura ihre Stellen vertauschen. Denn unter 

muss man dies offenbar auch mit dem zweiten oxygala, ist nach Plinius selbst (a. a. O. 135; vgl. 

thun; in diesem Falle aber musste der Autor auch Col. a. a. O.) nur eine Art saurer Milch oder hier 

die ijiTidxr) fur ein skythisches Wort erkliirt haben, vielmehr sauren Rahms zu verstehen (nach Anthi- 

was nicht denkbar ist. Er scheint also die grie- mus de observ. cib. 78 melca {id est lac} quod 

chischen Benennungen den skythischen substi- aeetaverit); vgl. Gal. VI 689. X 468. Orib. coll 
tuiert zu haben. Galen (VI 272) glaubte denn 30 II 60. Apic. 308. Geop. XVLTI 12, 3). 

auch, dass das Wort davon herruhre, dass die B., Im Gebrauch war die B. bei den Barbaren 

soviel er wisse, meist aus Kuhrailch hergestellt viel mehr als bei den Griechen und Romern. 

werde; auch Plinius (XXVIII 133) giebt dieselbe O. Schrader (bei V. Hehn a. a. O. 158) halt 

Etymologie, da die B. meist aus Kuhmilch bereitet es fur sicher, dass die Indogermanen schon vor 

werde. Mag daher auch tvQog ursprunglich ein ihrer Trennung verstanden hatten, die fetten Teile 

turko-tatarisches Wort gewesen sein (s. Ease), der Milch, um sie als Salbe zu benutzen, abzu- 

so war es doch liingst bei den Griechen einge- sondern, doch in der Heimat der Olive den Grie- 

biirgert (Horn. II. XI 639; Od. IV 88. IX 219. chen und Romern allmahlich die Kunst verloren 

X 234). Ein anderes, vielleicht alteres Wort fur gegangen sei. Die B. war bei den Barbaren 
B. war mxegiov (Ps.-Hipp. de morb. mul. II 688. 40 spater eine beliebte Speise und ein Zeichen von 
780. 782. Aret. p. 195. 240; dazuKuhn p. 577. Wohlhabenheit (Plin. XXVIII 133), sie salbten 
609), den Phrygiern entlehnt (Erotian. 110, 15), sich damit (Plin. XI 239), besonders in kalteren 
welches auch von Galen (XIX 131) mit Povtvqov Gegenden, wo man keln Olivenol hatte (Gal. VI 
identificiert wird; es scheint mit xaxvg und pin- 684), so die Paioner im nordlichen Makedonien (mit 
guis dieselbe Wurzel zu haben. Bei den Kypriern aus Milch gewonnenem 01 nach Hekataios bei 
soil die B. elyog geheissen haben (Hesych.). Athen. X 447 d), die keltischen Galater (die Prau 

t Bereitet wird die B. aus den fetten Teilen der des Deiotaros nach Plut. adv. Colot. 4) und die Bur- 

Milch (Gal. VI 270. XI 677), und zwar der Schaf- gunder (mit saurer B. nach Sidon.ApolLcarm. 12,6); 

und Ziegenmilch (Diosc. II 81. Plin. XXVIII 133), ebenso die xwoxeyaloi in Indien (Ktesias bei Phot. 
meist aber (Plin. ebd.) der Kuhmilch (Gal. VI 683. 50 bibl. 43 a 32 Bekk.). Bei einer Hochzeitsfeier in 

XII 266. 272. Orib. coll. II 59, 3. Aet. I 2, 104. Thrakien im J. 382 v. Chr. sassen an der Tafel 

Paul. Aeg. VII s. yala), die man falschlich filr die des Konigs butteressende Manner (Anaxandrides 

fetteste hielt (Gal. VI 683. XH 266. Orib. Paul. bei Athen. IV 131 b). Unter den schon von Ky- 

Aeg. aa. OO.), durch Verdichten derselben (Plin. ros fiir die Tafel der persischen Konige bestimm- 

XI 239) , indem man die Milch driickt (riNTpn ten Speisen wird auch Milchol genannt (Polyaen. 
prov. 30, 33, wo die Septuaginta wie an alien IV 3. 32). In Indien gebrauchte man B. bei 
Stellen des alten Testament, wo dies Wort vor- Verwundungen der Elefanten (Strab. XV 705. 
\ommt, fiovxvQov hat; auch Clemens Alex, paedag. Ael. h. a. XIU 7); von der Westkiiste Indiens 
I 6, 52 Dind., p. 128 P., ilbersetzt so Deuter. kam B. in der 2. Halfte des 1. Jhdts. n. Chr. 
32, 14), oder indem man sie in einem Gefasse 60 nach Agvpten (Peripl. mar. Erythr. 14), denn 
bewegt, bis das Fett sich absondert (Diosc. a. die dortige Gegend war reich daran (ebd. 41). 
a. 0.). Herodot (IV 2) erziihlt, dass die Skythen Auf dem Peldzuge des Aelius Gallus durch das 
die von ihnen geblendeten Sclaven die Milch in gluckliche Arabien bis zum heutigen Marib unter 
holzemen Gefassen schtitteln liessen; was sich Augustus erhielten die rOmischen Soldaten B. 
oben ansammle, schopften sie ab und hielten statt 61 (Strab. XVI 781). Auch in der Umge- 
es far wertvoller als das , was sich unten an- gend von Meroe bediente man sich der B und 
sammle (s. z. d. St. V. Hehn Kulturpflanzen des Tierfetts statt des Ols (Strab. XVII 821). Diese 
und HaustiereS Anm. 47.) Ob man in dieser Stelle vertrat die B. selbst in Lusitanien (Strab. 



Pauly-Wissowa III 



35 



1091 



Butter 



Butua 



1092 



III 155). Ein Rest phoinikischer Sitte mag es 
gewesen sein, wenn am Tage der Riickkehr der 
Aphrodite von Libyen nach dem Eryx die ganze 
Gegend um diesen nach B. duftete (Athen. IX 
395 a). Einige unterworfene Volker raachten zur 
Zeit des Plinius das Brot mit B. an, indem sie 
Sorgfalt auf das Backen verwandten (Plin. XV 111 
105). Die Bemerkung, dass B., nur in kleiner 
Menge genossen, Hunger und Durst stille und die 



18, 2. Scrib. Larg. 238. Diosc. Plin. a. a. 0. 
Plin. XXVm 241. XXX 118). Zuerst finden wir 
sie als solches bei Frauenkrankheiten angewandt, 
namlich mit andern Mitteln gegen Geschwure 
oder Entziindungen der Gebarmutter (Ps.-Hipp. 
II 564. 688. 731. 732. 749. 750. 751. 782. 
Diosc. a. a. O. und II 84. Plin. XXVLTI 252. 
XXIX 37) und Verhartung des Muttermundea (Ps.- 
Hipp. II 780. Theoph. Nonn. 208). Ferner wurde 



Krafte erhalte, geht auf die Skythen {Plin. XI 10 die Geschwulst der Hirnhaut bei Schadelbruch 
— , „,™ „„ ™ ^ , - ■, ...,., _._.i. fare)! zerriebene Weinblatter in B. zuriickge- 

trieben (Cels. Yin 4 p. 337, 4 Dar.; vgl. Diosc. 
II 81). Gegen die Ruhr wurden Klystiere von 
Rosenol und B. (Cels. IV 22) oder nur von B. 
(Diosc. a. a. O.; vgl. Ruf. Ephes. p. 333 Dar.) oder 
mit Zusatz von Terpentinharz (Plin. XXVIII 205) 
gebraucht; bei Stuhlzwang sollte der After durch 
Rosenol und B. gekraftigt werden (Cels. IV 25); 
bei Fehlern des Afters wurde sie mit andern Mit- 



284, vgl. XXV 82. 83). Daher wird wohl auch 
an fremde Volker zu denken sein, wenn es heisst. 
dass frische B. auch statt des 01s der Zukost 
und statt des Tierfetts den Kuchen beigemischt 
werde (Diosc. II 81), oder dass man [pi TiolloC) 
B. fur die Lampen verwflnde (Clem. Alex. paed. 
I 6, 51 Dind,, p. 128 P.). Denn wenn die B. 
auch schon zu Solons Zeiten den Griechen be- 
kannt gewesen sein mag, da er (bei Plut. Sol. 



16) das verwirrende und egoistische Treiben der20teln angewandt (Diosc. II 84. Plin. XXIX 37, 



Demagogen mit dem Verarbeiten der Milch, um 
das Fett daraus zu entnehmen, vergleicht, so ist 
doch von einem andern als medicinischen Ge- 
brauch bei ihnen nirgends die Rede, auch da 
nicht , wo man es am ehesten vermuten sollte, 
wie bei den Komikern , Pollux , Athenaios , den 
Geoponikern u. s. w. Galen (VI 272) nennt sie 
daher tpdgfiaxov. Nicht viel anders liegt die 
Sache bei den ROmern, von denen zuerst Celsus 



vgl. XXVm 216). Dann gegen Geschwiire der 
Lunge mit Honig (Plin. XXVIII 194. Cass. Fel. 
40 p. 92, 4 Rose; vgl. Theoph. Nonn. 133), und 
auch allein bei Auswurf aus der Lunge (Aet. I 
2, 104) oder gegen diesen allein (Gal. VI 273. 
Orib. eup. II 1 B 13. Sim. Seth. p. 27). Gegen 
Husten mit Speltmehl (Plin. XXII 124) oder 
allein (Theoph. Nonn. 125. Sim. Seth. p. 27). 
Pilaster von B. gegen Verletzungen (Diosc. II 81). 



in seinem medicinischen Lehrbuche die B. er- 30 Geschwure (Plin. XXVIII 214) und mit andern 



wahnt. So sucben wir sie besonders bei den Agrar 
schriftstellern (ausser bei Col. VI 12, 5, wo sie 
ein Heilmittel schmerzhafter Stellen am Leibe 
des Rindes bildet) und in dem Koehbuch des Api- 
cius vergebens. Selbstverstandlich haben sie, wie 
schon der Name und die erste Verwendungsweise 
lehrt, den Gebrauch der B. zuerst von den Grie- 
chen gelernt, dagegen die Sitte, ihre Kinder da- 
mit zu salben, von den Barbaren (Plin. XI 239) 



Mitteln gegen Geschwiilste der Blase (Ruf. Ephes. 
p. 48). Frische B. gegen Ohrenleiden (Plin. 
XXVIII 174. Marc. Emp. IX 108), besonders ge- 
schwollene Ohrendrfisen mit andern Mitteln (Scrib. 
Larg. 43. Plin. XXVHI 177) oder allein (Gal. XII 
266. 273. Orib. eup. II 1 B 12. 13; lat. libers, 
bei Daremb. VI p. 444. Aet, I 2, 104. Paul. 
Aeg. VII s. v. Sim. Seth. p. 27). Gegen Bubonen 
(end.). Gegen Anschwellung jdes Zahnfleisches 



Nichts Auffalliges hat es , dass die B. in dem 40 beim Zahnen der Kinder (ebd. Diosc. II 81 . Plin. 



Maximaltarif Diocletians vom J. 301 (IV 50) als 
Marktware aufgefuhrt ist, da z. B. auch das der 
griechisch-romischen Welt fremde Bier hier eine 
Stelle gefunden hat (II 11. 12); dass es hinter 
dem Talg, welcher allerdings nur von armeren 
und weniger civilisierten Menschen statt des Ols 
oder der B. zur Anmachung von Speisen ange- 
wandt sein mag , und am Endc des Abschnitts 
uber die Fleischarten statt zusammen mit der 



XXVIII 257, vgl. 190) und andere Anschwellungen 
ira Munde (Diosc. Plin. aa. OO. Gal. XII 273). 
Am nieisten wurde sie nach den Angaben des 
Plinius angewandt; dabei stimmt er grflsstenteils 
mit Diosc. H 81 (iberein (vgl. noch XXVIII 160. 
192. 203); er bemerkt auch, dass sie fiir um so 
wirksamer geh alten werde, j e widriger sie schmecke, 
und alte B. sehr vielen Compositionen zugesetzt 
werde (XXVm 134; vgl. Sim. Seth. p. 27). Galen 



Schafmilch und dem Weichkase (VI 95. 96) ge- 50 und Spatere wandten sie weit seltener an. End 



nannt ist, hat eine Parallele daran, dass der feste 
Ease mit den Fischen zusammen genannt ist (V 
11). Bliimner (D. Maximaltarif des Diocl. 81) 
nimmt freilich an, dass es sich nicht um frische, 
zum Essen brauchbare, sondern um conservierte 
oder eigens zu andern Zwecken praparierte B. 
handele. Der Preis ist iibrigens fiir ein rOmisches 
Pfund = 0,327 kg. auf 16 Denare (1 kg. auf 
89 Pf.) angesetzt, der des Schmers, Talgs und 



lich wurde die B. auch von den Tierarzten in 
Gemisch mit andern Medicamenten bei verschie- 
denen Krankheiten der Pferde, z. B. gegen Husten 
(Pelag. 450. Veget, VI 9, 5. Hippiatr. 79) ge- 
braucht. 

Litteratur: V. Hehn Kufturpflanzen und Haus- 
tieree 1894, 153—157. [Olck.] 

Butua, alte, schon von Skyl. 24f. unter dem 
Namen Bovdot] (so auch Pbilo Bybl. bei Steph. 



alten Kases auf 12. 6 und 12 Denare, also unsern 60 Byz. ; Boviioir) Etym. M. p. 207, 13) erwahnte 



heutigen Verhaltnissen entsprechend, wahrend der 
Sextar = li/a rOmisches Pfund OlivenOls (0,547 1.) 
12—40 Denare kostete und dieses heute in Italien 
nur etwa den dritten Teil des B.-Preises hat. 

In der Medicin gait die B. vor allem als ein 
erweichendes (Cels. V 15. Diosc. II 81. Plin. 
XXVIII 134. Gal. VI 683. XII 266. 272) und Ge- 
schwiire fiillendes Mittel (Cels. V 14. vgl. VI 



wohl von Griechen besiedelte Hafenstadt in Dal- 
matien an der Strasse von Epidaurum nach Seo- 
dra (Tab. Peut. Batua; Geogr. Rav. 208, 6. 379, 
11. Guido 541, 23 Budua, Ptol. II 16, 6), zu der 
nach Steph. Byz. einst auch die Umgebung des 
rhizoniscnen Meerbusens (Bocche di Cattaro) ge- 
horte. Sie soil von Kadmos gegriindet worden 
sein (Steph. Bvz. Etvm. M.; vgl. C. Mueller 



1093 



Butunti 



Buzygai 



1094 






Geogr. Gr. min. I 31. O. C rusius Roschers Myth. 
Lex. II 849). In rOmischer Zeit nach Plin. Ill 
144 {Butuanum) oppidum civium Romanorum. 
Byzantinisch Bovzofla (W. Tomaschek Mitt, der 
geogr. Gesellschaft in Wien 1880, 550), jetzt Bu- 
dua. Bei B. in Lastua wurde CIL III 6338 ge- 
funden. Ob sich CIL III 8783: (duumjviro et 
q(uin)q(uennali) munie. [. Jtuatium auf B. be- 
zieht, ist fraglich. [Patsch.] 



gefundenen, schlecht geschriebenen Inschrift CIL 
XTI 5832. Rochetin bei Allmer Revue epigr. 
II 84 nr. 521 merkt an, dass eine bei Velleron 
gelegene, heut ,Camp-Buisson' genannte Ortlich- 
keit im Mitteklter Oampus Buxonus geheissen 
habe. Holder Altcelt Sprachschatz s. v. 

[Dim.] 

Buxeri s. Byzeres. 

Buzara (BovCdga), Name eines Gebirges in 



Butunti (Ablat. Butuntis Martial. II 48, 7 ; 10 Africa, das mit seiner westlichen Halfte zur Pro- 



Accus. Butuntos ebd. IV 55, 29. Itin. Ant. 117 
Budruntus. Tab. Peut. und Geogr. Rav. IV 35 
Butuntos, wohl auch Accus.; Hieros. 609 mut. 
Butontones; Einwohner Bvtovxlvoi auf den Miin- 
zen, Butuntinenses bei Plin. HI 105 ; Botontinus 
ager Lib. colon. 262), Stadtchen in Apulien, an 
der Via Traiana zwischen Rubi und Barium, jetzt 
Bitonto. Im 3. Jhdt. v. Chr. pragte B. Munzen 
(Mommsen Rom. Miinzwesen 356. Garrucci 



Monete d'ltalia XCV 5—7. Katalog d. Berliner 20 22 



vinz Mauretania Caesariensis, mit seiner Ostlichen 
zu Numidien gehSrte (Ptol. IV 2, 16. 3, 16). 
Wird mit dem Djebel bu-Kahil (sudlich von Bou- 
Saada in der Provinz Algier) und dessen Ostlichen 
Fortsetzungen identiflciert (Cat La Maure"tanie 
Cesarienne 26; vgl. auch Tissot Ge*ographie de 
l'Afrique I 15). [Dessau.] 

Bums (Bov&is), Volksstamm im sttdlichen 
Teile des agyptischen Nomos Libya. Ptol. IV 5, 



Miinzkabinets ITI 218) und scheiut von einiger Be- 
deutung gewesen zu sein; dagegen nennt es Mar- 
tial a. a. O. als Beispiel eines armseligen Ortchens. 
Lateinische Inschriften sind aus B. erst neuerdings 
zu Tage gekommen, Ephem. epigr. VTII 75. 76. 

[Hulsen.] 
Buturicas beim Geogr. Rav. IV 40 p. 297 
= Bituriges (heut Bourges). S. Bituriges und 
Avaricum. [Ihm 



[Sethe.] 



Kuzeusis (eivitas) in Africa. Ein episcopus 
Butensis wird im J. 411 erwahnt, Gest. coll. 
Carth. I 208 (Man si Cone, collect. IV 159. 
Migne XI 1346ff.). [Dessau.] 

Buzes. 1) Stammte aus Thrakien, war zu Be- 
ginn von Iustinians Regierung als Jungling mit 
seinem Bruder Kutzes Offlzier der phoinikischen 
Truppen, kam Belisar (s. o. S. 210) nach Mindon 
gegen die Perser zu Hiilfe, wurde afcer geschlagen, 



BuYinda (BovovivSa), Fluss an der Ostkiiste 30 sein Bruder gefangen (Prok. Pers. I 13 p. 60 B 



Hiberniens siidlich vom Vorgebirge Isamnium (Ptol. 
II 2, 7), vermutlich die heutige Boyne oder Black- 
water, an der Drogheda liegt. [Hiibner.] 

Buxentum (Bov&vrov Ptol. Ill 1, 18; Bu- 
xantia Mela II 169; Einw. Buxentini CIL IX 
453. 482; Buxentia pubes Sil. VIII 585), ursprung- 
lich nv^ovs (Strab. VI 253. Diod. XI 59. Steph. 
Byz. Plin. n. h. ID! 72; Ethnik. IJv^ovvtios), Stadt 
in Lucanien, im nOrdlichen Winkel des Sinus Teri- 



dann nahm er unter Belisar an der Schlacht bei 
Daras teil; nach der Abberufung desselben ver- 
teidigte er Martyropolis mit Erfolg gegen die 
Perser (Prok. Pers. I 21). Nach dem Tode des 
Sittas wurde B. nach Armenien geschickt, wo er 
den Arsakiden Johannes durchList gefangen nahm 
und tOtete (Prok. Pers. II 3 p. 162f. B.). Nun 
wurde ihm allein vom Kaiser beim Wiederaus- 
bruche des Perserkrieges interimistisch das Magi- 



naeus, beim jetzigen Polieastro (nach Strabon lag 40 sterium militum per Orientem anvertraut, das er 



die Stadt an einem Fluss und Vorgebirge gleichen 
Namens ; diese werden in lateinischer Form nicht 
erwahnt). Die Stadt war 467 v. Chr. durch Mi- 
kythos, Tyrannen von Messana gegriindet (Strab. 
und Diod. aa. OO.) und hatte einige Bedeutung 
als Cberfahrtsort nach Sicilien. Aus der Zeit der 
Unabhangigkeit stammen die sehr archaischen 
Munzen (Brit. Mus., Italy 283. Garrucci Mon. 
d'ltalia CVni 1—3) mit der Inschrift P V X0 E M 
auf der einen, MOA^M (linksl. Swtrog) auf 
der andern Seite. Die Grundung des Mikythos 
hatte jedoch nach Strab. a. a. O. keinen langen 
Bestand, und wir hOren erst wieder von Pyxus im 
J. 197 v. Chr., wo die Deduction einer roinischen 
Colonie dahin beschlossen wurde (Liv. XXXII 
29, 4. XXXIV 42, 6) . die im J. 194 zur Aus- 
tuhrung kam (Liv. XXXIV 45, 2. Vellei. I 15). 
aber schon 186 erneuert werden musste (Liv. 



spater mit Belisar teilen sollte (Prok. Pers. II 6 
p. 176f. B.); seine Unthatigkeit und seine Habsucht 
scheinen die Lage der Romer in dem folgenden 
unglucklichen Feldzuge (540) noch verschlimmert 
zu haben (Prok. Pers. II 13 p. 210 B.). Im folgen- 
den Jabre schloss er sich in Hierapolis ein und 
vereinigte sich erst im J. 542 wieder mit der 
Hauptmacht unter Belisar, da ihm dieser wegen 
seines Verhaltens Vorwurfe machte (Prok. Pers. 
50 II 20 p. 241f.). Im J. 554 finden wir ihn (oder 
Nr. 2) mit Bessas und Martinus an der Spitze 
eines Heeres in Kolchis (Agath. II 19 p. 104 B.). 

2) Buzes , der in der angeblichen VerschwO- 
rung des Germanus fur diesen Zengnis ablegte 
und an der Spitze der von Iustinian den Lango- 
barden gesendeten Hulfstruppen stand (Prok. Goth. 
Ill 32 p. 415. Ill 34 p. 426 B.), kann mit Nr. 1 
nicht identisch sein. [Hartmann.] 

Buzygai (BovCvym), athenisches Priesterge- 



XXXIX 22, 4). In der Kaiserzeit erwiihnen es 60 schlecht , das zu dem altesten und vornehmsten 



die Geographen (Mela und Plin. a. a. O. Geogr. 
Rav. IV 32 p. 264 P.) und der Liber coloniarum 
I 209. Als Magistrate erscheinen Duumvirn (CIL 
IX 461); die Tribus war die Pomptina. Latei- 
nische 'Inschriften aus B. CIL IX 459—461. 

[Hulsen.] 
Buxenus topischer Beiname des Mars auf 
einer in Velleron bei Carpentorate (Gall. Narb.) 



Adel Attikas gehOrte. Als mythischen Stamm- 
vater verehrte dasselbe den Heros Buzyges, dem 
die Einfiihrung des Ackerbans und die Erfindung 
des Pfluges in Attika zugeschrieben wurde (vgl. 
den Art. Buzyges). Der ursprungliche Wohn- 
sitz des Priestergeschlechtes war der Burgfelsen, 
an dessen Abhang sich der heilige Ackerstreifen 
ausbreitete, auf dem der Priester aus dem Ge- 



1095 



Buzyges 



Buzyges 



1096 



schlecht alljahrlich den legos agoxog vollzog, der 
als Zeichen fur den Beginn der Aussaat des Go- 
treides gait und fiovE,vyiog genannt wurde. Das 
Korn, das dieses Ackerland trug, war der Burg- 
gOttin geweiht, Etym. M. s. Bov&yia. Hesych. 
s. Bov&yrjs. Bekk." An. I 221. Plin. n. h. VII 
57. Schol. Aisch. II 78. Pmt. Sull. 13; praec. con- 
iug.42. C. Robert Herm. XX 378. ToepfferAtt. 
Geneal. 136ff.; vgl. den Art. Aletrides. Durch 



wurden, mit dem Mysterium der Erzeugung des 
Menschen in Zusammenhang gebracht worden. 
Dieselbe Anschauung liegt der Symbolik der alten 
Verlobungsformel zu Grande: jcaiScov «V agoxqy 
yvtjolcov Sidco/Lii aoiyd) xtjv ifiavxov dvyaxega (Me- 
nandros: Kock CAF III 720). Wie der Buzyges 
einst das erste Stierpaar unter einem Joch zu ge- 
meinsamer Arbeit vereinte, so verbindet Zeus Te- 
leios die Menachenpaare durch das Joch der ehe- 



die Inschriften lernen wir, dass die B. ausser der 10 lichen Gemeinschaft mit einander, und die Nach- 



Besorgung der heiligen agoxoi noch andere kult- 
liche Functionen im athenisehen Staatsgottesdienst 
ausubten. Das Geschlecht war im erblichen Be- 
sitz der Priesteramter des Zsvg h IlaXla&iq) und 
des Zsvg Tefotog. Das Priestertum des Zeus ev 
HaX.Xa.dtq> wird in einer Sesselinschrift des Dio- 
nysostheaters erwahnt, CIA III 278, und auf einem 
Steine unbekannter Provenienz, CIA III 71, dessen 
Erklarung bisher noch nicht gelungen ist. Das 



kommen des alten Ackerpriesters sind es, denen 
die forterbende Ehre zu teil wird, seinen Kultus 
zu besorgen. 

Wie im Sacralwesen, so hat das B.-Geschlecht 
auch im politischen Leben Athens eine hervor- 
ragende Rolle gespielt. Der Sieger von Mykale 
und Eroberer von Sestos, Xanthippos, und dessen 
Sohn, der beriihmte Staatsmann und Feldherr 
Perikles, haben zu den Mitgliedern dieses Geschlech- 



andere Zeuspriestertum wird ebenfalls auf einer 20 tes gehort, Schol. Aristid. Ill 473. Wiewohl der 



Sesselinschriftdes Theaters namhaft gemacht: CIA 
III 294 legeoog Aiog TsXsiov Boytyyov. Zsvg Ts- 
Xstog ist der Schutzgott der ehelichen Gemein- 
schaft und wurde in dieser Function auch unter 
dem Beinamen Ziytog verehrt (Hesych. s. v.). Wie 
erklaren sich die Beziehungen der B. zu dem Kul- 
tus dieses Gottes? Den Schlussel hierzu giebt 
eine Bemerkung des Plutarch (coniug. praec. 42), 
der im Anschluss an die Erwahnung der drei 



Scholiast hier evidentermassen den Perikles mit 
dem Demostratos verwechselt, von dem Eupolis 
in den Afjfiot (Kock CAF I 282) redet, so liegt 
docb kein Grund vor, zu bezweifeln, dass er die 
Nachricht iiber die GeschlechtsangehOrigkeit des 
Perikles aus einer zuverlassigen Quelle geschOpft 
hat, wie das mit seiner Angabe iiber die Abstam- 
mung des Perikles mutterlicherseits der Fall ist 
(i)v yag ftrjxgo&ev xdv xo KvXcoretov dyog Txmrj- 



heiligen agoxoi der B. die Angabe macht: xov- 30 advxcov). Das B.-Geschlecht war sowohl mit den 



ta>v de navxoiv iegdxaxog iaxtv 6 yafirfXiog <sno- 
gog teal agoxog im jialdcov xexvoaaet. Die Be- 
bauung des Ackerlandes und die Aussaat des Ge- 
treides sowie die wunderbare Entwicklung des 
Keimes im Schosse der Erde ist in der Vorstel- 
lung des griechischen Volkes schon in jener friihen 
Zeit , als die erblichen Priestertumer geschaffen 



Alkmeoniden als auch mit den eleusinischen Kery- 
kes verschwagert. tlber die einzelnen AngehO- 
rigen des Geschlechtes vgl. Toepffer Att. Geneal. 
147ff. Wir kOnnen dasselbe bis auf Demainetos 
verfolgen, der bei dem Redner Aischines II 78 
erwahnt wird. Das genealogische Stemma der B. 
ist folgendes : 



Arriphron I. 



Hippokrates 

(Alkmeonide) 



Xanthippos I. e*o Agariste 



Perikles I. 



Tochter 



Perikles II. 

ISohn d. Aspasia) 



Xanthippos II. Paralos 



Areiphron II. 

i 
Hippokrates II. 



Telesippos Demophon 



Perikles III. 
[Toepffer.] 



Buzyg'es (Bov&yrjg). 1) Athenischer Heros, 
Ahnherr des attischen Geschlechtes der Buzygai 
(s. d.), in der Sage der alteste Pfluger, dem 
die erste Beackerung des Landes am Fusse der 
Burg zugeschrieben wurde. Er gait in Athen 
auch fur den Erfinder des Stiergespannes (Schol. 
Aisch. II 78 Bovt,vyr\q — 'Adt)vai<ov xmv .-raAat, 
oaxig xgwxog £evyog eCevI-ev). Vgl. Hesych. S. Bov- 
frytjg. Etym. M. s. Bovtvyla. Bekker An. I 221. 
Plin. n, h. VII 57. Sein Pflug wurde zur Er- 
innerung an seine That als Weihgeschenk auf der 
Burg aufbewahrt (Schol. Aisch. a. a. O.). Die 
attische Sage schrieb dem Heros B. eine lange 
Reihe gesetzgeberischer Acte zu, die mit der Ein- 
fuhrung des Ackerbaus und den daraus sich erge- 
benden Kulturfortschritten zusammenhangen. Die 
Obertretung dieser Gebote ward mit den fiov£v- 
yetoi agai belegt. Vgl. Eupolis Aij,uoi Kock FCA 
1282. Diphilos Ilagaaixos Kock II 561. Schol. 
Soph. Ant. 255. Aelian. v. h. V 14. Cic. de off. 



Ill 55. Varro de r. r. II 5, 4. Clem. Strom. II 
50 503. J. Bernays Ges. Abh. I 277f. 

Nach einer bis Aristoteles hinuntergehenden 
tlberlieferung soil der Eigenname des ersten Acker- 
priesters der Athener Epimenides gelautet haben. 
Serv. Georg. I 19: Epimenides, qui postea Bu- 
zyges dictus est secundum Aristotelem (Aristot. 
frg. 342). Bekanntlich war Athen das Haupt- 
wirkungsfeld des gleichnamigen Wundermannes 
aus Kreta, den das Altertum mit dem atheni- 
sehen Ackerpriester und Ahnherm des Buzygen- 
60 geschlechts identiffciert hat, vgl. Paus. I 14, 4. 
Die Sage hat noch verschiedene Ziige erhalten, 
die an der Gestalt des Kreters haften und auf 
seinen Zusammenhang mit dem athenisehen Acker- 
heros hinweisen. Als Mutter des Epimenides gait 
z. B. die Nymphe B/Aoxt) . die im Schosse der 
Erde das Wunder des Wachstums der Vegetation 
bewirkte, Suid. s. 'Extfieridrjg. Seine Nahrung 
empfing das Kind durch die Nymphen des Feldes, 



1097 



Buzygion 



Byblis 



1098 



deren Gabe es in der Hufe des Rindes geborgen 
haben soil (Demetrios Magnes bei Diog. Laert. I 
114). Diese Sagenbildungen erinnern stark an 
verschiedene Zuge aus dem Religionskreise der 
autochthonen Burgbewohner , deren mythischer 
Ahnherr in ahnlicher Weise von landlichen War- 
terinnen erzogen worden ist. Es hat daher trotz 
des Widerspruches von seiten bedeutender Gelehr- 
ten grosse Wahrscheinlichkeit, dass die Gestalt 



Mov/j,aaxog und Kvpaooog scheinen dieselbe Stadt 
zu bezeichnen. T. B. A. Spratt nennt (Archae- 
ologia XLIX 1886, 345) den Ostteil der knidischen 
Halbinsel B. Die Ruinen der Stadt sucht er 
3 km. siidwestlich von Emedschik, Ostlich gegen- 
iiber von Akantbos. Nach W. R. Pat on bildeten 
Akanthos, Bybassos und Syrna (?) eine Gemeinde 
(Class. Rev. 1889, 422£). [Biirchner.] 

2) Ein Hirte in Karien, der den dorthin ver- 



des altattischen Ackerpriesters mit der des Suhne 10 schlagenen Podaleirios aus Sturmesgefahr rettete, 



schaffenden WundertMters aus Kreta urspriinglich 
identisch war, und dass sich die Spaltung im Wesen 
dieser Gestalt erst vollzogen hat, als ihr Name 
mit bedeutungsvollen Begebenheiten der Geschichte 
in Verbindung gebracht und zu Patendiensten 
bei der Benennung litterarischer Erzeugnisse heran- 
gezogen wurde. 

Litteratur: Toepffer Att. Geneal. 136ff. H. 
Diels S.-Ber. Akad. Berl. 1891, 387ff. O.Kern 
Athen. Mitt. XVIH (1893) 195. 198. [Toepffer." 



2) Beiname des Herakles, Suidas (vgl. W e n t z el 
'Emxlrjoeig I 4). Lactant. inst. div. I 21, 36, wel- 
cher die sonst zur Erklarung des Beinamens Bu- 
phagos oder Buthoinas herangezogene Sage wieder- 
giebt, dass Herakles auf Rhodos einem Pfliigen- 
den ein Rind vom Pfluge nimmt, schlachtet und 
verzehrt (Apollod. II 5, 11, 8. Konon 11. Philostr. 
imag. II 24. Zenob. IV 95. Diogen. VI 15. Apostol. 
X 71. Gregor. Nazianz. orat. IV 103. Tzetz. Chil. 
II 385). Knaack Herm. XXIII 140 glaubt da- 30 
her, der Beiname B. bei Lactanz beruhe auf Ver- 
wechslung mit [tovrpayog oder fiovdoivag, wahrend 
Toepffer Attisch. Geneal. 146, 4 darauf hinweist, 
dass dem Herakles auf Rhodos ahnliche Sacra 
galten wie die buzygischen in Athen ; unter Schmah- 
reden wurden ihm ein Rind oder nach Lactant. 
a. a. 0. duo iuneti boves geopfert. [Jessen.] 

Buzygion (Bov^vyior) hiess in Athen eine 
der drei Statten der heiligen Pflugung, die sich 



Eponyme der karischen Stadt Bybassos. Nach 
Ephoros hiess der Hirt Bybastos, die Stadt By- 
bastion. Steph. Byz. s. v. und s. Svgva. 

[Hoefer.] 

Byble s. Byblis Nr. 4. 

Byblis (Bifiktg, Bip.iSog, vielleicht karischen 
Ursprungs oder Ilmlig = [Hi/MiMst] und noch Ofter 
BvfiMg). 1) Quelle bei Miletos in Ionien. Nach 
der Sage ist B. (Nr. 4), die Schwester des Kau- 
20nos, in sie verwandelt worden. Aristokrit. bei 



Parthen. erot. 11 (FHG IV 334f., 2). Ovid. met. 
IX 665 : nigraque sub ilice manat. Schol. Theocr. 
VII 115 (mit einem Heiligtum der Aphrodite nach 
Schol.). Hygin. fab. 243. Paus. VII 5, 10. 

2) BvfiXlg, Berg im mllesischen Gebiet, Schol. 
Theocr. VII 1 15; Stadt ebendaselbst, Anton. Lib. 30. 

[Biirchner.] 

3) Alter Name von Melos nach phoinikischen 
Ansiedlern, Steph. Byz. s. MrjXog. 

[Oberhummer.] 

4) BvpXle (auch BvfiXig in den Hss.; BifiXfc 
u. a. Paus. Vn 5, 10. 24, 5. Parthen. 11. Demon; 
BifXr\ Steph. Byz. s. BvflXos), Tochter des von 
Kreta in Karien eingewanderten Miletos und der 
Eidothea, der Tochter des KarerkCnigs Eurytos, 
Nikand. bei Ant, Lib. 30, Tochter des Miletos 
und der Areia (die nach Apollod. Ill 1, 2 viel- 
mehr Mutter des Miletos ist), Schol. Theokr. VII 
115, Tochter der Tragasia, der Tochter der Ke- 



unterhalb der Burg befand (Plutarch, praec. con- 40 laino, Nikain. bei Parthen. 11, oder der Kyanee, 



iug. 42, wo O. Mailer Kl. Schr. II 165 i«o 
nikiv in vrco tzoXiv corrigierte). Die von O. M fil- 
ler u. a. vertretene Annahme, dass dieses B. 
mit dem Bukoleion (s. d.) identisch sei, ist nicht 
mehr haltbar, da das Bukoleion am Nordabhang 
der Burg lag, wahrend das B. vielmehr beim 
Tempel der Demeter Chloe angesetzt werden muss, 
wo sich das Feld der ersten Aussaat in Athen 
befand (nach der von Kern Athen. Mitt. XVIII 



der Tochter des Maiandros, Ovid. met. IX 451ff., 
Schwester des Kaunos (und Keladon, Schol. Dion. 
Perieg. 825), welcher die Liebe zu ihrem Bruder 
den Tod brachte. Und zwar ging nach der ge- 
wohnlichen Wendung der Sage die sundige Nei- 
gung vonB. aus, so ausser.Parthenios (ol nXetovg !) 
Steph. Byz. s. Kavvog und Eustath. Dion. 533. 
Ovid. a. a. O. Demon bei Crusius Analecta ad 
paroem. gr. 135. _ Schol. Dionys. Perieg^ 825. 



193 publiciertenlnschrift); vgl. Kern a. a.O. 198. 50 Nikand. bei Ant. Lib. 30, wahrend von Kaunos 



Preller-Robert Gr. Mythol. I 771. 

[Wachsmuth.] 
Byaoi [Bvdoi), libysches Volk, bei dem ein 
Mann iiber die Manner , ein Weib iiber die Weiber 
herrschte. Nicol. Damasc. frg. 133, FHG HI 364. 

[Sethe.] 
Bybai (Bvpcu), thrakisches Volk, Steph. Byz. 
Vgl. Bibastos. [Oberhummer,] 

Bybassos (Bvfiaooo;). 1) Alte Stadt und 



die Liebe ausgehen lassen Nikainetos. Schol. 
Theokr. VII 115. Kon. 2 und der sprichwOrtliche 
Ausdruck Kavviog tga>g (Arist. rhet. II 25. Suid. 
und Hesych. s. v. Steph. Byz. s. Kavvog. Diog. 
Prov. V 71. Eustath. a, a. O.) eben darauf hin- 
weist. Nach der ersteren Form entdeckt B. dem 
Bruder ihre Leidenschaft (durch einen Brief, Ovid), 
er weist sie ab und wandert aus; gleicherweise 
lassen die, welche die letztere Fora vertreten, 



nach Plin. n. h. V 104 Gegend in Karien, ost- 60 den Kaunos znm Teil von Milet fliehen, um nicht 



lich von Knidos. Yon ihr hatten eine Landzunge 
(yegomtjoos fj Bvftaoolri) und ein Meerbusen (Bu- 
bassius sinus, die nordwestliche Ausbuchtung 
des Dfrridis sinus) ihren Namen, Herod. I 174. 
Ephoros (frg. 88) bei Steph. Byz. s. Bi<(Saaxog und 
Bvfiaoxiov. Diod. V 62 (Bovfiaoxog). Parthen. 
Erot. 1 p. 298, 18 {Bvpaoxog). Mela 1 16. Steph. 
Bvz. Ovid. met. IX 644 hat Biibosldes nurvs. 



der Neigung zu erliegen. Die zuruckbleibende 
B. wird von Gewissensbissen gequiilt und von 
hoffnungsloser Liebe verzehrt; bei Konon und 
Ovid verlasst sie ebenfalls die Heimat, um den 
Bruder zu suchen; im ubrigen kann man beziig- 
lich ihres Endes mit Rohde Griech. Roman 95f., 
1 unterscheiden (ohne freilich diese Scheidung 
auf alle Quellen ausdehnen zu kOnnen) a) Ver- 



1099 



Byblos 



Byblos 



1100 



wandlung ohne Selbstmord (Ovid und Nonnos 
XII 546ff.: Verwandlung in eine Quelle), b) Selbst- 
mord ohne Verwandlung (so Parthenios). Bei 
anderen wieder sind beide Wendungen verschmol- 
zen, wie bei Ant. Lib., nach welchem B., da sie 
ihrer Liebe nicht Herr werden kann, von einem 
Felsen sich herabsturzen will, aber von mit- 
leidigen Nymphen in eine Hamadryade verwan- 
delt wird. Dem Felsen entspringt nach Ant. Lib. 
eine Quelle, die bei den Umwohnem Thrane der 
B. genannt wird; andere (Parthen. Konon, vgl. 
Schol. Theokr.) liessen diese Quelle aus den Thra- 
nen der B. entstehen, andere (s. o.) sie in eine 
Quelle verwandelt werden. Nach Steph. Byz. s. 
Bvfilog hat das phoinikische Byblos von B. seinen 
Namen , wogegen man (nach Schirmerin Koschers 
Lex. s. v.) von einer karischen Stadt Byblis unter 
Berufung auf Ant. Lib. irrtiimlich Tedet (vgl. noch 
Hyg. fab. 243. Myth. Vat. I 204). 

Die Sage hangt mit den Traditionen des Aphro- 
ditedienstes in der Nahe von Milet (vgl. Theokr. 
XXVIII 4) zusammen, Preller-Robert Gr. M. 
I 374; daas in dem karischen Kaunos Eros ver- 
ehrt wurde, ist bei Hesych. s. Kavvtog "Egcog wohl 
nur auf kiinstliche Detitung des Ausdrucks zu- 
riickzufuhren. Behandlung der Sage durch tra- 
gische Dichter vermutete Dilthey Eh. Mus. 
XXV 155 (vgl. Rohde 95, 1); sicher aber war 
sie in der Alexandrinerzeit beliebter Stoff. Ausser 
den Genannten hat nach der Randschrift zu Par- 
then. 11 Apollonios (und der Historiker Aristo- 
kritos) die Sage behandelt in der Kavvov xxiatg, 
worauf allem Anschein nach Konons in der Griin- 
dung von Kaunos gipfelnde Erzahlung zuriick- 
geht, s. Knaack Callimachea (Stett. 1887) 15f. 
Hoefer Konon 50ff. Auch als Ovids Quelle hat 
Knaack Analecta Alex.-Rom. 62f. einen alexan- 
drinischen Dichter ermittelt, den auch Nonnos 
benutzt hat. [Hoefer.] 

Byblos (Bvfilog). 1) Stadt in Phoinikien (Bvfi- 
log Strab. XVI 755. Mela I 12. Plin. n. h. V 
78. VI 21S. Ptol. V 15, 4. Dion. Perieg. 912. 
Eustath. z. d. St. Geogr. gr. min. II 376. Avien. 
descr. orb. 1071. Anon. orb. descr. 30 — Geogr. 
gr. min. II 518; Priscian. Perieg. 854 byblin; 
Tab. Peut. biblo; ebenso Itin. Ant. 148. Hierokl. 
715, 10; Not. Episc. I 972 ed. Parthey Blfilog; 
Geogr. Rav. II 15 p. 89 Biblon; V 7 p. 357 
Biblos. Guido 94 p. 525 ed. Pinder und Par- 
they. Arrian. esped. Alex. II 15. Lukian. Dea 
Syria 6ff._ Malalas Chroc VIII p. 21 If. Bonn. 
Zosim. hist. I 58 p. 51 Bonn. Nonn. Dionys. 
Ill 109f. Theoph. Chron. 1 352 Bonn. Philo Bvbl. 
FHG III 561ff. Euseb. praep. evang. I 10" p. 
43 Heinichen), zwischen Tripolis nnd Berytos, auf 
einer Anhohe nicht weit vom Meere gelegen (Strab. 
a. a. 0.). Nach Philo (a. a. 0. p. 568, vgl. Euseb. 
a. a. 0.) und Steph. Byz. soil B. eine der alte- 
sten Stadte der Welt und von Ba'al-Kronos selbst 
gegriindet sein. Sie ist schon friihe auf agyp- 
tischen und assyrischen Denkmalern genannt (Pa- 
pyrus Ebers 1550 v. Chr. Eepni wahrscheinlich 
= B.; vgl. Ed. Meyer Gesch. d. Altert. I 221. 
229) ; ihr alter phoinikischer Name lautete wahr- 
scheinlich Gibel (hebraisch Gebal Ezech. 27, 9) 
und bedeutete ,Berg'. Daraus haben die Griechen 
dann Byblos gemacht. Im alten Testament wer- 
den die Gib liter fruhe als geschickte Steinmetzen 



(I Reg, 5, 18) und Schiffsbauer (Ezech. 27, 9) 
geriihmt. Seine Hauptbedeutung hat B. als hei- 
lige Stadt des Adonis erlangt; von der Gtfttin 
dieser ,Mysterienstadt' redet schon Papyr. Ana- 
stasi I (vgl. Ed. Meyer Gesch. d. Altert. I 250); 
in B. hat sich die Astarte-Adonissage, die viel- 
leicht von Babylonien herkam, ausgebildet, hat 
sich von hier aus weiter verbreitet (namentlich 
iiber Cypern) und ist hier mit der agyptischen 

10 Sage von Isis und Osiris verschmolzen worden 
(Strab. Euseb. Lukian. a. a. 0., vgl. Plut. de Is. 
15). Aus B. stammte Philo. Als Hafenplatz 
war B. unbedeutend; doch wird die Leinwand 
die es exportierte, geriihmt (Anon. orb. descr. 
a. a. 0.). Wie andere phoinikische Stadte stand 
auch B. unter eigenen Fursten, fiaailelg (Arrian. 
a. a. 0.), deren verschiedene uns genannt werden. 
Durch Hinrichtung des letzten derselben, Kinyras, 
,befreite' Pompeius die Stadt. Vielleicht hangt 

20 damit zusammen, dass Malalas (a. a. 0.) die Griin- 
dung der Stadt in die Zeit des Pompeius verlegt. 
Spiiter verlor sie ihre Bedeutung. Im J. 529 
wurde die Stadt durch ein Erdbeben zerstort 
(Theoph. a. a. 0.). Das heutige Dschebeil ist ein 
unbedeutendes Dorf; die Ruinen stammen aus 
dem Mittelalter; die Umgebung ist reich an Grab- 
statten der mannigfachsten Art. 

Mit B. ist hOchst wahrscheinlich das Aleobile 
des Itin. Hieros. 583 identisch, das nicht so weit 

30 siidlich wie Palaibyblos gelegen haben kann (s. 
Alkobile). Dagegen hat Palaibyblos trotz des 
Namens ,Altbyblos' mit B. nichts zu thun, da 
es diesen griechischen Namen schwerlich einem 
anderen Grunde verdankt, als dem, dass der phoi- 
nikische Name an das griechische Ttdlai anklang. 
Inschriften OIL III 180—182. Miinzen mit der 
Inschrift BYBLOY IEPA2 s. bei Eckhel III 
359f. Movers Die Phoenizier I 191ff. II 107ff. 
Ritter Erdkunde XVII 60ff. Ren an Mission 

40 de Phenicie 153—218. Pietschmann Gesch. 
d. Phoenizier 46. Baedeker Palastina undSyrien^ 
358. [Benzinger.] 

2) Feste Stadt in Unteriigypten am Nil, die 
sich im Aufstande des Inaros gegen die Perser 
am langsten hielt. Ktesias 33 (bei Phot. Bibl. 
cod. 72 p. 40b), Steph, Byz., vgl, auch Aisch. 
Prom. 811, wo der Nil Bvfillvojv 6oa>v &no ent- 
springen soil. Es ist nicht unmOglich, dass dieses 
B. urspriinglich der Ort des Osirismythus war 

50 und erst spater missverstandlich das bekanntere 
phoinikische B. dafiir eingesetzt worden ist. Die 
Lage ist unbekannt, die Identification mit dem 
agyptischen Pr-Brst ,Haus der Gottin Brst und 
dem koptischen Qelfirjg jetzt Belbeis (Brugscb. 
Diet, geogr. 197) ist durch nichts begrilndet. 

[Sethe.] 

3) Von Aphrodite Vater der Kypros, nach 
weleher die Insel genannt ist. Philosteph. (frg. 
11) bei Constant. Porph. Themat. I 40, 1 Bonn. 

60 (daraus Steph. Bvz. von Meineke erganzt). 

[Hoefer.] 

4) '// fivfilog, eine Sumpfpflanze. (Cyperus pa- 
pyrus L.j hauptsachlich des alten Agyptens, aus 
der u. a. das gewflhnliche Schrcibmaterial des 
Altertums (jdgxrjg, eharta; s. d.) gewonnen wurde 
und nach der deshalb von den Griechen das Buch 
benannt wurde (jSifi'/.og, fiifillov; s. Buch). Das 
Wort kommt in der Form eines adjectivischen 



1101 Byblos 

Derivatums sehr friih vor, bei Horn. Od. XXI 391 
(xelxo 6' in aiftovoy ojilov veog &fi,fieliaor\g fiv- 
filivov, <£ q' enemas dvgag xxl.) von einem be- 
sonders festen Schiffstau, das offenbaT aus der 
bastartigen Schale oder dem getrockneten ganzen 
Stengel der Pflanze geflochten war. Die Etymo- 
logie und damit die Heimat des Wortes steht 
nicht fest; im Agyptischen ist es bis jetzt nicht 
naehgewiesen, obschon die Pflanze selbst gerade 
dort reichlich wuchs (vgl. z. B. Herod. II 92, 5f. 
Strab. XVII 799; s. spater). Mit der agyptischen 
Papyrosstaude identiflciert sie auch Eustath. zu 
Horn. a. 0., obschon nach ihm bei Homer nur 
eine dem Papyros ahnliche (wohl in Griechenland 
wachsende) Pflanze gemeint ist (ov to Ik fiifilov, 

o sou TtajiVQOV alyvnxiag, alia fiordvrjg xivog tfi- 
(pegovg TiOJivQfo ' ol de xavvdfiivov yaoiv, exegoi Ss 
to in (pdvgas). Zunachst scheinen die Griechen 
den Namen und die Producte der Pflanze B,, be- 
sonders haltbare Flechtwerke , von den Phoini- 
kiern empfangen zu haben. Man leitet das Wort 
gewohnlich von dem Namen der phoinikischen 
Stadt BvP-os ab, weleher dem semitischen Stadt- 
namen ,Gobel' (arab. El Kobyle; heute Djibe'il; 
bei Jo. Phokas ZefieMr) trotz des abweichenden 
Anfangsconsonanten gleichgestellt wird. Bei den 
sehr alten Beziehungen der Sftidt B. zu Agyp- 
ten (s. P. de Lagarde Symmikta 1 105) ergiibe 
sich auch leicht, wie das agyptische Gewachs in 
seinen Producten den Weg nach Griechenland 
fand; an jenes denken auch bei der Homerstelle 
zum Teil die modernen Erklarer (vgl. E. Buch- 
holz Homer. Real. I 2, 230f. V. Hehn Kulturpfl. 5 
466). Bei jener Herleitung des Wortes erklart 
sich am einfachsten die Thatsache, dass von Hesiod 
an {igy. 589) ^^ 4 vo? (bezw. pljtttvos) als Attri- 
but des Weines oder einer bestimmten Weinsorte 
sich findet, da die Weinkultur durch Semiten 
nach Griechenland gelangte (s. V. Hehn* 63f. 
465f. und den Art. Blp.ivog olvog). Dass 
neben Agypten auch Phoinikien Flechtarbeiten 
(Taue u. dgl.) von B. producierte oder wenigstens 
hervorragenden Handel damit trieb , lehrt die 
Nachricht Herodots (VII 25, 1; vgl. 36,4), dass 
Xerxes die Lieferung von onXa fivfjliva zum Bau 
der Brucke fiber den Hellespont den Phoinikiern 
und Agyptern iibertrug. Herodot II 92, 5f. (zijv 
6e fivpliov ztjv ixeteov yevofisvrjv ensdv avaoxd- 
owot E/i T&v eliojv , m fiev avco avrijg djroia^- 
vovxtg ig alio ti iqojiovoi, to de y.drm lelup- 
aivov Saov re hit xr\yw zowyovoi xal jtaliovoi 
xzi.; vgl. II 37, 4. 96," 2. V 58, 3. VII 25, 1 u. s.) 
meldet vom B. als Pflanze Agyptens wesentlich 
dasselbe, wie Spatere (z. B. Theophr. h. pi. IV 
8, 2ff.) von dem Papyros. Nur seine Verwendung 
zur Chartabereitung erwahnt er nicht ausdriick- 
lich, obschon ihm (ivplog (bezw. piplog) im Sinne 
von Buch ganz bekannt ist (s. V 68, 3). Bei 
Theophr. a. 0. erscheint B. als der harte, bast- 
ahnliche Teil der Papyrospflanze (avrog Si 6 .id- 
xvoog 3IQ0S akelaza yqr\oiuog • xal yag nlola .toiov- 
oiv £? avtov xai ex xijg fitftiov iaxia re nkexovot 
xal rpiafhvg xal la&rjxd xiva xal OTQfOfivag xal 
oyoivia xe xal exeoa nleico ■ xal i/upaveoxaxa brj 
zolg £?o> to ^Ua); Papyros aber (im engeren 
Sinne) ist fur ihn wie fur Plinius der einzelne 
Stengel der Pflanze. Plinius n. h. XIII 71—73, 
der den Theophrast fast wortlich ubersetzt, giebt 



Byblos 



1102 



pipiog mit liber wieder, hat aber den letzten Satz 
xal ifi<p. — PifiMa gar nicht, so dass J. J. Sca- 
liger Op. var. (Paris 1610) 34 sie fur einen spateren 
Zusatz halt; in der That ist ausser jenem Um- 
stand der Wechsel der Bedeutung (SiftXos und 
PifiMa, die gerade aus dem zarten Innern des 
Stengels hergestellt werden, etwas auffallig. Die 
Beschrankung des Sinnes von B. bei Theophrast 
hat wohl darin seinen Grand, dass den Griechen 
10 am friihesten und Oftesten Flechtarbeiten aus den 
zahen Teilen der Schilfpflanze vor Augen kamen 
und auch die Charta ihnen als ein gleichartiges, 
nur feineres Gewebe erschien. Strab. XVII 799f. 
nennt wieder die gesamte, vor allem in Agypten 
heimische Pflanze fivpiog und unterscheidet von 
ihr geringere und bessere Sorten (17 phv x^& 0}v > 
fj de pelxicov , f\ legaxtx^). Wir diirfen danach 
annehmen, dass B. und Papyros im Grunde die- 
selbe Pflanze bezeichnen. Letzterer Name ist nur 
20 in wesentlich jungerer Zeit nach Griechenland 
gedrungen; zuerst kommt er bei Theophrast a. 0. 
vor, dann in der Septuaginta; unsicher ist die 
Zeit des anakreontischen Gedichtes 30, 5 (Bergk 
PLG HI* S15); vgl. auch PhTyn. eel. p. 303 Lob. 
TidjivQog (Hs. n&nsiQog) • xondasuv av ri? Alyv- 
xxiov thai rovvofta "... 1?^* Se (Sifllov eoovfisv 
(vgl. dazu Rutherford New Phryn. [1881] 360f.); 
und er bezieht sich anscheinend allein oder vor- 
wiegend auf die im Nildelta (zumal seit der Ptole- 
30 maeerzeit) besonders kultivierte Art des Cyperus 
papyrus (s. u. Papyros). Verschiedene Sorten 
unterschied schon Strabon a. 0., der ubrigens die 
Papyrosstaude als eine vom B. verschiedene, in 
Aithiopien heimische Pflanze behandelt (XVI 774). 
Vielleicht beruht diese Angabe auf einer Quelle, 
welche von dem Vorkommen und Gebrauch des 
Cyperus papyrus in Oberagypten, dem Sitz der 
altesten agyptischen Kultur, berichtete. Darin 
findet vielleicht auch bei Aesch.Prom. Slll{er»a 
40 §i§ltva>v oqwv ano, I'tjOi oejitov Neilog evxozov 
geog) der Name der 0. oqtj seine Erklarung; denn 
auf den Bergen im Gegensatz zum Flussthal ist die 
Pflanze sicher nicht gewachsen, und alsgeograpbi- 
schen Namen kennt man sonst die fivfihva Sqt) in 
Agypten nicht (s. jedoch oben Nr. 2). B. aus Indien 
erwahnt Strab. XVII 823; Papyros aus den etru- 
rischen Seen Strab. V 226 (nicht als Papierstoff; 
vgl. Frz. Woenig Pflanz. im alt. Aeg. [1886] 126. 
129); solchen aus Syrien Theophr. IV 8, 4 und 
50 danach Plin. n. h. XIII 73, letzterer ausserdem 
solchen aus dem Euphrat bei Babylon. Vonneueren 
Gelehrten unterscheiden gleichfalls mehrere Arten 
des Genus Cyperus z. B. G. Wilkinson Oust, 
of anc. Egypt. 2. ed. by S. Birch H 121f. 179. 
406 u. s. w., namlich Cyperus dives und Cyperus 
papvrus. H. 0. Lenz Bot. d. alt. Gr. u. ROm. 
(1859) 269ff. spricht gar von funf Arten der agyp- 
tischen Cypereen; vgl. V. Loret La fiore pha- 
raon. (Paris 1892) 28ff. G. Cosentino Arch. 
60 stor. sic, n. s. XIV (Palermo 1889) 135ff. 

Eigentlich heimisch war der B., aus dem die 
Charta gewonnen wurde, nur in Oberagypten, 
bezw. Aithiopien (s. 0.). Von dort wurde er ver- 
mutlich nach dem Nildelta verpflanzt und wuchs 
da infolge menschlicher Pflege (vgl. Wilkinson 
a. 0. 406. V. Hehn Kulturpfl. 5 250f. G. Maspero 
Hist anc. d. peupl. de l'Orient class. [1895] 27, 
vor allem s. Strab. XVII 800 »; Se pvfllog h- 



J-J-^o .ByDlOS 

zav&a phy oil szo?.Xtj (pvezcu ■ ov yag aoxeixai xzX.) 
in grosser Menge. Als jene aufhorte, verschwand 
er audi wieder aus dem Delta und wachst jetzt 
nur noch in Nubien und Abessinien wild (s. z. B 
E. Marno Reise i. d. eg. Aquat. Prov. [18781 31* 
Frz Woenig a. 0. 119£). R. Lepsius Chron. 
d. Ag. (1849) 3S ist geneigt, das Verschwinden 
des B. im Delta aus der durch die gesteigerte Pro- 
duction sich ergebenden Erschopfung der Pflanze 
zu erkliiren. Gelegentlichen Misswachs des Papy- 10 
rus erwahnt Plin. n. h. Xm 89; vgl. Herod. V 
58, 3. Jedenfalls gedieh sie noch im 6. Jhdt. 
n. Chr. in Agypten aufs iippigste (Cassiod. var. 
Al 38, 2ff,). 

Eine Beschreibung dos B., sofern er mit dem 
aaxvQos identisch ist, giebt Theophr. h pi IV 
8, 3 (vgl. Plin. n. h. XIII 71): yitzcu dk 6 jia- 
JiVQo? ovx ev fid&u zov vdazos <LU' Saav ir 8vo 
nrixsaw, hia%ov Sk xal iv iXazzon. Jta^og fikv ovv 
zijg Qiirje rjXixov xagxog yugog avdgog evgoborov, 20 
(J-ryaog ^ de VTieg dsxa nrjiug ■ cpvsxm Ss vxeg zijg 
yrjg avzfjg srXayiag gl^ag elg rov titjXov xatiiuaa 
[lies xa&iclg] Unzag xal jivxvdg, avo) 8i zovg Jia- 
nvQovg xaXov/ievovg zgtywvovg, niyeftog d>g zszga- 
xyX^S, x°m v fyovzag a X geZov ao&evrj, xagnbv 8k 
oXcog ovSsva • zovzovg S' dvadiSmci xaza TioXXa 
fiiQtj. Toe der Verwendung des B. far Flecht- 
arbeiten war schon mehrfaeh die Rede. Daneben 
war das zarte innere Gewebe des unteren dicken 
Teiles der Stengel ein sehr verbreitetes Nahrungs- 30 
mittel (vgl. Aesch. Hik. 761) in rohem, gekochtem 
und gebratenem Zustande, indes wurde nur der 
Saft genossen, die unverdauliche Fasermasse aus- 
gespuckt (Theophr. und Plin. a. 0.). Die Wurzeln 
gebrauchte man als Holz zum Brennen und fur 
Gerate (ebd.). liber die Preise des B., bezw. Pa- 
pyros nach alten Quellen (als Nahrungsmittel an- 
scheinend) bandelt G. Lumbroso Reeh s lMcon 
pol. de l'Eg. [Turin 1870] 12, doch stehen bei 
den Preisen nicht die Quantitiiten ; ebd. 132f 40 
s. fiber die Verarbeitung der Pflanze. 

Geschrieben wurde B. sowohl mit v wie mit 7. 
Ersteres ist sicher die altere und auch die ur- 
sprtingliche Schreibung des Stammworts und seiner 
Denvata (vgl. u. a. Birt Buchw. 12, 3). Zwar steht 
Horn. Od. XXI 391 nur in F post corr. (nach A. 
Ludwichs Ausg.) fivfiXog (ob infolge der atheni- 
schen Niederschrift? schon ein altcs Lexikon kennt 
lner beide Lesarten) und auch Hes. sgy 589 
hat nur ein. Teil der Hs. pijiXog (mit Etym. M. 50 
p. 216); bei Herodot wiegt ebenso pvpXog wie bei 
Aristophanes (z. B. Av. 1024) fiifilog in der Uber- 
heferung vor; ebenso bei Platon (s. Birt a O) 
zumal im Worte ptfiXtov. Birt u. a. sehen hierin 
mit Recht den assimilierenden Einrluss der zweiten 
Silbe (vgl. Herodian. x. 6g&. II 482). Cod 2 
des Demosthenes hat zweimal pip.ovg , zweimal 
fitpXiov, aber auch einmal fivfT/.tbim. Die Unter- 
scheidungsversuche alter Scholiasten , (Svfti.og sei 
aiePflanze, ptf/.og das Buch (Eustath. zu Horn. 60 
a. O. eylvovzo yag yaoiv [ygayixoi fiifiXoi] <Lr6 
pvp/.wv aiyvTiilcov) oder (nach Etym. M. 216, 39ft".), 
BvPaos sei die unbeschriebene, pifilog die beschrie- 
bene Rolle, werden selir richtig allgeniein ver- 
^orfen; dagegen scheint Moer. Att. ed. Pierson- 
Koch (1830) 88 Richtigcs zu melden: fit^la Sea 
rov i, the Tllaxoiv, arzix&g ■ §vji).la, Sg J^fioa&s- 
rijg, xoiv&g (iaxwg nach dem Anon, bei Pierson 



Byke 



1104 



z. d. St. [die Angabe betr. Demosthenes ist aller- 
dmgs durch unsere Hs. nicht bestatigt nach Koch 
und s. o.]). "Wahrend die Griechen Kleinasiens 
und der Inseln v aus dem Semitischen ubernahmen, 
wurde der Vocal in Attika zu hellem J umge- 
wandelt wie in /io!,i^og (Eustath. zu Od. XXI 390- 
vgl. G. Meyer Gr. Gram. 2 106f., anders Eich! 
Meister Gr. Dial. I 47); vgl. CIA H add. lb 
Z. 25 potior. Poll. VII 210f. hat hauflg das 
Wort mit i aus attischen Autoren, doch ist die 
hsl. Gewahr wie bei vielen andern Schriftstellern 
noch unsicher. Durch die xoirij kam spater das 
altere v wieder zur Geltung, selbst in Athen (CIA 
n 465, 8. 478 d. 1. 480, 23; dazu s. oben 
S. 406) und blieb darin in der hellenistischen 
Periode; s. z. B. Herond. mim. Ill 90. Theop 
beim Auct. x. v V . 43, 2. Epist. gr. p. 632 Herch 
CIA III 779. CIG 2448 vm 32 [aus d. 2/3. Jhdt. 
v. Chr.; Ort?]. 3311 [Smyrna]. 3408 [Magnesia]. 
3641 b 62 [Lampsakos]. 4741 [Ober-Agypten]. 6186 
[Itahen?]). Es wurde so vom Lateinischen iiber- 
nommen, bis der Anschluss an die attischen Klas- 
siker auch der attischen Schreibung wieder die 
Oberhand verschaffte (CIA III 716, 5 aus dem 
J. 270 n. Chr, IGS I 2226. fiifilaloig fiir fiifiiiotg 
CIA III 48, 29),^was naturlich nicht auf einmal 
und nicht bei alien Autoren geschah (tab. Geronth 
des Ed. Diocl. in CIL III 819 col. 1 und 3 hat 
wiederholt §vplog); wahrend z. B. Phryn. Att. 
a. O.JifiXov schreibt, hat Choerob. Ill 143 Gaisf. 
PyfSUov. Daher das grosse Schwanken der hsl. 
Uberlieferung und auch der lateinischen Inschrif- 
ten, in denen buhl, im Durchschnitt alter ist als 
bib!. Der Mhe Ubergang der Aussprache des 
v zu i im Griechischen und Lateinischen befOrderte 
wohl jene Entwicklung.' In den Hss. wurde ge- 
wiss oft altes v durch V ersetzt; z. B. hat bei 
Athen. XV 676 c. d, wo von der Pflanze die 
Rede ist, cod. A (nach Kaibel) zweimal fiifikoe 
und einmal @vfi}.<p; nach A. Ludwich Ind. lect. 
Konigsb. 1893, 14 steht in einem Gedicht des 
5. Jhdts. (Cod. d. 11. Jhdts.) funfmal pifiog, 
zweimal fivftios und einmal v als Correctur. In 
gleicher Weise wurde von mir schon oben S. 406 
das Schwanken der Schreibung dieses Wortes er- 
klart gegermber K. Meisterhans Gram. d. att. 
Insehr.a (1888) 22, welcher vielmehr auf die ver- 
anderte Aussprache des ft hinweist. Auffallend 
ist freilich, dass in den agyptischen Papyri sich 
bis jetzt nur Beispiele mit 7 gefunden haben (tibri- 
gens nicht aus sehr friiher Zeit); vgl. z. B. Griech. 
Urk. d. Berl. Mus. I nr. 2, 17 (RtBXiidiov [209 n. 
Chr.]). nr. 5, 18. 11, 2. 76, 1. W. v. Hartel tb. 
d. ag. Pap. Erzh. Rain. 66 und Anm. 30, sowie 
oben S. 406. Es muss danach in Alexandrien 
die Reaction gegen die ionische Schreibung sich 
besonders Mb. und stark geltend gemacht haben- 
die Septuaginta hat Esdr. I 6, 20 fti§).ior f v).a- 
y.ioig (o. Var. bei Swete). [Dziatzko.] 

Bydis (Bites), der letzte KOnig der zweiten 
Gotterdynastie in Agypten, Manethos bei Euseb. 
arm. chron. p. 93, FHG II 526. Lepsius Ko- 
nigsbuch Quellentafel 3. Ob der bei Iambi, de 
myst. VIII 5. X 7 genannte Priester Bhvg mit 
dem B. identisch ist, wie Bunsen vermutete 
ist sehr fraglich. [Sethe.] 

Byke {Bix^g f, ll^tj Ptol. HI 5, 9. Marcian 
II 38; Buces lacus Plin. IV 84; Byces Val. Flacc 



i 

i 



1105 



Bykelos 






VI 68), ein grosser Strandsumpf an der Ostseite 
der Landenge Taphros (s. d., jetzt Perekop, tiirk. 
Or .Graben'), welcher durch einen breiten Aus- 
gang mit der Maiotis in Verbindung steht und 
gegen Sudosten in den Flachteil der taurischen 
Halbinsel tief eindringt, wo ihn eine sandige, 
gegen Norden auslaufende Nehrung, petroswm dor- 
sum des Plinius, die heutige kosa Arabat'skaja, 
gegen die Maiotis abschliesst. Strabon VII 308 



Byltai 



1106 



7 ; BvXhaxrj hiess das Gebiet zwischen Apollonia 
und Orikon, Strab. VII 316. An einen binnen- 
landischen Vorort, den die Eomer zur Colonie 
erhoben und welcher fistlich von der Lagune von 
Awldna am Unterlauf des Aoos (jetzt Voviisa, 
Vi6sa) bei dem heutigen, am rechten Ufer gele- 
genen Hugelorte Gradica oder Gradist'e lag, muss 
bei alien sonstigen Erwahnungen gedacht werden. 
Haufig wird B. mit Amantia verbunden: B. et 



t, v.j. *- j- — — ™—~™.. — .„„„„ , „ „„ u "»iug "nu x». inn iunaniia verDunaen- n e, 
™^Z> P " SeS SelC ^. te ^mpfgebiet welches 10 Amantia Caes. b. c. IH 40; Bullidemes Aman 



aus einem Gewirr von flachenfmit Halophyten 
bewachsenen Inseln, Sandbiinken und Lagunen 
besteht, die infolge starker Verdunstung sehr salzig 
smd, den Namen 2wiga Xt/ivrj: ,es ist der west- 
lichste Teil der Maiotis, sehr schlammig und fiir 
zusammengenahte Boote kaum fahrbar, da die 
"Winde den Morast leicht blosslegen; es giebt darin 
drei Inselchen, viele Untiefen und klippenartige 
Stellen'. Der heutige Name lautet rusaisch Gni- 



ham ni 12; vgl. Plin. IH 145 Apolloniae in 
fimbus eelebre Nympkaeum aeeolunt barbari 
Amantini et Bullicmes. BvUcovsg setzt als illy- 
risches Volk Strab. VII 326 neben TavXdmoi ; 
Bulliones erwahnt Cic. ad fam. XIIT40, Bul- 
lienses Cic. Pison. 40, Bullini Liv. XLIV 30; 
Bronzemunzen aus der Zeit der epeirotischen Ee- 
publik (230—158 v. Chr.) mit der Aufschrift 
BYAAIONQN nni BYAAIS s. Catal. Gr. Coins, 



loje more, turkisch Coraq-dengisi ,faules Meer' 20 Thessaly etc. 64. Head HN 266; ebenso iiblich war 



oder Siwas. " ~ [Tomaschek.] 

Bykelos (BvxeXog), Siiyonier. Er siegt in 

Olympia zuerst von den Sikyoniern im Faust- 

kampf der Knaben. Sein Standbild zu Olympia 

von Xanachos dem Sikyonier, dem jiingeren, Paus. 

VI 13, 7. Dieser Kanachos bliiht urn die 95. 

Olympiade, Plin. n. h. XXXIV 50. [Kirchner.] 
Bykes. Einen Fluss Bvxyg , Buces nennen 

Ptol. Ill 5, 12. Mela II 2 und Plin. IV 84. 



- j j. i- i -»t r ■ • ' "™ c "- jj-aiu.i unu jij uer j^pisroia episc. nova> 

er mundet auf der Nordseite m den Morastsumpf 30 Epiri ad Leonem Imp. a. 458 erschernt Philo 



das Ethmkon BvXXeSsig Steph. Byz. Bei Gradica 
wurde die Inschrift CIL III 600 gefunden, welche 
von der via publico, spricht, quae a eolonia Byl- 
lidensium per Astacias ducit; vgl. Plin. IV 45 
eolonia Bullidtnsis. BovXUg fiihrt zuletzt Hierokl. 
p. 653,^ 4 miter der Metropolis Dyrrachion an ; 
Felix hcioxojiog 'AnoXXcovtag xal BvXXidog unter- 
schrieb die Acta synod. Ephes. a. 431 (I p. 1353. 
1424 ed. Hard.) und in der Epistola episc. novae 



Byke ; wahrscheinlich die heutige Nogaika, nach 
anderen die Molocnaja woda. [Tomaschek.] 

Bykis {Bvnig), Ort (xwfii}) in Agypten, ober- 
halb Memphis im herakleopolitischen Gau, Cor- 
pus papyr. Raineri I nr. LVI. XCII. [Sethe.] 

Bylae (Tab. Peut. X 3 Miller, Bile beim Geogr. 
Rav. II 12 p. 74, 19 Parthey), Ort in Kleinanne- 
nien an der Strasse von Trapezus nach Satala. 

[Ruge/ 



charis episc. Bullidis (II p. 767). An Stelle des 
antiken illyrischen Namens (vgl. Bulini in Dal- 
matia) erscheint der slawische in den Not. episc. 
HI 620. X 702 6 rgadnClov. tber die Ortlich- 
keit vgl. Leake North. Greece I 35f. Gaultier 
de Claubry Ann. d. Inst. 1863, 263. 

[Tomaschek.] 
Byltai {BvXzai), nach Marinus bei Ptol. VI 
13, 3 ein Volk der sakischen Eegion, das von den 



■n„,„ it} fy n „ x r,> ,, 6 vJ . ' 1K ucl 5itlils «"en negion, aas von den 

Bylazora (BvXa^o Qa ) grOsste Stadt Pai- 40 Grynaioi und Toornai sudwarts bis zu den Da- 



oniens, den Zugang nach Makedonien von Norden 
her beherrschend und deshalb von Philipp III. 
im J". 217 v. Chr. erobert, urn die Einfalle der 
Dardaner abzuwehren, Pol. V 97, 1. Spater wird 
die Stadt nochmals zum J. 168 v. Chr. genannt, 
Liv. XLIV 26, 8. Die von Polybios nach ihrer 
strategischen Bedeutung geschilderte Lage der 
Stadt scheint dem jetzigen Veles (BsXtod, BsXeaaog) 
= turkisch Koprulii (,Bruck') zu entsprechen, das 



^n„\, +„ i • v. • • iV- "■—I-.-'-"-", ««<> ^agai ciiusuniuiueii, wo wir urte wie iiaitit, ±ial- 

hOchstmalerischin«nerkleinenThalweitungdes50tam u. a. vorfinden. Die Bewohner von Balti 



radai an der Indusbeuge und bis zum Imavos 
(Himavat) reichte; es bewohnte demnach das ent- 
lang dem oberen Indus gedehnte Hochthal Bal- 
tistan mit dem Vororte Skar.do 35° 20' nOrdlich, 
75° 44' ostlich und das Sigarthal. Bal.ti heisst 
bei den Tibetern Bla.yul .Oberland' und Nang.kod 
.innerer Bezirk' ; der Name diirfte jedoch eher der 
Sprache der Buris von Yasin, Gilgit und Hanzu- 
Nagar entstammen, wo wir Orte wie Baltit, Bal- 



Axios vor dessen Eintritt nach Obermakedonien 
gelegen ist und einen wichtigen Ubergangspunkt 
tiber den Fluss bezeichnet. Leake North. Greece 
HI 470f. Hahn Reise von Belgrad nach Salonik 
166f. 250. [Oberhummer.] 

Bylliake, Byllidensis eolonia, Bylliones s. 
B y 1 1 i s. 

Byllis {Bovp.ig und BvlXig, z. B. Pint. Brut. 
25, 2 zovg tisqi zijv BvlXiba zoszovg), eine Stadt 



. •„ . - i. — -. ■-" — ~ '" ~ ^^— » u gctcn-micuc uuoLiiucjne; sie naDen aen islam an- 

in Epirus nova bei Ptol. HI 11, 8 an Gebiet der 60 genommen. Das Verhaltnis von Balti zu Bolor 



sind namlich ein Gemisch von alteinheimischen 
Buris, ferner von Bod oder Tibetern (s. Bautai). 
welche das Land von Ladak aus erobert haben 
und deren sehr rein erhaltene Sprache jetzt herr- 
schend ist, und von zugewanderten Dardu (s. Da- 
radai); sie sind schener, kraftiger gebaut und 
intelligenter als die Ladaki; es herrscht bei ihnen 
sorgfaltige Terrassenkultur, und sie ziehen aus- 
gezeichnete Obstfriichte; sie haben den Islam an- 



vermeintlichen Elimiotai als Kiistenort zwischen 
Aulon und Amantia angesetzt, vgl. Steph. Byz. 
S.BvXXig • noXig 'RXvglSog naQaftalaooLa, z<ov fiixa 
NsojtzoXeftov Mvpfttdovcov xziapia; vielleicht war 
damit ufsprunglich das btivtiov AvXdn> (s. d. Nr. 16) 
gemeint , wie auch die inliindische Amantia eine 
Rhede an der Kiiste besass; jedenfalls erstreckt 
sich der ager Bullinus bis zur Ktiste, Liv. XXXVI 



lasst sich schwer aufhellen; der sinische Pilger 
Hjuan-Thsang im J. 631 beschreibt das Land unter 
dem Namen Po.lu.lo, die Annalen der Thang a. 
696. 715. 747ff. unterscheiden Gross- und Klein- 
Pu-lu oder Po-lifi ; orientalische Chroniken. z. B. 
Tarich-i-Rasidi (Journ. of the geogr. soc. XL VI 
1876, 279), unterscheiden zwei Naehbargebiete 
Belur und Balti. Nach Cunningham, Vigne, 



1107 



Bymazos 



Byssos 



1108 



Leitner und Biddulph heisst die Stadt Skar.do 
bei den Buris Balor, bei den Dardu Pulal, in 
Citral Bulon, tmd die Balti selbst sollen sich Baloye 
nennen. [Tomasehek.] 

Bymazos (Bv/m^os), Stadt der Paionen, Ephor. 
XXVII frg. 148 (Steph. Byz.). [Oberhummer.] 

Byne (Bvvrj), eine MeeresgOttin wie Ino-Leu- 
kothea, Lykophr. 107. 757. Poet. anonym, in Etym. 
M. 217, 4; daher nennt Euphorion frg. 91 das 



Byssatis s. Byzacium. 

Byssos (flvaaog). Friiher verstand man unter 
diesem Worte nur Baumwolle (s. d.). E. Meyer 
(Bot. Erlauterungen zu Strabons Geogr. 1852, 
69) wollte nnter der Pflanze, aus deren Rinde in 
Indien anscheinend nacb einem Bericht des Near- 
chos (bei Strab. XV 693) B. zur Anfertigung seri- 
scher Zeuge gekammt werden sollte, vielleicht 
Calotropis gigantea R. Br. verstanden wissen. 



Meer selbst flirt], vgl. Hesyeh. Die alten Erklarer, 10 Doob berubt die Angabe wohl nur auf einer fal 



Etym. M. a. a. 0. und 564, 44 (vgl. 471, 27). 
Etym. Gud. 117, 8ft. Tzetz. Lykophr. 107. 757 stellen 
das "Wort zum Teil mit ftv&og zusammen. Nach 
Schol. Veron. Verg. Aen. X 76 erklarten einige 
die dea Venilia als nympJiam, quam Qraeei 
Bvvr\v voeant. [Jessen.] 

Byntha, Bvv&a (Biv&a), Stadt im inneren 
Libyen (Gaetulia) oberhalb des Nigir-Flusses, Ptol. 
IV 6, 25. [Setbe.] 

Byrchanis s. Burcana. 

Byriadas, Arcbon in Ampbissa in einer del- 
phischen Inschrift, Wescher-Foucart Inscr. de 
Delpbes 209. [Kircbner.] 

Byrigantum s. Brigantio Nr. 1. 

Byrrus, Fluss inEaetien, Fortunat. vit. Mart. 
IV 648 (Norica rura petms, ubi Byrrus vertitur 
undis). Vgl. Paul. Diac. hist. Lang. II 13. Heute 
die Rienz. Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. 

[Ihm.] 



scben Vorstellung Strabons von der Seide. Allein 
Langkavel (Bot. d. spateren Griechen 1866, 47) 
stimmt Meyer bei, im iibrigen aber bait er unter 
Berufung auf Th. v. Heldreich (D. Nutzpflanzen 
Griechenl. 1862, 31) B. iiberhaupt fur Gompho- 
carpus fruticosus R. Br. Doch sagt Heldreich 
nur , dass diese strauchartige Pflanze auf den 
griechisehen Inseln, namentlich auf Andros friiher 
von Fremden angebaut worden sein soil, um die 
20 Seidenhaare der Samen zu benutzen, sich jedoch 
heute dort nur verwildert finde. Sonst wissen 
wir nichts von der technischen Verwendung dieser 
Pflanze. Von den beiden Forschern, welche sich 
zuletzt eingehend mit der Bedeutung des Wqrtes 
B. beschaftigt haben, kommt H. Brandes (Uber 
die antiken Namen und die geogr. Verbreitung 
der Baumwolle im Altertum, 5. Jahresber. d. Ver. 
von Freunden d. Erdkunde zu Leipzig 1866, 100) 
zu dem Resultat, dass der Ausdruck in den meisten 



Byrsa. 1) Byrsa (Geogr. Rav. H 15 p. 87), 30 Fallen auf die Baumwolle bezogen werden dflrfe, 



Ort in Syrien, zwischen Apameia und Bata, wahr- 
scheinlich identisch mit Bersera (s. d.) der Tab. 
Peut. zwischen Apameia und Hierapolis. 

[Benzinger.] 

2) S. Karthago. 

Byrsia (BvQota), Castell Illyriens (Proc de 
aedif. IV 4 p. 282). [Patsch.] 

Byrtlion (Bvodov), von Iustinian befestigtes 
Stadtchen in der Nahe von Amida, das bis auf 



Herodot aber (II 86) ein auslandisches Fabricat 
unter dem Namen B. kennen mochte, welches 
in Agypten teils aus reinem Linnen, teils mit 
Baumwolle gemischt angefertigt worden sei. Da- 
gegen glaubt O. Schrader (Linguistisch-histor. 
Forschungen zur Handelsgesch. und Warenkunde 
1886, 208. 212), dass eine Beziehung zur Baum- 
wolle fur B. erst im 2.-3. Jhdt. n. Chr. und 
erst durch die Bedeutung ,feinerer Stoff iiber- 



ihn bios von einem Erdwalle umgeben gewesen, 40 haupt' hindurch nachweisbar sei, das Wort viel 

■«-i i -i.n-.-T. iTTT /-»/-! rt 1 ■* -*~\ \ 1 _ * 1. J_ l. ,^-m n n<!4- Cl.nK Vi n-n Cniiln /t! OZ^O"\ 11*1/1 rtfl' 



Prok. aedif. II 4 (III 223, 11 Bonn.) 

[Baumgartner.] 

Byryn (Bvqvv), Gebirg in Mauretanien (Ptol. 
IV 2, 15), moglicherweise der Djurdjura (Cat 
La Maure'tanie Cesarienne 26). [Dessau.] 

Bysbikos(CIAI 37 Z. 243. 257) s. Besbikos. 

Bysios (Bvaiog), delphischer Monat; eaQo? 
aQXsi Plut. qu. Graec. 9 (mit verkehrter Ablei- 
tung). Er gehOrt der Sevtega £$dfit)ro; an, Col 



leicht schon seit Strabon Seide (S. 209) und bei 
Tertullian (de pall. p. 45 [?]) das seidenartige Se- 
cret der Pinna maritima bezeichnet habe (S. 210). 
In der That hindert das bereits erwahnte und 
unten naher zu besprechende Zeugnis Herodots 
ea, fur seine und die nachste Zeit B. in der Be- 
deutung von Baumwolle zu nehmen, wie sehr man 
sonst geneigt sein mSchte, sich ausschliesslich 
fur diese zu entscheiden. Erschwert wird die Be- 



litz nr. 1928. 2086. 2225. 2307. Datumsglei- 50 antwortung der Frage auch durch den Umstand 



chung Collitz nr. 1444 = Bull, hell V 43 iv 
Xalst'o) . . . firjvog Avxeiov , ev dc Az't.fpoTi . ■ ■ 
ut)v6s' Bvolov. Sonst nr. 1704. 1858. 1859. 1873. 
'2284. Bull. hell. XVIII 84. Vgl. C. F. Hermann 
Griech. Monatskunde 50f. Bischoff Leipziger 
Studien VII 351f. Mo mm sen Delphika 75, 2. 
•281. Homo lie Bull. hell. XIX 63. 64. 

[Kubitschek,] 
Bysnaioi (BvovaTot), Zweig der Bebrykes, Steph, 



class die Alten Ofters die verschieden benannte 
Baumwolle nur als eine Art Linnen ansahen (Plin. 
XII 25. 38. 39. XIX 20. Arrian. Ind. 16, 1. Poll. 
VII 75) und speciell B. mitunter nur als ein 
weisses und sehr weicbes Linnen, quod Graeci 
papaten (naxxwdij "?) cocant , erklaren (Isid. or. 
XIX 27, 4. Corp. gloss, lat. IV 26, 9; vgl. 601, 
25; dagegen byssina Candida confeeta ex quo- 
dam genere lini grossioris , Isid. XIX 22, 15). 



Byz. 



Bysnos, KOnig der nach ihm genannten Bys 
naeer" eines Stammes der Bebryker, von nos ge- 
totet, Steph. Byz. s. BvovaTot, identisch mit dem 
BebrykerkCnig Byzes (Byzos?) bei Konon 12. 

[Hoefer.] 

Byssa, Schwester des Agron, welche in den 
Vogel der Leukothea verwandelt ward, s. Agron 
Nr. 1. [Hoefer.] 



[Euge.l 60 Doch sieht Br an des (S. 92) deshalb keinen Wider- 

L . ° ~ J , i • . . .1. ...J ,rr._. 3 TT CC7 



sprucb darin , wenn nach andern (Herod. II 37. 
Plut. de Isid. et Os. 3. 4. Mart. XH 29, 19. Iuv. 
VI 533. Apnl. met. XI 10; de mag. 56j die Klei- 
dung der agyptischen Priester von Linnen, nach 
Plinius (XIX 14) aber von Baumwolle (gossy- 
pium, xylon) gewesen sei, da dieser hinzufiige, 
dass die aus dieser Baumwolle gefertigten Linnen 
(Una) xylina genannt wiirden. 



1109 



Byssos 



Byssos 



1110 



Die Herleitung des Wortes tragt ebenfalls 
nichts zur Aufklarung bei. Die von Brugseh 
versuchte Ableitung aus agyptisch pek, peek 
(Allg. Monatsschr. f. Wissensch. u. Litt. 1854, 
635) und seine spatere Erklarung aus pa-Ses, pi- 
Sos, d. h. is mit dem Artikel (Hieroglyphisch- 
demot. Worterb. 515) hat ebenso wenig Zustim- 
mung gefunden wie die von W. Prellwitz (Etym. 
WOrterb. d. gr. Spr. 1892, 55) versuchte Zusam- 
menstellung mit nhd. Kaute (zum Spinnen ver- 
arbeiteter Flacbs) zu einer europaischen Grund- 
form gudkios. Vielmehr erscheint am nahelie- 
gendsten die Herleitung von hebr. bd% (O. Schra- 
der bei V. Hehn Kulturpfl. u. HaustiereS 1894, 
186. H. Lewy Die semit. Fremdw. 1895, 126). 
Doch ist man sich fiber die Bedeutung des hebrai- 
schen Wortes ebenso wenig klar, besonders, wie 
es sich zu dem alteren Worte shesk und dem nur 
einmal (Esth. 1, 6) vorkommenden karpas stellt; 
die Septuaginta iibersetzen die beiden ersten W0r- 
ter sowie chur (wohl ein weisses und zartes Linnen) 
mit /?., bezw. pvooira, karpas mit xaQjtaaiva. He- 
sekiel gebraucht shesh von einem Stoffe aus Agyp- 
ten (27, 7), bux, von einem aus Syrien (ebd. 16). 

Von der in Iudaia gezogenen B. behauptet 
Marquardt (Privatleben d. R. Ha 482, 3), dass 
sie weder Flacbs noch eigentliche Baumwolle sei, 
sondern von einer noch jetzt in den Kustenge- 
bieten des mittellandischen Meeres gezogenen 
krautahnlichen Staude komme, welche jahrlich ge- 
sat werde. Warum diese Staude nicht eine Gos- 
sypiumart sein soil, ist nicht zu ersehen, wenn 
man bedenkt, dass das Gossypium sehr verschie- 
dene Formen annehmen kann. Zwar beruft sich 
Marquardt auf eine Beschreibung der Pflanze 
aus dem J. 1574 in ,Reisen und Gefangenschaft 
Hans Ulr. KrafTts, herausg. von Hassler 1861, 
99f.'; doch ist die von Kraft, einem jungen Ulmer 
Kaufmann , bei Tarabulus in Syrien beobachtete 
und teils weisse Baumwolle, teils Buschweiss ge- 
nannte Pflanze zweifellos Gossypium herbaceum 
L. gewesen. Nach ihm ist der Same in der Runde 
und der Farbe dem Hanfsamen sehr ahnlich, nur 
fast noch (einmal) so gross und wird anfangs Marz 
gesat, die Pflanze tragt ein lustiges zerteiltes 
Kraut (Blatt) , eine weisse , bisweilen gelbliche 
Blute mit einfachen Blattern wie die Feldrosen, 
welche bei uns zwischen den Hecken wachsen, 
und wenn solche voruber, wachsen hernach griine 
KnOpfe so gross wie bei uns die einfachen ge- 
meinen Olmagen (Mohnkapseln) ; . . . gegen den 
Herbst fangt der grune Knopf an gelb zu werden 
und wird von der Sonne so stark getrieben, dass 
er sich kreuzweise aufthut und man die Wolle 
herauswachsen sieht; aus den reifen und abge- 
rissenen KnOpfen raumen Weiber und Kinder die 
Wolle aus und klauben den Samen aus der Wolle, 
deren gemeiniglich vier [?] gefnnden werden ; der 
Same wird wieder aufs andere Jahr gebraucht, 
die Wolle aber den venedischen und franzOsischen 
Kaufleuten verkauft und zu uns Christen ge- 
ftthrt. Movers (D. Pbonizier II 3, 218), welcher 
iibrigens die hebraische B. firr eine Baumwollen- 
pflanze.halt, hebt nur hervor, dass diese nicht 
mit dem Baumwollenbaum zu verwechseln, son- 
flern als die noch jetzt in dem Kustengebiet des 
mittellandischen Meeres gezogene krautahnliche 
Baumwollenstaude anzusehen sei. Er citiert auch 



eine Stelle (S. 219, 55), in welcher Jacob de Vi- 
triaco, Bischof von Akka, der sich in den J. 1217 
— 1229 im Orient aufhielt, die Baumwollenstaude 
beschreibt (I 85 in Gesta Dei Francorum p. 1099). 
Sie lautet: Sunt ibi praeterea arbusta quaedam, 
quae seminantur, ex quibus eolligunt bomhacem, 
quam Franeigenae cotonem seu eoton nominant 
et quae est quasi medium inter lanam et linum. 
Von den Griechen erwahnt schon Aischylos 

10 die B. , sofern nach ihm (Sept. 1039) Antigone 
ein fivooivov nczvXcofta und (Pers. 125) die per- 
sischen Frauen zur Zeit des Xerxes pvaotvoi at- 
tiXoi tragen. Dem entsprechend werden im alten 
Testament (Esth. I 6) Tucher von karpas, ge- 
fasst in Schniire von bu%, gelegentlich der Schil T 
derung eines Gartenfestes , welches dieser KOnig 
in Susa gab, erwahnt. Seine Seesoldaten ver- 
banden einem im thermaeischen Meerbusen ge- 
fangenen Griechen seine Wunden mit Binden von 

20 B., aivdovos fivaoivris (Herod. VII 181). Der Ver- 
fasser der ps.-hippokratischen Schrift de sterili- 
bus (III 19 K.) empfahl bei Scheidenverschluss 
Wolle in eine Mischung von Griinspan, Stiergalle 
und Schlangenfett zu tauchen, diese in B.-zeug, 
o&ovior flvaaivor, welches mit Honig bestrichen 
sei, zu hiillen und das Ganze in die Seham zu 
stecken. Ein anderes Mai (ebd. II 641) sollte 
dazu keine Wolle und nur d&oriov genommen 
werden. Dass aber Baumwolle fur die angegebe- 

30 nen Heilzwecke durchaus unbrauehbar sei, kann 
man nicht behaupten. Dagegen kann aus diesem 
Grunde schwerlich' B. urspriinglich ein Farbstoff 
gewesen sei, wie man aus einer Stelle des Empe- 
dokles (bei Plut. de defectu orac. 41) schliessen 
kOnnte und obwohl die B. dafflr von spatern Er- 
klarern ausgegeben wird (Hesyeh. Suid. Etym. M. 
217, 20. Zonar. Moschop. in Fabricius Bibl. Gr. 
XII 306). Das grOsste Bedenken aber dagegen, dass 
die genannten Schriftsteller und andere, welche 

40 in alterer Zeit von B.-Gewandem sprechen (Soph, 
bei Dion. Hal. ant. I 48. Eurip. Bacch. 819. 
Theocr. II 73) unter B. Baumwolle verstanden 
hatten, muss die Angabe Herodots (H 86) er- 
regen, dass die Agypter ihre Toten mit Streifen 
atvdovo; flvaoivrjg eingehiillt hatten, wie auch nach 
Diodor (I 85) Isis die Reste des Osiris in B. ein- 
gehiillt haben soil. Denn durch mehrere mikrosko- 
pische Untersuchungen von Mumienumhulluugen 
hat sich ergeben, dass diese aus Leinwand be- 

50 standen (s. dariiber bes. Brandes a. a. O. 99 und 
J. Wiesner Mitteilungen aus d. Samml. der Pa- 
pyrus Rainer, II u. Ill 1887, 192f.). Nun sagt 
freilich Pausanias (X 32, 16), dass die Phokenser 
bei einer Isisfeier die zu verbrennenden Opfertiere 
nach agyptischer Art in Streifen von Leinen oder 
B. hullten, so dass die Behauptung Herodots viel- 
leicht nicht fur alle Mumien richtig sein mag, 
wahrend andrerseits noch immer die Moglichkeit 
vorliegt, dass an erhaltenen Mumienbinden auch 

60 Baumwolle gefunden werden kann. Jedoch wird 
die Unwahrscheinlichkeit, dass Herodot unter B. 
Baumwolle verstanden habe, noch dadurch erhbht, 
dass er da, wo er sicher von dieser spricht, sie nicht 
B. , sondern Wolle von dew Baumen , slqiov cab 
%v).ov (III 47) oder dxo Sevdoiaiv (III 106) nennt, 
wie anch andere sie Wolle nannten (Theophr, h, 
pi. IV 7, 7. Strab. XV 693. Verg. georg. II 120. 
Pomp. Mel. Ill 62. Ulpian. Dig. XXXII 70, 9. 



1111 



Byssos 



Byssos 



1112 



Martian. Cap. II 114). Die Kopfkissen von B., 
welche sich ein iippiger koniglicher Jungling auf 
Paplios zur Abwehr der Hitze unter den Kopf legte 
(Klearchos von Soloi bei Athen. VI 255 e) , und 
das grosse B.-Segel von dem wunderlichen Pracht- 
schiff des Ptolemaios Philopator (ebd. V 206 c) 
lassen wohl keinen Schluss auf ihren Stoff zu. 
Dagegen glaubt Schrader (Forsch. I 208) ein 
unzweifelhaftes Zeugnis dafiir, dass B. femes Linnen 
bezeichne, in der Inschrift von Kosette vom J. 197 10 
zu finden, in welcher die &&6via fivooiva, welche 
die Priester des Tempels an den kSniglichen Hof 
lieferten, dem hieroglyphischen pek entsprechen 
(nach Brugsch a. a. 0. 634; griech. Text im 
CIG III 4697 Z. 17, mit trbers. u. Erklarung bei 
LetronneRecueil des inscr.gr. etlat. del'Egypte 
I 244 Z. 28. 29). Das letztere identiflciert er 
nun (S. 195) mit kopt. <f><ox = griech. <paoa<ov, 
welches grobe Leinwand (auch Segeltuch) bezeich- 
net, und beruft sich dabei auf Ad. Erman (in 20 
Bezzenbergcrs Beitragen VII 1883, 337), doch 
behauptet dieser nnr, das B. = agypt. Ss, kopt. 
Sens sei, ohne die Bedeutung dieser Worter an- 
zugeben. Demnach bleibt es doch auch fraglich, 
ob pek, wenngleich der Bedeutung nach identisch 
mit B. und mit Ss, Flachs oder Leinwand be- 
zeichnet habe. Denn dass aus pek hervorgegangene 
koptische cpoix bezeichnet nur ein pallium, ein 
Stoff wird nirgends dadurch angegeben (Brugsch 
a. a. O.). Fur die Gleichung des <pa>x mit cp<ba- 30 
<!a>v spricht aber nur die Angabe des Pollux (VII 
71), dass (p&oatv ein agyptischer ^jtwv aus dickem 
Lein sei. Bedenken erregen muss es ferner, dass, 
wenn B. mit yxaomv identisch ware, jenes einen 
groben, ordinaren Stoff bezeichnet haben musste ; 
auch kSnnte man erwarten, dass in der genannten 
Inschrift pek mit qxoaamv ubersetzt ware. Zu 
beachten ist- vielleicht noch, dass in den Hiero- 
glypheninschriften sehenti oder scliint zwar zu- 
nachst keinen Stoff, sondern einen Schurz , der 40 
aber aus Baumwolle gefertigt war (nach Brugsch 
633), dagegen huma Lein (Leinwand) bezeiehnete 
<Wonig D. Pflanzen im alt. Ag. 1886, 184). 
Alsdann beruft sich Schrader (208) auf Joseph, 
ant. Iud. Ill 153 , wo dieser von dem hctonet 
shesh , welches der jiidische Priester trug (Exod. 
28, 39), sagt: ,t'ber diesem (dem Schamkleide) 
tragt er ein leinenes Kleid von doppeltem B. -Stoff; 
es wird zedoftevrj genannt, dieses bezeichnet aber 
linnen, denn yjdwv nennen wir (im Chaldaeischen) 50 
die Leinwand'. Auch nach Philo (de somn. I 37) 
legte der Hohepriester, wenn er das Allerheiligste 
betrat, ein leinenes, von reinster B. verfertigtes 
Gewand an. Doch das hebraische ketonet wird 
wie das griechische yixmv in der erhaltenen Lit- 
teratur nicht in der urspriinglichen Bedeutung 
von ,Lein, leinenes Zeug', sondern ,Leibrock' ge- 
braucht (vgl. Schrader a. a. O. 193. Lewy a. 
a. O. 82), wahrend die Leinwand im Hebraischen 
den besondern Namen pisehtim hatte. Wie dem 60 
aber auch sei, so konnen die beiden jiidischen 
Schriftsteller immerhin ein baumwollenes Kleid 
als ein linnenes bezeichnet haben, sowie griechische 
und romische Schriftsteller die Baumwolle als eine 
Art Lein angesehen haben, d. h. sie konnten von 
linnenen Kleidern aus Baumwolle reden. Im neuen 
Testament kleidet sich ein Eeicher in B. (Luc. 
16, 19) und wird Babylon als Stapelplatz dafiir 



geschildert (Apoc. 18, 12. 16). Plutarchos (de 
Pyth. or. 4) hebt hervor, dass die Gewebe von 
Seide und B. zugleich fein und fest seien; nach 
ihm (Is. et Os. 39) hiillen die agyptischen Priester 
die goldene Kuh, das Abbild der Isis, an einem 
Trauertage in ein schwarzes B.-Gewand. Apuleius 
lasst einen Jiingling im Traum die Isis, welche 
mit feiner B. angethan ist, sehen (met. XI 3) 
und dann selbst mit einem prachtig gestickten 
B.-Kleide in deren Tempel zu Kenchreai erschei- 
nen (ebd. 24). 

Schon im 1. Jhdt. n. Chr. soil aber die B. in 
Elis gewachsen sein, unter den Linnenarten die 
zweite Stelle eingenommen haben, bei den Frauen 
sehr beliebt und zuerst dem Golde gleichwertig 
gewesen sein (Plin. XIX 20). In der Stadt Elis 
befand sich ein Erzbild, dem man ein wollenes, 
ein linnenes und ein Gewand von B. umhing (Paus. 
VI 25, 5). Die meisten Weiber in Patrai lebten 
von ihrer Verarbeitung (ebd. VDI 21, 14). Die 
B. wuchs ausser in Elis in keinem anderen Teile 
von Hellas und war ebenso fein wie die in Pa- 
laestina, nur nicht so gelb (ebd. V 5, 2). Hier 
war der Boden nicht zum wenigsten geeignet B. 
hervorzubringen ; wer irgend dazu geeignetes Land 
besass, besate es mit Hanf, Lein und B.; Seiden- 
faden freilich wurden nur von den Seren zu Klei- 
dungsstiicken verarbeitet (ebd. VI 26, 6). Da 
hier offenbar von den vier wichtigsten Gewebe- 
stoffen die Rede ist, welche die Grieehen abge- 
sehen von der Wolle der Schafe kannten, so liegt 
es doch sehr nahe, hier unter B. die Baumwolle zu 
verstehen. Eine sehr wichtige Notiz liber B. 
bringt auch Pollux (VII 75) in dem Abschnitt 
iiber fivooiva. Er sagt: ,Die B. ist eine Art 
Lein bei den Indern. Es wachst aber bereits 
auch bei den Agyptern eine Art Wolle an einem 
Holzgewachs, aus welcher sie die Kleidung ver- 
fertigen, von welcher man eher sagen mOchte, 
dass sie abgesehen von der Dicke einer linne- 
nen ahnele, denn sie ist dicker' (vgl. Isidor. 
XIX 22, 15). Dann beschreibt er ganz unver- 
kennbar dieses Holzgewachs als eine Gossypium- 
art (Goss. arboreum L.) und setzt noch hinzu, 
dass man fur die Gewebe aus der wollartigen 
Masse den Einschlagfaden , aus Lein die Kette 
bilde. Da hier die indische B. nur als eine Art 
Lein bezeichnet wird und die agyptische Baum- 
wolle aucb zu den fivooiva gerechnet wird , so 
kann doch hier mit B. iiberhaupt nur Baumwolle 
gemeint sein, obwohl z. B. A. Wiedemann 
(Herodots 2. Buch 358) , ohne freilich auf die 
Sache naher einzugehen, die indische B. fur Lein- 
wand erklart. Ebenso deutlich spricht Philostra- 
tos in der auf friiheren Quellen fussenden Schrift 
uber das Leben des in der 2. Halfte des 1. Jhdts. 
n. Chr. lebenden Apollonios (vit. Apoll. II 20, 1 
und bei Phot. bibl. 324 b 35f.) von der Baum- 
wolle : ,Man sagt, die jenseits des Indus Wohnen- 
den hatten Kleider von einheimischem Linnen . . ., 
mit B. kleideten sich die Vornehmeren, die B. 
wachse aber auf einem Baume , dessen Stamm 
dem der Weisspappel und dessen Blatter denen 
der Weide ahnlich seien. Apollonios sagt, er habe 
sich iiber die B. gefreut, da sie einem braunlichen 
(oder grauen) abgetragenen Mantel (wie ihn Philo- 
sophen trugen) gleiche. Auch nach Agypten wird 
die B. an viele Tempel verkauft'. Zwar ist die 



1113 



Byssos 



Byzacium 



1114 



Beschreibung der Blatter falsch, da diese bei Gos- 
sypium gelappt sind, die Farbe aber erinnert an 
die gelbbraune Nankingbaumwolle. Auch sagt 
der Verfasser des Peripl. mar. Erythr. 41 , dass 
die Gegend um den Busen von Barygaza viele 
Baumwolle, xaoxaoos, und daraus verfertigte ordi- 
nare indische oftovta (Baumwollenstoffe naehS c h r a- 
der a. a. 0. 207. 211) hervorbringe. In einem Ver- 
zeichnis zollpflichtiger auslandischer Waren wohl 



lich?) aus Gewebe von weisser B. zu sein schien' 
(vestem peplumque laetis instar fulgidum dedit, 
quod -vel ex ilia fierbarum felicium lana, qua, 
indusiari perhibent Indioae prudential vates ac- 
colasque, montis Umbraeii et quantum usus 
eius telluris apportat ex eandentis byssi neti- 
bus videbatur). In einer Glosse des 8. oder 
9. Jhdts. (Corp. gloss, lat. V 424, 12) ist ganz 
deutlich Gossypium arboreum mit den Worten 



aus den J. 180 — 192 (Dig. XXXIX 4, 16, 7) 10 bezeichnet Byssus in terra affrieana erescit in 

werden opus byssinum, earpasum, vela tineta — !...-»-•- ' -"■- ----- ^ --•- m_ji.-.t. -_i_.-_j. 

earbasia und maroeorum lana aufgefiihrt. Hier 
scheint doch earpasum neben vela earbasia eine 
Art Leinwand zu bezeichnen, fur maroeorum lana 
hat man zwar arborum lana lesen wollen, doch 
konnte man vielleicht auch amorginorum lana 
lesen, so dass dann fur opus byssinum die Be- 
deutung Baumwollengewebe frei bliebe, falls man 
nicht hier mit Brandes (a. a. O. 119) annehmen 



arbustis lana alba sieut nix. Endlich scheint 
auch Eustathios ein Zeuge dafiir zu sein, dass 
unter B. Baumwolle zu verstehen ist. Nachdem 
er namlich sich der Worte Strabons (XV 693) 
bedient hat, dass bei den Indern serische Zeuge 
aus der von gewissen Rinden gekammten B. 
verfertigt wurden, setzt er nach Herod. ILL 106 
hinzu, dass auch auf wilden Baumen bei ihnen 
gleichsam eine Wolle wachse, welche an SchOn- 



will, dass sich die Baumwollenindustrie damals 20 heit und Giite die der Schafe ubertreffe (ad Dionys, 



schon in verschiedene Zweige gespalten habe. Die 
d^wQyig und die daraus bereiteten dfioQyiva wer- 
den namlich haufig mit B. verglichen oder sogar 
ftir feiner als B. und xaonaaov erklart (Paus. 
Le sic. bei Eustath. ad Dionys. Perieg. 526. Schol. 
Arist. Lysistr. 735. Suid.) und die Pflanze mit 
hvoxaXafit] (Suid.) identiflciert oder die aftoQyis 
fiir das haarige Bliitenbuschel des Eohrs ausge- 
geben (Bekk. anecd. gr, I 210, 29; vgl. Hesych. s, 



v.). 

zur Zeit des agyptischen KSnigs Semiramis, d. h. 
angeblich zur Zeit der Pyramidenbauten (Wiede- 
mann a. a. 0. 359), die B.-Gewander erfunden 
seien (Clem. Al. strom. I 16); nach einer noch 
spateren Nachricht wuchs die B. viel in Agypten 
(Hieron. in Ezech. c. 27). Etwa gleichzeitig 
wird berichtet, dass von Susa und Ekbatana 
alte Schriften, in B. gewickelt, gelangt seien 
(Themist. or. XIII p. 301). Als Leinen soil 



Perieg. 1117). An einer andern Stelle (Opusc. 
ed. Tafel p. 342, 4f.) aber sagt er, dass Gott die 
Lilien schmiicke, die Kose mit dem Glanz der 
Sonne wetteifern lasse, den Baumen eine Fulle 
von B. verleihe, Wilrmer gebe um das, was die 
meisten fiir schatzenswert hielten, zusammenzu- 
wickeln, und aus Wiesengras so feme Stoffe weben 
lasst, wie sie nicht einmal die Spinne weben konne. 
Was schliesslich die angebliche Bedeutung 



Ohne historischen Wert ist die Nachricht, dass 30 von Seide betrifft, so beruht die angefuhrte Stelle 



Strabons (XV 693) wohl auf mangelhafter Vor- 
stellung von der Seide (vgl. Schrader a. a. 0. 
232) und vielleicht auf einer Confundierung der- 
selben mit der Baumwolle , wie Plinius (VI 54, 
vgl. XII 17) die Seide, welche die Seren von den 
Baumen kammten, Wolle nennt. Im Westen des 
romischen Reiches scheint aber die Baumwolle 
Iiberhaupt wenig bekannt gewesen zu sein, da 
auch das Wort earbasus hier wohl eine Art Lein- 
nach Marquardt (a. a. 0. 482, 2) offenbar 40 wand bezeichnet hat (vgl. Schrader 210f.). Da- 



Paulinus, Bischof von Nola um 400 n. Chr. (carm. 
24, 787ff. = Migne lat. 61, 630), mit folgen- 
den, in vier iambische Verse gebrachten Worten 
beschreiben; ,Das aus B. gewebte Kleid bezeichnet 
mit dem kraftigen Gewebe die unverbriichliche 
Treue, denn B.-Faden sollen selbst starker als 
Stricke von Spartgras sein'. Nun ist ja im all- 
gemeinen ein Linnenfaden von demselben Durch- 
messer starker als ein baumwollener, aber der B.- 



her das Schwanken bei den lateinisch schreiben- 
den Schriftstellern (vgl. Isid. or. XIX 22, 15), 
indem sie die B. wie erwahnt fur eine Art Leinen 
oder fiir Seide (sericum, sirieum oder syrieum 
tortum Corp. gloss. 1. IV 25, 52. 211, 47. 489, 
10. 593, 10. 601, 25) erklaren oder es zweifelhaft 
lassen, ob darunter eine Art grOberer Seide oder 
Leins zu verstehen sei (byssus genus serid gros- 
sioris , pariter et fortioris. Sunt quidam, qui 



Faden wird nicht mit einem linnenen Faden, son- 50 et genus lini esse byssum putent, Eucher. instr. 

dem, offenbar in dichterischer tfbertreibung, mit " "" r ^' ' ■" 

einem Stricke von Spartgras verglichen. Letzteres 

wurde aber nur fiir Stricke bevorzugt, die im 

Wasser gebraucht wurden, im Trockenen bewahr- 

ten sich mehr die hanfenen (Plin. XIX 29), und 

heute macht man aus groberen Baumwollenganien 

zehn- oder mehrfach gedoppelte Stricke, welche 

sich durch ihre Festigkeit selbst vor den Hanf- 

seilen auszeichnen. Fiir die Bedeutung Baumwolle 

sprechen auch die Worte des gleichzeitigen Mar- 60 



tianus Capella (II 114), die folgenden Sinn zu 
haben scheinen : ,(Die Mutter) gab ihr (der Braut 
des Mercurius) ein Kleid und einen wie Milch 
glanzenden Uberwurf, welcher sogar aus jener 
Wolle segensreicher Krauter, mit der sich die 
Priester indischer Weisheit und die Anwohner des 
Berges Umbracius bekleiden sollen, und, wie der 
Brauch dieses Landes (es zu uns) bringt, (nam- 



II 3). [Olck.] 

Bytharla (Bv&dgta, auch Bv&iag), Ortlichkeit 
am thrakischen Ufer des Bosporos, s. Bosporos 
Nr. 1 unter nr. 51. [Oberhummer.] 

Bythemaneis s. Banizomeneis. 

Bythias (— Bv&aQia) s. Bosporos Nr. 1 
unter nr. 51. 

Bytinig, var. Bithinis etc. (s. Parthey zu 
Mela II 24), s. Bedizum. [Oberhummer.] 

Bytos (oder Bytes, Hs. Gen. Bvzov), Gatte 
der Aphrodite, Vater des sikelischen Eryx: Steph. 
Byz. s. "EqvI [Tumpel.] 

Byttakos, Makedone. Fuhrer der Leicht- 
bewaffneten im Heere des Antiochos des Grossen 
im koilesyrischen Kriege 218 v. Chr., Polyb. V 
79, 2. 82, 10. [Kirchner.] 

Byzacium, Kustenstrich Africas vom Golf von 
Hammamet bis zu dem von Gabes (der kleinen 



1115 



Byzacium 



Byzantion 



1116 



Syrte), mit dem dazu gehorigen Hinterland. Als 
Kiistenstadte B.s werden vornehmlich genannt Ha- 
drumetum, Ruspina, Leptis minor (Plin. n. h. T 25), 
Thapsus (Liv. XXXIII 48. Plin. a. a. 0.), Achnlla 
(Liv. a. 0.), Thaenae, Macomades minores, Tacape, 
Sabrata (Plin. a. a. 0.), grossenteils oder samtlich 
phoinikische Colonien (vgl. Movers PhOnizier II 
2. 498ff.). Versuche, den Namen aus dem Phoini- 
kischen abzuleiten, haben Bochart Geographia 
sacra 541 und Gesenius Mon. Phoenic. 421 
gemacht. Einen Volksstamm der Bv£axioi er- 
wahnt nur Strab. II 131, ein Volk der Bv£arTeg 
erwahnen Steph. Byz. s. v. und Eustathius zu Dionys. 
perieg. 803, die mit demselben die von Herodot. 
IV 194 — und ausserdem von dem Geographen 
Eudoxos bei Apollonios hist, mirab. c. 38 , s. 
Brandes in Jahns Jahrb iicher Suppl.-B. XIII 
1847, 224, 35 — erwahnten, iibrigens auch Zv- 
yavzeg genannten nCavreg identificieren , wobl 
kaum mit Eeeht, obwohl Meltzer Gesch. der 
Karthager I 77 diese Identification ebenfalls accep- 
tiert; vgl. auch Eich. Neumann Noidafrica nacb 
Herodot. 61ff. Unbekannt sind die Yblkerschaften, 
die Ptolem. IV 3, 26 als Bewohner der BvCaxTzig 
%d>Qa aufzahlt. — Erwahnt wird B. zuerat unter 
dem Namen ?? Bvaadzig x<*>(> a von Polyb. Ill 23. 
XII 1 (bei Steph. Byz. erbalten, wo BvaaXdda 
fiir BvoadriSa iiberliefert ist), der an dieser Stelle 
den ,Umfang' der Gegend auf 2000 Stadien an- 
giebt (dieselbe Angabe bei Plin. n. h. V 24), an 
jener bemerkt, wie die Karthager den Handel der 
Gegend zu monopolisieren suchten. Ebenda (III 23) 
rtihmt Polybius auch schon die Fruchtbarkeit der 
Gegend, von der die R6mer spater Erstaunliches 
zu erzahlen wussten (Plin. n. h. V 24. XVII 41. 
XVHI 94; aus Plin. Sol. 27, 6 u. a.). B. gehOrte 
damals zur Provinz Africa, doch durfte es einen 
selbstandigen Domanenbezirk unter dem procura- 
tor regionis Hadrumetinae gebildet haben (CIL 
VIII7039; Suppl. 11174. Dessaulnscr.sel. 1441; 
einen Procurator dieser Art erwahnt auch Plin. 
n. h. XVIII 94). Unter Diocletian wurde B. als 
provincia Valeria Byxacena (der Beiname Va- 
leria, den die Inschriften CIL VI 1685. 1687. 
1688. VIII Suppl. 11334 geben, bezeugt die Ept- 
stehung unter Diocletian) selbstandige Provinz 
der Dioecese Africa (Veroneser Provinzenverzeich- 
nis bei Riese Geographi Latini minores 128. 
CIL VI 1690. 1691; auch die neue Provinz heisst 
noch oft Byzacium CIL VI 1690. 1691 an zweiter 
Stelle, in der Notitia digmtatum. bei Ruf. Fest.brev. 
c. 4 und constant bei Prokop und bei Corippus). An 
den Landtag der neuen Provinz, an das concilium 
Byx&cenorum, ist das im Cod. Theod. II 19, 3. 
IV 10, 1 bruchstuckweise erhaltene Schreiben Con- 
stantins aus dem J. 332 gerichtet. tfber die 
Grenzen der Provinz sind wir durch die nach 
Provinzen geordnete Bischofsliste vom J. 484 (in 
Halms Victor Vitensis) und Inschriftfunde unter- 
richtet. Danach gehOrten zur Byzacena, nSrdlich 
von Hadrumetum nicht nur Horrea Caelia (Hergla) 
an der Kuste, sondern auch in der Nahe der Kiiste 
Segermes (Euinen Henchir Harat, 25 km. siidwest- 
lich von Hammamet), wilhrend Pupput (Souk el- 
Abiad, 10 km. westlich von Hammamet, s. Gauck- 
ler Bull, arche'ologique du comite' des travaux 
historiques 1894, 252 1 zur Provincia proconsularis 
gehOrte , ferner der vicus Haterianus (Euinen 



Henchir-Zenagrou, zwischen den Euinen von Thi- 
bica und Apisa maius, s. Bull, arche'ologique du 
comite- 1893, 236), Zama Regia (CIL VI 1686; 
vgl. J. Schmidt CIL VIII Suppl. p. 1240 und 
iiber die Nordgrenze der Provinz J. Schmidt 
ebd. p. 1164), im Innern noch AmmaedaTa (Pro- 
kop. de aedif. VI 6), Cillium, Telepte, Capsa; 
dagegen wurden Tacape (Gabes) an der kleinen 
Syrte und Sabrata zur Provincia Tripolitana ge- 

10 schlagen. Die Provinz stand anfangs unter einem 
Praeses vir clarissimus (CIL VI 1685. 1687. 1688 
aus dem J. 321), spater unter einem Consularis 
(Notit, dign. occ. I 24. XIX 7. CIL VIII Suppl. 
11334), auch nach Iustinians Anordnung (Cod. 
lust. I 27, 1, 12), dor das Militarwesen der Provinz 
einem eigenen Dux unterstellte (Cod. lust. I 27, 2). 
Hauptstadt der Provinz war Hadrumetum (Prokop. 
de aedif. VI 6). Wie der Ackerbau in der einst 
so frachtbaren Provinz darniederlag, geht aus einer 

20 Verordnung des Honorius aus dem J. 422 hervor 
(Cod. Theod. XI 28, 13; vgl. Tissot Geographie 
compared de l'Afrique I 251). Geiserich verteilte 
die Giiter der Provinz nicht unter seine Vandalen, 
sondem reservierte sie sich als Krongut (Victor 
Vit. de pers. Vand. I 13). In der letzten Zeit 
der Vandalenherrschaft und nach der Eroberung 
durch die Feldherrn Iustinians wurde B. durch 
Aufstande derMauren schwer heimgesucht (Prokop. 
Vand. I 9. II 8. 10ff. Corippus Joh. VI 280. VII 285. 

30 s. auch o. unter Ant alas). Provincialconcilien 
der byzacenischen Bischofe werden Ofters erwahnt, 
zuletzt im J. 646 (Mansi Concil. collect. X 926, 
vgl. Hefele Conciliengeschichte III 2 206). — 
Liickenhaft und dadurch unklar ist, was Steph. 
Byz. s. v. von zwei Teilen von Byzacia und zwcierlei 
Byzacenern berichtet hat; zweifelhaft auch die 
Existenz einer Stadt Bv^axlva (angeblich zwischen 
Thysdrus und Capsa, Ptol. IV 3, 39; die Inschrift 
bei Reinesius VI 122, in der eine Colonia Byxa- 

40 cena erwahnt wird, ist falsch, s. CIL VI 2100*). 

[Dessau.] 
Byzantion (BvZdvTi.ov). 1) Lage. Dieausser- 
ordentlichen Vorziige der Lage von B., welche 
freilich erst mit der Erhebung zur Hauptstadt 
des romischen Reiches (s. Constant inopolis) zur 
vollen Geltung kamen, sind geographisch in erster 
Linie bedingt durch den Einschnitt des BospoTos 
(s. d. Nr. 1), welcher eine bequeme Schiffahrts- 
strasse aus dem Mittelmeere nach den Gestaden 

50 des Pontos bietet und so die Ausdehnung der 
griechischen Colonisation nach Norden ermflg- 
lichte, ohne bei seiner geringen Breite dem Vol- 
kerverkehr iiber die thrakische Landbriicke ein 
Hindernis zu sein, im besonderen sodann durch 
die am Ausgang des Bosporos nach Westen ab- 
zweigende Einbuchtung des goldenen Homes (s. 
Keras), welche eine zur Stadtgriindung vorzuglich 
geeignete Halbinsel abgliedert und zugleich einen 
der besten naturlichen Hafen der Welt darstellt. 

60 Seiner Entstehung nach ist dieser unvergleich- 
liche Golf wohl als das untergetauchte Ende eines 
Erosionsthales aufzufassen und mit Th. Fischer 
in Kirchhoffs Liinderk. v. Eur. II 2, 77 den For- 
men der Limane anzureihen, welchen wir beson- 
ders im Norden des Pontos, aber auch an der 
Propontis, westlich von B. begegnen, wo die Strand- 
seen von Gross- und Klein-Tschekmedsche (beim 
alten Athyras und Rhegion) ganz ahnliche Kil- 



1117 



Byzantion 



Byzantion 



1118 



dungen, nur in einem fortgeschritteneren Zu- 
stande der Verschlammung und Versandung, zu 
sein scheinen. Die Entstehung solcher Limane 
durch Erosion des emportauchenden Landes und 
spateres Eindringen des Meeres bei positiver 
Strandverschiebung ist kilrzlich durch Sokolow 
M(5m. comite' gtol. X 1895 (vgl. Peterm. Mitteil. 
1896 Lit.-Ber. 693) eingehend dargelegt worden. 
Doch scheint es, dass beim goldenen Horn tek- 



Roman Empire Cap. 17. Hammer I Iff. (wo 
auch Ausziige aus tiirkischen Schriftstellern). 
J. G. Kohl Hauptstiidte Europas Cap. I. Fischer 
a. a. O. 173ff. Grosvenor Constantinople I 
Cap. I. 

Klima. Unter dem 41° nOrdlicher Breite 
gelegen, welcher den Siidrand der Halbinsel durch- 
schneidet (H. Sophia 41 ° 0' 16"), hi fast gleicher 
Breite mit Neapel, Madrid, Peking, Newyork, be- 



tonischeVerhaltnissedieThalbildungvorgezeichnetlOsitzt B. ein relativ kiihles und dabei sehr unbo- 



und so zur Bildung der Halbinsel von B. mit- 
gewirkt haben ; denn wahrend nordlich desselben 
der Bosporoa in eine Devonscholle eingeschnitten 
ist, wird die Umrandung der Propontis im Westen 
von B. durch miocane Ablagerungen gebildet, aus 
welchen auch die ganze Halbinsel zu bestehen 
scheint, s. die geologische Karte bei Tchihatchef 
Le Bosphore. Die Oberflache der letzteren ist 
ein nach gewolbter, die Windung dea goldnen 



standiges Klima, das mit Ausnahme der meist 
dauernd schiinen und selten iibermassig heissen 
Sommermonate den grOsseren Teil des Jahres 
fiber unter dem sprunghaften Einflusse des aus 
den pontischen Steppen wehenden Boreas steht, 
welchem der Bosporos als Einbruchspforte dient. 
Anderseits liegt B. auch der Einwirkung des Slid- 
windes offener als die weiter nSrdlich am Bos- 
poros gelegenen Orte, welche deshalb auch, zumal 



Horns begleitender Rficken, aus dessen Hebungen 20 an der dem Pontos zugewendeten Strecke bei 



und Senkungen innerhalb des spateren Stadt- 
gebietes die schematisierende Betrachtung friiherer 
Zeit sich sechs Hiigel zurechtlegte, wahrend der zur 
Vollendung der symbolischen Zahl, in welche die 
Alten auch geographische Verhaltnisse zu zwangen 
versuchte (vgl. ausser Nil und Septimontium auch 
Septem maria, Septem aquae u. a.), erforderliche 
siebente Hugel in dem dreieckigen Ende eines 
zweiten HChenzuges erkannt wurde, der sich von 



Therapia und BSjiikdere, dem alten Bathykolpos 
(s. d. u. Bosporos Nr. 1 nr. 71), eine klimatisch 
ebenso ausgezeichnete, als landschaftlich reizvolle 
Sommerfrische bilden ; s. iiber diesen Unterschied 
v. Moltke Turk. Briefe 13 (Schriften VIII 64f. 
471f.) 21 (99) und vgl. Bosporos Nr. 1 S. 745 
(Eis am Bosporos!), hiezu auch Th. Fischer Klima 
der Mittelmeerlander 30. Nach neueren Beobach- 
tungen betriigt das Jahresmittel 14 • 2 °, die Mittel 



Westen her keilfOrmig zwischen den ersten und 30 des kaltesten und warmsten Monats (Februar und 



die Kiiste der Propontis einschiebt. Dieser, spater 
ErjQoXotpog (Kodin. 30. 70 Bk. Suid. s. v.) ge- 
nannte grosse Hiigel wird durch ein noch jetzt 
erkennbares, vom Lykos (Kodin. 45. 147 Bk. 
Hammer Constantinopolis 1 15f.) durchflossenes 
Thai abgegliedert , das in einem Abstande von 
etwa 16 km. dem goldenen Horn parallel zieht 
und ehemals in einer Einbuchtung (dem Hafen 

des Theodosius) endigte, welche jetzt mit Garten — ., 

bedeckt ist (Vlanga Bostan). Der Schwerpunkt 40 27 • °. Regenfall 408 mm. (November 70 ■ 4 Juli 



August) 5 • 2 und 23 • 4 (diese Werte wahrschein- 
lich um 0-4° zu hoch), die absoluten Extreme 
aus 20 Jahren 37 -3 und — 8-2°, der Regenfall 
im Jahr 718 mm., December 121 mm., Juli 29 mm., 
s. Hann Meteor. Ztschr. 1886, 501ff. 1887, 379. 
Geogr. Jahrb. XIII 81f. A. Coumbary Clima- 
tologie de Constantinople (Const. 1888). Man 
vgl. damit die Mittel von Athen (37° 58' nftrd- 
licher Breite) : Jahr 17 • 3 °, Januar 8 ■ 2 °, Juli 



der Entwicklung von B. und Constantinopel lag 
naturgemiiss auf dem Ende des erstgenannten 
Hohenriickens, welches sich zwischen dem Horn, 
dem Bosporos und der Propontis vorschiebt und 
zur Beherrschung der Meeresstrasse {hie locus est 
gemini ianua vasta maris Ovid, trist. I 10, 32) 
wie zur Verbindung der beiden Erdteile (artissimo 
inter Europam Asiamque divortio B. in extrema 
Europa posuere Graeci Tac. ann. XII 63) in 



7-4 mm.), s. Neumann-Partsch Phys. Geogr. 
124. Sogar Bom ist trotz der nOrdlicheren Lage 
(41° 54') merklich warmer: Jahr 15-3°, Januar 
6-8°, Juli 24-6° (neue Mittel nach Cancani 
s. Meteor. Ztschr. 1890, 275. Geogr. Jahrb. XV456). 
Vgl. auch Fischer a. a. 0. 136—140. 

Topographie. Dion. Byz. 24f. und Hes. 
Mil. 4, 3. 11 berichten iibereinstimmend , dass 
die erste Grtindung der Stadt am oberen Ende 



ausgezeichneter Weise geeignet war. Diese natiir- 50 des goldenen Homes beim Altar der Semystra. 



lichen Vorteile der Lage waren schon im Altertum 
gewurdigt und im besonderen durch die sprich- 
wortliche Eedensart von der Blindheit der ersten 
Ansiedler (in Kalchedon) gekennzeichnet worden, 
welchen Ausspruch Her. IV 144 auf den Perser 
Megabazos, Strab. VII 320. Tac. a. a. O. auf 
ein apollinisches Orakel zuruekfuhren (vgl. Hes. 
Die eingehendste Betrachtung der 



wo die Flflsse Barbyses und Kydaris einmunden. 
erfolgte (vgl. unten S. 1128f.); die Sage vom 
Eaben, durch welchen dann die richtige Stelle 
bezeichnet wurde, erwahnt auch Sym. Logoth. 
bei Miil ler Geogr. Gr. min. II 28 A., wo zugleich 
auf ahnliche Beispiele verwiesen ist. Obwohl der 
Plan einer Stadtgriindung im innersten, meist- 
geschfitzten Winkel der Bucht, welche damals 
wahrscheinlich noch nicht so weit verschlammt 



Mil. 4, 21) 

Lage von B. hat unter den Alten Pol. IV 38 

43ff gegeben; ausser den oben angefuhrten Stellen 60 und weiter aufwiirts schiffbar war als gegenwartig 
sprechen sich ferner noch daruber aus Cass. Dio (s. Bosporos Nr. 1 S. 744), nicht unwahrschein- 
LXXTV 10, 1. Zosim. LT 30, 2. Prokop. aed. 
I 5. Hiezu kommen noch die Vorziige des durch 
StrOrming im Bosporos begiinstigten Fischfangs 
und der Fruchtbarkeit des zur Stadt gehfirigen 
Landgebietes, worfiber vgl. u. S. 1142, sowie Bos- 
poros Nr. 1 S. 744f. Aus der neueren Litteratur 
iiber die Lage von B. ist hervorzuheben Gibbon 



(s. Bospc 

lich ist, kennen wir das geschichtliche B. doch 
nur an der Spitze der Halbinsel, wo das jetzige 
Serail die Stelle der Akropolis bezeichnet (Xen. 
an. Vn 1, 20. Kodin. 24. 213. lo. Malal. 292. 
Chron. Pasch. I 495. Euagr. II 13). Diese Lage 
der Stadt auf einem nach drei Seiten vom Meere 
umgebenen hohen Landvorspning haben Dion. 



1119 



Byzantion 



Byzantion 



1120 



Byz. 5f. und Zos. II 30, 2 gut geschildert. Den 
Umfang giebt Dion. 6 zu 35 Stadien an {/jAyB&os 
xov navxds TtsQiftoAov) , wovon fiinf Stadien auf 
die Landseite entfallen. Diese Ziffern hat Gillius 
Top. Const. I 2 irrtiimlich zusammen gerechnet 
und so fur B. nach Dionysios 40 Stadien angegeben, 
was Neuere veranlasst hat, bier einen Schreib- 
fehler zu vermuten, s. Prick z. St. und Muller 
a. a. 0. 28f. Durch den inzwischen aufgefundenen 



Einklang zu bringen. Wenn nun Hes. Mil. 39 
sagt, dass die Mauern nicht ausserhalb des Forum 
Constantini gelegen haben, dessen Lage durch 
die ,verbrannte Saule' genau bestimmt ist, und 
wenn Zos. II 30, 2. 4 dort ein Thor ansetzt, an 
welchem die Hallen des Severus endigten, so wird 
man geneigt sein, diesen Widerspmch mit einer 
Erweiterung der Stadt durch Severus (s. u.) in 
Zusammenhang zu bringen. Im Allgemeinen mag 



Urtext des Dionysios ist _ die Uberlieferung jetzt 10 die Ausdehnung der auf drei Seiten durch das 



klar gestellt; doch bereiten die Ziffern immer 
noch einige Schwierigkeiten. Die 5 Stadien = 
925 m. fur die Landseite (xov avxevog, v<p'ov 
dieloysxai to firj vfjoos sivai) erscheinen gegeniiber 
der Breite der Halbinsel, welche jetzt nicht unter 
1600 m. betragt, erheblich zu gering; doch ist 
zu beachten, dass auf der Siidseite eine erst durch 
die Tiirken ausgefiillte Hafenbucht, jetzt Kadriga 
Liman, etwa 200 m. weit eingriff und auch auf 



Meer begrenzten Stadt nach Westen durch eine 
Linie vom Bahnhof nach Kadriga Limani be- 
zeichnet werden, so dass er erste und zweite Hugel 
spaterer Zahlung (Serail und Hippodrom) in die 
Mauern von B. eingeschlossen war. 

Befestigung. Eine solche war von An- 
fang an schon durch die Verteidigung gegen die 
Angriffe thrakischer Volker (s. u. S. 1129 und 1141) 
geboten und hat sich in verschiedenen Belage- 



der Nordseite beim jetzigen Bahnhof das Meer 20 rungen , besonders durch Philipp II., bewahrt 



zuruckgedrangt worden zu sein scheint. Pur den 
Umfang von B. in der nachbezeichneten Ausdeh- 
nung lasst sich allerdings kaum mehr als 5 km. 
annehmen, was nur mit einem wesentlich geringeren 
Wert des Stadions als 185 m. in Cbereinstimmung 
zu bringen ware. Die Mauer des alten B. lief 
nach deni sog. Kodin. p. 24f. ,vom Turm der Akro- 
polis zum Turm des Eugenios, stieg zum Strate- 
gion an und lief bis zum sog. Bad des Achilleus, 



(s. u.). Die spatere Localgeschiehtschreibung 
fiihrte die Errichtung der aussergewohnlich starken 
Mauern auf Byzas (s. d.) zuriick, der sie unter 
dem Beistand.des Poseidon und Apollon gebaut 
haben sollte (Hes. Mil. 12. Kodin. 5f.). Nach 
Paus. IV 31, 5 hatten B. und Bhodos nachst 
Messene die starksten Mauern. Dieselben waren 
aus Quadern aufgefiihrt und so fest gefiigt, dass 
sie wie aus einem Stein gehauen schienen; noch 



wo der sog. Bogen des Urbikios die Stelle eines 30 die Ruinen liessen ebenso sehr die Kunst der Er- 



frflheren Landthores einnimmt, dann stieg die 
Mauer zu den Chalkoprateia hinan bis zum sog. 
Milion, wo wieder ein Landthor war. Von dort 
erstreckte sie sich zu den gewundenen Saulen r<5v 
T^vxaAaoicov (von x^ovxalrj = Topf; vgl. Kodin. 
p. 69 und Lambeck z. St.; also entsprechend 
dem attischen Kega/ieis) , stieg dann in die Tonoi 
genannte Gegen d hinab, und erreichte, durch die 
Quartiere Mangana und Arkadiana umbiegend, 



bauer wie die Anstrengungen der Zerstorer be- 
wundern (Herodian. Ill 1, 6f.). Nicht minder 
anerkennend spricht sich Cass. Dio LXXIV 14, 
4f. iiber die Festigkeit der Mauern aus ; dieselben 
bestanden nach ebd. 10, 3ff. aus einer ausseren 
Wand (&a>oat-) von machtigen Quadern, die durch 
eherne Platten verbunden waren ; dahinter erhoben 
sich Walle (xco/mxa) und andere Schutzbauten 
(olxodofirifiaia), welche zusammen ein Ganzes zu 



wieder die Akropolis. Turme hatte die ganze 40 bilden schienen und einen gedeckten Wallgang 
Mauer 27'. Die liiw WpiVkrf™ Art-.l^lnkfi+on (ixdva&ev xegidgopov xai oxeyavov xai eiyvkaxzov) 

trugen, der nach Hes. Mil. 27 durch eine zinnen- 
gekrdnte Brustwehr (exa).$etg) gedeekt war; mach- 
tige Turme (im ganzen 27, s. o. S. 1119) sprangen 
nach aussen vor und deckten aus den Flanken 
den Zugang zu den Thoren (<V oklyov xe yao xai 
ov xax' ev&v, SJ.V oi fth xfj oi 61 zfj oxoIiwxeqov 
tyxodofiTj/Mvoi Jiav xo tiqooxijitov aqpiaiv ivsxvxXovv- 
xo). Besonders hoeh waren die Mauern auf derLand- 



Mauer 27'. Die hier bezeichneten Ortlichkeiten 
findet man am besten auf dem Plan zu Mordt- 
mann Esquisse topogr. Kurzer und nicht ganz 
klar ist die Beschreibung bei Zos. II 30, 3, wo- 
nach ,die Mauer sich iiber die Hohe von Westen 
her (Sia xov loyov xa&iifievov fy oro xov Svxi- 
xov /xegovs) bis zum Tempel der Aphrodite und 
dem Meere gegeniiber Chrysopolis, auf der Nord- 
seite (and xov §oqslov X6<pov) aber auf gleiche 



Weise sich bis zum Hafen hinabzieht, den man 50 seite, minder nach dem Meere zu, wo der Abfall 

Neorion nennt, und jenseits bis zum Meere, das ■•"■•• — ■ - 

gerade gegen die Mundung {xaxevdv xsixai xov 
oxo/xaxos) liegt, durch welche man gegen den 
Euxeinos Pontos hinauffahrt.' Hier scheint zu- 
erst die Sudmauer von West nach Ost und ihre 
Fortsetzung in letzterer Richtung, dann die Nord- 
mauer von Ost nach West und zuletzt die West- 
mauer beschrieben zu sein, wiihrend Kodinos von 
der Ostseite der Stadt, der Akropolis, aus iiber 



des felsigen Untergrandes und die See eine natiir- 
liche Schutzwehr bildeten. Auch aus Xen. an. 
Vn 1, 17 erhellt, dass die Mauern auf der See- 
seite nur von geringer Hohe und ausserdem durch 
einen Steindamni (xitf) gegen den Wellenschlag 
gesichert waren, also jedenfalls hart am Meere 
hinliefen. Ein Teil der Landmauer war bei der 
Belagerung durch Philipp II. mit Steinen von 
Grabern (also innerhalb der Stadt?) ausgebessert 



Nord nach West und Sad fortfahrt. Nach Kodin. 60 worden und fiihrte seitdem die Bezeichnung Tv/t- 
a. a. O. kimnte man die westliche Ausdehnung " ' " — — ._ . . _ _ 

der Stadt wohl nicht iiber den Hippodrom hinaus- 
riicken (s. Mordtmanns Plan); auch dessen An- 
gabe (p. 41 Bk.), dass das Forum Constantini 
sich mit dem Zelte dieses Kaisers (bei der Be- 
lagerung 323 n. Chr.) decke, eine Behauptung, 
die allerdings den Stempel der kiinstlichen Mache 
an sich tragt, ist kaum mit dem Folgenden in 



jSoovvri, Hes. Mil. 27 {Tv/jjiooivri Heyne Ant. Byz. 
9). Ein Wunderwerk waren die sieben Tiirme, deren 
akustische Anlage den Schall von einem (d. h. nur 
vom ersten aus) der Reihe nach zu den andern 
fortpfianzte, Dio LXXIV 14, 5. Georg. Kedren. 
I 442 Bonn. Suid. s. Bv£dvxtor. Hes. Mil. 13. 
Kodin. 6 Bk. Nach Dio zogen sich diese sieben 
Tiirme vom ,thrakischen Thore' zum Meere hinab, 



1121 



Byzantion 



und aus Kedrenos ergiebt sich, dass unter letz- 
terem das nordliche, also das Horn zu verstehen 
ist. Nach einer von Lambeck zu Kodinos (p. 213 
Bk., auch FHG IV 149) mitgeteilten Stelle aus 
einer unedierten Pariser Hs. gehorte dazu auch 
der von Hes. und Kod. aa. OO. genannte Turm 
des Herakles, welcher durch seine akustische Con- 
struction ,die Geheimnisse' belagernder Feinde 
verriet ; die Roxoia (Hes. und Kod.) setzen diesen 
Turm innerhalb der Mauer {evxbg xov xsixovg), 
der erwahnte Anonymus auf die spater Kvv^yiov 
genannte Stelle der Akropolis (s. u.). Hienach 



Byzantion 



1122 



miissten sich die sieben Turme auf die Strecke 
vom thrakischen Thore, das wir etwa in der Mitte 
der Westseite zu suchen haben, bis zum Hafen und 
zur Akropolis verteilt haben, und es ware dann 
wohl auch der machtige runde Turm dazu zu 
rechnen, welcher nach Dion. 12 in der Niederung 
beim Hafen (xaxa (tafrog xel/tsrov) die Stadt nach 
der Landseite abschloss (avvobnovta jzqo; xijv ijmi- 
(tov xo xeTxog), also die Nordwestecke bildete. 
10 Dass die Akropolis gegen die Stadt noch be- 
sonders abgeschlossen war, erhellt aus Xen. an. 
VII 1, 20. 



i JetxigcJSUleniinU, 

{baStorioncjaniTifpoGicfifrh.) 



BYZANTION 



osAkra. 




Thore werden von Kodinos auf der Landseite 
ausdrucklich zwei angefuhrt (s. o. S. 1119); sonst 
ist hier nur von einem Thor die Rede, das bei Xen. 
hell. I 3, 20 (vgl. an. Vn 1, 12. 15—17. 36) 
ol knl xo &Q(pciov jtvXcu (s. u. Thrakion), bei Dio 60 
und Kedrenos a. a. 0. einfach das thrakische heisst. 

Hafen. Neben der Befestigung, waren die 
wichtigste bauliche Anlage in B-. die Hafen, deren 
Dion. 1 1' in der ersten Einbiegung der Kuste nach 
der Boojiogiog Sxga (s. d.) drei erwahnt, von denen 
der mittlere (offenbar der Haupthafen) ziemlich 
tief und wohlgeschutzt, nur gegen den Sudwest- 
wind {Uy>) nicht ganz sicher war und gemauerte 

Pauly-Wi8BOwa III 



Uferdamme hatte (tigyezai vxoSopqotoi xsixicov). 
Dem Scholiasten zu dieser Stelle (bei Wescher 
S. 37 N. 16) verdanken wir den wertvollen Zu- 
satz, dass dieser Hafen noch zu seiner Zeit (am 
1200 n. Chr.?) Nedioiov hiess; vgl. dazu Wescher 
S. 56 N. II and Constantinopolis. Ist so- 
mit die aus spaterer Zeit hinlanglich bekannte 
Benennung Neorion fur den mittleren gesichert, 
so muss der Name Bosporion (s. d.), falls man 
nicht beide fur gleichbedeutend halt, dem Ost- 
lichen Hafen zukommen, zu welchem spater das 
Thor des Eugenios fiihrte, s. Mordtmann Esq. 
top. § 85. Der dritte Hafen des Dionj'sios scheint 

36 



1123 



Byzantion 



Byzantion 



1124 



ganz unbedeutend gewesen zu sein, da Dio LXXIV 
10, 5 ausdriicklich nur von zwei Hafen spricht, 
welche ,innerhalb der Mauer lagen, mit Ketten 
verschliessbar waren und auf den mit vorspringen- 
den Hafendammen (#»/Aai) beiderseits dutch Turme 
gesichert waren'. Dass in der ebenen Gegend 
hinter dem jetzigenBabnhof einst eine'ziemlich tiefe 
Einbuchtung bestand (vgl. o. S. 1119), ist hienach 
sehr wahrscheinlich, wie ja iiberhaupt die Umrisse 
der Halbinsel von B. noch im Mittelalter viel 
mehr durch solche Hafenbuchten gegliedert waren 
als jezt, so besonders auf der Siidseite an den jetzt 
Vlanga Bostan (s. o. S. 1117) und Kadriga Limani 
genannten Stellen; letztere, erst im 16. Jbdt. auf- 
gefiillte Hafenbucht, der iulianische (sophianisehe) 
Hafen des kaiserlichen B. , war wohl schon im 
Altertum benfitzt (vgl. Xen. an. Til 1, 20), doch 
bat sicb der Sehiffsverkehr von B. zu alien Zeiten 
am Eingang des Homes concentriert. 

Von Platzen und Bauwerken innerhalb 
der St^dtmauern ist naehst der Akropolis (s. o.) 
der Markt zu nennen, dessen Xen. an. VII 1, 19; 
hell. 13, 21, gedenkt und den wir wahrscheinlich 
auf der H6he des zweiten Hiigels in der Gegend 
der Sophienkirche suchen miissen. Zos. H 31, 2 
spricht von einer neyiozrj dyoga rszgdazoog, welche 
hoch gelegen war, da zu derselben Stufen (ovx 
oXlyoi (Saftfiol) hinauffiihrten ; diese vier den Markt 
umgebenden Hallen sind aber doch wohl gleich- 
bedeutend mit dem Tezgdozcttov, in dessen Mitte 
nach Io. Malal. 29 If. Chron. Pasch. I 494f. eine 
eherne Bildsaule des Helios stand, und an welches 
von Severus die Thermen Zeuxippos angebaut 
wurden (s. u.). Etwas westlich hievon, beim thra- 
kischen Thore, ware der Exercierplatz Thrakion 
anzusetzen, von dem Xen. an. VII 1, 24 (vgl. 
hell. I 3, 20) sagt, dass zo ycogiov oTov xdXXiozov 
exxdlgaodal ioxi , zo Qq&xiov xaXov/itrov, eqij/xov 
olxi&v xal mUtvov. Es ist vielleicht derselbe 
Platz, auf welchem der (sonst unbekannte) Stratege 
Protomachos ein Tropaion fiber die Thraker er- 
richtete und zwar an Stelle des spateren Milion 
(Hes. Mil. 31), so dass dann das Thrakion etwa 
dem spateren Augustaion (s. d.) entsprechen und 
die Bezeichnung ,thrakisches Thor' dem stidlichen 
der beiden von Kodinos aufgefflhrten Landthore (s. 
o. S. 1119) zukommen wiirde. Unweit des Marktes 
nacb Norden zu lag das Strategion, in welchem 
wir fur die vorr6mische Zeit jedenfalls das Amts- 
gebaude der hflchsten StaatsbehOrde (s. u. S. 1144) 
zu erkennen haben , woruber Hes. Mil. 39 iv zoj 
ZrQazTjyio) Xeyofjivo) tpogo) (forum, also davor ein 
freier Platz), Sr9a xoie ol axgaxr/yovrxsg xrjg jio- 
Xecog avSgcg tag zifia; vnf.biywzo\ eine milssige 
Erfindung ist es dagegen, wenn Io. Malal. 292 
und Chron. Pasch. I 495 dieses von Septimius Se- 
verus wiederbergestellte Gebaude (s. auch Suid. 
s. SsfSfjoog) auf Alexander d. Gr. zuruckfuhrea (zur 
Lage vgl. auch Hes. Mil. 16. Kodin. 6). 

Zu den Offentlichen Tummelplatzen gehoren 
femer die azdSia xal yvfivdoia xal Sgoftot via>v 
iv zoTs enixeoois , welche Dion. Bjz. 10 ,neben 
dem Tempel des Poseidon (s. u.) und zwar noch 
innerhalb der Mauer' nennt, also am Nordfusse 
des Serailhiigels. Endlich sind an Offentlichen 
Anlagen noch die Cisternen (de^afiEvai, Hes. Mil. 
24) zu nennen, welche bei dem Mangel an Trink- 
wasser in dem felsigen Boden der Stadt von grosser 



Wichtigkeit waren (fiber die grossartige Wasser- 
versorgung der spateren Stadt s. Constanti- 
nopolis). Dber das ,Bad des Achilleus', das 
wohl schon der vorrfimischen Zeit angehBrt, s. o. 
S. 1119. 

Zahlreieh sind die Tempel und sonstigen 
Kultstatten in und um B. , welche man im ge- 
schichtlichen Abschnitt(u. S. 1145ff.) systematisch 
zusammengestellt findet. Fiir die Topographie 

lOkommen hier hauptsachlich in Betracht die An- 
gaben bei Dion. Byz. 8iT. und Hes. Mil. 15f. Nach 
ersterem folgte auf die Boonogiog axqa (s. d.) so- 
gleich (fuxQov vnhg avzrjv, von der Eeihenfolge 
an der Kiiste) der Altar der A&r/va sxjiaola, wel- 
cher an die Landung und Kampfe der ersten An- 
siedler erinnerte, daneben, hart am Meere ein 
Tempel des Poseidon (vgl. u.), alt und schmucklos 
(Xizog, was Gillius Bosp. 2 irrtiimlich mit lapis 
ubersetzte, wonach auch Geogr. Gr. min. II 22 

20 und alle alteren Darstellungen , welche auf die 
dort erzahlte Geschichte Bezug nehmen, z. B. 
Prick z. St., zu berichtigen). Die weiteren von 
Dionysios geschilderten Heiligtumer liegen bereits 
ausserhalb der Stadt am goldenen Horn und am 
Bosporos, woruber dieser Artikel und Keras zu 
vergleichen. Hesychios a. a. O. (vgl. Kod. 6) nennt 
als angeblich von Byzas gegrundet, einen zugleich 
der Tyche geweihten Tempel (mit Bikinis) der 
Eheia bei der nachmaligen Basilika (s. Con- 

30 stantinopolis), dann den Tempel des Poseidon 
am Meere (s. o.), den er in die Nahe der Kirche 
des Martyrers Menas setzt, welche nach Kod. 24 
vorher ein Tempel des Zeus war und auf der 
Akropolis lag (vgl. u. S. 1126; den scheinbaren 
Widerspruch mit Kod. 6 sucht Lambeck z. St., 
S. 213 Bk., auszugleichen) ; femer Heiligtumer der 
Hekate beim nachmaligen Hippodrom, der Dios- 
kuren (ausserhalb der Stadt am Ende des Homes), 
Altare des Aias und Achilleus beim Strategion, an 

40 welche spater noch ein A%dXecog Xovxgov (vgl. o. 
S. 1119) erinnerte, einen Tempel des Amphiaraos in 
der Vorstadt Sykai (Galata, vgl. Bosporos Nr. 1 
unter nr. 134). DasHeiligtum der Aphrodite ,etwas 
oberhalb (dvcozego)) des Tempels des Poseidon' ist 
uns bereits aus Zosim. II 30, 3 (s. o. S. 1123) bekannt 
und hienach auf der Akropolis (Nordspitze des Se- 
railhiigels, wo spater der Harem des Grossherrn !) 
zu suchen, was auch Io. Malal. und Chron. Pasch. 
a. a. O. bestatigen. Letztere Quellen erwahnen 

50ferner unweit davon ein Heiligtum der Artemis 
(mit dem Hirsche); ob der Altar der 'Agzsfitg 
'Og&cooia bei Her. IV 87 und das Heiligtum der 
Gcttin, welches Hes. 16, neben einem solchen der 
Athene, jigog zo zijg Ogaxrjg oQog (Kod. 6 'Atpgo- 
Slzrje ogog, wohl nur verschrieben wegen des un- 
mittelbar vorhergehenden 'A<pQooiztjg) nennt, die 
gleiche Stelle bezeichnen, ist ungewiss. Kicht 
naher bestimmb&r ist auch der von Her. a. a. O. 
genannte Tempel des Dionysos. Uber Apollon 

60 auf der Akropolis s. u. S. 1126. Endlich ist auf 
der Burg die jetzt noch vorhandene Gothensaule 
(im Garten des Serail, oberhalb des .Mflhlen- 
thores', Dejirmen Kapusi) zu erwahnen, welche 
nach Dethier und Mordtmann nr. 55 von Clau- 
dius II., nach Mommsen zu C1L HI 733 aber 
erst von Constantin d. Gr. (332 n. Chr.) For- 
htnae reduci ob devictos Gotlios errichtet wurde 
und nach spaterer Volksmeinung einst eine Statue 



1125 



Byzantion 



Byzantion 



1126 



des Byzas getragen haben sollte, s. Nikeph. Greg. 
I 305. Mordtmann Esq,, top. 87. Meyers 
Turkei I* 237. 

Hiemit diirfte im wesentlichen erschOpft sein, 
was sich an topographischen Einzelheiten liber 
das alte B. beibringen lasst, dessen topographische 
und baugeschichtliche Entwicklung wir bis zur 
ZerstOrung durch Septimius Severus (196 n. Chr.) 
als eine Periode zusammenfassen miissen. Mit 



der Heiligtumer der Aphrodite und Artemis, dem 
Gotte ein Tempel erbaiit wurde — ijzot Isgov 
'AnoXXavog, fiigt die Osterchronik hinzu, und diesen 
Tempel des Apollon auf der Burg kennt auch 
Euagr. II 13. Die ubrigens lusurifls (aoXvxel&g 
Hesych.) eingerichteten und mit zahlreichen Kunst- 
werken geschmuckten Thermen des ,Zeuiippos' 
gingen bei dem grossen Brande im J. 532 n. Chr. 
zu Grunde, Kedren. I 647f. Ein anderes, noch 



letzterem Ereignis, woruber u. S. 1139f. das Nahere 10 grosseres Bad , Ka/ilvia genannt , das mit ,medi- 



folgt, tritt die Stadt in eine neue Entwicklungs- 
stufe ein, welche zugleich den tbergang zur kaiser- 
lichen Eesidenz und Reichshauptstadt vorbereitet. 
Die wesentlichste Veranderung im ausseren An- 
sehen der Stadt war jedenfalls durch die Schleifung 
der Mauern (s. u.) bewirkt worden , welche aber 
nach erfolgter Verzeihung gewiss wiederherge- 
stellt wurden, obgleich dies nicht ausdriicklich 
bezeugt ist. Aus den o. S. 1119f. angefiihrten An- 



schem Feuer' (Naphtha nach Heyne Ant. Byz. 
25f.) geheizt wurde und in welchem sich taglich 
2000 Menschen baden konnten (was Heyne, nach 
dem Wortlautkaum richtig, auf Zeuxippos bezieht), 
baute Severus ausserhalb der Stadt (Kod. 14). Von 
weiteren Bauten des Kaisers sind ausser der Wieder- 
herstellung des Strategion, woruber o. S. 1123, 
noch die Errichtung eines Theaters beim Heilig- 
tum der Aphrodite (also wohl mit der Aussicht 



gaben der Ildzgia einerseits, des Hesychios und 20 auf das Horn) und des sog. Kynegion beim 



Zosimos anderseits konnte man schliessen, dass 
damals die Landmauer vom Augustaion zum Forum 
Constantini vorgeschoben wurde; dies scheint auch 
durch die von Zosim. II 30, 2. 4 bezeugte That- 
sache bestatig zu werden, dass dort die von Seve- 
rus erhauten Saulenhallen endigten, denen spater 
Constantin durch einen marmornen Thorbau einen 
Abschluss verlieh. "Wahrscheinlich fiihrten diese 
Hallen ostwarts bis zum Hippodrom, welcher 



Artemistempel (wahrscheinlich dem Bosporos zu- 
gekehrt), beide mit Saulenhallen geschmfickt, zu 
nennen (Malal. 292. Chron. Pasch. I 495. Kedren. 
I 442. Suid.). Das Kynegion, tlber dessen Be- 
deutung vgl. u. S. 1140, wird von Lambecks 
Anonymos (o. S. 1121) an Stelle des Turmes des 
Herakles gesetzt und lag wohl am Nordostende 
des Serailhugels ; es ist wohl zu unterscheiden von 
dem spateren Viertel und Thor xov Kvrtiyov, s. 



nachmals so bedeutsame Platz Severus seine erste 30 Mordtmann Esq. top. § 3. 65. 



Anlage verdankte. Derselbe, nunmehr den Dios- 
kuren geweiht, war vorher von Privathausern und 
besonders von Garten eingenommen, welche der 
Kaiser ankaufte und beseitigen Hess, um dafiir 
(holzerne) Schaugeriiste (i'xgia) und Saulengange 
(axoai, e/j.poXa) zu erbauen, fiir welche jedoch auf 
der abschiissigen Siidseite erst durch von Pfeilern 
getragene GewOlbe (xiovsg evpeyedetg xal xxia- 
/A.aza) eine ebene Bauflache hergestellt werden 



tJber die ausseren Schicksale der Stadt bis 
auf Constantin s. u. S. 1127ff. Mit der Erhebung 
zur Residenz durch diesen Kaiser wird die Ent- 
wicklung der Stadt in ganz neue Bahnen ge- 
leitet. Es bereitet sich in der Zeit von Constantin 
bis Iustinian I. jene merkwiirdige Gruppierung 
von Stadten und Vororten vor, welche durch die 
Meeresarme des goldenen Homes und des Bosporos 
mehr verbunden als getrennt, seitdem das charak- 



musste;dieVollendungdesZuschauerraumes(/Sa#-40teristische Merkmal der unvergleichlichen Stadt 



fiideg) wurde jedoch durch die Abreise des Kaisers 
nach Rom und seinen Tod unterbrochen ; s. Hes. 
Mil. 37. Kod. 12—14 (auch in FHG IV 153). 
Kedren. I 442. Malal. 292. Chron. Pasch. I 495. 
Suid. s. Zsfiijgog, ferner einvonDucangezu Chron . 
Pasch. II 342 Bonn, mitgeteiltes Bruchstiick. Als 
ein Hauptwerk des Kaisers werden ferner die grossen 
Thermen genannt, von welchen die bekanntere 
neben dem Markte und dem Hippodrom errichtete, 



geblieben ist. Diese spatere Entwicklung wird 
in dem Art. Constantinopolis naher dargelegt 
werden, wo auch die wichtigsten litterarischen 
Hiilfsmittel vom 16. Jhdt. bis zur Gegenwart mit- 
geteilt werden sollen. Fiir das Studium des alten 
B. bieten leztere nur wenig Ausbeute. Quellen 
fiir die Topographie von B. sind fur uns neben 
den vereinzelten Angaben der Historiker (Herodot, 
Xenophon, Polybios und bes. Zosim. II 30), wie 



nach Hes. Mil. 37 xa'xa zbv xov Adg mmov /?<»- 50 aus dem Vorhergehenden erhellt , hauptsachlich 



fiov f/ zov 'HgaxXiovg SXoog xaXovpievoy (weil 
namlich hier Herakles die Rosse des Diomedes 
gebandigt habe, weshalb der Ort auch Zeuxippos 
genannt wurde) lag; ebenso Kod. 12, welcher (aus 
anderer Quelle) p. 14 und 36 weiteres fiber dieses 
Bad und seine Heizvorrichtung (fiera xavdr/Xag 
vaXirrjg^ beibringt, ferner Suid. und Kedren. 
aa. OO. Der Name Zeuxippos, welcher mit der 
Bezeichnung Zeus Hippios zosammenzuhangen 



die Reste der Localgeschichtschreibung, wie sie 
uns in den Fragmenten des Hesychios Illustrios 
von Milet (citiert nach FHG IV) und den unter 
dem Namen des Georgios Kodinos erhaltenen 
ndzQia zrjg KmvazavzivovjioXscog erhalten sind, 
worflber jetzt Kmrnbacher Byz. Lit. 2 323ff. 
422ff. und Th. Preger Beitrage zur Textgesch. d. 
Ildzgia Kmvoz. (Munch. 1895) zu vergleichen sind. 
Dionysios von Byzanz (citiert naeh We seller), 



scheint, wird von Malal. 291. Chron. Pasch. I 494 60 uber welchen vgl. oben S. 755, kommt nur 



mit dem Bilde des Helios im Tetrastoon (s. o. 
S. 1123) in Verbindung gebracht, unter welchem 
mystischen Namen (Z£vg~ixxog &sog) die Thraker 
diesen, Gott verehrt hatten ; durch Severus wurde 
nun das Tetrastoon zu den Thermen gezogen 
(iyevezo id Tezgdazcoor zov Zev^ijuiov) und deshalb 
das Colossalbild des Helios auf die Akropolis ver- 
pflanzt, wo unterhalb desselben (Malal.), unweit 



fiir den Umfang der Stadt und die am Bos- 
poros gelegenen Ortlichkeiten in Betracht. In- 
schriften CIG 2032—2045. 6824. CIL III 732 
—745. .Add. p. 990 und nr. 6548; Suppl. 7401 
— 7407. Dethier und Mordtmann Epigraphik 
von B. (Denkschr. Akad. Wien 1864). Anderes 
bei Kalopathakes Thracia 32. Zur Etymolo- 
gie des Namens B. vgL u. S. 1127 und das von 



1127 



Byzantion 



Byzantion 



1128 



Tomaschek Tljraker II 2, 15f. 61 beigebrachte 
Material. 

DiebeifolgendeKartenskizze (S. 1121f.), welche 
zum erstenmal den Versuch macht, die Topographie 
des vorchristlichen B. zu veranschaulichen, beruht 
in den Urarissen auf Mordtmanns grossem Plan 
von Constantinopel im Mittelalter, obwohl der- 
selbe in der Kfistenlinie von dem sonst besten 
Plane von Stolpe nicht unerheblich abweicM; 



sind die Ansatze bei Diod. IV 49, 1 (auf die Zeit 
des Argonautenzugs) und Kodin. p. 13, 3 (685 oder 
655 Jahre vor Severus, also die Zeit deT Perser- 
kriege, s. u.). 

Griindungssagen. Eine volkstumliche flber- 
lieferung iiber die Griindung scheint nicht vor- 
handen gewesen zu sein; was bei Hesych. 3ff. 
Arrian bei Eustath. z. Dion. Per. 140. Dion. Byz. 
passim erzahlt ist, sind aetiologische Combinatio- 



die Hohenlinien sind nicht als genaue Schicht- 10 nen oder Entlebnungen gelehrter Herkunft , so 



grenzen, sondern nur als annahernder Ausdruck 
der BOschungsverhaltnisse zu fassen ; auch Mass- 
stab und Nordweisung, welche bei Mordtmann 
fehlen, kOnnen deshalb nur als Nahenmgswerte 
gelten. [OberhummerJ 

Geschichte, Name. GegenQber andern Ety- 
mologien (Curtius Griech. Etymol. 5 291. Gras- 
berger Stud. z. d. griech. Ortsnamen 110. 278) 
ist auf ahnliche thrakische Namen (Bv£ia, Bv£rj 



die Legends vom Mauerbau durch Apollon und 
Poseidon (Hesych. 12; vgl, das' .sibyllinische' Orakel 
Zosim. II 37 [deoxxtxa Ts^jea]); am meisten volks- 
tiimlichen Charakter tragi noch der Bericht des 
Dion. Byz. 24f. [20f.] iiber die anfangliche Griin- 
dung an anderer Stelle — der dem Apollon heilige 
Rabe (Ael. h. a. I 48) bezeichnet den von den 
Gettern gewiinschten Platz. Iiber den angeblichen 
Grflnder Byzas s. d. Wie Byzas ist auch der von 



qss, Bvfavrig; der Fluss Baeflv!; t)g , der sich in20Ioann. Lyd. a. a. 0. angefiihrte Zeuxippos keine 



den Meerbusen von B. ergiesst u. a.) zu verweisen, 
wie auch von andern griechischen Stadten fruhere 
thrakische Namen bekannt sind, Strab. VII 319. 
Schwen (Hist. Byzant. inde ab urbe aed. usq. 
ad aet. Phil. Maced., Halle 1875) 9. Der Platz 
soil vor der Grflndung Lygos geheissen haben, 
Plin. n. h. IV 46. Auson. ord. urb. nob. 2f. p. 145, 
14 Peiper; vgl. den Namen des Baches Lykos in 
Byzanz selbst 



Person der Geschichte oder lebendigen Sage. Die 
Griindungsorakel Dion. Byz. 23 [19]. Hesych. 3. 
Eustath. Dion. Per. 803. Steph. Byz. s. Bv£dv- 
uov und Strab. VII 320 (Tac. ann. XII 63) sind 
jedenfalls erst spateres Machwerk, der Inhalt des 
letzteren wird Herod. IV 144 dem Perser Mega- 
bazos in den Mund gelegt; vgl. auch Plin. n. h. 
V 149. 

Nicht einmal iiber die Mutterstadt bestand 



Eine zusammenhangende DarstellungSOeineallgemein anerkannte Uberlieferung. DieEnt 



der Geschichte der origines Byxantii gab Trogus 
Pompeius nach Prol. IX; erhalten ist Hesych. 
Miles. TI&xQio. K(ov0xavtivo7i6Xea>s FHG IV 146ff. 
(kritiklos und voll grober Verwirrungen) ; Ano- 
nymus hezw. Kodinos jregj xwv szotqIcov xfjg Kwv- 
axavxivo3t6kea>; (ed. Bonn. 1843; S. o. S. 1126) 
wiederholt den Hesychios mit einigen Zusatzen. 
Von dem gleichnamigen Werk des Christodoros 
Koptos ist nichts erhalten. Viele Einzelheiten 



stehung der Irrtumer bei Iustin. IX 1, 3 {Oros. 
Ill 13, 2) condita a Pansania rege Spartanorum 
(Duncker Gesch. d. Altert. » VIII 142, 2 will ohne 
Grand eapta lesen, so auch Busolt Gr. Gesch. 
II 379; richtig v. Wilamowitz Aristot. u. Athen 
I 145, 40) und Amm. Marc. XXII 8, 8 (Atticorum 
colonia) ergiebt sich aus der Geschichte der Stadt. 
Ein blosser Irrtum liegt wohl auch bei Veil. Pat. 
n 7, 7 vor, der B. (mit Kyzikos) fur eine milesische 



(oft aetiologischen Charakters) giebt Dionysios 40 Colonie halt (Chron. pasch. I 593 : eine ionische 



von Byzanz (ed. Wescher Paris 1874, danach 
im folgenden citiert; die §§ der commentierten 
Ausgabe von F rick, Wesel 1860, sind in [] bei- 
gesetzt; ahnliche Zahlung der §§ bei C. Muller 
Geogr. gr. min. H Iff.). 

Eine phoinikische (agyptische ?) Ansiedlung an 
der Stelle des spateren B. vermutet ohne sicheren 
Grand Dethier Der Bosphor und Constantinopel, 
Wienl873, 6; Handelsfahrten der Phoinikiei nach 



Colonie). Dass B. eine dorische Colonie war, zeigt 
der Dialekt (s. u. S. 1143) ; Megara wird wenigstens 
von den spateren als die Mutterstadt genannt, 
Skvmn. 716f. Philostr. v. soph. I 24, 3. Dion. 
Byz. 14 [10]. 34 [28] u. 0. Ioann. Lyd. a. a. O. Steph. 
Byz. Eustath. z. Dion. Per. 803. Zwingende Be- 
lege lassen sich aus Ortsnamen, Kulten u. dgl. 
nicht beibringen. Die Angaben des Dionysios von 
Byzanz iiber die Herkunft mehrerer Kulte aus 



dieser GegendWieseler Der Bosporus, Gettingen 50 Megara (des Hipposthenes 32 [26], SchoiniHos 



1874, 15f. 

Grilndungszeit, Als Griindungsjahr nennt 
Euseb. v. Arm. Abr. 1357 = 660/59 v. Chr., Hieron. 
Abr. 1358 (1360) = 659/58 (657/56), vgl. Busolt 
Griech. Gesch. 2 I 472, 1. Nach Herod. IV 144 
wurde B. 17 Jahre (nach Hesych. 20 : 19 Jahre) 
nach Kalchedon gegrfadet (Euseb. Hieron. setzt 
die Griindung von Kalchedon auf 785/84, also 
27 Jahre vor B., nach Busolt a. a. O. ist ein 



34 [28], Aias39[30], Saron 71 [45], Polyeidos 14) 
werden durch die sonstigen Nachrichten iiber Me- 
gara nicht bestatigt und sind wohl blosse Ver- 
mutungen des Dionysios. Sonst zeigen die Reihen 
der in beiden Stadten verehrten Gottheiten eine 
gewisse Ubereinstimmung, aber fast nur in all- 
gemein griechischen Kulten; bemerkenswert ist 
der gemeinsame Kult der Artemis og&aiata (Herod. 
IV87. CIG 1064; vgl. Preller Gr. MythoU I 



Versehen des Eusebius anzunehmen). Ioann. Lyd. 60 309, 2) und (wahrscheinlich) des Apollon Karinos, 

de mag. Ill 70 p. 265 nennt 01. 38 = 628/25. ~ _...-*-. 

Zu Eusebius stimmen die Ansatze des Cassiodor 
chron. ed. Th. Mommsen (Abh. sachs. Ges. d. 
Wiss. 1861) 593 auf die Zeit des Tullus Hostilius, 
und des Nikephor. chron. 87, 22 de Boor auf 
die Zeit des Manasse, zu Ioann. Lyd. der des 
Kedren. I 197 Bonn, und des Iul. Poll. hist. phys. 
120 ed. Hardt auf die Zeit des Iosias. Wertlos 



s. u. S. 1 150, sowie der Titel hgofivifj-oiv (s. u.), 
endlich der byzantinische Monatsname maUforus; 
vgl. den Kult der ArjfiijxTjQ fiaXotpooog in Nisaia, 
Paus. I 44, 3. K. F. Hermann Philol. H 1847, 
262. Auf Munzen der beiden Stadte erscheint 
der Halbmond Head HN 231. 329 (aber auch 
sonst, z. B. bei Thespiai ebd. 300). Auch in Orts- 
namen ist keine Ubereinstimmung vorhanden. Das 



1129 



f 



Byzantion 



Byzantion 



1130 



angebliche promuntorium Mhmieum (Busolt vielleicht durch ZerstOrung der Briicke iiber den 
a a. 0. 12 473, 1) existiert nur in der lateinischen Bosporos, den Groll und Argwohn des Konigs er- 
Ubersetzung, Dion. Byz. 32 [26]; die Namen lis- regt haben; die Stadt wurde von Otanes, dem 
paixog Dion. Byz. 21 [171 (vgl. Steph. Byz. IIe S aia, Nachfolger des Megabazos unterworfen, Herod. IV 
SkWwUk ititQa,. Dion. Byz. 15 [11]) konnten 143f. V 26f. Strab. XHI591 (Ktes. frg. 17). Viel- 
ebenso gut, wie dies im letzteren Falle auch von leicht ist auch Herod. IV 87 (ZerstOrung der persi- 
Dionysios geschieht, auf Korinth zurtickgefuhrt schen Denksaulen) hierher zu beziehen (Duncker 
werden; iibrigens haben beide Namen appellativen IV 516ff., der die etwas von einander abweichen- 
Charakter. Eine zweite Besiedlung durch Megarer den Notizen zu vereinigen sucht; Schwen 13f.), 
wurde friiher (so noch Duncker a. a. 0. 1 409) 10 hierher auch Dion. Byz. 14 [10], wenn nicht eine 
mit Unrecht aus Ioann. Lyd. de mag. HI 70. Verwechslung mit der spateren Stadt vorliegt. Im 
Dion Byz 49 [33- die lateinische trbersetzung Verlauf des ionischen Aufatandes besetzten die 
war ungenau] geschlossen. lonier den Platz, Herod. V 103; an der Seeschlacht 
Dass den ursprfinglichen Ansiedlern tnoixoi von Lade war B. nicht beteiligt, Herod. VI 8; 
gegeniiberstanden, bezeugt Aristot. pol. 1303 a 33, Histiaios begab sich hieher, um die Schiffe aus 
ohne Zweifel handelt es sich hier um spater Zu- dem Pontos abzufangen, Herod. VI 5. 26. Nach der 
gewanderte; die Nachrichten uber Beteiligung Niederwerfung des ionischen Aufstandes flttchteten 
anderer Stadte an der Besiedhmg sind ausserst die Byzantier vor der Rache der Perser zusammen 
unsicher. VOllig wertlos in dieser Beziehung sind mit den Kalchedoniern und legten die Colonie 
die Angaben, die auf blosser Ausdeutung von 20 Mesambria am schwarzen Meer an; B. selbst wurde 
Ortsnamen am Bosporos beTuhen: Dion. Byz. 47 zerstort, Herod. VI S3. Eustath. z. Dion. Per. 803. 
[31] Hesych. 20 (Rhodos). Dion. Byz. 48 [32] Vielleicht war die Stadt Mesambria schon vorher 
(Thasos). Dion. Byz. 79 [511. Hesych. 32 (Ephe- gegriindet (bei der ersten Unterwerfung von B , 
sos) Dion. Byz. 81 [52] (Lykier). Ausdriicklich Duncker IV 519), aber weder Herod. IV 93 
werden argivische Ansiedler als die ersten bei noch Strab. VII 319. Skymn. 739—42 machen 
Hesych. 3. 32 genannt; mOglicherweise ist dies diese Annahme notwendig. Offenbar sahen die 
ein bloser Schluss aus der Verbindung der Griin- Perser in dem Platze bald eine wichtige Stutze 
dungslegende mit der argivischen Iosage (anders ihrer Herrschaft in dieser Gegend. Nach der 
Svoronos 'Ewnu. &ex- 1889, 75ff). Auch die Niederlage von Plataiai nahm Artabazos seinen 
Angabe des Dion. Byz. 15 [11] iiber die Betei- 30 Riickweg fiber B., Herod. IX 89. In J. 478 
ligung der Korinther an der Griindung lautet (v. Wilamowitz Aristot. u. Athen 1 145) wurde 
unbestimmt genug; eine Bestatigung dieser An- B. von Pausanias erobert, wobei eme Anzahl persi- 
gabe konnte in der Form des byzantinischen B (s. scher Adeliger, darunter AngehOnge der kOnig- 
u S 1150), sowie in der wahrscheMichen tber- lichen Familie, den Griechen in die Hande faelen, 
einstimmung eines byzantinischen Monatnamens Thuk. I 94. 128. Diod. XI 44, 3. Nep. Paus. 
(Machaneus) mit einem kerkyraeischen (BrOcker 2, 2. Die athenischen Schiffe standen unter An- 
•und K F>Hermann Philol. II 259. 267) gefun- steides undKimon; Kimon wird als kluger bchieds- 
den werden. Vereinzelt steht die Nachricht, dass richter bei der Verteilung der Beute genannt, 
Korinthier, Karystier und Mykenaeer sich bei der Plut. Arist. 23; Kim. 9 (aus Ion) Pplyaen 1 
Grundung beteiligt hatten, Genes, p. 27 Bonn. 40 34, 2. Duncker VIII 18. Busolt l II 340. Tiber 
Von Arkadern soil nach Dion. Byz. 19 [15] der das von Pausanias im V^oV am Bosporos gestit- 
Kult des Zeus awdaiog eingefiihrt worden sein. tete Weihgeschenk s. Duncker V1I1 ^71. in ri. 
Auf ein boiotisches Element weist Diod. XIV 12, 3 kniipfte Pausanias verratensche Verhandlungen nut 
(rovg dvoaatouhovg Boicozovg) , der Kult des Xerxes an, hier behauptete er sich gegen den 
Amphiaraos Dion. Byz. 63 [42] und seines an- Willen der Spartaner, nach Iustin. IX 1, 3 sieben 
geblichen Wagenlenkers Schoiniklos 34 [28], end- Jahre lang, also bis zum J. 471 oder 470 (gegen 
lich Konstant. them. H p. 46 Bonn.: MeyaQtw diese Zeitbestimmung richtig v. Wilamowitz a. 
y.al Aaxedavovia* *al Bomt&v iwv teotxta a.0. 1 145f.). Thuk. 1 128-131. Anekdoten liber 
x&v dgyawxaxtov 'ElXfrcov. die Tyrannei des Pausanias zu B.bei Plut. Kim 6 
Bis'zum Eintritt in den ersten athe-50=de ser. num. vmd. 10; Ansteid. 16. Paus. ill 
nischen Seebund. Die Stadt hatte wohl von 17,8. Aristodemos (?) bei Wescher Poliorcet. 
Anfang an Kampfe mit den benachbarten Thra- p. 357. Die Athener mussten lhn durch eine 
kern zu bestehen. wie denn auch die Grundungs- fOrmliche Belagerung vertreiben, vor deren Beendi- 
legende von solchen zu erzahlen weiss, Hesych. gung er, wie es scheint, aus der btadt enttam, 
17ft Dion. Byz. 8 [91. 16 [12]. 53 [35]. Die be- Thuk. I 131 ; auf diese Belagerung ist wohl An- 
stimmteren Nachrichten aus spaterer Zeit s. u. stoph. vesp. 236ff. (trotz Kirchhoff S-Ber. Akad 
S 1141 Ebensowenig wie die kleinasiatischen Berl. 1888, 1182, 1 — das Alter der Manner wird 
Stadte vermochte B. sich der Herrschaft der Per- absichtlich ubertrieben; vgl. v. 219f.)zu beziehen 
ser zu entziehen. Als Dareios auf dem Zug gegen (auch Aristeid. II 511 Dind. , = Bergk fL^« ILL 
die Skythen den Bosporos in der Nahe der Stadt 60 460?). Duncker VIU 142. Busolt II 379. 
iiberschritt — 513 v. Chr.? vgl. Busolt IP 523, J. Beloch Gr. Gesch. I 385. 
1 — (Herod. IV 85. 87. Polyb. IV 43, 2. Dion. Bis zur Belagerung durch Phihpp von 
Bvz 57 r371) waren unter seiner Flotte, die zur Makedonien. B. trat in den deliscnen Bund 
Dona* fuhr auch byzantinische Schiffe unter ein. Fur den raschen Aufechwung und die Brute 
dem Tyrannen Ariston, Herod. IV 138. Wah- der Stadt zeugt die H6he i^oQoc, der im J. 450 
rend der Unternehmung des Dareios muss B. wie 15 Talente betrug (CIA I 230); fur 447 sind Ruck- 
die fibrigen Griechenstadte am Bosporos und der stande verzeichnet (CIA I 233; vgl «oeckH 
Propontfi durch Abfall oder zweideutige Haltung, Staatsh.s H 406. 432), ftr 443 15 Tal. 4300 Dr. 



1131 



Byzantion 



Byzantion 



1132 



(CIA I 237), fur 441 15 Tal. 460 Dr. (CIA 44, 4. Diod. XIII 64, 2. Boeckh Staatsh.3 I 

??-)• *r „ 396 - Im J - 4 °9 brachen die Athener gegen Kal- 

Die VermutungDun ckers (Abhandl. z. griech. chedon und B. auf und belagerten unter Alkibia- 

Gesch. 160ff. ; Gesch. des Altert. IX 113ff.; vgl. des die Stadt, die Ton Klearch verteidigt wurde; 

Gilbert Gr. Staatsaltert. 1 I 333, 1), dass schon nach dem Weggang des Klearch eftheten einige 

bei Gelegenheit der pontischen Fahrt des Perikles Burger der von Hunger bedrangten Stadt — so- 

(ca. 443 v. Chr.) eine athenische Zollstatte bei B. gar die Spartaner erkannten nachher an, dass der 

eingenchtet worden sei, steht im Widerspruch mit Verrat durch die Not entschuldigt war (Pint ) — 

Polyb. IV44, 4 und ist mit Kirchhoff S.-Ber. den Athenern die Thore nach der Landseite hin; 
Akad.BerL 1888, 1179ff., dem Gilbert Gr.Staats- 10 es kam zu einem Kampf auf dem Marktplatz, 

altert. 2 I 392, 3 beigetreten ist, abzuweisen. Die wobei (Diod.) die Einwohner der peloponnesischen 

im Voftsbeschlii!! CIA I 40 = Dittenberger Besatzung Beistand ieisteten, bis Alkibiades den 

Syll. 32, 35 (vgl. Boeckh Staatsh.3 I 70. II 500, Byzantiern Schonung verkfinden liess, Xen. hell. 

35) den Methonaeern erteilte Erlaubnis, Getreide I 3, 2. 14ff. Diod. XIII 64, 3. 66, 4ff. 67. Pint 

bis zu einem bestimmten Mass ausB. auszufiihren, Alk. 31; hieher ist auch Polyaen. I 47, 2 (Front, 

bezieht A. Kirchhoff auf eine wahrend des pelo- strat. Ill 11, 3) zu beziehen, Grote Hist, of Gr 

ponnesischen Kriegs fiir notwendig erachtete Ge- (ed. 1884) VII 374ff. (ch. 63). Die athenische 

treidesperre. Aus unbekannter Ursache hat B. Verlustliste , bei der auch die vor und in B. [fa 

sich an dem samischen Aufstande beteiligt, Thuk. Bv^avxim) Gefallenen aufgeffihrt werden, s. CIA 
1 115, 5. 441/40 hatB. noch Tribut bezahlt (CIA 20 IV 2, 446a. A. Kirchhoff Herm. XVII 623ff. 

I 239, nach sicherer Erganzung); dagegen fehlt B. Die Einnahme erfolgte spatestens im Winter 409/8, 

auf der Liste fiir 440/39, CIA I 240 = Ditten- Xen. hell. I 4, 1. Vermutlich wurde jetzt die 

berger Syll. 15, die freilich bei dem Tribut vom Zollstatte nach B. verlegt, A. Kirchhoff S.-Ber. 

Chersonnes nicht ganz vollstandig ist; verrmitlich Akad. Berl. 1888, 1179. B. bezahlt jetzt wieder 

fand also der Abfall im J. 440 statt, Duncker Tribut, CIA I 258 = Dittenberger Syll. 21, 5 

Gesch. des Altert. 5 IX 208. 216. Von einem ernst- (vod den J. 408/6), 15 Tal. 100 Dr. Nach der 

lichen Kampf gegen B., von einer Unterstiitzung Schlacht bei Aigospotamoi (405) wurde B. von 

der Samier durch B. wird nichts berichtet; Thuk. Lysander besetzt; die athenische Besatzung wurde 

1 117, 3 erwahnt kurz den Wiedereintritt der auf Grund eines Vertrags entlassen; dieienigen, 
Stadt m den Unterthanenverband. Auf der Tribut- 30 die B. vorher an Alkibiades iiberliefert hatten, 

hste fur 438/37, CIA I 242, erscheint B. ohne Tri- flohen nach dem Pontes und wurden spater Burger 

butziffer; die Tnbutliste fiir 436/35 CIA I 244 in Athen, Xen. hell. II 2, 1 (vgl. 13, 19). Der 

= Dittenberger Syll. 17, 32 weist gegen 441/40 erste Harmost daselbst war Sthenelaos, ebd. II 2, 2. 

eine kleine ErhOhung — auf 18 Tal. 1800 Drach- Von inneren Streitigkeiten und Angriffen der Thra- 

m ? n i. - ir '11 Nl ° ht Un ^ erechtferti g t « Bedenken ker bedrangt erbaten sich die Byzantier einen 

erhebt Muller-S trlibing Thuk. Forschungen <n e ar nr 4g von Sparta; es wurde im J. 403 Kle- 

271f. gegen die genannten Stellen des Thukydi- arch dorthin gesandt, der aber in B. alsbald eine 

des, die er als Glossen beseitigen will; indessen Schreckensherrschaft aufrichtete, bis die Lakedai- 

ware die Entstehung dieser Glossen in keiner monier ihn offen angriffen, Diod. XIV 12- fiber- 
Weise zu erkliiren; es ist anzunehmen, dass es zu 40 einstimmend damit in der Hauptsache Polyaen. 

wirklichen Feindsehgkeiten nicht gekommen ist. II 2, 7 -(wahrend Xen. anab. I 1, 9. 3, 3. 116, 3 

a } m i P elo P onnesiscnen Krieg stand B. auf der von diesen wenig ruhmlichen Thaten des Klearch 

beite Athens, Thuk. n 9, 4. Xen. anab. VII 1, 27. schweigt); bewusste Ungenauigkeit bei Isokr. VIII 

Bei der allgememen ErhOhung der Tribute im 98. XII 104. V 97. Grote Hist, of Gr. VIII 310 

J. 425/24 wurde der von B. auf 21 Tal. 3420 Dr. (ch. 69). Bei der Riickkehr der Zehntausend im 

angesetzt CIA I 259 ; ein Geschwader wurde da- J. 400 finden wir als Harmosten von B. den Klean- 

mals an die thrakische Kiiste gesandt, vielleicht dros, Xen. anab. VI 4, 18. 6, 1. 5ff. Die Zehn- 

um einen befurchteten Abfall der dortigen Stadte tausend gelangten nach Chrysopolis (ebd. VI 6. 38) 

zu .verhuidern Thuk. IV 75, 1. Zu dem J. 416 und von da nach B., VII 1, 7. Das hinterlistige 
berichtet Diod XII 82, 2 von einem gemeinschaft- 50 Verhalten des in B. befindlichen spartanischen 

hch mit Kalchedon unternommenen, mit grosser Nauarchen Anaxibios brachte die Stadt in die 

Harte ausgefuhrten Feldzug der Byzantier gegen Gefahr der Plfinderung durch die Kyreer, die sich 

Bithynien. Nach dem ungliicklichen Ausgang der hier unter Xenophons Fuhrung festsetzen wollten; 

sicihscnen Expedition wurde B. ein Gegenstand durch eine Bede gelang es dem Xenophon, die 

hartnackiger Kampfe zwischen beiden Parteien. aufgeregten Soldaten zu besehwichtigen , VII 1 

M verhandelte mit Sparta und fiel im Sommer (Chion epist. 3 ohne selbstandigen Wert). Auch 

411 von Athen ab, Thuk. VTH 80, 3 (Diod. XHI damals waren die Byzantier unter sich uneins, 

34, 2 setzt den Abfall von B. zusammen mit dem ebd. VTI 2, 39. Nachfolger des Kleandros wurde 

der andern Bundesgenossen auf das J. 412). Die Aristarchos, der auf die Weisung des Anaxibios 
Besatzung wurde im J. 410 durch Klearch, der 60 400 in B. zurtckgebliebene Kvreer in die Sclaverei 

Proxenos von B. war, im Auftrag des KOnigs verkaufte, VII 2, 5. 6. Vorteilhaft musste fiir B. 

Agis verstarkt, urn die Getreidezufuhr nach Athen der von Seuthes mit den Kyreern gegen die Thra- 

yollig zu sperren, Xen. hell. I 1, 35; vgl. Brei- ker bei Salmydessos unternommene Kriegszug seiri, 

tenbach z. d. St. Nach der Schlacht bei Ky- ebd. VII 5. Diod. XIV 37. Nach der Schlacht 

zitos wurde im J. 410 von Alkibiades der Sund- bei Knidos (394) und zwar wahrscheinlich im 

zoll — von den Schiffen aus dem Pontes wurde J. 390 (G. Busolt Jahrb. f. Philol. Suppl. VII 

der Zennte gefordert — zu Chrysopolis gegenfiber 673. Volquardsen Untersuch. fiber die Quellen 

B. eingenchtet, Xen. hell. I 1, 22. Polyb. IV Diodors 45. Breitenbach Ausg. v. Xen. hell. 



1133 



Byzantion 



Byzantion 



1134 



II Einl. LXXXV) machte Thrasybul der sparta- 
nischen Herrschaft und der Oligarchie in B. ein 
Ende. Der Sundzoll wurde wieder eingerichtet 
und an B. verpachtet, Xen. hell. IV 8, 27. Demosth. 
XX 60. Swoboda Athen. Mitt. VII 188. Arche- 
"bios und Herakleides, die B. an Thrasybul iiber- 
gaben, wurden spater verbannt, zu Athen aber 
mit grossen Ehren aufgenommen , Demosth. XX 
60—63. Die entsprechenden Ehren werden auf 



Friedens vgl. U. Kohler Athen. Mitt. VI 21ff. 
Beloch a. a. 0. 365ff. Die Bedingungen des Frie- 
dens Bind nicht bekannt — angedeutet bei Demosth. 
XV 26 — , jedenfalls bedeuteten sie die AblOsung der 
aufstandischen Stadte vom Bunde, Busolt Jahrb. 
f. Philol. Suppl. VII 858. Gilbert Griech. Staats- 
altertfimerB I 489ff. B. benfitzte den glucklichen 
Ausgang des Kriegs, um seine Macht fiber Kal- 
chedon und Selybria auszudehnen, gegen die Ver- 



einer athenischen, von P. Foucart Bull. hell. 10 trage ; die Verfassung Kalchedons wurde nach dem 

XII (1888) 164ff. veroffentlichten Inschrift (vom ^~-^ : ' J — ~° -- 3 — i—n-v™ «h — „™„». 

J. 387/6) einem Herakleides zuerkannt, der sich 

auch bei den Verhandlungen des antalkidischen 

Friedens um Athen verdient gemacht hat; dass 

dieser Herakleides mit dem Byzantier identisch 

sei, nimmt Foucart mit grosser Wahrscheinlich- 

keit an. Thrasybul solL als er angeklagt wurde, 

einen Versuch gemacht haben, sich in B. festzu- 

setzen, Lys. XXVHI 5. Ob ein fOrmliches Bund 



Vorbild von B. in demokratischem Sinne umge- 
staltet, Demosth. XV 26. Theop. frg. 65. FHG 
I 287 a (Athen. XII 526 e). Den Rhodiern kam 
B. gegen Mausollos nicht zu Hulfe, Demosth. XV 3. 
Zum phokischen Krieg hat B. den Boiotern zwei- 
mal eine Beisteuer geleistet, Dittenberger Syll. 
95, 10. 20 = Larfeld Syll. inscr. Boeot. 309, 9. 
20. Im Streit mit Kersobleptes von Thrakien be- 
griffen schloss B. einen Vertrag mit Philipp, wohl 



zwischen Athen und B. geschiossen worden 20 bei dessen Zug nach Thrakien, SchoL Aisch. II 86 



ist, ist zweifelhaft. Dem Sundzoll machte wohl 
der antalkidische Friede ein Ende; nach Isokr. 
XIV 28 blieb aber B. auch nach diesem Frieden 
auf der Seite Athens. Noch vor der Neugrun- 
dung des zweiten athenischen Seebundes (378/77) 
ist von Athen mit B. , wie mit Chios u. a. ein 
Separatvertrag abgeschlossen worden, CIA II 19 
= Dittenberger Syll. 62 a 4; b 2. 11; vgl. CIA 
II 17, 83 = Dittenberger Syll._ 63, 83. Bu- 



(Demosth. IX 34. XI 3. XVIII 87. 93). Von 
einer Beteiligung der Stadt an dem Kriege gegen 
Athen wird nichts erzahlt, aber die Athener muss- 
ten zulassen, dass B. die durchfahrenden Schiffe 
wieder zum Einlaufen zwang (xat&yeiv), Demosth. 
V 25. Trotzdem aber Philipp den den Griechen- 
stadten feindlichen Kersobleptes im J. 343 be- 
kriegte (Diod. XVT 71), bekam die Freundschaft 
der Byzantier mit Philipp bald einen Riss; als 



olt Jahrb. f. Philol. Suppl. VII 641; griech. 30 Grund giebt Demosth. XVIII 87 die Weigerung 



Staatsaltertiimer a 330. Festen Bestand hatte 
auch dieser Bund nicht; bei seinem Versuche, 
die Seeherrschaft ffir Boiotien zu erwerben, wandte 
sich Epaminondas mit Erfolg auch an B. (364 oder 
363), Diod. XV 79, 1. Isokr. V 53. Nach der 
abgerissenen Notiz bei Nep. Timoth. 1 ware an 
eine Wiederunterwerfung — Timotheos war da- 
mals Strateg in Thrakien, SchoL Aisch. II 34. 
Demosth. XXLTI 149f. Beloch Attische Politik 



der Byzantier an, auf Grund ihres Btodnisses mit 
Philipp Krieg gegen Athen zu ftthren, was kaum 
denkbar ist, s. dagegen A. SchafeT a. a. O. II 2 
497, 2, der an Verletzung byzantinischen Gebiets 
von seiten des Philipp denkt. Philipp erkannte 
die Bedeutung der Stadt und wollte sich mit Ge- 
walt ihrer bemachtigen. In der Rede fiber die 
Angelegenheiten im Chersonnes (Anfang des J. 341 , 
A. S chafer 112 467) erwartete Demosthenes die 



318 — zu denken. Im J. 362 und aufs neue 361 40Belagerung von B. fiir die Zeit der Etesien (VIII 



belastigten die Byzantier die Geteidezufuhr nach 
Athen, indem sie die Getreideschiffe zwangen, in 
ihren Hafen einzulaufen und ihre Ladung hier 
auszuschiffen ; fiber den Begriff des xataysiv vgl. 
Aristot. oec. II 3 1346 b 29. Boeckh Staatsh.3 
I 697. Das im J. 362 auf Aristophons Antrag 
ausgeriistete Geschwader hatte u. a. auch die 
Aufgabe, diesem Notstande abzuhelfen. Im Herbst 
361 wurde die pontische Getreideflotte vom Hieron 



14. 66); zur Zeit der dritten philippischen Rede 
(Mai 341, A. Schafer 112 468; aber die Chrono- 
logie vgl. auch Boeckh Staatsh.3 I 666ff.) ruckte 
Philipp gegen B., Demosth. IX 34. (20). Demo- 
sthenes brachte ein Biindnis zwischen Athen und 
B. zu stande, Demosth. XVHI 88ff. (238). 240f. 
302. Plut. Dem. 17, im Sommer 341 (A. Schafer 
JJ 482). Philipp wandte sich 341/40 zunachst 
gegen Perinth, das von B. unterstutzt wurde, Diod. 



her durch athenische Schiffe beschutzt, Demosth. 50 XVI 74, 5. 76, 3. Nachdem die Bertfirmung 



L 6. 17. A. Schafer DemosthenesZ I 121; Beil. 
149. Busolt Jahrb. f. Philol. Suppl. VII 801ff. 
Wie lange B. auf Seiten Thebens geblieben ist, 
ist nicht fiberliefert (fiber die Schlacht von Man- 
tineia hinaus? Beloch a. a. O. 159). Jedenfalls 
muss B. wieder in ein freundschaftlicb.es Verhalt- 
nis zu Athen getreten sein ; im J. 357 aber schlos- 
sen sich die Byzantier dem von Mausollos veran- 
lassten Abfall von Rhodos, Kos und Chios an, 



Perinths im J. 340 missgluckt war, griff Philipp 
B. an, dessen Kriegsmacht noch in Perinth sich be- 
fand, Diod. XVI 76. An eine Verteidigung des offe- 
nen Landes war nicht zu denken. Front, str. 1 3, 4. 
Eine Geschichte der Belagerung in sieben Buchern 
schrieb der Byzantier Leon (Suidas s. v.); ein 
kurzer Bericht bei Iustin. IX 1 (Oros. HI 13). 
Eine ausffihrliche Darstellung giebt A. Schafer 
112 507ff. Die Belagerung blieb lange im Ge- 



kamen Chios zu Hulfe, verwusteten mit den andern 60 dachtnis und gab daher Anlass zur Legendenbil 



Lemnos, Imbros, Samos; ein byzantinisches Ge 
sehwader scheint damals die Athener bedroht zu 
haben, CIA II 69 = Dittenberger Syli. 91, 12. 
Die Stadt wurde von den Athenern belagert ohne 
Erfolg* (Diod.), eine Nachricht, die A. Schafer 
Demosthenes * I 170, 1 in Zweifel zieht, Demosth. 
XV 3. Diod. XVI 7, 3. 21. 22, 2. Nep. Timoth. 
3 (Isokr. XV 64. VHI 16). Cber die Zeit des 



dung ; unzuverlassig erscheinen die Angaben He- 
sychs, der z. B. den Chares zum Strategen der 
Byzantier macht; auch bei Dionysios von Byzanz 
lasst sich der Verdacht aetiologischer Legenden- 
bildung nicht abweisen. So konnte die Erzah- 
lung von der Schlacht bei Oegfirj/^sgia, Dion. Byz. 
65 [43], aus dem Namen, die von der hiilfreichen 
Lichterscheinung, Hesych. 27. Steph. Byz. s. Boa- 



1135 



Byzantion 



jioQog. Constant. Porph. them. II p. 64 Bonn, (ab- 
gebrochen). Eustath. z. Dion. Per. 142, aus dem 
mit dem Ereignis in Zusammenhang gebrachten 
Knit der 'Exatrj (pcooyoQo; — sogar der Bosporos 
soil danach genannt sein — herzuleiten sein. Auch 
die Distichen auf dem angeblichen Grabmal einer 
Gemahlin oder Geliebten des Chares, die damals 
gestorben sein soil (Munzen ? Svoronos 'Ewtiu. 
oqz- 1889, 80), bei Hesych. 29f. Eustath. z. Dion. 
Per. 140. Anth. Pal. VII 169. Dion. Byz. 110 
[66]; vgl. p. 36. 55 Wesch., und Heyne Antiqu. 
Byz. (Comment, soc. Gott. I 67), sind vielleicht 
nicht authentisch. B. erhielt Untersttitzung von 
Athen, das jetzt den Krieg an Philipp erkliirte, 
von Chios, Kos, Ehodos ,und einigen andern Grie- 
chen', Diod. XVI 77, 2. CIA II 117 = Ditten- 
berger Syll. 108b (Tenedos). CIA II 118 (Chios?). 
Commandant der ersten athenischen Hiilfesendung 
war Chares, der sich jedoch kein Vertrauen zu 
erwerben verstand, Hesych. 28. Plut Phok 14 
Porphyr. frg. 1, FHG III 692 a, an der Spitze 
des zweiten Geschwaders standen Phokion und 
Kephisophon; auf die Pursprache des byzantini- 
schen Feldherrn Leon, der ihn persSnlich kannte 
(derselbe ist nicht identisch mit dem genann- 
ten Schxiftsteller), wurde Phokion in die Mauern 
der Stadt selbst aufgenommen, Pint. Phok. 14 
(Apophth. Phok. 8). Nep. Phoc. 2. CIA II 808 c 
98 == 809 d 240. Demosthenes betrieb persOnlich 
die Hiilfeleistung und stiftete eine Triere; unter 
den Trierarchen war auch Hypereides, CIA a. a O 
Boeckh Seeurk. 189. Plut. vit. X or. 848E. 851 A 
Demosth. XVni 80ff. Der Fiihrer der Byzan- 
tier selbst war Leon, Plut. Phok. 14, ein Freund 
des Phokion und ScMler des Platon (dort zahlreiche 
Anekdoten uber ihn); wenn er mit dem Phyl 
frg. 10. Athen. X 442 c = Aelian. v. h. Ill 14 
Eustath. II. 1242, 40, FHG I 336 b genannten 
Leonides identisch ist, so bemuhte er sich zuerst 
die Disciplin unter den Byzantiern herzustellen 
(doch s. u. S. 1137). Ein Apelles von B., der da- 
mals um die Athener sich bemuhte, wurde zum 
Proxenos ernannt, CIA II 119. Uber die von 
Philipp ergriffenen Massregeln — die ftrjzavrjftaza 
des Polyeidos machten Epoche in der Belagerungs- 
kunst — s. Demosth. XVIII 87. Hesvch. 26. Po- 
liorc^t. ed. Wescher 10. Philoch. frg. 135, FHG 
I 406 b. An sich unverdachtig sind auch die An- 
gaben des Dionysios von Byzanz , dass Philipp, 
um die Zufuhr zu erleichtern, eine Briicke uber 
das goldene Horn geschlagen und vermittelst ver- 
senkter Steinmassen sie gesichert habe, ferner 
dass er einen Tempel des Pluton vor der Stadt, 
um Baumaterial zu gewinnen, abtragen liess, 27 
[23]. 14 [10]. Die Belagerung misslang; das Ende 
der Belagerung ist wahrscheinlich auf Fruhjahr 
339 anzusetzen, A. S chafer H* 522. Uber den 
Dank der Byzantier gegen Athen s. Demosth. 
XVLTI 89; das Ehrendecret ist spateres Mach- 
werk, Ahrens De dial. Dor. 21. Uber einen 
fOrmlichen Friedensschluss zwischen Philipp und 
B. ist nichts uberliefert (nngenau und aUgemein 
Diod. XVI 77, 3); dass die Byzantier den Krieg 
activ fortgesetzt hatten, darf aus Demosth. XVLTI 
230 nicht geschlossen werden (gegen A. Schafer 
LT2 531,1). Leon wurde nachher von Philipp bei 
den Byzantiern verleumdet und gab sich selbst 
den Tod, Suid. s. Aicov. Plut. Nik. 22. Danach 



Byzantion 



1136 



nimmt J. G. Droysen Hellenism.* I 119, 1 den 
Abschluss eines fOrmlichen Vertrags zwischen B. 
und Philipp an. Zur Zeit des Philipp— wie v. Gut- 
schmid Kl. Schr. Ill 441 annimmt, unmittelbar 
vor der Belagerung— hat B. einen Streit mit dem 
SkythenkOnig Ateas gehabt, Aristokr. fre. 4 FHG 
IV 336. 

Bis zur ersten Beruhrung mit den Bo- 
mern. B. ist auch unter Alexander ein auto- 
lOnomer Staat geblieben; es behielt- seine eigene 
Miinzpr&gung, Droysen M.-Ber. Akad. Berl. 1877, 
25. Bei seinem Donaufeldzuge wurde Alexander 
von B. durch ein Geschwader, das in die Donau 
einlief, unterstfitzt, Arrian. an. I 3, 3. Die Grim- 
dung des azQatTjyiov fiihrt Malal. 292 Bonn., wohl 
nicht mit Kecht, auf Alexander zuruck. Die Dia- 
dochenkampfe scheinen B. hn ganzen wenig be- 
lastigt zu haben. Bei dem Krieg des Polysper- 
chon gegen Antigonos stand B. auf Seite des 
201etzteren; zwei Seeschlachten wurden in diesem 
Kampfe vor B. geschlagen, Diod. XVLTI 72 (zum 
J. 318). J. G. Droysen Hellenism.2LI 231. Niese 
gr. u. mak. St. I 246; nachher dagegen hlieb es 
zwischen Antigonos und dessen Gegnern Kassan- 
der und Lysimachos neutral, Diod. XIX 77, 7 
(zum J. 313). J. G. Droysen a. a. O. II 2, 34. 
N i e s e a. a. 0. 1 290. Auf Hinneigiing zu Antigonos 
und Demetrios weist CIA II 251; dasselbe Wohl- 
wollen gegen diese Familie zeigt sich auch Doch 
SOspater; die Byzantier stellten nach dem J". 282, 
wohl erst nach 277/76 Bildnisse des Antigonos 
Gonatas und seines Vaters Demetrios zu Olympia 
auf, Paus. VI 15, 7. Dittenberger Syll'. 161. 
v. Wilamowitz Philol. Unters. IV 260f. Der 
KOnig Eumelos vom kimmerischen Bosporos be- 
muhte sich um die Freundschaft von B., Diod. 
XX 25, 1 zum J. 310. Durch Lysimachos scheint 
B. bedroht aber nicht unterworfen worden zu sein, 
Plut. de Alex. virt. II 5. Nach der Schlacht von 
40 Kompedion (281) schloss Heraklea mit B. einen 
Bund, um sich vor Seleukos zu schfitzen, Memn. 
Her. 11 (FHG III 533 a). 

Schwer hatte B, unter dem Einfall der Kelten 
zu leiden (seit dem J. 278, J. G. Droysen II 2, 
351, 2). Eine Keltenschar verheerte das Land 
und legte der Stadt einen Tribut auf, zuletzt 
80 Talente. Der Tribut musste bezahlt werden 
(wahrscheinlich an die in Europa gebliebenen 
Kelten, Holm Gr. Gesch. IV 119f.) bis auf 
50 die Zeit des Keltenfiirsten Kauaros, der Zeitge- 
nosse des Kriegs zwischen Ehodos und B. war 
(s. u.), also auch nachdem die Kelten zum Teil 
im Yertrag mit KOnig Nikomedes von Bithy- 
nien nach Asien ubergesetzt waren (278 oder 277 
J. G. Droysen III 1, 191. 194). In den Ver- 
trag waren auch die Verbundeten des Nikomedes, 
darunter B. und Heraklea, einbezogen. Ein De- 
metrios von B. beschrieb in 13 B. xyr ra).ax&v 
Stdfiamv tf EvQcoxtjg el; 'Aaiav, Diog. Laert. V 
60 83, FHG E 624. Die Byzantier erbaten sich in 
ihrer Geldverlegenheit tJnterstiitzung von den 
andem Griechen, aber nur wenige leisteten Hulfe, 
so Heraklea. Wahrscheinlich wurden in dieser 
Zeit die ausserordentlichen Finanzmassregeln er- 
griffen, von denen Ps.-Arist. oec. II 2, 3 (1346 b) 
berichtet ; auch ein Sundzoll wurde erhoben, was zum 
Konflikt mit Ehodos fiihrte, Polyb. IV 46f. Memn 
Her. 19. Liv. XXXVIII 16, 3. Pausan. X 23, 14. 



1137 



Byzantion 



Byzantion 



1138 



Die Byzantier waren auch unter den von Niko- 
medes eingesetzten Vormundern seiner Kinder, 
Memn. Her. 22. Ein von B. damals gegen Ka- 
latia und Istria um Tomi gefiihrter Krieg endete 
mit der dauernden Schwachung Kalatias, Memn. 21. 
Mit Heraklea war B. auch gegen Antiochos II. 
von Syrien verbundet. Dieser scheint in der Zeit 
262 — 58 eine Belagerung von B. unternommen 
zu haben, Memn. Her. 23; hierauf bezieht J. G, 



Philipp ; bei dem Friedensschluss (197) wurde die 
Zurflckgabe Perinths an B. (efe tfjv BvSavriwr 
ovfutohxefav) ausdriicklich verlangt, Polyb. XVIII 
(XVII) 2, 4 (daraus Liv. XXXIII 30). 

Philipp von Makedonien bewarb sich um die 
Gunst der Stadt, indem er sie gegen die Thraker 
unterstutzte , hauptsachlich woBte er jedoch da- 
durch die thrakischen Fursten einschiichtern, Polyb. 
XXII 18, 12. Liv. XXXIX 35, 4; dasselbe be- 



Droysen III 1, 315 das oben (S. 1135) erwahnte lOrichten Appian. Mak. XI 1. 5.' Liv. YLTT 13, 8 



Fragment des Phylarch; indessen kann die Anet 
dote, die Phylarch im Zusammenhang des sechsten 
Buchs anfuhrt, ebenso gut auf die fruhere Ge- 
schichte von B. sich bezogen haben. Wohl fur 
diesen Krieg wurde den Byzantiern von Ptole- 
maios Philadelphos, dem Gegner des Antiochos I. 
und II., eine Untersttitzung gewahrt; sie erhielten 
Land in Asien, Getreide, Geld, Waffen; dafur 
wurde ihm ein Tempel beim Palinormikon er- 



(40, 6. 42, 4) von Perseus. Es liegt darin fur 
B, keineswegs ein Abfall von der rfinnschen Sache. 
In dem Krieg gegen Antiochos von Syrien (191 
— 190) und ebenso in dem Krieg gegen Perseus 
(der letztere schickte zu Anfang des Kriegs Ge- 
sandte nach B. , Liv. XLII 46, 1; eine Partei- 
nahme fur ihn kann nicht daraus geschlossen wer- 
den, dass B. unter den bei Liv. XLLTI 6 aufgefuhr- 
ten Stadten genannt ist) stand B. auf Seite der 



richtet, Dion. Byz. 41 [30]. Von einem (sonst 20 EOmer, Tac. ann. XII 62. Dem Andriskos 



nicht genannten) Kallimedes, Feldherrn des Se- 
leukos II., erkauften sich die Byzantier den Fort- 
besitz des Hieron am Eingange des Bosporos, 
Dion. Byz. 92 [59]. Polyb. IV 50, 3. 

Die Erhebung des Sundzolls durch die Byzan- 
tier gab den Anlass zu dem Kriege, den Ehodos 
gegen B. begann (220/19 , Polyb. IV 37, 8 vgl. 
Ill 16, 7).' Bundesgenosse der Khodier war Pru- 
sias von Bithynien, der auf B. wegen dessen Freund- 



den (im J. 149) von B. Ehren erwiesen; die Stadt 
hatte nachher dafur zu bussen, Diod. XXXII 15, 6. 
Damals zuerst wurde nach Tac. a. a. O. ein form- 
liches Biindnis zwischen B. und Eom geschlossen. 
Uber das staatsTechtliche Verhaltnis zu Rom s. 
unten S. 1144f. Im Krieg gegen Andronikos, 
im ersten und dritten mithridatischen und im 
Seerauberkriege erfullte die Stadt ihre Pfiichten 
gegen die Romer, Tac. a. a. O. Zu Anfang des 



schaft mit Attalos I. von Pergamos erzflrnt war 30 ersten mithridatischen Kriegs (88) stand eine rO- 



(Polyb. IV 49, 3) ; Bundesgenossen der Byzantier 
waren Achaios (uber diesen Polyb. P7 48), At- 
talos I., ein Oheim des Prusias Tiboites, der sich 
in Makedonien aufhielt. Aber der letztere starb, 
Achaios wurde von den Rhodiern gewonnen, Pru- 
sias setzte im Bunde mit den Thrakern der Stadt 
hart zu, er_ nahm ihnen das Hieron und ihren 
Landbesitz in Mysien; so wurde unter Vermitt 
lung des KeltenkOnigs Kauaros ein Frieden ge- 



mische Flotte bei B., um den Eingang in den 
Bosporos zu sperren, Appian. Mithr. 17; im Ver- 
lauf des Kriegs hatte die Stadt unter Flaccus 
und Fimbria zu leiden (im J. 86), Dio frg. 104, 
1—4 (Memn. 34). Nach seiner Niederlage bei 
Kyzikos (im J. 73) suchte Mithridates mit seiner 
Flotte B. zu erreichen, erlitt aber Schiffbruch und 
wandte sich zuruck nach Sinope, Oros. VI 2, 24. 
Eutr. VI 6, 3; von der Mitleidenschaft, in die B. 



sehlossen, nach dem die Byzantier auf den Sund- 40 durch diesen Krieg — wohl hauptsachlich durch 



zoll verzichteten , dagegen von Prusias alles Er- 
oberte zuriickerhielten, Polyb. IV 47—52. Holm 
Gr. Gesch. IV 351. Vielleicht ist auf diesen Krieg 
der Ortsname 'Po8la>v tisqIjIoXoi, Dion. Byz. 47 [31], 
zu beziehen; vgl. C. Miiller Philol. XXXVII 74. 
Bis zur Zerstorung durch Septimius 
Severus (196 n. Chr.). Auch seit der Beruhrung 
mit den Romern behauptete B. eine geachtete 
Stellung ; unter den griechischen Seestadten stand 



die Belagerung von Kalchedon im J. 74 — ge- 
zogen worden ist, spricht auch Cic. d. prov. cons. 6. 
In der Folgezeit hftren wir wieder von inneren 
Wirren: ein Teil der Einwohnerschaft wurde ver- 
trieben, die Vertriebenen erkauften die Hulfe des 
Volkstribunen Clodius und auf seinen Antrag wurde 
Cato (im J. 58) beauftragt die Verbannten zu- 
ruckzufuhren, ein Auftrag, dessen sich Cato auch 
entledigte; ubrigens blieben — so versteht Dru- 



B. wohl nur hinter Ehodos an Bedeutung zuruck 50 man n, ohne zwingenden Grund, Cic. ad Qu. fr. 

(MommsenESm. Gesch. ' 1 691). In dem rSmisch- ~ "" ~ " " " 

aitolischen Krieg gegen Makedonien erscheint B. 
mit enter den Machten, welche den Frieden (im 
J. 205) zwischen den Aitolern und Makedoniern 
vermittelten, Polyb. XI 4, 1. Als Philipp V. von 
Makedonien im J. 201 im Bunde mit Antiochos 
von Syrien die agyptisehen Besitzungen in Klein- 
asien zu erobern unternahm, die griechischen 
Stadte dieser Gegend unterwarf und auch Perinth, 



II 9, 2 — die Byzantier dem Clodius die ver- 
sprochenen Summen schnldig. Cic. pro dom. 52; 
pro Sest. 56. Plut. Cat. min. 34. 36; Cic. 34. 
Drumann Gesch. Boms II 263. 266. 272. V 166. 
Unter dem Proconsulat des Piso in Makedonien 
(in den J. 57 und 56) war die Stadt den schweren 
Plunderungen und Gewaltthatigkeiten dieses Man- 
nes preisgegeben , Cic. de prov. cons. 5—7; in 
Pis. 86. Drumann a. a. O. II 67ff. Uber die 



das damals in einem Clientelverhaltnis zu B. 60 sonstigen Beziehungen des Cicero zu B. — Cicero 



stand, besetzte, schloss sich B. der Kriegserkla 
rung von Rhodos und KOnig Attalos gegen Phi- 
lipp an; die byzantinische Flotte hatte teil an 
dem Seesiege von Chios, Polyb. XVI 2, 10. Da- 
mals is£ eine byzantinische Flotte in den Pei- 
raieus eingelaufen, CIA II 414 = Dittenberger 
Syll. 197. So waren die Byzantier naturliche 
Bundesgenossen der EOmer in zweiten Krieg mit 



erwartete, vielleicht wegen seines Auftretens ge- 
gen Piso , zifias y.al ytjqploijaza von B. — ist 
nichts Naheres bekannt, Plut. Cic. 24 fin. Cic. ad 
Att. XIV 8, 1. Unter den Scbiffen, die Pompeius 
gegen Caesar zusammenbrachte, waren auch solche 
von B., Cic. ad Att. IX 9, 2. 

Auch in der Kaiserzeit wurde B. Ofters als Uber- 
gangsstelle fur die rSmischen Heere benfltzt, Tac. 



1139 



Byzantion 



Byzantion 



1140 



ann. XII 62 ; hist. II 83. Ill 47 (Mucianus, Herbst 
69 n. Chr.). Hist. Aug. Aurel. 13, 1 (Valerian, 258 
n. Chr.). 22, 3 (Aurelian, 271?). Zur Zeit des 
Augustus scheint nach einigen Munzen von B., die 
die Haupter des Augustus und des ThrakerkCnigs 
Kotys — liber seine Regierungszeit s. Th. Momm- 
sen Ephem. epigr. II p. 254 — zeigen, ein freund- 
schaftliches (Clientel?) Verhaltnis zu letzterem be- 
standen zu haben, Eckhel D. N. II 59. Im J. 18 



zum Schaden des Reiches selbst, Cass. Dio LXXIV 
6—14 (= Zonar. XII 8. XIII 3). Herod. Ill 
1,5. 2,1. 6, 9. Hist. Aug. Sever. 8, 12. He- 
sych. 36 (unhistorische Erweiterung bei Kodin. 
p. 13 Bonn.). Syukell. I 670 Bonn. G. P. Hertz - 
berg Griechenland unter den ROmern II 416ff. 
H. Schiller Rom. Kaisergeschichte I 709 ff. 
J. Marquardt Rom. Staatsverw. 12 17, 3. K. 
Fuchs Geschichte des Kaisers L. Septimius 



n. Chr. beehrte Germanieus die Stadt mit seinem 10 Severus (Untersuch. aus der alten Geschichte V) 



Besuche, Tac. ann. II 54. Bei den Truppeniiber- 
gangen naeh Asien, sowie bei den Kriegen in 
Thrakien und am kimmerischen Bosporos wurde 
die Leistungsfahigkeit der Stadt stark in Ansprueh 
genommen; sie erreichte bei Claudius im J. 53 
einen Nachlass des Tributs auf fiinf Jahre, Tac. 
ann. XII 62f. (vgl. XII 15). Traian verfugte mit 
Rucksicht auf die Menge des in B. zusammen 
strbmenden Voltes die Entsendung eines Legionar 



40ff., iiber die Cbjonologie A. Wirth Quae- 
Btiones Severianae, Bonn Diss. 1888, 28f. Be- 
zeichnend fiir den Eindruck, den die Erobe- 
rung und Bestrafung von B. in Griechenland 
machte, ist die Erzahlung bei Philostr. v. soph. 
II 27, 2. 

Bis zur Verlegung der Residenz nach 
Byzanz. Severus hat, wie es scheint, selbst die 
allzustrenge Behandlung der Stadt bereut, an- 



centurionen dorthin , ep. Plin. et Trai. 77f. Das 20 geblich auf Fiirsprache des jungen Caracalla die 



Finanzwesen wurde durch Plinius d. J. wahrend 
seiner Statthalterschaft in Bithynien revidiert; die 
jahrlichen Ausgaben von 12000 HS fiir die Be- 
gluckwiinschung des Kaisers und 3000 HS fiir 
die Begriissung des Legaten von Moesien wurden 
mit Zustimmung Traians gestrichen, ebd. 43. 44. 
Hadrian soil eine Wasserleitung in B. gebaut 
haben, Chron. pasch. I 619 Bonn. ; falls die Nach- 
richt richtig ist, kennte damit die von Philostr. v. 



Rechte der Stadt wiederhergestellt und neue Bau- 
ten zum Schmuck der Stadt begonnen — wie 
K. Puchs a. a. 0. 89 vermutet, bei seiner An- 
wesenbeit im J. 202 — ; so baute er eine azod, 
die sog. Thermen des Zeuxippos, ein xvrr/yiov 
(Amphitheater oder Theater mit Einrichtungen 
zu Tierkampfen? vgl. Friedlander ROm. Sit- 
tengesch.5 II 379. 555), begann den Bau des 
tjurixov und stellte den Apollontempel auf der 



soph. I 24, 3 erwahnte Gesandtschaft an Hadrian 30 Burg und das orgarriyiov wieder her, Hist. Aug. 



zusammenhangen 

Der Wohlstand der Stadt stand am Ende des 
2. Jhdts. n. Chr. ,infolge des Pischfangs, der Zolle 
und der Pruchtbarkeit des Landes' (Herodian. Ill 
1, 5) in hoherBlute; die Befestigung war in vor- 
ziiglichem Stand, Kriegsmaschinen waren in Menge 
auf den Mauern, Paus. IV 31, 5. Cass. Dio LXXIV 
10. 11 (14). Herod. Ill 1, 6 (s. u. S. 1120); fur 
die Festigkeit der Stadt ist auch die Legende 



Carac. 1, 7. Hesych. 37. Zosim. I 8. II 30. Chron. 
paseh, I 495 Bonn., vgl. II 342. Malal. 291. 
Synkell. I 670. Kedr. I 442. Suid. s. SefaQos. 
Bruchstuck einer Ehreninschrift fiir Septimius 
Severus 6 Iv Kmvozavxtvoiz. ekhr\v. avi.1. X^VI 
1885 nag. p. 6 nr. 5; daselbst heisst Severus 
noch nicht TiaQftixog (fieytozog) — so seit 198/99. 
Schiller I 720 — ; danach ist vielleicht an- 
zunehmen, dass bald nach der Zerstorung der 



bezeichnend, dass die Athener einst ihre Schatze 40 Stadt bei dem Zug des Severus nach dem 



dort aufbewahrt hatten, Eustath. z. Dion. Per. 
803. Verhangnisvoll aber wurde jetzt fiir die 
Stadt ihre Parteinahme fiir Pescennius Niger in 
seinem Kampfe gegen Septimius Severus. Septi- 
mius hielt sich zuerst nicht mit der Belagerung 
auf, sondern verfolgte den Niger nach Klein- 
asien. Fuhrer des Belagerungsheeres wurde L. Ma- 
rius Maximus, CIL VI 1450 = Dessau 2935. 
Mehrere Offlciere des Niger retteten sich nach B., 



Orient im J. 197, nicht erst 202 die Verzeihung 
erfolgt ist. 

Wahrend der Regierung des Severus und seines 
Sohnes Caracalla fiihrte die Stadt den = Nameri 
Antomai('Avra>vla o&er'Avzionvia), Suid. s.'Avzmvia 
jiaXis. Eustath. z. Dion. Per. 803. Hesych. 38. 
Dethier Le Bosphore et Constantinople 17 will 
den Namen auf einem Ziegelstein gelesen haben. 
Die Munzen mit 'Avraivivta Stfiaoza Bv£avzia>v 



Herod. Ill 6, 9. Die Belagerung begann im Win- 50 sind dagegen auf Spiele zu beziehen, Eckhel 
ter 193/94; der Widerstand wurde fortgesetzt, II 32 



auch als Severus das Haupt des Niger als Beweis 
fur dessen Niederlage nach B. sandte, aus Furcht 
vor der Rache des Severus, vielleicht in Hoffnung 
auf Hfllfe von Albinus. Bei der Verteidigung 
zeichnete sich der Mechaniker Priskos aus, der 
nachher auch geschont wurde. Nahezu drei Jahre 
wahrte die Belagerung; die Hungersnot fuhrte zu- 
letzt zum Kannibalismus, Ira Sommer 196 ergab 



Seit Valerian begannen die rauberischen See- 
fahrten der nOrdlich vom Pontos wohnenden Ger- 
manen — Gothen — die Kiisten der griechischen 
Meere zu gefahrden. Der Gothenschwarm, der 
im J. 258 zur Pliinderung aufbrach, raubte die 
Fahrzeuge aus dem Hafen von Phileas, der (da- 
mals noch?) den Byzantiern gehOrte (s. unten 
S. 1142). Valerian, der zu Anfang des J. 258 einen 



sich endlich die Stadt und wurde mit grosser 60 Kriegsrat vor seinem Krieg mit den Persern zu 



Harte behandelt. Die Soldaten und Bearaten war- 
den niedergemacht, die Stadt verlor Freiheit und 
Stadtrecht (iXevdegia xal to a&oofia zo 7iol.iziy.6v) 
und wurde wieder steuerpflichtig; sie wurde als 
xcbfit] den Perinthiern fiberlassen, die mit Uber- 
mut gegen die ungliicklichen Einwohner verfuhren. 
Die festen Mauern der Stadt (nach Herodian die 
ganze Stadt) wurden gescbleift, wie Dio bemerkt, 



B. abgehalten hatte, schickte von Kappadokien 
den Offlcier Felix nach B., um diesen Punkt zu 
sichern, Hist. Aug. Aurel. 13, 1. Zosim. I (31). 
36. (Synkell. I 716 Bonn. Oros. VII 22, 7). 
Schiller I 817. Unter Gallienus (im J. 262) 
litt die Stadt furchtbar unter einer Meuterei der 
rOmisehen Soldaten (ut prorsus wrrw superesset); 
die meuterischen Truppen wurden mit blutiger 



1141 



. Byzantion 



Byzantion 



1142 



Strenge bestraft, Hist. Aug, Gall. 6. 7. Un- 
sicher, wenn auch nicht nnwahrscheinlich ist die 
Naehricht des Synkell. 1717, 10 Bonn, von einer 
Einnahme der Stadt (im J. 267?) durch die Heru- 
ler (xazsXaflov B. xal XgvaoTzohv); nach einem 
Gefecht kehrten sie zum Hieron zuruck, um dann 
den grossen Zug gegen Kyzikos, Attika u. s. w. 
zu unternehmen, Schiller I 836f. Neue Kampfe 
mit den Gothen fanden unter Claudius im J. 269 
vor den Mauern von B. selbst statt, wobei sich 10 
die noch ubrigen Einwohner der Stadt auszeich- 
neten, Hist. Aug. Claud. 9, 7. Auf diesen Gothen- 
sieg bezieht Dethier Epigraphik von B. (Denk- 
schrift. Akad. Wien phil. hist. Kl. 1864) 72 die 
Inschrift auf einer Saule im Hofe des Serail for- 
tunae reduei ob devicios Gothos; s. dagegen Th. 
Mommsen zu CIL III 733. Bei der Reichsein- 
teilung des Diocletian wurde nicht B. , sondern 
Perinth Hauptstadt der Provinz Europa, Procop. 

III 298, 24 Bonn. Malal. 323 Bonn. Im Kampf20 
mit Licinius nahm Maximinus im Winter 312/13 
B. ein; nach der Niederlage des Maximinus zwischen 
Perinth und Adrianopel fiel B. ohne Zweifel so- 
fort dem Licinius zu , Lact. de mort. pers. 45ff. 
Auch bei dem Zusammenstoss zwischen Licinius 
und Constantin (im J. 314) wird B. genannt, 
Anon. Vales. 18; an eine Einnahme (so Schil- 
ler LT 197) der Stadt ist nicht notwendig zu 
denken. Nach der Niederlage bei Adrianopel (im 

J. 323) wurde der fluchtige Licinius von Constantin 30 
in B. eingeschlossen ; nach dem Sieg des Crispus 
bei Kallipolis verliess Licinius B., und Constantin 
drang ein, Zosim. II 23. 25. Anon. Vales 25—27. 
Aurel. Vict. ep. 41. Constantin fasste den Ent- 
schluss, seine Residenz hierher zu verlegen. Die 
Vorbereitungen dazu wurden bald nach der Be- 
siegung des Licinius getroffen, Schiller II 224. 
S. unter Constantinopolis. 

Kampfe mit den Thrakern. In der friihe- 
ren Zeit waren die Einfalle der Thraker, die durch 40 
die Fruchtbarkeit des Bodens angelockt wurden, 
eine fortwahrende Plage fiir die Stadt, Polyb. 

IV 45; vgl. dazu Diod. XIV 12, 2 (zum J. 403). 
Hesych. 31 (zur Zeit nach der Belagerung von 
B. durch Philipp von Makedonien) und o. S. 1129. 
Indessen behaupteten sich die Byzantier als 
Herren des Landes; Phylarch frg. 10 a, FHG I 
336 b (bei Athen. VI 271b) vergleicht das Ver- 
haltnis der Ureinwohner, die er Bithyner nennt, 
zu den Byzantiern mit dem der Heloten zu den 50 
Lakedairnoniern. Durch die Sicherung der Schiff- 
fahrt im Bosporos gegen die anwohnenden Bar- 
baren erwarb sich B. ein Verdienst um ganz 
Griechenland, Polyb. IV 38, 6. Xenoph. an. VI 

4, 2. VIE 5, 13. Von B. war ohne Zweifel auch 
der zur Zeit des Dionysios verfallene Leuchtturm 
am nOrdlichen Eingang des Bosporos angelegt, 
Dion. Byz. 77 [50]. 

Verhaltnis zu Kalchedon. Von freund- 
schaftlichen Beziehungen zu Kalchedon redet He- 60 
sych. 20. 23. Eine Zeit lang bestand zwischen 
beiden Stadten eine Munzvereinigung, s. u. S. 1149. 
Ein Streitpunkt war der Besitz des fcgor auf der 
asiatischen Seite des Bosporos, das die Byzantier 
fur sich behaupteten, Polyb. IV 50, 3. Dion. Byz. 
92 [59], vgl. o. S. 1137 (die Benennung id isqov 
z6 Kalw&oviiov Strab. VLT 319. XII 543. 563 
scheint demnach nur geographischen , nicht poli- 



tischen Sinn zu haben). tjber die Einwirkung 
von B. auf die Verfassung von Kalchedon, s. o. 
S. 1134. Von kriegerischen ZusammenstOssen zwi- 
schen den beiden Gemeinden sprechen ohne Zeit- 
angabe Polyaen. VI 25. Pint. comm. in He- 
siod. 11. 

Landbesitz. Nur sparliehe Andeutungen 
erhalten wir tiber die Ausdehnung des byzanti- 
nischen Landbesitzes. Allgemein heisst das Land 
,reichlich und gut ; , Herodian. m 1, 5. Das gegen 
das Nordende des Bosporos auf der europaeischen 
Seite gelegene Heiligtum heisst bei Strab. VLT 
319 Ieqov Bv£avzla>v, vgl. Dion. Byz. 75 [49]; 
ebenso behaupteten die Byzantier das asiatische 
Hieron, s. S. 1141; dagegen ist das Panteichion 
auf der asiatischen Seite von Dion. Byz. 90 [58] 
nicht ausdrficklich als byzantinisch bezeichnet. 
Der Hafenplatz Phileas (Philia) am schwarzen 
Meer in Thrakien, in der Nahe der nOrdlichen 
Miindung des Bosporos, gehOrte den Byzantiern, 
Skymn. 723. Steph. Byz. s. 4>dsas; ferner die 
thrakische Landschaft 'Aoztxij nach Theop. frg. 
247, FHG I 319 b (bei Steph. Byz. s. v.). End- 
lich hatte B. Besitzungen in Mysien, Polyb. IV 
50, 4 und Anteil an dem daskylitischen See, Strab. 
XII 576 (vgl. auch Diod. XII 82, 2). ttber das 
Verhaltnis zu Perinth vgl. S. 1137f. 

Weder gegeniiber den griechischen Staaten, 
noch gegeniiber Rom ist B. jemals mit einer acti- 
ven Politik in fiihrender Stellung aufgetreten, und 
B. steht hierin gegen Rhodos entschieden zuruck. 
Immer aber war der Besitz des Platzes oder die 
Freundschaft der Gemeinde ein begehrtes Zielj 
und entgegen dem Schicksal so vieler anderen 
Griechenstadte haben die Jahrhunderte die Be- 
deutung der Stadt eher erhoht als vermindert; 
selbst die furchtbaren Schlage, die sie in der 
Kaiserzeit trafen, konnten nicht verhindern, dass 
sie zuletzt zum Mittelpunkt des ganzen Reiches 
ausersehen wurde. Die Griinde fur die steigende 
Bliite der Stadt sind richtig schon von Polybios 
(IV 38ff.) erkannt worden. Sie lagen einmal in 
ihren unmittelbaren Hiilfsquellen: in der Frucht- 
barkeit des umgebenden Festlandes (Polyb. IV 
45, 7 ; vgl. die Munzen mit Demeter- und Bakchos- 
kopf, mit Ahren und Trauben ; den Reichtum an 
Feigen riihmt Dion. Byz. 33 [27]; in spaterer 
Zeit war der Landbau vernachlassigt, Dio Chrys. 
II 74 R.) und dem Fischfang , den die Eigen- 
tiimlichkeit der Meeresstromung erleichterte. Polyb. 
IV 43. 44. Strab. VII 320. Plin. n. h. IX 50f. 
Es waren hauptsachlich Thunflsche und Pelamy- 
den, die auf ihren Wanderungen vom schwarzen 
Meer her alljahrlich in B. anlangten; B. Mess 
dvwlbog fiTjTQonou? Archestr. frg. 20 (21, 4) Ribb., 
dvvroov mQaiatv fnjzr]Q Ps.-Hesiod. bei Athen. IH. 
116b, vgl. auch Dio Chrvs. II p. 11 R, P. Rhode 
Jahrb. f. Philol. Suppl. XVIII (1892) 34, wo auch 
die hieher gehorigen Munzen besprochen sind. 
Die fur den Fischfang gunstigen Buchten werden 
von Dionysios von Byzanz einzeln namhaft ge- 
macht; die asiatische Seite war in dieser Be- 
ziehung viel weniger begiinstigt, Dion. Byz. 98 
[63], Auch an Austern war kein Mangel, ebd. 
37 [29], Verlohnten demnach schon die natur- 
lichen Hilfsquellen des Platzes die Miihe. die 
Stadt durch starke Befestigungen gegen die Bar- 
baren des angrenzenden Landes zu halten, so 



1143 



Byzantion 



Byzantion . 



1144 



musste ihre Bedeutung durch die Lage am Zu- 
gang zum Pontos, und zwar an einem infolge der 
eigenttimlichen Strflmung die Schiffahrt beherr- 
schenden Punkt (Polyb. IV 44), sowie an einer 
bequemen Ubergangsstelle nach Asien mit der Zu- 
nahme des Weltverkehrs sowohl in commercieller 
als in strategischer Hinsicht gewinnen; der aus- 
gezeichnete Hafen bot den Schiffen sicbere Zu- 
flucht. B. heisst receptaculum terra mdrique 
copiis Iustin. IX 1; clatistrum Ponticutn Hist. 
Aug. Gall. 6; zwv Pco/tatcov fxsya xal (pvXaxxfj- 
gtov xal ogftrjzrJQiov szgog xovg ex xov IIovxov xal 
xfjg 'Aatag pagjjagovg Cass. Dio LXXIV 14, 4; 
als ein Hauptcentrum des Handels bezeichnet B. 
Plinius (ep. Plin. et Trai. 78). Uber den Handels. 
verkehr Ton und nach dem Pontos s. Polyb. IV 
38, 41 Strab. XI 493. Eingefuhrt wurden vom 
Pontos Sclaven, Honig, Wachs, gesalzenes Fleisch 
und Fiscbe (ragi/oj), Tiere (? tigs/Afiata Polyb., a. 
La. SeQfiara, Haute) ; ausgefuhrt wurden nach dem 
Pontos 01 und Wein, Gewander; Getreide wurde 
zuweilen nach dem Pontos eingefuhrt, in der Kegel 
aber von dorfc ausgefuhrt und zwar nach Athen 
allein gegen 400 000 Medimnen jahrlich ; die Ver- 
bindung mit dem Pontos konnte daher fur Athen 
zur Lebensfrage werden, Demosth. XX 32; vgl. 
VIII 16. Auch fur den fiber den Pontos nach 
Innerasien geleiteten Handel musste B. eine wich- 
tige Station sein. Grote Hist, of Gr. II ch. 98 
(XII 301ff.). L. Preller Ausgew. Aufs. 441ff. 
Hiillmann Geschichte des byzantinischen Han- 
dels (1808) 4 — 10; Handelsgesch. der Griechen 
(1839) 139ff. 259ff. 

Dialekt. Der Dialekt von B. war der do- 
rische, Aristoph. nub. 249; die Dialektinschriften 
bei Collitz-Bechtel Dialektinschr. Ill S. 3Sff. 
mit Nachtrag S. 116. F. Koppner Jahrb. f.Phil. 
Suppl. XVIII (1892) 529ff. Uber das Decret bei 
Demosth. XVIII 90, s. o. S. 1135. Ohne Zweifel 
ist die xoirfj frflhe eingedrungen. Der Dorismus 
der Urkunde 3059 bei Co Hit z aus dem 1. Jhdt. 
der Kaiserzeit ist ,nicht viel wert'. Die Notiz 
des Constant. Porph. them. II p. 46 Bonn, (ol 
Bv£dvxtoi) xijg x&v Awgiiwv yXiboarjg ev htianj/j,rj 
xvyyavovotv ist entweder ganz wertlos oder aus 
einer alten Quelle unverandert auf die Gegenwart 
des Verfassers ubertragen. Als eigentumlich by- 
zantinische Ausdriicke nennen Poll. VII 132 tzqov- 
vixoi fur [uo&cotoi, Hesychios (Lexikon) iSeg/^ov 
fur fligog , odgov fur xdXXvvxgov , 6y>i%a f8r dips, 
Kleitarch bei Athen. XI 495 c obit) (wie in Ko- 
rinth und Kypros) fur Xrjxvdog. Dazu kommen 
die Monatsnamen, s. S. 1145. Uber die Form des 
byzantinischen B s. S. 1150. 

Einwohnerschaft. Neben den Eingesesfe- 
nen gab es Zugewanderte , Zxoixoi Aristot. pol. 
1303 a 33, neben den Burgern /thoixoi; das Bur- 
gerrecht war in der Eegel davon abh&ngig, dass 
beide Eltern burgerlich waren, Ps.-Aristot. oec. 
II 2, 3. 1346 b. 1347 a. Der Beschaftigung nach 
waren die Fischer ein starker Bestandteil oer Be- 
volkerung, Aristot. pi. 1291b 23. 

Verfassung. Uber die Verfassung von B. 
in der altesten Zeit ist nichts bekannt; die An- 
gaben des Hesychios verdienen keine Beachtung. 
Zur Zeit des Dareios war ein Ariston Tyrann von 
B., Herod. IV 138. Die vermutlich erst durch 
Lysander (so Gilbert Staatsaltert. II 192) ein- 



gerichtete Oligarchic wurde von Thrasybul auf- 
gehoben und durch eine demokratische Verfassung 
ersetzt. Von inneren Streitigkeiten horen wir aus 
dem Ende des 5. Jhdts. und der Mitte des 1. Jhdts. 
v. Chr.. von einem Aufstand der exoixoi ohne 
Zeitangabe Aristot. pol. 1303 a 33; vgl. o. S. 1132. 
1138. 1129. Das Volk war in ixaxoazvsg eingeteilt, 
CIG 2060, 30 = Collitz 3059, 30 (aus dem An- 
fang der Kaiserzeit), eine Einteilung, die auch ftir 

lOHeraklea Pontike nachgewiesen ist, vgl. Boeckh 
z. d. Inschr. p. 180. Die Volksversammlung heisst 
bei Demosth. XVIII 90 dXta. Das Volk konnte 
die Strategen zu einem Antrag veranlassen, Col- 
litz 3059, 24. Als BehSrde erscheint die §ovXr\ 
Collitz 3059, 1 (auch Demosth. a. a. O., wo der 
Beschluss gdxga heisst). Die ofoJirsSgoi Lar- 
feld Inscr. boeot. 309, 11. 24 = Dittenberger 
Syll. 95, 11. 24 sind nach DittenbergeT nicht 
Ratsherren von B., sondern Abgesandte zum avrs- 

20 Sgcov. Moglicherweise sind auch die 30 sog. 
Boiooxoi Diod. XIV 12, 3 als BehOrde anzusehen. 
Die antragstellenden Beamten heissen in der la- 
schrift bei Collitz a. a. O. ozgaxrfyol, vgl. Hesych. 
23. 32. 34; dass es zwei waren, zeigt Polyaen. II 
7, 7. Dieses Amt haben wohl auch die bei Polyb. 
IV 47, 4 genannten Hekatodoros und Olympio- 
doros [jiQoiaxaaav zov stoXixsifiaxog) bekleidet. Ihr 
Amtslocal wird das bei Hesych. 16. Chron. pasch. I 
495 Bonn. Suid. s. SsfSygog erwfihnte azgazrjycov ge- 

30 wesen sein. Auf den Milnzen insbesondere der 
Kaiserzeit scit Traian finden wir Beamte und 
Priester mit und ohne Titel, bezw. Beisatz: rj, tjq 
= fjocoog; dgx (seit Septimius Severus) = <?e/«e- 
gscog (dgxisgtiag, aQyisQEWv); isQOfivd(ixovog) ; fta- 
o(ittiog) ; der letztere Titel auch auf einer in Pera 
gefundenen Inschrift SvXX. KwvozavxivoTi. XVI 
1885, nag. p. 6 nr. 4 = Athen. Mitt. X 18, 4. 
Das Amt des apx^ewg konnte nach den Beisatzen 
B, r wiederholt bekleidet werden. Uber den Titel 

40 fiaoiXevg s. A. v. Salle t Ztschr. f. Numismatik 
IX 145ff. Ob der wgofivd/tcov je mwvvfiog war, 
ist trotz Dem. XVIII 90. Polyb. IV 52, 4 zweifel- 
haft; dieser Titel war wohl schon von Megara 
her iibernommen, wo der Priester des Poseidon 
ihn fuhrte, Plut. qu. symp. VIII 8,4; er erscheint 
auch in Kalchedon CIG 3794 (auch sonst nicht 
allzu selten, s. den Index des CIG). Auch Frauen 
— Priesterinnen — werden auf den Miinzen ge- 
nannt ; an Stelle der Beamten und Priester (Prie- 

50 sterinnen) auch Kaiser und Kaiserirmen, Eckhel 

II 3 If.; eigentumlich ist, dass an Stelle der Priester 
bezw. Priesterinnen zuweilen die Gottheit selbst, 
und zwar mit Zahlung der .Amtsjahre' erscheint; 
s. daruber A. v. Sallet a. a. 0. 147ff. Miinz-Katal. 
d. Berl. Mus. I 148ff. Pick Numism Ztschr. 
XXMI 27ff. Heyne Comment, soc. Gotting. I 
7f. Gilbert Gr. Staatsaltert. H 192ff. 

Staatsrechtliche Stellung unter der 

rOmischen Herrschaft. Ein Bundnis mit Rom 

60 wurde im J. 146 v. Chr. abgeschlossen , s. o. 

S. 1138. Die definitive Eegelung des VerhSltnisses 

erfolgte wohl durch Pompeius, Mommsen St.-E. 

III 683. 4. Die Freiheit ist der Stadt wiederholt 
genommen und wieder zuriickgegeben worden. Cic. 
de prov. cons. 7 nennt B. civitas libera et pro 
eximiis sin's beiieficiis a senatu et populo Ro- 
mano liberata. Unter Claudius — ohne Zweifel 
schon vorher, vgl. Strab. VIII 320 — war B. 



1145 



Byzantion 



Byzantion 



1146 



tributpflichtig, s. o. S. 1139; Plin. n. h. IV 46 
nennt sie eine freie Stadt. Vespasian entzog ihr 
die Freiheit, Suet. Vesp. 8. Eutrop. VII 19, 4. 
Euseb. Hieron. ann. Abr. 2090. Oros. VII 9, 10. 
Zur Zeit des Severus scheint sie wieder frei und 
nicht tributpflichtig gewesen zu sein, Cass. Dio 
LXXIV 14, 3. Nach der ZerstOrung der Stadt 
wurden ihr spater die iura vetusta wiederherge- 
stellt, s. o. S. 1140. Ein Wechsel in der Zuge- 



ton (ebd.), des Poseidon ebd. 9 [10]. Im ubrigen 
mdgen die Getter und Heroen in alphabetischer 
Eeiaenfolge angefahrt werden : Aphrodite : Tempel 
am Meer, Zosim. H 30. Hesych. 16. Chron. pasch. 
I 495 Bonn. ; am Bosporos ein xijxsvog der Aphro- 
dite Tioaeia Dion. Byz. 36 [29] , ein 'AtpQodiaiov 
ebd. 80 [52]; eine Statue der Venus meretri- 
<na ebd. 73 [47]. Apollon: Heiligtum auf der 
Burg, Chron. pasch. I 495 ; xepevog auf der Nord- 



horigkeit zu einer Provinz (Hertzberg II 133. lOseite des xsgag, Dion. Byz. 26 [22]; dasselbe 



Marquardt E. Staatsverw.2 I 315) ist nacb 
Mommsen Rom. Gesch. V 280, 2 nicht anzu- 
nehmen; B. stand unter dem Statthalter von Bi- 
thynien, ep. Plin. et Trai. 43. 

Aus der Inschrift der sog. Saule des Pompeius 
auf einer der Kyaneen, CIL IH 732, schliesst C. L. 
Grotefendlmper. rom. tributim descriptum 141 
die Zugehorigkeit der rOmischen Burger in B. 
zu der Tribus Claudia, ein Schluss, zu dem weder 



wohl gemeint bei Euagn hist. eccl. II 13; am 
Bosporos eine dem Apollon geweihte Stelle am 
phioxov , Dion. Byz. 38 [29]; drei Altare ebd. 
46 [30]. 74 [48] ara a Romanis statuta. 86 
[55]; das ti/uvog und xe t } fn ve u}v des Apollon 
ebd. Ill [67] gehorte ohne Zweifel zu Kal- 
chedon; Kopf des Apollon auf Miinzen; uber 
Apollon in der Grflndungslegende s. o. S. 1128, 
Apollon Karinos s. u. S. 1150. Artemis: Altar 



der Ort noch der Inhalt der Inschrift berechtigt ; 20 der Artemis dgdcooia , Herod. TV 87 , vgl. oben 



vgl. Kubitschek Imp. Eom. trib. discr. 239; 
de Rom. trib. orig. (Abh. arch. Sem. Wien 
III) 201. 

Finanzwesen. Die Einkiinfte der Stadt 
waren nach den an die Athener, spater an die 
Kelten bezahlten Tributen sehr' bedeutend. Dass 
Fischerei und Salzverkauf ursprunglich dem Staate 
zugehSrt hAtten, schliesst Boeckh Staatshaush.3 
I 372, sehwerlich mit Eecht, aus Ps.-Aristot. oec, 



S. 1124; Heiligtum auf der Burg, Chron. pasch. 
I 495 Bonn. (Malal. 292); ein rs/nsvog ngog x6 rijg 
Ogaxrjs agog, Hesych. 16; am Bosporos: xiftevog 
der Artemis (pmaipogog, Dion. Byz. 36 [29]; vgl. 
auch 78 [51] und dazu o. S. 1135; iegov der 
Artemis Atxxvwrj, Dion. Byz. 56 [36]; olxog der 
Artemis am Hafen des Phrixos, wohl zu Kalche- 
don gehorig, Hesych. 33 (vgl. Dion. Byz. 99 [631. 
Ptol. V 1, 2. 5 und dazu C. Mailer Philol. XXXVII 



II 2, 3 (1346 b 20). Leiturgien wer den in dem 30 84) ; Kopf der Artemis auf Munzen. Athene : Athene 



unechten Volksbeschluss Demosth. XV1JJL 91 er- 
wahnt. Anlasslich einer Geldverlegenheit — wohl 
bei der Galliernot — entwickelten die Byzantier 
grosses Geschick im Auffinden neuer Einnahme- 
quellen; man verkaufte offentliche Grundstiicke, 
legte eine Steuer auf die Gewerbe der Fischer, 
Salzhandler, "Wunderthater, Wahrsager, Apotheker, 
fuhrte eine Verkaufsteuer und ein Bankmonopol 
ein, verkaufte das Bfirgerrecht an solche, die ihrer 



heisst die uoXiovyog von B. Marin, vit. Procl. 6 ; 
xl\izvog Kodin p. 6, 22 Bonn, (nicht bei Hesych.) ; 
Altar der Athene ixpaoia Dion. Byz. 8 [9]; 'Adyvag 
axe8[aalag] oder axs8[dSogJ (C. Miiller Philol. 
XXXVn 68?, jedenfalls also nicht xgojialag, wie 
noch Robert-Preller Griech. Mythol. I* 215, 6 
vermutet) ebd. 16 [22] ; Weihinschrift Dethier 
a. a. O. S. 55 ; Kopf der Athene auf Munzen. De- 
meter und Kore: Tempel am xegag, Dion. Byz. 



Geburt nach nicht Vollburger waren (s. o. S. 1143), 40 13 [10 d], mit Gemalden und Holzbildern; Munzen 



an die Metoeken das Recht Grundhesitz zu er- 
werben, Ps.-Aristot. oec. a. a. O. Boeckh Staats- 
haush.s I 66. 164. 176. 895. 697. Ob dagegen 
der Gebrauch eiserner MUnzen (s. u.) zur Zeit des 
peloponnesischen Kriegs mit einer Geldverlegen- 
heit zusammenhangt (so Boeckh I 394f.), ist 
sehr fraglich. 

Kalender. Die Namen von neun byzantini- 
schen Monaten sind in dem Lexikon des Papias 



mit verhiilltem Demeterhaupt. Dionysos: Tempel 
Herod. IV 87 ; Kopf des Dionysos auf Miinzen der 
rOmischen Zeit. Ge: zi/uvog der Ge ovriaidwga, 
Dion. Byz. 12 [10 d], vielleicht identisch mit dem 
Hesych. 15 genannten Tempel der Rhea, vgl. 
Frick z. d. St. Hekate: xe/ievog Hesych. 15; 
Tempel am Bosporos, Dion. Byz. 62 [411. Helios: 
einen neuen Tempel des Helios, der vorher unter 
dem Namen Zeuxippos in B. verehrt worden seir. 



(einer in dem Glossarium Portense) uberliefert, 50 soil (??), baute Severus auf der Burg, Malal. 291 f.; 



veToffentlicht und besprochen von L. O. BrOcker 
Philol. II (1847) 246 und K. F. Hermann ebd. 
262ff. E. Bischoff Leipziger Studien VH (1884) 
374ff. 

Kultus. Fur den Kult der Byzantier durfen 
unbedenklich die Heiligtiimer auch an der Nord- 
seite des Kigag in Anspruch genommen werden; 
dagegen gilt dies nicht ebenso von den Heilig- 
turnern entlang dem Bosporos nOrdlich vom xegag; 



vgl. Chron. pasch. I 495 Bonn. Hera : Tempel der 
Hera (axoaia'i La. unsicher), von den Persern zer- 
stort, Dion. Byz. 14 [10 e] ; ein 'HgaXov erwahnen 
auch Procop. de aedif. Constantinop. Ill p. 1 85. 207f. 
Bonn. Kodin. de aedif. Constantinop. p. 117 Bonn. 
Hermes: Ortsname 'Egfuxiov am Bosporos, Polyb. 
IV 43, 2; in dieser Gegend eine Weihinschrift 
gefunden fur Hermes und Herakles, CIG 2034, 
Collitz 3058 ; Kopf des Hermes auf Munzen 



hier kann es sich um Stiftungen Voruberfahren- 60 der rOmischen Zeit. Pluton: Tempel von Philipp 



der, auf der asiatischen Seite.auch um Grundungen 
von Kalchedon handeln. Ein hoheres Alter wird 
ausdrucklich bezeugt — abgesehen von den an- 
geblichea Grundungen des Byzas, Hesych. 14 — 16 
— fur die Kulte der Artemis Orthosia und des 
Dionysos, Herod. IV 87; der. Hera Dion. Byz. 
14 [10 e] — ihr Tempel soil von den Persern 
unter Dareios zerstOrt worden sein — ; des Plu- 



zerstOrt, Dion. Byz. 14 [10 e]. Poseidon: Tempel 
ebd. 9 [101; das Hieron (s. d. und unten) auf 
der asiatischen Seite des nGrdlichen Bosporos, vgl. 
o. S. 1141, heisst ein Tempel des Poseidon bei 
Nymph. Her. frg. 15, FHG III 15 a. Nicht selten 
auf Munzen. Rhea, Kybele: vgL o. bei Ge; Tem- 
pel Hesych. 15; am Bosporos ftrizgog Bsdv iegor, 
Dion. Byz. 52 [34]; Altar matris deum ebd. 74 



1147 



Byzantion 



Byzantion 



1148 



[48] ; templum deae Phrygiae ebd. 75 [49]. Weih- 
inschrift tirjxQi #smv, Dethier S. 54 (vgl. S. 56. 
CIG 2039?). Tyche: als ein Tv X cuov soil der 
Hesych, 15 erwahnte Terapel der Rhea geehrt wor- 
den sein, andere Heiligtiimer der Tyche sind erst 
Ton Constantin gestiftet (Zosim. II 81. Sokr. Ill 
11, vgl. Strzygowsky Anal. Graeciens. 1893, 
141ff.). Zeus: Tempel auf der Akropolis, Kodin. 24 
Bonn.; ein Heiligtum am xeoag, genannt 'Atpa- 



von Abonuteichos, Luk. Alex. 6 ; die ftavfiaronotoi 
konnten sogar besteuert werden, Ps.-Aristot. oec. 
1346 a. 

tTber das erste Auftreten des Chri stent urns in 
B. haben wir nur unsichere Nachrichten ; Andreas 
soil die Gemeinde begrilndet und den Stachys 
(vgl. Paulus ad Rom. 16, 9) zum ersten Bischof 
in B. gemacbt haben; bis auf die Zeit des Con- 
stantin (ausschliesslich) wurden mit Andreas 22 Bi- 



cistov ('AXaoteTov') C. Mill ler Philol. XXXVII 68), 10 schefe gezahlt, Nikephoros in der Ausgabe des 



angeblich Ton Arkadern gegrfindet, Dion. Byz, 
19 [15] ; Altar des Zeus tamos, Hesych. 37 ; das 
isQov auf der asiatischen Seite des Bosporos wird 
als das Heiligtum des Zevg ovotog bezeichnet, 
Arrian. per. pont. 17. 37 (Geogr. gr. min. I 380 
mit Anm. 401f.). Mare. Herakl. epit. 7 (ebd. I 
568). Cic. in Verr. IV I29f.; in Pis. 85. Kaibel 
Epigr. 779 = CIG 3797 ; Tgl. auch Prick zu Dion. 



Synkell. I p. 771 Bonn. Banduri Imper. orient. 
I (8) 187ff. G. F. Hertzberg HI 287. Die 
Nachrichten der Legenden fiber die Mission des 
Andreas in B. s. bei R. A. Lipsius Die apokry- 
phen Apostelgeschichten und Apostellegenden, Ind. 
S. 193. Die Behauptung, dass die Gemeinde von 
Andreas gestiftet warden sei, ist ,eine notorische 
Falschung', Gutschmid Rh. Mus. XIX 393 = 
Kl. Sehriften II 382. Die Erfindung stammt 



Byz. 93 [59]; Weihinschrift bei Dethier S. 68 

Auf Munzen der Kaiserzeit erscheinen auch Askle- 20 spatestens aus der Zeit kurz nach der Verlegung 
pios und Hygieia; Tgl. die Weihinschrift CIG der Residenz nach B., Lipsius a. a. 0. I 606. 
2038 und u. S. 1150. Die Lage eines angeblich Lukas erscheint als Apostelvon B. in einer^syri- 



Ton Iason gegriindeten Heiligtums der 12 Getter 
am Bosporos wird verschieden angegeben, Dion. 
Byz. 75 [491. Hesych. 33. Polyb. IV 39, 6. Diod. 
IV 49, 2. v on auslandischen Gottheiten Sarapis : 
Heiligtum am Bosporos, gegenttber dera fcgw (vgl. 
Dion. Byz. 75 [49]. Polyb. IV 39). Weihinschrift 

SaQCVic 'Iai x{ai) allots &so{tg) aus dem 3. Jhdt. 



schen Tradition ebd. II 2, 367. Spater, unter Iusti- 
nian, war man so gliicklich, die Graber des Andreas, 
Timotheos und Lukas zu B. aufzuflnden, Proeop. 
de aedif. Constantinop. HI 189 Bonn. Christliche 
Katakomben will Dethier (Epigraphik 74) bei 
Selybria entdeckt haben, ebd. wird eine angeb- 
lich christliche Grabinschrift besprochen. Christ- 



v. Chr.(?) Dethier S. 52. Ms auch auf Miin- 30 liche (?) Zeichen auf einer Mauer SvXX. Kcovozav 



zen der Kaiserzeit (Caracalla) 

Heroen: Achilleus und Aias, Hesych. 16; ein 
Aldvrewv am Bosporos, Dion. Byz. 39 [30], wo 
die Herkunft des Kults von Megara betont wird. 
Amphiaraos, Hesych. 16, Heiligtum wohl an der 
Nordseite des xsgag, vgl. Dion. Byz. 33 [27]; an 
derselben Stelle nennt Dion. Byz. 34 [28] ein zh- 
psvos 2xoivtxkov, dessen Kult aus Megara mit- 
genommen worden sei ; derselbe sei Wagenlenker 



zivojz. XVI 1885 irag. p. 7 nr. 6. Auf eine Christen- 
verfolgung zu B. wird Tertull. ad Scap. 3 (Gae- 
lius Lapella in exitu Byxantino , Christiani gau- 
dete' exolamavit) gedeutet, Fuchs Gescbichte 
des Kaisers L. Septimius Severus (Untersuchungen 
aus der alten Gesch. V) 57. 

S i 1 1 e n. Die Sitten der By zantier werden nicht 
besser und nicht schlechter als bei den Bewohnern 
andeter grosser Seestadte ge wesen sein ; Thatsachen, 



des Amphiaraos gewesen ; in der lateinischen trber- 40 die zu TJngunsten der Byzantier sprachen, sind nicht 



setzung steht delubrum Amphiarai. Ohne Zweifel 
ist 'Sfpivtxlos Ortsname, die Deutung auf den 
Wagenlenker etymologische Spielerei. Kultstatte 
am Bosporos Dion. Byz. 63 [42]. Dioskuren, te- 
ftsros Hesych. 15, ein zweites Hesych. 37. Zosim. 
II 31. Herakles: fego'v Symeon Mag. 704 Bonn., 
aXoos Hesych. 37. Anon. hist. Byz. VII (Kodin.) 
167, 21 Bonn. Auf Munzen avgyog 'HqaxXiovg, 
Hesych. 14 ; xXivtj 'HQaxXiovg auf der asiatischen 



bekannt; in der Verteidigung der Stadt haben die 
Einwohner wiederholt die grosste Hartnackigkeit 
und Tapferkeit bewiesen. Demgegemiber darfman 
aufdasabsprechendeUrteildestadeMchtigenTheo- 
pomp (frg. 65, FHG I 287 a), wonach Demokratie 
und Beschaftigung mit dem Handel den Charakter 
der Byzantier verschlechtert und das bOse Beispiel 
von B. sogar die gnten Sitten von Kalchedon 
verdorhen hatte, nicht allzuviel geben, und die 



Seite des Bosporos, Dion. Byz. 95 [61]. Polyeidos, 50 Anekdoten iiber ihre Feigheit und Trunksucht 



Opfer fur einen fiavxts Polyeidos und dessen Nach 
kommenschaft , Dion. Byz. 14 (fehlt in der lat. 
tfbers.). Saron, Altar am Bosporos, ebd. 71 [45], 
hier ein megarischer Heros genannt. Sonst nicht 
bekannte Namen (die Anderungsversuche sind 
wenig einleuchtend): Hipposthenes (Grab eines 
angehlichen megarischen Heros Hipposthenes) ebd. 
32 [26], Nikaios ; Altar) ebd. 28 [23], am Bosporos 
noch Eurostos [xipttvos bei Kalchedon) ebd. Ill 



(Phylarch. frg. 10, FHG I 336 b. Damon oder 
Leon FHG II 329. Menand. bei Athen. X 442 c = 
FCA HI 23) nicht fur wohlbezeugte Thatsachen 
ansehen. Auch dass das Verbot, den Bart nicht 
zu scheeren, nicht beachtet wurde, bTaucht nicht 
als Zeichen der Weichlichkeit gedeutet zu werden 
(Athen. XIH 565 d). Wenn ein Gesuch in Rom 
mit klingender Munze unterstiitzt wurde (s. o. 
S. 1138), wenn auf Munzen dieGottheit derkaiser- 



[67]; ein yegmv alios (Kultbild) ebd. 49 [33]; ein 60 lichen Familie geehrt wurde (Eckhel VII 82. 



wfupaTov ebd. 95 [61]. Byzas, Phidaleia, Keroessa, 
Semystra, Byzia s. d. Ptolemaios s. S. 1137. Wohl 
nur willkurlich sind als Heroen bezeichnet Melias 
ebd. 17 [13], vgl. Hesych. 11; Ingenidas Dion. 
Byz. 21 [17]. Die Magie scheint in B. in hohem 
Ansehen gestanden zu sein, fiber die Thatigkeit 
des Apollonios von Tyana daselbst s. Bd. II S. 147; 
ein Kokkonas von B, war Genosse des Alexander 



Mionnet Suppl. II 25f. Catal. of coins Brit. 
Mus., Thrace p. 99f), so geschah damit nichts 
AussergewOhnliches. Von gutem Einfluss auf 
die Sitten soil die Thatigkeit des Gesetzgebers 
Timesios (nach Chares) gewesen sein, Hesych. 
32. Die Unsitte der Tierhetzen scheint auch 
in B. eingedrungen zu sein , s. o. S. 1 140. 
Die Zunge der Byzantier verlangte wohlgesalzene 



1149 



Byzantion 



Byzantion 



1150 



Gerichte, Diphilos bei Athen. IV 132 e = FCA 

II 545. 

Gymnastik, Spiel e. B. unterhielt ein 
Schatzhaus zu Olympia, Paus. VI 19, 9. Athen. 
XI 480 a. Sieger zu Olympia aus B. sind nicht be- 
kannt, G. FCrster Die Sieger in den olympi- 
schen Spielen, Zwickauer Progr. 1892, 30ff. Ein 
Athlet Koros wurde Ehrenburger in B., CIG 3674. 
In B. wurden Boojxoqio. gefeiert mit Fackellauf 
CIG 2034 = Collitz 3058; Dionysien CIA II 
251 ; 'AvTcovstvta ('Arratvivsta, 'Avxmvtvta) Sspaoxa 
sind auf Munzen, Zrfaoxa auch CIG 3676. CIA 

III 129, 21 genannt, PickNumism. Ztschr. XXVII 
53. 132. Ephebenlisten (unbedeutende Fragmente) 
Dethier Epigr. 75ff. 

Kunst und Wissenschaft. Ein Mittel- 
punkt der Bildung ist B. in vorconstantinischer 
Zeit nie gewesen. Immerhin lassen sich jedoch 
einige Angaben liber die Pflege von Kunst und 
Wissenschaft zu B. und einige Namen anfiihren. 
Die Stadt war refertissima signis, Cic. de prov, 
cons. 6 , vgl. Dion. Chrys. I 621 R. Der Maler 
Timomachos stammte aus B. Ein xt3aoq>S6g Xa- 
qTvos Bv^aniog erscheint auf einer delphischen 
Inschrift, Dittenberger Syll. 404, 13; einen 
tragischen Schauspieler Clemens riihmt Philostr. 
t. soph. II 27, 2. Dichter: Alkibiades ('EXXrjvcov 
jxdvzmv igvtg aoidozazogl CIG 2211 = Kaibel 
Epigr. 330), Archias Anth. Pal. VTI 278, Tele- 
nikos Athen. XIV 638 b , die Dichterin Myro. 
Historiker: Leon, vielleicht identisch mit Damon 
FHGII328ff.IVS77, Demetrios, Zopyros. Andere 
Gelehrte: der grosse Kritiker Aristophanes, De- 
metrios izsQt noirjuaxwv, der Geograph Dionysios, 
der Mathematiker Epigenes, der Mechaniker Phi- 
Ion, die Redner Python, Theodoros (Xoyot aoXtrt- 
xot, Diog. Laert. DI 104). Sophisten: Aristai- 
netos, Chrestos, Philostr. v. soph. II 11; Markos, 
ebd. I 24. 

Litteratur: HeyneAntiquitatesByzantinae, 
Comment, soc. Gotting. 1 1809. B.C. Schwen Hist. 
Byzant. inde ab urbe aedificata usque ad aetatem 
Philippi Macedonia, Diss. Halle 1875. C. de la 
Berge De rebus Byzantiorum ante Constantinum, 
Diss. Paris 1877 (dem Verfasser nicht zuganglich). 

Die Geschichte der Stadt seit der Verlegung 
der Residenz nach B. s. outer Constantin o- 

prilis. 

Numismatik. a) Stadtmunzen von B. 
Eiserne (Scheide-, so E. Meyer Gesch. des 
Altert. II 550) Munzen waren jedenfalls Ende 
des 5. Jhdts. v. Chr. zu B. in Gebrauch, Aristoph. 
nub. 249 mit Schol. , wo der Komiker Platon 
citiert wird. Poll. VII 105. IX 78. Hesych.s. oi- 
Sdgeog. Aristid. or. 46 II 195 Dind. ; erhalten 
ist kein Exemplar (vgl. o. S. 1145). Die Silber- 
und Kupfermiinzen sind sehr haufig, nach Head 
wahrscheinlich samtlich aus der Zeit nach 400. 
-Head unterscheidet diePerioden 1) ca. 400 — 350, 
Drachme im Gewicht der persischen Siglos, 2) ca. 
350—280, phoinikisches Gewicht, 3) ca. 280—277, 
fremde Munzen, mit Gegenmarke /*', so des Ptole- 
maios I. Soter, Brit. Mus. Thrace, 1 10, Zeit des Gal- 
liereinfalls, 4) ca. 277 — 270, gemeinschaftliehe 
Pragung mit Kalchedon, Brit. Mus. Thr. 107, 5) ca. 
270 bis zur Zeit der romischen Herrschaft, Miin- 
zen des Alexandres und Lysimachos mit Gegen- 
marke BY und Dreizack, 6) Zeit der rOmischen 



Herrschaft vom 1. Jhdt. v. Chr. an. Die Bestim- 
mung der Perioden 3) und 4) ist zum mindesten 
sehr problematisch ; die Zahlung des Tributs an 
die Gallier erstreckte sich auf eine viel langere 
Zeit, vgl. o. S. 1136; s. auch Svoronos a, a, O. 
109. L. Mttller 29 fuhrt das barbarische Ge- 
prage vieler Munzen der funften Periode auf die 
Schwachung der Stadt durch die Gallier zuriick. 
tJber die Kupfermunze der ersten Periode mit der 

lOAufschrift 8oax/ia s. J. Brandis 294f. In der 
Kaiserzeit wurden auch Munzen ohne die Bilder der 
Kaiser gepragt. Die Stadt wird auf alteren Munzen 
mit /*, TT (diese Form der korinthischen Form 
des /? dhnlich, Brit. Mus. Thr. 93. Berliner Mttnz- 
katal.1142. F.KOppner Jahrb.f. Philol. Suppl. 
XVin537. KirchhoffGriech.Alphab.4113), /*-, 
VY, HY, auf spateren Munzen seit dem 3. Jhdt. 
BY, BYIAN(T), BYZANTION bezeichnet. 
Die alteren Munzen (4. Jhdt.) zeigen ein Rind mit 

20 einem Delphin (Io? Svoronos a. a. 0. 74), Rinds- 
kopf , auf dem K; das Quadratum incusum , den 
Dreizack, Delphine; die spaterea meist den Kopf 
oder die Figur von Gottern, mit und ohne Attri- 
bute: Demeter, Artemis, Pallas, Apollon, Dionysos, 
Hermes, Poseidon (letzterer oft auf einem Felsen 
sitzend, vgl. O v e r b e c k Kunstmythol. Ill 2, 293ff.), 
seltener Herakles, Zeus; auf dem IJ< entspre- 
chende Attribute, u. a.: Ahren, Fiillhorn, Halb- 
mond mit Stern, Fackeln, Dreifuss, Trauben, Stab, 

30 Dreizack , Thunflsche und Delphine , Gerate fur 
den Fischfang, Schiffsvorderteile, einen vierfiissi- 
gen Tisch u. a. m'. Bemerkenswert ist: Apollon 
auf Bronzemunzen, ft Obelisk, auf den zu Megara 
verehrten Apollon Karinos bezogen von D rex ler 
Ztschr. f. Numism. XIX 128 ; Kopf einer Bakchan- 
tin oder des Bakchos IV Strauss und Hund, Berl. 
Munzkatal. 1 149. Brit. Mus. Thr. 98. Auf Munzen 
der Kaiserzeit (der rOmischen Zeit?) erscheint (statt 
des Kaiserbildes) der Oikist Byzas, ein bartiger 

40 Kopf mit Helm, Umschrift BYXA.S. Von Gott- 
heiten erscheinen in der Kaiserzeit ausser den ge- 
nannten auf dem ft noch Tyche, Asklepios und 
Hygieia, Nike, Isis (Caracalla), Nemesis, Europa 
oder Artemis Selene mit aufgeblahtem Schleier 
auf einem Stier (Brit. Mus. Thr. 103. 105. Berl. 
Munzkatal. 1 157) uber das Wasser reitend. Miinz- 
vereinigung im 3. Jhdt. n. Chr. mit Bizye und Ni- 
kaia, Brit. Mus. 92. 109. 233, vgl. Head LXXVII. 
Vermutungen fiber Mfinzvereinigungen aus dem 

50 3. Jhdt. v. Chr. bei L. Mulle T 57. liber die 
Magistrate s. o. S. 1144; die Spiele 1149. Im 
allgemeinen s. Eckhel TI 26ff. 59. Mionnet 
I 376ff.; Suppl. II 239ff. L. Mullet Die Mun- 
zen des thrakischen KSnigs Lysimachos 27ff. 55ff. 
(Tab. IV Monogramme). J. Brandis Miinz-, 
Mass- und Gewichtswesen in Vorderasien, Berlin 
1866. Head HN 229ff. Munzkatal. des Berliner 
Museums I 142ff. Catal. of coins British Mus., 
Thrace 92ff. Svoronos 'E^p. oqx- 1889, 69ff. 

60 107ff. Pick Numism. Ztschr. XXVII 27ff. Zahl- 
reiche Abbildungen von Munzen (meist aus der 
Kaiserzeit) bei Banduri Imper. orient, n nach 
p. 456. [J. Miller.] 

b) Im weiteren Sinne umfasst die byzantinische 
Numismatik die Miinzungen des ostrOmischen und 
des byzantinischen Kaisertums, sowie die unter 
ihrem Einflusse entstandenen und sich ausgestal- 
tenden Pragungen der Vasallenstaaten und Nach- 



1151 



Byzantion 



Byzantion 



1152 



barn. Sie endet mit dem Fall der Kaiserreiche in 
Constantinopel 1453 (aus diesem Jahre die Kupfer- 
stiicke mit dem Namen des osmanischen Siegers 
Mahomet II. dfiueXtfxig naorjg Pofiafviag) xal ava- 
toXfjg Maxa/LidTtjg) und in Trapezunt 1461 (die 
letzten Pragungen mit A(a(ll$) fSfaodevg) 6 Kou- 
vftjjvog und dem Bilde des Schutzpatrons von Tra- 
pezunt auf dem Eeverse: 6 ayiog Evyhcog). Ihre 
Anfange heben sich nicht mit gleicher Scbarfe ab 
wie das Ende, da sie nicht einem vOlligen Bruch 10 
mit der Vergangenheit folgen, sondern bei ibren 
Neueruugen das uberlieferte organiseh weiter ent- 
wickeln. Die Einfuhrung ihres wichtigsten Ele- 
mentes, der Goldwahrung, gehttrt der romischen 
Kaiserzeit an. Ebenso sind die Bezeichnungen ftir 
die einzelnen Nominate der alten Terminologie ent- 
nommen, und in den Typen wie in der Tecbnik 
und in der Unterscheidung der Ateliers bereitet 
das 3. Jhdt. der romischen Kaiserzeit die Formen 
des vierten vor, aus dem in stetiger Entwicklung 20 
die spateren Reihen sich fortbilden. 

Wahrung. Dasvollstandige Zusammenbrecben 
des romischen Geldes hatte bereits gegen das Ende 
des 3. Jhdts. insofern wieder zu den urspriing- 
lichen Formen des Verkehrs im Wertmetall zu- 
ruckgefuhrt, als das Tauschmittel nur durch seinen 
inneren Wert Geltung haben sollte. Leistungen an 
die Staats- oder andere Offentlichen Kassen, z. B. bei 
Graberbussen, werden seitdem oft ausdriicklich in 
Gewichtsteilen von Gold oder Silber vorgeschrieben. 30 
Bei grOsseren Betragen wird man wohl auch haufig 
mit Barren des Wertmetalls gezahlt haben. Eine 
Erleichterung des Verkehrs bildete es einerseits, 
wenn diese Barren einen amtlichen Stempel er- 
hielten, der die Feinheit des Metalls garantierte, 
wie uns Proben durch den CIL III p. 1443f. mit- 
geteilten Fund erhalten sind; andererseits, wenn 
der Staat in der hergebrachten Weise kleine Me- 
tallstlicke in bequemen Bruchteilen des Miinz- 
pfundes auspragte, nur dass diese Stiicke mehr40 
denn je zuvor der Prtifung durch die Wage und 
den Priifstein unterlagen, also eigentlich nur Ware 
darstellten; freilich wird auch die herkOmmliche 
und im wesentlichen richtige Meinung, dass in 
fruherer Zeit das staatliche Geprage dem Gelde 
Zwangscurs verlieh wie heute etwa der Mark oder 
dem BCartgulden, in etwas modificiert werden 
mtissen, wenn Bedingungen wie in dem auf Taf. 190 
der Facsimileausgaben der Palaeographical society 
= Herm. XXXII 1897, 274 mitgeteilten Papyrus 50 
aus dem J. 166 (denarios) probos nicht sinnlos sein 
oder lediglich von Falschmiinzern in den Verkehr 
gebrachte Stucke ausschliessen sollen ; die probitas 
war natiirlich in loyalem Sinn zu fassen , ganz wie 
heute gegenuber den genannten Sorten. Mit der 
Fundierung der Munzstucke auf das Gewicht con- 
curriert ihre Beziehung auf eine Miinzeinheit, 
zunachst auf den Denar, spater auf den Follis; 
der Denar ist aber nur mehr eine ideelle Einheit, 
da schon Diocletians Munzordnung und wahr- 60 
scheinlich auch die seiner nachsten Vorganger 
sie ebensowenig pragen liess als heute etwa Por- 
tugal seinen Real. 

Das primaere Metall ist Gold. Diocletian, 
dessen Maximaltarif das Goldpfand mit 50 000 De- 
naren glich, hat vielleicht zuerst unter den Kaisern 
den Gewichtsbetrag — iibrigens nur sporadisch — 
auf der Miinze genannt: 3 = l/eo Pfund, und 



O - 1/70 Pfund. 



Wahrscheinlich Constantin d. Gr. 
hat diese vom Standpunkt der romischen Duo- 
decimalteilung des Pfundes irrationellen Betrage 
durch 1/72 ersetzt) also = 4 seriptula = 4 • 548 g. ; 
diese Neuerung hat sich durch Jahrhunderte be- 
hauptet, wie die Munzbefunde und die kaiserlichen 
Decrete (z. B. Cod. Theod. XII 6, 13 = Cod. lust. 
X 72, 5 aus dem J. 367. Cod. Theod. XII 7, 1. 
lust. X 73, 2) zeigen, und wie gewOhnlich auch 
auf der Miinze selbst gesagt ist: OB. Um die 
Prfifung des Gewichts jedermann zu erleichtern, 
wurde die Einrichtung verfugt, Cod. Theod. XTI 
7, 2, placet (im J. 363), quern sermo Oraeous 
appellat, per singulas eivitates eonstitui wygo- 
slatem, . . . ut ad eius arbitrium atque eius 
fidem, si qua inter vemdentem emptoremque in 
solidis exorta fuerit eontentio, dirimet. Im ganzen 
wird wohl bald die so bedenkliche Neigung der rOrni- 
schen Finanzpolitik, das Publicum bei der Miinze 
zu iibervorteilen, vielleicht auch die Unredlichkeit 
von Beamten ab und zu mit der Gleichgiiltigkeit 
des ,kleinen Mannes' in derlei Dingen gerechnet 
haben , und darauf sind wohl die verschiedenen 
Abknappungen des Gewichtes z. B. unter Iustinian 
zuruckzufiihren, dieSeeck Ztschr, fur Num. XVII 
47 bespricht, aber ,aus der geringen Verminde- 
rung' erklart, .welche die Gewichte selbst im Laufe 
zweier Jahrhunderte durch Abnutzung erleiden 
mussten'. Das Publicum rachte diese Unredlich- 
keit, indem es die Goldstiicke der verstorbenen 
Herrscher nur mit Disagio nehmen wollte; die 
Wahl dieses Mittels zeugt zwar von einiger Bor- 
niertheit, ist aber noch lange nicht so arg, als 
die Weigerung der Wiener Kleinkramer und Lohn- 
diener im J. 1894, Silbergulden als Zahlung ent- 
gegenzunehmen , deren Kopfbild das Portrat des 
Kaisers ohne Bart, also aus seinen ersten Regie- 
rungsjahren darstellte, da diese auf gar keinem 
realen Motive beruhte; sie erklart sich vielmehr 
sehr leicht daraus, dass man nicht bei jeder Kauf- 
gelegenheit eine feine Wage und unzweifelhaft rich- 
tige Gewichtsstucke zu verwenden Gelegenheit 
hatte. Gegen die wiederholt erlassenen kaiser- 
lichen Verbote (so erneuert nov. 14 ValentiniansID!. 
aus dem J. 445) siindigte z. B. auch der Ver- 
fasser des Kaufcontractes vom J. 359 (Herm. XIX 
424), wo die Zahlung stipuliert ist iQvafiv&v] 
dsa^coztxcor xexgaygaufitaloiv di^codmv (di£cpd(uv 
bezieht sich auf den ublichen Reverstypus) durch 
das an der ersten Stelle gesetzte Adjectiv. Aber 
dieser Gebrauch oder Missbrauch hat sich nicht 
ganz ertCten lassen. Auch die spatere Zeit kennt 
den Mavovr))Atr]g , den Pcofiavdxrjg u. a. Bezeich- 
nungen nach dem pragenden Regenten. Ausser 
dem Solidus [xgvaivog , vouioua) werden auch 
Halbstucke (semisses, ^/n^gvaivoi) und baufiger 
Drittel (trientes, tremisses) und seltener das Tetar- 
teron gepragt. Multipla, die im 4. Jhdt. noch hau- 
figer gewesen sind, verschwinden fast ganz. Aus- 
nahmen fehlen indes nicht, und unter ihnen verdie- 
nen an erster Stelle die ein voiles Pfund wiegenden 
Goldmedaillons genannt zu werden, die Kaiser Ti- 
berius Constantinus zu Geschenkzwecken bestimmt 
hatte (Gregor von Tours hist, franc. VI 2: aureos 
etiam singularum librarian pondere habentes ab 
una parte ieonem imperatoris pictam, et seriptum 
in eiroulo , Tiberii Constantini perpetui Augusti', 
ab alia vero parte habentes quadrigam et aseen- 



1153 



Byzantion 



Byzantion 



1154 



sorem eontinentesque seriptum ,gloria Romano- 
rum'), also dasselbe Gewicht darstellten wie das 
im Wiener Hofmuseum aufbewahrte Goldmedaillon 
des Kaiser Valens mit gloria Romanorum (bei 
Kenner Rom. Medaillons nr. 354). Das schwerste 
Stuck, das uns das Fundgluck aus der byzan- 
tinischen Goldpragung iiberhaupt gezeigt hat, 
ist das Goldmedaillon Iustinians I. mit dem Re- 
vers salus et gloria, Romanorum und dem Munz- „.™ . __ , . ort _ .. 
index CONOB, das ein halbes romisches Pfund 10 16" ~ 175 und 180 * olles 



Te%va>fievoi xegSrj otxeia 6ybor\KOvxa xal choltov 
fiovovs (meg tov axaxrjDog didoo&ai rovg ojSolovg 
Siezdg'avTo. Die 14. Novelle Valentinians III. 
hatte verfugt: ne unquam intra septem milia 
nummorum solidus distrakatur, emptus a col- 
lectario septem milibus dueentis, also 1 Solidus 



zwischen 7000 und 7200 Nummi oder 
7200 



7000 

10 



und 



= 36 Solidi wog; es war 1751 im kappadokischen 
Caesarea gefunden worden und ist 1832 bei dem 
grossen Diebstahl im Pariser Museum vernichtet 
worden. 

Anhangsweise sei noch bemerkt, dass nach 
einer feinen Beobachtung Seecks Ztschr. fur 
Num. XVII 55ff. aus Cod. Theod. XII 7, 1. X 
19, 4 geschlossen werden muss, dass bei gewissen 
Zahlungen an die Staatskasse eine ErhOhung der 



Die Sprache der Legenden ist in Auf- 
rechthaltung des romischen Staatsgedankens zu- 
nachst die lateinische. Die erste griechische 
liest man auf Kupfer von Heraclius I. aus der 
karthagischen Munzfiliale: ev tovzo vlxa. Das 
allmahlich erstarkende Eindringen griechischer 
Buchstaben in die lateinischen Legenden (z. B. 
bei Heraclius I. ERACAIO CONSVAE) hat um 
so weniger Auffalliges, als derlei ,Stempelfehler' 



Abgabe formell dadurch herbeigefuhrt wurde , 20 bereits auf Reichspragungen von Antiochia in 



dass man nicht 72 Solidi, sondern erst 84 Solidi 
mit einem Pfund glich, das also dann 382,03 
Gramm normal wog, und dass dieses Pfund bei 
Symmachus rel. 13, 2 gemeint sei: urbanis pon- 
deribus eonferendas, id est trutinae largioris 
examine. 

Die Silberpragung, die gegenuber den bei- 
den anderen Metallen sehr zurucktritt, basiert auf 
der Siliqua (xeoanov), die i/» 4 Solidus gleichge 



der Zeit des Pescennius Niger und Septimius 
Severus sich finden. Die Namen der Munz- 
statten erscheinen noch fruher in griechischer 
Form Kvt, . , Xegomvog u. a. , wozu ubrigens 
schon in diocletianischer Zeit Anfange gegeben 
sind. 

T i t u 1 a t ur. Noch Theodosius II. und Marcianus 
bezeichnen sich in der seit mehr als anderthalb Jahr- 
hunderten ublichen Weise als d(bmmusj nfoster) 



setzt wurde (s. Siliqua). Genaueres lasst sich 30 Theodosius, bezw. Marcianus p(ius) f(elvc) Au- 



iiber ihre Genesis, ihren Zusammenhang mit der 
unter Diocletian -eingefuhrten Silbermiinze mit 
dem Wertzeichen XGVI{= y 98 des Silberpfundes), 
sowie tiber ihre Beziehung zum Dekargyros (s. d.) 
und zum Miliarense (s. d.) nicht sagen. Teile der 
Siliqua sind die MQnzchen mit der blossen Wert- 
zahl auf der Rttckseite: ON (= 250) und PKE 
(- 125) oder PK {= 120), die unter Iustinus I. 
beginnen (bekanntes HOchstgewicht des ersteren 



g(ustus). Leo I. wird d. n. Leo perpetftcusj Aug. 
genannt, und dieser Neuerung schliessen sich mit 
wenigen Ausnahmen die Miinzen seiner Nach- 
folger bis auf Constantin II. an, der noch gewOhn- 
lich als d. n. Constantinus pp. Au. erscheint. 
Doch ist schon die bisherige Ordnung bei ihiu 
gelockert; bald fallt d. n., bald pp., bald Au. 
w"eg. Mit Iustinian II. tritt in den Titel mit- 
unter servfus) Christi ein (z. B. d. Iustinianus 



37 g., der PKE Stucke -y6g., vonPZ • 69 g.); 40 serv. Christi), mit Anastasius II. mulftis annis). 



die Einheit, auf die sich die Zahlen beziehen, ist 
das vovfipiov. Das Wertverhaltnis von Gold zu 
Silber war 397 das, ut pro singulis libris argenti 



72 



qidnos solidos inferat, also -=• : 1 = 14-4:1 (Cod. 

Theod. XIII 2, 1); 422 so, dass pro singulis 
libris argenti quaterni solidi praebeantur (VIII 
4, 27). Das wichtigste Kupferstiick der fruheren 
byzantinischen Zeit ist der follis {s. d.), der schon 



daher z. B. Leo III. d. n. Leon p. A. mul., Arta- 
vasdes d. Artavasdos multu A. Leo IV. und Con- 
stantin V. werden vereinzelt als deajtfozatj be- 
zeichnet und als jlaodTg. Damit sind die in der 
letzten Zeit wohl ohnehin nicht mehr immer ver- 
standenen Titulaturstucke d. n. pp. Aug. ganz 
abgeschafft und machen einer neuen Entwicklungs- 
reihe Platz. Doch tritt Aug. noch gelegentlich, 
wohl gleichbedeutend mit flaodevg, auf. Michael I. 



in den ersten Jahren der Regierung Constantins 50 und sein Sohn Theophylaktus bezeichnen sich aus 



d. Gr. auftaucht{Migne Patrol. Lat. XLIII 795 
Euseb. hist. eccl. X 6, 1. Cod. Theod. XI 36, 2. 
3. XHI 3, 1. VII 20, 3). Seit Anastasius I. tragt 
der follis die Wertzahl XXXX oder If (= 40 
nummia), seine Teilstucke sind mit XX oder K 
(das slxoaaQtov oder oySo/.o'j), / oder X (dexavovfi- 
fuor), V oder E (xsnarovu/uov) und A (num- 
mus , vovfifiiov) bezeichnet. Das Verhaltnis von 
Kupfer zu Gold wird 396 dahin bestimmt. ut pro 



fuhrlicher als (iaadts Po/iatov; Michaels Nach- 
folger und dessen Sohn als Aeov xe KovazavrXvs 
ix &eov fiaodig Pouaiov oder iv X(qujx^) evoeflis 
$aodi(s) Pofx. Michael III. nennt sich impera- 
tforj, vielleicht schon Nikephoros II. und Basi- 
lius II. zusammen als avTfoxgdtogegJ , sicher so 
bereits Johannes I. ('Ia>aw. h Xa>. avzoxgar. 
svoefl. fiaodsvg Pcofialoi). Um die Zwischenzeit 
zn uberspringen, bemerke ich nur noch, dass der 



XXV libris aeris solidus a possessore reddatur, 60vorletzte Palaeologe, der letzte uns bekannte Mnnz- 



also 25 X 72 : 1 = 1800 : 1 (Cod. Theod. XI 21, 2); 
538 werden statt XXV m der sonst wortgleichen 
Vorschrift XX eingesetzt , also 20 X 72 : 1 = 
1440 : 1 (Cod. lust. X 29). Beziehung zum Solidus 
bei Procop. hist. arc. 25 p. 72 d (etwa im J. 557) 
zwv . . . agyvQauoifiwr xqozcqov dexa xal biaxo- 
oiov; o/loXov;, ovg (poXleig xo/.ovoiv, vjtkg kvog oxa- 
xijoog yQvaov jiQolea&ai . . . elto&oxwv, avxoi im- 
Pauly-Wisgowa III 



herr des griechischen Constantinopel, als 'Ia>av(vr\g) 
dea.-iozt}; 6 JIa?.e6).oyog 9(eo)v %clqixi fiaodevg x(&(v) 
Pa>n£(ov, daneben aber auch als 'Iwav. fiaodsig 
6 ITaXeoXoyofiJ oder bios als 'lot., der letzte Kom- 
nene in Trapezunt als AfaoviS) $(aodevg) o Ko/x- 
vftjjvog erscheint. 

Die Reverslegenden sind bis auf Anasta- 
sius I. im wesentlichen noch denen des 4. Jhdts. 

37 



1155 



Byzantion 



Byzantion 



1156 



Riickseitestempel M 
( = 40 , namlich 
vovfipta , also ein 
Pollis), anno XIIII 
der Regierung Iusti- 
nians , gepragt in 



gleich, obwohl an Zahl geringer und zusehends 

abnehmend. Von Arcadius bis auf Anastasius, 

also rund in einem JahrhundeTte, sind nicht mehr 

zu verzeichuen als die conoordia Augg. und die 

coneordia militum ; gloria Romanorum und gloria 

orvis terrarum; invieta Roma, urbs Roma, urbs 

Roma felix; salus Augg., solus reipublieae; sa- 

lus orientis, fdicitas oceidentis; victoria- Augg., 

victoria exereitus un d victoria Romanorum ; eben- 

so virtus Augg. , virt. exere. Rom. und virtus 10 KYZ (Cyzicus) am 

Romanorum; vota Romanorum und vot(is) X, zweiten (B) Miinz 

multfisj, XX o. a. ; endlich vereinzelt adventus s. 

d. n. Aug., feliciter nubtiis, imp. XXXXTI cos. 

VII p. p., nova spes reipublieae und triumfator 

gent. barb. Mit Anastasius beglnnt das Wert- 

zeichen das Feld des Kupferstuckes zu dominie- 

ren, bald tritt auch die Angabe des Regierungs- 

jahres hinzu und die alten Keverslegenden ver- 

schwinden ganz; nur die victoria Augfusti) oder 



gfustus) und Biiste des gewappneten Kaisers, der 
die vom Kreuz gekronte Weltkugel in der Rech- 
ten halt, mit dem 




tisch. 

Miinz am ter 
(Miin zhauser, Miin z- 
amter , Emissions- 

stellen). Bereits in der Zeit des Septimius Severus 
(s. Kubitschek Quinquennium 1890—1894, 80) 
und wahrscheinlich noch fruher sind auch ausser- 

— ,„„;,, ., halb Eoms Reichsmiinzstatten organisiert ge- 

A^rustorumj'er^lt sich" noch lange auf dem20wesen. Seit Aurelian wurden die verschiedenen 

.... ,. „ Provenienzen durch die Initialen oder andere 

Siglen der Ortsnamen gekennzeichnet , wahrend 
die Durcbzahkmg der in einem und demselben 
Munzhause thatigen Unterabteilungen (Tische, 
Offlcinen) durch lateinische oder griechische Zahl- 
zeichen oder durch Punkte schon weit fruher be- 



Goldstiicke. Mit Heraclius beginnen die frommen 
christlichen Wendungen, zunachst deus adiuta 
Ronwnis, dann unter Iustinian II. biirgert sich 
d. n. Jes. Cks. rex regnantium ein, anfangs nur 
auf Gold und Silber. Fast im ganzen iibrigen 
Eest der byzantinischen Reiche gehort die Revers- 
legende dem Mitregenten oder einem Ausdruck 
religiflsen Gefuhles (seit Constantin VI. haufig 



gonnen hat. Wahrend der zweiten Tetrarchie 

sind 15 Aniter thatig, die in Rom und in den 

'Ifnoovh Xfeioxok vtxa, auch 'I(hoov)s XQim6g, Hauptstatten der Dioeceses gelegen sind (Mom- 

m. a„j..<i„ ~x „x x„:-.i„ _ tt,«/w,ww _ die 30 sen Ztschr. fur Num. XV 239ff.). Die Unterschei- 



Kvqw $or\§n to oo dovko — Theophilos 
Madonna nM^VeJ ^(eo)v — Theophano — , noch 
spater und seltener andere Heilige, so unter den 
letzten Palaeologen Theodoros, Andronikos, De- 
metrios, Michael, in Trapezunt Johannes und am 
haufigsten Eugenios). 

Die Typen werden noch einfOrmiger, als sie 
in den letzten Decennien vor der Teilung des 
rCmischen Reiches sich gestaltet hatten. Seit 
Anastasius I. verfallt Stil und Technik iiberdies 



dung von Miinzamtern und Tischen innerhalb 
dieser wird atich in den byzantinischen Pragungen 
bis auf Kaiser Leo III. Isauricus beibehalten. Seit 
Anastasius zeigt aber bios das Kupfer eine Mannig- 
faltigkeit der Miinzhauser an, wahrend Gold nach 
Ausweis der Marken nur mehr in Constantinopel 
zur Pragung gelangte. Silber tragt nur aus- 
nahmsweise den Herkunftsstempel, von Constan- 

„„„,„„,„„„ „. iv , _. tinopel, von Rom und einmal von Neapel (?). Die 

in'bTsonders' auffauVger Weise, und seit dieser 40 Zahl und die Lage der Miinzhauser verandert sich 



Zeit haben die Geprage jenen merkwiirdigen starren 
Habitus, ohne dass dadurch dem weiteren Nieder- 
gang der Kunstiibung eine Grenze geboten wor- 
den ware. Noch sieht man auf der Hauptseite 
(Vorderseite) das Bild eines Regenten (Kopf, Biiste 
oder ganze stehende Gestalt) oder der Samtherr- 
scher; spater treten Christus oder die Mutter- 
gottes, auch Heilige (so der Erzengel Michael) 
als Beschiitzer des Kaisers hinzu. Mitunter fallt 



naturgemass in den verschiedenen Entwicklungs- 
phasen des byzantischen Reiches. Sie ist am 
grossten unter Iustinian I. nach der Eroberung 
grosser Landerstrecken des ehemaligen abend- 
landischen Reiches. 

Die Siglen fur die Namen der Miinzhauser 
stehen in der Regel im Abschnitte (a l'exergue) 
des Reverses. Wir kOnnen mit Auslassung ganz 
fraglicher Miinzhauser folgende von Anastasius I. 



das Kaiserbildnis auch ganz weg, und die Titu- 50 oder Spateren constatieren : 'Afc£. == Alexandria in 



latur des Regenten oder sein Monogramm Mit 
die Vorderseite. Die Typen der Riickseite bringen 
anfangs noch die aus den fruheren Pragungen ge- 
wohnten Gestalten der Moneta mit Fullhorn und 
Wage, den die Weltkugel in der Hand tragenden 
und das Kreuz auf dem Labarum fuhrenden Monar- 
ches die weltbeherrschende Roma, das Reiterstand- 
bild des Kaisers, die Victoria, ein Tropaion, einen 
Festungsbau u. a. Nach nnd nach verschwinden 



Agypten von Anastasius I. bis auf Constantinus IV. 
'Avz., m(oneta) Ant., 'Avzi„ 'Amy.. — Antiochia am 
Orontes seit Anastasius I. ; nachdem es durch das 
grosse Erdbeben zerstart und als Theupolis neu 
aufgebaut worden war, laufen bis auf Heracleo- 
nas die Marken Tkeu., Theup., Tlwupo., Ov, 
6vx, Gvxoli: u. a. Cat. — Catania von Mauritius 
bis auf Heraclius Constantinus. Xcq., Xegcovo;, 
XegcKovog = Cherson unter Iustinianus I. und 



auch diese Typen und das Kreuz, das Monogramm 60 Mauritius. Isaur. = Isauria unter Heraclius und 



Christi (beide schon unter Arcadius), und Bilder 
von Heiligen bilden den gewohnlichen Schmuck 
der Ruckseite der Gold- und Silberstucke. Am 
diirftigsten wird das Kupfer bedacht, das nach 
einem entscheidenden Schritte Anastasius I. ge- 
wohnlich nur mehr Schrift auf der Ruckseite tragt; 
z. B. ein Follis des Iustinianus I. (Vorderseite: 
d(ominus) nfbsterj Iustinianus p(er)p(etuus) Au- 



Heraclius Constantinus. Ct., Car., Kar., Kart., 
Krtg. , Kartago = Karthago von Iustinus I. bis 
auf Iustinianus II. Co. m., Con., Cons., Const. 
= Constantinopel bis auf Leo III. Auf dem Gold 
regelmassig in Verbindung mit der Wertmarke, 
daher gewOhnlich CONOB oder COMOB. Kvxq. 
= Kypros von Heraclius bis auf Heracleonas. Kv., 
Kv£. = Kyzikos von Iustinus I. bis auf Heraclius 



1157 



Byzantion 



Byzas 



1158 



Constantinus. Ml. = Mailand unter Mauritius. des Hauses Sotheby, Wilkinson and Hodge 1896), 

JVe. = Neapel unter Constans II. und Tiberius HI. die von der tiirkischen Regierung erworbene des 

.A/*., Nic, Nix., Ncxfi., Nixo. = Nicomedia bis auf Makridi Pascha und die dem Petersburger 

Heracleonas. Ra., Rab.,Rav., Ravenn., Ravenna Kabinet einverleibte von Photiadis Pascha 

-ron Iustinian I. bis auf Leo III. R., Ro., Rom., (Katalog von Wilhelm FrOhner 1890). 
Roma bis auf Constantinus IV. Sel., Sicilia, Se- [Kubitschek.] 

cilia von Mauritius bis auf Leo III. Tes., To., 2) Kiistenplatz der vorderindischen Peiratai, 

6eo. = Thessalonike von Iustinus I. bis auf Hera- Peripl. mar. Erythr. 53. Steph. Byz. ; BvfcvreTov 

cleonas. Ob aus dem Aufhflren der Miinzhaus- Ptol. VII 1, 7, verschrieben Pisauta Tab. Peut., 
marken unter Leo III. auf die Concentrierung der 10 Byzantium Iul, Honor, u. Ethicus ; siidwarts fol- 

Miinzpragung in Constantinopel, wie das Sab a- gen bei Ptolemaios die Heptanesia (jezt Burnt 

tier I 46 thut, geschlossen werden darf, wage islands oder Vingorla rocks, port, ilheos Queima- 

ich nicht zu entscheiden. Innerhalb eines und dos, skr. Dandavasi) und der Chersonesos, d. i. die 

desselben Miinzhauses werden die einzelnen Tische heutige ilha da Goa ; nordwarts lag Melizeigara, 

mit den Zahlzeichen A bis E unterschieden. aber d. i. die siidlich vom Hafen Dabhul an der Miin- 

diese Angaben finden sich sehr viel seltener als in dung der Sastri (port, rio de Sanguicara) gelegene 

der spatromischen Miinze. Genauere Tabellen und Feste Gray-gar. Der antiken Namensform Iiegt 

Untersuchungen stehen ubrigens auf diesem Ge- offenbar das skr. Partic. vi-gdyat, prakr. vigyanta, 

biete noch aus. ,obsiegend' zu Grunde ; die Konkanakuste war noch 
Litter atur. Fur ihre Zeit vortrefflich und 20 bis in das vorige Jahrhundert hinein eine Heim- 

lieute noch unentbehrlich sind Ducange De im- statte der Piraten. Der Lage und dem Namen 

peratorum Constantinopolitanorum numismatibus nach entspricht am besten der Hafen von Vigya- 

(ofters abgedruckt, auch als Anhang des 7. Ban- drug (oder -durga) ,Siegesfeste' an der Mflnde des 

des des Glossarium Lat. 145ft., Paris 1850) und Vag6tanaflusses (port, rio de Carapatao), wo einst 

BanduriNumismata imperatorum Romanorum a der Piratenhauptling Angria seinen Hauptsitz 

Traiano Decio ad Palaeologos Augustos 1718; hatte, in 16° 30' nSrdlich; 1 legoa nOrdlicher 

dazu das Supplementum von Tanini 1799. An finden wir die verfallene Feste Isvantgar, wo der 

die Untersuchungen von Saulcy Essai de classi- Fluss von <5eita-pur und Danda-Ragapur aus- 

fication des suites monetaires byzantines 1836 und miindet; sfldlich von Vigya-drug, nahe dem Karli- 
J. etL. Sabatier Production de Tor, de l'argent 30 fluss 16° nflrdlich befindet sich die Bucht von 

et du cuivre chez les anciens et hdtels mone"taires Malundi oder Sinda-drug , der Sitz der Malwan- 

romains et byzantines 1850 knupft das Haupt- piraten. Man vergleiche dazu die Artikel Mu- 

werk an: J. Sabatier Description generale des so pa lie und Tyrannosboas. [Tomaschek.] 
monaies byzantines frapp^es sous les empereurs 3) In Libyen (BvCavrsg Eustath. zu Dion. 

d'Orient depuis Arcadius jusqu'a la prise de Con- Perieg. 803) s. Byzacium. 
stantinople par Mahomet II 1862 mit 70 Tafeln, Byzas {Bvfas, auch Tufa? Steph. Byz. s. yv- 

vora Verfasser als suite et complement de la de- valxoanolig) , Heros eponymos und angeblicher 

scription historique des monnaies frapp^es sous Griinder der Stadt Byzanz (daher mit Constantin 

1'empireRomain par H.Cohen ausgestaltet, ebenso zusammengestellt, Claud, in Eutr. 2, 83) und ihrer 
gewissenhaft in der Materialsammlung, aber mit40Mauern, von Diod. IV 49, 1 auf die Zeit des 

noch geringerem Verstandnis fur die Aufgaben Argonautenzugs angesetzt (vgl. Dionys. Byz. 24 

wissenschaftlicher Forschung; von Cohens Werk Wesch.). Die Legende erscheint in verschiede- 

kommen hier hauptsachlich VII« (1888) und VHP nen Wendungen: B. war Sohn der einheimischen 

2 (1892), also die Miinzungen von Constantin Nymphe Semestra, Hesych. Mil. patr. C. 5 (FHG 

d. Gr. bis zum Untergang des westrOmischen IV 147); er war ein thrakischer Konig, und wurde 

Reiches in Betracht. Speciellere Litteraturnach- Gemahl der Phidaleia ; diese war die Tochter des 

weise bei Lipsius Bibliotheca numaria (1801). Barbysios, der Herrscher in der Gegend von By- 

Leitzmann Bibliothecanumaria2(1867). Koner zanz war, und grundete nach der Aufforderung 

Repertorium iiber die vom J. 1800 bis zum ihres Vaters die Stadt Byzanz; sie stellte die 
J. 1850 auf dem Gebiete der Geschichte . . . er- 50 Tvzv unter dem Namen Kegotj (wohl = KtQotaaa 

schienenen Aufsatze (1856). Friedlander Reper- bei Hesych.) auf, Chron. pasch. I 494 Bonn, (ab- 

torium zur antiken Nuraisraatik (1885) und Krum- gekurzt bei Malal. 320). Die Localisierung der 

bacher Geschichte der byz. Litteratura (1897) Iosage am Bosporos veranlasste eine weitere Com- 

1128—1132. Abrisse der Geschichte des Miinz- bination: Io gebiert beim Kigag von Byzanz (am 

wesens am besten bei F i n 1 ay A history of Greece Nil Nonn. Dion. XXXn 69f.) die Keroessa, welche 

I 432 — 453 (Oxford 1877) und bei En gel et dem Meerbusen den Namen giebt; die Keroessa 

Serrure Traite" de numismatique du moyen-age wird bei der Nymphe Semestra aufgezogen und 

(1891/94). Die Anfange der byzantinischen Numis- gebiert dem Poseidon den B., der seinerseits von 

matik behandelt am eingehendsten, aber nicht oft der Quellnymphe Byzia ernahrt wird, Hesych. 8. 9. 
hberzeugend Seeck Ztschr. f. Num. XVLT 1887, 60 Procop. de aedif. I 5 p. 191 Bonn. Dion. Byz. a. 

36 — 89. 1 IS— 166. Specialsammlungen sind nicht a. O. Fabeleien (zum Teil etymologische Mythen) 

zu zahlreich: hier seien erwahnt Soleirol (Kata- iiber Heldenthaten des B. und seiner Gemahlin 

log 1855), Sabatier (Iconographie d'une collec- Phidaleia, ihre Kampfe gegen Thraker und Sky- 

tion choisie de 5000 medailles [1877]; an Grafen then, gegen den Bruder des B. Stroibos, iiber die 

Strogonoff 1856 veraussert), Graf Salis (erwor- Unterstutzung des B. von Kalchedon aus durch Di- 

ben vom British Museum), Vicomte de Ponton neos, der sein Nachfolger wird, s. bei Hesych. llff. 

d'Ame'court (Verkaufskatalog des Hauses Rollin Steph. Byz. s. yvvaixoanoXtg. Tzetz. chil. II 934. 

et Feuardent 1887). Montagu (Verkaufskatalog Dion. Bvz. 59. Nonn. ni 370. Nach einer andern 



1159 



Byze 



Byzonoi 



1160 



Wendung ist B. dagegen Fuhrer d«r raegarensi- 
schen Colonisten, Hesych 5. Eustath. z. Dion. Per. 
803. Steph. Byz. s. Bv£avxtov. Auf B. ist wohl 
ZU beziehen Bv£avTiov ex -&eov ixxla^tj, Dionys. 
Halic. ars rhet. 6, V p. 260 R. , doch vgl. By- 
zantion o. S. 1128. B. erscheint in der Xaiser- 
zeit auf Miinzen von Byzanz (s. oben S. 1150 und 
Svoronos 'E<pt]u. agx- 1889, 79. 115); eine 
Statue des B. und der Phidaleia wird erwahnt 
bei Hesych. 34, wenn man der verworrenen Dar- 
stellung glauben darf, schon aus dem 4. oder 
3. Jhdt. v. Chr.; vgl. Nikeph. Greg. I 305, 10 
Bonn. Kodin 59, 5 Bonn. Epigramme auf Statuen 
des B. und der Phidaleia Anth. Planud. 66. 67. 
Der Sophist Markos fiihrte sein Geschlecht auf 
B. zuriick, Philostr. v. soph. I 24. 

[J. Miller.] 

Byze {Bvfy). 1) Eine der Tochter des Fluss- 
gottes Erasinos in Argos, za denen Britomartis 
aus Phoinikien kam. Nic. heter. 67 Schn. = Ant. 
Lib. 40. [Escher.] 

2) Angebliche Tochter des Byzas, Genes, p. 54 
Bonn. [J. Miller.] 

Byzenoi (Bvfrvol), Ptol. V 4, 10 eine Volker- 
schaft Galatiens an der Grenze Lykaoniens oder 
in Lykaonien selbst. [Buge.] 

Byzeres (BvfyQeg), nach Scyl. 82 (cod. Bov- 
otjQeg) ein pontisches, zwischen den Kolchoi und 
den an die Becheires anstossenden Ekecheirieis 
sesshaftes Volk, durch dessen Gebiet der Archabis 
und Arion floss; man erkennt dasselbe auch schon 
bei Hekataios in der verschriebenen Form Al£t}- 
geg, Steph. Byz. s. Xoi p. 692 Mein. ; es begegnet 
zumal bei den Dichtern der Argonautensage und 
in den aus Eratosthenes geschcpften Berichten, 
vgl. Apoll. Ehod. II 996. 1244. Dion. per. 765. 
Mela I 107 Buxeri (ebenso Plin. VI 11). Val. 
Flacc. V 157. 175. Amm. Marc. XXII 8,21, zu- 
sammen mit den Kolchoi, Saspeires, Becheires und 
Makrones bei Strab. XII 549 neben den Hepta- 
kometai. Sie bewohnten die Flussthaler {s. Po- 
tamiai) an der Nordseite des Paryadres, armen. 
Parchar, in der Strecke vorn Pyxites (jetzt Widze- 
su) bis zum Akampsis (Coroch) ; an der Ktiste 
lagen die Platze Morthula, Archabis, Kissa, Xyline 
und die in byzantinischer Zeit genannten Makrai- 
gialos und Gonia; welcher von diesen dem alten 
h/tjjv Bv^tjQtxog Steph. Byz. p. 190 entspricht, 
lasst sich nicht entscheiden. Arrianos, welcher 
aus eigener Kunde schcpfte, kennt auf dieser 
Strecke nur die Heniochoi und Machelones; und 
auch diese Sonderstamme der kaukasischen Abo- 
riginerwelt gingen zuletzt in den Tzannoi und 
Lazoi auf; die Sprache der Lazen ist bekanntlich 
nur ein Dialekt des Mingrelischen und Georgi- 
schen. [Tomaschek.] 



Byzes. 1) Bvtyg (Steph. Byz. s. BvCavttov), 
s. Byzas. [J. Miller.] 

2) Byzes von Naxos. Sein Name war dem 
spateren Altertum lediglich durch die auf den 
Basen altertumlicher , in Naxos beflndlicher und 
dem Apollon geweihter Statuen angebrachte Weih- 
inschrift bekannt, die uns Pausanias V 10, 3 liber- 
liefert hat: Ndgiog Evegyos (is yivet Aqzovg nogs, 
Bv£ea> itaTg, 3s Tigmxtorog 7svg~e Xi&ov xsQapov. 

10 Man kann in diesem Distichon den Relativsatz 
sowohl auf B. als auf Euergos beziehen, so dass 
zweifelhaft bleibt, ob der Vater oder der Sohn 
als Erflnder der Marmorziegel bezeichnet wird. 
Pausanias entscheidet sich fur den Vater, den er 
auf Grand einer fur uns nicht controllierbaren 
Tradition in die Zeit des Alyattes und Astyages 
setzt. Auf der athenischen Akropolis hat man 
eine Anzahl von Dachziegeln gefunden, die aus 
naxischem Marmor, iibrigens ziemlich rob. gear- 

20beitet sind. Einer von ihnen tr&gt in naxischem 
Alphabet die Inschrift BY. Wenn man, was un- 
gemein nahe liegt und von Sauer mit allem Vor- 
behalt vorgeschlagen ist (Athen. Mitt. XVII 1892, 
41. 78), hierin die Fabrikmarke des B. sehen darf, 
so wiirde Pausanias mit seiner Auffassung des 
Epigramms Recht behalten ; jedesfalls bestatigt 
der Fund die dort behauptete Erfindung der Mar- 
morziegel auf Naxos. Ini Zeitansatz aber hat 
sich Pausanias vergriffen, denn unter das 7. Jhdt. 

30k8nnen jene Ziegel nknt herabdatiert werden. 
Ebenso irrt er, wenn er dem B. selbst jene Bild- 
werke auf Naxos zuschreibt und so den Steinmetz 
zu einem Bildhauer macht. Die Existenz einer in 
der litterarischen Uberlieferung vOllig ausgefalle- 
nen Bildhauerschule auf Naxos ist allerdings von 
Sauer a. O. 37ff. erwiesen worden, wenn ihr 
auch vielleicht nicht alle Bildwerke gehOren, die 
Sauer ihr zuschreibt. B. aber war sicherlich 
kein Mitglied dieser Bildhauerschule, sondern der 

40 Besitzer einer Steinmetzwerkstatt. Overbeck 
Griech. Plast.4 I 84. [C. Robert.] 

Byzia (Bv&a) , Quelle in Thrakien , ohne 
Zweifel in der Nahe von B., die noch zu Hesychs 
Zeiten von den Biirgern beniitzt wurde ; die Quell- 
nymphe B. wird die Amme des Byzas (s. d.) ge- 
nannt bei Hesych. Mil. patr. Constantinop. 9, FHG 
IV 148. ( [J. Miller.] 

Byzinos (Bv^Tvo;, Bv^rjvog), angeblicher Sohn 
des Poseidon (Zenob. II 63. Diogen. Vindob. I 

50 99) , erf unden urn die sprichwCrtliche Redensart 
fiv£ivri jcagQrjaia zu erklaren, vgl. Crusius in 
Roschers Myth. Lex. I 841. [J. Miller.] 

Byzonoi, ein Volk des skythischen Binnen- 
landes , das sich ausschliesslich von Kuhmilch 
nahrte, Zenob. V 25: Bv^tovol fjttaoyuoi fiov; dfii/.- 
yovxeg fidvfl xaixt] xootpfj yooivxai. [Tomaschek.] 



c. 



(Griechische "Worte sind unter K zu suchen.) 



Cabacos, Ort an der taurischen Nordkiiste, 
nahe den Graben (s. Taphroi) oder der fossa facta 
per servos Seutarum, Tab. Peut. [Tomaschek.] 

Cabaenm s. Gab a cum. 

Cabalaca s. Chabala. 

Cabalio (CabaUio) s. Cabellio. 

Caballodunum s. Cabillonum. 

Caballucome, ein Ort zwischen Laodikeia 
Katakekaumene und Iconium, Tab. Peut. LX 5 



M a n s i Act. concil. Ill 846) ;vgl. Augustinus contra 
Cresconium Donatistam IV 6, 7 (Migne LX 552). 
BischOfe eben dieser Stadt scheinen erwahnt zu 
werden, als Teilnehmer an eben jener Versamm- 
lung im J. 393 (Aug. enarr. in psalm, a. a. O. 
gegen Ende: Cebresutarms, var. Gebresusitanus), 
bei dem Religionsgesprach zu Karthago im J. 411 
(collat. Cartb. 1 208, bei Man si Act. concil. IV 
161. Mign e Patr. Lat. XI 1348 Cebarsussmsis), 



(Miller). Ramsay (Asia minor 359) und Tom a- 10 unter Iustinian (Victor. Tonn. chron. s. a. 555 



schek (S.-Ber. Akad. Wien 1891 vm 103) setzen 
es gleich KdficdXa (Cinnamus II 5f.). Ramsay 
sucht dieses bei Tschigil nordwestlich von Konia. 
Wenn es wirklich = C. ist, so hat Ramsay recht 
mit seiner Behauptung, dass die Tab. Peut. falsche 
Angaben macht. Dass hier etwas in Unordnung 
ist, geht schon aus der voTlig falschen Angabe 
Laudicia-Icondum = 98 Milien (140 km.) hervor, 
wahrend die Entfernung in Wirklichkeit nur 20 km. 
betragt. . [Ruge.] 

Caballus s. Tettius Caballus. 

Cabardiacensis , Beiname der Minerva (me- 
dica) auf zwei Inscnriften, die aus dem bei Travi 
gelegenen Heiligtum (s. Cabardiacum) dieser 
Gottin stammen, CIL XI 1301. 1306 (Minervae 
medicae Cabardiacensi); vgl. Preller Rom. 
Myth. 13 295. Friedlander Sittengesch. Ill 6 
575. WissowaRoschersLexikonII2991. Schwer- 
lich darf mit dieser Minerva die spanische dea 



und 567, bei Mom ms en Chron. min. II 204. 206: 
Cebarsusitana ecclesia, Cebarssussitanus oder 
Cebarsuseitanus episeopus), und vielleicht noch 
im J. 646 (Mansi Act. concil. X 928: Cebara- 
defensis; hier unter den BiscfiOfen der Byzacena). 

[Dessau.] 
Cabellio, Stadt der Cavaren in Gallia Nar- 
bonensis, an der Druentia gelegen, Strab. IV 179 
(KaPakkiwos). 185 [Ka^aXUajva). Ptol. II 10, 8 
20 (Kaflzlh>ov xokcovla). Nach Artemidoros bei Steph. 
Byz. (Ka/telkitbv) hatte sie einst zu Massalia ge- 
hort; Plin. n. h. Ill 36 fiihrt sie unter den op- 
pida latino, der Provinz auf, Ptol. a. O. als Co- 
lonic (vgl. die Miinzaufschriften bei Holder Alt- 
celt. Sprachschatz I 660f.). Sie gehOrte zur Tri- 
bus Voltinia (Brambach CIRh. 1203 Cabalione); 
von Magistraten sind nachweisbar JUIviri (CLL 
XII 1050. 1051) , ausserdem sexviri Augustales 
(nr. 1052) und eine flaminica Aug(ustae) , CIL 



Cabar .... CIL II 403 (aus Vizeu in Lusitanien, 30 XII 3242 Cabell(ione) . Ein curator Cabdlfien- 



der Dedicant ist imaginifer der eoh. Ill GaUo 
rum) identifleiert werden, wie Steuding (Ro- 
schers Lex. I 842) anzunehmen geneigt ist. Der 
Name des Orts ist keltisch. Holder Altcelt. 
Sprachsch. s. Cabardmsis (pagus). [Dim.] 

Cabardiacum, ohne Zweifel antiker Name 
des jetzigen Fleckens Caverzago bei Travi am 
linken Ufer der Trebia, wo ein vielbesuchtes Hei- 
ligtum der Minerva (medica) Cabardiacensis be- 



siumj CIL XII 3275 (u. p. 837). Erwahnt wird 
die Stadt, das heutige Cavaillon (dep. Vaucluse), 
ferner auf den Gefassen von Vicarello, CIL XI 
3281 — 3284 (Cabellionem , Cabellione), im Itin. 
Ant. 343 (Gabdlvme). 388 [Cavettiome), auf der 
Tab. Peut. {Cavalline) und sonst (die Zeugnisse 
am vollstandigsten bei Holder a. O.). Ableitungen 
sind Cabettieus (Not. Gall. XI 13 civitas Ga- 
vellieorum), Cabdbmensis (Cavellonensis Gregor. 



stand. Weihinschriften daher CIL XI 1292— 1309. 40 Tur.). D esjar dins Table de Peut. 59. Longnon 



Bertolotti Bull. d. Inst. 1867, 219—224. 237 
— 247. Auch der Name eines fundus Aestini- 
anus Antistianus Cabardiacus und eines fun- 
dus Cabardiacus vetu-s, beide pago Ambitrebio 
in Veleiate adfine republioa Plaeentinorum in 
der Tabula alimentaria Veleias (CIL XI 1417 n 
47. 65) sind wohl sicher damit zusammen zu 
bringen. [Hiilsen.] 

Cabarsussis (dies scheint die Uberlieferung 



Ge-ogr. de la Gaule 442. O. Hirschfeld CIL 
XII p. 136. [Thm.] 

Cabenses. 1) In Hispania ulterior. Eine res 
p(ublica) Cabensium wird erwahnt als auf einer 
jetzt verlorenen Inschrift genannt, die unweit 
Teba, zwischen Campillos und Hardales ira sud- 
lichen Andalusien nur von Rodrigo Caro gesehen 
worden ist (CIL II 1948). An der Richtigkeit 
der Lesung braucht nicht gezweifelt zu werden, 



bei Augustinus enarr. in psalm, zu sein, wahrend 50 da Caros Angaben sich meist als zuverlassigheraus- 



sonst Cebarsussis iiberwiegt), Ort in Africa, ver- 
mutlich in Byzacena, wo im J. 393 eine Gruppe 
donatistischer BischOfe ihren Collegen Primianus 
von Karthago ab- und dafflr Maximianus einsetzte 
(Schisma der Maximianisten), Aug. enarr. in psalm. 
XXXVI 2, 20 (Aug. opera ed. Migne IV 376. 



gestellt haben. Caba oder Cabum wird der Name 
des Orts gewesen sein. [Hubner.] 

2) Cabmses (Gabienses cod.) in nicmle Albano 
wurden von Plin. n. h. HI 64 unter den unter- 
gegangenen VOlkerschaften Latiums genannt; sie 
sind, wie Mommsen Bull. d. Inst. 1861, 206 



1163 



Cabetius 



Caccabus 



1164 



bemerkt hat, identisch mit den KafSavol bei Dionys. 
V 61. Die Stadt Cabe oder Cabum ist in histo- 
rischer Zeit spurlos verschwunden , hat aber den 
sacerdotes Cabemes (s. Nr. 3) und, nach Momm- 
sens hochst wahrscheinlicher Vennutung, dem 
Monte Cavi oder Cave (so correct, nicht Cavo, im 
13. Jhdt. mons Cavae; vgl. Nib by Dintorni di 
Roma I 106) seinen noch danernden Namen ge- 
geben. Man mochte sie demnaeh im hochsten 



heisst der Unterlauf des Kurram von Bannah ab- 
warts Gambila. Die Suari sassen am Indus von 
der Salzkette bei Kalabagh abwarts ; zufallig heisst 
auch eine Afganentribus Suri. [Tomaschek.] 

Cablie(n)ses heissen die Bewohner einer un- 
bekannten Ortschaft auf der Inschrift von Narbo- 
CIL XII 4537 Kabliesifbusl. Hirschfeld OIL 
XII p. 933 bezieht sie auf Cabellio; man kOnnte 
auch an die Gabales denken (vgl. CIL XII 4370 



Teile des Albanergebirges, oberhalb Rocca di Papa, 10 Qabaliensis veteranus). Holder Altcelt. Snrach 

on/.lia»i Vrrl T»naoon m, HJl "VTX7 OOOO / ITT __1_-J._ T />/*P ~, * , 



suchen. Vgl. Dessau zu CIL XIV 2228 (= VI 
2021. 2178). [Hiilsen.] 

3) Cabenses sacerdotes, mit vollem Namen 
Cabenses sacerdotes feriarum Latinarum montis 
Albani (CIL VI 2173 = 2021 = XIV 2228) oder 
sacerdotes Cabenses montis Albani (CIL VI 2174. 
2175), ein nur aus drei Inschriften der Kaiser- 
zeit bekanntes romisches Staatspriestertum, wel- 
ches die sacra der untergegangenen Gemeinde 



[Ihm.] 



schatz I 665. 

Cablinm s. Gabaeum. 

Cabris s. Gabris. 

Cabrnagenigi in Hispania citerior. Ein zu 
den Zoelae gehOriger asturischer Stamm, nur er- 
wahnt in dem Gastfreundschaftsvertrag aus Astu- 
rica vom J. 154, CIL II 2633. [Hiibner.] 

Cabuniaeginus, iberischer Gott, angefiihrt 
von Hiibner Monumenta linguae Ibericae 252 



der Cabenses in monte Albano (s. Nr. 2) wahr- 20 aus Bol. de la Acad. XX 1892, 538. Vgl. Aegia- 

zunehmen hatte und, wie der voile Name zeigt, ' 

an der Veranstaltung der feriae Latinae beteihgt 
war. In der Reihe solcher ehemals latinischer 
Staatspriestertiimer (s. Mommsen St.-R. Ill 579f. 
Marquardt St.-V. Ill 475ff.), die von Leuten 
ritterlichen Standes bekleidet zu werden pflegten 
(Mommsen a. a. O. Ill 567f.), scheinen die 
0. s. eine mittlere Rangstellung eingenommen zu 
haben (vgl. G. Wilmanns De sacerdotiorum p. 



munniaegus. [Ihm.] 

Cabylliimm s. Cabillonum. 

Caca wird in der Litteratur nur zweimal er- 
wiihnt, Lact. inst. I 20, 36 colitur et Coca, quae 
Herculi fecit itulicium de furto bourn. Serv. 
Aen. VIII 190 = Mythogr. Vatic. II 153. Ill 13 
hum (Cacum) soror sua eiusdem nominis pro- 
didit, unde etiam sacelljum meruit, in quo ei 
pervigili igne sicut (andere Lesart per virgines) 



p. R. quodam genere, Berol. 1868, 54f.). Bruch- 30 Testae saerifkabatur. In der Notiz von dem 



stiicke .eines Albums dieser sacerdotes Cabenses 
vermutet De Rossi Ephem. epigr. II p. 99 in 
der Inschrift CIL VI 2019. [Wissowa.] 

Cabetius s. Cnabetius. 

Cabillonum, Stadt der Aeduer am Arar in 
Gallia Lugudunensis, jetzt Chalon-sur-Saone, Caes. 
b. g. VII 42. 90. Strab. IV 192 (KapvMtvov ixi 
zqi "Aeagi). Ptol. II 8, 12 (Kafivkhvov liest C. 
Muller, Kafiailivov, Kaftovkhvov die Hss.). In 



Verrate der C. an ihrem Bruder steckt kein my- 
thologischer Gehalt, es isfc eine atiologische Er- 
findung, weil unvereinbar mit der in der Sache 
begriindeten und auch in den Sagen der ver- 
wandten indogermanischen Volker wiederkehren- 
den Version der Cacussage, wonach die Rinder 
selbst durch Briillen ihren Aufenthaltsort und den 
Rauber verraten (Wissowa in Roschers M\'th. 
Worterbuch I 842); die Zusammenstellung mit 



spaterer Zeit war dort eine classis Ararica statio- 40 Cacus erweist C. als eine Gottin der altromischen 



niert (Not. dign. oec. XLII 21 praefeetus classis 
Araricae, Caballoduno, nach Seecks Vermutung 
ist diese Namensform durch Schreiberversehen 
entstanden aus Cabillotio-Lugduno; vgl. Eumen. 
paneg. Constant. Aug. d. 18 a Cabillonensi porfu). 
Ausserdem erwahnt Tab. Peut. (Cabillione). Itin. 
Ant. 360 {Cavilunno). Cod. Theod. IX 40, 2 
(Cabilluno, im J. 315). Amm. Marc. XIV 10, 3. 
XV 11, 11 (Cabillona). Sidon. Apoll. epist. IV 



Religion, der die paarweise Verehrung einer mann- 
lichen und weiblichen Gottheit eigentiimlich ist; 
fur ihren Kult zeugt das Vorhandensein eines 
Heiligtums und das dort stattfindende Opfer. 
Preuners Vermutung (Hestia- Vesta 386f.), C. 
sei eine uralte Gottin des Herdfeuers, deren Be- 
deutung durch Vesta verdunkelt sei, findet in der 
unsichern Lesart des Servius pervigili igne ihre 
einzige Stiitze; denn ein Opfer durch die vesta- 



25. Gregor. Tur. ( Cabillonum, Cavilbmnum) und 50 lischen Jungfrauen erhalten auch andere Gottinnen 



sonst (namentlich auch auf merowingischen Miin 
zen); die Zeugnisse am vollstandigsten bei Hoi 
der Altcelt. Sprachschatz s. v. Vgl. Desjar- 
di n s Table de Peut. 30 ; Geogr. II 466. Long- 
n o n Geogr. de la Gaule 216ff. Auch den Artikel 
Calidona. [Ihm.] 

Cabios, angebliche Insel in der Nahe von 
Sicilien beim Geogr. Rav. V 24 p. 407 P. (Cossura 
Cabios Coetie Melete), vielleieht nur Dittographie 



z. B. Ops, und die Etymologie lasst man am 
besten aus dem Spiele ; vgl. noch die Hypothesen 
Osthoffs Quaest. myth. Bonn 1869, 7ff. 

[Aust.] 

Caceabaria s. Herakleia. 

Caccabus (xaxxdjjrj, xaxxafio;), ein Kochtopf, 
Varro de 1. 1. V 127, meist aus Thon (Antiphanes 
bei Athen. IV 169 e. Clum. XII 42, 1. Scrib. 
Larg. 220. Geop. VIII 25), aber auch aus Kupfer 



ffir Oaulos, was in correcter Form wenige Zeilen 60 (Colum. XII 48, 1), Stagnum (Colum. XII 42, 1) 



spater wiederkehrt. 



[Hulsen.] 



Cabirns, Zufluss des Indus von Arachosia her, 
an dessen Miinde die indischen Suari mit Booten 
verkehrten, Plin. VI 94. Die angegebene Lage 
zwischen dem Kophes und dem Pomanus, d. i. 
rd>/iaxii skr. Gomati, weist auf den heutigen Kur- 
ram, Krumu des Rig -Veda; der Name erklart 
sich aus skr. gabhir a, gambhir a ,tief"; noch jetzt 



und Silber (Dig. XXXIV 2, 19, 12). tber die 
speciell mit diesem Namen bezeichnete Form giebt 
einige Auskunft Photius s. v. : der C. war einer 
Pfanne ahnlich (Xojiad$des), also breit und niedrig, 
und hatte drei Fusse. Doch war es keine Pfanne 
(Antiphanes bei Athen. IV 169c: xolkotg h flv- 
dotoi xay.xa§r]q); von dieser {patina) wird C. Dig. 
XXXUI 7, 18, 3 unterschieden. [Mau.] 



1165 



Cachina 



Cacus 



1166 



Cachina oder Cachinna, Inselchen im roten 
Meere an der arabischen Uferseite, Plin. VI 150; 
die Bank Dachchache'in der Danaq-gruppe in 19 ° N. 

[Tomaschek.] 

Caci atrium, in Rom, wird in derNotitia und 
dem Curiosum (Jordan Top. II 553) genannt, 
muss im siidwestlichen Teil der regio VIII, zwi- 
schen Capitol und Velabrum gelegen haben ; mit 
den scalae Caei kann es raumlich nicht zusammen- 
gehangen haben (so Gilbert Top. I 50 besser als 
I1T 417). Alter und Bestimmung (Vermutungen 
daruber bei Preller Regionen 153) des Gebaudes 
sind ebenso ungewiss wie seine genaue Localisie- 
rung. [Hiilsen.] 

Caci scalae (Kaxlov xardjiaaee, xi.Zfia£ Kaxia 
Diodor. IV 21), in Rom, Stufenweg, der vom Pa- 
latin nach dem Thai des Circus Maximus hinab- 
fuhrte, fast an der Westspitze des Hiigels, daher 
das supercilium scalarum Caci bei Solin. I 17 
als einer der Eckpunkte der Roma quadrata ge- 
nannt wird; ohne Zweifel identisch mit dem 
uralten Aufgange, der nach einem Thore der alten 
palatinischen Stadt zwischen dem Tempel der 
Magna Mater und dem Hause der Livia fiihrt 
(Plan bei O. Richter Mon. d. Inst. XII tab. 

VIII A; vgl. Annali 1884, 189). Auch in den 
eorrupten Worten, mit denen Plutarch. Rom. 
20 die Lage der casa Romuli beschreibt jrapa 
Tovg Xsyopsvovg jUadfiov; f xakfjg axtfjg- ovroi 
8'eioiv heq'i ir)V sfc. zov tnno&QOixov rov ftsyav 
ex ITaXaziov xatapaoiv muss der Name oxdlr) 
Kaxiov oder ahnlich stecken (so Bethmann 
Bull. d. Inst. 1852, 40, dessen Anderung Sxdkrjg 
Kaxlrjg freilich sprachlich nicht zulassig ist). Vgl. 
Gilbert Topogr. I 46—53. Richter Topogr. 
27. 100. A. Schneider Rom. Mitt. 1895, 163. 
Hulsen Atti dell' Accademia Pontificia N. S. 
VI 255. [Hiilsen.] 

Cacum, angeblicher Name fur das Forum Boa- 
rium bei Aethicus Cosmogr. 83 Riese (vgl. Polem. 
Silvius latere, bei Mommsen Chron. min. 1545 
forum boarium, ubi Cacus Jiabitavit), wenn nicht 
mit Preller Regionen 153 locum zu emendieren 
ist. S. Jordan Top. I 2, 482. Gilbert Top. I 
51. [Hiilsen.] 

Cacunus, Beiname Iuppiters, der vielleieht 
zum HOhenkulte in Beziehung steht; er begegnet 
uns auf einer im Gebiet des sabinischen Trebula 
Mutuesca auf dem Berge Moretta gefundenen In- 
schrift , die den Buchstaben nach aus der Zeit 
des Augustus stammt, [I]ovi Caeuno f. c, CIL 

IX 4876 und auf einer stadtromischen Inschrift 
lovis | Cacu nus CIL VI 371. [Aust.] 

Cacus, Name einer verschollenen Figur der 
altrOmischen Religion, der sich noch in den Be- 
zeichnungen der Localitaten atrium Caei und 
scalae Caci (s. o.) erhalten hatte; auf einen 
alten Kult eines Gotterpaares C. and Caca weist 
die Nachricht hin, dass Caca (s. d.) durch die 
vestalischen Jungfrauen verehrt wurde (Serv. Aen. 
VIII 190, vgl. Lact. I 20, 36); fiber das Wesen 
dieser Gottheiten und ihre ehemalige geschicht- 
liche Stellung ins klare zu kommen, durfen 
wir nicht hoffen, da den Alten selbst von ihnen 
nichts "weiter als die Namen und die erwahnte 
Notiz uber den Kult der Caca flberliefert war 
(mehr oder weniger haltlose Vermutungen s. z. B. 
bei Preuner Hestia- Vesta 386f. Osthoff Quae- 



stionesmythologicae,Bonnael869, 7ff. A. Schnei- 
der Rom. Mitt. X 1895, 163f.; uber die Versuche 
der Wortdeutung R. Peter in Roschers Myth. 
Lexik. I 2273f.). Um so eifriger ist die aetio- 
logische Sagenbildung thatig gewesen, den Namen 
und die Ortlichkeiten zu erklaTen, und zwar hat 
sie, da die C.-Treppe vom Palatin nach dem 
Forum boarium und der Ara maxima hinabfiihrte, 
den C. emerseits zur altesten Besiedelung des 

10 Palatin durch Euander, andererseits zu der An- 
wesenheit des Hercules in Rom in Beziehung ge- 
setzt. Der alteste uns vorliegende Bericht scheint 
der aus Timaios bei Diod. TV 21, 2 (uber die 
Herkunft des Timaios O. Sieroka Die mythogr. 
Quellen f. Diodors 3. und 4. Buch [1878] 23f. 
Be the Quaest. Diodor. mythogr. [18871 35f.; 
dagegen mit unzureichenden Grtinden Geffcken 
Timaios Geogr. des Westens [Philol. Untersuch. 
XIII] 54) ; danach sind Kdxios (diese Namensform 

20 ist wohl aus dem Namen scalae Caciae her- 
geleitet) und Ilivdgiog angesehene Burger der 
palatinischen Gemeinde, welche den Herakles gast- 
lich aufnehmen und beschenken, woran noch einer- 
seits die Beziehung der Pinarier zum Hercules- 
kulte (das war offenbar in der Quelle des Diodor 
hervorgehoben, wahrend dieser nur das Alter des 
Geschlechtes betont), andererseits die xklfiag~ Kaxia 
am Palatin erinnere. In andrer und ganz eigen- 
artiger Weise war C. bei dem Annalisten Cn. 

30 Gellius in die Urgeschichte der italischen Stamme 
verflochten; nach ihm (Solin. 1, 8f.) wird C. zu- 
sammen mit einem Phryger Megales (arg miss- 
verstanden von R. Peter in Roschers Mythol. 
Lexik. I 2276) zum TyrrhenerkOnige Tarchon als 
Gesandter geschickt, der beide ins Gefangnis 
werfen lasst; C. weiss jedoch zu entfliehen und 
dorthin , von wo er gekommen (d. h. nach dem 
Lande der Marser, deren Konig Marsyas nach 
Cn. Gellius war, Plin. n. h. Ill 108 ; vgl. Solin. 

40 2, 6. Sil. Ital. VIII 503), zuriickzukehren ; mit 
Hiilfe grOsserer Streitkrafte griandet er ein eigenes 
Reich am Volturnus in Campanien; als er sich 
jedoch an den rechtlich den Arkadern zugehorigen 
Gebieten vergreift, wird er von Hercules, der da- 
mals gerade in Italien weilt, gesturzt; Megales 
findet bei den Sabinern Aufnahrne und lehrt ihnen 
die Auguralwissenschaft (vgl. auch Serv. Aen. 
Ill 359 nonnulli autem dicunt a Marsya rege 
missos e Phrygia regnante Fauna, qui disci- 

50 plinam auguriorum Italis ostenderunt); hier hat 
sich also die Zugehiirigkeit des C. zur arkadi- 
schen Ansiedlung auf dem Palatin in ein feind- 
liches Verhaltnis verkehrt, und Hercules ist aus 
dem Gastfreunde des C. zu seinem Unterwerfer 
geworden. Wenn man gemeinhin sowohl die Er- 
zahlung des Diodor als die Version des Cn. Gellius 
fur jungere und willkiirliche Umgestaltungen der 
gewohnlichen Sage vom Rinderraube des C. und 
seiner Totung durch Hercules anzusehen pflegt, 

60 so darf dem gegeniiber nicht ausser acht gelassen 
werden, dass fur diese letztere Sage erst Vergil 
der alteste, fur wichtige Elemente derselben sogar 
der alleinige Gewahrsmann ist. Bei ihm (Aen. 
VIII 190ff.) ist C. ein Sohn des Volcanus, ein 
halbtierisches, feuerschnaubendes Ungeheuer, das 
in einer HOhle am Aventin haust und von da 
aus mit Menschenmord die Umgegend verheert ; 
als Hercules auf der Riickkehr von der Erlegung 



1167 



Gacus 



Cacus 



1168 



1169 



Cadaei 



Caduceus 



1170 



des Geryones mit der diesem abgenommenen Herde 
am Tiber rastet, stiehlt ihm C. acht der schOn- 
sten Binder, indem er sie an den Schwanzen ruck- 
warts in seine Hohle zieht. Nach vergeblichem 
Suchen will Hercules mit dem Reste der Herde 
weiter ziehen, als die in der Hohle eingeschlossenen 
Binder auf das Briillen ihrer Genossen antworten 
und so ihren Aufenthalt verraten; sofort stiirmt 
Hercules auf die Hohle zu, deren Eingang C, 



unter Euander und die Aboriginer unter Faunus. 
Die spateste Auffassung sieht im Sinne des Eu- 
hemerismus (veritas secundum philologos et hi- 
storicos Serv.) in C. einen nichtsnutzigen and 
spitzbiibischen Sclaven des Euander, der dem Her- 
cules die Einder stiehlt und nicht von diesem, 
sondern von seinem Herrn dafur zur. Verantwor- 
tung gezogen wird (Serv. Aen. VIII 1 90 = Mythogr. 
Vat. I 66. II 153. Origo g. R. 6) ; der Charakter 



mit Felsstiicken verrammelt ; indem er eine ge- 10 des Mannes sollte schon im Namen angedeutet 



waltige Steineiche mit den Wurzeln ausreisst, 
schafft er sich von oben Zutritt, vergebens speit 
ihm der Unhold Feuer und Qualm entgegen, der 
Gott dringt ein, erschlagt ihn und schleppt die 
Leiche am Fusse aus der Hohle ; draussen feiern 
die Anwohner ihren Befreier, und die Aia maxima 
bewahrt fur alle Zeiten das Andenken an die 
Heldenthat. Aus Vergil sind die Erzahlungen des 
Ovid. fast. I 543ff. (vgl. V 648. VI 80ff.) und Prop 



gewesen sein, den man — unbekiimmert um die 
Quantitat — als xaxog deutete (Serv. a. a. 0. 
August, c. d. XIX 12. Fulg. myth. II 6. Alber. 
22 ; dagegen Eustath. Horn. p. 157, 1 xai Kdxot 
ph Xflozri;, xaxo; di to im&txov; Vgl. 906, 45. 
1817, 11) ; die vergilische Erzahlung vom Feuer- 
speien des Unholdes erklarte man sinnreich, quod 
agros igne populabatur (Serv. a. a, 0.). Nichts 
anderes als eine ahnliche euhemeristische Um- 



V 9, Iff. (nur dass dieser, offenbar in Erinnerung 20 deutung wird endlich auch die Notiz darstellen, 

an die Geryones-Sage, dem C. drei Kopfe giebt, "■'- J -"- ^ ! ™ - ' 

v. 10. 15) geflossen; die Abstammung des C. von 
Volcanus (aus Vergil auch Serv. Aen. VIII 190. 
Augustin. c. d. XIX 12. Euseb. chron. I p. 283 
Scb. = Sync. I p. 323 Ddf. Plut. amat. 18), die 
Auffassung desselben als eines feuerschnaubenden 
Ungeheuers (vgl. auch Serv. Augustin. Plut. a. a. 0. 
Claud, rapt. Pros. II pr. 43. Myth. Vat. Ill 13, 1. 
Fulg. myth. II 6. Alberic. 22 ; silvarum tremor 



fur die Verrius Flaccus ausdrficklich als einziger 
Gewahrsmann bezeichnet wird, dass namlich der 
Besieger des C. vielmehr Garanus geheissen habe 
und ein Hirt von ausserordentlieher Korperkraft 
gewesen sei, weshalb man ihn Hercules genannt 
habe, da man diesen Namen alien Leuten von 
besonders grosser Korperkraft zu geben gewohnt 
gewesen sei {solus Verrius Flaccus (Licit Ga- 
ranum fuisse pastorem magnarum virium, qui 



Martial. V 65, 5 geht auch auf die vergilische 30 Cacum adftixit, omnes autem magnarum virium 



Schilderung) und wohl auch die Localisierung 
der Hohle am Aventin (Solin. 1, 8. Colum. I 3, 6) 
sind der vergilischen Erzahlung eigentiimlich. 
Von ihr unterscheidet sich der von Liv. I 7, 3ff. 
und Dion. Hal. I 39 (auch Cassius Dio hatte ra 
zoy Kdxov erzahlt, Tzetz. hist. V 21) iiberein- 
stimmend wiedergegebene Bericht dadurch, dass 
in ihm alles Phantastische und Ubernatiirliche 
entfernt ist. C. ist ein Hirt und Rauber, der, 



apud veteres Hercules dictos Serv. Aen. Vni 203, 
daraus Origo g R. 6, wo der Name Reearanus [so] 
in die gewohnliche Erzahlung fur den des Hercules 
eingesetzt wird); woher Verrius Flaccus den Namen 
Garanus hatte, wissen wir freilich nicht (Jordanzu 
Preller R5m. Myth. II 283f., 4 denkt an den Hera- 
kliden Karanos, s. d., sehr wenig uberzeugend), aber 
die Versuche, in ihm mit Hiilfe einer vollig un- 
haltbaren Etymologie den Cerus = Genius zu 



nachdem er den Diebstahl auf die beschriebene 40 erkennen (Preller a. a. 0. I 80. Reifferscheid 



schlaue Weise ausgefiihrt hat und durch das Brullen 
der gestohlenen Binder verraten worden ist, gegen 
den auf ihn eindringenden Gott die umwohnenden 
Hirten zu Hiilfe ruft; die Totung des C. macht 
hier nicht sowohl den Eindrnck der Befreiung 
des Landes von ein em Schrecknis, als vielmehr 
den eines Mordes, der die Gemiiter der Bevol- 
kerung erregt {eoneursu pastorum trepidantium 
circa advenam manifestae reum caedis Liv. I 



Annali d. Inst. 1867, 353. R. Peter in Eoschers 
Mythol. Lexik. I 2257f.) und damit fur die Glei- 
chung Hercules = Genius sowie den uritalischen 
Charakter der C.-,Sage' einen Beweis zu flnden, 
diirften jetzt ziemlich allgemein aufgegeben sein. 
Fur die Auffassung der Figur des C. bei den 
Neueren ist es verhangnisvoll geworden, dass man 
sich die Frage nach dem Alter der einzelnen Ver- 
sionen nicht entschieden genug vorgelegt und die 



7, 9), und darum folgt in dieser Version auf den 50 vergilische Fassung der Erzahlung zum alleinieen 



Fall des C. nicht sofort die Stiftung des Hercules 
kultes an der Ara maxima, sondem die Griin- 
dung eines Altars des Iuppiter Inventor, den Her- 
cules zum Danke fiir die Wiederflndung der Rinder 
stiftet (Dion. I 39, 4; vgl. Solin. 1, 7. Origo 
g. R. 6, 5. 8, 1. Samter Quaest. Varron., Berol. 
1891, 22f.). Dieser Fassung, welche er als den 
fiv&ixog loyo; bezeichnet (I 39, 1), stellt Dio- 
nysios I 42, 2f. den d).tj&ioTHQog }.6yos (I 41, 1) 



Ausgangspunkte genommen hat. Niemand wird 
die Mflglichkeit leugnen, dass die uns erst durch 
Gewahrsmanner der augusteischen Zeit uberlieferte 
Fassung die alteste sein und das Fehlen fruherer 
Zeugnisse auf einem Zufalle beruhen kflnnte ; aber 
GrQnde, welche diese Moglichkeit zur Wahrschein- 
lichkeit oder Sicherheit braehten, giebt es nicht, 
im Gegenteil begreift man nicht recht, wie, wenn 
einmal die Erzahlung vom Rinderdiebstahle des 



gegen uber, der sich als eine historisierende Um- 60 feuerspeienden Vulcanssohnes vorlag, die gellia- 

bildung der ersteren charakterisiert ; danach war _ 

C. ein in einer Bergfesfa; wohnender wilder und 
rauberischer Furst, der das in der Ebene lagernde 
Heer des Herakles nachts uberfiel und ihm die 
Herden wegtrieb, worauf die Griechen ihn ein- 
schlossen und belagerten, bis sie seine Burg ge- 
brochen und er selbst dabei seinen Tod get'unden 
hatte; das umliegende Land erhielten die Arkader 



nische und insbesondere die diodorische Fassung 
hatten aufkommen kOnnen. Ich sehe keinen Grund, 
weshalb die vergilianische Erzahlung nicht von 
Vergil selbst oder aus der unmittelbar vorher- 
gehenden Zeit stammen konnte; aber auch wenn 
sie alter ist, haben wir kein Recht, in der ganzen 
Erzahlung irgend etwas ausser dem Namen des 
C. fiir altes Sagengut zu halten; durch die C- 



Treppe, den Namen des forum boarium, die Kulte 
des Hercules Invictus und des Iuppiter Inventor 
waren die Elemente gegeben, die aetiologisch zu 
verknlipfen waren, die einzelnen Zuge der Aus- 
gestaltung aber boten die griechischen Sagen von 
Alkyoneus und Geryones und die Erzahlung vom 
Rinderdiebstahle des Hermes. Mtiglich, dass eine 
uns verlorene Sage der unteritalischen Griechen 
von der Zilchtigung eines Rinderdiebes durch He- 
rakles zu erzahlen wusste ; ein Bronzegef&ss von 10 
Capua (Mon. d. Inst. V 25; vgl. Minervini 
Annali 1851, 36ff.) zeigt wenigstens eine Darstel- 
lung, in der man Analogien finden kann: Hera- 
kles, mit Keule und Bogen bewaffnet, treibt eine 
Binderherde vor sich her, dabei sich nach einem 
Baume umschauend, an dem ein Mann an Armen 
und Beinen aufgehangt ist und eben von einem 
Lowen zerfleischt werden soil; aber eine Grund- 
lage fiir sichere Schlilsse bietet dieses Denkmal 
nicht, da schliesslich ebenso gut Herakles hier der 20 
Herdenrauber sein kann, und jedenfalls bei der 
Verschiedenheit des Strafgerichtes fiir uns keine 
Berechtigung vorliegt, das Bild auf C. zu beziehen 
(vgl. C. Robert Herm. XIX 480, der auch auf 
andre Erzahlungen hinweist, nach denen Herakles 
in Italien Gefahr lief, der Rinder des Geryones be- 
raubt zu werden, so von den Poseidonsohnen Ale- 
bion [s. d.] und Derkynos in Ligurien). Wirkliche 
Darstellungen aus der C.-Sage begegnen uns nur 
auf Medaillons des Antoninus Pius und Marc Aurel 30 
(Eckhel D. N. VII 29. 47. Frohner Medaillons 
de l'emp. Rom. 56) und zeigen uns, in unverkenn- 
barer Abhangigkeit von der vergilischen Schilde- 
rung, Hercules neben der Leiche des C. von den 
Umwohnern dankbar verehrt; dagegen sind mo- 
dernen Ursprunges die Abbildungen des Rinder- 
raubes auf einem geschnittenen Steine in Berlin 
(Winckelmann Descr. des pierres grav. du feu 
Baron de Stosch cl. II nr. 1759 = Tolken Erklar. 
Verzeichn. d. antik. vertieft geschn. Steine IV 40 
91 = Furtwangler Beschr. d. geschn. Steine 
im Antiquar. nr. 9583) und auf den Basisreliefs 
einer verschollenen Marmorurne bei Montfaucon 
Antiqu. expl. Suppl. I pi. 50 — 52. 

Die Anzeichen, die auf einen altitalischen Ur- 
sprung der Hercules-C.-Sage zu weisen (Hartung 
Eelig. d. Eomer II 2 Iff.) oder gar in ihr die italische 
Fassung eines uralten indogermanischen Mythus, 
die Parallele zu dem vedischen Kanipfe des Indra 
gegen Vritra um die himmlischen Kiihe, zu verraten 50 
scMenen (A. Kuhn Ztschr. f. deutsch. Altert. VI 
1848, 117ff. M. Br^al Hercule et Cacus, Paris 
1863. R. Peter a. a. 0. 2279ff. Oldenberg 
Religion des Veda 144) haben sich damit durch- 
weg als trugerisch erwiesen, die ganze Erzahlung 
ist nichts als die verhiiltnismassig spat vorge- 
nommene Cbertragung eines griechischen HeTakles- 
abenteuers auf romischen Boden und lateinische 
Namen (vgl. auch U. v. Wilamowitz-Moellen- 
dorff Enrip. Herakles2 p. X und 25). Im allge- 60 
meinen s. auch Art. Hercules. [Wissowa.] 

Cadaei (gens), ein Volk an der Ostkuste Ara- 
biens (Plin. VI 149). [D. H. Muller.] 

Cadanm Castra (ein Teil der Hs. Oadaum 
Castro); in Mauretania Caesariensis, 36 Mill, west- 
lich von Castellum Tingitanum (Itin. Ant. p. 37 ; 
erwahnt auch beim Geogr. Rav. Ill 9 p. 160), das 
man gewohnlich bei dem heutigen Orle"ansville 



ansetzt, danach von Cat (Mauretanie Ce'sarienne 
201) bei dem Einfluss des Oued-Biou in den Chelif 
gesucht. [Dessau.] 

Caddarenses s. Cattharenses. 

Cad(enusi)) Beiname des deus Mogon auf 
zwei Inschriften von Risingham. CIL VH 996 
Deo Mogonti Cad. et n(umini) d(omini) n(ostri) 
Aug(usti) u. s. w. 997 Deo Mouno Cad. Die 
Dedicanten sind beneficiarii eo(n)s(ula/ris). 

[Ihm.] 

Cadenm, Stadt in Oberagypten, am rechten 
Nilufer, Plin. VI 179. Stromabwarts von Tani 
(= Athena; vgl. Muller zu Ptol. p. 769). 

[Fischer.] 

Cadlannm, mutatio der Strasse von Verona 
nach Vicentia, 10 mp. von ersterer, 21 mp. von 
letzterer Stadt (Itin. Hieros. 558). Die Distanzen 
fiihren auf den modernen Ort Cazzano estlich von 
Illasi (wonach der Strassenlauf auf Kieperts 
Karte zum CIL V zu berichtigen ist). [Hulsen.] 

Cadicianns s. Caedicianus. 

Cadienses, Bewohner einer Ortschaft in Gallia 
Narbonensis, CIL XII 1341 (in Beaulieu bei 
Mirabel im Gebiet der Vocontii gefunden, jetzt ver- 
schollen): Vinturi Cadienses v. s.l.m. Herzog 
Gall. Narb. 145. CIL XII p. 161. Holder Alt- 
celt. Sprachschatz s. v. [Ihm.] 

Cadistns s. Eadistos. 

Cadius. C. Cadius Rufus, Proconsul von Pontus 
und Bithynien zwischen 43 und 48 n. Chr, (Milnzen 
von Nicomedia: Mionnet Suppl. V 172 nr. 999; 
und von Nicaea: Mionnet LI 450 nr. 212. 213; 
Suppl. V 81f. nr. 411. 412. 413. Imhoof-Blumer 
Monnaies Grecques 240 nr. 62. Catalogue of Greek 
coins in the British Museum, Pontus p. 153f. 
nr. 13. 14; die Zeitbestimmung wird durch die 
Nennung des Britannicus und der Messalina ge- 
geben, vgl. Klebs Prosopogr. imp. Rom. I 245 
nr. 5). Auf die Anklage der Bithynier wurde er 
im J. 49 lege repetundarum verurteilt (Tac. ann. 
XII 22), erhielt jedoch im J. 69 durch Otho wieder 
den Sitz im Senate unter der Fiction, dass er 
wegen Majestatsverletzung bestraft worden sei 
(Tac. hist. I 77). Auf ihn wird gewohnlich die 
fragmentierte Ehreninschrift bezogen, die mehrere 
Stadte von Pontus und Bithynien einem Proconsul 
...us L.f. Rufus setzten (CIL VI 1508 = CIG 
III 5894 = IGI 1077). [Groag.] 

Cadrusi, eine von Alexander d. Gr. am Sud- 
abhange des indischen Kaukasos angelegte Stadt, 
Plin. VI 92; Cadrusia Solin. 57. Der Name 
erinnert an skr. kadru ,braun', vgl. Gadroaoi, 
Kedrosoi. Gleichwohl liesse sich an Entstellung 
aus Asterusia denken, Steph. Byz. p. 189 M., wo 
allerdings Vossius fur Ivdixrj lesen will aivdixrj, 
tTotz Eust. Horn. p. 332, 20. Cunningham 
Anc. geogr. of India I 31 findet C. in den Ruinen 
auf dem Tumulus von Koratas, welche nach Mas- 
son Travels III 166 sechs miles nordOstlich von 
Begram am nCrdlichen Ufer des Panghirfinsses 
liegen und wo aus der hellenistischen Zeit stam- 
mende Mttnzen und Topfscherben gefonden werden. 
Vgl. Alexandreia Nr. 6 und Cartana. 

[Tomaschek.] 

Cadncens (andre Form eaduceum, z. B. bei 
Gellius X 27, 5. Serv. Aen. IV 242 ; die Form 
caduceus erklart fiir richtiger Caper GL VII 
108, 11 K.), Mercursstab, Krigvxeiov. Das 



1171 



Caducum 



Caecilianus 



1172 



Wort ist eine Latinisierung des dorischen xagv- 
xtov, unter Anlehnung an cadere, caducus (trotz 
abweichender Quantitat des a: oadueeus, cadu- 
cus), wozu der Gedanke an Mercur als Toten- 
geleiter veranlasste (Curtius Griech. Etymol. 
438. Keller Lat. Volksetymologie 41). Als 
Symbol der Heroldswlirde des Hermes verbreitete 
sich das xrjQvxetov als C. frtlhzeitig mit dem 
Kulte des Mercur (s. d.) tiber das mittlere Italien 
(Preller-Jordan Rom. Mythologie II 232); auflO 
den italisehen Bronzemfinzen gehort der C. zu 
den altesten Zeichen (Roseher Lex. II 2809ff.); 
eherne und eiserne Cadncei befanden sich. nach 
dem Berichte des Timaios in dem alten Penaten- 
heiligtum zu Lavinium (Dionys. I 67, 4). Gleich 
dem xrjQvxuov der Griechen gilt der C. als 
Friedenszeichen (Gell. X 27, 3: die Eomer sen- 
den den Karthagern hasta und eaduceus zur 
Auswahl; nach Varro ebd. § 5 senden sie zwei 
tesserulae mit dem Bilde von hasta und eaduceus), 20 
neben dem eigentlichen rtimischen Friedenszeichen, 
der sagmina oder verbenae (s. d.), das die Feti- 
alen fiihren (Non. p. 528, 16). 

In die Schwelle des tiberianischen Concordia- 
tempels war ein bronzener C. eingelassen (Arch. 
Anzeiger XVI 138). Auf Munzen der Kaiserzeit 
ersetzt der C, verbunden mit doppeltem Fiillhorn, 
als Symbol des Senates die Formel S. C. (Eckhel 
VI 192). tiber die Verbindung von C. und Full- 
horn vgl. noch Rom. Mitt. X 93. trber rOmische 30 
Bilder des Mercur mit dem C. s. unter Mercu- 
rius. [Samter.] 

Caducnm s. Bona caduca. 

Cadurei, Volk in Gallia Aquitanica, Naclibam 
der Buteni und Nitiobriges, zuerst von Caes. b. g. 
VII 4. 5. 7. 64. 75. VIII 30. 32. 34 erwahnt; 
dann von Strab. IV 190. 191. Plin. IV 109. XIX 
8. 13. Frontin. strat. Ill 7, 2. Ptol. II 7, 9. Tab. 
Peut. Sidon. A poll. carm. IX 281 ; auch auf In- 
schriften z. B. CIL VI 1568. Boissieu Inscr. 40 
de Lyon 278 (die Zeugnisse am vollstandigsten 
bei Holder Altcelt. Sprachschatz s. v.). Be- 
riihmt waren ihre Leinwandfabrikate (Strab. IV 
191 Tzaoa Ss tol; Kadovpxois Xivovgyiai. Plin. 
XIX 8) und ihre Polsterarbeiten, eine Art Matratze 
hat daher den Namen codurcum erhalten (Iuv. 

VI 537 magnaque debetur violato poena cadurco. 

VII 221 insfitor hibernae tegetis niveique ca- 
durei, dazu das Scholion cadurcum quidam eu- 
cullum dicunt candidum propter hiemes et nitres 50 
comparatum ; alii tabernactdum aid tentorium . . . 
quibus merees suas protegere consuerunt \ vgl. 
Plin. n. h. XIX 13 in culcitis praecipuam gto- 
riam Cadurei obtinent). Stadte der C. sind 
Uxellodunum (Hirt. b. g. VIII 32), Diolindum 
(Tab. Peut.), Divona, letzteres nach Ptol. II 7, 9 
der Hauptort, spater Cadurei (Fortunat. de virt. 
Hilarii IV 11. Greg. Tur. hist. Fr. II 12. Le- 
blant Inscr. ehrtt. de la Gaule II 575 — Eev. 
epigr. 1891, 69 nr. 845), auch Cadureus (Greg. 60 
Tur.) und Cadurca (merowingische Mlinzen; vgl. 
Auson. prof. XVIII 15 sede Cadurca) genannt, 
das heutige Cahors (de'p. Lot). Von den C. hat 
die heutige Landschaft Quercy ihren Namen. D e s - 
jardins Table de Peut. 5; Geogr. 422. Long- 
non G6ogr. de la Gaule 522. Allmer Rev. e"pigr. 
1891 nr. 845—848 p. 69ff. [Ihm.] 

Cadus war bei den Romern ebensowenig ein 



fest bestimmtes Mass wie xddog bei den Griechen. 
Colum. de r. r. XII 28 erwahnt einen cadus dua- 
rum urnarum, d. i. das Mass einer rSmischen Am- 
phora (s. d. Nr. 2). Der anderthalbmal so grosse 
attische Metretes wird durch cadus bezeichnet im 
Carm. de pond. 84f. und bei Isid. etymol. XVI 25, 
17 (Metrol. script. II 120); also werden auch bei 
Plin. n. h. XIV 96f. die vini Ghii cadi, denen dort 
Falerni amphorae gegenuberstehen, als attische 
Metreten aufzufassen sein. Hultsch Metrol. script . 
Ind. s. cadus; Metrologie 2 114. [Hultsch.] 

Caecas s. Caecilius u. S. 1174, 49. 

Caecidianns, Praetor, von Pomponius erwahnt. 
Ulp. Dig. IV 3, 7, 10. [Groag.] 

Gaecilia castra, Ort in Lusitanien. In un- 
mittelbarer Niihe der Colonie Norba (s. d.) lagen 
zwei alte Lager der Legionen, wie es scheint, 
castra Caecilia und castra Servilia, die nach 
dem Zeugnis des Plinius (IV 177) mit ihr eine 
Gemeinde bildeten (in earn contributa). Dazu 
stimmt die Lage der castra Caecili des Itinerars 
an der Strasse von Emerita nach Caesaraugusta 
(434, 4; castra schlechthin beim Geogr. Rav. 319 r 
14) sowie des Ptolemaios Ka.ix.ikia rspekkivov (II 
5, 6): so die Hss., K. Miillers Anderung in Ms- 
zeXfova ist willkiirlich , obgleich Ptolemaios es 
ofienbar mit Metellinum (s. d.) verwechselt, das 
er sonst nicht nennt. In dem Beinamen gernellum 
ist vielleicht das andere Lager, die castra Ser- 
vilia, mit einbegriffen. Spuren des alten Doppel- 
lagers sind bis jetzt nicht aufgefunden, aber auch 
nie emstlich gesucht worden, in der Nahe des 
heutigen Caceres, das Norba entspricht (CIL II 
p. 81) und seinen Namen den castra verdankt. 
D'Anvilles Vermutung, dass die in dem Livius- 
fragment 1. XCI erwahnten castra Aelia bei Con- 
trebia (s. d.) mit den c. C. identisch seien, ist 
ganz unbegrundet. [Hubner.] 

Caeciliana. 1) Station der Strasse von Oli- 
sipo nach Salacia im siidlichen Lusitanien (Itin. 
Ant. 417, 2), von unbekannter Lage; wohl von 
einem praedium benannt. [Hubner.] 

2) Geciliana (sc. castra Tab. Peut.; Geogr. 
Rav. II 15 p. 87, 12 P. Celeiliana; Ptol. V 
15, 14 Kaixckia), Stadt in der syrischen Land- 
schaft Kyrrhestika am rechten Ufer des Euphrat, 
nach Tab. Peut. 24 Millien unterhalb Zeugma 
und 24 Millien von Hierapolis entfernt; nicht 
identificiert. [Benzinger.] 

Caecilianus. 1) Willkiirlich gewahlter Name 
bei Martial (I 20. 65. 73. II 37. 71. 78. IV 15. 
51. VI 5. 35. 88. VII 59. VIII 67. IX 70. XI 42). 

2) Senator, klagte im J. 32 n. Ch. den (M. 
Aurelius) Cotta Messalinus der Majestatsverletznng 
an, wurde vom Senate verurteilt (Tac. ann. VI 7). 

[Groag.] 

3) Galenus widmet seine Schrift zca ejiti.rj.-zza> 
jiat&i vxodtjxr/ einem gewissen C, dessen Sohn 
an Epilepsie litt. Galen. XI 357 Kiihn. [Stein.] 

4) Caecilianus, wahrscheinlieh Cognomen des 
Cos. suff. 186 n. Chr. C. Sab[i4cius Maior Cae- 
cilianus]. 

5) Caecilianus s. unter Aurelius Nr. 71, Bae- 
bius Nr. 24, Caecilius Nr. 41, Domitius, La- 
bienus. Magius, Marius, Memmius, Sabu- 
cius, Sentius und Sulgius. [Groag.] 

6) Eationalis urbis Romae, Rationalis Africae, 
Praeses Lusitaniae, Corrector Apuliae et Cala- 



1173 



Caecilia via 



Caecilius 



1174 



briae, Vicarius Italiae, Vater der Vinicia Mar- 
ciana, die mit L. Nonius Verus, Corrector Apuliae 
et Calabriae sswischen 317 und 326 (CIL IX 1115. 
1116), verheiratet war. Dessau 1218. 

J) M. Maecius Memmius Furius Baburius Cae- 
cilianus Placidus, Consul 343, s. Placidus. 

8) Praefectus annonae um das J. 397 (Symm. ep. 
Ill 36. IX 58), vielleicht identisch mit dem Aure- 
lius Rutilius Caecilianus der Inschrift von Ostia, 
CIL XIV 666. Im J. 400 reiste er als Gesandter 
des Senats zum Kaiser (Symm. ep. VIII 14); 
402—404 war er Vicarius (Symm. IX 50. Cod. 
lust. I 51, 4); 409 wurde er zum zweitenmale 
mit einer Gesandtschaft beauftragt, um Honorius 
zum Friedensschlusse mit Alarich zu veranlassen. 
Der Zweck wurde zwar nicht erreicht, doch er- 
hielt C. die Praefectura praetorio Italiae (Zos. V 
44. Cod. Theod. IX 2, 5. 6. 3, 7. 16, 12. 31, 1. 
36, 2. 37, 4. XI 8, 3. 39, 13. Cod. lust. I 55, 8). 
Als die Usurpation des Heraclianus gescheitert 
war, wurde er 414 gemeinsam mit Flavianus zum 
ausserordentlichen Richter in Africa ernannt (Cod. 
Theod. VLT 4, 33) und trat in dieser Stellung den 
Donatisten durch ein scharfes Edict entgegen 
(August, ep. 86). Als Freund des Comes Marinus 
kam er in den Verdacht, diesen zur Hinrichtung 
des Apringius und Mareellinus angestiftet zu haben 
(August, ep. 151, 4. 7. 11. 12). Obgleich er schon 
in hSherem Alter stand, war er damals noch 
Katechumene (August, ep. 151, 14). An ihn ge- 
richtet Symm. ep. VHI 14. IX 50. 58. August. 
ep. 86. 151 = Migne L. 33, 296. 646; vgl. Seeck 
Symmachus p. CXCTV. CCVI. [Seeck.] 

9) Caecilianus, in der diocletianischen Verfol- 
giing Archidiacon in Carthago und im Einver- 
standnis mit seinem Bischof Mensurius gegen die 
Excesse der Martyrerverehrang und des Driingens 
zum Martyrium thatig. Damit schuf er sich lei- 
denschaftliche Feinde, und als 311 nach Erledi- 
gung des Bischofssitzes die Wahl auf ihn fiel 
und die Ordination auffallend eilig durch einen 
Nachbarbischof Felix von Aptunga (oder Autumna ?) 
vollzogen wurde, erklarte die Gegenpartei seine 
Wahl und Weihe fur ungiiltig und erhob ihrer- 
seits einen Lector Maiorinus zum Bischof. Die 
Mehrheit der africanischen Bischofe hielt es mit 
diesem, aber C. besass die Gunst des romischen 
Collegen und des Kaisers Constantin; zwei Syno- 
den, zu Eom und zu Aries (313. 314), untersuchten 
die Sache und gaben dem C. Eecht; als dessen 
Widersacher appellierten , stellte der Kaiser die 
Staatsgewalt in den Dienst der Interessen des C, 
und dieser ist, in Africa heftig befehdet, vom iibrigen 
Abendland als rechtmassiger Besitzer der Cathedra 
von Carthago anerkannt, dort bis nach 340 Bi- 
schof geblieben : Athanasius preist ihu in der En- 
cyclica an die agyptischen Bischofe Cap. 8 als 
eine Saule der Orthodoxie innerhalb der voran- 
gegangenen Generation. S. Artikel Don at us. 
Eine Cbersetzung der nicaenischen Canones , die 
C. von der rOmischen Synode mitbrachte und die 
in Africa viel gebraucht wurde, pflegt nach ihm 
benannt zu werden, doch ist sehr zweifelhaft, ob 
er selbst der Ubersetzer war. S. Maassen Gesch. 
der Quelten u. d. Lit. d, canon. Eechts I 8ff., Text 
der Ubersetzung 903ff. [Jflticher.] 

10) Publilia Caeciliana s. Publilius. 
Caecilia yia, grosse Landstrasse in Italien, 



nur bekannt aus der in Rom gefundenen Inschrift 
CIL VI 3824 (= 31603), deren (im CIL und Eph. 
ep. II p. 199 falsch gelesenen) Anfangsworte lauten : 
opera loc[ata . . . vjia Caecilia. Der Stein stammt 
etwa aus der sullanischen Zeit; da er jedoch mehr- 
fach Reparaturen erwahnt, muss die Strasse selbst 
alteT sein. Die v. C. war in ihrem ersten Teil 
wahrscheinlich identisch mit der Salaria (die In- 
schrift ist nahe der porta Salaria der Servius- 

lOmauer gefunden), bog am 35. Stein derselben 
(unweit Trebula Mutuesca) Ostlich ab, iiberschritt 
die Bergketten des Aequiculergebietes zwischen 
Torano, Salto und Velino, gelangte ins Thai von 
Amiternum, passierte den Centralappennin nOrd- 
lich vom Gran Sasso und folgte endlich dem 
Laufe des Vomano zum adriatischen Meere. Zwi- 
schen dem 98. und 130. Meilenstein, wahrschein- 
lich bei Beregra (ca. 112 mp. von Rom), ging 
eine Seitenstrasse nach Teramo (Interamnia Prae- 

20 tutianorum) ab. Der ursprungliche Endpunkt ist 
vielleicht Hadria gewesen. Von MeilensteiDen 
lasst sich nur ein einziger vermutungsweise dieser 
Strasse (CIL IX 5953) zuweisen; er ist bei S. Omero, 
nOrdlich von Teramo, gefunden und tragt die Zahl 
CXJX sowie den Namen des Consuls L. Caecilius 
Q. f. Metellus (Diadematus, 117 v. Chr.). Ware die 
ZugehOrigkeit des Steines zur v. C. sicher (was 
sie nicht vOllig ist, da der Stein als spates Grab- 
monument benutzt gefunden wurde), so fiele die 

30 Anlegung der Strasse in die gracchische Epoche. 
Nach Ausbau des mittelitalischen Strassennetzes 
durch Augustus (Verlangerung der Via Salaria 
durchs Thai des Truentus bis Aseulum, 16 v. Chr.) 
und Claudius (Verlangerung der Via Valeria a Cer- 
fennia ad ostia Aterni, 48 — 49 n. Chr.) verlor die 
v. C. aji Wichtigkeit, ihr Name kommt in den Itine- 
raren nicht vor, sie scheint zur Salaria gerechnet 
worden zu sein, wurde jedoch noch im 4. Jhdt. n. Chr. 
im Stand gehalten (Meilenstein CIV des Valen- 

40 tinian Valens und Gratianus gefunden in Poggio 
Umbricchio im Vomanothal, CIL IX 5958). Vgl. 
Hiilsen Not. d. scavi 1896, 87—99. [Hfllsen.] 
Caecilionicum s. Caecilius vicus. 
Caecilius (ursprungliche Form Caieilios, 
griechisch KaixlXwg und Kexihos) . plebeisches 
Geschlecht, dessen bedeutendster Zweig die Me- 
telli waren. Die Sagen, die es auf Caeculus, den 
mythischen Grander von Praeneste, oder auf Cae- 
cas, einen Gefahrten des Aeneas zuruckfiihren 

50 (Fest. ep. 44) , sind in spater Zeit aufgebracht 
worden. 1) Caecilius, Quaestor 695 = 59 (Cic. ad 
Att. EI 9, 1), ohne Grand mit Q. Caecilius Bassus 
(Nr. 36) identificiert. [Miinzer.] 

2) Caecilius, nachst Dionysios von Halikar- 
nassos der bedeutendste Ehetor und Kritiker der 
augusteischen Zeit. Geboren zu Kale Akte im 
nordlichen Sicilien (Athen. VI 272 f. XI 466 a: 

K. QrjzaiQ 6 cuzo Kalfjg axrrjs. Phoibammon HI 

44, 7 Sp. K. 6 KaJ-axrizr/;. Suidas falschlich 
60 KaZavTiavos statt Kakaxnvos), fuhrte er urspriing- 
lich den Namen Archagathos (Suid.). Die An- 
gaben bei Suidas <Lt6 dovion; dig uveg (Hermip- 
pos von Berytos in rzegi z(ov dianQsyiavziov kv 
jzatScia Savlcovt) iazoor)xaai und rt)v 86£av ' Iov- 
daios waren an sich unanstOssig, doch werden sie 
verdachtig, wenn wir die gleichen Bestimmungen 
von dem Quaestor des Verres aus dem J. 73 oder 
72, Q. Caecilius Niger (Nr. 101), domo Sicxdus (Ps.- 



1175 



Oaecilius 



Caecilius 



1176 



1177 



Caecilius 



Caecilius 



1178 



Ascon. 98), mit dem ihn BuchenauDe script, libri 
jr. vxf>., Marburg Diss. 1849, 15. 41ff. rait Unrecht 
identificiert, bei Pint. Cic. 7 lesen: aneXevdegixdg 
avdgwnog , evoxog zip lovdatfrtv (vgl. auch Plut. 
Cic. 36. Blass 174. R. Schell Getting, gel. Anz. 
1872, 1047); moglich, dass beide einer und der- 
selben Familie entstammten (Martens De libello 
n. v\p., Diss. Bonn 1877, 18f., 5). Dnter Yoraus- 
setzung der Richtigkeit der Suidasnotiz denkt 
C. Mtiller FHG III 331 an syrische Herkunft 
der Familie des C. und sieht in dem jiidischen 
Glauben des C. eine Stntze fur seine Hypothese (dazu 
Bergk-Peppmiiller Griech. Litt.-Gesch. IV553, 
52). . Den Namen C. wird er yon Nachkommen 
des Praetors L. Caecilius Metellus (Nr. 74), der 
iin J. 70 Sicilien verwaltete, erhalten haben. Nach 
Suid. s. Kaixihog, 'Eg/iayogag , Tiuayb>rjg wirkte 
C. als Zeitgenosse des Theodoreers Hermagoras, 
der unter Augustus lehrte und hochbetagt unter 
der Kegierung des Tiberius gestorben ist (Hill- 
scher Jahrb. f. Philol. Suppl. XVIII 1892, 398) 
und des Timagenes, der, um 80 geboren, unter 
Pompeius seine rhetorische Lehrthatigkeit begonnen 
und bis in die Zeit des Augustus fortgesetzt hat, 
zweifellos unter Augustus in Rom, nicht friiher, 
hOchstwahrscheinlich aber bis in die Zeit des Ti- 
berius hinein (die Bestimraung xal smg Adgiavov 
in dem C.-Artikel des Suidas ist naturlich wider- 
sinnig, doch scheint sie eine fiber Augustus Mnaus- 
gehende Lehrthatigkeit des C. anzudeuten; Daub 
Jahrb. f. Philol. Suppl. XI 1880, 432 vermutet 
xal (etg zcor) ea>g ASgiavov ; der Zusatz afia Kai- 
xdici) in dem Timagenes-Artikel kann sich seiner 
Stellung nach nur auf ijil xs Kaiaagog xov Av- 
yovozov xal fiezeizetza beziehen, vgl. den Herma- 
goras- Artikel ; wenn nun Timagenes fiber Augustus 
hinaus unmOglich gelehrt, kaum noch gelebt hat, 
so liegt ohne Frage ein Irrtum des Suidas oder 
seiner Gewahrsmanner vor, der durch die gewalt- 
same Textesanderung des Keinesius km re Kai- 
oclqos JTatov 'IovXtov xal fiszineiza Avyovazov aua 

Kaixdicp gewiss nicht aus der Welt geschafft 
wird; C. Muller a. 0. 331 nimmt zwei Caecilii 
und zwei Timagenes an). Die Angaben des Suidas 
liber die Zeit der Wirksamkeit des C. werden ge- 
stiitzt durch die gut begriindete Annahme, dass 
C. ein jttngerer Zeitgenosse des Dionysios gewesen 
ist; von ihm, der nachweislich zwischen 30 und 
8 in Rom lebte und lehrte und dort seine rheto- 
rischen und asthetisch - kritischen , an rflmische 
Adressaten gerichteten Werke zum Teil jedenfalls 
gegenEnde der angegebenen Zeit (Christ Griech. 
Litt.-Gesch. 2 539, 7) schrieb, erscheint, wie be- 
sonders Weise nachgewiesen hat, der mit ihm 
eng befreundete C. (Dion, ad Cn. Pomp. 3) in 
seiner litterarischen Thatigkeit stark beeinflusst 
(fur einen alteren Zeitgenossen des Dionysios hal- 
ten den C. u. a. v. Wilamowitz Herm. XII 
1877, 332f., 12. J. Muller De figuris quaest. 
crit., Diss. Greifswald 1880, 6, 5. C. Muller 
a. 0.331. Caccialanza 16). Anderseits ist C. 
nicht viel j finger als Dionysios gewesen, dessen 
Geburt um 60 v. Chr. gesetzt wird; denn abge- 
sehen davon, dass sich Dionysios auf ein Urteil 
des also damals jedenfalls schon einfiussreichen 
C. beruft, gilt C. als Schiiler des Apollodoros von 
Pergamon (s. Bd. I S. 2888 ; zu einem Theodoreer 
niacht ihn seltsamerweise Thiele Hermagoras, 



Strassburg 1893, 196). Da Apollodoros um 23 v. 
Chr. 82jahrig starb und nicht gut anzunehmen 
ist, dass er noch in seinen letzten Lebensjahren 
unterrichtet haben wird, so dilrfte C. spatestens 
in den J. 40 — 35 seinen Unterricht in Rom ge- 
nossen haben. War C. damals, wie wahrschein- 
lich, noch Jung an Jahren, so mag man seine Ge- 
burt etwa um 50 ansetzen. Seine Lehrthatigkeit 
zu weit, womSglich in die ciceronische Zeit (0. 

10 Muller Griech. Litt.-Gesch. IP 305, 20) zurtlck- 
zusetzen, geht auch wohl deshalb nicht an, weil 
die anonyme Schrift itegl tfyov?, die Martens 
a. 0. 22 — 33 mit grosser Wahrscheinlichkeit in 
die Zeit des Tiberius setzt, — sie hat einen 
Schiller des Theodoros von Gadara (Geburt um 
60, Blute um 33) zum Verfasser — eine gleich- 
namige Schrift unseres C. zur unmittelbaren Vor- 
aussetzung und Grundlage ihrer lebhaften Polemik 
hat. Wenn der Rhetor Seneca unsern C. nicht 

20 nennt, so kflnnte das seinen Grund darin haben, 
dass seine Sohne ihn selbst haben hOren kOnnen 
(contr. I praef. 4) und zwar , da sein jiingster 
Sohn Mela nach 4 v. Chr. geboren ist, etwa um 
10 n. Chr.; dadurch wurde der obige Zeitansatz 
eine neue Stiitze erhalten. Indes erklart sich das 
Schweigen des SenecahOchstwahrscheinlich daraus, 
dass C. nie als Declamator offentlich aufgetreten 
ist, jedenfalls nicht in der damals beliebten Art 
zu declamieren , die ihm , weil sich gerade der 

30 Asianismus in ihr breit zu machen pflegte, zweifel- 
los zuwider war. Das carmen de figuris, das man 
friiher in die augusteische Zeit setzte und zum 
grossen Teil von C. izsgl air\f).&xa>v abhangig 
machte, ist als Erzeugnis friihestens des 4. Jhdts. 
n. Chr. neuerdings erwiesen worden, mithin fur 
die Chronologie des C. ohne Belang. 

C. entfalteteeinevielseitigelitterarische Thatig- 
keit. Die Aufziihlung seiner Schriften leitet Suidas 
ein mit den Worten (iifiMa 6" avzov noXXd und 

40 schliesst sie ab mit xal aXXa. nlsToza. Wir ver- 
missen bei Suidas die anderwarts bekannten histo- 
rischen und rhetorisch-technologischen Schriften 
und finden nur die atticistischen Streitschriften 
und die philologischen, kritisch-asthetischen und 
lexikographischen Werke verzeichnet; ob dabei 
eine Absicht seines Gewahrsmannes vorgelegen 
hat, ob insbesondere damit auf das eigentliche 
und fruchtbarste Feld der Thatigkeit des C. hin- 
gewiesen werden sollte, muss dahingestellt bleiben. 

50 Wir beginnen mit den beiden historischen Werken, 
deren Titel Athenaios uberliefert: 1) avyyga/ifia 
mgl x&v Sovlixmv txoXe/ucov (VI 272 f.), eine Special- 
geschiehte der Sclavenaufstande auf Sicilien, denen 
der Kalaktit begreiflicherweise ein wannes Local- 
interesse entgegenbrachte (daher axo dovloov bei 
Suidas?); weite Verbreitung scheint das WeTk 
nicht gefunden zu haben, da ausser der Notiz bei 
Athenaios nichts davon erhalten ist. 2) negl 
iozoQiag (XI 466 a), nach Blass 175 eine Theorie 

60 der Geschichtschreibung, wie die gleichbetitelten 
Werke der Rhetoren Theodoros und Tiberius, die 
Suidas anftihrt; ,ubrigens ist der Titel vieldeutig 
genug, wenn er iiberhaupt vollstandig ist'; das 
einzige Fragment 51 B. bezieht sich auf Ixitmimxa. 
des Tyrannen Agathokles. Unter den streng rheto- 
rischen Schriften nenne ich zuerst 3) die xiyyt) 
QtjzoQixtj oder wie sonst der Titel gelautet haben 
mag, vielleicht seine friiheste, unter apollodorei- 



schem Einflusse verfasste Schrift. Sie wird be- 
zeugt durch Quint. Ill 1, 16 und Syrian. Schol. 
Hermog. czaa. IV 59 W. = II 11, 9 Rabe = 
frg. 48. Wohl mit Recht sieht Burckhardt 4C, 
41 in den Worten Syrians Jiegl t<ov fie&oSwv at 
yvfivd£ovotv ij/iag Big za /legrj xov no).ixixov Xoyov 
den Hauptinhalt des Lehrbuches des C. Unsicher 
ist die Annahme Morawskis, dass Alexandras 
Numeniu in einzelnen Abschnitten der Rhetorik 
von der ze%vt] des C. abharigig sei (s. Bd. I 
S. 1458). Nur zwei Fragmente sind uns daraus 
erhalten, beide durch Quintilian, eins aus der 
Statuslehre III 6, 48 = frg. 49 (den drei ozdoeig 
Apollodors jigaypazixov = an sit ?, xepl zov ovo- 
jMuog = quid sitl und jioioxrjg = quale, sitl fiigte 
er wie spater Theon einen vierten noooxrjs = 
quantum, sitl hinzu), das andere aus dem Kapitel 
ttber die Argumentation V 10, 17 = frg. 50 (da- 
nach will er in der Rhetorik den Ausdruck djio'- 
deig'tg gebraucht wissen fur das, was man ge- 
woiinlich, besonders in der philosophischen Ter- 
minologie, iv&v/j.f]/ia nennt, so dass, wie dieses 
einen unvollendeten Syllogismus bezeichne, ouzo- 
deiSig ein imperfeetum epichirema sei; wir er- 
innern uns, dass der dritte Teil der Rede im apol- 
lodoreischen Lehrsystem SuioSsl^eig heisst, nicht, 
wie gewOhnlich, mozeig; naturlich war C. der Aus- 
druck evdvftrifia in der allgemeinen Bedeutung 
,Gedanke' sonst gelaufig). Beide Fragmente legen 
Zeugnis ab von der peinlichen, ja kleinlichen 
Subtilitat des C. in rhetorischen Dingen. Noch 
weit mehr tritt dies hervor bei den Fragraenten, 
die sich aus seiner ausfuhrlichen Specialschrift 
4) jiegl axr/iidrmv (Quint. IX 3, 89) erhalten haben; 
hier bot sich die beste Gelegenheit zu den feinsten 
Distinctionen , und C. hat es an solchen nicht 
fehlen lassen. Man fasste damals (vgl. Quintil. IX 
1, lOff.) die Figur entweder in dem allgemeinen und 
weitesten, aber fur rhetorische Zwecke unfrucht- 
baren Sinne, wonach qualiscumqw forma senten- 
tial, sicut in corporibus, quibus , qtwquo modo 
sunt composita, utique habitus est aliquis (Alex. 
Num. Ill 12, 15 Sp.; nag Myog tdidv xi ayijfia 
lyn xaxa cpvaiv), dann ist nihil non fiffuratum, 
und Apollodoros hat recht, wenn er nach dem 
Zeugnisse des C. der Meinung ist incomprehen- 
sibilia (= djisgilrjma Alex. Num. Ill 9, 8 Sp.) 
huius partis (i. e. figurarum) praecepta ; oder 
— und das war die Regel — man fasste die 
Figur in der speciellen und engeren, allein nutz- 
baren Bedeutung, wonach sie in sensu vel ser- 
mone aliqiia a vulgari et simplici specie cum 
raiione mutatw ist. Letztere Fassung scheint die 
des C. gewesen zu sein, wenn wir seine Definition 
bei Phoibammon LTI 44, 7 Sp. = frg. 41 ver- 
gleichen: oyrjud iazi xgoTifj eh xo fir] xaza (pvaiv 
to trjs diavoiag xal (7?) Xegeaig (Anspielung auf 
diese Definition bei Ps.-Long. 16, 2, vgl. Mar- 
tens 14); wir vermissen in ihr die an sich selbst- 
verstandliche Bestimmung cum ratione, die jedoch 
durchaus caecilianisch war, wie frg. 5 lehrt; dort 
nennt C. den Antiphon deswegen daxrittdziozog 
Hard &idvoiav, weil er /ti] xax 1 ixizqdevmv urjdh 
ovvz/Jbi sygrjoaxo zovzotg (i. e. zoTg ozqfiaot), dJJ.' 
k'vfra fj rpvaig avzfj ue&odelag xivbg ywglg ijifjycv 
(Text nach Sauppe 1667). Bei dieser Fassung 
des o%fji<ia musste dem C. die Definition des Zo'ilos, 
der das o%ijua auf die durch die pseudodionysia- 



nische te%vr) bekannten loyoi sa%iyj,aziofdvoi be- 
schrankte, natiirlieh zu eng erscheinen (Quintil. 
IX 1, 14 = Phoib. m 44, 1 = frg. 41. 42). Er 
selbst dehnte den Begriff des o%r\(ia, wie die Frag- 
mente 29 — 42 lehren, sehr weit aus, so dass er 
die geringsten Abweichungen von dem gewOhn- 
lichen Sprachgebrauche una der streng grammati- 
schen Correctheit zu den Figuren rechnete. Schon 
auf diese Weise wurde die Zahl der Figuren ins 

10 Ungemessene erweitert. Dazu kam , dass er bei 
einigen Figuren verschiedene Species unter be- 
sonderen Namen unterschied, gelaufige Bezeich- 
nungen durch andere ersetzte, wahrend er zu- 
gleich die alten Bezeichnungen zu feineren Nuan- 
cierungen beibehielt, auch wohl Tropen unter die 
Figuren aufnahm (die Belege s. bei Weise 11£; 
vgl. auch Coblentz De libelli jr. wp. auctore, 
Diss. Strassburg 1888, 14. 30. 36). In dieser auf 
das kleinste Detail gerichteten, haarspaltenden 

20 Thatigkeit macht sich zweifellos Apollodors Ein- 
fluss geltend. Aber gerade diese Aust'uhrlichkeit 
und Subtilitat verschaffte dem C. damals und bei 
der Nachwelt grosses Ansehen. Kem Buch stegl 
ax*ifwt<ov, trotzdem deren viele gleichzeitig im 
Umlaufe waren, wie das des Gorgias, Dionysios, 
Hermagoras, ist in gleicher Weise von griechischen 
und rOmischen Rhetoren ausgeplftndert worden. 
Ich nenne nur Quintilian und Alexandres Numeniu 
(s. Bd. I S. 1456f.), auf dessen Schultern wieder 

30 Apsines (s. Bd. II S. 282), Aquila Romanus (Bd. 
LT S. 315f.), Tiberius, Phoibammon, der Verfasser 
des Carmen de figuris u. a. stehen, und verweise 
im ubrigen auf die genannten Arbeiten von J. 
Muller und Coblentz, der 27f. auch directe Be- 
nfitzung durch Aristeides und Hermogenes (vgl. 
auch 67ff. Martens 15, 1) annimmt, und Mo- 
ra wski Quaest. Quintil., Berliner Diss., Posen 
1874, 44ff. Die Beispiele, mit deuen C. seine 
Figuren belegt, entnimmt er nicht bios den Red- 

40 nern , besonders Demosthenes , sondern auch den 
Historikern, so dem Thukydides und Herodotos, 
und den Dichtern, so dem Sophokles, Euripides, 
Eupolis (Aij/ioi). Daraus zieht Burckhardt 20 
den unberechtigten Schluss, dass — was tibrigens 
an sich wahrscheinlich ist — die Schrift negl 
oyr\\iAza>v vor der tlber die zehn Redner abgefasst 
ist, weil C. nach Abfassung der letzteren nur 
noch aus den Rednern seine Beispiele hatte ent- 
lehnen kOnnen. Dass wir es hier mit einer Jugend- 

50 arbeit des C. zu thun haben, ist so ausgemacht, 
wie Weise uns glauben machen mOchte, durchaus 
nicht. Cberhaupt kann ich Weise nicht unbe- 
dingt beipflichten, wenn er scharf zwei Perioden 
der litterarischen Thatigkeit des C. unterschieden 
wissen will, eine, in der C. ,fast widerspruchslos 
mitten im vielverzweigten und inhaltsarmen For- 
malismus seinesLehrmeisters Apollodoros' (St angl 
in der Recension von Weise s Arbeit, Wochenschr. 
f. klass. Philol. VI 1889, 888) stehend seine streng- 

60 rhetorischen Schriften abfasste, und eine z weite, 
in der er sich von Apollodoros vSllig lossagte und 
unter dem Einflusse des Dionysios in dessen Weise 
als Atticist kritisch, asthetisch und litterarhisto- 
risch arbeitete. Weise unterschatzt die Bedeu- 
tung Apollodors, der, wenn er des C. Lehrer war, 
als Atticist auch zweifellos des C. atticistische 
Richtung bestimmt hat. Mir will es scheinen 
— und dahin muss wohl Weises Urteil modi- 



1179 



Caecilius 



Caecilius 



1180 



flciert werden — , dass nachst Apollodoros und 
hauptsachlich nach des Apollodoros Tode um 23 v. 
Chr. Dionysios den nachhaltigsten Einfluss auf C. 
in der gleichen Richtung ausgeilbt hat (vgl. auch 
Susemihl Griech. Litt.-Gesch. II 486, 111). Als 
Atticist hat sich nach der Ansicht J. Miillers 
C. in seiner Schrift fiber die Figuren gegen die 
Asianor gewendet; offenkundig richtet sich gegen 
ihr hohles, falsches, massloses Pathos seine Schrift 



Martens 8. lOf. Coblentz 32f.). Daher nennt 
ihn Martens 7 mit Recht ineomptae medio- 
critatis acerrimus patronus; wir erkennen in 
ihm den eehten Jiinger Apollodors wieder (s. Bd. I 
S. 2889), und wenn Ps.-Long. 32, 1 von ihm 
sagt: asgi nXrj&ovg xal xwv fiezatpoyaiv ioixe 
ovyxaxazi&so&ai tot; 8vo rj to TtXumov zgeig im 
zavxov vofio&sxovai xdrxsaS'ai, so scheint der 
Theodoreer dem Apollodoreer den starren Dogma- 



5) Tiegi vyovg, die wir nur aus der gleichnamigen 10 tismus seiner Schule znm Vorwurfe zu machen. 



Schrift des oben erwahnten anonymen Rhetors 
kennen (fiber den in den Atticistenkreisen des 
1. Jhdts. v. Chr. zuerst aufgestellten Begriff vyiog 
s. Schmid Rh. Mus. XLIX 1894, 151). Die Schrift 
war kurz, ein ovyygafifidxiov (1, 1), ein erster 
theoretischer Versuch iiber den hohen Stil, in der 
Hauptsache eine fleissige, ausserordentlich reiche 
Beispielsammlung (1, If. 4, 1), im Anschlusse an 
die Bestimmung des Begriffes des vyjog (nach 



Es unterliegt keinem Zweifel, dass ausser den 
genannten Fragmenten viele rhetorischen Termini, 
Beispiele, ja ganze Abschnitte der anonymen Schrift 
auf C. it. vy. zuruckgehen; so hat sich der Ano- 
nymus in dem einleitenden Abschnitte fiber das 
xagazgdyqidov oder oldovv und das nuQaxiw&sg 
ganz eng an C. angeschlossen (Rothstein 1 — 4) 
und nicht bios die verkehrte Zuruckfuhrung des 
Schwures des Demosthenes de cor. 208 auf Verse 



Rothstein geht die Definition 1, 3 auf C. zu- 20 des Eupolis in den Afj/ioi 16, 3 aus C. entlehnt 



ruck) und seiner Gattungen mit ausffihrlichen 
kritisch-asthetischen Erorterungen, aber ohne be- 
sondere Vorschriften dariiber, durch welche Unter- 
richtsinittel man zur wahren Erhabenheit desAus- 
druckes gelangen kenne (1, 1), wohl weil C. der 
Ansicht war, dass dies bei richtiger Erklarung 
des Wesens derselben und Veranschaulichung durch 
Beispiele iiberfliissig sei (besonders deswegen greift 
ihn sein nfirgelnder Gegner an, ohne selbst mehr 



(Wilarnowitz Herm. X 338), sondern in dem 
ganzen Abschnitte iiber die Figuren und Tropen 
C. beniitzt, wenn er auch vieles naturgemass zu- 
sammengezogen oder ausgelassen hat (Morawski 
36, 38.45f. Martens 13ff. Coblentz 13ff. Roth- 
stein 4—9. llf); mit Sicherheit geht auf C. der 
Vergleieh des Colosses (Platon) mit dem Dory- 
phoros des Polykleitos (Lysias) 36, 3 zurfick (Blass 
192, 1. Martens 12f.), wahrscheinlich auch die 



und Besseres zu leisten oder leisten zu kOnnen, 30 andern Kunstvergleiche (Coblentz 59ff.k ziem- 



Rothstein9ff. Coblentz54). Einleitend scheint 
C, nach der Anlage der von ihm abhangigen Gegen- 
schrift zu schliessen, erst iiber die Fehler, die sich 
bei einem verkehrten oder iibertriebenen Streben 
nach Erhabenheit leicht einstellen.fiberdasSchwfil- 
stige und Frostige gehandelt zu haben (nicht auch 
iiber das nagevdvoaov des Theodoros, das nach 
Rothstein 1—4 der anonyme Theodoreer selbst 
in den Zusammenhang eingeschaltet hat). Daran 



lich allgemein fiihrt man auch das der Genesis 
entnommene Beispiel 9, 9 auf C. zuruck (daher 
rtjv Sd^av'IovSaTogl), mit Recht auch das Lob auf 
des Hypereides delische Rede 34, 2 (Morawski 
Rh. Mus. XXXIV 375f. Coblentz 66), wie fiber- 
haupt vieles in den cap. 32—36 (Martens 11. 
Coblentz 64f.), den Tadel auf eine Stelle aus 
der pseudodemosthenischen Rede de Halon. 38, 1 
(Martens 19. Coblentz 67); mit Wahrschein- 



schloss sich die Lehre vom Erhabenen selbst, in- 40 lichkeit bezieht man auf C. als Quelle die Parallele 



sofern dasselbe entweder aus dem Gedanken oder 
aus dem Ausdrucke entstehe. Ps.-Long. 8, 1 
unterscheidet ftinf ,Quellen' des erhabenen Stiles, 
zwei mehr in der natttrlichen Anlage begrfindete : 
to jzegl rd? rorjoeig dSgexrjftoXov ~ x6 fiEyaXoqjvss 
und to nd&og, drei technisehe: »j taw oxrjfidxmv 
nldoi; , tj yevvaia tpgdoig und ij iv dg~ia>fian xal 
diaQcm ovr&eotg. Von diesen — fahrt der Ver- 
fasser fort — 6 K. Saztv a nageXuisv, d>g xal to 



zwischen Demosthenes und Cicero 12, 4 (Blass 
194,2. Morawski 33. Coblentz 57ff; dagegen 
Martens 6), das Beispiel aus Aischylos 3, 1 
(Weise 43, 2), die Stelle aus Xenophon 4, 4 
(Rothstein 20, 1) u.s. vv. Dass unter den xezvoygd- 
tpoi 12, 1, deren Definition der av%r)oig bekarapft 
wird, auch C. zu verstehen sei, behauptet Mar- 
tens 20, bestreitet Rothstein llf., 3. Sicher 
nicht gegen C. gerichtet sind die Ausffihrungen 



jiddos . Was C. ausser dem mi&os noch wegge- 50 iiber den Wert theoretischer Untersuchungen fiber 



lassen hat, ist fraglich; Blass 202f„ 3 denkt an 
die o%r)fiaxa, die sich unter der oiv&soig subsu- 
mieren liessen (ihm folgt, wie auch sonst fast 
ttberall, Caccialanza 56), Rothstein 15f. an 
das fieyalorpvk (dagegen Weise 44f., der sich 
seinerseits an B la s s anschliesst, jedoch mit anderer 
Begrfindung). Jedenfalls hatte C. die Figuren in 
it. vy>. beriicksichtigt. Aus den unter dem Namen 
des C. aus der Schrift des Anonymus uberkom 



das Erhabene 2, Iff., wie Martens 10, der zu q>r/oi 
KextXiog erganzt, behauptet und W e i s e 45, 1 naher 
zu begriinden versucht hat, vgl. Rothstein llf., 3. 
Coblentz 52f. Was die Quellen des C. betrifft, 
so behauptet Rothstein 13f. Abhangigkeit von 
Theophrastos mgl Xegcag, Coblentz 23f. 40f. 45 
von stoischen Quellen; letzterer 56f. will ausser 
9, 9 auch noch eine weitere Entlehnung aus dem 
alten Testamente flnden. Zu C. ji. vy. vgl. die 



menen Fragmenten ersehen wir, dass C. des Ti- 60 Arbeiten von Buchenau bes. 44ff. Burckhardt 



maios affectierte und frostige Redeweise (4, 1 
frg. 45), kuhne Neubildungen, wie des Theopompos 
avayxo<payfjocu (31, 1 = frg. 46) und den iiber- 
massigen Gebrauch von Metaphern (32, 1 = frg. 
47) bekampfte; zweifellos griff er nicht bios in 
den 32, 8 angezogenen ovyyQd/t/taza vjicq Avalov, 
sondern auch in n. vrp. selbst die schwungvolle, 
poetische Sprache Platons an (vgl. 29, 1. 32, 7. 



20f. 44ff. Martens 5—22. Coblentz, darin 
kurzes R&umd 72—75. Weise 43—46. Roth- 
stein Herm. XXIII (1888) 1—20. Die Werke 
1—5 fehlen in der Aufzahlung bei Suidas. Er 
beginnt seine Schriftenreihe mit 6) xaxd <&Qvy6>v 
in zwei Buchern, einer Streitschrift gegen die 
spottisch Phryger genannten Asianer, von der uns 
kein Fragment erhalten ist. Schon im Titel klingt 



1181 



Caeciliua 



Caecilius 



1182 



der Ton leidenschaftlicher Gereiztheit wieder, den 
wir aus den Schriften des Dionysios zur Geniige 
iennen (zum Ausdruck vgl. Dion, de ant. or. 
prooem. 1. Cie. or. 25. 27). Mit nr. 6 identifi- 
cieren nr. 14 Blass 176, Caccialanza 18, 
Nitzsche Quaest. Eudoc, Leipziger Diss., Alten- 
burg 1868, 36f. Bergk-Peppinuller a. O. IV 
554, 53 u. a. Ober den Unterschied der damals 
herrschenden zwei Bichtungen der Beredsamkeit 
handelte die Schrift 7) zivt diayeesi 6 'Azuxde 
£rjlog rov 'Aotarov (Suid.), von der ebenfalls kein 
Fragment auf uns gekommen ist. Wohl sein be- 
deutendstes und reifstes Werk, die Frucht lang- 
jahriger Studien, liegt uns vor in 8) tzeqI rov 
yaQaxrijQog tdiv dexa grjxoQcov (Suid.), frg. 1 — 23 
(Burckhardt 6— 13. Weise 21ff.). Dem Titel 
nach scheint es, als ob das Werk nur fiber den 
Stilcharakter der zehn Redner des Kanons (der 
nach der keineswegs iiberzeugenden Ansicht meh- 
rerer Gelehrten von C. selbst zuerst aufgestellt 
worden sein soil, vgl. die Litteratur fiber den Kanon 
beiBrzoska De can one dec. or. Att., Diss. Breslau 
1883, 3ff.; dazu Blass Att. Ber. 12 117f. Weise 
26ff. Hartmann De cauone dec. or., Diss. Got- 
tingen 1891. Frankel Arch. Jahrb. VI 1891, 55. 
Usener Arch. Anz. 1891, 93. Susemihl Griech. 
Litt.-Gesch. II 694ff. Kroehnert Canonesne 
poetarum scriptorum artificum per antiquitatem 
fuerunt? Diss. Koenigsberg 1897; naheres unter 
Kanon der Redner) gehandelt hatte, in Wirk- 
lichkeit aber beschaftigte es sich auch mit ihrem 
Leben und untersuchte die Echtheit der unter 
ihrem Namen uberlieferten Reden, weil dies Stu- 
dium die notwendige Voraussetzung und Grund- 
lage bildete fur eine richtige Wurdigung ihrer 
Stileigentumlichkeiten (vgl. das ahnliche Verfahren 
des Dionysios in der Schrift fiber Deinarchos). 
Was die Zeit der Abfassung betrifft, so hat Weise 
fiberzeugend nachgewiesen, dass die Schrift nach 
des Dionysios ahnlichen Werken fiber die alten 
Redner, fiber Deinarchos, Thukydides und de adm. 
vi die. in Dem. geschrieben sein muss, da einer- 
seits Dionysios den mit ihm am gleichen Orte 
lebenden, engbefreundeten, dieselben Studien be- 
treibenden C. an Stellen, wo er fiber seine Quellen 
spricht, nicht hatte ignorieren kfinnen und an 
andern Stellen zweifellos beniitzt hatte, wenn er 
sein Werk gekannt hatte (so ad Amm. I bei 
Festsetzung des Geburtsjahres des Demosthenes 
und in den Schriften fiber Thukydides bei der 
Frage nach dem Verhaltnisse zu Antiphon), ander- 
seits C. in vielen Punkten sich auf Dionysios be- 
zieht, teils mit ihm ubereinstimmend, .teils von 
ihm abweichend. Aus diesem Werke des C. sind 
auf uns gekommen, mehr oder weniger gut ver- 
bfirgt, biographische Notizen fiber Antiphon, wenn 
anders, wie gewChnlich angenommen wird, das 
9) avvraypta sxeqi 'Avrtywvxog bei Ps.-Plut. vit. X 
or. 832 e sich mit dem betreffenden ersten Ab- 
schnitte unseres Werkes deckt (Burckhardt 26, 
3; zu frg. 1 vgl. Blass Att. Ber. I* 97. 206. 
II' 2 465), fiber Isokrates, Aischines (Blass a. O. 
II 2 55), Lykurgos und Demosthenes (Blass ILT 
l 2 , 5), Bestimmungen iiber die Anzahl der er- 
haltenen eehten und unechten Reden und eventuell 
anderen Schriften aller Redner, endlich Erorte- 
rungen fiber Vorzttge und Schwachen, Stilcharak- 
ter und kiinstlerischen Wert aller Redner mit 



Ausnahme des Lykurgos und Hypereides. Als 
Quellen fur den biographischen Teil beniitzte C. 
des Krateros vortreffliche Sammlung athenischer 
Staatsurkunden (hieraus ist zweifellos durch C. 
entlehnt das Psephisma gegen Antiphon bei Ps.- 
Plut. 833 dff., sehr wahrscheinlich die Ehrendecrete 
fiir Lykurgos 307/6, Demosthenes 280/79, Demo- 
chares 271/70 bei Plut. 850e— 852e; vgl. Krech 
De Crateri y^rjipiafidzoiY avvayooyfj, Berliner Diss., 

10 Greifswald 1888, 20. Blass III 2, 73. Susemihl 
I 601, 387), daneben so schlechte und unzuver- 
lassige Quellen wie Idomeneus ntql dij/naycoycov 
und die Biographien des Hermippos, letztere nicht 
bios fur Aischines, sondern auch z. B. fiir Iso- 
krates (vgl. Keil Analecta Isocr., Prag u. Leipz. 
1885, 89—94. Susemihl I 495, 14. 594). Als 
Quellen fur die Kritik der Reden dienten ihrn die 
Pinakes des Kallimachos und der Pergamener, 
daneben vermutlich Schriften des Dionysios, dessen 

20 Angaben er After nachzuprufen scheint. Die anti- 
phontischen Reden beurteilte bios C. als der erste 
Rhetor, der den Antiphon eines eingehenden Stu- 
diums wurdigte, und zwar traf seine Athetese 
25 Reden unter 60 (Blass 12 102f.); desgleichen 
kennen wir bei Isaios, Aischines und Lykurgos 
nur die Anzahl der von C. als echt angesehenen 
Reden ; bei Lysias erklarte C. in Ubereinstimnrang 
mit Dionysios (so verstehe ich ol ciegi Aiovvoiov 
xal Kaixihov bei Ps.-Plut. 836 a) 233 Reden unter 

30 425 als echt (Blass P* 3541); unter den 60 dem 
Isokrates zugeschriebenen Reden liess C. 28, Dio- 
nysios 25 als echt gelten (Blass II 2 103); auch 
bei Deinarchos scheint C. eine grOssere Anzahl 
echter Reden als Dionysios angenommen zu haben 
(so Burckhardt 37, 29; anders Blass III 2, 
275), desgleichen bei Demosthenes (Burckhardt 
8. 33, 20) ; der von Dionysios vorgeschlagenen Um- 
stellung der olynthischen Reden widersprach C. 
(frg. 17a), gegen ihn verteidigte er nach Din- 

40dorfs Vermutung zu Schol. Dem. PhiL I 30 die 
Einbeit der ersten philippischen Rede (Blass III 
l 2 , 300), die Rede fiber Halonnesos (des Hegesip- 
pos) hielt er im Gegensatze zu ihm fur unecht 
(frg. 18). Mit den Reden des Demosthenes hat 
sich C. ganz besonders eingehend beschaftigt (vgl. 
Sauppe 1664f.J; Suidas citiert ein Sonderwerk 
10) JitQi Atjfioa&ivovs Jtoiot avzov yvrjOioi Xdyoi 

xal jiotoi vd&oi; ob wir es aber wirklich mit 
einer Monographic, einer Vorarbeit zu dem grfisse- 

50 ren Werke, oder bios mit einem Abschnitte aus 
demselben in der Vita des Demosthenes zu thun 
haben, lasst sich mit Sicherheit nicht entscheiden. 
Nach einer Hypothese von Christ Abh. Akad. 
Mfinchen XVI 1882, 175 fusste die Textesrecen- 
sion des Demosthenes, die unter dem Namen des 
Atticus in Umlauf gesetzt wnrde (wohl aus der 
ersten Halfte des 1. Jlidts. der Kaiserzeit, im Ver- 
lage des Atticus erschienen), auf den Resultaten 
desjenigen Rhetors, der sich nach Dionysios (der 

60 es nicht gewesen sein kann) am meisten um De- 
mosthenes verdient gemacht hat, des C. Ob und 
wieweit C. in der asthetischen Wfirdigung der 
Redner von Dionysios und alteren Quellen ab- 
hangt, ist noch eine offene Frage. Sein Urteil 
fiber Lysias frg. 9. 9 b deckt sich mit dem des 
Dion, de Lys. 15. Auf das gleichlautende Urteil 
des C. in der Frage der Nachahmung des Thuky- 
dides durch Demosthenes beruft sich Dion, ad Cn. 



lias 



uaecilius 



Caecilius 



1184 



Pomp. 3 (vgl. auch Coblentz 30. 32fF.). In ahn- 
licher Weise wie Dionysios beobachtet C. den 
Stil der Redner nacb der theophrasteischen Drei- 
teilung: oxtf/iaza, ixXoyrj dvo/idzmv und ovv&eoig. 
Es ist interessant zu verfolgen, wie C. die Redner 
mit Bezug auf das <3yr\fiQ.xit,s iv xr/v didroiav VOEfl 
ersten bis zum letzten untersucht; so sind An- 
tiphon und Andokides noch doxvfidziatoi frg. 5. 
7 , Isaios jiqwzos axr/fiazt^ecv rjg^axo xai zgejieiv 
Inl zo noXizixov (Blass 112 499, 1) xr\v didvoiav, 
8 fidXiaxa pts/iifit]Tai At)fiooddvr)s frg. 11, Deinar- 
chos z&v o%riftdza>v avzov (Demosthenes) fii/xTjzijg 
vjidQXM ftg. 23; zu Isokrates vgl. Phot. cod. 260, 
487b 28 und Sauppe 1664, zu Aischines Phot, 
cod. 61, 20b 17 und Blass III 2, 164. Natiir- 
lich vernachl&ssigte er iiber dem Xexzixdg zonog 
den ngay/iazixog nicht, wie das Beispiel des Ly- 
sias zeigt. Eingehendere Urteile sind uns erhal- 
ten iiber Antiphon (Blass 12 117ff.), Isokrates 
(Blass IJ2 121. Sauppe 1664) und Aischines 
(Blass m 2, 132, 1. 163, 3. 164). Ein so ausser- 
ordentlich reichhaltiges Eepertorium verschieden- 
artigster Notizen, wie es das Werk iiber die zehn 
Eedner bot, wurde naturlich von den Spateren 
viel herangezogen , besonders far die den Aus- 
gaben der Eedner vorauszuschickenden yevtj (B u s s e 
Kh. Mus. XLIX 1894, 83). Es bildet die Grund- 
lage ffir die pseudoplutarchische Schrift von den 
zehn Eednern. Direct oder indirect, mit oder 
ohne Namennennung flndet es sich unter anderem 
benutzt von dem Biographen Apollonios, Laertius 
Diogenes (Uber die beiden letzten vgl. Ma ass 
Philol. Unters. Ill 131. Blass IE 2, 159f., 4), 
Libanios, Hermias zu Platons Phaidros, den 
Scholiasten zu Demosthenes und Aischines, Suidas, 
besonders Photios, dessen Angaben eine neue not- 
wendige Fragmentsammlung sehr bereichern wur- 
den. Fur einen Teil dieses Werkes halten die 
von Ps.-Long. 32, 8 citierten 11) avyygdfi/iaza vjzeq 
AvoCov (in mehreren Biichern?) Martens 7f., 6 
und Weise 21, 1; Burckhardt dagegen 13—15 
fasst sie als Specialschrift und versieht sie nach 
dem Inhalte des einzigen a. 0. erhaltenen Frag- 
mentes = frg. 24 mit dem zweiten Titel ovyxgi- 
ati IlXdxmvog xai Avaiov ohne ersichtlichen Grand. 
C. ergreift in dieser Schrift Partei fur Lysias und 
stellt den Redner in jeder Beziehung uber den 
Philosophen. Das harte Urteil Ps.-Longins fial- 
Xov fiiael no jzavxl IIXdxa>va ij Avatar <pdeT ist 
iibertrieben und erscheint unberechtigt, wenn man 
die ruhige Beurteilung der beiden Manner darch 
C. in frg. 9. 9b und der Fortsetzung von frg. 12b 
aus dem Werke fiber die Redner dagegenhalt; 
es lasst sich erklaren, wenn man mit Burck- 
hardt nr. 11 als Sonderschrift ansieht und viel 
fruher ansetzt als nr. 8; in diesem Falle hiitte 
jugendliches Ungestum den leidenschaftlich erreg- 
ten und vielleicht durch Angriffe von einseitigen 
Platonenthusiasten auf Lysias gereizten Junger 
Apollodors zu unbedachten und ungerechten Aus- 
fallen gegen Platon fortgerissen. Im ubrigen 
werden wir uns die Beurteilung Platons bei ihm 
ahnlich zu denken haben wie bei Dionysios (wor- 
uber Blass 189ff. Coblentz 32f. 65f.); es 
handelte sich nicht sowohl um die materielle als 
urn die stilistische Seite, und da erschien dem 
rigorosen Apollodoreer die einfache, schlichte 
Sprache des Lysias ungleich erapfehlenswerter fur 



den angehenden Redner als der dithyrambische 
Schwung und die wortreiche, poetische Sprache 
Platons, die nur zu leicht zu falschem vyog ver- 
leiten konnten ; strenger Lysianer nach dem Muster 
der von Cicero oft verspotteten Attiker par ex- 
cellence war er deshalb nicht (vgl. frg. 9. 9 b). 
In Ps.-Longins Schrift 12, 4 begegneten wir be- 
reits einer zweiten Parallele, der zwischen Demo- 
sthenes und Cicero, die der Anonymus in den 
10 Hauptziigen, gewiss nicht in der Form, dem C. 
entnommen haben wird. C. hat namlich nach 
dem Zeugnisse des Suidas eine 12) avyxgiaig 
AyfiooMvovg xai Kixegwvog geschrieben. Die 
Richtigkeit der Annahme vorausgesetzt, hat C. 
die Grosse des ROmers keineswegs gegen die des 
Griechen herabsetzen wollen, vielmehr ihn als in 
seiner Art gr6ssten Redner neben den gewaltigen 
Griechen hingestellt und die Yorzuge beider 
Manner gegen einander abgewogen. Plutarchos 
20 Dem. 3 = frg. 52, der auf diese Schrift des C. 
Bezug nimmt, tadelt mit auffallender Heftigkeit 
den C, der sich in jugendlichem Ubermute ver- 
messen hatte, eine iiber seine Krafte gehende Auf- 
gabe anzugreifen. Vielleicht liegt in der Plutarch- 
stelle ein weiterer Anhalt fur die Richtung vor, 
nach der des C. Kritik die beiden GrOssen auf 
Grand einer Prufung ihrer Reden mit einander 
verglich: to zovg Xoyovg arzet;ezdfriv (wie es C. 
gethan) xai anotpalveo&ai, jzoxegog r)Sl<ov (Cicero) 
30 rj Seivdzegog (Demosthenes) elaetv edoo/iev. Wenn 
man das eveanevoazo des Plutarchos wOrtlich 
nehmen durfte, so lage ein Jugendversuch des C. 
vor, andererseits setzt eine solche Parallele in der 
Regel eingehende Beschaftigung mit den in Ver- 
gleich gestellten Mannern, hier also mit der grie- 
chischen und romischen Litteratur voraus, ver- 
weist uns also in ein spateres Alter. Interessant 
ist es, zu beobachten, dass der Grieche in dem 
heftigen Streite dariiber, wem unter den Romern 
40 der erste Platz als Redner zukomme, den von den 
Attikern strengster Observanz und noch mehr von 
den Asianem seiner Zeit (z. B. von Cestius Pius) 
heftig angegriffenen Cicero fiber alle andern ge- 
stellt zu haben scheint. Wie er den Demosthenes 
mit dem grOssten rOmischen Redner, so verglich 
er in der 13) avyxgiaig Ay/ioo&evovg xai Alaxivov 
(Suid.) den Demosthenes mit seinem grOssten grie- 
ehischen Nebenbuhler. Man wird unwillkurlich 
an Ciceros Schriftchen de optumo genere orato- 
50 rum erinnert, mit dem er seine Ubersetzung der 
nobilissumae oraliones inter seque eontrariae 
duorum eloquentissimorum , Aeschini et Demo- 
stkeni eiuleitet (14). Ein Fragment aus dieser 
avyxmoig hat sich nicht erhalten. Wohl im An- 
schlusse an sein Werk fiber die zehn Redner ver- 
Cffentlichte er, um das allseitige Verstandnis ihrer 
Werke zu fOrdern, ein rhetorisches Lexikon und 
eine Specialschrift uber das Historische bei den 
Rednern. Blass 177, I unterscheidet zwischen 
60 einer atticistischen , von Suidas citierten kxloyij 
avojidzoiv und einem als solches nirgends citierten 
leg~ixdv grjzoQtxov, das dem des Harpokration ver- 
wandt sei. Er hat recht; nur scheint die ver- 
derbte Suidasstelle beide Werke zu bezeichnen: 
xaza $Qvya>v Svo • eart Sis xaza ozoixsiov ax.6- 
detgig zov dgfjo-dai xaoav /.££~iv xodXieet]fj.oavvrjg • 
eazi di ixloyi] Xs^scov xaza azoixeiov (die ver- 
schiedenen Versuche, den Text herzustellen, s. bei 



1185 



Caecilius 



Caecilius 



BoysenDe Harpocrationis lexici fontibus quaest 
sel., Diss. Kiel 1876, 26 und Nitzsche a. O. 
36f.). Mit San de wird aller Wahrscheinlichkeit 
nach der Inhalt eines Werkes angegeben, dessen 
Titel dariiber Zweifel lasst. Den ungewohnlichen 
Titel des einen Werkes hat Rohde Griech. Roman 
326, 2 aus dem auch sonst anstOssigen xaDuQ- 
Qrjuoovvrig richtig hergestellt: 14) Die EaXXiQ- 
STjfioavvi} (in mehreren Banden, wenn der Genetiv 
beibehalten wird) war danach identisch mit der 
ixloyr) Xe^scov xaza orotxeTov , eine Schule der 
Wohlredenheit, das alteste Beispiel einer WOrter- 
sammlung zum Behufe der Aixsbildung rein atti- 
scher Schreibweise, eines atticistischen Lexikons 
(woher Coblentz 11 den Titel Xi^stg Azzixai ha,t, 
ist mir nicht gelungen festzustellen). Es ent- 
steht die Frage, ob mit «rct de xaza oxoixtiov 
&7t6htng-ig u. s. w. der Inhalt der ebenfalls un- 
gewOhnlich betitelten Schrift xaza, $Qvya>v wieder- 
gegeben werden sollte (s. unter nr. 6). Das scheint 
unwahrseheinlich, vielmehr haben wir in den fiber- 
lieferten Worten die Umschreibung des ungewehn- 
lichen Titels fur das rhetorische Lexikon zu suchen, 
das schlechterdings mit den Asianem nichts zu 
thun hat. Danach mOchte die Suidasstelle also 
zu emendieren sein: xaza Ogvycov dvo, [Titel des 
rhetorischen Lexikons], eazt Si xaza oxoi X eTov dad- 
Ssigtg zov stQija&ai naaav Xi£iv [zolg QtjroQot'i 
vgl. den Titel zu nr. 16], KaXXiggrjfioavv^g [Band- 
zahl], Sazt de exXoyri Xdgecov xata azoixstov. Denk- 
bar ware auch , wenn man auf das dem Suidas- 
lexikon vorausgeschickte Quellenverzeichnis , in 
dem als Quelle fiir die auf ein rhetorisches Lexi- 
kon hinweisenden Notizen K. SixeXicoztjg, exXoyqv 
Xegerov xaza ozotxeiov angegeben wird, Gewicht 
legt, eine Verschiebung der Worte des Suidas- 
textesin der Weise, dass man liest: xaza. 4>Qvy&v 
Svo, ixXoyij Xig'smv xaza azoixeTov , eazt Se rao- 
Setftg .... keg iv, KaXXtQQrjfioavvtjg]^], eozi dk xaza 
ozotxeiov. Wie dem auch sei, ein 15) rhetorisches 
Lexikon hat C. hinterlassen. Es war ein alpha- 
betisch angeordneter Wort- und Sachcommentar, 
in dem teils seltenere bei den attischen Rednern 
vorkommende, einer Erklarung bediirftige, eigen- 
artige oder ungewohnliche Ausdrucke erklart, teils 
Antiquitaten, besonders aus dem Staats- und Ge- 
richtswesen erlautert wurden. EsistBoysens Ver- 
dienst (De Caecilio Calactino lexici rhetorici auctore 
a. 0. 18 — 33), aus Suidas, dem vierten und fiinf- 
ten Lexikographen bei Seguier und aus Gregorios 
von Korinth, Schol Hermog. VII 2, U19ff. W., 
denen alien des C. Lexikon vorgelegen hat, eine 
sehr stattliche Anzahl von Fragmenten des C. 
gehoben zu haben, deren Index er in der Appen- 
dix zu seiner Dissertation 85—90 in alphabeti- 
scher Ubersicht zusammengestellt hat. Vollstandig 
ist des C. Lexikon in kein rhetorisches Glossar 
aufgenommen worden, vielmehr finden sich bald 
mehr bald weniger Glossen in mehr oder weniger 
verkfirzter und verderbter Gestalt bei den ge- 
nannten Schriftstellern, am besten noch bei Suidas 
erhalten. Dass sich C. bei der Erklarung auf die 
Redner der Dekas beschrankt hat, ergiebt sich 
aus seiner Glosse xe<pd!.aiov bei Suidas. Unter 
diesen Eednern hat er, nach den Fragmenten zu 
schliessen, am meisten commentiert Antiphon, Ly- 
sias, Demosthenes, Aischines, was vortrefflich zu 
der auch sonst von ihm uberlieferten kritischen 



1186 



Pauly-Wissowa III 



Thatigkeit passt (vgl. nr. 9. 11. 10. 13), am 
wenigsten Aidokides. Ausserdem werden hie und 
da Homer, Thukydides, Sophokles, ol xmfiixoi, je 
einmal Aristophanes und Simonides, bezeichnender- 
weise nie Platon citiert, so jedoch, dass sie den 
Rednern entgegengesetzt werden. Die Glossen 
legen beredtes Zeugnis ab von dem intensiven, 
kritischen Sprachstudium , das C. den Rednern 
widmete, deren Sprachgebrauch er unter sich, mit 
10 dem anderer dexaioi and dem seiner Zeit zu ver- 
gleichen pflegte. Welche Quellen ihm fur die 
sachlichen Glossen vorlagen, lasst sich nicht be- 
stimmen; an keiner Stelle nennt er einen Ge- 
wahrsmann. Sein Lexikon lag dem Lysimachides 
vor, der in seiner Schrift nsQt zmv naga zoig 'Ax- 
xixolg soqxwv (so ist langst richtig statt des uber- 
lieferten qz)z6qo>v emendiert) die Ableitung des 
fccoQixov von at deal , mg Kaixifoog vxiXafiev, 
verwarf (Ammon. de diff. aff. voc. s. facopdg. 
20Miiller FHG III 341f.). Gegenilber Schmidt 
andAlthaus, die eine, directe Abhangigkeit des 
Pollux von C. annehmen, sucht Boy sen 27—30 
nachzuweisen, dass Pollux aus Telephos von Per- 
gamon geschopft hat, und lasst es unentschieden, 
ob dieser des C. Lexikon oder dieselben Quellen 
wie C. benutzt hat. Die Glossen des Harpokration 
sind in der Regel von den caecilianischen so ver- 
schieden, dass Boysen 31f. 16f. wohl gegen 
Schmidt Recht behalt, wenn er direkte Be- 
30 niitzungdes C. durch Harpokration ablehnt; jeden- 
falls bildete C. nicht die Grundlage fiir das Lexi- 
kon des Harpokration. Mittelbare Beniitzung des 
C. liegt zweifellos vor in den Demosthenesscholien 
(durch Suidas), vermutlich auch in den Platon- 
scholien, bei Methodios, Photios, im sog. Etym. M. 
(B o y s e n 30). Das andere vermutlich auch alpha- 
betiseh angeordnete lexikalische Werk des C. fflhrte 
nach Suidas den Titel 16) negi xdn> xa& laxogiav 
rj jzoq 1 lezoQiav elptjftevwv zoig Qr/xogai. Darin 
40 wurden die geschichtlichen Notizen bei den Red- 
nern der Dekas aus den Historikern belegt oder 
widerlegt. Um sich eine Vorstellung von dem 
Charakter eines solchen Werkes zu machen, ver- 
gleiche man Artikel bei Harpokration wie unter 
Maaoalia als Beispiel fiir nag' lazogiav und unter 
Marzivetov Siotxtofidg als Beispiel fiir xaP loxo- 
gtar (Blass 220f.). Buchenau a. O. 43f. zahlt 
falschlich unter den Werken des C. noch eine 
rSmische Geschichte auf; an der Stelle bei Stra- 
50bon V 230, auf die er sich beruft, wird seit 
Kramer 6 ye KoiXto; 6 ztiv 'Pa>fiaia>ir avyygatpevg 
gelesen. 

Das Urteil iiber C. ist, je mehr man den Um- 
fang und die Art seiner Thatigkeit durch Auf- 
deckung neuer Fragmente iibersehen konnte, ein 
immer gunstigeres geworden. Fruher stimmte 
man vielfach Kr tiger Leb. d. Thukyd. 34 bei, 
der ihn einen judischen Kritiker von leichtferti- 
ger Keckheit' nannte, jetzt neigt man mehr dazu, 
60 mit v. Wilamowitz Herm. XII 333, 12. 334, 14 
in ihm ,den streitbarsten , gelehrtesten und be- 
triebsamsten' der Atticisten, einen ,Mann von sehr 
feiner Sachkunde' zu achten. Auf dem Gebiete 
geschichtlicher Forschung darf man seine Starke 
freilich nicht suchen, als Historiker tritt er durch- 
aus in den Hintergrund. Als Rhetor hat er seine 
grossen Verdienste, wenn er auch ein neues System 
nicht begriindet hat; hier liegt seine Bedeutung 

QQ 



1187 



Caecilius 



Caecilius 



1188 



nicht sowohl auf dem Gebiete der evyeoi; und 
rdi-is {xexvr}), als vielmehr auf dem der Stillehre 
{juqI ofrjf.iax(i>v, neQi iitf>ovg). Am bedeutendsten 
ist er in seiner philologisch-kritischen und asthe- 
tisehen Thatigkeit. Hier knupft er an den ver- 
mutlich von seinem Lehrer Apollodoros iiberkom- 
menen Kan on der zehn Eedner an. Die Methode 
seiner Forschung ist die des Dionysios. Um an- 
geben zu kfinnen , wie weit ein jeder der zehn 
Eedner als Stilmuster dienen kflnne, stellt er zu- 
vorderst fest, welche Werke man ihnen mit Recht 
zueignen diirfe; erst auf dieser Grundlage wiirdigt 
er die Redner asthetisch und misst ihren Wert 
durch Vergleichung unter einander und mit son- 
stigen GrOssen ab, indem er gleichzeitig die histo- 
risehe Entwicklung der Beredsamkeit von dem 
naXatotaxos rcov QrjTogaiv Antiphon (C.-Glosse bei 
Suidas) bis auf ihren Hohepunkt in Demosthenes 
verfolgt. Als Kritiker feiert ihn deshalb schon 
das Altertum mit und neben Dionysios (Plut. 
Dem. 3. Herm Plat. Phaedr. 188. Phot. cod. 61. 
265). Durch sein Ansehen hat er dem Kanon 
der Redner allgemeine Geltung verschafft. Auf 
ihn und Dionysios geht im wesentliehen zurilck, 
was in der Folgezeit fiber das Eigentum eines 
jeden Redners angenommen wurde. Doch geniigt 
es ihm nicht, Stilmuster zur Nachahmung fur die 
Jiinger der Beredsamkeit hinzustellen ; er sucht 
dem bei der Schullecture der Redner alsbald her- 
vortretenden Bedurfnisse nach exegetischen Hiilfs- 
mitteln durch Speciallexica und Commentare zu 
den Rednern zu entaprechen. Mit ihm beginnt 
die umfassende Litteratur der attischen Redner- 
lexica. So ist C. eine iiberaus vielseitige Er- 
scheinung, ein subtiler Rhetor, ein feinfiihlender 
Stilist, ein fur seine Zeit griindlicher Kritiker, 
ein ungemein regsamer Philologe und Schulmann, 
aber zugleich und gerade deshalb auch einer der 
streitbarsten Vorkampfer des Atticismus. Je mehr 
er die Stilvorziige der alten Redner wiirdigt, um 
so tiefer wird sein Abscheu gegen die Stilver- 
derbnis, die bald nach Demosthenes Tode alliiber- 
all aufschiessend im Asianismus die iippigsten 
Bluten trieb, um so energischer, ja riicksichts- 
loser seine Polemik gegen den verhassten Barock- 
stil, die ihn selbst ungerecht werden liess gegen 
Manner wie Platon. Wie weit es ihm selbst ge- 
lang, in seinen Schriften die von ihm bevorzugten 
Stilmuster zu erreichen, entzieht sich unserer Be- 
nrteilung. Redner war er, so viel wir wissen, 
nicht; von den bistorischen Schriften, die fiir die 
Losung der Frage in erster Linie in Betracht 
kamen (vgl. Dionysios und sein Geschichtswerk) 
kennen wir nur die Titel ; von den iibrigen Werken 
sind meist nur so knrze. dazu vielfach aus abge- 
leiteten und getrtbten Quellen geschopfte und 
mit anderen untermischte Notizen erhalten, dass 
es gewagt erscheint, danach den Stil des C. zu 
beurteilen. Die Terminologie ist im wesentliehen 
die dionysianische. 

Litteratur fiber C. im allgemeinen: Die altere 
Litteratur s. bei Westermann Gesch. d. Bereds. 
I Leipzig 1833, 197. Meier De Andocidis quae 
vulgo fertur oratione contra Alcibiadem comm. 
IV, Halle 1837 = Opusc. I 128ff. Muller FHG 
m 1849, 330-333. Burckhardt C. rhetoris 
fragm. coll., disp., comment., Basel 1863; Frag- 
mentsammlung 26— 47 (rec. v. Sauppe Getting. 



gel. Anz. 1863, 1661—1668). Blass Griech. Be- 
reds. v. Alex, bis Augustus, Berlin 1865, 169—221. 
Weise Quaest. Caecil., Diss. Berlin. 1888. Cac- 
cialanza Riv. filol. XVIII 1890, 1—73. Ham- 
mer Jahresber. LXII 1890, 62—72. [Brzoska.] 

3) Ein sonst unbekannter Caecilius medicus 
wird von Plin. n. h. im Quellenregister zum 
29. Buche genannt mit Bezugnahme auf XXIX 
85, wo Caecilius in eommentariis citiert wird. 

10 [Wissowa.] 

4) Caecilius, willkurlich gewahlter Name bei 
Martial (I 41. II 72. XI 31). [Groag.] 

5) Caecilius, Eunuch, Vertrauter der Kaiserin 
Faustina. Hist. Aug. Av. Cass. 10, 9. [Stein.] 

6) Caecilius, an den ein Rescript des Kaisers 
Alexander vom J. 222, Cod. lust. VI 3, 6, ge- 
richtet ist. 

7) Caecilius, an den Rescripte des Kaisers 
Gordianus HI. vom J. 239 (Cod. lust. V 37, 11) 

20 und 241 (Cod. lust. X 11, 3) gerichtet sind. 

[Groag.] 

8) Sohn des Celer, der 429 Proconsul Africae 
war, August, ep. 57, 1 = Migne L. 33, 224. 

[Seeck.] 

9) Ein nur einmal von Laurentius Lydus (de 
mensibus II 7 p. 37 Eoether , p. 19 Bekker) er- 
wahnter Neupythagoreer , von dem die Worte 77 
tgiae jiQcbrrj ovviatrjoev dgxv v > fisaoztjza xai is- 
Xevrrjv angefiihrt werden. Statt Kexihos lesen 

30 andere Hss. 'QxeXHos , was wahrscheinlich das 
richtige ist. Zeller V8 103. Mullach II 53. 
Vgl. Okellos. [E. Wellmann.] 

10) A. Caecilius. Vielleicht dieselbe Person 
ist der Munzmeister A. Cae[cilius] Mitte des 
6. Jhdts. d. St. (Mommsen Miinzwesen 508 nr. 62) 
und der plebeische Aedil von 565 = 189 (Liv. 
XXXVIII 35, 6). Der Vorname Aulus kommt 
bei den bekannten Caeciliern in republicanischer 
Zeit nicht wieder vor, doch eine alte Grabschrift 

40 (CIL I 1034 = VI 2247) und eine bilingue Bau- 
inschrift auf Delos aus der Mitte des 7. Jhdts. 
(CIL III Suppl. 7212) nennen Freigelassene von 
Manuern dieses Namens. 

11) C. Caecilius. Eine Rede des alten Cato 
gegen einen unbekannten C. Caecilius citiert Fest. 
p. 242. 

12) G. Caecilius als Name eines Praetors von 
664 = 90 ist falsche Lesart bei Liv. ep. LXXIU 
fiir C. Caelius. [Munzer.] 

50 13) C. Caecilius heisst bei Dio LVLT 17, 1 der 
Cos. ord. des J. 17 n. Chr. C. Caelius Rufus; 
s. d. [Groag.] 

14) M. Caecilius. Eine alte Grabschrift in 
Satumiern ist einem Maarcus Caicilius gesetzt 
(CIL I 1006 = VI 13696, vgl. Ritschl Opus- 
cula IV 342. 735). 

15) M. Caecilius, Legat des Praetors L. Furius 
Purpurio in Gallien 554 = 200 (Liv. XXXI 21, 
8), ist samt dem ganzen Schlaehtbericht, in dem 

60 er eine Rolle spielt, von Valerius Antias erfunden. 

16) M. Caecilius 581 = 173 Decemvir agris 
dividuwlis (Liv. XLII 4, 4), 582 = 172 zu Ge- 
treideankaufen nach Unteritalien geschickt (ebd. 
27, 8). 

17) M. Caecilius, Bruder des Q. Caecilius 
Niger (Nr. 101. Cic. div. in Caec. 29). Vielleicht 
fiihrte er dasselbe Cognomen. 

18) M. Caecilius. Anklager des L. Calpurnius 



1189 



Caecilius 



Caecilius 



1190 



Bestia in ciceronischer Zeit (Plin. n. h. XXVII 
4); moglicherweise ist M. Caelius zu lesen. 

19) Q. Caecilius, Volkstribun 315 = 439 und 
Anhanger des Sp. Maelius (Liv. IV 16, 5). 

20) Q. Caecilius, ein Freigelassener, weihte 
Mitte des 7. Jhdts. d. St. der Iuno Sospita in 
Lanuvium eine Kapelle (CIL 1 1110 = XIV 2090). 

21) Q. Caecilius, rOmischer Ritter, ein fried- 
liebender alterer Mann, wurde wahrend der sulla- 



driicklichen Zeugnis des Hieronymus, das Ritschl 
(Opusc. Ill 233) nicht den Fabeleien der suetoni- 
schen Terenzvita zu liebe, die den Terenz auf Be- 
fehl der Aedilen vor C. eine Probevorlesung der 
Andria (aufgefuhrt 166) halten lasst, durch Con- 
jectur hatte verderben sollen. Ebenso wenig liegt 
ein zwingender Grund vor, mit Ritschl in die 
Angabe der Grabstatte bei Hieronymus (iuxta 
Ianieulum) eine Beziehung auf das Grab des 



nischenProscriptionen von seinem eigenenSchwager lOEnnius (iuxta eum in lanieulo) hineinzuconjicie- 



L. Catilina, mit dessen Schwester er verheiratet 
war, umgebracht (Q. Cic. de petit, cons. 9. Ascon. 
tog. cand. p. 75). 

22) Q. Caecilius, Volkstribun und Curator 
viarum 683 = 71 (CIL 1 593 = VI 1299. 31 590), 
vielleicht identisch mit Nr. 86. 

23) Q. Caecilius, rOmischer Ritter, Oheim des 
T. Pomponius Atticus, befreundet mit L. Lucullus 
(Nep. Att. 5, 1. Val. Max. VII 8, 5), war ein 



ren. Wie alt C. bei seinem Tode war, wissen wir 
nicht, doch macht Ritschl Parerg. 183 Anm. 
darauf aufmerksam, dass er nie wie doch Livius 
Andronicus, Naevius, Plautus und andere Dichter 
jener Zeit unter den longaevi genannt wird. Seine 
Bliite setzt Hieronymus ins J. 179; es stimmt 
dazu nicht libel, dass Ambivius Turpio im zweiten 
Prolog der terenzischen Hecyra, also im J. 160, 
als senex thun zu wollen erklart, was er als adu- 



reicher Wucherer (Cic. ad Att. 11,3. 12, 1), mit 20 lescentior gethan habe; wie er damals dem Publi- 
j i. 1. . . , , , cQm nac j i ^^ nac ^ (jgggjjjjj^jj an ,j en gt4 C ^ en 

des C. , die anfangs durchfielen oder sich kaum 
hielten, beigebracht habe, so wolle er es jetzt mit 
Terenz thun (V. llff.). Ist Ambivius, als er dies 
spricht, etwa 60 Jahr, so kann die dichterische 
Thatigkeit des C. im ersten Jahrzehnt des 2. Jhdts. 
begonnen, um 180 ihren Hohepunkt erreicht haben. 
Wir lernen aus den Versen des Terenz, dass 
das Publicum dem C. anfanglich nicht gflnstig 



dem sich auch Cicero gut zu stellen suchte (ad 
Att. II 19, 5. 20, 1). Es war mit ihm schwer 
auszukommen, doch Atticus wusste sich sein Wohl- 
wollen in solchem Masse zu erhalten, dass C. ihn 
bei seinem Tode 696 = 58 (Cic. ad Att. HI 20, 1) 
im Testament adoptierte und zum Erben einsetzte 
(Nep. Att. 5, 2). Er hinterliess ihm zehn Mil- 
lionen Sestertien und ein Haus auf dem Quirinal 
(ebd. 13, 2). Nach Val. Max. war er dem Lu 



cullus sehr zu Dank verpflichtet, und als er ihn 30 war. Die ,Gegner' trieben es so arg, dass er fast 



in seinem Testament iiberging, erbitterte das den 
Ptibel so, dass er die Leiche des C. schandete. 
Sein Grab lag am fiinften Meilenstein der Via 
Appia (Nep. Att. 22, 4). [Miinzer.l 

24) Sex. Caecilius oder Caeeilius schlechthin 
wird ofter in den Digesten als romischer Jurist 
erwahnt. In den meisten Fallen (Lenel Pal. I 
35f.; frg. 123—125. 127—130) haben wir es je- 
doch mit dem bekannten Sex. Caecilius Africanus 



schon der Dichtkunst entsagen wollte und nur 
seines Schauspieldirectors Bemfihungen ihm die 
ersten Erfolge brachten. Die Folgezeit vergalt 
ihm mit um so grosserem Lobe; auf ihr Urteil 
sind wir, da nicht ganz 300 Verse und Versbruch- 
stucke des C. erhalten sind (Rib beck Com. 2 
p. 35ff.), im wesentliehen angewiesen. C. rangiert 
nicht nur bei Quintilian (Inst. X 1, 99) und Vel- 



leius (I 17, 1) mit Plautus md Terenz, sondern 
zu thun (s. Nr. 29)., in Dig. XXI 4, 14, 10 und XV 40 im Kanon des Volcacius Sedigitus (Gell. XV 24) 
2, 1,7 ist aller Wahrscheinlichkeit nach Caelius sogar vor alien andern Palliatendichtern, und eben- 
(Sabinus) und in XXXIII 9, 3, 9 sicher Adius 
(Sex. Aelius Catus, vgl. Gell. IV 1, 20) zu lesen. 
Zweifel konnte nur Dig. XXIV 1, 64 {Iavolenus 
I. VI ex posterioribus Labeonis: verum est quod 
Proeulus et Caecilius putant) erregen. Doch 
haben wir fiir einen C, der dann spatestens ein 
Zeitgenosse des Iavolenus sein kOnnte, also dem 
1. Jhdt. n. Chr. angehoren wurde, sonst keinen 
Anhalt, so dass auch hier der Gedanke an den 50 Terenz riihmt. Diesen Vorzug verdankt C. gewiss 

hnL'"i"inr»T/in I'ftnl mim OaI.-Im.h.-. ..aIia II A,-_i. TT 1 If" J FT J J- J - "I_ _7__- IT . ..I'M . 



sogar i 

dahin stellte ihn, wenngleich nicht ohne Bedenken, 
Cicero (de opt. gen. orat. 2). Varro (Men. 399 B. 
und bei Charts, p. 241 K.) preist ihn wegen der 
Fiihrung der Handlung, mit der er die jid&rj zu 
erregen wisse, im Gegensatz zur Charakterschilde- 
rung des Terenz und dem Dialog des Plautus; 
auf dasselbe kommt es hinaus, wenn Horaz ep. 
II 1, 59 seine gravitas gegenflber der ars des 



bekannten Caelius Sabinus nahe liegt. Vgl. Momm- 
sen Ztschr. f. R.-G. IX 92, 29. Buhl Ztschr. d. 
Sav.-Stftg. II 181, 1; Salv. Iul. 68, 2. Karlowa 
R. R.-G. I 711f. Lenel Pal. I 35, 3. Bremer 
Inr. antehadr. I 13f. [Jsrs.] 

25) Caeeilius, mit Vornamen Statius (Gell. IV 
20, 12f., vgl. anon, de praenom. 4), hervorragen- 
der Dichter der Palliata, ein Kelte vom Stamm 
der Insubrer, vielleicht aus Mailand geburtig (Hie- 



dem Umstande, dass er sich seine Vorbilder vor- 
zugsweise bei Menander suchte (Leo Plant. Forsch. 
89); von etwa vierzig (oder, nach Ausschluss der 
lateinischen, einigen dreissig) Titeln seiner Stiicke 
flnden sich sechzehn auch bei Menander, elf nur 
bei diesem ; sicher steht Nachahmung des Menander 
fur Hypobolimaeus Chaerestratus , Plocium und 
Synephebi (Cic. de opt. gen. orat. 18; de fin. 
I 4). Uber den Grad, in dem C. von seinen Vor- 



ronym. z. J. Abr. 1838 = 179 v. Chr.). Sclave 60 bildern abhangig war, hat man allerlei vermutet. 



geworden in einem der zahlreichen Kampfe zwi 
schen den oberitalischen Kelten und den ROmern 
wahrend des letzten Drittels des 3. Jhdts., muss er 
von einem C. freigelassen worden sein (Gell. a. a. O.). 
In Rom war er zuerst contubernalis des Ennius 
auf dem Aventin (Hieron. a. a. O.; vgl. O. Jahn 
Ber. sachs. Ges. d. Wiss. 1856, 298). Diesen (f 169) 
uberlebte er nur um ein Jahr nach dem aus- 



Weil seine Titel teils nach plautinischer Art latei- 
nisch teils nach terenzischer und turpilianischer 
griechisch sind, glaubte Ritschl (Parerg. 145) 
eine altere Periode, in der C. nach Art des Plau- 
tus mit den Originalen freier schaltete, und eine 
jiingere, in der er sich gleich den jiingeren Pal- 
liatendichtern enger an die Griechen anschloss, 
unterscheiden zu konnen; ja er dachte gar da- 



1191 



Caecilius 



Caecilius 



1192 



ran eine Ubergangsperiode zu constatieren , der 
die griechisch-lateinischen Doppeltitel angehoren 
sollten. Soldier Doppeltitel ist bezeugt fiir Hypo- 
bolimaeus Rastraria, ausserdem die Identitat von 
Hypobolimaeus und Subditivos, Obolostates und 
Faenerator hOchst wahrscheinlich. Aber es ist, 
urn ton andern Mogliehkeiten abzusehen, sehr wohl 
denkbar, dass die Doppelbenennungen bei Wieder- 
auffuhrungen entetanden sind. Dass C. me con- 



mit Hypobolimaeus Eastraria und Hypobolimaeus 
Chaerestratus identisch ist, und bei Plocium, fiir 
erheblichere Einzelheiten noch etwa bei Hymnis- 
und Synephebi eine Vorstellung machen (vgl. Rib- 
beck zu den betreffenden Stiicken und R. Dicht. 
12 127ff.; wertlosSchluter De Caec. Stat, fabu- 
laram fragmentis, Progr. Andernach 1884). Menan- 
ders 'Yxopofo/iatog r) "Aygoixog hat eine gewisse 
Ahnlichkeit mit seinen (d. h. Terenz) Adelpben 



taminiert habe, will Leo a. a. 0. daraus schliessen, lObesessen, erne grossere Plocium nut der ebenfalls 



dass Terenz Andr. 18 den Gegnern der Conta- 
mination nur das Muster des Naevius, Plautus und 
Ennius vorhalt; ein Argumentum ei silentio. Und 
gerade die Abkehr des Terenz von den Griechen 
in einem andern wesentlichen Punkte mag auf 
eine Neuerung des C. zuriickgehen: die Loslosung 
des Prologs Torn Stiicke, um ihn zur ErOrterung 
persOnlicher Angelegenheiten und zur Polemik 
gegen die adversarii zu beniitzen, wird Terenz 



durch Terenz uns bekannten Hecyra Apollodors; 
naheres fiber den Inhalt des ersteren Sttickes, 
zum Teil recht hypothetisch, bei Grauert Hist, 
u. philol. Analekten, Minister 1833, 75ff. (vgl. 
RitsehlParergap.XIVf.). RibbeckAgroikosll, 
uber den des letzteren Gellius a. a. 0. Das Lob, 
das die alten Kunstrichter dem Inhalt der Stiicke 
des C. spenden, wird auf die Form nicht ausge- 
dehnt. Cicero stellt den Insubrer als mains auetor 



demC abgesehen haben, dem er auch in Einzel- 20 lahmtatts in Gegensatz zu Terenz (ad Att. VII 



heiten manches verdankt (z. B. Adelph. 985 oj 
. Caec. frg. 91 ; Phorm. 686 cv Caec. frg. 215 ; Andr. 
770 oa Caec. frg. 225). tTber das Verhaltnis des 
C. zu seinen Originalen in Einzelheiten zu ur- 
teilen, ermoglicht uns das interessante Kapitel des 
Gellius II 23, in dem grOssere Partien aus der 
Komoedie Plocium mit dem menandrischen Ori- 
ginal verglichen werden. Dass in der Cbertragung 
das simplex, die elegante Einfachheit des attischen 



3, 10), charakterisiert ihn und Pacuvius als male 
loeutos (Brut. 258) und citiert ihn verhaltnis- 
massig nicht hauflg (Kubik Dissert, phil. Vindob. 
I 314ff.). Thatsachlich ist die Sprache des C. 
weit altertfimlicher als die des Terenz (s. die zum 
Teil nur auf conjecturalen Lesarten beruhenden 
Zusammenstellungen in Engelbrechts Studia. 
Terentiana, Wien 1883, 78); nur ein Kennzeichen 
dieses Archaismus ist die grosse Freiheit in der 



Dichters verloren gegangen ist, muss man Gellius 30 Abstractbildung (pulcritas 55,tneptitudo 61, com 
, , ' i_.i. j;_ ™ *m»v.» 7„*«™™» . n ™*»jmvM»«>?i«.™ Ififinurbei C.l. Auch sonst fehl 



zugestehen. Auch die unappetitliche Zufiigung an 
einer Stelle (frg. 158ff.) ist nicht geschmackvoll, 
selbst wenn die Anwendung des gleichen Scherzes 
bei Plautus (Asin. 894ff.) es glaublich erscheinen 
lassen sollte, dass er auch Attikern nicht fremd 
gewesen ist. Am wenigsten befriedigt die Wieder- 
gabe der allgemeinen Betrachtungen frg. I69ff.; 
hier besteht Gellius Urteil uber die Leistung des 
C. trunea quaedam ex Menandro dicmtis et 



memoramentum 166 nur bei C). Auch sonst fehlt 
es nicht an Eigentiimlichkeiten in Wortform und 
-gebrauch: ajraf Xeyo/ieva sind deinte.gr are (rumen 
virginis) 255, dibalare 249, profluia fides 30, 
reluere im Sinn von ,wieder einlOsen' 105 , die 
Nominativbildungen immemoris masc. 31, vfer 
= uterus 94; aus altem adprobe hat C. die Hypo- 
stase adprobus 228 geschaffen, die merkwiirdige 
Wendung operis remex 274 hat ihm Cicero de 



consarcinantis verba tragici tumoris zu recht. 40 orat. II 40 nachgebraucht. Was schliesslich die 



Aber im iibrigen hat Gellius zu Ungunsten des 
rOmischen Dichters iibertrieben. Die Hauptstelle 
(frg. 142ff.) iibertrifft Menanders Trimeter nicht 
nur durch die kunstvollen, an Plautus (z. B. Bacch. 
640ff.) erinnemden, von Terenz EintOnigkeit vor- 
teilhaft abstechenden Rhythmen (erst, was bisher 
verkannt ist, anapaestische, dann trochaeische Lang- 
verse, darauf Kretiker mit Senaren und kurzen 
troehaeischen Gliedern untermischt), sondern auch 



Metrik des C. angeht, so zeigt er die bekannten 
Haupterscheinungen der archaischen Prosodie ; an 
Versarten finden sich, von dem oben besprochenen 
Canticum und einigen baccheisch-kretischen Bruch- 
stiickchen (117. 276; ganz unsicher 108f.) abge- 
sehen, nur die iiblichen stichischen Formen der 
iambischen und troehaeischen Verse. Dass er 
Clauseln wie Terenz auch im Beginn von lyrischen 
Stellen anwendete, berichtet Van-o bei Rufmus 



trocnaeiscnen (jrueaern uiucnuiscui.;, auuucm aui.u ^^..^.. ~~, --■- — --- - 

durch die Lebendigkeit der Schilderung: der 50 GL VI 556. Vgl. W. STeuffe Caecilius Statius, 



Pantoffelheld fuhrt seine energische Eheliebste 
sprechend ein und weckt so im Hflrer eine \iel 
lebhaftere Vorstellung als das griechische Original 
mit seiner Objektivitat. Anderswo beweist da- 
gegen das Criterium, dessen sich Leo a. a. O. lOlff. 
in ausgiebiger Weise fur Plautus bedient hat, engen 
Anschluss an das Original: wenn frg. 259ff. genau 
zu Euripides frg. 269 N.« stimmen, so ist der 
attische Komiker das Zwischenglied , wie schon 



Pacuvius etc., Progr. Tubingen 1858. [Skutsch.J 

26) T. Caecilius nennen Hss. des Livius (IV 
7, 1) einen der Militartribune mit consularischer 
Gewalt vom Jahre 310 = 344. Die richtige Les- ■ 
art ist vielmehr T. Gloelius. 

27) T. Caecilius, primi pili centurio im Heer 
der Pompeianer, flel bei Ilerda 705 = 49 (Caes. 
b. c. I 46, 5). [Munzer.] 

28) Caecilius Aemilianus, der Statthalter der 



Meineke Frg Com. IV p. 709 gesehen hat. Und 60 Baetica gewesen war, wurde auf Caracallas Beteftl 
.... -u:°.t. j„_ ^™;„.v^„>.^ w.Aon ™;+ <rpfnt-.Pt. wpil er das Orakel des Hercules Gadi- 



von jener Mischung der griechischen Farben mit 
den romischen, die Plautus liebt, haben wir bei 
C. nur ganz geringe Spuren, so die catena gla- 
diatoria frg. 38, wahrend eiecit tne ex hoc decuria 
frg. 15 (vgL Plaut. Pers. 143) und silicernium frg. 1 22 
nur im Wort latinisiert sind. Vom Gang der 
Handlung kOnnen wir uns nur beim Hypoboli- 
maeus oder Subditivos, der hOchst wahrscheinlich 



getOtet, weil er das Orakel des Hercules Gadi- 
tanus befragt hatte (Dio LXXVTI 20). [Groag.] 

20) Sex. Caecilius Africanus, r6mischer Jurist. 
Der voile Name begegnet nur einmal bei Ulpian 
(Dig. XXV 3, 3, 4), sonst heisst er Afriaanus (se- 
stets in den Inscriptionen der Digesten und Dig. 
XXXVHI 17, 2, 8) oder {Sex.) Caecilius (vgl. 
Nr. 24). Seine Lebenszeit fallt in die Mitte des 



2. Jhdts. n. Chr. Man halt ihn mit Recht fiir 1; 102 Abs. 1, 3. Abs. 2; 104; 107 pr.; 109; 

einen Zeitgenossen und Schiiler Lilians: ersteres 110 pr. 1. 5. 8. 9; 111 pr.; 112 pr.; 113- Abs. 1. 

wird durch Dig. XXV 3, 3, 4 (wo ihm Lilian ein 2; 114; 115 pr. 1; 116; 117, 1; 118 pr. 1; 121 

Responsum erteilt) und Dig. XXX 39 pr. (wo ihn pr. 1.3; 122), in anderen Stellen finden wir die 

Iulian citiert; vgl. Mommsen Ztschr. f. R.-G. indirecte Rede ohne ein solches leitendes Verbum 

1X92,30) erwiesen, letzteres durch das Verhalt- (frg. 9 Abs. 1; 10; 25 Abs. 2; 33, 1; 36; 39; 

nis seiner Quaestionen zu dem grossen Meister 41 pr.; 46; 48, 13. 14; 62; 80; 95 Abs. 2; 98; 

glaubhaftgemacht(vgl. KarlowaI712f. Kriiger 102 pr. 1. 2). Sicherlich hatte Africanus in einem 

177. Buhl luL I 68f.). Naturlich muss er dann uns verlorenen Telle seines Werkes angegeben, 
jiinger als dieser gewesen sein. Aller Wahr- 10 von wem diese Entscbeiduugen herruhrten. Aber 

scheinlichkeit nach ist er auch der bei Gellius auch so kOnnen wir daruber kaum im Zweifel 

XX 1 erwahnte Ses. C. (in diseiplina iuris atque sein : wenn Africanus es fiir der Miibe wert hielt, 

in legibus popidi Romani noseendis inierpre- neun Biicher mit den Meinungen eines andern 

tanddsque seientia urns auetoritateqice inlustris), zeitgenossischen Juristen zu fallen, so musste dies 

der mit dem Rhetor Favorinus uber das Zwolf- schon einer sein, der die Augen aller auf sich 

tafelgesetz disputiert : wenigstens lasst sich nichts gezogen hatte. Und als solcher kann um die 

Stichhaltiges gegen diese Verselbigung sagen (vgl. Mitte des 2. Jhdts. nur einer in Betracht kom- 

Zimmern I 351, 10. KarlowaI177. Kriiger men: Salvius Iulianus. Innere wie aussere Griinde 

177,25. Buhl Iul. I 68 und fiir die Abfassungs- unterstiitzen diesen Wahrscheinlichkeitsschluss : 
zeit derNoctes Atticae Teuffel §365, 5); dafilr 20 spatere Schriftsteller fiihren Aussprflehe, die wir 

aber, dass Africanus die Quelle dieses Kapitels in den Quaestionen lesen, auf Iulian zarfick, der 

des Gellius gewesen sei (Dirksen Hinterl. Schr. iustinianische Jurist Dorotheos nennt (in den Scho- 

I 63) lasst sich nichts anfflhren. lien zu den Basiliken) geradezu Iulian als Subject 

Africanus Hauptwerk sind seine Quaestiones zu dem ait, respondit u. s. w. Ausfuhrlichere 

in neun Bttchern (Ind. Flor. XVI; Fragmente bei Begriindung s. bei Buhl Ztschr. 194ff.; Iul. 77ff. 

Lenel Pal. I 2ff.; frg. 2—122). Die Materien Schulin Ad Pand. tit. deorig. iur. lOff. Momm- 

scheinen willkiirlich geordnet zu sein: unsere sen Ztschr. f. R.-G. IX 90ff. Karlowa 713. Krii- 

Bruchstilcke, die sowohl das Civilrecht wie das ger 177, 26. Gegen diese Annahme spricht weder, 

Edictsrecht umfassen, deuten auf keines der be- dass Iulian bisweilen mit Namen genannt ist (frg. 
kannten Rechtssysteme (vgl. Lenel Pal. I 1, 2. 30 6; 24 Abs. 2, 1; 81, 4; 108; 121 pr.; vgl. Momm- 

Buhl Ztschr. 193; Iul. I 84f. Kriiger 178; die sen 91,28), noch dass verhaltnismassigwenigeAus- 

Ansicht von Voigt Abh. d. sachs. Ges. d. W. spriiche in den Quaestionen begegnen, die wir auch 

Vn 343, dass den Quaestionen das System des in den Fragmenten von Lilians Digesten nachweisen 

Q. Mucius Scaevola zu Grande liege, ist, wie konnen (Buhl Ztschr. 196; Iul. 79). Cberhaupt ist 

Buhl und Kriiger dargethan haben, unhaltbar). es nicht wahrscheinlich, dass Africanus sein Mate- 

tiber die Abfassungszeit lasst sich nichts weiter rial aus den Schriften des Meisters, sondern erscheint 

mit Sicherheit ermitteln, als dass dem Africanus es aus den miindlichen Unterweisungen und Erorte- 

eine erst von Iulian in das Edict eingefiigte rungen von Rechtsfallen entlehnt zu haben : es ist 

Clausel bekannt war (Naheres s. bei Buhl Ztschr. in dieser Hinsicht bezeichnend, dass sich in den 
LT 198f.; Iul. I 85. Kriiger 179; die weiteren 40 Quaestionen niemals ein dem ait, respondit (u.s.w.) 

von Buhl und Fitting Alt. d. Schr. 15 ver- paralleles seribit findet (vgl. Buhl Ztschr. 187; 

suchtenAnsatzemiissenzweifelhaftbleiben). Gegen Iul. 77ff. Mommsen 93f.). Aber die Quaestionen 

die Behauptung von Kalb (Roms Juristen 66f.), des Africanus sind nicht bios Referat. Nicht 

dass die Quaestionen des Africanus den Compi- nur dass der Verfasser bisweilen Zusatze, nahere 

latoren Iustinians nur in einer aus der Zeit des Ausfuhrungen oder abweichende Ansichten hin- 

Modestinus stammenden Cberarbeitung vorgelegen zufugt (z. B. frg. 27; 46; 62; 75; 100 Abs. 1. 

batten, wendet sich mit gutem Recht Schulze 2; 109; 110, 7): es finden sich auch eine nicht 

(Ztschr. d. Sav.-Stftg.Xn 114ff.). Die Quaestionen unbetrachtliche Anzahl von Stellen, in denen 

weisen die herkOmmlichen Merkmale dieser Lit- er in der ersten Person (puto, existimo und dergl. 
teraturgattung (vgl. Bd. I S. 573. Kriiger 132f. 50 frg. 16; 24, 3; 29 pr.; 45; 46; 48, 2; 52 pr.; 

Karlowa I 669. Mommsen Ztschr. f. R.-G. IX 53; 54, 1; 55 (ego existimabam); 56, 2; 67 pr.; 

93f. Buhl Ztschr. I86ff.; Iul. I 72ff.) in reichem 70; 81, 3. 5; 99; 100 Abs. 1. Abs. 2, 1; 101; 

Masse auf (Naehweise bei Buhl a. a. O.). Die 103) oder ohne weiteres in directer Rede spricht 

Darstellung aber ist eine eigenartige: in den (frg. 2—5; 8 pr.; 11; 15—22; 24 Abs. 2; 26; 

meisten uns erhaltenen Bruchstiicken tragt der 33 pr. 2; 35; 44; 48 pr. 1. 4. 5 — 8. 10. 11. 15; 

Verfasser die darin niedergelegten Meinungen und 52, 1—3; 56 pr. ; 57—59; 61, 1; 65; 66; 67, 

Entscheidnngen nicht als seine eigenen, sondern 2; 68; 69; 74; 78; 81, 5; 82, 1; 83; 84; 86; 

als die eines ungenannten Juristen vor (respondit, 89, 3; 90, 1; 91; 94; 101 pr.; 105; 106; 107, 

ait, dioebat, negavit, existimat, pviat, inquit, 1; 108; 110; 111, 1; 112, 1; 117; 119; 120; 
notai: s. frg. 7; 8, 1; 9 Abs. 2; 12; 13; 14; 22; 60 121, 2). Es ist wohl m5glich, dass auch in diesen 

24 Abs. 1 pr. 2. Abs. 2 pr. 5; 25 Abs. 1 pr. 1. Fragmenten manche Ansicht Inlians enthalten ist, 

2; 27 Abs. 1. 2; 28, 1. 2; 29, 1; 30; 31; 32; und dass die Compilatoren Iustinians hier oft- 

34 pr. 1; 37 Abs. 1. 2 pr.; 42 pr. 1. 2; 48, 3. mals den wahren Thatbestand entstellt haben 

9. 12; 49; 51 pr. 1; 54*pr.; 60 pr. 1; 61 pr.; (z. B. durch Streichung von inquit, vgl. Momm- 

63 pr. 1. 2; 64; 71; 72 pr. 1. 2. 3; 73; 75; sen 91, z. B. frg. 92, 1; 100 Abs. 1, wo das in- 

76; 77.; 79 pr. 1; 81, 2: 82 pr. 2. 4. 5; 85? quit oder ait ohne weitere Anderungen hatte weg- 

87 pr. 1. 2. 8; 88 pr. 1.2; 89 pr. 1.2; 90 pr.; gelassen werden kOnnen; namentlidi sind auch 

92 pr. 1; 93; 95 Abs. 1. 3; 97; 100 Abs. 1.2, solche Stellen verdachtig, in denen directe und 



1195 



Caecilius 



Caecilius 



1196 



indirecte Rede abwechseln). Aber class dies fiberall 
der Fall sein sollte, ist wenig glaubhaft: dazu 
sind derartige Stellen zu haufig. Ein allgemeines 
Merkmal fur eine Auseinandersetzung zwischen 
Iulian und Africanus haben wir nicht, und fur 
die Prfifung der einzelnen Stellen, die auch nur 
in wenigen Fallen zu einem sichern Ergebnis fiihrt, 
ist hier kein Raum, so dass wir auf eine Ent- 
scheidung, wie viel von dem angefuhrten Material 
dem Iulian gebuhrt, verzichten mussen. 

Ausser den Quaestionen wird noch eine Schrift 
von Africanus Epistulae in mindestens zwanzig 
Biichern erwahnt, aus der nur ein Citat durch 
Iulian erhalten ist (Dig. XXX 39 pr. : Africanus 
libro vicesimo episttdarum apud lulianum quae- 
rit, Lenel Pal. I 1; vgl. Mommsen Ztschr. 
f. R.-G. IX 92, 30. Buhl Ztschr. 181 ; Iul. 69, 2. 
Kriiger 179, 36). Man hat hiergegen geltend 
gemacbt, dass ein Citat des augenscheinlieh junge- 
ren Zeitgenossen bei Iulian, wenn auch nicht 
unmflglich, so doch unwahrscheinlich sei. Aber 
die positiven Erklarungen, welche man den an- 
•gefflhrten Worten gegeben hat (Zimmern 351, 
8. Fitting Alter d. Schr. 15: Antwort Iulians 
auf eine briefliche Anfrage des Africanus; Kar- 
lowa 714: Africanus im Anschluss an eine Mei- 
nung Iulians), sind sprachlich nicht zu rechtfer- 
tigen: vgl. Kalb Roms Juristen 70, 2, dessen 
eigener Meinung (Africanus im Anschluss an ein 
Werk Iulians, das den Titel Epistulae fuhrte) 
cntgegensteht, dass ein solches zwanzig Biicher 
starkes Werk des bekanntesten Iuristen hei den 
Spateren doch sicherere Spuren hatte hinterlassen 
mussen. Die weitere Vermutung von Kalh, dass 
die in den Digesten excerpierten Quaestiones des 
Africanus als eine Verarbeitung jener Epistulae 
des Iulian aufzufassen sei, stent so sehr in der 
Luft, dass sie auf sich beruhen kann. 

Ob Africanus noch andere Schriften hinter- 
lassen hat, muss zweifelhaft bleiben. Mommsen 
(92, 29) hat auf Grand von frg. 123. 127—129 
eine Schrift de adulteriis vermutet, weil ErOrte- 
rungen fiber iwlicia publica den Digesten Iulians 
und uberhaupt der Quaestionenlitteratur fremd 
gewesen seien. Aber schon Buhl (Ztschr. II 
181, 1) hat auf die Unrichtigkeit dieser Voraus- 
setzung hingewiesen (vgl. Lenel Pal. I 483 frg. 
832. 833); auch einer Einreihung dieser Stellen in 
die Epistulae wurde gewiss nichts im Wege stehen. 
Noch weniger liisst sich fur die Existenz zweier 
Schriften de fideicommissis und ad SC. Tertullia- 
num, welche Mommsen aus frg. 130 und 126 
entnehmen will, anfiihren. 

Neuere Litteratur: Zimmern Gesch. d. E. 
Privatrechts I 350. Rudorff R. R. 6. I 176. 
Teuff e 1 in Paulys R -E. I* 510 ; R. L.-G. § 360, 3. 
Karlowa R. R. G. I 711. Buhl Ztschr. d. Sav.- 
Stftg. II 180ff.; Salvius Iulianus I 67ft. Kriiger 
Quell, und Litt. d. R. R. 177ff. [Jors.] 

30) Caecilius Agricola, gehorte zum feeis des 
Plautianus, wurde nach dem Sturze des letzteren 
(im J. 205 n. Chr.) zum Tode verurteilt und starb, 
indem er sich die Adern Offhete; xovtjqm di xai 
aoelyela oiisvo; ar&Qibxcov Ssvtsqo; air. Dio ep. 
LXXVI 5, 6. [Stein.] 

31) P. Caecilius Allenius Faustus Maximus 
Severianus, Consul (suffectus) in unbekanntem 
Jahre. CIL VI 1362. [Groag.] 



82) Caecilius Argicius Arborius s. Arborius 
Nr. 1. 

33) Caecilius Aristo, cur(ator) operfum) pu- 
blficorum) im J. 214 n. Ch. (CIL VI 31338 a). 
Statthalter von Bithynien im J. 218 (Dio LXXVIII 
39, 5). Seine Gemahlin war in den Acta ludorum 
saecularium vom J. 204 (IV 14, Ephem. epigr. 
VIII p. 288) genannt (dass hier hSchstens Frauen 
von Rittern genanut seien, wie Mommsen ebd. 

10 p. 300 meint, lasst sich doch kaum erweisen, da, 
gerade die ersten Zeilen teils grosse Lilcken, teils 
Namen bisher unbekannter PersCnlichkeiten auf- 
weisen). • [Groag.] 

34) Caecilius Balbinus, unrichtige Namens- 
form fur Caelius Balbinus bei Vict. Caes. 26, 7. 
27, 6. S. unter D. Caelius Calvinus Balbinus. 

[Stein.] 
36) Unter dem Namen Caecilius Balbus wird 
von Ioannes Saresberiensis in seinem 1159 ab- 

20 gefassten Policraticus III 14 ein langeres Apo- 
phthegma citiert (ohne Buchtitel) ; von denweiter- 
hin in demselben Kapitel des Policraticus erzahlten 
Anekdoten findet sich eine auf einem aus dem 
14. Jhdt. stammenden Pergamentblatte der Ham- 
hurger Stadtbibliothek (vgl. Ch. Petersen Ver- 
handl. Philol. Versamml. Cassel 1844, 109) wieder- 
gegeben mit der Beiftigung Cecilius balbus I. 3 
de nugis philosophorum, und in einer von Lin- 
denbrog excerpierten Apophthegmen- und Sen- 

30 tenzensammlung (schedae Lindenbrogianae, ex vet. 
ms. lib. sententiarum, abgedruckt bei Wc Iff lin 
Caec. Balb. p. 13ff.) war drei (von siebzehn) Anek- 
doten, die mit Ioann. Saresb. poller. V 17 und 
III 14 tibereinstimmen, beigeschrieben Caecilius 
Balbus lib. IHIde nug. Philosophor. bezw. Libr. 3 
und Ex lib. Ill, wonach Lindendrog das Ganze 
mit fragmenta Caecili Balbi de nugis philoso- 
phorum iiberschrieb. Aber ein solches Buch des 
C. B. hat nie existiert, sondern die angefuhrten 

40 Stellen gehen samtlich mit den Worten de nugis 
philosophorum den Policraticus als ihre Quelle an, 
da dieses Werk sehr haufig nach seinem Neben- 
titel de nugis eurialium et vestigiis philoso- 
phorum abgekfirzt als de nugis philosoplwrum 
citiert wird ; audi der Name Caecilius Balbus ist 
diesem Werke entnommen, indem er falschlich 
statt auf das Apophthegma auf die nachfolgenden 
Anekdoten bezogen wurde. 

Far die Entstehungsgeschichte dieses Irrtums 

50 ist wichtig die Thatsache, dass Ioannes Walensis 
(t 1285; vgl. fiber ihn V. Rose De Aristot. libr. 
ordine et auctoritate [1854] 248), der den Policra- 
ticus oft unter dem Titel de nugis philosophorum 
citiert, das Apophthegma des Caecilius Balbus zwei- 
mal anfiihrt, einmal (communiloqu. I 8, 2) in der 
Form Et Poli. li. Ill c. XlllEgregie inquit Cecilius 
Balbus u. s. w., das andre Mai (breviloqu. II 4) et 
ideo ait Celius Baldus prout legitur li. Ill de 
nugis philosophorum u. s. w. Diese letztere Citier- 

60 weise hat namlich schon bei mittelaltcrlichen Be- 
nutzern des Ioannes Walensis dahin geffihrt, samt- 
licbe unter dem Titel de nugis philosoplwrum 
angefuhrte Stellen mit dem Autornamen Caecilius 
Balbus zu versehen, bis der so gelaufig gewordene 
Titel dann zuweilen auch solchen Stiicken mittel- 
alterlicher Spruchsammlungen vorgesetzt wurde, 
die nicht aus Ioannes Saresberiensis stammten. 
Dieser Sachverhalt ist durch A. Reiffer- 



1197 



Caecilius 



Caecilius 



1198 



scheid (Rh. Mus. XVI 1861, 12ff.) und Val. Ro se 
(Hermes I 1866, 394ff.) festgestellt und damit 
eine Hypothese von E. Wdlfflin beseitigt worden, 
die aus Caecilius Balbus einen verschollenen Schrift- 
steller des 1 . Jhdts. der Kaiserzeit machte. W o 1 f f - 
lin veroffentlichte im J. 1855 eine lateinische 
Sammlung prosaischer Spriiche und Sentenzen, die 
uns in Ausziigen verschiedenen Umfanges einerseits 
($) in einer ehemals Freisinger Hs. (jetzt Monac. 
6292 saec. X), andererseits — kurzer (<p) — in 
mehreren Pariser Hss. vorliegt (Caeeilii Balbi de 
nugis philosophorum quae supersunt. E codicibus 
et auctoribus vetustis eruit, nunc primum edidit, 
commentario et dissertatione illustravit Eduardus 
Woelfflin, Basileae 1855; vgl. dazu die zustim- 
mende Besprechung von J. Maehly Jahrb. f. 
Philol. LXXI 459ff. und die Polemik zwischen H. 
Diintzer und Wolf flin ebd. 654ff. LXXIII 188ff. 
554ff.). Da sich einige der in dieser anonymen 
Sammlung iiberlieferten Ausspriiche auch in den 
schedae Lindenbrogianae linden, glaubte WOlff- 
lin den dort vorkommenden Namen des Caecilius 
Balbus auf die gauze von ihm edierte Sammlung 
beziehen zu dfirfen und kniipfte daran Unter- 
suchungen fiber Zeit und Eigenart dieses ver- 
meintlichen Autors, auf die hier um so weniger 
eingegangen zu werden braucht, als Wfilfflin 
seine Ansicht auf Grund der Reifferscheid schen 
Abhandlung selbst vollstandig preisgegeben hat 
(Rh. Mus. XVI 1861, 615f. und in dieser R.-E. 
12 2244f.). Der Name Caecilius Balbus bleibt 
auf die eine Stelle des Ioannes Saresberiensis be- 
schrankt, wenn auch die Frage, wie dieser zu 
dem Namen kam, noch nicht endgiiltig gelost ist ; 
Reifferscheid (a. a. O. 16ff.; dagegen Wolff - 
lin ebd. 616f.) vermutet, dass darin der will- 
kiirlich umgestaltete Name des jiingeren Plinius 
(Caecilius Plinius Secundus) stecke, in dessen 
Panegyricus auf Traian sich so starke An- 
klange an die Stelle des Policraticus finden, dass 
diese allenfalls ein freies Citat daraus darstellen 
konnte. 

Was die einst falschlich mit dem Namen des 
Caecilius Balbus in Verbindung gebrachte Sen- 
tenzen- und Apophthegmensammlung anlangt, so 
ergiebt sich fur ihre Entstehungszeit ein Ter- 
minus ante quem daraus, dass um die Mitte des 
9. Jhdts. der Ire Seduliusin die von ihm herruhrende 
Excerptensammlung der bekannten Hs. von Cues 
an der Mosel (C 14 saec. XII) den kurzeren Aus- 
zug (<p) aus dieser Sammlung fast vollstandig auf- 
genommen hat, sowie dass die aus derselben Zeit 
herruhrenden Collectaneen des Heiric von Auxerre 
(cod. Paris. 8818 saec. XI u. a., s. L. Traube Rh. 
Mus. XLVII 1892, 561) diesen Auszug <p ganz 
enthalten (s. L. Traube O Roma nobilis 73ff. = 
Abhdl. Akad. Munchen XIX 2, 369ff.). Damit 
wird der Ursprung der Originalsammlung, aus der 
$ und <p Excerpte sind, jedenfalls noch ins spatere 
Altertum hinaufgeruckt ; im wesentlichen war es 
eine lateinische Bearbeitung eines griechischen 
Florilegiums, die aber an einer Reihe von Stellen 
aus Publiliussammlungen (s. Publilius Syrus) 
interpqliert war; vgl. W. Meyer Die Sammlungen 
der Spruchverse des Publ. Syrus (Leipzig 1877) 44 
— 46. J. Scheibmaier De sententiis quas 
dicunt Caeeilii Balbi, Diss. Munchen 1879 ; kein 
Gewinn fur Caecilius Balbus ergiebt sich aus 



O. Friedrichs Ausgabe des Publilius Syrus (Be- 
rolini 1880) p. lOff. 81ff. [Wissowa.] 

36) Q. Caecilius Bassus. liber seine Anfange 
liegen zwei abweichendeBerichte vor. Der eine steht 
nur bei Appian (b.c. Ill 77. IV 58): im J. 707 = 47 
habe Caesar die Statthalterschaft von Syrieu 
seinem jungen Verwandten Sei. Caesar iibertragen 
und ihm als erfahrenen Berater, besonders fur 
den Partherkrieg, den C. beigegeben ; indes Sextus 

10 habe dessen Ratschlage nicht beachtet, ihn selbst 
schimpflich behandelt und sei von seinen Soldaten, 
die sich deshalb emporten, erschlagen worden; 
daraufhin habe C. aus Furcht vor der Rache des 
Dictators gemeinsame Sache mit den Meuterern 
gemacbt. Den tibergang von dieser Version zu 
der zweiten bilden bei App. HI 77 die Worte: 
o)ds fisv net xegi rov Bdsaov SoxeT, ALjLwvi he 
xxl. Hier hat Perizonius an Stelle des ALfiwvt 
den Namen des T. Livius eingesetzt (Peter Rell. 

20 hist. Rom I p. CCCLXVI. E. S chwartz o. Bd. II 
S. 226), wahrend neuerdings WachsinuthEinl. in 
d. Stud. d. alten Gesch. 144, 3 und Kornemann 
Jahrb. f. Phil. Suppl. XXH 651 die Uberlieferung 
verteidigen und an L. Scribonius Libo denken. Je- 
denfalls ist die Darstellung dieser Quelle glaub- 
wiirdiger, als die erste. Denn sie findet sich 
auch bei Autoren, die nicht von Livius abhangen, 
sie hat eine grossere innere Wahrscheinlichkeit, 
und die Art, wie Cicero beini ersten Auftreten 

30 des C. von ihm spricht (Herbst 708 = 46, ad fam. 
XII 18, 1 istenescio qui G. B), passt viel besser 
auf einen unbekannten Abenteurer, als auf einen 
erprobten caesarischen Officier. Demnach war 
C. ein remischer Ritter, der im Burgerkriege unter 
Pompeius gefochten und sich nach dessen Nieder- 
lage nach Tyros gerettet hatte. Hier kniipfte 
er insgeheim mit alten Parteigenossen und mit 
Mannschaften der Garnison Verbindungen an, 
wurde festgenommen , aber wieder losgelassen. 

40 Nun verbreitete er das Geriicht, Caesars Gegner 
hatten im africanischen Kriege gesiegt und ihn 
selbst mit der Provinz Syrien belehnt, und erhob 
offen die Fahne des Aiifruhrs. Zwar wurde er 
zuerst von Sex. Caesar besiegt , aber er zog dessen 
Truppen auf seine Seite, und sie ermordeten ihren 
Feldherrn (Cic. Deiot. 25. Sehol. Ambroa. z. d. St. 
p. 373 Or. Liv. ep. CXIV. App. Dio XLVII 
26, 3—7). C. folgte den Truppen, die Caesar 
treu blieben, bis nach Kilikien, setzte sich dann 

50 in Apamea fest und verstarkte sich auf jede Weise, 
so dass er bald fiber zwei Legionen gebot (Dio 
c. 27, 1. Strab. XVI 753. Jos. ant. XIV 268; 
bell. I 216). Er behauptete sich gegen C. An- 
tistius Vetus, der ihn belagerte, erhielt Hfilfe 
von einem Araberhauptling Alchandonios oder 
Alchaidamnos und sogar von dem PartherkOnige 
Pacorus (Cic. ad Att. XIV 9, 3. Dio c. 27, 2—5. 
Strab. a. O.) und scheint auch in Cnterhand- 
lungen mit Deiotaros von Galatien eingetreten 

60 zu sein (Cic. Deiot. 23). Jetzt rfickte aber der 
neue von Caesar gesandte Statthalter Statius 
Murcus mit drei Legionen gegen Apamea, mit 
ihm vereinigte sich sein bithynischer College Mar- 
cius Crispus an der Spitze einer ebenso starken 
Macht, und beide begannen die Stadt zu belagern 
(App. Dio Strab. Joseph, aa. OO.). Auch nach- 
dem in Rom Caesar unter den Dolchen der Ver- 
schworenen gefallen war, liessen sie davon nicht 



nyy 



uaecuius 



Caecilius 



1200 



ab, woraufhin naturgemass die Partei der Morder 
den C. zu den Ihrigen rechnete (Cic. ad fain. XI 
1, 4; Phil. XI 32). Urn die Wende des Jahres 
710 = 44 erschien C. Cassius als Propraetor in 
Syrien; das Belagerungsheer erkannte ihn als 
Fuhrer an, C. weigerte sieh dessen, aber seine 
Truppen erklarten sich fur Cassius (Cic. ad fam. 
XII 11, 1. 12, 3. Dio c. 28, 1. App. IV 58. Jos. 
ant. XIV 219 ; bell. I 272). Unter dessen Befehl 



lich freigesprochen wurden. Plin. epist. Ill 4. 
9. VI 29, 8. [Groag.] 

43) C. Caecilius Cornutus, Volkstribun 693 
= 61 und Anhanger der Senatspartei (als Pseudo- 
eato bezeichnet von Cic. ad Att. I 14, 6), vielleicht 
der 695 = 59 erwahnte C. Caecilius (Cic. Flacc. 
89), Praetor 697 — 57, verwandte sich damals 
fiir Ciceros Eiickkehr aus dem Exil (Cic. p. red. 
23) und war im Jahre daraut' Statthalter Ton 



einigten sich dadurch samtliche syrischen Legionen ; 10 Bithynien (Miinzen Ton Amisus B o r g h e s i Oeuvres 
C, der nicht unter ihm dienen wollte, wurde von T '"" " ' ' ' ' ~ 

ihm ungekrankt entlassen (Dio 28, 4) und hatte 
seine Rolle ausgespielt. [Munzer.] 

37) Caecilius Capella, Christenverfolger, derbei 
der Eroberung von Byzanz durch Severus (196 n. 
Chr.) umkam. Tertullian. ad Scap. 8. [Groag.] 

38) Caecilius Celer, bald nach Domitians Tod 
(18. Sept. 96 n. Chr.) von M. Aquillius Regulus 
angegangen, um ihn mit Plinius zu versOhnen 



I 463. Catal. of greek coins, Pontus u. s. w. 21). 
44) M. Caecilius Cornutus: Der Gentilname 
ist zwar bei diesem und bei dem Folgenden nicht 
ausdriicklich tberliefert, kann aber als gesichert 
betrachtet werden. M. Cornutus ist vielleicht 
Vater von Nr. 43, hatte die Praetur bekleidet 
und war spater Legat im Bundesgenossenkriege 
(Cic. Font. 43). Als Anhanger Sullas ware er 
nach der Riickkehr des Marius und Cinna 667 = 87 



(Plin, ep. 15, 8). An denselben ist Tielleicht 20 deren Rache zum Opfer gefallen, wenn ihn nicht 



ep. VII 17 (Celeri suo) gerichtet. [Stein.] 

39) L. Caecilius L. f. Celer Rectus, Quaestor 
von Baetica, Volkstribun, Praetor (CIL II 190 
Olisipo). 

40) L. Caecilius L. f. Cilo, quattuorvir a(edi- 
licia) p(otestate) in Commn, setzte sich, seinen 
Sohnen (?) L. Caecilius L. f. Valens und P. Cae- 
cilius L. f. Secundus und seiner contubernalis 
Lutulla Picti f. die Grabschrift CIL V 5279, 



eine List seiner Sclaven gerettet hatte ; sie gaben 
ihn namlich fur tot aus (App. b. c. I 73. Pint. Mar. 
43, 9), und er entkam nach Gallien (Plut.). 

45) M. Caecilius Cornutus steht gewiss in ver- 
wandtschaftlichem Zusammenhang mit den beiden 
Vorhergehenden. Er war Praetor urbanus 711 = 48 
und iibernahm die Vertretung del Consuln, als 
diese beide gegen Antonius ins Feld riickten und 
besonders, als der unerhorte Fall eintrat, dass 



Mo mm sen erblickte in ihm den leiblichen Vater 30 sie beide fast gleichzeitig den Tod fanden (Cic 



des jungeren Plinius und in P. Caecilius Secundus 
diesen selbst (Herm. Ill 60f.). Doch giebt er 
jetzt selbst zu, dass auch L. Caecilius Secundus 
(Nr. 115) als Plinius Vater angesehen werden kOnne. 
Die letztere Annahme ist zwar gleichfalls unsicher, 
aber noch eher zu billigen, weil die Beziehung 
von CIL V 5279 auf die Familie des Plinius zu 
bedenklichen SchlUssen bezuglich der Mutter des- 
selben fiihrt. trberdies spricht die Wahrschein- 



ad fam. X 12, 3. 16, 1; Phil. XIV 37. Val. Max. 
V 2, 10). Wenige Monate spater, als Octavian 
sein Heer gegen Rom fiihrte und die Truppen 
in der Stadt zu ihm iibergingen, legte Cornutus 
selbst Hand an sich (App. b, c. Ill 92). Uber 
seine Nachkommen vgl. Hula Arch.-epigr. Mitt. 
XV 28. Mommsen Eph. epigr. VIII p. 304. 
Hiilsen ebd. p. 318. [Munzer.l 

46) M. (Caecilius) Cornutus, frater Arvalis in den 



lichkeit dafiir , dass Plinius vor der Adoption C. 40 Jahren 733 = 21 und 734 = 20 v. Chr. (Ephem 



Caecilius Secundus hiess, da er sonst nach dem 
Gebrauche seiner Zeit auch das friiher gefuhrte 
Praenomen nicht aufgegeben hatte (vgl. z. B. den 
Namen seines Zeitgenossen M. Eppuleius Proculus 
Ti. Caepio Hispo u. v. a.). [Groag.] 

41) Q. Caicilius Cisiacus Septieius Pica 
Caieilianus, procurator) Augustorfum) et pro 
leg(ato) provincial Raitiai et VinddicfiaiJ et 
vallis Poeninfai), augur, flamen divi Auq(usti) 

~+ T>~~~~~ mi V oftOi? r\ into T-v- 



epigr. VIII p. 316 Acta Arvalium). Wohl Sohn 
von Nr. 45. Beziiglich der Zeithestimmnng vgl. 
Hula Arch.-epigr. Mitt. XV 1892, 23—28, da- 
gegen MommsenEphem. epigr. VILT p. 303 —308. 
47) M. Caecilius Cornutus, frater Arvalis in 
den Jahren 14, 20 und 21 n. Chr. (CIL VI 2023 
a. b. Ephem. epigr. VIII p. 318), curator loeorum 
publicorum iudicandorum unter Tiberius (CIL 
VI 1267 a. b. 31573. 31574), war als Praetorier 



et Romai, CIL V 3936 = Dessau 1348. Die50im J. 24 in den Process des Vibius Serenus ver- 



Augusti, deren Procurator er war, sind wohl Kaiser 
Marcus und Verus. Vgl. Mommsen Eph. epigr. 
IV p. 519f. 0. Hirschfeld S.-Ber. Akad. Berl. 
1889, 430f. [Stein.] 

42) Caecilius Classicus, aus Africa, homo foedus 
et aperte malm, Proconsul der Baetica in dem- 
selben Jahre, in welchem Marius Priscus den Pro- 
consulat von Africa bekleidete. Seine Verwaltung 
war hart und schlecht ; doch kam er der Anklage 



wickelt, tetete sich selbst (Tac. ann, IV 28. 30). 
Wohl Sohn von Nr. 46. [Groag.] 

48) Sex. Caecilius Q. f. Quirfina) Crescens 
Volusianus, praefectfusj fabfrum), advocaius fisci 
Romae, procurator [X]X herfeditatium), ab epi- 
stu[l(is) dijvi Antonini (J. 138—161), ab epi- 
stufl.J Augustorum (namlich Marcus und Verus, 
J. 161 — 169); sacerdos curio saeris faciendis, 
patronus munia'pii (von Thuburbo Minus), CLL 



durch zufalligen oder freiwilligen Tod zuvor. 60 VIII 1174 = Dessau 1451. 



Mchtsdestoweniger bestand die Provinz auf der 
Anklage auch des Toten und seiner Helfershelfer. 
Sie wurde im J. 99 (so Asbach Rh. Mus. XXXVI 
1881, 39ff.) von Plinius d. J. und Lucceius Albums 
vertreten, denen es gelang, des C. Schuld zu er- 
weisen. In den Process waren auch die Gattin 
des C, Casta, seine Tochter und sein Schwieger- 
sohn Cluvius Fuscus verwickelt, die jedoch samt- 



[Stein.] 



49) L. Caecilius Denter, war Praetor 572 = 182 
(Liv. XXXIX 56, 5) und verwaltete als solcher 
Sicilien (Liv. XXXX 1, 2). 

50) M. Caecilius Denter, wohl ein Bruder des 
Vorhergehenden, wurde 581 = 173 als Gesandter 
nach Makedonien und Griechenland geschickt (Liv. 
XLII 6, 5). [Munzer.] 

51) Caecilius Dextrianus, Procurator aquanmi 



1201 



Caecilius 



Caecilius 



1202 



it 



im J. 161 n. Chr., R. Lanciani Silloge epigr. 
aquaria (Topografia di Roma antica. Rom 1880) 
227 nr. 108. [Stein.] 

52) Q. Caecilius Dio aus Halaesa in Sicilien 
wurde von Q. Metellus Creticus mit dem Biirger- 
recht beschenkt (Cic. Verr. II 19ff.). [Miinzer.] 

53) Q. Caecilius Epirota, Grammatiker, aus 
Tuscuhim geburtig, Freigelassener des T. Pom- 
ponius Atticus. Sein Name erklart sich daraus, 



col. Pisaurensium, hg(atus) leg(ionis) XIII. Ge- 
minae, (CIL III 1011. 1012. 1013 Apulum), so- 
dalis Augustalis, proeos. provincial Baeticae. 
(CLL VIII 8207 Mileu). 

61) L. Tettius Nonius Caecilius Lysias s. 
unter Tettius. 

62) Caecilius Macrinus (der Gentilname im 
Codex AsTiburnhamensis), Freund des jungeren 
Plinius, der an ihn epist. m 4 schrieb. An den- 



dass Atticus bekanntlich von seinem Mutterbruder 10 selben sind vielleicht die Briefe II 7. VII 6. 10. 



Q. Caecilius testamentarisch adoptiert wurde (Nep. 
Att. 5) und darnach eigentlich Q. Caecilius Q. 
f. Pomponianus Atticus hiess (Cic. ad Att. Ill 
20). Als Lehrer der Pomponia, der Tochter des 
Atticus und Gemahlin des M. Agrippa, wurde C. 
unerlaubter Beziehungen zu ihr beschuldigt und 
verbannt (724 = 30 V>der 725 = 29, da im darauf- 
folgenden Jahr Agrippa schon Marcella heiratete; 
vgl. Gardthausen Augustus II 2, 447). Er 



VIII 17. IX 4 gerichtet, die nur die Adresse 
Macrino tragen. Dagegen ist VIII 5 wohl nicht 
(Caecilius) Macrinus gemeint. 

63) Q. Caecilius Q. f. Arnfensis) MarceUus 
qu(aestor) provfinciaej Narbonefhjsis, trifibumis) 
plfebisj, pr(aetor) : in utroqufej konore candidatus 
divi Traiani Augfusti), leg(atus) pro pr(aetore) 
prov(inciaeJ Narbon(ensis) et provfinciaej Bae- 
ticae, proeos. prov. Siciliae (CLL XIV 2498 ager 



begab sich zu dem Praefeeten von Agypten, C. 20 Tusculanus). Wahrscheinlich Vater von Nr. 64. 



Cornelius Gallus, dem bekannten Eclogendichter, 
der ihn freundschaftlich aufnahm, und der sich 
angeblich dadurch die Gunst des Augustus ver- 
scherzte. Nach der Katastrophe des Gallus (727 
== 27 oder 728 = 26) eroffnete C. eine Schule, 
in der er nur einen kleinen Kreis von Jiinglingen 
meist reiferen Alters unterrichtete. Er soil der 
erste gewesen sein, der in lateinischer Sprache 
aus dem Stegreif disputierte und Vergil sowie 



64) Q. Caecilius Q. f. Arnfensis) MarceUus 
Dentilianus (Q. Caecilius DentiUanus im Mili- 
tiirdiplom, s. u.) X vir stlitibfusj iudic(andis), 
tribfwnus) milfitum) legfionis) XI. Glfaudiae) 
piae fid(elis), [quaest.J provinc. Africfae), aedfilis) 
cwrfulis) candtdatus divi Hadriani — vgLMomm- 
sen St.-R. IIS 926, 4 — , prfaetor) candidatus 
eiusdem, leg(atus) provinc. Gretae Oyrenarfum), 
leg. provinc. Eispanfiae), proeos. provinc. Ore- 



andere zeitgenOssische Dichter erklarte, wofiir er30tae Cyrenar., leg. leg. XII. Fulminatae, leg. 



von dem Epigrammatiker Domitius Marsus ver- 
spottet wurde. Suet, de gramm. 16. [Stein.] 

54) A. Caecilius Faustinus, Consul suffectus 
am 14. August 99 n. Chr. mit Q. Fabius Bar- 
barus (CIL IE Suppl. p. 1970 Dipl. XXX. p. 
1971 Dipl. XXXI). Legat von Moesia inferior 
im J. 105 (CIL III p. 865 Dipl. XXH). Pro- 
consul von Africa im J. 116; dedicierte als solcher 
dem Kaiser Traian den Triumphbogen von Makter 
<CIL VIII Suppl. 11798). [Groag.] 

55) Q. Caecilius L. f. Qalferia) Fronto, 
quaestfor), Ilvir (beides in Tarraco) ; procurat(or) 
Aug(usti). CIL II 4139 (Tarraco). [Stein.] 

56) M. Caecilius Fuseianus Crep[e]reianus 
F [I] or [i] anus,. Legat von Arabia, Vater von 
Nr. 106 (CIL ni 93 Bostra). Vgl. auch Nr. 108. 

[Groag.] 
67) Caecil(ius) Hermianus, 6 xQdz(iatogJ, [djov- 
xfijjvdfgtojg [sjii ovfiflovliov (— consiliarius) 
iov SeflfaoTOv], Jigoaraztft rijs fjs.[r\]xQon6\(tmq) 50 338 r 18 



AugCusti) pr(o) prfaetore) provirwiae GaUiae 
Aquitanicae (CIL VIII Suppl. 14291 = Dessau 
1096. VLH Suppl. 14292 Thibiuca). Consul suf- 
fectus am 5. Mai 167 (also lange nach seiner Prae- 
tur, in der er Candidat des 138 verstorbenen 
Hadrian war) mit M. Antonius Pallas (CIL III 
p. 888 Dipl. XLVI = Suppl. p. 1992). Wahr- 
scheinlich Sohn von Nr. 63. 

65) Caec(ilius) Maternus, Legat von Thracien 
40 unter Commodus (Miinzen von Philippopolis : Po- 

stolakkas KazdXoyog ztov dgxatfor vofiiafidzcor 
p. 147 nr. 1020. 1021; vonPautalia: Mionnet I 
398 nr. 237; Suppl. II 373f. nr. 1010. 1011. 
1012) im J. 187 (Bull. hell. VI 1882, 181 nr. 3). 

66) Caecilius Maximus, an den Eaiser Pius 
ein Rescript beziiglich der Delatoren und ihrer 
Auftraggeber richtete. Callistr. Dig. XLLX 14, 2, 5. 

67) L. Caecilius Maximus, c(larissimus) vfirj, 
Patron von Canusium im J. 223 n. Chr., CIL IX 



fdigj veoi)c6g[ovJ 'Avxvgag (= patronus), Bull, 
hell. VII (1883) 16 nr. 3. Seine Nachkommen 
gehOrten schon dem Senatorenstand an (die In- 
schrift nennt ihn siazsga xai neamov avvx[lr]z]i- 
[xutvj). Aus der zweiten Halfte des 3. Jhdts. 
n. Chr., wegen des 61; yecoxogov , das erst seit 
Valerian und Gallienus (253—268) vorkommt 
(Ramsay). Vgl. Mommsen St.-R. 113 989. 
58) C. Caecilius C. l(ibertus) Isidorus, als Bei. 



68) Q. Caefeilius] Maximus, cflarissimus) 
p(uer), Christ, in der Rrypta der hL LucLna be- 
graben. De Rossi Roma sotterranea I 311 
Tafel XXXI 5. [Groag.] 

69ff.) Caecilius Metellus. Den Beinamen sucht 
Fest. p. 146 zu erklaren. Die Meteller gehoren 
in den beiden letzten Jahrhunderten der Repu- 
blik zu den hervorragendsten rCmischen Familien. 
Als ihre glanzendste Zeit bezeichnet Velleius (LT 



spiel eines sehr reichen Mannes angefuhrt, start 60 11, 3) das zweite Drittel des 7. Jhdts., quivve 
im J. 746 = 8. Plin. n. h. XXXm 135. .-..',,■, ... ? «" 

59) [CJaeeilius [I]u[v]entianus, proefurator) 
Augfusti), von Noricum, CIL HI 5182 (Celeia). 
Vielleicht derselbe, an den ein Rescript des Kaisers 
Pius, erwahnt bei Arcadius Charisius Dig. XLVHI 
18, 10 pr. [Stein.] 

60) Q. Caecilius C. f. Quir(ina) Laetus prae- 
[torj, curator col(oniae) Formianorwm, curator 



intra duodecim ferme annas huius temporis con- 
sides fuere Metetti aut censores aut triumpha- 
runt amplius duodecies, und in der That zahlen 
wir von 631 = 123 bis 652 = 102 sechs Consuln, 
funf Triumphatoren und vier Censoren aus diesem 
Hause. Der gebrauchlichste Vorname war bei 
ihnen Q., daher lassen sich manche Inschriften 
und Miinzen mit Q. Caecilius Metellus nicht be- 



1203 



Caecilius 



Caecilius 



1204 



1205 



Caecilius 



Caecilius 



1206 



stimraten Persbnlichkeiten zuteilen; jungere Sohne 
fiihren die Praenomina L., M., C. Hire Tribus 
war vielleicht die Arnensis (SC. de Adramytt. 
Viereck Sermo graecus 23 nr. 15, 10, doch Me- 
tellus Scipio [Nr. 99] in der Tribus Pabia, SC. 
bei Cic. ad fam. VIII 8, 5. 6) ; ihr Pamiliengrab 
lag an der Via Appia vor der Porta Capena (Cic. 
Tusc. I 13; das Monument der Caecilia Metella 
liegt etwa 4 km. vor diesem Thor). Die Geschichte 
des Geschlechts bis zur Gracchenzeit behandelt 
Wende De Caeciliis Metellis I. Bonn 1875; s. 
die Stammtafel unten S. 1229f. 

69) Caecilius Metellus, gestorben 698 = 56 
(Cic. ad Att. IV 7, 1) ; welcher von den bekannten 
Metellern dies sein kOnnte, ist nicht festzustellen. 

70) Caecilius Metellus, Parteiganger des An- 
tonius, wurde 723 = 31 bei Actium gefangen 
und spater in Samos vor des Siegers Gericht ge- 
stellt; erst bei dieser Gelegenheit erkannte ihn 
sein Sohn, der auf Octayians Seiten gestanden 
hatte, und erbat von diesem seine Begnadigung 
(App. b. c. IV 42). Der Vater ist vielleicht mit 
Nr. 79 gleichzusetzen, doch sind alle Identificie- 
rungsversuche (vgl. KlOvekorn De proscriptio- 
nibus a triumviris factis [KOnigsberg 1891] 76f.) 
nicht iiberzeugend. 

71) C. Caecilius Metellus, Senator 672 = 82, 
soil durch cine harmlose Frage Sulla zur Auf- 
stellung der Proscriptionslisten veranlasst haben 
(Plut. Sulla 31, If., dagegen erzahlt Schol. Gronov. 
p. 394 Or. dasselbe von seinem Bruder Nr. 78). 
Verrautlich ist er ein Sohn des Metellus Capra- 
rius und Urheber der Miinzen mit Anfschrift C. 
Metellus (Mommsen Miinzwesen 532 nr. 127, 
vgl. Wende De Caec. Met. 68). Da er aber 
bei Plut. x&v veajv e!g genannt wird, kann er nicht 
Vater des Creticus sein, der damals selbst schon 
seine politische Laufbahn begann, sondern nur 
dessen alterer Bruder. 

72) L. Caecilius Metellus war L. f. C. «., viel- 
leicht Sohn des L. Metellus Denter Nr. 92. Plin. 
n. h. VII 139. 140 giebt einen Auszug aus der 
landatio funebris, die ihm sein Sohn hielt, Dionys. 
Di66,4 einen solchen aus seinem Elogium; aus- 
fuhrlich uber ihn Wende De Caec. Met. 7 — 18. 
Als Consul 503 = 251 (f. Cap. Chronogr. Idat. 
Chron. pasch. Cassiod.) wurde Metellus mit seinem 
Amtsgenossen C. Purius nach Sicilien geschickt, 
wo er sich langere Zeit unthatig in Panormus 
hielt (Polyb. I 39, 8). Nachdem Furius mit einem 
Teil der Truppen heimgekehrt war, wagte der 
karthagische Feldherr Hasdrubal im Vertrauen 
auf seine iiberlegene Macht einen Angriff gegen 
die Stadt, aber Metellus brachte durch sein ge- 
schicktes Man&vrieren die Elefanten, auf denen 
die Starke des Gegners vornehmlich beruhte, in 
Verwirrung und errang einen glanzenden Sieg 
(Polyb. I 40. Diod. XXIII 35. Liv. ep. 19. Flor. 
I 18, 27. Eutrop. II 24. Oros. IV 9, 14. Frontin. 
115,4. Cic. rep. II. Zonar. VIII 14). Die Schlacht 
fallt vielleicht in den folgenden Sommer (vgl. 
M e 1 1 z e r Gesch. d. Karthager II 315. 576f.) und 
der Triumph des Metellus in den August 504 — 250 
(Acta tr.). Er ist besonders deshalb den spateren 
Geschlechtern in lebhafter Erinnerung geblieben, 
weil dabei ausser dem feindlichen Feldherrn eine 
grosse Anzahl erbeuteter Elefanten aufgefiihrt 
wurde (Liv. Flor. Eutrop. Oros. Dion.aa.OO. Plin. 



VII 139. XVIH 17. Sen. brev. vitae 13, 8), die auf 
eigens construierten Flossen uber die sicilische 
Meerenge geschafit waren (Zon. Plin. n. h. VIII 
16. Frontin. I 7, 1). Seit dieser Zeit erscheint 
der Elefant gewissermassen als Wappentier haufig 
auf Miinzen der Meteller. 505 = 249 war C. Reiter- 
oberst des Dictators A. Atilius Calatinus auf Si- 
cilien (f. Cap. Plin. Zon. VIII 15), 507 = 247 
zum zweitenmale Consul (f. Cap. Chronogr. Idat. 

10 Chron. pasch. Cassiod. Plin.) und wiederum Ober- 
befehlshaber auf dieser Insel (Zonar. VTII 16), 
530 = 224 Dictator comitiorum habendorum 
causa (f. Cap. Plin.) und in einem unbekannten 
Jahre Quindecimvir agris dandis (Plin.). Die 
Wurde des Pontifex Maximus hatte er von 511 
= 243 bis zu seinem Tode 533 = 221 inne (Cic. 
Cato 30. Val. Max. VIII 13, 2). In dieser Eigen- 
schaft untersagte er 512 = 242 dem Consul A. 
Postumius, den Befehl fiber das Heer in Africa zu 

20 tsbernehmen, weil er als Flamen des Mars die Stadt 
nicht verlassen diirfe (Liv. ep. XIX. XXXVII 
51, If. Val. Max. I 1, 2. Tac. ann. in 71). Bei 
dem Brande des Vestatempels 513 = 241 rettete 
er das Palladium aus den Flammen, verlor aber da- 
bei der Tradition nach das Augenlicht (Cic. Scaur. 
48. Liv. ep. XIX. Plin. n. h. VII 141. Ampel. 
20, 11. Sen. contr. IV 2. VII 2, 7. Sen. dial. I 
5, 2. Augustin c. d. Ill 18, 2. Iuvenal III 139. 
VI 265 ; etwas abweichend Val. Max. [Iul. Paris] 

301 4, 5. Plut. Par. min. 17; uber die Darstellung 
Ovids fast. VI 437 vgl. Preller Rem. Mythol. 
II 169) und erhielt deshalb das ausserordentliche 
Ehrenrecht, im Wagen in den Senat fahren zu 
durfen (Plin.). Die Blindheit ist jedoch unver- 
einbar mit der spateren Bekleidung der Dictatur 
(vgl. Ulpian. Dig. Ill 1, 1, 5) und gehort daher 
wohl der Legende an, zurnal sie weder in der 
Leichenrede noch in dem Elogium erwahnt ist. 
In jener riihmte dem Metellus sein Sohn nach, 

40 er habe die zehn Bedingungen erfullt, die nach 
rGmischer Anscbauung zur vollkommensten Gliick- 
seligkeit gehOrten. Wohl von ihm an waren seine 
Nachkommen Patrone Siciliens (Pseudo-Ascon. div. 
in Caec. p. 100 Or.). 

73) L. Caecilius Metellus, vielleicht ein Sohn 
des Vorhergehenden, fasste nach der Niederlage 
von Cannae 538 = 216 mit anderen vornehmen 
Junglingen den Plan, Italien zu verlassen, wurde 
aber von P. Scipio zu dem eidlichen Versprechen 

50gezwungen, davon abzustehen (Liv. XXII 53, 
5-13. Val. Max. V 6, 7). Als Quaestor 540 = 
214 wurde er wegen jenes Vergehens von den 
Censoren aus der Tribus unter die Aerarier ver- 
stossen (Liv. XXIV 18, 3—6. Val. Max. LT9, 8); 
trotzdem wahlte ihn das Volk zum Tribunus plebis 
fur das naehste Jahr, und als solcher wollte er 
sofort die Censoren vor Gericht Ziehen, was nur 
die Einsprache seiner Amtsgenossen vereitelte 
(Liv. XXIV 43, 2f.). 

60 74) L. Caecilius Metellus, wahrscheinlich Sohn 
des Metellus Caprarius (Nr. 84), Munzmeister um 
das J. 665 = 89 (Mommsen Mnnzw. 558 nr. 173), 
war Praetor 683 = 71 (Cic. Tull. 39? vgl. Dru- 
mann G. R. V 258) und im folgenden Jahre 
Propraetor in Sicilien als Nachfolger des C. Ver- 
res. Er kampfte mit Gliick gegen die Seerauber 
und nOtigte sie, die Insel zu raumen (Liv. ep. 
LXXXVIII. Oros. VI 3, 5). Seine innere Verwaltung 



wird von Cicero an vielen Stellen gelobt ; er bemiihte 
sick nach der Misswirtschaft seines Vorgangers 
die Ordnung wiederherzustellen und den Wohlstand 
wieder aufzurichten (Cic. Verr. I act. 27 ; II act. 
TI 10. 63. 140. ILT 43— 46. 121. 123-128. 144. 
156. V 55; vgl. Pseudo-Ascon. p. 97. 98. 131. 
136. 139. 207 Or.); omnia erant Metelli eius- 
modi ut non tarn suam praeturam gerere quam 
istvus praetwam retexere tnderetur (Cic. Verr. 



Magna Mater wieder aufbaute (Ovid. fast. IV 
348 verbunden mit Obseq. 39), doch mit dem- 
selben Recht darf man an L. Metellus Delmaticus 
Nr. 91 denken. 

78) M. Caecilius Metellus, vermutlich Sohn 
des C. Metellus Caprarius Nr. 84, vielleicht der 
Beistand des Sex. Roscius im J. 674 = 80, wenn 
man namlich annimmt, dass in den Hss. das Prae- 
nomen M. vor Metellus auagefallen ist (Cic. Rose. 



II 63). Aber der Redner beklagt sich bitter, dass 10 77. 119). Er wurde zum Praetor fur 685 = 69 



plstzlich Metellus und seine beiden einflussreichen 
Bruder (Nr. 78 und 87) auf die Seite des Verres 
getreten seien, mit dem sie in verwandtschaftlichen 
Beziehungen standen; seitdem habe der Statt- 
halter eifrig die Provincialen abzuhalten gesucht, 
gegen Verres als Klager und Zeugen aufzutreten 
(Cic. Verr. II 63ff. 138f. 160. 162. 164. in 122. 
152ff. I56ff.; vgl. Pseudo-Ascon. p. 139 Or.). Im 
J. 685 = 68 gelangte Metellus zum Consulat 



gewahlt, unterstutzt durch das Geld des C. Verres 
(Cic. Verr. act. I 23ff. Pseudo-Ascon. z. d. St. 
p. 136 Or.), und erhielt durchs Los den VoTsitz 
in den Gerichten uber Erpressungen. Daher 
wiinschte Verres die Hinausschiebung seines Pro- 
cesses bis zur Praetur des Metellus (Cic. Verr. 
I 21. 26. 27. 30ff. Pseudo-Ascon. p. 134. 139- 140. 
143. 147. Schol. Gronov. p. 394 Or.). Als er 
doch schon im vorhergehenden Jahre zur Ver- 



(flglina Veleias CIL I 781. Chronogr. Idat. Chron. 20 handlung kam. gehflrte Metellus zu seinen Rich 
pasch. Cassiod.), starb aber kurze Zeit, nachdem 
er es angetreten hatte (Dio XXXVI 4, 1). 

75) L. Caecilius Metellus, Sohn des Vorigen, 
war 684 = 70 als Jungling mit seinem Vater in 
Sicilien (Cic. Verr. Ill 159) und spater ebendort 
als Quaestor (Mommsen zu CIL X 7258 = IGI 
282). Er bekleidete das Volkstribunat beim Aus- 
bruch des Burgerkrieges 705 = 49, scheint zuerst 
dem Pompeius gefolgt zu sein, da wir ihn im 



tern (Cic. Verr. act. I 30. 31f. Pseudo-Ascon. 
z. d. St. p. 143 Or.). Vgl. auch Nr. 71. 

79) M. Caecilius Metellus gab im Sommer 
694 = 60 Gladiatorenspiele (Cic. ad Att. II 1, 1). 
Er konnte mit dem Vorigen identisch oder dessen 
Sohn sein, aber darf auch fur einen Sohn des 
Q. Metellus Creticus Nr. 87 gehalten werden, da 
die Verbindung zwischen diesem und den Cretici 
der ersten Kaiserzeit (vgl. Nr. 88) durch einen 



Marz in Capua flnden (Cic. ad Att. IX 6, 3), war 30 Marcus hergestellt werden muss, der sonst ganz 
aber am 1. April wieder in Rom, als Caesar dort unbekannt ware. 



einzog. Gegen dessen Vorhaben, das Geld aus dem 
Aerarium Saturni fiir seine Rtistungen zu ent- 
nehmen, erhob er zuerst kraft seines Amtes Ein- 
spruch. Da Caesar unbekummert darum Anstalten 
traf, die verschlossene Thiir der Schatzkammer 
zu erbrechen, stellte sich der Tribun im Ver- 
trauen auf seine Unverletzlichkeit davor, wurde 
aber mit dem Tode bedroht und zum Weichen 



80) M. Caecilius Metellus. Auf zweifelhafter 
hsl. tlberliefening beruht die Ansetzung zweier 
Manner dieses Namens: a) M. Metellus, Genosse 
Catilinas, bei dem dieser in der letzten Zeit, die 
er in Rom zubrachte, Aufnahme fand (Cic. Cat. 
I 19). Dio XXXVII 32, 2 sagt dasselbe von dem 
Praetor Q. Metellus Celer (Nr. 86), und da er 
sich hiermit in Widerspruch zu Cicero (a. O.) 



gezwungen (Cic. ad Att. X 4, 8. 8, 6. Plut. Pomp. 40 setzt, so nimmt man an, dass er die beiden Me- 



62, 1; Caes. 35, 8f.; Apophth. Caes. 8. Zon. X 
Dio XLI 17, 2. App. b. c. II 41. Lucan. IH 114ff.); 
diese ungesetzliche Handlungsweise hat Caesar 
selbst mit Absicht verschwiegen (b. c. I 33, 3, vgl. 
GlOde Histor. Glaubwiirdigk. Caesars [Kiel 1871] 
25). Als Metellus 706 = 48 nach Rom zuruck- 
kehren wollte, liess er ihn aus Italien ausweisen 
(Cic. ad Att. XI 7, 2). 

76) M. Caecilius Metellus, vielleicht Sohn des 



telli mit einander verwechselt. Die meisten Ge- 
lehrten lesen jedoch bei Cic. M. Marcellus (vgl. 
den umgekehrten Fehler bei Nr. 96, unten S. 1217, 
58). b) M. Metellus Ofter als Volkstribun 699 = 
55 und Gegner der Triumvirn aufgefuhrt und fur 
den Vater von Nr. 88 gehalten. Diese Angaben 
beruhen auf Flor. I 46, 3, wo man aber besser 
Ateius statt M. Metellus liest. 

81) Q. Caecilius Metellus, Sohn von Nr. 72, 



L. Metellus Nr. 72, plebeischer Aedil 546 = 208 50 war Pontifex seit 538 = 216 (Liv. XXIJJ 21, 7), 



(Liv. XXVn 26, 9), Praetor urbanus und pere 
grinus zugleich 548 = 206 (Liv. XXVin 10, 3. 
9. 12), Mitglied der nach Pessinus geschickten 
Gesandtschaft 549 = 205 (Liv. XXIX 11, 3). 

77) M. Caecilius Metellus, dritter Sohn des Me- 
tellus Macedonicus Nr. 94 (Plut. fort. Rom. 4), Munz- 
meister um 625 = 129 (Mommsen Miinzwesen 
533 nr. 128), Consul im Todesjahr seines Vaters 
639 = 115 (Chronogr. Idat. Chron. pasch. Veil 



Volkstribun 545 = 209 (ebd. XXVII 21, 9). Aedilis 
curulis 546 = 208 (ebd. 36, 8), brachte 547 = 207 
die Nachricht von dem Siege am Metaurus nach 
Rom (ebd. 51, 3), war Ende dieses Jahres Magister 
equitum des Dictator comit. habend. M. Livius 
Salinator (f. Cap. Liv. XXVIH 10, 1) und wurde 
fur das folgende 548 = 206 mit L. Veturius Philo 
zum Consul gewahlt (f. Cap. Liv. a. O. Eutrop. 
Ill 19. Cic. Brut. 57. Cassiod. Chronogr. Idat. 



Ill, 7. Cassiod.), verwaltete Sardinien und Corsica 60 Chron. pasch.). Beide erhielten Bruttium , wo 



J, bis zum Jahre 643 = 111, wo er wegen seiner 

%\ Erfolge gegen die Sarden gleichzeitig mit seinem 

I j ungsten Bruder C. Metellus Caprarius triumphierte 

4 (Acta tt. Sardinisches Decret CIL X 7857, 2; vgl. 

j Mommsen Herm. II 106. Eutrop. IV 25, 2 

irrig zum J. 641. Ruf. Fest. 4. Veil. II 8, 2). 

Einer von ibnen konnte der Metellus sein, der 

den in diesem Jahre abgebrannten Tempel der 



Hannibal sich noch behauptete, als Provinz (Liv. 
XXVHI 10, 8), gingen nach Erledigung der inne- 
ren Angelegenheiten im Anfang des Friihlings 
dorthin ab und fuhrten die Truppen spater nach 
Lucanien. Wahrend des ganzen Jahres trug sich 
auf dem unteritalischen Kriegsschauplatz nichts 
von Bedeutung zu (ebd. 11, 11 — 14. 13, 1. Dio 
frg. 56, 61). Metellus behielt auch 549 = 205 



das Commando uber zwei Legionen in Bruttiura 
(ebd. 45, 9 — 11. 46, 3), bis Ende des Jahres sein 
Heer aufgelOst und er selbst zum Dictator comit. 
habend. ernannt wurde (f. Cap. Liv. XXIX 10, 2. 
11, 9 — 11). Bei den Verbandlungen liber die 
Missethaten der rfimischen Besatzung in Locri 550 
= 204 trat er im Senat entscbieden fur P. Scipio 
ein und veranlasste die Einsetzung einer Com- 
mission zur Untersuchung der Sache (Liv. XXIX 
20, 1 — 5). Nach einem Bericbt soil er als Mit- 
glied der Commission selbst den Hauptschuldigen 
Q. Pleminius verhaftet haben (ebd. 21, 1). Auch 
wahrend der beiden folgenden Jahre war er ein 
Hauptfiihrer der scipionischen Partei im Senate 
(Liv. XXX 23, 3f! 27, 2). 553 = 201 wird er 
als Decemvir agris divid. (XXXI 4, 3), 561 = 193 
gelegentlich einer Senatssitzung erwahnt (XXXV 
8, 4) ; 568 = 186 ging er an der Spitze einer Ge- 
sandtschaft nach Makedonien, nm die Streitig- 
keiten zwischen Konig Philipp und sein en Nach- 
barn zu schlichten (Polyb. XXII 1, 2ff. 9, 6. Paus. 
VII 8, 6. Liv. XXXIX 24, 13, vgl. Nissen Kri- 
tische Untersuchungen 231), und von dort zur 
Untersuchung der spartanisch-achaeiscben Handel 
in den Peloponnes , woher er erst 570 = 184 in 
die Heimat zuriickkehrte (Polyb. XXI 1, 6 — 8. 
13, Iff. 15, Iff. 16, 5ff. XXm 2, 7. 4, 7. Liv. 
XXXIX 33, Iff. 47, 6. Paus. VII 9, 1). 575 = 179 
bemuhte er sich um die VersOhnung der mit ein- 
ander verfeindeten Censoren M. Aemilius Lepidus 
und M. Fulvius Nobilior (Liv. XL 45, 8ff.). 
Als Redner wird er von Cic. Brut. 57 (vgl. 77) 
genannt, wohl besondere auf Grund der Leichen- 
rede , die er 533 = 221 seinem Vater hielt und 
die verfiffentlicht wurde. Einen Auszug aus diesem 
altesten Denkmal lateinischer Prosa hat Plin. n. h. 
VII 139 — 141 erhalten. Vielleicht stammt aus 
einer andern Rede der Ausspruch des Metellus, 
er zweifle, ob die Beendigung des hannibalischen 
Krieges dem rOmischen Volke mehr Nutzen oder 
Schaden bringe (Val. Max. VII 2, 3). Gewiss ist 
er der Consul Metellus, der sich an dem Dichter 
Naevius fur dessen Angriffe so schwer rachte (Cic. 
Verr. act. I 29. Ps.-Ascon. z. d. St. p. 140 Or. 
Hieron. z. Euseb. IE 125 d SchOne, vgl. Wen de 
De Caec. Met. 31—34). 

82) Q. Caecilius Metellus Baliaricus, altester 
Sohn des Macedonicus Nr. 94 (Plin. n. h. VII 144. 
Pint. fort. Bom. 4). Als Consul 631 = 123 (f. augur. 
CIL 12 p. 60. Chronogr. Idat, Chron. pasch. Cas- 
siod. Cic. Brut. 259; de domo 136, irrig L. Me- 
tellusErxtTop, IV 21. Oros. V 12, 1) unterwarf er 
in zweijahrigem Kampfe die balearischen Inseln, 
deren Bewohner als Seerauber die Meere unsicher 
macbten (Liv. ep. LX. Flor. I 43, 1. Oros. V 13, 
1. Strab. Ill 167), und legte dort Stadte an (Stra- 
bon). Nach seiner Heimkehr 633 = 121 erhielt 
er einen Triumph und den Siegesbeinamen des 
Baliaricus (Acta tr.) ; 634 = 120 gelangte er zur 
Censur. . Alle diese Ehren wurden ihm nocb bei 
Lebzeiten seines Vaters zu teil (Cic. fin. V 82. 
Val. Mas. VII 1, 1. Veil. I 11, 7. Plin. n. h. VII 
142. Auct. de vir. ill. 61, 6). Vielleicht ist er 
der Metellus, der dem C. Marius zum Volkstri- 
bunat verhalf (Plut. Mar. 4, 1), aber mit ihm, 
als er es im J. 635= 119 erreicht hatte, in hef- 
tigen Streit kam, so dass er sogar ins Gefangnis 
abgefuhrt wurde (a. O. 4, 4f.). Wende De Caec. 



Met. 73 denkt an den Consul dieses Jahres L. 
Metellus Delmaticus (Nr. 91), doch ware dessen Amt 
in der Erzahlung schwerlich mit Stillsehweigen 
iibergangen worden. Natiirlich bleiben alle Ver- 
mutungen dieser Art unsicher. Ebensowenig lasst 
sich beweisen, dass er der Senator ist, der im SC. 
de Adramyttenis als erster Zeuge aufgefuhrt 
wird (Viereck Sermo graecus 23 nr. 15, 9), weil 
neben ihm noch Q. Metellus Nepos Nr. 95 in Be- 
lOtracht kommen kann (vgl. Mommsen St.-E.'III 
968 Anm.). 

83) L. Caecilius Metellus Calvus, Consul 612 = 
142 (f. Cap. Chronogr. Idat. Chron. pasch. Cassiod. 
Obsequ. 22. Oros. V 4, 8. Cic. ad Att. XII 5, 3), 
zeugte spater mit seinem Brader Q. Metellus Mace- 
donicus (Nr. 94) gegen Q. Pompeius in einem Repe- 
tundenprocess (Cic. Pont. 23 [13]. Val. Max. VII 5, 
1, der inn ungenau als censorius bezeichnet). Rich- 
tiger auf ihn als auf den jiingeren L. Metellus Dia- 

20 dematus (Nr. 93) wird man die Grenzsteine eines 
Proconsuls L. Caiottius Q. f. zwischen Ateste und 
Patavium beziehen, wonach er also wahrend zwei 
Jahren die Provinz Gallien verwaltete (CIL I 547. 
548 — V 2491. 2492; vgl. Borghesi Oeuvres VI 
513), desgleichen die Ehreninschrift , welche die 
Athener auf Paros einem OTQaxr/yog vnarog L. 
Caecilius Q. f. Metellus setzten (Dittenberger 
Syll. 238), vielleicht wahrend der Gesandtschafts- 
reise, die er nicht lange nach seinem Consulat 

30 mit Scipio Africanus Minor und L. Mummius an 
die KOnigshofe des Ostens machte (Iustin. XXXVIII 
8, 8). Auf L. Metellus Nr. 74 kann die Inschrift 
nicht bezogen werden, was Homolle Bull. hell. 
VIII 149 vorschlug, weil dieser zweifellos C. f. war. 

84) C. Caecilius Metellus Caprarius, jfingster 
Sohn des Q. Metellus Macedonicus Nr. 94 (Plut. 
fort. Rom. 4), vielleicht der Munzmeister C. Metellus 
(Mommsen Miinzwesen 532 nr. 127, Trad. Blac. 
II 335 nr. 143), diente 621 = 133 unter Scipio 

40 Aemilianus vor Numantia (Cic. de or. II 267, wo 
man eine Anspielung auf seinen unerklarten Bei- 
namen gesucht hat). Beim Tode seines Vaters, 
639 — 115, wird er als praetor (Cic. fin. V 82. 
Plin. n. h. VII 142), praetorius (Val. Max. VIE 
1, 1), candidatus consulatus (Veil. I 11, 7) be- 
zeichnet, hat also ein bis zwei Jahr vorher die 
Praetur bekleidet, Als Consul 641 = 113 (CIL 
HI Suppl. 7367. Chronogr. Idat. Chron. pasch. 
Cassiod. Obsequ. 88. Eutrop. IV 25, 2. Plin. n. 

50 h. II 100. Tac. Germ. 37. Ioann. Antioch. 61, 
FHG TV 559) fflhrte er einen glucklichen Krieg 
in Thrakien, auf Grund dessen er gleichzeitig mit 
seinem Bruder Marcus 643 =111 triumphierte 
(Acta tr. Eutrop. Veil. LT 8, 2) und den Imperator- 
titel annahm (elog. XXXV CIL I 2 p. 200 = VI 
1273). 652 = 102 war er Censor mit seinem Vetter 
Q. Metellus Numidicus (Cic. ad Quir. 6. Veil.), fur 
dessen Rtlckkehr aus dem Exil er sich 655 = 99 
verwandte (Cic. a. O. und p. red. 37). 

60 85) Q. Caecilius Metellus Celer empfing seinen 
Beinamen von der Eile, mit der er nach dem Tode 
seines Vaters (etwa Nr. 93) die Leichenspiele 
feierte (Plut. Coriol. 11, 4 J; er war lion Me qui- 
dem orator, sed tamen non infans (Cic. Brut. 
305) und adoptierte den Folgenden. 

86) Q. Caecilius Metellus Celer war nach seinem 
eigenen und nach fremdem Zeugnis ein Bruder 
des Q. Metellus Nepos (Nr. 96), also wahrschein- 



1209 



Caecilius 



Caecilius 



1210 



lich gleichfalls Sohn von Nr. 95, wurde aber ad- 
optiert von Nr. 85, vgl. Drumann G. R. II 25. 
Im J. 674 = 80 klagte er gemeinsam mit Nepos 
den M. Aemilius Lepidus wegen seiner schlechten 
Verwaltung Siciliens an, zog aber die Klage wie- 
der zuriick (Ps.-Ascon. Verr. p. 100. 206 Or., vgl. 
o. Bd. I S. 554). Auf seine Teilnahme an irgend 
einem Feldzuge ums J. 676 = 78 bezieht Mauren- 
brecher Sail. hist. frg. 1 135. 683 = 71 bekleidete 



lassen (Dio XXXVII 50, 1—5). Dieselbe Ent- 
schiedenheit bewies er dem Clodius gegeniiber, 
mit dem er als Vetter und Schwager doppelt ver- 
wandt war; anfangs achtete er wenig auf dessen 
Plan, sich durch Obergang zur Plebs den Weg 
zum Tribunat zubahnen (Cic. ad Att. 1 18, 5), aber 
sobald er die Gefahrlichkeit des Vorhabens durch- 
schaut hatte, suchte er es mit Aufbietung aller 
Mittel zu vereiteln (Cic. ad Att. LT 1, 4; har. resp. 



er vielleicht das Volkstribunat (vgl. Nr. 22). 688 10 45; Cael, 60. Dio XXXVII 51, 2; vgl. Mo mm 



= 66 war Celer Legat des Pompeius in Asien und 
wurde in seinen Winterquartieren an der arme- 
nischen Grenze plotzlich von den Albanern iiber- 
fallen ; trotzdem schlug er sie tapfer und glucklich 
zuruck (Dio XXXVI 54, 2f.). Die stadtische Praetur 
verwaltete er in dem ereignisreichen J. 691 = 63 
(Cic. Sull. 65, vielleicht auch Val. Max. VII 7, 7). 
Er verhinderte die Verurteilung des C. Rabirius, 
indem er die rote Fahne vom Ianiculum hinweg 



sen R. Forsch. I 399ffi). Da ein Krieg in Gallien 
drohte, mussten die Consuln um die beiden galli- 
schen Provinzen losen (Cic. ad Att. 1 19, 2), aber 
Celer kam in die seinige weder in diesem Jahre 
(Cic. ad Att. I 20, 5. Dio XXXVH 51, 2) noch 
im nachsten. In dessen Anfang leistete er gegen 
Caesars Ackergesetz Widerstand und weigerte sich, 
es zu beschwOren, wurde indes schliesslich zum 
Nachgeben genotigt (Dio XXXVIH 7, 1). Bald 



nehmen liess und dadurch die entscheidende Volks- 20 darauf ereilte ihn der Tod. Er hatte in unglfict 



versammlung aufloste (Dio XXXVII 27, 3). Als 
Catilina sich freiwillig unter seine Aufsicnt be- 
geben wollte, wies er ihn ab (Cic. Cat. I 19; fiber 
die entgegengesetzte Angabe Dios XXXVII 32, 2 
vgl. Nr. 80). Ende October wurde er nach Pi- 
cenum und Gallien geschickt, wo einer der Ver- 
schworenen, Septimius, Truppen sammelte (Cic. 
Cat. II 5. 26; ad fam. V 2, 1. Sail. Cat. 30, 5. Plut. 
Cic. 16, 1); Celer ging erst gegen diesen ener- 



licher Ehe mit der beruchtigten Clodia gelebt 
(Cic. ad Att. II 1, 5. Plut. Cic. 29, 2), und als er 
nun so Hberraschend schnell starb, erhob sich der 
Verdacht, sie habe ihn vergiftet. Cicero, der bei 
seinen letzten Stunden zugegen war, hat dieser 
Beschuldigung OffentlichWorte geliehen (Cael. 59f. ; 
vgl. Schol. Bob. Sest. p. 508). Celer war bereits 
im J. 691 = 63 Augur (Cic. Vat. 19. Schol. Bob. 
z. d. St. p. 318. Dio XXXVII 27, 3). Erhalten ist 



gisch vor (Sail. 42, 3) und verlegte dami mit 30 ein Brief von ihm an Cicero (ad fam. V 1). Nach 



drei Legionen bei Faesulae dem Catilina den Weg 
nach Gallien ; dort "traf bald auch das Hauptcorps 
unter dem Consul Antonius ein, und die Rebellen 
mussten sich daher zur Entscheidungsschlacht 
stellen (Sail. 57, 2f. Dio XXXVII 33, 4. 39, 2). 
Cicero (Sest. IS1) ruhmte Celer als seinen sociits la- 
borum, periculorum, consiliorum, und es geschah 
teilweise auch zu dessen Vorteil, dass er selbst 
auf eine Provinz verzichtete. Celer erhielt Gallia 



dessen Urteil (Brut. 247) war er als Redner von 
massiger Begabung; von seiner ganzen PersOnlich- 
keit entwirft einer der Liebhaber seiner Frau ein 
wenig schmeichelhaftes Bild (Catull. 83, Iff.). 

87) Q. Caecilius Metellus Creticus war nach 
den Inschriften Sohn eines Gaius, also wahrschein- 
lich des Metellus Caprarius (Nr. 84) und Enkel des 
Macedonicus Nr. 94, nicht dessen Sohn, wie Flor. 
I 43, 1 meint. Vermutlich ist er der Q. Metellus, 



Cisalpina mit dem Titel eines Proconsuls (Auf- 40 der in einem nicht bekannten Jahre Volkstribun 



schrift von Cic. ad fam. V 1. 2. 2, 3. Corn. Nepos 
bei Plin. n. h. II 170 und Mela III 45). Mit Unter- 
stiitzung des Pompeius wurde er neben L. Afra- 
nius zum Consul fur 694 = 60 gewahlt (f. Cap. 
Tessera CIL I 727. 728. Chronogr. Idat. Chron. 
pasch. Cassiod. Flor. II 13, 8. Obsequ. 62. Plin. 
n. h. II 170. Hor. carm. II 1, 1. Dio XXXVII 
ind.). Noch als designierter Consul hinderte er 
durch das blosse Ansehen seiner Person die Feier 



und im folgenden Legat war (Cic. imp. Cn. Pomp. 
58). Er bewarb sich 679 = 75 um die Praetur 
(Sail. hist. p. 127 Jord. = II 45 Maur.) und muss 
sie in einem der nachsten Jahre bekleidet haben, 
da er 684 = 70 als Bewerber um das Consulat 
auftrat. Hierbei unterstiitzte ihn C. Verres, der 
seinerseits von Metellus und dessen Verwandten 
begunstigt wurde (Cic. Verr. act. I 26 — 29, vgl. 
Ps.-Ascon. p. 98. 126. 139f. 148. 162. 207 Or.). 



der Compitalien, die der Senat untersagt, aber 50 Metellus wurde fur 685 = 69 mit Q. Hortensius 



einer der Tribunen freigegeben hatte (Cic. Pis. 8. 
Ascon. z. d. St. p. 7), und sprach gegen die For- 
derung der Ritter, ihre Steuerpachtsumme zu er- 
massigen (Cic. ad Att. I 17, 9). Wahrend seines 
Amtsjahres selbst erwarb er sich den Beifall der 
Optimaten und Ciceros (ad Att. 1 18, 5. 19, 4), da 
er im Bunde mit Lucullus und Cato wiederholt 
dem Pompeius entgegentrat (Dio XXXVH 49, 
3. 5). Seine Beweggninde waren sowohl politische, 



zum Consul gewahlt (Tessera CIL I 724 ; figlina 
ebd. 780. Chronogr. Idat. Chron. pasch. Cassiod. 
Ascon. Pis. p. 14) und erhielt das Obercommando 
auf Kreta, worauf sein Amtsgenosse, dem es durchs 
Los zugefallen war. freiwillig verzichtet hatte 
(Dio XXXVI Anf. bei Xiphilin. p. 358 Melb. 
Schol. Bob. Flacc. p. 233 Or.). Die Insel war 
neben Eilikien die Hauptbrutstatte der Piraterie ; 
ihre tapferen Bewohner wussten, dass sie jetzt 



als persOnliche, deren Ursprung darin lag, dass 60 um ihre Eiistenz kampfen mussten, und deshalb 



sich Pompeius von seiner Gemahlin Mucia, Ce- 
lers Halbschwester, geschieden hatte. Nament- 
lich dem Ackergesetz, das der Volkstribun L. 
Flavins im Interesse des Pompeius einbrachte, 
widersetzte sich Celer mit solcher Scharfe, dass 
ihn der Tribun ins Gefangnis abfuhren liess, und 
seine selbst dadurch nicht erschutterte Festigkeit 
zwang die Gegner, die ganze Sache fallen zu 



war die Aufgabe, die des Consuls harrte, keine 
leichte. Zu seiner Verfugung standen drei Legio- 
nen (Phleg. 12, FHG HI 606); nach einem Siege 
in offener Feldschlacht bei Eydonia (Phleg. a. a. O. 
App. Sic. 6. Veil. H 34, 1, vgl. 38, 6) begann er den 
langwierigen Belagerungskrieg, der zur Einnahme 
von Eydonia (App. Liv. ep. XCVILt) , Knossos 
(App. Liv. ep. XCIX), Lyktos (Liv. Flor. I 42, 4) 



1211 



Caecilius 



Caecilius 



1212 



und anderen Festungen fuhrte und bis in die 
Mitte des J. 687 = 67 mit steigender Erbitterung 
fortgesetzt wurde (vgl. noch Liv. frg. 28 Weissenb. 
bei Serv. Aen. Ill 106. Val. Max. VII 6 est. 1. Oros. 
VI 4, 2. Eutrop. VI 11, 1). Gortyna scheint sich 
freiwillig ergeben zu haben , denn diese Stadt 
schlug in der fjbergangszeit , wahrend Kreta als 
rfimische Provinz eingerichtet wurde, Munzen zu 
Ebren des Metellus (Friedlander Ztschr. f. 
Numism. X 119). Ehreninschriften auf Kreta 
selbst (Revue arche'ol. XV 1867, 418), in Argos 
(CIL I 595 = in 531) und in Athen (CIA III 
565) bezeugen , welche Verdienste der Feldherr, 
der auf ihnen den Imperatortitel fiihrt, sich um 
die Sicherheit der griechischen Meere erworben 
hatte. Inzwischen wurde in Rom dem Pompeius 
der ausserordentliche Oberbefehl gegen die See- 
rauber im ganzen Mittelmeergebiet iibertragen 
und sorait auch Kreta unterstellt. Auf die Kunde 
Ton seiner Milde gegen die Besiegten boten ihm 
die Kreter ihre Unterwerfung an ; er uahm sie an 
(Cic. imp. Cn. Pomp. 35. 46. Liv. ep. XCIX. 
Flor. I 42, 5f. App. Sic. 6. Plut. Pomp. 29, If.) 
und schickte seinen Legaten L. Octavius, um dem 
Metellus Einhalt zu gebieten und die Regierung 
zu Iibemehmen. Aber der Proconsul achtete dessen 
nicht, er setzte nicht nur den Krieg mit desto 
grOsserem Eifer fort, wobei er Eleutherna und 
Lappa einnahm , sondern behandelte auch den 
Octavius, als er ihm in die Hande flel, mit Schimpf 
Tind Hohn (Dio XXXVI 18, 1—19, 3. Plut. Pomp. 
29, 3f.). Es kam dahin, dass der Legat die Trup- 
pen seines Collegen L. Sisenna aus Griechenland 
gegen Metellus herbeirief (Dio), dass Pompeius mit 
diesem heftige Briefe wechselte (Liv. ep. XCIX) 
und zuletzt geradezu zum Kampf gegen inn rustete 
(Dio XXXVI 45, 1). Die tbertragung des Com- 
mandos im mithridatischen Kriege brachte ihn 
noch rechtzeitig auf andereGedanken; er (iberliess 
die Insel ihrem Schicksal, Metellus vollendete die 
Unterwerfung und die Organisation, denn Kreta 
wurde zur Provinz gemacht (Cic. Flacc. 30, vgl. 
63. 100. Liv. ep. C. Iustin. XXXIX 5, 3. Ruf. 
Fest. 7, 1. Solin. p. 23, 2 Momms. Strab. XVII 
840). Der Sieger erscliien erst 691 = 63 vor Rom 
und forderte den Triumph, den indes die Partei- 
ganger des Pompeius hintertrieben: Metellus wurde 
nach Apulien, wo Unruhen drohten, gesandt (Sail. 
Cat. 30, 3) und feierte seinen Triumph erst nach 
vollstandiger Unterdriickung der catilinarischen 
Verschworung, Ende Mai des nachsten Jahres (Acta 
tr. Cic. Pis. 58. Veil. II 34, 2. Eutrop. VI 11, 1. 
16. App. a. a. O. Dio bei Xiphilin. p. 369 Melb.), 
ohne die feindlichen Feldherren dabei aufzufuhren, 
weil durch einen tribunicischen Antrag diese Ehre 
fur den Triumph seines Rivalen aufgespart wurde 
(Veil. II 40, 5. Flor. II 13, 9. Dio XXXVI 19, 3). 
Er selbst fuhrte fortan den Siegesbeinamen Cre- 
ticus (Schol. Bob. p. 233. 255 Or., noch nicht auf 
den oben citierten Inschriften), und seinen Solda- 
ten kamen spater die Ackergesetze der Triumvirn 
zu gute (Dio XXXVIII 5, 1), doch gehorte er 
aus Hass gegen Pompeius fortan zu den Fiihrern der 
senatorischen Opposition gegen diese selbst (Veil. 
Flor.). 694 = 60 bereiste er, an der Spitze einer 
Gesandtschaft, Gallien (Cic. ad Att. I 19, 2); 697 
= 57 wird er von Cicero unter den Pontifices er- 
wahnt (har. resp. 12), 699 = 55 im Senat (Pis. 



58) und 700 = 54 bei der Verhandlung gegen Cn. 
Plancius unter den Anwesenden genannt (Plane. 
27); bald darauf ist er wohl gestorben (Veil. II 
48, 6). [Miinzer.] 

88) [Q. CJaeeilius M. f. Mfetellus Creticus], 
pr(aetor) urb(anus), Proconsul von Sardinien (CIL 
X 7581 Carales) vor dem J. 6 n. Chr., in welchem 
die Proconsuln von Sardinien fiir langere Zeit 
aufhOren (Dio LV 28). Nach Mommsens Ver- 

10 mutung (Ephem. epigr. Ill p. 14) Sohn des M. 
Caecilius Metellus Nr. 79 und Adoptivvater des 
Q. Caecilius Metellus Creticus Silanus Nr. 90; 
vgl. die Stammtafel. 

89) [Q. Caecilius Metellus Crjetieus Junius 
Silafnus]: so erganzt und emendiert Henzen 
das (iiberlieferte) Inschriftfragment ectieus lunius 
Silla (CIL VI 31720 = 3833). Behalt er Recht, 
so war auf der Inschrift ein Nachkomme , viel- 
leicht Sohn des Creticus Silanus (Nr. 90) genannt. 

20 90) Q. Caecilius Metellus Creticus Silanus. 
a) Name. Q. Caecilius Q. f. M. n. Metellus Cre- 
ticus Silan(us) CIL 12 p. 29 Fasti Capitolini ; 
Q. Caecilius Creticus Me . . . CIL 12 p. 60 Fasti 
augurum; Q. Caecilius M. . . CIL 12 p. 72 Fasti 
Praenestini ; Q. Caecil .... CIL I p. 202 ; Q. 
Cret. CIL I 756; A. Kaoeihog MheJLXos Kqtj- 
iwios Dio ind. 1. LV ; Kmxihog Mheklos Dio LV 
30, 6 ; Creticus Silanus Tac. ann. II 4. 43 ; Cre- 
ticus CIL l'i p. 244. VI 20626 Fasten. Silanus 

30 Joseph, ant. Iud. XVIII 52. CIL VI 914. Mflnzen. 

b) Leben. Consul ordinarius im J. 7 n. Chr. 
mit A. Licinius Nerva Silianus, dann mit (Luci- 
lius) Longus (vgl. zu den oben angefuhrten Stellen 
CIL 12 p. 324). Statthalter von Syrien von Sep- 
tember 11/12 bis September 16/17 (Munzen aus 
der Regierungszeit des Augustus und Tiberius, 
von Antiochia: Mionnet V 1561?. nr. 79. 80. 
81. 96. 97. 98. 99. 100; von Berytusr Eckhel 
III 357. Mionnet V 338 nr. 26. Cohen 12 207 

40 nr. 201; von Gabala: Mionnet V 233 nr. 625; 
von Seleucia: Mionnet V 275f. nr. 877. 886; 
beziiglich der Zeitbestimmung vgl. Klebs Pro- 
sopogr. imp. Rom. I 250f.). Er wusste den Vo- 
nones, der von den Armeniern zum Ko'nig ge- 
wahlt worden war, im J. 16 in seine Gewalt zu 
bekommen und hielt ihn in ehrenvoller Bewachung 
(Tac. ann. II 4. Joseph, ant. Iud. XVIII 52). 
Vor der Sendung des Germanicus in den Orient 
berief Tiberius den C. ab , angeblich wegen der 

50nahen Beziehungen, die diesen mit Germanicus 
verbanden (s. u.), Tac. ann. LI 43. 

c) F ami lie. C. war, nach seinen Namen zu 
schliessen, der leibliche Sohn eines lunius Silanus 
— der Zeit nach kiimen C. lunius C. f. Silanus 
Cos. 17 v. Chr. oder C. lunius M. f. Silanus oder 
L. lunius M. f. D. n. Silanus in Betracht — und 
wurde von einem Q. Caecilius M. f. Metellus Cre- 
ticus (wahrscheinlich Nr. 88) adoptiert. Seine 
Tochter (Caecilia) Iunia (Nr. 129) war mit Nero, 

60 dem altesten Sonne des Germanicus, verlobt. Sein 
Sohn ist vielleieht [Q. Caecilius Metellus Crje- 
tieus lunius Silafnus] (Nr. 89). [Groag.] 

91) L. Caecilius Metellus Delmaticus, alterer 
Sohn des L. Metellus Calvus Nr. 83. Consul 635 = 
119(Chronogr. Idat. Chron.pasch, Cassiod. Obsequ. 
34), griff aus Ruhmbegier (Appian) die Dalmater 
an, triumphierte fiber sie 637 = 117 und erupting 
davon seinen Beinamen (Acta tr. Liv. ep. LXII. Eu- 



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Caecilius 



Caecilius 



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trop. IV 23, 2. App. Illyr. 11, beidemit kleinen Ver- 
sehen). Als Censor mit Cn. Domitius Ahenobarbus 
639 = 1 15 (Lex agrar. CIL I 200 v. 28. 86. 88. Cic. 
Verr. 1 143; die Beziehung von CIL VI 3824 auf ihn 
ist falsch, vgl. Nr. 93) stiess eT 32 Mitglieder aus 
dem Senat (Liv. a. O.), darunter C. Licinius Geta 
{Cic. Cluent. 119. Val. Max. II 9, 9), und schritt 
mit Strenge gegen unsittliche Theaterauffuhrungen 
ein (Cassiod. chron. z. diesem Jahre, vgl. Hertz 
Jahrb. f. Philol. XCIII 582). Vor 640 = 114 
muss er Oberpontifex geworden sein, denn damals 
entschied er in dem bekannten Vestalenprocess 
(o. Bd. I S. 590) zur Unzufriedenheit des Volkes 
(Ascon. Milon. p. 40 K.; vgl. Bardt Priester der 
vier grossen Collegien 7). Aus der dalmatinischen 
Beute bestritt er den Neubau des Castortempels 
am Forum (Cic. Verr. act. I 154. Ps.-Ascon. z. 
d. St. p. 198 Or. Cic. Scaur. 46. Ascon. z. d. St. 
p. 24; Anekdote von geringer Zuverlassigkeit bei 
Plut. Pomp. 2, 5; vgl. Bardt a. O. Jordan 
Topogr. I 2, 371f. Anm., unten Nr. 98) und den 
des Heiligtums der Ops Opifera (Plin. n. h. XI 174. 
Jordan Ephem. epigr. I p. 229). Er starb um 
das J. 650 = 104. 

92) L. Caecilius Metellus Denter, Consul 470 
= 284 ([Metejll. Denter Fast. Cap.; Metello Chro- 
nogr.; Baritone Idat. ; Aevrovog Chron. pasch. ; L. 
Caelius Cassiod.), suchte Arretium, das von den 
Semnonen belagert wurde, zu entsetzen, wurde ge- 
schlagen und mit einem grossen Teile seines Heeres 
getotet (Polyb. II 19, 8 Aevxi'ov xov aigazrjyov). 
Die jiingere anhalistische tlberlieferung verlegt 
diese Katastrophe ins folgende Jahr und macht Me- 
tellus zum Praetor (Liv. ep. XII. Oros. Ill 22, 13. 
Augustin. c. d. Ill 17, 2; vgl. Mommsen R. 
Forsch. II 367. 375 besser als St.-R. II 195, 1). 

93) L. Caecilius Metellus Diadematus, zweiter 
Sohn des Macedonicus Nr. 94 (Plin. n. h. VII 144. 
Plut. fort. Rom. 4), erhielt den Beinamen Diadema- 
tus & tioXvv xs° vov &*off %%g>v JiEQtevooret jiegtde- 
Ssuevos to fihoiMov (Plut. Coriol. 11, 4). Gewiss 
ist er der L. Metellus, gegen welchen sich eine 
Rede des C. Gracchus richtete (Diomed. p. 311, 
23 K.). "Wahrend seines Consulates 637 = 117 
(L. Caecilius Cassiod. Obsequ. 36. Sententia de 
Genuatibus CIL I 199 = V 7749 v. 5. 29. 37; 
Diademmo Chronogr.; Metello Diademeo Idat.; 
MeiiXkov Chron. pasch.; L. Caecilius Metellus 
EutTop. IV 23, 2. der ihn mit L. Metellus Del- 
maticus verwechselt) erhielt er Italien als Provinz 
und legte die nach ihm benannte via Caecilia (s. 
d.) an (Meilenstein CIL IX 5953; Bestimmung 
fiber den Bau einer Seitenstrasse CIL VI 3824, 
vgl. 31603. Hulsen Notizie degli scavi 1896, 
87). Im J. 654 = 100 griff er zu den Waffen 
gegen Saturninus und Glaucia (Cic. Rab. perd. 21), 
im Jahre darauf verwendete er sich fur die Rtiek- 
berufnng seines Vetters Q. Metellus Numidicus aus 
der Verbannung (Cic. p. red. 37; ad Quir. 6). 

94) Q. Caecilius Metellus Macedonicus war 
Q. f. und wird gewflhnlich auf Grand von Plin. 
n. h. VII 142 fur den Sohn von Nr. 81 und folg- 
lich L. n. gehalten. Dagegen machte Wende 
De Caec. Met. 37f. den allzuweiten Zeitabstand 
geltend und schiebt zwischen beide Manner einen 
nicht bekannten Q. ein. Metellus kampfte bereits 
586 = 168 in Makedonien mit und brachte die 
Siegesbotschaft von Pvdna nach Rom (Liv. XLIV 



45, 3. XLV 1, 1 — 2, 7); mindestens wird man 
diese Nachricht am passendsten auf ihn beziehen. 
Als Praetor wurde er 606 = 148 mit starker Macht 
nach Makedonien entsandt, wo Andriskos, der 
falsche Philippos, ein romisches Heer aufgerieben 
hatte. Zur See unterstiitzt von den Pergame- 
nern (Strab. XIII 624. Zonar. IX 28), vielleieht 
auch den Byzantinern (Tac. ann. XH 62), drang 
Metellus in Feindesland ein, erlitt zwar in einem 

10 Reitergefecht bei Pydna eine Schlappe (Zonar.), 
schlug aber dann den Gegner, der sein Heer un- 
vorsichtig geschwacht hatte, entscheidend aufs 
Haupt. Er folgte ihm nach Thrakien, besiegte 
ihn zum zweitenmale und erlangte von dem Haupt- 
ling Byzes seine Auslieferung (Liv. ep. L. Flor. 
I 30, 5. Eutrop. IV 13. Ampel. 16, 5. 43. Ruf. 
Fest. 7. Veil. I 11, 2. Auct. de vir. ill. 61, 1. 
Zonar. Paus. VII 13, 1. Porphyr. IV 13, FHG 
in 702). Auch ein anderer Praetendent, der sich 

20 fur Alexander, den Sohn des Perseus, ausgab, wurde 
von ihm unterworfen (Z onar.), falls hier nicht eine 
Verwechslung mit einem spateren Aufstande vor- 
liegt (vgl. Mommsen R. G. H 41. Ihne R. G. 
IJJ 249). Ausserdem beschaftigte den Metellus vor- 
nehmlich die Einrichtung des Landes als rSmische 
Provinz , aber zugleich hatte er ein wachsames 
Auge auf die Vorgange in Griechenland. Seine 
wiederholten Mahnungen zur Ruhe fruchteten bei 
den erregten Achaeern nichts (Polyb. XXX Vm 

30 10, Iff. Paus. a. O.); der Krieg wurde erklart. 
Da der mit seiner Fflhrung beauftragte Consul 
des J. 608 = 146 L. Mummius noch nicht ein- 
getroffen war, ubernahm Metellus den Befehl und 
errang in kurzer Frist glanzende Erfolge (vgl. die 
Darstellung Bd. I S. 187f. , die sich im Gegen- 
satz zu den unzuverlassigeren rOmischen Berichten 
bei Liv. ep. LII. Flor. I 32, 3 [falschlich Metellus 
consul}. Oros. V 3, 2—5. Val. Max. VII 5, 4. 
Veil. 1 11, 2. 12, 1. Auct. de vir. ill. 60, 1. 61, 1 

40 mit Recht auf Polyb ios und Paus. VII 15, Iff. stutzt). 
Als der Consul ankam, schickte er den siegreichen 
Propraetor in seine Provinz zuriick (Otos. Paus. 
VII 16, 1), von wo dieser noch in demselben Jahre 
heimkehrte. Er feierte einen Triumph fiber Make- 
donien und Andriskos (Cic. Muren. 31 ; Pis. 61 ; 
fin. V 82. Liv. ep. LII. Val. Max. VII 1, 1. 5, 4. 
Plin. n. h. VII 145. App. Lib. 135), der selbst 
dabei aufgefuhrt wurde (Flor. I 30, 5. Eutrop. IV 
14, 2. Ampel.), und erhielt den ehrenden Beinamen 

50 des Macedonieus (vgl. noch Plut. Mar. 1,2); auch 
die Munzen seiner Nachkominen zeigen Anspie- 
lungen auf seine makedonischen Siege. Er baute 
in der nachsten Zeit die Tempel der Iuno Regina 
und des Iuppiter Stator beim Circus Flaminius 
um und umgab sie mit der nach ihm benannten 
Porticus (Vitr. in 2, 5. Veil. I 11, 3. II 1, 2. 
Plin. XXXIV 31. XXXVI 40. Cic. Verr. IV 126), 
wo er ausser anderen beruhmten Kunstwerken 
besonders die nach Rom entfuhrte Gruppe Lysipps, 

60 Alexander und seine Gefahrten , aufstellte (Veil. 
Plin. XXXIV 64). Ungefahr damals ist ihm eine 
Statue in Megara errichtet worden (IGS I 3490) ; 
fiir die guten Beziehungen, in denen er zu seiner 
alten Provinz Makedonien blieb, zeugt die unter 
oder bald nach seinem Consulat gesetzte Weih- 
inschrift in Olympia (Dittenberger Syll. 237 
= Inschriften von Olympia 325) und eine andere 
in Hypata (Dittenberger Herm. VI 140 mit 



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AicL Ztg. XXXVII 127). Trotz seiner anerkann- Max. IV 1, 12. Plin. VII 144. Plut. apophth. Oaec. 
ten Verdienste flel Metellus zweimal bei der Be- 3). Eine Folge dieser Verhaltnisse war, dass er von 
werbung urn das Consulat durch, weil seine Strenge dem Dichter des Scipionenkreises, Lucilius mehr- 
ihn beim Volke unbeliebt machte (Val. Max. VII fache Angriffe zu erfahren hatte (Hor. sat. H 1 67 
5, 4 Auct. de vir. ill. 61, 3). Erst far 611 = 143 Aero z. d. St. Lueil. bei Non. 165, 15). Ausser 
wurde er gewahlt (f. Cap. Chronogr. Idat. Chron. seinen Amtern hatte er eine Priesterwtirde inne- 
pasch. Cassiod. Obsequ. 21. Front, aqu. 7. Dio er war Augur (Cic. fin. V 82; Lael. 77). Er starb 
frg. 74, 1), unterdruckte zunachst eine Sclaven- im J. 639 = 115, Ton der Nachwelt gliicklich ge- 
erhebung in Mmturnae (Oros. V 9, 4, vgl. Wilms priesen, da er nicht nur selbst die hOchsten Ehren 
Jahrb. f. Phil. CLI 21Sf.) und ffihrte dann in 10 erreicht, sondern auch seine Sonne zu ihnen <*e- 
diesem und noch eifriger als Proconsul im folgen- langen sah (Cic. fin. V 82. 88; Brut. 81. 212; 
den Jahre den Krieg gegen die Keltiberer in Phil. VIII 14; Tusc. I 85. Veil. I 11 7 Val' 
Hispania citerior (Liv. ep. LIII. Eutrop. IV 16, 1. Mas. VII 1, 1. Plin. VII 142. Plut. fort. Eom 4) 
Flor. I 33, 10. Ampel. 18, 14. Veil. II 5, 2. Auct. Er hinterliess vier Sonne (Nr. 82. 93. 77 84) und 
de vir. ill. 61, 3. App. Iber. 76, vgl. E. Kohler zwei Tochter (Plin. VII 59, irrig drei Cic fin 
Der rOmisch-celtiberische Krieg [Dessau 1880] V 82. Val. Max. VII 1, 1), omnes qui se patris 
18—21), wo er sich namentlich bei der Einnahme appellations salutarent, viqinti septem (Plin ) 
der Festung Contrebia als ausgezeichneter Feld- Da die Tochter Nr. 130 und 131 durch Heirat in 
herr bewahrte. Klugheit und List, Strenge gegen die Familien der Servilier und Scipionen iiber- 
Untergebene and Milde gegen Besiegte werden 20 gingen, so reichen die Beziehungen, in denen die 
lhminverschiedenenAnekdotennachgeruhmtfVell. Eoscii von Ameria gerade zu den Metellern und 
Auct. de vir. ill. Ampel. Val. Max. II 7, 10. Ill 2, 21. diesen beiden Gesehlechtern stehen (Cic. Rose 15) 

V 1, 5. VII 4, 5. Frontin. strat HI 7, 3. IV 1, 11. wohl bis auf den Macedonicus zuriick. 

1, 23. 7,42 [II, 12 irrig auf Metellus Pius liber- 95) Q. Caecilius Metellus Nepos.Sohn des Balia- 

tragen], Plut. apophth. Caec. 1. 2). Die Nach- ricus Nr. 82 und altester Enkel des Macedonicus 
ncht des Val. Max. IX 3, 7, er habe seinem Nach- Nr. 94 (Ascon. Cornel, p. 56; Cic. Eosc. 147 gilt als 
folger Q. Pompeius, einem homo novus, das Heer Glossem, aber mit Unrecht), nach einer Vermutung 
absichtlich in schlechtem Zustande ubergeben, Drumanns G. E. H 23 aus diesem Grunde Ne- 

wird durch die Darstellung Appians als falsch pos zubenannt. 655 = 99 bewarb er sich um das 
oder gar als zeitgenossische Verleumdung erwiesen. 30 Consulat und bat fur den verbannten Q Metellus 

Allerdings waren beide Manner mit einander ver- Numidicus Nr. 97 (Cic. p. red. 37; ad Quir 6) 

feindet, und spater (nach der Censur?) zeugte Me- Er wurde Consul 656 =98 mit T. Didius (f Cap 

tellus einmal gegen jenen in einem Eepetunden- Chronogr. Idat. Chron. pasch. Cassiod. Obsequ 47 

process (Val. Max. VIII 5, 1), aber dennoch notigte Ascon. a. O. CIL I 570 = X 3789), und von ihnen 

sie 618 = 136 der Consul P. Furius Philo, ihm fuhrten zwei leges Caeciliae-Didiae ihren Namen 

zusammen als Legaten wiederum nach der iberi- (Cic. de domo 41. 53; Sest. 135 m. Schol. Bob z 

echen Halbinsel zu folgen (Val. Max. Ill 7, 5. d. St. p. 310 Or.; Phil. V 8 ; ad Att. II 9, 1). Aus 

Dio frg. 81), und 623 = 131 gelangten sie zu- unbekannten Grunden wurde Metellus von Curio, 

sammen zur Censur (f. Cap. Liv. ep. LIX. Cic. fin. wohl dem Consul des J. 678 = 76, angeklagt und 

V 82). Unter emer Anzahl Manner, die sie aus 40 verpflichtete sterbend seinen Sohn, seinerseits den 
dem Senat stiessen (Fest. p. 286), war der Volks- Klager zu belangen (Ascon., vgl. Nr. 96). Von 
tribun C. Atinius Labeo; dieser wollte sich an unsittlichem Lebenswandel seiner Gemahlin spricht 
Metellus fur den Schimpf rachen , indem er ihn Cicero (bei Plut. Cic. 26, 8). Vgl. auch Nr 82 
vom tarpeischen Fels zu stflrzen gedachte; durch 96) Q. Caecilius Metellus Nepos, Sohn des 
Intercession eines Amtsgenossen gehindert, belegte Vorhergehenden. Den Beinamen hatte er schon 
er wenigstens seine Giiter mit dem Bann (Cic. von seinem Vater uberkommen und nicht wie 

£ 2r\ Liv- Plin. VII 143). Als Cen- Val. Max. IX 14,4 irrtumlich meint, erst selbst 

sor suchte Metellus durch Zwangsmassregeln der a moribus erhalten. Der Vater hatte auf seinem 

aberhandnehmenden Ehelosigkeit zu steuern ; eine Totenbette den Jiingling eidlich verpflichtet. den 
Eede, die er uber diese Frage hielt, las Au- 50 C. Curio anzuklagen, doch kam infolge der Drohung 

gustus, der ahnhche Bestrebungen hatte, einmal mit einer Gegenklage von seiten Curios ein Aus- 

lm Senat vor (Liv. Suet. Aug. 89), und Bruch- gleich zwischen den Parteien zu stande (Cic 

stflcke aus lhr smd erhalten (bei Gell. I 6, Iff., Cornel, und Ascon. z. d. St. p. 55. 56). 674 = 80 

der sie falschlich dem Q. Metellus Numidicus zu- wollte Nepos mit seinem Bruder Celer (vgl oben 

weist). Metellus war, ein Vorbild fur seine Nach- Nr. 86) den M. Lepidus wegen Erpressung be- 

kommen, sein ganzes Leben lang ein entschiede- langen, vielleicht 677 = 77 den P. Gabinius (Cic 

ner V° rk , am P[ er der NobiliUt gewesen ; so griff div. in Caec. 64) und 684 = 70 nach Angabe 

j- r i'iT ■ US - ln emerRede aufs heftigste an, einiger Gewahrsmanner den Verres wegen seiner 

die C. Fannius in seine Annalen aufnahm (Cic. Rauberein in Achaia (Ps. -Ascon. Verr p 128 Or), 
rep. I 31 ; Brut. 81. Plut. Ti. Gracch. 14, 2), und 60 Im Seerauberkriege 687 = 67 war er als Legat 

folgte noch 633 — 121 in Waffen dem Consul des Pompeius mit Uberwachung der See zwischen 

Opinnus zum Kampf gegen C.Gracchus (Cic. Phil. Kleinasien und Phoinikien betraut (App. Mithr. 

VIII 14). Doch auch mit dem grossten seiner 95. Flor. I 41, 10), im syrischen Feldzuge von 

Zeitgenossen, dem jungeren Africanus, lebte er in 690 = 94 nahm er mit Lollius Damaskus ein 




. 2)- 

1. Januar 692 = 62 erhob sich nun Cicero gegen 
Nepos im Senat; am 3. vergalt es ihm dieser 
durch einen Angriff in der Volksversammlung (Cic. 
fam. V 2, 8. Plut. Cic. 26, 4. 7) und hierauf er- 
widerte Cicero mit der Rede contra eontionem Q. 



stutzen zu kOnnen (Plut. Cato min. 20, Iff. Quintil. Zunachst zeigte er freilich noch keine solche Ge- 
j ' I g1, Mommsen E - Q - m 200 )- Er sinnung. Einer von Ciceros Anhangern, der Volks-- 
wurde gewahlt, aber mit ihm Cato, der sich be- tribun P. Sestius, unterbrach ihn bei einer Ver- 
worben hatte um ihn zu bekampfen (Plut. a. O. handlung im Castortempel, worauf es zum Hand- 
- L i V J L 1C ' Mur - 81 ^ - Clcero > der sich zu ' gemenge kam (Cic. Sest. 79; de domo 13). Als 
nachst bedroht sah, suchte vergeblich, sich gut Milo gegen Clodius eine Klage nach der lex Plautia 
zu ihm zu stellen; als er am letzten Tage seines de vi erhob, verhinderte der Consul ihre Annamne 
Consulats die iibliche Rede an das Volk halten (Cic. Sest. 89. Dio XXXIX 7, 4). Erst bei der 
wollte, erhob Nepos Einspruch und gestattete ihm Abstimmung des Senats uber Ciceros Riickkehr 
nur, den gewohnliehen Eid zu leisten, worauf jener lOAnfang August trat er auf dessen Seite der all- 
senwur er habe die Republik vom Untergange gemeinen Stimmung und der Uberredung seines 
gerettet (Cic. fam. V 2, 6—8; Pis. 6. 7 u. Ascon. Verwandten P. Servilius nachgebend (Cic Sest 
L^ S ™ p ' 6 i 8est - n u - Scho1 - BoD - *■ d. St. p. 294. 130; p. red. 25; de prov. cons. 22 ; Pis. 35: fam V 
366. Plut. Cic. 23, 1. Dio XXXVII 38, 2). Am 4 [Dankbrief des Cicero an ihn]. Dio XXXIX 8, 2). 

Doch infolge seiner Verwandtschaft mit Clodius 
unterstutzte er im November wiederum diesen bei 
seiner Bewerbung um die Aedilitat (Cic. ad Att. IV 
3, 3f. Dio XXXIX 7, 4). Als Provinz erhielt er 
,, J7 ,. . , „ ■ - dann das diesseitige Spanien (Plut. Caes. 21, 2); 

Metelh, von der emzelne Bruchstiicke erhalten sind 20 Cicero (ad Qu. fr. Ill, 1) nennt ihn nicht unter 

tv 1C q ^ft^'JwS 5 ' Gel1 ' XVI11 7 ' 7 - Qiintil- denen, welche an einer Senatssitzung im December 

T A 5 ^-„? cho1 - wronov. p. 412 u. a., vgl. Cicero teihiahmen, woraus man geschlossen hat, er sei 

e - \°j r5v Mfiller IV3 ' 269 ~ 271 )- Die Ab " schon gegen das Ende seines Amtsjahres dorthin 

sicht des Inbunen, ihn in Anklagezustand zu ver- abgereist, indes spricht seine Gegenwart bei der 

setzen, scheiterte an der Entschiedenheit des Senats Zusammenkunft der Triumvirn in Luca April 698 

(Dio XXXVH 42, 2f.). Ebensowenig drang er mit = 56 fur einen spateren Termin (Pint. a. O.). In 

dem Antrage durch, den er im Einvernehmen mit der Provinz (iberraschte er die Vaccaeer und schlug 

dem Praetor Caesar stellte, Pompeius solle nach sie (Dio XXXIX 54, 1. Cic, prov. cons. 22), doch 

Italien berufen werden, um mit bewaffneter Hand gelang es ihnen im folgenden Jahre, ihre Nieder- 

die Ordnung wiederherzustellen. Als die Rogation 30 lage wett zu machen und Clunia zu erobern, ohne 

vor das Volk gebracht wurde, kam es zu form- dass Nepos mit seinen schwachen Streitkraften 

lichem Kampfe. . Cato intercedierte erst gegen die etwas gegen sie thun konnte (Dio XXXIX 54, 2). 

Verlesung und suchte sie dann mit Gewalt zu Nach Ablauf des zweiten Jahres scheint er nach 

hindern; er wurde durch bewaffhete Haufen ver- Rom zuriickgekehrt und dort bald gestorben zu 

tneben, kehrte an der Spitze anderer Scharen zu- sein (Ascon. Scaur, p. 24; vgl. Wilsdorf Fasti 

ruck und behauptete das Feld. Nepos erkliirte, Hisp. prov. [Leipz. Stud. I] 126f.); er setzte den 

er wciche der Gewalt, und gmg zu Pompeius nach Carrinas zu seinem Erben ein (Val. Max. VII 

Asien; der Senat suspendierte ihn, wie Caesar, von 8, 3). Ausserlich ahnelte er einem bekannten 

seinem Amte (Dio XXXVn 43, 1—4. Plut. Cato Schauspieler Pa.nphilus (a. O. IX 14, 4. Plin. 

26,2— 29, 2; Cic. 23, 2. Suet. Caes. 16. Schol. Bob. 40 VII 54) ; als Redner war er ohne viel Bedeutung 

Sest. p. 302 Or.; vgl. Mommsen St.-E. I 262, 1. (Cic. Brut. 247); erhalten ist ein Brief, den er 

III 1244, 2; m diesen Zusammenhang gehort aus Spanien an Cicero schrieb (fam. V 3). 

wohl die Rede , welche Caesar fur einen Q. Me- 97) Q. Caecilius Metellus Numidicus, jiingerer 

tellus verfasste, Suet. Caes. 55). Nepos kehrte Sohn des Metellus Calvus Nr. 83. Als Jungling 

nach kurzer Zeit mit Pompeius zuriick (Plut. Cic. horte er in Athen den Karneades (Cic de or III 

26, 8) und wurde 694 = 60 Praetor. Als solcher 68). Wahrend seiner Praetur verwaltete er eine 

brachte er ein Gesetz fiber Abschaffung der Zolle Provinz , die Rom mit Getreide versorgte (Cic. 

in Italien durch, das der Senat anfangs nicht mit Verr. Ill 209). Es wird erzahlt, dass er einmal 

seinem Namen bezeichnen wollte (Dio XXXVH 51, wegen Erpressungen angeklagt war; die Richter 

3). Er wollte im nachsten Jahre erst an Stelle 50 aber hatten ein solches Vertrauen in seine Ehren- 

seines verstorbenen Bruders Celer (Nr. 86) Augur haftigkeit gehabt, dass sie seine Eechnungen gar 

werden und nachher als Statthalter in eine Pro- nicht einmal priifen wollten (Cic. Balb. 11 ; ad Att. 

vmz abgehen (Cic. ad Att, II 5, 2), da er aber im 116,4. Val. Max. II 10, 1). Vielleicht fallt 

April noch in Rom war (a. O. 12, 2), scheint es dieser Process nach jene praetorische Statthalter- 

unterbheben zu sein. Zum Consulat gelangte er schaft, wenigstens findet sich in dem spateren 

697=5/ mit P. Lentulus Spinther (Inschriften Leben des Metellus kein Zeitpunkt, fur den er 

CIL I 604 = X 219. X 8098? Chronogr. Idat. bes.ser passte. Im J. 645 = 109 erhielt C. das 

Chron. pasch. [beide Marcellus statt Metellus]. Consulat (Chronogr. Idat. Chron. pasch. Cassiod 

Cassiod. Dio XXXIX 1, 1 und ind. Val. Max. IX Cic. Comel. u. Ascon. z. d. St. p. 60 K.) und die 

14, 4. Ascon. Mdon. p. 43. Schol. Bob. Sest. p. 291. 60 Fiihrung des Krieges gegen Iugurtha. Fur diesen ist 

308. Plin. VII 54).^ Cicero, dessen Zuriickberu- HauptquelleSalhist. lug., uber die vielfach strittige 



erkannte er seine GrOsse voll und gem an (Val. ehrgeizigen Plane des Pompeius wirksam unter 



fung dainals verhandelt wurde, fiirchtete ihn um 
der alten Feindschaft willen (Cic. ad Att. Ill 12, 1. 
Dio XXXIX 6, 3), doch die Rucksicht auf Pom- 
peius bestimmte den Nepos, schon am 1. Januar 
im Senate zu erklaren, dass er der Herstellung 
Ciceros nicht entgegen sein werde (Cic. Sest. 72. 
87; p. red. 5. 9; de domo 7. 70; ad Quir. 10. 15). 

Pauly-Wissowa 111 



Chronologie vgl. Mommsen R. G. II 146 Anm. 
Meinel Zur Chronologie des iugurthin. Krieges, 
Augsburg 1883. Die Consuln waren erstiin Anfange 
des Amtsjahres selbst gewahlt worden (Mommsen 
Herm. I 428), und die umfassenden Riistungen 
hielten den Metellus lange in Rom auf, so dass 
er erst spat im Jahre nach Africa abreiste (Sail. 

39 



1219 



Caecilius 



Caecilius 



1220 



43, 1 — 4), begleitet von den Hoffnungen und 
Wiinschen der Biirgerschaft, die sich vornehmlich 
auf seine makellose Unbestechlichkeit grundeten 
(43, 5. Plut. Mar. 7, 1). Er fand das Heer in 
trostlosestem Zustande (44, 1 — 5) und bethatigte 
bei dessen durchgreifender Reorganisation sein 
Feldherrntalent in glanzender Weise (45, 1 — 3. 
Val. Max. II 7, 2, vgl. IX 1, 5. Frontin. IV 
1, 2; ungenau Cassiod. var. IX 25, 10). Iugur- 



Oberbefehl bestimmt worden. Tief verletzt brach 
er die kriegerischen TJnternehmungen ab tmd ver- 
brachte den Rest der Zeit mit Verhandlungen mit 
Bocchus (80, 1—83, 3). Er vermied die persCn- 
liche Begegnung mit dem neuen Consul, liess ihm 
das Heer durch einen Legaten iibergeben (86, 5. 
Plut. Mar. 10, 1) und kehrte gegen Ende des 
J. 647 = 107 heim. Nach Sallust 88, 1 kamen 
ihm jetzt, postquam invidia eesserat, Senat und 



tha geriet in ernste Besorgnis und bot seine 10 Volk gleich freudig entgegen; gewiss ist, dass er 



TJnterwerfung an; der Consul hielt ihn durch 
scbeinbares Eingehen auf seine Vorschlage hin, 
gewann sogar seine G-esandten fur sich und riickte 
allmahlich in Numidien ein (46, 1 — 47, 4, vgl. 
Frontin. I 8, 8). Am Flusse Muthul stellte sich 
ihm der KOnig entgegen und erlitt eine schwere 
Niederlage (48, Iff.), die wohl mit Mommsen 
schon ins J. 646 = 108 zu setzen ist , obwohl 
Meinel a. O. 16ff. erst nach ihr die Grenze der 



von den Optimaten stets als der eigentliche Uber- 
winder Iugurthas betrachtet wurde (Plut. Mar. 
10, 6) und nicht mit Unrecht sich selbst dafiir 
hielt (ebd. 10, 1, vgl. Gell. XII 9, 4). Er erhielt 
den Ehrenbeinamen Numidicus und feierte 648 
= 106 einen Triumph (Acta tr. Veil. II 11, 2. 
Eutrop. IV 27, 6. Auct. de vir. ill. 62, 1 , vgl. 
fiber den Krieg noch Liv. ep. LXV. Flor. I 36, 10 
—12. Eutrop. IV 27, 1—3. Oros. V 15, 7. Veil. 



Feldzfige von 645 und 646 sucht. Nach kurzer20II 11, 1. 39, 2. Auct. de vir. ill. 62, 1. 67, 1 



East marschierte Metellus in Feindesland vor- 
warts (54, 1) , vielfach belastigt durch Streif- 
scharen (54, 5 — 10) und Angriffe Iugurthas selbst 
(52, 3 — 8), bis er sich gegen Zama wendete (56, 1). 
Wahrend des Sturmes auf die Stadt (57, 1 — 6) 
drang der Feind in das rOmische Lager ein, wurde 
aber zuriickgeschlagen (58, 1 — 7); indes die weitere 
Belagerung blieb erfolglos (59, 1 — 60, 8) und Me- 
tellus kehrte in die rCmische Provinz zuriick, wo 



Exuper. 1 p. 1 Burs.). Im J. 652 = 102 wurde 
Metellus Censor zusammen mit seinem Vetter C. 
Metellus Caprarius (Cic. de domo 87. Veil. II 8, 2 ; 
zu Gell. I 6, Iff. vgl. S. 1215, 53). Er bestrafte 
den L. Appuleius Saturninus mit einer Bilge (Cic. 
Sest. 101) und wollte ihn nebst dem Servilius 
Glaucia aus dem Senat stossen, was jedoch sein 
Amtsgenosse verhinderte (App. b. c. I 28). Nach 
Oros. V 17, 1 kam deswegen die EmpOrung des 



er Winterquartiere bezog (61, If.). Wahrend des 30 Volkes so heftig zum Ausbruch, dass der Censor 



Winters wurden neue Verhandlungen mit Iugurtha 
angekniipft und einer von seinen Anhangern, Bo- 
milkar, auf die romische Seite gezogen (61, 3 — 
62, 9. Dio frg. 89, 1), doch dessen Anschlage 
scheiterten spater (70, 1 — 72, 2). Dem Metellus 
wurde der Oberbefehl fiir das folgende J. 647 
= 107 bestatigt (62, 10), aber seine Stellung er- 
schwert durch die Intriguen seines Legaten C. 
Marius. Dieser bat ihn um Urlaub fiir die Be- 



in persOnliche Gefahr geriet ; doch scheint die Ver- 
anlassung dieses Tumultes vielmehr gewesen zu 
sein, dass er den L. Equitius, einen angeblichen 
Sohn des alteren Gracchus und Anhanger des 
Saturninus, von der Biirgerliste ausschloss (Frg. 
seines Elogium CIL 12 p. 196 el. XIX. Cic. Sest. 
101. Val. Max. IX 7, If.. Auct. de vir. ill. 62, 1, 
vgl. Bardey Das sechste Consulat des Marius 
[Nauen 1883] 26). Fiir das J. 654 = 100 war 



werbung urns Consulat, wurde von ihm erst freund- 40 Marius zum Consul, Glaucia zum Praetor und Sa- 



lich, dann mit Spott abgewiesen (64, 1 — 4. Dio 
89, 3. Plut. Mar. 8, 1—4, der dies friiher als Sail. 
erzahlt) und suchte nun mit alien Mitteln das 
Ansehen des Feldherrn in der Provinz und in Rom 
zu untergraben. Er gewann u. a. den numidi- 
schen Praetendenten Gauda fiir sich, der gleich- 
falls von Metellus schroff behandelt war (65, 2), 
wie diesem iiberhaupt seine strenge Harte viele 
Feinde machte (Sail, mehrfach , App. Num. 2. 



turninus zum Tribunen gewahlt worden; ehe sie 
ihre revolutioniiren Plane ins Werk setzen konn- 
ten, gait es, sich des gefahrlichsten Gegners, des 
Numidicus, zu entledigen (Plut. Mar. 28, 5 — 7). 
Es wurde das Ackergesetz des Saturninus ange- 
nommen mit der Clausel, dass jeder Senator bei 
Strafe von Ausstossung und Verbannung es be- 
schwOren miisste. Um dem Metellus eine Falle 
zu bereiten, erklarte Marius sich anfangs selbst 



Dio 89, 4). Den neuen Feldzug erOffnete er mit 50 gegen den Eid (ebd. 29, 4), anderte dann plotz- 



der Einnahme der abgefallenen Stadt Vaga, die 
fiir ihren Treubruch schwer bussen musste (68, 
1—69, 4. App. Num. 3) und schritt auf seiner 
Siegeslaufbahn vorwarts, wahrend in Bom Marius, 
den er schliesslich kurz vor dem Wahltermin dort- 
hin entlassen hatte (73. If. Plut. Mar, 8, 5), zum 
Consul gewahlt und durch Volksbeschluss mit der 
Fiihrung des numidischen Krieges betraut wurde. 
Metellus zersprengte das neue Heer, das ihm Iu- 



lich seine Ansicht, und aus Furcht folgte nun 
der gesamte Senat seinem Beispiel (ebd. 29, 7; 
iiber die Haltung des Marius vgl. Bardey a. O. 
47ff.). Nur Metellus beharrte bei der Verweige- 
rung des Schwures und verliess, als Saturninus 
seine Verbannung beantragte, freiwillig die Stadt ; 
daTauf erklarte ihn der Consul in die Acht (Plut. 
Mar. 29, 8f; Cat. min. 32, 2. App. I 29—31. 
Dio XXXVIII 7, 1. Liv. ep. LXLX. Flor. II 4, 2. 



gurtha entgegenstellte, in einer Feldschlacht (74, 60 5, 3. Ampel. 18, 14. Oros. V 17, 4. Veil. II 15, 4. 



3), verfolgte den fliehenden Konig nach Thala 
mitten in der Wiiste und nahm diesen Ort ein 
(75, 1—76, 6. 89, 6). Er blieb jenem auf den 
Fersen, der wiederum entkommen, zu den Gaetu- 
lem gefltichtet war und ein Biindnis mit Bocchus 
von Mauretanien geschlossen hatte , und holte 
schon zu einem neuen Schlage aus, als die Nach- 
richt eintraf, Marius sei zu seinem Nachfolger im 



Val. Max: III 8, 4. Auct. de vir. ill. 62, 2. 73, 8. 
Cic. Sest. 37. 101. 130; de domo 82. 87; p. red. 
5. 25; Cluent. 95; Plane. 89; Pis. 20. Schol. Bob. 
p. 272. 347). Er ertrug sein Schicksal mit Ruhe 
und Gleichmut (Cic. fam. I 9, 16. Sen. ep. Ill 
3, 4), lebte erst in Bhodos mit philosophischen 
Studien beschaftigt (Liv. ep. LXIX. Plut. Mar. 29, 
10), dann in Tralles, wo ihn die Nachricht von 



1221 



Caecilius 



Caecilius 



1222 



seiner Biickberufung traf (Val. Max. IV 1, 13. 
Auct. de vir. ill. 62, 3). Diese war sofort nach 
der Katastrophe des Saturninus und Glaucia be- 
antragt worden , doch hatte der Consul Marius 
sich ihr mit Erfolg widersetzt (Oros. V 17, 11); 
er widerstrebte auch im folgenden J. 655 = 99 
(Plut. Mar. 31, 1), aber die dahin zielende Roga- 
tion des Volkstribunen Q. Calidius drang durch, 
unterstiitzt durch die Fiirbitten der grossen Fa- 



er in Apulien, nahm das wichtige Venusia ein 
und schlug den gefiirchteten Feldherrn der Marser 
Q. Pompaedius Silo in einer Schlacht, bei der 
dieser selbst das Leben einbiisste (Diod. XXXVII 
2, 10. App. I 53. Liv. ep. LXXVI. Auct. de vir. 
ill. 63, 1; iiber die Ahweichungen der Berichte 
vgl. Marcks tlberlieferung des Bundesgenossen- 
krieges [Marbg. 1884] 89). Vielleicht schon da- 
mals empflng er den Imperatortitel, denn er fahrt 



milie der Meteller und besonders durch die 10 ihn auf Miinzen, die anscheinend vor seinen spa- 



eifrigen Bemiihungen des Sohnes des Verbannten 
(Liv. Veil. Auct. de vir. ill. Val. Mai. IV 1, 
13. V 2, 8. Cic. Plane. 69; p. red. 37f.; ad 
Quir. 6. 9. 10. Schol. Bob. p. 252 Or., etwas ab- 
weichend App. I 33, vgl. Nr. 98). Dass Metellus 
nach seiner Riickkehr fraeto animo et demisso 
gewesen sei, erkl&rt Cic. fam. I 9, 16 fiir falsch-, 
jedenfalls horen wir nichts mehr von seiner offent- 
lichen Thatigkeit. Ob er der Metellus ist, den 



nischen Siegen geschlagen sind (Klugmann 
Ztschr. f. Numism. VIII 68 gegen Mommsen 
Miinzwesen 612 nr. 244; Tr. Blac. LT 459 nr. 248). 
Er stand noch im nachsten Jahre, 667 = 87, mit 
proconsularischem Imperium gegen die Samniten 
im Felde, als nach Sullas Abgang aus Italien 
Marius und China Bom bedrobten. Damit seine 
Streitkrafte zum Schutze der Hauptstadt verfiig- 
bar wurden, wies ihn der Senat an, mit den Geg- 



Q. Varius, Tribunus plebis 663 = 91, durch Gift20nern in Verhandlung zu treten; doch deren Frie- 



ums Leben brachte (Cic. nat. deor. Ill 81), ist 
nicht zu erweisen. Zu seiner Charakteristik iiefert 
Sallust manche Beitrage, und noch mehr Cicero, 
der es liebte, sich selbst mit jenem Vorkampfer 
der Optimatenpartei, der ins Exil gehen musste, 
in Parallele zu stellen (die Belege sind oben an- 
gefiihrt; fiir einen charakteristischen Zug vgl. die 
Stellen utiter Caecilia Metella Nr. 132). Die Reden 
des Metellus wurden geriihmt (Cic. Brut. 135; de 



densbedingungen waren uaannehmbar, und infolge- 
dessen vereinigten sich die Samniten vielmehr mit 
den Demokraten (Sail. hist. I 25 Kr. = I 28 Maur. 
Licinian. p. 24. 26 Bonn. App. 1 68. Dio 99, 6. 7). 
Metellus war ausser stande dies zu verhindern 
und eilte dem gefahrdeten Rom zu Hiilfe (App. 
I 69) ; doch weigerte er sich, an Stelle des mili- 
tarisch unfahigen Consuls Cn. Octavius den Be- 
fehl zu iibernehmen, wie seine Soldaten forderten 



or. I 215. Veil. II 9, 1) und in der Zeit der An- 30 (Plut. Mar. 42, 4), und als sie daraufhin in Massen 



tonine wegen ihrer Sprache gelesen (Fronto I 7 
p. 20 Nab.); daher hat Gellius Fragmente aus 
mehreren erhalten , so aus der gegen den Volks- 
tribunen C. Manlius (vielleicht T. Manlius Man- 
cinus, der die Abberufung aus Numidien veranlasst 
hatte, Sail. lug. 43, 7), Gell. VII 11. Prise. VIII 
17 (I 382 Hertz) , aus der iiber seinen Triumph 
(Gell. XII 9, 4), aus der Anklageschrift gegen 
einen Valerius Messalla (XV 4, If.) und aus einem 



zum Feinde ilbergingen, musste die Verteidigung 
Roms aufgegeben werden. Metellus selbst gehbrte 
zu den Gesandten, die der Senat an Cinna schickte 
(Licinian. p. 28 Bonn. Plut. Mar. 42, 5). Er ging 
zuerst nach Africa, um gegen die Marianer zu 
riisten, und nachdem er von dort durch C. Fabius 
Hadrianus im J. 670 = 84 vertrieben worden war 
(Liv. ep. LXXXIV. Plut. Crass. 6, 2f.), nach Ligu- 
rien. Bei Sullas Wiedererscheinen auf italisehem 



in der Verbannung an Un. und L. Domitius ge- 40 Boden gehorte er zu den ersten , die zu ihm 



richteten Schreiben (XV 13. 6. XVII 2, 7). Viel- 
leicht unterstiitzte den Metellus bei Abfassung 
seiner Reden der ihm in treuer Freundschaft er- 
gebene L. Aelius Stilo (Cic. Brut. 206. Suet. 
gramm. 3, vgl. Bd. I S. 532 Nr. 144). Metellus 
besass eine Villa bei Tibur (Cic. de or. II 263), 
die iin Besitze seiner Nachkommen blieb. 

98) Q. Caecilius Metellus Pius, Sohn von 
Nr. 97. Er leistete seine ersten Rriegsdienste 



stiessen, iibernahm aufs neue sein proconsularisches 
Commando (App. I 80f. Dio 102, 1), kampfte an- 
fangs mit ibm zusammen in Apulien und Campa- 
nien gegen die Consuln Norbanus und Scipio (App. 
I 84. 85), dann 672 = 82 allein im Norden mit 
demselben Erfolge, wahrend die Demokraten ihn 
als Feind des Vaterlandes erklarten (App. I 86) 
und Sulla sich bereits gegen Rom wandte. Es 
gelang Metellus, am Flusse Aesis eine Abteilung 



im Alter von etwa zwanzig Jahren, 647 — 107,50Carbos unter seinem Legaten Carrinas zu schla- 



unter seinem Vater in Africa (Sail. lug. 64, 4. 
Plut. Mar. 8, 4); als Mann spectata iam aetate 
(Cic.) bot er 655 = 99 alle Mittel auf, um die 
Ruckberufung des Vaters aus der Verbannung zu 
bewirken und erhielt da von den Beinamen Pius 
(Cic. p. red. 37; ad Quir. 6; Arch. 6. Veil. II 
15, 3f., vgl. 45, 3. Val. Max. V 2, 7. Plin. paneg. 
88. Auct. de vir. ill. 63, 1. Ampel. 18, 14. App. 
b. c. I 33. Dio frg. 93, 1), doch ist es nicht rich 



gen (App. I 87. Oros. V 20, 5) und kurze Zeit 
darauf eine andere vollig aufzureiben (App. I 88); 
dann marschierte er iiber Ravenna (App. I 89) 
nach Faventia und gewann hier einen entschei- 
denden Sieg iiber die feindliche Hauptmacht unter 
Norbanus und Carbo selbst (Veil. II 28, 1. Oros. 
V 20, 7. App. I 91. Plut. Sull. 28, 14). Die 
Folge des Sieges war, dass zahlreiche Mannschaf- 
ten der Gegner und das ganze gallische Land bis 



tig. dass er das Bild der Pietas auf die Denare60zu den Alpen hin auf seine Seite traten (App, 



setzte, die er wenige Jahre spater, gegen 660 
= 94, als Munzmeister pragte (Mommsen Miinz- 
wesen 557 nr. 172; Ztschr. f. Numismatik II 43). 
Schon fruhzeitig gelangte er zum Pontificat, ob- 
gleieh er Consulare zu ilitbewerbern hatte (Auct. 
de vir. ill. 63, 3), und wurde 665=89 Praetor 
(ebd. Cic. Arch. 7. 9. 31). Im folgenden Jahre 
wahrend des Bundesgenossenkrieges commandierte 



I 92, vgl. Plut. Pomp. 8, 5f. ohne grossen Wert). 
Fur diese wichtigen Dienste wurde er Consul mit 
Sulla im J. 674 = 80 (fast. Cap. SC. de Oropiis 
IGS I 413, 53- Tessera CIL I 718. Chronogr. 
Idat. Chron. pasch. Cassiod. Cic. Verr. I 130. 
Gell. XV 28, 3. App. 1 103). Damals vergalt er 
dem Q. Calidius, der die Riickkehr seines Vaters 
beantragt hatte, diese Wohlthat, indem er seine 



oatsuuius 



uaecimis 



1ZZ4 



Bewerbung um die Praeturunterstiitzte (Cic. Plane. 
69. Val. Max. V 2, 7). Im folgenden Jahre ging 
er nach Spanien und wurde hier durch den Krieg 
gegen Sertorius acht Jahre lang festgehalten (App. 
I 97. 108). Metellus war danials ein eiprobter 
Feldherr, nur neigte er schon etwas zu Bequem- 
lichkeit ; aber seine methodische Kriegskunst und 
seine geschulten Legionen waren machtlos gegen- 
iiber dem genialen Gegner, der den hier zu alien 



162. App. I 112), doch blieb die Belagerung von 
Calagurris, zu der sich Pompeius mit ihm ver- 
einigt hatte, ohne Erfolg (Liv. ep. XCIII). Die 
naehsten Jahre brachten endlich den Tod des Ser- 
torius, die Vernichtung seiner Anhanger durch 
Pompeius und die Beruhigung Spaniens durch 
Metellus (App. I 115. Plut. Sert. 27, 1). Allge- 
gemein gehaltene Notizen iiber dessen Kriegfuh- 
rung geben z. B. Liv. ep. XCI -XCIII. XCVI. 



Zeiten heimischen Guerillakrieg meisterlich zu 10 Flor. II 10, 5. Eutrop. VII, 2f*. Oros. V 23, 3ff. 



organisieren verstand (gute Charakteristik nach 
Sallust bei Plut. Sert. 12, 4. 13, Iff. 18, 1 ; Pomp. 
17, 1). Wahrend des ersten oder der beiden ersten 
Jahre ergriff Metellus die Offensive, Indem er von 
seiner Provinz , dem jenseitigen Spanien , nach 
Lusitanien vordrang und die festen Stadte 2U 
nehmen suchte. Es gelang ihm bei Dipo am Anas 
(Sail, hist, I 74 Kr. = 1 113 Maur/), an dessen 
Stelle er wahrscheinlich das nach ihm benannte 



Exuper. 8. Val. Max. VIII 15, 8. Auct. de vir. 
ill. 63, 2. Cic. Soil. 70 spielt vielleicht auf 
einen Mordanschlag an, der damals gegen ihn 
geplant wurde. Ende 683 = 71 kehrte Metellus 
heim, entliess sein Heer in Oberitalien im Gegen- 
satz zu Pompeius und triumphierte gleichzeitig 
mit diesem in den letzten Tagen des Jahres (Sail, 
hist. IV 52 Kr. = IV 49 Maur. Veil. II 30, 2. 
Eutrop. VI 5, 2). In der Folge scheint er sich 



Metellinum griindete (Hiibner CIL II p. 73. 20 vom politischen Leben zuriickgezogen zu haben 



Bieiikowski Wiener Studien XIII 155), dagegen 
wurde er von Langobriga an der Munching des 
Tagus mit Verlust zuriickgeschlagen (Plut. Sert. 
13, 4 — 7). Audi mehrere seiner Legaten erlitten 
Niederlagen, und wahrend Sertorius den grOssten 
Teil der Halbinsel wieder unterwarf, hielt sich 
Metellus ruhig in seiner Provinz. Zu seiner 
Unterstiitzung wurde Pompeius bestimmt. Er 
traf, wie es scheint, erst im Anfang 678 = 76 in 



(Plut. Lucull. 6, 6; Cat. 24, 12); nur 688 = 66 
trat er gegen Catilina auf, als dieser mit einem 
Process wegen seiner Verwaltung Africas bedroht 
wurde (Cic. in tog. cand. bei Ascon. p. 77 K.), 
vermutlich als Patron der Africaner von seinem 
Vater her, und im naehsten Jahre erschien er als 
Zeuge beim Majestatsprocess des C. Cornelius 
(Ascon. p. 53. 70. Val. Mas. VIII 5, 4). Er starb 
ein bis zwei Jahr spater, denn damals folgte ihm 



Spanien ein (Maurenbrecher Sail. hist. frg. II 30 Caesar in der Wurde des Pontifex Maxim us nach, 



227 gegen Bierfkowski), und im August suchte 
sich Metellus mit ihm zu vereinigen und schlug 
bei Italica am Baetis Hirtuleius, den Unterfeld- 
heirn des Sertorius, der sich ihm entgegenstellte 
(Frontin. str. II 1,2. 3, 5. Oros. V 23, 10). Im 
folgenden Jahre wurde Hirtuleius von ihm zum 
zweitenmale bei Segovia vollstandig besiegt und 
fand dabei seinen Tod (Sail. hist. II 21 Kr. = II 
59 Maur.) ; dann eilte der Sieger dem Pompeius 



die er bald nach 672 = 82 erlangt hatte (Dio 
XXXVII 37, 1. Plut. Caes. 7, 1. Macrob. JJI 13, 
10ff., wo seine Notizen fiber einen Priesterschmaus 
erhalten sind). Dass er auch Augur war, ist trotz 
des Augurstabes auf seinen Miinzen nicht wahr- 
scheinlich, ebensowenig die Gleichsetzung mit dem 
C. Metellus, der den Castortempel ausschmiickte 
(Plut. Pomp. 2, 5, vgl. Jordan Topogr. I 2, 371f. 
Anm.). Aus seiner Villa in Tibur stanimt offenbar 



zu Hulfe. Doch noch vor seinem Eintreffen griff 40 das Bruchstiick einer Weihinschrift , auf der er 



dieser, um allein den Kuhm zu ernten, an und 
erlitt eine Niederlage am Flusse Sucro (Jucar). 
Als Metellus am naehsten Tage anlangte, wurde 
er von dem jungeren Feldherrn mit grOsster Ehr- 
erbietung empfangen, und ein derber Ausspruch 
des Sertorius bezeugte, dass nur seine Dazwischen- 
kunft jenen vom Verderben gerettet hatte (Plut. 
Sert. 19, 2—7; Pomp. 18, 1. 19, 1—4; unzu- 
verlassig App. I 110, vgl. noch Veil. II 29, 5). 



sich [Imp.] iterfum) nennt (CIL XIV 3588). 
Ein Urteil iiber ihn aus Sullas Memoiren giebt 
Plut. Sull. 6, 7. 

90) Q. Caecilius Metellus Pius Scipio ging 
durch Adoption aus der Familie der Scipionen in 
die der Meteller iiber. Fte seine verwandtschaft- 
lichen Beziehungen zu den hervorragendsten ro- 
mischen Geschlechtern ist die Hauptstelle Cic. 
Brut. 21 If. , wonaeh sich das in dem Stamm- 



Die vereinigten rSmischen Armeen lieferten dem 50 baum S. 1225f. dargelegte Bild ergiebt (vgl. dazu 



Feinde eine Schlacht an der Turia (Guadalaviar) ; 
wiederum kampfte Pompeius ungliieklich, Metel- 
lus aber, der von einem Wurfspiess getroffen wurde, 
mit Gliick (Sail. hist. II 25. 26 Kr. = II 67. 68. 
Maur. Liv. ep. XCII. Plut. Sert. 21, 1—3. 
App. a. O.). Die Erfolge dieses Feldzuges steiger- 
ten sein Selbstbewusstsein ausserordentlich , so 
dass er nicht nur den Imperatortitel ami ah m und 
auf seine Miinzen setzte (Plut. Sert. 22, 2. Momm 



noch Cic. de dom. 123; ad Att. VI 1, 17. Dio XL 
51, 3, ungenau Eutrop. VI 23, 2). Vor der Adop- 
tion , die vielleicht testamentarisch war, fiihrte 
er den Vornamen P. , mit dem er auch spater 
bisweilen genannt wird (Cic. Verr. IV 79 ; de domo 
123. Liv. ep. CXIII. CXIV. Val Max. IX 5, 3. 
Ascon. Cornel, p. 66. Suet. Tib. 4); Appian nennt 
ihn meistens falschlich Lucius. Das Cognomen 
Nasica hat Cic. ad Att. II 1, 9. Als junger Mann 



sen Munzwesen 612 nr. 244), sondern auch, wenn 60 wird er zuerst im J. 676 = 78 erwahnt (Cic. Cornel, 



den Berichten zu trauen ist, sich gleich einem 
Gotte feiern und verherrlichen liess (Sail. hist. II 
29 Kr. = II 70 Maur. Val. Max. IX 1, 5. Plut. 
a. O., vgl. Pomp. 18, 2; iiber die Beziehungen 
des Metellus zu Archias und anderen Sangern 
seiner Thaten vgl. Cic. Arch. 26). Auch im J. 680 
= 74 war ihm das Gliick hold, denn zahlreiche 
spanische Stadte unterwarfen sich ihm (Strab. Ill 



bei Ascon. p. 66), dann 684 = 70 als einer der 
Verteidiger des Verres (Cic. Verr. IV 79ff.). Er 
heiratete eine Aemilia Lepida, die mit Cato ver- 
lobt war; dafur rachte sich dieser an ihm durch 
Spottgedichte (Plut. Cat. min. 7, 1, vgl. o. Bd. I 
S. 591 Nr. 166). In der Nacht zum 21. October 
691 = 63 kam er mit M. Crassus und M. Marcel- 
lus zu Cicero, um ihn vor dem Anschlage der 



1225 



Caecilius 



Caecilius 



1226 



Catilinarier gegen sein Leben zu warnen (Plut. 
Cic. 15, 1, vgl. Crass. 13, 4). 694 = 60 wurde er 
zum Volkstribunen fur das nachste Jahr gewahlt, 
von seinem Mitbewerber M. Favonius wahrschein- 
lich de ambitu belangt und von Cicero verteidigt 
<Cic. ad Att. II 1, 9). 697 = 57 gab er Fechterspiele 
zu Ehren seines Adoptiwaters (Cic. Sest. 124. 
Schol. Bob. z. d, St. p. 306) und erscheint in 
demselben Jahre als Pontifex (Cic. de domo 123; 
har. resp. 12; Brut. 212. Suet. Tib. 4), welche 
Wurde er kaum vor dem Tode jenes 691 = 63 
•erlangt haben wird (Bardt Priester der vier 
grossen Collegien 16). Die Praetur verwaltete er 
spatestens 699 = 55, denn 701 = 53 bewarb er 
sich um das Consulat. Scipio und P. Plautius 
Hypsaeus traten damals als Candidaten der Volks- 
partei gegen Milo in die Schranken (Liv. ep. CVII. 
Ascon. Milon. p. 26. 29. 37. Schol. Bob. Mil. 
p. 281; aer. al. Mil. p. 341. Schol. Gronov. p. 443. 
Plut. Cato min. 47, 1. Dio XL 53, 1), doch 
keiner von ihnen wurde gewahlt, sondern sie alle 
spater wegen Wahlumtrieben vor Gericht gestellt. 
Vor der Verurteilung bewahrte den Scipio das 
ungesetzliche Einschreiten des Cn. Pompeius, der 
zum alleinigen Consul fiir 702 = 52 ernannt wor- 
den war und sich bald darauf mit seiner Tochter 
Cornelia vermahlt hatte (Plut. Pomp. 55, Iff. Dio 
XL 51, 2ff. 53, 2, App. b. c. II 24. Val. Max. 
IX 5, 3. Veil. II 54, 2 falsch datiert). In einer 
Senatssitzung im Februar war Scipio gegen Milo 
und seine Beschutzer aufgetreten (Ascon. Milon. 
-p. 30f.). Fiir die letzten fiinf Monate des Jahres 
nahm ihn sein Schwiegersohn zum Collegen im 
Consulat an (Tessera glad. Eph. epigr. Ill p. 204. 
Cassiod. Idat. Chron. pasch. Dio a. O. u. XL ind. 
Plut. Pomp. 55, 5. App. II 25). Naturlich spielte 
«r neben Pompeius eine ganz untergeordnete Rolle ; 
nur beantragte er, den Censoren die ihnen von 
Clodius entzogenen Eechte wiederzugeben (Dio XL 
57, 1 — 3); im iibrigen machte ihn sein Verlehr 
mit verrufenen Wiistlingen bertichtigt (Val. Max. 
IX 1, 8). Vielleicht stellte er als Consul auf dem 
Capitol die Bronzestatuen seiner Vorfahren auf, 
■die zwei Jahre spater Cicero den Anlass gaben, 
liber seine avwioQrjoia zu spotten (ad Att. VI 1,17). 
Als entschiedenster Anhanger des Pompeius for- 
derte er am 1, September 703 = 51 , die Bera- 
tung iiber Caesars gallische Statthalterschaft auf 



Stammbaum zu S. 1224. 

P. Cornelius Scipio Nasica Corculum 

Consul 592. 599 
Schwiegersohn des Africanus Maior 



die Tagesordnung fur den 1. Marz .des naehsten 
Jahres zu setzen (Cic. fam. VIII 9, 5); in dem 
Senatsbeschluss, der am 29. September in dieser 
wichtigen Frage gefasst wurde, ist er als Zeuge 
verzeichnet (a. O. 8, 5f.). Im April 704 = 50 
widersetzte er sich den zu Ehren Ciceros beschlos- 
senen Supplicationen (a. O. 11, 2). In der Neu- 
jahrssitzung des Senats 705 = 49 gab er, nachdem 
der Consul L. Lentulus Caesars Ultimatum abge- 

10 lehnt hatte, im Namen seines abwesenden Schwie- 
gersohns die entscheidende Erklarung ab, Pompeio 
esse in animo, rei publicae non deesse, si sena- 
tus sequeretur (Caes. b. c. I 1, 4. 2, 1. 6, 1), und 
stellte den Antrag, dass Caesar bis zu einem be- 
stimmten Tage sein Imperinm niederzulegen und 
sein Heer zu entlassen habe, widrigenfalls er als 
Feind des Vaterlandes betrachtet wurde (a. O. 2, 
6f. Plut. Caes. 30, 3). Durch die Erhebung dieses 
Antrags zum Beschluss war der Krieg erklart. 

20 Gewiss richtig urteilt bei dieser Gelegenheit der 
Gegner (Caes. b. c. I 4, 3): Scipionem spes pro- 
vincial atque exercituum impellit, quos se pro 
necessitudine partiturum eum Pompeio arbitra- 
tor, simul iudiciorum metus (vgl. Cic. ad Att. IX 
11, 4), adulatio atque ostentatio sui et potentium, 
qui in re publica iudieiisque turn plurimum 
pollebant. Scipio erhielt Syrien als Provinz (Caes. 
b. c. 6, 5. Cic. ad Att. IX 1, 4. Plut, Pomp. 62, 2). 
Er kampfte mit den Parthern am Berge Amanus 

30 und nahm den Imperatortitel an (Caes. b. c. Ill 
81, 1); diesen fiihrt er auf seinen wenig spater 
in Pergamon geschlagenen Munzen (Pinder Ci- 
stophoren 570. Catal. of greek coins, Mysia p. 126) 
und in der Inschrift einer ihm daselbst gesetzten 
Statue (Dittenberger Syll. 264 = Inschriften 
von Pergamon II 411). Den jiidischen Thron- 
praetendenten Alexander liess ei als Anhanger 
Caesars hinrichten (Joseph, ant. Iud. XIV 125. 
140; bell. Iud. I 185. 196). Im iibrigen suchte 

40 er in Syrien (Caes. Ill 31, 2 — 4) und in der Pro- 
vinz Asia, wo er den Winter zubrachte, moglichst 
viel Geld zu erpressen (a. O. 32, 1 — 6) und seine 
unzufriedenen Legionen durch reiche Geschenke 
bei guter Laune zu erhalten (31, 4). Nach der 
etwas tendenziOsen Darstellung Caesars (33, Iff.) 
rettete den ephesischen Artemistempel vor Pliin- 
derung nur das EiDtreffen der Nachricht, der 
Feind stehe bereits in Epirus. Scipio ging mit 



C. Laelius 

Sapiens 

Consul 614 



P. Cornelius Scipio Nasica Serapio 94. Q. Caecilius Metellus Mace- 
Consul 616 donicus 

Consul 611. Censor 623 



Q. Mucins Scaevola os Laelia 
Augur \ 

Consul 637 



P. Cornelius Scipio Nasica 
Consul 643 



«»j 181. Caecilia Metella 



*L. Licinius Crassus os Mucia 
Consul 659 



P. Cornelius Scipio Nasica 
Praetor 660 



Licinia 



P. Cornelius Scipio Nasica ? Cornelius Scipio Nasica 

nach seiner Adoption durch Metellus Pius (Nr. 98) nach seiner Adoption durch *Licinius Crassus 
99. Q. Caecilius Metellus Pius Scipio L. Licinius Crassus Scipio. 



1227 



Caecilius 



Caecilius 



1228 



zwei Legionen nach Europa liber, wo ihn Pompeius 
schon seit einiger Zeit erwartete (4, 3). Br mar- 
schierte zunachst gegen den in Makedonien stehen- 
den Cn. Domitius Calvinus, machte dann plotz- 
lich eine Schwenkung und wandte sich nach Thes- 
salien gegen L. Cassias Longinus (36, 1), der sich 
vor ihm in stidwestlicher Richtung zuriickzog. Er 
brach die Verfolgung ab auf die Kunde, dass Do- 
mitius sein mit geringer Bedeckung am Haliakmon 



Selbst Cato bereute, sich ihm so bereitwillig unter- 
geordnet zu haben; zwar gelang ihm noch, die 
ZerstSrung Uticas zu verhindem (Plut. Cato 58, 1), 
doch sah er spater nach Caesars Landung im 
December 707 = 47 seine guten Eatschlage schnode 
zuruckgewiesen (a. 0. 58, Sf.). Auch mit dem 
tuchtigen Labienus war der neue Oberfeldherr 
nicht immer einig (Val. Max. VIII 14, 5); hingegen 
scheinen die Angaben iiber seine allzugrosse Nach- 



zurflckgelassenes Gepack bedrohe (36, 3-8), und lOgiebigkeit gegen luba, dem er das Recht, allein 



nahm gegeniiber diesem gleichstarken Gegner auf 
dem anderen Flussufer Stellung (37, Iff.). Beide 
hielten sich einen Teil des Monats Mai 706 = 48 
hindurch auf diese Weise im Schach, bis Mangel 
an Vorraten den Legaten Caesars nOtigte, in der 
Richtung auf die Hauptarmee langsam zuriickzu- 
gehen (38, 1 — 4); sie blieben einander gegeniiber, 
bis der Hauptschauplatz des Krieges im Juli nach 
Thessalien verlegt wurde (79, 3, vgl. Plut. Pomp. 



im Purpurmantel zu erscheinen, eingeraumt (b. 
Afr. 57, 5) und das ganze romische Africa ver- 
sprochen habe pio XLHI 4, 4f.), ebensowenig 
unparteiisch, wie die von seiner Harte gegen ge- 
fangene Caesarianer (b. Afr. 28, 4. 44, 3ff., vgl. 
Val. Max. Ill 8, 7). Der Winter verging mit 
kleineren Unternehmungen (ausffihrliche Darstel- 
lung b. Afr., vgl. App. II 95f. Dio XLIII 4, 4ff.); 
Scipio wusste die anfangs schwierige Lage des 



66, 4; Caes. 39,5. App. II 65). Abweichend be- 20 Gegners nicht zu benutzen, sodass dieser seine 



richten iiber diese Operationen Dio XLI 51, 2, 
doch auch nicht ungiinstiger fur die Caesarianer, 
und App. II 60, schwerlich zuverlassiger, vgl. 
Glcde Caesars histor. Glaubwurdigkt. (Kiel 1871) 
19. St off el Hist, de Jules C^sar LT 236. In 
dieser Zeit seiner Bedrangnis bei Dyrrhachion 
wandte sich Caesar an Scipio mit der Bitte, den 
Frieden zu vermitteln (Caes. Ill 57, Iff.); anfangs 
schien dieser dazu geneigt, doch auf Drangen der 



Veteranenlegionen aus Italien an sich Ziehen und 
zahlreiche Uberlaufer gewinnen konnte. Als er 
sich gegen Thapsus wandte, war Scipio gezwungen, 
zum Schutz der wichtigen Stadt am 6. April 708 
= 46 die Schlacht unter ungiinstigen Bedmgungen 
anzunehmen (b. Afr. 79, 2. 80, Iff. Plut. Caes. 
53, 1. Dio 8, 1) , seine vollstandige Niederlage 
war die Folge (b. Afr. 82, 1—86, 1. Dio a. O. 
Liv. ep. CXIV. Veil. LT 54, 2. Suet. Caes. 35. 37. 



Kriegspartei wies er den Boten ab (57, 5, vgl. 30 59. Auct. de vir. ill. 78, 8). In der Schlacht 

90, 2). In Larissa vereinigte er sein Heer mit ~- ll -- J - — •-* -■> ■ ™ — ' " 

dem des Pompeius (80, 4. 81, 2), der mit ihm die 

Ehre des Oberbefehls teilte (82, 1). Damals, als 

die Optimaten schon urn das Fell des Lowen strit- 

ten, den sie noch erlegen sollten, beanspruchte 

auch Scipio wie andere die Wurde des Pontifex 

Maximus, die Caesar inne hatte (83, 1. Plut. Pomp 

67, 6 ; Caes. 42, 1 , vgl. App. II 69). In der 

Schlacht bei Pharsalus am 9. August fiihrte er 



selbst wird der Oberfeldherr kaum einmal ge- 
nannt; er entkam und wollte mit einigen Ge- 
fahrten nach Spanien fliichten, da Cato vor einer 
Landung in Utica warnte (Plut. Cato 58, 5. 60, 3. 
62, 1). Er wurde nach Hippo Regius verschlagen 
und dort von den Schiffen des caesarischen Partei- 
gangers P. Sittius umzingelt; als er keine Ret- 
tung mehr sah und die Feinde nach ihm, dem 
Imperator, suchten, durchbohrte er sich mit den 



das aus seinen syrischen Legionen gebildete Mittel- 40 Worten: Imperator se bene habet (Liv. ep. CXIV. 



treffen gegen Calvinus (Caes. Ill 88, 1. App. II 
76. Plut. Pomp. 69, 1; Caes. 44, 2); nach deren 
unglucklichem Ausgang floh er tiber Kerkyra (App. 
II 87) nach Africa (a. 0. Plut. Cat. 56, 3). Die 
Maeht, die hier dem pompeianischen Statthalter 
Attius Varus und dem Konig luba von Numidien 
zur Verfugung stand, schien den Fluchtlingen von 
Pharsalus die sicherste Gewahr fiir die erfolg- 
reiche Wiederaufnahme des Krieges, und wahrend 



Val. Max. Ill 2, 13. Sen. ep. Ill 3, 10f.) und 
liess sich ins Meer sinken (App. II lOOf. Dio 9, 5 ; 
b. Afr. 96, Iff. Cic. fam. IX 18, 2. Schol. Bob. 
p. 306 Or. Eutrop. VI 23. 2. Ampel. 24). Hochstens 
sein Tod rechtfertigt Ciceros spateres Lob (Phil. 
XIII 29): clarissimus vir maiorumque suoruni 
simillimus und das gunstige Urteil des Livius 
(Tac. ann. IV 34). Er verstand satis bene et 
loqui el dicere (Cic. Brut. 212) und schrieb eine 



Caesar im Orient weilte, steigerte sich ihre Kraft 50 Schmahschrift gegen Cato nach 698 = 56 (Plut, 



und Zuversicht. Auf das Obercommando erhoben 
der Statthalter Scipio und der hochmfltige Konig 
Anspruch ; die Soldaten wimschten Cato zum Feld- 
herrn, doch dieser lehnte ab, wies den Numider 
in seine Schranken zuruck und iibertrug das Im- 
perium dem Scipio, obwohl er bisher mit ihm 
verfeindet war, als Consularen und ehemaligem 
Mitfeldherrn des Pompeius (Liv. ep. CXIII. Veil. 
II 54, 4. Auct, de vir. ill. 80, 3. App. II 87. 
Plut. Cato 57, 1. Dio XLII 67, 1—4). Scipio 60 
gait nun den Seinen als unus imperator populi 
Romani (b. Afr. 4, 4) und setzte den Imperator- 
titel auf die Miinzen, die er damals pragte (Ba- 
be Ion Monnaies de la re"p. rom. I 278). Es ging 
die Rede, dass ein Scipio in Africa nicht besiegt 
werden konne (Dio XLII 57, 5), doch der Ge- 
wahlte war so untiichtig, dass er uberhaupt in 
den Berichten uber den Krieg kaum hervortritt. 



Cat. 57, 7; Fragmente Plin. n. h. VIII 196. XXIX 
96). tber sein Landgut bei Tibur Cic. Phil. V 
19 ; fam. XII 2, 1 ; iiber seine Gefliigelzucht Varro 
de r. r. Ill 10, 1 (auch 2, 16? vgl. I 13, 7. Plin. 
n. h. X 52, Gemiisesorten nach einem Caecilius 
Metellus benannt Colum. X 182). Einem sonst 
nicht bekannten, jung verstorbenen Sohn gehort 
vielleicht das Fragment einer Grabschrift mit 
[Met] ellus Scipfa] an (CLL I p. 13 = XIV 3589). 

[Miinzer.] 
100) Caecilius Natalis, in dem Dialoge des 
Minucius Felix (s. d.) ,Octavius' die eine der strei- 
tenden Hauptpersonen, der Vertretdr des Heiden- 
tums bezw. der Religion der Vater, durch die Rom 
gross geworden. Da die Anlage des Dialogs 
kiinstlerische Einkleidung ist, steht nicht fest, 
ob dieser C. nicht ebenso wie Octavius, sein Geg- 
ner, bios eine erdachte Figur ist; auch wenn pt 



1229 



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1231 



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Caecilius 



wirklich ein Mann aus dem Freundeskreise des 
Minucius war, ist es eine sehr iiberflussige Be- 
miihung, ihn mit anderen C. identificieren zu 
wollen. Die Hypothese z. B., dass er mit einem 
aus Inschriften in Cirta, die der Zeit um 215 
angehdren, bekannten M. Caecilius Natalis (s. 
Dessau Hermes XV 471) identisch sei, hat wenig 
Bedeutung. [Jiilicher.] 

101) Q. Caecilius Niger, ein Sicilier von Ge- 
burt, war unter dem Praetor Verres Quaestor in 10 
Sicilien (Cic. div. in Caec. 4. Ps.-Ascon. div in 
Caec. argum. p. 98 Or.) und hatte selbst an dessen 
Erpressungen Anteil (Cic. 32—35. 56). Um Cicero 
von der Anklage des Praetors zu verdriingen und 
dann diesen zu retten, drangte er sich seinen 
Landsleuten gegen ihren Willen als Anklager auf 
(Cic. 21. Ps.-Ascon. p. 98. 112), und Cicero musste 
sich erst durch die gegen ihn gerichtete Eede, 
die divinatio in Q. Caeeilium, sein Vorrecht er- 
ringen, indem er nachwies, wie ungeeignet Niger 20 
in Vergleich zu ihm selbst ware, den Verres zu 
belangen (35—47. 58—62). Niger bewarb sich 
damals 684 = 70 um die Aedilitat (Cic. 70). Einen 
Witz Ciceros iiber seine angebliche Hinneigung 
zum Judentum erziihlt Plut. Cic. 7, 3. 

[Miinzer.] 
10a) M. Caecilius Novatillianus, qufaestor) 
provftnciae) Africfae), trib(unus) plebfisj, prae- 
t(or), iiwidficus) Apul(iae) et Calabr(iae), iuri- 
d/icus) Hispan(iac) citferiorisj (CIL II 4118 30 
Tarraco), allectus inter consulates, praeses pro- 
vfinciae) Moes(iae) supferioris). orator et poeta 
inlustris, Patron von Benevent (CIL IX 1572 = 
Dessau 2939. IX 1571) und Tarraco (CIL II 
4113); der Allection unter die Consulare und des 
Titels Praeses wegen in das spatere 3. Jhdt. ge- 
hOrig (vgl. Mommsen St.-R. 113 942. 240). 

103) Q. Caec(ilius) Pudens, Legat von Ger- 
mania superior unter Kaisern, deren Namen auf 
der Inschrift radiert sind (Brambach CIEh40 
1608, Jagsthausen). Borghesi (Oeuvres IV 186) 
dachte an Macrinus und Diadumenianus oder Ma- 
ximinus und Maximus oder an die beiden Philippi. 

[Groag.J 

104) Q. Caecilius Redditus, proe(urator) Au- 
g(usti) von Noricum, CIL III 5163 (Celeia). Ein 
Fragment aus Troesmis, wo die tres militiae und 
eine Procurator eines [CJaecilius Re ... . er- 
wahnt sind, ist vielleicht auch auf ihn zu be- 
ziehen, Arch.-epigr. Mitt. XIX (1896) 91 nr. 33.50 

[Stein.] 

105) Caecilius Eufinus, Quaestorier, wurde von 
Domitian aus dem Senat gestossen, weil er tanzte, 
Dio LXVII 13, 1. Suet. Dom. 8 (ohne Nennung 
des Namens). 

106) M. Caecilius Eufinus, Sohn von Nr. 56, s. d. 

107) Q. Caecilius Eufinus, Proconsul von Creta 
und Cyrene (CIG II 2588 Gortyn). 

108) Q, Caecilius Eufinus Crepereianus, consul 
(suffectus) in unbekanntem Jahre, leg(utus) Au- 60 
gfustorum) pr(o) pr(aetore) von Pannonia inferior 
(CIL III Suppl. 10407. 10415 Aquincum). An- 
scheinend ein naher Verwandter von Nr. 56 und 
Nr. 106. Vgl. auch Q. Ca[ecilius] Crepfereia- 
nus] Salv .... CIL XI 6188 Ostra. 

109) M. Caecilius Eufinus Marianus, trfibu- 
nus) lat(iclavius) leg(ionis) IV F[l(aviae)J, CIL 
III 3463 (Aquincum); leg(atua) leg(ionis) XIII. 



1232 



Gfeminae), CIL III 1142 (Apulum); vgl. Add. 
P- 1015 - [Gtoag.] 

110) L. Caecilius Eufus, Sohn eines L., durch 
seine Mutter Halbbruder des P. Cornelius Sulla. 
Nach Bekleidung der Quaestur (elog.) wurde er 
690 = 64 zum Volkstribunen gewahlt und brachte 
bald nach seinem Amtsantritt, am 10. December, 
einen Gesetzvorschlag ein, der eine Milderung der 
Strafe des Ambitus bezweckte und dem Sulla und 
Autronius Paetus, die deswegen verurteilt waren, 
wieder den Eintritt in den Senat verschaffen sollte. 
Der ungiinstige Eindruck, den die Rogation gerade 
damals machte, veranlasste den C, sie schon am 
1. Januar 691 = 63 zuriickzuziehen (Cic. Sull. 62 
—66, bes. 65. Dio XXXVII 25, 3). Im Laufe 
seines Amtsjahres stand er auf sei ten des Senats 
und des Consuls Cicero (Cic. Sull. 65). 697 = 57 
■war er Praetor urbanus und beantragte mit fast 
alien seinen Collegen die Eiickberufnng Ciceros 
(Cic. p. red. 22); nachdem diese erfolgt war, zur 
Zeit, da C. die Ludi Apollinares leitete, wurde er 
von Clodius angegriffen und von dessen Banden 
in seinem Hause belagert (Cic. Mil. 38. Ascon. 
z. d. St. p. 43 K.). Spater verwaltete er als Pro- 
consul (elog.) eine Provinz, unterschrieb 700 — 54 
mit seinem Bruder die Klage de ambitu gegen 
A. Gabinius (Cic. ad Qu. fr. Ill 3, 2), fiel 705 = 49 
in Coriinium mit anderen Anhangern des Pom- 
peius in die Hande Caesars, wurde von diesem 
entlassen (Caes. b. c. 1.23, 2) und scheint bis in 
die Zeit des Augustus hinein gelebt zu haben. 
Seine Grabschrift und Elogium sind erhalten CIL 
I 639 = XIV 2464. 

111) M. Caecilius Eufus M. f . , municipaler 
Magistrat in Signia in republicanischer Zeit (CIL 
I 1145 = X 5961). [Miinzer.] 

112) C. Caecilius Salvianus, iuridicus Alexan- 
dreae vice praei'ecti Aegypti (0 xqq.twtos dtxaio- 
dortjg diadeyofievog y.al za xaxa rijv ■nysuoviav, 
vgl. CIL VI 1638) im J. 176 n. Chr. (1. April), 
namlich im 16. Jahr der Regierung des Kaisers 
Marcus, wie Fr. Krebs nachgewiesen hat, der 
aber aus Versehen 166 ansetzt, Agypt. Urk. aus 
d. kgl. Mus. zu Berlin I 321 nr. 327. Allem An- 
schein nach hatte er deshalb die Stellvertretung 
des Praefecten zu (ibernehmen, weil damals der 
Praefectus Aegypti Flavius Calvisius (s. Calvi- 
sius Statianus) wegen Teilnahme an dem Auf- 
stand des Avidius Cassius seines Amtes entsetzt 
worden war. Es qualificiert sich somit das vice 
praefecti als ein ausserordentliches Ami Iuridi- 
cus war C. als Nachfolger des Maecianus (sicher 
nicht identisch mit dem beriihmten Juristen L. 
Volusius Maecianus, s. d.), der gleichfalls an dem 
cassianischen Aufstand beteiligt war und von den 
Soldaten getstet wurde, Hist, Aug. Marc. 25 4- 
Av. Cass. 7, 4. [Stein.] 

113) Caecilius Saturninus, centurio eohortis 
VII. praetoriae im J. 149 n. Chr. (Lib. col. p. 244). 
Mommsen (Feldm. II 171) meint, der Name des 
Mannes sei L. Marculeius Saturninus (CIL IX 
3923 Alba Fucens) gewesen. 

114) Caecilius Secundus, Freund Martials, com- 
mandierte im J. 92 an der Donau im Dakerkriege 
Domitians. Martial sandte ihm damals das VH. 
Buch seiner Epigramme und liess sich fur ihn 
malen (Mart. VII 84). Mit dem jiingeren Plinius 
ist C. nicht identisch (Mommsen Herm. m 79, 1). 



1233 



Caecilius 



Caecilius 



1234 



128) L. Caecilius Vindex s. Caesellius 
Vindex. 

124) Caecilius C. f. Virgilianus, vir [p(er- 
feetissimusj] , procfuratorj Augfusti) ripae pro- 
v(ineiae) Baeticae, CIL 11-1177. Hiibner be- 
merkt, dass eine Vermengung der Procuratur ad 
ripam Baetis (vgl. CIL II 1180) mit der Procu- 
ratur provineiae Baeticae (vgl. CIL II Index p. 751 ; 
Suppl. p. 1118) vorliegt. [Stein.] 

125) Caecilia, an die ein Rescript der Kaiser 
Severus und Caracalla vom J. 210, Cod. lust. HI 
32, 1. 

126) Furia Caecilia s. Furius. 

127) Iulia Flavia Herennia Caecilia Honora- 
tiana Optata s, Flavius. [Groag.] 

128) Oaia Caecilia nennen die Antiquare 
Varro und Verrius die Gemahlin des Tarquinius 
Priscus (auct. de praen. 7. Plin. n. h. VIE 194. 
Fest. p. 224. 238;_ep. p. 95; Plut. quaest, Rom. 

"cov ivi avroixrj- 



Dagegen ist Mart. V 80 wohl Plinius gemeint (vgl. 
diserto . . Seoundo v. 6, 7 ; doeti . . Secundi v. 13). 

115) L. Ca[eciliu]s C. f. Ouf(entina) Secun- 
dus, praeffectus) [fabr(um)] a co(n)s(uh), quat- 
tuorvir ifure) dfieundoj , pontif(ex) in Comum, 
wird mit seinem Sonne [Caeeijlius Secundus und 
seiner Tochter [Caecijlia in einer Inschrift aus 
Comum genannt (Pais Additamenta ad CIL V 
745). Mommsen bemerkt zu derselben, dass man 
ihn fur den leiblichen Vater des jiingeren Plinius 10 
und seinen Sohn Secundus fur diesen selbst halten 
konne. Vgl. 0. Nr. 40. 

116) C. Plinius Caecilius Secundus, der unter 
dem Namen Plinius der Jtingere bekannte Schrift- 
steller, Consul suffectus im J. 100 n. Chr., s. unter 
Plinius. 

117) Caeci(lius) Servilianus, Legat von Thra- 
kien unter Commodus. Miinzen von Nicopolis ad 

Istrum(Numismat.Ztschr.XXmi891,51f. Mion- j .. _„, 

net Suppl. II 117f. nr. 359. 361. 362), von Phi- 20 30 ungenau x&v TaQxvvioV'jtaii 

lippopolis (Catalogue of Greek coins in the British 

Museum, Thrace p. 163 nr. 18. KOnigl. Museen 

zu Berlin, Beschreibung der antiken Miinzen I 

224 nr. 22. Mionnet I 417 nr. 347; Suppl. II 

456 nr. 1495. 1496. 1497) und von Pautalia (KOnigl. 

Museen zu Berlin etc. I 199 nr. 8). 

118) Cn. Caecilius Simplex (das Praenomcn 
nur bei Dio) , vir clarrissimus , Proconsul von 
Sardinien im J. 67/68 n. Chr. (Decret von Ester- 
zili CIL X 7852, mit Mommsens Anm.). Im 30 
J. 69 wollte er angeblich den Consulat an Stelle 
des Marius Celsus" von Vitellius erkaufen, doch 
lehnte dieser das Ansinnen ab und verlieh ihm 
spater diese Wurde aus freien Stiicken (Tac. hist. 
II 60). Consul suffectus im November und De- 
cember 69 mit C. Quinctius Atticus, wohnte C. 
in dieser Eigenschaft der Abdankung, die Vitel- 
lius am 18. December (Tac. hist. Ill 67) in Scene 
setzte, bei (Tac. hist. Ill 68). Dios Bericht, dass 
sich (nachher) die beiden Consuln und Flavius 40 
Sabinus zu Vitellius begeben wollten, um ihn zur 
Resignation zu bewegen , von dessen Leibwache 
jedoch zur Fluent aufs Capitol genOtigt wurden 
(LXV 17, 1. 2), erscheint in Betreff des C. durch 
Tacitus Stillschweigen als kaum glaubwiirdig. 

119) Ti. Iulius Candidus Caecilius Simplex 
s. unter Iulius. 

120) L. Iulius Marinus Caecilius Simplex s. 
unter Iulius. 

121) C. Caecilius Strabo, Consul designates 50 
im J. 103 oder 104 n. Chr. (Plin. epist. IV 17), 
gab als solcher sein Votum im Senate ab (Plin. 
epist. IV 12, 4), processierte mit Corellia Hispulla, 
deren Sache Plinius, obwohl mit Strabo ziemlich 
befreundet, vertrat (Plin. epist. IV 17), Frater 
Arvalis in den J. 101 und 105 (CIL VI 2074. 
2075), starb im J. 117 (CIL VI 2078 Acta Arva- 
lium). [Groag.] 

122) T. Caecilius Teucer. Q. Ennius T. Cae- 



aaaav) ; es wird auch bisweilen angegeben , dass 
Tanaquil in Rom diesen Namen gefuhrt habe (Plin. 
Paul.), doch sind urspriinglich beide PersOnlich- 
keiten wohl von einander verschieden. Die von 
Gaia Caecilia uberlieferten Anekdoten sind aetio- 
logische Mythen, welche einzelne bei der rOmi- 
schen Eheschliessung iibliche Gebrauche erklaren 
sollen; vgl. Schwegler R. G. I 678, 7. Momm- 
sen R. Forsch. I 11, 8. [Miinzer.] 

129) (Caecilia) Iunia, Tochter des Q. Caeci- 
lius Metellus Creticus Silanus (Nr. 90). Sie war 
bereits im J. 17 n. Chr. mit Nero, dem altesten 
Sohne des Germanicus, verlobt (Tac. ann. II 43). 
Da sie auf ihrer (mutmasslichen) Grabschrift (CIL 
VI 914 = Dessau 184) noch [sponjsa Neronis 
Caesfaris] genannt wird, muss sie vor dem J. 20 
gestorben sein. Denn damals heiratete Nero die 
Iulia, Tochter des Drusus Caesar (Tac. ann. HI 
29). [Groag.] 

130) Caecilia Metella, Tochter des Metellus 
Macedonicus Nr. 94, vermahlt mit C. Servilius 
Vatia, dem Praetor von 640 = 114, und Mutter 
des P. Servilius Isauricus (Cic. Brut. 211f. ; Verr. 
Ill 211; de domo 123; p. red. 37; ad Quir. 6). 

131) Caecilia Metella, Tochter des Metellus 
Macedonicus, vermahlt mit P. Scipio Nasica, Con- 
sul 643 = 111, und Grossmutter des Metellus 
Pius Scipio (vgl. dieselben Stellen wie aber ihre 
Schwester Nr. 130 und den Stammbaum S. 1229f.). 

182) Caecilia Metella, Tochter des Metellus Cal- 
vus Nr. 83 und Schwester des Numidicus Nr. 97, 
vermahlt an L. Licinius Lucullus, Mutter des be- 
ruhmten L. Lucullus (Cic. Verr. IV 147 ; p. red. 37; 
ad Quir. 6. Auct. de vir. ill. 62, 4. Plut. Luc. 1, 
1), fjSo^Tjaev mg oi [lefltaixvia aoxpQorajg (Plut.). 

183) Caecilia (Metella), Gemahlin eines Me- 
tellus, also eines Verwandten, der nach ihrem 
Tode eine Nichte von ihr heiratete. Ein Omen, 
wodurch dieses vorhergesagt war, ist dem Cicero 



cilium Teucrum fratremque eius praecipue mi- 60 (div. I 104, danach Val. Max. I 5, 4) von L. Va- 
ratus propter eos sextum decimum adieeit an- ■ — - - ....... 

nahm Plin. n. h. VLT 101. Das 16. Buch des 
Ennius behandelte den istrischen Krieg von 576 
= 178f. f also muss das sonst nicht bekannte 
Bruderpaar sich in diesem ausgezeicb.net haben. 
Den Beinamen hat man auch in Denier andern 
und C. mit Nr. 49 und 50 in Verbindung setzen 
pollen. [Munzer.] 



lerius Flaccus, dem Consul des J. 654 = 100, er- 
zahlt worden; die betreffenden PersOnlichkeiten 
mussen also dessen Zeitgenossen gewesen sein, 
lassen sich aber nicht fest bestimmen. 

184) Caecilia Metella, Tochter des Metellus 
Delmaticus Nr. 91 (Cic. Scaur. 45. Ascon. z. d. St. 
p. 24 K. Plut. Sull. 6, 14), war in erster Ehe mit 
M. Aemilius Scaunis, dem Consul von 639 = 115, 



1235 



Caecilius 



Caecina 



1236 



1237 



Caecina 



vermahlt und gebar ihm zwei Sohne und eine 
Tochter (Cic. a 0. und Sest. 101. Ascon. Plin. 
ii. h. XXXVI 113. Pint. Sulla 33, 4; Pomp. 9, 2; 
Cato min. 3, 1, vgl. o. Bd. I S. 587f.). Im J. 666 
= 88 nahm sie Sulla zur Gemahlin, verstiess 
ihretwegen seine dritte Frau Cloelia und erregte 
dadurch viel Anstoss (Plin. Plut. Sull. 6, 14—16). 
Aus Furcht vor den Marianern verliess sie 668 
= 86 Rom und fliichtete in sein Peldlager nach 



Caecina 



1238 



ihre Sittenlosigkeit, hatte ein Verhaltnis mit Ci- 
ceros Schwiegersohn Dolabella (Cic. ad Att. XI 23, 
3), wurde 709 = 45 von ihrem Manne geschieden 
(ebd. XII 52, 2. XIII 7, 1) und heiratete den ver- 
schwenderischen Sohn des TragSden Aesopus (Hor. 
sat. II 3, 239. Porphyr. z. d. St., der sie uxor 
des M. Aesopus nennt). [Miinzer.] 

138) Caecilia Paulina, allem Anschein nach 
Gattin des Kaisers Maximinus (235 — 238 n. Chr.). 



Griechenland (Plut. 22, 2. App. b. c. I 73. 77). 10 Ihr Name ist vollstandig nur auf einer lnschrift 



Der Hohn und Spott, den sie von den belagerten 
Athenern, besonders dem Tyrannen Aristion er- 
fuhr, erbitterte Sulla dermassen, dass er deshalb 
die Stadt nach der Einnahme harter hehandelte 
(Plut. 6, 18. 13, 1. Sen. de matrim. frg. 63 Haase). 
Vermutlich damals besuchten beide das Amphia- 
raosheihgtum bei Oropos, wo ihnen Statuen ge- 
setzt wurden (lnschrift IGS I 372, vervollstandigt 
durch ein zweites Fragment 'E<pi]fi. apx- 1891, 137 



angegeben : Diva Caecilia Paulina Pia Aug(usta), 
CIL X 5054 = Dessau 492. Als Diva erscheint 
sie auch auf Mfinzen; solche, die zu ihren Leb- 
zeiten gepragt wurden, existieren nicht. Auf 
Miinzen heisst sie einfach Diva Paulina (Eckhel 
YII 297. Cohen IV2 523f. Mionnet HI 395). 
Hiegegen ist ihr Name bei Schriftstellern iiber- 
haupt nicht uberliefert. Ammianus Marcellinus 
erzahlt von Maximins Gattin, dass sie die rauhe 



nr. 59). Nach der Riickkehr bat das Volk sie, 20 Gerniitsart ihres Mannes zur VersOhnlichkeit und 



durch ihren Einfiuss den Dictator zur Milde zu 
stimmen (Plut. 6, 17). Als sie wahrend der 
Triumphfeste 673 = 81 erkrankte, liess der aber- 
glaubische Gatte sie aus seinem Hause schaffen 
und gab ihr den Scheidebrief, veranstaltete ihr 
aber nach dem tctliehen Ausgang der Krankheit 
eine prachtvolle Leichenfeier (Plut. 35, 2f.). Sie 
hatte ihm einen Sohn, der noch vor ihr starb 
(Plut. 37, 2), und die Zwillinge Faustus und Fausta 
geboren (Plut. 34, 5. 37, 4), 

135) Caecilia Metella, Tochter des Metellus Ba- 
liaricus Nr. 95 und Schwester des Metellus Nepos 
Nr. 82 (Cic. div. I 4 ; Rose. Am. 147, wonach die 
Uberlieferung der Hss. ebd. 27 zu andern ist). Ein 
Traumgesicht, das sie im J. 664 = 90 hatte, veran- 
lasste den Senat zur "Wiederherstellung des Kultes 
der Iuno Sospita (Cic. div. I 4. 99. Obsequ. 55). 
674 = 80 nahm sie den Sex. Roscius, mit dessen 
Vater sie und ihre Familie tiberhaupt in freund- 
schaftlichen Beziehungen gestanden hatte, in ihrem 40 



Milde zu lenken suchte (Amm. Marc. XIV 1, 8). 
Zonar. XII 16 p. 124 Dind. und Synk. p. 680 
ed. Bonn, berichten, dass Maximin seine Gemahlin 
hinrichten liess. Aber an keiner dieser Stellen 
wird ihr Name genannt. Obwohl wir daher keinen 
absolut sicheren Hinweis darauf besitzen, dass 
C. Maximins Gemahlin ist, so diirfte dies doch 
kaum zu bezweifeln sein und ist auch die von 
fast alien neueren Forschera angenommene An- 
30 sicht. Ihre Consecration erfolgte vielleicht unter 
Gordian III. 

139) Aelia Caecifljia Philippa s. Aelius 
Nr. 168. [Stein.] 

Caecilius views, Station der Strasse von 
Bmerita nach Salmantica im Ostlichen Lusitanien 
(Itin. Ant. 434, 1), unweit Capera (s. d.), nach 
den Resten der Strasse und Meilensteinen (CIL 
II 4674) unweit Bafios, bei dem Gebirgspass von 
Bejar (Guerra Discurso a Saavedra 89). 

[Hubner.] 

Caecina. 1) Caecina [Cecina die Hss. bei 
Mela II 72, Cecina oder Cecinna bei Plin. Ill 
50), Fluss in Etrarien, jetzt Cecina, entspringt 
siidOstlich von Volaterrae und miindet nach 78 km. 
langem Laufe ins tyrrhenische Meer; an seiner 
Miindung lag die Hafenstadt Vada Volaterrana. 
Die Einfahrt in die durch Sandbanke unsichere 
Miindung des C. anschaulich geschildert bei Rutil. 
Namatian. I 453ff. (vgl. Reunion t z. d. St.). 



Hause in Rom auf und gewahrte ihm Schutz und 
Hiilfe (Cic. Rose. Am. 27. 147. 149, vgl. 15). Sie 
war verheiratet mit dem Consul von 675 = 79 
Ap. Claudius Pulcher , denn beider Saline Ap. 
Claudius und P. Clodius, der bekannte Demagog, 
einerseits und die beiden Sohne des alteren Me- 
tellus Nepos, Celer und Nepos, andererseits wer- 
den mehrfach als fratres d. h. Geschwisterkinder 
bezeichnet (z. B. Appius, Clodius, Nepos Cic. ad Att. 
IV 3, 4. Clodius und Nepos Cic. dedomo7; fam. 50 Miiller-Deecke Etrusk. I 416. Nissen Itat. 



V 3, 1. Clodius und Celer Cic. har. resp. 45; Cael. 
60, wo patriielis nach frater Glossem ist). 

136) Caecilia Metella, Tochter des Metellus 
Creticus Nr. 87 und Gemahlin eines Crassus nach 
der lnschrift ihres beriihmten, jetzt Capo di bove 
genannten, grossen runden Grabmals an der Via 
Appia nahe bei Rom (CIL VI 1274, vgl. 31584). 
Scbon Drumann G. R. II 55 hat es fast zweifel- 
los gemacht , dass ihr Gemahl M. Crassus der 



Landeskunde 306. [Hiilsen.] 

2ff.) Caecina, etruskisch Ceiena, das ange- 
sehenste tuskische Geschlecht in Volaterrae (vgl. 
Cic. fam. VI 6, 9 an A. Caecina: te hominem in 
parte Italiae minime eontemnenda facile omnium 
nobilisshnum). Ein reieh ausgestattetes Grab der 
Familie ist 1739 aufgefunden worden; es enthielt 
zahlreiche Urnen mit etraskischen und einzelnen 
lateinischen Aufschriftcn ; spater fand man zwei 



zweite Sohn des Triumvirn war, nicht dieser selbst, 60 weitere Graber mit Aschenkisten, und auch ver 



wie noch zuweilen behauptet wird (z. B. Bull 
com. XXIII 14—25), und Hiilsen hat kurzlich 
(Neue Heidelberger Jahrbucher VI 50ff.) aus den 
Reliefs des Grabmals einen weiteren Beweis dafiir 
entnommen. 

137) Caecilia Metella, unbekannter Abkunft, 
Gemahlin des P. Lentulus Spinther, dessen Vater 
im J. 697 = 57 Consul war, beriichtigt durch 



einzelte Grabsteine mit dem Namen C. kommen 
in der Gegend vor. Das alte Geschlecht zerfiel 
in mehrere Zweige; in Rom treten seine Mit- 
glieder im letzten Jahrhundert der Republik auf, 
und einige davon fiihren noch in der ersten Kaiser- 
zeit den Beinamen Tusc-us. Noch der Stadt- 
praefect C. des J. 414 n. Chr. besass eine Villa 
in der Nahe von Vol terra, und nach der Local- 



tradition hatten sich Nachkommen der antiken 
Caecinae gar bis in die Neuzeit hinein erhalten. 
Daren Namen bewahrt der benachbarte Fluss und 
das Ortchen Cecina ; vgl. Miiller-Deecke Etrus- 
ker I 486. Dennis Cities and cemeteries of 
Etruria2 II 155. 185. CIL XI p. 325. 

2) Caecina, Parteiganger des Pompeius, von 
Caesar nach der Schlacht bei Thapsus April 708 
= 46 begnadigt (b. Afr. 89, 5). Seine Identifi- 
cation mit Nr. 7 ist nur mCglich, wenn man 10 
annehmen will, dass ihm damals bios das Leben 
geschenkt und nicht die Erlaubnis zur Riickkekr 
erteilt wurde. 

3) Caecina, Sohn von Nr. 7, 708 - 46 als 
adulescens erwahnt, bemiihte sich damals fur die 
Riickberufung seines Vaters (Cic. fam. VI 5, 1. 
6, 13. 7, 1. 4. 5). 

4) Caecina quidam Volaterranus, Vertrauter 
Octavians , von diesem im November 710 = 43 
an Cicero geschickt (Cic. ad Att. XVI 8, 2) und im 20 
J. 713 =41 mit L. Cocceius an Antonius (App. 

b. c. V 60). Mit Nr. 2 kann er nicht identisch 
sein, weil dieser dem Cicero wohl bekannt war. 

5) Caecina Volaterranus equestris ordinis 
quadrigarum dominus kirundines eomprehensas 
in urbem secwm auferens victoriae nuntias ami- 
cis mittebat in eundem nidum remeantes inlito 
victoriae colore, Plin n. h. X 71. Die Zeit ist 
nicht naher zu bestimmen ; die Farben der Circus- 
parteien kamen im letzten Jahrhundert der Re- 30 
publik auf (vgl. Friedlander bei Marquardt 
Staatsverw.2 III 517). 

6) A. Caecina aus Volaterrae (Cic. Caec. 18), 
wurde von Cicero im J. 685 = 69 in einem Erb- 
schaftsprocess vertreten, anscheinend mit Erfolg, 
da Cicero spater (orat. 102) mit Befriedigung 
dessen gedenkt. Seine Rede ist erhalten. Er war 
mit C. befreundet und spricht von ihm mit Aeh- 
tung (fam. VI 6, 3. 9, 1. XIII 66, 1). 

7) A. Caecina, Sohn des Vorhergehenden, be- 40 
zeichnet sich deswegen als alten Clienten Ciceros 
(fam. VI 7, 4). Dieser kannte ihn von Jugend 
auf (fam. VI 9, 1), erwahnt, dass C. von seinem 
Vater in der etraskischen Disciplin unterwiesen 
wurde (ebd. 6, 3), und riihmt seine Begabung 
und Beredsamkeit (ebd. 5, 3. 6, 8. 9, 1, vgl. 
Sen. nat. quaest. II 56, 1) ; ferner gedenkt er ge- 
meinsamer Studien (fam. VI 6, 1) und verdankt 
wahrscheinlich dem Umgang mit diesem Freunde 
seine Kenntnis etruskischer Weissagekunst , die 50 
er in den Biichern de divinatione zeigt. Um 697 
= 57 war C. in Asien und prophezeite dem Cicero 
seine Riickkehr aus dem Exil (fam. VI 6, 2. 7), 
wie er iiberhaupt von der Wahrheit seiner Kunst 
durchaus tiberzeugt war (Plin. n. h. XI 179). Im 
Bfirgerkriege kampfte er auf seiten des Pompeius 
(armatus fam. VI 7, 1. 4) und griff ausserdem 
Caesar in einer Schmahschrift auf das heftigste 
an (Suet. Caes. 75. Cic. fam. VI 5, 3. 6, 9). Nach 
dessen Siege suchte er von ihm seine Begnadi- 60 
gung, vor allem die Riickkehr nach Italien zu er- 
langen durch einen liber querelarum (Cic. fam. VI 

6, 8) und durch die Fiirbitte seiner FTeunde, be- 
sonders des Cicero. Dariiber liegt der Briefwechsel 
beider vor (fam. VI 5 — 9. XIII 66), dessen chrono- 
logische Reihenfolge leicht ersichtlich ist (vgl. O. 
E. Schmidt Briefwechsel des Cicero [Leipzig 
1893] 269f.). Ciceros erster Brief (VI 6) vom An- 



fang October 708 = 46 bringt dem C. nur trOst- 
lichen Zuspruch, der zweite (VI 8) vom Anfang 
December die erwirkte Erlaubnis, in Sicilien sich 
aufhalten zu dtirfen (VI 8, 1), den Rat, davon 
Gebrauch zu machen und eine geplante Reise 
nach Asien fallen zu lassen (VI 8, 2), und eine 
Empfehlung an P. Furfanius Postumus (VT 8, 3. 
VI 9). Darauf antwortet C, dass er dem Rate 
folgen wolle (VI 7, 5), und entwirft ein lebhaftes 
Bild seiner Stimmung und der Schwierigkeit, den 
rechten Ton in seinem Buche, das Cicero durch- 
sehen sollte, zu treffen (VI 7, Iff.). Auch Ende 
December konnte der Redner ihm nur den Trost 
spenden, dass er unausgesetzt fur ihn thatig sei 
(VI 5, Iff.), und etwas spater, als die fur den 
1. Januar 709 = 45 erhoffte Begnadigung aus- 
blieb, und C. seinen Plan einer Reise nach Asien 
wieder aufhahm, einen Empfehlungsbrief an den 
dortigen Statthalter Servilius Isauricus mitgeben 
(XILT 66). Welcher Art die alten Geschafte waren, 
die er dort erledigen wollte (VI 8, 2. XIII 66, 2), 
ist unbekannt. 

C. ist einer der wichtigsten Schriftsteller iiber 
etruskische Disciplin (Plin. n. h. II ind. auct.), 
und zwar scheint es , dass er ihr durch Verbin- 
dung ihrer Lehren mit denen der stoischen Philo- 
sophic eine etwas wissenschaftliche Grundlage 
geben wollte. Er behandelte nur die Blitzlehre; 
nicht unbedeutende Fragmente seines "Werkes sind 
bei Sen. nat. quaest. II 39ff. und Plin. II 137ff. 
erhalten; ferner ist er von Verrius Flaccus (bei 
Fest.) (Sfter benutzt und durch eine Mittelquelle 
bei Servius; vgl. Schmeisser De Etrusca di- 
sciplina (Breslau 1872) 23—29; Die etruskische 
Disciplin (Liegnitz 1881) 13f. Miinzer Beitrage 
zur Quellenkritik des Plin. (Berlin 1897) 2. Teil 
Kap. 6. [Munzer.] 

8) Sex. Caecina, Praetor peregrinus im J. 11 
n. Chr. (CIL 12 p. 70 Fasti Arvalium). 

9) Publilius Caeionius Caecina Albinus s. 
Ceionius. 

10) A. Caecina Alienus. a) Name. Aldus 
Caecina Suet. Titus 6 ; Kaixivag 'AMrjrog Joseph, 
bell. Iud. IV 634 ; Alienus Caecina Tac. hist. I 
52; Caecina Tac. hist. I 53 und sonst. Epit. de 
Caes. 10; Kaixivvas Joseph, bell. Iud. IV 547; 
Keaivas Plut. Otho 5 und sonst ; 'Ahwvos Dio LXV 
10, 1 und sonst. Mommsens Erganzung zu der 
lnschrift Ephem. epigr. VIII 227: [A. Caecina 
Aliejnus Larg[us], ist sehr zweifelhaft. Alienus 
diirfte derselbe Name wie Allienus (vielleicht vom 
Flusse Allia abgeleitet) oder Allenius und daher 
als zweiter Gentilname aufzufassen sein. 

b) Leben. Geboren in Vicetia (Tac. hist. Ill 
8). Im J- 68 n. Chr. Quaestor in Baetica, schloss 
er sich dem Galba an und wurde von diesem an 
die Spitze einer Legion gestellt, spater jedoch 
wegen Veruntreuung Offentlicher Gelder zur Ver- 
antwortung gezogen (Tac. hist. I 53). Dadurch 
gegen Galba erbittert, wirkte er im Januar des 
nachsten Jahres (69), damals Legionslegat in Ger- 
mania superior, zu Vitellius Erhebung mit (Tac. 
hist. I 52. 53). Dieser vertraute ihm das Com- 
mando iiber ein Heer von 30 000 Mann, mit wel- 
chem er in Italien einbrechen sollte, an (Tac. 
hist. I 61). C. ziichtigte auf dem Marsche die 
Helvetier und riickte fiber den grossen St. Bern- 
hard in die Poebene ein (Tac. hist. I 67. 68. 70. 



1239 



Caecina 



Caecina 



II 20. Pint. Otho 5). Seine ersten Operationen 
gegen die ihm gegeniiberstehenden Feldherren des 
Otho waren jedoch von Misserfolg begleitet. Ver- 
geblich bestiirmte er Placentia, das Vestricius 
Spurinna verteidigte (Tac. hist. II 20—22. Plut. 
Otho 6). Er zog hierauf nach Cremona und traf 
unweit dieser Stadt bei Castores auf die Haupt- 
macht <*er Othonianer unter Suetonius Paulinus 
und Marius Celsus, denen gegcnttber er in einem 
Gefechte den kiirzeren zog (Tac. hist. II 22—26. 
Plut. Otho 7). Erst als er sich mit der von Fa- 
bius Valens befehligten Streitmacht, die von Vi- 
tellms dureh Gallien nach Italien gesandt worden 
war vereinigte (Tac. hist. II 30. Plut. Otho 7), 
wendete sich das Kriegsgliick. In der Schlacht 
bei Bedriacum schlugen C. und Valens die Otho- 
nianer und nahmen am folgenden Tage die Capi- 
tulation des feindlichen Heeres, bald darauf, nach 
Othos Selbstmord. aueh die der letzten Truppen 
desselben entgegen (Tac. hist. II 41—45. 51. Plut 
Otho 11—13. 18. Joseph, bell. Iud. IV 547; vgl. 
Schiller Geschichte d. rom. Xaiserzeit 1 1, 376ff.). 
C. begab sich hierauf nach Lugudunum zu Vi- 
tellius, der ihn auszeichnete (Tac. hist. II 59), 
und begleitete den Kaiser auf seiner weiteren 
Reise (Tac. hist. II 67. 70). Er wurde von Vi- 
tellius zum Consul designiert (Tac. hist. II 71) 
und bekleidete den Consulat wahrend der Monate 
September und October (Tac. hist. Ill 31. 37 
Dio LXV 10, 4. 14, 4), vielleicht auch schon wah- 
rend des Augusts (vgl. Asbach Rhein. Jahrb. 
LXXIX 1885, 129). Unter Vitellius Eegierung 
besorgte er neben Fabius Valens die Staatsge- 
schilfte (Tac. hist. II 92) und benutzte die Ge- 
legenheit, um sich zu bereichern (Tac. hist. II 
92. Ill 13). Doch war er dem Valens schon von 
iriiher her unfreundlich gesinnt (Tac. hist. II 30), 
und jetzt war es die Eifersucht auf den Neben- 
buhler, die ihn seine Pflichten gegen Vitellius 
vergessen liess (Tac. hist. II 92. 93. 99). Ahnungs- 
los iibertrug ihm dieser den Befehl fiber das gegen 
die Flavianer bestimmte Heer (Tac. hist. 'II 99. 
Dio LXV 10, 1). C. begab sich nach Ravenna, 
von hier nach Patavium, wo er rait dem Flotten- 
praefecten Lucilius Bassus den Verrat verabredete 
(Tac. hist. II 100). Zu seinen Truppen zuriick- 
gekehrt, schlug er zwischen Hostilia und den 
Siimpfen des Tartarusflusses ein Lager auf und 
kniipfte, obwohl an der Spitze einer bedeutend 
uberlegenen Macht, mit den Feldherren der Fla- 
vianer Unterhandlungen an. Nach dem Abfall 
der Flotte versuchte er sein Heer zum Ubergang 
zu Vespasian zu verleiten, wurde jedoch von den 
Soldaten in Fesseln geworfen (Tac. hist. Ill 9. 
13. 14 ; nnrichtig geben Dio LXV 10, 2—4 und 
Joseph, bell. Iud. IV 634—641 als Ort dieser Vor- 
gange Cremona an und als C.s Motiv die Furcht, 
von den uberlegenen Feinden geschlagen zu wer- 
den). Als man in Rom hievon Kunde erhielt 
wurde C. seines Amtes entsetzt, obwohl nur noch 
ein Tag, der 31. October, von seinem Consulate 
ubng war (Tac. hist. Ill 37). In Cremona in- 
termert (Dio LXV 11, 2), erlangte er erst nach 
dem entscheidendeu Siege des Antonius Primus 
die Freiheit und vermittelte die Capitulation seines 
Heeres (Tac. hist. Ill 31. Dio LXV 14, 4). An- 
tonius sandte ihn zu Vespasian, der ihn ehrenvoll 
aufnahm (Tac. hist. Ill 31. Joseph, bell. Iud. IV 



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1241 



Caecina 



Caecina 



1242 



644). Unter der Regierung des ersten Flaviers 
wurde er reich mit Ehren bedacht (Dio LXVI 
16, 3) und stand auch dem Titus nahe (Dio LXVI 
15, 2). Dennoch verschwor er sich gegen das 
Ende von Vespasians Regierung mit (T. Clodius) 
Eprius Marcellus gegen den Kaiser. Die Ver- 
schwo'rung wurde jedoch entdeckt: man fand das 
Concept emer Ansprache C.s an die Soldaten. Bei 
einem Gastmahl im Palaste, zu dem er geladen 
10 worden war , wurde C. auf Titus Befehl nieder- 
gestossen (Suet. Titus 6. Dio LXVI 16, 3. Zonar. 
XI 17). Falsch 1st die Nachricht in der Epit. 
de Caes. 10, dass Titus den C. ob suspicionem 
stupratae Berenices uxoris suae toten liess. 

c) Ausseres und Charakter. C. war ein 
Mann von gewaltigem Korperbau (Tac. hist. I 53. 
Plut. Otho 6). Massloser Ehrgeiz und Treulosig- 
keit werden ihin zur Last gelegt (Tac. hist. I 53. 

20 d) Familie. C.s Gemahlin hiess Salonina 
(lac. hist. II 20). Ein naher Verwandter des- 
selben war wohl der Bull. com. XIV 1886, 103 
nr. 1156 genannte Ti. Alienus Caecina. 

[^ roa £-l 

11) A. Claudius Caecina .... aeus s. Clau- 
dius. 

12) Caecina Decius Aginatius Albinus s. Cei- 
onius. 

13) Caecina Decius Albinus s. Ceionius. 
30 14) Flavius Caecina Decius Basilius s. Basi- 

leios Nr. 6 — 8. 

15) C. Laecanius Bassus Caecina Flaccus s. 
Laecanius. 

_ 16) (Caecina) Largus. In der ersten Kaiser- 
zeit wird diese Familie mehrfach genannt; daher 
ware es denkbar, dass ein dem A. Caecina (Nr 7) 
nahestehender Largus (Cic. fam. VI 8, 1) dazu 
g ehort - . [Miinzer.] 

17) [Gaejoina Largus, praef(ectus) a[nn(o- 
40 naej] im J. 250 n. Chr. (1. Februar), CIL VI 

Suppl. 31849. '[stein.] 

18) C. Silius A. Caecina Largus, Cos. ord im 
J. 766 = 13 n. Chr., s. Silius. 

19) C. Caecina Largus. a) Name. C. Cae- 
cina Largus Acta Arvalium; C. Caec. CIL I 772- 
C. . . . Largus CIL VI 2015 = XIV 2241 = I 2 
p. 58 Fasti feriarum Latinarum ; C. Largus Dio 
LX 10, 1; Caecina Largus CIL X 6638 = 12 
p. 247 Fasti Antiates; Caecitia Largus Ascon 

50 (s. u.). Plin. n. h. XVII 5. Tac. ann. XI 33. 34 
(die Hs. des Tacitus hat XI 33 p. Largo Caecina ■ 
doch erkannte Nipperdey, dass p. aus der Ab- 
kiirzung von et entstanden ist). 

b) Leben. Consul ordinarius im J. 42 n. Chr 
mit Kaiser Claudius Cos. II, bekleidete den Con- 
sulat das ganze Jahr hindurch (Dio LX 10 1. 
Asconius in Scaur, p. 23 K.-Sch.; vgl. ferner 'die 
oben angefuhrten Stellen). Als nach der Ent- 
hiillung von Messalinas Treiben (im J. 48) Clau- 

60 dins von Ostia nach Eom zuruckfubr, begleiteten 
ihn in demselben Wagen L. Vitellius, C. und Nar- 
cissus (Tac. ann. XI 33. 34; vgl. auch ann. XI 
31: turn (Claudius) potissimum quemque ami- 
corum meat). Dies, sowie die Verleihung des 
Consulats fur das voile Jahr beweist, dass C. bei 
Claudius in hohem Ansehen stand (vgl. Nipper- 
dey-Andresen lis zu XI 33). Als Frater Ar- 
vahs wird C. genannt in den J. 38 (CIL VI 2028) 



I 

I 



W 



39 (VI 2029. Ephem. epigr. VIII p. 322), 40 (VI 
2030. Ephem. epigr. VIII p. 324) und in unbe- 
stimmten Jahren unter Claudius (VI 2035) zwi- 
schen 43 und 48 (VI 2032) und zwischen 50 und 
54 (Ephem. epigr. VIII p. 326). Er uberlebte 
den Kaiser Claudius, starb aber vor dem J". 57, 
in welchem er nicht mehr unter den Arvalbrudem 
erscheint (vgl. Kiessling-Schoell Ascon. pTaef. 
X). C. besass einen Palast am Palatin. der fruher 



in seine Provinz eingefallen waren (Dio LV 30, 
3. 4). Im folgenden Jahre (7 n. Chr.) kam er 
wieder nach Pannonien, wurde in seinem Lager 
an den volcaeischen Siimpfen (bei Cibalis, vgl. 
CIL III p. 415. 422. Schiller Geschichte der 
rom. Kaiserzeit I 227) von den Aufstandischen 
angegriffen, schlug sie jedoch zuriick (Dio LV 32, 
3). Im J. 14 n. Chr. war C. Legat von Germania 
inferior unter Germanicus Obercommando (Tac. 



dem Redner Crassus, dann dem M. Scaurus (s. o. 10 ann. I 31). Sein Heer emporte sich nach deni 



Aemilius Nr. 141) gehort hatte (Ascon. in Scaur 
p. 23). Er pflegte daselbst Lotosbaume zu zeigen, 
die auch Plinius der altere sah (Plin. n. h. XVII 
5). Ein Mammus Larqi CaMeinae CIL VI 
22331. 

20) C. Caecina Largus, Legat von Thracien 
unter Severus und Caracalla (Miinzen von Pau- 
talia Mionnet Suppl. LI p. 376. 383 nr. 1029. 
1030. 1075. 1077. Catalogue of Greek coins in 



Tode des Augustus, ohne dass er dem Aufruhr zu 
steuern vermochte. Erst dem Germanicus selbst 
gelang es, durch Nachgiebigkeit die Soldaten zu 
beschwichtigen (Tac. ann. I 31. 32. 36. 37). C. 
fiihrte die I. und XX. Legion in die Civitas Ubio- 
rum (Koln), kehrte jedoch bald in das Winter- 
lager der V. und XXI. Legion nach Castra Ve- 
tera zuriick (Tac. ann. I 37. 48; vgl. Nipper- 
dey-Andresen 19 zu diesen Stellen). Er liess 



the Brit. Mus., Thrace p. 143f. nr. 16. 25. Konigl. 20 die Unruhestifter in diesen Legionen niederhauen 



Museen zu Berlin, Beschreibung der antiken Miin- 
zen I 200 nr. 13; von Serdica Mionnet Suppl. 

II 485ff. nr. 1663. 1664. 1678; von Traianopolis 
Mionnet Suppl. II 511 nr. 1807) im J. 199 (CIL 

III Suppl.' 7418 Banja). 

21) P. Licinius Caecina s. Licinius. 

22) Caecina Paetus, schloss sich als Consular 
dem (L. Arruntius) Camillus Scribonianus an, als 
dieser sich in Dalmatien gegen Claudius erhob. 



(Tac. ann. 1 48. 49). Noch in demselben Jahre nahm 
er an dem Streifzug gegen die Marser teil (Tac. 
ann. I 50). Im folgenden Jahre (15) schreckte 
er die Cherusker davon ab, den von Germanicus 
bedrangten Chatten Hiilfe zu bringen, und lieferte 
den Marsern ein giinstiges Gefecht (Tac. ann. I 
56). Bei dem grossen Feldzug des Germanicus 
gegen die Cherusker fiihrte er seine vier Legionen 
durch das Gebiet der Brukterer zur oberen Ems, 



Nach der Unterdriickung des Aufstandes wurde 30 wo er sich mit Germanicus und dem Befehlshaber 



er nach Rom gebracht und musste im J. 42 sterben 
Ihm ging seine treue Gattin Arria (s. Arrius 
Nr. 39) im Tode voran (Plin. epist. Ill 16. Dio 
LX 16, 6 = Zonar. XI 9. Mart. I 13). Ein Sohn 
eximia pulchritudine, pari verecundia starb vor 
dem Vater (Plin. epist. Ill 16, 3); diesen iiber- 
lebte die Tochter (Caecinia) Arria, die Gattin 
des P. Clodius Thrasea Paetus (s. Arrius Nr. 40). 
Vielleicht ist auch Nr. 23 C.s Sohn. 



der Reiterei (Albinovanus) Pedo vereinigte (Tac. 
ann. I 60. 61). Beim Riickzug erhielt er den 
Auftrag, so schnell als mOglich iiber die pontes 
longi in seine Provinz zuriickzukehren, wurde je- 
doch von den Germanen unter Arminius ilberholt 
und umstellt. Er schlug ein Lager auf, das von 
den Germanen am nachsten Tage besturmt wurde. 
Die Romer konnten sich, auf ungiinstigem, sumpfi- 
gem Terrain kampfend, ihrer nur mit grosser An- 



23) C. Caecina Paetus , Consul suffectus am 40 strengung erwehren. Den Tag darauf griff Ar- 
-\r„,™™i™.. nn „ /->!._ „ JA t »__:.... t, minius , der dem C. das Schicksal des Varus zu 

bereiten gedachte, von neuem an und brachte die 
ROmer in ausserste Gefahr. Ihrem Feldherren 
wurde ein Pferd unter dem Leibe getotet. Erst 
gegen Abend gelang es den Legionen, eine offene 
Gegend zu erreichen und dort abermals ein Lager 
zu schlagen. Nur mit Miihe vermochte C. der 
Entmutigung, die sich seiner Truppen bemachtigfc 
hatte, zu steuern. Am Morgen des folgenden 
50Tages suchten die Germanen gegen Arminius Rat 



17. November 70 n. Chr. mit L. Annius Bassus 
(CIL VI 200), curator riparum et alvei Tiberis 
vom 1. Januar bis 30. Juni 74 (CIL VI 31548a. 
b. c). Vielleicht Sohn des Caecina Paetus (Nr. 22) 
und der Arria. Ein C. Caecina Paetus als Pa- 
tron eines Freigelassenen CIL X 5375. 

24) A. Caecina Severus. a) Name. A. Cae- 
cina Veil. II 112, 4. Tac. ann. I 31. 72; Cae- 
cina Severus Tac. ann. Ill 18. 33. Dio LV 
29, 3. Tertull. de pallio 4. 

b) Leben. Consul (suffectus) in unbekanntem 
Jahre vor 6 n. Chr. (Veil. II 112, 4. Borghesi 
Oeuvres IV 461 wollte Dig. I 13, 1, 2 Decimo 
Druso et Porcina consulibus in Druso et Caecina 
umandern und C.s Consulat dem J. 9 v. Chr. zu- 
weisen. Seine Vermutung ist irrig, vgl. Momm- 
sens Anmerkung zu der Digestenstelle). Statt- 
halter von Moesien im J. 6 n. Chr. zur Zeit des 
Aufstandes der Pannonier (Dio LV 29, 3). Er 



das Lager durch Cberrumpelung zu erstiirmen. 
Sie fanden jedoch die Rdroer wider Erwarten ge- 
rflstet und erlitten eine vollstandige Niederlage. 
So wurde es C. mOglich, die vier Legionen gliick- 
lich an den Rhein zuriickzufiihren (Tac. ann. I 
63—69 ; vgl. Schiller Geschichte der rOm. Kaiser- 
zeit I 262ff. Mommsen R. G. V 46ff.;.bezug- 
lich der oft behandelten Frage nach der Ortlich- 
keit dieser dreitagigen Kampfe vgl. oben Bd. II 
zog gegen die Rebellen und lieferte ihnen an der 60 S. 1197 und dazu Wilms Jahrb. f. Philol. 1897 



Drau eine verlustreiche Schlacht, die schliesslich 
mit dem Siege der Romer endete (Dio LV 29, 3. 
Veil. II 112, 4—7, wo wohl die namliche Schlacht 
gemeint ist). Gegen die vereinigten Pannonier 
und Dalmater richtete er dagegen in einem Treffen 
am Berge Alma bei Sirmium. (vgl. CIL ITI p. 415) 
nichts Wesentliches aus und musste bald nach 
Moesien zuruckkehren , da Daker und Sarmaten 



18ff.). Fur seine Thaten empfing C. die trium- 
p/valia insignia (Tac. ann. I 72). Im J. 16 wurde 
er von Germanicus mit dem Bau einer Flotte be- 
auftragt (Tac. ann. II 6). Ira J. 20 stellte er 
einen Antrag im Senate (Tac. ann. Ill 18). Im 
folgenden Jahre beantragte er, dass keinen Be- 
amten, dem eine Provinz zugefallen ware, seine 
Gattin begleiten diirfe, und schalt uber die Aus- 



1243 



Caecinum 



Caeculus 



1244 



artung der Frauen Roms (Tae. ann. Ill S3. Ter- 
tullian. de pallio 4, der eine Ton Tacitus nicht 
erwahnte Ausserung des Severus mitteilt). In 
seiner Rede wies er darauf hin, dass ihm seine 
Frau sechs Kinder geboren, dass er in mehreren 
Provinzen 40 Dienstjahre vollendet habe (unge- 
nau, denn nach I 64 stand C. schon im J. 15 
im 40. Dienstjahre , war aber noch im nachsten 
Jahre Legat von Germania inferior, s. o.). Sein 
Antrag wurde jedoch abgelehnt (Tac. ann. Ill 34). 10 

25) A. Caeeina Tacitus (das Cognomen ist 
nicht ganz sicher), [prfattorj] eandidatus, prae- 
sfesj pro[v(inciae)] Ba[et(icae)] , consul (suffec- 
tus in unbekanntem Jahre), septemvir epu[l]o- 
[nu]m (CIL VIII 10988 Sala). Der Titel praeses 
weist auf das 3. Jhdt. n. Chr. (vgl. Mommsen 
St.-R. 113 240). [Groag.] 

26) Caeeina Tuscus, Neros Milchbruder (Suet. 
Nero 35), soil nach einer Nachricht des Fabius 
Rusticus (bei Tac. ann. XIII 20) im J. 55 n. Chr. 20 
schon den Auftrag erhalten haben, an Stelle des 
Afranius Burrus das Commando fiber die Prae- 
torianeTcohorten zu ilbernehmen, und nur durch 
Seneca bewogen, habe Nero den Befehl wieder 
riickgangig gemacht. Hingegen wurde C. spater 
Praefectus Aegypti, aber im J. 66 dieses Postens 
enthoben und verbannt, weil er sich in den eigens 
fur Nero errichteten Thermen badete (Suet. Nero 
35. Dio LXIII 18, 1 zum J. 67; aber das oben 
angegebene Jahr ist das richtige, da wir schon 30 
im J. 66 Ti. Iulius Alexander als Praefecten von 
Agypten finden, in welcher Stellung dieser bis 
69 blieb, vgl. L. Renier Memoires de l'acad. 
des inscr. XXVI 1867, 296). Nach dem Tode 
Neros wurde er aus seiner Verbannung zuriick- 
gerufen; 'denn wir erfahren, dass er im J. 69 
wieder in Rom war (Tac. hist. UI 38f.). 

[Stein.] 

27) (Caecinia) Arria s. o. Arrius Nr. 40. 

28) [GJaecinia A. f. Larga, Gattin des [A. 40 
Lareius Lepidus], Mutter dei[La]reia Priscilla, 
CIL X 6659 = Dessau 987 Antium, [Groag.] 

29) Caecinia Lolliana s. Ceionius. 
Ciiecinum. Kaixivov ycoolov 'Izahxov. Steph. 

Byz. aus Philistos Sikel. II. [Hiilsen,] 

Caecinus (Kaixlvog), Fluss im Bruttierlande 
unweit Lokri (Thukyd. Ill 103), nach Pausanias 
VI 6, 4 Grenze der Gebiete von Lokri und Regium 
(wofur Strabon den Halex angiebt; auch das Natur- 
wunder der Cicaden, die auf der Seite von Lokri 50 
singen, auf der von Regium stumm sind, bezieht 
Strabon auf den Halex); der Athlet Euthymos ver- 
schwand nach Pausan. a. a. O. und Aelian. v. h. 
VIII 18 auf mysteriOse Weise im C. Identification 
mit einem der zahlreichen kleinen calabrischen 
Kustenbaehe nicht mOglich. [Hiilsen.] 

Caeciritannni (oppidum), Ort in Africa (Prov. 
proconsularis), von dem ein Bischof im 7. Jhdt. 
genannt wird, Man si Act. concil. X 941 (der 
Name ist zweifelhaft). [Dessau.] 60 

Caecubus ager (Varro bei Non. 226 M. Plin. 
II 209; to KaUovjSov Strab. V 231), Kiistenebene 
in Latium, am sinus Amyclanus, zum Territorium 
von Fundi (in Terracma et Fundis Caecubum 
vinum procreatur, Vitruv. VIII 3, 12) gehorig. 
Ihr sumpflger, mit Pappeln bestandener Boden 
(Plin. XVI 173. XVII 31) lieferte einen vortreff- 
lichen Wein (Rebe devdoTug Strabo V 231. 234). 



Plinius, der den Caecuber an erster Stelle unter 
den italischen Weinen nennt (vgl. auch Colum. 
Ill 8, 5), giebt an, dass zu seiner Zeit die Pro- 
duction so gut wie ganz aufgehort habe: intereidit 
et ineuria coloni locique angustia, magis tamen 
fossa Neronis, quam ab Avemo laeu Ostiam 
usque navigabiiem incohaverat (XIV 61; vgl, 
XXIII 35). Trotzdem erwahnt ihn nicht nur Martial 
(s. u.) haufig, sondern auch die metrische Inschrift 
des Ursus togatus CIL VI 9797 aus der Zeit des 
Hadrian zusammen mit Falerner und Setiner. 
Der Name erhielt sich als generelle Bezeichnung 
edlen Weines (Dioscor. V 10. Galen. VI 805. 
809. X 834 K.). Eine Amphora aus Rom mit 
Caeefubion) publieiert von Dressel Bull. com. 
1879, 54. Der ,Sophist' Galenus bei Athen. I 
27 a nennt den C. Jiltjxztxog, evrovog (den Fun- 
daner svrovog, oiolvtQOfpog , xecpalijg xal tiTOftd%ov 
SjcTstai) ; vgl. Horat. epod. 9, 35 quod fluentem 
nauseam coerceat metire nobis Caecubum. Ge- 
priesen wird der Caecuber von Horat. od. I 20, 
9. II 14, 25. 37, 5. in 28, 3; epod. 9, 1 ; serm. 
n 8, 15. Martial. II 40, 5. Ill 26, 3. VI 27, 9. 
X 98, 1. XI 56, 11. XII 17, 6. 60, 9. XIII 
115; vgl. Marquardt Privatl. 2 449. Im ager 
Caecubus liegtder locus Fundanus (lagodiFondi); 
vielleicht bezieht sich auf diesen die Notiz iiber 
eine schwimmende Insel Plin. II 209. [Hiilsen.] 

Caeculus. 1) Nach der einheirnischen tjber- 
lieferung der Grander von Praeneste, dessen Ge- 
schichte die iiblichen, auch bei Romulus und Ser- 
vius Tullius in fast gleicher Weise wiederkehren- 
den Blemente der Griindungssage auf weist. Durch 
einen seiner am Herd sitzenden Mutter in den 
Schoss gefallenen Funken erzeugt, nach seiner 
Geburt ausgesetzt und von wasserholenden Jung- 
frauen neben einem Feuer gefunden , gilt er fur 
einen Sohn Vulcans und erhalt wegen seiner in- 
folge des Rauches blinzelnden Augen den Namen 
C. Auferzogen von den Briidern seiner Mutter 
(divi fratres , Depidii, Digidii) , die als Hirten 
in jener Gegend wohnen und die man gewOhnlich 
als die Lares praestites von Praeneste erklart 
(Preuner Hestia- Vesta , Tubingen 1864, 400), 
fiihrt er zunachst eine Zeit lang unter den Hirten 
ein Rauberleben, griindet dann mit einer Anzahl 
Genossen die Stadt Praeneste und vereint die be- 
nachbarten Volker zu festiichen Spielen. Als die 
versammelte Mcnge an seine gottliche Abstam- 
mung nicht glauben will, wird sie auf seine Bitte 
an Vulcan plotzlich von lodernden Flammen um- 
leuchtet , die erst auf sein Geheiss wieder ver- 
schwinden (Vergil. Aen. VII 678f. X 544. Schol. 
Veron. und Serv. Aen. VII 681. Mythogr. Vatic. 
I 84. Solin. II 9). Die Fanrilie der Caecilier sieht 
in C. ihren Ahnherrn (Paul. p. 44). Die altla- 
tinische Religion kennt keine mannliche Gottheit 
des Herdfeuers, denn die Laren sowohl wie Vulcan 
verdanken eine solche Beziehung erst spaterer 
Combination, wahrend ihre ursprungliche Bedeu- 
tung auf anderem Gebiete liegt (vgl. Wissowa 
in Roschers Mytholog. Worterbuch II 1887f. u. 
De feriis anni Romani vetustissimi , Ind. lect. 
Marpnrg. 1891, 14f.). Der Gedanke, die Gott- 
heiten des Herdes zu Erzeugern der Stadtegriin- 
dcr zu machen , entspringt also nicht aus volks- 
tumlich italischer Anschauung, sondern geht auf 
griechische Vorbilder zuruck, wie wir denn in der 



1245 



Caecus 



That wissen, dass dem in der Alexandrinerzeit 
lebenden Verfasser einer lotoola 'hafoxq, Proma- 
thion, eine wesentlich gleichartige Erzahlung iiber 
die Geburt des Romulus zugeschrieben wird (Plut. 
Rom. 2, vgl. Suaemihl Griech. .Litteraturge- 
sehichte d. alex. Zeit II 356). 

2) Mit dem Griinder von Praeneste nur den 
Namen gemein hat der Gott der Indigitamenta 
Caeculus, qui oeulos sensu exanimet (Tertull 



Caelemontanus campus 1246 

Feldherrn durch das Heer, entlehnt aus der Ge- 
schichte des spanischen Krieges von 542 =212; 
vgl. Mommsen R. Forsch. II 323. 

7) Q. Caedicius hiess bei Cato (Orig. IV 7 
Jord. bei Gell. IH 7, 1. 20, vgl. Frontin. I 5, 15. 
IV 5, 10) der Kriegstribun, der sich im J. 496 
= 258 auszeichnete und meistens Calpurnius 
Flamma (s. d.) genannt wird. 

8) Q. Caedicius, Q. f. Q. n., jedenfalls Sohn 



ad nat. II 15). Da er unter einer Reihe von 10 von Nr. 10, war Consul 498 = 256 (Fasti Cap. 



TodesgOttern erscheint, so tritt er wahrscheinlich 
in Function, wenn das Augenlicht des Sterbenden 
erlischt. [Aust.] 

Caecus s. Ap. Claudius Caecus. 

Caedicianus. 1) Willkiirlich gewahlter Name 
bei Martial (I 118. VHI 52. X 32. 84). 

[Groag.] 

2) Caedicianus (hss. Kadixiavog), wird unter 
denen, welche ein hohes Alter erreichten, aufge- 
zahlt, Marc, ek «. IV 50. [Stein.] 

3) Caedicianus s. Aburnius Nr. 1. 
Caedicius, rCmische plebeische Gens. 1) Er- 

finder grausamer Strafen (Iuv. XIII 197); es ist 
fraglich, ob er mit dem Iuv. XVI 46 genannten 
Anwalt identisch ist. Auch ist die Bemerkung 
des Scholiasten kaum richtig, der ihn als einen 
grausamen Hofling Neros bezeichnet, vgl. Fried- 
lander z. St. [Stein.] 
2) C. Caedicius, befehligte unter L. Papirius 



Cassiod. ; Decio Idat. ; Asxlov Chron. pasch.) und 
starb bald nach seinem Amtsantritt , so dass der 
Name des an seiner Statt gewahlten M. Atilius 
Regulus (Fasti Cap. Idat.) haufiger zur Bezeich- 
nung des Jahres genommen wurde. [Mttnzer ] 

9) C. Caedicius Agrippa, curator riparum et 
alvei Tiberis unter Tiberius (an dritter Stelle ge 
nannt), CIL VI 31543. [Groag.] 

10) Q. Caedicius Noctua, offenbar Vater von 
20 Nr. 8 und folglich Q. f., war Consul 465 = 289 

(Q, Caedicius Cassiod., Noetua Chronogr. Idat.) 
und Censor 471 = 283, musste aber die Censur 
wegen des Todes seines unbekannten Collegen 
oder aus einem andcrn Grande niederlegen (er- 
halten: n. Noctua abd. in den Fasti Cap.). 

[Mttnzer.] 

11) Caedicia (iiberliefert ist Cadieia), Gattin 
des Flavius Scaevinus, wurde nach dem Misslingen 
der pisonischen VerschwOrung , an welcher ihr 



Cursor in der Schlacht bei Aquilonia 461 = 293 30 Gatte beteiligt war, im J. 65 n. Chr. aus Italien 



zusammen mit T. Trebonius die Reiterei und trug 
bedeutend zur Erringung des Sieges iiber die 
Samniten bei (Liv. X 40, 7. 41, 8). Die Einzel- 
heiten des Schlachtberichts sind indes wenig zu- 
verlassig, vgl. Ihne R. G. I 2 447. 

3) L. Caedicius, Tribunus plebis 279 = 475, 
zog mit einem seiner Amtsgenossen den Consul 
des Vorjahres, Sp. Servilius , wegen einer durch 
die Etrusker empfangenen Niederlage vor Gericht 
(Liv. II 52, 6. Dionys. IX 28, 1- 4). [Mttnzer.] 40 

4) L. Caedicius (Caedius primiptlaris Fron- 
tin.), Praefectus castrorum, rettete sich und die 
Truppenabteilung, die sich aus der Varusschlacht 
nach Aliso gefliichtet hatte, indem er sich durch 
List und Tapferkeit den Riickzug bahnte, im 
J. 9 n. Chr., Veil. II 120, 4. Frontin. strat. IV 
7, 8. [Stein.] 

5) M. Caedicius. hCrte 363 = 391 vor dem 
Einfall der Gallier auf der Nova via unweit des 



verwiesen, ohne dass sie vorher von ihrer Anklage 
Kenntnis hatte (Tac. ann. XV 71). [Groag.] 

Caedicus. 1) Ein Krieger im Heere des Mezen- 
tius, der den Troianer Alcathous totete, Verg. 
Aen. X 747. 

2) Ein Gastfreund des Tiburtiners Romulus, 
Aen. IX 360ff. Mit der gens Caedicia steht der 
von Vergil erfundene Name kaum in Zusammen 
hang. [O. Rossbach.] 

Caedimm s. Canduum. 

Caeionius s. Ceionius. 

Caelatura s. Toreutik. 

Caelanus pagus in Beneventano, genannt auf 
der Tabula alimentaria Ligurum Baebianorum CIL 
IX 1455 ii 40. [Huken.] 

Caelemontana porta in der servianischen 
Matier, wahrscheinlich am ostlichen Ende des 
Caelius beim Lateran. Aus Cic. in Pis. 55 kann 
man schliessen, dass sie der Esquilina zunachst 



Vestatempels eine gottliche Stimme, die ihm das 50 gelegen habe. Piso wohnte selbst in der Nahe 



kommende Unheil vorher verkiindete und den Ma 
gistraten Mitteilung davon machen hiess. Die 
Warnung des schlichten Mannes blieb damals un- 
beachtet (Liv. V 32, 6. Plut. Camill. 14, 2f. 30, 
4); spater wurde an der Stelle, wo er den Ruf 
vernommen, ein Heiligtum des Aius Locutius er- 
richtet (vgl. Bd. I S. 1130). 

6) Q. Caedicius, ein Centurio, wurde 364 = 390 
nach der Alliaschlacht von den Rsmern, die nach 



der p. C. (a. a. O. 61); in geringer Entfernung 
vom Lateran (in Via della Ferratella) sind Blei- 
rohren mit dem Namen L. Piso, (natiirlich eines 
spateren: atria Pisonum Martial. IV 40, 1) gefun- 
den : ein merkwiirdiges Zusammentreffen, das frei- 
lich auch zufallig sein kann, um so mehr, da Cicero 
zunachst von einem gemieteten Hause spricht. 
Sonst wird die p. C. noch erwahnt Liv. XXXV 
9, 3. In der Kaiserzeit bezeichnete wahrschein- 



Veii entkommen waren, zu ihrem Fuhrer gewahlt 60 lich ein Strasseniibergang der Aqua Claudia ihre 



und schlug einen Angriff der Etrusker zuruck (Liv. 
V 45, 7 ) ; nachher stellte er sich bereitwillig unter 
den Befehl des Camillus (ebd. 46, 6). Nach App. 
Celt. .5 (ohne Vornamen) soil er diesem das 
Schreiben des Senats, durch das ihm die Dicta- 
tur angetragen wurde , uberbracht haben. Die 
Berichte sind tendenziSse Erfmdungen jungerer 
Annalisten, der wichtigste Zug, die Wahl des 



Stelle, der noch im Mittelalter erhalten war und 
Arcus Basilidis hiess (Lanciani Acque 154; 
Monum. dei Lincei I 536). Vgl. Gilbert Top. 
II 291 (der auch Liv. II 11 hierher zieht, wo 
freilich der Name p. C. nicht ausdrucklich vor- 
kommt). [Hiilsen.] 

Caelemontanus campus in Rom, genannt 
nur in der Inschrift CIL VI 9475 (hymnologus 



1247 



Caelemontium 



Caelestis 



de eariipo ft); wahrsoheinlich (entsprechend dem 
campus Esquilinus und Viminalis) die Hoch- 
flache vor der porta Caelemontana der Servius- 
mauer, in der Nahe des Laterans. S. Lanciani 
Mon. dei Lincei I 534—536. Hulsen Rom. Mitt. 
1892, 299. [Hulsen.] 

Caelemontium s. Caelius mons Nr. 1. 

Caeles s. Oaelius mons Nr. 1 und Vib enna. 

Caelestinus. 1) Beiname des Iuppiter (der 



1248 



sonst auch Caelestis heisst, CIL m 1948. X 4852) 10 Colonic lunonia (122 V Chr • PluTc Grao IT 
auf der stadtromischen Tnsrhrift. on, vt W c„t,-„ on , ,, „ , J_, ■ _ ,, .V "."^•u'^ii 



widmet haben (Herodian Y 6, 4), und wie jede 
semitische Ba'alat (s. Baltis) gait sie als die 
Herrin (domina CIL VI 77. Eph. epig, YII 460; 
Tzofoovxog, vgl. Movers PhOnizier I 611) und 
Beschutzerin (Verg. Aen. I 15, vgl. Tertull. apol. 
27. Mythogr. Vatic. I 215) ihrer Kultstatte. tlber 
die Verehrung dieser punischen Gottin s. u. Tanit. 
Bei der Zerstflrung Karthagos wurde ihr Bild nach 
Rom iiberbracht (s. u.), aber bei der Anlage der 

/"¥« 7.-.™.,*.. 7„ .„„ • ft rtrt ("II -r*» i n s* ^ ^- 



auf_ der stadtromischen Inschrift CIL VI 404 
Iovi optimo maximo eaelestino, Fontibus et Mi- 
nervae u. s. w., wahrsoheinlich in den Kultkreis 
des Mithras gehorig (Cum on t Mithras. II p. 174 
zu inscr. nr. 554), in dem die Verehrung der 
Himmelsgottheit eine grosse Eolle spielt (C umont 
Westd. Zeitschr. XIII 1894, 96f.; s. auch unter 
Caelus), [Wissowa.] 

2) ROmischer Historiker der Kaiserzeit, wird 



Solin. 27, 11) scheint dasselbe in seinem hergestell- 
ten Tempel wieder aufgerichtet worden zu sein. 
Dieser Tempel, von einem heiligen Hain umgeben 
(Verg. Aen. I 441), befand sich auf der Akropolis 
(Byrsa, Ovid fast. VI 45, vgl. Apul. met. VI 388 
eelsae Carthaginis). Es waren ihm vom Staate, 
wann ist unsicher, besondere Privilegien erteilt 
worden (Ulp. Reg. XXII 6 Deos lieredes insti- 
tute -non possumus nisi . . . Caelestem Sali- 



TTiat Ann. t,i„;„„ a o i n -■ """"*"-"'>""" „„ '< MJ ' B '«"« -possumus msi . . . vaelestem Sali- 
Hist Aug. Valerian. 8, 2 als Gewahrsmami date 20 nensem [Sidonenseml selenmt selmauemV 

Cltiert. aass Valenrimanns mmnr vtm »inom Pm. /"r„„j/. • -\ Tii_ _.__■, , . „ J 



citiert, dass Valentinianus iunior von seinem Bru- 
der Gallienus zum Augustus ernannt worden sei. 
C. lebte also zwischen der Regierung des Gallien 
(259—268) und der Zeit des Verfassers der Bio- 
graphie des Valerian, Trebellius Pollio, welcher 
gegen Ende der Regierung des Constantius I. 
(gest. 306) geschrieben hat. Von seiner schrift- 
stellerischen Thatigkeit ist uns weiter nichts be- 
kannt. [Gensel " 



Carthagini). Er stand noch in seinem volleri 
Prunk in der Jugendzeit Augustins (civ. dei II 4. 26 ; 
vgl. Roschers Lerikon II 614). Erst im Jahre 
399 wurde er in eine Kirche verwandelt (Morcelli 
Africa Christiana II 344). Trotzdem klagt noch 
Salvianus im 5. Jhdt. (gub. Dei VIII 9f.) iiber die 
Hartnfickigkeit, mit welcher sogar Christen an dem 
Dienst der Gottin festhielten. Nicht nur in der 
Hauptstadt (CIL VIII 993 = 12454. 999 = 14850) 



A) Unsulans Baeticae im J. 357. Cod. Theod. 30 sondern in der Provinz Africa (VIII 859. 1318. 



IX 42, 3. [Seeck.] 

4) Bischof von Rom 422—432. Gennad. de 
vir. ill. 54 widmet ihm ein eigenes Kapitel, ob- 
wohl er nicht als Schriftsteller aufgetreten ist; 
wir besitzen von ihm nur Briefe und Pragmente 
ofiicieller Ansprachen (Migne Patrolog. lat. L 
417 — 558, neue Lesarten; Spicileg. Casinense I 
1888, 193 — 95). Aber allerdings ist seine Cor- 
respondenz inhaltlich von hervorragender Bedeu 



1360. 1424. 14850. 15512. 16145. 16411.16415 
16417. 16865. Rev. arche'ol. 1895 I 278 nr. 28) 
in Numidien (CIL VIII 1837. 1887 = 16510' 
2226. 2592. 4286ff. 4635 = 16810. 4673f. 6351 ' 
6939. 6943 [Cirta, vgl. Val. Max. II 6, 15]. 8239. 
8241) und bis nach Mauretanien (CIL VIII 8432f 
9015. 9195. 9796. Eph. ep. V 948. VII 460) 
zeigen die Inschriften die Ausdehnung ihres Kultes. 
Sie wurde mit Recht als die africanische Gottin 



tnno. w«;i a --—-■— —■-■"6—^ ~^w- o ic W mu e mm necni ais aie aincanische i 
tung weil der Papst zum Nestonamsmus und40xar' Qorfv betrachtet (Tertull apol 24 U 



zum Semipelagianismus Stellung nehmen musste 
und seine abweichende Entscheidung sicher von 
grossem Einfluss auf das Schicksal beider Rich- 
tungen gewesen ist. Die Briefe zeigen in ihm 
einen mit der kirehliehen Litteratur wohl ver- 
trauten, in den Traditiohen Roms feststehenden, 
klar sein Ziel verfolgenden und ohne Prunk des 
Wortes machtigen Mann; fiir Einzelheiten der 
kirehliehen Kulturgeschichte ist am ausgiebig- 



ot „„ .„ tv „„ „n ° D - rjr " — . --"b;--»6 ") wu opaiucii ^usei m uer i>ane uiDraltars unc 
sten ep. IV an alle Bischofe der provirwiae Vien- 50 in Gades, Strab. Ill 168 170 Plin n h III 7 
mensis et \nThm10ncia Sni»tu v.ir.4- ^^„i vtt txt inn »r 1 TTT 1 T . . "_J _'_ 



que provirwiae suus deus est id ... Afrieae Cae- 
lestis , vgl, ad nat. II 8 Caelestem Afrorum. 
Salv. gub. Dei VIII 9 Caelestem Afrorum dae- 
moneni. Ambros. epist. c. Symmach. I 18, 30 
[Migne XVI 98 o], Herodian a. a. O. Hor. od. 
II 1 , 25). Schon zu der Zeit der punischen 
Macht verbreitete sich der Dienst der C. nach 
Melita (Cic. Verr. IV 103 = Val. Max. I 1 extr. 
2) und Spanien (Insel in der Nahe Gibraltars und 



nensis et Xarbonmsis. Socrates hist. eecl. VII 
11 beschuldigt C. die Novatianer in Rom miss- 
handelt zu haben. Seine Grabschrift ist noch er- 
halten, s. L. Duchesne Liber pontiflcalis I 231b. 
J. Langen Gesch. d. r6m. Kirche I 793ff. 

[Jiilicher.] 
Caelestis. Schon in uralter Zeit wurde die 
phoinikische Astarte (s. d.), die regina caelorum 
CJerem. VII 18. XLIV 19), von den Griechen 



., ,. 7. , , , ' '"" uhclucu u>oi.. u. ocavi ioyz, 4U< einen Tempel. und schor 



IV 120. Mela III 4. Lucus August! CIL II 2570. 
Tarraco II 4310), vielleicht auch nach Sicilien (IGI 
287). Nach der Eroberung Karthagos wurde die 
SchutzgOttin der Stadt, welche wahrend des zweiten 
punischen Kriegs schon beschworen worden war, 
feierlich evociert und nach Rom uberfuhrt (Serv. 
Aen. XII 481. Macrob. Ill 9, 7). Sie besass in 
der Kaiserzeit, wahrscheinlich auf dem Capitol 
(Xot. d. Scavi 1892, 407) einen Tempel, und schon 



gleichgestellt (Herod. I 105, vgl.Paus. I 14, 7. 
CIA II 1588 u. a.), welche gewohnlich einfach 
f] Ovoavia hiess (Herod. IH 8. Paus. a. a. O.). Auf 
gleiche Weise wurde die Hauptgettin von Kar- 
thago, welche von den Einwohnern als Tanit ange- 
betet ^vurde, lateinisch Caelestis genannt. Bei 
der Grundung der Stadt soil Dido ihren Tempel 
gestiftet (Verg. Aen. I 441) und ihr Bild ge- 



mahlte und ihr Bild aus dem Tempel von Karthago 
auf den Palatin versetzte (Herodian. V 6, 4. Cass. 
Dio LXXIX 12), zahlte sie in der Hauptstadt zahl- 
reiche Verehrer (CIL VI 77ff. 545 = 30789. 2242). 
Auch an verschiedenen Orten Italiens sind ihr ge- 
widmete Inschriften zu Tage gekommen (Puteoli 
CIL X 1596. 1598. Bovianum IX 2562. Tibur 
XIV 3536. Mediolanium V 5765. Pola V 8187) 



1249 



Caelestis 



Caelestius 



1250 



Fiir die Mehrzahl dieser Sterne ist allerdings 
zweifelhaft, ob sie nicht vielmehr einer asiatischen 
Ba'alat gehoren. In die iibrigen Provinzen scheint 
der Dienst der C. nicht vorgedrungen zu sein. 
Nur in Apulum (Daci#n) taucht sie auf, wohin 
sie offenbar durch die africanisehen Soldaten flber- 
tragen worden war (CIL III 992. 993 Caelesti 
Augustae, et Aeseulapio [s. Eschmun] et genio 
Carthaginis). 

Die semitischen Gottheiten haben nicht wie 
die griechischen eine scharf ausgepragtelndividua- 
litat. Ihr Charakter ist vielfaltiger und unbe- 
stimmter. Je nachdem man die eine oder andere 
ihrer Eigenschaften hervorheben wollte, hat man 
sie verschiedenen abendlandischen Gottern gleich- 
gestellt, aber voTlig entsprechen sie keinem. Des- 
halb wird die Tanit auf den africanisehen Inschrif- 
ten gewohnlich schlechthin Caelestis oder dea Cae- 
lestis genannt oder tragt allgemeine Beinamen wie 
augusta (CIL VHI 859.993 u. s. w.), sonata (VIII 
8433), magna (VIII 9796), numen praesens (VI 
30789 [wnjxoos? vgl. Hesych s. v.]). Aber seit 
alter Zeit hatten die ROmer die hOchste Gottin 
ihrer Feinde mit Iuno identificiert (Juno caelestis 
nur CIL Vni 1424, sonst einfach Iuno, Cic. Verr. 
IV 103. Hor. od. II 1, 25f.; Iuno Poena Minuc. 
Pel. 25, 9). In der That hatte die Regina cae- 
lorum (s. o.) mit der lateinischen Iuno regina 
manche Beriihrungspunkte. Spater, der stoischen 
Lehre entsprechend, wurde die Iuno caelestis wie 
die anderen als die Luft gedeutet (Firm. Mat. de 
err. prof. rel. 4)". Von dem Himmel, dessen Ge- 
stirne sie tragt, schickt sie auf die Erde wie 
das Ge witter so auch den segenspendenden Regen 
vgl. Tertull. ap. 23 pluviarum polliciiatrix und 
Eckhel D. N. VII 184) und giebt Menschen und 
Tieren das Leben (s. den Hymnus CIL VIII 4635 
= 16810). Also wie Saturnus-Ba'al ist die C- 
Tanit in Africa eine Gottheit der Fruchtbarkeit, 
und sie wird demnach der Venus gleichgestellt 
(Val. Max. II 6, 15. Firm. Mat. a. a. O. Philastr. 
Haeres. 15. CIL V 8l37f. VI 80. 780. IX 1596. 
X 2562 [keine africanische Inschrift]). Wie in 
Syrien (s. Baltis) waren ursprunglich mit ihrem 
Dienst heilige Prostitutionen verbunden (Valer. 
Max. a. a. O.), und ihre Feste wurden nie von Un- 
zucht rein (Aug. civ. d. II 4. 26. Firm. Mat. a. a. 0.). 
Als befruchtende Gottin wurde die C. auch den 
Erdgottheiten, in Italien der Bona Dea {Bona dea 
caelestis, CIL X 4849. XIV 3530 [wenn hier c. 
nicht bios Beiname ist wie in Mercurius caelestis, 
Silvanus caelestis, CIL VI 521. 638]), in Africa 
selbst der Kybele angenahert (Aug. a. a. 0. II 4. 
Tertull. apol. 12, vgl. CIL X 1596 taurobolium. 
Veneris caelestae). Beiden war der Lowe be- 
sonders gewidmet (Apul. met. VI 388 vectura 
leonum caelo commeantem. Cass. Dio LXXIX 
12. Tertull. apol. 12, vgl. die Miinzen bei Co- 
hen III Severe 130. 131. 520ff.; Caracalla 65. 
408. 409 ,Cybele [lies Caelestis] assise sur wi 
lion . /). 

In schroffem Gegensatz zu dieser Auffassung 
stellte man sich diese Naturgottin als eine Jung- 
frau v«r. Dieser Zug, der die C. im semitischen 
Pantheon besonders kennzeichnet, hangt wohl mit 
dem alten einheimischen Glauben zusammen : Die 
Libyer verehrten eine kriegerische Jungfrau, welche 
die Griechen mit Athena vergliehen , und nach 

Pauly-Wisaowa III 



ihren primitiven Anschauungen war die Unverletz- 
lichkeit mit der Jungfrauschaft verbunden (Herod. 
IV 180). Die Beschiitzerin Karthagos war auch 
eine Kriegsgottin (Verg. Aen. I 17. Cic. Verr. IV 
103 ebwrmeae Victoriae. CIL VI 756 victrix. VI 
78. 80 invicia), welche man auf den Miinzen 
(Cohen a. a. 0.) mit der Lanze und dem Blitz 
darstellt. Sie wurde ebenfalls als virgo caelestis 
(Aug. c. d. II 4. Tertull. apol. 23. Apul. met. 

IOVI 388), dea magna virgo caelestis (CIL VIII 
9796. Not. d. Scavi 1892, 407) gepriesen, und 
man sprach sogar von ihr als einer Venus virgo 
(Firm. Mat. a. a, O.; vgl. Aug. civ. dei IV 10), 
aber passender wurde sie in dieser Hinsicht von 
den RSmern Diana genannt (CIL VIII 999. V 
5765. XIV 3536). Diese Benennung verdiente 
sie auch, weil sie nach der in Africa wie in Phoi- 
nikien (s. Astarte) sehr verbreiteten astrono- 
mischen Theologie eine MondgOttin war wie Baal 

20 ein Sonnengott (Herodian. V 6,4. Cass. Dio LXXIX 
12, vgl. CIL X 1598 lunas cum gemmis [s. Ta- 
nit]). Schon die alten Libyer nach Herodot IV 
188 ■&VOV01 fjhiq) xai osXrjVfj ftovvoiot. Es lag end- 
lich fiir die Sterndeuter nahe, die HimmelsgOttin 
in eine SchicksalsgOttin zu verwandeln (Philastr. 
Haeres. 15 Fortunam eaeli quam et Caelestem 
vocant, vgl. CIL VIII 6913 Fortuna caelestis). 
Schwer erklarlich dagegen sind die Caelestes Au- 
gustae (plural.), welche neben den dii caelestes 

30 Augusti in Auzia vorkommen (CIL VIII 9015. 
Eph. ep. V 950f.). 

Der Kult der C. ist bis jetzt wenig bekannt. 
Von der Unzucht mancher Feste ist schon die 
Rede gewesen. Die an diesen Tagen stattflnden- 
den Spiele gaben zu allerlei Ausschweifungen An- 
lass (Aug. civ. d. II 4). Orakel wurden in dem 
Tempel der C. zu Karthago erteilt und gaben 
der weissagenden Gottin einen zuweilen bedeuten- 
den politischen Einfluss (Hist. Aug. Pert. 4; Macr. 

40 3. CIL VIII 9796 ipso numine dietante ; vgl. 
VIII 8433. VI 77). Mit dem Mantel (peplus) 
dieser HimmelskOnigin liessen sich Thronbewerber 
ausschmiicken (Hist. Aug. XXX tyr. 29). Von dem 
eigentlichen Dienst erfahren wir kaum etwas 
(Kerzen angezfindet: Amm. Marc. XXII 13, 3; 
symphoniaeos : Aug. a. a. 0.). Der Clems der 
C. war ohne Zweifel zahlreich, aber wenige Titel 
sind uns iiberliefert (saeerdos publieus deae Cae- 
lestis et Aesculapii[= Eschmun], CIL VIII 16417 ; 

50 prineeps sacerdotum deae Caelestis [Rom] VI 
2242 ; saeerdos publieus VIII 993; saeerdos VIII 
1360. 4673f. 16918). Neben den Miinnern ge- 
hCrten auch Weiber dieser Geistlichkeit an (sa- 
eerdos CIL II 4310; sacerdotia Rev. archeol. 
1893 II 379; Weissagerin, Hist. Aug. Macr. 3). 
Aus einem neu entdeckten Stein sehen wir, dass 
neben saeratae auch Kanephoren an dem Dienst 
teilnahmen, woraus sich erkliirt, dass diese ca- 
nistrariae nur in Africa (VHI 9321. 9337. 12919) 

60 vorkommen. Movers PhOnizier I 604ff. (fast 
unbrauchbar). Preller ROm. Myth. II 3 406if. 
Ruggiero Dizion. epigr. II 4ff. Roscher My- 
thoL Lexik. I 844. II 614ff. Uber die africa- 
nische Religion im allgemeinen vgl. Toutain 
Les cue's romaines de la Tunisie 1896, 214ff. 

[Cumont.] 
Caelestius. 1) Von Ammian Marcellianus 
genannt, Sohn des Praefectus praetorio Maximi- 

40 



1251 



Caelestius 



Caelia 



1252 



nus wurde durch den Einfluss seines Vaters in seinen Schriften isfc begreiflicherweise nur weniges 
fruher Jugend zum Dux Valenae befSrdert. In uns erhalten, was seine Bestreiter aufzubewahren 
diesem Amte lud er den Komg der Quaden Ga- niitzlich fanden. Gennad. de vir ill 44 meldet 
bimus bei sich zu Gaste i und Hess ihn verraterisch C. habe vor seiner Bekanntschaft mit Pelagius', 
nach Beendigung der Mahlzeit ermorden. Dies immo adkue adolescem ad parentes suos de 
net 374 emen Einfall der Quaden in das rormsche monaster*, epistulam in modum libelli geschrie- 
Gebiet bervor, Amm. XXIX 6, 3-6. Zosim. IV ben, deren moralis dietw dem Referenten hohen 

<knv,^M-„\. c l ■» t ,i ^J S ?, ec , k -] LoDe s wiirdig scheint; Augustin hat eine ganze 

, 2)Chn S tlicherSchriftstellerum420. Geboren Sammlung von opnsmla des C. und von libelli, 
-lr\ 7 vl ? Ueicht ln 9 a m P anien — d enn die 10 die er den kirchlichen Gerichtshofen zugestellt 
ubliche Annahme, er sei Schotte oder Ire ge- habe, besessen (de grat. Chr. 32); der Praedesti- 
T* w' ^"3 ^ Sehr anfechtbarer Deutung natus I 88 will wissen, C. habe als erster gegen 
der Worte des Hieronymus Praefatio zu lib. Ill die Erbsunde geschrieben, schon in seinem (vor 

^JT™ m fr^- ( 5 L 9o£ ^ a 8 JP aii 41 ° g esch riebenen) Commentar zum Remerbrief 
Briefe, Abhdlgn. und Predigten 1890, 348ff.) _ nehme Pelagius auf ihn Rticksicht. Ob die de- 
von der Geburt an Eunuch studierte er in Kom, finitiones, die dem C. zugeschrieben wurden, wirk- 
anschemend vorwiegend Philosophie und Jurispru- lich von ihm selber herriihrten oder nur von einem 
denz, als Pelagius urn 405 dort auftrat und in seiner Schuler, lasst Augustin de perfectione 1 un- 
ihm emen eifngen Schuler gewann. Auch andere entschieden; er giebt dort diese brevet defmitio- 
Lelirer, z. B. den Rurinus, lernte er in Rom kennen, 20 nes vel potius ratioeinationes im einzelnen wieder, 
aber den entscheidenden Emfluss auf sein Leben urn sie dann zu widerlegen; unwahrscheinlich ist 
hat Pelagius mit seiner morahstischen Theologie es sicher nicht, dass C. sie geschrieben hat (vgl. 
gewonnen C begleitete den Meister 411 nach Caspari a. a. 0. 266). In de gestis Pelagii 
Africa; und als Pelagius sich von dort entfernte, citiert Augustin mehrfach Satze, die zu Diospolis 
blieb C. zurack und bewarb sich urn die Pres- als caelestianiseh vorgetragen worden waren ; die 

byterwurde; aber eine Synode zu Karthago, vor wichtigen Abschnitte aus dem von C. 417 an Zosi- 

der ihn der mailandische Presbyter Paulinus als mus eingereichten libellus fiihrt er de pecc. origi- 

Irrlehrer verklagte, sprach vielmehr 412 die Ex- nali 5. 6. 23 an (darnach abgedruckt bei Hahn 

communication uber ihn aus. Er begab sich nun Bibliothek d. Symbole* 1877, 218f.). Hieronymus 
nach Ephesus wurde her Presbyter und agi- 30 spottet in seiner Weise ep. 133, 5 fiber den aus 

tierte unermudhch fur seinen Standpunkt, nicht dem Schuler zum Meister und totius duetor exer- 

blos geschwatziger und minder vorsichtig als Pe- eitus gewordenen C., der per soloeeismorum et 

lagius, wie Augustin meint sondern mit wahrer non, uti jaetitant, per syllogismorum spineta de- 

Ireude an moghchst radicalen und das Empfin- currens sic philosophatur et disputat,un<X ftihrt 

den nicht bios der Augustmianer, sondern selbst einen Abschnitt aus C.s Schriften vor. Ausser 

der Durchschmttschristen verletzenden Thesen, Augustins zahlreiehen antipelagianischon Tracta- 

\ «. er -. i dass getaufte Reiche, die nicht auf all ten (Migne Patrolog. lat. XLIV) ist Hauptquelle 

ihren Besitz verzichten trotz guter Werke nicht fur C. Marius Mereator, von dessen besonders ge- 

mdenHimmelkomnienkOnnten. Pelagius musste rade auf C. gemtozten Streitschriften uns die 
seine Freisprechung auf der Synode zu Diospolis 40 beiden Commonitoria erhalten geblieben sind; 

415 durch Anathematisierung mehrerer Satze, die es lag fur den Herausgeber der Werke des Ma- 

der ireund in Schriften vertreten hatte, erkaufen; rius Mereator, den Jesuiten Gamier (Paris 

von nun an fang die neue Haeresie den Nanien 1673), nahe, bei dieser Gelegenheit die Reliquien 

Cadestiana (Hieron. ep. 143, 1), und fur ihre An- von C. zu sammeln und zu bearbeiten; ein Ab- 

hanger hat die K.rche (Augustin. de haer. 88; druck davon bei Migne Patrolog. lat. XL VIII 

Praedestmatus I 88) die Bezeichnung Pelagiani 497ff. ; vgl. 277ff S Art Pelasius 
seu Caelestiam. C.s Selbstvertrauen war nicht so [ Jiilicher 1 

ldcht zu erschiittern; 416 appellierte er an Bischof Caelia. 1) Caelia (die Schreibung mit Diph- 

Innocentms von Rom und da dieser sich in der thong nach Inschriften und Miinzen die correctere ; 
Hauptsache auf die Seite der Africaner stellte, 50 dagegen KeUa Strab. VI 282 Ptol III 1 73 : 

erscruen er persOnlich in Rom, urn bei dem 417 Celm Tab. Pent.) in Apulien an der Via Tra'iana! 

neugewahlten Bischof Zosimus den Eindruck des jetzt Ceglie di Bari. Die Munzen mit Kadivov 

von ihmeingereichtenGlaubensbekenntnisses durch (s. Mommsen Ram. Munzwesen 357 Garrucci 

kluge Verhand ungen zu verstarken. Der Erfolg Monete dell' Italia II 117. Berl. Munzkatalog 

war anfangs glanzend, aber nach dem ernsten III 1, 185-190J geheren ihrem Fundort nach 

Protest der Afncaner interpretierte Zosimus das dem apulischen C, nicht dem calabrischen an 

dem O Gunstige aus seiner Entscheidung bin- Erwilhnt noch in der stadtromischen Soldatenliste 

weg gleichzeitig verfugte Kaiser Honorius seine vom J. 179 CIL VI 2382 b, 33, die als Tribus 

Verbannung aus dem Westreich, eine Verfiigung, der Stadt die Claudia angiebt; der Caelinusager 
die freihch erst 420 in Kraft getreten ist. C. 60 in der schlechteren Recension des Liber coloniarum 

scheint jetzt Constantinopel aufgesucht zu haben; p. 262 Lachrn. Lateinische Inschriften aus Ceglie 

affene Begunstigung erfuhr er dort aber erst seit CIL IX 275-281. 6179; ein griechisches Frag- 

4^8 durch Aestonos, eben diese Verbindung wurde ment bei Kaibel IGI 686 
bald verhangnisvoll; die Synode von Ephesus 431, 2) Ort in Calabrien. nur genannt bei Plin. 

die den Nestonos verdammte , war leicht bereit, n. h. DTI 101 zwischen Baletium und Brundisium. 

aut den Wunsch Roms hm auch den C. und seine entweder das Dorf Cellino zwischen Campi und 

Anhanger als Irrlehrer zu verdammen. Bald nach Brindisi, oder das Stadtchen Ceglie bei Franca- 

diesem Schlage wird C. gestorben sein. Von villa (jetzt Ceglie Messapica) in der Provinz Lecce ; 



1253 



Caelianense 



Caelius 



1254 






letzteres, wie die Cberreste eines uralten Mauer- stitutionen 74ff. § 37 ; Das Heiraten in alten und 
ringes und zahlreiche hier gefundene messapische neuenGesetzen, Berlin 1874 (Sammlung gemeinver- 
Inschriften beweisen, in fruher Zeit ein nicht un- standlicherVortrage von Holtzendorffs Heft nr. 211). 
bedeutender Ort. S. Tommasi Bull. d. Inst. Jors tTber das Verhaltnis der lex Iulia de mari- 
1834, 54. Mommsen Unterital. Dialekte 62. 63. tandis ordinibus zur lex Papia Poppaea, Diss. 
Viola Notizie d. scavi 1884, 128—130. Bonn. 1882; Die Ehegesetze des Augustus, Mar- 

[Hiilsen.] burg 1894 und daselbst Anm. 1 genauere Litte- 

Caelianense (oppidum) in Numidien, Bischof s- raturangaben. L. Seuffert Constantins Gesetze 
sitz im J. 484 (Notitia Numidiae nr. 49, in H alms und das Christentum. Wurzburger Festrede 1891, 
Victor Vitensis p. 65). [Dessau.] 1015. Wissowa Die Sakularfeier des Augustus, 

Caelianum, Ort in Apulien, an der Strasse Marburger Festrede 1894, 15ff. Karlowa Ro- 
von Heraclea nach Venusia, 28 mp. von ersterem, mische Rechtsgeschichte 1 618. II 121ff. Puchta- 
52 mp. von der Station ad Pinum (bei Spinazzola) Krttger Institutioneni • I 297 § 107. II 451ff. 
entfernt, also etwas sudlich des modernen S. Mauro § 313. Schulin Gesehichte des rOm. R. 234ff. 
Forte zu suchen. [Hiilsen.] §56. Leonhard Institutionen 96 § 27 III. 

Caelianus. 1) Rhetor aus Africa, Lehrer 203ff. § 53 He. [Leonhard.] 

des Kaisers Diadumenianus, Hist. Aug. Diad. 8, 9. Caelina, Ort im Binnenlande der Veneter, 

[Stein.] Plin. n. h. Ill 131, der sie als untergegangen nennt. 

2) S.Calpurnius, Claudius, Iunius,Pul- Die angeblich bei Maniago in Friaul (wo es eiuen 
laienus, Sempronius. [Groag.] 20 torrente Celina giebt) gefundene Inscbrift Gruter 

3) Vir illustris und Patricius nach Cassiod. 544, 4, welche die Celinenses nennt, ist eine 
var. I 23. 27. IV 22. [Hartmann.] Falschung des 16. Jhdts. S. Mommsen zu CIL 

Caelibatus. Die Ehelosigkeit wurde ebenso V 1807. , [Hfilsen.] 

wie die Kinderlosigkeit von seiten des romischen Caeliolus mons in Rom , Teil des Caelius 

Staatswesens, das der Fortpflanzung einer wehr- mons in Rom (Varro de 1. 1. V 46. Martial. XII 
kraftigen Bilrgerschaft bedurfte, mit Ungunst be- 18, 3 minor Caelius), auf dem ein sehr altes, 
handelt. Schon in alter Zeit soil sich hierauf von L. Piso (s. Caelemontana porta) zerstOrtes 
ein Gesetz bezogen haben (Sozom. hist. eccl. I 9; Heiligtum der Diana lag (Cic. de har. resp. 15); 
Festus p. 379 erwahnt eine Strafe, die wegen Ehe- wahrscheinlich die Hohe von SS. Quattro Coronati. 
losigkeit entrichtet wurde). Die Sittenpflege des 30 Vgl. Becker Top. 196. Gilbert Top. II 32. 
Censors suchte dem Mangel an Heiraten und Ge- [Hiilsen.] 

hurten entgegenzutreten, teils durch Ehrenstrafen Caelia, Fluss im nordlichen Britannien (Ptol. 

(Val. Max. II 9, 1. Mommsen R. St.-R.3 II II 3, 4 Kathoe xoTapov exposal), an der ost- 
376ff.), teils durch ennahnende Ansprachen (Plut. lichen Kuste mflndend, dessen Namen man in 
Cam. 2), z. B. die Rede des Censors Q. Metellus dem der Lage nach der Aufzahlung nicht ent- 
Macedonicus de prole augenda, auf welche Au- sprechenden Orte Cullen zu. findeh glaubt (K. 
gustus bei seinen Gesetzgebungspliinen Bezug Muller zu Ptol. a. a. O.). [Hubner.] 

nahm. Liv. per. LIX. Suet. Oct, 89. Gell. I 6. Caelius, plebeische Familie, in den Hss. hauflg 

Auch sonst erfuhren die Ehe- und die Kinder- mit Coelius verwechselt und umgekehrt, was mit 
losen mancherlei Zuriicksetzungen (vgl. Bruns40der verschiedenen Ableitung und Schreibung von 
Fontes iuris Romani6 183, 4. Suet. Oct. 31). caelum zusammenhiingt. Hier fehlende Namen 
Andererseits wurden die Verheirateten und mit s. unter Coelius. 

Kindern Gesegneten auf mannigfache Art bevor- 1) Zwei Caelii, denen man noch Ofter begegnet, 

zugt z. B. bei der Aufnahme Freigelassener in danken ihre Existenz nur der schlechten hsl. Uber- 
die Tribus (Liv. XLV 15), bei Landverteilungen lieferung bei Macrobius. Der Tribunus militum 
(Cass. Dio XLLU25. App. b. civ. II 10. Cic. p. dieses Namens, der nach Macrob. VI 3, 3 von 
MaTC 23, woselbst dies Verfahren gebilligt wird). Ennius wegen seiner Heldenthaten im istnschen 
Am scharfsten griff in dieser Richtung die Ehe- Kriege 576 = 178 gefeiert wurde , ist vielmehr 
gesetzgebung des Augustus durch, erganzt durch mit dem Bd. I S. 489 Nr. 6 genannten C. Aelius 
spatere Gesetze (Tac. ann. Ill 25, 28) und Senats- 50identisch (vgl. Vahlen Enn. poes. rel. p. LXXX), 
schlusse Gai. II 144. 206. 286. Ulp. 13—18. und der Senator dieses Namens, der nach Macrob. 
Paul. sent. IV 9. Tacit, ann. XV 19. Cass. Dio I 5, 16 im J. 599 = 155 die atheniscbe Philo- 
LVI 1—10; s. Ius trium liberorum, Lex sophengesandtschaft einfiihrte, heisst in der Quelle 
Iulia, Lex Papia Poppaea, S. C. Calvi- des Macrobius, bei Gell. VI 14, 9, richtig C. 
sianum. Diese Gesetzgebung hatte nicht nur Actiius (vgl. Bd. I S. 251 Nr. 4). 
einen driickenden Zwang zur Heirat im Gefolge 2) Caelius, Bankier in ciceroniseher Zeit (Cic. 

(Propert. eleg. H 7. Iuven. VI 38ff. Mart. II 92. VI ad Att. VII 3, 11. XII 6, 1, vgl. O. E. Schmidt 
7), sondern auch schweresittlicheSchaden(Kuntze Briefwe«hsel des Cicero [Leipzig 1893] 301. 326). 
Cursus des rom. Rechts^ 557 § 794 spricht von einem [Munzer.] 

,Treibhaussystem'; vgLIuvenaLVI 38ffi). Unter dem 60 3) Caelius , willkurlich gewahlter Name bei 
Einflusse strengerer sittlicher Anschauungen und Mart. VII 39. 

veranderter wirtschaftlicher Zustande, bei denen 4) Caelius, Rauber, Hor. sat. I 4, 69. 

ein tJbermass der Bevolkerung gefahrlich werden [Groag.] 

komite, wurde diese Gesetzgebung seit Constantin 5) Verfasser des romischen KochMchleins : 

vSllig beseitigt. Cod Theod. de infirm, poenis Apieius de opsoniis et condiment™ sive arte 
coelib. et orbit. VIII 16. Cod. lust. VIII 57 (58) coquinaria (der Titel nach der Analogie von 
c 1 Euseb. vit. Const. IV 26. Sozom. a. a. O.; Cicero Goto de senectute; vgl. Meyer Gesch. d. 
s auch Bona caduca. Litteratur. Baron In- Bot. II 242. M. Schanz Gesch. d. r6m. Litt. II 



m'j<j oaeuus 

464f.), das friihestens im 3. Jhdt. n. Chr ver- 
fasst ist, da einige Kfichenrecepte nach spateren 
Kaisern benannt sind: so V c. 4 die Commodiana 
conchtela nach dem Kaiser Commodus, Vic. 9 
der Varianus pullus nach Yarius (Elagab'al) Das 
Bfichlem, das sich haufig in grieehischer Ter- 
minology bewegt, ist insofern nicht ohne Interesse 
als es die einzige Schrift ist, welche uns fiber 
die Kochkunst der Rflmer (nattirlich nach eriech 



Caelius 



1256 



sehen Vorbildem) zu belehren und einm&ZZ ,n aucn .f ater " aCllWe - lsl,ar ist ( GIL X 632 8), wurde 
nicht sehr gunstU Bench" ST" '± f f* " IZfl T'lt ™ ™ 6™ = 80 ™ dem Schlaf " 



mcht sehr gunstigen Bencht davon zu geben im 
fetande ist. Es ist eine Sammlung tod Kflchen- 
recepten, die in zehn Biichern zusammengefasst 
smd, von denen jedes eine besondere Aufschrift 
nach dem dann behandelten Gegenstande und 
zwar in grieehischer Sprache fuhrt: Buch I Epi- 
meles Buch n Sarcoptes, Buch III Cepuros idest 
hortulanus, Buch IY Pandecter, Buch V Osprios 
Buch VI Aeropetes, Buch VII Polyteles, Buch Vllf 



a ¥> ?• Caelius > im J- 711 =43 als Freund 
des M. Antonms erwahnt (Gic. Phil. XIII 3 26) 
Koffoog der nach Pint. Anton. 65, 1 in der Schlacht 
bei Actium semen linken Fliigel fuhrte, hat nichts 
mit diesem C zu thun, sondern ist entstellt aus 
(L) Gelling (Poplicola), vgl. Drumann G. E. I 

15) T. Caelius, aus Tarracina, wo die Familie 
auch spater nachweisbar ist (CIL X 6328), wurde 



Tetrapus, Buch IX Thalassa, Buch X Halieus 20 Hist LuffZ uTfT T laute * * er Name 
Ausgaben: ; Edit. _princeps Mediolan. per SZ 1 t ^^^& ^ £ ad ^ rt ] 



Ausgaben: Edit, princeps Mediolan. per Guilielm 
Signerte 1498, mit den Noten von G. Hummel- 
berg, Tigur. 1542 und insbesondere mit dem Com- 
mentar von M. Lister, Lond. 1705, dessen Noten 
nebst andern in der Ausgabe von Th. F. ab Al- 
meloveen, Amstelod. 1709 wieder abgedruckt 
smd. Die neueste Ausgabe von Schuch Hei- 
delberg 1867, beruht besonders auf drei Hss 
cod. Vatic. 1146 saec. X. Paris. 6167. Laurent' 



gemach, wo er mit seinen zwei Sohnen zusammen 
schlief ermordet aufgefunden; die Sohne warden 
trotz der gegen sie sprechenden Umstande vor 
Gericnt von der Anklage des Vatermordes frei- 
gesprochen (Cic. Rose. Am. 64f, daraus Val. Mai. 
VHI 1, 13; vgl. Schol. Gronov. z. d. St. p. 432 Or.). 
.». „ ,. . [Munzer.l 

16) Caelius Acomus Probianus s. Probianus. 

17) Caelius Attianus (so lautet der Name* 



73, 20; vgl. M. Haupt Opusc III 150 Fin^n »t n f nner p. ^er, und C. die Vormundschaft 
Erlauterunlsschrift Ver^oTCmenL ' Pfli™ 3 ° f^T ^ "f" * nab » ' <**• 1, 4, Dio 



Erlauterungsschnft der vorkommenden Pflanzen 
von Dierbach Flora Apieiana, Heidelberg und 
Leipzig 1831. Ein Pflanzenregister bei Meyer 

GeS «hfn B °?- TI 242£ [M- Wellmann.] 

b) C. Caelius unterdriickte 664 = 90 als Statt- 

halter von Gallia transalpina einen Aufstand der 

Salluvier (Liv. ep. LXXIII, vgl. Wehrmann 

Fasti praet. 24). 

7) C. Caelius, Volkstribun 703 = 51 inter- 



1, 4 ; Attmnus an den fibrigen Stellen der Hist 
Aug.; doch finden sich in den Hss. auch ab- 
weichei.de Formen Tacianus, Tatianus, Atutinus; 
Axrtavog Dio LXIX 1,2; Taxtavog Zonar. XI 23) 
war romischer Bitter (Hadr. 1, 4. 4, 2) und Lands- 
niann Hadrians (Dio LXIX 1, 2), d. h. er stammte 
aus i Itahca m Baetica. Als Hadrians Yater im 
J. 85/86 starb, iibernahmen M. Ulpius Traianus 
der nachherige Kaiser, und C. die Vormundschaft 

11 r\&T* |-ti-l»i r./ik«.."l ; ~\T 1 r-w-r i _ . 



cedierte mit meh eren se ner ^Col bagenVeUi T e 40 eXT J TJ^ Traians ° nd ™g« -einer 
damals zum Nachteil Caesars erEef %*L t^Ll^tl E ?^Z S .1™J?^ 1 M ^ 



damals zum Nachteil Caesars erlassenen Senats 
beschlflsse (Cic. ad fam. VIII 8, 6f.). 

« oe 8) ^ C ^! ius U Zeu & e im Process des A. Caecina 
685 = 69 (Cic. Caecin. 26). [Mflnzer.J 

9) L. Caeli[us], Consul in unbekanntem Jahre 
mit . . . mm (CJL III 6051). [Groag ] 

10) M. Caelius, Volkstribun zur Zeit des alteiren 
Cato, vielleicht unter dessen Consulat 559 = 195 
(Jordan Cat. frg. p. LXIXf.). Von einer Rede 



liAli 1, 2). Unter Traians Kegierang gehOrte 
C. zu den Freunden Hadrians (Hadr. 4, 2) Nach 
Dios Bericht war es C. , der im Verein mit der 
Ka lS erin Plotina die Thronbesteigung seines ehe- 
maligen Mundels im J. 117 ins Werk setzte (Dio 
LXIX 1, 2. Zonar. XI 23; vgl. Hadr. 9, 6). Unter 
Hadrian erscheint C. als Praefectus praefcorio 
(Hadr. 8, 7. 9, 3. 4); doch ist es wegen seiner 
Anwesenheit beim Tode Traians und wegen seiner 



ft SS 8S±SS^riSE^»=»r#« S5 1,%^7 



, 0-0---- — ».v.i^^, oiiiu liicinere, aDei 
tur seine Geschichte unergiebige Bruchstiicke er 
nalten, vgl. Jordan a. a. 0. 57—59. 

11) M. Caelius, romischer Ritter, lebte 683 = 71 
in Lilybaeum (Cic. Verr. IV 37); vielleicht mit ihm 
identiscn 1st der gleichnamige im J. 695 = 59 er- 
wahnte Steuerpachter (Cic. Flacc. 11). [Munzer.] 

12) M. Caelius T. f. Lem(onia) BmifcmiaL Cen- 
time der 18. Legion, flel in der Varasschlacht 
(Brambach CIRh 209 = Dessau 2244, Castra 



wahrschemheh, dass er dieses Amt schon unter 
Iraian bekleidete (Plew Quellenuntersuch. z 
Gesch. Hadrians, Strassb. 1890, 35f.). In den 
ersten Tagen der Herrschaft des neuen Kaisers 
forderte C. diesen brieflieh auf, mehrere Vornehme 
aus dem Wege zu raumen, doch erzielte er keinen 
lirfolg (Hadr. 5, 5). Mit Plotina und Matidia fuhrte 
er Traians Leiche von Selinus nach Rom (Hadr. 
5. 9). Die guten Beziehungen des C. zu Hadrian 



ss&.Jftrs&u? E^Ei?» S»^s^ rsi-ass 



unaenschmit Altertumer unserer heidn Vor- 
zeit I, Heft VI Taf. 5. [Groag.] 

13) P. Caelius hatte im marianischen Bureer- 
knege 667 = 87 von dem Consul Octavius das 
Commando in Placentia erhalten. Als die Stadt 
von den Gegnern genommen wurde, liess er sich 
durcn L. Petronias den Tod geben, worauf dieser 
sich selbst entleibte (Val. Max IV 7 5) 



zu machtig schien. ging sogar damit um, ihn zu 
toten. Er stand davon ab, weil die Hinrichtung 
von vier Consularen, fur welche er flbrigens Cs 
Ratschliige verantwortlich machte, ohnehin grosse 
Missstimmung hervorgerufen hatte (Hadr. 9, 3). 
Im J. 119 entzog er ihm die Praefectur der Prae- 
tonaner (Hadr. 9, 4). Wohl zur selben Zeit nahm 
er C, der bereits die Ornaments consularia er- 
halten hatte, in den Senat auf, indem er dies als 



weisen konnen (Hadr. 8, 7).' Spater behandelte er 
ihn als Feind (Hadr. 15. 2). [Groag.] 

18) Caelius Aurelianus, Arzt aus Sicca in Nu- 
midien (vgl. V. Rose Herm. IV 143: ex genecia 
celn aurelmm methodici siecensis). vermutlich 
Zertgenosse des Cassius Felix, also aus dem 5. Jhdt. 
n. Chr. ; dafiir spricht seine schon ganz zum Ro- 
mamsmus hinneigende Latinitat und seine grosse 



1257 



Caelius 



Caelius 



1258 



sprachliche Ahnlichkeit mit Cassius Felix (vgl. 
V. Rose Anecd. gr.-lat. II 167). Er ist heut- 
zutage der bekannteste von den Cbersetzern grie- 
ehischer Arzte aus jener Zeit, wahrend er in der 
Folgezeit nur einmal von Cassiodor de instit. div. 
litt. 31 unter dem Nam en Aurelii Gaelii de me- 
dicina erwahnt wird. Seine litterarische Thatig- 
keit bestand darin, die gesamten Werke des Soran, 
des beruhmten Vertreters der methodischen Schule, 



verschwunden. Man benfitzt beide Schriften am 
besten in der Ausgabe von J. C. Amman, Amster- 
dam 1709 (= Venet. 1757), doch ist zu raten, 
in Fragen der Kritik die edit. pr. zu Rate zu 
ziehen; vgl. Friedel De scriptis Caelii Aureliani 
methodici Siecensis Bonn. Diss., Bischweiler 1892. 
C. G. Kiihn De Cael. Aur. opusc. ac. II 1. 

Von den drei Buchern responsuines mediei- 
nahs, die gleichfalls nach Soran iibersetzt sind 



denLateinernzuganglichzumachen. Die Schriften 10 (vgl. V. Rose a. a. O. 172) und die ganze Me 
des Soran scheinen ihm noch in ziemlicher Voll- dicin in der kurzen Form von Frage und Ant- 



standigkeit vorgelegen zu haben ; die Titel seiner 
Ubersetzungen sind folgende: 1) 3 B. celerum 
sive aeutarum passionum (ev rote 6%eoi Sor. gyn. 
II 25, 319), 2) 5 B. tardarum sive ehronicarum 
passionum (vgl. Sor. gyn. II 41. 44. 46), 3) grae- 
carum epistolarwm liber ad Praetextatum (M. 
Chr. II 1, 266), 4) de febribus (A. M. II 37, 119), 
5) Medicaminum libri (M. Chr. II 4, 272), 6) Mu- 



wort umfassten, sind Bruchstficke des ersten und 
zweiten Buches erhalten in einer Reichenauer (saec. 
X, jetzt in Karlsruhe) und einer Londoner Hs. (saec. 
XV). Aus Buch I die salviaria praecepta (Gesund- 
hcitsregeln), aus Buch II de significatione diaeti- 
earum passionum, d. h. eine Pathologie der inneren, 
nicht chirurgischen Krankheiten. Buch III urn- 
fasste wahrscheinlich die Gynaekologie und Chi- 



liebrium passionum libri (M. Chr. II 1, 257), 20 rurgie. Ben tttzt sind dieseResponsionesmedicinales 



7) de passionum eausis (A. M. I 8, 16), 8) 3 B 
responsionum medieinalium, 9) salutarium prae- 
eeptorum libri (M. Chr. Ill 7, 341 ; vyteivov Sor. 
I 40, 205), 10) problemata (M. Chr. Ill 3, 327), 
11) Chirurgumena (M. Chr, III, 257; x e '9 0V Q- 
yovjieva Sor. I 76, 246 R.), 12) liber de specialities 
adiutoriis (A. M. I 10, 21; sv xoig jtsgi ^oti&tj- 
/tarcov vjzoftvrjfiaoiv Sor. II 28, 324 R.). Erhalten 
sind von seinen VJbersetzungen die drei Biicher 



von Aurelius-Escolapius, Pseudo-Plinius und Isidor 
(V. Rose a, a. O. 175). Die Bruchstiicke sind 
herausgegeben von V. Rose a. a. O. II 183. 
Eine neue Ausgabe der salutaria praecepta stellt 
Friedel in seiner Dissertation in Aussicht. 

[M. Wellmann.] 
19) Caelius Galvinus, leg(atus) Augfusti) pr(o) 
pr(aetore) entweder der legio XV. Apollinaris 
oder der Provinz Kappadokien im J. 185 n. Chr. 



fiber die acuten Krankheiten, die an einen Bellicus, 30 (CIL HI 6052 Valarsapa). War er, wie -wahr 



i , diseipulorum summus, gerichtet sind, die fiinf 

i 4 Biicher fiber die chronischen Krankheiten , um- 

i I fangliche Bruchstiicke seiner an einen Lucretius 

* j gerichteten medicinales responsiones, d. h. seines 

, j kurzen Abrisses der Medicin in Frage und Ant- 

; « wort, und ein kleines Bruchstiick aus seinen gy- 

naecia am Schluss der Leidener Apuleius-Hs. de 

_.'; herbis (L. Mfiller Rh. Mus. XXIH 189. V. Rose 

Herm. IV 141f.). Die beiden ersten Werke sind 

nach Sorans Schrift nsgl o^emv xal xqovicov na- 40 

Sciiv verfasst (A. M. II li Soranus, cuius hacc 

< sunt, quae latinixanda suscepimus u. Oft.) und 

bilden neben der uns erhaltenen Schrift itsgl yvvat- 

xela>v jiad'&v die Hauptquelle fur unsere Kenntnis 

der Arbeitswerke dieses grossen Methodikers sowie 

der medicinischen Grundsatze seiner Schule. Einen 

besonderen Wert fiir die Geschichte der Medicin 

I erhalten sie durch das reiche doxographische Ma- 

,! terial, das Soran seiner Schrift einverleibt hatte; 



scheinlich, Vater des Folgenden, so lebte er noch 
im J. 191, da sein Sohn (s. d.) friihestens in die- 
sem Jahre unter die Salii Palatini aufgenommen 
wurde, demnach damals noch patrimus und ma- 
tritnus war. [Groag.] 

20) D. Caelius Galvinus Balbinus, romischer 
Kaiser im J. 238 n. Chr., zugleich mit M. Clodius 
Pupien(i)us Maximus. 

I. Quellen. 

a) Balbinus Lebensbeschreibung in den Scrip- 
tores Historiae Augustae (Maximus et Balbinus), 
verfasst von Iulius Capitolinus, stfitzt sich haupt- 
sachlich auf drei Quellen: Aelius Iunius (?) Cor- 
dus, P. Herennius Dexippus und Herodianus (vgl. 
K. Dandliker Die drei letzten Biicher Hero- 
dians, Untersuehungen zur rom. Kaisergeschichte, 
herausgeg. von M. Bu dinger, Leipzig 1870, 
HI 259ff.), deren letzte erhalten ist (Herod. VII 
10 — 12. VIII). Dass diese von dem Biographen 



die therapeutischen Grundsatze des Hippokrates, 50 unmittelbar benutzt wurde, liisst sich bei dem 



Diokles, Praxagoras, Herophilos, Erasistratos, He- 
rakleides von Tarent, Asklepiades und Themison 
sind ausfiihrlich behandelt. In seine Thatigkeit 
als tbersetzer gestattet uns die Vergleichung des 
Bruchstuckes seiner Gynaecia mit der uns er- 
haltenen Schriften des Soran einen Einblick; er 
giebt das Original im ganzen und grossen treu 
wieder, allerdings mit Kurzungen und tbertra- 
gung dessen, was Soran von sich sagt, auf seine 



engen Anschluss des letzteren an Herodians Ge- 
schichte, der in der Lebensbeschreibung des Maxi- 
mus und Balbinus stellenweise unzweifelhaft statt- 
flndet, trotz der gegenteiligen Ansicht W. Berimes 
(Dexippi fragmenta ex Iulio Capitolino, Trebellio 
Pollione, Georgio Syn cello collecta, Leipz. 1882 
= Diss. Jenens. II) nicht leugnen (vgl. H. Peter 
Philol. XLIII 171; die Script. Hist. Aug., Leipz. 
1892, 49 — 76). Ausserdem finden sich Notizen 



Person (secundum nos = xa&' rjpas des Soran) ; 60 fiber den Kaiser in den Biographien der beiden 



vgl. V. Rose Anecd. gr.-lat. II 167. Die beiden 
Bandschriften (die der Chronia wahrscheinlich aus 
dem Kloster Lorsch, spater im Privatbesitz des 
Frankfurter Ratsherrn Philipp Fiirstenberg ; vgl. 
V. Rose a. a. O. 165), nach denen Joh. Si chard, 
Basel 1529, die Chronia herausgab (daraus in der 
Aldiner Sammlung der Med. antiqui Venet. 1547) 
und Paris 1533 die Oxea erschienen, sind spurlos 



Maximine und der drei Gordiane (im folgenden 
citiert als Max. und Gord. , die des Maximus 
und Balbinus als Max.-Balb.). Gegen die Authen- 
ticitat des Max.-Balb. 1. 2 eingelegten Protocolls 
der Senatssitzung konnen begriindete Bedenken 
erhoben werden , da das durch den Zusatz ludis 
Apollinaribus gesicherte Datum (9. Juli) mit den 
bestimmten Zeugnissen der Milnzen und Papyri 



1259 



Caelius 



Caelius 



1260 



im Widerspruch steht; noch weniger lasst sich 
das hsl. iiberlieferte Datum (26. Mai) mit dem 
fiir die Erhebung der Gordiane gegebenen (24. Mai 
oder 26. Juni, Max. 16, 1) vereinbaren. Ebenso 
zweifelhaft erscheint die Echtheit des Gluck- 
wunschschreibens des Consuls Claudius Iulianus 
(Max.-Balb. 17). 

b) Ziemlich verwirrt und ganzlich abweichend 
von Dexippus (bei Iulius Capitolinus) ist die Dar- 
stellung dieser Regierung bei Zosim. I 14, 2. 
15. 16, weshalb fur diese Zeit wenigstens die her- 
kOmmliche Meinung, dass Dexippus Zosimus Haupt- 
quelle sei, aufzugeben ist (vgl. L. Mendels- 
sohnZosim.p.XXXIIIf.; Herod, p. XVf.). Durch- 
aus unrichtig und in sich widersprechend ist der 
Bericbt bei Zonar. XII 16—17. Nur sparliche 
Nachrichten finden sich bei Victor Caesares 26, 7. 
27, 4—6 ; Bpit. 26. Eutrop. IX 1. 2, If. ( = Euse- 
bios-Hieronymus cbronicon a. Abr. 2254. 2256 



er, obwohl Eutrop. IX 2, 1 das Gegenteil be- 
richtet, aus vornehmem Geschlecht gewesen zu 
sein, wie dies Max.-Balb. 2, 7. 7, 1 und Herod. 
VII 10, 4. VIII 7, 4. 8, 4 iibereinstimmend be- 
zeugt wird; denn als Mitglied des Collegs der 
palatinischen Salier (s. u.) musste er Patricier 
sein, wenn es auch nicht unrnOglich ist, dass er 
erst von Septimius Severus unter die Patricier 
aufgenommen wurde. Wahrscheinlich ist er ein 
10 Verwandter (Sohn?) des Legaten Caelius Calvimis 
Nr. 19 ; dass er ein Bruder seines Mitkaisers gewesen 
sei, ist Erfindung des Orosius (VII 19, 3). Seine 
Familie besass betrachtliche Reichttimer, die er 
durch Erbschaften vermehrte (Max.-Balb. 7, 4). 

t T ber sein Alter aussert sich Zonaras (XII 17), 
dem zufolge er mit 60 Jahren getOtet wurde (im 
J. 238), er ware demnach im J. 178 geboren. 
Das lasst sich einigermassen vereinbaren mit dem 
Umstand, dass er friihestens im J. 191 uuter 



= Cassiodori chronicon. Mo m m s en Chronica mi- 20 die palatinischen Salier aufgenommen wurde. Denn 



nora II 146. Oros. VII 19, 2. 3. lord. Rom. 282). 
Ioannes Antiochenus (p. 249—251 in Men dels - 
sohns Ausg. Herodians) schreibt Herodian aus. 

c) Die Inschriften finden sich zusammenge- 
stellt bei Ruggiero Dizion. epigr. I 961 (E. 
Ferrero). Dazu kommt eine in Mainz gefundene 
Inschrift im Corresp.-Bl. d. Westd. Ztschr. VI 
nr. 144. Ausserdem ist sein Name, und zwar 
aus der Zeit vor seiner Thronbesteigung, auf einem 



er trat in demselben Jahr in das Collegium ein, 
in welchem Cornelius Scipio Orfitus ausschied 
(CIL VI 1891), der seinerseits im J. 189 einge- 
treten war, wahrend 190 keine Veranderung in 
dem Stand der Mitglieder des Collegiums vor sich 
ging (CIL VI 1890); und es waren nur ganz 
junge Manner, die unter die Salier aufgenommen 
wurden. Waddington (Past. p. 744) nimmt 
daher an, dass dieser Eintritt 197 oder 198 er- 



Fragment aus dem Verzeichnis der palatinischen 30 folgte. Jedenfalls stand er zurZeit seiner Tor 



Salier erhalten (CIL VI 1981). 

d) Miinzen des Kaisers Balbinus bei Eckhel 
IV 88. VII 305—307. Cohen Y* p. 7—13; die 
alexandrinischen Miinzen bei Mionnet VI 405f. 
Poole Catalogue of the Greek coins, Alexandria, 
London 1892, 238f. Vgl. A. v. Sallet Die Daten 
der alexandrinischen Kaisermiinzen 58f.: Ztschr. 
f. Numismatik VIII 26. 

e) Neuere Litteratur: H. Schiller Geschichte 



besteigung, im J. 238, bereits in hoherem Alter 
(Herod. VIII 8, 3. 6. 8). 

Er konnte auch auf eine verhaltnismassig rfihm- 
liche Laufbahn zuruckblicken. Er hatte eine ganze 
Reihe von Provinzen verwaltet (Max.-Balb. 7, 2, 
wo die Provinzen in absteigender Reihenfolge an- 
gefiihrt sind. Herod. VII 10, 4). Zweimal war er 
Consul (Max.-Balb. 7, 1. 15, 2. Herod. VII 10, 
4. VIII 8, 4), das erstemal Consul suffectus in 



der rOmischen Kaiserzeit I 2, 790-796. E. Herzog 40 einem unbestimmten Jahr (nach Waddington 



Geschichte und System der romischen Staatsver- 
fassungll 1, 508—512. B. Niese Grundriss der 
romischen Geschichte 216. Jos. Lohrer De C. 
Iulio Vero Maximino, Diss. Miinster 1883, 20—27. 
0. Seeck Preuss. Jahrb. LVI (1885) 267—300; 
Rh. Mus. XLI (1886) 161-169. A. SommerDie 
Ereignisse des J. 238 n. Chr. und ihre Chrono- 
logie , Gorlitz Progr. 1888, 21—32. E. S a d 6 e 
De imperatorum Roman orum tertii p. Chr. n. sae 



a. a. 0. 210 oder 211), dann Consul ordinarius im 
J. 213 mit Kaiser Caracalla IIII (Klein Fasti 
consulares p. 93). Noch vor der Bekleidung des 
ersten Consulats muss er Statthalter von Gallien 
{Oallias; fiber den Plural s. Mommsen Herm. 
XXV 232, 7), Thracien (vgl. Dumont Melanges 
d'arche"ologie et d'epigraphie, rdunies par Th. H o- 
molle, Paris 1892, 526. D, Kalopothakes De 
Thracia prov. Rom., Diss. Leipz. 1893, 48) und 



cub temponbus constituendis , Diss. Bonn. 1891,50 Galatien und Pontus (vgl. G. Perrot De Galatia 

8 — 28. Vgl. auch J. J. Bernouilli Romisehe " ~ ' "~ " ~~~ '" ' 

Ikonographie II 3, 128—130. E. Ferrero in 
Ruggieros Diz. epigr. I (1894) 961. W. Kubit- 
schek Rundschau fiber ein Quinquennium der 
antiken Numismatik (1890—1894), Wien 1896, 
76 — 77 und die dort angegebene Litteratur. E. 
Klebs Prosopographia imperii Romani I 259f. 
II. Leben vor dem Regierungsantritt. 
Uber die Abstammung des Kaisers Balbinus 



prov. Rom., Paris 1867, 53, 1. 121—122; dessen 
Ansatz 205 — 208 ist in etwas spatere Zeit hinab- 
zurticken, da Balbinus doch nicht vor 204 die 
Praetur bekleidet haben konnte) gewesen sein; 
wahrscheinlich schon als Consular hat er Bithynien 
verwaltet (s. Brandis Herm. XXXI 168. Per- 
rot a. a. 0. 122), wahrend der Proconsulat 
von Africa, der ohne Grand gewohnlich in das 
J. 221 versetzt wird (s. T is sot Fastes de la 



ist uns nichts Sicheres bekannt; er selbst leitete 60 province de I'Afrique , Paris 1885, 155) und 



seinen Stammbaum auf Cornelius Balbus (Max. 
Balb. 7, 3 a Balbo Cortielio Theophane originem 
ducens, wobei eine Vermengung des Mytilenaeers 
Theophanes mit dem von diesem adoptierten [vgl. 
Cic. ad Att. VII 7, 6; pro Balb. 57] Gaditaner 
L. Cornelius Balbus vorliegt) zumck, eine Fiction, 
die allem Anschein nach in dem Cognomen des 
Kaisers ihren Ursprung hat. Immerhin scheint 



der von Asien (Waddington a. a. 0.) bestimmt 
nach seinem zweiten Consulat, also nach 213 
fallen. Dass er Praefectus urbi gewesen sei, ge- 
rade so wie sein spaterer Mitkaiser Maximus, 
findet sich nur an einer Stelle (Balb.-Max. 15, 2) 
und ist jedenfalls ein Irrtum , da ausdriicklich 
berichtet wird, dass Maximus sich dem Balbinus 
gegenuber auf die Bekleidung der Stadtpraefectur 



1261 



Caelius 



Caelius 



1262 



I 



etwas zu gute that (Herod. Vni 8, 4). Sicher 
aber ist, dass beide zu den XXviri ex senatus 
consulto rei publicae eurandae (s. CIL XIV 3902 
= Dessau 1186) gehfirten (Gord. 10, 1. 22, 1; 
Max. 32, 3). Als die Nachricht von dem Tode» 
der beiden Gordiane in Rom bekannt wurde, wahlte 
der Senat aus der Zahl dieser Zwanzigercommis- 
sion, die wahrscheinlich schon unter den beiden 
Gordianen eingesetzt worden war (Gord. 10, 1. 2 



klaren. So erklart es sich, dass auf einer kleinasia- 
tischen Inschrift die Namen des Balbinus und Maxi- 
mus aus Versehen eradiert worden sind (Momm- 
sen zu CIL III Suppl. 6953). In Bezug auf den 
Namen des Kaisers Balbinus finden sich bei den 
Schriftstellern mannigfache Irrungen ; so ist durch 
Vermengung mit dem Namen seines Mitkaisers ent- 
standen der Name Clodius Balbinus (Gord. 10, 1. 
22, 1 ; nach einigen Hss. auch Max. 20, 1). Eben- 



14, 3. 4. 22, 1, hingegen Max. 32, 3; Zosimus 10 so unrichtig ist Caecilius Balbinus (Vict. Caesares 



Bestatigung I 14, 2, hat hier weniger zu bedeuten; 
vgl. Mommsen St.-R. 113 708,3. Klebs Pro- 
sopogr. imp. Rom. I 260), ausser Balbinus noch 
einen zweiten Kaiser, den M. Clodius Pupien(i)us 
Maximus, und driickte dadurch, wenn auch nur vor- 
fibergehend, die Riickkehr zu altrepublicanischen 
Principien aus (Max.-Balb. 1. 2; Max. 20, 2; Gord. 
22, 1. Herod. VH 10, 2; vgl. Mommsen St.-R. 
lis 708. 1108). Das Princip der Collegialitat 



26, 7. 27, 6) und Albinus (Eusebios-Hieronymus 
chronicon a. Abr. 2256 = Cassiodori chronicon 
a. a. 0. lord. Rom. 282. Zonar. XII 16; hingegen 
wird XII 17 von P. Balbinus als einem ganz 
andern Kaiser gesprochen). 

b) Alsbald zeigte sich die wahre Stimmung 
des Volkes. Denn nachdem die neuen Kaiser un- 
mittelbar nach der Senatssitzung sich in den Iup- 
pitertempel auf dem Capitol begeben hatten, um 



ging so weit, dass beide zugleich Pontifices maximi 20 zu opfern, strOmten unruhige Menschenmassen yon 
wurden, wie dies die Miinzen und Inschriften nl nji " _ *-—!---• - j-- " - 



zeigen; vgl. auch Max.-Balb. 8, 1. Die Senats- 
sitzung, in welcher diese Wahl erfolgte, fand im 
Tempel der Concordia statt (Max.-Balb. 1, 1. 
Herod. VII 10, 2f. irrt, wenn er sagt, es sei eine 
geheime Sitzung im Iuppitertempel auf dem Capitol 
gewesen). Iulius Capitolinus giebt das unrichtige 
Datum des 9. Juli an; letzteres ist unrnOglich, weil 
den alexandrinischen Miinzen zufolge Gordian III 



alien Seiten herbei, um die Zugange zum Capitol 
zu versperren. Diese und die folgenden Unruhen 
in Rom sind bei Herodian im allgemeinen deut- 
lich und richtig erzahlt, wahrend Iulius Capito- 
linus mehrere Berichte vermengt und so Scenen 
aus dieser Erhebung in die Erzahlungder spate- 
ren Unruhen hineintragt, hingegen in einigen 
Einzelheiten genauer und verlasslicher ist (vgl. 
Dandliker 268—270); die iibrigen Schriftsteller 



spatestens am 28. August 238 Alleinherrscher ge- 30 lassen uns teils ganz im Stich, teils sind sie, wie 



worden war (Mionnet VI p. 409 — 416. Sallet 
Alex. Miinz. 59. Poole Catalogue p. 241—247), 
wahrend die Regierung der beiden Senatskaiser 
nach dem Ansatz des Chronographen vom J. 354 
(Mommsen Chron. min. I 147) 99 Tage dauerte, 
ihre Wahl also spatestens auf den 21. Mai zu 
setzen ist. Aber auch die sonstigen chronologi 
schen Angaben, die uns zur Verfiigung stehen 
widersprechen einander; den Versuch diese ver 



Zosimus und Zonaras, nur geeignet, die Sache 
noch mehr zu verwirren. Der eigentliche Sach- 
verhalt scheint folgender zu sein. Die Leute 
waren hauptsachlich auf Maximus erbittert, der 
sich wahrend seiner Stadtpraefectur verhasst und 
geflirchtet gemacht hatte (Max.-Balb. 8, 2. 6, 5. 
Herod. VII 10, 5f.). Zugleich zeigten sich im Volke 
dynastische Regungen, und es verlangte die Erhe- 
bung des Enkels des alteren Gordian (Max.-Balb. 



wickelte Frage zu lOsen, hat zuletzt P. v. Rohd en 40 8, 3. Herod. VII 10, 6). Erst als die Begleiter der 

Kaiser den jungen Gordian hoi ten und ihn, auf 
die Schultern erhoben, der Menge zeigten (Max.- 
Balb. 9, 4. 5, aber in andenn Zusammenhang 
erzahlt. Herod. VII 10, 7—9; vgl. Max.-Balb. 
15, 6), stand diese von ihrer drohenden Haltung 
ab, und die Kaiser konnten ungehindert in den 
Palast einziehen. Noch am selben Tage wurde 
Gordianus zum Caesar ausgerufen (Max. 20, 2; 
Gord. 22, 2-3; Max.-Balb. 3, 3-5. 8, 3. 16, 6. 



unternommen (s. Bd. I S. 2622ff. , wo auch die 
anderen Ansatze zusammengestellt sind). 
III. Regierung. 
a) Name und Titel: imp. Caes. D. Caelius 
Calvinus Balbinus Pius Felix Augustus, ponti- 
fex maximus, tribunieia potestate, pater patriae, 
consul II, proconsul. Der Name ist vollstandig 
erhalten auf den africanischen Inschriften (CIL 
Vm 10342. 10365. Ephem. epigr. VH 660), ferner 



auf einem Papyrus (Mitteilungen aus der Samm- 50 Herod. VII 10, 9; vgl. Gord. 19, 9; unrichtig ist, 
" " ~ ' — — - — (j^g (jjg Erhebung des jungen Gordian gleich- 

zeitig mit der seines Grossvaters und Oheims er- 
folgt sei, Max. 16, 7). 

Eine der ersten Regierungshandlungen der 
beiden Kaiser war die Consecration der zwei Gor- 
diane (Gord. 16, 4; Max.-Balb. 4, 1—3; die hier 
geausserten Zweifel werden durch die Inschriften 
beseitigt; vgl. v. Sallet Ztschr. f. Numism. VII 
239f.). Hierauf wurde Vettius Sabinus zum Prae- 



lung der Papyrus Erzherzog Rainer II/III 23) 
und auf einer Miinze aus Amisos in Pontus (Sal- 
let Alex. Miinz. 59, 134); die iibrigen Miinzen 
geben nur die Namen D. Caelius Balbinus; be- 
merkenswert ist die Umschrift einer alexandrini- 
schen Miinze: AfvzoxQarcogJ KfatoagJ Aix(i[to;J 
K(ai?.toiJ'Av(ia>vtoi1) Ba).plvo<; SsfifaoTos), wobei 
AX wohl auf einen Irrtum zurfickzufuhren ist 
(Mommsen Ztschr. f. Numism. VLU 26. Sallet 



Alex. Mfln2. 59. Eckhel VII 307). Die Angabe 60 fectus urbi, Pinarius Valens zum Praefectus prae 



proconsul findet sich nicht auf den Miinzen. 
Ahdrerseits kommt der Titel patres senatus nur 
auf Munzen, sowohl des Balbinus wie des Maxi- 
mus vor (Eckhel VII 306. Cohen V 10. 16). 
Bei dfer im J. 238 herrschenden Verwirrung und 
bei dem wiederholten Wechsel von Erhebung und 
Sturz der Kaiser war man in den Provinzen nicht 
immer fiber den jeweilig anerkannten Kaiser im 



torio ernannt (Max.-Balb. 4, 4 ; vgl. 5, 5). Nach- 
dem noch dem Volke prachtige Spiele (Max.-Balb. 
8, 4) nebst einem ansehnlichen Congiarium (Chrono- 
graph, vom J. 354, a. a. O. ; auch Munzen mit der 
Aufschrift Liberalitas Augustorum, Eckhel VII 
306. Cohen V 9f. 15f., weisen darauf hin) ge- 
geben worden waren, schritt man zur Teilung der 
Regierungsaufgaben. Entsprechend der Pers6n- 



1263 



Caelius 



Caelius 



lichkeit der beiden Herrscher wurde Maximus 
ausersehen, gegen Maximin zu ziehen, wahrend 
Balbinus in Eom blieb (Max.-Balb. 8, 4; Max. 
20, 6. Herod. VII 12, 1). 

Nach dem Abmarsch des Maximus kam es in 
Rom zu blutigen Kampfen, welche der schwache 
Kaiser Balbinus vergebens zu unterdriicken be- 
miiht war. Diesmal war es eine Erhebung der 
Praetorianer gegen das Volk und den Senat, ver- 
anlasst durch den Ubermut zweier Senatoren. Als 
sich namlicb einige Veteranen der Praetorianer, 
die von Maximus in Rom gelassen wurden (Max.- 
Balb. 8, 4. 9, 1), wahrend einer Senatssitzung aus 
Neugier bis in die Mitte des Versammlungssaales 
vorwagten, wurden sie, die Unbewaflheten (vgl. 
Lfihrer a. a. 0. 22), von dem Consularen Galli- 
canns und dem Praetorier Maecenas erdolcht (Max 
20 6; Gord. 22, 8f.; Max.-Balb. 9, 2. Herod. 
VII 11, 1—4; wie eng sich Iulius Capitolinus in 
seiner Erzahlung an Herodian ansohliesst, mag 
man unter anderm auch aus dem Missverstandnis 
oTQaxrjYMo? [Herod. YII 11, 3] = dux [Gord. 22, 8] 
anstatt praetorius ersehen; vgl. Mommsen Herm. 
XXV 237, 1), worauf die flbrigen Praetorianer in 
ihr Lager fliichteten. Ea fand nun eine regel- 
rechte Belagerung der Praetorianer durch das 
von den Senatoren aufgehetzte Volk statt, dem 
man Gladiatoren beigesellte; aber bei einem Aus- 
fall richteten die Praetorianer namentlieh unter 
diesen ein Blutbad an und zogen sich dann wieder 
zuriick (Herod. VH 11, 5—9). Mit erneuerter 
Heftigkeit wurde die Belagerung fortgesetzt; Bal- 
binus nahm in seiner Hiilflosigkeit zu Bitten und 
Versprechungen seine Zuflucht, aber ohne Erfolg, 
der Kampf wiitete nur umso arger (Herod. VII 
12, 2-3. Max.-Balb. 9, 2. 10, 5), und Balbinus 
genet sogar personlich in Gefahr (Max.-Balb. 9, 
2—3). Als endlich die Belagerer nach langen 
fruchtlosen Anstrengungen die in die Castra prae- 
toria fiihrenden Wasserleitungsrohre abschnitten, 
machten die Praetorianer in ihrer Verzweiflung 
einen zweiten, weit heftigeren Ausfall; es kam 
zu emem erbitterten Strassenkampf, in welchem 
angeblich ein grosser Teil der Stadt verbrannte 
und viele Menschen umkamen (Herod. VII 12 3 
-7. Max.-Balb. 9, 2. 10, 6—8; Max. 20, 6. Vict. 
Caes. 27, 2; der Chronogr. vom J. 354, a. a. O. 
verzeichnet diesen Kampf unter der Regierung 
Maximin s, was insofern richtig ist, als dieser da- 
mals wahrscheinlich noch nicht gefallen war). 

Wahrend so der BOrgerkrieg in Rom grosse 
Verluste zur Folge hatte, wurde der gefahrlichste 
Feind Maximin fast ohne Blutvergiessen beseitigt. 
Obgleich namlich der Senat die umfassendsten 
Verteidigungsniassregeln in ganz Italien getroffen 
(Max. 23, 2. 3; Max.-Balb. 10, 1-3. Herod. VIII 5, 
4—5) und starke Aushebungen vorgenomraen hatte 
(Herod. VII 12, 1), kam Maximas mit dem so ge- 
bildeten Heere, dem sich germanische Hulfstruppen 
freiwillig zugesellten (Herod. VILT 6, 6; vgl. Max. 
24, 5), nicht in den Kampf, denn in Ravenna 
wurde ihm der Pall Maximins gemeldet (Herod 
Jill 6, 6. Max. 24, 5; vgl. Max.-Balb. 11, 1), 
dessen Marsch nach Italien vor den Mauern Aqui- 
leias ein Ende gefunden hatte (Herod. VIII 1—5 
Max. 21-23; Max.-Balb. 11, 1-3. 12,2. Eutrop. 
IX 1. Vict. Caes. 27, 4; epit. 25, 2. Zosim. I 15. 
Zonar. XII 16). Nachdem Maximus der Sicher- 



1264 



1265 



Caelius 



Caelius 



1266 



heit halber noch bis Aquileia gezogen war (Max - 
Balb. 12, 3. Herod. VIII 7, 1), trat er den Ruck- 
marsch nach Rom an, wo die Nachricht vom Tod 
der beiden Maximine ungeheuren Jubel erregte 
(Max. 24, 6. 25. Herod. Vm 6, 7-9); besonders 
dem angstlichen Balbinus war damit ein schwerer 
Stein vom Herzen gefallen (Max. 24, 7; Max. -Balb 
11, 4-7. Herod. VIII 6, 9). Maximus wurde 
uberall auf seinem Wege von Deputationen der 
10 Stadte begrusst und zu dem Siege begliickwunscht 
(Herod. VIII 7, 1); selbst das Heer Maximins schloss 
sich diesen Gluckwtinschen an, aber hier war diese 
Stimraung nur erheuchelt, und trotz der Amnestie- 
versprechungen des Maximus blieb es den beiden 
Senatskaisern iibel gesinnt (Max.-Balb. 12, 7—9 
Herod. VIH 7, 2-6; vgl. 6, 1). Das Heer wurde 
ubngens entlassen, und Maximus behielt nur die 
Praetorianer und die germanischen Hulfstruppen 
bei sich (Herod. VIII 7, 7—8; irrig ist Max. 24, 6, 
20 da die Germanen spater wirklich in Rom sindj. 
Der Senat decretierte ihm fur den unblutigen 
Sieg iiberschwengliche Ehren und sprach den 
Kaisern den Dank aus (Max. 26; Max.-Balb. 12, 
4. 9. 13, 1. 3); Miinzen mit der Aufschrift Victoria 
Augg. wurden gepragt (Cohen V 12. 18). 

Nun begann die geordnete Regierung der bei- 
den Kaiser, recht eigentlich eine Senatsherrschaft 
(Max.-Balb. 13, 4. Herod. VIII 8, 1. Zonar. XI[ 
17) ; auch die auswartige Politik wurde geregelt, 
30indem Balbinus gegen die Gothen, welche die 
Stadt Istros in Moesia inferior zerstort hatten 
(Max.-Balb. 16, 3), Maximus gegen die Parther 
Ziehen sollte (Max.-Balb. 13, 5). Aber die an- 
fangliche Eintracht, von der zahlreiche Mflnzen 
mit den Bezeichnungen amor mutuus Augg., ea- 
ritas mutua Augg., fides mutua Augg., pietas 
mutua Augg., concordia Augg. und der Darstel- 
lung von verschlungenen Handen Zeugnis ablegen 
sollen (Eckhel VII 305f. Cohen V« 8. 11. 15. 
40 16), schwand bald. Der erste Anlass dazu war die 
Eifersucht des Balbinus auf die dem Maximus 
erwiesenen Ehren (Max.-Balb. 12, 5); bald war 
der Zwiespalt, obwohl verborgen gehalten, kein 
Geheimnis mehr (Max.-Balb. 14, 1. Herod. VIII 
8, 4). Darauf rechneten nun die Praetorianer, wohl 
hauptsachlich die mit Maximin ins Feld gezogen 
und mit Maximus nach Rom zuruckgekehrt waren, 
als sie den Entschluss fassten, die Kaiser' zu er- 
morden. War ihre Stimmung von Anfang an fur 
50 die Senatskaiser ungunstig gewesen, so wurde sie 
es noch mehr durch die far die Truppen Maxi- 
mins beleidigendenAcclamationen desSenats(Max - 
Balb. 12, 9. 13, 1—3). Als eines Tages der 
grOsste Teil der Hofleute und Garden scenischen 
Spielen beiwohnte, benutzten die erbitterten Prae- 
torianer den Augenblick, in welchem die ger- 
manischen Leibwachter um Balbinus waren (doch 
nicht in dessen unmittelbarer Nahe, s. u.) T und 
drangen in den Teil des Palastes ein, wo Maxi- 
60mus wohnte; vergebens bat dieser Balbinus, ihm 
die Germanen zu Hulfe zu schicken, aus Argwohn 
verweigerte Balbinus diese Bitte (Max.-Balb. 14, 
2-4. Herod. VHI 8, 3. 5); so wurden, da die 
Germanen auch fur Balbinus zu spat kamen, beide 
nach grausamen Misshandlungen getotet (Max.- 
Balb. 14, 5. 6; Gord. 22, 5. Herod. VIII 8, 6. 
Zonar. XII 17. Vict. Caes. 27, 6 ; Epit. 26. Eutrop. 
IX 2, 2 = Euseb.-Hieron. chron. a. Abr. 2256 = 



I" 

n. 



Cassiod. a. a. O. = Oros. VII 19, 3. Polem. Silv. 
Mommsen Chron. min. I 521; wenn lord. Rom. 
282 sagt, dass sie durch Gordian umkamen, so 
hat diese Nachricht gar nichts zu bedeuten). Ihre 
Regierung hatte 99 Tage gedauert (Chronogr. vom 
J. 354 a. a. O.; die abgerundete Zahl von drei 
Monaten giebt Zonar. XII 17. Chron. Pasch. 501 
Dind., die andere Version bei Zonaras, 22 Tage, 
die auch Glykas, bei Migne LVIII 459 hat, be- 
ruht auf Verwechslung mit den Gordianen; vgl. 
Borghesi Oeuvres V 485). 

c) Balbinus war von Haus aus eine angstliche 
Natur von geringer Energie (Max. 20, 6. 24, 7; 
Max.-Balb. 9, 2. 11, 5—7. Herod. VHI 6, 9), aber 
durch Einfachheit und Reinheit der Sitten immer- 
hin eine achtungswiirdige Gestalt (Max. 20, 1; 
Max.-Balb. 2, 7. 7, 2. Herod. VII 10, 4); dabei 
wird seine Herzensgilte gertthmt und in Gegen- 
satz gestellt zur Strenge und Festigkeit seines 
Mitkaisers (Max.-Balb. 7, 7. 15, 1). Balbinus 
hatte sich auch in der Beredsamkeit und in der 
Dichtkunsthervorgethan (Max.-Balb. 7, 5 ; vgl. 2, 7). 
Den Tod hat er nach dem Bericht des Dexippus 
(Max.-Balb. 16, 4) standhaft ertragen. 

21) C. Caelius Censorinus s. Censorinus. 

22) Caelius Cursor, rCmischer Ritter, im J. 21 
n. Chr. wegen falscher Anklage des Majestats- 
verbrechens gegen den Praetor Magius Caecilianus 
bestraft, Tac. ann. Ill 37. [Stein.] 

23) Caelius Felix, Consul (suffectus in unbe- 
kanntem Jahre), nach dem Sturze Cleanders (189 
n. Chr.) auf Commodus Befehl getOtet, Hist. Aug. 
Comm. 7, 6. 

24) Q. Caelius Flavianus, c(larissimus) v(ir), 
Patron von Canusium im J. 223 n. Chr. (CIL IX 
338, 1, 19). 

25) M. Caelius Flavus Proculus, decemvir 
stlitibus iudicandis, tribunus laticlavius legfio- 
nisj XX. Vfaleriae) Vfietrieis) , sevir turmoe 
equitum Romanorfum) , quaestor, tribunus plebis 
candidatus, praetor candidatus, curator ret pub- 
licae Aquinatium (Grabschrift CIL XI 3883 Ca- 
pena). [Groag.] 

26) Caelius Floras, Procurator Augusti von 
Lycia Pamphylia unter Hadrian, jedenfalls vor 129. 
Inschrift des Opramoas in Rhodiapolis, Reisen im 
siidwestlichen Kleinasien II 83, Col. Ill A. B. IV ; 
vgl. S. 124. 126. 132f. [Stein.] 

27) M. Caelius Iulianus, tr(ibunus) l(ati)- 
c(lavius) der legio XIII. Gemina (CIL in 995 
Apulum). Ein Caelius Iulianus c(larissimw) 
v(ir) CIL XV 475. 

28) Caelius . . illianus Maximus, [cur(aiorJ] 
aedfiumj saerfarunt) [et opferumj] pu[b(lico- 
rumj] im J. 159 n. Chr. (CDL VI 857). 

29) Caelius Oneratus, Legat von Thrakien 
unter Septimius Severus (Mfinze von Philippopolis, 
Catalogue of Greek coins in the British Museum, 
Thrace p. 237 nr. 27 a). Darnach ist die Lesart 
T. Aelius Oneratus oder keratitis (s. o. Aelius 
Nr. 95) auf Miinzen von Pantalia (Mionnet 
Suppl. n 376 nr. 1025-1028) irrig. Vgl. Klebs 
Prosopogr. imp. Rom. I 261 nr. 109. 

30) P. Caelius Optatus, Legat von Numidien 
(CIL VIII 2736 Lambaesis; SuppL 17958 Me- 
na'a) im J. 166 n. Chr. (CIL VIII Suppl. 18067 
castra Lambaesitana). Freund des Rhetors M. 
Cornelius Fronto (Pronto ad amic. I 9 p. 180 N.). 



31) L. Caelius Plautius Catullinus, cflarissi- 
mus) v(ir) , tribunicius , Curator von Sufetula. 
Als solchem wurde ihm in Sufetula eine Statue 
gesetzt (CIL VHI Suppl. 11332). [Groag.] 

82) Caelius Pollio, bei Dio bios Holliwv ge- 
nannt, praefeetus (casirorum'i) im Castell Gor- 
, neae, beging im J. 51 n. Chr., von dem Iberer- 
kOnig Pharasmanes und dessen Sohn Radamistus 
bestochen, an dem Bruder des ersteren, dem Konig 
10 Mithridates von Armenien, einen Verrat, indem er 
diesen, der sich zu ihm gefluchtet hatte, auslieferte 
(Tac. ann. XII 45. 46). Drei Jahre spater wurde 
er, wie es scheint, durch den (spateren?) Praefee- 
tus vigilum Laelianus im Commando ersetzt, Dio 
LXI 6, 6. [Stein.] 

33) C. Caelius Eufus, Consul des J. 17 n. Chr. 
Wahrend die meisten Inschriften und auch Ta- 
citus (ann. II 41) inn Caelius nennen, heisst er 
CIL XI 1356 C. Caeeilius, Dio LVH 17, 1 rdiog 

20Kainihog und Dio ind. 1. LVII R Kaixlhog r. 
vl. Nexais tj 'Povyog. Daraus hat Nipperdey 
(zu Tac. ann. II 41) geschlossen, dass der voile 
Name des Mannes C. Caeeilius Metellus Nepos 
Caelius Rufus oder C. Caelius Eufus Caeeilius 
Metellus Nepos gelautet habe; eine Annahme, die 
wenig Wahrscheinlichkeit fflr sich hat (vgl. Klebs 
Prosopogr. imp. Rom. I 261 nr. 112). Praetor 
(aerarii) im J. 13 n. Chr. (CIL VI 1496 = 12 
p. 74 , wo allerdings nur . . . lius Rufus vom 

30Namen erhalten ist). Consul ordinarius im J. 17 
n. Chr. mit L. Pomponius Flaccus (CIL 12 p. 70 
fasti Arvalium; I* p. 72 = X 6639 fasti Antiates; 
12 p. 73 - XI 1356 fasti Lunenses; 12 p. 73 = 
VI 10051. 12 p. 74 = VI 1496. Tac. ann. H 41. 
Dio LVH 17. Dio ind. 1. LVII). Aedil von Tus- 
culum mit C. Caninius Rebilus (C. Caelius C. f. 
Rufus CIL XIV 2622). [Groag.] 

34) M. Caelius Rufus, Vater von Nr, 35, 
stammte aus einem Municipium (Cic. Cael. 5), war 

40 romischer Ritter (ebd. 3f.) und hatte unter andern 
Besitzungen auch solche in Africa (ebd. 73). So- 
wohl er selhst, wie seine Frau waren schon sehr 
bejahrt, als ihr. einziger Sohn im J. 698 = 56 
vor Gericht stand (ebd. 3f. 79); vgl. Wiesch- 
hfilter De M. Caelio Rufo oratore 3. 

36) M. Caelius Rufus, Sohn von Nr. 34. Sowohl 
die Zeit wie der Ort seiner Geburt sind fraglich. 
DieAngabe des Plin. n. h. VII 165: C. Mario Cn. 
Carbarn III cos. a. d. V. kal. lunias (28. Mai 672 

50 = 82) M. Caelius [Hss. Caeeilius] Rufus et C. 
Licinius Calvus eadem die geniti sunt, oratores 
quidem umbo, sed tarn dispari eventu ist von 
Nipperdey (Rh. Mus. XIX 289ff. = Opusc. 
298ff.; vgl. Mommsen St.-R. I 570, 3) als falsch 
nachgewiesen worden, weil sie sich vor allem 
nicht mit der Ainterlaufbahn des C. vertriigt. 
C. muss alter gewesen sein, aber es lasst sich 
nicht mit Sicherheit feststellen, wie der Fehler 
entstanden ist, und ob das Geburtsjahr L. Cinna 

60 III Cn. Carbone cos. 669 = 85 (Nipperdey. 
Wieschholter 5f.) oder ein fruheres ist (666 
= 88 nach Wegehaupt 5). Die Vermutungen 
fiber die Heimat des C. sind angekniipft an die 
Wiederherstellung des verdorbenen Wortes bei 
Cic. Cael. 5: nam quod est obieetum muniei- 
pibus esse adolescentem non probatum suis, ne- 
mini unquam praesenti t praetoriani maiores 
konores habuerunt, quam absenti M. Caelio, 



1267 



Caelius 



Caelius 



1268 



-doch ist es fraglicb, 6b in praetoriani tiberhaupt alles sehrgut auf M. Caelius Rufus passt. In c. 58 

der Name des Municipiums steckt (vgl. Har- wendet sich dann Catull an ihn, weil beide schliess- 

necker Wochenschr. f. klass. Philol. Ill 1099). lich dieselben Erfahrungen mit der Geliebten ge- 

Immerhin kann zu Gunsten der sich sachlich macht haben und sich nun, auch ohne dass ihre 

empfehlenden Conjectur Baiters (Cicero ed. alte Freundsch aft wiederhergestellt ware, gemein- 

Orelh 2 II 1451), wonacbC. aus Tusculum stam- sam dartiber freuen kOnnten, wie die Treulose 

men wurde, der Umstand angefiihrt werden, dass von Stufe zu Stufe sinkt. Obgleich Cicero be- 

dort Caelii zu den angesehensten Familien ge- hauptet, der Stadtklatsch habe sich in der Aus- 

horen (CIL XIV 2624. 2627) und namentlich ein mailing des Verhaltnisses zwischenC. und Clodia T 
Caehus Rufus in augustisoher Zeit ein munici- 10 die nur eine feile Strassendirne sei gefallen (30 

pales Ehrenamt bekleidete (Nr. 33), wahrend sonst 48—50. 75), so lasst er doch manches ahnen. 

em Caehus Rufus nur auf einer verdachtigen und wenn er sagt (35): accusatores quidem libidines, 

jedenfalls spaten Inschrift aus Aeclanum vorkommt amores, adulteria, Baias, actas, convivia, eomis- 

(CIL IX 1238). C. wurde von seinem Vater streng sationes , eantus , sympltonias, nuvigia iactant, 

erzogen und bald nach Anlegung der Toga virilis und obgleich er angiebt, 0. habe sich bald von 

zu M. Crassus und Cicero gebracht, urn sich diesen Pesseln befreit (75), so mussen die Be- 

unter ihrer Anleitung besonders in der Bered- ziehungen doch etwa zwei Jahre hindurch gewahrt 

samkeit auszubilden (Cic. Cael. 9. 12. 39, danach haben (vgl. Schwabe a. 0. 66f.). Ende 697 = 

Quintal, inst. or. XII 11, 6). Mit Cicero stand 57 erhob C. eine Anklage de ambitu gegen L. Sem- 
er im J. 688 = 66 schon seit einiger Zeit in 20 pronius Atratinus und bereitete nach dessen Frei- 

Beziehung und blieb im Verkehr mit ihm (Cic. sprechung eine neue Klage vor, als ihn selbst 

10), bis er sich 691 = 63 dem Catilina niiherte der Sohn des Atratinus vor Gericht lud (Cic. L 

(Cic. 10—14). Es scheint richtig zu sein, dass 76. 78, vgl. 16. 45). Mit Atratinus erschienen 

er sich dabei mcht ernstlich compromittierte (Cic. als Klager C. Herennius Balbus und P. Clodius, 

15), aber dennoch hielt er es wahrscheinlich fur aber hinter ihnen stand Clodia, die den C. nach 

angemessen, auf einige Zeit aus Bom zu ver- dem wohl von ihm ausgegangenen Abbruch ihrer 

schwmden , und begleitete daher 692 = 62 den Beziehungen grimmig hasste. Die Verhandlung 

Proconsul Q. Pompems nach Africa, wo auch sein fand in den ersten Tagen des Aprils 698 = 56 

Vater Besitzungen hatte (Cic. 73; vgl. Schwabe statt (Schwabe a. O. 63 Anm. Wegehaupt 
Quaest. Catull. 65. Wieschholter 13). Nach 30 10. Wieschholter 26f.). Es scheint, dass aueh 

seiner Riiekkehr trat er Anfang 695 = 59 mit die Beteiligung an Wahlumtrieben zu den An- 

zwei Genossen erfolgreich als Anklager gegen C. klagcpunkten gehCrte, und zwar an solchen zu 

Antomus auf (Cic. 18. 47. 74. 78. Schol. Bob. Gunsten des L. Calpurnius Bestia, der damals 

Place, p. 229; Vatin. p. 321 Or.; Fragmente seiner deswegen vor Gericht stand (Cic. 16, vgl. 26 30) 

Anklagerede bei Quintal, inst. or. IV 2, 123f. C. verteidigte sich selbst (Cic. 45. Quintal inst 

IX 3, 58; vgl. o. Bd. I S. 2580ff.). Er nahm sich or. VIII 6, 53 vgl. I 5, 61. XI 1, 51. Suet. rhet. 

damals eine eigene Wohnung auf dem Palatin 2), als zweiter sprach fiir ihn M. Crassus de 

m einem dem P. Clodius gehorigen Hause, weil seditionibus Neapolitans, de Alexundrinorum 

er mit dessen Schwester ein Liebesverhaltnis an- pidsatione Puteolmw, de bonis Pallae (Cic. 23) 
gekniipft hatte (Cic. 17f.), und machte sich durch 40 und als dritter Cicero in der erhaltenen Eede. 

sein ausgelassenes und wiistes Leben sehr ver- Er ging besonders auf die Behauptungen der 

rufen (Cic. 19. 20. 25. 27—30). Clodk war ihres Gegner ein, C. habe die Ermordung des alexan- 

bishengen Geliebten Catull uberdriissig, als sie drinischen Gesandten Dio veranlasst und sich von 

ihre Gunst dem C. zuwandte (Cic. 36f.), und der Clodia fur diesen Zweck Geld geben lassen 23 

Verschmahte griff nun diesen aufs heftigste an. —25. 30. 51—55), und er habe dann, nachdem 

Denn ohne jeden Zweifel ist unser C. der Rufus, der Bruch mit Clodia erfolgt war, ihr mit Gift 

dem der Dichter (c. 77) vorwirft, er habe ihre nach dem Leben getrachtet (30. 56—69), aber 

alte Freundschaft verraten und ihm das Herz seine Rede erregt durch ihre Angriffe und Sitten- 

der Geliebten gestohlen, und derselbe Rufus. der schilderungen mehr Interesse als durch die sach- 
c. 69 mit giftigem Spott verfolgt wird, wahrend 50 liche Verteidigung (vgl. Quintal, inst. or. IV 2 

die Beziehung anderer Gedichte wie c. 59 und 27). Die Feindschaft des C. mit P. Clodius und 

71 unsicher bleibt. Dagegen wird meistens (z. B. Clodia dauerte nach seiner Freisprechung fort, 

von Wegehaupt 9, 3. Wieschholter 17f.) denn im J. 700 = 54 sah er sich aufs neue durch 

der in c. 58 und 100 genannte Caelius von ihm eine von ihnen angestiftete Klage bedroht, die 

unterschieden, und wo die Identitat angenommen aber nicht zur Ausfiihrung gekommen zu sein 

Z^-\ ,,m (^sonders von F. Scholl Jahrb. f. scheint (Cic. ad Q. fr. II 13, 2). Es war daher 

Phil. CXXI 483ff.; nur fur den C. in c. 58 neuer- naturlich, dass er als Volkstribun im J. 702 = 52 

dings von Fenner Quaest. Catull. [Barmen 1896] — fiber seine Verwaltung der Quaestur ist nichts 

21), bleiben meistens die Beweisgrflnde unbe- bekannt — auf jede Weise den Morder des Clo- 
fnedigend. Der Anstoss, dass der C. in c. 100 60 dius, Milo, zu unterstiitzen suchte, indem er ihm 

in Verona erschemt, wo allerdings spater Caelii Gelegenheit gab, sich in einer Volksversammlung 

yorkommen (CIL V 3441, 2. 3570. 3689; ebenda zu verteidigen, und dabei selbst fiir ihn sprach 

der ganz seltene Name Auffilemts 3506. 3507, (Cic. Mil. 91; Brnt. 273. Ascon. Milon. p. 29. 

vgl. 4008. 4129), kann auf verschiedene Weise App. b. c. II 22), indem er Anderungen in dem 

genoben werden (vgl. Scholl a. O. Bahrens Processverfahren zu Gunsten Milosvorschlug (Ascon. 

Commentar. Catull. 587), und das ganze Gedicht Milon. p. 30. 31), dessen Sclaven in Schutz nahm 

ist voll der boshaftesten Ironie gegen den falschen (ebd. 32), spater nach der Verurteilung des Mor- 

ireund, der unnatiirlichen Lastern frohnt, was ders dessen Genossen M. Saufeius verteidigte 



1269 



Caelius 



Caelius 



1270 



■i 



/'ebd. 48) und sich seiner VermOgensverhaltnisse de aqu. II 76), und im Senat wirkte er fiir die 

annahm (Cic. ad fam. VIII 3, 2). Von Cicero liess Bewilligung von Supplicationen zu Ciceros Ehren 

er sich fiir die Forderung der Plane Caesars ge- (VIII 11, If. II 15, 1), aber mehr personliche 

winnen, der mit Unterstiitzung samtlicher Volks- Nachrichten enthalt nur sein Brief vom 20. Sep- 

tribunen danach strebte, sich abwesend urn das tember, VIII 12. Er gab damals seine Spiele, 

Consulat bewerben zu diirfen (Cic. ad Att. VII 1, 4). fiir die ihm Curio wilde Tiere zur Verfiigung ge- 

Anfang 703 = 51 klagte C. nach Niederlegung stcllt hatte, (VIII 9, 3. 8, 10), und geriet in ein 

des Tribunates seinen bisherigen Amtsgenossen ernstes Zerwflrfnis mit Ap. Claudius. Er meinte 

Q. Pompeius Rufus de vi an , weil er jene fiir sich diesen durch seine Untersttttzungen zu hiJch- 
Milo abgehaltene Volksversammlung gewaltsam 10 stem Dank verpflichtet zu haben, aber Appius, 

gestort hatte ; er erreichte seine Verurteilung, der damals mit L. Piso Censor war, schlug nicht 

aber als Pompeius darauf durch die Habsucht nur seine Bitte um Geld ab, sondem bereitete 

seiner Mutter in grosse Not geriet, verhalf er ihm im Bunde mit L. Domitius verschiedene Nach- 

selbst ihm zu seinem Rechte (Val. Max. IV 2, 7. stellungen. Als C. gegen eine Riige des Censors 

Cic. ad fam. VIII 1, 4). Da Pompeius in Baiae bei dessen Amtsgenossen Schutz fand, veranlasste 

lebte, hatte vielleicht diese Angelegenheit den jener den Servius Pola, eine gewiss nicht ganz 

C. dorthin gefiihrt, denn im Fruhjahr war er in unbegriindete Klage gegen ihn wegen widernatiir- 

Cumae und sprach dort noch einmal Cicero, der auf licher Unzucht zu erheben, worauf C. den Appius 

der Reise in seine Provinz Kilikien war (ad fam. nach derselben lex Scantinia vor Gericht zu ziehen 
VIII 1, 2). Dieser hatte ihn gebeten, ihn selbst 20 drohte (vgl. VIII 14, 4); Anspielungen auf sein 

wahrend seiner Abwesenheit iiber alle wichtigeren lockeres Leben auch in dieser Zeit vielleicht VIII 

Ereignisse in Rom auf dem Laufenden zu er- 7, 2. II 15, 5 nach Boissier 185). Wichtigere 

halten, und C. liess nicht nur dureh einen Sclaven Ereignisse liessen diese Zankereien in den Hinter- 

oder Freigelassenen Chrestus Neuigkeiten sam- grand treten, aber sie standen doch mit der Bil- 

meln und berichten (ad fam. VIII 1, If. II 8, 1), dung der grossen Parteien in Zusammenhang. 

sondern erfiillte auch selbst die Bitte des Freundes. Denn jeder der beiden Censoren stand auf der 

Seine Briefe bilden das VIII. Buch der ep. ad Seite eines anderen der zwei Machthaber, und 

fam., die Antworten Ciceros ebd. II 8 — 16; ein- C. entschied sich schliesslich durchaus fur Caesar 

zelne sind verloren. Die chronologische Reihen- (Cic. ad Att. VII 3, 6 vom 9. December), nach- 
folge ist leicht ersichtlich. Im J. 703 = 51 30 dem er sehon langst die PersOnlichkeit des Pom- 

schrieb C. vom Ende Mai an VIII 1. 2. 3. 4. 5. peius durchschaut hatte (VIII 1, 3), und obgleich 

9. 8. 10 und Cicero II 8. 9. 10, im J. 704 = 50 bis ihm Cicero (II 8, 2) zum Anschluss an diesen 

gegen Ende September Caelius VIII 6. 11. 7. 13. geraten und er selbst noch im September ge- 

12. 14 und Cicero II 14. 11. 13. 12. 15 (vgl. schwankt hatte (VIII 14, 2). Psychologische und 

Wieschholter 32 — 38.40—45. O.E.Schmidt materielle Motive wirkten wohl bei seiner Ent- 

Briefwechsel des Cicero [Leipzig 1893] 74f. 79. scheidung damals zusammen und ebenso spater 

83. 86 — 88). Mitteilungen iiber das aussere Leben bei seinem Abfall von Caesar (vgl. Boissier 205 

des C. sind darin verhaltnismassig sparlich, Er —208). Dem zuriickkehrenden Cicero kam er 

bewarb sich um die Aedilitat (VIII 2, 2. 3, 1. auf sein cumanisches Landgut entgegen und otfen- 
4, 3) und wurde Ende August 703 = 51 mit 40 barte ihm nicht nur den Wechsel seiner Gesm- 

M.Octaviusgewahlt (VIII 9,1. 119, Iff.; Brut. 273). nung, sondern wollte sogar ihn selbst zum An- 

Schon vorher hatte er Cicero gebeten, ihm in schluss an Caesar bewegen (II 16, 3; Brut. 273; 

Kilikien fiir seine Spiele Panther zu verschaffen, vgl. Schmidt 95). In der Senatssitzung vom 

und kam auf diese Bitte immer wieder zuriick 1. Januar 705 = 49 stimmte er den Antragen 

(VLTI 2, 2. 4, 5. 9, 3. 8, 10. 6, 4), obgleich der des eifrigsten Caesarianers M. Calidius mit ge- 

Freund sie recht lastig fand und mit einem Witz ringen Abweichungen bei (Caes. b. c. I 2, 4. Dio 

abfertigte (LI 11, 2, daraus Plut. Cic. 36, 3. Cic. XLI 2, 1), und nach dem Senatsbeschluss vom 

ad Att. V 21, 5). Eine andere Bitte des C, die 7. Januar, der die Kriegserklarung bedeutete, 

Schuldverschreibung eines gewissen Sittius be- eilte er mit M. Antonius, Q. Cassius und Curio 
treffend, die in der Provinz einzutreiben war, hat 50 sofort zu Caesar nach Ariminum (Dio 3, 2. Oros. 

Cicero nach wiederholtem Drangen (VIII 2, 2. VI 15, 2). In der Nacht war er noch heimlich 

4, 5. 9, 3. 8, 10) anscheinend schliesslich erfiillt bei Cicero gewesen (ad fam. VIII 17, 1) und 

(VIII 11, 1), wahrend er die Zumutung, noch hielt die Verbindung mit dem Redner auch weiter- 

andere Mittel fiir die Spiele des C. aufzubringen, hin aufrecht. Er schrieb ihm tmgefahr am 9. Marz, 

argerlich ablehnte (ad Att. VI 1, 21). Gelegent- dass Caesar ihn nach Rom berufen wolle, aber 

lich empfahl einer dem andern einen Freund (II furs erste zur Unterdruckung eines Aufstandes 

14. Val. Max. V 3, 4), und C, der an manchen nach Intemelium im westlichen Ligurien senden 

Processen lebhaften Anteil nahm (VIII 8,1), ver- miisse (VIII 15, vgl. Schmidt 165), und von 

wandte sich bei Cicero besonders eifrig fur dessen dort am 16. April gleichzeitig mit Caesar selbst 
Vorganger in der kilikischen Statthalterschaft Ap. 60 und in dessen Auftrage, Cicero solle unter alien 

Claudius, der Anfang 704 = 50 von dem Ver- Umstanden seine bisher beobachtete Neutralitat 

lobten Tullias Dolabella angeklagt wurde und bewahren und nicht zu Pompeius iibergehen (VIII 

Ciceros Gegnerschaft furchtete (VIII 6, If. 6, 5. 16 = ad Att. X 9 A, vgl. X 9, 2; Ciceros Ant 

II 13, 2f. HI 10, 5. VLTI 12, 1). Von seiner wort II 16). Von sich selbst benchtete er dabei 

amtlic'hen Thatigkeit als Aedil in diesem Jahre nur, dass Caesar ihn mit sich nach Spanien nehme. 

meldet C. nur, dass er gegen Missbrauche in der In Ciceros Briefen an Atticus ist in der folgenden 

BenutzungderihmunterstehendenWasserleitungen Zeit wiederholt (X 12, 6 [= 12 b, 2]. 14,3. 15, 

einschritt (Ende Februar VIII 6, 4; vgl. Frontin. 2. 16, 4) in dunklen Wendungen von einem C. 



1271 



Caelius 



Caelius 



und einem caelianischen Plane die Rede; unter 
den verschiedenen Moglichkeiten, diese geheim- 
nisvollen Anspielungen zu deuten (vgl. Ziehen 
Ephemerides Tullianae [Budapest 1887] 24ff.) hat 
dievon Schmidt (a. 0. 179) angenommene am 
meisten fur sich, dass darunter die Entscheidung 
Ciceros filr Pompeius zu verstehen sei, die ihm 
C. in dem an Atticus weitergeschickten Briefe 
zugetraut hatte. Nach der Riickkehr aus dem 
spanischen Peldzuge tibertrug Caesar dem C. die 
Praetur fur 706 = 48, setzte ihn aber dadurch 
zurtick, dass er die angesehenere Stadtpraetur 
dem C. Trebonius iibergab. Schon langst hatte 
sich im Herzen des C. infolge seiner getiiuschten 
Hoffnungen Groll und Erbitterung gegen das neue 
Eegiment angesammelt, und er gedachte, als der 
Herrscher den Rucken gekehrt hatte, seine Macht 
gegen ihn zu gebrauchen, wohl kaum zu Gunsten 
der Pompeianer, sondern als ein zweiter Catilina 
zunachst zum Umsturz aller Ordnungen ohne po- 
sitive Ziele. Sein letzter Brief an Cicero ist Ende 
Januar 706 = 48 geschrieben, als er schon an 
die Ausftthrung seiner Plane gegangen war (vgl. 
Ziehen a. 0. 42ff. Schmidt a. 0. 196). Uber 
die Einzelheiten weichen die Berichte Caesars 
b. c. Ill 20, 1—22, 3 und Dios XLII 22, 1—25, 
3 mehrfach von einander ab (vgl. o. Bd. I S. 2276) ; 
daneben sind die kurzeren des Liv. ep. CXI. Veil. 
II 68, If. Oros. VI 15, 10 (jedenfalls ungenan). 
Hieron. zu Euseb. II 137 r Schfine von geringerer 
Bedeutung. C, der vermutlich immer mit finan- 
ziellen Schwierigkeiten zu kampfen hatte und 
dadurch hiiufig in seinen Entschlfissen beeinflusst 
wurde, versprach zunachst alien Schuldnern, die 
auch nach den von Caesar eingefuhrten Erleich- 
terungen bei der Schuldentilgung nichts bezahlen 
wollten, seinen Schutz, fand aber infolge der ge- 
reehten Durchfiihrung der Eeformen keinen An- 
klang. Darauf beantragte er ein Gesetz, das den 
Schuldnern die Ruckgabe der Darlehen ohne Zinsen 
in einer sechsjahrigen Frist gestatten sollte, und 
auf den Widerstand der iibrigen Magistrate ant- 
wortete er mit der VerOffentlichung von zwei 
weiteren GesetzentwGrfen , die Erlass des Miet- 
zinsee fiir ein Jahr und Aufstellung neuer Schuld- 
bucher bezweckten. Damit erreichte er den Aus- 
bruch einer Eevolte, bei der Trebonius in grosse 
Gefahr geriet, aber nun schritt der Consul Ser- 
yilius ernstlich gegen ihn ein und suspendierte 
ihn laut Senatsbeschluss von seinem Amte (vgl. 
noch Quintil. inst. or. VI 3, 25. Mommsen St.-R. 
I 262, 4). Die folgenden Begebenheiten lassen 
sich nur in ihren Hauptziigen erkennen ; C. gab 
vor, sich personlich an Caesar wenden zu wollen, 
aber start dessen trat er in Verbindung mit Milo, 
der in Campanien einen Aufstand zu erregen 
suchte. Es gelang ihm nicht,. sich mit Milo zu 
vereinigen, sondern dieser wurde vorher besiegt 
und getCtet; seine eigenen Versuche, Unruhen zu 
erregen, schlugen fehl, und schliesslich wurde er 
in Thurii von keltischen und spanischen Reitern 
Caesars, die er durch Bestechung gewinnen wollte, 
medergehauen (spatestens im Marz nach Schmidt 
a. 0.). 

C. war mit reichen kCrperlichen Vorzugen be- 
gabt (Cic Cael. 6. 36, dazu Gell. XVII 1, 4ff.L 
und wie er diese ausgebildet hatte (Macrob. sat.' 
Ill 14, 15), so hatte er auch seinen Geist durch 



1272 



1273 



Caelius mons 



sorgfaltige Studien geschult (Cic. Cael. 44f.; ad 
fam. II 10, 3) und gait stets als einer der ersten 
Redner seiner Zeit (vgl. z. B. Colum. I praef. 30. 
Tac. dial. 17. Quintil. inst. or. XII 10, 11. Plin. 
ep. I 20, 4). Aber seinen glanzenden Geistes- 
gaben standen sehr grosse Fehler gegenuber, die 
Cicero bei all seiner grossen Vorliebe fiir C. so- 
wohl in seiner Verteidigungsrede, wie in gelegent- 
lichen Bemerkungen (ad Att. VI 1, 21 u. a.) und 
lObesonders in seinem Nachruf (Brut. 273) deutlich 
erkennen lasst. Auch die Urteile von Spiiteren 
uber C, wie Veil. II 68, If. Quintil. inst. or. 
X 1, 115, und kleine Beitrage zu seiner Charak- 
teristik wie Sen. de ira III 8, 6 sind von Inte- 
resse. In Ubereinstimmung mit solchen Urteilen 
zeigen die Bruchstticke seiner Reden (gesammelt 
bei Meyer Orat. Rom. frg. 2 458-470) einen 
schlagfertigen Witz und eine geschickte Darstel- 
lung. Die besten darunter, die noch von Quin- 
20 tilian und Tacitus eifrig studiert wurden , waren 
die Anklagereden (Cic. Brut. 273. Quintil. inst. 
or. VI 3, 69) ; es ist aus der Stelle Ciceros aber 
nicht mit Nipperdey (Opuseula 299, 1) zu fol- 
gern, dass er.iiberhaupt nur dreimal als Anklager 
aufgetreten sei, sondern auch eine Notiz wie Plin. 
n. h. XXVII 4 kann sich auf ihn beziehen. Seine 
Briefe gehoren zu den interessantesten der cice- 
ronianischen Sammlung; die Gabe fesselnder und 
pikanter Schilderung, seharfer Beobachtung und 
30 treffender, oft boshafter Beurteilung verleiht ihnen 
einen besonderen Reiz. Eingehend aber iibel- 
launighatDrumannG. R. II 411— 422Lebenund 
Personlichkeit des C. gewiirdigt ; eine gftnstigere 
Beurteilung erstrebte Wegehaupt (M. Caelius 
Rufus, Breslau 1878), doch hat seine Monographie 
sonst nicht viel mehr selbstandigen Wert als die 
von Wieschholter (De M. Caelio Rufo oratore 
Leipzig 1885, mit Recension von Harnecker 
Wochenschr. f. klass. Philol. Ill 1098—1103). Am 
40 moisten ist vielleieht Boissier (Ciceron etsesamis 
167—219) dem C. gerecht geworden, indem er 
ihn als typischen Vertreter der romischen Jugend 
jener Zeit auffasste und darstellte, obgleich bei 
Boissier selbst dieses Bild manchmal etwas 
freie Ziige aufweist. Cber die Stellung und Be- 
deutung des C. in der romischen Litteratur vgl. 
Teuffel-Schwabe § 209, 6. 7, wo weitere mo- 
derne Litteratur verzeichnet ist. [Miinzer.l 
36) Cn. Arulenus Caeli us Sabinus, romiseher Ju- 
50 rist, wird in den Arvalacten des Jahres 69 n. Chr. 
am 30. April und 1. Mai als Consul genannt 
(CIL VI p. 498. Henzen Act. fratr. Arval. XCIV; 
vgl. Tac. hist. I 77). Er scheint auf den am 
16. April gestorbenen Kaiser Otho gefolgt zu sein 
(Mommsen Eph. ep. I p. 190f). Auch unter 
Vespasian stand er noch in hohem Ansehen (Pomp. 
Dig. I 2, 2, 52). Als Jurist war er Schulhaupt 
der Sabinianer und zwar Nachfolger des C. Cassius 
Longinus, also wahrscheinlich seit dessen Ver- 
60bannung im J. 65. Sabinus lieferte einen Com- 
mentar ad edietum aedilium eurulium (Gell. IV 
2, 3; Pragmente bei Lenel Pal. I 77ff. frg. 1-7). 
der von spiiteren Juristen (Gaius, Venuleius, Ul- 
pian) ofter benutzt ist. Andere Bruchstficke, 
welche diesem Edict fremde Gegenstande behan- 
deln (frg. 8—11 ; wegen frg. 11 und 12 vgl. Cae- 
cilius Nr. 24), lassen darauf schliessen, dass Sa- 
binus noch anderweite Schriften verfasst hat. Er 



Caelius mons 



1274 



citiert Cfter den Labeo (frg. 1; 3, 12. 15), auch 
Ofllius und Trebatius (frg. 7; 2) finden sich. 
Den Compilatoren Instinians haben seine Werke 
nicht mehr vorgelegen. Vgl. Zimmern Gesch. 
d. R. Priv.-R. I 321. Tenffel R. Litt.-G. § 316, 
1. Karlowa R. Rechtsg. I 695. Kriiger Quell, 
und Litt. d. R. R. 155f. [Jtos.] 

37) Cn. Arulenus Caelius Sabinus, cos. sun". 
69 n. Chr., s. o. Arulenus Nr. 2. 

38) C. Caelius Saturninus s. Saturninus. 

39) C. Flavins Caelius Urbanus s. Urbanus. 

40) Caelia, willkurlich gewahlter Name bei 
Mart. IV 61. VI 67. VLT 30. XI 75. [Groag.] 

Caelius mons, 1) In Rom {Caelius constant 
die Inschriften, z. B. CIL VI 334. 9479. 10099, 
und guten Hss. ; falsch Coelius) der sudest- 
lichste der sieben Hiigel. Er bildet, gleich dem 
Oppius Cispius Viminal und Quirinal vom Plateau 
der Esquiliae ausgehend, eine von Osten nach 



Quadermauer im Garten bei S. Gregorio, die ihrer 
Construction nach eher in die spat repubticanische 
oder gar erst die Kaiserzeit gehOren diirfte. Nach 
der servianischen Regionseinteilung bildete der C. 
den Kern der regio prima Suburana (s.Wissowa 
a. a. 0.). 

Von Kultusstatten auf dem C. werden genannt 
ein sacellum deae Carnae (Macrob. sat. I 12, 31. 
Tertull. ad nat. LT 9) und ein anderes der Minerva 
10 Capta (Ovid. fast. Ill 837 ; Mimervium in der 
Argeerurkunde bei Varro de 1. 1. V 47), welch letz- 
teres wahrscheinlich in der Nahe von SS. Quattro 
Coronati lag (vgl. das lateranische Haterier-Relief 
Benndorf-Schoene 232—234. Jordan Top. 
II 255; vielleieht stammt die "Weihinschrift an 
Minerva CIL VI 524, welche zuerst ,in hortis 
Theophilis in monte Caelio' abgeschrieben ist, 
daher). Ubrigens muss der C. wenigstens in spa- 
terer republicanischer Zeit ein stark bev6lkertes 



Westen ca. 2 km. lange, 4—500 m. breite Zunge; 20 Quartier gewesen sein (Mietskasernen : Haus des 



die Hche betragt zwischen 40 und 49 m. Ein 
nach Norden sanft abfallender Vorsprung gegen- 
iiber dem Oppius fuhrte den Namen Caeliolus 
(s. o.). tiber den angeblichen Urnamen Qtter- 
quetulanus mom (Tac. ann. IV 65) s. d.; den 
Namen C. leiten die Alten ab von dem etruski- 
schen Heerfuhrer Caeles Vibenna , dessen Scharen 
einem der romischen Kdnige zu Hiilfe gekommen 
und zum Dank den Berg als Wohnsitz erhalten 



Ti. Claudius Centumalus, welches demoliert werden 
muss, soweit es durch seine H»he die Himmels- 
beobachtungen der Auguren in aree st6rt! Cic. 
de off. Ill 66. Val. Max. VIII 2, 1), aber nicht 
fur vornehm gegolten zu haben (Cic. in Pison. 61). 
Doch wird als prachtvoll der Palast des Mamurra 
in Caelio monte erwahnt (Plin. n. h. XXXVI 48; 
vgl. Catull. 28, 4). 

Augustus bildete aus dem innerhalb der Ser- 



hatten (Varro de 1. 1. V 45. Dionys. II 36. 50. 30 viusmauer gelegenen Teil des Berges seine zweite 



Festus 355. Paulus epit. 44. Tac. ann. IV 65. 
Orat. Claudii de LTigdun.). Welchem KOnige der 
Etrusker zu Hiilfe gekommen sei, steht nicht 
fest; die Tradition schwankt, oh der C. von Ro- 
mulus (Varro a. a. 0.), Tullus Hostilius (Besiede- 
lung durch Einwohner des zerstOrten Alba longa: 
Liv. I 30. 33. Auct. de vir. ill. 4. Dionys. Ill 1), 
Ancus Marcius (Cic. de rep. II 18. Strab. V 234), 
Tarquinius Priscus (Tacit, a. a. 0.) oder Servius 



Region, Caelemontium, wahrend der Aussenbezirk 
zur funften Region, Esquiliae, kam. Im J. 27 
n. Chr. wurde ein grosser Teil des Berges durch 
Feuersbrunst verwiistet. Tiberius gab Geld zum 
Wiederauf ban , wofiir man zum Dank vorschlug, 
den Namen des Berges in Augustus mons um- 
zuandern (Sueton. Tib. 48. Tac. ann. IV 64, 
s. Bd. LT S. 2372 ; aber oqos TifleQiavov fj Kaihov 
bei Lydus de mensibus p. 118 Bekk. ist eine miss- 



Tullius (or. Claudii. Fest. a. a. 0.) zur Stadt 40 glfickte Conjeetur W. A. Beckers: zu lesen Ti- 



gezogen sei. Gegenuber diesen teils auf etymo- 
logischen Combinationen , teils auf unbewiesenen 
Hypothesen beruhenden angeblichen Nachrichten 
giebt es eine einzige gut beglaubigte sacrale 
Thatsache : der C. gehOrte zu den Stadtbezirken, 
in welchen am 11. December jeden Jahres das 
,Fest der sieben Berge' (Antistius Labeo bei Festus 
348. 340; der Name C. steht bezw. stand an 
beiden Stellen in der Hs. und ist nur von den 



poiiQxwv, wie Wissowa a. a. 0. 4 nachweist). Die 
Katastrophe macht Epoche in der Baugeschichte 
des C, der seitdem einen vornehmeren Charakter 
bekam, vielleieht zum Teil deshalb, weil der be- 
nachbarte Palatin , den die Nobilitat bisher be- 
vorzugt hatte, allmahlig ganz von den Kaiser- 
palasten eingenommen wurde. Hervorzuheben 
sind: der Palast des Annius Verus, Grossvaters 
des Marc Aurel, der in Iwrtis in Caelio monte 



neucren Herausgebern gestrichen, vgl. Wissowa 50 geboren war (Hist. Aug. Marc. 1; s. Bd. I 



Satura Viadrina 5) gefeiert wurde. Der C. ist 
also zur Stadt gezogen in der ersten ffir uns 
zu constatierenden Erweiterungsperiode der pala- 
tinischen Ansiedlung, deren Resultat die Septi- 
montialstadt (Palatium Cermalus Velia Fagutal 
Oppius Cispius Caelius mit Sucusa; vgl. Wissowa 
a. a. 0. mit der Karte S. 16, wonach die Dar- 
stellung auf Bl. I meiner Forma Urbis Romae zu 
berichtigen ist). Die servianische Befestigung 



S. 2279. 2281; daher vielleieht die jetzt den 
Kapitolsplatz schmiickende Marc Aurel-Statue, 
die im Mittelalter beim Lateran stand) ; ein Palast 
des M. Opellius Macrinus (Lanciani Acque 214, 
16. 17); einer derPisones (Lanciani a. a. 0. 214, 
20); der des Kaisers Tetricus (Hist. Aug. trig, 
tyr. 25), vielleieht auch des Philippus Arabs (do- 
rnzts Pkilippi Not. reg. II); die domus Veotiliana, 
in der Commodus ermordet wurde (Hist. Aug. 



schloss vom C. die westliche Halfte ein ; die Mauer 60 Commod. 16 ; Pertin. 5. Notit. reg. II. Chrono- 



iiberschritt in nordsiidlicher Richtung den H6hen 
rucken in der Nahe des Laterans (bier lag die 
Porta Caelemontanaj und folgte sodann nach 
Westen umbiegend dem Siidrande des Hiigels (in 
diesem Abschnitte lag wahrscheinlich die Porta 
Querquetulana, s. d.). Reste einer Sonderbefesti- 
gung des Hflgels sind nicht nachzuweisen, nament- 
lich halt man dafur ohne jeden Grand eine grosse 



graph, a. 354 bei Mommsen Chron. min. I 147. 
Oros. VII 16); vor allem der grossartige Palast 
der Laterani (Iuvenal. X 18. Aur. Victor epit. 
20. Lanciani Acque 214, 14. 15), der spater 
in kaiserlichem Besitz war und in dessen Bereich 
durch Constantins Munificenz die basilica Sal- 
vatoris ,cunetarum mater caput eeelesiarum 1 er- 
stand. Aus dem 4. und 5. Jhdt. n. Chr. sind be- 



1275 



Caelobothras 



Caelus 



1276 



kannt das Haus des Symmachus (epist. Ill 12. 88. 
VII 18. 19) in der Yitla Casali (dort gefunden die 
Ehrenbasis fur Symmachus CIL VI 1699) und der 
glanzende Familienpalast der Valerii (CIL VI 
1684 — 94. Acta SS. Piniani et Melaniae, vgl. 
de Eossi Bull. com. 1890, 288. Rom. Mitt. 
1891, 109) bei S. Stefano rotondo (de Rossi 
Studj e documenti di stor. e diritto VII 1886, 
235 — 244). Unscheinbar blieb dagegen der Stid- 



Ptol. a. 0. nennt als die Residenz des C. KAqovqh, 
das wohl mit Kerala identisch ist). Es scheint 
dies also kein Individualname zu sein, sondern 
ein den Konigen dieses Landes gemeinsamer (vgl. 
Lassen Indische Altertumskunde I 2 188, 1). Der 
Peripl. mar. Erythr. c. 54 (Miiller Geogr. Graeci 
min. I 297 z. St.) nennt auch als zum Reich, des 
KrjQofiozris gehorend die Stadte Tyndis und Mu- 
ziris. Da der Verfasser des Periplus ganz kurze 



rand des Hiigels, nach der Vallis Camenarum 10 Zeit vor der Abfassung der Naturalis historia 



zu, die in spatester Zeit den Namen Deeennium 
fiihrt. Hier nennt die Regionsbeschreibung den 
Namen lupanarii, vielleicht von einem vieus lu- 
panarium, ; mCglich, dass hier die summoenianae 
des Martial (vgl. Priedlanderzu Mart. I 34, 6) 
ihr Quartier hatten. 

Von flffentlichen Gebauden auf dem C. aus 
der Kaiserzeit sind zu erwahnen : der Tempel 
des Divus Claudius, von Agrippina begonnen, von 



schrieb (Dillmann M.-Ber. Akad. Berlin 1879, 
413ff.) , so ist hier derselbe C. wie bei Plinius 
gemeint. [Stein.] 

Caelobriga. Stadt in Lusitanien. Nach der 
iberischen Inschrift in lateinischer Schrift von 
Lamas de Molledo bei Viseu (CIL II 416 = Mon. 
ling. Iber. nr. LYII eaeilobricoi), wahrscheinlich die 
im Thai des Plusses Cuda (s. d.), am Zusammen- 
fluss des Durius und Agueda, unweit der Grenze 



Vespasian vollendet (Sueton. Vesp. 9. Frontin. 20 von Spanien und Portugal gelegene alte Stadt, 



de aq. 20. 76. Aur. Victor Caes. 9. Notit. reg. 
II. CIL VI 10251 a) mit der umgebenden Por- 
ticus Claudia (Martial, de spect. 2, 9; auf den 
Substructionen steht der Garten des Klosters von 
S. Giovanni e Paolo) ; das paedagogium ad Caput 
Afrieae (s. d.) fiir die kaiserlichen Pagen ; das 
Maeellum magnum (s. d.), fiber dessen Funda- 
menten die Kirche S. Stefano rotondo erbaut ist; 
die Castra Peregrina (s. d.) und benachbart die 



die auf westgotischen Miinzen Caliabria genannt 
wird (Heiss Monn. Wis. p. 47) und einen Bischofs- 
sitz hatte. Ihre tiberreste fiihren den Namen o 
castello de Calabre; sie ist vielleicht identisch 
mit der bei Ptol. II 6, 41 KoikiopQiya genannten 
Stadt der Coelerner (s. d.). [Hiibner.] 

Caelus (oder Caelum, vgl. Serv. Aen. V 801. 
Neue-Wagener Pormenl. 12 416) gehort nicht 
als Gotterfigur der rSmischen Religion an , son- 



Station der 5. Cohorte der Vigiles in Villa Mattei; 30 dern ist nur Ubersetzung des griechischen Uranos 



ausserhalb der Serviusmauer die Kaserne der equites 
singulares, das Amphitheatrum Castrense (s. d.), 
das ratselhafte Sessorium neben S. Croce in Ge- 
rusalemme, die Thermen der Helena, endlich wenig 
ausserhalb der Aureliansmauer das Grabdenkmal 
des Antinous (s. Erman und Hiilsen ROm. Mitt. 
1896, 113—130). 

Ungewisser Lage sind die in der Constanti- 
nischen Regionsbeschreibung genannten Locali- 



(s. d.). Daher ist er schon bei Ennius (ann. frg. 25 
Baehr. und Euhem. frg. 513. 514. 521 Baehr.) 
Vater des Saturnus-Kronos und Grossvater des 
Iuppiter-Zeus (Cic. n. d. II 63. Ill 44. Serv. Aen. 
V 801. Mythogr. Vat. I 204. II 1. Macr. Coram. 
I 2, 11), dann weiter Sohn des Aether-Aither und 
der ZH'es-Hemera (Cic. n. d. Ill 44. Hyg. fab. 
praef. p. 9, 17 Schm.; Uranos ist Sohn des Aither 
nach Titanomach. frg. 1 Kink.), nach andrer Uber- 



taten Arbor saneta, Mica aurea, antrum Cyclopis 40 lieferung des Okeanos und der Tethys (Mythogr. 



(vielleicht an der Grenze der reg. I unterhalb 
Villa Mattei). Dass Caelemontium in der Uber- 
schrift der Region (vgl. CIL VI 10099. Bull, 
erist. 1874,41. Bull. com. 1891,348) eine Strasse 
bezw. einen Platz bedeute, vermutet Elter (De 
forma Urbis Romae I Bonn 1891, 17). Das sanita- 
rium, spoliarium und armamentarium lagen 
vermutlich nicht auf dem Hiigel, sondern im Thale 
nOrdlich nach dem Colosseum zu. Vgl. Becker 



Vat. 1 204 Ophion et secundum philosophos Oeea- 
nus , qui et Nereus, de maiore Thetide genuit 
Caelum, wahrscheinlich blosse Entstellung der 
hesiodeischen Genealogie, theog. 132ff., nach der 
umgekehrt Okeanos und Tethys Kinder von Uranos 
und Gaia sind); ihm opfert Iuppiter-Zeus vor dem 
Kampi'e mit den Titanen (Fulg. myth. I 25. Myth. 
Vat. II 198. Ill 3, 4) ; aus seinem herabtraufelnden 
Blute (als er von seinem Sonne Saturnus-Kronos 



Topogr. 494— 508. Jordan Topogr. I 1 , 186 50 entmannt wurde, Cic. n. d. II 63. Myth. Vat. II 30. 



-188. Gilbert Topogr. II 1—143. Ill 347 
—351. [Hiilsen.] 

2) Die Station Celio monte verzeichnet das 
Itin. Ant. 250 in Raetien zwischen Guntia (Gunz- 
burg?) und Cambodunum (Kempten). Vgl. Not. 
dign. occ. XXXV 30 tribunus cohortis tertiae 
Hereuleae Pannoniorum, Caelio. Lage unsicher, 
Mommsen CIL III p. 721 (auf der Kiep.ert- 
schen Taf. IV ist Coelius ?nons das heutige Kell- 



III 1, 7) sollte Silenus entsprungen sein (Serv. Eel. 
6, 13), und in dem grossen genealogischen Lehrge- 
baude derkurzvorCiceroentstandenen .Differenzie- 
rungs-Theologie' (s. fiber diese jetzt R. H i r z e 1 
Ber. sachs. Gesellsch. d. Wiss. 1896, 277ff.) war 
CWws-Uranus als Vater des zweiten Iuppiter (Cic. 
n, d. III 53), des ersten Volcanus (Cic. n. d. Ill 55. 
Lvd. de mens. IV 54), des ersten Mercurius (Cic. 
a." a. O. 5fi. Serv. Aen. IV 577. I 297. Schol. Stat. 



miinz an der Iller). Vgl. Mullenhoff Deutsche 60 Theb. IV 482. Arnob. IV 14. Ampel. 9, 5) und 



Altertumskunde II 355. [Ihm/ 

Caelobothras, indischer Konig, der in der 
Hafenstadt Muziris residierte, zur Zeit Vespasians 
(cum kaec proderem sagt Plinius), Plin. n. h. 

VI 104. Die richtige Namensform scheint Ptolem. 

VII 1 , 86 zu bieten : Krjoopo&oas ; denn dieser 
Name ist dem der Gegend entnommen (ai. Kera- 
laputra, Sohn von Kerala [an der Kflste Malabar] ; 



der ersten Venus (Cic. a. a. O. 59. AmpeL 9, 9. 
Lyd. de mens. IV 44) aufgefuhrt. Die kosmo- 
gonische Speculation der Stoiker stellte Himmel 
und Erde an die Spitze der Theogonie und identi- 
ficierte die Hauptgfltter der verschiedenen Religi- 
onen mit ihnen; vgl. Varro de 1. 1. V 57: Prin- 
cipes dei Caelum et Terra, hi del idem qui 
Aegypti Serapis et his . . idem principes in Latio 



1277 



Caemani 



Caenina 



1278 



Saturnus et Ops. Non. p. 197 Varro rerum divi- 
narum VI (deum significant non partem murtM) : 
sic pater magnus, mater magna (mater magna 
Iunius, matema Hss.) his sunt Caelus (Tel- 
lw8) (zugefiigt von Quicherat). 

Nirgends ist hier von einem Kulte des C. die 
Rede, und darum kann sich die Vorschrift des 
Vitruv. I 2, 5 lovi Fulguri et Caelo et Soli et 
Lunae aedificia sub diu hypaethra constituentur, 
was C. anlangt, nicht auf heimisch romische Ver- 
haltnisse beziehen, sondern nur auf einen einge- 
drungenen Fremdkult. Alle Weihinschriften, die 
den C. erwahnen , geheren in den Bereich der 
orientalischen Superstition; darauf weist schon 
das Beiwort aeternus ( Optimus maximum Caelus 
aeternus Iuppiter CIL VI 81 = Cumont Mithras 
inscr. nr. 59, Caelus aeternus auch CIL VI 83. 
84; iiber die Bedeutung des Beiwortes aeternus 
s. Cumont Rev. archeol. 1880 I 184ff. und oben 
Bd. I S. 696f.) und die enge Beziehung des Himmels- 
kultes zur Mithrasreligion (die erwahnte Inschrift 
CIL VI 81 ist zusammen • mit einer Weihung an 
Mithras, ebd. 82, gefunden; vgl. auch CIL VI 
754 = Cumont Mithras inscr. nr. 13, wo ein Ein- 
geweihter des Mithrasdienstes caelo devotus et 
astris heisst, und s. u. Caelestinus Nr. 1), die 
am deutlichsten auf einer im dritten Mithraeum 
von Heddernheim gefundenen Stele (Cumont 
Mithras Monum. fig. nr. 253.?, Abbild. 289—291, 
vgl. Westd. Ztschr. XIII 1894, 96f.) hervortritt; 
wahrend die Vorderseite die Felsgeburt des Mithras 
darstellt, zeigen die Nebenseiten je unter einem 
Fackeltrager einerseits Oceanus, andererseits einen 
auf der Himmelskugel sitzenden blitztragenden 
Adler mit der Unterschrift Celum (A ecus.). Aus 
diesem Gedankenkreise heraus wird auch die Auf- 
nahme von Caelus allein (CIL II 2407 = Cu- 
mont Mithras inscr. nr. 520) oder Caelus und 
Terra (Altar der equites singulares, Ann. d. Inst. 
1885, 260 nr. 23 = Cumont a. a. O. nr. 130) 
in grossere Gotterreihen zu erklaren sein, wahrend 
die Weihung Caelo aeterno, Terrae matri, Mercu- 
rio menestratori (CIL VI 84) vielleicht den samo- 
thrakischen Gottern gilt (Terra enim et Caelum, 
ut Samothracum initia docent, sunt dei magni, 
Varro de 1. 1. V 58; der dienende Mercur ist der 
Hermes Kadmilos). liber bildliche Darstellungen 
des Himmels in Gestalt eines mit halbem Leibe 
auftauchenden bartigen Mannes, der ein Gewand 
bogenfOrmig liber seinem Haupte halt (z. B. auf 
dein Panzer der Augustusstatue von Prima Porta, 
Monum. d. Inst. VI. VII 84), s. Visconti Museo 
Pio-Clem. IV 137. O. Jahn Arch. Beitr. 85, 28; 
Ber. sachs. Gesellsch. d. Wiss. 1849, 63ff. 

[Wissowa.] 

Caemani (?), Belgisches Volk, von Caes. b. g. 
II 4 zusammen mit den Condrusi Eburones Cae- 
rosi genannt (qui unn nomine Qermani appel- 
lantur). Die gewOhnliche Lesart ist Paemanos. 
Aus Caesar schOpft Oros. VI 7, 14 (Caemani). 
Zeuss Die Deutschen 212. 213. Mullenhoff 
Deutsche Altertumskunde II 196f. R. Much 
Deutsche Stammsitze 166. [Ihm.] 

Caementum, meistens im Plural caementa 
(als fem. u. a. auch in der puteolanischen Bau- 
inschrift CIL I 577 = X 1781), bezeichnet nur 
selten den Baustein im allgemeinen ; in der Regel 
sind caementa die formlosen Bruchsteine aus den 



verschiedensten, jeder Landschaft eigentumlichen 
Bruchen (vgl. Vitruv. II 7. Plin. n. h. XXXVI 
166ff.), insofern sie, nach uralter Sitte durch Lehm, 
in jllngerer Zeit durch KalkmOrtel (Vitruv. II 4) 
gebunden, als Baumaterial verwendet wurden. 
Diese seit altester Zeit verbreitete Mauertechnik 
(griech. Xt&oX6yr)[ta, den Germanen war sie an- 
geblich unbekannt, Tacit. Germ. 16) steht im 
Gegensatz zum Quaderbau (saxa quadrata) und 

10 zur Verwendung von gebrannten oder ungebrann- 
ten Ziegeln (structura testacea und latericia) ; 
sie heisst caemenfieium , caementicia structura 
(parietes eaementieii u. a.) oder opus incertum. 
Verlangt wurden dazu bei den ROmern c. minuta 
(Cato agric. 18, 7) oder minutissima (Vitruv. II 
8, 1. IV 4, 4), und in der puteolanischen Bau- 
inschrift wird als Maximalgewicht der Bruch- 
steine fiinfzehn Pfund ausbedungen, fiir die Wande 
von Cisternen wird gar nur 1 Pfund anempfohlen 

20 (Vitruv. VIII 7, 14 = Plin. n. h. XXXVI 173); 
fiir die Mauerecken waren besondere caementae 
angolariae erforderlich. Die Bruchsteinwande 
erhielten meistens einen Verputz von Lehm oder 
von Stuck; waren sie mit kleinen schrag gestellten 
Steinen oder Ziegeln von quadrater Form ver- 
blendet, so nannte man das reticulatum; beim 
emplecton und beim diatonicon bestand die Ver- 
blendung aus Quadern. Einzelheiten der Bau- 
weise mit caementa sind namentlich aus Pompeii 

30 bekannt gemacht worden. 

Litteratur. NissenPomp. Studien 57. Mau 
Pomp. Beitrage 3. Overbeck-Mau Pomp. 503. 
Blttmner Technol. Ill 146. Durm Die Baustile 
II 2, 136. Th. Wiegand Die puteolan. Bau- 
inschr., Jahrb. f. Philol. Suppl. XX 710. Da- 
remberg et Saglio Dictionn. I 810. 

[Puchstein.] 
Caena. 1) Ort in Kappadokien, siidostlich 
von Tyana, Itin. Heros. 578, 3. 

40 2) Ebenfalls in Kappadokien gelegen, auf der 
Strasse von Tyana nach Ankyra, Tab. Peut. X 1 
(Miller). Die Lage beider Orte ist unbekannt. 

[Ruge.] 
Caenia, nach Plin. n. h. Ill 35 Berg in den 
Alpen, auf dem der Varus entspringt. Desjardins 
Geogr. de la Gaule I 95. 175 liest Cema. 

[Ihm.] 
Caenicenses s. Caenus. 
Caenina (Kaivlvrj; Einw. gewohnl. Gaeni- 

50 nenses, doch Caenini Propert. IV 10, 9, KatrTzcu 
Dionys. Halic. II 33, Kevtvijiai Plut. Rom. 16), 
Stadt in Latium (irrig Steph. Byz. nohg SafHvcov), 
nur in der Urgescliichte Roms zweimal erwahnt; 
erstens gelegentlich eines Opfers, das Romulus 
(vor der Stadtgrundung) gebracht habe (Dionys. 
I 79, 13), zweitens beim Frauenraube an den 
Consualien. Die Einwohner von C. zusammen 
mit denen von Crustumeria und Antemnae greifen 
zuerst zu den Waffen, Romulus besiegt sie und 

60 erwirbt von dem KOnige Aero von C. die ersten 
spolia opima (Act. triumph. CIL 1 2 p. 43. Elog. 
IV CIL 12 p. 189 = X 809. Liv. I 10. Propert. 
IV 10. Dionys. Halic. II 32-34. Plutarch. Romul. 
16. 27; Marcell. 8. Flor. 1 1. Val. Max. Ill 2, 1. 3. 
Eutrop. I 2. Auct. de vir. ill. 2. Solin. I 20. Am- 
pelius 21. Serv. Aen. VI 859; vgl. Bd. I S. 1199). 
Die Stadt verschwand spurlos (Plin. Ill 68), die 
Sacra wurden nach Rom iibergefiihrt (s. Cae- 



1279 Caeninenses sacerdotes 

ninenses sacerdotes). Uber ihre Lage ist nur 
zu vermuten, dass sie sehr nahe an Eom, viel- 
leicht zwischen Eom und Gabii am linken Ufer 
des Anio gelegen habe. Nib by Dintorni di Roma 
I 332—335. A. Bormann Altlatin. Chorographie 
183—185. [Hulsen.] 

Caeninenses sacerdotes (CIL V 4059. 5128. 
VI 1598. IX 4885f. X 3704. XI 2699. 3103. XII 
671), rOmisches Staatspriestertum der Kaiserzeit, 
bestimmt filr die Pflege der sacra der unterge- 
gangenen Gemeinde Caenina (s. d.). Die Trager 
dieses Priestertnms gehorten dem Bitterstande und 
zwar dessen vornehmsten Kreisen an (Wilmanns 
De sacerdotiorum p. p. R. quodam genere, Bero- 
lini 1868, 51ff. Mommsen St.-E. Ill 568); an 
ihrer Spitze stand ein summus Caeninensis (vita- 
ros Kaivsivrivoig Ieq&v Srj/tov 'Pwfiaiwv CIA III 
623, 7 = 624, 4, vgl. Marquardt Ephem. epigr. 

I P- 203). [Wissowa.] 

Caenis. Antonia Caenis s. Antonius Nr. 117. 

Caenus (Katvog), Kiistenfluss in Gallia Nar- 

bonensis, Sstlich von der Bh6nemirndung , Ptol. 

II 10, 5. Heute der Arc, nach andern die Tou- 
loubre. An diesem Plusse wohnten die von Plin. 
n. h. Ill 36 genannten Caenicenses, deren Name 
auf gallischen Silbermirazen in der Form KAINI- 
KHTQN wiederkehrt. Dictionnaire archeol. de la 
Gaule, monnaies Gauloises nr. 1 ; vgl. De la Saus- 
s a y e Numism. de la Narbonnaise 105f. Herzog 
Gallia Narb. 30. 137. Desjardins G«5ogr. de la 
Gaule II 88f. (auch I 172. 194). Holder Altcelt. 
Sprachschatz s. Kainiketai (I 683). [Ihni,] 

Caenys proinontorium s. Kainys. 

Caeparius. M. Caeparius aus Terracina, Ge- 
nosse Catilinas, nahm an den Verhandlungen mit 
den allobrogischen Gesandten teil (Sail. Cat. 47, 
1) und hatte die Aufgabe erbalten, die Hirten- 
sclaven Apuliens fur die Saehe der Verschworenen 
zu gewinnen (Cic. Cat. Ill 14. Sail. Cat. 46, 3); 
auf die Nachricht, dass alles entdeckt sei, entfloh 
er aus Eom (Sail. 46, 4), wurde eingeholt, dem 
Cn. Terentius zur Bewachung iibergeben (47, 4) 
und mit den anderen Hauptradelsfiihrern am 5. De- 
cember 691 = 63 hingerichtet (55, 6). [Munzer.] 

Caepasins. C. und L. Caepasii, zwei Briider, 
Zeitgenossen des Hortensius, qui multa opera, 
ignoti homines et repent ini, quaestor es eeleriler 
faeti sunt, oppidano quodam et incondito genere 
dieendi (Cic. Brut. 242). 680 = 74 verteidigten 
sie, wenigstens der altere von ihnen, den C. Fa- 
bricius gegen eine Anklage des A. Cluentius Ha- 
bitus (Cic. Cluent. 57f. citiert von Iul. Vict. 17 
p. 248, 35 Or.). _ [Munzer.] 

Caepiana, Station im sfldlichen Lusitanien, 
wohl nach einem praedium benannt (wenn die 
Namensform richtig uberliefert ist), zwischen Anas 
und Tagus nach Ptol. H 5, 5 und an der rOmi- 
schen Strasse zwischen Laccobriga (s. d.) und 
Mirobriga (s. d.|. Die Lage ist nicht genaner 
ermittelt; Cezimbra zwischen Setubal und Cap 
Espichel, woran man gedacht hat, liegt viel zu 
nOrdlich.^ [Hubner.] 

Caepias (Kauiias), angebliches Cognomen des 
C. Octavius, des spateren Kaisers Augustas, Dio 
XLV 1, 1 Dind. V p. 36. Die Erklarung dieses 
sonderbaren Namens, den man mit dem andern 
Cognomen des Octavius, Thurinus, in Verbindung 
bringen zu miissen geglaubt hat, ist bisher ohne 



Caepol . 



1280 



1281 



Caeracates 



Caere 



1282 



Erfolg versucht worden. Vgl. Gardthausen 
Augustus II 1, 19f. [Stein.] 

Caepio, rOmisches Cognomen, besonders bei 
den Serviliern (s. d.) in Gebrauch. Es gehort zu 
den seltenen Beinamen, die in einem bestimmten 
Palle zu Namen wurden (auct. de praen. 2), denn 
M. Brutus, der Caesarmorder, fuhrt es nach der 
Adoption durch seinen Oheim Q. Servilius Caepio 
an Stelle des Gentilnamens ; er heisst officiell 
10 Q. Caepio Brutus, auch Q. Caepio oder familiar 
M. Brutus (Mommsen E. Forsch. I 51). Da er 
aber unter dem Namen M. Iunius Brutus allein 
bekannt ist, wird er unter diesem behandelt werden. 

[Miinzer.] 

1) Caepio s. Pannius, Eustius. 

2) Caepio, Botaniker zur Zeit des Kaisers Ti- 
berius; Quelle des Plin. n. h. XXI 18; ind. 1. 
XXI. XXII. [Stein.] 

3) Caepio Crispinus, Quaestor des Proconsuls 
20 yon Bithynien Granius Marcellus, klagte diesen 

im J. 15 n. Chr. der Majestiitsverletzung an. Der 
erste gewerbsmassige Delator (Tac. ann. I 74). 
Vgl. Nr. 4. 

4) A. Caepio Crispinus, genannt in der In- 
schrift seiner Aschenurne (CIL VI 31762). Da 
seine Tochter (Nr. 7, s. d.) mit einem leg(atus) 
der Kaiser Tiberius und Caligula vermahlt war, 
gehSrt er selbst in die Zeit des erstgenannten 
Herrschers und ist demnach wahrscheinlich mit 

30 Nr. 3 identisch. 

5) A. Caepio Crispinus, Consul suffectus 96 n, 
Chr. mit Q. Asinius Marcellus (Bom. Mitt. 1 1886, 
128). Welcher Crispinus Caepio in der Inschrift 
seines Sclaven, CIL VI 9341 gemeint ist, bleibt 
zweifelhaft. 

6) M. Eppuleius Proculus Ti. Caepio Hispo 
s. Eppuleius. 

7) (Gaepia) Crispina Caepionis f(ilia), d. i. 
Tochter des A. Caepio Crispinus (Nr. 4), da dessen 

40 Aschenurne in demselben Grabmal gefunden wurde 
wie die Grabschrift, die sie ihrem Gatten (Sep- 
ticius?) setzte. Der ebenda genannte M. Septi- 
cius SurfaJ war vermutlich ihr Sohn. Not. d. 
scavi 1896, 468 (unvollstandig CIL VI 31765). 

8) Caepia Procula , Gemahlin des M. Eegu- 
Kus) (Bull. com. XIX 1891, 294). Klebs (Pro- 
sopogr. imp. Eom. I 262 nr. 116) denkt an M. 
Aquilius Regulus. [Groag.] 

Caepionianug. A. Crispinus Caepionianus s. 
50Crispinus. 

Caepionis monntnentum, 6 Kawioivos nvq- 
yoi, nach Strab. Ill 140, der dem Poseidonios folgt, 
der unweit der Baetismiindung von Q. Servilius 
Caepio, dem Besieger des Viriat (Appian. Hisp. 
70), etwa 615 = 139 v. Chr. errichtete befestigte 
Leuchtturm (ijii jiezgag afi<ptx\vaxov , fiavftaoicos 
xaTt axevaa/teyos , wojieq 6 tydgoz, Ttjg xwv Tii.oi- 
Coftevcov owzrjQtag x&qiv). Danach nennt ihn Mela 
in ipso mart monumentum Caepionis scopulo 
60 magis quam insulae impositum (III 4) ; in dem 
entsprechenden Abschnitt bei Plinius (III 7) fehlt 
er._ Der Name lebt in dem der kleinen Stadt 
Chipiona fort; doch ist der Pels, auf dem der 
Turm stand , noch nicht nachgewiesen, da Uber- 
reste zu fehlen scheinen. [Hubner.] 

Caepol ■••(?), angeblich Rest eines Gctter- 
namens auf der Inschrift CIL II 5613 (Tuy, Con- 
ventus Bracaraugustanus). [fhm.] 



Caeracates. Volk in Obergermanien, nur von 
Tac. hist. IV 70 (z. J. 70) zusammen mit den 
Vangiones und Triboci erwahnt. Fruhere lasen 
auch Caraoates. Zeuss Die Deutschen 222. Bergk 
Zur Geschichte und Topographic der Rheinlande 
lllff. Much Ztschr. f. Deutsches Alt. XXXLX 21. 
Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. C. Miiller 
identificiert sie mit den Caritni des Ptolemaios 
(zu II 11, 6). [Ihrn.] 



und um die Halfte ihres Gebietes gestraft (Cass. 
Dio frg. 33 p. 138 Boiss.), wogegen nach Li v. VII 
20 ihnen, ohne Gebietsyerringerung, ein hundert- 
jahriger Waffenstillstand bewilligt wurde. In 
diese Zeit fallt vermutlich die Umwandlung von 
C. in eine Halbbiirgergemeinde zweiter Klasse 
(Mommsen St.-E. III585f.), deren Einrichtungen 
filr eine ganze Eeihe solcher Gemeinwesen vor- 
bildlich wurden (Strab. V 220. Gell. XVI 3, 



Caere (indecl., nur Abl. Caerete bei Prise. IV 10 7. Fest. 127 s. munieipium und 233 



29; griechisch KaZoi Ptol. Ill 1, 43 und Steph. 
Byz. s. "Ayvi-la ; Kai^y Steph. Byz. s. v. ; Kaipea 
Strab. V 220 ; Kaiq^a Dionys. Halic. Ill 58 ; Einw. 
meist Caeres, -ttis, doch auch Abl. Caerete Vergil. 
Aen. X 183 ; Gaeretamis Val. Max. 1 1, 10. Plin. 
n. h. Ill 51. Martial. VI 73, 3. EutU. Namatian. 
I 225. CIL XI 3614 [zweimal, woneben auch 
zweimal Caerites] ; Geretanus CIL XI 3367 ; die 
Griechen Kaigyzavos oder Kaigeravde Dionys. Halic. 
I 20. DTI 58. IV 27. Strab. V 220. 226. Steph. 20 vgl. Sil. Itafvin 474)r~Sonst* wird Iras' repu- 



- s. prae- 

feeturae. Horat. epist I 6, 62 m. d. Scholien; 
vgl. Caeritum tabulae). Ein Zeugnis fflr den 
Verkehr zwischen C, una Rom im 4. Jhdt. ist 
die Stelle bei Liv. IX 36, 3 <zum J. 310) eonsulis 
frater M. Fabius Caere educatus apud hospites 
Etruseis imde litteris eruditus erat linguamque 
JEtruscam probe noverat. ImhamiibalischenKriege 
lieferten die Caeretaner der rOmischen Flotte Ge. 
treide und sonstigen Proviant (Liv. XXVIII 45, 15 ; 



Byz. s. "Ayvlla und KatQtj), Stadt im sudlichen 
Etrurien, nahe der Kuste des tyrrhenischen Meeres 
an dem Fliisschen Vaccina (Caeretanus amnis 
Plin. n. h. III 51 , Caeritis amnis Verg. Aen. 
Vin 59). Als urspriinglicher Stadtname wird 
Agylla angegeben, ein ,pelasgisches' Wort nach 
den Alten, wahrend Neuere es aus dem Phoini- 
kischen ableiten (s. Bd. I S. 913). Dass dieser 
Name noch in spaterer Zeit gebrauchlich war, 



blicanischer Zeit nur noch von nach Eom ge- 
meldeten Prodigien berichtet (Liv. XXI 62, 5. 8. 
XXVLT 23, 3. XXVIII 11, 3. XLI 21, 13). Die 
Stadt muss in augustischer Zeit voTlig verfallen 
gewesen sein, so dass Strabon angiebt, sie habe 
an BevOlkernngszahl hinter den nahen Aquae Cae- 
retanae (s. Bd. II S. 297) zuruckgestanden. Doch 
unter Augustus oder spatestens unter Tiberius 
wurde die Stadt erneuert und scheint wieder zu 



beweisen Herodot. I 167 (Siihnfest der 'AyvUatoi 30 einer gewissen BMte gekommen zu sein. Sie 



in Delphi). Strab. V 220 (Schatzhaus der A. eben 
daselbst). Diodor. XV 14, 3. 4 (Pyrgos als 'AyvXXt,? 
inivsiov bezeichnet). Griindungssagen und absurde 
Etymologie von griechisch Xouqs bei Strab. V 
220 (daraus Steph. Byz.) und Serv. Aen. VIII 
597 (nach Hygin.); fabulose Kriegsgeschichten 
zwischen C. und den fliichtigen Trojanern unter 
Aeneas bei Liv. I 2. Verg. Aen. VIII 480 (s. 
auch Mezentius). Wann C. in die Hand der 



hatte zum obersten Magistrat einen dictator, da- 
neben eine aedilis iure dieundo (der zugleich 
praefectus aerari sein konnte) und einen aedilis 
annonae (CIL XI 3614). Auch ein quaestor (CIL 
XI 3615), ein censor perpetuus (CIL XI 3616. 
3617), ein curator Pyrgensium et Oeretanorum 
(CIL XI 3367, 3. Jhdt.) werden genannt. Die 
Decurionenversammlung heisst senatus (CIL XI 
3595. 3596. 3601. 3604. 3608. 3610. 3619). C. 



Etrusker gekommen ist, bleibt dunkel ; jedenfalls 40 wird in friiherer Kaiserzeit noch gelegentlich er 



darf man daraus, dass Herodot. I 167 zum J. 535 
v. Chr. es noch Agylla nennt, nicht schliessen, 
dass es noch bis Ende des 6. Jhdts. eine unab- 
hangige .pelasgische' Stadt gewesen sei. Wahrend 
die meisten Schriftsteller mit diesem Wechsel 
der Herrschaft den Wechsel des Namens (C. statt 
Agylla) verknupfen, behauptet allein Probus zu 
Aen. X 183, C. sei der alteste Name, den die 
Etrusker in Cisra geandert hatten, C. wird unter 



wahnt wegen seines (mittelmassigen) Weines (Mar- 
tial. XIII 124. Colum. r. r. IH 3), von den 
Geographen Ptolemaios (HI 1, 43) und Plinius 
(HI 51), ferner bei Martial. VI 73, 3. Gemalde 
in C, welche alter sein sollten als Rom, erwahnt 
Plin. XXXV 18. Dass im 5. Jhdt. n. Chr. C. 
Bischofssitz gewesen sei, schloss man aus der 
Subscription der rOmischen Synode von 499 ; aber 
dort ist Cerrensis episcopus nnr Schreibfehler 



die Zwolfstadte Etrunens gerechnet und war durch 50 fur Lorenis. S. Mommsen im Index zu Cassio 



Seehandel bluhend und machtig; ruhmend wird 
hervorgehoben, dass die Einwohner nicht Seeraub 
trieben (Strab. a. a. O.). In der Geschichte der 
rOmischen KOnige spielt C. ehie bedeutende Eolle 
(s. Dionys. Halic. Ill 58: Krieg unter Tarquinius 
Priscus; IV 27 unter Servius Tullius); als Zu- 
fluchtsort der vertriebenen Tarquinier nennt es 
Liv. I 60, 2. Vgl. noch Liv. IV 61 und V 16, 5. 
Nach der Gallierinvasion 390 wurden die Vestalen 



dor p. 503. 513. Im Mittelalter sank die Stadt 
immer mehr; anfangs des 13. Jhdts. verliess ein 
Teil der Bewohnerschaft C. und grundete Sstlich 
davon im Thale des Fosso Sanguinara den Ort 
Caere novum, jetzt Ceri, im Gegensatz zu welchem 
die antike Stadt nun den Namen Cervetri erhielt. 
Die Stadt C. lag auf einem ca. 100 m. fl. 
M. sich erhebenden, von Nordost nach Siidwest 
streichenden Tuffhugel, der nach drei Seiten schroff 



"°^ ^ ie saera nacn c - in Sicherheit gebracht 60 abfallt und nur von Nordost her zuganglich war. 



(CIL P p. 191 elog. VI = CIL VI 1272. Liv. V 40, 
10. Val. Max. 1 1, 10. Strab. V 220; daher Ab- 
leitung der eaerimoniae von C. Val. Max. a. a. O. 
Paul. epii. 44) : deshalb ward nach Liv. V 50, 3 
im gleichen Jahre ein Freundschaftsvertrag zwi- 
schen Eom und C. geschlossen. Im J. 353 ergriffen 
die C. aus Freundschaft fur die Tarquinienser 
die Waffen gegen Rom, wurden aber uberwunden 

Pauly-Wissow» III 



Der Lauf der ca. 6 km. langen Mauer ist noch 
erkennbar, ebenso die Stellen von acht Thoren. 
Im Innern der Stadt finden sich, abgesehen von 
dem 1846 ausgegrabenen Theater, das zahlreiche 
Inschriften und Kaiserstatuen geliefert hat (B e n n- 
dorf-Schoene Lateran 121ff.), keine nennens- 
werten Ruinen; dagegen ist die Nekropole auf 
dem nordwestlich gelegenen Hiigel (la Banditaccia) 

41 



1283 



Caerellius 



Caeritum tabulae 



1284 



sehr bedeutend. Unter den Grabern, meistens 
in den Felsen gehauenen Kammern Ton ober- 
irdischen Tumuli iiberragt, ist das bedeutendste 
die 1836 ausgegrabene tomba Eegulini-Galassi, 
deren reicher Inhalt an Goldschmuck , Waffen etc. 
jetzt im Museo Gregoriano des Vaticans ist (Mus. 
Gregor. A I tav. 1 — 33); femer das Familien- 
grab der Tarcna-Tarquinii (OIL XI 3626—3634), 
die 1850 von Campana aufgedeckte Grotta dei 



e(larissimus) v(ir) , Proconsul ron Makedonien 
(CIL VI 1366. 1367 = Dessau 1161). Henzen 
identificierte ibn mit C. Caerellius Pufldius An- 
nius Eavus Pollittianus (Nr. 5), was jedoch von 
Klebs, der ibn der Diocletian vorangehenden Zeit 
zuweisen mdchte, wohl mit Recht bezweifelt vfird 
(Prosopogr. imp. Rom. I 263 nr. 126). 

8) Caerellius Priscus, •praetor tutelaris, an 
den Marcus und Veras Schreiben richteten (Paulus 



Rilievi und ein 1874 ausgegrabenes mit bemalten 10 frg. Vatic. 244; die unmittelbar vorher erwabn 



Terraeottaplatten (Brizio Bull. d. Inst. 1874. 
128—136). Neuere Ausgrabungen Not. d. scavi 
1876, 37. 1877, 155. 1881, 166. 1886, 38. 39 
(B or sari). Lateinische Inschriften aus C. CIL 
XI 8592—3709. S. Can in a Etruria Maritima I 
135—203 und Taf. 41—73. Nib by Dintorni di 
Roma I 335 — 352. Dennis Cities and cemeteries 
of Etruria 2 226—284. [Hiilsen.] 

Caerellius, plebeische Familie. 1) [Caerel- 
lius] ', [leg(atus) AugfustiJ] pr(o) prfaetorej von 20 scheinlich sein Sohn. 
Thracia, Moesia superior, Raetia — das er dem- 
nacb als Consular verwaltete (und zwar nach dem 
J. 166) — , Germania superior und Britannia. Ge- 
mahl der Modestiana, Vater des Caerellius Mar- 
cianus (Nr. 6) und der Caerellia Germanilla (Nr. 12), 
CIRh 1003 Mogontiaeum; vgl. Zangemeister 
Westd. Ztscbr. XI 1892, 314. [Groag.] 

2) Q. Caerellius, M. f., Tribunus militum, 
Quaestor, Volkstribun, Praetor, Legat des Trium 



ten epistulae divorum Hadriani et Antmini 
waren keinesfalls an C. gerichtet). 

9) C. Caerellius Sabinus, Legat der legio XIII. 
Gemina (CIL in 1074. 1075. 1076. 1111 Apu- 
lum) zwischen 183 und 185 n. Chr. (CIL III 1092 
Apulum). Seine Gattin, die auf den drei erst- 
genannten Inschriften neben ihm erscheint, hiess 
Fufldia Pollitta. Demnach war C. Caerellius Fu- 
fidius Annius Ravus Pollittianus (Nr. 5) wahr- 
"^inlich. sein Sohn. [Groag.] 

10) Caerellia war eine Frau, die viel Interesse 
und Sinn fur Philosophie hatte und dadurch zu 
Cicero wahrend seiner letzten Lebensjahre, min- 
destens von 708 = 46 an, in nahere Beziehung 
kam (Cic. ad Att. XII 51, 3. XIII 21, 5. 22, 3. XIV 
19, 4. XV 1, 4. 26, 4; ad fern. XIII 72, 1). Bei 
Dio XL VI 18, 4 wirft Q. Fufius Calenus in einer 
Sehmahrede , die im Januar 711 — 43 gehalten 
sein soil, dem Cicero vor, er babe mit C. ein 



vim M. Antonius und Proconsul nach der Grab- 30 Liebesverhaltnis gehabt. Offenbar ist dies spatere 

scbrift, die ihm sein Sohn gesetzt hat (CIL VI 1364. " ' ' ~ ' " " 

Mommsen Res g. d. Aug. 2 180). [Miinzer.] 

3) Q. Caerellius Q. f. Qui(rina), Sohn des 
Q. Caerellius M. f. (Nr. 2), Illvir cap(italis), 
quaefstorj pro pr(aetore), trfibunus) plfebis), le- 
gatus pro pr. ter — vgl. Mommsen Res g. d. 
Aug. 2 181 — , pr(aetor), praeffectusj frumfenti 
dandi) ex sfenatus) c(bn)s(uUoj, Legat des Kaisers 
Tiberius, Proconsul (Grabschrift CIL VI 1364a 
= Dessau 943). [Groag.] 



Verleumdung; sie stiitzte sich auf den Briefwechsel 
der beiden (Dio a. 0. Quintil. inst. VI 3, 112. 
Auson. cent. nupt. 4, 9), der den Nachkommen 
pikanter erschien, als zulassig, wahrend doch 
Cicero damals ein Sechziger und C. noch alter 
war, vgl. Drumann G. R. VI 415. Boissier 
Ciceron et ses amis 94. [Miinzer.] 

11) Caerellia, als mater bezeichnet, kommt 
auf der Fahrt von Bauli nach Baiae durch Er- 

40trinken urns Leben, Mart. IV 63. Hingegen ist 
die IV 20, 1 genannte C. wohl nur eine fingierte 
PersCnlichkeit. [Stein.] 

12) Caerellia Germanilla, Tochter des Cae- 
rellius Nr. 1, s. d. [Groag.] 

Caeriana (Kaigiavd), Station in der westlichen 
Hispania Baetica zwischen Canaca (s. d.) am Anas 
und Urium (s. d.) am Odiel, nur bei Ptolemaios, 
der sie den Turdetanern zuteilt (II 4, 10). Wenn 
der Name richtig iiberliefert ist (vgl. Caepiana), 



4) Q. Caerellius (die Hss. Cerellius). Ihm 
widmet Censorinus zu seinem 49. Geburtstag das 
Buch de die naiali (vgl. 1, 1. 15, 1 cum istum 
annum .... transieris, vgl. 14, 14), im J. 238 
n. Chr. (v. c. Pii et Pontiani consulatus 21, 6). 
Sein Reichtum , seine Kenntnisse und seine Be- 
redsamkeit werden in einer dem Zweck der Schrift 
entsprechenden Weise gepriesen (1. 15). Er hat ver- 

schiedene Municipalamter und Municipalpriester- _. 

schaften bekleidet (15, 4). Vgl. auch Cassiod. 50 wohl von einem rOmischen praedium benannt! 



de mus. 586 = Migne lat. LXX 1208. [Stein.] 

o) O. Caerellius Fufidius Annius Ravus C. 
fil. Ouffentina) Pollittianus, sodalis Marcianus 
Aurelianus Commodianus Hehianus Severianus, 
triumvir monetfalis) a(ere) afrgento) afuro) f (lan- 
do) f(eriundoJ, tribfunus) laticlavius leg(ionis) III. 
Cyrfenaicae), sevir equit/um) Romfanarum) tur- 
mae primae, quaestor candidatus des Caracalla 
(212 — 217), trib(unus) plfebisj candid(atus),pr(ae 



Die Lage ist nicht bestimmt; mit Ceret (s. d.) 
hat es nichts zu thun (wie K. Mailer zum Ptol. 
annahm). [Hiibner.] 

Caerianug s. Pica Caerianus. 

Caeritnm tabulae. Die geringere Rechts- 
stellung der Caerites, welche fur eine Klasse von 
rSmischen Muncipien typisch geworden ist, pflegt 
man an den von Liv. VII 20, 8 zum J. 353 v. 
Chr. gemeldeten Friedensschluss zwischen Rom 



tor) hastarfiusi, CIL VI 1365 = Dessau 1160. 60 und Caere zu knflpfen. Der zeitliche Ansatz diirfte 



Wohl der Sohn des C. Caerellius Sabinus (Nr. 9) 
und der Fufidia Pollitta. Vgl. auch C. Caerel- 
lius Pollittianus (Nr. 7). 

6) Caerellius Marcianus, Sohn des Caerellius 
Nr. 1 (s. d.) und der Modestiana ; vgl. Cerellius 
Macrinus. 

7) C. Caerellius Pollittianus, mit dem Agno- 
men Helvinus (in der zweitgenannten Inschrift), 



ungefahr richtig sein, dawirdoch annehmen mussen, 
dass Caere fruher als Aricia (338) und Anagnia 
(306), welche nachmals in der gleicben Kategorie 
wie Caere standen, jener Bestimmung unterworfen 
worden ist, und da Gellius ausdnicklich Caere 
als das alteste Municipium sine suffragio be- 
zeichnet. Die antiken Berichte aber, deren auf- 
fallige Verwirrung Mommsen St.-R. Ill 572, 3 



1285 



Caerosi 



Caesar 



1286 



darlegt (s. ausserdem iiber die Einordnung von 
frg. 33 des Cassius Dio die Ausgabe Boissevains 

I 138: zwischen 292 und 273 v. Chr.), sind dafilr 
nicht zu verwerten. Es scheint, dass man bereits 
in augusteischer Zeit keine Behelle fand, die An- 
fange und die Grtmde dieses Institutes oder viel- 
mehr der tabulae Caeritum zu ermitteln, auf die 
{ausser Fest. p. 127) alle Erwahnungen der Cae- 
rites sich beziehen. 

Festus unterscheidetp.257 die durch sHeCaerites 
repraesentierte Klasse von der bestberechtigten Ka- 
tegorie (im spateren Sinne des t. t. Municipium) 
und von den ubrigen Municipien sine suffragio 
so: id genus hominum definitur, quorum civitas 
uwiversa in eivitatem venit, ut Aricini, Caeri- 
tes, Anagnini. Die anderen Zeugnisse (Gell. XVT 
13, 7, wo der Mangel des ius suffragii als Haupt- 
merkmal des caeritischen Rechtes erscheint; Strab. 
V 220: die loovo/iia ist nicht gegeben, weil die 
Caerites nicht in den Biirgerlisten geruhrt wer- 
den; Pest. p. 233: die Rechtsprechung in Caere 
wird, wie in andern des Vollbiirgerrechts entbehren- 
den Municipien, dem vom praetor urbanus dele- 
gierten Praefecten zugewiesen) bieten nur Daten, 
welche sich auf alle nicht vollberechtigten Biirger- 
gemeinden oder selbst auch auf die von Vollbiir- 
gern gebilieten praefeeturae erstrecken, und nichts, 
was die Caerites als solche kennzeichnet. Genauer 
umschreibt Liv. IX 43, 24 dieses Recht, da er von 
Anagnia und seinen Bundesgenossen sagt: civitas 
sine suffragii latione data, concilia eonubiaque 
adempta et rnagistratibus praeterquam saerorum. 
curatione interdictum. Spatestens durch die Ge- 
setze de civitate, welche im Verlauf des Bundes- 
genossenkriegs promulgiert wurden, sind die Ge- 
meinden mit caeritischem Recht in vollberechtigte 
umgewandelt worden. Damit hOrte aber die Exi- 
stenz von tabulae C. nicht auf; in, quas censores 
referri iubebant, quos notae causa suffragiis pri- 
vabant Gell. a. O. ; vgl. Horat. epist. I 6, 62 und 
die Cruquius-Scholien dazu, sowie Strab. a. O. 
So war in tabuias G. referre synonym geworden 
mit aerarium facere und tribu movere. S. Bd. I 
S. 675. Mommsen St.-R. lis 404. 406. Ill 583ff. 
CIL X p. 584. Bormann CIL XI p. 534. Wil- 
lems Droit public 5 105. [Kubitschek.] 

Caerosij belgiseb.es Volk, nur von Caes. b. g. 

II 4 zusammen mit den Condrusi, Eburones, Cae- 
mani (oder Paemani?) erwahnt (aus Caesar schOpft 
Oros. VI 7, 14); Variante Caeroesi. Zeuss (Die 
Deutschen 213) setzt sie in Verbindung mit dem 
pagus Caroascus, Carascus (auf den Hflhen um 
Prum). Miillenhoff Deutsche Altertumskunde II 
196f. R.MuchZtschr.f.d.Alt.XXXIX20. Gluck 
Kelt. Namen bei Caesar 40ff. Holder Altcelt. 
Sprachschatz s. v. Vgl. auch Bergk Zur Gesch. 
und Topographie der Rheinlande 114. [Bim.] 



Caeruleus fons, eine der Quellen der Aqua 
Claudia, an der Via Valeria 45 mp. von Rom 
(Frontin. de aq. 1 14. II 72. CIL VI 1256. 1257. 
1258), wahrscheinlich eine der ,acque Serene' ge- 
nannten Quellen zwischen Arsoli und Agosta. 
S. Lanciani Acque 65. 70. [Hiilsen.] 

Caesada, Stadt der Arevaker, in Hispania 
citerior, zwischen Complutum und Segontia (Itin. 
Ant. 436, 8. 438, 11. Geogr. Rav. 310, 1), des 

10 Ptolemaios Kaiaa&a, zwischen Bilbilis und Erca- 
viva (II 6, 57), wahrscheinlich das eaiMesa der 
iberischen Miinzen (Mon. ling. Iber. nr. 91). Es 
wird danach auf den Platz einer alten Stadt, ge- 
nannt el Monte, bei Espinosa de Henares und Car- 
rascosa gesetzt (Guerra Discurso a Saavedra 89). 

[Hubner.] 
Caesar. 1) Das alterbliche Cognomen der Iulii 
wurde von den mannlichen Mitgliedern des iuli- 
schen Kaiserhauses teils an Stelle des nicht ge- 

20fuhrten Geschlechtsnamens , teils neben dem Ge- 
schlechtsnamen als Cognomen gebraucht. Der 
letzte agnatische Descendent des Augustus war 
(infolge der Adoption des Tiberius durch Augustus 
und des Germanieus durch Tiberius) Caligula ( C. 
Caesar Augustus Germanieus, s. unter C. Iulius 
Caesar), mit dem somit das Geschlecht der Iulii 
ausstarb. Das Cognomen C. blieb zwar auch 
weiterhin im Gebrauch, aber nunmehr ausschliess- 
lich als Bestandteil der Titulatur fur die Regen- 

30 ten und deren directe mannlichen Nachkommen 
(s. Nr. 2). Als Namensteil erscheint C. also nur 
bei wenigen Personen der Kaiserzeit. Diese sind : 
der spatere Kaiser Augustus (imperator Caesar 
Augustus, s. unter C. Iulius Caesar), schon nach 
der testamentarisch erfolgten Adoption durch den 
Dictator C; ferner ?eine Enkel und spater Adop- 
tivsohne, namlich die Sfihne der Iulia und des 
M. Agrippa, Gaius, s. unter G. (Iulius) Caesar, 
Lucius, s. unter L. (Iulius) Caesar una Agrippa 

40 Postumus (Agrippa Iulius Caesar); der spatere 
Kaiser Tiberius nach der Adoption durch Augustus 
(Ti. Caesar Augustus, s. unter Ti. Iulius Cae- 
sar); Germanieus nach der Adoption durch Ti- 
berius (Germanieus Iulius Caesar); Tiberius 
leiblicher Sohn Drusus (Drusus Iulius Caesar) 
und dessen Sohne Tiberius, s. unter Ti. (Iulius) 
Caesar, und Germanieus, s. unter Germ. (Iulius) 
Caesar); endlich die Sohne des Germanieus, Nero 
(Nero Iulius Caesar), Drusus (Drusus Iulius 

50 Caesar), Gaius der Altere, s. unter C. (Iulius) 
Caesar, Tiberius, s. unter Ti. (Iulius) Caesar, 
sowie der uns unbekannte, einer von den dreien, 
die friihzeitig starben (vgl. Mommsen Herm. XIDI 
247f.), und Caligula. 

Zur Veranschaulichung der eben besprochenen 
Descendenzen diene folgender Stammbaum.*): 



M. Agrippa cm Iulia 

C. Caesar L. Caes&r Agrippa 
Iulius 
Caesar 



Imperator Caesar Augustus 

Ti. Caesar Augustus 



Drusus Iulius 
Caesar 



Germanieus Iulius 
Caesar 



Ti. Caesar Crermanicus 
Caesar 



Kero Drusus C. Caesar Ti. Caesar ignotus C. Caesar 
Iulius Iulius Augustas 

Caesar Caesar Germanieus. 



Das Verhaltnis der Adoption ist durch punktierte Linien gekennzeichnet. 



[Stein.] 



"u" ^aesaraugusia 

2) Den C.-Titel haben alle Kaiser geftihrt 
mit Ausnahme des Vitellius, der ihn ablehnte 
(Tac. hist. I 62. II 62. in 58. Suet. Vit. 8; 
anders OIL X 8016). Wahrend von Galba bis 
Nerva Caesar verschiedenfach gestellt ist, stent 
seit Traian regelmassig Imp. Caesar Yoran. Ausser 
dem Kaiser selber fiihren auch seine agnatischen 
Descendenten den C .-Namen, bis ihn Hadrian auf 
den designierten Nachfolger beschrankt. Der erste 



Caesarea 



1288 



„™,„4.- i, t\ -----o— "——«""". "" a»« ubi vieueinuc ors aui jxero aie ganze A. hier oder 

S "St 06 ITt? SZPZZL*? ¥± 10 i» ^r Nahemr Lager batte (Cnfllp. LXXXVIId! 



Heiss Mon. Wis. p. 48) lassen an der Lage keinen 
Zweifel. Die unter Augustus, Tiberius und Gaius 
Caesar geschlagenen roraischen Erzmfinzen (Mon. 
ling. Iber. nr. 35 a) mit den Feldzeiehen dreier 
Legionen und dem pfliigenden Priester, der die 
Coloniegrundung bezeichnet, scheinen zu lehren, 
dass zuerst Vexillationen der IV., VI. und X. Le- 
gion des Augustus in der Stadt lagen und nach- 
her vielleicht bis auf Nero die ganze X. hier oder 



Name fehlt, ist der spatere Kaiser L. Verus. 
Diese fur die Nachfolge in Aussicht genommenen 
Caesaren treten an dem auf ihre Ernennung fol- 
genden 1. Januar das Consulat an, werden in die 
grossen Priestercollegien aufgenommen (vgl. z. B. 
Hist. Aug. Comm. 1, 10. 12, 1) und pragen mit 
ihrem Bildnis (Herodian. II 15, 5). Sie sind ti- 
tulare, subordinierte Mitregenten und im Besitze 
eines secundaren proconsularischen imperium und 



• „ i.. x . ., — :: w.^w *w„ ^^ .cuius v^aesaraugusxam m rarraco. una sonsti 

4*& n^rJ:± n ^I^fJ C l L B 2 ^i^^ SchSftstellern (Auson. epist. 24,88* 



Inschriftliche Zeugnisse und Eeste von Bauten, 
bis auf die Mauern und Thore und die Briicke 
fiber den Hiberus, deren Fundamente wohl rOmisch 
sind, haben sich nur in sehr geringer Zahl er- 
halten; doch fehlt es noch ganz an einer genauen 
Untersuchung und Aufnahme der rOmischen Stadt 
(OIL II p. 406). Auf Inschriften (z. B. CIL II 
4073 der Aufschrift einer Statue des Genius con- 
ventus Caesaraugustani in Tarraco, und sonst) 



4366 L. Aelius Caesar trib. potes. und pro eos). 
Seit Septimius Severus fehlt den Caesaren das 
proconsularische Imperium und in der Eegel auch 
die Tribuniciapotestas; Caracalla und Geta haben 
als Caesaren beides nicht mehr besessen. Die Cae- 
saren sind jetzt also in der Regel auch nicht 
mehr titulare Mitregenten, aondern nur designierte 
Nachfolger. Wo indessen im 3. Jhdt. sich Cae- 
saren im Besitze der Tribunicia potestas finden 



z , ti ■ ru „„;; t ~w.™» uuucu opimeii, mem, recni zur .mute geiansrt zu sein 

San^rvf SET ffi I i^H^JS- 80 !™^ , a »^ d ? Ma "^ » lichen in 



p. 280, 88 und in der Ep. des Paulinus v. 232 
p. 303 Peiper. Priscillian ad Damasum p. 35, 15 
Schepss. Isid. orig. XV 1. Iul. Honorius p. 35, 2. 
Cosmogr. Aethici p. 80, 5 Eiese) wird die Stadt 
nicht oft genannt — stets in derselben Namens- 
form (Caesarea Augmta nur bei Ausonius des 
Verses wegen) wie Bracaraugusta — ; sie scheint 
nach Augustus, wie viele seiner Colonien in Hi- 
spanien, nicht recht zur Bliite gelangt zu sein, 



stilianus CIL VI 1102), sind sie wirkliche Mit- 
regenten. Seit Geta wird der C. titular als no- 
bilissimus bezeichnet. tlber das diocletianische 
System zweier Augusti und zweier Caesaren vgl. 
Lact. de mort. pers. 18: debere ipsius disposi- 
tionem in perpetuum consermrt, ut duo sint in 
re publico, maiores, qui summam rerum teneant; 
item duo minores, qui sint adiumento. Momm- 
sen R. St.-E. IIS 770f. 1139-1143. 832. 1153 
—1167. 



Caesarangusta, friiher Salduba, Stadt am 
Iberus in Hispania citerior. Obgleich die iberi- 
schen Miinzen mit der Aufschrift salduie in ihren 
den der iibrigen aus jenen Gegenden gleichen 
Typen keine Ahnlichkeit zeigen mit den spateren 
der Colonie Caesaraugusta (Mon. ling. Iber. nr. 35), 
so ist doch nicht zu bezweifeln, dass sie die ein- 
zigen uns erhaltenen Zeugnisse fur die vorromische, 
iberische Stadt Salduba (der Name kommt anch 



schriftlichen Zeugnissen beweist, obgleich die hohe 
Lage an dem grossen Strom mit seiner Briicke 
lhr immer eine gewisse Bedeutung sicherte. Im 
Mittelalter gewann sie erst nach der Wieder- 
eroberung Wichtigkeit als Hauptstadt des Reiches 
Aragon. r [Hiibner.] 

Caesarea (Kawdgeia) ist ein Beiname, der 

vielen Stadten im Osten des rOmischen Reiches, 

iann in SyTien, Numidien und Hispanien von ihren 

[Neumann.] 40Bewohnern zur Zeit der Regierung des Octavia- 



SA^Slfe 1 " H? ™> » ^^olS^Senf^Ssa^a 6 "SSSS 



nus Augustus und (im Osten geschah das bei der 
Mehrzahl) nach 17 n. Chr. unter Tiberius (Erd- 
beben und Wohlthaten seitens des Kaisers) bei- 
gelegt und einige Zeit belassen worden ist. 

1) Im westlichen Kleinasien ist das der Pall bei 
a) in Aiolis: Kyme; b) inLydien: Sardeis, Mostene, 
Bageis, Troketta, Tralleis (in der Kaiserzeit wur- 
den die am rechten Ufer des Maiandros gelegenen 
Stadte zu Lydien gerechnet). S. die einschlagigen 



sind, an deren Stelle Augustus wahrscheinlich 
nach dem cantabrischen Krieg die Veteranen- 
colonie grundete, die er nach seinen beiden Haupt- 
titeln benannte. Daher sie zuerst in der Welttafel 
und den Commentarien des Agrippa als Sitz des 
conventm iuridicus und damals bedeutendste Stadt 
im Innern der Tarraconensis am Hiberus bei den 
Keltiberern erscheint (Strab. IH 151. 161. 162. 
Mela II 88. Dio LLTI 26); aus derselben Quelle 



tur besonders Imhoof-Blumer Revue Suisse de 
Numismatique V (1895) 306ff. 325f. VI (1897) 
211ff. ' 

2) Caesarienses werden von Plin. n. h. V 120 
neben den Metropolitan, Kilbianern, Mysomake- 
donern, Mastaureiern, Briulliten u. a. als Bewohner 
einer Stadt genannt, die in Ephesos ihren Ge- 
richtsstand haben. Unter diesen Caesarienses sind 
wohl die Einwohner von Tralleis zu verstehen. 



st . mn . t j.-„ xt q „v„;„v, ..''". --"— ~ ^^^ „ UIU oie aiuwonner von iralleis zu verstehen 
S? ^ ac * mcht baPhnma Caesaraugusta 60 S. Imhoof-Blumer Revue Suisse de Numis 



eolonia immunis amne Hibero affu-sa, ubi oppi- 
dum antea vooabatur Salduba regimis Sedeta- 
niae (TV 24, so die Leidener Hss. fur Edetaniae; 
vgl. Sedetania). Zahlreiche Angaben in den 
Itmerarien (Ant. 392, 1 u. s. w.), da vier ver- 
schiedene romische Strassen von hier ausgingen, 
und der heutige Name Zaragoza (schon auf west- 
gotischen Miinzen Cesaragosta und Cesarausta, 



matique V (1895) 312. 5. [Biirchner.] 

3) Stadt in Thessalien, zu Iustinians Zeit ver- 
f alien, und von diesem wieder hergestellt, Prokop. 
ae d. IV 3. [Oberhummer.] 

4) Caesarea in Bithynien, ^ y.ai SfivgaJ.eia 
(Cod. Palat. Zfivgdiarf), Ptol. VI, 14. Hierocl. 
693, 1. Notit. I 198 u. a., kleine Stadt in der 
Niihe von Prusa.. Dio Chrvsost. orat. XLVH p. 



! 



1289 



Caesarea 



Caesarea 



1290 



226 Reiske. Nach Mannert Geogr. VI 3, 559 
= Germanicopolis oder Helgas bei Plin. V 143, 
■eine Vermutung, fur die sich kein entscheiden- 
-der Beweis erbringen lasst. Er setzt es nach 
Tournefort vermutungsweise nordwestlich von 
Brussa an, ebenso Kiepert Forma orb. ant. IX. 
Anders Ramsay Asia minor 180, der es an der 
Kflste zwischen Apamea und Daskylion sucht. 



Erg.-Heft3, 56. Cuinet Turquie d'Asie I 307ff. 
Ein Plan der Ruinen bei Lejean a. a. O. 

6) Caesarea in Armenia minor, Plin. n. h. VT 
26, unbekannter Lage. 

7) Caesarea Antiochia in Pisidien, s. Anti- 
ocheia Nr. 15. 

8) Caesarea ad Anazarbum in Kilikien, s. Ana- 

zarba. [Ruge.] 

0) Caesarea Panias oder Caesarea Philippi 
i*„™, P/WV vsrr io o -vv^ttt i a. yt...-i 



Munzen mit der Aufschrift Kcuoagua regnavmrj ., „ „ vuMl , lvo 

bei Head HN 438 und Wien. Numism. Ztschr. 10 {Ildnor Polyb. XVT 18, 2. XXVH 1, 3; Kaiaa- 
1889, 24. ema Jos. ant. Iud. XVITI 28 u. o.; KataaQsia 

5)^Caesarea m Kappadokien , frflher Mazaka tj QiUiaiov Jos. bell. Iud, III 443. VII 23 u. a. ; 



oder Eusebeia (Evodfleta), am Argaios (>j npog ry 
lAgyaup), Hauptstadt von Kappadokien, in der 
Landscnaft(jwae/eefewa) Cilicia. FolgendeNamens- 
formen finden sich: Maxaeum (Plin. n. h. VI 8), 
Md£a (Ptol. V 6, 15), Keoaela Kmnadoxlafy 
(Miiller Denkmaler d. alten Kunst LXXII 416 

CIG 7287), Kataagsia firjTQOjiohs (Head HN 



ant. XX 211 u. a.; Vita 74. Evg. Matth. 16, 3. 
Marc. 8, 27; Kawageia Ilavidg Ptol. V 15, 21. 
CIG 4750. 4921. Le Bas-Waddington TH 
1620b. Tab. Peut. Caesareapaneas. Geogr. Rav. 
II 15 ed Pinder p. 85; Steph. Byz. unrichtig 
KaioaQSia % tcqo? xfj TTavsddi; Havids Euseb. 
onom. ed. Lagarde 215, 82. 217, 40. 275, 36 u. o. 



633. Imhoof-Blumer Monnaies grecques 416ff. 20 = Hieron. ebd. 88, 18. 90, 19ff. 126, 14 u. a. Euseb. 



Blanchet Revue lramism. XIII 65ff., daher wohl 
bei Solin. 45, 4 und Mart. Capella VI 690 die 
Bezeichnung mater urbium). Der Name Mazaka 
•wurde abgeleitet von Mosoch, dem Stammvater 
der Kappadokier (Const. Porphyr. de them. I 
p. 20. Joseph, ant. Iud. I 125. Philostorg. hist, 
eccles. IX 12). Eusebeia hiess sie vielleicht nach 
dem auf Munzen genannten Ariarathes Eusebes 
(Imhoof-Blumer a. a. O.). Den Namen C. er 



hist. eccl. VII 17—18. Sozom. hist. eccl. V21. 
Malalas chron. 237 Dindorf. Philostorg. FHG IV 
546. Hierocl. Synecd. 716, 9. Not. ep. I 980 
Parthey. Theodos. de situ terrae sanctae § 13 
Gildemeister u. a.), Stadt in Phoinike am Fusse 
des Hermon, an der Quelle des Jordan (Strab. 
a. a. O. Plin. a. a. O. Euseb. onom. a. a. 0. Jos. 
bell. Iud. HI 509). Den alten einheimischen 
Namen des Orts kennen wir nicht. Derselbe 



hielt sie von Tiberius, nachdem dieser 17 n. Chr. 30 wird zuerst zur Zeit des Antiochos d. Gr. unter 



Kappadokien zur Provinz gemacht hatte. Ram- 
says Behauptung (Asia minor 303ff.) , dass die 
Anderung auf Claudius zuruckgehe, ist direct nur 
durch Sozomenus (nicht Socrates) hist, eccles. V 4 
und Casaiodor hist, eccles. trip. VI 4 geRtiitzt; die 
andern Beweise sind wohl nicht uberzeugend ge- 
nug, um die entgegenstehenden Angaben des Alter- 
tums zu entkraften (Eutrop. VII 11, 2. Suid. 
s. Ttftegiog und KaiaaQeta. Hieron. chron. p. 147 



dem griechischen Namen Tlaviov erwahnt, war 
also damals schon hellenisiert. Dort schlug An- 
tiochos die Agypter in entscheidender Schlacht 
und gewann dadurch Palaestina (Polyb. a. a. 0.). 
Den Namen Panias tragt die Stadt und die Land- 
schaft (Plin. V 74 Panias in qua Caesarea. 
Jos. ant. Iud. XV 360 u. a. s. Panias) nach 
der dem Pan geweihten Grotte, IJdvmov genannt 
(Jos. ant. Iud. a. a. 0. ; bell. Iud. I 404. Steph. 



Schoene). Immerhin ist zu beachten, dass Strabon 40 Byz. s. Ilavia). Nach dem Tode des Zeno- 



(XII 538ff.) wohl Kappadokien als Provinz, nicht 
aber den Namen C. kennt. Nach Sex. Eufus 
breviar. 11 war es Archelaos, nach Const. Porphyr. 
de them. I p. 20ff. ed. Bonn. Iulius Caesar, der 
die Umnemrang veranlasste. Hirt. bell. Alex. 66, 4 
Plin. n. h. VI 8. Ptol. V 6, 15. Itin. Ant, 179, 5. 
201. 205ff. 210. 211ff. 214. Tab. Peut. X 2, 3 
(Miller). Philostr. vit. sophist. II 13. Ammian. 
Marc. XX 9, 1. Hierokl. 698, 6. Not. episc. 1, 8 u. a, 



doros wnrde (im J. 20 v. Chr.) die ihm gehOrige 
Landschaft Panias von Augustus dem Herodes 
geschenkt. Dieser erbaute bei der Pangrotte 
einen prachtvollen Tempel zu Ehren des Au- 
gustus (Jos. ant. Iud. XV 363f.; bell. Iud. I 407). 
Philippus, Tetrarch von Trachonitis und Sohn 
des Herodes, machte den Ort durch seine Ver- 
grCsserungs- und VerschOnerungsbauten erst zu 
einer bedeutenden Stadt und nannte sie zu Ehren 



Bei der Teilung der Provinz Kappadokien unter 50 des Augustus Kawdgcia (Jos. ant. Iud. XVTH 



Kaiser Valens blieb C. Metropolis von Cappadocia 
prima (Hierokl.). Dass der Name Md£axa auch 
spater noch gebraucht wurde, zeigt CIG 4472. 
Hauptstelle fiber die Stadt ist Strab. XII 537— 
539, dazu vgl. Procop. de aedif. V 4. Niceph. 
Bryenn. II 3. Munzen: Eckhel III 187. Mion- 
net IV 407; Suppl. VII 658ff. Imhoof-Blumer 
a. a. O. tlber Munzen mit Serapiskult Wien. 
Numism. Ztschr. XXI 232. Die unbedeutenden 



28; bell. Iud. II 168). Zum Unterschied von 
den anderen Stadten dieses Namens wurde sie im 
1. Jhdt. n. Chr. Kaiadgsta f) Qikhmov genannt 
(Jos. a. a. 0. Ev. Matth. 16, 13. Marc. 8, 27). 
Die vollstandige officielle Bezeichnung der Stadt 
auf den Miinzen von Aurelius an ist KatafaQsiaJ 
ZsftfaoTij) leg/a) xai aov(Xoq) vn(b) HavEim (Mi on- 
net V 312 nr. 10ff.; Suppl. VIH 218 nr. 4ff.). 
Daneben ist bei den Schriftstellern die kurzeTe 



Ruinen der Stadt , Eskischehir (turkisch) oder 60 Bezeichnung Kmodgeux Ilavidg im Gebrauch. Von 



Zorzot (armenisch; Lejean Bull. d. 1. socie'te' d. 
geographic V. se'r. XX t. 8) genannt, liegen sud- 
westlich vom heutigen Kaisarieh, sie sind mehr oder 
minder, ausfuhrlich beschrieben von Kinneir 
Journey through Asia minor 98fF. Brant Aus- 
land 1837, 275. Texier Description de l'Asie 
Mineure II 47. 53ff. Hamilton Reisen in Klein- 
asien (libers.) II 248ff. Barth Petermanns Mitt. 



der Neugrundung durch Philippus an rechnete die 
Stadt ihre Aera (auf Munzen), welche im Jahr 3 
oder 2 v. Chr. beginnt. (Noris Annus et epochae 
Syromac. IV 5, 4 ed. Lips. 442—453. Eckhel 
III 342). Eusebius (Chron. ed. Schoene II 146ff.) 
verlegt irrtumlicherweise die Grundung in die 
Zeit des Tiberius (vgl. Schurer Gesch. des jii- 
dischen Volkes II 127, 390). Nach dem Tode 



1291 



Caesarea 



Caesarea 



1292 



des Philippus kam die Stadt iind ihr Gebiet 
erst einige Zeit unter romische Verwaltung, dann 
an Agrippa I. , dann wieder an die Remer und 
endlich (seit 53 n. Chr.) an Agrippa II. Dieser 
erweiterte die Stadt abermals und gab ihr zu 
Ehren des Nero den Namen Neronias (Neocoviag 
Jos. ant. XX 211). Doch findet sich dieser nur 
selten auf Miinzen (Mionnet V 315, 24f. De 
Saulcy p. 316. 318. Madden Coins of the 



Jos. ant. XIII 313; bell. Iud. I 80. Ill 409. 
443 , oder 17 ati tfj d-aXaooy KmoaQeia Jos. 
bell. Iud. VII 20. 30), 60 Millien (Itin. Hie- 
ros.), beziehungsweise 600 Stadien (Jos. ant. 
XIII 312; bell. Iud. I 79) von Jerusalem ent- 
fernt. Der alte Name der Stadt war Sxpaxwog 
Jivgyog (Artemidor. bei Steph. Byz. fragm. s. 
A&qog. Jos. ant. XIII 313. XV 331 u. a.; bell. 
Iud. I 80 u. a. Plin. Chron. Pasch. Euseb. 



Jews p. 145. 146) und scheint sich sonst nicht 10 chron. Synk. a. a. O.). Noch Strabon (a. a. O.) 



eingebnrgert zu haben. Wahrend des jiidischen 
Kriegs nndnach derZerst§rung Jerusalems feierten 
Vespasian und Titus in C. grosse Feste mit Spielen, 
bei welchen die gefangenen Juden im Tierkampf 
anftreten mussten (Jos. bell. Iud. m 443f. VII 
23f.). Im 4. Jhdt. ist C. Sitz eines christlichen 
Bistums. Der Name C. verschwand um diese 
Zeit immer mehr, und der alte Name Panias 
wurde der allein gebrauchlicbe in der christlichen 



kennt die Stadt nur unter diesem Namen. Alter 
und Ursprung des Ortes sind dunkel. Stark 
(Gaza 451) halt die Stadt fur eine Griindung 
der Ptolemaier. Wenn L. M filler (Numisma- 
tique d'Alexandre le Grand p. 306 planches nr. 
1466) mit seiner Vermutung Recht hat, dass eine 
Miinze Alexanders d. Gr. mit den Buchstaben 
Zt auf unser Stratonsturm zu beziehen sei, so 
hatte die Stadt schon zur Zeit Alexanders exi- 



wie in der rabbinischen Litteratur (s. die angef. 20stiert, und man diirfte sie als eine Griindung 



Stellen, vgl. bes. Philost. a. a. O. vvv 8k Ilavias 
iaxt xaXovfievr). Hieron. in Jes. 42 , Iff. ed. 
Vallarsi IV 507; in Ez. 27, 19 ed. Vallarsi V 
317; in Matth. 16, 13 ed. Vallarsi VII 121. Fur 
die ratbinische Litteratur vgl. Neubauer Geogr. 
du Talmud 236—238). In den Kreuzzugen wurde 
viel tun die Stadt und ihre von den Pranken er- 
baute feste Burg Karat es-Subebe gestritten. 
Das heutige Banias ist ein kleines Dorf in 



der Sidonier ansehen. Thatsachlich waren diese 
Ende der Perserzeit im Besitz dieses Ktisten- 
strichs; auch ist Straton der Name einiger der 
letzten KOnige der Sidonier (CIG 87, vgl. dazu 
Boeckh). Sicher bezeugt ist die Existenz der 
Stadt erst fur das Ende des 2. Jhdts. v. Chr. 
(durch Artemidoros a. a. O., der um 100 v. Chr. 
schrieb, und durch Jos. ant. XIII 313, der sie 
in der Geschichte Aristobuls I. im J. 104 v. Chr. 



sehr schoner Lage 329 Meter iiber dem Meer, in 30 erwahnt). Damals war ein Tyrann Zoilos Herr 



einem Winkel des Hermongebirges. Dem grossen 
Eeichtum an Wasser entspricht eine iippige Vege- 
tation. Aus derHohle am Fusse des Schlossberges, 
dem Paneion, bricht ein Strom klaren, schonen 
Wassers hervor, der als Hauptquelle des Jordan 
gilt. Hier stand der Augustustempel; vier Votiv- 
nischen in der Felswand sind erhalten. 

Inschriften: CIG 4537— 4539. LeBas-Wad- 
dingtonlll 1891—1894. Miinzen; Eckhellll 



von Stratonsturm und Dora (Jos. ant. XIII 324). 
Alexander Iannaeus gelang es nach langem Kampf, 
diesen zu unterwerfen und die Stadt und den 
Kiistenstrich dem jiidischen Reich einzuverleiben 
(Jos. ant. XIII 335. 395). Mit den ubrigen 
Kiistenstadten wurde sodann auch Stratonsturm 
von Pompeius den Juden abgenommen, erhielt 
seine communale Freiheit wieder und wurde dem 



Statthalter der neugegriindeten Provinz Syrien 
339—344. Mionnet V 311—315; Suppl. VIII 40 unterstellt (Jos. ant. XIV 76; bell. Iud. I 156). 
217—220. DeSaulcy Numismatique 313—324 Von Augustus wurde die Stadt Herodes d. Gr. 
pi. XVIII. Litteratur: Reland 918-922. Raumer wieder zurilckgegeben (Jos. ant. XV 217; bell. 



245. Kuhn Stadteverfassung II 334. Robin 
son Palastina III 61 2ff. 626—630; Neuere bibl. 
Forschungen 520—538. Ritter Erdkunde XV 
195—207. Guerin Galilee II 308—323. The 
Survey of Western Palestine, Memoirs I 95. 109 
—113. 125—128. Ebers u. Gut he Palastina 
in' Bild und Wort I 356—366. Buhl Geogr. Pa 



Iud. I 396). Dieser legte an Stelle des schon 
im Verfall begriffenen Ortes (Jos. bell. Iud. I 408) 
eine grossartige Stadt an mit einem Tempel 
des Augustus , Theatern , prachtigen Palasten 
aus weissem Marmor u. s. w. Nach mehr als 
zehnjahriger Arbeit wurde die Stadt im acht- 
undzwanzigsten Jahr des Herodes (10/9 v. Chr.) 



lastinas 239f. Baedeker Palastina u. Syrien 1 50 mit grossem Pomp und glanzenden Festspielen 



S. 291f. Die Bibelworterbiicher von Winer, 
Schenkel und Riehm. 

10) Caesarea Stratonis oder Palaestinae (Ptol. 
V 16, 2. Plin. n. h. V 69. Euseb. onom. ed. 
Lagarde 207, 1 u. 0. Hieron. ebd. 95, 5 u. 0. 
Itin. Hieros. Totius orbis descr. = Miiller Geogr. 
Gr. min. II 517. Steph. Byz. Hierocl. Synecd. 
718, 1. Tab. Peut. Apostelgesch. 8, 40. 10, 1. 
18, 22. 21, 8. 23, 23ff. Jos. ant. Iud. oft; bell 



eingeweiht und dem Augustus zu Ehren C. ge- 
nannt (Jos. ant. XV 331ff. XVI 136ff. u. a.; 
bell. Iud. I 408ff. Plin. Amm. Marc. Chron. 
Pasch. Euseb. chron. Synk. a. a. O.; Novell. 103 
praef. wird irrtumlich Vespasian als derjenige be- 
zeichnet, der der Stadt den Namen C. gegeben 
habe). Von da an datiert erst die eigentliche 
Bedeutung der Stadt. Herodes hatte vor allem 
grosse Muhe darauf verwendet, hier einen vor- 



Iud. oft. Tacit, hist. II 78. Amm. Marc. XIV 60 trefflichen , durch kunstvolle Dammanlagen ge- 



8, 11. Philo leg. ad Gaium § 38 ed. Mang. II 
590. Euseb. chron. II 142 Schoene; hist. eccl. 
HI 31, 5 u. a. Eutrop. VII 10. Chron. Pasch. 
I 367 Bonn. Prokop. hist. arc. 11. Synk. 595 
Bonn. Apollon. Tyan. epist. XI = Epistologr. 
gr. ed Hercher p. 112. Clement, homil. I 15. 
20. IV 1. VI 26. XLT 5. XIH 7; recogn. I 
12), am Mittelmeer gelegen (daher fj jiagdhog 



sicherten Hafen herzustellen, der als einziger an 
der sonst hafenlosen Kustenstrecke von Joppe 
bis Dora rasch grosse Bedeutung gewann. Der 
Hafen erhielt den Namen Sefiaoiog Aifitjv (Jos. 
ant, XVLT 87; bell. Iud. I 613). Daher tragt 
auf Miinzen des Nero die Stadt den Namen K. 
r\ jigog Zefla.mb~> hfievi (Sestini Class, gener. 
149 ed. sec. Eckhel in 428f. Mionnet V 



1293 



Caesarea 



Caesarea 



1294 



486f. De Saulcy Numismatique 116f., vgl. fiber 
diese Miinzen Belley Mem. del'Acad. des Inscr. 
et Belles-Lettres, alte Serie XXVI 1759, 440— 
455). Vereinzelt (Jos. ant. XVI 136. Philo a. 
a. O.) wird sie auch K. Seftaovfi genannt. Sonst 
gewohnlich wird sie zur Unterscheidung von den 
anderen Stadten gleichen Namens, besonders von 
C. Philippi, naher bezeichnet als K. fj naqahog 
oder fj em ry ftaXdoor/ K. (s. 0.), oder K. fj 2xqw 



a. a. O.). Ende des 2. Jhdts. n. Chr. war sie 
Sitz eines Bischofs (Euseb. h. eccl. V 22. 23 u. a.; 
Verzeichnis der Bischofe s. bei Reland 676f.). 
Als Metropole von Palaestina prima war sie auch 
dem Bistum Jerusalem iibergeordnet (Hierocl. a. 
a. O.), bis dieses auf dem Konzil zu Chalkedon 
zum Patriarchat erhoben wurde. Seit dem 3. Jhdt. 
war C. Sitz einer gelehrten Schule, an welcher 
unter anderen Origenes thatig war und aus wel- 



T<ovog (Ptol.LeBas-Waddingtonlllnr. 1620b. lOcher der beriihmteste Bischof von C., Eusebius 



Clem. a. a. O.), bei spateren Schriftstellern K. rijg 
JIalatativrjg (Euseb. onom. a. a. O.; de martyr. 
Palaest. I 2; hist. eccl. Ill 31, 5 K. rijg 'Iov- 
Scu'ag. Apoll. Tyan. a. a. O.) oder C. Palaestina 
(Itin. Hieros. a. a. O.). Bald wurde C, das von 
Herodes an bei Iudaea blieb, eine der grOssten 
und bedeutendsten Stadte Palaestinas und blieb 
dies lange Zeit hindurch (Jos. bell. Iud. Ill 
409. Amm. Marc. Tot. orbis descr. Clem, recogn. 



Pamphili, der Kirchengeschichtschreiber, hervor- 
ging. Auch Prokop stammte aus C. (Prokop. 
hist. arc. a. a. O.). Unter Heraclius fiel die 
Stadt in die Hande der Saracenen. Die Kreuz- 
fahrer unter Balduin I. eroberten die Stadt 1001 ; 
unter der reichen Beute befand sich auch die 
Gralssclrussel. Die Stadt wechselte ubrigens in 
den Kreuzzugen noch mehrmals die Herren, bis 
Beibars sie 1265 zerstorte. Das heutige el-Kai- 



a. a. 6. Apoll. Tyan. a. a. O. mamma civitas. 20 sarije hat noch zahlreiche Rninen der mittel- 



Eutrop. a. a. 0. urbs clarissima). Seit Iudaea 
unter rSmisehe Verwaltung gekommen war, hatten 
die rOmischen Procuratoren ihren Sitz in C, da- 
her Tacitus (a. a. 0.) die Stadt als Judaeae caput 
bezeichnen kann (vgl. Jos. ant. XVIII 55; bell. 
Iud. II 169 Pilatus; ant. XX 116; bell. Iud. 
II 230 Cumanus. Apostelgesch. a. a. 0. Felix 
und Festus. Jos. bell. Iud. II 288 u. a. Floras 
Gessius); zugleich war die Stadt Hauptgarni 



alterlichen oder alten Stadt, die allerdings mehr 
und mehr zerstOrt werden; die Hafenbauten mit 
dem Drususturm des Herodes, das grosse Amphi- 
theater, ein Hippodrom sind noch erkenntlich, 
auch die Aquaeducte sind zum Teil erhalten. 

Miinzen: Eckhel III 428—432. Mionnet 
V 486—497; Suppl. VIII 334—343. De Saulcy 
Numismatique p. 112—141 pi. VH. 

Litteratur: Reland 670—678. Raumer 



sonsort fur die romische Besatzung (iiber die 30 Geogr. Palaestinas 152f. W i n e r RealwSrterbuch 



dort stationierten Truppen s. Schurer Gesch. 
d. jud. Volkes I 382ff.). Die Bewohnerschaft war 
aus Heiden und Juden gemischt, doch waren 
erstere bedeutend in der Mehrheit (Jos. bell. Iud. 
Ill 409). Da jeder Teil die Regierung der Stadt 
fur sich beanspruchte (Jos. ant. XX 173; bell. 
Iud. II 266), scheint es mehrfach zu Streitig- 
'keiten gekommen zu sein. Unter dem Procurator 
Felix kam es zu blutigen Kampfen ; Nero nahm 



infolge dessen den Juden die Gleichberechtigung, 40 Germanicia. 



und SchenkelBibel-Lex. unter Caesarea. Schurer 
Gesch. d. jud. Volkes II 74—77. Ritter XVI 
598—607. Guerin Samarie II 321—329. The 
Survey of Western Palestine, Memoirs II 13 — 29. 
Baedeker Palastina und Syrien* 265f. 

11) Caesarea Libani s. Ark a Nr. 3. 

12) Caesarea Germanice (KaioaQsta regfia- 
vixf) auf Miinzen, Eckhel III 250f. Mionnet 
V 112ff.; Suppl. VIII 85ff.) in Kommagene s. 



die sie bisher besessen. Dariiber kam es dann 
unter Gessius Florus zu neuen Unruhen, die mit 
zum Anlass des jiidischen Krieges wurden (Jos. 
ant, XX 173ff. 184; bell. Iud. II 266ff. 284ff.). 
Bei Ausbruch des Kriegs sollen nach Josephus 
samtliche Juden in der Stadt, 20 000 an der Zahl, 
in einer Stunde gemordet worden sein (bell. Iud. 
II 457. VII 3611). Vespasian, der hier zum 
Kaiser ausgerufen worden war, erhob die Stadt 



[Benzinger.] 



13) KaiaaQeia in der inaoxia EvepQazrjaiag 
(Georg. Cypr. 882, vgl. dazu Gelzer p. 151) s. Neo- 
kaisareia. [Fraenkel.] _ 

14) Caesarea Mauretaniae, bis zur Kaiserzeit 
Iol, Stadt der Kiiste Mauretaniens, in deren Ruinen 
jetzt das Stadtchen Cherchel (ca. 100 km. west- 
lich von Algier) liegt. Eine Insel vor dem Hafen 
von C, die Strab. XVII 831 und Ptol. IV 2, 35 
erwatmen, ist jetzt mit dem Festlande verbunden. 



zur rOmischen Colonie (Plin. a. a. 0. Novell. 103 50 Nach Solin. 25, 16 Residenz des Konigs Bocchus 



praef.), jedoch ohne das voile ius italicu?n, 
nur mit Freiheit von der Kopfsteuer. Titus 
verlieh ihr auch Freiheit von der Grundsteuer 
(Dig. L 15, 8, 7 divm Vespasianus Caesarienses 
colonos fecit ?wn adieeto, ttt et iuris italici essent, 
sed tributum his remisit capitis ; sed divus Ti- 
tus etiam solum immune factum inferpretatus 
est; vgl. ebd. L 15, 1, 6.) Als Colonie fuhrte 
sie den Namen Colonia prima Flavia (Plin. a. 



von Mauretanien, vorher zeitweise zur Herrschaft 
der numidischen KOnige gehorig, wenn wirklich 
eine dort gefundene phoinikische Inschrift den 
Namen des Konigs Mi cipsa enthalt (Berger Revue 
d'assyriologie et d'archeologie orientale II 2, 1888, 
36, vgl. Comptes rendus de l'Academie des inscr. 
et b.-l. 1888, 197. 310). Als Iuba II. zum Er- 
satz fur Numidien von Augustus die Herrschaft 
iiber ganz Mauretanien erhielt, machte er Iol zu 



a. 0.) , auf Munzen col(onia) prima Fl(avia) 60 seiner Hauptstadt und gab derselben den Namen 



Aug(usta) Caesarensis oder Caesarea. Eine Ab 
kurzung davon ist die auf einer Inschrift (CIG 
4472 = Le Bas-Waddington III 1839) vor- 
kommende Bezeichnung Avyovara Kao&Qtia. Seit 
Alexander Severus hat sie auch noch den Titel 
metropolis pr(ovinciae) Sfyriae) PaX(aestinae) 
(s. Eckhel u. Mionnet a. a. 0.). Das Christen- 
tum fand fruhzeitig Eingang in C. (Ap.-Gesch. 



C. (Strab. XVII 831. Mela I 30. ■ Plin. n. h. V 
20. Eutrop. VII 10). Aus der Zeit der Herr- 
schaft des Iuba und seines Sohnes Ptolemaeus 
stammen zahlreiche Inschriften von Freigelassenen 
des Konigshauses, zum Teil auch solche zu Ehren 
der KOnige selbst. Das Kunstinteresse am Hofe 
von C. bezeugen die in Cherchel gefundenen zahl- 
reichen und verhaltnismassig guten Statuen (vgl 



1295 



. Caesariana 



Monceaux Statues de Cherchel provenant du 
musee grec des rois maures a Caesarea, Gazette 
archeologique 1886, 60ff. G. Boisaier L'Afrique 
romaine 31f. Gauckler Musee de Cherchel, Paris 
1895). Nach der Beseitigung des Ptolemaeus und 
der Annexion von Mauretanien durch die Bomer 
wurde C. die Hauptstadt der einen der beiden 
Provrnzen, in die das Land geteilt wurde und die 
nach der Hauptstadt den Namen Mauretania Cae 



Caesaris forum 



1296 



wurde durch Claudius rdmische Colonie (Plin. 
n. h. V20; eolonia Claudia Caesarea nach den 
Inschnften CIL VI 3262. VIII 9400) und der 
iribus Quirina zugeteilt (CIL III Suppl. 6758) 
Unter Severus erhielten die Caesarienser das 
Kecnt, nach dem Muster anderer Stadte einen 
Agon oder vxelmehr Doppelagon zu veranstalten, 
^EOvtjQBia und Ko/ipSdma genannt (CIL XIV 474) 
Die noch immer bedeutende Stadt wurde gegen 



zelnen Dioecesen vorstanden (Cod. Theod. X 8, 2), 
und wurden deshalb auch catholieiani genannt 
(Cod. lust. IX 49, 9 § 3). Da diese Leute be- 
sonders viel Gelegenheit hafcten, sich auf Kosten 
des Staates zu bereichern, so ist es in jenen 
Zeiten selbstverstandlich , dass sie wegen ihrer 
Unterschleife beriichtigt waren {CLL V 2781 34 
CIA III 48. Cod. Theod. IX 42, 1 § 4. X 1 5 8 2 
Cod. lust. X 1, 5). Daher darf ihnen, so l'ange'sie 



sariensis fflhrte (Dio LX 91 T)Z q+ a T X' in • i * - i' ?': ™ er darf lhnen - so lan ? e sie f 

wurde durch ClinX* .IL^^J ££? 10 ™ Amte , slnd < kem 5 Wfirde ^Iiehen werden, die 



A nwm „ rip a i^Z a T/ • ft CBCU aes Becntts ausgeschlossen (Cod. Theod IX 42 

geTtfc^ 



sie von der Anwendung der Folter befreien wurde 
(Cod. Theod. X 7, 1), und wahrend sonst die 
Kegel gilt, dass diejenigen, an welche der Piscus 
ForderuDgen hat, so lange im Besitz ihres Ver- 
mogens bleiben, bis der Process entschieden ist, 
und dass Geschenke, die sie vor Entstehung jener 
Forderungen an Fran und Kinder geraacht haben, 
gultig bleiben, sind die C. von diesen Vfohlthaten 
des Bechtes ausgeschlossen (Cod. Theod. IX 42, 



gesteckt (Ammian. Marc. XXIX 5, 1 7. 19. 42. Oros 

VII 33, 5). Im J. 533 wurde C. von den Truppen 
lustimans besetzt (Procop. Vand. II 5. 20) im 
folgenden Jahre zum Sitz des Dux von Maure- 
tanien erklart (Cod. lust. I 27, 2, la). Vgl CIL 

VIII p. 800ff.; Suppl. p. I985ff. Waille De Cae- 
sareae monumentis (Algier 1891). 

15) Caesarea in Numidien (?). Im J. 484 er- 
scheint auch unter den Bischofen von Numidien 



£,ir»^.^»^iF=»^^ 1 i^=?*«*; - ct 



Halms Victor Vitensis p. 65). Vielleicht ' ge- 
hort auch hieher der (donatistische) episeopus 
taesartanensis, der an dem Beligionsgesprach in 
Karthago im J. 411 teilnahm (coll. Carth. c. 188 
189, bei Migne Patr. Lat. XI 1331), der jeden- 
falls mit dem mauretanischen C. nichts zu thun 
hatte; vgl. Morcelli Africa Christiana I 114. 
16) Caesarea Tingitanae, s. Ting is. 

[Dessau.] 



waren, gestattete Kaiser Iulian, sie zum Eintritt 
unter die Decurionen zu zwingen (Iul. misop. 
367 D); doch machte dies Valentinian I. von der 
persOnlichen Erlaubnis des Kaisers in jedem ein- 
zelnen Falle abhangig (Cod Theod. X 7, 2). 

[Seeck.] 

Caesarion s. Ptolemaios. 

Caesaris forum in Bom, auch forum Iulium 
(Mon. Ancyr. IV 12), Erweiterungsbau des alten 



Gallias et Britannias interluit, Itin. marit. 509. 
Heute Jersey. Desjardins G^ogr. de la Gaule 
1 33 2. [Ihm.] 

Caesariana. 1) Station der von Mogentianae 
(FenCk?) nach Aquincum (Alt-Ofen) langs des 
Plattensees verlaufenden Transversalstrasse in Pan- 
noma superior (Itin. Ant. 263). Kiepert ver- 
legt CIL LIT tab. IV und Formae orbis antiqui 
XVII den Ort nach Nagy Yasony, wo CIL III 



geplant, nach 52 (Sueton. Caes. 26) begonnen, 
am 24. oder 25. September 46 unfertig dediciert 
(beim Siegesfeste nach der Schlacht von Thapsus), 
von Augustus vollendet (Mon. Ancyr. a. a. 0.). Die 
Erwerbung des Baugrundes kostete 100 Millionen 
Sesterzen (Sueton. a. a. O. Plin. XXXVI 103); 
zu dem von Privaten gekauften kam noch ein 
nicht unbetrachtliches Terrain, das durch Ein- 
ziehung des altrepublicanischen Comitiums ge- 



171 Caetarpa Wl v« ™„w n l ^° aa ^ , ,„ zienung aes altrepublicanischen Comitiums ge 



i^S&^S^ZJ^^^»W^l^^^&^ 



imtmms, sowie den an das I C. anstossenden 
Tempel der Felicitas vgl. Hiilsen Bom. Mitt, 
1893, 86). Den Mittelpunkt der Anlage bildete 
em Tempel der Venus Genetrix (Appian. b. c II 
68. 102. m 28. Nic. Damasc. Caes. 22. Hemerol. 
Pine. Arv. Vail, zum 26. September, s. Momm- 
sen CIL 12 p. 323. 330. Cass. Dio XLIII 22), 
ein Pyknostylos (Vitruv. Ill 2, 2) von reichster 
Ausstattung und mit Kunstschiitzen gefullt (Plin. 



hoff Deutsche Altertumskunde LI 116. 

[Patsch.l 

2) Ort in Lucanien (Itin. Ant. 110) an der 

Strasse von Begium nach Salernum. 23 mp. von 

Neruli (Eotonda), 21 mp. von Marcelliana (bei 

Sala Consihna), also in der Niihe von Lagonegro. 

[Hfilsen.] 
Laesariani ist anfangs die allgemeine Be- 

TC W&£ r da .% Ha " s g e f nde d ^ Kaisers (Mart. A i, „. rlln . vm 155. 
.■^fel^M^^ Berichte der 



sicb lur diejenigen Unterbeamten, denen die Be- 
sitznahme confiscierter oder auf andere Weise an 
die Krone gefallener Privatguter ubertragen ist. 
In diesem Sinne ist das Vfort zuerst urn das 
J. 290 nachweisbar (Cod. lust. X 1, 5) Die C 
gehOrten zu den Officia der Eationales Sacrarum 
largitionum {xa&ohxol CIG 4807. 4892. Athan. 
ap. c. Ar. 14), die der Finanzverwaltung der ein- 



Das Kultbild war ein Werk des Arkesilaos (Plin 
XXXV 156; vgl. Bd. II S. 1168); ausserdem stand 
in der Cella u. a. eine Statue des Divus Iulius 
mit dem Kometen (Cass. Dio XLV 6) und eine 
der Kleopatra (Appian. b. c. II 102). Auf dem 
Platze vor dem Tempel stand eine Eeiterstatue 
des Dictators, an der das ikonisch behandelte 
Schlachtross besonders geruhmt wird (Statius silv 
I 1, 84. Plin. Vm 155. Sueton. Caes. 61. W. 
tier Berichte der sachs. Gesellsch. d. 
Wiss. 1891, 96—154); ferner ein Springbrannen 
mit den Appiades des Stephanus (Ovid, ars am. 
I 79. m 451. Plin. XXXVI 33; vgl. Bd. LT 
S. 237f.); eine statua Inrieata des Dictators Caesar 
(Plin. XXXTV 18) ; eine Colossalstatue des Tiberius 
(Phlegon mirab. 13). Ein Brand unter Carinus zer- 
storte es (Chronogr. a. 354 bei Mommsen Chron. 
min. I 148), Diocletian stellte es wieder her. Er- 



1297 



Caesaris horrea 



Caesarius 



1298 






wahnt wird es noch in der Not. reg. Vni (ob dagegen 
CLL VI 10097 Oaesareo carmina nota foro auf 
dies Forum zu beziehen, bleibt zweifelhaft ; das 
Caesaris forum, in der Nahe des Argiletum, von 
welchem Martial. 1 117, 10 spricht, ist ohne Zweifel 
das spatere forum Nervae). 

Erhalten ist vom f. C. nur ein Teil der Um- 
fassungsmauer aus grossen TuffblOcken (Reber 
Euinen Boms 155ff.). Vom Tempel der Venus 
Genetrix sind am 1570 Eeste gefunden, aber sofort 
wieder verbaut worden. Zeichnungen davon bei 
L a b a c c o Libro appertenente all' architettura 
tav. 33—36 ed. 1558. Palladio Architettura 1. 
IV p. 128 ed. 1581. Vgl. im allgemeinen Canina 
Edif. I tav. 92. Jordan I 2, 436— 441. Gilbert 
Top. IE 225—227. [Hiilsen.] 

Caesaris horrea in Bom, genannt Dig. XX 
4, 21, 1 (dagegen kann die fragmentierte Inschrift 
CIL VI 4240 Stephamts . . . . : Caesaris horr .... 
auch auf andere horrea beziiglich gewesen sein, 
vgl. 4239: E]ros [Caesjaris horr(earius) [de 
LJollianis), wahrscheinlich allgemeiner Name fur 
die grossen kaiserlichen Speicher unterhalb des 
Aventins (Galbana, Lolliana u. a.). Eine lex 
horreorum, die sich auf kaiserliche Speicher in 
Bom bezieht (aber nicht des Hadrian, sondern 
eher das Nerva: Mommsen bei Bruns Fontes 
iurisS 270) publiciert Gatti Bull. com. 1885, 
HOff. [Hulsen.] 

Caesaris horti, bei Bom am rechten Tiber- 
ufer, vom Dictator testamentarisch dem romischen 
Volke vermacht (Cic. Phil. LI 1 09. Sueton. Caes. 83. 
Appian. b. c. LT 143. Plutarch. Brut. 20. Cass. Dio 
XLIV 35). Die Lage wird dadurch bestimmt, dass 
unter Tiberius 1 5 n. Chr. eine aedis Fortis Fortunae 
Tiberim iuxta, in hortis quos Caesar dictator 
•populo Romano legaverat (Tac. ann. II 41 ; vgl. 
Plut. Brut. a. a. O.) geweiht wurde. Da nun 
das Hemerol. Amiterninum am 24. Juni ein Opfer 
an die Fortuna trans Tiberim ad rnilliar. pri- 
mfum) verzeichnet, so ist es wahrscheinlich, dass 
der tiberianische Tempel an der Stelle oder in 
der Nahe eines alteren Heiligtums erbaut wurde 
(Mommsen CIL 12 p. 320). Der Fortunatempel 
wird sonst noch erwahnt von Varro de 1. 1. VI 
17. Ovid. fast. VI 775ff. Plut. de fort. Bom. 5. 
Donat. zu Terent. Phorm. V 6, 1, sowie in der 
Notitia reg. XIV ; seine Fundamente glaubt L a n - 
ciani (Bull. com. 1884, 27f. mit Taf. I) in der 
ehemaligen Vigna Costa wiedergefunden zu haben. 
Die Garten Caesars mussen demnach an den Ab- 
hangen des ,Monte Verde', gegeniiber dem Monte 
Testaccio, gesucht werden; das Terrain hat seit 
dem 16. Jhdt. reiche Ausbeute an Kunstschatzen 
geliefert (C. L. Visconti Ann. d. Inst. 1860, 
415-450; Bull. com. 1884, 25—38. Borsari 
Bull. com. 1887, 90—96. E6m. Mitt. 1890, 
149. 1892, 331). Erwahnung verdient die Est- 
stenz zahlreicher orientalischer Heiligtumer in 
und bei den h. C. (Belus CLL VI 50—52; Sol 
CIL VT 708. 709. 712. 755; vgl. Borsari Bull, 
com. a. a. O). 

Einen anderen Garten des Caesar an der Porta 
Collina erwahnen Obsequens 71 (131). Ps.-Cicero 
in Sallust. 7. Garten des L. Caesar ungewisser 
Lage Cic. ad Att. XI 6. [Hiilsen.] 

Caesarum nemus, Park in Trastevere in 
Bom, wo die aqua Alsietina endigte und die 



Naumaehia Augusti erbaut wurde. Mon. Ancyr. 
IV 44; Tac. ann. XIV 15. Sueton. Aug. 43. CIL 
XI 3772 a = VI 31566 (dazu Barnabei Not. 
d. scavi 1887, 186. Hulsen Bom. Mitt. 1889, 
289). [Hiilsen.] 

Caesarius, 1) Armenier (Lib. ep. 291), ver- 
mahlt mit der Schwester des Eusebios, die ihm 
zwei Sonne (Lib. ep. 252), von denen einer Eudo- 
sios hiess (Lib. ep. 291), gebar. Beide wurden 
10 Schiiler des Libanios (ep. 251. 252. 253. 257. 291). 
Er starb urn 359 (Lib. ep. 291; vgl. Sie vers 
Libanius 211). An ihn gerichtet Lib. ep. 252. 257. 

2) Antiochener (Lib. ep. 1454; vgl. Amm. 
XXIII 1, 2. Lib. ep. 327), Bruder des Alypios 
(Iulian. ep. 29), Neffe des Hierokles (Lib. ep. 1583). 
Um 362 gebot er uber Pbrygien (Lib. ep. 674), 
aber wohl nicht als Praeses dieser Provinz, son- 
dern mit der ausgedehnteren Macht des Vicarius 
dioeceseos Asianae ; denn sonst ware sein spateres 

20 Avancement ein gar zu schnelles. Schon bald 
nach dem Tode des Iulian (Lib. ep. 1488) wurde 
er zum Kaiser benifen, um ein Amt zu uber- 
nehmen, das eine ganz verschiedene Thatigkeit, 
als seine friiheren Statthalterschaften , erforderte 
(Lib. ep. 1064). Es war die Comitiva rerum pri- 
vatarum, in welcher wir ihn 364 thatig finden 
(Cod. Theod. X 1, 8). Am Hofe des Valens flbte 
er grossen Einfluss aus (Lib. ep. 1069. 1070. 1285. 
1483. 1485. 1492) ; man erwartete, dass die Prae- 

30 fectur ihm nahe bevorstehe (Lib. ep. 1454). Wirk- 
lich war er 365 schon Praefectus urbis Constantino- 
politanae, wurde aber als solcher von dem Osur- 
pator Prokopios gefangen und eingekerkert (Amm. 
XXVI 7, 4. Zos. IV 6, 2). Das Gerucht, dass er 
im Gefangnis gestorben sei, scheint zwar falsch 
gewesen zu sein (Themist. or. VII 92 c), doch hOrt 
man spater nichts melir von ihm. An ihn ge- 
richtet Lib. ep. 674. 1064. 1070. 1092. 1132. 1284. 
1285. 1330. 1385. 1442. 1454. 1480. 1483. 1485. 

40 1492. 1494. 1502 ; erwahnt 1466. 

3) Kappadokier aus Nazianzus, Sohn des dor- 
tigen Bischofs Gregorios und seiner Gattin Nonna 
(Greg. Theol. poem, de se ipso XCI. XCVI; epit. 
VH 1. XVI 1. XX 3 = Migne Gr. 37, 1446. 1450. 
38, 14. 18. 21), jiingster Bruder des beruhmten 
Gregorios und der Gorgonia (Greg. Theol. poem, 
de se ipso XC; epit. VI 2. VILT 4; land. Caes. 
25 = Migne Gr. 35, 788), der Gattin eines Aly- 
pios, der aber von dem Bruder des Antiocheners 

50 0. zu unterscheiden ist. Denn dieser war Heide, 
jener Christ (epit. XXIV). C. studierte in Ale- 
xandria (laud. Caes. 6 ; epit. XXI 1) Geometrie, 
Astronomie (laud. Caes. 7; epit. XII 2. XHI 3) 
und namentlich Medicin (laud. Caes. 7. 20; poem, 
de se ipso I 181 ; epit. XLU 4. XIV 8). Um 
356 (Migne Gr. 35, 170) trat er die Heimreise 
an, errang aber unterwegs bei einem kurzen Aufent- 
halt in Constantinopel so hob.es Ansehen, dass die 
Stadt eine Gesandtschaft an den Kaiser schickte, 

60 dieser mCge den C. zum hauptstadtischen Archia- 
tros ernennen. Ein Sitz im Senat und eine vor- 
nehme Ehe wurden ihm angetragen ; er aber liess 
sich durch seinen Bruder, der um dieselbe Zeit 
aus Athen in Constantinopel eingetroffen war, 
dazu bestimmen, dies alles auszuschlagen und mit 
Gregorios gemeinsam die Beise nach Nazianz fort- 
zusetzen (laud. Caes. 8. 9). Gleichwohl wurde 
er spater von Constantius zum Archiatros und 



1299 



Caesarius 



Caesarius 



1300 



Comes ernannt und erwarb sich an dessen Hof 
durch unentgeltliche Behandlung der Beamten 
grossen Anhang (a. 0. 10). Nach dem Regie- 
rungsantritt Iulians zitterte der Bruder fur sein 
Christentum und suchte ihn brieflich zu veran- 
lassen, dass er sein Amt niederlege (epist. 7 = 
Migne Gr. 37, 32). Wirklich machte der Kaiser 
auch an C. Bekehrungsversuche , ja er liess sich 
sogar auf eine Disputation mit ihm ein. Als 



verschiedenen in der tjberschriffc genannten Per- 
sonen zu verteilen. Doch pragt sich dies nur 
darin aus, dass dem Constantius die Vertretung 
der astrologischen Weisheit iibertragen wird (II 
108 p. 977) ; im ttbrigen ist es noch nicht zur 
Durchfuhrung gekommen, sondern mvois und an6- 
KQiais stehen sich wie im Katechismus unpersOn- 
lich gegeniiher. Auch finden sich hier und da 
aus verschiedenen theologischen Schriftstellern 



diese erfolglos blieb, gab er ihm zwar nicht ge-lOrohe Ausziige eingestreut, welche noch nicht 



rade seine Entlassung, schiekte ihn aber doch 
vom Hofe fort. G. kehrte in seine Heimat zu- 
rfick (a. O. 11—13), wurde aber nach dem Tode 
des Apostaten wieder an das Hoflager berufen 
und genoss jetzt als Bekenner eines doppelten 
Ansehens bei Iovian und Valens (a. 0. 14; poem, 
de se ipso I 177; epit. VII 2. XIV 3. XVI 3. 
XVII 1. XVin 5). 368 ward er zum Comes sa- 
crarum largitionum ernannt (laud. Caes. 15 ; poem. 



die Form von Frage und Antwort gebracht sind 
(p. 1045. 1080. 1088. 1105). Der Dialog ist teil- 
weise polemisch gegen Arianer, Makedonianer, 
Apollinaristen und Origenisten, teils beschaftigt 
er sich mit Fragen der Bihelinterpretation, teils 
endlich versncht er die Astronomie und Natur- 
lehre in christlichem Sinne zu begriinden oder 
umzugestalten. Deswegen ist wohl auch C. zum 
Hauptsprecher gemacht, weil er einerseits als Arzt 



de se ipso XI 370) und hielt sich als solcher in 20 und Naturkundiger beriihmt gewesen war und 

man inm andererseits um seines hemgen Bruders 
willen auch theologisches Wissen zuschrieb. Die 
Abfassungszeit der Schrift diirfte das letzte Ende 
des 4. oder der Anfang des 5. Jhdts. sein, da der 
Autor den Dbnauiibergang der Hunnen im Winter 
394/5 schon zu kennen (I 68 p. 936 ; ygl. Claud, 
in Euf. II 26. Philost. XI 8), dagegen von den 
nestorianischen und monophysitisehen Streitig- 
keiten noch nichts zu wissen scheint. 

4) Claudius Hermogenianus Caesarius, Praefec- 



Nicaea auf, als er durch das Erdbeben vom 11 
October 368 (Mommsen Chron. min. I 241. Socr. 
IV 11) verschiifctet wurde. Zwar zog man ihn 
unter den Triimmern des Hauses unverletzt her- 
vor (laud. Caes. 15; poem, de se ipso I 172; 
epit. XV. Gratulationsbriefe zu seiner Rettung 
von Gregor. ep. 20 und Basileios ep. 26 = Migne 
Gr. 32, 301. 37, 53); doch einen grossen Teil 
seines Vermogens hatte die Erde verschlungen 
(poem, de se ipso I 1 72), und er selbst starb, noch 30 
ehe er Bithynien verlassen hatte (epit. XIV 4), 
an einer Krankheit (epit. XV 3; vgl. epist. 80). 
Sein Tod erfolgte im Amte (poem, de se ipso XI 
370), muss also noch Ende 368 stattgefunden 
haben, da sein Nachfolger Archelaos schon im 
Januar 369 erwahnt wird (Cod. Theod. IV 12, 6; 
vgl. IX 21 , 7. X 21 , 1). Seine Reste wurden 
nach Nazianz geschafft und im Grabhugel seiner 
Mutter beerdigt (poem, de se ipso XCI 3), wobei 



tus urbis Romae 374—375, s. Bd. I S. 2204 Nr. 43. 

5) Domesticus des Magister officiorum Remi- 
gius, von diesem zum Notarius des Kaisers be- 
fOrdert, wurde 374 oder 375 auf Befehl des Prae- 
fectus praetorio Galliarum Maximinus auf die Fol- 
ter gespannt, um gegen seinen Gonner auszusagen, 
Amm. XXX 2, 11. 

6) Flavius Caesarius, Consul 397 (DeRossi 
- .. . ,. Inscr. christ. urb. Rom. I 442. 443. 445. 449. 

ihm sein Bruder die noch erhaltene Leichenrede 40 450. 451. 454. 455. 458), unter dem Namen Ty 



hielt. Da er keine Familie hinterliess, vermachte 
er sein VermOgen den Armen (laud. Caes. 20; 
poem, de se ipso I 222. Basil, epist. 32 = Migne 
Gr. 32, 316) ; doch gab dasselbe noch Anlass zu 
langwierigen Processen (Basil, ep. 32. Greg. ep. 
29; poem, de se ipso I 173. 183. XI 371). An 
ihn gerichtet Basil, epist. 26. Gregor. ep. 7. 20. 
Sein Andenken feiern Gregor. epitaphia VI — XXI. 
Uns ist ein Dialog in vier Tagesabschnitten er- 



phos Vertreter des bOsen Princips bei Synesios 
Alyvmioi rj jisqI jiQovoiag. Er war der Sohn des 
Palladius Rutilius Taurus Aemilianus, Consuls 
361 (Synes. 88 a), der altere Bruder des Aurelia- 
nus, Consuls 400 (Synes. 90 a. 94 a. 110 a. 126 d). 
Schon als Greis vermahlte er sich, vielleicht zum 
zweitenmal, mit einer jungen Frau, die auf ihn 
einen grossen Einfluss ausiibte (105 b). Sie hing 
der arianischen Secte der Makedonianer an (So- 



halten (abgedruckt bei Migne Gr. 38,847), wel-50zom. IX 2) und mag dazu beigetragen haben, 
chen schon Photios Ccod. 210V wmn auch zweifelnrl die von seinem Vater ererbte Neigung zum Aria- 



chen schon Photios (cod. 210), wenn auch zweifelnd, 
diesem C. zuschrieb. Doch weiss Gregorios nichts 
von irgendwelcher schriftstellerischen Thatigkeit 
seines Bruders, und die trbersehrift : Ilevacie ngoo- 
ax&Etoai and Katvaxavtiov , Qeoxagioxov, 'AvSgeov, 
rQtjyoQiov, Aofivov, 'lacScogov, Aeovziov ini at- 
xQhh) (in secreto) Kataaoitp t<3 ade).<pqi xov aylov 
rQTjyoQiov kiioxoTiov Na£iav£ov, Oar/vino ixqa- 
Ttj&tj ev KoivozavTirovjioXu SiSdax(or inl crrj x 



nismus (Synes. 115 b. 121b) in C. zu festigen. 
Nach ihrem frfihen Tode bereitete er sich sein 
eigenes Grab bei dem ihrigen und errichtete da- 
bei in der Nahe von Constantinopel eine prach- 
tige Kirche des hi. Thyisos (Sozom. a. O.). Eine 
sinnliche Natur von ungeziigelter Leidenschaft- 
lichkeit (90 d), dem Wein und den Weibern er- 
geben (91 b. 104 c. 107 c. d), in seinem Verhalten 



(oder nach anderer Uberlieferung frr) g) bezeich- 60 hochst ungleichmassig (91 a. 93a. b) und vielleicht 



net ihn nicht als den Verfasser, sondern als den 
Hauptredner des Dialogs. Dass dies im Tert nur 
in der Erwahnung von seiner kappadokischen 
Heimat (I 99 p. 964) hervortritt, liegt an dem 
Zustande der Schrift. Denn offenbar ist dieselbe 
nicht vollendet, sondern nur im Entwurf erhalten. 
Der Verfasser hatte die Absicht, die Fragen {ptsv- 
oetg) , welche an C. gerichtet werden , unter die 



geistig nicht ganz gesund (93 a), verachtete er 
Philosophie und Rhetorik (90 c. 93 c) und bewun- 
derte nur die rohe Kfirperkraft (91 a). Daher ver- 
trat er am Hofe im Gegensatz zu seinem Bruder, 
mit dem er in offenkundiger Feindschaft lebte 
(90 d. 91 c. 107 b. 112dj, die Partei der Germanen 
(94 b. 109 a. 121b. 122 b). Er erOffnete seine 
Laufbahn in einem Finanzamte, wahrscheinlich 



1301 



Caesarius 



Caesarius 



1302 



i 



t ■ 



als Rationalis irgend einer Dioecese, und wurde 
angeklagt, sich dabei des Unterschleifs und der 
Bestechlichkeit schuldig gemacht zu haben (92 a); 
spater verwaltete er mehrere Provincialamter(92b), 
einen Teil derselben noch unter Iulian und Valens; 
denn schon vor Theodosius hatte er mehr als 
einem Kaiser gedient (Lib. or. I 680). Als Ma- 
gister officiorum ist er von 387 (Theodor. h. e. 
V 19. Lib. or. I 678) bis 389 (Cod. Theod. VIII 
5, 49) nachweisbar. In der Fastenzeit 387 wurde 
er mit dem Magister militum Hellebicus nach 
Antiochia geschickt, um die Stadt fur ihren Auf- 
stand zu strafen (Theodor. a. O.), zeigte sich aber 
bei der Dntersuchung sehr milde. Nach Einlei- 
tung derselben reiste er in fabelhafter Eile zum 
Kaiser Theodosius zuruck und erwirkte bei ihm 
Begnadigung (Sievers Libanius 177). Dies bildet 
den Gegenstand einer Rede, welche Libanius zu 
seinem Lobe gehalten hat (I 678—696). Nach 
der Ermordung des Eufinus (27. Nov. 395) wurde 
er an dessen Stelle Praefectus praetorio Orientis 
(Philost. XI 5); doch wurde ihm ein College in 
der Person des Eutychianus (s. d.) beigegeben. 
Als Inhaber dieses Amtes lasst er sich von 395 
—398 nachweisen (395 Cod. Theod. X 6, 1. XII 
1, 150. XVI 5, 27; 396 Cod. Theod. VI 3, 2. 
26, 7. 27, 10. VII 4, 21. VTTI 17, 1. LX 1, 18. 
38, 9. 42, 14. 15. XV 1, 34. 35. XV 6, 1. XVI 5, 
31. 32. 7, 6. 10, 14; 397 Cod. Theod. VI 2, 14. 
26, 9. 10. Vm 15, 8. LX 26, 1. XI 8, 1. XVI 8, 
13 ; 398 Cod. Theod. XVI 2, 32 ; vgl. Cod. lust. 
XI 70, 4. Synes. de prov. 92cff.), diirfte es aber 
wohl wahrend der ganzen Zeit, welche die Herr- 
schaft des Eutropios dauerte, behauptet haben. 
In dessen Sturz (399) wurde er mit verwickelt 
und entging der Verbannung nur durch die Gnade 
seines Bruders (Synes. de prov. 96 b. 97 a. 102 d, 
124 a). Seine Bemiihungen, an Stelle des Eunu- 
chen selbst die Herrschaft tiber den schwachen 
Arcadius zu gewinnen, waren vergeblich gewesen 
(95 d). Er soil dann durch Vermittlung seiner 
Frau, die mit der Gattin des Gainas befreundet 
war, diesen aufgehetzt haben, gegen Constanti- 
nopel zu marschieren und die Auslieferung des 
Aurelian zu verlangen (108bff.). Als die Gothen 
bei Chalkedon standen, ging er heimlich in ihr 
Lager (110 b) und wirkte dort fur die Hinrichtung 
seines Bruders (Ilia). Nachdem dieser gegen 
seinen Willen nur verbannt worden war (400), 
abernahm er selbst die Praefeetur und die Leitung 
des Kaisers (111c. 400 Cod. Theod. I 35, 1; 401 
Cod. Theod. VIII 5, 62; falsch datiert Cod. lust. 
VLT 41, 2, wohl in das J. 402 zu setzen). Im 
Gegensatz zu dem gar zu freigiebigen Regiment 
des Aurelian war er sehr strenge in der Steuer- 
erhebung, erhohte die Lasten der Stadte (lllc) 
und machte die Vergunstigungen und Privilegien, 
welche sein gutmutiger Bruder im tlbermasse er- 
teilt hatte, meist wieder riickgangig (112c. 114b). 
Sein eigenes VermOgen soil er durch Amterhandel 
bereichert haben (111 d), und anch seine Frau soil 
der Bestechung zuganglich gewesen sein (112 c). 
Er wirkte dahin, dass den Gothen in Constanti- 
nopel eine arianische Kirche eingeraumt werde 
(115 b), und als sie aus der Stadt geflflchtet waren, 
suchte er den zuruckgebliebenen Rest vergeblich 
gegen die Volkswut zu schutzen (121 a). Obgleich 
er seine Stellung durch Gainas erhalten hatte, 



iiberdauerte sie doch dessen Katastrophe (114 d. 
115 b. 121 d. 125 c). Erst 402 wurde er als Mit- 
verschworener der Barbaren vor das Gericht des 
Senats gestellt und seines Amtes entsetzt (122d), 
aber durch die Flirsprache seines Bruders, der 
wieder an seine Stelle trat, zum zweitenmal be- 
gnadigt (124a). Seeck Philol. LEE 450. 

7) Tribunus et notarius am Hofe Valenti- 
nians III., Nov. Val. 20, 2. 

10 8) Andere Homonymen Symm. ep. I 75; rel. 
28, 2. 4. [Seeck.] 

9) Caesarius von Aries f 542, wohl der vor- 
nehmste und einflussreichste Vertreter christlichen 
RSmertums in Gallien wahrend der ersten Halfte 
des 6. Jhdts. Geboren spatestens 470 im territoriwn 
der dvitas Chalons-sur-Sa&ne ist er auf dem Land- 
gute seiner Eltern, wohlhabender Rflraer, als bur- 
gundischer Unterthan aufgewachsen, anscheinend 
ohne nennenswerte Bildung zu empfangen. Von 

20 dem kirchlichen Zuge der Zeit ergriffen, erbat er 
gegen den Willen seiner Familie, etwa 587, von 
dem Bischof von Chalons die Aufnahme in den 
dortigen Klerus; um auch das Vaterland noeh 
seinem Gott zum Opfer zu bringen, entwich er 
589 nach dem Kloster Lerinum, wo er unter dem 
Abt Porcarius etwa neun Jahre verbrachte. Als 
seine Gesundheit durch den Aufenthalt auf der 
ungesunden Insel, zumal bei dem flhermass von 
asketischen Leistungen, die sein Enthusiasmus 

30 sich auferlegte, bedenklich erschuttert wurde, 
schiekte man ihn nach Aries, wo er in dem Hause 
eines reichen Christen Firminus freundliche Auf- 
nahme fand. An diesem Mittelpunkte eines an- 
geregten geistigen Lebens lernte ihn der Rhetor 
und Grammatiier Pomerius (s. d.) kennen; in 
dessen Schule diirfte er mehr gelernt haben, als 
die fromme Angstlichkeit seiner Biographen zu- 
geben will; aber auch dem Bischof von Aries, 
Aeonius, stellte sein Patron ihn vor, und da dieser 

40 sein specieller Landsraann war und Gefallen an 
ihm fand, wurde sein Verhaltnis zu Lerinum bald 
definitiv gelOst, er zum Diaconus und Presbyter 
geweiht und nach dem Tode des fruheren Abtes 
er an die Spitze des auf einer Rhoneinsel bei 
Aries gelegenen Klosters gestellt. Als drei Jahre 
spater, 502, Aeonius starb, hatte er, eigentlich 
gegen die kanonischen Vorschriften, schon Sorge 
getragen, dass man den erst 32jahrigen C. zu 
seinem Nachfolger wahlte; trotz der obligaten 

50 Versteckung, mit der er der hohen Wurde an fangs 
zu entgehen suchte, hat er sie gem iibemoramen 
und 40 Jahre lang das Bistum der damaligen 
kirchlichen Hauptstadt von Gallien unter den 
schwierigsten politischen Verhaltnissen verwaltet. 
Bis 507 gehorte Aries zu dem westgothischen 
Reich; von Alarich II. ist C. auch einmal als 
Hochverrater nach Bordeaux verbannt worden; 
nachdem die Stadt die schwere Belagerung durch 
Franken und Burgunder, 508 — 510, gliicklich 

60 uberstanden hatte, kam sie, wie die ganze Pro- 
vence, in die Gewalt der Ostgothen; schon um 
513 musste C. sich vor Theoderich in Ravenna 
persOnlich gegen die Anklage auf verraterische 
Conspirationen verteidigen; unter Vitiges wurde 
537 die Provence den Franken iiberlassen, und 
Aries kam an Childebert von Paris. So hat C. 
in seinen letzten Lebensjahren einen orthodoxen 
Landesfftrsten besessen. 



1303 



Caesarius 



Unsre Hauptquelle fur seinen Lebensgang bil- 
det die bald nach 542 durch fiinf seiner Preunde 
verfasste Vita, deren erstes Bucli drei BischSfe 
Cypnanus (von Toulon), Firminus und Viventius, 
das zweite em arelatensischer Presbyter Messianus 
™- ein „ Dlacon Stephanus geschrieben haben 
(Migne Patrolog. lat. LXVII 1001—42). Als Bio- 
graphic hat die Arbeit mit ihren yielen Wieder- 
holungen und der grossen Ungleichmassigkeit in 
der Benchterstattung starke Mangel, aber ihr 
Material ist wertvoll, und die bona fides der wohl- 
untemchteten , wenn auch von monchischen und 
klenkalen Vorurteilen beeinflussten Erzahler nicht 
anzutasten. tiber die Bedeutung des C. aber fflr 
die Kirche seiner Zeit werden wir besser unter- 
nchtet dureh die mannigfaehen Zeugnisse der 
Verenrung fur ihn, die wir aus dem Munde von 
/eitgenossen, selbst seines Concurrenten Avitus 
in Yienne, namentlich aber auch der damaligen 
rOmischen BischOfe, sowie von spateren Theolo- 
gen, z. B. Venantius Fortunatus und Cassiodor 
besitzen. Auf eineT Reihe von Synoden, die er 
persfinlich geleitet oder inspiriert hat, hat er am 
starksten unter alien gallischen BischOfen der 
alten Kirche die Ausbildung von Eechtsordnungen 
jeder Art in seiner Landeskirchebeeinflusst; der in 
Gallien heimische Semipelagianismus ist durch ihn 
— entscheidend 529 auf der Synode zu Orange — 
beseitigt und ein gemassigter Augustinismus, wie 
man damals in Eom ihn pflegte, zur Herrschaft 
gebracht worden; durch Klostergrundungen und 
Aufstellung von MOnchsregeln hat er eine ver- 
haltmsmassig gesunde Entwicklung des Mcnchs- 
wesens in seiner Heimat gefcrdert. Eine wirk- 
heh religiose Natur, hat er sich bemiiht seinen 
bischoflichen Pflichten gerecht zu werden und ist 
durch sem unermudliches Predigen in Stadt und 
™ Muster eines Volkspredigers fiir viele 

Jahrhunderte geworden. LongepositisinFrancia, 
vn Gallia atque in Italia et Hispania diversis- 
que provinciis comtitutis transmisit per sacer- 
dotes quid in ecclesiis suis praedicare faeerent, 
bemerkt die Vita I 42, und sie weiss auch, dass 
den Predigten des C, soweit sie nicht eongruae 
festtmtatibus et locis d. h. Gelegenheitsreden 
waren, vor allem eigentiimlich das Eifern gegen 
sitthche Mangel und tberreste heidnischen Wesens 
ist, z. B. contra calendarum paganissimos ritus, 
contraque . . lignicolas, fonticolas, dadurch werden 
sie fur die Kulturgeschichte so schatzbar! 

Leider befindet sich die litterarische Hinter- 
lassenschaft des C. noch im iibelsten Zustande. 
Sie fiillt mit Einschluss von Unechtem und Zweifel- 
haftem in Migne Patrolog. lat. LXVII 1041-1166 
Ausser von ihm redigierten ConcilienbeschlGssen 
und ein paar Briefen bilden den Inhalt ein aller- 
dings hflchst interessantes testamentum , regulae 
fur MOnche und Nonnen und Homilien. Weitaus 
die meisten aber von den Predigten des C. sind 
unter falschem Naraen veroffentlicht worden; bei- 
nahe 70 haben schon die Benedictiner in ihrer 
Augustinausgabe von pseudoaugnstinischen ser- 
mmus dem C. zuerkannt (s. Migne Patrolog. lat. 
AAAJX). Aber auch unter den Namen des Effrem 
fcusebius , Faustus ist caesarisehes Gut auf uns 
gekommen, und an dieser Versprengung ist C 
selber nicht ohne Schuld, indem er bisweilen 
Predigten, die er unter Beniitzung iilterer Meister 



Caesellius 



1304 



angefertigt hatte, auf deren Namen ediert zu 
haben scheint, eine besondere Art von Pseudo- 
nymitat. Augenblicklich ist mit der Vorbereitun<r 
einer kntischen Gesamtausgabe der Opera Caesarii 
UMorm beschaftigt, eine Anzahl wertvoller 
Beitrage hat er in der Revue be'ne'dictine schon 
vorgelegt; neu entdecktes Material auch bei C P 
Caspari Kirchenhist. Anecdota 1 1883, 213 u. s. 
Eine zusammenfassende Biographie hat C. Fr. 
10 Arnold unternommen : Caes. von Arelate li d 
gallische Kirche seiner Zeit, Lpzg. 1894; dort findet 
man die ubnge Litteratur vollstandig verwertet, 
doch fehlt eben noch das Fundament fur derartige 
Arbeiten, so lange keine brauchbare Ausgabe der 
Werke des C. existiert. Aber schon ein ober- 
flachlieher Vergleich eines Ausschnittes aus seiner 
Scnnftstellerei etwa mit den Arbeiten des 50 Jahre 
spiiter gestorbenen Bischofs Gregor von Tours ge- 
niigt , um den tiefen Einschnitt , der zwischen 
M diesen Mannern liegt, erkennen zu lassen : Gregor 
steckt ganz in der Barbarei des merovingischen 
Mittelalters, C. von Aries ist in seiner schlichten, 
volkstumlichen, auf rhetorischen Prunk erfreulich 
verzichtenden, aber des Gefiihls fiir Sauberkeit der 
Sprache und der Darstellungsmittel nicht ent- 
behrenden Art einer der letzten Repraesentanten 
der classischen Periode der lateinischen kirch- 
hchen Litteratur. [Jiilicher,] 

. Caesarobriga in Lusitanien, in den Verzeich- 
30 nissen des Agrippa und Augustus unter den ei- 
mtates stipendiarim genannt (bei Plin. IV 118), 
nach den inschriftlichen Zeugnissen (CIL II 895.' 
896) aber schon im 1. Jhdt. municipium; jetzt 
lalavera de la Eeina in der reichen Ebene des 
Tagnsthals westlich von Toledo mit alten Mauern 
und Thoren und zahlreichen inschriftlichen und 
andern Denkmalern (CIL II p. HI. 828). 

[Hiibner.] 
Arsn „ taesar <>dunum, Hauptstadt der Turones in 
40Galha Lugudunensis , am Liger, Ptol. II 8, 11 
TiaQa t6v AiyeiQa Tovqovioi xai n6Xig avxobv Kai- 
oaeoSovvov. Tab. Peut. (Casaroduno). Spater 
hiess sie Turoni (s. d.). oppidum Turonimm u a ■ 
heute Tours. Desjardins Table de Peut 27 
L o n g n o n Geogr. 242ff. Holder Altrelt. Sprach- 
schatz s. v. Der Name bedeutet Caesaris arx 
(Gliick Keltische Namen 139). [Ihm.] 

_ Caesaromagns. 1) Stadt der Bellovaci (s. d ) 
c '°M a Belgica, Ptol. H 9, 4. Itin. Ant. 380. 
50 384. Tab. Peut. ( Casaromago) ; das heutige Beau- 
vais. Desjardins Table de Peut. 21. Longnon 
Ge-ogr. de la Gaule au Vie siecle 415f. Der 
Name bedeutet Caesaris campus (Gluck Kel- 
tische Namen 122f.). Vgl. Bratuspantium. 

2) Stadt bei den Trinovanten in Britannien 
wahrscheinlich zu Caesars Ehren benannte r0- 
mische Griindung (s. o. S. 866), an der rOmischen 
Strasse von Londinium nach Camulodunum (Tab 
60 Peut. Baromaci. Itin. Ant. 474, 1. 480, 4. Geogr. 
Eav. 429, 13), ungefahr bei Chelmsford zu suchen. 

[Hubner.l 
Caesellius. 1) Caesellius Bassus, rSmischer 
Eittcr, Karthager von Geburt, Durch einen Traum 
veranlasst, war er von der Auffindung eines grossen 
Schatzes in seinem Landgut fest uberzeugt und 
suchte auch dem Kaiser Nero den Glauben bei- 
zubringen, es sei der Schatz der Dido mit leichter 



1305 



Caesellius 



Caesennius 



1306 



Miihe zu Tage zu ffirdern. Die Nachricht erregte 
damals grosses Aufsehen in Rom und gab Nero 
zu den uberschwenglichsten Hoffnungen, ja sogar 
zu wahnsinnigen Ausgaben Anlasa. Als aber die 
Nachforschungen erfolglos blieben, gab sich C. 
aus Purcht und Scham den Tod, im J. 65 n. Chr. 
Nach einer andern Version wurde er gefesselt, 
aber wieder entlassen, nachdem man sich an seinem 
Besitz schadlos gehalten hatte, Tac. ann. XVI 



1—3; vgl. Suet. Nero 31. 



8;_ vgl. Eibbeck Proleg. ad Verg. 173f.) in 
seinen Quaestiones epistolicae und Terentius Scau- 
rus in einer, wie es scheint, besonderen Schrift 
de Oaeselli erroribus (Gell. XI 15, 3 inter alia 
quae de CaeseUi erroribus eonposuit; dass man 
auch an die Schrift de rebus per epistidam quae- 
sitis denken k6nne, erwahnt Kummrow Symb. 
crit. 3 Anm. 8). Aus beiden hat Gelhus geschOpft 
(Mercklin Jahrb. Suppl. HI 658). Benutzt hat 



2) L. Caesellius Vindex (L. nach GL VII 147, 
14; irrtiimlich steht ebenda und GL VI 565, 3 
Gaeeilius), lateiniseher Grammatiker der hadria- 
nischen Zeit (Keil GL VTJ 139), ist nach der 
tiberlieferung der Verfasser zweier Werke: 1) eines 
Werkes stromateus betitelt (in stromateo GL II 
210, 7. 230, 11); 2) eines commentarius leetio- 
num an&iqitarum (so Gell. II 16, 5. XI 15, 2 ; 
commentaria ebenda VT 2, 1. XI 15, 5. XX 2, 
2 ; in lectionibus suis antiquis ebd. Ill 16, 11). 20 
Da nun aber Charisius oder vielmehr dessen Quelle 
Iulius Eomanus keinen dieser Titel anfilhrt ( Vin- 
dex A litterae libro 1 117, 13; Caesellius Vindex 
libro B litterae 239, 21 ; Caesellius Vindex libro 
L 195, 26), so nimmt man an, es habe nur ein 
einziges Werk vorgelegen, etwa mit dem Titel 
Stromateus sive leetiones antiquae (so z. B. 
Proehde De C. Iulio Rom. 637; vgl. Ritschl 
Parerg. 1 360. Kretz schmer De auctor. A. Gellii 



[Stein.] 10 ihn sicher Caper, von dem Priscian abhangig ist 



(Kirchner Jahrb. Suppl. VIII 516); vielleicht 
hat der von Charisius ausgeschriebene Iulius Ro- 
manus seine Citate eben daher (Froehde a. a. O. 
636). Ob Nonius im 3. Buche neben Caper den 
C. benutzt hat, wie L. Mueller Non. II 254 an- 
nimmt, wage ich nicht zu entscheiden; vgL P. 
Schmidt De Nonii Marc. auct. gramm. 152. Im 
iibrigen durfte sein Einfluss weiter reichen, als es 
die noch vorhandenen Spuren erweisen. [Goetz.] 

3) Caesellia als altrSmischer Frauenname an- 
gefuhrt vom Auct, de praen. 7 und in der (echte- 
ren?) Form Gaesulla von Fest. 274. [Munzer.] 

Caesena (so meist, auch CIL XI 3283 [= vase. 
Apoll. 3], Cesena Itin. Hierosol. 615. Tab. Peut. 
CIL XI 3281 [= vase. Apoll. 1], Caesana CIL XI 
3282 [= vase. Apoll. 2], Curva Caesana Itin. 
Ant. 286. Tab. Peut. CIL XI 3284 [= vase. 
Apoll. 4], Kaianva Strab. V 217, Kaiaatva Ptol. 
HI 1, 46, Ethnikon Caesenas), Stadt in Gallia 



gramm. 96; ahnlich schon Osann Beitr. II 329 30 Cispadana am Sapis (Savio) und der via Aemilia, 



adn. und Grafenhan IV 69; an zwei verschie- 
dene Werke dachten Lersch Ztschr. f. Alt.-Wiss. 
1841, 1103 und Mercklin Jahrb. fiir Philol. 
Suppl. Ill 638 Anm. u. 658) : eine Annahme, der 
die Fragmente inhaltlich wenigstens nicht wider- 
sprechen. Danach ware das Werk alphabetisch 
angelegt gewesen in der Weise, dass manche Buch- 
staben — wie bei Verrius Flaccus — wieder in 
mehrere Bucher zerflelen. Den Inhalt bildeten 



jetzt Cesena. Zuerst erwahnt wird es von Cic. 
ad fam. XVI 27, 2, in der fruheren Kaiserzeit 
nur selten (ausser den angefuhrten Stellen noch 
Plin. IE 116 and XIV 67, wo die Caesenatia 
vina gelobt werden; Itin. Ant. 99, 126; stadt- 
rOmische Soldatenliste vom J. 143. 144 CIL VI 
2379 a hi 29. 55. 58). Auch die Inschriften sind 
wenig ergiebig; einmal heisst C. munieipium 
(CIL XI 558), aber nicht einmal die Tribus steht 



grammatische ErCrterungen verschiedener Art, die 40 fest. Dagegen spielt es eine nicht unwichtige 



sich an bestimmte Lemmata anschlossen und be 
sonders das alte Latein berucksichtigten (so fiber 
cor als Masculinum; fiber dies statt diei, Mul- 
ciber, Mulciberis und Muleibris u. dgl.). Aus 
eben diesem Werke wiirden auch die orthographi- 
schen Excerpte genommen sein, die Keil GL VII 
202ff. abgedruckt hat. Beide Tractate stammen 
in dieser Form nicht von C; aber wahrend der 
zweite (ex L. Caecilio Vindice deflorata) inhalt- 
lich keine Bedenken erregt, zeigt der erste (ex 50 
orthographo Caessllto colkcta) manche Spur spa- 
terer Zeit (vgl. Keil GLVU 139. L.Mackensen 
De Verrii Flacci libris orthogr. [Jena 1896] 20j. 
Cassiodor, der diese Excerpte bereits vorfand, nahm 
beide auf in der Meinung, dass sie von verschiedenen 
Verfassern (C. und Caecilius) hen-uhrten (Brain- 
bach Neugestaltung d. Orthogr. 40). Unter den 
Quellen des C. kommen namentlich Varro und 
Cornutus in Betracht; vgl. Keil a. a. O. 139. 140. 
Dass C. den Plinius benutzt hat, darf ebenfalls als 60 
wahrscheinhch gelten; vgl. Neumann De Plinii 
dubii semi, libris 46. Beck Stud. Gell. et Plin. 5. 
Aus Gellius, der ihn mehrfach lobend erwahnt 
(grammatico ut mea opinio est hautquaquam 
inerudith XVIII 11; hominis hercle pleraque 
haut indiligeniis VI 2, 1) wissen wir, dass das 
Werk von andern Grammatikern lebhaft bekampft 
wurde ; so von Sulpicius Apollinaris (z. B. II 16, 



Rolle im 6. Jhdt., namentlich in den Gothenkriegen 
des Belisar und Narses, wo es als wichtige Festung 
erscheint (Prokop. b. Goth. I 1. II 11. 19. 29. 
Ill 6. Agathias I 20; vgl. castrum Cesinate 
Agnell. lib. pontif. Ravenn. c. 90 und Cesinate 
castrum Lib. pontif. vita S. Zachariae p. 431 
Duchesne). Apollinaris Sidonius ep. I 8 nennt C. 
furnum potius quam oppidum. Lateinische In- 
schriften aus C. CIL XI 554—570. [Hfilsen.] 

Caesennius, romische Gens. 1) Caesennius, 
Verfasser einer Schrift fiber Gartenbau (xqnov- 
Qtxa), Quelle des Plin. n. h. ind. 1. XIX. 

[Stein.] 

2) M. Caesennius Sex. f. auf einer stadtrOmi- 
schen Weihinschrift republicanischer Zeit (CIL 
VI 31097). 

3) P. Caesennius, Zeuge im Process des A. 
Caecina (Cic. Caec. 27), wohl verwandt mit Nr. 14. 

[Munzer.] 

4) A. Caesennius Gallus. Der ganze Name auf 
den Inschriften; Kmoswio; rdUos und bios rdXlos 
bei Josephus und auf den Munzen. X Vvir sfacrisj 
ftaciundisj, CIL III Suppl. 12218. Im J. 66 
n. Chr. Legat der legio XII. Fulminata wurde C. 
von dem Statthalter Syriens, C. Cestius Gallus, 
in das aufstandische Gafilaea gesandt (Joseph, bell. 
Iud. II 510). Die Stadt Sepphoris nahm ihn mit 
Freuden auf (Joseph, bell. Iud. II 511) und empfing 



1307 



Caesennius 



Caesemiius 



1308 



von ihm eine Besatzung (Joseph, bell. Iud. Ill 31). 
Die iibrigen Orte verhielten sich ruhig, wahrend 
die Aufriihrer auf den Berg Asamon flohen und 
daselbst von C.s Truppen niedergeraacht wurden. 
C. kehrte hierauf nach Caesarea zu Cestius zu- 
riick (Joseph, hell. Iud, II 511—513). Consul 
suffectus in unbestimmtem Jahre unter Vespasian 
(CIL III Suppl. 12218). Statthalter von Galatien 
und Kappadokien in den J. 80—82 (CIL III 312, 



b) Leben. Consul ordinarius im J. 61 n. Chr. 
mit P. Petronius Turpilianus (Tac. ann. XIV 29. 
Phlegon a. a. 0.). Im folgenden Jahre (vgl. 
Nipperdey-Andresen zu XV 8) sandte ihn 
Nero als Statthalter nach Kappadokien, um den 
von den BOmern eingesetzten Armenierkonig Ti- 
granes gegen die Parther zu schtitzen (Tac. ann. 
XV 6. Dio LXII 20, 4). Mit der IV. und XII. 
Legion riickte C, den Euphrat iiberschreitend, 



318; Suppl. 12218; Mflnzen von Caesarea in Kap- 10 in Armenien ein in der Absicht, Tigranocerta 



padokien, Mionnet Suppl. VII 663 nr. 25. 26; 
auf diese Legation beziehen sich wohl auch die 
Mtinzen unsicherer Herkunffc bei Mionnet VI 
687 nr. 502. 503; Suppl. IV 348 nr. 325. 326. 
V 173 nr. 1010, die zum Teil auf Kreta oder 
auf Nikomedia in Bithynien bezogen wurden). Ein 
A. Caesennius Oalli I. Herma CIL XIV 730 
(auch 729. 731) Ostia. Dass neben diesem eine 
Caesennia L, 1. genannt wird, weist auf nahe Ver 



wieder zu gewinnen. Er gelangte jedoch nur 
dazu, einige Castelle wegzunehmen, und fiihrte, 
da der "Winter bevorstand, seine Truppen zuriick 
(Tac. ann. XV 7. 8; falsch Dio LXII 21, 1). 
Er selbst bezog mit der IV. Legion das Lager 
in Feindesland, bei Rhandeia am Arsanias (Dio 
LXII 21, 1). Da iiberraschte den Sorglosen die 
Nachricht, dass der Partherkonig Volagases mit 
einem grossen Heere heranriicke. Er verstarkte 



wandtschaft des A. Caesennius Gallus mit den 20 sich durch die XII. Legion und stellte den Pern 



Lucii Caesennii Paeti. 

5) Caesennius Isauricus schied im J, 178 n. 
Chr. aus dem Collegium der Salii Palatini (CIL 
VI 1979). _ [Groag.] 

6) Caesennius Lento (Namensform Caesennius 
Cic. Phil. Xin 2. Dio XLIII 40, 2; Caesonius 
Plor. II 13, 86. Oros. VI 16, 9) diente unter Caesar 
709 = 45 in Spanien , holte den Cn. Pompeius 
nach der Schlacht bei Munda ein und tOtete ihn 



den, um sie an der tiberschreitung des Taurus- 
gebirges zu hindem, Fussvolk auf dem Berges- 
riicken und Reiterei in der Ebene entgegen. Die 
Parther vertrieben jedoch die Reiter und rieben 
die Legionare auf. Der Truppen bemachtigte sich 
jetzt grosse Angst, wahrend Paetus unkluger- 
weise durch Entsendung einer Schutzmannschaft 
fiir Frau und Sohn in das Castell Arsamosata 
sein ohnehin kleines Heer noch schwachte. Gleich- 



nach kurzem Gefecht (Dio. Flor. Oros.; Anspielung 30 zeitig rief er den Beistand des Statthalters von 



darauf Cic. Phil. XI 13. XII 23). Nach Caesars 
Ermordung 710 = 44 wurde er unter Antonius 
Septemvir agris dividundis (Cic. a. O. und Phil. 
XIII 2. 26). k [Miinzer.] 

7) Caesennius Maximus (so lautet der Name 
Tac. ann. XV 71 ; Gaesonius Maximus Mart. 
VII 44, 1; welcho Form die richtige ist, lasst 
sich nicht entscheiden , doch hat Caesennius 
grCssere Wahrscheinlichkeit fiir sich, weil sena- 



Syrien, Domitius Corbulo, an (Tac. ann. XV 9 — 11. 
Dio LXII 21 , 1). Volagases schloss die Romer 
ein und bedrangte Lager und Castell (Arsamo- 
sata). Die Entmutigung seiner Soldaten zwang 
Paetus schliesslich, mit dem PartherkOnig in Unter- 
handlungen zu treten, die zu einem Ubereinkommen 
fuhrten ; die Legionen sollten von der Belagerung 
befreit werden, aber jeder rOmische Soldat mflsse 
Armenien verlassen, Castelle und Proviant seien 



torische CaesowV in der Kaiserzeit erst im 2. Jhdt. 40 den Parthern zu iibergeben. Die Capitulation 



nachweisbar sind; das Cognomen allein bei Se- 
neca epist. XIII 2, 2 und Mart. VII 45, 3), Freund 
des Philosophen Seneca (Senec. epist. XTII 2, 2. 
Mart. VII 45), den er vielleicht in die Verban- 
nung nach Corsica begleitete (Mart. VLT 44; vgl. 
Teuffel-Schwabe R. L.-G.5287, 1). Es mfissen 
auch Briefe Senecas an ihn existiert haben (Mart. 
VII 45; vgl. Friedlanders Anm.). Mit (An- 
naeus) Serenus war C. gleichfalls befreundet (Mart. 



war voreilig erfolgt, da die Parther fur eine liingere 
Belagerung nicht die Mittel besassen , auch Cor- 
bulo nicht mehr feme war. Paetus musste noch 
die Demiitigung iiber sich ergehen lasseu, fiir die 
Parther eine Briicke iiber den Arsanias zu schlagen. 
Dann nahm er einen fluchtartigen Riickzug. bis 
er am Ufer des Euphrat auf Corbulo traf (Tac. 
aim. XV 13—16. Dio LXII 21, 2—4. 22, 1 ; falsch 
Suet. Nero 39). Er forderte diesen auf, vereint 



VII 45). Consul suffectus in unbekanntem Jahre 50 mit ihm wieder Armenien anzugreifen, was Cor- 

vor 65 (Mart. VII 44), wurde er in diesem Jahre *---■■■■-'-■'"'' — • • — ■ 

nach der Entdeckung der pisonischen VerschwO- 
rung aus Italien (Tac. ann. XV 71) nach Sicilien 
verwiesen. Ihn begleitete Q. Ovidius (Mart. VII 
44. 45). 

8) Caesennius Paetus, Gemahl der Flavin T. 
[f.] Sabina (CIL XIV 2830 = Dessau 995 ager 
Praenestinus), augenscheinlich einer Verwandten 
des flavischen Kaiserhauses. Ob an L. Caesen 



bulo jedoch ablehnte. Hierauf iiberwinterte Paetus 
in Kappadokien (Tae. ann. XV 17 ; vgl. im allge- 
meinen Schiller Gesch. der rOm. Kaiserzeit I 
1, 351. MommsenR. G. V 388ff. Niese 
Grundriss der rem. Geschichte^ 1971). Auf die 
Kunde von diesen Ereignissen enthob ihn Nero 
seines Amtes und rief ihn nach Rom zuruck. 
Wahrend Paetus Schlimmeres fiirchtete, begnugte 
sich der Kaiser, seinen Witz an ihm auszulassen 



nios Paetus (Nr. 9) oder an L. Iunius Caesennius 60 (Tac. ann. XV 25. Dio LXII 22, 4). Im J. 70 



Paetus (Nr. 10) zu denken ist, lasst sich nicht 
entscheiden. Doch vgl. Nr. 9. 

9) L. Caesennius Paetus. a) Name. Aoixiog 
Kaioivtog Italxog Dio LXII 20, 4; Caesennius 
Paetus Tac. ann. XIV 29 (in der Hs. Cesonius). 
XV 6. Joseph, bell. Iud. VII 59. 220 ; Kaiawvtog 
TTaTrog Phlegon mir. 20 (frg. 49 Muell.); sonst 
Paetus. 



wurde Paetus von Vespasian zum Statthalter 
Syriens ernannt (Joseph, bell. Iud. VII 59; dass 
der Consul des J. 61 und dieser Legat von Syrien 
identisch sind, hat Klebs Prosopogr. imp. Rom. 
I 265 nr. 137 erwiesen). Als solcher klagte er 
im Fruhjahr 72 (vgl. Niese Hermes XXVIII 
1893, 212) den KOnig Antiochos IV. von Kom- 
magene — es ist fraglich, ob mit Grand — heim- 



t 



1309 



Caesernius 



Caesetius 



1310 



licher Verbindungen mit den Parthern an. Da 
ihrn der Kaiser freie Hand liess, fiel er in Kom- 
magene ein, besetzte das Land und die Haupt- 
stadt Samosata und lieferte den Sohnen des Konigs 
ein unentschiedenes Treffen. Als jedoch Antiochos 
seine Sache verloren gab und nach Kilikien ent- 
floh, gingen seine Truppen zu den Romern iiber. 
Der Konig selbst wurde gefangen und von Paetus 
nach Rom gesendet (Joseph, bell. Iud. VII 219— 
238), sein Land annectiert (vgl. Marquardt Rom. 10 
Staatsverw. 12 399). 

c) Familie. Paetus Gemahlin und ein an- 
scheinend noch im Knabenalter stehender Sohn 
werden Tac. ann. XV 10 erwahnt. Ein alterer 
Sohn, wohl L. Iunius Caesennius Paetus (Nr. 10) 
diente als Tribunus militum im J. 63 (Tac. ann. 
XV 28). War Paetus der Gemahl der Flavia 
Sabina (Nr. 8), so ist seine Ernennung zum Statt- 
halter Syriens bald nach Vespasians Regierungs 



3) Caesernius Statianus, 6 xQ&uoxog, Curator 
von Nicomedia in Bithynien {loyiowvwv) unter 
Septimius Severus, nach 198 n. Chr., da in der 
Inschrift die Se/iaoxol genannt werden, namlich 
Septimius Severus und Caracalla, der letztere 
aber erst 198 Augustus wurde, CIG 3771. In 
welcher Beziehung er zu T. Caesernius Statius 
Quintius Statianus Memmius Macrinus (Nr. 5) 
steht, ist unklar. [Stein.] 

4) T. Caesernius Statius Quinetius Macedo 
Quinatianus, tfriumvir au]ro argenfto aere 
fflandoj fferiundoj], tfribunus mUfttumJ l]egi- 
onis XXX. [Ulp(iae) Vijotrieis, [qufaestorj] 
candidatus, [eensitor per] Africam Maur[etani- 
asque], [tribfunus)] pleHs eandidafius], [praet. 
cand(\datus)] inter dives etpferegrfinosj], cofmes 
impferatoris)] per orientem, hgaius Ugio[nis . . .] 
piae fidelis, p[raef(eetus) alimfentorum)], [cu- 
rator] viae Appiae, cos. (suffectus in unbekanntem 



antritt und die Nachsicht, die dieser Herrscher 20 Jahre) , sodalis Aug(ustalis) CIL V 865 (vgL 



seinem Versuche gegentiber bewies, die im J. 62 
compromittierte militarische Ehre wiederherzu- 
stellen, nicht auffallend (vgl. Klebs a. a. O.). 

10) L. Iunius Caesennius Paetus (der vollstan- 
dige Name Herm. XXIII 1888, 159), allem An- 
schein nach der altere Sohn des L. Caesennius 
Paetus (Nr. 9), demnach Tribunus militum unter 
Domitius Corbulo im J. 63 (Tac. ann. XV 28); 
Consul suffectus im M3,rz eines unbestimmten 



Addit. p. 1025) - Dessau 1069. 866 (Aquileia). 
XIV 2253 (ager Albanus). Einen Freigelassenen 
des C. nennt die Inschrift CIL V 482 flsola). 
C. war vielleicht Sohn des T. Caesernius Macedo 
(Nr. 2) und Bruder von Nr. 5. 

5) T. Caesernius Statius Quintius Statianus 
Memmius Macrinus. Mit vollem Namen nennt 
ihn die Inschrift CIL VIII 7036 = Dessau 1068 
(Cirta) , die seine Amter bis zum Consulat auf- 



Jahres unter Vespasian mit P. Calvisius RusoSOzahlt. Er war nach derselben : XVvir (unrichtig 



(CIL VI 597. Herm. XXLU 1888, 158. 159; die 
Zeit 'wird dadurch bestimmt, dass die Consuln 
auf pompeianischen Geschaftsurkunden genannt 
werden und beide nicht vor dem J. 83/84 den 
Proconsulat von Asia bekleideten; vgl. Klebs 
Prosopogr. I 266 nr. 138), Proconsul von Asia 
nach dem J. 83/84, in welchem Domitian den 
Beinamen Germanicus annahm : Inschrift von My- 
lasa L e B a s III 358 ; Miinzen von Ephesus 



statt Xvir) stlitib. iu[dican]dis, quae[st.] can- 
didatus divi Hadriani, comes eiusdem in [ori-] 
ente, tribfunus) plfebis), (praetor), missus ad 
dilec[tu]m iuniorum a divo Hadricmo in r[e]- 
gionem Transpadanam, legfatus) legfionis) XIV. 
Q(eminae) M(artiae) V(ietricis). Legat von Nu- 
midien und Consul designatus im J. 141 (CIL 
VIII 2361 = Suppl. 17849. 17850 Thamugadi; 
Suppl. 17678 Mascula) ; demnach Consul suffectus 



Mionnet ILT 94 nr. 259. 95 nr. 264; Suppl. VI 40 141 oder 142. Legat von Germania superior im 



133 nr. 361—365. 135 nr. 373. Waddington 
Fastes nr. 107. Leake Numism. Hell., Asiat. 
Greece 56; von Smyrna Mionnet HI 226 nr. 1263. 
227 nr. 1267. [Groag.] 

11) C. Caesennius Philo zog 702 = 52 mit 
Erfolg den Sex. Clodius vor Gericht (Ascon. Milon. 
p. 49). [Miinzer.] 

12) Caesennius Silvanus, Tribunus militum. 
Der jiingere Plinius verhalf ihm zu dieser Stellung 



J. 150 (Revue arche"ol. XIV 1889, 373), sodfaljis 
Augustalis. Wohl Sohn des T. Caesernius Macedo 
(Nr. 2), vielleicht Bruder des Vorhergehenden. 

[Groag.] 

Caesetius, rOmische plebeische Familie. 1) C. 
Caesetius eques Romanus, Freund des Q. Liga- 
rius (Cic. Ligar. 33), vielleicht identisch mit dem 
Vater von Nr. 4. 

2) L. Caesetius wurde von dem alten Cato 



auf die Bitte des Geschichtschreibers Sueton, eines 50 verteidigt. Fest. p. 301. Diomed. I p. 376, 4 



Verwandten von C. Plin. ep. Ill 8, 1. [Stein.] 

13) A. Iunius Pastor L. Caesennius Sospes, 
Cos. ord. 163 n. Chr., s. unter Iunius. [Groag.] 

14) Caesennia e munieipio Tarquiniensi (Cae- 
sennii in Tarquinii CIL XI 3392. 3415—3417), 
summo loco nata et probatissima femina, war 
in erster Ehe mit M. Fulcinius (Cic. Caec. 10), 
in zweiter mit A. Caecina verheiratet, den sie 
zn ihrem Erben einsetzte (a. O. 17). [Miinzer.] 



Priscian X p. 520, 23. 

3) P. Caesetius, Quaestor des Verres 682 = 
72 (Cic. Verr. IV 146. V 63). 

4) L. Caesetius Flavus (Praenomen Dio. Nic. 
Damasc. ; Cognomen 4>kaoviog irrig Dio. Plut.) 
und L. Epidius Marullus, Volkstribunen 710 = 
44, nahmen von einer Statue Caesars das Diadem, 
das man ihr aufgesetzt hatte, hinweg, indem sie 
erklarten, der Dictator selbst wunsche solches 



15) Arria Caesennia Paulina s. o. A rri us 60 nicht, und verhafteten die Schuldigen. Ebenso 



Nr. 43. [Groag.] 

Caesernius. 1) C. Caesernius, Schwieger- 

sohn des L. Mestrius Floras. Plut. quaest. conviv. 

V If 6 (682 F). VII 4, 2 (702 F). VII 6, 2 (707 C). 
2) T. Caesernius Macedo, Procurator Augusti 

in Mauretania Caesariensis im J. 107 n. Chr., 

CIL m Suppl. 10224 und p. 1973 dipl. XXXVI 

(vom 24. November 107). 



fuhrten sie Leute, die ihn bei der Ruckkehr von 
den feriae Latinae mit dem Konigstitel begriisst 
hatten, ins Gefangnis ab und ernteten beim Volie 
allgemeinen Beifall fiir ihr Verhalten. Daraufhin, 
nicht erst nachdem er noch weiter durch sie ge- 
reizt war (wie Dio XLIV 10, 2 sagt), beschwerte 
sich Caesar iiber sie beim Senat, der sich seinen 
Wunschen ohne wei teres fiigte. Caesar stiess sie 



1311 



Caesi 



Caesius 



1312 



kraft seiner Censorwiirde aus dem Senat und ent- 
setzte sie ihres Amtes gemass eines von dem 
Tribunen C. Helvius Cinna (vgl. Dio XLIV 10, 
3. XL VI 49, 2. Obsequ. 70) beantragten Volks- 
beschlusses. Sie wurden zwar nicht, wie Nic. Da- 
masc. v. Caes. 20, 5—9 behauptet, verbannt, aber 
verliessen Eom freiwillig. Auch dass Caesar sie 
selbst begnadigt habe, ist eine unrichtige Angabe 
desselben Antors (22, 1) ; vielmehr forderten Brutus 



Caesius, rOmischer Gentilname, findet sich 
schon in republicanischer Zeit in verschiedenen 
Teilen Italiens. [Miinzer.] 

1) Caesius, fingierter Name bei Mart. VII 55. 

[Groag.] 

2) Caesii, Aquini von Catull. 14, 18 zusammen 
als Beispiele schlechter Dichter genannt. 

[Skutsch.] 

3) C. Caesius M. f., hOchster municipaler Be- 



und Cassius nach Caesars Ermordung ihre Zurtick- 10 amter in Praeneste, Ende des 7. Jbdts d St 
berufung (App. b.c. II 122), die nun auf Antrag (CIL I 1140 = XIY 2980). 



des Praetors Cornelius Cinna erfolgte (Nic). Das 
Eecht der Amterbewerbung wurde ihnen zuruck- 
gegeben, aber nicht das Tribunat (Cic. Phil. XIII 
31. Liv. ep. CXVI. Veil. II 68, 4f. Suet. Caes. 
79. 80. Dio XLIV 9, 3—10, 3. App. b. c. II 
108. 122. 138, vgl. IV 93. Plut. Caes, 61, 3 ; Anton, 
12, 2. Zon. X 11 p. 369 aus Plut. Nic. Damasc. 
a. O. ; vgl. Schelle Beitrage zur Gesch. des Todes- 
kampfes der rom. Republik [Dresden 1891] 2—5). 20 
Nach Val. Mas. V 7, 2 weigerte sich der Yater 
des C, der rOmischer Kitter war (vgl. Nr. 1) und 
noch zwei andere Sohne hatte, mit Entschieden- 
heit, diesen zu verstossen, wie Caesar ihm zumutete. 
5) Caesetius Kufus wurde wegen eines Hauses, 
das der Pulvia gefiel, 711 = 43 proscribiert und 
getOtet, obwohl ihn Antonius gar nicht gekannt 
hatte. Er war Senator, doch ist die Identification 
mit Nr. 3 durch nichts gerechtfertigt (App. b. c 



IV 29, der nur das Cognomen bietet. Val. Max. 30 (Cic. Verr. I 130), 



4) L. Caesius, Munzmeister um 644 =110 
(Mommsen Miinzwesen 560 nr. 174). 

5) L. Caesius C. f., municipaler Magistrat 
von Pompeii in sullanischer Zeit (CIL 1 1250 = 
X 819). 

6) L. Caesius, 694 = 60 Begleiter Q. Ciceros 
in Asien (Cic. ad Q. fr. I 1, 14. 2, 4), vielleicht 
der im J. 700 = 54 erwiihnte C. (a. 0. Ill 1, 3). 

[Munzer.] 

7) L. Caesius , praefeetfus aerari mi- 

litjaris zwischen 21 und 30 n. Chr. (CIL V 8845 
Verona). [Groag.] 

8) M. Caesius wurde zur Zeit des pyrrhischen 
Krieges von den meuterischen Soldaten in Rhegion 
nach dem Tode ihres ersten Hauptmanns Iubellius, 
dessen Schreiber er gewesen war, zum Fuhrer ge- 
wahlt (Val. Max. II 7, 15). 

9) M. Caesius, Praetor urbanus 679 = 75 



IX 5, 4). [Munzer.] 

Caesi oder Cesi, indisches Volk im Berggebiet 
zwischen der Yamuna und dem mittleren Sindhu, 
neben den Caetriboni und Megallae, Megasth. bei 
Plin. VI 73. Kurzform fiir die in indischen 
Vslkerlisten erwahnten ,langhaarigen' Aboriginer 
DirghaKeca und K§ca-dhara der Nordregion. 

[Tomaschek.] 

Caesianus. 1) S. Iuventius, Nonius, 
Numicius, Plautius. 

2) Caesianus, Cognomen des cos. 39 n. Chr. 
L. Apronius Caesianus (mit C. Caesar Germa- 
nicus II) = Apronius Nr. 6. [Groag.] 

Caesia silra. Germanicus iiberscnreitet im 
J. 14 bei Vetera den Rhein und zieht gegen die 
Marsen: agmine propero Caesiam silvam limi- 
temque a Tiberio coeptum scindit, Tac. ann. 1 50. 
Der Wald wird sonst nicht erwahnt. Nach v. V e i t h 
Bonner Jahrb. LXXXIV 6 ist es der Coesfelder 



10) M. Caesius , sicilischer Steuerpachter unter 
der Verwaltung des Verres 682 = 72 (Cic. Verr. 
Ill 88. 101). 

11) M. Caesius, Freund Ciceros, Aedil in 
dessen Vaterstadt Arpinum (Cic. ad fam. XIII 11, 
3. 12, 1). 

12) P. Caesius, rOmischer Ritter aus Ravenna, 
hatte von Cn. Pompeius Strabo das Burgerrecht 
erhalten; Cicero erwahnt ihn noch 698 = 56 

40 (Balb. 50) und richtete vielleicht ein Jahr fruher 
den Empfehlungsbrief ad fam. XIII 51 an ihn. 

13) Sex. Caesius, rOmischer Ritter und Steuer- 
pachter in Asien 692 = 62 (Cic. Flacc. 68). 

[Munzer.] 

14) T. Caesius wird von Pomponius (Dig. I 2, 
2, 44) unter den Schulern des Ser. Sulpicius Rufus 

fenannt. Ob er Schriften verfasst hat und ob 
iese Aufnahme in das Sammelwerk des Namusa 
gefunden haben, lasst sich nicht mit Sicherheit 



Wald (vgl. LXXXIX 89), nach andern der Haesern- 50 hestimmen. Vgl. Aufidius Nr. 31. [Jors.] 



wald. Nach Mullenhoff Deutsche Altertums 
kunde II 222 steht Caesia fiir Chaesia (deutsch 
haisi); in einer mittelalterlichen Urkunde vom 
J. 796 findet sich der Wald Heist wieder in aqui- 
lonari parte fluvii Rurae zwischen Werden und 
Essen. [Ihm.] 

Caesidins. 1) . . . [CJaesidius . . . wird auf 
einem Inschriftfragment genannt als [tr]ib(unus) 
leg(ionis) [HI. AvgfusiaeJJ , [qufaestorj? divi 
Vespjasiani und Consul (CIL VIII Suppl. 12539). 60 

2) Caesidia Longina, an die Marcus und Ve- 
rus ein Rescript richteten, Dig. XXXVII 14, 17. 

[Groag.] 

Caesilins. 1) C. Caesilius C. f., Municipal- 
quaestor von Tibur in republicanischer Zeit (CIL 
XIV 3655). [Munzer.] 

2) Q. Fabius Caesilius Titianus s. Fabius. 

[Groag.] 



15) C. Caesius T. f. ClfaudiaJ Aper, prae- 
ffeetusj eokfortisj II. Hispanor(um) equitatae 
im J. 60 n. Chr. (CIL IH p. 845 dipl. II), tri- 
b(unus) mUitfum), quaestor pro pr(aetore) Ponti 
et Bithyniae (demnach vorher in den Senatoren- 
stand aufgenommen), aedilis plebfisj CerfialisJ, 
pr(aetor) , legat(us) pro prfaetore) provincial 
Sardiniae. CIL XI 6009 = Dessau 981 Sesti- 
num. [Groag.] 

16) Caesius Bassus , Dichter der neronischen 



Zeit. Als Lyriker genoss er Achtung bei Zeit 
genossen und Spateren : Persius (VI 2 — 4) feiert 
ihn als ernst- und scherzhaften Lyriker, und Quin- 
tilian (Inst. X 1, 96) nennt ihn den einzigen Ly- 
riker, der etwa ausser Horaz gelesen zu werden 
verdiene. Seine sonstige dichterische Thatigkeit 
wird von Persius (a. O. v. 3. 5f.), fiir uns nicht 
gerade klar, umschrieben : mire opifex numeris 



1313 



Caesius 



Caesius 



1314 



veterum pri.mordia voeum . . . intendisse , was 
man doch wohl am einfachsten von einem ety- 
mologischen Lehrgedicht versteht. Erhalten ist 
von diesen Erzeugnissen nur ein Hexameter aus 
dem zweiten Buch lyrieorum (Priscian GL II 527). 
Die Lebenszeit des C. bestimmt sich durch sein 
VerhSltnis zu Persius. Dieser ist a prima adu- 
lescentia mit Bassus befreundet gewesen, hat ihm 
seine sechste Satire gewidmet und sein dichte- 
rischer Nachlass ist von Bassus herausgegeben 10 
worden (vita Persii p. 58, 18. 59, 18B.3). In 
jener Satire, die bei Persius Tode (24. Nov. 62) 
noch nicht beendigt war (vita p. 59, 17), wird 
Bassus senex genannt (so die gute Uberlieferung 
v. 6 ; senes ? , was trotz B i e g e r De Persii eo- 
dice Pithoeano, Berlin 1890, 4 nicht einmal ver- 
standlich ist) ; er muss also , als er beim Aus- 
bruche des Vesuvs 79 mit seiner Villa verbrannte 
(als fama gemeldet vom Schol. Pers. VI 1 ; Plin. 
ep. VI 16 , 8 hat damit schwerlich etwas zu 20 
thun), ungefahr Siebziger gewesen sein (Biiche- 
ler Rh. Mus. XLI 458). Gewiss identisch mit 
unserm C. ist der C. Caesius Bassus, der auf einer 
vermutlich der neronischen Zeit angehOrigen In- 
schrift aus Sublaqueum als Verkaufer eines Grund- 
stiieks erscheint (CIL XIV 3471); dass der Dichter 
C. ein Sabinum besass, wissen wir durch Persius 
(VI 1). Zeit und Name empfehlen die Identifica- 
tion mit Nr. 17. [Skutsch.] 

17) Ein Caesius Bassus wird als ange- 30 
sehener, gelehrter Metriker und Verfasser eines 
liber de metris ' mehrf ach von den lateinischen 
Metrikern citiert. Mar. Vict. G. L. VI 209, 10 
(vir doctus atque eruditus). Terent. Maur. G. L. 
VI 395 (v. 2358 u. v. 2369 auetore tanto credo 
me tutum fore). Diom. G. L. I 513. Dass der- 
selbe Caesius Bassus gerneint ist bei Rufin. G. L. 
VI 555, 22 JBassius ad Neronem, kann einem 
Zweifel um so weniger unterliegen, als der von 
Victorinus als Eigentumlichkeit des C. angefuhrte 40 
Ausdruck trimetrus sich in dem Fragment bei 
Rufin vorfindet. Danach ist also C. Zeitgenosse 
des Nero, und es ist kein Grand vorhanden, die 
naheliegende Identificierung des auf die Neubil- 
dung von Metren abzielenden Metrikers (G. L. 
VI 271 , 2ff.) mit dem gleiehnamigen lyrischen 
Dichter und Freund des Persius (Nr. 16) abzu- 
weisen. Trotz der Ubereinstimmung seiner Lehre 
mit der Verstechnik des Seneca (Leo Senec. trag. 
I 120ff. 132ff.) lasst sich iiber das Verhaltnis der 50 
beiden nichts Bestimmtes sagen. Leo Hermes 
XXIV 294, 2 vermutet, dass mit dem non igno- 
bilis poeta Quint. IX 4, 90 C. gerneint sei. 

Unter dem Namen des C. B. enthielt das 
beriihmte im J. 1493 im Kloster Bobbio gefundene 
Corpus lateinischer Grammatiker und Metriker 
(G. L. I p. VDH. VI 245) einen ganz durftigen 
Abschnitt iiber ein paar Horazmetra (G. L. VI 
253. 305f.). Aber entweder gehOrt hier der Name 
des C. B. uberhaupt nicht hin , oder der spate 60 
Grammatiker hat ihn nur hingesetzt, weil er eine 
Schrift des C. beniltzte, freilich nicht ohne aller- 
hand Versehen und Entstellungen. Fur die Er- 
kenntnis der Lehre des C. ist das Stiick vollig 
wertlos. Besser steht es mit dem Fragment G. L, 
VI 255— 272. Durch einen IrrtumdesParrhasius 
gait seit der ed. princ. (vom J. 1504) als iiber- 
lieferter Verfassername fur dieses Stiick wie fur G. 

Pauly-Wiasowa III 



L. VI 278—304 Atilius Fortunatianus (s. Bd. II 
S. 2082). Ala Keil G. L. VI 250 zeigte, dass 
der Name vielmehr allein fiir das letztere iiber- 
liefert ist, sprach er zugleich, auf eine sorgfaltige 
Vergleichung mit den namentlich iiberlieferten 
Fragmenten gestiitzt, die Vermutung aus, dass 
jenes , jetzt herrenlos gewordene Fragment der 
Schluss des von den Metrikern viel benutzten 
liber de metris des C. sei. 

Als sicher darf gelten, dass wir hier caesi- 
anische Doctrin besitzen, aber ob nicht vielleicht 
nur einen Abschnitt einer kttrzeren Schrift des 
C. oder einen kiirzenden Auszug aus jenem liber 
lasst sich einstweilen nicht entscheiden. 

Das Fragment enthalt den Schluss des metrum 
Sotadeum, das Arehebuleum, die Hipponactea, 
den hendeaasyllabus Phalaeeiits mit einigen Ab- 
leitungen, das metrum PhUicium, das Paeonieum 
und Proeeleusmatieum, den Saturnius, die -reli- 
qua Horatii metra (carm. I 2. 5. 9. 8) und ein 
kurzes Schlusswort iiber Bildung neuer Metra. 
Ein System ist in der Anordnung nicht vorhanden ; 
trotzdem ist sie sicher urspriinglich und die syste- 
matische Darstelhmg derselben Lehre bei Teren- 
tianus und Aphthonius erst das spatere (Westph al 
Metr. 12 154. Leo a. a. O. 282, 2; doch vgl. 
auch Usener S.-Ber. Akad. Munch. 1892, 613). 
Der verlorene Abschnitt der Schrift enthielt unter 
anderem eine pedum demonstratio (264, 28) und 
einen eignen Abschnitt iiber die metra des Archi- 
lochos (268, 29). Im iibrigen kann die Schrift 
des Terentianus de metris zur Erganzung dienen, 
wenn er auch den C. nicht direct benutzt hat 
(Leo a. a. O. 283 A.) , und namentlich anstatt 
der Beispiele des C. sich hier solche aus den 
novelli poetae finden. Von den libri de melicis 
poetis et de tragicis choris, die C. 272, 6 in Aus- 
sicht stellt, wissen wir garnichts. 

Danach ergiebt sich, dass C. der alteste und 
wichtigste eThaltene Vertreter derjenigen metri- 
schen Schule ist, die Westphal in seiner grund- 
legenden Arbeit Metr. 12 139ff. charakterisiert, 
und als deren Eigentumlichkeit er, mit nicht 
glucklichem Ausdruck, die metra derivata be- 
zeichnet. Diese Schule ist fur uns allein durch 
lateinische Metriker vertreten und kniipft auf 
rOmischem Boden an die Autoritat Varros an. 
Ihre Regeln bilden auch die Grundlage fur die 
Verstechnik des Horaz (Christ S.-Ber. Akad. 
Munch. 1868, Iff. Kiessling Philol. Untersuch. 
II 65 und Ausgabe der Oden 1884), dann des 
Seneca (Leo Sen. trag. I 98ff.) und der sich an 
ihn anschliessenden novelli poetae, wie Pomponius, 
Ammianus, Serenus. Die Haupteigentumlichkeit 
der Schule besteht darin, dass sie als das eigent- 
lich constituierende Element des Verses nicht 
sowohl den Versfuss ansieht als das comma. Aus- 
gehend von der Behauptung, dass die beiden 
altesten Metren der herous (d. h. der daktylische 
Hexameter) und der iambus (d. h. der iambiflche 
Trimeter) seien, urspriinglich selbst von einander 
nicht verschieden, glaubt man dem historischen 
Gang der Entwicklung zu folgen, wenn man aus 
den Abschnitten (commata) dieser Verse durch neue 
Zusaminenstellungen, unter Weglassung oder Hin- 
zufiigung einzelner Silben, die Formenfulle der 
griechischen Metra ableitet. Damit hangt es 
zusammen, dass zur Bezeichnung der einzelnen 

42 



1315 



Caesius 



Caesius 



1316 



Verse nicht ihre genaue metrische Gestalt ange- 
geben wird, sondern der Name des svqettjs, d. h. 
desjenigen, der diese Versart zuerst in grOssereni 
Umfange gebraucht hat, gelegentlioh unter Hin- 
zufligung der Rhythmenart oder der Silbenzahl. 
Dabei kann auch nicht von vollst&ndigen und 
unvollstandigen Tersen die Rede sein, sondern 
es heisst etwa versus eluditur antibaecheo (256, 
24) oder eluditur semipede (262, 25). Diese 
conclusio oder clausula wurde bei den Griechen 
xardktj^ig genannt. Auch die von der hephaestio- 
neischen Tradition ganz abweichende Sitte dieser 
Schule, Musterbeispiele fur die einzelnen Verse 
selbst zu bilden, die bei den Lateinern durch 
Varro eingeftihrt ist (vgl. auch Dion. Hal. de 
comp. I 25, dazu L e o a. a. 0.), erklart sich leicht 
aus ihrem Princip, von bekannten Versabschnitten 
ausgehend durch Zusatz oder Veranderung ein- 
zelner Silben das neue Metrum vor unseren Augen 
entstehen zu lassen. Bei der Analyse der eom- 
mata wurden nur zwei- und dreisilbige Fiisse 
verwendet, wie auch Horaz nur solche Fiisse zu 
kennen scheint (G. Schultz Herm. XXH 266. 
274). Dagegen enthielten die Pusslisten wohl 
auch alle viersilbigen und darunter auch den 
Antiapast (Schultz a. a. 0. 265). 

Dass der Ursprung dieser Lehre bei den Grie- 
chen zu suchen ist, liegt auf der Hand. Varro 
hat sie wahrscheinlich aus Tyrannio ubernommen 
(TJsener a. a. 0. 613ff. 640ff.). Weiter hat Leo in 
seinem wertvollen Aufsatz Herm. XXIV 280ff. dar- 
auf hingewiesen, dass sie in den pergamenischen 
Rhetorenschulen die Grundlage der metrischen 
Betrachtungen gebildet hat. Leo und Usener 
stimmen darin iiberein, dass die Ableitungstheorie 
im Gegensatz zu dem schon entwiekelten compli- 
cierten System der Alexandriner (fur uns nament- 
lich durch Hephaestio vertreten) erfunden sei, 
nach Leo in den Kreisen der Ehetoren, nach 
Usener in denen der jiingeren Peripatetiker. 
Doch scheint die Einfachheit der Lehre, die Art 
der Namengebung wie manches andere auf weit 
altere Zeit zu fuhren; vgl. Schultz Herm. XXII 
280; Aus der Anomia (Berl. 1890) 57ff. Cons- 
bruch De vet. jisqI noi^/j,aros doctr. (Bresl. phi- 
lolog. Abh. I 3) 91ff. C. behauptet prahlerisch, 
aber sicher mit Unrecht, er habe geschrieben 
memoria tantummodo adiuvante (271, 3); viel- 
leicht ,benutzte er Excerpte, deren Quellen er 
nicht wieder einsah' (L e o). Benutzt hat C. sicher 
den Varro, namentlich fur den Saturnius, dann 
einen auch von Diomedes ausgeschriebenen Horaz- 
metriker (Eemmius Palaemon? Leo 293, 1), 
ausserdem wohl einen nicht viel alteren griechi- 
schen Metriker, der auch aus dem alexandrinischen 
System einiges verwandte (Leo 281, 2). 

C. selbst ist wieder, wenn auch nicht direct, 
Hanptquelle in des Terentianus liber de metris und 
for die Darstellung der derivata bei Aphthonius 
(Victorinus). Diomedes benutzt wohl nur einzelne 
Stellen aus C. Benutzung des C. durch Iuba, 
die Hen se Act. soc. phil. Lips. IV 64. 118 annahm, 
ist mit Recht zuriickgewiesen von Gerh. Schultz 
Quibus auctor. Ael. Fest. Aphthon. nsus sit, Diss. 
Bresl. 1885. 

Die beste Handschrift ist der cod. Neap. IV A 
11, danach die Ausgabe Caesii Bassi, Atil. Fortun. 
de metris libri ed. H. Keil, Halis 1885. Eine 



Untersuchung iiber den Stil des Caesius Bassus 
und Atilius Fortunatianus bei Z i w s a Serta Har- 
teliana (Wien 1896) 251ff. [Consbruch.] 

18) C. Caesius Clemens, aus Arretium, Fabri- 
kant von gepressten Reliefvasen. Gamurrini 
Iscr. d. vasi fitt. Arettini 49. Dragendorff 
Terra sigillata 27 (43). [C. Robert.] 

19) Caesius Cordus, Proconsul von Kreta und 
Kyrene, im J. 21 n. Chr. von Ancharius Priscus 

10 wegen Erpressungen und Majestatsverletzung an- 
geklagt (Tac. ann. ni 38), im folgenden Jahre 
des ersteren Verbrechens wegen verurteilt (Tac. 
ann. Ill 70). 

20) Ti. Catius Caesius Fronto, cos. suff. 96 
n. Chr., s. Catius. 

21) A. Caesius Gallus, aed(ilis) plfebis) Ce- 
rfialis), pr(aetor), flamfen) August(alis) . CIL 
XIV 3590 (Tibur?). [Groag.] 

22) Caesius Honoratus s. C. Octavius Pu- 
20 dens Caesius Honoratus. [Stein.] 

23) L. Caesius Martialis, Consul suffectus in 
der zweiten Halfte des Jahres 57 mit Kaiser Nero II, 
CIL II 2958. VI 268. Tab. cer. Pompeianae nr. 29. 
31-34. 

24) Caesius Nasica, Legionslegat in Britannien 
unter A. Didius Gallus (52 — 58 n. Chr.), kampfte 
gliicklich gegen die Britannen (Tac. ann. XII 40). 

[Groag.] 

25) 0. Caesius Q. f. Ter(etina) Niger, ex 
SO prima admissione, ex qua[t]tuor decuris, curio 

minor, CIL VI 2169 = Dessau 1320. Da er 
Mitglied der vier Geschworenendecurien ist, so 
gehort er, wie Mommsen bemerkt, der Zeit vor 
Caligula an, unter dem eine fflnfte Decurie er- 
richtet wurde. Er befand sich also unter den 
Freunden der Kaiser Augustus oder Tiberius, und 
zwar in der vornehmsten Klasse derselben (ex 
prima admissione; vgl. Mommsen St.-R. II & 
2, 834). tiber curio minor s. Marquardt- 
40Wissowa St.-Verw. Ill 194, 2. 

26) P. Caesius Phosphorus, Freigelassener, 
fur den der jungere Plinius das Biirgerrecht von 
Kaiser Traian erbittet (Plin. ad Trai, 11, 2). 
Er wirkte als Lehrer der Beredsamkeit in Kar- 
thago, Tertull. advers. Valent. 8 (Phosphorus). 

27) Sex. Caesius Sex. [f.J Propertianus, pro- 
curator) imp(eratoris) a patrim/onioj et here- 
ditfatibus) et a li[b]ell(is), tr(ibuwus) mil(itum) 
legfionis) IIII Macedonie(ae) , praef(eetus) co- 

50h(ortisJ III His[pa]nor(umJ, hast(a) pura et 
coron(a) aurea donatfus) ; flamen Cerialis Romae ; 
IIII vir i(ure) d(icwndo), IIII vir quinqfuen- 
nalis), pon[t](ifex), patronfus) mun(ieipii) (sc. 
Mevaniae), CIL XI 5028 -Dessau 1447. Bor- 
mann (Arch.-epigr. Mitt. XV 1892, 29—33) hat 
mit vOlliger Sicherheit dargethan, dass C. die in 
der Inschrift erwahnte Procuratur unter Vitellius 
(im J. 69 n. Chr.) bekleidete. [Stein.] 

28) Q. Petillius Cerialis Caesius Rufus, cos. 
60 1 suff. 70 n. Chr., cos. II suff. 74, s. Petillius. 

29) C. Caesius Sabinus (das Praenomen auf 
den Inschriften) aus Sassina, Freund und Ver- 
ehrer des Martial (Mart. VH 97. IX 60). Er 
baute bei Sassina der Nymphe eines dortigen Sees 
einen Tempel (Mart. IX 58). Sein Name findet 
sich auf Widmungen an mehrere Gottheiten und 
einer Inschrift zu Ehren Traians in Sassina (CIL 
XI 6489—6493. 6499 mit Bormanns Anmer- 



1317 



Caesoninus 



Caesoriacum 



1318 



kung). Mart. XI 8 und 17 beziehen sich nicht auf 
C. ; hier ist der Name Sabinus wie in IV 37 fingiert. 

[Groag.] 
30) Caesius Taurinus hat seinem Vater T. Cae- 
sius Primus, einem Getreidehandler, auf dessen 
Befehl zu Praeneste im J. 136 n. Chr. eine Bild- 
saule gesetzt und der Fortuna, quae Tarpeio ooleris 
eicina Tonanti, also wohl nach Wernsdorf und 
Biicheler der Fortuna Primigenia (Plut. de fort. 



die neuen Augusti Maximus und Balbinus her- 
vorgingen. Schliesslich wurde C- procos. prov. 
Afrieae und praeffectus) urbi (wohl unter Gor- 
dian III.), als solcher electus ad cognosemdas 
vice Caesaris cognitiones. Er gehorte der Prie- 
sterschaft der fratres Arvales an, in deren Acten 
er bereits 213 und 218 erscheint (CIL VI 2086. 
2104). 

4) C. Caesonius C. f. Quirftna) Maeer Ru- 



Rom. 10) , geweiht. Die Marmorbasis mit der 10 fmianus, triumvir capitalis, tribfunus) leg(ianis) 



Weihinschrift in 23 correcten Hexametern ist in 
Praeneste wieder aufgefunden worden, CIL XIV 
2852. Wernsdorf PLM IV 309. Bucheler An- 
thol. epigr. 249. [Skutsch.] 

31) Cornelia Caesia s. Cornelius. 

Caesoninus s. Calpurnius und Suillius. 

Caesonius. 1) M. Caesonius war Richter, 
und zwar der einzige unbestechliche, im ersten 
Process des A. Cluentius Habitus 680 = 74, ferner 



I. adiutricfisj donatus donis militaribfus) a divo 
Marco (161 — 180), quaestor provfinciae) Nar- 
bonfensisj, tribfunus) plfebis), leg(atus) prov(in- 
eiaej Baetic(de), pr(aetor), leg(atus) prov. Asiae, 
curfator) r(ei) pfubliem) Asculan(brum) , leg. 
legfionis) VII. Claudfiae), procos. prov. Aehaiae, 
cur. r(ei) p(ublicae) Tarracinensfium), leg. Au- 
g(usti) pr(o) prfaetore) prov. lMsitan(iae), ewr. 
r. p. Teanensfium), consularis — Consul suffectus 



Richter in dem des Verres 684 = 70, curulischer 20 in unbekanntem Jahre — , cur. alvei Tiberis, leg. 



Aedil mit Cicero 685 = 69 (Cic. Verr. act. I 29 
Pseudo-Ascon. z. d. St. p. 140. 141 Or. Schol. Gronov. 
p. 395 Or.) und ganz zweifellos Praetor mit dem- 
selben 688 = 66, da man von seiner Absicht 
sprach, sich fur 691 = 63 um das Consulat zu 
bewerben (Cic. ad Att. 1 1, 1). Er kOnnte auch 
der im J. 708 = 46 erwahnte C. sein (Cic. ad 
Att. XII 11). 

2) Caesonius Lento s. Caesennius Nr. 6. 

[Miinzer.] 30 

3) L. Caesonius C. fl.1. Quirina Lucillus Macer 
Rufimanus. Der ganze Name findet sich in der 
Inschrift CIL XIV 3902 = Dessau 1186 (ager 
Tiburtinus), die die Laufbahn des Mannes ent- 
halt. Er war der Sohn des C. Caesonius Macer 
Rufinianus und der Manilia Lucilla (s. Nr. 4) und 
wahrscheinlich der Vater des L. Caesonius Quintus 
Ruflnus Manlius Bassus (Nr. 9). Nach der Be- 
kleidung des Decemvirats stlitibus iudicandis wurde 
er electus in familiam patriciam, was wohl heissen 40 



soil, dass seine Familie in die Reihe der patricischen 
aufgenommen wurde. Denn da er die Namen seines 
wenigstens ursprunglich plebeischen Vaters auch 
weiterhin behielt, ist an die Aufnahme in eine ein- 
zelne patricische Familie (durch Adoption) nicht zn 
denken. C. wurde hierauf quaestor kandidatfus) •, 
praetor candidatus, curator rfeij p(Mieae) Su- 
essanorum, curator r. p. [PJuteolanorum, legatus 
prov(inciae) Afrieae eodem tempore vice procon- 
sulis. Consul (suffectus), letzteres vor dem Tode 50 
des Kaisers Alexander (235 n. Chr.), da er in der 
zu dessen Lebzeiten (vgl. Dessaus Anm. zu XIV 
3900) gesetzten Grabinschrift seines Vaters bereits 
consularis heisst. Nach der Bekleidung der Amter 
eines cwfator) albei Tyberis et cloacarum urbis 
und eines curator aquarum et Minieiae wurde 
C. XXvir ex senatus consuUo r(ei) pfublicae) 
curandae: er gehorte demnach zu jenen zwanzig 
Mannern, die der Senat im J. 238 noch zu Leb- 



Aug. pr. pr. Oermanfiae) superioris, cur. aqua- 
r(um) et Minieiae, procos. prov. Afrieae, cur. 
r. p. Lanivinorfum,) II, comes impferatoris) 
Severi Aleocandri Aug(usti) (222—235), sodalis 
Augustalis (CIL XIV 3900 = Dessau 1182 
ager Tiburtinus). Gemahl der Manilia Lucilla 
(CIL XIV 3901), Vater des L. Caesonius Lucillus 
Macer Rufinianus (Nr. 3), der ihm, selbst bereits 
Consular, die Grabschrift setzte. 

5) Caesonius 'Maximus s. Caesennius Nr. 7. 

[Groag.] 

6) Amnius Manius Caesonius Nicomaehus Ani- 
cius Paulinus s. Bd. I S. 2199 Nr. 28. 

7) M. Iunius Caesonius Nicomaehus Anicius 
Faustus Paulinus s. Bd. I S. 2199 Nr. 23. 

8) T. Caesonius Priscus, rOmischer Ritter, 
bekleidete das von Tiberius auf Capreae neuge- 
schaffene Amt a voluptatibus, Suet. Tib. 42. 

[Stein.] 

9) L. Caesonius L. f. Quirina Quintus Bu- 



finus Manlius Bassus, elarissimus vir, salius 
Palatinus, pontifex maior (daher nicht vor Au- 
relian; vgl. Marquardt-Wissowa Rom. Staats- 
verw. Ill 2 245), quaestor, praetor (CIL X 1687 
= Dessau 1206 Puteoli). Wohl Sohn des L. 
Caesonius Lucillus Macer Rufinianus (Nr. 3). 

10) Caesonius Vectilianus, in einem Briefe des 
Kaisers Marcus erwahnt (Hist. Aug. Avid. Cassius 
5, 5). [Groag.] 

11) Milonia Caesonia, Gemahlin Caligulas, s. 
Milonius. [Stein.] 

12) Caesonia, Gemahlin eines Rufus, hatte 
den gleichen Geburtstag wie Domitian (24. Octo- 
ber). Mart. IX 39 (aus dem J. 93). [Groag.] 

Caesoriacum. Die vielumstrittene Florusstelle 
n 30 (Drusus) Bormam (Var. Bonam) et Caeso- 
riaeum (V&t.gesogiameum) poniihus iunxit classi- 
busque firmavit hat die mannigfachsten Deu- 
tungen herausgefordert, auf die, da sie samtlich 



zeiten der beiden Gordiane aus seiner Mitte wahlte, 60 unsicher sind, hier nicht naher eingegangen wer- 



nm Italieu gegen Maximinus zu schutzen (Hist. 
Aug. Gord. 10, 1. 2. 14, 3. 22, 1. Zosimus I 
14, 2; abweichend davon, doch wahrscheinlich 
unrichtig, wird Hist. Aug. Maximin. 32, 3 die 
Wahl dieser Commission in die Zeit nach dem 
Tode der beiden Gordiane verlegt; vgl. Momm- 
sen St.-R. H 3 708), und aus welchen nach der 
Ermordung der beiden in Africa erhobenen Kaiser 



den kann. Florus erwahnt den Ort noch einmal 
1 5 (Var. gesoriacum), ohne dass wir etwas Naheres 
iiber die Lage erfuhren. Es liegt nahe, Oaeso- 
riacum fur die richtige Schreibung zu halten 
(Holder Altcelt. Sprachschatz I 1512), so lautet 
der alte Name von Bononia (Boulogne-sur-Mer) ; 
vgl. Mommsen R. G. V 28, 2. Bergk (Bonn. 
Jahrb. LXXXI 17) sucht C. bei Xanten, Pohl 



1319 



(Jaesonx 



(Jaestus 



13kJU 



(Verona und Caesoriacum, die altesten Namen filr 
Bonn und Mainz. Miinstereifel 1886. 1887, vgl. 
Berlin. Phil. Wochenschr. 1887, 259. Holder 
Altcelt. Sprachschatz I 679) sieht darin einen 
alten Namen von Mainz, v. Veith (Bonn. Jahrb. 
LXXXVII 186ff. und Das rOm. Lager in Bonn, 
Winekelmannsprogr. Bonn 1888, 26) pladiert flir 
Gensem bei Bonn und fur die Lesart Qensonia 
u. s. w. Vgl. aueh J. Becker Bonn. Jahrb. XXXIII 



gat ist offenbar zu erkennen auf der durch den 
Archontennamen Pythodelos auf das J. 336 da- 
tierten panathenaeischen Amphora des Brit. Mu- 
seum (Mon. d. Inst. X 48 e 2, genauer Abh. XII 
83). Die verstarkten Riemen sind durch die Hau- 
fung um die FingerknCchel so gefahrlich geworden, 
dass man genCtigt ist, eine Art Handschuh zum 
Schutz von Hand und Unterarm anzulegen. So 
auch auf einer zweiten Amphora Bull. hell. VI 



Iff. Asbach ebd. LXXXV 39. Hiibner ebd. lOpl. II, an der Peterschen Cista (Beisch Fiihrer 



LXXXVIII 57f. [Ihm.] 

Caesorix, Hauptling der Cimbern, bei Ver- 
cellae 653 = 101 gefangen (Oros. V 16, 20). 

[Miinzer.] 

Caesticillns s. Arculum Nr. 1. 

Caestici ludi s. Ludi. 

Caestuarii s. Pugiles. 

(Jaestus, die Schlagvorrichtung der Faust- 
kampfer in romischer Zeit, bei den Griechen in 



S. 331), auf einem Spiegel (Gerhard Etr. Sp. 
171), voll entwickelt und sichtlich aus Leder her- 
gestellt an Polydeukes und Amykos der ficoro- 
nischen Cista (Braun V. Benndorf Vorlegebl. 
1889 XII). Aufgekoinmen ist diese Form um 
rund 400. Aber wohl bald darauf kam man in 
dem Bestreben, den Boxer einerseits immer ge- 
fahrlicher zu gestalten, anderseits das zeitraubende 
Anlegen des Siemens zu vereinfachen, auf den 



successiver Entwicklung l/mvxsg, fiedixat, a<paZQai, 20 Gedanken , das Gewinde um die FingerknCchel 



tjuas ok~vs, /ive/ttjxss genannt. Der Sage nach 
vom Bebrykerftirsten Amykos erfunden (Clem. 
Alex..strom. 1 16, 76. Schol. Plat. leg. VII 796 A), 
sind "die einfachen weichen Riemen {Ifidvxsg) dem 
Epos bereits wohl bekannt (II. XXIII 684 l/idvxag 
ivz^xovg flobg aygavAow), Seitdem bleiben sie, 
wie die Vasenbilder lehren, ohne wesentliche Ande- 
rung bis ins 5. Jhdt. hinein in der Palaestra wie 
bei den offentlichen Spielen, spater wenigstens 



ein- fur allemal als fertigen festen Schlagriemen 
herzustellen. Diesen eigentlichen C, Iftag o£vg, 
beschreibt Philostrat. gymn. 10 §ivovg yap x&v 
moxdvov §ocbv diipovxeg ifidvxa igydSovrai nvx- 
xixov olgvv >tal HQoefifidXAovTa, 6 Si ye dvxi%UQ ov 
1-vXA.afiftdvet xotg SaxxvXoig xov TiXrjXxeiv VTiiq ovft- 
fisiQiag z6)v zgavfidrcov, mg firj jtaoa i) rslg fid- 
Xoito. Besser als diese Schilderung belehren uns 
hieriiber die erhaltenen Monumente, als altestes 



in den Vorubungen zum Ernstkampfe in Ver- 30 die Marmorstatue eines Athleten aus Sorrent im 



wendung (Plat. leg. VIII 830 B. Paus. II 23, 3) 
Nach Paus. VIII 40, 3 waxen sie ix fioiag Sfirjg 
d. h. aus rohem, nicht in der spater vervollkomm- 
neten Weise gegerbtem Leder hergestellt. Einzeln 
hatten sie wegen der grossen Anzahl der erfor- 
derlichen Windungen eine Lange von beilaufig 
doppelter Manneshohe und wurden ausser Gebraueh 
zu einem Biindel zusammengelegt, wie man solche 
in den Han den der Palaestriten (Benndorf Vor- 



Neapler Museum (abgeb. Kalkmann Proport. 
d. Gesichts Taf. 3, die Faust in den R6m. Mitt. 
IV 179. Abh. XII 78), die beruhmte Bronze im 
Thermenmuseum (Rom. Mitt. IV 177. Abh. XII 
77), eine Bronzefaust in Neapel 7417 (Antich. 
di Ercol., Bronzi II Vign. I. Krause XVIII d 
66 i. Abh. XII 79) und eine noch unvereffent- 
lichte Bronzehand in Verona, andere kleinere und 
daher weniger fOrdernde Monumente ungerechnet. 



legebl. VIII 1. Catal. vas. Brit. Mus. Ill pi. III. 40 Die Hand ist bedeckt von dem manchmal , wie 



Abh. d. arch.-epigr. Sem. Wien XII 68) oder an 
der Wand aufgehangt sieht (Arch. Anz. 1892, 
164. Hartwig Meistersch. LXI). Beim Anlegen 
bildet der Athlet zunachst in jeder Hand eine 
Schlinge (Benndorf a. O. Gerhard Auserl. Vas. 
271. Hartwig LXI und S. 410), und diese dann 
zur Verflechtung und Verknupfung des Riemens 
beniitzend legt er denselben um die Hand an 
(Arch.-epigr. Mitt. V Taf. 4. Abh. XII 69ff. 



es scheint, geffltterten Lederhandschuh , der die 
Fingerspitzen frei lasst und an seinem hinteren 
Ende, etwa in der Mitte des Unterarmes, mit 
Fellhaar verbramt ist. Der aus einigen durch 
dunne Lederstreifen zusammengeschnurten festen 
Lagen gefertigte ovale Schlagriemen mit einer 
Offnung in der Mitte zur Aufnahme der vier Finger 
sitzt fiber deren AnsatzknCchel und erhalt durch 
die nach riickwarts verlanfenden und um Hand- 



Das fertiggestellte Riemengeflecht bedeckt in der 50 gelenk und Arm gewundenen Riemen sowie durch 



Regel die Mittelhand, das Gelenk und meist einen 
geringen Teil des Amies, wahrend die Finger 
entweder unbedeckt bleiben (Philostr. gymn. 9. 
Paus. VIII 40, 3. Gerhard a. 0.) oder eben- 
falls mit einbezogen werden (Abh. XII Fig. 59 e. 
60). Mehr auf den Schntz der Faust als auf 
Verwundung des Gegners berechnet, wurden die 
weichen Riemen neben der spateren gefahrlicheren 
Art als Ifidvzeg fia/.axd>xsgot oder fiukiyai be- 



einen an dem Handschuhrucken aufgenahten Wulst 
eine nnverruckbare Lage. Die verheerenden Wir- 
kungen dieses bereits sehr gefahrlichen Instru- 
mentes, auf das dann gleichfalls die Bezeichnung 
o(paigat fibergegangen ist, sind an der Thermen- 
bronze mit kunstlerischer Beschrankung, aber doch 
augenfallig angedeutet. Wurde es in den Vor- 
ubungen statt der fisdijrai angewendet, so konnte 
seine Gefahrlichkeit durch die ixiaipeuga, wohl 



zeichnet. Die scharfere Faustarmatur, die sogar 60 eine Art weichen tJberzuges, paralysiert werden 



tetliche Wirkung uben konnte, ist zum erstenmal 
erwahnt bei Platon a. 0. xal mg iyyvxaxa. xov 
o/iolov lovreg dvxi Ifidvxcov oqxxigag av iteQieSov- 
firda, 07iu>g ai nXrjyal xe xai ai xa>v n\r\yu>v ei- 
/.dflftat die^ielsTwvxo sig xo dvvaxov ixav&g. Vgl. 
Pint, de prof, in virt. 9. Bekker Anecd. I 62. 
Poll. Ill 150. Krause Gymn. u. Agon. I 505, 
10. Die alteste bildliche Darstellung der o<pal- 



(Plut. praec. reip. ger. 32, 825 E). Eine merk- 
wurdige Abweichung von der geachilderten ge- 
wfihnlichen Form zeigt das Faustkampferrefief 
im Lateran (Helbig 619), wo nebst dem Schlag- 
riemen fiir vier Finger noch ein kleinerer den 
Daumen umgiebt. Uber den Casseler Athleten 
vgl. Abh. XII 86f. Bios von romischen Schrift- 
stellern (Verg. Aen. V 404. Val. Flacc. I 420. 



1321 



Caesulenus 



Caiatia 



1322 



Stat. Theb. VI 732) wird eine Verscharfung des 
Riemens durch Metall uberliefert. Die Einfuhrung 
eines durchaus metallenen C. erfolgte in der romi- 
schen Kaiserzeit. Funf Monumente zeigen seine 
eigenartige Bildung; eine kleine Bronzeapplik in 
Athen, Nat. Mus. 7574 (Abh. XDI 88), den Oberteil 
eines siegreichen Faustkampfers darstellend, ferner 
Lateranrelief Benndorf-Schoene nr.384 (Gar- 
rucci Tav. XXXVI 4), Capitalrelief im Vatican 



Lucan. VH 232. Sil. Ital. IU 278. Varro bei 
Non. p. 82, 17 M. Plin. n. h. XI 227. Hesych. 
s. xaigexai. In der Gestalt war die c. der Pelta 
ahnlich, Liv. XXVTII 5, 11 pelta caetrae hamd 
dissimilis est. Auf Miinzen nachgewiesen von 
Borghesi Oeuvr. H 336f. Danach heissen eae- 
trati die mit der e. bewaffneten Auxilia der Hi- 
spanier bei Caes. b. c. I 39, 1 (eaetratae cokortes). 
48, 7. 55, 2. 70, 4. 75, 2. 78, 1; vgl. Strab. Ill 



(Abh. XIIFig. 72), Lateransarkophag Helbig 628 10 163; bei Livius (XXXI 36, 1. XXXHI 4, 4. 8, 



(Garrucci XXXVI 1), eine Figur auf dem Ath 
lethenmosaik im Lateran (Abh. XII Fig. 74). 
Ubereinstimmend zeigen diese Athletendarstel- 
lungen als Schutz einen glatten Fausthandschuh 
(fiir sich angebracht an der Stiitze des Dresdner 
Faustkampfers, Abh. XII Fig. 75) und einen 
zottigen, riemenumwundenen Armel vom Hand- 
gelenk bis zur Achsel. Der C. selbst besteht aus 
einer etwa halbkugeligen , den Handrucken und 



7. 13. XXXV 30, 3. XLn 51, 4. XLHI 41, 2) 

ist caetrati tJbersetzung von jtektaoxat. 

[v. Domaszewski.] 
Caetriboni silvestres, indisches Aboriginer- 
volk im Berg- und Hugelgebiet zwischen der Ya- 
muna und dem Mittellauf des Sindhu, neben Caesi 
und Megallae, Megasth. bei Plin. VI 73. Viel- 
leicht eine Abteilung der Ksatriya, prakr. Khat- 
tiya (s. Chatriaioi, Kathaioi); dazu skr. vana 



die vier Finger deckenden Metalllralse, die an20,Wald', — vaneya ,silvestris' '; vgl. Vivien de 
der Aussenseite einen zwei- oder dreigezackten "^ n, *'-- i: - ■ i - J 1 * 
Vorsprung tragt und an einer Handhabe fur die 
vier Finger innen, mittelst eines um den Vor- 
sprung laufenden und am Handrucken gekreuzten 
Riemens aussen festgehalten wird. Der Daumen 
liegt aussen an. Bei den Schriftstellern nirgends 
erwahnt , bezeichnet dieser auf barbarische Ver- 
wundung berechnete Totschlager bereits den Ver- 
fall und die Verrohung der Boxkunst, Mercu- 



St. Martin Etude sur la ge"ogr. grecque de l'lnde 
198. [Tomaschek.] 

Caetronias. 1) C. Caetronius, Legat der 
legio I. in Germania inferior, bestrafte die Radels- 
fiihrer des Aufstandes im J. 14 n. Chr. (Tac. 
ann. I 44). [Groag.] 

2) Caetronius Gusfpjianus, pfrimus) pfilns), 
procurator) Aug(mti), vielleicht von den Alpes 
Graiae et Poeninae. Seine Gattin hiess Aegnatia 



rialis De arte gymn. 187ff. Faber Agonistica 30 Priscilla. CIL XII 112 (Axima). 



55f. Fabretti Columna Trai. 260ff. Krause 
Gymn. u. Agon. I 502ff. Hiilsen Ram. Mitt, 
IV 175ff. Jttthner Abh. d. arch.-epigr. Sem. 
Wien XII 65ff. [Jttthner.] 

Caesulenus. 1) L. Caesulenus, zur Zeit des 
C. Gracchus accusator de plebe fuit, quern ego 
audivi iam senem, cum ab L. Sabellio multam 
lege Aquilia petivisset. Non fecissem fwminis 
paene infimi mentionem, nisi iudiearem, qui 
suspiciosius aut criminosius dieeret, audivisse 40 
me neminem Cic. Brut. 131. [Miinzer.] 

2) S. Matius. 

Caetobrlga, Stadt im siidlichen Lusitanien, 
an der Kiiste zwischen Salacia und Olisipo , bei 
Plinius ubergangen, bei Ptolem. II 5, 2 Kaizo- 
00if, bei Markian. II 13 p. 547 Mull, (die Hss. 
Kaoxofigii') ebenso, im Itin. Ant. 417, 2 Catohriga 
[Cetobrieea der Geogr. Rav. 306, 18), entspricht 
der Lage und wohl auch dem Namen nach dem 
heutigen Setubal. Anf der Landzunge sfldlich 50 
davon , die vielleicht erst in neuerer Zeit den 
Namen Troya erhielt, lag eine rOmische Villa, 
vielleicht des Cornelius Bocchus, des von Plinius 
beniitzten Schriftstellers uber Hispanien (CIL II 
35. 5184. Eph. epigr. VIII p. 356), aus der bis 
auf die eben erwahnte Inschrift des Bocchus nur 
unbedentende rOmische Grabsteine des 1. und 2. 
Jhdts. zu Tage gekommen sind (CIL II p. 8. 
803). [Hiibner." 



8) Caetronius Pisanus, praefectus castrorum 
der leg. Ill Augusta (in Lambaesis) im J. 70 
n. Chr. Als der Legionscommandant und Legat 
von Numidien (C. Calpetanus Rantius Quirinalis) 
Valerius Festus nach der TStung des Proconsuls 
von Africa L. Calpurnius Piso aus Hadrumetum 
zur Legion zuriickkehrte, liess er aus personlicher 
Feindschaft zu C. diesen in Fesseln legen. Tac. 
hist. IV 50. [Stein.] 

Cafaues, maurische Volkerschaft, mit der der 
rBmisehe Feldherr Theodosius im J. 373 in Unter- 
handlung trat, Ammian. Marc. XXIX 5, 33. 

[Dessau.] 

Caglrl (Kagiri) deo ist eine in den Pyrenaeen 
gefundene Inschrift geweiht, Luchaire Etudes 
sur les idi6mes pyreneCTis 59 nr. 204. Holder 
Altcelt. Sprachsch. I 682. Der Name wird auf 
den Pic de Cagire (dep. Haute-Garonne) bezogen. 
Das nomen Cagirus bei Brambach CIRh. 1780. 

[Ihm.] 

Cahi (Tab. Peut.; Geogr. Rav. II 15 p. 87, 
7 P. Calhi), Ort in Syrien an der Strasse von 
Apamea nach Bathne und Hierapolis; sonst un- 
bekannt. [Benzinger.] 

Caiatia (Kmazia, Einwohner Caiatinus CEL X 
4570. 4579. 4590), Stadt in Campanien rechts vom 
Volturnus unweit der Grenze von Samnium, jetzt 
Caiazzo. In der litterarischen t)berlieferung wird 
C. durch Schuld der Abschreiber fortwahrend mit 



Caetra. 1) Einer der Anklager des L. Valerius 60 Caiatia verwechselt : erst M o m m s e n (IRN p. 203 



Flaccus 695 = 59 (Cic. Flacc. bei Schol, Bob. 
p. 230 Or.). Der Name ist vielleicht verderbt. 

[Munzer.] 
2) Caetra, hispanischer Schild, rund, aus 
Leder, Serv. Aen. VII 732 caetra scutum loreum, 
quo utuntur Afri et Hispani. Isid. orig. VHI 
12. Auch der Schild der Britanni wird so be- 
zeichnet, Tac. Agric. 36. Vgl. Liv. XXI 21, 12. 



und CIL X p. 444) hat nach Lepsius Vorgang 
(Inscr. Dmbr. et Oscae 113) mit Hulfe der Miinzen 
und Inschriften die auf beide Stadte bezughehen 
Nachrichten gesichtet. Danach wird C. zuerst 306 
v. Chr. erwahnt, wo es sich bereits in der Gewalt 
der Romer befand und von den Samniten ange- 
griffen wurde (Liv. IX 43, 1. Diodor. XX 80). 
Aus der Munzpragung (Zeit zwischen pyrrhischem 



1323 



Caieta 



Cal. 



1324 



und hannibalischem Kriege ; nur Kupfer mit latei- 
nischer Aufschrift CAIATINO: Mo mm sen Rom: 
Miinzwesen 330. Garrucci Monete dell' Italia 
II tab. 88, 16. Berliner Miinzkatalog in 1 p. 75) 
schliesst Mo mm sen, dass C. Biirgercolonie sine 
suffragio gewesen sei. Im hannibalischen Kriege 
erwiihnt es Liv. XXII 13, 6. XXIII 14, 13. XXVI 
4, 4 (die Hs. Calatiam oder ahnliche Corruptelen). 
Im Bundesgenossenkriege gegen Rom rebellisch, 
wurde C. von Sulla seiner Selbstiindigkeit beraubt 10 
und das Gebiet zu Capua geschlagen (Liber colon. 
232 nach lommsens Verbesserung). Doch hatte 
diese Anordnung keinen Bestand; in der Kaiser- 
zeit finden wir C. als Municipium (CIL X 4570. 
4580. 4584. 4590). Die Tribus ist ungewiss, s. u. 
S. 1335; Ton Autoren erwahnt es nnr Plin. Ill 
63 ; unsicher ist der Name im Nundinarium Alli- 
fanum (CIL IX 2318) und der stadtrSmischen 
Praetorianerliste yon 150 n. Chr. CIL VI 2380 



chron. ad a. 711. Sen. suasor. VI 17; dagegen 
bei Appian. b. c. IV" 19 ist au<pi KtutJTtjv nur 
Conjectur fur dfupl Kemvrjv). Nach der ZerstO- 
rung Ton Formiae durch die Sarazenen 847 hob 
sich Gaeta zu einer der bedeutendsten Seestadte 
Mittelitaliens (neben Amalfi). Vgl. Mommsen 
CIL X p. 603. Not. d. scavi 1893, 361. Un- 
bedeutendD. Monetti Cenni storici dell' antica 
citta di Gaeta, Gaeta 1872. [Hiilsen.] 

Caietae promontnrium (axgcozfewv Kairjzrj 
Dionys. I 53), die Landspitze, welche den partus 
Caietae abschliesst, gekrOnt von dem wohlerhal- 
tenen Grabmal des Munatius Plancus cos. 32 
v. Chr. (CIL X 6087; Abb. bei Bartoli Sep. 
antioh. tab. 88), jetzt Torre d'Orlando genannt. 

[Hiilsen.] 

Caietanus, fingierter Name bei Mart. VIII 37. 

[Groag.] 

Caietanus sinus, xofozog Kaidzag, die Bucht 



I 15. Lateimsche Inschnften aus C. CIL X 4570 20 Ton Gaeta, Strab. V 233, der die Ableitunsren 
—4614. 8235—8237. [Htilsen.] hinzufii<W; : rA «Vn ™J„ ™'.,™ „„,*w „; aa^Z... 

Caieta, Personification der gleichnamigen 



Hafenstadt in Latium und Amme des Aeneas 
Verg. Aen. VII Iff. Ovid. met. XIV 442ff., nach 
andern Amme der Creusa oder des Ascanius, Serv. 
z. St. ^ Dagegen ist nach Strab. V 233 der Name 
des xohtog Kaidrag von dem lakonischen Worte 
xatira (= xoXlov) abzuleiten , wahrend wieder 
andere (philologi bei Serv. z. d. St. Orig. gent. 



hinzufugt : za yog xotka jidrza xaihag ol Adxcovss 
jiQooayOQEVovmv (vorher geht (frog/iicu. Aaxm- 
vixov xtiofia lazlv , 'Ogfiicu Xeyoftevov TiQOTegov), 
svioi <5' sjuavvfiov zrjg Alvsiov TQOtpov rov xobiov 
(paaiv. [Hiilsen.] 

Caiiarus, keltische Gottheit auf der Inschrift 
von Aries CIL XII 655 Ex imperio T. Attius 
Quartus C 'All ABO v.s.l.m. Keune Korr.-Bl. d. 
Westd. Ztschr. 1896, 104 vergleicht den Namen 



Eom. 10) ihn mit xaleiv in VerDindung brachten 30 der Gottin Caiva (Caiiarus aus Caivwrm'i). 



und den aetiologischen Mythos daran ankniipf- 
ten, dass hier die Flotte der Troianer von deren 
Frauen verbrannt sei. [O. Eossbach.] 

Caietae portus (Vergil. Aen. VI 900. Origo 
gentis Eom. 10, 3) oder portus Caieta (Plin. 
HI 59. Floras I 11), Hafen im Gebiet von For- 
miae, jetzt Gaeta (Oaieta bereits die Hs, des 
Geogr. Eavenn. IV 32 p. 265 und V 2 p. 333 P., 
dagegen Caieta an den entsprechenden. Stellen 



[Ihm.] 

Caimine(h)ae(?), Beiname der Matronae auf 
einer Inschrift aus Euskirchen (Brambach CIRh. 
563), die jetzt verschollen ist. Ob richtig fiber- 
liefert? Bonn. Jahrb. LXXXIII 21. 137 (nr. 220). 

[Him.] 
Caino(n), vicus (castrum) der Turones, jetzt 
Chinon (dep. Indre-et-Loire), Greg. Tur.hist. Franc. 
V 11 Cainon Toronicum vicum u. 0. (die Zeug- 



Guido 473. 510). Der Name (dass er ursprung- 40 nisse bei Holder Altcelt. Sprachschatz s. Cainon 



lich Alrjzr) gelautet habe, uberliefern Timaios 

bei Diodor. IV 56 und Lykophr. Alex. 1024) wird 

gewfihnlich abgeleitet von der Amme des Aeneas 

(s. o.), wogegen Serv. Aen. VII 1. X 36 und der 

Verfasser der Origo gentis Eomanae (10, 3. 4) 

ihn von der Verbrennung der Flotte des Aeneas 

(ebrd rov xaleiv) herleiten. Wegen des vortreff- 

lichen Ankergrundes war C. viel besucht und be- 

deutend (portus C. cdeberrimus atque plenissimus 
■..„. ri:„ a„ ; n_ t>»„_ oo\ »_j.-„: 



und Cano). Damit identisch Cano bei Venant. 
Fort, vita S. Germani 153 de Canone Toronieo. 
Longnon GCogr. de la Gaule au Vie siecle 266f. 

[Ihm.] 

Caistena (Var. Carstena) nennt der Geogr. 
Eav. IV 26 p. 231 zwischen Basel und Constanz, 
das heutige Kaisten. [Ihm.] 

Caiya dea. Eine im J. 1833 bei Pelm (un- 
weit Gerolstein) gefundene , jetzt im Provincial- 



navium p\c. de imp. Cn. Pomp. 33); Antoninus 50 museum zu Trier befindliche Inschrift lautet nach 

^ ^ '" " u ' TT '' t ™~ "' ""' Hettner(Dier6m. Steindenkmaler des Provincial- 

mus. zu Trier p. 65 nr. 112) Caivae deae aedem 
omni sua impensa donavit M. Vietorius Pollen- 
tin(us) et ob perpetuam tutelam eiusdfem) aedis 
dedit (sestertium) n(wn7ntim) c(entum milia). 
Dedicatum III Non. Oct. Glabrione et Torquato 
cos. v. *.. /. m. (im J. 124 n. Chr.). Die Gottin 
(keltisch?) ist sonst nicht bekannt. Friiher las 
man falschlich Caivae deae (Brambach CIRh. 



Pius restaurierte ihn (Hist. Aug. Pius 8). Einen 
Apollontempel in C. erwahnt Livius XL 2, 1. 
Stadtisch organisiert scheint C. niemals gewesen 
zu sein ; dagegen war der Strand als Sommer- 
aufenthalt beliebt (Cic. de or. II 22. Val. Max. 
VIH 8, 1. Iuvenal. XP7 87. Martial. V 1 , 5. 
X 30, 8). Hier hatte Cicero eine Villa (ad Att. 
I 3, 2. 4, 3. Val. Max. I 4, 5. Plut. Cic. 47), 
ebenso die Kaiser (ein Ti. Claudius Spectator, 



procurator Formis Fundis Caietae CIL VI 8583) 60 853), unter falscher Bezugnahme auf die Venus 



so Domitian (Martial. V 1, 5), Pius und Faustina 
(Hist. Aug. M. Aurel. 19. Fronto ep. ad Marc. 
V 5. Symmach. laud. I in Valentinian. 16 p. 322 
Seeck). Reste rOmischer Gebaude sind am Strande 
zwischen Gaeta und Formiae zahlreieh, auch finden 
sich Reste eines Aquaeducts ( Caietana forma : Sym- 
mach. ep. IX 131 Seeck). Erwahnt wird C. noch 
gelegentlich des Todes des Cicero (Cassiodor. 



eaha (vgl. Bergk Zur Gesch. u. Topographie der 
Eheinlande 33. 34. Wissowa Festschrift fur M. 
Hertz 159 und unten u. Calva). Vgl. Caiiarus 
und Can a Nr. 2. [Ihm.] 

Caius s. Gaius. 

Cal. L. Cal. Vet(us), Consul suffectus am 
27. September 51 n. Chr. mit Kaiser Claudius, 
der damals zum funftenmal Consul war (Bull. 



1325 



Cala 



Calabria 



1326 



d. Inst. 1871, 151). Henzen erganzt Calfi- 
dius). [Groag.] 

Cala. Ortschaft, zur civitas Parisiaoa ge- 
horig, Gregor. Tur. hist. Fr. V 39. VI 33 u. 0. 
(die Zeugnisse vollstandig bei Holder Altcelt. 
Sprachschatz s. v.). Das heutige Chelles bei Paris, 
Longnon Geogr. de la Gaule 358f. [Thm.] 

Calabra curia s. Curia. 

Calabria [KaXafeia, Ka)<apQol, nach Eustath. 
zu Dion. Perieg. 378 auch KaXavQia). Die sud- 
ostliche Halbinsel Italiens, zwischen der Hadria 
und dem Sinus Tarentinus, ist ein flaches Hiigel- 
land aus weissem Kalk, das nur selten bis zu 
500 m. steigt. Die Kiistenrander sind niedrig 
aber steil, die Kiiste ungegliedert, ein Name eines 
Caps aus dem Altertum nur uberliefert fur die 
Sudspitze, Leuca, auch Iapygium oder Sallentinum 
promuntorium, jetzt Capo S. Maria di Leuca. Der 
Boden ist gleicn dem nOrdlich angrenzenden Apu- 
lien (s. Bd. n S. 289) wasserarm. Flusse von 
einiger Bedeutung fehlen ganz ; der vonPlinius und 
auf der Tab. Peut. verzeichnete Pactius z-wischen 
Brundisium und Baletium, ebenso der Galaesus 
bei Tarent sind kleine Wasserlaufe ; der von Plin. 
Ill 102 genannte Iapyx ist niclt naner zu locali- 
sieren. Trotzdem war C. fruchtbar und ertrag- 
reich, namentlich durch seine Walder und Weiden 
(Strab. VI 281). Ausgezeichnete Wolle lieferten 
Tarent und Brundisium; bei Tarent bestanden 
Wollfarbereien (Serv. Georg. IV 335), welche in 
spater Zeit unter kaiserlicher Verwaltung standen 
(Not. dign. occ. 10 procurator bafii Tarenttni 
Calabriae). Schlangen, zum Teil immensae molis, 
waren nach Solin. II 33 in C. haufig. 

Durch die ganze Halbinsel zerstreut finden 
sich Spuren einer Urbevolkerung, welche der Stein- 
und der alteren Bronzezeit angehOrt. Ganz einzig 
auf dem italienischen Festlande sind die mega- 
lithischen Denkmaler, pietre fitte, den nordischen 
Menhirs entsprechend, die sich z. B. bei Lecce, 
Gallipoli, Muro Leccese erhalten haben, zum Teil 
von bedeutenden Dimensionen (4 — 5 m. hoch). 
Nur in Sardinien finden sich ahnliche; ebenso 
haben die calabrischen specchie und truddhi, runde 
turmahnliche Steinbauten, ihre nachsten Analo- 
gien in den sardinischen Nuraghen. S. dariiber 
Nicolucci Bullettino di Paletnologia Italiana V 
(1879) 139—148 und in den Atti dell' Accad. 
Pontaniana XXIII 1893. Lo vis a to Atti dell' 
Ace. dei Lincei Ser. IH vol. 9, 1881; weitere 
Litteratur bei Pigorini Bull, di paletnol. XIX 
1893, 347. Fr. Lenormant Gazette arche\>- 
logique VII (1882) 30—39. 

In historischer Zeit finden wir die Halbinsel 
besetzt von einem Volke graecoitalischen Namens, 
das vielleicht den Illyriern am nachsten steht 
und lapyges oder Messapii (s. d.) genannt wird. 
Als Unterabteilungen desselben gelten die Sal- 
lentiner an der West- und die Calabrer an der 
Ostkftste; der Name Ka).a^Qol ist vielleicht ver- 
wandt mit dem der rakafSqioi in Illyrien. In der 
Eioberungsgeschichte der Halbinsel spielen die 
Calabrer keine hervorragende Rolle; die Trium- 
phaltafel verzeichnet von 272—266 sechs Triumphe 
de Tarentineis, Sallentineis, Messapieis, ohne die 
Calabrer uberhaupt zu nennen. Seitdem jedoch 
die ROmer in der Halbinsel festen Fuss gefasst 
haben (Anlegung der Colonie Brundisium 244), 



verschwinden die alten Stammnamen der lapyges , 
Messapii und Sallentini immer mehr, und Calabria 
■wird der Gesamtname fur die Halbinsel. Die Be- 
volkerung ging zuruck; nach Strab. VI 281 hatte 
die Landschaft in alter Zeit dreizehn Stadte ge- 
habt, von denen nur noch Tarent und Brundi- 
sium einige Bedeutung behalten hatten (Plin. Ill 
105 nennt als Ccdabrorum mediterranii die A%e-_ 
tmi Apamestim Argetini Butuntmenses Deciani 

10 (hrumbestini Norbanenses Palionenses Stulnini 
Tutini, greift aber, wie die Erwahnung der Bu- 
tuntmenses zeigt, iiber die Grenzen des eigent- 
lichen C. hinaus). Nach der augustischen Ein- 
teilung bildet C. mit Apulia zusammen die zweite 
Region Italiens; die Grenze zwischen Apulia und 
C. lauft so, dass Tarent auf der West-, Brundi- 
sium auf der Ostseite die nOrdlichsten Stadte von 
C. sind, wogegen Genusia einer- und Gnathia 
andTerseits schon zu Apulien gehOren. Die Strassen 

20 folgen den Kusten, namlich die von Hydruntum 
iiber Brundisium nach Gnathia (Stationen: Itin. 
Ant. 118. 315; Hieros. 609. Tab. Peut. Geogr. 
Rav. IV 31. VI; hervorzuheben Lupia Baletiura 
Speluncae) und von Hydruntum iiber Leuca nach 
Tarentum (Peut. Rav. a. a. O. ; Stationen Castrum 
Minervae, Vererum, Uzentum, Baletium, Neretum, 
Manduria); auch waren Brundisium und Taren- 
tum durch eine directe Strasse verbunden (an der 
u. a. Uria [Hyria] und Mesochorum lagen, Peut. 

30 Rav. a. a. O.). Im Innern des Landes sind ausser- 
dem Manduria, Sturm, Rudiae, an der Ostkiiste 
Kallipolis zu nennen. Seit Ende des 2. und im 
3. Jhdt. wird C. von einem iuridicm geleitet, der 
gleichzeitig entweder Apulien oder Lucanien samt 
dem Bruttierlande unter sich hat (Marquardt 
Staatsverwaltung I 2 226. de Ruggiero Dizio- 
nario epigrafico I 533. II 17); in der diocletia- 
nischen Ordnung steht C. zusammen mit Apulien 
unter einem Corrector, der den Perfectissimat hat 

40(Marq.uardt a. a. O. 238. Cantarelli Bull, 
com. 1892, 218). Bis gegen Ende des 7. Jhdts. 
bleibt der Name C. an die Ostliche Halbinsel ge- 
knupft (das scheinbar altere Zeugnis des um 600 
schreibenden Georgius Cyprius descr. orbis 600— 
608 beweist nicnts, da die Stelle iiberarbeitet ist, 
G e 1 z e r praef. ad Georg. XXV) ; nachdem um 670 die 
langobardischen HerzOge von Benevent sich Tarent, 
Brundisium und das ganze sudliche Gebiet unter- 
worfen hatten , iibertrug die byzantinische Ver- 

50 waltung den Namen auf die westliche Landspitze, 
das friihere Bruttierland, an dem er seitdem auch 
haften geblieben ist, Vgl. daruber Dienl Etudes 
sur l'adininistration byzantine (Paris 1888). M. 
Schipa Archivio storico per le province Napoli- 
tane XX (1895) 27ff. und Studj storici V (Pisa 
1896) 51ff. mit den Gegenbemerkungen von Cri- 
vellucci Studj storici IV (1895) 425ff. 

Hauptstellen iiber C: Strab. VI 277—282. 
Mela II 66. Plin. n. h. HI 99—105. Ptol. IH 

60 1, 67. 68. Lib. coloniar. 211. 261. trber die 
messapischen Inschriften vgl. Mommsen Dnter- 
ital. Dialekte 41— 98. Maggiulli und Castro- 
mediano Le iscrizioni messapiche, Lecce 1871. 
Von Neueren: Helbig Herm. XI 257ff. De Si- 
mone beiFabretti Terzo supplements alle ant. 
iscrizioni italic. (1877) 171—229. Nissenltal. 
Landeskunde 243f. 539ff. Pais Storia della Si- 
cilia e della Magna Grecia I 335ff. [Hiilsen.] 



1327 



Calacticus sinus 



Calama 



1328 



Calacticus sinus s. Calathe. 

Caladunum, Stadt der Bracarer in Hispania 
citerior, auf der Strasse, die von Bracara west- 
lich nach Aquae Plaviae und Asturica (Itin. Ant. 
422, 5) fiihrte. Ptolemaios teilt es den callaeci- 
schen Bracarern zu und setzt es sudlich von Bra- 
cara (II 6, 38). Aber da die Stationen dieser 
Strasse rdcht ermittelt sind (CIL II p. 636) — 
ihre Richtung entspricht im ganzen der der heuti- 



8). Plinius nennt nach den Listen des Agrippa die 
Calagurritani qui Nasici cognominantur unter 
den oppida eivium Romanorum des Bezirks von 
Caesaraugusta (in 24). Ptolemaios teilt sie, wie 
schon Strabon, den Vasconen zu (II 6, 66, wo 
das (iberlieferte Kcdayogiva von Dkert mit Wahr- 
scheinlichkeit in KaXayogi Ndfoixa] verbessert 
ist). Die altesten autonomen Asse fiihren die 
iberische Aufschrift calaqriqS (Mon. ling. Iber. 



gen Hauptstrasse von Braga nach Chaves (P.M. 10 nr. 64). Die alteren Asse tragen neben einem Kopfe, 
•jt.ii j. n t-. -<™k ^ n £ c 2j|. m ft gi c herheit fiir den des Augustus 

angesehen werden kann — ist es der Caesars? 
— die Aufschrift Calagurri Iulia Nassica; die 
jiingeren mit den KOpfen des Augustus und Ti- 
berius und den Namen zahlreicher Duumvirn 
die Bezeichnung mun(icipium) Cal(agurris) Iulia 
(Mon. ling. Iber. nr. 64 a). Also ist die Stadt 
noch unter Augustus Municipium geworden und 
erhielt den Beinamen Iulia — die Listen des 



Capella Milliarios do conv. Braear. Porto 1895, 
55) — , so ist die Lage des Ortes auch noch 
nicht annahernd bestimmt. Der Stamm des kel- 
tischen Namens Cala kehrt in dem Portus Cale 
(s. d.) und in vielen anderen iberischen Namen 
wieder. [Hiibner.] 

Calagna im Liber colon. 231 Lachm., angeb- 
liche Veteranencolonie des Drusus in Campanien, 
wohl nur Dittographie fur Anagnia p. 230 (s. o. 



Bd. I S. 2025. Mommsen Gromat. II 186 und 20 Agrippa kannten ihn wohl noch nicht — , der 



OIL X p. 584). [Hiilsen.j 

Calagorris, Station in Aquitanien, an der 
Strasse von St. Bertrand de Comminges nach Tou- 
louse, Itin. Ant. 457. Nahere Lage unbestimmt. 

[Ihm.] 

Calagnm (nach Longnon zu verbessern in 

Calaewn), Ort in Gallia Lugudunensis an der 

Strasse von Augustobona (Troyes) nach Samaro- 

briva (Amiens), nach allgemeiner Annahme das 



sich zufallig auch in der Liste des Geogr. Eav. 
(309, 8) erhielt. Es sind noch manche TJberreste 
von der am Zusammenfluss des Cidacos — so 
heisst der Muss mit einem wohl altiberischen 
Namen noch heut — und des Hiberus gelegenen 
Stadt erhalten (CEL II p. 404), aber nur wenige 
Inschriften von Soldaten aus der fruhen Kaiser- 



zeit (CIL II 2983. 2984). Auch als Heimat von 
Legionaren der X. Legion wird es genannt (Bram- 

heutige Chailly -en-Brie (dep. Seine-et-Marne). Des- 30 bach 117), und die Tribus der Burger war die 

jar dins Table de Peut. 21. Holder Altcelt. Galeria (CIL II 4245. Brambach 117). Be- 

riihmter ist die Stadt als Heimat Quintilians 
(Suet, de vir. ill. 129, 7 Keiff. Auson. profess. I 
7) und wird auch sonst genannt (Suet. Aug. 49. 
Auson. epist. 25, 57. Paulin. ad Auson. V 223. 231. 
Prudent, peristeph. II 551. IV 31. VIII tit. Gre- 
gor. Turon. in glor. martyr. 92. CIL XII 3167). 
Die Schreibung schwankt zwischen Calagurris, 
was die gewOhnliche und den ahnlichen Bildungen 

kannt, etwa von der Herstellung von fibulae 1 } — , 40 entsprechende ist, und Calagorris (CIL II 2959. 

.:_j „.v...^.:_, : .i. __.,. :. ... „ 4245. Ill 5932. V 6987). In Turin und Nemausus 

fanden sich die Basen von ihren senatorischen 
Patronen unter Traian von den Calagurritani ex 
Hispania citeriore gesetzten Statuen vor (CIL 
V 6987. XII 3167). [Hiibner.] 

Calama. 1) In Numidien, von Oros. V 15, 6 
genannt als der Ort, dessen Belagerung im J. 110 
v. Chr. der rOmische Feldherr A. Postumius ver- 
sucht hatte, ehe er von Iugurtha besiegt wurde 



Sprachschatz s. Galiacus. [Ihm.] 

Calagnrris. 1) Stadt der Vasconen in Hi- 
spania citerior. Die nur bei Plinius aus den Listen 
des Agrippa angeffihrten stipendiarii des Bezirks 
von Caesaraugusta, die zum Unterschied von der 
beruhmten Stadt dieses Namens bezeichnet wer- 
den als Calagurritani qui filmlarenses cogrwmi- 
nantur — woher der Beiname kommt, ist unbe- 



sind wahrscheinlich nach dem unweit von Osca 
gelegenen Loharre zu setzen. Danach sind die 
von Caesar b. c. I 60, 1 erwahnten Calagurri- 
tani qui erant cum, Oscensibus contributi fur 
die Pibularenses zu halten, weil Loharre zwischen 
Osca und Iacca liegt. Das beim Geogr. Rav. 
309, 8 gleich nach Iacca genannte Iulia wird 
danach mit Unrecht von K. Miiller zu Ptol. 
auch fur C. Fibularensis angesehen. Die kleine 



und wohl fruh verschollene Gemeinde der Fibu- 50 (wofiir Sallust lug. 37 Suthul nennt, woraus man 



larenses hat nie Mlinzen geschlagen (wie K 
Muller zum Ptol. annahm) und nie den Namen 
Iulia gefiihrt. Doch ist die Gleichsetzung C.s 
mit Loharre , die nur auf der vermeinten Ahn- 
lichkeit des Namens beruht, unsicher. 

2) Calaguris Nasica wird zuerst in dem Frag- 
ment aus Livius B. XCI nach Poseidonios im ser- 
torianischen Krieg genannt. Sertorius gelangt 
den Hiberus aufwarts iiber Bursavo, Cascantum 



die Identitat von C. und Suthul gefolgert hat, 
wohl kaum mit Recht), nach Augustinus contra 
litteras Petiliani LT 99, 228 zwischen Cirta und 
Hippo Regius gelegen ; zahlreiche Inschriftenfunde 
haben die Lage bei dem heutigen Guelma be- 
statigt (CIL Vin 5290. 5325 u. s. w.). Die Stadt 
war zum mindesten seit Hadrian romisches Muni- 
cipium (CLL VIII 5351, vgl. p. 521), hiess spater- 
auch eolonia (CIL VIII 5332. 5340. 5356. Augu- 



und Graccurris nach C. (vgl. Flor. II 10, 9. Oros. 60 stin. ep. 90; de civ. Dei XXII 8). Unter Diocletian 



V 23, 14). Dies fuhrt mit Sicherheit auf das 
heutige Calahorra, das den Namen bewahrt hat. 
Dazu stimmen alle tibrigen Zeugnisse, wie zuerst 
der treffliche Petrus de Marca (Marca Hispanica 
2, 28) mit Recht hervorhob (Strab. ni 161. Liv. 
XXXIX 21, 8. Epit. XCIH. Appian. b. c. I 112. 
Val. Max. VII 7 ext. 3. Suet. Aug. 49). und die 
Itinerarien (Ant. 393, 1 Calagurra. Geogr! Rav. 309, 



und spater stand die Stadt unter dem Proconsul 
von Africa (CIL 5290. 5334. 5335. 5336. 5341. 
5357. 5358 = 17522), aber die Bischofe rechneten 
sich zu denen von Numidien (Acten einer Bischofs- 
versammlung aus dem J. 419: Possidius epi- 
scopits ecclesiae Calamensium legatus provin- 
cial Xumidiae, einmal legatus provincial Ntimi- 
diae inferioris , bei M a n s i Act. concil. IV 



I 



1329 



Calamantia 



Calata comitia 



1330 



433. 437—438. Notit. episcop. aus dem J. 484 
prov. Num. nr. 3, in Halms Victor Vitensis 
p. 64); vielleicht hatte also die Stadt im 3. Jhdt. 
unter den Legaten von Numidien gestanden (nach 
Mommsen CIL VTII p. 468 unter einem Legaten 
des Proconsuls von Africa). Bischofe der Stadt 
werden Sfters genannt, am haufigsten Possidius, 
Zeitgenosse des Augustinus und Verfasser einer 
Biographie desselben (Aug. opp. ed. Migne I 
33ff.), zuletzt im J. 484 (s. o.). Der Name C. bei 
Petrus Diaconus (um 1140) im Chron. Cass. IV 
50 (Mon. Germ. Scr. VII 786: rex rivitatis Ca- 
lamensis quod a Saraeenis Alchila dicitur), wird 
wohl eine augustinische Reminiscenz sein. 

2) Calama, in Mauretanien, Ausgangspunkt 
einer Strasse, die vom aussersten Westen von Maure- 
tania Caesariensis ausgehend fast die ganze Pro- 
vinz durchschnitt, Itin. Ant. 36, wohl in der Nahe 
der Kttste gelegen, nach Itin. Ant. 513, obwohl 
Ptol. IV 2, 22 anscheinend dieselbe Stadt {Es- 
Xapd) unter den binnenlandischen des aussersten 
Westens von Mauretania Caesariensis auffuhrt. 

[Dessau.] 

Calamantia s. Celemantia. 

Calamistrnm, das Brenneisen zum Erauseln 
der Haare, Aero Hor. sat. I 3, 98. Oft genannt 
als gebraucht fur Frauen und Manner, auch fur 
Luxussclaven , Marquardt Privatl. 2 147, 7. 
601, 14. [Man.] 

Calamon. 1) Mutatio Caiamon, an der Ktiste 
Palaestinas (Itin, Hieros. 584, 7) zwischen Ptole- 
mais und Sycamenos genannt, 12 Millien von 
ersterem, 3 Millien von letzterem entfernt ; nicht 
identificiert. 

2) Calamona in Iudaea (Not. dign. or. XXXrV 
43), Militarstation der Conors I equitata im Ge- 
biet des Dux Palaestinae, wahrscheinlich in der 
Wuste gleichen Namens sudOstlich von Jericho 
gelegen; nicht identificiert. 

3) Calamona in Phoinikien (Not. dign. or. 
XXXII 11 = 26), Militarstation (equites sagit- 
tarii indigenae) im Gebiet des Dux Phoenicis. 
Nach Moritz (Abh. Akad. Berl. 1889, 19) iden- 
tisch mit Adamana der Tab. Peut. und 'Odfidva 
bei Ptolemaios (V 15, 24) und dann der Lage 
nach dem heutigen Nebk entsprechend, in welcher 
Gegend noch heute der Name Ealamun sich findet, 
s. d. Art. Adamana. Baedeker Palast. und 
Syrien4 391f. 

4) Calamos (Plin. n. h. V 78; Polyb. V 68 
Kalapos), Castell nahe bei Tripolis an der sy- 
rischen Kiiste, von Antiochos zerstOrt; jetzt el- 
Kalmun l'/ 2 Std. siidwestlich von Tarabulus. 

[Benzinger.] 
Calamus, Gladiatorenname, CIL EH 6014, 2 
als Beischrift einer Gladiatorenkampfscene, femer 
auf einem gTtinen Glasgefasse im Wiener Museum 
(Arneth Kameen Taf. 22, 5), auf einem bei 
ChamWry gefundenen Glasgefksse (Fr. Lenor- 
mant Rev. archeol. 1865, 305—310 Taf. XX = 
CIL XII 5696, 32) und auf einem in der Vended 
gefundenen (HubnerEph. epigr.IV209. Allmer 
et Terrebrasse Insc. de Vienne ni 220ff). 
Friedlander S.-G. n« 522. [Pollack.] 

Calanicnm (Tab. Peut.) oder Canalieum (Itin. 
Ant. 293. CIL V p. 853), Ort in den ligurischen 
Alpen an der Via Iulia Augusta zwischen Aquae 
Statiellae und Vada Sabatia : jedenfalls im Thale 



der Bormida, doch nicht genau zu localisieren. 
S. Mommsen CIL V p. 853. [Hfllsen.] 

Calarona, Ort in provincial Gallia Ripa- 
rensi, Not. dign. occ. XLII 17 tribunus cohortis 
primae Flaviae Sapaudicae, Calaronae, schwer- 
lich verschrieben ftir Cidarone (Grenoble), wie 
u. a. Holder im Altcelt. Sprachschatz s. Oularo 
annimmt, wahrend er s. Calarona (I 689) an der 
tTberlieferung festhalt (Ort la Chaleronne) ; vgl. 

lOBoecking Not. dign. U 101 7f. O. Hirschfeld 
CIL XII p. 273. [Ebm.[ 

Calata, Station im sudlichen Annenien, Geogr. 
Rav. p. 49, 22. Man denkt zunachst an die am 
Nordwestufer des Van- See gelegene Feste Chilat, 
armen. Chiath, byz. Chaliat oder Chleat. As si- 
man i Bibl. Or. 1 106 b z. J. 731 bezeugt einen 
Fluss von Beth-Qalath im Tigrisgebiet ; Qalath, 
armen. Khatirth, hiess der im Hochgebirge von 
Sasun im Gau Salin entspringende und zwischen 

20 Khtimar, byz. XAoftaQtov, und Arzan streichende 
Zufluss des Tigris. [Tomaschek.] 

Calata comitia hiessen in republicanischer 
Zeit diejenigen Versammlungen des rSmischen 
Volkes , welche unter Leitung der Pontifices zu 
sacralen Zwecken stattfanden. Das Vfort colore 
(rufen), das diesen Versammlungen den Namen 
gegeben hat, mag urspriinglich weitere Anwendung 
gehaht haben (Fest. ep. p. 38 s. calatores) ; spater 
hat es sich auf bestimmte technische Ausdriicke 

30 der Priestersprache beschrankt, wahrend es in der 
Umgangs- und Amtssprache durch vocare ver- 
drangt wurde, vgl. calendae, curia calabra, ca- 
lator. Es ist daher wahrscheinlich, dass diese 
Versammlungen calata genannt wurden mit Riick- 
sicht auf die ihnen eigentumliche Art der Be- 
rufung durch die Pontifices. Sie fanden sowohl 
nach Curien als nach Centurien statt; jene wur- 
den durch einen lictor curiatius (diese Form be- 
zeugen die Inschriften, bei Gellius steht curiatus) 

40berufen, diese durch einen Hornisten. Gell. XV 
27, 1. 2: in libro Laelii Felicis ad Q. Murium 
prima scriptwm est, Labeonem scribere, ,calata' 
comitia esse, quae pro collegio pontificum haben- 
tur out regis aut flaminum itiaugurandorum, 
causa. Eorum autem alia esse euriata, alia 
eenturiata. Curiata per lictorem curiatum ca- 
lari, id est convocari, eenturiata per cornicirvern. 
Als Handlungen, welche in den C. c. stattfanden, 
nennt Labeo a. a. O. erstens die Inauguration 

50 des KOnigs und der drei Flamines (Dialis, Mar- 
tialis, Quirinalis). Unter dem EOnig kann fur 
die republicanische Zeit nur der Rex sacrorum 
gemeint sein; wir dUrfen aber daraus den Schluss 
ziehen, dass in monarchischer Zeit der Eonig 
selbst in C. c. die Inauguration erhalten hat, 
mag er sich nun selbst inauguriert (Mommsen 
St.-R. II 9. IE 807) oder durch den Augur 
die Weihe empfangen haben (Lange Rem. Altert. 
13 298). Die Versammlung nach Centurien be- 

60zog Mommsen fruher (ROm. Forsch. I 273) auf 
die Weihung der Flamines des Mars und Qui- 
rinus, jetzt aber nur noch (St.-R. Ill 307, 1) 
auf die Vfeihung des Flamen Martialis, der sicher 
auf dem Marsfelde geweiht worden sei (Sefv. Aen. 
VI 859 Quirinus est Mars, qui praeest paei et 
intra civitatem colitur : nam belli Mars extra 
ciritatem templum habttit), Lange (Rom. Altert. 
18 400) auf die Verkiindigung des Festkalenders, 



1331 



Calata comitia 



Calata comitia 



1332 



wortiber unten, Huschke (D. rOm. Jahr 181) auf 
die Inauguration des Rex. Alle diese Ansiehten 
scheinen uns nicht gentigend begriindet. Es ist 
nicht unbedingt notig, aus den Worten des Gellius, 
welche die Meinung des Labeo erst durch Vermitt- 
lung des Laelius Felix wiedergeben, den Schluss zu 
Ziehen, dass sich das Volk in C. c. nach Centu- 
rien nur zu Inaugurationen versammelte, wie das 
Mo mm sen verlangt (St.-R. II 37, 4. HI 307); 



Zeugnis des Varro (de 1. 1. VI 27 Primi 
mensium nominati Kalendae, quod his diebus 
calantur eius mensis Nonae a pontifieibus, quin- 
tanae an septimanae sint futurae, in Gapitolio 
in curia Calabra sic dicto quinquies [dictae quin- 
que codd., emend. Tumebus] ,Kalo Iuno Oovella', 
septies dicto [septem dictae codd.] ,Kalo Iuno 
Covella') und des Macrobius (sat. I 15, 10 Iiaque 
sacrifieio a rege et minore pontifice celebrato 



vielmehr konnen diese Comitia auch bei einer der 10 idem pontifex calata, id est vocata, in Capito- 



andern weiterhin zu bespreehenden Gelegenheiten, 
die Gellius noeh anfiihrt, centuriata gewesen sein. 
Auch entbehrt es der Wahrscheinlichkeit , dass 
die Volksversammlungen bei der Weihung der 
Mitglieder desselben Priesteramtes verschieden an- 
geordnet gewesen seien. Noch weniger ist freilich 
Langes Ansicht zu begreifen, wonach sich das 
Volk bei der Abrufung der Festtage nach Cen- 
turien versammelt hatte. Als fernere Handlungen 



Hum plebe iuxta curiam Calabram, quae easae 
Romuli proxima est, quot numero dies a Kalen- 
dis ad Nonas superessent pronuntiabat, et quin- 
tanas quidem dicto quinquies verbo xaXSt, sep- 
timanas repetito septies praedicabat ; vgl. Past. 
Praenest. zum 1. Jan. OIL I 2 p. 231. Serv. Aen. 
VIII 654. Plut. quaest. Eom. 24. Lyd. de mens. 
Ill 7) nehmen die meisten (z. B. Lange Rfim. 
Altert. 13 362. 399, dieser freilich mit Vorbehalt, 



die in den C. c. vorgenommen wurden, bezeichnet 20 und Herzog Staatsverf. I 109ff.) an, dass an 



Gellius (nach Laelius Felix, vgl. Huschke Iurispr. 
Anteiustin. Reliqu.5 p. 145) die sacrorum detestatio 
und die Errichtung von Testamenten (isdem co- 
mitiis, quae ,ealata' appellari diximus, et sa- 
crorum detestatio et testamenta fieri solebant). 
Ersteres bezieht sich sicherlich auf die Adrogation 
(so Mom m sen Rflm. Forsch. I 126; St.-E. Ill 
38ff. und Lange Rom. Altert. is 132. 137. 178; 
dagegen Huschke D. rOm. Jahr 182, 39 und Kar 



jedem ersten eines Monats C. c. stattfanden, in 
welchen von den Pontifices mitgeteilt wurde, ob 
die Nonen auf den fiinften oder den siebenten 
Tag nach dem Kalender angesetzt seien, und 
dann noch einmal an den Nonen selbst, um vom 
Rex sacrorum die Daten der Feste des laufenden 
Monats verkiindigen zu lassen. Dagegen bemerkt 
Mommsen (St.-R. II 39), dass nur an den Nonen 
eine Versammlung des Volkes stattfand, an den 



Iowa Kechtsgesch. II 97ff.). Wir verstehen unter30 Kalenden dagegen die Abrufung der Nonen bios 



detestatio sacrorum die feierliche Erklarung des in 
eine neue Familie aufzunehmenden Burgers, dass 
er aus dem bisherigen sacralen Verbande austrete 
(Gai. Dig. L 16, 238, 1. Ulp. Dig. L 16, 40 pr.; 
hierauf bezieht Lange IS 137 auch das ifo- 
(ivvodai bei Cass. Dio XXXVII 51, 1). Erst nach- 
dem dies geschehen ist (Serv. Aen. II 156 con- 
suetude apud antiquos fuit, _ ut qui in familiam 
vel gentem transiret prius se ahdiearet ah ea, in 



durch den Diener des Pontifex (pontifex minor 
nach Macrobius und den Fasti Praenestini; vgl. 
Liv. XXII 57, 3 sriba pontificis, quos nunc mi- 
nores pontifices voeant) vorgenommen wurde und 
nur vorbereitend war. Indessen heisst es bei Varro 
a. a. O. calantur nonae a pontifieibus, und 
wir kOnnen wohl auf die Ausflucht Langes (Rom. 
Altert. 13 353) verzichten, dass die Verkundigung 
der Nonen erst nach VerOffentlichung des Kalen- 



qua fuerat, et sic ab alia reeiperetur), kann er40ders durch Cn. Flavius 442 = 312 dem Pontifex 



sich durch feierliche Verpflichtung in die vater- 
liche Gewalt eines andern Burgers begeben. Auch 
dies geschah nach dem Zeugnis des Gellius in 
Curiatcomitien nach vorhergegangenem Beschluss 
der Pontifices, nicht aber in C. c. Gell. V 19, 
5. 6 adrogationes non temere nee inexplorate com- 
mittuntur : nam comitia arbitris pontifieibus 
praebentur, quae curiata appellantur. Die Te- 
stamentserrichtung in C. c. bezeugen auch Gai. 
Inst. H 101. Ulp. Eeg. 20, 2. lust. Inst. II 50 
10, 1. Theophil. ad h. 1. p. 154 ed. Ferrini. 
Gains sagt, die C. c. zur Errichtung von Testa- 
menten hatten zweimal jahrlich stattgefunden, 
und mit grosser Wahrscheinlichkeit hat Momm- 
sen (Rom. Chronol.s 241; St.-E. Ill 319; bei- 
stimmend Lange Rom. Altert. Ill 3 399. Huschke 
D. rom. Jahr 179) vermutet, dass diese beiden 
Termine der 24. Marz und der 24. Mai gewesen 
seien, da zu diesen Tagen in den Fasten ver- 



minor flbertragen worden sei. Ob aber jene Ver- 
sammlungen an den Kalenden und Nonen wirk- 
lich C. c. waren, bleibt freilich zweifelhaft, da 
es aus den Worten des Macrobius (calata id est 
vocata in Capitolium. plebs) und des Servius (Aen. 
VIII 654 ut ibi [in curia calabra] patres vel 
populus ealarentur) nicht mit vSlliger Sicherheit 
hervorgeht, anderweitig aber nicht bezeugt ist. 
Doch spricht die Wahrscheinlichkeit dafiir. 

Mommsen nimmt ausserdem noch Mitwirkung 
der Curien und daher Beschliisse der C. c. an 
1) bei Constituierung der ausserhalb des Ge- 
schlechterrechtes stehenden Burger zu einem neuen 
Geschlechtsverbande , 2) beim Ausheiraten einer 
Frau aus ihrem Geschlechte in ein anderes, 3) bei 
der Restitution des Geschlechtsrechtes an einen 
aus dem Burgerverbande ausgeschiedenen und in 
denselben zuriicktretenden Mann (St.-R". Ill 318ff.). 
Allein einerseits sttitzt sich diese Annahme auf 



merkt wird Q. R. C. F. (quando rex comitia- 60 Vorgange, bei denen die Mitwirkung der Curien 



vit fas, vgl. Varro 1. 1. VI 31. Fest. ep. p. 259). 
Der Einspruch, den Herzog (R5m. Staatsverf. 
I 110) gegen diese schOne Vermutung erhebt, 
scheint uns nicht hinreichend begriindet (vgl. auch 
Hirschfeld Herm. VHI 1873, 469ff., dessen 
Vorschlag bei Varro zu schreiben quod eo die rex 
sacrifieolus lit at ubrigens von Jordan Topogr. 
I 1, 508, 32 wiederholt wird). Gestutzt auf das 



in comitiis calatis nicht ausdrucklich bezeugt 
ist (bei der Constituierung neuer Geschlechter 
wohl vornehmlich auf die Cooptation in patres 
des Attius Clausus, Liv. II 16, 5. Suet. Tib. 1, 
die Aufnahme albanischer Geschlechter, Liv. IV 
4, 7, und der gentes minores, bei dem Aushei- 
raten auf die gentis enuptio , welche der Fece- 
nia Hispalla fan J. 568 = 186 durch Senats- 



1333 



Calata eomitia 



Calatia 



1334 



schluss verliehen wurde, Liv. XXXIX 19, 5, 
bei der Restitution auf Camillus, der nach Liv. 
V 46, 10 comitiis curiatis revocatus de exilio 
iussu populi zum Dictator ernannt wurde). 
Andererseits hangt die Beantwortung dieseT Frage 
von der weiteren ab, ob die C. c. iiberhaupt das 
Recht der Beschlussfassung gehabt haben oder 
nur assistierend gewesen sind. Das letztere 
nahm zuerst J. H. Dernburg an (Beitrage zur 
Gesch. des rom. Testaments I § 10—12 S. 53 
— 78); es wurde ausfuhrlich begriindet von Ru- 
bin (Untersuch. 242ff.) und von fast alien 
Forschern (Lange Altert. IS 398. Soltau, 
Huschke, Schiller) und Mommsen selbst 
(Rem. Forsch. I 126. 239. 270) als richtig an- 
erkannt. Neuerdings hat jedoch Mommsen eine 
andere Ansicht ausgesprochen. Er sagt St.-E. 
II 37: ,Es sind darunter (unter den C. c.) be- 
griffen teils alle bei der Inauguration zur blossen 
Assistenz berufenen Comitien, mogen sie die der 
Curien oder die deT Centurien sein, teils alle 
beschlussfassenden Comitien der Curien, insonder- 
heit diejenigen, aus denen das ursprungliche Te- 
stament hervorging und die noch in historischer 
Zeit die Adrogation vollziehen.' Und ferner (ni 
318): ,Den beschliessenden Curiatcomitien, deren 
Leitung durchaus dem Oberpontifex zusteht und die 
daher wie die Inaugurationscomitien calata heissen, 
ist die Erteilung der folgenden Personalprivilegien 
vorbehalten u. s. w.' Diese Ansicht scheint uns 
unhaltbar. Denn bei den beiden Acten, zu wel- 
chen nach dem Zeugnis des Laelius Felix die C. 
c. berufen wurden, der Detestatio sacrorum und 
der Testamentserrichtung , ist nur die Rede von 
Zeugnisleistung, nicht von Beschlussfassung des 
versammelten Volkes. Zwar beziehen auch wir 
die Detestatio sacrorum mit Mommsen auf die 
Adrogation, betrachten aber Detestatio sacrorum 
und Adrogatio als zwei aufeinanderfolgende Acte, 
von denen wir nur den ersten in C. c. vollzogen wer- 
den lassen, den zweiten dagegen (mit Gell. V 19, 6) 
in Comitia curiata (oder wenn der Ausgeschiedene 
in ein plebeisches Haus ubertrat, vielleicht in einer 
Versammlung der plebeischen Tribus, wie Herzog 
Rom. Staatsverf. I 1063 nach Cass. Dio XXXVII 
51, 1 annimmt). Was das Testament betrifft, so 
behauptet zwar Mommsen (St.-R. II 38), es sei von 
der rOmischen Rechtswissenschaft seiner Rechts- 
kraft nach nicht zu den Privatacten, sondern zu 
den Gesetzen gezahlt und in alien seinen Con- 
sequenzeu als solches behandelt worden ; doch hat 
dieser Satz nicht allgemeine Anerkennung gefunden 
(vgl. z.B. Huschke D. rom. Jahr 182, 38. Holder 
Ztschr. d. Savigny-Stiftg. XVI 1895, 236). Ausser- 
dem sagt Laelius Felix ausdrucklich, das Testament 
werde errichtet calatis comitiis in contione, 
worauf schon Rubino aufmerksam macht (Unter- 
such. 244, 2; ebenso frtiher Mommsen Rflm. 
Forsch. I 270, 3) ; denn enntionem habere est verba 
facere ad populum sine ull a rogatione, wie Gel- 
lius (XIII 16, 3) sagt. Allerdings sucht Mommsen 
(St.-R. Ill 320) jetzt diesen Satz. den er fruher 
selbst anerkannte, zu entkraften, indem er sich 
auf seine Darstellung des Verlaufes der Comitia 
beruft, wo er nachweise, dass die Contio ein in- 
tegrierender Bestandteil der Comitia sei. Indes 
dort wird gerade gezeigt, dass die Contio die 
eigentlichen Comitia nur einleitete (St.-R. ni 390). 



Waren die Comitia erst einmal zur Abstimmung, 
Beschlussfassung oder Wahl ordnungsmassig con- 
stituiert, so horte'n sie auf, Contio zu sein. 

In der Zeit, aus welcher unsere Nachrichten 
stammen, hatten die C. c. jegliche Bedeutung 
verloren. Es gait das Mancipationstestament 
(Gai. II 103), die Verkundigung des Festkalenders 
war ilberflussig, seitdem Cn. Flavius den Kalen- 
der verOffentlicht hatte (450 = 304), und es 

lOdauerte pur noch die Inauguration der Flamines 
und des Rex sacrorum fort, die aber auf das 
offentliche Leben ohne Einfmss war. v. G ruber 
Ztschr. f. Altertumswissenschaft IV 1837, 172ff. 

[Kubler.] 
Calathe. KaM^, noXts ot> xoqqco reov 'H(>a- 
scXeicov oTTjXibv nach dem einzigen Zeugnis des 
Hekataios (frg. 3 bei Steph. Byz. 347, 11), von 
Ephoros (nach demselben Zeugnis des Steph. Byz.) 
KaXa&ovaa genannt, vielleicht durch Missver- 

20 standnis , vielleicht durch absichtliche Verande- 
rung des an xala&os Korb erinnernden Namens 
in eine Korbstadt, ist zuerst von W. Christ 
(in seiner Abhandlung fiber Avien, Abh. Akad. 
Munchen Bd. XI 1 1865, 115ff.) mit der An- 
gabe des alten Periplus in der Ora maritima 
des Avien (v. 424) in Verbindung gebracht wor- 
den ilber die Tartessier, qui porriguntur in Ca- 
laeticum sinum; wonach also Calatieum oder 
richtiger Calathicum zu schreiben ware. Es ist 

30 kein Grund vorhanden, mit K. Miiller den sinus 
Calacticus von der xalrj axtr) oder dem xakov 
axQmzrjQiov des zweiten karthagisch- rOmischen 
Vertrags bei Polybios abzuleiten und dies fur 
das Cap de la Nao, die Sudostspitze Iberiens, zu 
erklaren, die gar nicht an einem sinus liegt. 
Das schOne Vorgebirge gehOrt, wie alle alteren 
Erklarer annahmen und F. Euhl zuletzt mit 
Eecht hervorhob (Jahrb. f. Philol. 1888, 347ft.), 
vielmehr sicher nach Africa; die Angaben des 

40 Polybios (III 23, 1. 24, 2) waren sonst unver- 
standlich oder beruhten auf grober Unkenntnis, 
wie sie ihm sicher nicht zuzutrauen ist. Calathe 
— ob die Gewahrsmanner des Hekataios, wohl 
Massalioten, den iberischen Namen genau aus- 
sprachen und er sie richtig verstand, ist natur- 
lich ganz unsicher — ist fiir eine von den spater 
verschollenen iberischen Stadten an der Sudkuste 
zu halten , , nicht allzu weit von den Herakles- 
saulen', nach der die Bucht zwischen Barbesula 

50 und Suel benannt wurde ; denn ungefahr bis da- 
hin erstreckte sich nach dem Periplus das Gebiet 
der Tartessier und begann das der Mastiener. 
An die Insel KaMdy bei den Syrten (Mela H 
120. Plin. V 42. Ptol. IV 3, 44) .allzuweit von 
den Heraklessaulen' ist nicht zu denken, wie F. 
Unger wollte, der ausserdem noch den Calacti- 
cus sinus bei Avien in einen schon der Form nach 
ganz nnmOglichen Malaeitinus sinus (statt Ma- 
lacitanus) andert. [Hubner.] 

60 Calatia (Kalatia CIL X 3893 ; KaJ.aria), Stadt 
in Campanien (Einw. ' Calatinus), zwischen Capua 
und Benevent ; den Ort bezeichnet die Kirche San 
Giacomo alle Gallazze zwischen Maddaloni und San 
Nicola la Strada. Die Stadt, welche fast durch- 
weg (ebenso wie Atella) das Schicksal des benach- 
barten machtigen Capua teilte, wird zuerst er- 
wahnt 313 v. Chr., wo der Dictator Q. Fabius sie den 
Samniten abnahm (Diodor. XIX 101 nach Momm- 



1335 



Calatonnum 



Calavius 



1336 



sens Verbesserung; Ksliav die Hs.). Eine zweite die in den Inschriften fast stets verbunden er- 

Eroberung berichtet Livius IX 28, 6 zum J. 311 scheinen (von den beiden erhaltenen Verzeichnissen 

t. Chr. Aus dem 3. Jhdt. v. Chr. stammen die dieses Collegiums enthalt das eine, OIL VI 2184, 

Munzenmit der oskischen Aufschrift JTafo^(Gar- 36, das andre, CIL VI 2185, vgl. Bull. eomm. 

rucci Mon. dell' Italia II 89, tab. 87, 19—21. 88, 1887, 94, 27 Namen; s. noch CIL VI 712 und 

1—8. Berliner Mflnzkatalog Ell, 75f.). Imhanni- X 1726), der augures (VI 2187. Sueton. de 

balischen Knege empOrten sich die Calatiner zu- gramm. 12), der XVviri (VI 3878), der Vllviri 

sammen mit ihren Nachbarstadten im J. 216 epulones (X 6227. 8388), der fratres Arvales (VI 

(Lit. XXII 61, 11. Sil. Ital. VIII 542) und 2053, 15 und Ofter), der saoerdotes Titiales Fla- 
wurdeD dann von den siegreichen KOmern mit locates (VI 2188f. 2190), der sodales Mardani 

dem Verluste ihrer Selbstandigkeit gestraft (Liv. Antoniniani (Epb. epigr. VIII 368). Die ge- 

XXVI 16, 5. 34, 6. XXVII 3, 7). Aus dem 2. Jhdt. nauesten Angaben iiber die calatores liefem die 

v. Chr. wird, ausser einigen naeh Bom gemeldeten Arvaleninschriften. Die mlatores sind nach diesen 

Prodigien (Liv. XLII 20, 5. XLV 16, 5) eine dem persOnlichen Dienste der einzelnen Arvalen 

Wiederherstellung der Mauern durch die Censoren zugewiesen, letztere wahlen ihre eigenen Frei- 

174 v. Chr. erwiihnt (Liv. XLI 27, 10). Im J. 59 gelassenen zu C. Beim Antritt ihres Dienstes 

wurde nach Erlass der lex Mia de agro Cam- miissen diese eine Summe an die area des eol- 

pano eine Veteranencolonie nach C. gefiihrt; nach legium entrichten (CIL VI 2080,45. Henzen 

Caesars Tode ergriffen die neuen Einwohner so- Acta fratr. Arv. VIII 160). Die mlatores assi 
fort Partei fur Octavian (Cic. ad Att. XVI 8, 1.20stieren, in Gemeinschaft mit den publiei (s. d.), 

Vellei. II 61. Nicol. Damasc. p. 185 Dind. Appian. den Arvalen beim Opfer (2067, 61. 2068 n 20 

b. civ. Ill 40). Spater wird es nur von Strabon u. c), sie bringen, ebenfalls gemeinsam mit den 

(V 249, wo die Hs. KaUazegta und VI 283, wo publici, im Auftrage ihrer Herrn Piacularopfer 

sie Fakaiia haben) und auf der Tab. Peut. er- dar (2053, 14. 2107, 24 u. 0. Henzen 132—134. 

w&hnt; die Notiz im Liber colon. 232 Lachm. 139). Nach Beendigung des Opfers schicken die 

wird mit grOsserem Recht auf Caiatia bezogen Arvalen die Opfergerate (tmeaniea) durch ihre 

(das tiberhaupt durch Schuld der Abschreiberhaufig ealatores nach Hause (2065 n 47. 2075 n 37). 

mit C. verwechselt ist, s. o. S. 1322). Die Tribus CIL VI 2080, 6 bringen die C. gemeinsam mit 

war die Falerna, wie sich aus der bei San Nicola den Arvales selbst der consecrierten Matidia Au- 
la Strada gefundenen Inschrift CIL X 3893 ergiebt 30 gusta ein "Weihgeschenk dar. Die ealatores pon- 

(wo, wie em mirvorliegenderAbklatschzeigt, nicht tificum et flaminum waren bevollmachtigt, die 

KAIATIA, sondern KALATIA zu lesen ist; vgl. Erlaubnis zu Opfern und zur Mederlegung von 

Rom. Mitt. XH 82). Vgl. G. Sivo Storia di Ga- Weihgeschenken zu erteilen (CIL VI 712. 2185. 

lazia. Neapel 1860—65. Mommsen CIL X p. 359. 2186). Die ealatores der pontifioes werden nach 

369. BelochCampanien 370-372. Ausgrabungen demInterpolat.Serv.Georg.I268vonihren Herren, 

bei S. Giacomo alle Galazze (vorromische Nekro- wenn sie zum Opfer gehen, vorausgesandt, urn 

pole) Not. d. scavi 1884, 277—280. [Hiilsen.] zur Vermeidung von StOrungen der Ceremonie 

Calatonnum, vicus zur Civitas Turonum ge- die Handwerker von der Arbeit zurilckzuhalten ; 

hong, erwiihnt von Gregor. Tur. hist. Franc. X ob die praeciae (Fest. epit. p. 224, 1) oder prae- 
31, 4, jetzt Chalenton (dep. Indre-et-Loire). Hoi- 40 ciamitatores (Fest. p. 249 a 20: praecones Macrob. 

der Alteelt. Sprachschatz s. Caletodunom Long- I 16, 9), welchen dasselbe Anvt bei den flamines 

non Ge~ogr.de la Gauleau Vie siecle 267. [Ihm.] zugeschrieben wird, mit den ealatores identisch 

Calatores (kalatores). Zusammenhangend mit sind, lasst sich nicht feststellen. Wenn es in 

ealare, bezeichnet der Name urspriinglich Sclaven, den Acten der Arvalen heisst ad summotum (CLL 

die dem Herrn stets zur Hand sind, urn zu rufen, VI 2060 16 u. 0.) oder summoto (CIL VI 2075 

wen er beflehlt (Plant. Pseudol. 1009; Merca- n 13 u. 0.) immolavit oder lucum deae Diae 

tor 852 ;_ Rndens 335. Fest epit. p. 38, 12 : eala- aseenderunt u. a., so fiel die Aufgabe deB summo- 

tores dicebantur semi asio zov xa).eTv, quod est vere jedenfalls den C. zu, da die Arvalen Lictoren, 

vocare). Doch scheint in spaterer Zeit dieser die dieses Amt bei den Magistraten tlbten, an- 
Ausdruck fur derartige Sclaven ausser Gebrauch 50 scheinend nicht besassen (Henzen Acta fr. Arv. 

gekommen zu sein , da sich in den Inschrif- 28). Litteratur: Marquardt Staatsverwaltung 

ten kern Beispiel dafflr findet und auch das Im- m 226f. Mommsen Staatsreeht I 359. Rug- 

perfectum in der oben citierten Notiz des Festus giero Dizionario epigr. II 19ff. (vollstandige Zu- 

zu zeigen scheint, dass von einem alten Gebrauche sammenstellung des inschriftlichen Materials), 

die Rede ist. Durch zahlreiche Inschriften be- [Samter.j 

zeugt sind dagegen freigelassene ealatores, die Calavins, angesehene campanische Familie 

den Mitgliedern der hoheren Priestercollegien als in Capua. 1) Calavii wurden 544 = 210 in Rom 

Diener beigegeben sind (vgl. auch Corp. gloss. wegen Brandstiftungen hingerichtet ; sie gehOren 

lat, n 96, 3). Die veremzelte Angabe der Gloss. dem campanischen Gescblecht an (Liv. XXVI 
Labb. p. 24, nach der auch diese Art der eala- 60 27, 7ff.). 

tores Sclaven sind, steht mit den Inschriften in 2) Novius und Ovius Calavii traten 440 = 314 

Widerspruch und muss deshalb auf einem Irrtum an die Spitze einer Verschworung gegen die ROmer 

beruhen. Singular ist ein Freier (eques) als ea- in Capua und tcten sich selbst, als sie entdeckt 

lator Mareianus Antoninianus Eph. epigr. Vffl wurden (Liv. IX 26, 7). 

368 (der funfzehnjahrige ealator Q. Caecilius Feroi 3) Ofilliits Calavim (hi fdius elarus genere 

CIL VI 2188f. ist wohl der Sohn eines Freige- faetisque turn etiam aetate verendus, in Capua 

lassenen, Ruggiero Dizionario epigr. II 20). Er- 433 = 321 (Liv. IX 7, 1), vielleicht Vater von 

wahnt werden calatores der pontifices ct flamines, Nr. 2. 



1337 



Calautica 



Calcatorium 



1338 



4) Pacuvius Calavius, mit den vornehmen deutung hervor (z. B. Maccius in Anthol. Pal. 
rOmischen Familien der Claudier und Livier ver- IX 403, 1. Geop. VI 11, 3. 13, 3), ja man ver- 
schwagert, war 587 = 217 das Haupt der demo- stand darunter sogar auch einen TretkUbel von 
kratischen, zu den Karthagern hinneigenden Partei Holz (Bekker anecd. 51. 277), aus welchem Stoffe 
in Capua und der erste Beamte (Meddix tuticus) auch die kr/vos gezimmert gewesen sein mag, welche 
der Stadt (Liv. XXLTI 2, 1—4, 5. 8, 2). Sein in Alexandria nnter Ptolemaios Philadelphos bei 
Sohn dagegen hielt treu zu Rom; als Hannibal einer Procession einhergefahren wurde und in 
die Stadt in Besitz genommen hatte, erlangte der welcher 60 Satyrn den Most austraten ; diese hatte 
Vater seine Begnadigung, konnte ihn aber bald bei 24 Ellen Lange und 15 Ellen Breite eine ob- 
darauf nur mit grOsster Mfihe abhalten , den pu- 10 longe Form (Kallixenos bei Athen. V 199 a), 
nischen Feldherrn bei einem Mahle zu ermorden Im Jahre 1894 hat man zu Athen im Innern 
(ebd. 8, 2 — 9, 13). [Miinzer.] des heiligen Bezirks des Dionysos Lenaios eine 

5) Calavius Sabinus, Legat der legio XH Ful- Xrjvog aufgefunden, welche W. Dcrpfeldbeschrie- 
minata unter L. Caesennius Paetus im Feldzug ben und abgebildet hat (Athen. Mitt. XX 1895, 
des Jahres 62 n. Chr. (Tac. ann. XV 7). 168f.). Die Kelter bildet im Grundriss ein etwas 

[Groag.l unregelmassiges Vieieck von 4,70 m. mittlerer 

Calantica (oder ealvaticaf so iiberliefert Cic. Lange und 2,80 m. Breite. Ihr Inneres zeigt einen 

frg. in Clod. V 3, Orelli IV p. 949), ein von gut gearbeiteten Estrich von Flusskieseln und 

Frauen getragenes Kopftnch, Cic. a. O. Von mitra KalkmOrtel, der nicht horizontal ist, sondern nach 
unterscheidet es Afranius bei Schol. Bob. Cic. ed. 20 seiner sudOstlichen Ecke das starke Gefalle von 

Orelli V 2, 336. Dig. XXXIV 2, 25, 10. Dagegen 0,25 in. hat. Neben der tiefsten Stelle des Fuss- 

Serv. Aen. 1X613: mitrae feminarwm quas ea- boderjs ist die Ostmauer durchbohrt, und vor 

lautieas dieunt Anson, perioch. Odyss. V flbersetzt der Offnung befindet sich noch jetzt ein rundes, 

mit C. das homerische XQijdsftvov; die C. wird oben mit einem viereckigen Rande versehenes 

also wohl wie dieses weiter herabgehangen haben Thongefass von 0,50 m. innerem Durchmesser und 

als die Mitra, Becker-GSll Gallus III 275. etwa 55 Liter Inhalt. Neben dem Gefasse be- 

[Mau.] findet sich noch eine aus MOrtel hergerichtete 

Calcaria. 1) Ort an der Kuste von Gallia kleine viereckige Vertiefung, deren Form und Be- 

Narbonensis zwischen Massilia und Fossae Mari- deutung sich wegen der starken Zerst&rung nicht 
anae, Itin. Ant. 299. Tab. Peut. Geogr. Rav. 30mehr erkennen lasst. Wahrend die nOrdliche und 

IV 28. V 3. Desjardins G^ogr. de la Gaule I westliche Mauer der Kelter zugleich als Grenz- 

202 (.carri^res de -chaux de Calas, sur la route de mauer des Bezirks dienten und als Umfassungs- 

Marseille en contournant l'etang de Berre') ; Table mauern des Gebaudes, zu dem die Kelter gehOrte, 

de Peut. 65. [Him.] vielleicht auch ein Dach trugen, war die Ostliche 

2) Station der rOmischen Strasse im mittleren nur 0,35 m. hoch. Die Htihe der siidlichen Mauer 

Britannien , zwischen Deva und Eburacum (Itin. ist nicht bekannt. Noch heute werden in vielen 

Ant. 468, 5) von unsicherer Lage; die Ansetzungen Gegenden Griechenlands die "Weinkeltern in ganz 

schwanken zwischen Tadcaster Newbury und Sea- ahnlicher Weise gemacht. Ein viereckiger ge- 

croft. Der Name ist sicher rOmischen Drsprungs pflasterter Platz wird mit niedrigen Mauern um- 
wie der der gleichnamigen Station in Gallien 40 geben, dem Fussboden giebt man ein starkes Ge- 

und wird von Kalkgruben hergeleitet sein. falle, durchbohrt an dem tiefsten Punkt die eine 

[Hiibner.] Aussenmiuer und ordnet vor dem Loche ein kleines 

Calcatorinm, von calcare gebildet, bezeichnet gemauertes oder thonernes Gefass an, damit der 

das Behaltnis, in welchem den Trauben durch Traubensaft von dem Tretplatze in dieses Gefass 

Austreten mit den Fiissen der Saft entzogen wurde laufen und dort geschOpft werden kann. Auch 

(Isid. XV 6, 8). Unser Wort , Kelter', obwohl da- in byzantinischer Zeit stellte man die Weinpressen 

von herstammend, deckt sich begrifflich nicht mehr in derselben Weise her, wie die zahlreichen in 

vollstandig damit, sofern heute bei uns die Trau- Olympia gefundenen Keltern beweisen, welche dem 

ben durch einen Stempel oder in einer Miihle zer- 5. und 6. Jhdt. n. Chr. angehOren. DOrpfeld 
quetscht werden, ehe sie durch die Kelter gepresst 50 weist noch auf die xQaxrJQeg vnoXr^vvoi in der In- 

werden, wahrend das Austreten noch vielfach in schrift des KOnigs von Kommagene bei Humann- 

den Mittelmeerlandern sich erhalten hat. Urspriing- Puchstein Reisen in Kleinasien und Nordsyrien 

lich wurde dafur forus oder forum gesagt (Isid. a. 1890, 275 Z. 25 bin und vennutet, dass die von 

a. O.; vgl. Varr. r. r. 154,2. Col. XI 2, 71. Xn 18, ihm beschriebene Kelter etwa aus dem 4. Jhdt. 

3), wie foramen von der indogermanischen Wurz el v. Chr. stamme, aber unterhalb derselben, nach 

bhera = schneiden, bohren abzuleiten (Fick Vgl. den Resten eines noch alteren Fussbodens zu 

WOrterbuch d. indog. Spr. I* 90. 491), wie denn schliessen, schon in archaischer Zeit eine Kelter 

auch bei Cato (18, 3) forum eine Hohlung im bestanden habe, ebenso wie spater eine ganz nene 

Erdboden zur Aufnahme von Pfosten zu bezeichnen kleinere Kelter darilber errichtet worden ist, deren 
scheint. Dem c. entsprach im Griechischen /.ijvo; 60 Boden , ebenfalls aus Kalk und kleinen Kieseln 

(Corp. gloss, lat. ni 192, 46. 196, 62. 357, 56), hergestellt und ein Gefalle nach Osten zeigend, 

welchem wohl wie Unter eine europaische Form noch erhalten ist. 

lentro-: Intrei = Trog, Wanne zu Grunde liegt Zu bemerken ist, dass das Gefass, in welches 

(Fick ebd. 537). Zwar kann j.rjvos auch auf das der ausgetretene Most floss, gewOhnlich vjio/.rjvtov, 

ganze Keltergebaude iibertragen werden (Geop. bezw. lacus (s. d.) hiess. Ahnlich wie die Xtjvos 

VI 1, 2 u. 3. 10; = torcular Corp. gloss, lat. II wird natiirlich das forum der Romer gewesen 

199, 15. 360, 25. in 27, 13. 263, 16. 396, 66. sein. Eingehend wird es unter dem Namen e. 

498, 81), doch tritt Ofters die ursprungliche Be- von Palladius (I 18) beschrieben. Schneider 



1339 



Calcatorium 



Calceus 



1340 



(in s. Comment, z. d. St.) und Rich (111. Worterb. 
d. rtim. Alt., iibers. v. C. Mttller, 1862) verstehen 
freilich darunter dasselbe, was Cato (154) sug- 
gestion nennt, eine Erhohung in der eella vinaria, 
auf welche man ein Gefass stellte, am den Wein 
aus den Lagerfissern in dieses iiberzugiessen und 
zu vermessen. Ihr Haupteinwand , dass das e. 
nicht in die oella vinaria gehOre, wo man nicht 
den Wein gemacht habe, sondern in das torcu- 
larium (Presshaus), wird schon dadureh entkraftet, 
dass Palladius (I 20) in seiner eella olearia auch 
das 01 presste und zubereitete; auch fiihrt ihre 
Auffassung zu ungereimten Folgerungen (s. auch 
Cell a). "Wie in einer Basiliia soil in der eella 
vinaria das e. eine erMhte Lage erhalten, also 
wohl dem erhabenen Anbaa jener, dem tribunal, 
entsprechend; auf drei oder vier Stufen sollte man 
zu demselben gelangen; zu beiden Seiten derselben 
die beiden lacus sich befinden, in w.elche der 
ausgetretene Saft hinabfliessen konnte; von diesen 
lacus aus sollten gemauerte Canale oder thOnerne 
Rohren an den Wanden entlang den Most den 
Gangen (oder Binnen) zufiihren, durch die er in 
die zur Seite jener Canale oder Rohren aneinander 
gereihten Passer (um hier zu garen) gelangte (vgl. 
Maccius a. 0. 5). Wenn die Lese sehr reichlich 
ausfiel, sollten in der Mitte der eella noch cupae 
(zum Austreten der Trauben) auf einem erhohten 
und mit Ziegelsteinen gepflasterten Raume in 
der Weise aufgestellt werden, dass sich die Fasser 
unter ihnen befanden und etwa aus den cupae 
liberfliessender Most von dem gepflasterten Raume 
aufgenommen und einem tiefer liegenden lacus 
zugefiihrt werden konnte. Diese cupae werden 
holzerne Kufen gewesen sein, doch schwerlich wird 
in ihnen die Garung vor sich gegangen sein, 
wie E. Fernique meint (bei Daremberg et 
Saglio Diet. I 1594). Das Wort, welches von 
einer indogermanischen Urform Mpo = Grube, 
Vertiefung abzuleiten ist und urspriinglich eine 
Grabnische bezeichnete (Fick a. 0. 28), konnte 
sehr verschiedene Bedeutung haben. Deft c. ahn- 
lich scheint die ausgepichte HoAv/^^&ga in dem 
Hause des Gellias zu Agrigent am Ende des 
5. Jhdts. v. Chr. gewesen zu sein, aus welcher 
die Flfissigkeit in die Weinfasser floss und welche 
1000 Amphoren = 388,8 hi. fasste (Diod. XIII 
83. 2). Den Vorgang bei dem Austreten der 
Trauben versinnbildlicht sehr gut das Relief einer 
Brunnenrinne, welche sich jetzt in dem Zimmer 
an der Halle der Villa Albani zu Rom befindet 
(abgeb. bei Zoega Bassirilievi I 26 und sonst; 
vgl. W. Helbig Fuhrer H 60). Links vom Be- 
schauer tragt ein Jangling einen mit Trauben 
gefullten Korb heran; daran schliesst sich ein 
anderer, welcher aus einem Korbe die Trauben 
in die die Mitte des Reliefs einnehmende Kufe 
schiittet; diese hat eine oblonge Form und reicht 
den drei sich umfassenden und die Trauben aus- 
tretenden Junglingen fast bis zum Knie; unmittel- 
bar daran schliesst sich der niedrigere und klei- 
nere lacus nach rechts hin; hinter diesem steht 
ein zur Presse gehOriges, aber nicht in Thatigkeit 
gesetztes Gestell mit einer Haspel; dann folgt 
weiter nach rechts ein den Most mit einer Kanne 
aus dem lacus in einen, jedenfalls verpichten, 
Korb schOpfender Jungling und zum Schluss ein 
solcher, welcher den Most in ein bauchiges Gefass, 



dolium, schiittet. Besonders hauflg ist dieser Vor- 
gang, nach griechischer Auffassung idealisiert (vgl. 
Kallixenos bei Athen. V 199 a. Nic. alex. 30f.), auf 
in Italien gefundenen jiingeren Reliefs dargestellt 
worden, worflber besonders Welcker (Alte Denk- 
maler II 119f.) und Baumeister (Denkm. Ill 
1564f.) handeln. Von beiden ist naher besprochen 
und nach Zoega (a. 0. II 87) abgebildet ein 
rCmisches Marmorrelief , auf welchem wie auch 

10 sonst nach jeaer Auffassung Satyrn die Trauben 
austreten. Zur Linken des Beschauers blast ein 
solcher eine Doppelflete; in der Mitte erblickt 
man eine sehr niedrige, daher wohl nur ange- 
deutete Kufe, in welcher zwei mit den Handen 
sich an einem Riegel haltende und im Kreise 
umherschwingende Satyrn eine diinne Schicht 
Trauben austreten; von rechts tragt ein Silen 
einen mit Trauben gefullten Korb herbei; die 
Trauben sehen seltsamerweise wie rundliche Steine 

20 aus. [Olck.] 

Calceolarius, kommt nur Plaut. Aulul. 507 
vor. Da hier der sutor ausserdem genannt ist, 
so wird wohl C, der Ableitung vom Deminutiv 
entsprechend, der Verfertiger feinen Schuhwerks 
sein. In der allgemeinen Bedeutung Schuster ist 
das Wort in die romanischen Sprachen iiberge- 
gangen. [Mau.] 

Calceus, der Schuh, ist im Gegensatz zur 
Sandale, solea, die nationale, zur Toga gehOrige 

30 Fussbekleidung des rOmischen Burgers (Polyb. 
XXX 19, 3. Plut. Pomp. 24; coniug. praec. 22) und 
in seinen verschiedenen Formen Standesabzeichen. 
Es werden unterschieden 1) mulleus, 2) c. pa- 
tricius, 3) c. senatorius, 4) der gewohnliche C. 

1. Den mulleus beschreibt Isid. orig. XIX 34, 
10 : mullet similes sunt cothumorum (vgl. Lyd. 
de mag. I 7) nolo alto, superiore autem parte 
cum osseis vel aeneis malleolis, ad quos lora 
deligabantur . Dicti autem sunt a colore rubra, 

40 qualis est mulli piscis. Also ein roter Schuh 
mit hoher Sohle und Knopfen oder Haken am 
oberen Rande zur Befestigung der Riemen. Er 
gait als Tracht der albanischen KOnige, Fest. 142. 
Rote Schuhe des Romulus nennt Zonaras VDI 4, 
wahrend Plutarch, dem er sonst folgt, von den 
Schuhen schweigt. Als Konigstracht wurde der 
Mulleus auch von Caesar getragen. Cass. Dio 
XLIH 43 , 2 : zfj vno8iact .... xal vyrjXjj xax 
Iqv$qoxq6<p xara zoiis (SaoiUag rov; ir zfj "AA(Jrj 

50 jiots ysvo/iivovg . . . exQfjzo , wodurch die Identi- 
ficierung dieses Schuhes mit dem e. patricius 
(Festus a. 0.) widerlegt wird ; denn die Beschuh- 
ung Caesars war offenbar verschieden von der 
ihm als Patricier ohnehin zustehenden. Zu wider- 
sprechen scheint Cato bei Fest. a. 0. : Qui magi- 
stratum curulem cepisset calceos mulleos aUu- 
taeiniatos, ceteri per ones. Hier ist allutaci- 
niatos corrupt, alluta cinctos oder vinctos (Jor- 
dan, Mommsen) unmoglich; dem notwendig 

60 erforderten Sinn wurde alutaceos entsprechen. 
Aber mulleus ist hier wohl einfach Adiectiv: 
rote Schuhe aus feinem Leder. Gemeint ist offenbar 
der Senatorenschuh. 

2. Den Patricierschuh beschreibt Isid. a. 0. 
4; patricios calceos Bomu/us reperit quotum- 
corrigiarum assutaque luna. lis soli patricii 
utebantur. Lima autem in iis non sideris for- 
mam, sed notam centenarii numeri significabat, 



1341 



Calceus 



Calceus 



1342 



quod initio patricii senatores centum fuerint. 
Die Patricier, denen dieser Schuh zukommt, sind 
die patricischen SenatoTen ; in der Kaiserzeit frei- 
lich tragen ihn schon die Kinder, Stat. silv. V 
2, 28. Mommsen Staatsr. IH 217, 1. 3. 890, 
4; ROm. Forsch. I 255. Ein besonderer patri- 
cischer Senatorenschuh ergiebt sich sicher aus der 
Erzahlung von Marius, der nach seinem Triumph 
iiber Iugurtha in Triumphaltracht und mit den 
zu dieser gehSrigen, ihm aber sonst als Plebeier 
nicht zukommenden ealcei patricii in den Senat 
kam. Elogium CIL 1 2 p. 195f . ; vgl. Liv. epit. 
LXVII. Plut. Mar. 12. Ferner bezeugt ihn aus- 
drucklich Zonaras (d. h. Dio Cassius) VII 7 ; vgl. 
Pint. qu. rom. 76. Io. Antioch. frg. 33 Mull. 
Und noch im Edict Diocletians IX 7. 8 werden 
die Patricierschuhe mit 150, die Senatorenschuhe 
mit 100 Denaren tariflert. 

3. Dass auch die plebeischen Senatoren einen 
besonderen Schuh trugen, ist vielfach bezeugt. 
Nach Cato bei Festus a. 0. war er zu seiner Zeit 
Tot und tragen ihn nur die, welche zu einem 
curulischen Amt gelangt waren und daher das 
Vorschlagsrecht hatten, mit Ausschluss der ple- 
beischen Pedarii. Spater, als diese Kategorie weg- 
gef alien war. trugen ihn alle Senatoren. Momm- 
sen St.-R. Ill 890, ferner Cic. Phil. XIII 28. 
Hor. sat. 16, 27. Iuv. VTI 192 , c. senatorius 
Serv. Aen. VIII 458. Missbrauchlich wird auch 
dieser Schuh bisweilen als patricisch bezeichnet, 
Sen. de tranqu. an. 11, 9. Stat. silv. V 2, 28. 
Plut. de tranqu. an. 10. Nach Cato a. 0. war 
er rot, wahrend nach dem, was von Caesar (Dio 
a. 0.) erzahlt wird, es scheint, dass zu seiner 
Zeit diese Farbe auch fur den Patricierschuh 
nicht mehr ublich war. Der Senatorenschuh wird 
als schwarz bezeichnet, Hor. sat. I 6, 27. Iuv. 
VII 192. Mommsen (St.-R, III 889f.) bezieht 
dies nur auf die Riemen ; doch ist weder die Ver- 
schiedenfarbigkeit des Schuhes und der Riemen, 
noch die Hervorhebung der Farbe der letzteren, 
die ja gar nichts Besonderes ist, recht wahr- 
scheinlich. 

tfber den Unterschied zwischen dem patrici- 
schen und dem Senatorenschuh erhalten wir keine 
geniigende Auskunft. Nach Isid. a. 0. 4 war der 
patricische quattuor corrigiarum assutaque luna; 
auch Zon. a. 0. spricht von hzalXayi) x&v [udvzojv. 
Wie die vier Riemen angebracht waren, wie und 
wo die Riemen sich kreuzten, dariiber fehlt jede 
nahere Angabe. Ein besonderes, hoch hinaufgehen- 
des Riemenwerk wird aber auch den Senatoren 
im allgemeinen zugeschrieben: Hor. sat. I 6, 27. 
Sen. de tranqu. an. 11, 9. Die oft genannte 
luna, Mondsichel (aus Elfenbein, Philostr. v. soph. 
II 1, 8) wird erklart als das Zahlzeichen C, wegen 
der ursprunglichen Hundertzahl der patricischen 
Senatoren. Isid. a. 0. Zon. VTI 9 (wo missver- 
standlich von dem griechischen Zahlzeichen P die 
Rede ist). Io. Antioch. a. 0. Lyd. de mens. I 19. 
Als patricischen Schmuck trug sie der von An- 
toninus Pius in den Patriciat erhobene Sohn des 
Herodes Atticus, CIG 6185. 6280 B 23; vgl. 
Philostr. a. 0. Auch bei Plut. qu. rom. 76 ist 
eiyhua wohl der Patriciat. Es scheint aber 
sicher, dass die Luna in der Kaiserzeit mit Recht 
oder Unrecht auch von plebeischen Senatoren 
getragen wurde. Zwar Stat. silv. V 2, 28 kOnnte 



(mit Mommsen St.-R. m 892) als Schmeichelei 
verstanden werden; aber Mart. I 49, 31 und be- 
sonders Iuv. VII 192 ist von Schmeichelei nicht 
die Rede. Art und Ort ihrer Anbringung ergiebt 
sich aus CIG und Philostr. a. 0., wo sie Sm- 
oqwQtov heisst und gesagt wird, sie sei Iv rof? 
dozQayaXois, jzeqI aqpvQa angebracht. Sie wird 
also wohl vom oberhalb der Knochel angenaht 
gewesen sein. 

10 Auch die bildlichen Darstellungen ergeben 
keinen Unterschied zwischen patricischem und 
senatorischem C. Es kommt hier vor allem eine 
hauflge Form in Betracht, die ohne Unterschied 
an Togastatuen und an solchen in militarischer 
Tracht vorkommt, an letzteren besser kenntlich, 
wahrend die Toga den Teil vom Knochel auf- 
warts bedeckt. Der C. reicht bis an die Wade; 
beim Domitian im Braccio nuovo des vatic. Mu- 
seums 129 (Helbig Fuhrer 60) endet er hier 

20 mit einer Art krausem Wulst. Zwei bei den 
Zehenansatzen zwischen Sohle und Oberleder be- 
festigte, auch wohl auf dem Oberleder festgenahte 
Riemen laufen, auf dem Fussblatt sich kreuzend, 
gegen den KnOchel, oberhalb dessen das Bern am- 
schnurt ist von Riemen, deren Verbindung mit 
den genannten wohl anzunehmen ist, aber nicht 
deutlich zu sein pflegt. Sie sind vorn zusammen- 
gebunden und die Enden fallen meist lang auf 
beiden Seiten herunter. Dieser Knoten ware wohl 

30 der Platz der Luna, die aber nie vorkommt. Eine 
zweite Umschniirung mit Riemen findet weiter 
aufwarts statt; auch diese sind vorn zusammen- 
gebunden und die Enden fallen beiderseits lang 
herab, meist so, dass die untere Umschniirung 
uber sie hinweggeht und sie am Fusse festhalt. 
An der Innenaeite pflegt noch ein uber den KnOchel 
mehr oder weniger faltig herabfallendes Stuck 
Leder kenntlich zu sein, welches den hier beflnd- 
lichen, zum Anziehen n&tigen Schlitz bedeckt. 

40 Durch das feine Leder (aluta) sind die Zehen 
kenntlich. Die auf dem Fusse gekreuzten Riemen 
ahmen 'offenbar die Schniirung einer Sandale nach. 
Dass an diesem auch von Kaisern getragenen 
C. die Riemenenden der beiden Knoten, welche, 
tief hinabreichend, offenbar sichtbar sein sollten, 
die quattuor corrigiae des c. patricius sind, 
kann nicht wohl bezweifelt werden. Die officielle 
Bedeutung dieses Schuhes bestatigt auch seine 
lange Dauer. Ihn tragt Augustus (Vatican , Ro- 

50tunde 555 u. Sala a croce greca 597. Helbig 
Fuhrer 310. 319), Caligula (Clarac 277, 2373. 
Daremberg-Saglio I 817 Fig. 1016), Claudius 
(Vatican, Braccio nuovo 117), Titus (ebenda 26), 
Traian (Relief auf dem rOmischen Forum, Mon. 
d. Inst. IX 47), Mare Aurel (Reiterstatue auf dem 
Capitol) und noch die Consuln der Diptychen, an 
deren Schuhen (ealcei aurati, Cassiod. var. VI 1) 
freilich nur die Enden des unteren Knotens sicht- 
bar zu sein pflegen. In diesem C. nun aber den 

60 e. patricius zu erkennen , verbietet nicht nur 
das Fehlen der Luna, sondern auch die Thatsache, 
dass er von Nichtpatriciern (der Kaiser ist als 
solcher Patricier, Mommsen St.-R. lis 1101. 
Ill 1236) getragen wird. Ein sicheres Beispiel 
eines plebeischen Senators ist M. Nonius Balbu's 
in Herculaneum, gewesener Praetor und Proconsul 
(CIL X 1426; seine Statue Mus. Borb. II 38. 39); 
es ist aber auch sonst unmiiglich, dass die zahl- 



1343 



Calceus 



Calceus 



1344. 



reichen so beschuhten Togastatuen lauter Patricier 
darstellen. Es scheint darnach, dass seit der 
ersten Kaiserzeit audi die Patricier sich gewohn- 
lich mit dem c. smatorius begniigten, und dieser 
in der besprochenen Beschuhung zu erkennen ist. 
Er wird aber auch von Nichtsenatoren getragen; 
ein sicheres Beispiel ist M. Holconius Rufus in 
Pompeii, gewesener tributms militum a populo, 
Duumvir, Quinquennal und municipaler Priester 



Zeit lang eine moderne Beschuhung nichtsenato- 
rischer Personen war, 

Ea ist aber selbstverstandlich, dass, wenn fiir 
die Senatoren eine bestimmte Form iiblich war, 
dies in Betreff der iibrigen Burger nioht der Fall 
sein konnte, vielmehr mancherlei versehiedenes 
Schuhwerk getragen wurde. Cato bei Festus 
142 b 29 fasst dasselbe unter dem Namen perones 
(s. d.) zusammen, welcher einen bis zum KnOchel 



des Augustus (CIL X 830). Entweder haben 10 reiehenden und hier zugebundenen, ubrigens wohl 



wir hier ein Zeugnis, dass (wovon sonst nichts 
bekannt; vgl. Mommsen St.-R. Ill 888, 1) wie 
die Municipalbeamten die Praetexta, so die De- 
curionen den Senatorenschuh trugen, oder es ist 
letzter einfach von Unberechtigten usurpiert wor- 
den. Wurde doch auch die Luna von hierzu 
ganz unberechtigten Personen getragen. Martial, 
III 29, 7, der darin gar nichts Besonderes flndet. 
Haufig sind an Statuen C. mit den auf dem 



verschieden geformten Schuh bezeichnet. Ausser 
der eben beschriebenen Form sind noch mehrere 
aus Bildwerken bekannt; es fehlt eine vollstan- 
dige Zusammenstellung derselben. Auf dem er- 
wahnten Relief vom rOmischen Forum tragen die 
dem Kaiser gegeniiber weiter zuruckstehenden 
Burger, also wohl geringeren Standes, einen auf 
dem Riicken des Fusses zugeschniirten und vorn 
beim Knochel zugebundenen C. Ebenda gleicht 



Fussblatt gekreuzten Riemen, ohne dass die herab- 20 der C. der hinter dem Kaiser stehenden Lictoren 



hangenden Enden und namentlich die des oberen 
Knotens sichtbar waren. Sichtbar sind diese letz- 
teren an dem linken Fusse der schenen Togastatue, 
in der Sala della biga des Vaticans nr. 612, 
Helbig Fiihrer 329, aber so kurz, dass sie fur 
gewOhnlich von der Toga bedeckt sein mussten. 
Ob hierin ein nicht senatorischer, aber dem sena- 
torischen angeahnelter C. zu erkennen ist, rnuss 
zweifelhaft bleiben. Wenn , so ist die Darstellung 



dem oben beschriebenen, nor dass die den KnOchel 
umschniirenden Riemen uber dem gamaschenartig 
tiberfallenden Leder liegen und also sichtbar sind. 
Wieder anders zwei kleine Togati im Cortile del 
Belvedere des Vaticans: ein Riemen geht quer 
fiber den Fuss, dichtes Riemenwerk umhtillt den 
hinteren Teil von der Ferse bis zum KnOchel. 
Ein der Statue ernes Ritters entnommener C. bei 
Daremberg-Saglio 1816 Fig. 1014 (= Clarac 



der Schuhe der Consuln auf den Diptychen, die 30 277, 2315): ein gamaschenartig iiberfallendes, 



regelmassig nur ein Riemenpaar zeigen, eine ab 
gekiirzte und ungenaue. Es mag hier noch er- 
wahnt werden, dass auch der Poseidippos und 
der sog. Menander des Vaticans (Helbig Fiihrer 
198. 199) einen ahnlichen Schuh tragen, mit auf 
dem Fussblatt gekreuzten Riemen und Umschnu- 
rung oberhalb des KnCchels, aber ohne herab- 
hangende Riemenenden. 

Es fehlt niclit ganz an Bildwerken, in denen 



aber glatt anliegendes Leder bedeckt die den 
KnOchel umschniirenden Riemen , so dass nur vorn 
der Knoten zum Vorschein kommt. Eine andere 
Form ebd. Fig. 1 015 ; hier bedeckt das uberfallende 
Leder, unten abgemndet, nur die KnOchel. Auf 
einem pompeianischen Bilde (Bull. d. Inst. 1885, 
246, 13. Niccolini Suppl. XII) wird dem zu 
einem Gelage Gekommenen ein Schuh ausgezogen, 
an dem ein Stuck Leder den vorderen Teil des 



dem eben besprochenen Senatorenschuh andere, 40 Fusses bedeckt, wahrend ein anderes, die Ferse 



auch von Biirgern getragene Beschuhungen als 
geringere entgegengesetzt werden. Auf dem oberen 
Rande der Cavea des Theaters von Herculaneum 
(Ruggiero Scavi di Ercolano XXIVf.) standen 
Bronzestatuen, teils Kaiser und Mitglieder der 
kaiserlichen Familie, teils Privatpersonen. Von 
ersteren ist nur der sog. Nero Drusus (Br. di 
Ercol. n 79. Bernoulli IkoDogr. II 1, 172, 16) 
nicht in heroischem Costiim dargestellt; er tragt 



und die Seiten von hinten bis zur Mitte um- 
fassend, von beiden Seiten fiber jenes erste gelegt 
und vor dem Knochel zusammengebunden ist. 
Dieselbe Form kommt auf campanischen Wand- 
bildern auch als Frauenschuh vor. 

Auch die Frauen trugen den C. und zwar in 
verschiedenen Farben ; genannt werden rote, griine, 
gelbe, weisse C. Ovid, ars am. Ill 271. Apul. 
met. VII, 8. Hist. Aug. Aurel. 49, 7. Tertull. 



den eben beschriebenen C. Dagegen haben die 50 de pallio 4. Die Form des Frauenschuhes ist 



beiden Statuen des M. Calatorius M. f. Quartio 
und des Augustalen L. Mammius Marimus (Br. 
di Ercol. n 84. 85. CIL X 1447. 1452) einen 
anderen C, an dem die Schniirung verdeckt ist 
durch ein vom oberen Rande, eben oberhalb des 
KnCchels, iiber die ganze hintere Halfte des Fusses 
gamaschenartig, etwas faltig, herabfallendes Leder. 
Und auf dem Relief einer der beiden von den 
Rostra stammenden Balustraden auf dem rOmi- 



an Statuen nicht kenntlich, da er fast ganz vom 
Gewande bedeckt wird. Wir diirfen annehmen, 
dass sehr verschiedene Formen Iiblich waren, von 
denen pompeianische Bilder, wenn gleich nicht 
romischen Costiims, namentlich die Darstellungen 
von Tanzerinnen und Personificationen der Jahres- 
zeiten, eine Vorstellung geben kOnnen. Eine Form 
ist die soeben bei Gelegenheit des Mannerschuhes 
erwahnte; andere haben auf dem Riicken des' 



schen Forum (Mon. d. Inst. IX 47) hat nur Traian 60 Fusses einen kurzen, oben zugeschniirten Schlitz ; 

(zweimal) den C. mit den vier Riemen, die ihm ~'-- 3 J '-^ '--— - " ------- • '■"■- 

zunachst gegenflberstehenden Burger denselben 
wie die herculanensischen Togastatuen, andere 
noch ganz andere Formen. Eben diesen C. mit 
iiberfallendem Leder tragen auch drei Togastatuen 
des Lateranmuseums, darunter zwei Knaben mit 
der Bulla (804. 812. 846. Benndorf-SchOne 
419. 426. 453). Es ist also klar, dass dies eine 



wieder an anderen ist keine Zuschnurung sichtbar ; 
sie endigen am KnSchel mit einem kleinen Wulst 
[socd? s. d.). Mus. Borb. Ill 40. VII 33—36. 
38. XIV 32. 

Der C. gehOrte zur Tracht des rOmischen 
Biirgers, und offentliches Erscheinen in anderer 
Beschuhung wurde stets getadelt. Liv. XXIX 
19, 12. Cic. Verr. V 86 ; Phil. U 76. Suet. Tib. 



1345 



Calceus Herculis 



Caldenses 



1346 



13; Cal. 52. GelL XIII 22 (21), 1. Eine aner- 
kannte Ausnahme war die, dass man zum Gast- 
mahl in soleae ging, Hor. sat. II 8, 77. Sen. 
controv. IX 25. Martial. HI 50, 3. Dass Ahn- 
liches auch fur die Frauen gait, kann vermutet 
werden aus Suet. Vitell. 2, wo der Schuh der 
Messalina soceulus heisst, also unrOmiseher Form 
war; die dort erzahlte Scene spielte jedenfalls 
bei einem Convivium. 

Als besondere Form verdienen noch Erwahnung 
die ealeeoli repandi der Iuno Sospita, Cic. n. d. 
I 29, am besten sichtbar an der vaticanischen 
Statue Helbig Fiihrer I 233, 307; vgl. Over- 
beck Kunstmyth. Ill 160ff. Marquardt Privat- 
leben d. Romera 588. Becker-Goll Gallus III 
231. Daremberg-Saglio I 815. [Mau.] 

Calceus Herculis, in Numidien, nach Tab. 
Peut. Station einer von Lambaesis nach Siiden 
fiihrenden Strasse, vermutlich das heutige El- 
Kantara, Oase am Ausgang eines Engpasses, durch 
den die Strasse von Constantine (Cirta) nach der 
Wustenregion (jetzt die Eisenbahn nach Biskra) 
fuhrt. An dem militarisch wichtigen Punkte lag 
in der Kaiserzeit (2. und 3. Jhdt.) eine Trappe 
palmyrenischer Soldner (CIL VHI 2502. 2505. 
2515; Suppl. 18007. 18008). Die hier gefundenen 
lateihischen Inschriften (eine mit palmyrenischer 
tbersetzung) s. CIL VHI p. 280; Suppl. p. 1721. 
Cher die Position iiberhaupt s. Wilmanns CIL 
VIII p. 276. Cagnat L'arme'e romaine d'Afrique 
569. Kobelt Reiseerinnerungen aus Algerien und 
Tunis (Frankf. 1885) 322. [Dessau.] 

Calculator, der Rechenlehrer, Isid. or, I 3, 1. 
Er hatte eine nohere Geltung als der Lese- und 
Schreiblehrer (litterator), so dass es Cod. lust. X 
52, 4 fiir nOtig gehalten wird, ihn von den libe- 
ralium studiorum professores zu unterscheiden. 
So wird auch im Ed. Diocl. VII 66ff. die Bezah- 
lung des magister institutor Utterarum auf 50, 
die des C. und notarius (Schnellschriftlehrer, mit 
dem der C. auch Martial. X 62, 4 zusammen ge- 
nannt wird) auf 75 Denare (1 M. 37 Pf.) fiir Kind 
und Monat bestimmt. C. in Inschriften CIL V 
3384. VIII 12902 (nachMommsensErganzung). 
XIV 472. MarquardtPrivatl.297,2.3. Becker- 
Goll Gallus II 101. Ruggiero Diz. epigr. II 25. 

[Mau.] 
Calculi (neadoi, ytijipoi) Steinchen; insbeson- 
dere : 1) Rechensteine (vgl. Ab acus Nr. 9). Mar- 
quardt Privatl.2 100. Becker-Goll Gallus 
II 100. 

2) Spielsteine zum Brettspiel; meistens aus 
Glas (Ovid. a. a. II 207. Laus Pisonis, Baeh- 
rens PLM I 15, 193. Mart. VII 72, 8; von Glas 
ist auch zu verstehen gemma, gemmens Mart. XII 
40, 3. XIV 20, vgl. XIV 94, 2). Solche C. sind 
wahrscheinlich die in Pompei oft gefundenen 
kleinen Glasstucke in Form eines Kugelsegments 
von etwa 0,008 m. Durchmesser. Elfenbeinerne 
C. Iuv. 11, 132. Die C. waren von zwei ver- 
schiedenen Farben fur die beiden Parteien {dis- 
color miles Ovid. tr. II 477. Mart. XIV 17. 
Poll. IX 98), meist weiss und schwarz, Laus Pis. 
194. HalbkugelfOrmige steinerne weisse, rote und 
schwarze C. aus einem Grabe bei Cumae Bull 
nap. 1853, 192 Taf. 8, 6. Marquardt Privatl.2 
855. Becker-Goll Gallus III 468. [Mau.] 
CalculusMiDervaes.AbsolutioBd. IS. 122. 



Panly-Wissowa III 



Calda. Es ist ein in alteren Btichern vor- 
kommendes Missverstandnis , als sei C. ein be- 
sonderes Getrank, etwa warmer, irgend wie an- 
gemachter Wein. Es ist vielmehr uberall nur das 
zum Mischen des Weines gebrauchte heisse oder 
warme Wasser. Beim Trinken musste jederzeit 
fur diesen Zweck sowohl warmes als kaltes Wasser 
zur Auswahl J>ereit sein, Iuv. 5, 63. Mart. VIII 
67, 7. XIV 105. Sen. de ira I 12, 4. Ammian. 
10XXVHI 4, 16. Die Vorliebe auch des niederen 
Volkes fur die warmen, in den Thermopolien ver- 
kauften Getrarike bezeugt schon Plaut. Cure. 293 ; 
Mil. 832 ; Trin. 1014. Uber Gerate zur Bereitung 
der C. s. Authepsa. [Mau.] 

Caldarium, ce.Ua ealdaria, in den rSmischen 
Badeanlagen der Raum des warmen Bades; er 
diente, wo kein besonderer trockener Schwitzraum 
vorhanden war, auch diesem Zweck. tlber die 
Lage s. Bader Bd. II S. 2752ff. Die von Vitruv 
20 V 10, 4 vorausgesetzte regelmassige Form ist die 
eines langlichen Saales mit Tonnengewfllbe, wel- 
cher an dem einen, rechtwinklig abgeschlossenen 
Ende die die ganze Breite einnehmende Badewanne 
(alveus, s. d. Nr. 1) enthalt, am anderen durch 
eine das Waschbecken (labrum, s. d.) enthaltende 
Apsis {schola labri) erweitert ist. Die Lange, 
ohne Alveus und Apsis, soil sich nach Vitruv zur 
Breite verhalten wie 3 : 2. Diese Form hat in 
Pompei das Manner-C. der sog. Stabianer Ther- 
30 men, annahernd auch das derThermen beim Forum, 
wo aber das Verhaltnis ziemlich 2 : 1 ist. Im 
Frauen-C. ersterer Anstalt fehlt die Apsis und 
steht das Labrum in dem rechtwinkligen Raume, 
der dafur langlichere Verhaltnisse hat (etwa 2 : 1). 
Ganz unregelmassige Gestalt hat das Frauen-C. 
der Thermen beim Forum. Wieder anders ge- 
staltet ist das C. der jungsten und grOssten pom- 
peianischen Anstalt (,Centralthermen') : an jedem 
Ende des rechtwinkligen Raumes (etwa 15 : 8) ein 
40 Alveus; statt des Labrum eine kleine Wanne in 
der Mitte der einen Langseite. Die C. in Privat- 
hausern wiederholen meist im kleinen die regel- 
massige Anordnung. In den grossen hauptstadti- 
schen Thermenanlagen der Kaiserzeit (s. Bd. II 
S. 2755f.) war wohl die iiblichste Form die eines 
rechteckigen Saales mit vier rechteckigen Nischen, 
die die Wannen, drei halbrunden (durch eine vierte 
fuhrt der Eingang), die die Labra enthxelten: so 
in den Thermen Traians und Diocletians und in 
50 denen von St. Barbara bei Trier (Westd. Ztschr. 
X 1891, 268). Dagegen war das C. der Cara- 
callathermen rund. In den drei genannten stadt- 
romischen Anlagen tritt das C. nach Suden aus 
dem Gebaudekorper vor, um durch grosse Fenster 
recht viel Sonne aufzunehmen. Hiefur ist auch 
in den pompeianischen .Centralthermen' durch 
acht grosse Fenster nach Sudost und Sudwest 
gesorgt, wahrend die C. der alteren Anlagen nur 
wenige und kleine Fenster haben, wie das Bad 
60 des alteren Scipio Africanus in Liternum , Sen. 
ep. 86, 8. Uber die Heizung der C. s. Bd. II 
S. 2748. Fiir den Bd. I S. 1704 erwahnten halb- 
cylinderformigen Kessel zum Warmhalten des 
Wassers im Alveus ist GCtt. Nachr. 1896, 80 aus 
Vitruv V 10, 1 der Name testudo wahrscheinlich 
gemacht worden. [Mau.] 

Caldenses, vielleicht der Name der Bewohner 
einer Ortlichkeit am Ampsagaflusse in Numidien, 

43 



1347 



Caldius 



Caledonii 



1348 



in der Nahe von Cirta und nodi mehr von Milev, 
nach einer dort gefundenen Inschrift : Qenio Cald. 
Aug. saor. (Cherbonneau Becueil de la socie'te' 
archeologique de Constantine 1863, 182. CIL 
VIII 6857). _ _ _ [Dessau.] 

Caldius. Biberius Caldius Mero, Spottname 
(anstatt Tiberius Claudius Nero), mit welchem die 
Soldaten den jungen Ti. Claudius Nero, den spate- 
ren Kaiser Tiberius , mit Anspielung auf seine 
Vorliebe fur das Weintrinken za belegen pfiegten. 10 
Suet. Tib. 42. Epit. de Caes. 2, 2. [Stein.] 

Caldonius, africanisclier Bischof um 255, 
Preund Cyprians , von dem zwei Briefe in der 
cyprianischen Correspondenz erhalten sind, nr. 24. 
42, der letztere nur eine amtliche Notiz, die auf 
einen — verlorenen — Brief (41, 1) zurfickweist, 

[Jiilicher.] 

Cale an der Mundung des Durius in Callae- 
cien, Station der romischen Strasse von Olisipo 
nach Bracara (Itin. Ant. 421, 8 Calem); der alte 20 
Name ist in Villanova de Gaya, gegeniiber yon 
Porto erhalten (CIL II p. 332). Zu Cales in 
Campanien bemerkt Servius Aen. VII 728 est et 
in Gallia (Callaeeia verbesserte mit bekannter 
Gelehrsamkeit J. Vossius zu Mela p. 186) hoe 
nomine, quam Sallustius (frg. inc. 37 Dietsch) 
oaptam a 1'erperna commemorat. Die erste Er- 
wahnung im Krieg des Sertorius wird daher auf 
Poseidonios zuriickgehen. Danach wild der Ort 
erst wieder in der Chronik des Hydatins genannt 30 
locus qui Portu Cale appellator (p. 29, 157 Momms. 
Portvgale die jiingeren Hss. , Portucalo Isidor. 
hist. Gothor. p. 280, 31 Momms.) und Portu Cale 
castrum (p. 30, 187 Momms. Portumeale eas- 
trum p. 31, 195), Bekannt ist, dass hieraus der 
Name Portugal entstand, wahrend die Stadt an 
der Miniusmiiridung, die im 5. Jlidt. sclion eine 
gewisse Bedeutung gehabt haben muss, der Hafen 
schlechthin genannt wurde und noch so heisst. 
Der Stamm ist wohl iberischen Ursprungs, vgl. 40 
Caladunum, Calagurris, Calecula, Callaeci u. a., 
obgleich auch in keltischen Gebieten haufig. 

[Hiibner.] 

Calecula, Stadt in Hispania citerior, in der 
Nahe von Iliberris, wie die bei dem GehOft von 
Daragoleja unweit Pinos Puente aufgedeckten 
IJberreste und Inschriften lehren (CIL II p. 881). 
Ptolemaios erwiihnt Kakfjxovka zwischen Oscua 
und Iliberris bei den Turdulern (II 4, 9, so die 
besseren Hss.). Eine dort gefundene Grabschrift 50 
nennt einen Caleeukmis (CIL II 5500). Caviclum 
(s. d.) hat nichts damit zu thun. Verschieden ist 
anch Callicula (s. d. Nr. 2). [Hiibner.] 

Caleda. Voluinnia Caleda s. Volunmius. 

Caledonii , Volk im nordlichen Britannien 
(Schottlandl. Obgleich der offenbar unter griechi- 
schem Einfluss gebildete Name in Verbindung 
mit Thyle vielleicht schon durch Pytheas gehort 
worden war, so erseheint er doch auch noch nicht 
bei Caesar, sondern zuerst, infolge der Eroberung 60 
Britanniens durch Claudius, bei den Dichtern der 
neronischen und flavischen Zeit, bei Lucan in 
Verbindung mit den seit Caesar bekannten Ge- 
staden von Eutupiae (VI 67), bei Valerius Flac- 
cus (Argon. I 8), bei Silius zugleich mit Thyle 
(III 597), iiberall in der gracisierenden Form mit 
e; ebenso bei Martial (X 44, 1) und Statins (silv. 
V 2, 142). Danach gedenkt Floras I 17, 3 des 



unwegsamen saltus Calidonius; ebenso Martianus 
Capella VI 666. Plinius nennt als das Ziel, liber 
das seit dreissig Jahren, d. h. seit der Eroberung, 
die romischen Heere nicht hinausgekommen waren, 
die Nachbarschaffc der silva Calidoniae, IV 102 
(so, mit i, die Leidener Hs, und noch bei Nen- 
nius c. 56 die silva Celidonis). Solin folgt auch 
hier noch andern Quellen wie Plinius, wenn er 
von dem Calidonicus angidus spricht , in quo 
reeessu Ulixem Calidoniae adpulsum manifestat 
ara Oraecis litteris inscripta (22 , 1 , also ge- 
rade wie bei Asciburgium, Tacit. Germ. 3); auch 
dies weist auf eine altere griechische Quelle (wohl 
Pytheas-Timaios), wie die Angabe, dass man von 
dem Vorgebirge Calidoniens nach Thyle fahre 
(addit. p. 234 Mommsen). Erst der Feldzug des 
Agricola vom J. 83 brachte genauere Kunde (Ta- 
cit. Agricola 10. 11. 25. 27. 31, wo selbst die 
schlechte Uberlieferung an den meisten Stellen 
die Form mit i erhalten hat, wie auch die Vero- 
neser Volkertafel 13, 4). MOglich, dass schon 
die Quelle des Tacitus die Calidonier wegen ihrer 
KorpergrOsse und ihres blonden Haars fur den 
Germanen stammverwandt hielt (danach lord. Get. 
II 13). Der Name ihres Ftihrers Calgacus klingt 
jedoch keltisch. Die Zahl der waffentragenden 
Calidonier wird im Agricola auf tiber 30000 an- 
gegeben, et. adhuc adflucbat omnis inventus et 
quibus eruda ac viridis seneetus (c. 27); gewiss 
nicht zu gering. Die von einigen der Heraus- 
geber geforderte Anderung der Zahl in 70,_ 80, 
ja 130000 beruht auf der irrtiimlichen Uber- 
schatzung von Agricolas Heer, das hOchstens 
20 — 25 000 Mann betragen haben wird (vgl. rneine 
Ausfiihrungen im Hermes XVI 1881, 513fT. und 
in der Westdeutschen Ztschr. fur Geschichte und 
Kunst II 1883, 308ff.). Die Namen einzelner 
Stamme oder Ortschaften vernahm Agricola auf 
seineni Kriegszug, wie es scheint, noch kaum (vgl. 
Boresti und Trucculensis portus); oder Ta- 
citus veischwieg sie. Erst bei Ptolemaios, wohl 
infolge der britannischen Feldziige des^Hadrian 
und seiner Nachfolger, werden die Grenzen ihrer 
Wohnsitze nordlich bis zum lemannonischen Busen 
(s. d.) und bis zum Aestuarium des Varar (s. d.) 
angegeben; darin befand sich das caledonische 
Waldgebirge (II 3, 8). Aus der Erzahlung von 
Agricolas Feldziigen ergiebt sich, dass das Ta- 
naum aestuarium (s. d.), von dem an neue, von 
den Brigantes verschiedene Volkerschaften be- 
ginnen (Tacit. Agric. 22, vgl. 33), schon unge- 
fahr mit dem terminus Britanniae zusammen- 
fallt , von hier an also nordlich die Calidonier 
wohnen (vgl. CIL VII p. 183). Die Siidgrenze 
Calidoniens wird also mit der des heutigen Schott- 
land ziemlich zusammenfallen. Die romischen 
Stationen siidlich von der Linie Clota-Boderia 
(s. d.) oder Glasgow-Edinburgh, Blatum Bu[r|- 
gium (Birrens bei Middle by) , Red Abbey Stead 
und die in der Umgebung von Inveresk liegenden 
(CIL VII p. 186), die zehn Stationen des An- 
toninuswalles auf der oben bezeichneten Limn 
Glasgow-Edinburgh, deren alte Namen allein der 
Geogr. Rav. (434, 19ff.) in starker Entstellung 
erhalten hat, sowie das vom Walle vorwarts ge- 
legene einzige Castell Ardoch , die nOrdlichste 
Station des romischen Pieiches (iiber alle diese 
Stationen und ihre Inschriften CIL VII p. 191 



1349 



Caledonii 



Calendarium 



1350 



— 206), bilden die wenigen Uberreste des wohl 
kaum hundert Jahre lang (von Severus bis auf 
Diocletian) romischen Schottland; doch ist es kein 
Zufall, dass die beiden grOssten Stadte Schott- 
lands an dem westlichen und ostlichen Endpunkt 
des Antoninuswalls entstanden sind. Wie es zu ■ 
erklaren, dass das ganze nOrdliche Meer bei Pto- 
lemaios ojxeavogxakovfisvog AovtjxaX>]S6viog heisst 
{LT 3, 1), bleiht unsicher; auch dieser Name scheint 
aus alterer Uberlieferung (vielleicht Pytheas) zu 10 
stammen und beruht vielleicht nur auf miss- 
verstandlicheT Wiedergabe der einheimischen an 
die Calidonier ankniipfenden Bezeichnung. Doch 
scheinen die Dicalydones, die Ammian in dem 
Bericht iiber das Jahr 368 neben den Verturionen 
als einen der beiden Stamme der Picten zugleich 
mit den Attacotti und Scotti nennt (XXVH 8, 5), 
den alten Namen zu bewahren. Die Feldziige 
des Commodus und des Septimius Severus nord- 
warts vom Hadrians- und Antoninuswall brachten 20 
neue Kampfe mit den Calidoniern (Dio LXXV 
5; 5 vom J. 197) und Maeaten (Dio LXXVI 12, 
1—4 vom J. 208; daraus lord. Get. II 14). Dies 
Zeugnis des Dio hat uns die beruhmte, wohl auf 
Pytheas und Timaios zuruckgehende Schilderung 
der Maeaten und Calidonier und ihrer Sitten er- 
halten. ,Sie bewohnen wilde und wasserlose Ge- 
birge und wttste und sumpfige Gefilde, ohne 
Mauern, Stadte und Landbau, und leben von Vieh- 
zucht, Jagd und einigen Baumfriichten, Fische30 
dagegen geniessen sie nicht, obgleich es ihrer un- 
•endliche und gewaltig grosse giebt. Sie wohnen 
in Htitten nackt und unbeschuht , haben die 
Weiber gemeinsam und ziehen alle Geburt auf. 
Meisten s herrscht das Volk — d. h. sie haben keine 
Ktfnige — und treiben gern Rauberei. Zu Feld 
Ziehen sie zu Wagen (vgl. Britanni oben 
S. 876) mit kleinen und schnellen Pferden , und 
zu Fuss, und sind sehr schncll im Lauf und 
stehen fest zusammen. Bare Waffen sind ein40 
Schild und ein kurzer Speer mit einem ehernen 
Apfel an der unteren Spitze des Schaftes, so dass 
er geschwungen durch sein Gerausch — also waren 
die Apfel hohl und mit kleinen Steinen gefiillt 
— die Gegner crschreckt; auch haben sie Schwer- 
ter. Hunger und Kalte und jedes Ungemach 
konnen sie ertragen; sie tauchen in die Siimpfe 
und halten viele Tage darin aus, nur den Kopf 
aus dem Wasser haltend: in den Waldern leben 
sie von Baumrinde und Wurzeln und von allem 50 
bereiten sie eine Speise, von der sie nur etwas 
von der GrOsse einer Bohne za verzehren brauchen, 
um weder Hunger noch Durst zu leiden'. Obgleich 
einiges in dieser Schilderung auf Missverstandnis 
oder falscher Auffassung beruhen kann, wie die 
"Weibergemeinsehaft, auf die sich die kecke Ant- 
"wort bezieht, die Iulia Domna, die Gemahlin des 
Severus, von der Frau des Calidoniers Argento- 
ioxos erhielt (Dio LXXVI 16, 5), so macht sie 
doch im ganzen den Eindruck grosser Glaub- 60 
wurdigkeit. Auch wird Dio oder sein Gewahrs- 
mann sie mit Recht als noch fur die Zeit des 
Severus zutreffend angesehen haben. Ihre Unter- 
werfung durch Severus, der die Walder ausrottete, 
die Sumpfe zuschiittete und die Flusseuberbruckte, 
misslang. Denn ohne dass die Calidonier je in 
•einer Feldschlacht ihm gegeniibertraten, bereiteten 
sie ihm so grosse Schwierigkeiten , dass seine 



Truppen nicht weiter konnten, und viele um der 
Gefangenschaft zu entgehen von ihren eigenen 
Leuten sich toten liessen , so dass gegen 50000 
umgekommen sein sollen; die Zahl wird stark 
iibertrieben sein. So wird ihre Lebensweise und 
Kultur sich nicht verSndert haben, zumal sie sich 
bald darauf, kurz ehe Severus starb, von neuem 
emporten (Dio LXXVI 15, 1). Die diocletia- 
nischen Provinzen reichen nur bis zum Hadrians- 
wall; erst unter Valens im J. 369 ist als neue 
Provinz im Norden Valentia hinzugekommen (Am- 
mian. XXVHI 3, 7), aber wohl bald wieder auf- 
gegehen worden (vgl. CIL VII p. 4). Bei den 
Dichtern des 4. und 5. Jhdts. wie bei Ausonius, 
werden die Calidonier als Bewohner des nOrd- 
lichen Britanniens iiherhaupt wegen der Perlen 
ihrer Kfisten, wie sie schon Caesar aus Britan. 
nien (s. o. S. 878) heimbrachte (Mosella 68—72), 
und wegen der Fluten (de rat. librae 32) zusammen 
mit den Anwohnern des litus Pictonicum (epist. 
9, 36) genannt, bei Claudian und Sidonius Apol- 
linaris den Britanniern fast gleichgestellt (Claud, 
de IV cons. Honorii 26; de cons. Stilichonis II 
247 ; laus Serenae 45. Sidon. carm. 7, 89). Dass 
schon ftuh einzelne Caledonier nach dem Beispiel 
vieler Gallier und Germanen in rOmische Dienste 
traten, zeigt die zu einer der am Hadrianswall 
stehenden Cohorten gehOrige centuria Caledoni 
Seemidi (Ephem. epigr. VII 1077) etwa aus 
dem 3. Jhdt.: ein Caledonier gebraucht seinen 
Volksnamen als Gentile. Dagegen wird der nfu- 
rnerus) Brit(tonum) Gal . . . einer Inschrift aus 
einem der Castelle des raetisch-germanischen Limes 
(Ohringen, Brambach 1563d 1) schwerlich auf 
Caledonien zu deuten sein, sondern eine ihrer viel- 
leicht nicht britannischen Garnisonen bezeichnen. 
Die letzten Reste lateinischer Sprache und rOmi- 
scher Kultur im Norden Britanniens bilden die 
in Caledonien gefundenen wenigen Grabschriften, 
meist Geistlicher, die etwa dem 6. bis 8. Jhdt. 
angehOren mOgen (Inscr. Brit, christ. nr. 205 — 214 ; 
neuerdings sind einige in einheimiecher Sprache 
hinzugekommen; vgl. John Rhys The Inscriptions 
and Language of the Northern Picts, Proceedings 
of the Soc. of Antiq. of Scotland, New Series n 
1892, 263—351. Ill 1893, 411). Dazu geben die 
Berichte des Gildas und Nennius einige Ergan- 
zungen , die jedoch mit Vorsicht zu gebrauchen 
sind. 

Fur den saltus Calidonius (s. o). gelten die 
Gebirge im aussersten Nordwesten Schottlands, 
den Grafschaften Ross, Sutherland und Caithness. 
Aber die ganz unbestimmten Angaben des Ptole- 
maios (II 3, 8) schliessen nicht aus, dass damit 
das eigentliche Hochland gemeint sei, dem sehr 
mit Unrecht der Name der Grampian Mountains 
(s. Graupius) beigelegt worden ist. Uber den 
jetzt so genannten caledonischen Canal, zwischen 
Loch Lhynne und dem Moray Firth, scheint die 
rOmische Kenntnis nicht hinausgegangen zu sein. 

[Hiibner.] 

Calefacelenses eoloni, Bauern auf einer kaiser- 
lichen Domane in Mauretanien. Die Inschrift CIL 
VIII 8426, gefunden in Ain-Zada, westlich von 
S6tif (Sitifis), ist dem Kaiser Caracalla gewidmet 
von den eoloni Caput saltus Horreorum et Kale- 
faeelenses Pardalarienses. [Dessau.] 

Calendarium s. Fasti und Kalendarium, 



oaieu 



L6bZ 



Calenam s. Cales. 

Culemis. 1) Fingierter Name bei Mart, I 99. 

2) Calenus, vielgenannt als Gemahl der Dich- 
terin Sulpicia, mit der er in gliicklichster Ehe 
lebte, Mart. X 35, 21. X 38. Apoll. Sidon. carm. 
9, 262, ferner in der sog. Sulpiciae satura v. 62 
■and in einem Bruchstiick des echten Gedichts in 
Vallas Probus-Scholion zu luv. "VI 537. 

3) Calenus (die Hss. Gallenus), Mitschuler und 
Freund des spateren Kaisers Marcus. Hist. Aug. 
Marc. 3, 8. [Stein.] 

4) S. Fufius und Iulius. 
Caleorsissa, Stadt in Armenia minor, zwi- 

schen Mcopolis und Zimara, Tab. Peut. XI 1 
(Miller). Ptol. V 7, 3 (KaXziogtaoa). tber das 
Verhaltnis zu Olotoedariza des Itin. Ant. vgl. 
Ramsay Asia minor 56. [Ruge.] 

Cales (Plur., Gen. Galium; nach Consentius 
art. gramm. V 348 Keil masc, dagegen Sing, 
neutr. nach Probus cathol. I 44 [Gramm. V 23 
ed. Eeil]; Calenum als Stadtname Plin. Ill 53; 
Gale Sil. Ital. XII 525, mit Ableitung von Calais, 
Sohn des Boreas. YIII 514; KaXtjola Dionys. 1. 
XV frg. bei Steph. Byz. ; Einw. Caleni, Kafyoiavot 
Dionys.), Stadt im Aurunkergebiet in Campanien 
(Verg. Aen. VII 728), jetzt Calvi. Die erste Er- 
wahnung der Stadt fallt ins J. 335 v. Chr., wo 
der Consul M. Valerius Coryus sie einnahm und 
triumphierte (Liv. VIII 16. Dionys. a. a. 0. Fasti 
triumph, z. d. J.). Im folgenden Jahre wurde 
eme latinische Colonie von 2500 Blirgern nach 
C. deduciert (Liv. a. a. 0. Vellei. I 14), welches 
fur lange Zeit das Centrum der rOmischen Herr- 
schaft in Campanien und der Sitz des mit der 
Iurisdiction fur das ganze romische Unteritalien 
betrauten Quaestors war (Tac. ann. IV 27, Unter- 
druckung eines Sclavenaufstandes bei Brundisium 
durch den Quaestor, cui provincia vetere ex more 
Coles evenerat. Mommsen St.-R. 118 571). Aus 
dieser Epoche stammen die zahlreichen Kupfer- 
und Silbermunzen mit CALENO (CIL I 15. 21. 
Garrucci Monete dell' Italia II 79 tav. 83, 
13—18. Berliner Miinzkatalog in 1, 76—82). 
Im J. 296 verwiisteten die Samniten das Gebiet 
Ton C, wurden aber von den Consuln Fabius 
und Decius gescblagen (Liv. X 20). Im hanni- 
balischen Kriege erscheint C. als Hauptstiitzpunkt 
der Eomer (Liv. XXVI 14—16) ; doch im J. 209 
verweigerte die Stadt die weitere Stellung von 
Mannschaft und Geld (Liv. XXVLI 9) und wurde 
spater daftir gestraft (Liv. XXIX 15. Val. Max. 
Ill 2 ext. 1. 8, 1). Kurz vor 184 fiihrte P. Clau- 
dius Pulcher neue Colonisten nach C. (Elogium 
XXXII CLL 12 p. 200). Auch in der spateren 
xepublicanischen Zeit nimmt C. neben Teanum 
den ersten Platz unter den Stadten im Binnen- 
lande von Campanien ein (Polyb. Ill 91 Cic 
de lege agr. II 86. 96; Phil." XII 27). Nach 
dem Bundesgenossenkriege wurde C. Municipium 
(Cic. de leg. agr. II 86; ad fam. IX 13, 3. Lib 
colon. 232) und behielt diese Stellung in der 
besseren Kaiserzeit. Die Tribus war die Publilia 
(CIL VI 2382 b 1. CLL X 3910. 4655. Eph. 
ep. Vm 530. Kubitschek Imper. Eom. tri- 
butim discr. 14). C. erfreute sich eines be- 
deutenden Wohlstandes (Strabo V 237), nament- 
lich infolge der Fruchtbarkeit seines Gebietes 
welches einen beruhmten Wein lieferte (Strab. 



V 243. Horat. od. I 20, 9. 31, 9. IV 12, 14. 
Iuvenal. I 69. Plin. XIV 65). Ausserdem war- 
die Thonwarenindustrie von C. seit alter Zeit 
beruhmt (Cato agric. 135. Varro bei Nonius- 
545); Schalen aus den Officinen des L. Canoleius 
(der sich ausdriicklich als Calenus bezeichnet), 
K. Atilius, Retus Gabinius u. a. mit schOnem. 
schwarzem Fimis und Beliefschmuck sind in Cam- 
panien und Etrurien in grosser Anzahl gefunden 

10(Gamurrini Bull. d. Inst. 1874, 82. CIL X 
8054. Foerster Ann. d. Inst. 1883, 66 — 75). 
Ende des 3. Jhdts. erscheint C. als Colonie (CIL 

VI 1419); spater verfiel die Stadt (doch war sie- 
schon im 5. Jhdt. Bischofssitz : synodus Eom. 
a. 499 in Mommsens Cassiodor 400. 408) und 
ist auch in moderner Zeit unbedeutend. Als 
Station der Via Latina wird C. erwahnt auf der 
Tab. Peut. (der Geogr. Eav. IV 33 p. 276 P. hat. 
die Corruptel Galligus); gelegentlich noch Cic. 

20 ad Att. VH 14, 1. XVI 11, 6. Plin. XXVHI 15. 
CIL LX 2318 (Nundinarium Allifanum). Cura- 
tores r. p. Calenorum aus der Kaiserzeit CIL. 
VI 1368 = XIV 3993. VIII 7049. Eine Quelle 
in Caleno agro, deren Wasser betaubende Kraft 
haben polite (Val. Max. I 8 ext. 18. Plin. II 
230), identifieiert man mit der Mineralquelle- 
von Francolisi 6 km. westlich von Calvi. Latei- 
nische Inschriften aus C. CIL X 4631—4716. 
8378 — 8379. Ausgrabungen in der romischen Ne~ 

30 kropole von C. Not. d. scavi 1883. 515—519. 

[Hulsen.] 
Calestrius. 1) Calestrius Maximus s. C^ 
Servilius Septidianus Firmus. 

2) Calestrius Tiro, enger Freund des jungeren 
Plinius, der an ihn mehrere Briefe (I 12. VI 1. 
22. IX 5) richtete. Er hatte zu gleicher Zeit 
wie Plinius (als Tribunus militum) gedient und 
war zugleich mit ihm Quaestor des Kaisers (Do- 
mitian) gewesen (89/90 n. Chr.). Im Volkstribunat 

40kam er dem Freunde durch das ius liberorum 
zuvor; in der Praetur (im J. 93) waren beide 
wieder Collegen. Urn 107 war C. Proconsul der 
Baetiea, demnach noch Praetorier. Plin. epist 
VH 16. 23. 32. IX 5. 

3) Calestrius Tiro, ■jysftibv d. h. Legat von 
Lycia-Pamphylia im J. 136/137 n. Chr. (Serta 
Harteliana 1896, 1; die Meinung Heberdeys 
und K a link as a. a. O. 6, dass er Procurator 
gewesen sei, entbehrt der Begriindung; der in. 

50demselben Jahre fungierende Statthalter Seneca 
ist eben als sein Nachfolger zu betrachten). Wohl 
Sohn des Vorausgehenden. [Groag.] 

Caleti (Caktes?), namhafte Volkerschaft in 
Belgium (Caes. b. g. II 4 Caletos , VH 75 Ca- 
letes, Hirt. VIII 7 Caletos; aus Caesar Oros. VI 
7, 14. VT 11, 12). Sie wohnten westlich von den 
Ambiani und Bellovaci am unteren Lauf der Seine 
bis zu ihrer Miindung (im heutigen pays de Caux), 
Strab. IV 189 (vaStzovg die Hss.). 194 ioXg Me- 

60 va.-zioc; 8' rial <svve/eTg e.il zt~j da/Arty Moqivoi 
y.al Be/./.odxoi y.al 'Afifiiavoi y.al 2ov£Ooia>i>£g xal 
Kd/.ezoi fiszQi rijs ix$olr\g zov Zrjxodva -lozotfiov. 
Ptol. II 8, 5 (Ka/.hai, die Hss. bieten KaXXfjxai,. 
Ka).eTzm). Plin. n. h. XIX 8 (Caleti, IV 107 bieten 
die Hss. Galetos, Gallelos) hebt ihre Lein wand- 
fabrication hervor. Ihre Hauptstadt Mess Iulio- 
bona (s. d.). Zeuss Die Deutschen 187. Des- 
jar dins Geogr. de la Gaule I 343. II 461. Zur 



1353 



Caletranus ager 



Caliendrum 



1354 



Deutung des Namens (kelt. caleto = durns) vgl. 
•flliick Kelt. Namen bei Caesar 43f. Die Zeug- 
nisse vollstandig bei Holder Altcelt. Sprach- 
schatz s. v. S. auch Vassocaleti. [Lhm.] 

Caletranus ager in Etrurien, nach Plin. Til 
52 von einer untergegangenen Stadt (Caletra?) 
rgenannt. Die Lage wird bestimmt durch die 
Nachricht bei Livius XXXIX 55, dass die Colonie 
Saturnia 183 v. Chr. in agro Caletrano gegriindet 
•sei. [Hulsen.] 

Calgacns, Feldherr der Caledonier, von Cn. 
Iulius Agricola am Berge Graupius besiegt, im 
■J. 84 n. Chr. Tac. AgT. 29ff. [Stein.] 

CaUabria s. Caelobriga. 

Calicardatna promontorium, an der west- 
lichen Endseite des gangetischen Golfes, Oros. I 
2, 13 (ed. Galigardamana). Ptolemaios verzeichnet 
-den Ort einmal im Lande der Sabara in der Form 
KaQix&Qbafia VII 1, 80, dann an der Kiiste selbst 



Milo bei (Ascon. Milon. p. 30). 703 = 51 bewarb 
er sich vergeblich urn das Consulat (Cic. ad fam. 
VHI 4, 1; ad Att. V 19, 3) und wurde darauf von 
den beiden Sehnen seines ehemaligen Gegners 
Q. Gallius de ambitu angeklagt; er verteidigte 
sich selbst, offenbar mit Gliick (Cic. ad fam. VILT 
4, 1. 9, 5). Im Jahre darauf, 704 = 50, bewarb 
er sich noch einmal um das Consulat, aber wie- 
derum ohne Erfolg (Cic. ad Att. VT 8, 2; vgl. M o 1 1 
10 De temporibus epistularum Tullianarum [Berlin 
1885] 1 — 8). La der Senatssitzung am 1. Januar 
705 = 49 trat er fur Caesar ein (Caes. b. c. I 
2, 3) ; dieser ubergab ihm etwas spater die Ver- 
waltung von Gallia Cisalpina, und dort, in Pla- 
centia, ist C. nicht lange nach Beginn des Biirger- 
krieges gestorben (Hieron. a. O.). Er war einer 
der bedeutendsten Eedner seiner Zeit; non fuit 
orator unus e multis, potius inter multos prope 
singularis fuit (Cic. Brut. 274). Schon in reiferen 



in der Form Kazixagda/ta VII 1, 16 in einer Lage, 20 Jahren liess er sich durch Apollodor von Pergamon 



welche dem heutigen Hafen Manika-pattam ent- 
spricht, der die Einfahrt in den grossen Sumpf- 
see Cilka ermCglicht. Die Zusammensetzung mit 
skr. kardama ,Sumpf bestatigt diesen Ansatz; 
an der Sfldseite des Cilka erhebt sich als Land- 
marke der Palflr-bluff zu 1100 ', d. i. za UdiovQa 
des Ptol., a derradeira terra alta ou serra de 
Paluro der portugiesischen Karten ; so erklart sich 
der Ausdruck promontorium auf der Weltkarte 



beeinflussen (Hieron. zu Euseb. II 135 u SchSne; 
vgl. Eohde Eh. Mus. XLI 176 Anm.) und wird 
von Veil, n 36, 2 zu den Attikern gestellt. Er 
war mehr ein Vorlaufer und Bahnbrecher der 
neuen attischen Richtung, die sich dem Cicero 
feindlich gegeniiberstellte. Dieser hat ihn ein- 
gehend charakterisiert (Brut. 274—278). Er lobt 
die Eleganz, Zierlichkeit und kunstvolle Aus- 
arbeitung seiner Keden, sowie deren leichten Fluss, 



des Orosius; von da an nordwarts beginnt der 30 wie auch Quintilian (Xn 10, 1, vgl. 39) seine 

gangetische Golf mit seinen ungeheuren Fluss- ' > ■■ • --- ■ - - 

ablagerungen, welche nur Kleinschiffahrt gestatten. 

[Tomaschek.] 

Calidava, auf der Tab. Peut. falschlich statt 
Capidava, s. d. [Patsch.] 

Calidius, rfimische plebeische Familie. 1) Ca- 
lidius iiberbraehte 672 = 82 dem Murena den 
Befehl des Senats, vom Kriege gegen Mithridates 
abzulassen; im Geheimen bestarkte er ihn m6g- 
licherweise in seiner Absicht (App. Mithr. 65). 40 



2) Cn. Calidius, rOmischer Eitter, unter dem 
J. 682 = 72 erwahnt, dessen Sohn damals Senator 
war (Cic. Verr. IV 42). 

3) M. Calidius, Miinzmeister um 644 =110 
(Mommsen Mtinzwesen 538 nr. 133). Durch 
einen Volksbeschluss von Megara wird jemand 
geehrt, der Gesandtschaften an den rfimischen 
Senat und einen M. Calidius ubernommen bat 
(IGS 1 18), vermutlich einen Proconsul oder Frem- 



subtilitas, aber hebt einen Fehler stark hervor: 
duo summe tenuit, id el rem illustraret disse- 
rendo et animos eorum, qui audirent, devinciret 
voluptate; aberat tertia ilia laus, qua permo- 

veret atque incitaret animos nee erat ulla 

vis atque eontentio (Brut. 276). Nach dem Urteil 
des Caelius (ad fam. VOT 9, 5) war er ein besserer 
Verteidiger als Anklager (vgl. auch Harnecker 
Jahrb. f. Phil. CXXV 607f.). 

5) Q. Calidius, Volkstribun 655 = 99, stellte 
den Antrag auf Zuruckberufung des Metellus Nu- 
midieus aus der Verbannung. Aus Dankbarkeit 
unterstfltzte dessen Sohn Metellus Pius als Consul 
674 = 80 den C. bei der Bewerbung um die 
Praetur (Cic. Plane. 69. Val. Mai. V 2, 7. Auct. 
de vir. ill. 62, 3). Nach seiner Ruckkehr von 
der spanischen Statthalterschaft wurde er von 
Q. Lollius angeklagt und verurteilt (Cic. Verr. 
HI 63); als er erfuhr, dass die Richter durch 



denpraetor. Sprachliche Indicien lassen die Be- 50 verhaltnismassig geringe Sumrnen bestochen seien, 
ziehung auf Nr. 4 zweifelhaft erscheinen, daher spottete er daruber, das; 



kann auch an den Miinzmeister gedacht werden. 

i) M. Calidius, Sohn von Nr. 5 (Ps.-Ascon. Verr. 

f ' p. 145 Or.), belangte 690 = 64 den Q. Gallius wegen 

I Amtserschleichung und zugleich wegen eines Ver- 

t» giftungsversuches, den dieser gegen ihn selbst 

unternommen hatte; GaUius wurde von Cicero 

verteidigt (Cic. Brut. 277, daraus Val. Max. VHI 

10, 3. Fest. p. 309. Non. p. 208, 27). Als Praetor 



dass ein Praetorier so wohl- 
feil verurteilt werde (Cic. Verr. act. I 38, dazu 
Pseudo-Ascon. p. 145 Or.). [Miinzer,] 

6) L. Calidius Strigon, aus Arretium. Fabri- 
kant von gepressten Reliefvasen , Gamurrini 
Iscr. d. vasi fitt. Arretini 43. Dragendorff Terra 
sigillata 27 (43). [C. Robert.] 

Calidona. Bei Ammian. Marc. XXVII 1, 2 
(a. 367) ist Iiberliefert apud Calidona Diritensi- 



697 = 57 stiromte er fur die Wiederherstellung 60 bus praesidebat et Tungricanis. Man vermutete 



■Ciceros (Cic. p. Ted. 22; Hieron. zu Euseb. H 137 d 
Schone setzt in dieses Jahr seine Blute) und hielt 
wohl damals eine Rede de domo Ciwronis (Quintil. 
X 1, 23). Im J. 700 = 54 sprach er fur die Frei- 
leit von Tenedos (Cic. ad. Q. fr. H 9, 2), ver- 
ieidigte den M. Scaurus (Ascon. Scaur, p. 18) und 
Tjeabsichtigte auch fur A. Gabinius aufzutreten 
(Cic. ad Q. fr. HI 2, 1). 702 = 52 stand er dem 



in C. den Ort Keldenich (bei Koln). Vale sins 
hat, wie es scheint mit Re cht, Cabillona in den 
Text gesetzt (s. Cabillonum). A. Riese Das 
Eheinische Germanien in d. antik. Litt. 302. 467. 

[Ihm.] 
Caliendrum oder ealiandrum , caliandrium, 
ein Kopfputz (xoo/xtov xerpalfje Gloss.), von dem 
wir nichts naheres wissen , Hor. sat. I 8, 48. 



1355 



Caliga 



Callaici 



1356 



Varro bei Porph. z. d. St. Tertull. de pall. 4. zeichneter Strom Indiens, der im Hemodus ent- 

Arnob. VI 26 (hier als Gotterattribut). Bei Aero spring und hinter dem Ganges in das Ostmeer 

und Porph. zu Hor. a. 0. wird C. als Periicke miindet; d. i. entweder dor Brahmaputra (s. Oi- 

erklart; doch ist diese Erkl&rung wohl nur eben danes, Dyardanes) oder die Karnaphuli von 

dieser Horazstelle entnommen, wo das altum ca- Cittagong. Bis dahin hatte sich v'oreinst das 

liendrum der Sagana mit den falschen Zahnen dravidische Volk der Kalinga (s. Kalingai) er- 

der Canidia zusammen genannt wird; sie ist schon streckt, wahrend anderseits die G6da,vari, wie noch 

deshalb unmoglich, weil eine hohe Haartracht der heute, die Siidgrenze bildete. Auf der Weltkarte 

Zeit des Horaz fremd ist. Die Ableitung des stand -wohl Calingieus. [Tomaschek.] 

Wortes von xallvvroov stimmt nicht besonders 10 Calingi, em Volk im siidwestlichen Arabien, 

gut mit der Bedeutung. [Man.] dessen Hauptstadt Mariaba ist (quvrum Mariaba 

Caliga, der Schuh des gemeinen Soldaten, der oppidum significat dominus omnium). Plinius 

deshalb caligatus genannt wird, Suet. Aug. 25; VI 159 nennt daneben Murannimal = Mermel 

Cal. 9. 52; Vitell. 7. Sen. de ben. V 16, 2. Dig. am Kharidfmsse (Hamdani 241, 21. 26. 278, 13). 

XXVII 1, 10. XLIX 16, 6, 5. CIL VIII 2848. XI Sprenger (Alte Geogr. 291) yergleicht damit 

3057. XIV 2888 ; caliga wird auch fur den Dienst Kahlan und will in Mariaba das Marasdu des Ptole- 

des Soldaten unterhalb des Centurio gebraucht (Sen. maeus und das heutige Sa'da erkennen. Mordt- 

dial. X 17, 6. Plin. n. h. VII 135. CIL III 7108. mann dagegen (ZDMG XXX 321) will damit 

VI 2440. IX 5840. 5647; vgl. VI 3035). Doch Ma'rib vergleichen, aber gerade das supra dietam 

wurden C. auch von anderen Personen getragen. 20 Maribam, aus dem er den Beweis fur die Iden- 

Das Ed. Diocl. IX 5—6 erwahnt ausser den e. titat mit Ma'rib ableiten will, spricht dagegen, 

mzhtares zu 100 Denaren (1 M. 83 Pf.) noch c. weil ja Gallus nur bis Mariaba gekommen ist, die 

muhonicae, sibe rustieae zu 120 Denaren, e. eque- Stadt selbst aber nicht einnehmen und z erst Or en 

stres zu 70 und e. muliebres zu 60 Denaren. Eine konnte. Auch ist Ma'rib die Hauptstadt der Sa- 

elegantere Beschuhung scheini auch Cic. ad Att. baeer, nicht der Kalingi. Tiber die verschiedenen 

II 3, 1 gemeint zu sein; e. gemmeae Hist. Aug. Versuche, die oben angefuhrte Glosse des Plin. 

Gall. 16, 4. Uber die Form der C. erfahren wir zu erklaren, vgl. Mordtmann a. a. 0. 

aus den Schriftquellen nur, dass sie mit Nageln [D. H. Muller.] 

beschlagen waren, Plin. n. h. IX 69. XXXHI 143. Caliordi, eine nicht weiter bestimmbare Ge- 

Iuv. 3, 248. Jos. b. Iud. VI 85. Ed. Diocl. a. 0. 30 meinde an der Stidostkiiste der taurischen Halb- 

Lex Met. Vipasc. CIL II 5181, 34. Und zwar insel, Plin. IV 85. [Tomaschek.] 

scheint es nach Ed. Dioel., dass man sie ohne Calippe, eine bios in der Tab. Peut. ver- 

Nagel kaufte und dann benageln liess. Aus den merkte Hafenstadt an der vorderindischen Ost- 

bildlichen Darstellungen von Soldaten ergiebt sich, kiiste zwischen fl. Amies (s. d.) und ft. Paleris 

dass die C. verschiedene Formen haben konnte. (tamil. Pal-ar ,Milchfluss'), vgl. Geogr. Eav. p. 41, 

Immer ist es eine Art Sandale. Aber auf der 20 : Colchis Indorum, Calippa, Pitinna, Cama- 

Traianssaule ist deutlich kenntlich die Sohle mit gora. Entweder das heutige Kalinga-pattam oder 

Oberleder, welches aus einem Stuck gefertigt aber auch Madras mit S. Thoma. Vielleicht wurden 

nemenartig zerschnitten ist. Dagegen erscheint nach diesem Hafen die geschatzten Pferde aus 
auf Grabsteinen romischer Soldaten eine andere 40 Persien gebracht. Storend sind nur die in der 

Form, am deutlichsten auf dem von E. Hiibner Tab. Peut. beigefiigten hohen Entfernungszahlen 

(Belief eines rom. Kriegers im Mus. zu Berlin, (Parasangen ?), welohe den Eindruck machen, als 

26. Berliner Winckelm.-Pr.)publicierten: die Sohle ob es sich ura Entfernungen von und zur ela- 

ist durch acht Lederstreil'en am Fuss befestigt, mitischen Kiiste und zu den aussersten Posten 

von denen vier dicht aneinander quer uber den Fuss des seleukidischen Beiches handle; dann konnte 

gehen, einer unter, drei fiber dem Knochel das sich C. auf Cathippe oder selbst auf Kalliope 

Bein umfassen; durch einen oben auf dem Fuss beziehen; vgl. Antiocheia Nr. 13. 

liegenden schnurartigen Streifen sind sie unter [Tomaschek.] 

einander verbunden. Vgl. Lindenschmit Altert. Calisia [Kahala), Stadt im inneren Germa- 
uns. heidn. Vorzeit IV 6. VIII 6. IX 4. XI 6. 50nien, anscheinend das heutige Kalisch, Ptol. II 

Noch anders, einfacher, ist das Biemenwerk an 11, 13. [Ihm.] 

Lampen in Form einer C: Caylus Rec. IV 100. Calls s. Kv).i%. 

D'Agin court Fragm, de terre cuite 28, 7. Callaici, der iberische Name der Kaklaixol, 

Marquardt Privatl.2 595. Becker-Goll der mit Kelten und Galliern nichts zu thun hat 

Gallus III 235. Bliimner Maximaltarif 126. (vgl. Caladunum, Oak u. a.), erscheint zuerst in 

[Mau.] den auf Poseidonios zuruckgehenden Berichten 

Caligo, die Finsternis personificiert, nach fiber den Feldzug des Caepio gegen sie im viria- 

Hyg. fab. praef. (p. 9, 1. 2 Sch.) als Urfinsternis tischen Krieg (Appian. Hisp. 70) und ihreUnter- 

Mutter des Chaos und durch das Chaos Mutter werfung durch D. Iunius Brutus in den J. 616 
von Nox Dies Erebus Aether, erstes Glied in der 60 = 138 v. Chr.— 620 = 134 v. Cbr. (Liv. epit. 

Genealogie der G&tter, erste Phase in der Welt- LVI. Strab. Ill 152. 162. Flor. I 33, 12. Appian. 

werdung , entsprechend griechisch "E e epos und Hisp. 73—75. 99, wo die Brakarer genannt wer- 

Sxoxog, s. d. [Waser.] den. Obseq. 62 [123]. Oros. V 5, 12). In der 

Caligula, Spitzname des Kaisers Gains (C. Schilderung der Lusitaner (s. d.) bei Iustin. XLIV 

Caesar Augustus Germanicus), 37—41 n. Chr., 3, 1—9, die in der Hauptsache mit der auf die 

der spater meist nur damit bezeichnet wird , s. Lusitaner allein beschrankten des Poseidonios (bei 

C. (Iulius) Caesar. [Stein.] Diod. V 38,4. Strab. Ill 157, vgl. Miillenhoff 

Calincius, ein bios in der Tab. Peut. ver- D. A. II 317) tibereinkommt . finden sich auch 



1357 



Callaici 



Callaici 



1358 



A 



auf die Kallaiker beziigliche Nachrichten einge- der von der gens Callaioa der Bosse spricht 

mischt, die wohl wiederum dem Poseidonios zu (VIII 166), statt der lusitanischen und asturischen 

verdanken sind. Asklepiades von Myrlea hatte kallaekische Kosse bei den Wettfahrten nennt 

die Fabel von ihrem griechischen Ursprung in (XVI 334ff. 377. 382). So spricht Martial vom 

Umlauf gesetzt (Strab. Ill 157; Callaeei Orae- kallaekischen Ocean, wo er das Meer an den , 

earn originem sibi adserunt Iustin. XLIV 3, 3): hispanischen Kusten (iberhaupt meint (X 37, 3. 

Teukros sei von Troia erst nach Cypern gelangt 20). Poseidonios hatte ferner berichtet, dass die 

und dann an die iberische Kiiste, da wo spater Kallaiker wie die Keltiberer a&eoi seien, d. h. 

Neukarthago lag, und von dort nach Kallaekien die griechisch -romischen Gotter nicht kennten, 
hiniibergegangen (transisse, wohl zu Schiff). Als 10 wahrend ihre einfache Lebensweise im ubrigen 

Beweis galten die Namen der angeblich von Teu- der der Kantabrer und Keltiberer entsprach (Strab. 

kros gegriindeten Stiidtc der "EUt]vgg (Heleni, s. Ill 164, vgl. Sil. Ill 344f.). Caesars Zug in ihr 

d.) und 'Anyllozot (s. d.), sowie die Grovii-Graii Gebiet (Plut. Caes. 12. Dio XXXVII 53, 4) wah- 

(s. d.) und das castellum Tyde (s. d.). Die Zinn- rend seiner Praetur von Lusitanien, wobei er bis 

gewinnung bei den Artabrern (s. d.), deren Posei- zumwestlichen Meer vordrang, wird ihre Hafenstadt 

donios nebenher bei Besprechung der Kassiteriden Brigantium (s. d. Nr. 4) den Romern unterworfen 

(s. d.) gedachte, hat zu der irrtiimlichen Ansetzung haben. Aber erst nach dem kantabrischen Feld- 

dieser Inseln an der Nordwestspitze von Iberien zug des Augustus (Oros. VI 21, 2) sind romische 

verleitet. Sie war von jeher ganz gering und hat Besatzungen von Asturica (s. d.) und Lucus Augusti 
nach und nach aufgehort (George Smith The 20 aus (s. d.) nach Westen vorgedrungen. Damals 

Cassiterides, London 1863, 52). Auch des Goldes, auch wurde die erste der romischen Strassen von 

Silbcrs und Kupfers wird dabei Erwahnung ge- dort nach Bracara (s. d.), der kallaekischen Haupt- 

schehen sein, ohne genau zu unterscheiden, was stadt, angelegt. Schon unter Augustus ist in der 

davon auf Iberien iiberhaupt, was auf Lusitanien Hauptstadt Bracara ein Blitz geslihnt worden (CIL 

und Kallaekien im besondern zu beziehen. Wenn II 242 ; vgl. oben die Erzahlung bei Iustin), und 

es daher bei Iustin heisst (XLIV 3, 4), die Gegend errichtete die Landschaft Callaecia, die man friiher 

sei reich an Erz, Blei und Minium, wovon der nahe zu Lusitanien zahlte (Strab. Ill 166), dem Enkel 

Fluss Minius, den Strabon allein nennt (III 153 ; und Adoptivsohn des Augustus C. Caesar ein Stand- 

vgl. Minius), seinen Namen habe, so fragt sich, bild (CIL II 2422). Callaecia bildete seitdem schon 

wieweit das von Kallaekien zu verstehen ist. Mit 30 seiner Entfernung von Tarraco wegen mit Astu- 

den Goldminen, die auch Plinius erwahnt (XXXHI rien (s. d,) einen gesonderten Verwaltungsbezirk, 

66), konnte die Stadt der Baedyer Aurium (s. d.), der unter Vespasian einen legatus iuridicus er- 

mit dem Silber.'das bei Iustin "vielleicht nur zu- hielt neben dem Legaten der Legio VII Gemma, 

fallig fehlt, ein Ort Argentiolum (s. d.) zusammen- Dieser wird schon im 2. Jhdt. als dux legionis 

gebracht werden. Goldklumpen f6rdere oft die und legatus Augusti per Asturiam et Callaeciam 

Pfiugschar; ein heiliger Berg sei dort, den man bezeichnet (CIL II 2634); unter ihm gab es einen 

nicht mit Eisen beriihren diirfe, aber wenn der militarischen praefeetus Callaeciae (CIL II 3271), 

Blitz die Erde Offne, was in jenen Gegenden sowie kaiserlicheProcuratoren. Die siidliche Grenze 

haufig geschehe, so konne das blosgelegte Gold Kallaekiens gegen Lusitanien bildete der Durius 

wie eine Gabe des Gottes eingesammelt werden. 40 (Mela III 10. Plin. IV 112), die estliche gegen 

Der bis in die Gegenwart betriebene Bergbau auf Asturien eine von der Stadt Noega (s. d.) an der 

.edle Metalle hat, wie iiberall in Europa, stetig Nordkiiste nach Suden gezogene Linie (Mela III 

abnehmende Ergebnisse. Immerhin wird zu dem 13. Plin. IV 111), die sich nur annahernd be- 

aus dem Ertrag der Beute von Brutus dem Kal- stimmen lasst. Es umfasste die beiden Gerichts- 

laiker gestifteten Tempel des Mars (Plin. XXVI bezirke (Plin. Ill 28) von Lucus Augusti (s. d.) 

26) Kallaekien selbst trotz der Armut seiner Be- mit 16 Gemeinden und 175 000 freien Emwohnern, 

wohner beigetragen haben. da er de Callaicis et und Bracara Augusta (s. d.) mit 24 Gemeinden 

Lusitanis triumphierte (Eutrop. IV 19, vgl. CIL und 285000 freien Einwohnern. Von den Ge- 

I 2 p. 176). Ob die gemma Caltaica (oder cal- meinden des Bezirks von Lucus nennt er nur 2, 

lainat) des Plinius (XXXVII 151. 163) uberhaupt 50 von denen von Bracara nur 7; doch lassen sich 

mit Kallaekien zusammenhangt , ist zweifelhaft. die Listen des Agrippa aus der Kustenbeschreibung 

Was nachher bei Iustin uber das Eisen gesagt (bei Mela und Plinius) und aus Ptolemaios er- 

ist, bezieht sich auf Keltiberien (trotz Silius II giinzen. Einige dieser Volker und Gemeinden 

402). Aber von den Kallaekern gilt, wie die noch werden ausdriicklich als keltischen Urspnings be- 

bestehende Sitte beweist, dass die Frauen neben zeiehnet. Aus dem Bezirk von Bracara wurden 

dem Haushalt auch den Ackerbau besorgen, wah- mindestens ftinf C'ohorten der Bracarangustaner 

rend die Manner dem Krieg unci Baub nachgehen und eine der Kallaiker, aus dem von Lucus fiinf 

I Sil. Ill 344ff.); noch jetzt dienen zahlreiche Gal- Cohorten der Lucenser and zwei der Asturer und 
legos in Lissabon und Madrid als Wasser- und Kallaiker ausgehoben (Ephem. epigr. V p. 168. 
Lasttrager, wahrend die Frauen zu Haus das Feld 60 169). Die Notitia dign. zahlt das Quartier der 

'bestellen. In freier Weise haben dann die Dichter 7. Legion, Legione (s. d.), das in Asturien liegt, 

der flavischen Zeit von kallaekischem Gold (Sil. zu Kallaekien und zahlt vier Cohorten an vier 

II 602. IV 326. X 118. Martial. IV 39, 7. X 16, anderen Orten rlerProvinz auf (occ. XLII 25—30). 
3), Erz fSil. II 395ff., wo Schild, Helm, Schwert Ptolemaios zahlt von den lucensischen Kallaikern 
von kallaekischem Erz und Stahl geschildert wer- 17 Stadte auf (II 6, 4. 5, 22), von denen Flavium 
den. und Martial. XIV 95, li geredet: die kal- Brigantium (s. d.), Flavionavia (s. d.j, Iria Flavia 
laekischen Bergleute setzt Silius fur die iberiscben (s. d.), Lucus Augusti die bekanntesten sind. Von 
uberhaupt (II 416), ebenso wie er mit Plinius, den Brakarern n<nnt er (II 6, 38—48) 16; dar- 



1359 



Callenses 



unter neben Dracara (s. d.) Aquae Plaviae (s. d.) 

and die fora oder Marktflecken der Bibaler, Li- 

raiker, Narbaser (s. d.). Die Kiistenfliisse zahlt 

am vollstandigsten Mela auf (III 10 — IS), mit 

dem Plinius (IV 112—115) und Ptolemaios (II 

6, 1. 2) stimmen, soweit ihre Angaben reichen. 

Ira J. 216 wurde der Bezirk von Asturien und 

Kallaekien zu einer besonderen Provinz erhoben 

(die Naehweisungen CIL II p. LXXXVI). Nach 

der diocletianischen Verfassung wurde Callaecia 

neben Asturia eine besondere Provinz, die zuerst 

unter praesides (CIL II 4911), dann unter con- 

sulares stand (CIL II 2635). Diese Provinz er- 

scheint in der Notitia dign. (occ. I 67. Ill 9. 

XXI 5. 10 uberall Callaecia) und in den jungeren 

geographisch-statistischen Quellen (Pest, breviar. 

5. Nomina provinc. p. 128, 13. Polem. Silv. p. 131, 

11 Eiese). Erst bei Hydatius (c. 4 und sonst; 

danach bei Isidor uberall und in der Divisio prov. 

p. 16, 1, sowie bei Iul. Honorius p. 34, 5 Eiese) 

flndet sich die Schreibung mit g (Gallaecia, wor- 

auf U. Boissevain Callaeci-Gallaeci, Mnemosyne 

XX 1892, 286-293 zuerst aufmerksam machte). 

Calleeia (wie CIL VI 1599. 1620 und das Itin 



Callinipaza 



1360 



Ant. 387, 7) haben die Hss. des Claudian, der 
das Land als die Heimat von Stilichos Gemahlin 
Serena preist (laus Serenae 71), KaMeyta wie es 
scheint Zosimos, der wie Hydatius des Theodosius 
Heimatstadt Cauca (s. d.) hierhersetzt (IV 24, 7; 
doch seine Quelle Eunapios KaUaixia). Die hieraus 
entstandene noch jiingere und heutige Schreibung 
Oallieia haben Iordanes (Romana 213; Getica I 
7. XXXn 136. XLIV 229), Venantius Portunatus 
(carm. 1. V praef.), Gregor von Tours (hist. Franc. 
VI 43 u. «.), die Hss. der Dimensur. prov. p. 13, 
5, des Iul. Honor, p. 36 B 4 und der Cosmogr. 
Aethici p. 79, 5. 98, 3 Eiese; womit Boissevain 
richtig Portu Cale und das heutige Portugal ver- 
gleicbt. Der moderne Name Galicia schliesst 
sich unmittelbar an den spateren Gebrauch an. 
Alle inschriftlichen Zeugnisse der guten Zeit haben 
die Pormen Callaecus Callaecia (von Boissevain 
gesammelt); der Beiname des Brutus Callaicus 
(CIL 12 p. 26) wird bei Ovid (fast. VI 461), Grat- 
tius (cyneg. 514) und ein paarmal bei Martial 
viersilbig gebraucht; vielleicht nur des Metrums 
wegen (fur Callaicicm wegen Achaicus, wie Ma- 
cedonians UDd ahnliche nach Boissevain; doch 
vgl. Hispanus). [Hiibner.] 

Callenses (Collet), Stadt in Hispania ulterior. 
Unter den civitates stipendiariae des Bezirks von 
Astigi nennt Plinius nach den Listen des Agrippa 
Callet (III 12), wahrend er gleich nachher in 
einem zu der Kiistenbeschreibung gehOrigen Ab- 
schnitt, der aus Varro stammt, unter den Ge- 
meinden des keltischen Baeturiens. das zum Be- 
zirk von Hispalis geherte, die Callenses mit dem 
Beinamen Aeneam'et nennt (HI 14; so die beiden 
Hss.). Vitruv berichtet, gewiss auch nach Varro, 
von auf dem Wasser schwimmenden Ziegeln (vgl. 
Schneider zu den Eel. phys. p. 88) aus zwei 
civitates der Hispania ulterior Maxilua (s. d.) und 
Callet (II 3, 4: Calk Rose, aoch fiihrt die Uber- 
lieferung deutlich auf Callet); nur ihm folgt Pli- 
nius (XXXV 171 wo die Hss. Calient oder ahn- 
hch schreiben). Nun hat sich bei el Coronil im 
sudlichen Andalusien, unweit Salpensa , eine In- 
schrift gefunden, von der res pfublica) Callensis 



dem Kaiser Traianus Deeius gesetzt (CIL II 1372). 
Wahrscheinlich ist trotz der doppelten Angabe 
und obgleich von Callet eigentlich Calletani, nicht 
Callenses gebildet werden sollte — doch wechseln 
die Pormen der Ethnika auch sonst — bei Pli- 
nius dieselbe Stadt gemeint (vgl. CIL LT p. 186. 
847), die den ehrenden Beinamen oppidum Aenea- 
nicum vielleicht erst etwas spater, nach Ab- 
fassung der commentarii des Agrippa, aber noch 
10 unter Augustus, erhalten haben wird; aus welchem 
Grunde wissen wir nicht. Ahnliche Beinamen 
aus der rOmischen Sage, wie Bomula Latonium . 
u. a. sind in der Ulterior ziemlich haufig; Aenea- 
nieus ist richtig von Aeneas gebildet. Ebenda- 
hin geheren die autonomen Kupfenntozen mit 
der Aufschrift Callet (Mon. ling. Doer. nr. 162). 
Ausser der Inschrift fur Deeius sind noch eine 
fur Hadrian (CIL II 1371) und einige Grabschrif- 
ten (CIL II 5410. 5411) dort gefunden worden. 
20 Die Lage des alten Oppidum irgendwo in der 
Nahe von el Coronil bedarf noch der genaueren 
Peststellung. [Hiibner.] 

Calleva, Hauptstadt der Atrebaten im sud- 
lichen Britannien, beim jetzigen Silchester (Ptol. 
LT 3, 12), schon auf den im 1. Jhdt. geschlagenen 
Miinzen des KOnigs der Atrebaten Eppillus ge- 
nannt (Evans Coins of the ancient Britons 195), 
Knotenpunkt der ersten rOmischen Strasse von 
Clausentum an der Siidkiiste her, die von da nach 
30 Osten, Westen und Norden weiter gefuhrt worden 
ist (Itin. Ant. 478, 3. 484, 10. 485, 7. 486, 7. 8. 
Geogr. Kav. 427, 17). Einige Inschriften aus 
dem Anfang des 2. und dem 3. Jhdt. (CIL VII 
p. 16), sowie erhebliche Reste der Stadtanlage 
und reich ausgestatteter Villen mit Mosaikfuss- 
boden u. s. w. haben sich dort gefunden und 
neue Bauten werden unausgesetzt zu Tage ge- 
fordert. [Hiibner.] 

Callicula. 1) Berg in Campanien, nicht weit 
40 von Casilinum (Liv. XXII 15, 3. 16, 5), den Fa- 
bius Cunctator besetzte, um dem Hannibal den 
Riickzug abzuschneiden, was durch des letzteren 
List vereitelt wurde. Der Gang der Operations 
zeigt, dass eine der Hohen ostlich oder sudostlich 
von Cales zu verstehen ist; nahere Localisierung 
nicht moglich. [Hiilsen.] 

2) Stadt in Hispania ulterior. Plinius nennt 
unter den civitates stipendiariae des Bezirks von 
Astigi C. (Ill 12); Ptolemaios setzt KaXlxovXa 
50 zwischen Hispalis und Urso zu den Turdetanern 
(H 4, 10 so die besseren Hss.). Die Lage ist nicht 
ermittelt; man kOnnte an Marchena denken (CIL 
II p. 190); vgl. Ilipula minor. Verschieden ist 
Calecula (s. d.). [Hiibner.] 

Callifae, Stadt in Samnium oder Campanien, 
von Liv. VLtl 25, 4 mit Rufrae and Allifae zu- 
sammengenannt; der Name wahrscheinlich ver- 
dorben. _ [Hiilsen.] 

Callinipaza oppidum, im Gangesgebiet zwi- 
60schen Rhodapha und der Vereinigung der Ya- 
muna mit der Ganga, (bei Prayaga oder Piag, 
jetzt Allahabad) vermerkt im Routier des Seleu- 
kos Mkator bei Plin. VI 63. Lassen andert 
das zweite Glied in -pam, skr. pakSa ,Pliigel, 
Seite, Halfte' ; noch besser empfiehlt sich -para, 
skr. para jenseitiges Ufer, Uberfuhr'. Im Vorder- 
glied steckt sicher der Name der Kali-nadi, Ka- 
lini oder Kalindrt, welche von Nordwesten her 



1361 



Calliopius 



Calor 



1362 



oberhalb Kanyakubga (s, Kanogyza) dem Ganges 
zufiiesst; die Fahre lag demnach zwischen den 
Ruinen von Ahi-chetra und Kan6g. [Tomaschek.] 

Calliopius, Name eines Grammatikers , der 
uns nur aus den Subscriptionen der Terenz-Hss. 
Calliopi.us reeensui, felieiter Calliopio, feliciter 
Calliopio bono seholastieo bekannt ist (O. Jahn 
Ber. d. sachs. Gesellsch. d. Wiss. 1851, 362f.) und 
nach dem man die durch alle Terenz-Hss. mit 
Ausnahme des alten cod. Bembinus vertretene 
tJberlieferung als die calliopische Recension zu 
bezeichnen pflegt. Die Hss. dieser Recension zer- 
fallen nach der Reihenfolge der Stucke, der Form 
der Didaskalien und der Textgestaltung deutlich 
in zwei Gruppen, von denen die eine (8) vor allem 
durch den Victorianus D und den Decurtatus G 
(ausserdem eine Leipziger und eine Pariser Hs.), 
die andre (y), deren Archetypus mit Illustrationen 
nach alter guter Vorlage geschmiickt war, durch 
Parisinus P, Vaticanus C, Ambrosianus F u. a. 
vertreten ist; die den Namen des C. enthaltende 
Subscription flndet sich in Hss. beider Gruppen 
in gleicher Weise (doch steht die Wendung feli- 
citer Calliopio bono seholastieo nur in Hss. der 
Grappe y, vgl. F. Leo Rh. Mus. XXXVHI 334), 
und es ist eine vielfach ventilierte Streitfrage, 
zu welcher von beiden C. in nachster und un- 
mittelbarster Beziehung steht. P. Umpfenbach 
(Ausg. d. Terenz p. I. LXVnif.), W. Prinzhorn 
(De libris Terentianis , quae [so] ad recensionem 
Calliopianam redeunt, Diss. Gotting. 1885) und 
K. Dziatzko" (Ausg. d. Terenz p. XI f.; Com- 
mentat. Woelfllin. 1891, 219ff.; vgl. F. Schlee 
Scholia Terentiana p. 8. 10) halten die Gruppe y 
fur die eigentliche Repraesentantin der calliopi- 
schen Recension und weichen nur in der Bestim- 
mung des Verhaltnisses von d zu ihr von einander 
ab; diese Gruppe stellt nach den einen eine Modi- 
fication des calliopischen Textes dar, herbeigefiihrt 
durch systematisches Durchcorrigieren entweder 
nach Donat (so Umpfenbach) oder nach einer 
Schwester-Hs. des Bembinus (so Prinzhorn), nach 
Dziatzko dagegen enthalt sie eine von C. unab- 
hangige, altere und bessere Recension (naher ver- 
wandt der des Bembinus), in welche erst spater, 
als die Fassung von y zur Vulgata geworden war, 
Name und Text des C. eingedrungen seien. Im 
Gegensatze dazu verficht F.Leo (Rh. Mus. XXXVHI 
1883, 317ff.) mit grossem Scharfsinne die umge- 
kehrte Anschauung, wonach in 8 die Ausgabe des 
C, in y eine spatere Bearbeitung derselben vor- 
liege. Ausfiihrlicher wird auf diese Frage unter 
Terentius einzugehen sein, hier mag nur her- 
vorgehoben werden, dass Leos Ansicht die sehr 
viel einfachere nnd naturlichere LOsung der Frage 
darstellt und dass das , was von Gegengrunden 
gegen ihn vorgebracht worden ist, nicht viel zu 
bedeuten hat; dass der Name des Redactors der 
Recension y nirgends genannt ist, und dass Donat 
■u. a., welche Hss. der Familie 8 benutzen, des C. 
als des Urhebers dieser tberlieferung keine Er- 
wahnung thun, das sind gewiss keine Thatsachen, 
die zu einem Schlusse ex silentio berechtigten ; 
die Tectverwandtschaft von 8 mit dem Bembinus 
aber erklart sich sehr ungezwungen daraus, dass 
C. ,eben die Ausgabe zu Grande gelegt hat, von 
der der Bembinus ein Exemplar ist' (Leo Plautin. 
Forschungen 34, 2). Ist Leos Auffassung die 



richtige, so riickt C. bis ins 3. oder den Anfang 
des 4. Jhdts. hinauf (Dziatzko Comment. Woelfll. 
225f. weist ihn dem 5. Jhdt. zu), da sowohl der 
Metriker Arusianus Messius (vgl. H. Schindler 
Observat. crit. et histor. in Terentium, Diss. Halis 
1881, Iff.) als auch Donat (L eo Rh. Mus. XXXVHI 
323ff.) bereits Hss. dieser Familie d beniitzten. 

tTber die Person des C. ist nicht das Geringste 
zu ermitteln; die mittelalterlichen Randscholien 
10 unserer Terenz-Hss. machenihn zumPrologsprecher 
und recitator des Terenz (Schlee Scholia Terent. 
p. 9). Die hflchst ungluckliche Hypothese Casp. 
Barths,der C. mit Karls d. Gr. Zeitgenossen 
Alcuin identiflcierte, ist neuerdings von E. Gut- 
jahr (Ber. d. sachs. Gesellsch. d. Wiss. 1891, 
273ff.) wieder aufgenommen, aber von Dziatzko 
(Rh. Mus. XL VII 1892, 635ff.) mit vollem Reehte 
zuriickgewiesen worden. [Wissowa.] 

Callipolls (Callipolida) , Platz neben Olbia, 
20 lord. Get. 5. Geogr, Rav. p. 173, 14. 370, 2. 
Wohl eine Verwechslung mit den bei Olbia sess- 
haften Kallipidai (s. d.); einen Hafen Kallipolis 
vermerkt Skylax 93 bei dem bithynischen Olbia- 
Astakos. S. iiberhaupt Kallipolis. 

[Tomaschek.] 

Callipianus s. Claudius und Ulpius. 

Callipus s. Collippo. 

Callode, Insel in der Nahe von Sardinien, 
Plin. ni 85. [Hulsen.] 

30 Calloniana s. Galloniana. 

Callnm, Ort in Thrakien, s. Kallon. 

Calmaciacus, vieus in Gallien, Ps.-Portunat. 
vita s. Remedii lip. 65, 19 Kruseh. Jetzt Chau- 
muzy (de'p. Marne). Holder Altcelt. Sprachschatz 
s. v. [Ih m -] 

Calmes, Ort in den westlichen Alpen zur 

civitas Ebredunensis (Embrun) gehOrig, Gregor. 

Tur. hist. Franc. IV 29. Longnon Geogr. de 

la Gaule au Vie s i ec le 457ff. Holder Altcelt. 

40 Sprachschatz s. v. [Ihm.] 

Calo, Station in Untergermanien zwischen 
Gelduba und Castra Vetera, Itin. Ant. 255. 370 
(Calorie). Vielleicht das heutige Rheinkamp; vgl. 
v. Veith Picks Monatsschrift f. d. Geschichte 
Westdeutschlands VI 1880, 164. [Dim.] 

Calocerus s. Kalokairos. 

Calones, im rOmischen Heere die Trossknechte ; 
sie sind unbewaffnet (Liv. XXVII 18, 12. Tac. 
hist. LTl 33) und marschieren mit dem schweren 
50 Gepack (Suet. Calig. 51. Caes. b. G. II 24). Zu- 
sammengestellt mit den lixae (s. d.) bei Liv. XXHI 
16, 8. Tac. hist. I 49. Ill 20. 33. Suet. Galb. 
20. Nur Vegetius LTI 6 berichtet, dass je 200 
ein vexillum bildeten. [v. Domaszewski.] 

Calor. 1) Jetzt Calore, linker (siidlicher) 
Nebenfluss des Volturnus, entspringt im Appennin 
an der Grenze von Samnium, Campanien und 
Lucanien, fliesst zuerst nach Norden, wendet sich 
ungefahr in der Mitte seines Laufes westwarts, 
60 empfangt von rechts den Tamarus (Tamaro), fliesst 
bei Benevent vorbei, wo er von links den Sabatus 
(Sabato) empfangt und mundet unterhalb Teleria 
nach einem Laufe von 116 km. in den Volturnus. 
Liv. XXIV 14, 2. XXV 17, 2. Appian. Hannib. 
36. Vib. Sequest. p. 4 Burs. Serv. Aen. VTI 
563. Tab. Peut. Geogr. Ravenn. IV 33 p. 276 P. 
Nissen Ital. Landeskunde I 332. 

2) Siidlicher Nebenfluss des Silarus (Sele) 



1363 



Calpar 



Calpurnianus 



1364 



in Lucanien, 72 km. lang, nur bekannt aus dem 
Stationsnamen ad Galorem im Itin. Ant. 110. 

[Hiilsen.] 
Calpar hicss nach Fest. ep. 65, 13 der an 
den Yinalia (23. April) zuerst aus dem Dolium 
geschopfte und dem Iuppiter geopferte Wein. 
Nach Varro bei Non. 15, 31 (vgl. Fest. ep. 46, 17) 
war C. urspriinglich ein alter Name fur das Do- 
lium, der dann auf den aus diesem geschOpften 



Aug. pro pr. von Hispania Tarraconensis (in den 
Jahren 79 und 80, CIL II 2477. 4799. 4802. 4803. 
4838. 4847. 4854). Nach der Praetur -war C. 
Sodalis Augustalis, nach der eura alvei Tiberis 
Pontifex geworden. Wenn bei Mart. I 78 unter 
Festus, wie Friedlander ansprechend vermutet, 
unser C. gemeint ist, so gehorte dieser zu den 
Freunden des Kaisers Domitian und endete vor 
dem J. 85/86 (in welchem Martial das erste Buch 



Wein iibertragen wurde. Es liegt nahe zu ver- 10 der Epigramme edierte) durch sein eigenes Schwert, 



muten, dass das alte Wort vielmehr calpa, xakar], 
das SchOpfgefass , war und von diesem C. abge- 
leitet ist. [Mau.] 

Calpenus. Q. Calpenus, Senator, trat unter 
Caesar offentlich in Fechterspielen auf (Suet. Caes. 
39). [Miinzer.] 

Calpetanus. 1) Als angesehener Arzt bei 
Plin. n. h. XXIX 7 (multos praetereo medicos 
eeleberrimosque ex his Cassios Galpetanos Arrun- 



weil er eine krankhafte Entstellung seines Gesichts- 
nicht zu ertragen vennochte. 

c) Charakter. Als hochstrebenden Mann, der 
eine aufwandsvolle Jugend hinter sich hatte, 
schildert ihn Tacitus (hist. IV 49). 

d) Familie. Er durfte der leibliche und spater 
von C. Calpetanus Rantius Sedatus (Nr. 3) adop- 
tierte Sohn eines P. Valerius Festus gewesen sein. 
Mit Vitellius war er durch Verschwagerung ver- 



tios Bttbrios; ducena quinquagena HS annua Us 20 wandt (Tac. hist. IV 49). 



mereedes fuere apud prineipes) genannt, sonst 
unbekannt. [Wissowa.] 

2) C. Calpetanus Eantius Quirinalis Valerius 
P. f. Pomp(tina) Festus. a) Name. Den ganzen 
Namen enthalten oder enthielten die Inschriften 
CIL V 531 (hier auch die Vaters- und Tribus- 
angabe). II 2477. 4799. 4802. 4803. 4838. 4847. 
4854. Ill Suppl. 11194. 11195. 11196. VI 31546; 
O. Valerius Festus CIL 12 p. 59; OvaUqwg 



3) C. Calpetanus Rantius Sedatus (der Name 
Metronius, der ihm in der Inschrift noch beigelegt 
wird, ist, wie Mommsen bemerkte, durch Ditto- 
graphie entstanden), curator tabulariorum publi- 
corum (Vorsitzender des Collegiums) im J. 46 
n. Chr. (CIL VI 916 = 31201). Wahrscheinlich 
Adoptiwater des Vorausgehenden. 

4) O. Calpetanus C. f. Statins Rufus, curator 
locor(um) publicorfam) iudicand(orum) CIL VI 



•PijoTog IGI 760 ; Valerius Festus Tac. hist. 30 1266 ; curator riparum et alvei Tiberis zwischen 



II 98. IV 49. Plin. epist. Ill 7, 12 

b) Lehen. Seine Carriere enthalt die von den 
Tergestinern ihm als ihrem Patron gesetzte In- 
schrift CIL V 531. Darnach war er: [IIIIJ vir 
viar. curand., tfrfibunusj milfdum) lejgfionis) 
VI. victrficis), quaestor, sefvir equjit. Bo-manor., 
trfibunus) plebfisj, praeftor], leg(atus) pro prae- 
t(ore) exfercitfus) Afrijeae 69/70 n. Chr. In 
dieser Stellung hielt er es zuerst mit Vitellius 



15 und 24 n. Chr. CIL VI 1237. 31544. Er 
durfte der Vater des C. Calpetanus Rantius Se- 
datus (Nr. 3) sein. Einen seiner Freigelassenen 
nennt die Inschrift CIL VI 1815. [Groag.] 

Oalpetianus, flngierter Name bei Mart. VI 
94. [Groag.] 

Calphnrnius. In den Ausgaben der Donat- 
scholien zu Terenz pflegt gemeinhin zum Heautonti- 
morumenos an Stelle des zu diesem Stiicke nicht 



spielte aber bald in dem Biirgerkriege zwischen 40 erhaltenen Donatcommentars lo. Calphurnii Bri- 
diesem und Vespasian eine zweideutige Rolle (Tac. xknsis uiri clarissimi in P. Sexti Terentii 
hist. II 98). Nach dem Siege der Flavier befiel 
ihn Angst wegen seiner Verwandtschaft mit Vi- 
tellius. Er hatte hauflge Unterredungen mit L. 
(Calpurnius) Piso , dem Proconsul von Africa, von 
deren Inhalt man freilich keine sichere Kenntnis 
hatte (Tac. hist. IV 49). Als ihm die Unruhen 
in Karthago und die Hinrichtung des von Mucian 
entsandten Centurionen auf Befehl Pisos zu Ohren 



Heautontimornmenon examinata interpretatio (so 
in der editio Tarvisiana von 1477) abgedruckt zu 
werden. Der Verfasser, wie er selbst sich nennt 
ego qui dicor Calphnrnius Planxa de Bufinoni- 
btis ex Bordonia agri Bergomatis, geboren 1443, 
starb als Professor zu Padua 1503 und verOffent- 
lichte seinen Commentar zum Heaut. 1476 ( Vene- 
tiis par Antonium Moretum), um den fehlenden 



kamen, schickte er Reiter zu Pisos Ermordung 50 Donat zu ersetzen; seine Quellen sind Donat (in 



aus, die diesen auch wirklich teteten (Tac. hist, 

IV 50. Plin. epist. Ill 7, 12). Er legte hierauf 
Zwistigkeiten zwischen den Oeensern und Lepti- 
tanern bei und schlug die Garamanten, welche 
von den ersteren zu Hfllfe gerufen worden waren, 
aus dem Felde (Tac. hist. IV 50 ; vgl. Plin. n. h. 

V 38). Wohl zur Belohnung fur diese Thaten 
wurde er bereits im Mai und Jnni des nachsten 
Jahres (71) Consul suffectus mit dem Caesar Do- 



den Scholien zu den iibrigen Stiicken), Paulus, 
Gellius, Nonius, die Vergil- und Horazscholien u. a., 
der Commentar ist wertlos. Vgl. Fr. J. Loeffler 
De Calphurnio Terentii interprete , Argentorati 
1882 = Diss, philol. Argentor. VI 265ff. 

[Wissowa.] 
Calpnriiiana, Station der riimischen Strasse 
(Itin. Ant. 402, 7) zwischen Corduba und Urgavo 
(s. d.), in der Ostlichen Baetica, etwa bei Canete 



mitianus (CIG 5838 = IGI 760. CIL VI 2016 60 de las Torres (Guerra Discuiso a Saavedra 89), 



= XIV 2242 = I« p. 59) und von Vespasian 
donatus fhastis] pur is Illlvexi/lis nil eo fronts 
IIII rjallari murali classica afurea'J. In seiner 
weiteren Laufbahn wurde C. curator riparum et 
alvei Tiberis (zwischen 1. Januar und 30. Juni 73, 
CIL VI 1238. 31546), leg(atas) Awj(usti) prfoj 
prfaetore) von Pannonien (schon im J. 73, CIL 
in Suppl. 11194. 11195. 11196 Carnuntum), leg. 



unweit Bujalance, nach Ptolemaios zu den Tur- 
dulern gehsrig (II 4, 9) mit abweichender Orts- 
bestinimung, die etwa nach el Carpio fiihrt, dessen 
Namen man ohne Wahrseheinlichkeit als aus dem 
romischen entstanden ansieht. Die Station wird 
ihren Namen von einem rOmischen praedium er- 
halten haben. [Hiibner.] 

Calpurnianus. 1) Calpurnianus ge- 



1365 



Calpurnius 



Calpurnius 



1366- 



h6rte zu den jungen Senatorensohnen , die den 
Arvalbriidern im J. 145 n. Chr. Dienste leisteten, 
Act. Arv. Ephem. epigr. VIII p. 332. [Groag.] 

2) Calpurnianus , dixaiodoztjs (— iuridicus), 
von Alexandria. Agyptische Urkunden aus d. 
kOnigl. Mus. zu Berlin II 38 nr. 378. Aus nach- 
traianischer Zeit. [Stein.] 

3) Calpurnianus, Feind des Apuleius (apol. 
6. 60). 

4) Calpurnianus s. Antius, Aurelius, Cre- 
pereius, Decrius, Platorius. [Groag.] 

Calpurnius. Die Gens Calpurnia ist plebeisch 
und gelangte ert im letzten Jahrhundert der Re- 
publik zu grOsserer Bedeutung, namentlich in 
dem Hause der Pisones. Erst damals wurde die 
Genealogie erfunden, welche ihren Ursprung auf 
Calpus, einen der vier Sohne Numas, zuriickfuhrt 
(Plut. Numa 21, 1. Hor. ars poet. 292 mit den 
Schol. Fest. ep. p. 47. Paneg. ad Pis. 5. 15). Sie 
setzten seitdem, zuerst Cn. Piso (Nr. 9*5), den Kopf 
dieses KOnigs auf ihre Mlinzen. 1) Calpurnius, 
der auch, nachdem er die Praetur bekleidet hatte, 
den eisernen Ring nicht ahlegte (Fenestella bei 
Plin. n. h. XXXIII 21), kfmnte, da er in die 
Mitte des 7. Jhdts. der Stadt zu gehOren scheint, 
L. Piso Frugi Praetor 642 = 112 (Nr. 97) sein. 

[Miinzer.] 

2) Calpurnius, Adlertriiger der I. Legion, schiltzt 
im J. 14 n. Chr. den Consular L. Munatius Plancus 
(Tac. ann. I 39). 

3) Calpurnius bei Mart. V 54. 

4) Calpurnius,' an den ein Rescript des Kaisers 
Pius. Marcian. Dig. XL 1, 8. [Groag.] 

5) Calpurnius, in einem Brief des Kaisers 
Verus an M. Cornelius Fronto noster genannt. 
Verus ad Frontonem 1 2 p. 115 Naber. [Stein.] 

6) Calpurnius, iibergab der jiingeren Faustina 
einen Brief des Kaisers Marcus. Hist. Aug. Avid. 
Cass. 10, 9. [Groag.] 

7) Calpurnius, praefeetus (wahrscheinlich 
praetorio) uater Claudius Gothicus (268 — 270 
n. Chr.). Acta SS. Febr. IV 753. Vgl. Bor- 
ghesi Oeuvres X 140. [Stein.] 

8) C. Calpurnius, wurde nach dem Bericht 
des Acilius und Claudius Quadrigarius (bei Liv. 
XXII 61, 6, vgl. Soltau Wochenschr. f. klass. 
Phil. VII 1243) bei Cannae gefangen und wegen 
Auslosung seiner Genossen nach Rom geschickt. 
Er konnte mit dem Praetor von 543 = 211 C. 
Piso (Nr. 61) identisch sein. [Miinzer.] 

9) C. Calpurnius, wurde im J. 731 = 23 v. Chr. 
an Stelle eines Verstorbencn Aedilis plebis, ob- 
wohl er schon vorher Aedilis curulis gewesen war. 
Dio LIII 33, 3. 

10) C. Calpufrmus ], Consul suffectus am 

22. Januar und 1. Februar 87 n. Chr. mit L. 
Volusius Saturninus (CIL VI 2065 Acta Arvalium). 
Vielleicht, wie Stevenson vermutet (Bull. d. Inst. 
1885, 24), C. Calpurnius Crassus Frugi Licinianus 
(Nr. 32). [Groag.] 

11) On. (7ai!p(i*rw»i^, Munzmeister im 6. Jhdt. 
der Stadt (Mommsen Miinzwesen 499 nr. 38). 

[Miinzer.] 

12) lulius Calpurnius, s. lulius. [Stein.] 

13) L. Calpurnius, erschien 556 = 198 als 
rumischer Gesandter bei dem Bundestage der 
Achaeer (Liv. XXII 19, 11). 

14) L. Calpurnius, Triumvir capitalis in unbe- 



stimmter Zeit (Val. Max. VIEI 4, 2; Vermutungeir 
iiber die Zeit des hier Erzahlten s. unter C. 
Flavius). 

15) M. Calpurnius, Quaestor 722 = 32 (fasti. 
Venus. CIL 12 p. 66). [Miinzer.] 

16) M. Calpurnius . . . ieus (kaum . . . reus),. 
Consul suffectus am 10. October 96 n. Chr. mit 
Ti. Catius Caesius Fronto. CIL HI p. 861 dipl.. 
XVTII = X 7890 ; vgl. Ill Suppl. p. 1967 dipl. 

10 XXVI. [Groag.] 

17) P. Calp(urnius). Milnzmeister in der Zeit 
der Gracchen, daher zu alt, um mit dem einzigen 
Publius, der sonst wahrend der Republik in dem 
Geschlecht vorkommt (Nr. 49), identiliciert zu 
werden (Mommsen Miinzwesen 522 nr. 104). 

[Miinzer.] 

18) Sex. Calpurnius Agricola (das Praenomen 
im Militardiplom und CIL VII 225), Consul suf- 
fectus am 27. September eines unbekannten Jahres 

20 zwischen 145 und 161 mit Ti. Claudius Iulianus 
(CIL III p. 886 dipl. XLIV). Etwa 162 n. Chr. 
wurde er, als ein Krieg in Britannien auszubrechen 
drohte, von Marcus und Verus dahin gesendet 
(Hist. Aug. Marc. 8, 8). Als Legaten dieser Pro- 
vinz nennen ihn die Inschriften CIL VII 225 
(Coccium). 758. 773. 774 (Magnae). Noch vor 
dem J. 170 nahm er auch am Markomannenkrieg 
teil (CIL III Suppl. 7505 Troesmis). 

19) (Nonius) Calpurnius Asprenas s. Nonius. 
30 20) P. Calpurnius Atilianus Atticus, Consul 

ordinarius im J. 135 n. Chr. mit L. Tutilius 
Lupercus Pontianus (P. Calpurnius Atilianus 
CIL VI 31125; ...mitts Atilianus XIV 4235; 
Atilianus VI 31143. Ill 1078 und sonst; Atticus 
nur beim Chronographen vom J. 354). 

21) C. Calpurnius Aviola, Consul suffectus im 
J. 24 n. Chr. mit P. Cornelius Scipio (CIL 12 
p. 71 fasti Arvalium). Proconsul von Asia im 
J. 37/38 (Miinzen von Smyrna Mionnet III 220 

40 nr. 1228. 1229. 221 nr. 1231. 1232; Suppl. VI 
331 nr. 1641. 1642. Waddington Fastesnr. 79; 
vgl. Klebs Prosopogr. I 275 nr. 199). [Groag.] 

22) Calpurnius Bassus, naturwissenschaftlicher 
Autor, Quellenschriftsteller des alteren Plinius, 
nat. hist. ind. 1. XVI— XIX. XXI. XXH. 

[Stein.l 

23) L. Calpurnius Bestia. Als Volkstribun be- 
antragte er 633 = 121 die Zuriickberufung des 
von C. Gracchus verbannten P. Popillius Laenas 

50 (Cic. Brut. 128). Zum Consulat gelangte er 643 
= 111 (f. Cap. Lex agrar. CIL I 200 v. 95; 
vgl. XI 364 a. Chronogr. Idat. Chron. Pasch. Val. 
Max. I 8, 11. Oros. V 15, 1. Obsequ. 39. Cassiod.) 
und erhielt Numidien zur Provinz. Er schloss 
ein Biindnis mit Leptis (Sail. lug. 77, 2f.) und 
fing an, den Krieg gegen Iugurtha mit Nach- 
druck zu fiihren, aber gar bald liess er sich von 
dem KOnige bestechen und gewahrte ihm einen 
ungemein gnnstigen Frieden (Sail. lug. 27, 4 — 29, 

60 7. Liv. ep. LXI. Flor. I 36, 7. Eutrop. IV 26, if. 
Oros, V 15, 4, ungenau Plut. Mar. 9, 3 nach SalL 
85, 16), worauf er zu den Wahlen nach Rom reiste 
(Sail. 29, 7. 32, 2). Die allgemeine Erbitterung 
fiber die schmachvolle Kriegfiihrung forderte seine 
Bestrafung; er wurde auf Antrag des Tribunen 
C. Mamilius Limetanus zur Verantwortung ge- 
zogen und verurtcilt, obwohl sein mitschuldiger 
Legat M. Scaurus zu den Richtern gehorte und 



1367 



Calpurnius 



Am beistand (Sail. 40, 5. Cic. de orat. II 283- 
S? ™K ^rscheinlich ist er der Bestia, der 
flW = 90 freiwilhg ins Exil ging, als das neue 
Hochverratsgesetz des Q. Varius alle die bedrohte 
vvelche mit den Bundesgenossen in Verbindunff 
standen (Appian. b c I 37). Nach dem UrteS 
ballusts und auch Ciceros war er ein tfichtisrer 
Mann in dem jedoch Habsucht alle guten Eigen- 
schaften uberwog Eine karthagische Inschrift 
aer Kaiserzeit suhmnt: iim „i, m:x_i-_j - 



Calpurnius 



1368 



1369 



Calpurnius 



der Kaiserzeit sTheirT ihn als^M toKedSlO H^R 6 ^rW wissen wir nur dure] 
Tr umv iralcolIegiumg m nennen | C f L fin SubbI 10 21^^"^^ ^& ¥*»*. 



Tri^^i i ^— "« i"u ais mrugnea ernes 
12S glUmS ZU nen " en (0IL YI11 Su PP L 

24) L. Calpurnius Bestia war im J. 691 = 63 
leilnehmeran der catilinarischen Verschworung 
™d desigmerter Volkstribun (Sail. Cat. 17, Sf 
Nach dem Plane der Verschworenen sollte er 
bald nach seinem Amtsantritt Offentlich Anklage 
gegen den Consul Cicero erheben und damit dls 
Zmchen fur den Ausbruch der Eevolution geben 



schen Antonms und Octavian zu vermitteln ge- 
habt und war z. B. 719 = 35 in solcher diplo- 
matischer Sendung m Rom (Appian. IV 38. V 132 
Hor. sat. I 10 86). Vermahlt war er wahrschein: 
hch mit einer Domitia (CIL 71 5876. 9523. 16988 
Borghesi Oeuvres II 56. 93ff.). [Munzer.l ' 
Von schriftstellerischer Thatigkeit des Bibu- 
lus, der als gelehrter Freund des Horaz von diesem 
sat. 1 10, 8b genannt wird, wissen wir nur durch 



a. 0. 43, 1, ungenauer App an 1 I 3 f Da 20^^ ^ «T -l^ den BibuIns citiert 
-a im Keime erstickt wurde^konnte C.. IS'Jj- ^ t Z. "±TZ ^*™*?" selbst vor sich 8? 



sie irn Keune ersfackt wurde, konnte C, der straf- 
los bheb und sem Amt ubernahm, nur gezen den 

JtS °°Tl fl S ^ efti ^ en Angriffe richten 
{Cms. Sest 11 u Schol. Bob. z. d. St. p. 294. Sull. 
31 u. Schol. Bob. z. d. St. p. 366. Plut Cic. 23, 1) 
Calpurnius Bestia, gegen den M. Caecilius die An- 
Mage erhob, mehrere seiner Prauen vergiftet zu 
iaben (Phn. n h XXVU 4), kann mit diesem 
o-w Pol g;enden identisch sein 



^"^ctvoyv Bqovxov yeygaftfidvov for* aizov (d. 
h Bibulus) diaoco&m. Aus dieser Schrift ist 
Plutarch Brat 23 (ravra fth, S rrj S noe X ( as vio S 
wxoQrixi >.Bvpkos) 1 entnommen, wo eine Ausserung 
des Brutus iiber Porcia berichtet wird. Das Buch 
ZL^Ta ^ erill g en Umfang gehabt haben kanni 
schernt demnach etwa Apophthegmata des Brutus 
enthalten zu haben. tfbrigens beweist die unbe- 
stimmte Art, wie Plutarch den Bibulns citiert. 



.25) L. Calpurnius Bestia, ohne Zweifel ver- 30 SeLenTes C*Sr ^f " g \ g Pf laflel 
* ed t™ dem Vorhergehenden, war Aedil (cfc. ^S^^^'H^l G ?P"Mer diesem 



o»h«j ~~ r ~~^» ^™m, omie iweiiei ver 

^ od t n J? n * aD Vorhergehenden, war Aedil (Cic. 
Phil. XIII 26) und ein Prennd des M. Caelius 
Eufus (Cic. Cael. 26), des Cicero und des P 

«S' 'I 611 ? ™ e \ nem An^ff des Clodius in 
Sicherheit gebracht hatte. 698 = 56 wurde er 
d? amhtu, wahrscheinlich bei der Bewerbung urn 
diePraetur begangen, angeklagt und trotz der 
Verteidignng ; durch Cicero (ad Q. fr. II 3, 6; Cael. 
26) vernrteilt. Er kam nicht tiber die Aedilita 



i,„vj. j -■"-"" ^urooujia seiusu vor sicn ge- 
habt, sondern beide Stellen aus einer Mittelquelle 
ubernommen hat. Es muss deshalb auch als aus- 
geschlossen erscheinen, noch weitere Stellen aus 
Plutarchs Biographie des Brutus aufBibulus zu- 
rnckzufuhren wie es Peter Die Quellen Plutarchs 

os^M^ 11 ! • . [Cichorius.] 

<mc 8 > ^- ^purmus Bibulus, Sohn eines Gains 
(O10r 11 1880), wird bisweilen irrig Lueius ge- 
nannt. Seme politische Laufbahn ging parage! 



hinaus. 701 = 43 schloss er sich an M E10C J ^e suchte er eine Versohnung mit 
an und gedachte sich um das Consulatzu bewer St T '17^, da !, C l nSU i at ?» .f ^ngen (Cic. ad 



ben (Cic. Phil. XI 11; T gL Xn 20. XIII 2. 26) 

0£\ n rn i • s ^., [Munzer.l 

£? C - (Calpurnius) Bibulus, Aedil im J. 22 
n Chr fuhrte als solcher Klage uber den iiber- 
handnehmenden Aufwand, Tac. ann. Ill 52. 

M 2 h-IV C ?xT PUr „ n i US B!bulus ' fritter Solnf'Ls 



a —a i um ™' ucgenuoer aiesem 

v^ S lln° SSe L Sah er sich schon wahrend der Aedi- 
Iitat 689 == 65 so in den Hmtergrund gedrangt, 
dass er selbst dariiber spottete (Dio XXXVII 8 2 
Suet Caes. 10), und die Spannung zwischen beiden 
wurde noch grosser wahrend der Praetur 692 
- b2 , m welcher Bibulus die beabsichtigte Er- 
hebung von Anhangern Catilinas im Gebiet der 
Paehgner unterdriickte (Oros. VI 6, 7) Im fol 
genden Jahre suchte er eine VersOhnun? mit 



suchte ihm nach dem Tode seiner Bruder 704 [ - ™ tl„« T™ " ich t- . Naturgemass trat sein Amts- 
f das Augurat zu verschaffen ^t?^. Ti™ fZ^Z^ll^^ 



50 das Augurat zu verschaffen (Cic. ad fam. II 
17, 6 ) der Stiefvater M. Brutus 710 = 44 ebenso 
«rfolglosdasPontificat(Cic. ad Brut. I 7 1 14 U 
S g l« vn oJl zmn i Stndium nach Ath'en (Cic.' 

tL ^ ? 3 |'- 2) U ? d ScMoss sich s P at «, wah- 
Tend ihn die Tnumvirn in Rom vielleicht auf die 
Proscnphonslisten setzten (Appian. b c IV 38) 
ebenso wie die anderen ihm befreundeten jungen 
Leute in Athen an Brutus an; er fuhrte auf dem 



■■Li \'r}}' , wurde mit iim f«r 695 = 59 
gewahlt (CIL I 729. 602 = V 4087. Chronogr. 
Idat. Chron Pasch. Eutrop. VI 17, 1. Oros. VI 
7, 1. Ca SS1 od Suet. Caes. 19. Schol. Bob. p. 304. 

?,f< IV a 10 'J- Pltti Caes - 14 > !■ Di0 xxxvni 

ma.). _ Aus Besorgnis vor Caesar war den Con- 
suln em ganz untergeordneter Geschaftskreis zu- 
gewiesen worden (Suet.), aber jener kflmmerte 
sich darum nicht. Naturgemass trat sein Amts- 

~„ J _„ /-i - _ 11,. 



Marsch nach Philippi dessen VoAut Sp D ? Bn TV fin , t t ^ l f> i ; Pom P- 48 ' ^ snchte ^ ™ 
104). Nach der NiXlage ergabSh fitl 42 6 ° 2^^,tl^^^^ 7^^ 



104). Nach der Niederlage ergab er sich 712 = 42 
« it£ v S Und , faat in dessen Di «^te (a. O. 
flT™ 7* *a WUrde 1 ? nter ihm Praefectus classis, 
tZr % 34 - ZUm Praetor d ^igniert und Statt^ 
halter yon Synen, wo er um das J. 722 = 32 

Sonnii PP ,Tl- b "- C - IV 3 ? ; S ^ r - 5L Babelon 
Monnaies de la rep. romaine 1304. Cohen Me 1 - 
dailles impenales 148). Mehrfach hatte er zwi- 



„„;_ a 1 ~ r ™« ^i v-cgiici uiiu uejtainpite 

seme Ackergesetzgebung auf das heftigste (Suet. 
20. Liv ep . CIII. Dio XXXVUI 4, 3. 6, 1-6 
Appian. b. c. H 10-22. Plut. Pomp. 47, 3 48 1- 
Cat mm. 31, 3 32, I). Nachdem jedoch sein 
Widerstand m dieser Prage sich als ohnmachtig 
erwiesen hatte zog er sich von alien Amtsgeschaf 

fw Ur v°n S TT da A S C . ae ^ r ei S entIich allein regierte 
S r " 4 *' S - Cic - y at. 22. Dio. Appian. 
Plut. Caes. 14, 4; Pomp. 48, 4), suchte ihn nur 



oil™ n ■!■ v, , ^lAwiung, er werae an 

alien Comitialtagen den Himmel beobachten (Cic 

™l- r ,? s Pvt 8 vi de domo 39f - Scho1 - Bob. p. 263.' 
317. Dio XXXVIII 13, 5), und durch Edicte, denen 
on° e J° ^ chllochisch e Scharfe nachruhmt (ad Att. II 
£0,6. 21, 4; Proben daraus bei Suet. Caes. 9. 49) 
Uatur wurde er von der Gegenpartei mit beissen- 
dem Spott und Hohn ilberschiittet (Cic. ad Att 
II 19, 2. Suet. 20. Dio XXXVUI 8, 2), von Ser- 



vilius Caepio (Suet. 21), no'ch mehr von Vatinius 
angegriffen (Cic. Vat. 21 ff. 24. Schol. Bob. z. d. 
St. p. 318. Dio XXXVUI 6, 6) und von dem 
Volkstribun P. Clodius, dessen Adoption er sich 
umsonst widersetzt hatte, gehindert, die ubliche 
Kede bei der Niederlegung des Amtes zu halten 
(Dio XXXVUI 12, 3). Man hatte auch gesucht, 
ihn in die angebliche Verschworung gegen Pom- 
peius zu verwickeln, wahrend er diesen gerade 
gewarnt hatte (Cic. ad Att. II 24, 2. Appian. II 
12. Dio XXXVUI 9, 3). In der folgenden Periode 
spielte Bibulus im Senat eine gewisse Rolle; im 
J. 697 = 57 beantragte er, die Entscheidung iiber 
Ciceros Hausbau den Pontifices zu iiberweisen (Cic. 
de domo 69), im J. 698 = 56, den Ptolemaios 
Auletes nicht durch bewaffhete Intervention, son- 
dern durch Gesandte nach Agypten zuruckzu- 
filhren (Cic. ad fam. 1 1, 3. 2, If.). Als derBruch 
zwischen Caesar und Pompeius nahe war, neigte 
er dem letzteren zu; er stimmte, im Senat als 
erster befragt, fur die Ubertragung des alleinigen 
Consulats an ihn (Plut. Pomp. 54, 4; Cat. min. 
47, 2. Dio XL 50, 4. Ascon. Mil. p. 31) und be- 
kampfte den Anspruch Caesars auf dieses Amt 
(Eutrop. VI 19, 2). 703 = 51 ging er als Statt- 
halter nach Syrien (Liv. ep. CVUI. Val. Max. IV 
1,_ 15. Dio XL 30, 1. Appian. Syr. 51; b. c. V 10). 
Cicero als Proconsul in Kilikien war sein Nach- 
bar und erwahnt ihn daher oft in seinen Briefen 
aus dieser Zeit; seiner inneren Verwaltung zollt 
er Anerkennung (ad Att. VI 1, 13. 15), iiussert sich 
aber geringschatzig fiber seine Massnahmen gegen 
die Parther, obwohl ihm dafiir ein Dankfest be- 
willigt wurde (ad Att. VI 5, 3. 8, 5. VU 2, 6: fam. 
II 17, 2ff. VIU 6, 4. XII 19, 2. XV 1, 1; vgl. 
Caes. b. c. m 31, 3. Plut. Ant. 5, 2). Im Marz 
705 = 49 kehrte Bibulus nach Italien zuriick, be- 
gab sich bald darauf zu Pompeius (Cic. ad Att. 
IX 9, 2) und erhielt den Oberbefehl iiber dessen 
gesamte Motte (Caes. b. c. Ill 5, 4. Dio XLI 
44, 3. Appian. b. c. II 49. Plut. Cat. min. 54, 2). 
Zum Hauptquartier watllte er Corcyra, wo ihn 
eine Inschrift als Patron der Stadt rfihmt (CIG 

II 1880). Infolge seiner Nachlassigkeit gelang 
es Caesar, nach Epirus iiberzusetzen (Caes. b. c. 

III 7, Iff. Oros. VI 15, 11), aber er machte diesen 
grossen Fehler wieder gut, indem er dreissig 
Schiffe, die Verstarkungen aus Italien holen wollten, 
vcrbrannte (Caes. UI 8, 3. Dio) und durch zweck- 
massige Verteilung seiner Flotte und angestreng- 
ten Wachtdienst den Feind ganzlich von der Heimat 
abschnitt (Caes. Ill 15, Iff.). Infolge der grossen 
Strapazen erkrankte er und starb noch vor den 
Kiimpfen bei Dyrrhachion (Caes. UI 18, 1. Dio 
XLI 48, 1); nach Oros. VI 15, 10 hat er den Tod 
gesucht. Als Redner schildert ihn Cic. Brut. 267: 
iiber seinen Charakter urteilen die Gegner wenig 
gunstig (Ps.-Sall. ad Caes. 9, 1); namentlieh wirft 
Caesar (b. c. UI 14, 3. 16, 3) ihm Jiihzorn und 
Grausamkeit vor. Andere Berichte zeigen ihn 
dagegen in einem weit besseren Lichte (Cic. Phil. 
U 23. XUI 29. Invect. in Sail. 12. Sen. cons, ad 
Marc. 14, 2. Val. Max. IV 1, 15). Bibulns war 
vermahlt mit Porcia, der Tochter Catos und spa- 
teren Gemahlin des M, Brutus, die ihm drei Sshne 
gebar (Plut. Cat. min. 25, 2; Brut. 13, 2; vgl. 
Mommsen Herm. XV 99). Von diesen wurden 
zwei wahrend seiner syrischen Statthalterschaft 



Calpurnius 



1370 



von Soldnern des Gabinius niedergehauen (Caes. 
b. c.UI 110, 6). Nahere Umstande sind nicht 
iiberliefert, sondern nur, dass der Vater seinen. 
Schmerz bezwang und die private Rache an den 
Mordern verschmahte (Val. Max., ungenauer aus 
dem Gedachtnis Sen.; vgl. Cic. ad Att. VI 5, 3). 

[Miinzer.] 
29) M. Calpurnius Oaelianus, vfirj e(gregius) T 
proefurator) vmipraefffeetusj] oder prae[sesj Sar- 

10 diniae unter den Eaisern M. Aemilius Aemilianus, 
sowie Valerianus und Gallienus im J. 253/54 n. Chr , 
CIL X 8011. 8012. 8033; vgl. p. 1020. Ephem. 
epigr. VIU 751. 774. 781a. 782. Hingegen ist 
CIL X 8000 kaum auf ihn zu beziehen, da trib. 
pot. V cos. II weder auf Aemilianus noch auf 
Valerianus passt, denn Aemilianus hat iiberhaupt 
nur wenige Monate regiert, und Valerianus 3. Con- 
sulat fallt schon mit der trib. pot. Ill zusammen. 

[Stein.] 

20 30) Calpurnius Celerianus, an den Hadrian 
ein Rescript richtete, Ulp. Dig. XLVUI 18, 1, 22. 

[Groag.] 

31) Calpurnius Crassus, Legat des Regulus in 
Africa, also 498 = 256, und Held einer romanti- 
schen Liebesgeschichte (Plut. Par. min. 23 nach 
einem unbekannten Autor Hesianax). Die Notiz 
verdient schwerlich Vertrauen. [Munzer.] 

32) C. Calpurnius Crassus Frugi Licinianus 
wird auf einer stadtromischen Inschrift, die wohl 

30 seine Grabschrift war, aber absichtlich getilgt ist 
(CIL VI Suppl. 31724), genannt. Er ist allem 
Anschein nach identisch mit dem unter Nerva f 
Traian und Hadrian erwahnten Calpurnius Crassus 
Frugi (Calpurnius Crassus Dio LXVUI 3, 1. 
Epit. de Caes. 12, 7. Zonar. XI 20 ; Frugi Crassus 
Hist. Aug. Hadr. 5, 5). Nachkomme der (Licinii) 
Crassi (Dio LXVin 3, 2), genauer gesagt, des 
M. Licinius Crassus Frugi, cos. 27. Consul (suf- 
fectus in unbekanntem Jahre, vielleicht 87, s. o. 

40 C. Calpufmius] Nr. 10), Pontifex, Gemahl der Age- 
dia Quintina (Inschrift). Unter Nerva zettelte er 
eine Verschworung gegen den Kaiser an und suchte 
die Soldaten durch masslose Verheissungen zu 
gewinnen. Sein Plan wurde jedoch verraten, worauf 
sich Nerva grossmutig damit begnugte, ihn mit 
seiner Frau nach Tarent zu verweisen (Dio LXVIII 
3, 2. Zonar. XI 20. Epit. de Caes. 12, 7). Auch 
gegen Traian verschwor sich Crassus; vor den 
Senat gebracht, wurde er bestraft (Dio LXVIU 

50 16, 2) und zwar mit der Verweisung auf eine 
Insel (dies ist aus Hist. Aug. Hadr. 5, 6 zu 
schliessen). In den ersten Tagen von Hadrians 
Kegierung forderte Caelius Attianus diesen auf, 
Crassus zu toten, ohne dass jedoch Hadrian darauf 
einging (Hist. Aug. Hadr. 5, 5). Spater totete 
ein Procurator den Crassus, als er die Insel, neue 
Umwalzungen im Sinne fuhrend, verliess (Hist. 
Aug. Hadr. 5, 6). 

33) Ser. Calpurnius Domitius Dexter, Consul 

60 des J. 225 n. Chr. Seine Laufbahn enthalt die 
nach seinem Tode von seiner Tochter gesetzte In- 
schrift CIL VI 1368 = XIV 3993. Er war dar- 
nach triumvir momtalis. [q]ua[est]or candidatus, 
praetforj tutelfarisj — also Patrizier, vgl. Momm- 
sen St.-R. 13 555 — eurfator) via[e] Aefmfi- 
Uae)] et alimentorum, e[ur. rei p(ublicae.)] Min- 
turnensium — hier ist in der Inschrift einiges 
zerstOrt — item Calmorum, [legfatusj] pro- 



1371 



Calpumius 



Calpurnius 



1372 



m(inciae) Asiae. Consul ordinarius im J. 225 mit 
Ti. Manilius Fuscus II (OIL VI 1984. 2107. 3001. 
Till Suppl. 15497. 18830 u. s. w.). XVvfr saefris) 
faofiundis), Promagister des Collegiums im J. 213 
(CIL X 6422). Vater der Calpurnia Eufria Aemilia 
Domitia Severa^ (Nr. 136), CIL VI 1369. _ Welche 
verwandtschaftlichen Beziehungen ihn mit C. Do- 
mitius Dexter Cos. II 196 und mit Calpurnius 
Maximus (Nr. 55, s. d.) verbanden, ist nicht ganz 
klar. [Groag.] 

34) L. (?) Calpurnius L. f. Ouf(entina) Faba- 
tus, romischer Ritter, Grossvater der dritten Frau 
des jungern Plinius, dessen Landsmann er war 
{Plin. ep. V 11, 2). Seine Laufbahn ersehen wir 
aus der Inschrift CIL V 5267 : VIvir , Illlvir 
i(ure) dficundoj, praef(e,ctus) fabr(um), tribfu- 
nusj iterum leg(ionis) XXI rapacfis), [prjae- 
f(eetus) colutrtis VII LusitanforumJ [et] natio- 
n(um) Gaetuliearum sex quae sunt in Numidia. 
Unter Nero wurde er dann als angeblicher Mit- 
wisser des wegen Incests angeklagten (L. Iunius) 
Silanus (Torquatus) im J. 65 n. Chr. mitangeklagt, 
entging jedoch der Verurteilung (Tac. ann. XVI 8). 
Hierauf zog er sich in seine Vaterstadt Comum 
zuriick, wo er das Priesteramt eines flamen dim 
Aug(usti) bekleidete und Patron des Municipiums 
wurde (CIL V 5267). Plinius erwahnt ihn sehr 
Mufig in seinen Briefen, an ihn gerichtet {Fabato 
prosocero suo) sind IV 1. V 11. VI 12. 30. Villi. 
16. 23. 32. VIII 10. Er besass ausser einigen 
Landgiitern (V 30, 2. VIII 20, 3) audi ein nicht 
unbedeutendes VermCgen, das er zum Teil gemein- 
niitzigen Zwecken zuwendete. Seinen Sohn, den 
Vater von Plinius Gemahlin, der im J. 105 schon 
tot war (IV 19, 1; vgl VILT 11, 3), iiberlebte er 
und starb hochbetagt (VII 23, 1. VHI 10, 2) im 
J. 112 (Plin. ad Trai. 120, 2). Seine Tochter ist 
die Calpurnia Hispulla Nr. 132. Vgl. iiber ihn 
Mommsen Index zu Keils Plinius s. v. 

[Stein.] 

35) Calpurnius Flaccus, Zeitgenosse des (Ma- 
surius) Sabinus, Pomp. Dig. XL 5, 34, 2. 

36) Calpurnius Flaccus , an den der jtingere 
Plinius epist. V 2 richtete. 

37) [G Calpurnius] Flaccus erganzt Bor- 
ghesi (Oeuvres III 386) in der Inschrift CIG 
2638. Seine Erganzung ist vollig unsicher, s. 
unter Flaccus. 

38) Calpurnius Flaccus, an den ein Rescript 
Hadrians, Paul. Dig. XXXVII 9, 8. 

39) Calpurnius Flaccus, an den ein Rescript 
der Kaiser Severus und Antoninus, Ulp. Dig. IV 
4, 22. [Groag.] _ 

40) Calpurnius Flaccus, Rhetor der Kaiserzeit, 
aus dessen Schulreden ahnlich wie aus denen des 
Rhetors Seneca Auszuge gemacht woiden sind. 
Die auf uns gekommene , aus 51 Stiicken be- 
stehende Sammlung enthiilt ErOrterungen fur und 
wider in moglichst verwickelten, zum Zwecke der 
Ubung erdichteten Rechtsfallen. Besonders die 
altera pars ist recht diirftig und fehlt von der 
10. Declamation ab ganz. Urn sich von der Diirf- 
tigkeit der Excerpte eine VoTstellung zu machen, 
vergleiche man z. B. die Declamation iiber den 
miles Marianus bei Calp. 3 mit der bei Ps.- 
Quint. 3, in der man jedoch schwerlich das Ori- 
ginal fur das C. -Excerpt wird suchen diirfen 
{Ritter Die quintil. Declam. , Freiburg u. Tu- 



bingen 1881, 268f. Anm.). Die Themen erinnern 
vielfach an die aus Seneca und Quintilian be- 
kannten (beispielsweise 39 an Sen. Exc. VI 6. 
Quint. 354) ; bevorzugt sind Themen, die sich mit 
der Entfiihrung von Madchen und Verstossung 
von Kindern, mit Belohnungen fiir viri fortes und 
Strafen fiir desertores und mit dem scharfen 
Gegensatze zwischen dimites und pauperes be- 
fassen; Prostitution in jeder Form, Schandung, 

lOEhebruch, schmahliche Behandlung und unge- 
rechte Misshandlung von Kindern, Frauen, Vatern, 
Blendung, Giftmischerei, Totschlag, Selbstmord, 
Streben nach der Tyrannis und Tyrannenmord, 
Anmassung des Burgerrechtes und laesa respu- 
bliea erschOpfen so ziemlich den Kreis der von 
C. behandelten Themen. Die Darstellung ist reich 
an Sentenzen, Exclamationen, Fragen und Figuren 
aller Art. die Sprache weist in Ausdruck und 
Satzbau friihestens auf das 1. nachchristliche Jhdt., 

20 wobei vorausgesetzt wird, dass die Excerpte sich 
ahnlich wie die aus Seneca eng an das Original 
angeschlossen haben. Gewohnlich setzt man unsern 
C. in die Zeit der Kaiser Hadrian und Antoninus 
Pius (vgl. Ausg. von Burmann 793. Wester- 
mann Gesch. d. Bereds. II 266), nach Borghesi 
dagegen Mem. dell 1 Inst. I 48 — 51 = Oeuvr. Ill 
385 — 388 ist er eine Person mit dem einer spani- 
schen Familie entstammenden Consul des J. 96 
Nr. 16 und dem Freunde des jiingeren Plinius (ep. 

30 V 2) Calpurnius Flaccus Nr. 36 und vielleicht ein 
Schiller Quintilians. Fiir die Zeit, wann die Excerpte 
gemacht worden sind, lasst sich nur der terminus 
ante quern angeben, d. i. das 10. Jhdt., aus dem 
die alteste Hs., die uns die ersten Excerpte iiber- 
liefert, der Cod. Montepessulanus 126 stammt; 
ausserdem sind uns alle 51 Excerpte durch zwei 
engverwandte Hss. aus dem 15. J hdt. bekannt, einen 
Cod. Monacensis und einen Chigianus; verschollen 
ist ein von Campanus (f 1477) eingesehener Codex 

40 vefustus (iiber den Ritter Ausg. v. Quint, decl. 
XII — XVIII). Friihzeitig wurden zu Schulzwecken 
umfangliche Sammlungen von Declamationen und 
Excerpten aus solchen angelegt; Reste solcher 
Sammlungen liegen uns auch in den genannten Hss. 
vor. Im Montepessulanus folgen unsere Excerpte 
auf Quintilians Declamationen und die Excerpte 
aus Seneca unter der Uberschrift Incipit ex Cal- 
purnio Flaeco exeerptae • exeerpta • X • rethorii 
minorum ■ uxor tyrannicida (so nach Bursian 

50 Ritter Ausg. v. Quint, decl. VI; exeerptae fehlt 
in Schenkls Beschreibung der Hs. bei Miiller 
Sen.-Ausg. XXV, exeerpta bei Ritter Die quintil. 
Declam. 269f. Anm.); im Monacensis und Chigianus 
folgen sie unter wortlich ubereinstimmender Uber- 
schrift (nur ineipiunt statt incipit, Ritter Ausg. 
IX. XI) unmittelbar auf Quintilians Declamationen. 
Daran, dass wir es mit Excerpten eines Unbe- 
kannten aus C. und nicht mit Excerpten des C. 
aus 10 rketores minores zu thun haben, ist nicht 

60 zu zweifeln, da immer nur die Auffassung eines 
Khetors gegeben wird. Fraglich konnte sein, ob 
wir die Uberschrift mit Hertz dahin zu deuten 
haben, dass ausser den Excerpten aus C. noch 
solche von 9 weiteren Rhetoren (nach dem Codex 
des Campanus Antonius Iulianus) in der Samm- 
lung ursprunglich enthalten waren (dann hatte 
sich der Specialtitel ex C. F. exeerptae yor den 
allgemeinen Titel exeerpta X rlietorum minorum 



1373 



Calpurnius 



Calpurnius 



1374 



verirrt) oder mit Ritter Die quintil. Declam. 270 
Anm. dahin, dass des C. Werk wie das mit ahn- 
licher Kiirze in demselben Montepessulanus citierte 
"Werk des Seneca (Hie iam incipit Seneca decern 
retoru feliciter, Kiessling Ausg. 140. Miiller 
Ausg. 1. XXV) aus 10 Biichern bestanden habe 
{also Excerpte aus C. F. und zwar aus dessen 
10 Biichern rhet. min.); wahrscheinlicher ist die 
«rste Ansicht. Herausgegeben wurden die Ex- 



dessen Bitten ihm der Kaiser zwei Procuraturen 
verliehen hatte, Fronto ad Antonin. Pium 9 p. 170 
Naber. [Stein.] 

49) P. Calpurnius Lanarius erschmg 673 = 81 
den Iulius Salinator, der im Auftrag des Sertorius 
die Pyrenaeenpasse besetzt hielt (Plut. Sert. 7, 3 ; 
vgl. Sail. hist. I 95 Maurenbr.), und hatte einen 
Process mit T. Claudius Centumalus, den M. Cato 
zu seinen Gunsten entschied (Cic. off. Ill 66, dar- 



-cerpte zusammen mit den quintilianeischen De- 10 aus Val. Max. VLTI 2, 1) , vgl. Nr. 17 
.i--„_j„' _ x td..-. , t>„...~ it; an. „-. nv 



•clamationen zuerst von Pi thou, Paris 1580; es 
folgten die Ausgaben vonGronov, Leiden 1665. 
Obrecht, Strassburg 1698,761—806 und Bur- 
mann, Leiden 1720, 791—838. Uber den Wert 
-der Ausgaben vgl. Ritter XXII— XXV; eineneue 
kritische Ausgabe erscheint dringend notig. tiber 
C. iiberhaupt Teuffel-Schwabe R8m. Litt.5 
886. 804. Schanz Rom. Litt. II 443. 

[Brzoska.] 

41) C. Calpurnius Flaccus, Consul suffectus20 
am 15. December eines unbekannten Jahres mit 
1. Trebius Germanus (CIL VI 10241); vgl.Klebs 
Prosopogr. I 277 nr. 214. [Groag.] 

42) M. Calpurnius Flamma (Vorname M. bei 
Liv. und Plin., nirgends /.., wie o. Bd. II S. 2080 
gesagt wird) , als der rSmische Leonidas in ien 
Annalen gefeiert, die nach dem Muster seiner 
Thaten eine Erzahlung iiber den iilteren P. Decius 
Mus ausgestalteten. C. war Kriegstribun im ersten 



[Miinzer.] 

50) Calpurnius Longinus, Advocatus fisci im 
J. 166 n. Chr. (Pttdente ct Pollione consulibus), 
Dig. XXXVIII 4, 8. [Stein.] 

51) Ti. CI. Flavianus Titianus Q. Vilius Pro- 
c(u)lus L. Marcius Celer M. Calpurnius Longus 
s. Claudius. 

52) C. Vaternius Calpurnius Lucretianus s. 
Vaternius. 

53) P. Calpurnius Macer Caulius Rufus, Legat 
von Moesia inferior im J. 112 (CIL ni 777 Troes- 
mis; Suppl. p. 1974 dipl. XXXVILT) zur selben 
Zeit, wahrend der jiingere Plinius die Statthalter- 
schaft von Pontus und Bithynicn bekleidete (Plin. 
ad Tr. 42. 61. 62. 77). Plinius richtete an ihn 
den Brief V 18, in welchem er sein Gluck preist 
und seiner Gattin sowie seines Sohnes Erwahnung 
thut. Vielleicht ist auch Plin. epist. VI 24 (Macro) 
an C. adressiert. Entweder C. selbst oder sein 



punischen Kriege und befreite durch seine und 30 Sohn , der dann Calpurnius Macer Rufianus _ge- 



seiner dreihundert Gefahrten heldenmutige Auf- 
-opferung das consularische Heer, welches 496 = 
258 bei Camarina in einen Hinterhalt geraten 
war; er allein von der ganzen Schar soil sich, 
-obwohl schwer verwundet, gerettet haben (Liv. 
ep. XVn. XXII 60, 11. Flor. I 18, 13. Ampel. 
■20, 5. Oros. IV 8, 2. Plin. n. h. XXLT 11. Auct. 
de vir. ill. 39, 3. Zonar. VIII 12). Nach Front. 
I 5, 15. IV 5, 10 stimmten die meisten Autoren 



heissen hatte, ist auf der Inschrift Arch.-epigr. 
Mitt. XVII 89 nr. 15 (Tomi) genannt. 

[Groag.] 

54) Calpurnius Maximus, Procurator aquarum 
im J. 177, Notizie degli Scavi 1895, 346; vgl. 
Hirschfelds Bemerkung Verw.-G. I 168. 

[Stein.] 

55) Calpurnius Maximus, Senator, in den Acta 
lud. saec. vom J. 204 n. Chr. genannt (Ephem. 



iiber den Namen des Helden iiberein; doch einige 40 epigr. VIII p. 280, dazu Mommsen p. 296). Die 
<z. B. Cato bei Gell. HI 7,48) nannten ihn Q. in denselben Acta (p. 287f.) erwahnte Bufria 
€aedicius, andere (Claudius Quadrigarius bei Gell.) [Cal]purn[i] . . . . mi war vielleicht seine 



Laberius. [Miinzer.] 

43) Calpurnius Front [must] , dessen Ge- 
mahlin in den Acta lud. saec. vom J. 204 n. Chr. 
genannt war (Ephem. epigT. VIII p. 288). Ver- 
mutlich Verwandter des Folgenden. 

44) C. Arrius 1 Calpurnius Frontinus Honoratus 
s. o. Arrius Nr. 17. 



Gemahlin. Ist diese Vermutung begrundet, so 
diirfte er zu Ser. Calpurnius Domitius Dexter 
(Nr. 33), dessen Tochter Calpurnia Eufria Aemilia 
Domitia Severa hiess, in verwandtschaftlichem 
Verhaltnis gestanden haben. [Groag.] 

56) Q. Calpurnius C. f. Quir(ina) Modestus, 
proc(urator) Lucaniae, proc. Ostiae ad anno- 



45) C. (Calpurnius) Frugi erscheint als Patron 50n(am), proc. Alpium, CIL XIV 161 = Dessau 



.eines Freigelassenen CIL V 495 (Capodistria). 
Naher Verwandter des C. Calpurnius Crassus Frugi 
Licinianus (Nr. 32) und des C. Calpurnius Piso 
Crassus Frugi Licinianus (Nr. 91) oder vielleicht 
identisch mit einem von diesen. 

46) Calpurnius Galerianus, Sohn des C. Piso 
(Nr. 65), Consobrinus und Schwiegersohn des L. 
Piso cos. 57 (Nr. 79), fand, Ende des J. 69 n. 
Chr. auf Befebl des Licinius Mucianus, der ihn 



1427. [Stein.] 

57 ff.) Calpurnius Piso. Der Beiname wird 
abgeleitet von pisere, pinsere (Plin. n. h. XVIII 
10. Paneg. ad Pis. 16f.). Als Vornamen finden 
sich in republicanischer Zeit C. On. L., einmal Q. 

[Miinzer.] 
In der Kaiserzeit gehOrten die Pisonen zur 
hOchsten Aristokiatie. Ihre Vornehmheit setzte sie 
der Aufmerksamkeit der Menge, aber auch dem 



als eventuellen Thronpraetendenten f urchtete. ge- 60 Misstrauen der Kaiser_ aus. Das letztere war der 



fetet, ein friihes Ende, Tac. hist. IV 11. 49. 

47) Calpurnius Iulianus, leg(atus) legiionis) V. 
Macfedonicae), legfatusj Aug(usti) pr(o) prfae- 
torejL [provfinciaej] Moes[i]ae [superiori]s, CIL 
IH 1566 (adMediam); vgl. Domaszewski Arch.- 
epigr. Mitt. Xin 144, 81. [Groag.] 

48) Sex. Calpurnius Iulianus, rOmischer Ritter, 
Freund. des Rcdners M. Cornelius Fronto, auf 



Grund, dass nicht wenige von ihnen eines unnatiir- 
lichen Todes starben, des Strebens nach der Herr- 
schaft entweder schuldig oder nur angeklagt. Das 
Geschlecht bliihte noch gegen Ende des 2. Jhdts. 
n. Chr., wenn wir der Hist. Aug. Trig. tyr. 21, 1. 
32, 5 trauen diirfen, sogar noch urn die Mitte 
des 3. Jhdts. Im allgemeinen s. die folgende 
Stammtafel : 



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[Groag.] 



57) (Calpurnius) Piso. Nach einigen Angaben 
war der Mann, welcher 684 = 70 den C. Yerres 
wegen Erpressungen, die er in Achaia vertlbt hatte. 
anklagen wollte, ein Piso (Schol. Gronov. p. 388). 

_ Q . [Miinzer.] 

o») (Calpurnius) Piso, wurde von Augustus 
belobt, weil er so sorgfaltig baute, ,als ob Rom 
ewig stehen werde', Plut. apophth. reg. p. 208 A 
Man konnte an Cn. Piso (Nr. 70) denken fvgl. 
10 Tac. ann. Ill 9). [Groag.] 

o9) Calpurnius Piso recitierte 105 oder 106 
n. Chr. KaxaaxeQiaiioC (Plin. ep. V 17). Das Ge- 
dicht war in elegischen Distichen geschrieben; 
Phnius lobt den Fluss der Verse und ihre Er- 
habenheit. Der Dichter ist nach'Mommsen viel- 
leicht mit dem Consul des J. Ill (Nr. 66) identisch. 
n [Skutsch.] 

60) [C]alpurnius [Pi]so, Sohn des (Ser. Cal- 
purnius) Scipio Orfitus (Nr. 116), CIA III 620. 

*i, r, [Groag.] 

bl) C. Calpurnius Piso, vielleicht identisch 
mit Nr. 8, Praetor urbanus 543 = 211 (Liv. XXT 
41, 12, nur hier das Cognomen), wurde beim Heran- 
ziehen Hannibals gegen Eom zum Commandanten 
des Capitols und der Burg ernannt (Liv. XXVI 
10, 2; vgl. 15, 8. 21, 1) und beantragte Erneue- 
rung der im vorhergehenden Jahre eingerichteten 
Ludi Apollinares (a. 0. 23, 3. Fest. p. 326: M. Cal- 
purnius Piso), weshalb die Pisones Frugi den 
30 Apollokopf auf ihre Munzen setzen. Als Proprae- 
tor war er erst in Etrurien (Liv. XXVI 28, 6), 
spater in Capua (Liv. XXVII 6, 1) und 545 = 209 
wieder in Etrurien thatig (a. 0. 7, 10. 21, 6). 

62) C. Calpurnius Piso C. f. C. n., wohl Sohn 
des Vorhergehenden, wurde Praetor 568 =186 
(Liv. XXXIX 6, 1) und erhielt Hispania ulterior 
(a. 0. 8, 2. 21, 4f.). Er operierte dort im folgenden 
Jahre gemeinsam mit seinem Collegen L. Quinctius 
und besiegte nach einigen unglucklichen Gefechten 
40 die Eingeborenen in einer grossen Schlacht am 
Tajo, in der er sich personlich riihmlich aus- 
zeichnete (a. 0. 30, 1—31, 18); daher triumphierte 
er 570 = 184 de Lusitanis et Celtiberis (a. 0. 
42, 2f.). 573 = 181 Triumvir coloniis deducendis 
(Liv. XL 29, 2), 574 = 180 Consul (f. Cap. Chro- 
nogr. Idat. Chron. Pasch. Liv. XL 35, 1. 3. Cassiod.). 
Er sollte nach Ligurien abgehen (Liv. XL 35, 8. 

36, 6f.), starb aber kurz nach .dem Amtsantritt 
(f. Cap. Liv. XL 37, 1), wie man vermutete, von 

50 seiner Prau Quarta Hostilia vergiftet (Liv. XL 

37, 5). Eine Rede Catos contra G. Pisonem 
citiert Priscian X 43 (I 533 Hertz); Naheres ist 
dartfber nicht bekannt. Vielleicht adoptierte er 
Nr. 87. 

63) C. Calpurnius Piso, wahrscheinhch 678 
= 76 Richter im Process des Schauspielers Eoscius 
(Cic. Rose. com. 7. 18), 685 = 69 Verteidiger des 
Sex. Aebutius in dessen Eechtshandel mit A. Cae- 
eina (Cic. Caec. 34ff.), bekleidete die Praetur (Val. 
60 Max. VII 7, 5), vielleicht im vorhergehenden Jahre 
zugleich mit seinem spateren Collegen im Consu- 
lat. Zu dieser Wurde gelangte er, nachdem er 
einer Anklage wegen Amtserschleichung glucklich 
entgangen war (Dio XXXVI 38, 3; vgl. Sail. hist. 
IV 61 Kr. = IV 81 Maur.). mit W. Acihus Glabrio 
im J. 687 = 67 (CIL IX 390. Chronogr. Idat. 
Chron. Pasch. Ascon. Cornel, p. 50. 61. Dio XXXVI 
12, 1. Cassiod.). An der Spitze der Optimaten 



1377 



Calpurnius 



Calpurnius 



1378 



widersetzte er sich mit grOsstem Eifer der Ro- 
gation des Gabinius fiber die Verleihung des Com- 
mandos gegen die Seerauber an Pompeius, so dass 
er in personliche Gefahr geriet (Dio XXXVI 24, 3. 
Plut. Pomp. 25, 4); als er nach der Annahme des 
Gesetzes seiner Ausfuhrung Schwierigkeiten in 
den Weg legte, vermochte ihn nur Pompeius selbst 
vor der Amtsentsetzung zu schiitzen, welcbe dessen 
Anhanger forderten (Dio XXXVI 37, 2. Plut. 
Pomp. 27, 2). Ebenso brachte ihn sein Wider- 
stand gegen die Antrage des Tribunen C. Cor- 
nelius in ernste Gefahr (Dio XXXVI 39, 3. Ascon. 
p. 51. 67); dieser Streit fiihrte zu der nach ihm 
benannten lex Calpurnia de ambitu (Dio XXXVI 
38, 1. Ascon. Cornel, p. 50f. 61. 67; tog. cand. 
p, 79). Ferner vereitelte Piso wahrend seines 
Consulats die Wahl des M. Lollius Palicanus fur 
das nachste Jahr (Val. Max. Ill 8, 3). Wahrend 
der beiden folgenden Jahre verwaltete er das nar- 
bonensische Gallien (Dio XXXVI 37, 2. Cic. ad 
Att. I 1, 2) und unterdriickte unbedeutende Er- 
hebungsversuche bei den Allobrogern (Cic. ad Att. 
I 13, 2). 691 = 63 wurde er auf Caesars Ver- 
anlassung wegen Erpressung und Hinrichtung eines 
Transpadaners angeklagt (Sail. Cat. 49, 2) , von 
Cicero verteidigt und freigesprochen (Cic. Flacc. 98). 
Aus Rache suchte er diesen zu iiberreden, gegen 
Caesar wegen seiner Beziehungen zu den Cati- 
linariern vorzugehen (Sail. Plut. Caes. 7, 2). Er 
nahm an der Debatte iiber deren Bestrafung teil 
(Cic. ad Att. XII 21, 1), zeugte gegen Cethegus 
(Plut. Cic. 19, 1) und billigte das Verfahren des 
Consuls (Cic. Phil. II 12). Im J. 693 = 61 ilusserte 
sich Cicero mit Missvergniigen daruber, dass Piso, 
nicht er selbst im Senate zuerst befragt wurde (ad 
Att. 1 13, 2). Spater sollte C. zwischen Caesar und 
Bibulus vermitteln (ebd. 17, 11) und hatte An- 
griffe von seiten des Clodius zu erfahren (ebd. 
14, 5). Da er nicht weiter erwahnt wird, ist er 
wohl um diese Zeit gestorben. Er wird als Eedner 
von Cicero (Brut. 239) nicht ungunstig beurteilt. 

64) C. Calpurnius Piso. Ein Historiker dieses 
Namens wird von Plut. Mar. 45, 8 fur den Tod 
des Marius angefubrt, und Dionys. I 7? 3 nennt 
unter den romischen Geschichtschreibern Kal- 
xovqvioi in der Mehrzahl. Vielleicht hat ein 
jtingerer Gcschlechtsgenosse, etwa der Consul von 
687 = 67 (Nr. 63) das Werk des alteren Annalisten 
fortgesetzt. [Miinzer.] 

So) C. Calpurnius Piso. a) Name. C. Calpurnius 
Piso Acta Arvalium. Dio LIX 8, 7. Zonar. XI 5; 
C. Piso Tac. ann. XIV 65 und sonst. Suet. Cal. 
25; Piso Calpurnius Schol. Iuv. ; [P]iso CIL 
III Suppl. 12794, Piso sonst bei den Schrift- 
stellern. 

b) Leben. Piso heiratete Livia (Dio nennt sie 
Coruelia) Orestilla. Obwohl Caligula selbst den 
Hochzeitsfeierlichkeiten beigewohnt hatte, ent- 
ffihrte er Orestilla im J. 37 (nach Dio) ihrem 
Gatten, verstiess sie jedoch nach wenigen Tagen 
upd verbannte beide zwei Jahre spater, weil sie 
den Umgang mit einander wieder aufgenommen 
bitten (Suet. Cal. 25. Dio LIX 8, 7. 8. Zonar. 
XI 5. Schol. Iuv. V 109 1. Die Nachricht Dios, 
dass Piso schon zwei Monate nach der Entfiih- 
rung Orestillas verbannt wurde, wird durch die 
Arvalacten als unrichtig erwiesen. Diesen zu- 
folge wurde Piso im Mai 38 in das Collegium 

Pauly-VViesowa III 



der fratres Arvales cooptiert (CIL VI 2028) und 
erscheint als anwesend in den J. 38 und 40 (CIL 
VI 2028. 2030. Ephem. epigr. VIII p. 324). Er 
wurde demnach wahrscheinlich Ende des J. 40 
verbannt. Claudius gestattete ihm die Ruckkehr 
(Schol. Iuv. V 109), vermutlich sehr bald nach 
seinem Regierungsantritt (41). In einem nicht 
naher bestimmbaren Jahre zwischen 43 und 48 
war Piso wieder im Arvalcollegium anwesend (CIL 

10 VI 2032). Unter Claudius bekleidete er den Con- 
sulat als suffectus in unbestimmten Jahre (Paneg. 
in Pis. 68—71. Schol. Iuv. V 109) und verwaltete 
als Statthalter die Provinz Dalmatien (CEL III 
Suppl. 12794, wohl mit Recht auf C. Piso be- 
zogen). Nach dem Consulat erlangte er durch 
die miitterliche Erbschaft grossen Reichtum (Schol. 
Iuv. V 109). Seit dem J. 57 befand er sich wieder 
in Rom; die Arvalacten der J. 57, 58, 59, 60 
und 63, sowie eines unbestimmten Jahres unter 

20 Nero (vor 65) nennen ihn als anwesend (CIL VI 
2039—2043. 2048). Im J. 62 klagte Romanus 
den Seneca vor Nero an als Genossen Pisos, wor- 
auf Seneca mit der gleichen Beschuldigung er- 
wiederte, schon damals empfand demnach Nero 
Verdacht gegen Piso. Diesen selbst beflel auf 
die Kunde von den Vorgangen am Hofe Angst, 
und so keimte damals die VerschwOrung, die den 
Sturz Neros und Pisos Erhebung auf den Kaiser- 
thron zum Zwecke hatte (Tac. ann. XIV 65 ; ebd. 

30 XV 48 setzt Tacitus den Beginn der VerschwOrung 
in das J. 65, doch vgl. Nipperdey-Andresen 
II 5 zu der Stelle). Die Zahl der Verschworenen 
war gross; gross aber auch die Unentschlossen- 
heit, mit der sie Plane zur Ausfuhrung ihres Vor- 
habens fassten und wieder verwarfen. Endlich 
beschlossen sie, am 19. April 65 bei den Ludi 
Ceriales Nero im Circus zu tftten und hierauf Piso 
ins Lager zu tragen (Plinius Bericht, dass diesen 
Antonia, die Tochter des Claudius, begleiten sollte, 

40 bezweifelt Tacitus XV 53). Jedoch am Tage des 
geplanten Mordes wurde das Complott Nero ver- 
raten. Piso starb durch Offnen der Adern (Tac. 
ann. XV 48—59; die VerschwOrung des Piso 
wird ausserdem erwahnt Suet. Nero 36; vit. Luc. 
p. 51 ed. Reiff. Hist. Aug. Pesc. Niger 9, 2; Clod. 
Alb. 12, 10). 

c) Familie. Piso gehorte selbst dem hdchsten 
Adel an und war durch seinen Vater mit vielen 
Familien der rOmischen Aristokratie verwandt 

50 (Tac. ann. XV 48. Paneg. in Pis. 2—4. 15ff.). 
Wer allerdings sein Vater war, ist nicht iiber- 
liefert. Sein Sohn wird consobrinus des L. Piso 
cos. 57 (Nr. 79) genannt (Tac. hist. IV 49), aber 
dessen Bruder oder auch dessen Vetter, also der 
Sohn des M. Piso (Nr. 85) , kann C. Piso nicht 
gewesen sein. Er durfte demnach der Nachkom- 
menschaft des L. Piso augur (Nr. 74) oder des 
L. Piso pontifex (Nr. 99) angehcrt haben. Seine 
erste Gemahlin hiess Livia Orestilla fs. o.), seine 

60 zweite, die er dem Doniitius Silus entfahrt hatte, 
Atria Galla (Tac. ann. XV 59). Sein Sohn war 
Calpurnius Galerianus (Nr. 46). 

d) Ausseres und Charakter. Piso war eine 
glanzende Erscheinung. Schon sein Ausseres war 
stattlich und einnehmend (Tac. ann. XV 48. Paneg. 
in Pis. 100—105). Hoflichkeit (Tac. ann. XV 48. 
Paneg. 112 — 132), Treue, Freimut, Neidlosigkeit 
werden an ihm geriihmt (Paneg. 106—108). Seine 

44 



1379 



Calpurnius 



Beredsamkeit ilbte er als Sachwalter und im Senate 
(Tac. a. a. 0. Paneg. 25—67). Beriihmt war die 
Dankrede, die er nach der Erlangung des Con- 
sulates an Claudius richtete (Paneg. 68—71). Yiel- 
seitig waren seine sonstigen Gaben. Er sang in 
tragisehem Costume (Tao. arm. XV 65. Schol. 
Iuv. V 109), declamierte (Parieg. 84—96), dicMete 
(Paneg. 163—165), spielte die Lyra (Paneg. 166 
— 177). Er war ein guter Fecliter und ausge- 
zeiehnet im Ball- und Brettspiel (Paneg. 178-208. 
Schol. Iuv. V 109). All diese Eigenschaften hatten 
hingereicht, um seine Popularitat zu begrunden. 
Diese wurde noeh gesteigert durch seine Frei- 
gebigkeit, mit welcher er Durftige unterstfitzte 
und alle Jahre einigen Leuten aus der Plebs. zur 
Eitterwiirde verhalf (Schol. Iuv. V 109. Tac. ann. 
XV 48). Namentlich die Dichter erfreuten sich 
seiner Gunst. Um die Aufnahme in sein Haus zu 
erlangeri, verfasste ein unbekannter Poet (Cal- 
purnius Siculus?, s. unten S. 1404f.) zu seinem 
Ruhme den Panegyricus in Pisonem, und noch 
4ange nach seinem Tode erinnerten sich Martial 
(IV 40, 1. XH 36, 8. 9) und Iuvenal (V 108 
— 110) der Zeit, da die atria Pisonum cum stem- 
mate toto den Dichtern offen standen. Piso ist 
wahrscheinlich auch unter Meliboeus gemeint, den 
T. Calpurnius Siculus in zwei Eklogen (I und 
IV) als seinen vornehmen Gonner feiert (vgl. 
' Haupt Opuscula 1392 und unten S. 1404). Ist 
diese Meinung begriindet, so lasst sich vielleicht 
auch schliessen, dass die beiden von Hag en 
gefundenen Bucolica, die Nero verherrlichen und 
anscheinend in die Zeit vor 65 gehoren (Riese 
Anthol. Latina II 180f. Bahrens PLM III 60f), 
von Piso, der ja selbst dichtete, verfasst sind. Das 
zweite Gedicht beginnt niimlich mit denselben 
Worten, die Calpurnius Siculus im Beginn der 
vierten Ekloge dem Meliboeus in den Mund legt. 
Die Zeitbestimmung wird durch I 38ff. gegeben, 
wo Neros Recitation seiner fmlosis Troiae uber- 
schwenglich gepriesen wird ; diese war bereits im 
J. 64 vollendet (Tac. ann. XV 39. Suet. Nero 38. 
Dio LXII 18, 3), und nach dem Brande Roms 
(Juli 64) wird sich Nero gehiitet haben, sie vor- 
zutragen. Dass Nero in den Bucolica gefeiert 
wird, spricht keineswegs gegen Pisos Autorschaft; 
vor der Verschwomng miissen die Beziehungen des 
Kaisers zu Piso wenigstens ausserlich intime ge- 
wesen sein (vgl. Tac. ann. XV 52), Bei so vielen 
Vorziigen Pisos fehlten jedoch auch Fehler nicht, 
Leichtsinn, ubermassige Prachtliebe und Schwel- 
gerei (Tac. ann. XV 48. Schol. Iuv. V 109). Seine 
Haltung wahrend der VerschwOrang lasst ent- 
schlossene Thatkraft vennissen. Vgl. fiber ihn im 
allgemeinen Friedlander S.-G. 16249. III« 440f. 

66) C. Calpurnius Piso, Consul ordinarius im 
J. Ill n. Chr. mit M. Vettius Bolanus (Prae- 
nomen und Gentilicium nur CIL VI 222 XIT 
1840. XIV 3437, sonst Piso); vgl. Calpurnius 
Piso Nr. 59. 

67) C. (Calpurnius) Piso, genannt in den In- 
schriften seines Procurators (CIL VI 9831) nnd 
seines Freigelassenen (VI 14203). [Groag.] 

68) Cn. Calpurnius Piso, Officier im zwei ten 
punischen Kriege, von Mago geschlagen (Front, 
stoat. Ill 6, 5). 

69) Cn. Calpurnius Piso Cn. f. war ein Mann 
von nicht geringer Begabung, wurde aber durch 



Calpurnius 



1380 



seine zerriitteten Vermogensverhaltnisse den Re- 
volutionaren in die Arme getrieben; er erscheint 
neben Catilina als das Haupt der ersten Verschwft- 
rung Ende 688 = 66 und Anfang des folgenden 
Jahres (Cic. Sull. 67; Mur. 81. Ascon. Cornel, 
p. 58; tog. cand. p. 74. 82. 83. Dio XXXVI 44, 
4. 5). Sobald der entscheidende Schlag in Rom 
gefallen ware, sollte Piso sich der beiden spani- 
schen Provinzen versichern (Sail.). Nach dem 
10 Scheitern dieser Anschlage wagte der Senat nicht, 
ihn zu bestrafen, sondern entfernte ihn unter einem 
ehrenvollen Vorwande, indem er ihn auf Antrag 
des Crassus als Quaestor pro praetore nach Hispania 
ulterior entsandte (Grabschrift des Piso CIL I 
598= VI 1276. Sail. 19, 1. 21, 3. Suet. Caes. 9. 
Ascon. Dio). Er bedruckte die Provincialen sehr 
hart und wurde deshalb bei einer Meuterei von 
seinen eingeborenen Reitern erschlagen (Sail. Ascon. 
Dio XXXVI 45, 1), Anfang oder Mitte 690 = 64 
20 (Cic. tog. cand. bei Ascon. p. 83). Vielleicht war 
er nur ein Werkzeug in den Handen des Caesar 
und Crassus gewesen, daher schrieb das Genicht 
dem gemeinsamen Gegner Pompeius die Schuld 
an dem Morde zu (Sail. Suet. Ascon.). Aller Wahr- 
scheinlichkeit nach ist diesem Piso die eine von 
zwei zusammengehorigen Ehrenbasen in Oropos 
gesetzt (IGS I 268), die andere seiner sonst nicht 
bekannten Gemahlin Popillia Paulla (ebd. 305). 
70) Cn. Calpurnius Piso. a) Name. Cn. Cal- 
SOpurnius On. f. Piso Dio index I. LV; Cn. Piso 
Cn. f. Mttnzen; On. Piso Fru(gi) f. Miinze bei 
Babelon I 306 nr. 37; On. Calpurnius Piso 
CIL X 924. Dio LVIT 15, 9; Cn. Piso Monum. 
Ancyr. 3, 28. CIL I 747. V8112, 83. VI 7461. 
IX 5308. Strab. II 130. Senec. dial, in 18, 3. 
Plin. n. h. XI 187. Tac. ann. I 13 u. 6. Suet. 
Tib. 52; Calig. 2; Vitcll. 2. Dio LV 8, 1. LVII 
20, 2. LIX 20, 7; Calpurnius Piso Dionys. Hal. 
I 3, 4; sonst Piso. 
40 b) Leben. Triumvir a(ere) a(rgento) a(uro) 
f(lando) f(eriundo) unter Augustus (Mflnzen bei 
Babelon I 306f. nr. 36—40) um das J. 729 = 
25 v. Chr. (vgl. Tac. ann. Ill 16). Consul ordi- 
narius im J. 747 = 7 v. Chr. mit Ti. Claudius 
Nero, dem spateren Kaiser, der damals zum zwei- 
tenmal Consul war (vgl. die oben angefuhrten 
Nachweise). Er veranstaltete damals mit dem 
jungen C. Caesar Spiele zu Ehren des Augustus 
(Dio LV 8, 3. CIL VI 385; vgl. Suppl. 30751). 
50 Statthalter von Hispania (citerior) unter Augustus, 
soil er die Provinz ambitiose avareque verwaltet 
haben (Tac. ann. HI 12. 13). Proconsul von Africa 
vor dem J. 15 n. Chr. (Strab. II 130. Senec. dial, 
in 19, 3). In diesem sowie in dem folgenden 
Jahre (16) war er im Senate in Rom, wo er seinem 
Freimute ofter Ausdruck gab (Tac. ann. I 74. 79 
H 35. Dio LVn 15, 9). Im J. 17 emanate ihn 
Tiberius zum Statthalter Syriens, zur selben Zeit, 
als Germanicus mit einem ausserordentlichen, der 
60 Gewalt der kaiserlichen Legaten iiberlegenen Com- 
mando im Orient betraut wurde. Die Absicht 
des Kaisers war wahrscheinlich, der Cbersehrei- 
tung seiner Rechte, wie sie Germanicus liebte, 
durch die Entsendung eines Mannes von unab- 
hangiger Gesinnung Schranken zu setzen. Doch 
beging er einen verhangnisvollen Fehler, dass er 
(auf Veranlassung des Senates?, vgl. Tac. ann. 
IH 12) gerade Piso wahlte, bei dem die Unbeug- 



1381 



Calpurnius 



Calpurnius 



1382 



samkeit in starren Trotz und Hochmut ausartete, 
und der sich berufen fiihlte, von Anfang an eine 
feindselige Stellung gegen Germanicus einzuneh- 
men. Dazu kam noch die nicht geringere Hoffahrt 
seiner Gemahlin Plancina, die, vielleicht von Livia 
aufgestachelt, gegen Germanicus Gattin Agrippina 
intriguierte. Im J. 18 begab sich Piso in seine 
Provinz. Er erwarb sich in derselben durch Frei- 
gebigkeit und Nacbsicht so sehr die Zuneigung 



das ihm Tiberius nicht verzeihen konnte; der 
Senat war ihm unfreundlich gesinnt, das Volk 
verfolgte ihn mit seinem Hasse. Da gleichzeitig 
Plancina ihre Sache von der seinigen zu trennen 
begann, gab sich Piso verloren und durchschnitt 
sich die Kehle mit dem Schwerte. Vorher hatte 
er noch einen Brief an Tiberius verfasst, in wel- 
chem er seine IJnschuld und Treue beteuerte und 
den Kaiser beschwor, in Erinnerung an seine fiinf- 



der Soldaten, dass ei Yater der Legionen genannt 10 undvieragjahrige Thatigkeit in seinem und des 



wurde. Germanicus Befehl, einen Teil der Legio- 
nen nach Armenien zu senden, liess Piso ausser 
acht. In Cyrrus traf er dann mit dem Prinzen 
zusammen, dessen Umgebung im Anfachen der 
Feindschaft nicht mtissig waT. Die Unterredung der 
"beiden Manner hatte nur den Erfolg, dass sie mit 
offenkundigem Hasse von einander schieden. Bei- 
•derseitige Krankungen folgten. Am schwersten 
musste es jedoch Germanicus empfinden, dass er 



Augustus Dienste seine unschuldigen SChne zu 
beschiitzen. Im Senate beantragte Aurelius Cotta, 
Pisos Namen aus den Fasten zu tilgen, was je- 
doch Tiberius nicht zuliess. Trotzdem ist sein 
Name auf der Inschrift CIL VI 385 (vgl. Suppl. 
30751) eradiert. Tac. ann. II 43. 55^58. 69—82. 
TTT 7 — 18 (wo die sonst unvergleichliche Darstel- 
lung an dem Widerspruche krankt, dass der Autor 
den Tod seines Helden Germanicus ,in tragische 



Tiach seiner Ruckkehr aus Ag3 r pten (im J. 19) alle 20 Beleuchtung rticken will und doch an die Schuld 

" •■ " ' ' -- 1 - - ■-- - " des, ihm ubrigens durchaus nicht unsympathischen, 

Piso nicht zu glauben vermag; bei den Spateren 
ist nattirlich die Vergiftung eine feststehende That- 
sache geworden). Suet. Tib. 52 ; Calig. 2. 3 ; Vitell. 2. 
Dio LVII 18, 9. 10 = Zonar. XI 2. Plin. n. h. XI 
187. Joseph, ant. Iud. XVHI 54. Veil. II 130, 3; 
vgl. Schiller Geschichte deT rOm. Kaiserzeit I 
272ff. Ranke Weltgeschichte III 1, 65f. 2, 298f. 
Liebenam Jahrb. f. Philol. 1891, 865ff. 

c) Familie. Piso war der Sohn des Cn. Calpur- 
nius Piso Frugi Nr. 95 cos. 731 = 23 v. Chr. (Tac. 
ann. II 43), der Bruder des L. Piso augur (Nr. 74). 
Seine Gemahlin war Munatia Plancina (Tac. ann. 
n 43 und sonst), beider SOhne Cn. spater L. Piso 
(Nr. 76) und M. Piso (Nr. 85), vgl. die Stammtafel. 

d) Charakter. Piso hatte von seinem Vater 
den unbeugsamen Starrsinn ererbt. Gehorsam war 
seinem Charakter fremd. Sein und seiner Ge- 
mahlin Adel machten ihn so hochmutig, dass er 



seine Verordnungen aufgehoben oder ins Gegen 
teil umgewandelt fand. Er liess Piso seine Ent- 
Tiistung derart fflhlen, dass dieser Syrien zu ver- 
lassen beschloss. Jedoch die Kunde von seines 
• Peindes Erkrankung hielt ihn zuriick. Germanicus 
-war, sicherlich grundlos, uberzeugt, dass ihn Piso 
vergiftet habe. Er kundigte diesem formlich die 
Freundschaft auf und befahl ihm vielleicht auch. 
die Provinz zu verlassen, was Piso denn auch 
-that. Bald darauf (10. October 19) starb Ger-30 
manicus, nachdem er seine Freunde zur Rache 
aufgefordert hatte. Die Nachricht von seinem 
Tode erreichte Piso bei der Insel Kos; weder er 
-noch Plancina legten sich den Zwang auf, ihre 
Freude zu verbergen. Gegen den Rat seines Sohnes 
"Marcus beschloss Piso, in seine ihm, wie er glaubte, 
widerrechtlich genommene Provinz zuriickzukeh- 
ren, deren Verwaltung Cn. Sentius Saturninus, einer 
von Germanicus Legaten, ilbernommen hatte. Er 



sandte einen Brief an den Kaiser voll Anklagen 40 nur noch dem Tiberius wich, wahrend er dessen 



gegen den Toten und setzte gleichzeitig mit einer 
eilig gesammelten Mannschaft, die durch Hiilfs- 
truppen der kilikischen Fiirsten verstarkt wurde, 
aufs Festland fiber. An der kilikischen Kiiste 
lesetzte er das Castell Celenderis, wurde jedoch 
von dem Heere des Sentius vor den Thoren der 
Festung geschlagen und zum Aufgeben des Wider- 
standes sowie zum definitiven Verlassen der Provinz 
genStigt. Durch Asia und Achaia reiste er nun 



Sohne missachtete (Tac. ann. II 43). Eine Anek- 
dote von seiner rticksichtslosen Harte erzahlt Se- 
neca (dial. HI 18, 3—6. 19, 3) mit Bezug auf 
seinen Proconsulat in Africa. Doch war er auch von 
vielen Fehlern frei (Senec. a, a. O,), und Augustus 
soil ihn (nach anderen jedoch den L. Arruntius) 
als derHerrschaft nicht unwiirdig bezeichnet haben 
(Tac. ann. I 13). Bezttglich der Hypothese von 
Michaelis, der diesen Piso fur den maior iu- 



(im J. 20) zu Drusus, Tiberius Sohn, der in Illy- 50 venum in der Ars poetica des Horaz halt, vgl, 

ricum weilte, fand diesen jedoch sehr zuriick- u. S. 1399. 

haltend. Er begab sich hierauf nach Rom, wo 

schon am Tage nach seiner Ankunft die Freunde 

des Germanicus zunachst vor dem Kaiser mit der 

Anklage gegen Piso hervortraten. Tiberius uber- 

liess jedoch die Entscheidung des Processes dem 

Senat. Pisos Yerteidigung ubernahmen M\ Aemi- 

lius Lepidus, L. Calpurnius Piso (sein Bruder) 

und Livineius Regulus; die Anklage wurde ver 



?1) Cn. Calpurnius Piso, friiherer Name des 
Consuls im J. 27 n. Chr. L. Calpurnius Piso, s. d. 
(Nr. 76). 

72) Cn. Calpurnius Piso, CIA ffl 602, s. bei 
C. Calpurnius Piso Frugi (Nr. 94). [Groag.] 

73) L. Calpurnius Piso, Consul mit M. Po- 
pillius Laenas 615 = 139 (Chronogr. Idat. Chron. 
Pasch.). Cassiodor nennt ihn Cn. Piso, dagegen 



toeten durch Fulcinius Trio, der Pisos Verwaltung 60 Val. Max. (Iul. Paris.) I 3, 3 L. Calpurnius, und 



von Spanien angriff, und durch Q. Servaeus, Q 
Veranius nnd P. Vitellius, die ihn der Misswirt- 
schaft im Heere, der Verfolgung von Germanicus 
Begle^tern, der Vergiftung dieses Prinzen selbst 
und der Anwendung von Waffengewalt gegen den 
Staat besehuldigten. Den Vorwurf der Vergiftung 
zu widerlegen, wurde Piso nicht schwer. Aber 
der Kampf mit Sentius war ein Staatsverbrechen, 



dass dieser Vorname der richtige ist, hatRitschl 
(Opusc. V 117f.) durch Vergleich mit Maccab. I 
15, 16 erwiesen fangenommen z. B. vonMomm- 
sen Herm. IX 281f.). Viereck (Genethliacon 
Gottingense 60ff.) suchte zu zeigen, dass dieser 
Consul es ist, der einen Grenzstreit zwisehen zwei 
kretischen Gemeinden auf Senatsbeschluss ent- 
schied (CIG n add. 2561b); er ware demnach 



Sohn eines Lucius gewesen. Indes bleibt die 
Moglichkeit, dass es sich um den Consul von 621 
= 133 handelt (Nr. 96; vgl. Klein Verwaltungs- 
beamte I 50), immer noch offen. [Miinzer.] 

74) L. Calpurnius Piso augur, a) Name. L. 
Piso augur CIL V 3257 (die priesterliche Wurde 
wurde wohl zur Unterscheidung von seinem Zeit- 
genossen L. Piso pontifex [Nr. 99] seinem Namen' 

hinzugefiigt); L, Calpurnius On. f. Piso Dio ._ K _.__ . _ y __. _.__ „ „„_ 

index 1. LV; L. Piso CIL 12 p. 69 Fasti min. 10 ann. Ill 16. Dio LIX 20,7). Wakrend s'ein Vater 



V_/0,1JJUIU1US loo* 

sein Praenomen in Lucius umandern (Tac. ann. 
Ill 16. 17). So heisst er nachherZ. Calpurnius 
Piso (CLL II 2633. V 4919. VI 251); L. Calpur . . . 
(CIL 12 p. 71 Fasti Arval.); L. Calpurnius (tab. 
cer. Pompeiana 2. Tac. ann. IV 62); L. Piso (CIL 
V 4920. Plin. epist. Ill 7, 12. Dio LIX 20, 7), 
sonst Piso. 

b) Leben. Er war der altere Sohn des Cn. 
Piso (Nr. 70) und der Munatia Plancina (Tac- 



XILT; p. 70 Fasti Arval. VI 8738. CIG II 2943. 
Tac. ann. II 34. Ill 11; Calpurnius Piso Tac. 
ann. IV 21. Vgl. Nr. 99. 

b) Leben. Sohn des Cn. Piso Frugi cos. 731 
= 23 v. Chi. (Nr. 95), Bruder des Cn. Piso cos. 
747 = 7 v. Chr. (Nr. 70). Augur (CIL V 3257). 
Consul ordinarius im J. 753 = 1 v. Chr. mit Cossus 
Cornelius Lentulus (s. die oben angefuhrten Stel- 
len). Im J. 16 n. Chr. hielt er im Senate eine 



als Statthalter Syriens im Orient weilte (18 — 
19 n. Chr.), befand er sich in Rom, war dem- 
nach an den Schicksalen des Vaters unbeteiligt. 
Dies hob derselbe auch in dem Schreiben hervor, 
das er vor seinem Selbstmord an Tiberius richtete- 
(Tac. ann. Ill 16). Doch musste Piso jetzt seinen 
Vornamen wechseln (Tac. ann. HI 17). Consul 
ordinarius im J. 27 n. Chr. mit M. Licinius Cras- 
sus Frugi (die Belegstellen s. o.). Praefeetus urbi 



heftige Rede gegen das tTberhandnehmen der Amts- 20 im J. 36 und 37 (Joseph, ant. Iud. XVIII 169. 



erschleichung, Bestechlichkeit und Angeberei und 
erklarte, er sei entschlossen , Rom zu verlassen. 
Doch bestimmten ihn Tiberius besanftigendes Zu- 
reden und die Bitten seiner Verwandten zu bleiben. 
Bald darauf belangte Piso die Urgulania, die 
machtige Freundin der Kaiserin-Mutter Livia, bei 
Gericht und gab, obwohl sich Livia persOnlich 
beleidigt fiihlte und Tiberius selbst sich anschickte, 
Urgulania Beistand zu leisten, nicht nach, bis 



235; Josephus nennt ihn nur Ildowv, doch kann 
kein anderer als L. Piso gemeint sein). In dieser 
Stellung empfing er von Caligula die Nachrieht 
vom Tode des Tiberius und vom Regiertmgsantritfc 
des neuen Herrschers (Joseph, ant. Iud. XVLII 
235). Im J. 39 war Piso Proconsul von Africa. 
Nach Dios Bericht (LIX 20, 7) entzog ihm der 
Kaiser aus Furcht vor seinem hochstrebenden 
Sinn den Befehl ttber das in Africa garnisonie- 



seine Anspruche befriedigt waren (Tac. ann. II 34. 30 rende Heer, der einem selbstandieen Legaten an- 



IV 21). Im J. 20 Obernahm er mit anderen die 
Verteidigung seines Bruders Cn. Piso (Tac. ann. 
Ill 11). Im J. 24 wurde er von Q. Granius der 
Majestatsverletzung beschuldigt, starb jedoch, be- 
vor es zur Verhandlung vor dem Senate kam (Tac. 
ann. IV 21). Piso waT ein Mann von leidenschaft- 
lichem Charakter, dessen Unabhangigkeitssinn keine 
Riicksicht kannte. Daher sind auch die Stellen Tac. 
ann. II 32. ILT 68, in denen von einem L. Piso 



vertraut wurde. Denselben Vorgang bezieht je- 
doch Tacitus (hist. IV 48) auf den Proconsulat 
des M. Iunius Silanus. Dies diirfte auch das- 
richtige, und der Widerspruch so zu erklaren sein, 
dass Piso der Nachfolger des Silanus und der 
erste Proconsul ohne militarisches Commando war 
(Marquardt ROm. Staatsverw. 1 2 467f.). Er 
war der Vater des L. Piso cos. 57 (Nr. 79) und 
erreichte ein so hohes Alter, dass er schliesslich 



auf Tiberius Beifall berechnete Ausserungen im 40 alle uberlebte, die sich wahrend seines Consulats- 



Senate berichtet werden, nicht auf ihn, sondern 
vielleicht auf L. Piso (Nr. 75) zu beziehen. Die 
Notigung, in jenen Senatssitzungen zu reden, schloss 
noch nicht den Zwang ein, in dieser Weise zu 
reden (gegen Nipperdey-Andresen 19 zu 
II 32). 

75) L. (Calpurnius) Piso, Statthalter von Hi- 
spania citerior (daher Consular), wurde als solcher 
im J.-25 n. Chr. von einem Landmanne aus dem 



jahres im Senate befunden hatten, Plin. epist. 
ILT 7, 12. Dass in dieser Pliniusstelle unser L. 
Piso gemeint ist, hat Klebs Prosopogr. I 284 
nr. 238 tiberzeugend dargelegt. Zu seinen Aus- 
fiihrangen ware noch hinzuzufugen, dass die Be- 
zeichnung des Suetonius Paulinus, Consuls 41 oder 
42 n. Chr., als vetustissimus consularium im 
J. 69 (Tac. hist. II 37) durchaus nicht beweist, 
dass L. Piso damals nicht mehr lebte. Denn auch 



Stamme der Termestiner ermordet. Die Veran- 50 C. Cassius Longinus, Consul im J. 30, also fruher 



lassung soil seine Harte bei der Eintreibung unter 
schlagener Offentlicher Gelder gewesen sein (Tac. 
ann. IV 45). Er ist wohl mit dem L. Piso iden- 
tisch, der in den J. 16 und 22 n. Chr. sein Votum 
im Senate dem Tiberius zu Gefallen abgab (Tac. 
ann. II 32. Ill 68), da an die beiden gleichnami- 
gen Pers5nlichkeiten dieser Zeit, L. Piso pontifex 
(Nr. 99j und L. Piso augur (Nr. 73), nicht zu 
denken ist (s. d.). Er war vernmtlich der altere 



als Paulinus, war, wie wir bestimmt wissen, da- 
mals noch am Leben; er befand sich allerdings 
als Verbannter in Sardinien (Pompon. Dig. I 2, 
52). Man muss demnach annehmen, dass Tacitus 
an jener Stelle nur die fiir die Kaiserwahl in Be- 
tracht kommenden Consulare im Auge hat. Zu 
diesen konnte man Piso wegen seines hohen Alters 
gewiss nicht rechnen. Piso wird fibrigens auch 
den C. Cassius, der unter Vespasian starb (Pom- 



Sohn des L. Piso pontifes .(vgl. Mommsen Ephem. 60 ponius a. a. O.), uberlebt haben, da sich dieser 



epigr. I p. 145). Ist diese Annahme begrundet, 
so ist er der maior iuvenum, den Horaz in dem 
Buche de arte poetica anredet und als selbst dich- 
terisch thatig bezeichnet (v. 128—130. 153. 154. 
366—369. 385—390). 

7G) L. Calpurnius Piso. a) Name. Er hiess 
urspriinglich On. Piso, musste aber nach der Ver- 
urteilung seines Vaters (s. u.) im J. 20 n. Chr. 



im J. 27 im Senate in Rom befunden haben diirfte 
und sonst Plinius den Cassius und nicht den Piso 
als Beleg fiir die Kurzlebigkeit der meisten und die 
Langlebigkeit weniger Menschen angefuhrt hatte. 
77) L. Calpurnius Piso wird in der fruhesten 
Kaiserzeit von den Pergamenern als Wohlthater 
ihrer Stadt geehrt (F r ii n k e 1 Inschriften von Perga- 
mon II 425). Wohl der namliche ist der L. Cal- 



1385 



Calpurnius 



Calpurnius 



1386 



purnius Piso, dem die Stadt Stratonicea in Karien 
als ihrem Patron und Wohlthater eine Ehren- 
inschrift setzte (Bull. hell. V 1881, 183 nr. 5). 
Er dfirfte Proconsul von Asia gewesen sein, doch 
ist vorlaufig nicht zu entseheiden, mit welchem 
der sonst bekannten gleichnamigen Manner dieser 
Zeit er zu identificieren ist. 

78) L. Calpurnius Piso prfaetorj aerfarii} mit 
M. Salluius (zwischen 23 v. und 44 n. Chr.; vgl. 



Mommsen St.-R. IP 558f.), CIL VI 1265. Die 10 S. 1375, 



Athen neben M. Licinius M. f. Frugi durcb eine 
Statue geehrt (CIA III 607. 608). Mommsen 
hat gezeigt, dass bei diesen beiden Mannern ent- 
weder an L. Piso pontifex (Nr. 99) und dessen 
mutmasslichen Sohn M. Licinius Crassus Frugi 
cos. 27 n. Chr. oder an L. Piso cos. 57 n. Chr. 
(Nr. 79) und den Bruder von dessen Gemahlin 
M. Licinius Crassus Frugi cos. 64 zu denken ist 
(Ephem. epigr. I p. 150); vgl. die Stammtafel 



Persbnlichkeit ist nicht naher zu bestimmen. 

79) L. Calpurnius Piso. a) Name. L. Cal- 
purnius L. f. Piso oder L. Piso L. f. in den 
Arvalacten (L. f. wird hier seinem Namen wohl 
^ur Unterscheidung von seinem Vater beigefiigt) ; 
L. Calpurnius Piso CLL VI 845. X 5204; tab. 
cer. Pompeiana 28; L. Calpurnius tab. cer. Pomp. 
23—27. 30; L. Calp[ur]nius ... CIL VI 853; 
L. Piso CLL VI 1445. Front, de aqu. 102. Tac. 



81) L. Calpurnius L. f. Piso, Duumvir von 
Pola mit L. Cassius C. f. Longinus (CIL V 54). 
Ein L. Calpurnius L. f. P[iso] auf einem In- 
schriftfragment aus Tibur (CIL XIV 35911). 

82) L. Calpurnius Piso, Consul ordinarius des 
J. 175 n. Chr. mit P. Salvius Iulianus (der ganze 
Name CIL VI 30865. X 7457). Anscheinend Bruder 
des Ser. Calpurnius Scipio Orfitus (Nr. 116), s. d. 

83) L. (Calpurnius) Piso auf Inschriften von 



ann. XTTT 28 und sonst; Piso Plin. epist. Ill 7, 12. 20 Freigelassenen und Sclaven (CIL VI 5458. 9246). 



b) Leben. Sohn des L. Piso cos. 27 n. Chr, 
(Nr. 76, s. d.). Pontifex (wenn sich namlich die 
Tnschrifl CIL VI 1445, wie wahrscheinlich, auf 
ihn bezieht). Frater Arvalis : er begegnet in den 
Arvalacten der J. 57, 58, 59, 60, 63; im J. 59 
war er Magister des Collegiums (CLL VI 2039. 
2041. 2042. 2043). Im J. 56 stellte er als de- 
signierter Consul einen Antrag im Senate (Tac. 
ann. XILI 28). Consul ordinarius im J. 57 mit 



Ein L. Calpurnius duom Pisonum Ubertfus) 
Apollonius CIL VI 6001. [Groag.J 

84) M. Calpurnius Piso s. M. Pupius Piso. 

[Miinzer.] 

85) M. (Calpurnius) Piso, jiingerer Sohn des 
Cn. Piso (Nr. 70) und der Munatia Plancina. 
Senator (vgl. Tac. ann. Ill 17 exuta dignitate), 
begleitete in noch jugendlichem Alter (vgl. Tac. 
ann. II 78. Ill 8. 16. 17) seinen Vater, wahr- 



Kaiser Nero II (Tac. ann. XIII 31; die sonstigen 30 scheinlich als Legat, nach Syrien (18 n. Chr.), 



Belege oben). Curator aquarum von 60 — 63 (Front, 
de aquis 102). Im J. 62 wurde er von Nero nebst 
zwei anderen Consularen mit der Regelung der 
indirecten Steuern, die in das Aerar flossen, be- 
auftragt (Tac. ann. XV 18). Im J. 69/70 war er 
Proconsul von Africa (an der Identitiit des Pro- 
consuls mit dem Consul des J. 57 hatte nie ge- 
zweifelt werden sollen; vgl. Klebs Prosopogr. I 
284 nr. 238). Man ftirchtete zu Beginn des J. 70 



Tac. ann. II 57. Nach dem Tode des Germanicus 
riet er dem Vater vergeblich, nach Rom zuriick- 
zukehren, nahm jedoch nachher an dem Versuche 
desselben , sich mit Waffengewalt in den Besitz 
der Provinz zu setzen, thatigen Anteil (Tac. ann. 
II 76. 78). Im J. 20 sandte ihn der Vater nach 
Rom voraus, um Tiberius zu besanftigen. Dei- 
Kaiser nahm ihn wohlwollend auf (Tac. ann. Ill 8). 
In seinem letzten Schreiben an Tiberius bat Cn. 



in Rom, dass er von Vespasian abgcfallen sei, ohne 40 Piso diesen, seinem Sonne Schutz zu gewiihren 



Grand, da Piso kein revolutionares Naturell besass 
(Tac. hist. IV 38). Licinius Mucianus, der damals 
die Gewalt in Rom in Handen hatte, sandte den 
Centurio Papirius nach Africa, um Piso zu toten. 
Dieser selbst hatte Unterredungen mit (Calpeta- 
nus Rantius Quirinalis) Valerius Festus , dem 
Legionslegaten, fiber deren Inhalt jedoch nichts 
Sicheres bekannt wurde. Keinesfalls dachte Piso 
an EmpCrung. Weder die Vorstellungen einiger 



(Tac. ann. Ill 16). Thatsachlich sprach ihn Ti- 
berius von der Beschuldigung des Btirgerkrieges 
frei imd milderte die harten Strafen, die der Consul 
Aurelius Cotta fiir ihn beantragt hatte, indem 
er ihm seine Wurde und sein vaterliches Erbteil 
beliess (Tac. ann. Ill 17. 18). [Groag.] 

86) Q. Calpurnius Piso, Sohn eines Gaius, 
schlichtete als Praetor einen Grenzstreit zwischen 
Sparta und Messenien (Dittenberger Syll. 240, 



Fluchtlinge aus Rom, noch die stiirmische Accla- 50 43 = Inschriften von Olympia 52) ; wenige Jahre 



mation des Volkes von Karthago vermochten ihn 
zur Annahme der Kaiserwahl zu bewegen. Er 
tadelte das Volk in einem Ausschreiben und ver- 
mied es, Sffentlich zu erscheinen. Dagegen liess 
er Papirius hinrichten, weil dieser zu den Mbr- 
dern des Clodius Macer gehort hatte. Als die 
stark entstellte Kunde von diesen Ereignissen zu 
Valerius Festus gelangte, sandte derselbe Reiter 
zu Pisos Taking nach Karthago. Diese drangen 



spater, 619 = 135, bekleidete er das Consulat (f. 
Cap. Chronogr. Idat. Chron. Pasch. Obsequ. 26. 
Oros. V 6, 1. Cassiod.) und kampfte ohne Gluck 
mit den Numantinern (Appian. lb. 83). 

87) L. Calpurnius Piso Caesoninus C. f. C. n. 
ging wahrscheinlich durch Adoption aus der wenig 
bekannten Gens Caesonia in die Calpurnia fiber. 
Seine Nachkommen behielten den Beinamen Cae- 
soninus, scheinen dagegen den andern Frugi trotz 



'in das Haus des Proconsuls und tOteten den ihnen 60 Ciceros Worten (bei Ascon. p. 2. 4) in republica- 



von Baebius Massa Verratenen, Tac. hist. IV 48 
—50. Plin. epist. Ill 7, 12. Die Gattin dieses 
Piso war wahrscheinlich Licinia Magna (CIL VI 
1445 f vgl. Mommsen Ephem. epigr. I p. 149 und 
die Stammtafel S. 1375). Sein Consobrinus und 
Schwiegersohn war Calpurnius Galerianus (Nr. 46), 
Tac. hist. IV 49. 

80) L. Calpurnius L. f. Piso, von der Stadt 



nischer Zeit nicht'gefuhrt zu haben. Piso wurde 
als Praetor in Hispania ulterior 600 = 154 von 
den Lusitanern geschlagen (Appian. lb. 56); als 
Consul 606 = 148 (f. Cap. Chronogr. Idat. Chron. 
Pasch. Obseq. 19. Cassiod.) befehligte er die Land- 
armee in Africa, suchte die kleineren Stadte im 
karthagischen Gebiet zu nehmen und erlitt dabei 
mehrere Niederlagon (Appian. Lib. 110 — 112. Zo- 



1387 



Calpurnius 



nar. IX 29); vgl. Nr. 62. Wohl sein Sohn ist der 
Folgende. 

88) L. Calpurnius Piso Caesoninus war 642 
= 112 Consul (Lex agrar. v. 29, CIL I p. 81. 
Cassiod.; Caesoniano Chronogr. ; Peona Idat.; 
lleovog Chron. Pasch.), 647 = 107 Legat des Con- 
suls L. Cassius in Gallien und wurde mit diesem 
von den Tigurinern geschlagen und getotet (Caes. 
b. G. 1 12, 7. Oros. V 15, 23. Appian. Celt. 3). 

89) L. Calpurnius Piso Caesoninus, Sohn des 
Vorhergehenden und Vater des Folgenden, war 
Quaestor ungefahr 654 = 100 und erhielt bedeu- 
tende Summen fur Getreideankaufe iiberwiesen 
(Mommsen Munzwesen 560 nr. 175; Tr. Blac. 
II 385 nr. 192). Ausfuhrlichere Nachrichten uber 
ihn gab Cicero im Anfang der Eede in Pisonem 
(Bruchstiicke bei Ascon. p. 3. 4), wonach Piso die 
Tochter eines Kaufmanns von gallischer Herkunft, 
Namens Calventius, geheiratet hatte (vgl. die An- 
spielungen auf diese Abstammung seines Sohnes 
Cic. p. red. 13. 15; pro v. cons. 7; Pis. 53. 67- 
ad Q. fr. m 1, 11. Schot. Bob. p. 248). Im 
Bundesgenossenkriege stand er der Waffenfabrica- 
tion vor (Cic. Pis. 87). 

90) L. Calpurnius Piso Caesoninus. Die Haupt- 
quelle fiir sein Leben ist Cicero: im folgenden 
abgekilrzt S = Rede pro Sestio, P = in Pisonem. 
Piso war Sohn von Nr. 89, Enkel von Nr. 88 
(Caes. b. G. I 12, 7), Schwiegersohn eines Atilius 
oder Eutilius Nudus (Fenestella bei Ascon. p. 4), 
Vetter des Catilinariers C. Cethegus (Cic. p. red! 
10; de dom. 62). Zur Zeit des Bundesgenossen- 
krieges grandis iam puer (P 87) bekleidete er 
spiiter Quaestur, Aedilitat und Praetur (P 2), 
letztere wahrscheinlich 693 = 61, und verwaltete 
darauf eine Provinz. Wegen dort begangener Er- 
pressungen wurde er von P. Clodius angcklagt, 
aber freigesprochen , da er durch seine Selbst- 
erniedrigung das Mitleid der Eichter erregte (Val. 
Max. VIII 1, 6) und einen machtigen Riickhalt 
an dem Consul Caesar hatte , der damals seine 
Tochter Calpurnia heiratete (vgl. Nr. 126, dazu 
P 59. 90. Caes. b. G. I 12, 7. Pint. Cat. min. 
33, 3). Dessen Beistand verdankte er es auch, 
dass er mit dem Candidaten des Pompeius A. 
Gabinius zum Consul fur 696 = 58 gewahlt wurde 
(f. Cap. CIL I 730. 787. Lex Furfon. CIL I 603, 
2 = IX 3513, 2. Chronogr. Idat. Chron. Pasch. 
Caes. b. G. I 6, 4. Ascon. Milon. p. 41. Suet. 
Caes. 21. Cassiod. Plut. Caes. 14, 4; Pomp. 48, 3; 
Cat. min. 33, 3. Appian. b. c. II 14. Dio XXXVIII 
9. 1. 13, 3 und ind.). Er hatte sich bei der Be- 
werbung auch Ciceros Unterstiitzung zu verschaf- 
fen gesucht, zu dem er durch die Heirat des C. 
Piso (Nr. 93) mit Tullia in verwandtschaftliche 
Beziehungen getreten war '(S 20: P 11; p. red 
17 1 ad Quir. 11. Schol. Bob. p. 248), und erwies 
ihm die Ehre, im Anfang seiner Amtsfiihrung bei 
Senatssitzungen ihn gleich nach den Triumvirn 
zu befragen (P 11; p. red. 17). Sehr bald aber 
naherte er sich dem Clodius, indem er ihm iiberall 
freies Spiel Hess (S 33f.; P 8. 23. Ascon. p. 61), 
und es wurde nun eine Art Vertrag zwischen 
diesem und den beiden Consuln geschlossen, dessen 
Zweck die Beseitigung Ciceros war. Anfangs 
hielt sich Piso noch zurtick, z. B. fehlte er in der 
Senatssitzung, in welcher die Angelegenheit zur 
Sprache kam, wegen Krankheit, sei es wea-en vor- 



Calpurnius 



138$ 



geschutzter (S 26) oder wegen wirklicher (P 13. 
Dio XXXVIII 16, 6). Aber er verbot mit Gabi- 
nius dem Senat, Trauer urn Cicero anzulegen (S- 
32; P 17; Plane. 87; p. red. 12. 16. 31; ad Quir. 
13. Schol. Boh. p. 249. Plut. Cic. 31, 1. Dio 
XXXVIII 16, 3); er spottete, als Pompeius den 
Eedner fallen liess, sein stolzer Vers cedant arma 
togae habe ihm das eingetragen (P 72ff.); er gab 
den Furbittern, die Pompeius an ihn wies, eine 
10 kiihl ablehnende Antwort (P 77), und als Cicero 
in Begleitung seines Schwiegersohnes ihn per- 
sOnlich aufsuchte, gab er ihm einfach den Eat, 
sich in sein Geschick zu fugen (P 13. Plut. 31, 3 
Dio XXXVIII 16, 5). Endlich erklarte er sich 
in der von Clodius berufenen, entscheidenden Volks- 
versammlung offen gegen ihn mit den Worten, 
er missbillige ein grausames Verfahren, namlieh 
das gegen die Catilinarfer geiibte (P 14ff.; p. red. 
17. Dio). Von diesem Zeitpunkt an datiert der 
20furchtbare Hass, mit welchem Cicero den Pisc- 
verfolgte und dem er namentlich in den ersten 
Eeden nach seiner Riiekkehr den scharfsten Aus- 
druck lieh. PersOnliche Feindschaft hatte zwi- 
schen beiden bis dahin nicht bestanden ; nur Eigen- 
nutz und Habsucht waren es, die Piso zu seiner 
Stellungnahme bestimmten. Gewiss ist der Vor- 
wurf ubertrieben, er habe sich an dem Eigentume 
Ciceros bereichert und dessen Verbannung mit 
Freudenfesten gefeiert (S 54; P 22; de domo 62;. 
30 p. red. 18). Nachdem er den Vertrag erfiillt 
hatte, erhielt er seinen Lohn; Clodius brachte ein, 
Gesetz ein, durch welches Gabinius Syrien, sein 
Amtsgenosse Makedonien als Provinz erhielt (S 24f. 
44. 53. 71; P 37. 57; de domo 23. 55. 60. 70; 
prov. cons. 2ff. Schol. Bob. p. 271. Auct. de vir. 
ill. 81, 4. Plut. Cic. 30, 1), angeblich mit ausser- 
ordentlichen Vollmachten und Mitteln (P 37. 86;. 
de domo 55). Bei den Streitigkeiten , die jetzt 
sehr rasch zwischen den bisherigen Verbundeten 
40 ausbrachen, suchte Piso neutral zu bleiben (P 27; 
de domo 66). Von seiner Amtsthiitigkeit wird • 
das strenge Vorgehen gegen die Ausbreitung der 
agyptischen Kulte geriihmt (von Varro bei Tertull. 
apol. 6; ad nat. I 10. Arnob. II 73; vgl. Preller 
Rom. Mythol. II 378), wogegen ihm von Cicero 
(har. resp. 32) die Aufhebung eines kleinen alten 
Heiligtums vorgeworfen wird. Ende des Jahres 
ging er in seine Provinz ab (S 71; P 31),' die 
er bis in den Anfang 699 = 55 verwaltete (P 86. 
50 97). Wahrend dieser Zeit lebte iiber ein Jahr der 
verbanntc Cicero in Thessalonike und Dyrrhachion ; 
auf Grund eigener Beobachtung entwarf er nach 
der Heimkehr zunachst in der Rede fur Sestius 
(94) mit wenigen Strichen ein Bild von der Miss- 
wirtschaft Pisos , das er dann in der de proiin- 
ciis eonstdaribus (2—8) und schliesslich in der 
Invectiva (P 83—98) in den schwiirzesten Farben 
ausmalte (vgl. auch die Angriffe Catulls aus der- 
selben Zeit gegen Piso und sein Gefolge c. 28 
60 und 47). Zwar hatte der Statthalter infolge einU 
ger gliicklicher Gefechte seiner Legaten den Impe- 
ratortitel angenommen (vgl. noch har. resp. 35), 
aber thatsiichlich sei das Land schutzlos den Thra- 
kern preisgegeben , das Heer in ganzlicher Auf- 
lOsung; er hiitte Unterthanen und Bundesgenossea 
auf das schamloseste ausgesogen, Gesetz undEecht 
nur zu seinem Vorteil walten lassen, Kunstwerke 
geraubt, den Frauen nachgestellt, schliesslich die 



1389 



Calpurnius 



Calpurnius 



1390 



Provinz in dem trostlosesten Zustand verlassen 
und sei vor den eigenen Truppen fliichtend heim- 
lich und unbemerkt nach Kom zuriickgekommen. 
Die einzelnen Anklagen auf ihr richtiges Mass 
zuriiekzufuhren , ist aus Mangel an anderen Be- 
richten nicht moglich; dass sie ungemein iiber- 
trieben und entstellt sind, liegt auf der Hand. 
Piso saumte auch nicht, sich 699= 55 bald zu 
rechtfertigen und seinerseits gegen Cieero Klage 



Beifall eintrug, und zu erklaren, dass er unter 
keinen Umstanden dessen Herrschaft dulden wolle 
(Cic. Phil. XII 14). Doch mit derselben Ent- 
schiedenheit wandte er sich am 1. Januar 711 
= 43 gegen Ciceros funfte Philippica und gegen 
die Verhangung der Acht iiber Antonius (Appian. 
Ill 50. 54—61). Er ging selbst mit Sulpicius 
Kufus und L. Philippus in das Lager vor Mutina 
und auch nach dem Scheitern dieser Sendung (Cic. 



zu erheben , worauf dieser kurz vor Einweihung 10 Phil. VII 28. EC 1. XIV 4 ; ad fam. XII 4, 1) gab 



des Pompeiustheaters , also im Friihjahr (P- 65 
Ascon. z. d. St. p. 14 u. p. 1), mit einer Eede ant- 
wortete, die uns nebst dem Commentar des Asco- 
nius erhalten ist. Hire masslose ungezugelte Hef- 
tigkeit lasst erkennen, dass die vorangegangene 
des Piso ihre Wirkung gethan hatte und der Redner 
sich empfindlich getroifen fiihlte. Auf diese In- 
vectiva entgegnete Piso mit einer Flugschrift und 
Q. Cicero hielt es fiir angemessen, dass sein Bruder 



er die Hoffhung noch nicht auf, eine Versohnung 
zu erzielen (Cie. Phil. XII 3. 15). Spatere Nach- 
richten fiber ihn fehlen, vielleicht weil er sehr 
bald darauf starb. Von seinem lAusseren und 
seinem Charakter giebt Cicero eine gleichmassig 
abschreckende und offenbar verzerrte Schilderung. 
In seiner Erscheinung und in seinem Privatleben 
suchte Piso den ROmer der guten alten Zeit heraus- 
zukehren; doch war er der griechischen Bildung 



den Kampf fortsetze (ad Qu. fr. Ill 1, 11), aber,20keineswegs fremd (vgl. z. B. S 23; P 68; p. red. 



dies erfolgte ebensowenig, wie die Anklage, mit der 
dem Gegner gedroht worden war (P 94. 96). Im 
Gegenteil, Piso, der ruhig in Rom lebte, ohne an 
den politischen Kampfen teilzunehmen und nur 
700 = 54 unter den Fiirsprechern des M. Scaurus 
auftrat (Ascon. Scaur, p. 24), gelangte sogar 704 
= 50 mit Ap. Claudius Pulcher zur Censur (Caes. 
b. c. I 3, 6. Tac. ann. VI 10. Invect. in Sail. 16. 
Dio XL 63, 2), was gar nicht sein Wunsch war 



14. Ascon. p. 14). Die Hypothesen uber seine 
Villa in Herculanum, seine Bibliothek und sein 
Portrait sind von Mommsen (Archaeol. Ztg. 
XXXVIII 32) mit vollstem Recht zuriickgewiesen 
worden; die Beziehung derlnschrift CIL XIV 3591 
(vgl. Nr. 81) ist zweifelhaft. [Miinzer.] 

91) C. Calpurnius Piso Crassus Frugi Lici- 
nianus, genannt auf der Inschrift CIL VI Suppl. 
31725 (wohl Grabschrift). Seinem Namen zu- 



(Dio). Das Schweigen des Gegners iiber seine 30 folge Nachkomme des M. Licinius Crassus Frugi 
Verwaltung dieses Amtes spricht zu seinen Gunsten ; cos. 27 n. Chr. 



es scheint, dass er damals schon eine neutrale 
Stellung zwischen den Parteien einnahm, denn 
wahrend er einen Caesarianer, Sallust, aus dem 
Senat stiess (Invect. in Sail. 16. Dio XL 63, 4), 
nahm er den anderen, Curio, in Schutz (Dio). 
Beim Ausbruch des Biirgerkrieges trat er im Senat 
fflr seinen Schwiegersohn ein (Plut. Pomp. 58, 4) 
und erbot sich, als Vermittler zu ihm zu gehen 



92) (Calpurnius?) Piso Frugi, einer der sog. 
dreissig Tyrannen. Er erscheint nur in der Hist. 
Aug., die folgendes von ihm zu erzahlen weiss: 
Macrianus, der gerade (im J. 261 n. Chr.) die 
Macht im Orient in Handen hatte, sandte den 
Piso Frugi nach Europa, um den Proconsul von 
Achaia Valens zu teten. Als jedoch Piso erfuhr, 
dass Valens sich zum Kaiser habe ausrufen lassen, 



(Caes. b. c. I 3, 6), aber als jener gegen Rom40begab er sich nach Thessalien, usurpierte auch 



maTschierte , verhess er die Stadt und gab ihm 
dadurch seine Missbilligung zu verstehen, was 
ihm selbst Ciceros Hochachtung wiedergewann (ad 
fam. XIV 14, 2; ad Att. VII 13, 1). Freilich schloss 
er sich auch dem Pompeius nicht an , sondern 
erklarte nochmals seine Bereitwilligkeit den Frie- 
den zu vermitteln (Dio XLI 16, 4), wiederholte 
dasselbe dem Caesar nach dem spanischen Feldzuge 
(Plut, Caes. 37, 1) und verwandte sich spater fiir 



fiir sich die kaiserliche Wurde, obwohl er nur einen 
geringen Anhang hatte (paueis sibi consentien- 
tibus, Trig. tyr. 21, 1, dagegen cum plurimis 
interfectus est, Gallien. 2, 4), und nahm den Bei- 
namen Thessalicus an. Doch wurde er bald von 
Soldaten, die Valens gegen ihn ausgesendet hatte, 
getetet. Auf die Kunde von dem Tode des durch 
viele persOnlicheTugenden ausgezeichnetenMannes 
beschloss der Senat am 25. Juni die Consecration, 



einen von dessen entschiedensten Gegnern , den 50 eine Triumphalstatue (die Trebellius Pollio noch 



M. Marcellus (Cic. ad fam. UI 4, 3). Nach der 
Ermordung des Dictators forderte er in der Senats- 
sitzung vom 17. Marz 710 = 44 ein Bffentliches 
Begrabnis und voile Giiltigkeit des Testaments 
(Suet. Caes. 83. Appian. b. c. II 135f). das der 
Verstorbene in seine Hande (nach Sueton viel- 
mehr in die der Obervestalin, wie spater Augustus) 
niedergelegt hatte (vielleicht ist hierauf das Frag- 
ment eines Briefes Caesars an Piso bei Charis. p. 79, 



sellbst gesehen haben will) u. a. fiir Piso, wobei 
auf die Zustimmung des Kaisers Gallienus ge- 
Technet wurde. Piso hatte einer nobilissima tune 
et ctmsularis familia angehCrt und war dem Ge- 
schlechte jener Pisonen entsprossen, mit welchen 
sich CiceTO verschwagert hatte, Gallien. 2, 2. 3. 
4; Trig. tyr. 19. 21. Da diese Erzahlung an Un- 
wahrscheinlichkeiten und Widersprflchen leidet und 
fiberdies echte Mtinzen von Piso nicht erhalten 



22 zu beziehen), und leitete selbst die Bestat- 60 sind (vgl. Eckhel Vn 461. Cohen VI 8), wird 



tungsfeierlichkeit (Appian. II 143). Anscheinend 
suchte man ihn spater aus der Hauptstadt zu ent- 
fernen (Cic. ad Att. XV 26, 1), indes er blieb und 
fuhr "fort, beiden extremen Richtungen entgegen- 
zutreten. So wagte er allein am 1. August, da 
Cicero noch fern war, die AnsprSche des Antonius 
zuriickzuweisen (Cic. Phil. I 10. 14. V 19; ad Att. 
XVI 7, 7; ad fam. XII 2, 1), was ihm allgemeinen 



man diesen aus der Zahl der Usurpatoren streichen 
und zu jenea rechnen diirfen, die der Verfasser 
der Triginta tyranni aus eigener Machtvollkom- 
menheit zu Kaisem erhob, um die Zahl seiner 
Dreissig voll zu bekommen. Die Ehrung Pisos 
im Senate, die ubrigens gewiss nicht die Con- 
secration in sich schloss, weist eher darauf bin, 
das» er sich im Kampfe gegwi Valens fiir Gal- 



1391 



Calpurnius 



lienus erklarte (Schiller Geschichte der rOm. 
Kaiserzeit I 2, 835). Dass Piso zu dem Ge- 
schlechte der Calpurnii Pisones gehOrte, ist sehr 
wohl mOglich, andererseits wieder sehr zweifel- 
haft, ob er das in dieser Zeit kaum gebrauchliche 
Cognomen Frugi wirklich geffihrt hat. Vgl. Bern- 
hardt Geschichte des rom. Reiches von Valerian 
bis zu Diocletians Regierungsantritt I 78ff. S chil- 
ler a. a. 0. [Groag.] 

93) C. Calpurnius Piso Frugi, Sohn von Nr. 98. 10 
Er verlobte sich Ende 683 = 67 (vgl. Drumann 
G. R. n 83) mit Tullia, der Toohter Ciceros (Cic. 
ad Att. I 3, 3), war Triumvir monetalis um 693 
= 61 (Mommsen Miinzwesen 624 nr. 264), wurde 
695 = 59 von L. Vettius der Teilnahme an der 
erdichteten Verschwiirung gegen Pompeius be- 
schuldigt (Cic. ad Att. II 24, 3; Yatin. 26. Schol. 
Bob. Sest. p. 308f.) und war namentlich im In- 
teresse seines Schwiegervaters thatig, als dessen 
Verbannung erfolgte. Vergeblich hatte er vorher 20 
fur ihn bei Pompeius um Schutz gegen Clodius 
gebeten (Pint. Cic 31, 2), und gleich erfolglos 
blieben seine eifrigen Bemtihungen um Ciceros 
Zuriickberufung im folgenden Jahre, 696 = 58, be- 
sonders die dringenden Gesuche, die er an seinen 
Verwandten, den Consul L. Piso Nr. 90, richtete 
(Cic. p. red. 17. 38; Sest. 54. 68. Schol. Bob. z. d. 
St. p. 248. 300). Er selbst war damals Quaestor 
und sollte nach Pontus und Bithynien gehen, blieb 
aber in Rom , um weiter fur Cicero zu wirken 30 
(Cic. p. red. 38; ad. Quir. 7); noch vor dessen 
Riickkehr, also in der ersten Halfte des J. 697 
= 57 ereilte ihn plotzlich der Tod (Cic. Sest. 68). 
Cicero spendet seinem Charakter und seinen geisti- 
gen Anlagen reiches Lob (ad fam. I 1, 4. 2, 2; 
Brut. 272; Cat. IV 3; in Pis. bei Ascon. p. 4; 
vgl. noch Macrob. II 3, 13. 16). [Munzer.] 

94) C. Calpurnius L. f. Piso Frugi wurde 
neben Cn. Calpurnius Piso von den Athenern durch 
eine Statue geehrt (CIA III 601. 602). Ditten-40 
berger halt C. Piso Frugi fur identisch mit M. 
Licinius Crassus Frugi cos. 27 n. Chr., dem mut- 
masslichen Sohne des L. Piso pontifex (Nr. 99), 
und meint, dass er vor seiner Adoption durch 
einen Licinier diesen Namen gefiihrt habe. Cn. 
Piso sei der spater L. Piso genannte College des 
Crassus Frugi im Consulat (Nr. 76). Demnach 
seien die beiden Inschriften vor dessen Namens- 
iinderung (20 n. Chr.) gesetzt. Die Richtig- 
keit dieser Hypothese muss vorliiufig dahingestellt 50 
bleiben. [Groag.] 

95) Cn. Calpurnius Piso Cn. f. Cn. n. (Frugi?) 
also wohl Sohn von Nr. 69 (Borghesi Oeuvres 
V 305) ; nur eine Mfinze seines Sohnes Cn. Piso 
(Nr. 70) bei Bab el on I 306 nr. 37 giebt ihm den 
Beinanien Fru(gi). Er war sein ganzes Leben lang 
ein tiberzeugter Republicaner, daher zog er schon 
ate ganz junger Mann nach dem mithridatischen 
Kriege den Tribunen Manilius wegen seines bekann- 
ten Gesetzes vor Gericht (Val. Max. VI 2, 4). Hatte 60 
er sich bei dieser Gelegenheit dem Pompeius feind- 
lich erwiesen, so trat er spater im Burgerkriege 
dennoch auf dessen Seite. Er war 705 = 49 sein 
Proquaestor in Hispania ulterior (Mommsen 
Munzwesen 655), ging dann mit Afranius und 
Petreius nach Africa iiber und beteiligte sich an 
den Kampfen von 708 = 46 (bei Afr. 3, 1. 18, 1. 
'J'ac. ann. II 43). In der Folgezeit schloss er sich 



Calpurnius 



1392 



der Partei der MOrder Caesars an, wurde nach 
lhrem Untergange begnadigt und Melt sich vom 
pohtischen Leben fern, bis ihn Augustus 731 = 23 
als seinen Collegen zum Consul suffectus erhob 
(f. Cap. f. fer. Lat. CIL 12 p . 58. Chronogr. Idat. 
Chron. Pasch. Cassiod. Tac. Dio LIII 30, 1 und 
ind.). Die Ansicht. dass an diesen Piso und seine 
beiden Sohne die Ars poetica des Horaz gerichtet 
sei, vertritt besonders Michaelis (Comment. 
Mommsen. 431); s. u. S. 1399. [Munzer.] 

96) L. Calpurnius Piso Frugi, Sohn eines Lu- 
cius, empfing den zweiten Beinamen von seiner 
Rechtschaffenheit (Cic. Sest. 21; Tusc. Ill 16 
Schol. Bob. Flacc. p. 233. Plin. paneg. 88). Als 
Volkstribun gab er 605 = 149 das erste Gesetz 
gegen Erpressungen, welches die Ausbildung der 
Quaestiones perpetuae zur Folge hatte (Cic. Brut. 
106; Verr. Ill 195. IV 56; off. II 75. Lex repe^ 
tundarum CIL I 198 v. 74; vgl. Mommsen ebd. 
p. 54f.). Als Praetor kampfte er unglficklich 
gegen die empOrten Sclaven in Sicilien im J. 618 
= 136 (Flor. II 7, 7; vgl. Wilms Jahrb. f. Philol. 
CLI 213), mit besserem Erfolge dagegen 621 — 
133 als Consul (f. Cap. Lex agrar. CIL I 200 
v. 1. 4. 15. 27. 28. 29. 33. Chronogr. Idat. Chron. 
Pasch. Cassiod. Cic. Verr. IV 108. Ps.-Ascon 
Verr. p. 149. Veil. II 2, 2, vgl. auch Nr. 73. 
Er stellte die gelockerte Disciplin mit Strenge 
wieder her (Val. Max. II 7, 9. Front, strat. IV 1, 
26), wusste aber auch die Tapferen nach Verdienst 
zu belohnen, unter ihnen seinen eigenen Sohn 
(vgl. Nr. 97). Er nahm Murgentium ein (Oros. 
V 9, 6, tiber den Namen der Stadt vgl. Schafer 
Jahrb. f. Philol. CVII 71) und belagerte Henna, 
wie dort geftmdene Schleuderbleie lehren (CIL I 
642. 643 = X 8063, 2 = Ephem. epigr. VI 1), 
doch erlag diese Festung erst seinem Nachfolger. 
Auch fur die Getreideversorgung der Hauptstadt 
war er damals thatig (Cic. Verr. Ill 195). In 
der Folgezeit trat er mit grosser Entschiedenheit 
dem C. Gracchus entgegen; besonders dessen Ge- 
treidegesetz gab zu erbittertem Streit zwischen 
beiden Mannem Anlass (Cic. Font. 39; Tusc. Ill 
48. Schol. Bob. p. 233; vgl. im allgemeinen Cic. 
Brut, 106 Piso multarum legum aut auctor aut 
dissuasor firit). Bei Dionys. II 38, 3. 39, 1. 
Plin. n. h. XIII 87. Censor, de die nat. 17, 11 
wird Piso als Oensorius bezeichnet, was kaum als 
wirkliches Cognomen zu fassen ist; nach der ge- 
wShnlichen Annahme (de Boor Fasti censorii 87) 
verwaltete er die Censur 634 = 120, Mommsen 
(St.-R. Ill 970, 2) hat sie jedoch mit ziemlicher 
Wahrscheinlichkeit auf 646 = 108 verlegt. 

[Munzer.] 
Reden des Piso aus seiner ausgedehnten poh- 
tischen und gerichtlichen Thatigkeit erwahnt Ci- 
cero Brut. 106, doch waren sie schon damals 
nicht mehr erhalten. 

Von grSsserer Bedeutung war dagegen das 
Geschichtswerk des Piso, das von den Schrift- 
stellern nicht selten erwahnt wird. Sein Titel . 
muss annates gelautet haben, wie die Citate bei 
Gellius (frg. 8 Peter in primo annali, 27 in 
tertio annali, 19 in secundo annalium)', bei Pli- 
nius (frg. 10 und 13 primo annalium), bei Cen- 
sorious (frg. 36 in annali septimo) und bei Pri- 
scian (frg. 18 in secundo-annalium) beweisen und 
durch das Citat bei Dionys (frg. 14 iv rfi ^gonij 



1393 



Calpurnius 



imv eviavoicov avaygacpaiv) bestatigt wird. Wenn 
dagegen Plinius (frg. 11) primo commenlario- 
■rum und Priscian (frg. 17) historiarum I bieten, 
so will dies deshalb nichts besagen, weil ja gerade 
diese beiden Schriftsteller an anderer Stelle den 
richtigen Titel des Werkes geben. 

Pisos Annalen behandelten die rBmische Ge- 
schichte von ihren friihesten Anfangen an bis auf 
die Zeit des Verfassers selbst herunter, denn einer- 
seits ist in frg. 2 von Aeneas die Rede, anderer- 10 vergangenen"zeit waren" ^nlenTwOTke^nbar 



Calpurnius 1394 

Lebensauffassung, die sich in Rom immer mehr 
nnd mehr auszubreiten begann, auf das ent- 
schiedenste bekampft. Frg. 40 tadelt er die 
tiberhandnehmende Sittenlosigkeit der rOmischen 
Jugend, und auch in frg. 38 klagt er, dass seit 
der Censur des M. Messalla und C. Cassius die 
pudicitia sttbversa sei. Dem gegenliber erscheint 
uberall die gute alte Zeit und das alte echte Romer- 
tum verherrlicht , und Musterbeispiele aus jener 



seits aber findet sich als spatestes erwahntes Er 
eignis die Feier der Saecularspiele von 146 in 
frg. 39. 

Das Werk war im Gegensatz zu denen der 
altesten Annalisten bereits in Bucher eingeteilt, 
von denen das erste in frg. 8. 10. 11. 13. 14. 17, 
das zweite in frg. 18 und 19, das dritte in 27 
und das siebente in 36 angeflihrt werden. Da 
Fragment 36 ein Ereignis aus dem J. 158 v. Chr. 



vielfach eingestreut (s. frg. 8. 27 und vor allem 33). 
Es scheint Piso iiberhaupt mit seinem ganzen 
Werke einen gewissen paedagogischen Zweck ver- 
folgt zu haben, insofern er dem entarteten eigenen 
Zeitalter als Muster die gute alte Zeit hinstellen 
und zur Rfickkehr zu deren gesunden , einfacheu 
Sitten mahnen will. 

Was die Art der Darstellung anlangt, so be- 
zeichnet Cic. Brut. 106 die annates als sane exi- 



betrifft , wird Buch VII das letzte des ganzen 20 liter scriptos , und die fortlaufende , sich i 



Werkes gewesen sein, 

In welcher Weise der Stoff auf diese sieben 
Bucher verteilt gewesen ist, lasst sich nicht mit 
Sicherheit sagen , doch ergiebt sich aus den oben 
angefuhrten Fragmenten mit Buchangabe soviel, 
dass das erste Buch die Konigszeit zum min- 
desten bis auf Servius Tullius hinab, wahrschein- 
lich aber bis zu ihrem Ausgange behandelte. 
Buch II enthielt bestimmt die alteste republica- 



gleichartig wiederholende annalistische Erzahlung 
mag ja durffcig und trocken genug gewesen sein. 
Allein iiberall dort, wo sich Gelegenheit bot, in 
ausfuhrlicherer Darlegung einzelne Ereignisse, 
Anekdoten u. dergl. zu berichten, hat es Piso 
verstanden, in einer ganz eigenartig anmutenden 
naiven Art den Stoff zu behandeln. Die beiden 
ausfiihrlicheren wo'rtlichen Fragmente 8 und 27 
geben uns ein Bild von dieser altmodischen wuch- 



™ C J« ^l^jf 11 ^' ^ a ^S;,} 9 dic Ereignisse^des 30 tigen Darstellungsweise. An letzterer Stelle wird 
^-.n-j. t t>_.i. ttt -, , , z B ^ Flavius in der Erzahlung innerhalb 

sieben Zeilen nicht weniger als dreimal mit seinem 
vollen Namen Cn, Flavins, Anni films genannt. 
Dem Urteil des Gell. XI 14 iiber die dort aus- 
geschriebene Stelle simplieissima suavitate et 
rei et orationis kann man sich unbedingt an- 
schliessen. 

Im einzelnen wissen wir nur wenig fiber die 
historische Darstellung des Piso. Als Grundungs- 



J. 509 betrifft. In Buch III war dann "das Werk 
bereits bis mindestens 304 vorgeschritten, da aus 
diesem Buche frg. 27, die Geschichte des Cn. Fla- 
vius, stammt. Die letzten vier Bucher haben 
dann noch einen Zeitraum von etwa 150 Jahren 
behandelt, ohne dass sich bei dem Fehlen von 
Buchcitaten Gcnaueres vermuten liesse. 

Schon diese Ubersicht zeigt, dass Pisos Anna- 
len in der Hauptsache noch immer dem Bilde 



entsprechen, das Dionys. I 6 von den Werken 40jahr der Stadt nahm er das J. 758 an (Cens. 



der altesten rOmischen Annalisten entwirft, inso- 
fern auch bei ihm die Sagengeschichte und die 
seiner eigenen Lebenszeit vorangegangene histo- 
rische Periode ausfiihrlich , dagegen die altere 
republicanische Zeit nur kurz behandelt war. An 
Glaubwurdigkeit tibertraf er sicher dic Mehrzahl 
der rOmischen Annalisten, und ausdrticklich be- 
zeichnet ihn Plinius an zwei verschiedenen Stellen 
(frg. 10 und 38) als grams auctor. Eine gewisse 



de die nat. XVII 13). Unter jedem Jahre scheint 
er gewissenhaft die samtlichen Magistrate nament- 
lich aufgefuhrt zu haben (so frg! 28 die Aedileii 
des Jahres 299), und eine Eigentiimlichkeit von 
ihrn scheint es gewesen zu sein', dass er die Namen 
der Beamten jedesmal mit Zufiigung des Vaters- 
namens gegeben hat (vgl. frg. 27. 28 und 36). 
Trotz seiner Wichtigkeit ist die Bcnutzung 
von Pisos Geschichtswerk nur auf einen verhalt- 



Gewahr fur die Zuverlassigkeit des Mamies auch 50 nismassig kleinen Kreis von Schriftstellern be- 



als Schriftsteller bietet ja schon sein ganzes Leben 
und seine gauze PersOnlichkeit. Die strenge Recht- 
lichkeit, die ihn als Menschen auszeichnete, wird 
ihm auch in seinem Geschichtswerke jedebewusste 
Fiilschung oder Entstellung der Ereignisse als 
verwerflich haben erscheinen lassen. Die Dar- 
stellung wird demnach noch verhaltnismassig frei 
gewesen sein von der spater uberwuchernden Bil- 
dung von Falschungen und Legenden. Es ist 



chrankt geblieben. Von Historikem kennen es 
nur Livius und Dionys. Ersterer citiert es im 
ganzen sechsmal und zwar zunachst I 55, 7 (frg. 
16) fur die Geschichte des Tarquimus Superbus. 
dann II 32, 3 (frg. 2>) fur die Secession des 
J. 494 und II 58, 1 (frg. 23) fur die ersten in 
den Tributcomitien gewahlten Volkstribunen des 
J. 471. Erst nach langer Pause citiert er ihn 
dann wieder IX 44, 2 (frg. 26) und X 9, 12 



jedenfalls charakteristiseh fftr den Standpunkt 60 (frg. 28) fur die J. 305 und 299, jedoch beidemal 
„„ „_ 4_.i.j-4.._ -.--T.^ /.-- -.-•- in einer Weise, dass er ihm nur von seiner Haupt- 

quelle abweichende Angaben entnimint. Aber es 
darf als sicher gelten, dass Livius auch an manchen 
anderen_ Stellen jener Partien der ersten Dekade. 
wo er sich allgemein auf annates oder auctores 
quidam beruft, den Piso meint. Unbedingt ist 
dies der Fall IX 46, 2, wo durch den Vergleich 
mit Gell. VII 9 die Benutzung des Piso langst 



Pisos, dass dort, wo er Anekdoten giebt, fiir die 
er keine unbedingt sichere historische Unterlage 
haben konnte, er dies durch ein einschrankendes 
dieunt ©der dicitur zu erkennen giebt. Noch in 
dem Bericht fiber Cn. Flavius aus dem J. 304 
(frg. 27) findet sich dieses dicitur zweimal. 

Wie in seiner politischen Thatigkeit hat Piso 
auch in seinen Annalen den neuen Geist, die neue 



1395 



Calpurnius 



Calpurnius 



1396 



1397 



erkannt worden ist. In den spateren Dekaden 
nennt Living den Piso nur noch ein einziges Mai, 
XXV 39, 15 (frg. 32), und es ist deshalb wenig 
wahrscheinlich, dass er ihn far diese noch in 
weiterem Masse benutzt 'hat. 

Die ersten zwei oder drei Biicher des Piso 
sind dann eine Hauptquelle des Dionys von Hali- 
karnass gewesen, der ihn, wie die Fragmente 3, 
5, 14 nnd 15 beweisen, vor allem f(ir seine Dar- 



Calpurnius 



Calpurnius 



139$ 



genossenkrieges (Mo mm sen Miinzwesen 580 nr. 
209), beantragte vielleicht als Volkstribun nach 
dessen Beendigung die Einrichtung von zwei neuen 
Tribus und die Verleihung des Btirgerrechts an 
die Soldaten (Sisenna frg. 17, 120 Peter, vgl, 
Kiene Der rom. Bundesgenossenkrieg 229, der 
aber an Nr. 89 denkt), klagte wenige Jahre spater 
den P. Gabinius an (Cic. div. in Caec. 64) nnd 
wurde Praetor 680 — 74 zusammen mit Verres, 



stellung der Konigszeit zu Grande gelegt hat. 10 dem er vielfaeh entgegentrat (Cic. Verr. I 119. 



Allein auch fur die Ereignisse der J. 439 nnd 399 
hat er ihn noch angefiihrt (frg. 24 nnd 25), und 
es diirfte daher gerade bei Dionys auch sonst 
noch besonders viel pisonisches Gut enthalten sein. 
Der dritte Autor, der Pisos Annalen in aus- 
giebigerer Weise benutzt hat, ist Plinius, in dessen 
Naturgeschichte Piso nicht weniger als dreizehn- 
mal ausdrucklich citiert wird. Dass aber auch 
ausserdem noch manches andere bei Plinius auf 



IV 56. Ps.-Ascon. z. d. St. p. 192). Er ist jeden- 
falls auch der L. Calpurnius, den Cicero (Caec. 35) 
seinen Freund nennt; wenige Jahre nach dieser 
Ausserung verlobten sich die Kinder beider mit 
einander (vgl. Nr. 93). Ferner konnte er der Piso 
Frugi sein, der kurz nach 680 = 74 den C. Iunius 
verteidigte (Schol. Gronov. p. 395). [Miinzer.] 

99) L. Calpurnius Piso Frugi pontifex. a) Name. 
A. KahiovQviog A. vl. Hioov <PovQttos Dio ind. 1. 



Piso zuruckzufiihren ist, lehrt schon der Umstand, 20 LIV (der Name QovQTiog ist aus Frugi verderbt, 



dass Piso in den Quellenverzeichnissen zu fiinf- 
zehn verschiedenen. Biichern genannt ist, darunter 
mehreren solchen, in denen er dann nicht direct 
citiert wird. Plinius scheint demnach das ganze 
Werk des Historikers excerpiert zu haben. 

Die Mehrzahl der iibrigen Fragmente ver- 
danken wir Varro, der nicht nnr in den erhal- 
tenen Schriften den Piso citiert (frg. 1. 6. 9), 
sondern auch zweifellos die Pisocitate dem Macro- 



doch zweifelt Klebs Prosopogr. I 286 nr. 249, 
ob Piso thatsachlich auch dieses Cognomen fiihrte, 
da er sonst nicht zur Unterscheidung von anderen 
Lucii ¥is<me&. pontifex genannt worden ware; eine 
definitive Entscheidung ist hier vorlaufig nicht 
mfiglich, immerhin kann aber auch unseres Pon- 
tifex Zeitgenosse L. Piso augur Nr. 74, der Sohn 
des Cn. Piso Frugi, das Cognomen Frugi gefiihrt 
haben, weshalb man die beiden gleichnamigen 



bius (frg. 42 und 43), Servius (frg. 4 und 44), 30 MiinneTdurch die Angabeihrerpriesterlichen Wurde 



Arnobius (frg. 45),- Tertullian (frg. 7), Lactantius 
(frg. 41) nnd wohl auch Censorinus (frg. 36 und 
39), sowie Plutarch (frg. 12) vermittelt hat. Da- 
gegen kann Gellius (frg. 8. 19. 27) die Annalen 
selbst eingesehen haben, und das Gleiche gilt von 
Cicero, der Piso einmal (frg. 40) anfiihrt und dessen 
Urteil iiber die Annalen bereits oben erwahnt 
wurde. 

Von den Grammatikern ist das Werk fast ganz 



unterschieden hatte). L. Calpurnius L. f. Piso 
pontiffexj CIL XI 1182 (Veleia); L. Calpurnius 
Piso pontifex oder L. Piso pontifex Acta Arva- 
lium; L. Piso pontifex CIL VI 20743. Tac. ann. 

VI 10; L CIL 12 p. 64 Fasti Colotiani; 

KaXnovpvws IIlocov Dio LIV 21, 1; L. Piso oder 
nur Piso sonst bei den Schriftstellern. 

b) Leben. Pontifex (s. o.). Frater Arvalis, in 
den Arvalacten der J. 14, 20, 21 und 27 n. Chr. 



lich vernachlassigt worden, obgleich es fur sie ge- 40 als anwesend genannt (CIL VI 2023. 2024. Ephem 



wiss eine reiche Ausbeute, zumal an altertiim- 
lichen Worten, Formen und Wendungen hatte 
bieten miissen. Einzig Priscian fiihrt zwei Stellen 
daraus (frg. 17 und 18) an. 

In nenerer Zeit ist verschiedentlich der Ver- 
such untemommen worden, Piso als Hauptquelle 
der uns erhaltenen Historiker, des Livius, Diodor 
und anderer, zu erweisen; allein das uns vor- 
liegende Material ist so geringfugig, dass sich 
etwas Sicheres hier nicht feststellen lasst. 

An Litteratnr vgl. H. Liebaldt De L. Cal- 
purnio Pisone annalium script ore, Naumburg 1836, 
und vor allem die Ausflihrungen von Peter Hist. 
Rom. rel. p. CLXXXVIIIff.; mehr bei Teuffel- 
Schwabe E. L.-G. § 132, 4. Die Fragmente 
sind gesammelt bei Peter Hist. Rom. rel. 
p. CXVIII— CXXXVn und frg. p. 76-86. 

[Cichorius.] 

97) L. Calpurnius Piso Frugi, Sohn des Vor 



epigr. VIII p. 318). Er war viermal Magister des 
Collegiums der Arvalbruder, das viertemal im 
J. 27 n. Chr. (CIL VI 2024). Consul ordinarius 
im J. 739 = 15 v. Chr. mit M. Liviu3 Drusus 
Libo (die Belegstellen s. o.). Wahrscheinlich zur 
Zeit der Kriege des Augustus gegen die Alpen- 
volker (25—14 v. Chr.) verwaltete er als Pro- 
consul in ausserordentlicher Stellung die Trans- 
padana. Damals warf ihm der Rhetor C. Albucius 
50 Silus wahrend eines Processes, der in Mailand vor 
Pisos Tribunal gefuhrt wurde, vor, dass er Italien 
wieder zur Provinz erniedrige (Suet, de rhetor. 6 ; 
vgl. Mommsen St.-R. lis 239, 1. Gardthausen 
Augustus I 2, 713f. II 2, 396). In der namlichen 
Stellung unternahm Piso, wie es wenigstens den 
Anschein hat, im J. 16 v. Chr. eine Expedition 
gegen die Vennoneten und begab sich nach deren 
Unterwerfung zu Augustus nach Lyon. Denn dass 
wir den Piso, von welchem Orosius VI 21, 22 dies 



hergehenden , diente unter seinem Vater 621 = 60 berichtet (er redet von den Vindelikern schlechthin, 



133 im ersten Sclavenkriege und wurde von ihm 
dureh Verleihung einer corona aurea ausgezeich- 
net (Val. Max. IV 3, 10. Plin. n. h. XXXIII 38). 
642 = 112 war er Praetor in Hispania ulterior 
und fand dort im Kampfe seinen Tod (Cic. Verr. 
IV 56. Appian. lb. 99). 

98) L. Calpurnius Piso Frugi, Sohn des Vor- 
hergehenden, war Miinzmeister zur Zeit des Bundes- 



doch vgl. hiezu und zur Zeitbestimmung Zip pel 
Rom. Herrsch. in Illyrien, Leipz. 1877, 262), mit un- 
serem Piso zu identificieren haben, wird durch das 
zeitliche Zusammentreffen dieses Feldzuges in das 
Alpengebiet mit seinem Proconsulat von Gallia cis- 
alpina wahrscheinlich gemacht. Die Reise nach 
Lyon deutet vielleicht darauf hin, dass diese Unter- 
nehmung den Abschluss seines Proconsulates bil- 



dete, bekleidete er doch bereits im folgenden Jahre 
(15 v. Chr.) den Consulat (s. o.). Nach Dios Be- 
richt (LIV 34, 6) war Piso im J. 741 = 13 v. Chr. 
Statthalter von Pamphylien. Da dies jedoch nie- 
mals eine consularische Provinz war, muss hier 
ein Irrtum Dios vorliegen. Marquardt (Rflm. 
Staatsverw. 12 417, 4) ist der Ansicht, dass Pam- 
phylien damals mit Syrien zusammen verwaltet 
worden sei und Piso, demnach Statthalter von 
Syrien, sich im J. 13 nur zufallig in Pamphy- 
lien befunden habe. Dagegen halten Z i p p e 1 
(a. a. O. 245 f.) und Mommsen (Rsmische Ge- 
schichte V 13, 1) Piso filr den — wahrschein- 
lich ersten — Statthalter Moesiens. Wenn man 
Dios Worte nicht fur vollig unrichtig oder flir 
schlecht uberliefert halten will, diirfte allerdings 
die Annahme Marquardts vorzuziehen sein, fur 
welche librigens auch die Reihenfolge der Opera- 
tionen im Thrakerkrieg spricht. Wahrend Piso 
demnach vermutlich Syrien und Pamphylien ver- 
waltete, entstand unter den Thrakern ein bedroh- 
| licher Aufstand. Die Besser fielen unter einem 

f Dionysospriester Vologaesa (vgl. Tomaschek S.- 

I Ber. Akad. Wien. 1894 I 11) ab, tiberwaltigten die 

? den Romem ergebenen Odrysenfursten und brachen 

i in die Chersones ein, die sie furchtbar verwiiste- 

■ ten. Gleichzeitig machten die Sialeten einen ver- 

heerenden Einfall in Makedonien. Piso wurde von 
„ Augustus mit der Kriegfuhrung gegen die Auf- 

l standischen betraut. Er folgte den Bessern in 

- ihr Land, wurde zwar zuerst geschlagen, erfocht 

aber dann einen" Sieg und nahm nun die TJnter- 
"\ jochung der Besser und der anderen Stamme, die 

sich diesen angeschlossen hatten, in Angriff. In 
drei Jahren (741—743=13—11 v. Chr.) hat er 
seine Aufgabe vollstandig durchgefiihrt (Dio LIV 
34, 5-7. Veil. II 98, 1. 2. Flor. II 27. Liv. 
per. 140. Senec. epist. XII 1, 14. Zonar. X 34. 
Antipat. Anthol. Pal. VI 335. IX 428; Plan. 184; 
vgl. Schiller Geschichte der rom. Kaiserzeit I 
1, 236. Mommsen R. G. V 211). Fiir seine 
Thaten wurden ihm die Triumphalinsignien und 
eine supplicatio bewilligt (Dio LIV 34, 7. Tac. 
ann. VI 10). Tiberius ernannte ihn zum Praefectus 
urbi , wahrscheinlich sehr bald nach seinem Re- 
gierungsantritt (14 n. Chr.). Allerdings bemerkt 
Tacitus (ann. VI 11) bei der Erwahnung von Pisos 
Tod im J. 32, dass dieser zwanzig Jahre hin- 
durch Stadtpraefect gewesen sei. Dies wurde auf 
das J. 12 fuhren. Andererseits geben jedoch Pli- 
nius (n. h. XIV 145) und Sueton (Tiber. 42) aus- 
drucklich an, dass Pisos Emennung unter Tiberius 
Herrschaft erfolgte. Diesen Widerspruch suchten 
Klebs (Rh. Mus. XLII 1887, 164ff.) durch Ande- 
rung des XX der Tacitus-Handschrift in XV, 
Mommsen (St.-R. 113 1060, 3) und ahnlich 
Vigneaux (Essai sur Thist. de la Praefectura 
urbis, Paris 1896, 57; durch die Annahme zu 
beseitigen, dass Piso zwar noch unter Augustus, 
aber nach der Ubernahme der Mitregentschaft 
durch Tiberius auf des letzteren Veranlassung 
eraannt worden sei. Das Richtige durfte Herzog 
treffen (R6m. Staatsverfassung II 1, 244, 1): er 
meint,- dass die zwanzig Jahre bei Tacitus als 
runde Zahl anfzufassen seien, dass Piso demnach 
gleieh nach Tiberius Thronbesteigung Praefect 
wurde und es ca. 18 Jahre blieb. Er war nach 
Messalla Corvinus und Statilius Taurus der dritte, 



der dieses hohe Amt bekleidete, das durch die jahre- 
lange Abwesenheit des Kaisers von Rom (seit dem. 
J. 26) erst unter ihm seine voile Bedeutung ge- 
wann. Pisos Amtsfiihrung wird sehr geruhmt.. 
Tacitus stellt ihm das Zeugnis aus, dass er seine r 
den Rfimern noch ungewohnte Gewalt mit be- 
wundernswerter Massigung handhabte (ann. VI 
10); VeUeius (II 98, 1) und Seneca (epist. XII 
1, 14) gedenken seiner eifrigen und milden Tha- 
lOtigkeit, die auch Tiberius vollen Beifall fand 
(Senec. epist. XII 1, 15; sonst wird seine Stadt- 
praefectur noch erwahnt Suet. Tiber. 42. Plin. 
n. h. XIV 145. Dio LVIII 19, 5. Porphyr. zu 
Hor. ars poet. 1). Piso starb im J. 32, nachdem 
er ein Alter von 80 Jahren erreicht hatte. Der 
Senat erwies ihm durch ein funus publicum die 
letzte Ehre (Tac. ann. VI 10. 11. Dio LVIII 

c) Familie. Piso war der Sohn des L. Calpurnius 
20 Piso Caesoninus (Nr. 90) Consuls im J. 696 = 58,. 

Cerisors im J. 704 = 50 v. Chr. (Tac. ann. VI 10). 
Seine Schwester war daher Calpurnia, die Gattin 
Caesars. Fiir die beiden SOhne, die er der Ars 
poetica des Horaz (s. u.) zufolge gehabt haben 
muss, halt Mommsen (Ephem. epigr. I p. 145) 
den L. Piso (Nr. 75) und den M. Licinius Crassus- 
Frugi cos. 27 n. Chr., der dann von einem Li- 
cinier adoptiert worden sei. Die Annahme hat 
vieles fur sich, u. a. auch, dass ein Sohn dieses 
30 Crassus den Namen L. Calpurnius Piso Frugi 
Licinianus (Nr. 100) fflhrte, d. h. bis auf das letzte 
Cognomen den Namen seines Grossvaters. Pisos 
Tochter war vermutlich Calpurnia (Nr. 127), die Ge- 
mahlin des Nonius Asprenas cos. 6 n. Chr.; vgl. 
die Stammtafel. Eine Sclavin Pisos (lulla L. Pi- 
sonis pontif.) wird CIL VI 20743 genannt. 

d) Charakter. Sehr schon schildert diesen Vel- 
leius (II 98, 3) : jeder miisse fiber Piso das Urteil 
fallen, dass in seinem Charakter Kraft und Milde 

40 sich verbinden und kaum jemand gefunden wer- 
den kann, der trotz aller Liebe zur Musse leichter 
seinem Amte gewachsen und in der Erfiillung 
seiner Pflichten thatiger ist ohne jede Zurschau- 
tragung dieser Thatigkeit. Tacitus (ann. VI 10) 
rvihmt seine weise Massigung im Senate, in wel- 
chem er sein Votum niemals in servilem Sinne 
abgab (demnach kann auch er Tac. ann. II 32 
und III 68 nicht gemeint sein, vgl. bei L. Piso 
augur Nr. 74 und bei L. Piso Nr. 75). Nichts- 

50 destoweniger war er mit Tiberius derart befreundet, 
dass dieser ihn und Pomponius Flaccus als die 
ihm willkommcnsten Freunde bezeichnete (Suet. 
Tiber. 42). Als wackerer Zecher stellte Piso vollauf 
seinen Mann (Senec. epist. XII 1, 14. 15. Plin. n. h. 
XIV 145. Suet. Tiber. 42. Antipat. Anthol. Pal. 
IX 541; Plan. 184). Er dichtete selbst und war 
zugleicli ein Gonner der Dichter (Porphyr. zu 
Hor. ars poet. 1). Zu seinen Schutzlhigen gehorte 
Antipatros von Thessalonike , der in mehreren 

60 Epigrammen bald Pisos Helm besingt (Anthol. 
Pal. VI 241), bald das Schwert Alexanders des 
Grossen, das in Pisos Besitze war (IX 552), bald 
fiir eine Reise seines Patrons nach Asien (Syrien? 
s. o.), auf welcher er diesen begleitete, die Gunst 
der Gotter erfleht (X 25). Er besang auch in 
einem nicht erhaltenen Epos Pisos Thrakerkrieg 
(1X428; sonstige an Piso gerichtete Epigramme 
des Antipatros Anthol. Pal. VI 249. 335. IX 93. 



1399 



Calpurnius 



541 ; Plan. 184). Schon diese Thatsachen wiirden 
hinreichen, um den Piso, an den und dessen zwei 
Sohne Horaz seinen Brief de arte poetica richtete, 
fiir unsern Piso zu halten. Hiezu kommt noch das 
Zeugnis Porphyrios a. a. 0. Trotzdem hat Mich ae- 
lis die Behauptung aufgestellt, dass Horaz sich 
an Cn. Piso (Nr. 95) cos. 731 = 23 und dessen 
Sohne Cn. Piso (Nr. 70) cos. 747 = 7 und L. Piso 
(Nr. 74) cos. 753 = 1 wende (Commentationes 



Calpurnius 



1400 



Suet. Otho 6. Dio LXIV 6, 5 = Zonaras XI 14. 
Oros. VII 8, 6. Sidon. Apoll. c. VII 106). Piso 
war, als er flel, 31 Jahre alt (Tac. hist. I 48). 
Er wurde von seiner Gemahlin und seinem alteren 
Bruder Scribonianus bestattet (Tac. hist. I 47. 
Pint. Galba 28). Zu seinen Freunden hatten 
Rubellius Plautus und Cornelius Laco (Tac. hist. 
1 14), zu seinen Peinden Aquilius Eegulus gehOrt 
(Tae. hist. IV 42. Plin. epist. H 20, 2). Zu Be- 



■w _. ' ioniV a- A .. , vy^'^iiuauiunca (xac. nisi,. iv v&. trim, epist. 11 •&), a . Zu Be 
Mommsen. 420ff.). Seine Grunde sind jedoch nicht 10 ginn des J. 70 beschloss der Senat, Pisos An- 

ZWine'end. und so wird man in rlor tiiotiavinrnv. xt r , J™i„~ „- c~: j..i. i_i- i , . ' -„ 



zwingend, und so wird man an der bisherigen Be- 
ziehung auf L. Piso festhalten diirfen, umsornehr, 
als den harten Naturen jener Pisonen aus dem 
anderen Zweige kaum ein solches Interesse fiir 
die Dichtkunst zugetraut werden kann. 

100) L. Calpurnius Piso Frugi Licinianus. 
&) Name. [L.] Calpurnius [PJiso Frugi Lici- 
nianus Grabschrift (CIL VI Suppl. 31723 = 
Dessau 240); L. Piso Dio LXIV 5, 1. Zonaras 



denken zu feiern, doch blieb es beim Beschlnss 
(Tae. hist. IV 40). In der Grabschrift Pisos 
werden Adoption und Namensanderung ignoriert. 
c) Familie. Sohn des M. Licinius Crassus 
Prugi cos. 27 und der Scribonia (Tac. hist. 1 14. 
Plut. Galba 23). Bruder des Cn. Pompeius Ma- 
gnus, des M. Licinius Crassus Frugi cos. 64 und 
des (Licinius) Crassus Scribonianus (Tac. hist. I 
47. 48, vgl. I 15), wahrscheinlich auch der Li- 



Tli7 r f V • • 7 mr wUmT. „„.'*.* °' v ^' L la >' wanrscncmiicn aucn der Li- 
¥ U .'L. U[ctmanus] CIL VI 2051; P«o 20 cima Magna. Er gehbrte demnach zum h&ehsten 

Jbrttai L/unnuimis Siifit (ralha 17- n'°n m»*.„j KA^ rw„- \.:^t- t ij <w n ■ o. ,i ._ „. 



Frugi Licinianus Suet. Galba 17; Piso Frugi 
CIL VI 1268; Suppl. 31723 (Vefrjcmia Gemma 
Pisonis Frugi); Piso Licinianus Tac. hist. I 14, 
sonst Piso. 

b) Leben. [XV] vir sfaeris) [(aciundisj Grab- 
schrift (s. o.). Unter Nero wahlten er und sein 
Bruder Scribonianus den spateren Kaiser Vespa- 
sian zum Schiedsrichter fiir die Scheidung wohl 
privaten Gebietes (CIL VI 1268). Dnrch Nero 



Adel (Tac. hist. I 14. 34. Suet. Galba 17. Dio 
LXIV 5, 1. Oros. VII 8, 1); unter seinen Vor- 
fahren befanden sich die Triumvirn Pompeius 
(von miitterlicher) und Crassus (von vaterlicher 
Seite), Tae. hist. I 15. Seine Gemahlin war 
Verania Gemina (Grabschrift; Tac. hist. I 47 
Plin. epist. II 20, 2. Plut. Galba 28). Vgl. die 
Stammtafel S. 1375. 

d) Character. Vultu kabituque moris anti- 



*»i™ +. lr v, l • ^ ■,'■ ""•■*'"■, ■ L, " 1U "! "-naiuKuer. vuuu naouuque moris antt- 
verbannt blieb er lange im Enl und wurde erst30^» (Tac. hist. 1 14). Als ernsten und tiichtigen 
von Ualba (im J. 68) zuriickfferufen ("Tac. hist. inno-Pn Mann v«n a*-™™™ ss++„„ „„u:u %... 



von Galba (im J. 68) zuriickgerufen (Tac. hist. 
I 21. 38. 48). Dies war auch der Grund, wes- 
halb erkeine Amter bekleidete ; wenigstens werden 
solche in seiner Grabschrift nicht erwahnt. Galba 
schatzte ihn langst und hatte ihn auch im Testa- 
ment zum Erben seiner Giiter und seines Namens 
«ingesetzt (Suet. Galba 17, womit freilich eine 
Version bei Tac. hist. I 14, nach welcher die 
Adoption auf Lacos Empfehlung erfolgte, im 

W 1/l*l'l*C'Tl»«JlrtTl n+/llrt-\ A ii-f Jl ^ XT 1 2 .1- 1_ 1 f- 



jungen Mann von strengen Sitten schildern ihn 
Tacitus (a, a. O.), Plutarch (Galba 23), Sueton 
(Galba 17), Dio (LXIV 5, 1). Seiner Armut ge- 
denkt Tac. hist. I 48. 

101) L. Calpurnius Proclus, tribunus militum 
legionis XIII. Geminae in Dakien, [quaestor], 
tribunus plebis, praetor, curator viarum, le- 
gatus legionis I Minerviae in Germania inferior 
(Bonner Jahrb. LXXIII 1882, 64 = Dessau 2458, 



wj v . lJIr . * V »t P . , 6 ' v^uiuioi jdiuu.uAAiu ioo^, 04 = Dessau 2458 
Widersprucb l stent). Ant die Nachncht vom Auf- 40 Bonn) , proconsul Achaiae, legatus pro vrae 
stand der Rhemlesionen adontierte fialha am in™ »i™*™« n » a,;™ n i„_ ™tr/, n .. 



stand der Kheinlegionen adoptierte Galba am 
10. Januar 69 den Piso und stellte ihn den Prae- 
iorianern und dem Senate vor (CIL VI 2051 Acta 
Arvalium. Tac. hist. I 14—19. Plut. Galba 23. 
Suet. Galba 17; Otho 5. Dio LXIV 5, 1 = Zo- 
naras XI 14. Vict. Caes. 6, 2. Oros. VII 8, 1. 
Plin. epist. II 20, 2. Philostr. Apollon. V 32, 4). 
Piso erschien als praesumptiver Nachfolger und 
erhielt den Namen Ser. Sulpicius Galba Caesar 



(OIL VI 2051 Acta Arvalium; als Caesar wird50 1007 Apulum 

a^t* on/in r\rtf»rti rtl-*** s\i- ^l 1 *^ » l^«-.l T C\f\ rt/\ A r\ \~\^ i -m ~* » -^ ^. « 



tore provmeiae Belgicae, Consular. CIG III 4011 
Ancyra. 

102) P. [Ca]lpur[n]ius [Proc]l[us ?] Cor[n]e- 
lianus, Senator, Gemabl der Servenia Cornuta 
Cornelia Calpurnia Valeria Secunda Cotia Pro- 
cilia . . . Luculla, griechische Inschrift aus Ancvra, 
Arch.-epigr. Mitt. IX 1885, 129. 

103) P. Calpurn[i]us Proculus, leg(atus) Au- 
gfmtornmj pr(oJ prfaetorej von Dakien, CIL III 



er auch bezeichnet Tac. hist. I 29. 30. 48. Plut 
Galba 23. Dio LXIV 5, 1). In den folgenden 
vier Tagen, die zwischen seiner Adoption und 
seinem Tode lagen, machte sich Piso in der Off'ent- 
lichkeit nicht bemerkbar. Der Senat ging damit 
urn, ihn zu den germanischen Legionen zu senden ; 
doch wurde dieser Plan von Laco vereitelt (Tac. 
hist. I 19). Am 15. Januar riefen die Praetori- 
aner Otho zum Kaiser aus. Die Bemiihuncen 



[Groag.] 



Pisos, die lmPalatium wachthabende Cohorte zu60 Waddington 1189 Antiochia in Phrvrien 

ffewinnen. nattptl nnr Tmri^harrrp.\ia^i1ar. T?W n l ™ rnci /~i„i r._^ -n , . „ *P . ' 



104) Calpurnius Quadratus, procurator) Au- 
g(usti), vielleicht von Hispania citerior, CIL II 
2642 (Asturica). [Stein.] 

105) C. Seius Calpurnius Quadratus Sittianus 
s. Seius. 

106) Calpurnius Beginianus, Consular, Vater 
des Folgenden (s. d.). 

107) L. Calpurnius Beginianus, Senator, Sohn 
des Vorausgehenden. CIG ILT 3979 = Le Bas- 

WT ~ JJ: j. -t-i nr, i j . , . . -™ 



gewinnen, hatten nur voriibergehenden Erfolg. 
Er wurde verwundet, aber die tapfere Haltung 
seines Begleiters Sempronius Densus fanders Plut 
Galba 26) ermoglichte ihm die Fluent in den 
Tempel der Vesta. Dort wurde er jedoch von 
zwei Soldaten, die Otho gegen ihn ausgesandt 
hatte, ergriffen und getotet (Tac. hist. I 29. 30 
31. 34. 39. 43. 44. Ill 68. Plut. Galba 25. 27. 



108) Calpurnius Repentinus, Centurio der 
legio XXII. primigenia, von den Rebellen (gegen 
Galba) am 1. Januar 69 gefesselt, spater auf Be- 
fehl des Vitellius getotet. Tac. hist. I 56. 59. 

109) C(ornelius)? Aemilianus Calpurnius Ku- 
filianus s. Cornelius. 

110) Calpurnius Rufus, Proconsul von Achaia, 
an den ein Rescript des Kaisers Hadrian gerichtet 



1401 



Calpurnius 



Calpurnius 



1402 



war. Ulpian. Dig. I 16, 10. Vielleicht identisch 
mit dem Folgenden. 

111) M. Calpurnius M. f. Colflina) Eufus, 
praef{eetus) frumenti ex sfenatus) cfonsulto), 
legfatus) pro(vinciae) Cypro pr(o) prfaetorej, et 
Ponto et Bithyniae, et profvinciae) Asiae. CIL 
HI 6072 Ephesus. [Groag.] 

112) Calpurnius Sabinus, Epistrategus (der 
Theba'is) unter dem Praefectus Aegypti C. Pom- 
peius Planta, der in den ersten Regierungsjahren 
Traians in diesem Amte war (vgl. Plin. ad Trai. 7. 
10. Agyptische Ork. aus d. kgl. Mus. zu Berlin 
I 226 [vom 26. Febr. 99]. Comptes rendus de 
l'acad. des inscr. 1896, 40; daraus erfahren wir den 
Vomamen des Pompeius Planta, und dass er schon 
in der ersten Halfte des J. 98 Praefect von Agypten 
war; im. J. 104 ist schon sein Nachfolger C. 
Vibius Maximus dort, vgl. CIG III p. 311). Revue 
archeol. III. se"r. XIII (1889) 70ff. [Stein.] 

113) Calpurnius Salvianus, ein Italicenser, be- 
teiligte sich 706 = 48 an der VerschwOrung gegen 
den Propraetor Q. Cassius und erkaufte nach deren 
Entdeckung sein Leben von ihm fur eine hohe 
Summe (bell. Ales. 53, 2. 55, 3. 5. Val. Max. 
IX 4, 2). [Miinzer.] 

114) Calpurnius Salvianus, wegen einer zur 
Unzeit vorgebrachten Klage im, J. 25 n. Chr. mit 
Verbannung bestraft, Tac. ann. IV 36. Borghesi 
(Oeuvres V 311) hat vermutet, dass er ein Nach- 
komme des Calpurnius Salvianus aus Italica 
(Nr. 113) sei. Vielleicht ist er identisch mit dem 
CIL II 2265 genannten L. Calpurnius Salvianus. 

[Stein.] 

115) Calpurnius Sci[pio Orfi]tus, salius 
Palatinus (demnach Patricier), starb 191 n. Chr. 
(CIL VI 1980). Wohl Sohn des Folgenden, s. d. 



116) (Ser. CalpurniusJ Scipio Orfitus, ge- 
nannt in tier Inschrift eines Freigelassenen (CIL 
VI 14239). Er ist anscheinend identisch mit dem 
(CalpurniusJ Seipio Orfitus, dem Vater des [CJal- 
purnius [Pi] so Nr. 60 (CIA HI 620) und mit dem. 
(Ser. CalpurniusJ Orfitus, der zusammen mit (Cal- 
purniusJ Piso als Patron eines Freigelassenen 
(CIL VI 9830) und als Herr eines Sclaven (CIL 
VI 11501) genannt wird. Er muss demnach dem 

10 Hause der Calpurnii Pisones angehOrt haben, und 
der neben ihm erwahnte Piso wird sein jiingerer 
Bruder gewesen sein (so Klebs Prosopogr. I 289 
nr. 262). Zugleich beweist sein Name, dass er 
auch mit den Servii Cornelii Scipiones Orfiti 
nahe verwandt war: vielleicht gehOrte seine Mutter 
diesem Geschlecht an. Man identificiert ihn ge- 
wohnlich mit dem Consul ordinarius des J. 178 
Ser. Scipio Orfitus (CIL IH Suppl. p. 1993 dipL 
LXXVI) ; aber die Namen des Consuls lassen auch 

20 die Moglichkeit zu, dass sein Gentilname Cor- 
nelius war, und iiberdies miisste dann des Cal- 
purnius Orfitus jiingerer Bruder Piso den Con- 
sulat vor dem alteren bekleidet haben. Denn als 
diesen Bruder wird man L. Piso cos. ord. 175 
(Nr. 82) zu betrachten haben (Klebs a. a. O.). 
Mit mehr Recht konnte man den cos. ord. des 
J. 172, Orfitus, fiir unseren C. halten. Der 
191 verstorbene Salius Palatinus Calpurnius Sci- 
[pio Orf%]tus (Nr. 115) war wohl kaum mit die- 

30 sem identisch, eher sein Sohn, so wie der im 
J. 189 unter die Salii Palatini aufgenommene 
Cornelius Scipio Orfitus (CIL VI 1980) der Sohn 
des cos. 178 gewesen sein diirfte. Die Verwandt- 
sehaftsverhaltnisse des Ser. Calpurnius Scipio Or- 
fitus waren demnach mutmasslich folgende: 



(Calpurnius Piso) «j (Cornelia Scipionis Orfiti Alia) 



116. Ser. Calpurnius Scipio Orfitus 
cos. 172 



82. L. Calpurnius Piso 
cos. 175 



115. Calpurnius Scipio Orfitus 

117) M. Calpurnius M. f. Oal(eriaJ Seneca 
Fabius Turpio Sentinatianus, p(rimusj pfilusj 
leg(ionisJ I adiutricis, procfiiratorj provinciae 
Lusitaniae et Vettoniae, praef(ectusj classis prae- 
toriae Ravennatis, CIL II 1178. 1267; dann avan- 
cierte er zum prae[(ectusj elasszs Misenensis, 
CIL LT 1178. Militardiplom vom 15. Sept. 134 
n, Chr., CIL X 7855, 5 = HI p. 878 dipl. XXXV 
(vgl. Suppl. p. 1979) ; vgl. CIL n 1083. Die In- 
schrift II 1267 wird von Hubner fiir verdachtig 
erklart. [Stein.] 

118) (Nonius) Asprenas Calpurnius Ser[r]anus, 
s. Nonius. [Groag.] 

119) T. Calpurnius Siculus — der voile Name 
ist uns nur dnrch die alte Collation der Hs. des 
Ugoleto (s. u.) crhalten — schrieb im Anfang der 
Regierung Neros Hirtengedichte. Die alteren 
Ausgaben schreiben ihm ausser seinen sieben eige- 
nen meist auch die vier bukolischen Gedichte des 
Nemesianus (s. d.) zu, die in der hsl. t'berliefe- 
rung von alters her damit verbunden sind. Die 
endgultige Sonderung des Eigentums der beiden 
Dichter ist erst durch M. Haupts klassische Ab- 
handlung De carminibus bucolicis Calpurnii et 
Nemesiani (Berlin 1854 = Opusc. I 358ff.) voll- 



60. Calpurnius Piso. [Groag.] 

zogen. Die Bewahrung der Lange des auslauten- 
den o, die Angstlichkeit bei der Elision (nur kurze 
Vocale werden elidiert und fast nur im ersten 
Fuss, im ganzen hochstens elfmal in 758 Hexame- 
tern), andere metrische Eigentumlichkeiten (Birt 
Ad histor. hexam. lat. symbol., Bonn 1877, 63) 

50 unterscheiden die Erzeugnisse des C. von denen 
Nemesians , der sich ausserdem zuweilen als un- 
geschickter Nachtreter jenes verrat (Nemes. n 
44ff.^Calp. in 5 Iff. Nemes. II Iff. m Calp. II 
Iff. Nemes. ni 2 = Calp. V 2). Zu diesen inneren 
Griinden tritt das ausdruckliche Zeugnis des Codex 
Gaddianus und besonders der Hs. des Ugoleto, 
in der am Schlusse der siebenten Ecloge stand 
finis bucolicorum Calphumii Aurelii Nemesiani 
poefae Garth aginensis egloga prima. Auch in 

60 die schlechteren Hss. hinein haben sich fjber- 
schriften gerettet der des Ugoletischen Codex ahn- 
lich T. Calpurnii Siculi bucolicum carmen ad 
Xemesianum Kartkaginensem incipit, was aus 
einem Doppeltitel wie etwa T. Calpurnii Siculi 
et Nemesiani Carthaginiensis bueolica verderbt 
sein wird. 

Die sieben Gedichte, die sonach allein Eigen- 
tum des C. sind, sind zum Teil reine Hirtenpoesie : 



1403 



Calpurnius 



Calpurnius 



1404 



II nach erzahlender Einleitung ein Wettgesang 
von Schafhirt und Gartner in vierzeifigen Stro- 
phen zu Ehren der Geliebten; III nach dialogi- 
scher Einleitung Lied an die untreue Geliebte 
(vgl. namentlich Theokr. id. III. XIV. Verg. eel. 
II); V Yorschriften fiber Schafzucht, inhaltlich 
mit Vergil Georg. Ill 295 — 456 sich nahe be- 
Tiihrend; VI Vorbereitungen zum Wettstreit im 
{Jesange, die aber nicht zum Ziele fiihren, weil sie 



Meliboeus als Gcinner seiner annabm (IV 29ff.). 
Von diesem hofft er nun gar, dass er seinem Ge- 
sange GehOr beira Kaiser verschaffen werde (I 94. 
IV 157ff.), nnd nach IV 47f. scheint sicb die Hoff- 
nung erfullt zu haben ; jetzt ist Haus und Land- 
gut das Ziel seiner Wunsche (IV 152ff.). Auch 
die sonstigen Piguren der drei ygTyoi, Corydons 
lang aufgeschossener Bruder Ornytus I 8. 24ff., 
Amyntas IV 78 ein anderer (?) Bruder des Dich- 



in heftigen Zank ausarten (erinnernd an Theokr. lOters (nicht des Meliboeus, vie Sarpe meinte), der 



V. Verg. eel. III). Dieser Gruppe steht eine zweite 
gegeniiber, I, IV und VII umfassend, die also 
vielleicht mit Bedacht an Anfang, Ende und in 
•die Mitte gestellt sind (daneben mag fur die An- 
ordnung der Gedichte in Betracht kommen, dass 
I, III, V und VII je einen langeren Einzelvortrag 
enthaltcn, die andern durchgehends Dialogform 
haben). Die drei durcb diese Stellung ausgezeich- 
neten Gedichte sind ygupoi, deren Losung, die vor 



doctus lollas IV 59, der dem Dichter die Rohr- 
pfeife des Tityrus d. h. Vergils (vgl. Verg. buc. I) 
geschenkt, also wohl ihn zur bukolischen Dichtung 
veranlasst hat, sie alle werden nicht der Phantasie 
entsprungen sein, sondern, wie schon die indivi- 
duellen Ziige bekunden, mit denen der Dichter sie 
ausstattet, Fleisch und Blut gehabt haben. Aber 
nur bei Meliboeus scheint sich die Maske noch 
liiften zu lassen. Auf Grund der Ausserungen 



Haupt in wesentliehen Punkten schon Gustav 20 fiber ihn I 94. IV 53ff. 72. 158ff. hat man ihn 



Sarpe (Quaestiones philologieae , Eostock 1819) 
gelungen war, einige Aufklarung fiber die Person 
des Dichters, voile Sicherheit fiber seine Lebenszeit 
giebt. Alle drei Gedichte feiern einen jugend- 
lichen Herrscher (I 44. IV 85. VII 6). Mit seiner 
Regierung — so stellt eine Prophezeiung des Fau- 
nus in Aussicht, die in I ein Hirt dem andern 
vorliest — beginnt ein neues goldenes Zeitalter; 
dessen "Wirkungen auf Vieh und Eeld schildert 



mit verschiedenen in der litterarischen Welt und 
bei Hofe angesehenen Mannern der neronischen 
Zeit identificiert. Sarpe 34ff. wollte in ihm den 
Philosophen Seneca, Chytil (Der Eklogendichter 
T. C. Sic. u. seine Vorbilder, Jahresber. d. Gymn. 
in Znaim 1893/94, 4) Columella erkennen. Aber 
was fiber die Schriftstellerei des Meliboeus IV 53ff. 
gesagt wird , passt auf letzteren gar nicht , auf 
den Verfasser der naturales quaestiones nur, wenn 



in IV ein Wechselgesang zweier Hirten in fiinf- 30 man auf die nachstliegende Deutung der Worte 



zeiligen Strophen drastisch genug; in VII endlich 
beschreibt ein Hirt aus der Stadt zuruckgekehrt 
einem andern die Spiele, die er dort gesehen hat, 
und den Kaiser, der sie veranstaltete. Die Farbe 
-dieser iiberschwenglichen Verherrlichnng ist die- 
selbe ; mit der z. B. die Einsiedler Eclogen, deren 
Vorbild oder Nachahmer C. gewesen sein muss 
(Bficheler Eh. Mus. XXVI "239), und Senecas 
Apocolocyntosis die Herrlichkeit des neronischen 



tibi non tantum venturos dicere ventos agricolis 
qualemque ferat sol aureus ortum ,Du treibst 
prognostische Schriftstellerei zu Nutz und From- 
men der Landwirtschaft' verzichtet. Zwar auch 
von C. Calpurnius Piso (o. Nr. 65), den Haupt 
391ff. im Meliboeus flnden will, ist uns dergl. 
Schriftstellerei nicht bezeugt. Aber alles Ubrige 
trifft zu, Freigebigke.it, Umgang mit Nero, Be- 
schaftigung mit tragischer Poesie (Tac. ann. XV 



Eeiches schildern. Auf dieses weisen auch die 40 48. 52. 65. Probus des Valla zu Iuv. V 109)' und 



Einzelheiten aufs allerbestimmteste. Es wird zur 
Herbstzeit (I Iff.) durch einen Kometen (77ff.) 
jangekfindigt , offenbar denselben, der beim Tode 
des Kaisers Claudius (13. October) leuchtete (Plin. 
n. h. II 26. Suet, Claud. 46. Cass. Dio LX 35). 
Dass der Furst maternis eausam ticit lulis (so 
die gute Uberlieferung I 45, vgl. Schenkl p. 
LXI), bezieht sich auf die griechische Eede, die 
Nero in seinem sechzehnten Lebensiahr fur die 

TU«- "1*:«1J. /a„„j- "\T n m_ -v-tt ,-r^ T^> 



vor all em findet Haupt s Annahme eine kraftige 
Stiitze in einer weiteren Vermutung. Wir besitzen 
ein Lobgedicht auf diesen Piso in 261 Hexametern, 
in den Parisern Excerpten (Meyncke Eh. Mus. 
XXV 378) de laude Pisonis betitelt, zuerst von 
Joh. Sichard in seinem Ovid (Basel 1527, Bd. 
II fol. 546ff.) aus einer nachher verlorenen Lorscher 
Hs. herausgegeben , zum grSsseren Teile auch 
in dem erwannten Pariser Florilegium erhalten, 



Ilier hielt (Suet. Nero 7. Tac. ann. XII 58). Die 50 mit dessen einer Hs. sich des Hadr. Innius (Am 



Versprechungen, die Nero im Gegensatz zu den 
juristischen Liebhabereien und Willkiirlichkeiten 
seines Vorgangers gab (Tac. ann. XIII 4), lassen 
sich I 69ff. erkennen. VII 23f. meinen vermut- 
lich das holzerne Amphitheater, das Nero 57 er- 
baute (Suet. 12. Tac. a. O. 31). Noch anderes 
bei SaTpe 31ff. 40ff. Haupt 385ff. Wertlos 
sind die Einwande von Kraffert Beitr. z. Krit. 
u. Erklarg. lat. Autoren, Aurich 1883, 151 und 
Garnett Journ. of Phil. XVI 216ff. 

Durch die Maske des Hirten Corydon hindureh, 
der sich in alien drei yQiyoi an der Yerherrlichung 
Neros beteiligt, ist der Dichter selber deutlich 
zu erkennen. Er steht noch im Fruhling seines 
Lebens, als er die siebente Ecloge schreibt (v. 74f., 
vgl. IV 34), An Ancrkennung und Beliaglichkeit 
hat es ihm gefehlt, ja die Notwendigkeit nach 
Spanien auszuwandern drohte ihm , bevor sich 



madversorum libri VI, Basel 1556, 249ff.) ver- 
schollener Codex Atrebatensis nahe beriihrt (Bah- 
rens PLM I 221ff.). Das Gedicht, das den Piso 
als Redner, Hausherrn, Dichter und Sportsmann 
feiert. schrieb der Laurissensis dem Vergil, der 
Atrebatensis in Ubereinstimrnung mit den Seiten- 
kopfen der einen Excerpt-Hs. dem Lucan (und 
zwar in eatalecton oder ex libro cataleeton) zu, 
beides so undenkbar wie die Zuteilung an Ovid 
60 oder Statius (dagegen Lehrs Quaest. epic. 305) 
oder Saleius Bassus, welche moderne Philologen 
versucht haben (Zusammenstellung und Wider- 
legung der Versuche bei C. F. Weber Commentat. 
de carmine panegyr. in Calp. Pis., Index lect. Mar- 
burg 1859, 7ff.). Dagegen finden sich in dem Ge- 
dichte merkwiirdige Gbereinstimmungen mit den 
Eklogen des C. sowobl formell in Metrik (unbe- 
deutende Einwande bei Weber 14f., vgl. dagegen 



1405 Calpurnius 

Birt a. a. O. 64 Anm.) und Sprache (vgl. nament- 
lich de laude 246ff. mea vota si mentem subiere 
tuam, memorabilis olim tu niihi Maecenas te- 
reti oantabere versu mit buc. IV 152ff. olim 
quae tereti decurrent carmina versu tunc, 
Meliboee, mihi wenn sich mein Wunsch nach 
«inem Gut erffillt haben wird) als inhaltlich: 
auch der Dichter der Laus ist jung, noch nicht 
zwanzig Jahr (v. 261), stammt aus bescheidenem 
Hause (254), mochte, dass Piso sein Maecen wird, 
wie es C. von Meliboeus wtinscht. Dazu kommt 
als ausserer Beweis, dass in den Pariser Excerpten 
auf de laude Pisonis unmittelbar die C.-Excerpte 
folgen. Zieht man all dies in Betracht, so wird 
man schwerlich geneigt sein, die Namensgleichheit 
zwischen dem Dichter der Eclogen und dem Hel- 
den des Panegyricus als blossen Zufall anzusehn. 
Freilich sind fur dieselbe mehrere Erklarungen 
moglich. Der junge Dichter, der den Hofmann 
um Aufnahme in sein Haus gebeten hat (de laude 
218), kOnnte von ihm, wie Haupt vermutete, 
adoptiert worden sein. Er kOnnte aber auch, was 
wohl wahrscheinlicher ist, der Sohn eines Frei- 
gelassenen Pisos sein (vgl. Schenkl p. IXf.). Zu 
letzterer Annahme stimmt das Cognomen Siculus, 
das als eine Anspielung auf Theokrit anzusehen 
minder wahrscheinlich ist, als es einfach von Her- 
kunft aus Sicilien zu verstehen; nennt doch auch 
der Dichter stets nur Vergil als sein bewundertes 
Vorbild. 

Sieht man nach all diesem in dem Lobge- 
dicht auf Piso ein Werk des C. , so hat man es 
vermutlich vor die Bucolica zu setzen, wenigstens 
vor die ygTipot unter ihnen. Denn de laude Piso- 
nis, das Neros aesthetische Liebhabereien und Ver- 
suche neben denen des HOflings nicht mit einem 
Wort erwahnt, muss eben darum wohl noch unter 
Claudius geschrieben sein (T cuff el R. L.-G. 5 
§ 306, 6), wie sich denn C. nach Ausweis von IV 
30 thatsachlich schon unter einer andern Regierung 
als der Neros dichterisch beschaftigt hat. Zudem 
macht das Lobgedicht den Eindruck eines ersten 
Annaherungsversuches an Piso (v. 216ff. , beson- 
ders 218. 253ff.), wahrend schon das erste buko- 
lische Gedicht die Hoffnung auf Vermittlung beim 
Kaiser aussprechen darf (94) und das vierte von 
erfolgter Forderung zu reden weiss (36ff.). Im 
fibrigen ist liber die relative Chronologie der Ge- 
dichte des C. , soweit sie sich nicht aus friiher 
Gesagtem ergiebt, wenig zu ermitteln. Jedenfalls 
sind die Schlfisse fiber ihre Zeitfolge , die man 
aus der Sprache und Metrik (Schenkl p. XIIfF.) 
oder der grOsseren oder geringeren Abhangigkeit 
von Theokrit (Chytil 24) gezogen hat, hOchst 
unsicher. Dagegen wird durch IV lOf. wahr- 
scheinlich, dass wenigstens ein Teil der rein pasto- 
ralen Gedichte, insbesondere wohl V, vor die Ver- 
herrlichnng Neros in IV fallt. 

Originales hat C. dem Leser wenig zu bieten. 
Aber er weiss die seinen Vorgangern entlehnten 
Stiftchen doch nicht ohne Geschick zum neuen 
Mosaik zusammenzufiigen. Als sein Vorbild nennt 
er sclbst den Vergil und feiert ihn in Tonen iiber- 
schwenglicher Begeisterung (IV 62ff., vgl. de laude 
230ff.). "Was eT diesem und in zweiter Linie andern 
romischen Vorgangern, insbesondere Ovid, ver- 
dankt, hat Schenkl in seiner Ausgabe (besonders 
S. 73ff.), freilich nicht wahlerisch genug, zusam- 



Calpivmius 



1406 



mengestellt; fast seinen ganzen Namenvorrat hat 
C. aus romischen Quellen zusammengestoppelt 
(v. Wilamowitz Ind. lect, Gotting. 1884, 6). 
Aber C. hat sich auch bei Theokrit Motive und 
Wendungen geborgt; die Andeutungen Schenkls 
p. XXI u. 76 haben Leo Ztschr. f. est. Gymn. 
1885, 613f. und Chytil 9ff. erweitert und ver- 
tieft. Von spateren Dichtern scheinen Statius und 
Claudian den C. gelesen zu haben;' eifrig nach- 

lOgeahmt hat ihn im 3. Jhdt. Nemesianus (s. o.). 
Mit dessen Eclogen zusammen sind die seinigen 
dann fortgepflanzt worden. In dieser Verbindung 
haben sie dem Bischof Modoin von Autun (Naso) 
vorgelegen, der sie in seinen Gedichten an Karl 
den Grossen (beste Ausgabe von E. Diimmler 
Neues Arch. f. alt. deutsche Gesch. XI 1886, 77ff.) 
viel benutzt hat (Bahrens Eh. Mus. XXX 628), 
und stehen sie auch, wie eingangs bemeTkt, in 
unseren Hss. Diese sondern sich in zwei Klassen. 

20 Die erstere zeigt reinere Uberlieferung und ist 
reprasentiert durch zwei erhaltene Hss., Neapoli- 
tans (380, um 1400 geschrieben) und Gaddianus 
(90, 12; saec. XV), und zwei verlorene, den vetustis- 
simus Codex, den Thadeus Ugoletus aus Deutsch- 
land nach Italien gebracht haben soil und Nic. 
Angelius mit dem Riccardianus 363 collationiert 
hat, und eine Hs. Boccaccios, aus der sich Les- 
arten im Harleianus 2578 erhalten haben. Die 
weitaus besten Vertreter der zweiten mehr oder 

30 weniger interpolierten Hss.-Klasse sind der nur 
bis Calp. IV 12 reichende Parisinus 8049 (saec. 
XLT) und jener Codex, den der Urheber des Pariser 
Florilegiums (s. o.) zu Grunde legte; der Rest, 
stark interpoliert, zerfallt in zwei Gruppen. Vgl. 
H. Schenkl Wiener Stud. V 281ff. VI 73ff. und 
in seiner Ausgabe p. XXXVTIff. Gebuhrend ver- 
wertct ist diese Uberlieferung erst in der eben 
genannten Ausgabe (Calpurnii et Nemesiani bu- 
colica rec. H. Schenkl, Leipzig-Prag 1885, mit 

40 ausfiihrlicherlitterarhistorischer und kritischer Ein- 
leitung und Index verborum); die fruheren Aus- 
gaben sind wertlos, auch die von Bahrens (PLM 

III 65ff.) rnht auf ungenfigendem Fundament, 
Vgl. Teuffel a. a. O. Ribbeck R. Dicht. Ill 
47ff. [Skutsch.] 

120) L. Calpurnius L. f. Pub(lilia) Squil- 
litis (*?), qu{aestorJ imperatorum (?), irii>(unus) 
plfebis), praeftfor)], Patron von Verona. CDL V 
3335 Verona. [Groag.] 

50 121) Calpurnius Statura, Jugendfreund des 
Dichters Persius, starb in jugendlichem Alter. 
Vit. Persii, Suet. rell. p. 73 Reiffersch. [Stein.] 

122) C. Bellieus Calpurnius [TJorquahts 
s. o. Bellicius Nr. 1. 

123) (C. ? Nonius) Asprenas Calpurnius Tor- 
quatus s. Nonius. 

124) Calpurnia. Pint. par. rnin. 20 (daraus 
Clem. Alex, protrept. HI 42. Euseb. praep, ev. 

IV 16, 12) erzahlt nach einem fast ganz unbe- 
60 kannten Autor Dorotheos (vgl. Script, rer. Alex. 

ed, C. Muller 156, 3), dass Marius wie Erechtheus 
seine Tochter C. infolge eines Traumgesichts ge- 
opfert habe, um den Sieg fiber die Cimbern zu 
erringen. Die Anekdote entbehrt jedes Wertes. 

125) Calpurnia Bestiae (jedenfalls des Con- 
suls von 643 = 111 Nr. 23) filia, uxor Antistii, 

iugidato viro gladio se ipsa transfixit im 

J. 672 = 82 (Veil. II 26, 3). 



1407 



Calpurnius 



Calva 



1408 



126) Calpurnia, Tochter von Nr. 90, vermahlte maxima, (CIL VI 2146 = XIV 4120, 1 ; vielleicht 
sich im J. 695 = 59 mit Caesar (Suet. 'Caes. 21. auch Bull. com. XII 1884, 6 nr. 702). 

App. b. c. II 14. Dio XXXVIII 9, 1. Pint. Caes. 135) Calpu[r]nia Quadmtilla, Gemahlm des. 

14, 4; Pomp. 47, 4), der im J. 700 = 54 aus poli- C. Afrjrius An[to]ninus (CIL VIII 2390 Tha- 

tisehen Griinden vorubergehend an eine Scheidung mugadi), vgl. Arrius Nr. 13. 

von ihr dachte (Suet. 27). Durch die umlaufenden 136) Calpurnia Rufria Aemilia Domitia Severa. 

Geriichte und warnende Traume beangstigt, bat sie eflarissima) ffemina) Tochter des Ser. Calpur- 

am 15. Marz 710 = 44 den Gemahl sehr dringend, nius Domitius Dexter (Nr. 33), s. d. 

nicht in die Senatssitzung zu gehen (Suet. 81. 137) Calpurnia Sabina, Gattin des Senators 

Val Mas. I 7, 2. Veil. II 57, 2. Obsequ. 67. 10 Q. Mius Maximus, Mutter des Q. Iulius Clarus 

App. II 115f. Hut. Caes. 63, 2ff. Dio XLIV 17, und des Q. Iulius Nepotianus, denen alien sie 

1. Zonar. X 11). Nach seiner Ermordung lieferte die Grabschrift setzte. CIL II 112 Ebora. 

sie in der ersten Bestttrzung Papiere und Geld 138) Servenia Cornuta Cornelia Calpurnia 

des Dictators an M. Antonius aus (vgl. Bd. I Valeria Secunda Cotia Procilla . . . Luculla s. 

S. 2598). Die Grabschrift einer ihrer Dienerinnen Servenius. [Groag.] 

vgl. CIL VI 14211. [Mttnzei.] Calpurnius fornix, in Rom auf dem Capitol, 

127) Calpurnia, Tochter des L. Piso, wahr- nur genannt von Oros. V 9, 2 (in der Erzahlung 
scheinlich des Consuls vom J. 739 (Nr. 99), Ge- vom Tode des Ti. Gracchus); scheint tiber dem 
mahlin des (L. Nonius) Asprenas cos. 6 n. Chr., Clivus, nicht weit vom tarpeischen Felsen, ge- 
Mutter des L. Nonius Asprenas cos. 29 n. Chr., 20 standen zu haben. S. Jordan Top. I 2, 64. 
des (Nonius) Asprenas Calpurnius Ser[r]anus und [Hiilsen.] 
des (C? Nonius) Asprenas Calpurnius Torquatus Calpus, angeblicher Ahnherr der gens Cal- 
(CIL VI 1371). Ihr Enkel, der Sohn ihres zweiten purnia, s. o. S. 1365. 

oder dritten Sohnes, war wohl (Nonius) Calpurnius Caltadriense (opptdum), Bischofssitz der 1 ro- 

Asprenas. Vgl. die Stammtafel der Calpurnii Pi- vinz Mauretania Caesariensis im J. 484 (Not. Caes. 

sones oben S. 1375. [Groag.] nr. 67, in der Bischofsliste bei Halm in der 

128) Calpurnia, Concubine des Kaisers Clau- Ausg. des Victor Vitensis p. 69). [Dessau.] 
dius; verriet ihm, von Narcissus bewogen, die Caltula, ein zur Zeit des Plautus (Epid. 23 U 
Vermahlung Messalinas mit C. Silius im J. 48 Aulul. 510 ist caltularii schlechte Lesart) eben 
n. Chr., Tac. ann. XI 30. [Stein.] 30 tiblich gewordenes weibliches Kleidungsstiick, be- 

129) Calpurnia, illustris femina, auf Agrip- nannt nach der gelben Blume calta, deren Farbe 
pinas Veranlassung im J. 49 ins Exil getrieben, es hatte, Non. 16, 4. Nach Varro bei Non. a. O. 
weil Claudius ihre Schonheit gelobt hatte (Tac. ein palliolum breve. [Mau.] 
ann. XII 22; vgl. XIV 12. Zonar. XI 10, wo Calva, Beiname der Venus nach Serv. Aen. 
die Version, dass C. getotet worden sei, falsch I 720: est et Venus Calva ob banc eausam (a),, 
ist). Nero gestattete ihr nach Agrippinas Unter- quod cum Oalli Capitolium obsiderent et deessent 
gang im J. 59 die Riickkehr (Tac. ann. XIV 12). fumes Romania ad tormenta factenda, prima, 

130) Calpurnia, Enkelin des Calpurnius Pa- Domitia crinem suum, post ceterae matronae 
batus (Nr. 34), Nichte der Calpurnia Hispulla imitatae earn exsecuerunt, wide facta tormenta, 
(Nr. 132), dritte Gemahlin des jiingeren Plinius, 40 et post helium statua Veneri hoe nomine collo- 
der mit ihr in gliicklicher, doch kinderloser Ehe cata est; licet alii (b) Calvam Venerem quasi 
lebte. Sie begleitete ihn nach Bithynien und puram tradaiU, alii (c) Calvam, quod corda 
reiste auf die Kunde vom Tode ihres Grossvaters amantum cahiat . id est fallat atque eludat; 
nach Italien zuruck (ad Tr. 120. 121). Von den quidam (d) dicunt, porrigine olim eapillos ceei- 
Briefen des Plinius sind VI 4. 7. VII 5 an sie disse feminis et Aiicum regem suae uxort sta- 
gerichtet. Sonst wird sie genannt: epist. IV 1. tuam calvam posuissc, quod comtitit piaeulo; 
19. V 11. VIII 10. 11. Sidon. Apoll. epist. II nam post omnibus feminis capilli renati sunt, 
IQ 5_ ' [Groag.] imde institutum, ut Calva Venus coleretur; des 

' 131) Calpurnia, Gattin des Csurpators T. an erster Stelle erwahnten Anlasses {a) gedenken 
Quartinus, eines Gegenkaisers von Maximin (235 50 auch Hist. Aug. Maxim, duo 33, 2 und Lact. inst. 

—238 n. Chr.), sancta et venerabilis femina de I 20. 27, die sogar von templum oder aedes der 

ge>iereCaeso?iinorum, id estPisonum; ihre Statue Venus C. sprechen. Man hat in dem Beinamen 

im Tempel dc Venus war noch in spiiterer Zeit Beziehungen auf die symbohscbe Abscherung der 

zu sehen. Hist. Aug. tyr. trig. 32. 5. Haare am Hochzeitstage (Hartung Relig. d. 

132) Calpurnia Hispulla, Tochter des Calpur- ROmer II 251) oder gar auf die Doppelgeschlech- 
nius Fabatus (Nr. 34) und daher Tante der tigkeit der orientalischen Aphrodite (Pre Her 
dritten Gemahlin des jiingeren Plinius. An sie Rom. Mythol. 1447. Usener Legenden der Pe- 
sind gerichtet Plin. ep. IV 19 (Calpurniae Hi- lagia p. XXffl) gesucht, doch liegt der ganzen 
spullae\ und VIII 11 (Hispullae). Ausserdem wird Nachricht offenbar welter mchts als die Existenz 
<ie wiederholt bei Plinius erwahnt, obne dass ihr 60 einer wirklich oder vermeintlich kahlkOpfigen 
Name genannt wird, ep. IV 1, 7. V 14, 8: ad Frauenstatue (die Versionen a und d gedenken 
Trai. 120, 2. 121. Bei dem Tode Hires Vaters einer solchen ausdriicklich) , die man fur Venus 
im J. 112 n. Chr. war sie noch am Leben (ad Melt, zu Grande, wahrend von einem Kulte der 
Trai. 120, 2. 121). [Stein.] Venus C. die urspriingliche Cberlieferung mchts 

133) Calpurnia L. f. Lepida. Gemahlin eines weiss (vgl. Wissowa Philol. Abhandl. f. M. Hertz 
(Cornelius?) Orfltus. CEL VI 14235 (Grab- 1888, 158f'.), Von den verschiedenen aetiologi- 
schrift). schen Erklarungen kehrt die am popularsten ge- 

134) Calpurnia Praetextata, vdrgo) V(esialis) wordene erste (a), auch anderweitig localisiert, 



1409 



Calvarius 



Calvisius 



1410 



mehrfach ohne Beziehung auf Venus C. wieder, schafte, die bei Lebzeiten des Freigelassenen die- 
so in Salona (Caes. b. c. Ill 9, 3), Karthago sen Pfliehtteil des Patrons schmalerten, stand 
(Frontin. strat. I 7, 3. Plor. I 31, 10), Massilia, ihm selber und seinen Erben zu, Dig. XXXVIII 
Rhodos (Prontin. I 7, 4) , Aquileia (Hist. Aug. 5, 1, 26. Eine besondere Voraussetzung der a. C. 
a. a. 0.). Dber die angebliche Calva dea einer war, dass der Freigelassene ohne Testament ver- 
rheinischen Inschrift vgl. Caiva dea. starb. War das Gegenteil der Fall, so war dem 

[Wissowa.] Patron zu demselben Zwecke eine andere Klage, 

Calvarius. Sex. Calvarius (einige Hss. Ke- die actio Faviana, gegeben. Dig. XXXVIII 5 si 

gedhog), Tribuu im J. 67 n. Chr., bei der Belage- quid in fraudem patroni factum, sit. frg. 1 pr. 
rung von Iotapata. Joseph, bell. Iud. Ill 325.10 3. 5. 9. 12. 13. 26; frg. 2 §§ 1. 3. Lebte der 

Es ist nicht sicher, dass er mit dem bei Josephos Patron bei .dem Tode des Freigelassenen nicht 

haufig genannten Sex. Vettulenus Cerialis iden- mebr, so stand sein Pflichtteilsrecht und die zu 

tisch ist, wie L. Renier Memoires de l'acad. des dessen Schutze gewahrte Klage seinen Kindern 

inscr. XXVI (1867) 308 vermutet hat; denn er zu, Dig. XXXVIH 5, 1, 27. Paul. sent. Ill 3. 

wird hier erst als Ssxazog zig KaXovdoiog einge- Grundsatzlich richteten sich die beiden erwahnten 

fuhrt, wahrend kurz vorher (III 314) von Kzoe- Klagen nur gegen arglistige Handlungen (in frau- 

dhog die Rede war. _ [Stein.] dem patroni). Bestand jedoch die dem Patrone 

Calvaster (Cass. Dio LXVII 11) s. Iulius. nachteilige Verausserung in einer donatio mortis 

Calucones. 1) Raetisches Volk, wie es scheint causa, so war diese anfechtbar, ohne dass man 
im heutigen Val Calanca. Erwahnt ausser auf 20 nach der arglistigen Absicht ihres Urhebers fragte, 

der Alpeninschrift bei Plin. n. h. Ill 137 (CIL Dig. XXXVIH 5, 1, 1, weil dieses Geschaft, ob- 

V 7817) von Ptol. II 12, 2 xaziiovai ds rrjg wohl unter Lebenden abgeschlossen , doch einer 

'Paiviag to jikv agxnxdiTSQa Bgi^dvTac, xa de vo- letztwilligen Verfiigung im wesentlichen gleich- 

rid)T£Qa Sovavfjrai xal 'Piyovoxoi , za 8k /lexaJ-ir stand. 

KalovHcovse xal Ovivvovzeg. Zeuss Die Deutschen Dem an Kindesstatt angenommenen gewalt- 

226. 236. freien Unmundigen (imputes arrogatus), dem der 

2) Volk im inneren Germanien zu beiden Sei- Kaiser Antoninus Pius ein unentziehbares Anrecht 

ten der Elbe, sudlich von den Siliyyai, Ptol. II auf ein Vierteil des Nachlasses seines Adoptiv- 

11, 10 (KaXovxcoves). Nach Zeuss (Die Deutschen vaters zugesprochen hatte (sog. quarta divi Pit), 

112. 226) identisch mit den Kaovlxoi Strab. VII 30 wurde ein den actiones C. und Faviana ent- 1 

291 (292 KadvXxav). C. Muller zu Ptol. II 1, sprechender Rechtsschutz gewahrt, Dig. XXXVIII 

260. Mttllenhoff Haupts Ztschr. IX 236. R. 5,13. Dagegen standen diese Klagen dem fruhe- 

Much Deutsche Stammsitze 55ff. [Ihm.] ren Hausvater eines aus der Gewalt entlassenen 

Cal villa (Domitia Lucilla) s. Domitius. Kindes (parens manumissor) nicht zu, obwohl er 

Calyinianns s. Venidius. die noterbrechtliche Stellung eines Patrons hatte, 

Calyinus. 1) Willkurlich gewahlter Name Inst. I 12, 6. Dig. XXXVII 12, 1 pr. quia ini- 

bei Mart. VH 90. [Groag.] quum est ingenuis hominibus non esse liberam 

2) Calvinus. Freund Iuvenals, der an ihn die rerum suarum alienationem. XXXVII 12. 21. 
13. Satire richtet, urn ihn wegen eines Geldver- Litteratur: Muller Lehrb. d. Institutionen 821 
lustes zu trOsten. Er war im J. 67 n. Chr. ge-40§ 203 V. Puchta-Kriiger Institutionen 10 II 
boren und damals 60 Jahre alt (v. 17; vgl. Fried- 470 § 319. • [Leonhard.] 
landers Ausgabe, Einleitung 13f.). Pried- Calvisius. 1) Client der Iunia Silana, von 
lander hat seine fruhere Ansicht, dass der Dichter dieser im J. 55 n. Chr. neben Iturius als An- 
selbst unter C. zu verstehen sei, aufgegeben (Jah- klager der jiingeren Agrippina aufgestellt (Tac. 
resber. LVII 1886, 204f.). [Stein.] ann. XIII 19. 20), jedoch von Nero durch Rele- 

3) S. Caelius Nr. 19, Domitius, Egna- gation bestraft (Tac. ann. XIII 22). Nach dem 
tius, Iavolenus, Iulius, Iunius, Sextius. Tode Agrippinas befreite ihn Nero im J. 59 von 

4) Calvinus, Cognomen des spateren Kaisers der Strafe (Tac. ann. XIV 12). 

(238 n. Chr.) D. Caelius Calvinus Balbinus, cos. 2) P. Calvisius, Consul suffectus in unbe- 
ord. H im J. 213 n. Chr. mit Kaiser Caracalla 50 kanntem Jahre vor 80 n. Chr. mit Q. Futius. 

cos. IV; s. Caelius Nr. 20. [Groag.] CIL X 827 Pompeii. 

5) Calvina, entfernte Verwandte des jungern 3) P. Calvisius , Sohn des (P. Calvisius) 

Plinins, der ihr die Mitgift schenkte und nach Ruso (Nr. 9), befindet sich im J. 87 n. Chr. unter 

dem Tode ihres Vaters dessen Schulden erliess. den Knaben senatorischen Standes, die den Arval- 

An sie ist Plin. ep. II 4 gerichtet. [Stein.] brudern Dienste leisten (CIL VI 2065 Acta Ar- 

Calvisiana, Rhede an der Sudkiiste von Si- valium). Vielleicht identisch mit P. C(alvisius?) 

cilien, zwischen Agrigent und Syrakus, 49 mp. Euso Nr. 10. [Groag.] 

von Agrigent, 88 mp. von Syrakus, Itin. Ant. 4) Flavins Calvisius s. C. Calvisius Statianus 

95. > [Hiilsen.] Nr. 17. [Stein.] 

Calvisiana actio ist ein Seitensruck der que- 60 5) Q. Clodius Calvisius Honoratus s. Clodius. 

rela iaofficvisae donationis she dot is; denn sie [Groag.] 

schatzt ebenso, wie diese, Pfliehtteilserben gegen 6) [C]alvisius P[a]trophilus , Iuridicus von 

Verausserungen des Erblas^ers, die noch bei dessen Agypten im J. 147 '148 n. Chr. Revue archeol. 

Lebzeiten den Pfliehtteil mindern oder ganzlich ILL sene, XXIV (1894) 65—75. [Stein.] 

der Erbmasse entziehen. Der durch die a. C. 7) Calvisius Ru .'. ., wahrscheinlich Statt- 

Gcscbutzte ist der patronus. dem an dem Nach- halter von Britannien (CIL VII 324). Vielleich 

lasse seines lihertus ein Pflichtteilsrecht gegeben ist Euso zu erganzen, und dieser C. mit P. Cal- 

war, Inst. Ill 7. Iff. Die Anfechtung dfr Ge- visius Ruso Nr. 9 oder P. C(alvisius?) Rnso 

I'auly-Wissowa III 45 



1411 



Calvisius 



CaMsius 



1412 



1413 



Calvius 



Calumnia 



1414 



Nr. 10 identisch, vgl. Pick Numismat. Zeitschr. 
XXin 1891, 73, 104. 

8) C. Calvisius Rufus (O. Calvisius Plin. 
epist. IV 4, 1; Calvisius Rufus III 19 und III 
1 im Codes Ashburnhamensis, sonst Calvisius), 
Freund des jiingeren Primus (I 12, 12. IV 4, 1. 
V 7, 5) und des Sosius Senecio, Mutterbruder 
des Varisidius Nepos (IV 4, 1), Decurio in Comum 
(V 7, 3. 4). An ihn sind von Plinius Briefer! 



1, vgl. 22, 3). 715=39 war er Consul mit L. Mar- 
cius Censorinus (f. Biond. CIL 12 p. 65; f. Amit. 
ebd. p. 244, 3. Ehreninschriften CIL IX 414. X 
6223. SC. de Panamar. Bull. hell. XI 226 = 
Viereck Sermo Graecus 41 nr. 20. Dio XL VIII 
ind. und 34, 1 Chronogr. Idat. Chron. Pasch. 
Cassiod.). Im folgenden Jahre betraute ihn Oc- 
tavian mit dem Commando der Flotte gegen Sex. 
Ponipeius. Bei Kyme lieferten C. und der ihm 



II 20. Ill 1. 19. V 7. VIII 2. IX 6 gerichtet. 10 unterstellte Uberlaufer Menodoros dem Menekrates 



9) P. Calvisius Euso, Consul suffectus im Marz 
eines unbekannten Jahres miter Vespasian mit 
L. Iunius Caesennius Paetus (CIL VI 597. Herm. 
XXIH 158. 159, vgl. Caesennius Nr. 10). Pro- 
consul von Asia unter Domitian und zwar nicht 
vor dem J. 84, in welchem dieser den Beinamen 
Germanicus annahm fMiinzen von Ephesus, Wad- 
dington Fastes nr. 106, 1. 2. Mionnet III 
94 nr. 261 ; Snppl. VI 132 nr. 357. 358. 359 



eine grosse Seeschlacht, die infolge des Einbruchs 
der Nacht zwar unentschieden blieb, aber doch 
den Weg nach Sicilien und die Moglichkeit der 
Vereinigung mit Octavians Plotte eroffnete (App. 
b. c. V 81ff. Dio XLVIII 46, 5). Doch kaum 
war diese in der Meerenge von Messina erfolgt, 
als ein furehtbares Unwetter den Schiffen nnend- 
lichen Schaden that (App. Dio 47, 2ff.). Vielleicht 
hatte es sich gezeigt, dass C. als Admiral nicht 



133 nr. 360). Im J. 87 lebte er noch, da sein 20 tiichtig ware; im J. 717 = 37 bewies er sich 



Sohn in diesem Jahre den Arvalbriidern mini- 
strierte, demnach patrimus et matrimus war 
(s. o. P. Calvisius Nr. 3). 

10) P. C(alvisius?) Kuso, Statthalter von 
Kappadokien im J. 107 n. Chr. (Miinze von Se- 
bastopolis, Numismat. Zeitschr. XXIII 1891,71 
nr. 26; von Kybistra, Mionnet IV 437 nr. 216). 
Er ist vielleicht identisch mit P. Calvisius Nr. 3 
(vgl. Pick Numismat. Zeitschr. a-, a. O.). 



nicht geniigend aufmerksam und wachsam, deim 
er hatte nicht verhindert, dass Menodoros mit 
einem Geschwader wieder zu Pompeius zuriick- 
kehrte (Dio 54, 7. App. V 96), und deshalb setzte 
ihn Caesar nunmehr ab (App. V 96). Nach Phit. 
Anton. 58, 3. 59, 1 brachte er 722 = 32 viele 
Anklagen und Verleumdungen gegen Antonius 
vor, doch ist wahrscheinlich statt seines Namens 
der des C. Clunius einzusetzen; vgl. Borghesi 



11) Calvisius Sabinus, reicher Mann zur Zeit 30 Oeuvres V 151. 725 = 28 triumphierte er ex 



des Philosophen Seneca, von diesem wegen seiner 
Einfalt und Unbildung verspottet (Seneca epist. 
LTI 6, 5 — 8). Es ist wohl an ein sonst unbe- 
kanntes Glied der Familie der Calvisii Sabini 
zu denken. 

12) [Calv?]isius Sabinus wird auf einem 
Inschriftfragmcnt aus Baden in der Schweiz, wie 
es scheint, als Statthalter von Germania superior 
unter Claudius genannt. Zangemeister Westd. 
Zeitschr. XI 1892, 313. [Groag.] 

13) C. Calvisius Sabinus C. f. (Dio XLVILT 
ind. CIL X 6223). 706 = 48 sandte Caesar ihn 

.mit funf Cohorten und etwas Cavallerie nach 
Aetolien (Caes. b. c. Ill 34, 2) ; nachdem C. diese 
Landschaft (ebd. 35, 1) und gemeinsam mit L. 
Cassius die ihr benachbarten besetzt hatte, stiessen 
beide zu dem Heer des Q. Fufius Calenus (ebd. 
55, 1). App. b. c. II 6o giebt an, dass C. durch 
Metellus Scipio eine empfindliche Niederlage er- 



Hispania, war also damals Statthalter dieser 
Provinz gewesen (tab. tr. Barb. CIL I 2 p. 77). 
Als Consul und Imperator bezeichnen ihn mehreie 
Meilensteine der Via Latina (CIL X 6895. 6897. 
6899—6901), deren Wiederherstellung er wahrend 
des naehsten Jahres leitcte. Cic. ad fam. X 26, 3; 
vgl. 25, 3 nennt ihn homo magni iudieii, freilich 
einem gemeinsamen Freunde gegeniiber. Vgl. 
Borghesi Oeuvres V 148 — 154 mit Henzens 
40Anm. 154, 4. [Munzer.] 

14) C. Calvisius Sabinus, Consul ordinarius 
im J. 750 ~ 4 y. Chr. mit L. Passienus Rufus; 
C. Calvisius Sabinus CIL VI 456 ; C. Calvisius 
Monum. Ancyr. 3, 29. CIL X 5779 ; C. Calv . . . 
CIL 12 p. 69 fasti min. XIII; . . . C. f. Sabinus 
CIL 1 2 p. 69, fasti Lucerini ; sonst Sabinus. Sohn 
des Consuls des J. 715 = 39 v. Chr. C. Calvisius 
Sabinus (Nr. 13), Vater des Folgenden. In der 
Inschrift CIL XI 4772 (Spoletium) wird ein [C] 



litten habe; hides nach allgemeiner Annahme 50 Calvisius C. f. Sabinus, patronus, eos., VII vir 



ist dies nicht richtig (vgl. o, S. 1227 unter 
Caecilius Nr. 99j, sondern es liegt dieselbe Ver- 
wechslung seines Gentilnamens mit dem Cog- 
nomen des Domitius Calvinus vor, wie auch bei 
App. Mithr. 120. Plut. Sert, 12, 3 lahnlich sogar 
bei Mommsen R. G. V 58 Anm.), die hier nar 
noch die Anderung des Praenomens zur Folge 
hatte. C. gelangte zur Praetur und verwaltete 
daraaf 709 = 45 die Provinz Africa Vetus (Cic. 



epul(onum), curfioj max(imus), genannt, bei dem 
es zweifelhaft erscheint, ob an C. oder an dessen 
Sohn zu denken ist. 

15) C. Calvisius Sabinus. a) Name. C. Cal- 
visius Sabinus CIL II 2093. X 1468; C. Cal. 
visius CIL X 896. Tac. ann. IV 46 ; C. Co, . . . 
CIL 12 p. 71 fasti Arvalium: Calvisius Sabinus 
CIL VI 5180. XI 3805. Tac. ann. VI 9; hist. 



I 48. Plut. Galba 12. Dio LIX 18. 4; ..ahi- 
Phil. m 26). Urn die Zeit der Katastrophe 60 s?W Sabinus CIL ni Suppl. 7153; ...visim 
Caesars war er zuriick und hielt als einer der Sabinus CIL VI 343, sonst Sabinus. 

b) Leben. Sohn des Vorhergehenden. Consul 
ordinarius im J. 26 n. Chr. mit Cn. Cornelius 
Lentulus Gaetulicus (s. die oben angefiihrten 
Stellen). Im J. 32 wurde er der Majestatsver- 
letzung angeklagt. jedoch der Gefahr entrissen 
(Tac. aim. VI 9). Spater bekleidete er die Statt- 
halterschaft von Pannonien (Dio LIX 18, 4; auf 



wenigen Getreuen an den Iden des Marz 710 = 
44 bei dessen Leiche aus (Nic. Damasc. v. Caes. 
26, 2). Antonius verlieh ihm, als er nach Mutina 
abging, seine bisherige Provinz aufs neue (Cic. 
a. O.); doch er nahm sie nicht mehr ein, da sich 
der vom Senat dorthin gesandte Statthalter Q. 
Cornificius in ihr behauptete (Cic. ad fam. XII 25, 



diese Legation bezieht Mommsen die Inschrift 
eines Comes des C. CIL X 1468). Wahrend der- 
selben trug seine Gemahlin Cornelia ein scanda- 
lises Benehmen zur Schau, durch welches auch 
-der unter C. dienende T. Vinius Rufinus com- 
promittiert wurde (Tac. hist. I 48. Plut. Galba 
12). Als C. im J. 39 nach Rom zuriickkehrte, 
vmrden er und seine Gattin angeklagt, kamen 
jedoch der Verurteilung durch Selbstmord zuvor 
(Dio LIX 18, 4). 

16) Q. Calvisius Sabinus, c(larissimus) v(ir). 
Inschrift eines Bronzesiegels bei Gori Inscr. 
Etrur. Ill p.9nr.5,citiertvonBorghesiOeuvres 
V 155. ' [Groag.] 

17) C. Calvisius C. f. Pob(lilia) Statianus, 
populi advocatus, ab epistulis Latinis Augu- 
stor(umJ, Patron der Colonie Verona, CIL V 
3336 = Dessau 1453. E.Klebs (Prosopogr. I 294 
nr. 291) identificiert ihn nach CIL LU Suppl. 12048 



Unter Otho verlangte das Volk vergeblich ihre 
Hinrichtung. Spater (unter den Flaviern) besass 
sie wieder Einfluss vermoge ihrer Ehe mit einem 
Consularen, ihres Reichtums und ihrer Kinder- 
losigkeit (Tac. hist. I 73). Ihr Name ftndt sich 
CIL V 8112, 24. 25. X)bwohl sie Dio eine ywij 
emqpavrjg nennt, dttrfte man doch mit Klebs 
(Prosopogr. I 295 nr. 297) in den beiden Frei- 
gelassenen C. Calvius Logus und dessen Gemahlin 
10 Crispinilla (CIL VI 16586) ihre Eltern zu er- 
blicken haben. '[Groag.] 

Calum s. Glanum. 

Calumnia. Das Wort wird von den RSmern 
in Verbindung gebracht mit dem Verbum calvi, 
dieses selbst gedeutet als frustrari, deeipere, Gaius 
Dig. L 16, 233 pr. Isidor. etymol. V 26, 8. Pri- 
scian. inst. X 13. Diese Ableitung wird von den 
modernen Sprachhistorikern als zutreffend ange- 
sehen, vgl. Curtius Grundztige der Etymol. 5 



(datiert vom 26. Oct. 174), wo er als praefectus 20 140. W. Lindsay The latin language (1894) 327 



Aegypti erscheint, wohl mit Recht mit dem Fla 
vius Calvisius, von dem Dio LXXI 28, 3 erzahlt, 
dass er als Praefectus Aegypti an dem Aufstand 
des Avidius Cassius im J. 175 n. Chr. teilge- 
nommen habe und dafur mit Verbannung bestraft 
worden sei. Die Augusti in der obigen (Vero- 
nenser) Inschrift sind somit die Kaiser Marcus 
und Verus. [Stein.] 

18) Calvisius Taurus s. Taurus, 



Fr. Stolz Histor. Gramm. d. Iat. Sprache (1895) 
497. Andere stellen das Wort zusammen mit 
xaXstv, calare, Festus 225; mit xr)te<a, Bugge 
in Curtius Studien IV 331ff., mit dem Sanskrit- 
stamm skar (= sich drehen, wanken) und xvllos, 
axoXtog, Osthoff und Unger bei H. Wegele 
Geschichte der falschen Anschuldigung(1892) 2. 3. 
So ergiebt sich als Bedeutung von calumnia 
zunachst: Tauschung, Ausfliichte, Verdrehung, Chi- 



19) P. Calvisius Tullus, Consul I suffectus 30 cane , Ranke, vgl. z. B. Cic. pro domo 37; pro 



im J. 109 n. Chr. mit L. Annius Largus (CIL 
VI 2016 = XIV 2242 fasti feriarum Latinarnm), 
Consul II suffectus in unbekanntem Jahre (Hist. 
Aug. Marc. 1, 3), Sohn des L. Catilius Severus 
(s. d.), Gemahl der Domitia Lucilla maior, Vater 
■der Domitia Lucilla minor, der Mutter des Kaisers 
Marcus (Hist. Aug. Marc. 1, 3. 4, vgl. o. Annius 
Nr. 94). In seinem Hause wurde der hekannte 
Rhetor Ti. Claudius Atticus Herodes erzogen (Marc. 
ad Frontonem HI 2 p. 41 N 
X 2625 (Puteoli). 

20) Calvisia Flaccil(l)a, Tochter eines Calvisius 
Sabinus (CIA DI 868), unbestimmt, ob des Con- 
suls vom J. 4 v. Chr. oder des Consuls vom J. 26 
n. Chr. [Groag.] 

Calvius. 1) M. Calvius A. f., rfimischer Kauf- 
mann auf Delos 680 = 74 (Bull. hell. VIII 146f.). 

2) C. Calvius Cicero, Volkstribun 300 = 454 
und Anklager des vorjahrigen Consuls Romilius 



Sest. 75; de fat. 31; Acad, n 14. 65. Gell. VI 
2, 2. Sail. Catil. 30. Suet. Oct. 12. Auf juristi- 
schem Gebiet heisst es daher im allgemeinen Rechts - 
verdrehung, wortklauberische und sonst gezwungene 
Auslegung von Rechtsvorschriften und Willens- 
erklarungen, chican6ses Betragen der Partei im 
rechtsgeschaftlichen Verkehr und im Process: Cic. 
de off. I 33; pro Caec. 61 ; pro Mil. 74; in Verr. 
H 66; ad fam. I 4. Suet, Vit. 7. Paul. Dig. II 8. 
Sein Sclave CIL 40 8. 5. X 4, 19. XH 6, 65, 1. XXVIII 5, 92. XXXI 
82, 2. Papin. Dig. XLVI 5, 8 pr. Ulp. Dig. XLIII 
29, 3, 10. XLVn 2, 27 pr. XLVIII 5, 28, 5. Im 
besondern aber ist c. die chicanOse Behelligung 
mit einem Process, per fraudem et frustrationem 
alios vexare litibus, Gai. Dig. L 16, 233 pr. ; 
darauf geht auch in eTster Linie die Definition 
von Paul. 15,1: calumniosus est , qui sciens 
prudensque per fraudem alieui negotium com- 
parat (zum Ausdruck negotium vgl. Ulp. Dig. LTI 



(Liv. Ill 31, 5 beste Lesart). Angeblich wurden50 6, 1 pr. V 1, 10). Was Gai. IV 178 von der c. 



in jener Zeit zehn Jahre lang dieselben Tribunen 
stets wiedergewahlt bis zur Einsetzung der De- 
cemvirn, so dass auch C. das Amt wiederholt 
bekleidet hatte. [Munzer.] 

S) M. Cahius M. f. Pap(iri<t) Priseus. ad- 
leetus in ordine senatorio a Ti. Clatuiio Caes. 
Aug. Germanieo cens(ore) inter tribunicios (47 
n. Chr.). Sein Sohn hatte den gleichen Namen 
wie der Vater. CIL X 6520. 6521 Cora. 



im Civilprocess sagt, gilt von der c. uberhaupt: 
intellegit non reete se agere. sed vcxandi adver- 
sarii gratia actionem instituit, potiusque ex 
indicts error e vel iniquitate rietoriam sperat, 
qiiam ex causa veritatis: calumnia enim in 
affectu est. Auf dem Gebiet des Strafprocesses 
wird technisch nur von c. des Anklagers gespro- 
chen. auf dem Gebiet des Civilprocesses von c. 
des Klagers (calumnme causa, litem intendere) und 



4) Calvia Crispinilla (die Hs. des Tacitus hat 60 des Beklagten (calumnim causa ad infitias ire). 






Galvia), magistra libidinum Xeronis (Tac. hist. 
I 73), begleitete Nero auf seiner Reise nach Grie- 
chenland und suchte sich dabei auf jede mogliche 
Weiso- zu bereichern (Dio LXIII 12, 3). Nero 
vertraute ihr die Bewachung des Sporus an (Dio 
LXHI 12, 4). Nach dem Tode Neros begab sie 
sich nach Africa, um Clodius Macer zur Emp5- 
rung und zur Aushungerung Roms zu bewegen. 



Gegen die c. richten sich mehrere Institute des 
rOmischen Rechts; bei der Betrachtung derselben 
sind Strafprocess und Civilprocess zu trennen. 

A. Strafprocess. Im Strafprocess ist calum 
niari = falsa crimina intendere (Marcian. Dig. 
XLVIII 16, 1, 1). fallaciter incusare (Valent. Val. 
und Grat. Cod. lust. IX 42, 3 pr. Grat. Valent. 
und Theod. Cod. lust. IX 46, 9). C. ist somit die 



1415 



Calumnia 



Calumma 



141(5 



Erhebung einer AnHage in Kenntnis ihrer Unbe- lasst sich mit Sicherheit nur dies feststellen : a) mit 

griindetheit; der Anklager will die Verurteilung der c. beschaftigte sich eine lex Remmia, die erne 

eines Unschuldigen herbeifiihren und diesem das Strafe festsetzte, Cic. pro Sext. Rose. 55. Marcian. 

aus der Verurteilung hervorgehende tibel (Strafe) Dig. XL VIII 16, 1, 2. Papin. Dig. XXII 5, 13; 

zuffigen, vgl. Ulp. Dig. I 18, 6, 2. Zum Begriff b) es existierte fur c. eine Strafe der Brandmar- 

der c. ist Dolus erforderlich, iiber die nur scheinbar kung, die darin bestand, dass dem Anklager der 

entgegenstehenden Quellenstellen vgl. H. Easpe Buchstabe K {Kalumniator) ,an den Kopf geheftet. 

Das Verbrechen der Calumnia nach rOmischem wurde', Cic. pro Sext. Rose. 57, Anspielungen dar- 

Rechte (1872) 143—145. A. Loffler Schuld- auf wohl bei Plin. paneg. 35. Papin. Dig. XXII 
formen (1895) I HOff. C. ist nur chicanCse Er-10 5, 13. Mian. Misopog. 360; c) wer in iudicio- 

hebung einer Anklage, aceusatio im technischen publico ealumniae causa quid fecisse iudicatus 

Sinn. Die blosse Anstiftung zu einer solchen (sum- erit, wird infam (Cic. pro Cluent. 86: ignominia 

mittere accusatorem) ist keme c. (vgl. Apul. ealumniae); das praetorische Edict spricht ihm 

de mag. 2), wird aber in klassischer Zeit in An- die Postulationsfahigkeit ab, (Iul.) Dig. Ill 2, 1. 

lehnung an das S. C. Turpillianum (s. u.) wie TJlp. Dig. Ill 2, 4, 4; er ist unfahig zum Decu- 

c behandelt, Papin. Dig. Ill 2, 20. Marcian. rionat, lex Iulia municipalis 120 (Bruns Pontes 

(Papin.) Dig. XL VIII 16, 1, 13. Grat. Valent. iur. Rom.« 111). Papin. Dig. L 2, 6, 3; er ist 

und Tbeod. Cod. lust. IX 46, 8. Keine c. ist unfahig, in einem iudieium publicum als An- 

ferner die blosse Denuntiation; mit der Entvrick- klager aufzutreten, Cic. pro Sext. Rose. 57. Ulp.. 
lung des romischen Strafproeesses und dem Vor- 20 Dig. XL VIII 2, 4 (vgl. Zumpt a. a. 0. 40ff. 

dringen des Inquisitionsverfahrens scheint aber 381.382. Voigt Leges Iuliae iudic. priv. etpubl. 

die Denuntiation, wo und insoweit sie nunmehr 52. 53); dagegen kann er in einem iudieium 

die Anklage ersetzt, dieser, wasc. anbetrifft, gleich publicum Zeuge sein, Papin. Dig. XXII 5, 13. 

behandelt worden zu sein. Man kann sich hieffir Alles andere ist unsicher ; doch wird durch Cic. 

auf die Gesetze iiber Bestrafung von calumniOsen pro Sext. Rose. 55, vgl. 57, und Papin. Dig. XXII 

Anzeigen in Christenprocessen (s. u.), auf den all- 5, 13 wahrscheinlich gemacht, dass gerade die- 

gemeinen Satz von Paul. (lust.) Dig. XL VIII 16, lex Remmia die Brandmarkung angeordnet hat; 

3 und auf die Bestimmungen fiber die calum- daffir, das sie auch die Infamie verffigt hat, spre- 

niosen Denuntiationen der anzeigepfiichtigen Be- chen Cic. u. Papin. aa. OO. und Dig. L 2, 6, 3 und die 

amten (curiosi, stationarii) berufen (Constantin. 30 Nachrichten fiber das Verhaltnis von lex Remmia. 

Cod. lust. XII 22, 1). Vgl. auch lommsen zu und S. C. Turpillianum (Tac. ann. XIV 41. Mar- 

HarnackDasEdictdesAntoninu8Pius,Texteund cian. Dig. XLVIII 16, 1, 2). Jedenfalls lasst 

Untersuch. z. altchrist. Litt. XIDI 4, 47 — 49. Der sich aus republicaniseher Zeit kein anderes Gesete 

c.wdimrSmischenStrafprocessvorgebeugt durch: fiber c. nachweisen. Das Alter der lex Remmia 

1. Das iusiurandum ealumniae; es wird im lasst sich nicht feststellen, doch gehOrt es schwer- 
Strafprocess nur selten erwahnt und ist nur fur lich erst dem letzten Jahrhundert der Republik 
den (Juaestionenprocess nachweisbar. Nach der lex an (anders Lange Rem. Altertumer III 101). 
icilia repetundarum 19 (Bruns Font. iur. Rom.6 Vgl. zur lex Remmia: Herrmann De abolit. 
55ff.) soil der Anklager deiurare, ealumniae causa crim. (1834) 20ff. Geib a. a. 0. 291— 296. Rein 
non pofstulare]; ausserdem erwahnen den Eid40a. a. 0. 809ff. Raspe a. a. 0. 26— 60. Zumpt 
Liv. XXXIII 47. Cic. ad fam. VIII 8, 2. Ascon. a. a. 0. 375—386. 

in Cic. Corn. p. 64. Senec. controv. ID! 19 ; nicht Die Strafe der Brandmarkung kam noch in 

hieher gehort Cic. pro Sull. 86. Der Eid wird bei republicaniseher Zeit oder doch im Beginn der 

(so 1. Acil.) oder vor (so Cic. Liv.) der delatio no- Kaiserzeit ausser Ubung (Geib a. a. 0. 293. 

minis geschworen und ist Vorbedingung fur die Herrmann a. a. 0. 20. Raspe a. a. 0. 57ff.);. 

receptio nominis; er ist wohl notwendiger Be- die Bestimmungen fiber die Infamie blieben in 

standteil des Processes, so dass er ohne beson- Kraft; daran hat auch das S. C. Turpillianum 

deren Antrag des Angeklagten vom Magistrat ex des Jahrcs 61 n. Chr. (Tac. ann. XIV 41. Tit. 

officio dem Anklager auferlegt und abgenommen Dig. XLVIII 16. Tit. Cod. Inst. IX 45) nichts- 
wird. In den Recbtsbiichern wird dieser straf- 50 geSndert; fur die c. besteht die Bedeutung dieses- 

processualische Calumnieneid nicht erwahnt, er Senatsschlusses und der an denselben sich an- 

ist wohl nicht durch Gesetz abgeschafft worden, schliessenden Interpretation und Praxis darin, dass 

sondern in der Kaiserzeit allmahlig aus der Ubung einerseits der Begriff der c. erweitert wird — der 

gekommen. Dies hangt zweifellos mit der Aus- Erhebung der Anklage selbst werden Falle von 

•bildung der poena ealumniae, (s. 2) zusammen ; Anstiftung und Beihfilfe gleichgestellt (Papin. 

angesichts dieser energischen Kepressivmassregel Dig. Ill 2, 20. XLVIII 16, 1, 13, vgl. Apul. de 

trlaubte man auf die bisherige Praeventivmassregel mag. 2. Paul. Dig. XLVIII 16, 6, 4. Macer Dig. 

verzichten zu kGnnen. Vgl. Geib Gesch. d. rom. XLVIII 16, 15 pr.) — andrerseits die c. gegen- 

Crim.-Proc. 1844, 296. Rein Criminalrecht d. fiber den anderen Anklageverbrechen , praevari- 

ROm. 808. A. W. Zumpt Crim.-Proc. d. rom. 60 catio und tergitersatio (s. diese beiden Artikel), 

Rep. 1871, 152. E. Raspe D. Verbr. d. Calumnia abgegrenzt wird. Eine neue poena ealumniae 

nach rom. Recht 1872, 10-20. hat das S. C. Turpillianum nicht eingeffihrt; es 

2. Die poena ealumniae. Viel haufiger ist in hat vielmehr die Strafe der lex Remmia, soweit 
denQuellaivonderBestrafungdes/hfc^aecMsafor sie noch in Ubung war. bestiitigt, Marcian. Dig. 
die Rede. Dass schon die XII Tafcln eine ein- XLVIII 16, 1, 2. Insofern ist die lex Remmia 
schlagige Bestimmung enthielten, kann aus Gai. allerdings wahrend der ganzen Kaiserzeit in 
Dig. L 16, 233 pr. nicht gesehlossen werden (a. M. Geltnng geblieben : die Infamie als Strafe des 
Zumpt a. a. 0.iJ79, 3). Fur dip Zeit der Republik Calunmianten erwahnen Papin. Dig. Ill 2, 20. 



1417 



Calumnia 



Calumnia 



1418 



XLVIII 1, 14. L 2, 6, 3. Gordian. Cod. lust. II accus. bei Bruns Font. iur. Rom.6 250. fiber die 
11, 16. Carac. Cod. lust. IX 1, 2. Alex. Cod. lust. Talion in der Gesetzgebung der spateren Kaiserzeit 
IX 9, 6, 1. IX 46, 3. Grat. Valent. und Theod. iiberhaupt vgl. Mitteis Reichsrecht u. Volks- 
ebd. IX 46, 8. Honor, und Theod. const. Sirm. recht 399ff. Die Strafe der Talion bei C. wird 
XV. Liban. de vit. ips. I 44. 123 Reisk. Noch gewOhnlich auf Traian zurfickgefuhrt wegen Plin. 
in der klassischen Zeit tritt sie nur ein, wenn paneg. 35. Sicher nachweisbar ist sie aber erst 
die calumniCse Anklage crimen publicum (im spater, zuerst in einem Rescript von Septimius 
-Gegensatz zu crimen extraordinarium, s. den Art. Severus und Caracalla, Dig. XLVII 15, 6, und 
Crimen) war; die citierten Constitutionen unter- auch hier nicht fur calumnia selbst, aber fur 
scheiden nicht mehr, wahrscheinlich ist in nach- 10 die nahe verwandte praeearieatio. _ Esist wahr- 
klassischer Zeit hier wie anderwarts Ausdehnung scheinlich, dass die Talion erst -in dieser Zeit 
auf die crimina extraordinaria erfolgt. Vgl. die gesetzliche und allgemeine poena ealumniae 
Raspe a. a. 0. 62. Geib a. a. 0. 578; a. M. wird; sie ist den Zeitgenossen und nachsten Nach- 
Tlarezoll Biirgerl. Ehre 140. folgern des energischen und strengen Kaisers be- 
BeiderHaufigkeitcalumniOserAnklagenkonnte kannt, Ulp. Dig. XXXVIII 2, 14, 6. XLVILI 2, 
-die Strafe der Infamie nicht geniigen; an Stelle 7 pr. Caracalla bei Valent. Val. und Grat. Cod. 
der tlberwundenen Brandmarkung treten zunachst Theod. IX 19, 4. Alex. Sev. Cod. lust. IV 21, 2 ; 
willkfirliche Strafen in der kaiserlichen Justiz, vgl. auch Hist. Aug. Alex. 45, 6. Denkbar ist 
vgl. z. B. Tac. ann. Ill 37. IV 36. XIII 23. 33 ; immerhin , dass in der Zeit der Severe und 
hist. II 10. IV 40. Suet. Tit. 8; Domit. 9. Hist. 20 der spaten Kaiser Schwankungen in der Gesetz- 
Aug. Pertin. 9, 10; Did. Iul. 2, 1; Sept. Sev. gebung vorgekommen sind, auffallig ist wenigstens, 
4, 3; ausffihrlich hieriiber Rein Criminalrecht dass das constantinische Edict (s. o.) die Talion 
■der ROmer 817ff. Unter Galba erging ein Senats- nicht ausdrucklich erwahnt, sondern einfach den 
schluss ut aecusatorum causae noscerentur (Tac. calumniator einer severior sententia unterwirft. 
bist. II 10), ohne Erfolg; seit dem Ausgang des Uber eine besondere Bestimmung fur die calum- 
•erstenJahrhunderts werden in kaiserli chen Gesetzen niOse Anstellung eines crimen maiestaiis s. Con- 
den Calumnianten Stoafen angedroht , Melito bei stantin ebd. und Cod. lust. IX 8, 3 ; eine besondere 
Euseb hist. eccl. IV 26, 5 ; von Nerva : Cass. Dio Bestimmung der lex Iulia de adulteriis Diocl. und 
LXVIII 1, 2; von Traian: Plin. paneg. 35; von Maxim. Cod. lust. IX 46, 6, vgl. Papin. Dig. Ill 6, 9. 
Hadrian : Iustin. apol. I 68, vgl. I 7 ; von Antoninus 30 Die Strafe der Talion kommt sowohl bei crimina 
Pius: Euseb. hist. eccl. IV 13; von Marc Aurel: publica als bei crimina extraordinaria zur An wen- 
Hist. Aug. Marc. 11, 1. Tertull. apol. 5; zumeist dung, Paul. I 5, 2 und Dig. XLVTII 16, 3; vgl. 
handelt es sich dabei nur darum, dass calum- Paul. V 4, 11. Gaius Dig. XL VII 10, 43. Ulp. Dig. 
nio^e Anzeigen in Christenprocessen bestraft werden XLVH 2, 92. XLVIII 2, 7 pr. und dazu nament- 
sollen; genaue Fixierung der Strafe fehlt; vgl. lich Raspe a. a. 0. 110—117. Rudorff Rom. 
im fibrigen zu diesen Gesetzen Harnack Texte Rechtsgesch. II 459. Fur die crimina extra- 
und Untersuchg. Xm 4, Iff. besonders 47. Die ordinaria ergab sich dabei die Schwierigkeit, dass 
Nachricht des Euseb. hist. eccl. V 21 (Process die Strafe, welcher die Calumnienstrafe gleich- 
geg. d. Christen Apollonius), dass C. mit der Strafe kommen sollte, erst festgestellt weTden musste; 
des Crurifragium bedroht gewesen sei , beruht, 40 diese Schwierigkeit schliesst die Anwendung der 
wie nun durch die Auffindung der griechischen Talion aber nicht aus, vgl. Paul. Dig. XL VII 15, 
Acten des Apollonius festgestellt ist, auf einem 6; nur insoweit die Strafe, die den Angeklagten 
Missverstandnis des Eusebius, s. Harnack S.-Ber. treffen wfirde, hier arbitrar ist, ist hier die Calum- 
Akad Berlin 1893, 725ff. Mommsen ebd. 1894, nienstrafe, die den Anklager tnfft, arbitrar. 
■502ff. und jetzt Harnack Theol. Litt.-Ztg. 1895, Die an die c. des Anklagers gehefteten Folgen 
591. Eine allgemeine Calumnienstrafe ist aber fur treten erst ein , wenn diese gerichtlich festgestellt 
-die zwei ersten Jahrhunderte nicht nachweisbar ; in ist. Dazu genugt die Thatsache der Freisprechung 
der spateren Kaiserzeit wird allgemein als poena ca- des Angeklagten noch nicht (Marcian Dig. XLVTH 
lumniae die Talion (similitudo supplicii) erwahnt: 16, 1, 3. Ulp. Dig. 1112,4,4. Alex. Cod. lust, 
den calumniOsen Anklager trifft die Strafe, die50LX 46, 3), es wird im Anschluss an diese unter- 
•den Angeklagten getroffen hatte, wenn er schuldig sucht : aecusatoris consilium, qua mente ductus 
hefunden und verurteilt worden ware; der An- ad accusationem proeessit, Marcian a. a. 0., und 
"klager ubernimmt diese Gefahr durch ausdruck- daruber entschieden, ob c. vorliege oder nicht. Die 
liche Erklarung in der inscriptw (s. d.), daher Entscheidung {indicium irritae ddationis, Cod. 
die Wendungen : vinculum inseriptionis, horror lust. IX 46, 8) erfolgt in unmittelbarem Zusammen- 
inscriptionis, vgl Ulp. Dig. XLVin 2, 7 pr. hang mit der Entscheidung fiber die Anklage und 
Valent und Val. Cod. Theod. IX 1, 11. Cod. lust. durch denselben Richter, Marcian ebd. Plin. ep. VI 
LX 46, 7. Val. Grat. und Valent. Cod. Theod. 31. Alex. Cod. lust. IX 46, 1. Liban. a. a. 0.; 
IX 19, 4. Grat. Valent. und Theod. Cod. lust. im Quaestionenprocess haben die Geschworenen 
LX 3, 2. Cod. Theod. IX 1, 14. Arcad. und Honor. 60 daher auch hier mitzuwirken, Cic. pro Sext. Rose. 
Cod. Theod. II 1, 8, 2. Hon. und Theod. Cod. 57. Ascon. ad Cic. pro Scaur, p. 30. Gegenwart 
Theod. IX 37, 4. Cod. lust. IX 46, 10. IX 2, des Anklagers ist erforderlich, Alex. Cod. hs^IX 
17 pr. Syr. r5m. Rechtsbuch 71 (,wenn er nicht 46,1. Papin. Dig. XLVIII 1, 10. TJlp. Dig. XLVIII 
beweist, so wird er bestraft gemass derselben An- 19, 5, 1. Eine besondere auf Calumnienstrafe 
klage, mit der verklagt war derjenige, der die gerichtete Anklage ist nicht erforderlich, nanien*- 
bose That begangen haben sollte'). Symmach. ep.X lich nicht eine Gegenanklage des Angeklagten, 
49. Anvmian. MarcelL XVI 8, 6. Iohann. Chry- die Entscheidung iiber c. erfolgt vielmehr ex officio 
sost. de fat. or. Ill: vgl. auch ed. Constant, de {arbitrio cognoscenti's inquisitio permtttttur, Mar- 



1419 



Calumnia 



Calumnia 



142a 



cian. Dig. XLVIII 16, 1, 3); insofern ist die c. 
immer crimen extraordinarium, auch da, wo die 
calumniCse Anklage crimen publicum ist ; im 
letzteren Fall wird nach romischem Sprachge- 
brauch der Calumniant zwar ex causa publioi 
iudicii, nicht aber in iudieio publico verurteilt, 
vgl. Ulp. Dig. XXIII 2, 43, 11 und XL VIII 2, 
4. Paul. I 5, 2 und dazu Herrmann a. a. 0. 
24ff. Rein a. a. 0. 810. Binding De natur. 
inquis. proc. crim. Roman. (1864) 27. Eudorff 
Bom. Eechtsgesch. II 458. 459. Easpe a. a. 0. 
184ff. Marezoll Bttrgerl. Ehre 138. Damit 
vertragt sich, dass gelegentlich von einem auf 
Bestrafung des Anklagers gerichteten Antrag des 
Angeklagten gesprochen wird ; bezeichnenderweise 
■wird dafllr der farblose Ausdruck desiderare (nie 
aecusare) verwendet, Ulp. Dig. XXXVIII 2, 14, 
6. Alex. Cod. lust. IX 46, 1 ; nach Schluss des 
Verfahrens fiber die Anklage kann ein solcher 
Antrag mit Erfolg nicht mehr gestellt werden, 
Alex. a. a. 0. Dass in praxi der Wille des An- 
geklagten fur die Bestrafung des Anklagers nicht 
ohne Bedeutung war, zeigt Liban. de vit. ips. 
I p. 44, Eeisk. dass uberhaupt der Eichter die 
Strafe nicht leicht verhangte, Symmach. ep. X 
49, vgl. Papin. (Marcian.) Dig. XLVHI 16, 1, 5. 
Tritt der Anklager vor dem Urteil von der calum- 
niOsen Anklage zuriick, so trifft ihn die Strafe 
der tergiversatio ; bei der Ausmessung dieser kann 
herucksichtigt werden, dass die Anklage calum- 
nies erhoben worden ist; vgl. Ulp. Dig. XL VIII 
19, 5, 1. Gordian. God. lust. IX 45, 2. Plin. ep. 
VI 31, anders Easpe a. a. 0. 204ff. ; vgl. im 
ubrigen den Artikel Tergiversatio. 

Von dem periculum calumniae (Infamie und 
Talion) werden einige Anklager gar nicht oder 
doch nur dann betroffen , wenn evidens calumnia 
vorliegt, womit niehts anderes als ein besonders 
hoher Grad dolosen Verhaltens gemeint sein kann ; 
meist sind es Personen, die officii necessitate zur 
Erhebung einer Anklage verpflichtet sind und 
von der Erfullung ihrer Pfiicht nicht abgeschreckt 
werden sollen : Scaev. Dig. XLVIII 5, 15, 3. Papin. 
Dig. XLVHI 1, 14. Tryphon. Dig. IV 4, 37, 1. 
Paul. Dig. XLVIII 5, 31 pr. Carac. Cod. lust. 
IX 1,2. Alex. Cod. lust. IX 46, 2. IX 9, 6. 
Car. Carin. und Num. Cod. lust. IX 46, 4. nov. 
Val. XVn c. 2. Vgl. Geib a. a. 0. 580. Eein 
a. a. 0. 815. Binding a. a. 0. 39. 40. Easpe 
a. a. 0. 152ff. LOffler Schuldformen 1895, llOff. 
Die zur Anzeige verpflichteten Beamten gehoren 
nicht zu diesen exceptae personae, Constantin. 
Cod. lust. XH 22, 1. 

3. Cber die actio in factum des praetorischen 
Edicts s. u. B. 3. 

B. Civilprocess. Auch hier wird vorziiglich von 
c. desjenigen gesprochen, der wider besseres Wissen 
eine Klage erhebt, calumniae causa agere, litem 
intendere. GaiusIV 174ff. GelL XIV 2, 8. Paul. Dig. 
V 3, 43. X 2, 44, 4. XXXI 8, 4. Pompon. Dig. X 4, 
15. Ulp. Dig. XXXVII 10, 3, 4. XLVH 2, 27 pr. 
Sie kann aber auch in der Stellung von Begehren 
anderer Art liegen : Eidesdelation, Editionsgesuch, 
Cautionsbegehren, Erwirkung einer missio in 
possessionem u. s. w. Auch der Beklagte kann 
sich calumnies betragen durch chicanOses Be- 
streiten, calumniae causa in infitias ire Gaius IV 
172. Paul. Dig. X 2, 44, 4. Die c. kann zunachst 



dadurch von Bedeutung werden, dass ein Begehren 
vom Magistrat von Amtes wegen in summarischer 
Cognition auf c. gepriift und nicht geschiitzt wird r 
wenn es sich dabei als calumnies erweist ; Falle r 
Ulp. Dig. XXXVI 4, 3, 1. XXXVH 9, 1, 14. 
XXXVII 10, 3, 4. XL VI 5, 1, 9. Wichtiger sindr 

1. Das iusiurandum calumniae (Gefahrdeeid). 
Auf Antrag desBeklagten muss der KlagerschwOren,. 
non calumniae causa agere, auf Antrag des Kla- 

lOgers der Beklagte, non calumniae causa ad in- 
fitias ire. Gaius IV 172. 176. Paul. Dig. X % 
44, 4. Val. Prob. 5, 11: NEC = n[on] k[alum- 
niae] cfausaj. Der Eid kann vom Gegner nicht 
verlangt werden, wenn diesen im Pall des Unter- 
liegens ohnehin eine Strafe trifft, der Chicane 
also schon vorgebeugt ist; namentlich kann ihn 
der Beklagte nicht fordern, wenn er von dem 
iudicium ealumniae (s. u. 2) Gebrauch macht. 
Gai. IV 171. 176. 179; vgl. auch Ulp. Dig. XH 

202, 3, 3. Nach iustinianischem Recht milssen in 
jedem Process sofort nach Beginn beide Parteien 
und ihre Anwalte den Eid schwOren, lust. Cod, 
lust. II 58, 2. HI 1, 14, Inst. IV 16, 1. Be- 
sondereCalumnieneide: bei Editionsbegehren : Ulp, 
Dig. II 13, 6, 2. Paul. Dig. II 13, 9, 3; bei Cau- 
tionsbegehren : Papin. Dig. XXXVI 3, 5, 2. Ulp. 
Dig. XXXLX2, 13, 3. lexRubriaXX(BrunsFontes- 
iur. Bom. 6 98) ; bei operis novi nuntiatio : Ulp. Dig. 
XXXIX 1, 5, 14. Besonders wichtig wird das- 

Wiusiur. e. bei der Eidesdelation; wo der Eid dem 
Gegner zugeschoben wird mit der Wirkung, dass- 
dieser den Eid ausschwOreu oder zuruckschieben 
muss, kann dieser (Delat) vom Deferenten vorerst 
den Calumnieneid fordern, Ulp. Dig. XH 2, 34, 
4. 37. XXXVH 15, 7, 3. Paul. H 1, 2. 3 und 
Dig. XXII 3, 25, 3. Diocl. und Maxim. Cod. lust. 
IV 1, 9 und dazu Lenel Ed. perp. 189. Beth- 
mann-Hollweg Civilprocess II 577—579. De- 
melius Schiedseid und Beweiseid (1887) 30- 

40(besondere Falle von C.-Eid bei Eidesdelation: 
Ulp. Dig. XH 2, 16. XXV 2, 11, 1. lust. Inst. 
II 23, 11). Von sog. Eespectspersonen kann der 
Eid nicht verlangt werden, Paul. Dig. H 8, 8, 5. 
Ulp. Dig. XH 2, 16. XXXVn 15, 7, 3. Vgl. zu 
dem civilprocessualischen Calumnieneid Uberhaupt 
Eudorff Rem. Eechtsgesch. H 278. 279. Beth- 
m ann-Hollweg Civilprocess H534. 535. KelleT- 
Wach Earn. Civilprocess 6 293— 296. 

2. Iudicium calumniae. Ein iudicium calum- 
50 niae kommt als Eepression der chicanSsen Klage- 

erhebung vor, Gai. IV 17 Iff. Der Beklagte kann. 
jeder Klage calumniae iudicium opponere, ,wenii 
er auf den Fall der Verwerfung der Klage noch 
den Beweis unternehmen will, dass der Klager 
sie wider besseres Wissen angestellt habe' Kelle r- 
Wach Civilprocess 6 295; es geht auf ein Zehntet 
des Processobjects, in einem besonderen Falle — 
gegenOber dem Assertor im Freiheitsprocess — auf 
ein Drittel : Gaius IV 174-176. 178-181. GelL XIV 
60 2, 8. Consult, vet. iuriscons. VI 2 (actio calum- 
niae). IS. lust. Inst, IV 16, 1. Theophil. z. dies. 
Stelle. Die Formel sah wahrscheinlich auch den 
Fall vor, wenn der calumniOse Klager den Process- 
vor dem Urteil aufgiebt, Lenel Ed. perp. 88. Ein 
iudiemm calumniae zur Repression der c. des- 
Beklagten giebt es nicht. Die processualische Ge- 
staltung des iudicium calumniae ist nicht klar, 
wahrscheinlich hat man an eine subjungierte Wider- 



1421 



Calusidius 



Calx 



1422 



klage (vgl. o. den Ausdruck iudicium opponere) 
zu denken, deren Gutheissung vorgangige Ab- 
weisung der Hauptklage voraussetzt, Gell. XIV 2, 
8. Diocl. und Maxim. Cod. lust. VII 16, 31. Ver- 
schiedene Ansichten iiber diese Frage bei Keller- 
Wach Rom. CivilprocessB 296, 693. Eudorff 
Eom. Eechtsgesch. II 278. Bethmann-Holl- 
weg Civilprocess II 536, 49. Lenel Ed. perp. 
Leonhard Instit. d. rom. Eechts 540. 



cum ad victoria? notam. Sie war jedenfalls 
so hergestellt wie die weissen Linien auf den 
englischen Tennisplatzen, d. h. es wurde eine in 
den Boden gegrabene Furche mit angerflhrtem 
Kalke ausgefiillt. Da die Stelle der Balm, an 
der sich die C. befunden habe, nirgends genau 
bezeichnet ist, so sind verschiedene Vermutungen 
daruber aufgetaucht. Eine unklare und obendrein 
wohl der Yerbesserung bediirftige Stelle bei Cas- 



Das iustinianische Eecht kennt das iudicium 10 siodor (Var. IH 51 , 7) hat besonders viel Ver- 



wirrung in diese Frage gebracht. S. daruber 
Linea alba. Wohl durch diese Stelle verleitet 
haben sowohl S chulze (Die Schauspiele zur Unter- 
haltung des rOm. Volkes , Gymn.-Bibl. XXHI 52), 
der sich ausserdem auf ein Lyoner Mosaik bezieht, 
als aueh Can in a auf seinem Reconstructionsplane 
(Baumeister Denkm. Taf. XII) die C. auf die 
rechte Seite derBahn gelegt, ersterer ,nicht weit vom 

u Eingange', letzterer die rechte Bahn durch die Linie 

f. E.-G. IX 225. Lenel Ed. 20 der Breite nach halbierend (er nimmt ausserdem 

noch eine zweite Linie an, die er jener parallel 
von der inneren Met a als Lot auf die rechte Um- 
fassungsmauer fallt; s. Linea alba). Das ist 
deswegen unwahrscheinlich, weil dann 7i/ 2 Um- 
laufe notwendijr gewesen waren ; es werden aber 
ausdrucklich immer nur sieben Umlaufe erwahnt, 
so dass das Ende des Rennens in der linken Bahn 
gesucht werden muss. Es ware ausserdem un- 
zweckmassig und gegen alien Eennbrauch gewesen, 



calumniae nicht mehr, lust. Inst. IV 16 1. Die 
c. des Klagers im Civilprocess kann in besonderen 
Fallen weitergehende Wirkungen haben, so die chi- 
canOse AnsteUung einer vindicatio in servilutem, 
Paul. Dig. XL 12, 39, 1. Diocl. und Maxim. Cod. 
lust. VII 16, 31; so das chicanOse Begehren am 
missio in possessionem ventris nomine (Wirkung : 
Infamie), Ulp. Gai. und Paul. Dig. IH 2, 15—19. 
Ulp. Dig. XH 2, 3, 3. XXXVH \h, 7, 4, vgl 
Karlowa Ztschr. f. B. 
perp. 73. 

3. Eine actio in factum gewahrt das prae- 
torische Edict gegeniiber demjenigen, qui ut ca- 
lumniae causa negotium faceret ml non faceret, 
pecuniam aecepisse dieetur (Ulp. Dig. Ill 6, 
1 pr.), Sie geht gegen denjenigen, der das Geld 
empfangen hat und zwar auf den vierfachen Be- 
trag, nach Ablauf eines Jahres auf den einfachen. 
Sie steht dem mit dem chicanosen Eechtsstreit 



Behelligten oder Bedrohten zu; ob es sich dabei 30 den Endlauf durch nochmalige Biegung urn die 
"■■ •■ *<-.,. «. ■-- 5 - u --■"■ Meta zu verlangsamen und gewissermassen zu 

brechen. Das Naturgemasse ist, dass die Eenner 
nach der siebenten Umkreisung der ausseren Meta 
ohnenochmaliges Hindernis mit Entwicklang ihrer 
vollen Geschwindigkeit die ganze Lange der linken 
Bahn durchsturmten und hier auch durchs Ziel 
gingen. Man wird sich also die C. am geeig- 
netsten als Lot von der inneren Meta auf die 
linke Umfassungsmauer gefallt zu denken haben. 



um Civilprocess oder Strafprocess handelt, ist 
gleichgultig, Ulp. Dig. ni 6, 1 pr. 1. 8; zu 
dem besondeten Fall, wo der mit einer calum- 
niosen Anklage Bedrohte dem Drohenden Geld 
zur Abwehr derselben giebt, vgl. Ulp. Dig. HI 
6, 8 und den Artikel Concussio. Die Klage 
ist auf activer Seite unvererblich , der Erbe des 
EmpfSngers haftet in id, quod ad eum pervenit. 
Verurteilung macht den Beklagten nicht infam, 



wohl aber anklageunfahig , Ulp. Dig. XLVHI 2, 40 So konnten auch die Preisrichter am scharfsten 
4.MacerDig. XLVHI 2, 8. Uber die Natur der -"-=—- "~ -'— ^ ,1T "" n *° " ~— " 
Klage und ihr Verhaltnis zur condictio ob tur- 
pem causam vgl. Vangerow Pand. IH § 694. 
Easpe Verbr. d. Calumnia 63.WindscheidPand. 
II § 471. Pernice Labeo nz 43. Lenel Ed. 
perp. 86ff. Im praetorischen Edict war diese 
Klage mit iusiurandum calumniae (s. o. 1) und 
iudicium ealumniae (s. o. 2) in einem Titel (de 
caltimmator&ms) behandelt, Lenel Ed. perp. 87. 

[Hitzig.] 



Calusidius, Soldat im Heere des Germanicus, 
Tac. ann. I 35. 43. [Groag.] 

Cairns. 1) Schulredner. Serv. Aen. X 18: 
Titianus et Calvus, qui themata omnia de Ver- 
gilio elieuerunt et deformarunt ad dicendi usum. 

[Stein.] 

2) S. Licinius, Servilius. [Groag.] 

3) Calvus, gallischer Vasenfabrikant der Kaiser- 
zeit, Dragendorff Terra sigillata 93 (109). 

[C. Robert.] 
Calx ist die gerade weisse Linie, mit der in 
den Eenpbahnen, namentlich im Circus, das Ziel 
angegeben war. Corp. gloss, lat. IV 29, 19. 
213,- 37. 315, 35. 491, 25. V 173, 43 mice fine. 
274, 38. 349, 21. Sie hatte also denselben Zweck, 
wie auf unseren heutigen Rennbahnen der Sieges- 
pfosten. Die Linie war auf dem Boden der Bahn 
irezogen. Plin. n. h. XXXV 199 praeducere cir- 



visieTen. Corp. gloss, lat. Ill 240, 68 17 vvaaa 
meta, calx. Freilich war dann eine Verwischung 
oder Verletzung der Linie durch die wiederholt 
daTiiber fahrenden Gespanne wohl kaum zu ver- 
meiden. Man kann diesem Bedenken zu Liebe 
die C. dann auch soweit nach den Carceres zu 
rtcken, dass sie von den in kurzem Bogen um 
die Meta fahrenden Gespannen meist verschont 
blieb. Dann steht auch niehts im Wege, sie in 

50 CbeTeinstimmung mit der oben angefuhrten Cas- 
siodorstelle fiber die ganze Breite der Bahn aus- 
zudehnen. Jedenfalls aber musste zwischen C. 
und Carceres geniigender Raum fur den Auslauf 
deT Pferde sein, die bei der Uberschreitung der. 
Linie ihre grOsste Schnelligkeit entwickeln mussten 
und nun nicht gleich angehalten werden konnten. 
Sehen wir doch bei unseren Eennen die Eeiter 
ein betrachtlicbes Stuck fiber das Ziel hinaus- 
schiessen, ehe sie ihre Pferde zu parieren ver- 

60 mCgen. Wie die Alteh es liebten, ihre bildlichen 
Ausdriicke der Agonistik zu entlehnen, so findet 
sich auch C. haufig zor bildlichen Bezeichnung 
eines Zieles, Endes, im Gegensatze zu carceres 
(s. d.), womit sie den Anfang, den Ausgangspunkt 
bezeichneten. Cic. senect. 83 nee vero velim 
decurso spatio a calce ad carceres revocari; amic. 
101 ; Tusc. I 8. Lucret. VI 92. Varro sat. Menipp. 
frg. 288 Buech. Propert. V 2, 58. Senec. epist. 49, 5 



1423 



Cama 



Oamarica 



1424 



Nunc ineredibilis eursus apparet, sive quia admo- 
veri tineas (lineam?) sentio sive quia attendere 
eoepi, als Beweis fur die ,unglauMiche' Schnellig- 
keit bei der Annaherung an das Ziel. 108, 32 
mit der Bemerkung: heme quam nune in cireo 
cretam voeamus, antiqui ealcem, vocabant. 12, 4 
in extrema regula stantem und 26, 1 extrema 
tangentem vom Greise. Ammian. XXI 1, 14. 
Horat. epist. 1 16, 79 Mors ultima linea rerum 



der sonst nicht genannt wird, ist danach wahr- 
scheinlich die obige; vgl. Camala. [Hiibner.] 

Camaracnm, Stadt in Belgica, das heutige 
Cambrai (deutsch Kameryk), Tab. Peut. (Cama- 
raoo). Itin. Ant. 377. 379 (Camaraeum). In der 
Not. Gall. VI 6 (Belgica secunda) eivitas Ca- 
tnaracensium. Die spateren Zeugnisse (Gregor. 
Tur. u. a.) bei Holder Altcelt. Sprachschatz s. 
Camaraeus. Desjardins Table de Peut. 14; 



est. Uber das Geschlecht des Wortes Charis. 10 Ge'ogr. de la Gaule II 449. Longnon Geogr.de 



92 K. (Lucil. frg. 352 Baehr.). Im Griechischen 
entspricht dem Worte fj yQauurj (s. d.), z. B. Pind. 
Pyth. IX 210. Eurip. Electr. 956. 

Litteratur: Onuphr. Panvinius De ludis cir- 
cens. I 6 (Graevii Thes. antiqu. Rom. IX 70 
mit den Anmerkungen von Argoli) und J. C. 
Bulengems De eirco Bom. ludisq. circ. XXII 
(Graevius 640ff.) haben sich ziemlich unklar fiber 
diesen Gegenstand geaussert. Bianconi Descri 



la Gaule 414. " [Ihm.] 

Camarae (xaudgcu), eigenartige Seeboote der 
rauberischen Barbaren (xanaQltai) an der Nord- 
ostkflste des schwarzen Meeres, Strab. XI 495 
—96. Tac. hist. EI 47. Gell. X 25. Eustath. zu 
Dionys. Perieg. 700. Es waren Eundschiffe (Eust. 
oTQoyyvXa) mit breitem Boden und einwarts ge- 
neigten Seitenwanden (Tac. artis lateribus latam 
alvum, Strab. ungenau atevd), also ziemlich sicher 



zione dei circhi (Roma 1789) 72. De Laborde 20 gegen Umschlagen; bei gleichmassig abgerunde- 

t\ :__:^„ j„ : j.. ._ j ten j; n ^ en m verschiedenen Richtungen beweg- 

lich kreiselten sie (volvuntur) zwischen den Wellen 
und fassten 25 — 30 Menschen. Bei unruhiger See 
ward der Bord durch Bretter erhfiht, bis ein Dach 
iiber dem Fahrzeug entstand. Die leicbten, metall- 
freien Boote warden in den Waldern an Land 
versteckt. Rundform und Leichtigkeit erinnern 
an die Euphratboote (Herod. I 194), Name und 
Bedachung an mehrere, gleichfalls xafiaQcu ge- 



Descripcitfn de un pavimento en mosayco descu- 
bierto en la antigua Italica (Paris 1806) 35. 
Bahr in der Eneycl. von Erscb. u. Gruber unter 
Circus XVII 289 (verfehlt). Ginzrot Die Wagen 
und Fuhrwerke der Griechen und Romer (Miinchen 
1817) I 75. Vgl. die Artikel Creta und Linea 
alba. [Pollack.] 

Cama, nach Isid. or. XIX 22, 29. XX 11, 2 
ein kurzes und niedriges Bett. Das wohl sicher 



unrSmische Wort hat sich in der Bedeutung Bett 30 nannte, echtbabylonischeuberwolbteDinge(Herod. 



im Spanischen und Portugiesischen erhalten. 

[Man.] 

Camacae und Camae, zwei skythische Stamme 
des asiatischen Steppengebietes, Plin. VI 59; 
Camaeae noch einmal vermerkt zwischen der Mai- 
otis und dem Kaukasos, Plin. VI 21. Die voile 
Form kdmaka erklart sich wie apers. kamana 
,treu, anhanglich' aus der arischen Wz. kam- 
,lieben', oset. kham ,Liebe, Treue'. 

[Tomaschek,] 

Camactulici. Eine regio Gamactulicorum an 
der Kiiste von Gallia Narbonensis wird erwahnt 
von Plin. n. h. Ill 34 ; voran geht Citliarista por- 
tus (canton La Ciotat). Herzog Gallia Narb. 137. 
Desjardins Geogr. de la Gaule II 71. [Him.] 

Cam agora, Hafenplatz an der gangetischen 
Golfkuste neben Pitinna, Geogr. Rav. p. 42, 2; 
Ptol. VII 1, 16 vermerkt. zwischen Katikardama 
(jetzt Manika-pattam am Cilka-see) und der Miin- 



I 199. Arrian. anab. VII 35. Diod. II 9. XVIII 26. 

Strab. XVI 738), sowie an den Meerkrebs xdu/ia- 
Qog, eammarus, dessen Oberseite durch gewOlbte 
Schalen geschiitzt wird. Camara (camera) be- 
deutet GewOlbe, d. h. eine anerkannt babylonische 
Erfindung. Das Wort ist also schwerlich, wie 
man bisher mit G. C urtius Etym. s 140 annimmt, 
griechisch, eher (Cora is zu Strab. IV 235) chal- 
daeisch. Gamara scheint bei Suet. Nero 34 die mit 
40 Tonnengewo'lbe aus Holz und Tuch uberspannte 
Kajiite auf dem Hinterdeck des Kriegsschiffs (sonst 
axr^vri) zu bedeuten. [Assmann.] 

Catnarata (nur wenige und geringe Hss. haben 
Gamerata), in Mauretanien, Station der Ktisten- 
strasse dieser Provinz, 12 Millien westlich von der 
Mundung des flumen Salsum (jetzt Rio Salado, 
Osed el-Melah), Itin. Ant. 13. Man bezieht dar- 
auf Ruinen an der Mundung des Oued Razer, bei 
Sidi Djelloul (Cat Maure't. CCsarienne 157). In 



dung des Manadas (skr. Mahanadi) richtiger Kan- 50 der Nahe hat sich neuerdings ein Dorf desselben 



nagara, d. i. das heutige Konarak, Connarrecam 
der portugiesischen Seekarten, Konarkum im indi- 
schen Seespiegel Mohit. Das zweite Glied -gara 
erklart sich entweder aus skr. gada ,Feste' oder 
aus kolar. gada, garra .Fluss'. [Tomaschek.] 

Camala, Ort in Hispania citerior, Station der 
rOmischen Strasse von Caesaraugusta nach Legio 
VII (Leon), zwischen Segisamo und Lancia (Itin. 
Ant. 395, 2); danach unmittelbar bei Sahagun 



Namens gebildet. [Dessau. 

Camari. 1) Eine Insel im roten Meere an 
der sudwestlichen Kiiste Arabiens. Plinius (VI 151) 
beschreibt die Kiiste siidlich von den Karben 
(Karphati) und sagt: a meridie insulae multae, 
maxima Camari. Sprenger (Alte Geogr. 78) 
vergleicht damit Kaodauivr] (Ptol. VI 7, 44), vgl. 
Iuba b«i Plin. VI 33. 34, und Hekataios bei 
Steph. Byz. KafnaQ^voi, die er samtlich mit den 



zwischen den Fliissen Cea und Valderaduey an- 60 Kamaran-Inseln identiflciert. [D. H. Miiller.] 



zusetzen (Guerra Discurso a Saavedra 90). Der 
Name Camalus ist in Kallaikien besonders hauflg. 

[Hubner.] 
Camalociini(?), Ort in Hispania citerior. West- 
lich von dem lusitanischen Ammaia (s. d. Nr. 3), 
in Crato, ist ein Altar gefunden worden, dem Iup- 
piter gesetzt von den vieani Oamaloc. .in(Clh 
II 170); die Xamensform des lusitanischen Vicus, 



2) S. Chamaoi. 

Camarica (Ka/^doma), Ort in Hispania cite- 
rior, und zwar in Kantabrien. unweit von Iulio- 
briga, nur von Ptolemaios (II 6, 50) erwahnt. Der 
Name wird ohne Grand mit dem Fluss Tamaris 
(s. d.) und den fontes Tamariai zusammenge- 
bracht. Lautlich nahe steht eine in Toletum be- 
zeugte iberische gentilitas Canbarieum (CIL II 



1425 



Camarini 



Oambodunitm 



1426 



3074) und das nur beim Geogr. Rav. 308, 1 5 ge- 
nannte Cambraeum in Callaecia (das K. Miiller 
ganz willkurlich in den Text des Plinius IV 111 
einsetzen wollte; daher in Holders Altkelt. 
Sprachschatz 716). Der alte Name ist vielleicht 
in dem heutigen Cabria, nOrdlich von Aguilar del 
Campb, erhalten. [Hiibner.l 

Camarini, ein hinterindisches oder serisches 
Volk, iiber welches die Expos, tot. mundi Geogr. 
Lat. min. p. 105 Riese nach syrischen Berichten 
ungefahr dasselbe aussagt, was sonst den Seres 
iiberhaupt zugeschrieben wird: es giebt dort viele 
Edelsteine im Bette der Bergstrflme ; die dortigen 
brahmanischen Priester kleiden sich in Gewander 
aus Asbest (vgl. Steph. Byz. s. Bgaxnavsg); sie 
erwarten selig den Tod, und der Sarg wird mit 
Wohlgeriichen gefilllt. Die arabischen Geographen 
des 9. Jhdts. schildern die hohe Kulturstufe und 
den Reichtum des hinterindischen Volkes QimSr 
oder Qamar von Kambfiga; ebenso die sinischen 
Annalen der Dynastien Sui, Thang und Song. 
Im heutigen Kambfiga erinnern prachtige Tempel- 
ruinen, wie z. B. die von Ang . kor am Nordufer 
des Ton . ly . sap, mit Pali-inschriften und Gotter- 
statuen an die alte brahmanisch-buddhistische 
Mischkultur ; die Khmer bilden eine eigene Sprach- 
gruppe der hinterindischen Aboriginer (vgl. Ay- 
m on ierDictionnaireKhmer-Francais, Saigon 1878) 
und werden siam. Kho . men, anamit. Kham (portug. 
os Comos) genannt; sie zahlen gegen funf Mil- 
lionen Seelen. Vgl. Cambari. [Tomaschek.] 

2) Bei Val. Max. VI 5, 1 die Einwohner einer 
von einem C. Claudius eroberten Stadt, welche 
sodann auf dem Aventin angesiedelt worden sein 
sollen. Welcher Claudius gemeint sein konne, ist 
dunkel; der Inhalt der Erzahlung passt weder auf 
die Einwohner von Cameria noch von Camerinum. 

[Hiilsen.] 

Camars. 1) Alter Name von Clusium, nach Liv. 
X 26, 11 und Polyb. II 19, 5 (sv xfj Ka/ieQzia>v 
XWQq). Vielleicht gehOren die Stiicke von Aes 
grave mit Rad und Anker und der Beischrift A^ 
(= id) nachC. Mommsen Rem. Miinzwesen 220. 
Garrucci Mon. dell' Italia II 56. Berliner Mtinz- 
katalog III 5. [Hiilsen.] 

2) S. Annius Nr. 36 und Lucceius. 

Camasene, Cameses. Zur Erklarung des ety- 
mologisch dunklen, den Alten ebensowenig wie 
uns verstandlichen Namens Camasene fur Latium 
haben griechische und romiscbe Sagenschreiber 
und Antiquare eine Reihe genealogischer Fabeln 
«rsonnen, die mehrfach von einander abweichen 
und nur in dem einen Punkte tTbereinstimmung 
zeigen, dass sie jenen Namen in eine bestimmte 
Beziehung zu Ianus setzen: anknfipfend an die 
einheimische Uberlieferung, die in Ianus einen 
Dreinwohner des Landes sah, berichten die einen 
(Protarchos v. Tralles und Hygin bei Macr. I 7, 
19) Ianus... cum Camese aeque indigaia ter- 
rain hane ita participata potentia possidebant, 
ut regio Camasene, oppidum lanieidum voearetur. 
Nach der andern vorwiegend griechischen Version 
der Sage heiratet Ianus vor seiner Auswanderung 
aus dem thessalischen Perrhaeberlande nach Italien 
(Plut. q. R. 22) seine Schwester Kafiiot) (Ka,ua- 
orjvrj Demophilos bei Lyd. de mens. Ill 2, Cama- 
sene Serv. Aen. VIII 330) und erhalt von ihr 
zwei Kinder, einen Sohn Afih}£ und eine Tochter 



'Olwxrjvrj (Drakon von Kerkyra tzeqI Mtiwr bei 
Athen. XV 192 DE = Eustath. Od. 1533, 3), in 
der neuen Heimat wird ihnen noch Tybris gelioren, 
der Eponym des Tiberstromes (Serv. a. a. <0.) ; 
vgl. Wissowa in Roschers Mythol. WOrterbuch 
I 848 und Roscher ebd. II 22f., der unter Be- 
rufung auf Suid. s. Ka/A.aaarjv6v Mfoixdv und Ar- 
cadius p. Ill ed. Barker in Ka/j.io*j Kauaarjvrj eine 
(thessalische?) Ortlichkeit vermutet. [Aust] 
10 Cambaetum (Kd/ipatrov), Stadt der Lubaener 
in Callaecia, nur bei Ptolemaios erwahnt (H 6, 
47; denn des Geogr. Rav. Cambrim 308, 12 wird 
dem Fluss Tamaris entsprechen, s. d.); von Ar- 
gote nach ganz unsicherer Ahnlichkeit des Namens 
nach Cambezes bei Orense gesetzt, wozu die Orts- 
angabe des Ptolemaios nicht passt. [Hiibner.] 

Cambalidus, angeblich ein Auslaufer des Kau- 
kasos. An seinem Fusse wohnten die Mesabatae 
(s. d.) ; ausserdem soil von dort aus der bequemste 
20 Zugang nach Baktrien gewesen sein, Plin. VI 134. 
Der Name wird schwerlich von Cambades, der 
nach Plin. V 98 einer der verschiedenen Namen 
des Tauros war, und von Kambadene (s. d.) zu 
trennen sein. Das Gebirge ware demnach etwa in 
der heutigen Provinz Camabadan zu suchen. 

[Weisshach.] 

Cambari, ein Strom im Lande der Seres, 
zwischen dem Psitharas (s. Aspithras) und dem 
Lanos (s. Daonas), Plin. VI 55 nach Amometos? 
30 oder nach einem Autor, welcher iiber die Handels- 
thatigkeit der Hellenoparther von Charax Hyspa- 
sinu berichtet hatte, zu einer Zeit, welche un- 
mittelbar jener vorausliegt, wo der Kaufmann 
Alexandros den serischen Hafen Kattigara erreicht 
hat. In diesem letzteren Berichte wird der Strom 
mit dem Namen Seros (s. d.) belegt, weil sich 
an dessen Miinde der serische oder sinische Handel 
concentriert hatte. Der Name C. lasst sich ent- 
weder als eine Verstummelung von skr. KambSga, 
40 Kamb6ga etwa fur Cambages (vgl. Cantaba fur 
Sandabages!) auffassen oder wir haben an den 
Volksnamen Camari (s. Camarini Nr. 1) d. i. 
Khmer zu denken. [Tomaschek.] 

Cambes (Cambete), Ort im Gebiet der Rau- 
raci, 12 Millien nOrdlich von Augusta Rauracum, 
das heutige Kembs im Ober-Elsass, Itin. Ant. 354 
(Cambete). 386 (Cambatem und Cambate). Tab. 
Peut. (Cambete). Glfick Kelt. Namen 34. Hol- 
der Altcelt. Sprachschatz s. v. Desjardins Table 
50 de Peut. 11. Longnon Ge'ogr. de la Gaule 138. 

[Ihm.] 

Cambidannm s. Cambodunum Nr. 1. 

Cambioricenses , Volk in Aquitanien, viel- 
leicht in der Gegend des heutigen Chambon (dep. 
Creuse), Tab. Peut. Desjardins (Table de Peut. 
5) vermutet Identitat mit den Cambolectri Aqui- 
taniens. Deloche Mem. pre's. par divers savants 
2. se'r. t. IV 432f. Holder Alteelt. Sprachschatz 
s. v. Nach Gliick (Kelt. Namen 34) lautet der 
60 Name richtiger Cambovicenses von Cambovieus 
d. h. eurvus vieus. [Ihm.] 

Cambo. Eine in Imflingen bei Landau ge- 
fundene Inschrift (Brambach CIRh. 1813) lautet 
Deo Mercurio Cambo Iusti v. s. I. I. m. Cambo, 
Sohn des Iustus, ist Name des Dedicanten, nicht 
Cambus Beiname des Mercurius, wie Steuding 
Roschers Lex. I 846 annahm. (Thm.] 

Cambodunum. 1) Stadt in Vindelicien, das 



1427 



Cambolectri 



Cameria 



1428 



heutige Kempten. Strab. IV 206 xal orEau'covee 

8e z(ov OvivSeXixwv slot xal BQiyavrioi , xal no- 
Isis avT&v Bgiydvnov xal Ka/ifiodovvov (Kavdo- 
fiovtov die Hss.). Ptol. II 12, 4 (KafifSodovvov). 
Ferner erwahnt im Itin. Ant. 237. 250. 258 (Cam- 
boduno ist die richtige Lesart, niclit Carrvpoduno, 
s. Gliick Kelt. Namen 34). Tab. Peut. Cambo- 
duno. Not. dign occ. XXXV (Eaetia) 8. 19 Cam- 
bidano. CIL III 5987 a Cambfbduno) m. p. XI. 



a. a. 0. Iuven. Ill lOf. Sulpic. 67f. Serv. Aen. 
I 8; vgl. Ovid. met. XV 482; fast, m 275). Noch 
im J. 136 n. Chr. erinnerte ein vicus Camenamm- 
in der ersten Begion (CIL VI 975) an die einstige 
Bedeutung des Ortes, der heilige Bezirk selbst 
aber war zu geschaftlichen Zwecken an jttdische 
Wechsler verpachtet (Iuven. a. a. 0.). Durch die 
unter dem Einfluss der griechischen Litteratur 
und dem Eindringen des Musendienstes erfolgte- 



Momms en CIL IH p. 709. 737. Holder Altcelt. 10 Gleichsetzung der C. mit den Musen, die gefOrderfc 



Sprachschatz s. Gambodunon. Bacmeister Kel- 
tische Briefe 104f. [Bam.] 

2) Stadt der Briganten in Britannien, "nach 
dem Itin. Ant. an der rCmischen Strasse von Deva 
nach Eburacum (468, 6; Geogr. Eav. 431, 10 Ca- 
muloduno), nach Ptolem. II 6, 10 Ka/iovlodovrov 
(so die besten Hss.) unweit Eburacum, wahrschein- 
lich Slack bei Stainland, wo einige Soldatenin- 
schriften (CIL VII 199. 201. 202) und Uberreste 



wurde durch den leicliten tfbergang von Gottinen 
der Quellen zu solchen der Weissagung und des 
Gesanges, wurde das urspriingliche Wesen der 
romischen C. verdunkelt und ihr Kult so vollig 
verdrangt, dass keine Inschrift von ihrer Ver- 
ehrung Kunde giebt, denn die Widmung Oranno 
(et) Camenis (CIEh 484) gilt Apollo und den 
Musen (Wissowain Boschers Mytholog. W6rter- 
buch 1 847). Schon Livius Andronicus und Naevius 



eines romischen Castells gefunden wurden (CIL 20 (Gell. XVHI 9. 1 24) verwenden die C. in der Weise 



VH p. 54). [Hlibner.] 

Cambolectri.. 1) Volk in Narbonensis, Plin. 
n. h. Ill 36 Cambolectri qui Atlantici cogno- 
mmantur. 

2) Volk in Aquitanica, Plin. n. h. IV 108 Sm- 
nates Cambolectri Agesinates. Man hat gemeint, 
diese C. seien durch den Zusatz Agesinates (s. d.) 
von den C. Atlantici unterschieden. H e r z o g 
Gallia Narb. 92. 129. [Ihrn.] 

Cambonum , mutatio , 
Hieros. 555 im Gebiet deT Vocontier, 39 Millien 
westlich von Vapincum (Gap); etwa in der Ge- 
gend des heutigen Slv Pierre d'Argenson, Herzog 
Gallia Narb. 145. [Ihrn.] 

Camboricum , Ort im Ostlichen Britannien, 
Station deT romischen Strasse von Londinium nach 
Lindum im Gebiet der Icener (Itin. Ant. 474, 7 
Gamberito die schlechte tlberlieferung , die aber 
von den Keltologen vorgezogen wird), seine Lage 
entspricht nach den Entfernungen dem heutigen 40 
Cambridge (vgl. CIL VII p. 35), dessen Name 
daraus entstand. Ob sich darauf bezieht die alt- 
brittische Miinze mit den Aufschriften . . . duro 
und Cam (bei Evans Coins of the ancient Bri- 
tons 390 Taf. XV 14) ist zweifelhaft. ^ [Hiibner.] 

Cambunii montes s. Kaftfiovvia Sgtj. 

Cam by si s fornm s. Kapfivoov rafttsTa. 

Cameliomagus s. Comillomagus. 

Camenae, rOmische Gettinnen, die vor der 



wie die griechischen Dichter die Musen. Aus der 
griechischen Auffassung erklart es sich, wenn die 
oben erwahnte aedicula aenea durch M. FuMus 
Nobilior in den von ihrn zwischen 189 und 179 er- 
bauten Tempel des Hercules Musarum ubergefuhrt. 
wird (Serv. a. a. O.), wenn der Dichter Accius 
in einer aedes Gamenarum von unbekannter Lage 
seine Portratstatue in LebensgrOsse aufstellt (Plin. 
n. h. XXXIV 19) und wenn die Alten C, woftir 
verzeichnet im Itin. 30 es eine altere Form Casmena und Carmena geben 
sollte, etymologisch mit carmen und canere in 
Verbindung bringen (Serv. Eel. HI 59. VLT 2. 
Macr. comm. LI 3, 4. Fest. ep. p. 43. 67; vgl. 
Jordan Krit. Beitr. 131f.). Eine abweichende 
Deutung der C. als eastae mentis praesides findet 
sich bei Fest. ep. p. 43. Camena, quae canere 
(sc. doeeat) als Gottin der Indigitamenta bei Aug. 
c. d. IV 11. [Aust.] 

Camenarum yallis s. Egeriae vallis. 

Camenius. 1) Caeionius Iulianus Camenius 
s. Ceionius. 

2) Alfenius Caeionius Iulianus Camenius s. 
Ceionius. 

Cainerata, in Numidien; eine Station Fons 
Gamerata verzeichnet die Tab. Peut. zwischen 
Milev und Cuicul; vgl. Tissot Geographic com- 
paree de l'Afrique II 408. [Dessau.] 

Cameria oder (bei Tacit, and Plin. a. a. O.) 
Camerium (Kaficgla Dion., Ka/iagia Plut. ; Einw. 



Porta Cauena in einem links von der Via Appia 50 Camerinus . KaueoTvos), Stadt in Latium, an 

r TT • , ..., ti m._ 1-if.j* t>- t_V__ __i_i:.l._ n. !__:.' „_ All.-! 1T\:^A^ TTTT 5 



gelegenen Haine (vgl.BecfcerTop.513ff. Eichter 
in Iw. Mullers Handbuch III 884) zusammen 
mit Egeria verehrt wurden; hier opferte man 
ihnen Wasser und Milch (Serv. Eel. VII 21); 
hier schopften aus einer Quelle die Vestalischen 
Jungfrauen das zur Besprengung ihres Tempels 
notige Wasser (Plut. Num. 13; vgl. Vitruv. VLTI 
3, 1); alle diese Punkte lassen in den C. Quell- 
nymphen erkennen, eine Bedeutung, die auch dem 



gebliche Colonie von Alba Longa (Diodor. VH 5 T 
10 = Euseb. I 287 Schoene. Origo Gentis Bo- 
manae 17), sfters erwahnt in der KOnigszeit (Liv. 
I 38. Plut. Eom. 33. Dionys. II 50. in 51), 
zerstSrt von dem Consul Verginius 502 v. Chr. 
(Dionys. V 21. 40. 49) und seitdem wiist (Plin. 
ni 68). Uber die Lage ist nui aus Dionys. V 
49 zu entnehmen, dass C. etwa 8 Stunden von 
Eom entfernt lag; aus dem Verhaltnis, in dem 



Bewusstsein der spateren Zeit nicht ganz ent- 60 es mit Fidenae Ficulea Crustumerium Nomentum 



schwindet (Varro bei Serv. a. a. O. Tertull. adv. 
Marcion. I 13). Die Wesensverwandtschaft mit 
Egeria, die in der gemeinsamen Kultstatte zum 
Ausdruck kam, gab den Anlass, die C. in den 
umNuma und Egeria gebildeten Sagenkreis hinein- 
zuziehen. Auf den Eat seiner Freundin weihte 
Nnma den C. den oben erwahnten Hain mit seiner 
Quelle und eine aedicula aenea (Liv. I 21, 3. Plut. 



erscheint, diirfen wir auf Lage zwischen Tiber, 
Anio und Sabinergebirge schliessen. Den ager 
optumus atque pidcherrimtts der Camerini ruhmt 
Cato bei Festus 234 M. Gewohnlich setzt man 
es beim heutigen Palombara an, ohne zwingende 
Grunde: noch viel unwahrscheinlicher ist Nib- 
by s Ansetzung im Aniothal zwischen Tivoli und 
Vicovaro. Aus C. stammte, nach Tacit, ann. XI 



1429 



Oamerinum 



Camilla 



1430 






24 , die Gens Coruncania. Cber das Cognomen 
Camerinus der Sulpicier vgl. Momms en Eom. 
Forsch. 1 292. Vgl. Nibby Dintorni diRoma 1 353 
— 358. Bormann Altlatinische Chorographie 257. 
260. Mommsen Hermes XVII 43. [Hrilsen.] 

Camerinum {KafiEQxrj Strab., Kafiegia Appian., 
Ka/iagTvov oder Ka/asglvov Ptol. ; Einw. Gamertes, 
nur spat und uncorrect Camerini, s. u., Ka/MxQT- 
voi Plut. Mar. 28), Stadt im umbrischen Appen- 
nin, an den Quellen des Flusor (Chienti), jetzt 
Camerino. Die Camertes werden zuerst im Jahr 
310 v. Chr. erwahnt (Liv. IX 36, 8. Frontin. 
strateg. I 2, 2) als Bundesgenossen der Eomer 
gegen die Etrusker. Ob der nach Polyb. II 19, 
5 kurz vor der Schlacht bei Sentinum 296 er- 
wahnte Zusammenstoss zwischen Romern und Sem- 
nonen h> xrj Ka/tegrimv x^Qt m ^ e legend von 
C. odeT von Clusium zu versetzen sei, ist streitig, 
doch letzteres wahrscheinlicher (s. Camars). Im 
J. 205 stellten die Camertes eine Cohorte von 600 
Mann far das Heer des Scipio (Liv. XXVIII 45, 20. 
Sil. Ital. IV 157. VHI 461). In spatereT repu- 
blicanischer Zeit erscheinen die Camertes als ab- 
hangige Gemeinde mit foedus aequum (Liv. XXVIII 
45, 20. Cic. pro Balbo 47. 48. 50; vgl. Momm- 
sen St.-E. HI 664. 665; Septimius Severus er- 
neuerte das ius aequi foederis im J. 210, CIL 
XI 5631 = Orelli 920). Im Heere des Marius 
kampften zwei Cohorten der Camertes mit Aus- 
zeichnung (Cic. pro Balbo 46. Val. Max. V 2, 8. 
Plut. Mar. 28). Dass der ager Gamers stark von 
der catilinarischen VerschwOrung inficiert gewesen 
sei, erwahnt Cicero pro Sulla 53 (vgl. Sallust. 
Catil. 27). Ofter genannt wird C. in den Bflr- 
gerkriegen zwischen Caesar und Pompeius (Caes, 
b. c. I 15. Cic. ad Att. VIII 12 B) sowie im 
perusinischen Kriege (Appian b. c. V 50). In der 
Kaiserzeit war es Municipium (CIL XI 5632. 
5635), obwohl es im Liber coloniarum 240, 7. 
256, 16. 257, 9 {ager Camerinus) unter den Co- 
lonien aufgefuhrt wird. Die Tribus war die Cor- 
nelia (Kubitschek Imp. Eom. trib. discr. 70). 
Erwahnt wird C. von den Geographen Strab. V 
227. Plin. HI 113. Ptolem. Ill 1, 46; ferner 
gelegentlich bei Apicius I 3. Inschriftlich CIL 
IX 5362 (ordo Camertium). Not. degli scavi 
1885, 69 (Praetorianerliste von 147 n. Chr.). Ende 
des 5. Jhdts. war C. Bischofssitz : ein episeopus 
Camerinus erscheint auf der romischen Synode 
vom J. 465 (Thiel Epist. pontif. I 159f.j , ein 
Cameritanus auf der von 501 (Cassiodor. var. 
ed. Mommsen 435, 53). Lateinische Inschriften aus 
C. CIL XI 5628—5641. VgL Santoni Storia 
di Camerino, Camer. 1864. Conti Camerino e 
i suoi dintorni, Camer. 1872. [Hiilsen.] 

Camerinus. 1) Besang vor Ovids Verbannung 
das Schicksal Troias von Hektors Tode an (Ovid, 
ex Pont. TV 16, 19). Identisch mit Q. Sulpicius C. 
dem Consul des J. 762 = 9 n. Chr.? Teuffei 
R. L.-G.5 252, 8. [Skutsch.] 

2) s. Pomponius, Scribonianus, Sulpi- 
cius. 

3) Camerinus , Cognomen folgender Consuln 
der Kaiserzeit: 

a) Q. Sulpicius Camerinus, cos. ord. 9 n. Chr. 
mit C. Poppaeus Sabinus. 

b) Q. Sulpicius Camerinus Peticus , cos. suff. 
46 n. Chr. mit M. Iunius Silanus. 



c) C. Pomponius Camerinus, cos. ord. 138 n. Chr- 
mit T. Iunius Niger (vgl. Canus Nr. 3). 

[Groag.] 

Camers s. Camars und Camerinum. 

Cametae, Station der Strasse Viminaciuro 
(Kostolac) — Naissus (Nis) in Moesia superior (Itiri- 
Hieros. 564: mutatio Cametas), nach F. Kanitz. 
EOm. Studien in Serbien 73 und Kiepert For- 
mae orbis antiqui XVH jetzt Eazanj , nordwest- 
lOlich von Aleksinac in Serbien. Vgl. K. Jirecek. 
Die Heerstrasse von Belgrad nach Konstantinopel 
und die Balkanpasse 159. Ch. Hiilsen Arch.- 
epigr. Mitt. XII 181. [Patsch.J 

Cameza, Ort in Parthia, neben Modovastica. 
und Pyctis, Geogr. Eav. p. 44, 10 ; erinnert zwar 
an die parthische Landschaft Komisene, pers. 
Kumis, arab. Qiimis, armen. Koms oder Kosm;. 
lautgerechter liegt jedoch eine Form wie Qamez 
zu Grunde, etwa von apers. kdrna ,Begehr'; doch 
20 lasst sich nur eine Station Kalmez zwischen Yezct 
und Tebes nachweisen. [Tomaschek.] 

Camicetense (oppidum), Ort in Africa (var- 
Gamacetens.), dessen donatistischer Bischof im 
J. 393 erwahnt wird (Aug. enarr. in psalm. XXXVI 
2, 20, in Aug. opp. ed. Migne IV 380 = Man si 
Act. concil. Ill 847). [Dessau.] 

Camilla, eine der altesten Landtribus, nocb 
mit gentilicischer Namensform (gens Camilia). 
Ihr urspriingliches Territorium hat sich bisher 
30 nicht nachweisen lassen. Ob daraus, dass nach- 
mals das dem alten ager Romanus so nahe ge- 
legehe Gebiet von Tibur in die C. eingeschrieben 
wurde, beilaufig auf seine Lage geschlossen werden 
darf, bleibe dahingestellt. In die C. wurde die 
184 v. Chr. gegrundete Colonie Pisaurum, dann 
infolge des Bundesgenossenkrieges Alba Pompeia, 
Lupiae, Eavenna und Tibur aufgenommen ; ausser- 
dem gehOrten zu ihr Suasa, Augusta Bagiennorum 
und Atria, von denen ersteres vom Gebiet PiBau- 
40 rums abgetrennt worden sein mag, wahrend die 
beiden anderen vielleicht, bevor sie r&misches Ge- 
meindestatut erhielten, Alba Pompeia und Ea- 
venna attribuiert gewesen waren. Ausserhalh 
Italiens ist keine Gemeinde nachweisbar, die in 
die C. gerechnet worden ware. Nebenformen von 
Camilia (CIL VI 2890. VII 188. Brambach 
492) sind KafuXXia Ephem. epigr. IV p. 220 (vgl. 
Camill. CIL IX 27 add. p. 652 und Pais Suppl. 
Ital. 182 = Arch.-epigr. Mitt. VI 79) und KafiEkXla 
50 Ancient greek inscr. of the british Museum IH 
405. Das ubliche Compendium ist Cam., selten 
erscheint Camil. (CIL V 51. 7723. VI 15268. 
VIH 2533). [Kubitschek.] 

Camillas. [C.J Iulius Camilius Qal[erius 
Aspjer C . . . . cius s. Iulius. 

Camilla. 1) Tochter des Konigs Metabus und 
der Casmilla aus der volskischen Stadt Priver- 
num, bei der Flucht des Vaters, der von den Vols- 
kern vertrieben war, wunderbar gerettet, der 
60 Diana geweiht (camilia = Opferdienerin, vgl. Serv. 
Aen. XI 543) und von einer Stute gesaugt, wachst 
als jagdlustige, tapfere Jungfrau auf, Verg. Aen. 
XI 535f., zieht in den Krieg, der zwischen Aeneas 
und Tumus sich entsponnen, Aen. VII 803ff., ver- 
richtet in der Schlacht gewaltige Thaten und 
wird von Aruns getotet, Aen. XI 648ff., der dann 
auf Befehl der Diana dem Pfeil ihrer Begleiteriu 
Opis erliegt. Schon den Alten fiel die grosse 



1431 



Camillius 



Camillus 



1432 



Ahnlichkeit dieser Sage mit dem dem Vergil wohl- mit Fransen besetztes Tuch, das ricinium (s. d.), 
bekannten (Aen. I 316ff. XI 675) Mythos von in der Hand die aeerra (vgl. Sueton. Tib. 44) 
Harpalyke (s. d.) und ihrem Vater auf (Serv. Aen. und das praefericulum (s. diese Worte). C. in 

I 817. Hyg. fab. 252), und es ist wahrscheinlich, Opferscenen z. B. Mon. d.' Inst. VI 13. XI 36, 
dass sie von Vergil, bei dem sie sich allein flndet, 3. Clarac 218, 724; in einer Procession: Mon. 
jenem nachgebildet worden ist, vgl. Crusius in d. Inst. XI 34—35, 3 und 4; in Hochzeitsdar- 
Koschers Lexikon d. Mythol. I 1836. 1842. Die stellungen: Mon. IV 9 u. 6. S. Rossbach Rom. 
Gestalt der Penthesileia , auf welche nach dem Hochzeits- und Ehedenkmaler. Statuarische Dar- 
Vorgang anderer A. Rdbelliau (De Vergilio in stellung: Bronze im capitolinischen Museum, 
informandis muliebribus quae sunt in Aeneide per-lOHelbig nr. 601. Friederichs-Wolters nr. 
sonis inventore, Paris 1892, 101) hinweist, bietet 1561, abgebildet u. a. in Baumeisters Denk- 
weniger Vergleichungspunkte , scheint aber auch malern II 1108 (die Deutung ist durch die tiber- 
dem Vergil bei der Erfindung der C. vorgeschwebt einstimmung mit den camilli in den Opferscenen 
zu haben, s. Aen. XI 662. R. Ehwald Philol. der Reliefs gesichert). 

LIU 544. [0. Rossbach.] Unsicher ist der Ursprung des Wortes camil- 

2) S. Arruntius Nr. 28 und Livius. lus. Varro und die aus ihm schOpfenden Schrift- 

Camillius. M. Camillius Surdpnus ?] , im steller bringen dasselbe mit dem Namen des 

J. 64 n. Chr. in ein Priestercollegium aufgenom- Hermes, Casmilus (Varro de 1. 1. VII 34) oder 

men, CIL VI 2002. [Groag.] KadutXog (Plut. Numa 7) in Verbindung, unter 

Camillas. 1) Camillus, Camilla ist ursprung- 20 dem dieser als Gotterdiener in Samothrake verehrt 

lich eine Bezeichnung fur alle freigeborenen Kinder. wurde (s. Casmilus und Kadrnilos), oder, da 
Fest. epit. p. 93, 3 alii dicunt omnes pueros ab man die tyrrhenischen Pelasger in Samothrake 
antiquis eamillos appellatos, sieut habetur in mit den italischen Etruskern identificierte , mit 
antique carmine, cum pater filio de agrieul- dem angeblich etruskischen Namen des GCtter- 
tura praeeiperet: ,Hiberno pulvere verno Into dieners Mercur, C. (Serv. Aen. XI 558. Statius 
grandia farra, eamiUe, metes 1 (derselbe Vers bei Tullianus bei Macrob. Ill 8, 6 und Interpol. Serv. 

Macrob. V 20, 18 und Interp. Serv. Georg. 1 101). Aen. XI 543). Dionys. II 22 (ebenfalls nach Varro) 
Fest. epit. p. 43, 13. Interp. Serv. a. a. O. Corp. setzt camilli — xdd/idoi, den dienenden Priestern 

gloss, lat. V 618, 4. Spater erhielt sich der bei den Etruskern und Pelasgern. Vgl. O. Miiller- 
Name nur im sacralen Gebrauche und bezeichnete 30 Deecke Etrusker II 70ff. Neuerdings ist der Zu- 
die jugendlichen Diener gewisser Priester, die sammenhangvonifa^UoffundC.verteidigtworden 

diesen — falls sie nicht eigene Kinder haben, von Berger Me"moires de la soeie'te' de Lingui- 

die diesen Dienst versehen (Dion. II 22) — beim stique de Paris 1886, 140ff.) und von Keller 

Opfer assistieren. Sie mussen freigeboren (Fest. (Lat. Volksetymologie 241), die annehmen, nach 

epit. p. 9b, 2), impuberes (Serv. Aen. XI 558. Dion, dem Namen des dienenden Kabiren KadfuXog seien 

II 22; investes — impuberes Macr. Ill 8, 7 = die ministrierenden Knaben in den samothraki- 
Interp. Serv. Aen. XI 543) sowie patrimi et ma- schen Mysterien xad/Mw oder naauXXoi genannt 
trimi sein, d. h. beide Eltern am Leben haben worden. Das Institut dieser xabutXoi sei nach 
(Fest. epit. a. a. 0.; vgl. Patrimi et matrimi Etrurien und von da nach Rom gekommen. Hier 
und 'A/iyidaXetg). Als rwbiles bezeichnet die 40 soil dann aus cadmilus, casmilus, camilus die 
camilli Macrobius a. a. 0., patricische Abkunft Diminutivform camillus entstanden sein, oder, 
kann indes fur dieselben nur so lange Erfordernis wie Berger im Anschluss an Ha vet vorschlagt, 
gewesen sein, als sie fur die Priester selbst notig aus cadmilus wurde casmilus, daraus casmillus 
war, d. h. bis zur lex Ogulnia des J. 300. Aus- und camillus. Widerlegt wird diese Ansicht da- 
driicklich erwahnt werden camilli und camillae durch, dass camillus, wie oben dargelegt, ur- 
nur vom Flamen Dialis und der Flaminica (Fest. sprunglich jeden freigeborenen Knaben bezeich- 
«pit. p. 93. Macrob. Ill 8, 7 = Interpol. Serv. Aen. net. Derselbe Grund spricht auch gegen die von 
XI 543. Plut. Num. 7) sowie von den Curionen Schweizer-Sidler (Zeitschrift f. vgl. Sprach- 
(Dionys. II 22), doch darf man wohl annehmen, forschungl 512) vorgeschlageneAbleitungvondem 
dass auch andern Priestern derartige jugendliche 50 in carmen vorliegenden Stamme, die ubrigens, 
Opfergehulfen beigegeben waren. Die in den wie Mercklin Zeitschrift fur Altertumswissen- 
Arvalacten vorkommenden pueri ingenui patrimi schaft 1854, 117 richtig bemerkt, nicht einmal 
«t matrimi sind jedoch keine camilli (s. Bd, H fur die priesterlichen camilli passt, da diese nir- 
S. 1471). Ausser als Diener der Priester beim gends als singend oder sprechend erscheinen. Von 
Opfer fungiert ein C. noch bei der Hochzeits- der Wurzel cos, erzeugen (s. Legerlotz Zeit- 
ceremonie, bei welcher er das eumerum (s. d.) schrift f. vgl. Sprachforschung VII 237) leitet 
tragt (Varro de 1. 1. VII 34). Vgl. Rossbach Zeyss (ebd. XIX 186) das Wort ab, was zu der 
Rem. Ehe 317 — 323. Grundbedeutung von camillus passen wurde. Be- 

In erweiterter Bedeutung gleich Dienerin iiber- zeugt ist die vorausgesetzte Form casmilus ubrigens 
haupt braucht das "Wort Camilla Pacuvius im 60 nicht, denn bei Fest. epit. p. 63, 12 (sacrorum 

Medus frg. XHI Ribbeck (Varro de 1. 1. VII 34. ministrum xdofulov appellant) grfindet sich die- 

Macrob. m 8, 7. Interpol. Serv. Aen. XI 543; selbe, wie aus der Sehreibung mit griechischen 

vgL Ribbeck Rom. Tragcdie 322). Bachstaben hervorgeht, offenbar nur auf die Iden- 

Die Tracht der camilli ist aus zahlreichen tificierung des Wortes C. mit dem Namen des 

Darstellungen auf rOmischen Reliefs bekannt ; sie Gottes Casmilus (s. d.). Vgl. noch Daremberg- 

erscheinen in der Regel in kurzer, gegurteter Saglio I 858. Marquardt Rem. Staatsver- 

Armeltunica, welche die Beine freilasst ; auf einer waltung III 227ff. Mercklin a. a. O. 99ff. 
oder beiden Schultern tragen sie bisweilen ein 2) Camillus (oder camillum) ist nach Fest 



1433 



Caminacum 



Campania 



1434 



epit. p. 63, 12 = eumerum (s. d.). S. Rossbach 
Rem. Ehe 320, der camella (Ovid. fast. IV 779) 
vergleicht. _ [Samter.] 

B) Statthalter einer Provinz, etwa zur Zeit 
des Tiberius (CIL IX 2335). Wohl ein Furius 
Camillus. 

4) s. Arruntius Nr. 14, Furius, Ovinius. 

5) Camillus, Cognomen folgender Consuln der 
Kaiserzeit : 



erwahnter Schuh, hier als Schuh des Kaisers |<j. 
regius); beschrieben als patricische Tracht lo. 
Lyd. de mag. I 17: vaoStjfta /.liXav, vnoaopHaXov, 
8C SXov yvfi-vor, (Soa^st tivi dvaatrjfiaxi xr\v nxiavr)V r 
in axgov di tovg daxzvXovg zov jiodog avaq>lyy(ov r 
i/idrxcov ixaxegco&ev av&vimvxd>vxcov aXXijXon xa.1 
Scadea/iovvrcor xov itoda, Sots @Qa%v Xtav sx xe 
daxtvXmv HfiJiQoo&Ev xal i^ojiw&sv 8iaq>alvEO#aL 
to vjzd8t]f J ia, oXov Ss xov jxoda xfj jtsQtoxsXlSi 3«x-- 



a) M. Furius Camillus, cos. ord. 8 n. Chr. mit 10 Xd/Mneiv. Also mehr Sandale als Schuh, nur Zehen 



Sex. Nonius Quinctilianus 

b) L. Arruntius Camillus Scribonianus, cos. 
ord. 32 n. Chr. mit Cn. Domitius Ahenobarbus. 

[Groag.] 

Caminacum, eine der filnf Stadte zwischen 
Marib und Negran, die Gallus in Siidarabien nach 
Plin. VI 160 zerstOrt hat Zu den funf Stiidten 
gehOrt auch Nesca (= NaSqm der sabaeischen In- 
schriften). Es ist, wie Sprenger (Alte Geogr. 



und Ferse bedeckend und auf dem Fussblatt mit- 
sich kreuzenden Riemen befestigt. Campagi mili- 
tares Ed. Diocl. LX 11. Saglio im Diet. d. Ant. 
vergleicht die Schuhe des Iustinian und seines Ge- 
folges auf dem Mosaik von S. Vitale in Ravenna^ 
doch stimmen dieselben, sowie auch die des Theo- 
dosius auf dem Silberschild von Madrid (Hilbner 
Ant. Bildw. in Madrid 213) nicht recht zu obige'r 
Beschreibung. Noch weniger die dort gleichfalls- 



243) ausgesprochen, mit Kamna identisch, welches 20 angeftihrten Schuhe auf dem Diptychon von Monza. 



bei Hamdani (Geogr. Arabiens 167, 13) neben 
Rauthan mit dem Zusatze erwahnt wird, dass 
beide den Nasq gehCren. Auch auf sabaeischen 
Inschriften kommt Kamnahu vor, und in der 
That flndet sich auf einer Inschrift von al Baidha 
(der heutige Namen von Nasq) ein Konig von 
Kamna erwahnt. Auch in KamnS selbst sind 
Inschriften und Konigsnamen gefunden worden. 
Vgl. D. H. Miiller Burgen und SchlSsser SM 



(Gori Thes. dipt. II 7). Daremberg-Saglio 
Diet. d. Ant. I 862. Blumner Maximaltarif 127. 

[Mau.] 
Campana Tia. 1) Landstrasse in der Nahe- 
von Rom, am rechten Tiberufer nach dem Cam- 
pus Salinarum (s. d.) fuhrend. Von SchriftsteUern 
erwahnt sie nur Sueton Aug. 94 gelegentlich eines- 
Prodigiums, das fiber die OrtHchkeit keinen Auf- 
schluss giebt; gesichert wird letztere durch In- 



arabiens II 52—53 = S.-Ber. der Kais. Akad. 30 schriften, namentlich die Arvalacten (zum J. 224 



d. Wiss. XCVH 1004f. [D. H. Miiller^ 

Camiorica s. Camulorica. 

Camisia, das leinene Hemd, kommt nicht vor 
dem 4. Jhdt. vor, Hieron. ep. 64. Augustin. serm. 
37, 6. Isid. or. XIX 22, 29, der das Wort irr- 
tflmlich von cama, Bett, ableitet, weil man in 
der C. schlief. Es ist viehnehr germanischen 
Ursprunges und durch keltische Vermittlung zu 
den ROmern gekommen, Korting Lat.-roman. 



CIL VI 2107, 3. 14, Alex. B CIL VI 2110,8) 
und den Grenzstein CIL VI 29 772, welcher 1837 
zwei Miglien vor Porta Portcse am Tiberufer ge- 
funden ist. Die Strasse ging ohne Zweifel im 
Thale am Tiber entlang; in der Kaiserzeit scheint 
sie, seitdem die Via Portuensis in directerem Laufe 
fiber die Hugel gefuhrt war, weniger benfitzt zu 
sein. Administrativ pflegte sie mit der Via Ostien- 
.sis zusammengelegt zu werden {curator viarwm 



WOrterbuch s. v. Bei Festus ep. 311, 4 fugt 40 Ostiensis et Campanae CIL VI 1610; procurator 

T> "" 1 '" T '-" 11 — L — '- "- : — Aug. viarum Ostiensis et Campanae CIL X 1795 ; 

vgl. Hirschfeld Verw.-Gesch. 1 122. Mommsen 
St.-R. 113 1077). Die constantinische Regions- 
beschreibung fuhrt die v. C. im ersten Anhang 
(Jordan Top. II 570) zwischen der Aurelia und 
der Ostiensis auf. Vgl. Biondi Atti dell' Accad. 
pontificia LX 473—500. Hen z en Scavi nel bosco 
degli Arvali VI. 107. Hue Is en Not. d. scavi 
1888, 229. 

2) Ira Faliskergebiet, in campo Corneto, einer 
todbringenden Quelle wegen erwahnt von Vitruv 
VIII 3, 17. 

3) Im Gebiet von Amiternum, Inschrift von 
Coppito, CIL IX 4321 = I 1291 (Hits actusque 
est in koce delubrum Feroniai ex hoce loco in 
via(m) poplieam Campatiam). [Hulsen.] 

Campania (Kafixavfa). 1) Der Landesname 
ist eine junge Bildung, die sich zuerst bei grie- 
chischen Autoren findet (Sky lax 10; Polybios und 



Paulus es als Erklarung von subucula hinzu. 

[Mau.] 

Camistrum, Station der Donaunferstrasse in 
Moesia inferior, westlich von Oescus-Gigen (Tab. 
Peut. Camistro) unweit der Einmundung der Ci- 
brica-Ciabrus in die Donau, etwa beim heutigen 
Dorfe Koduslui in Bulgarien. Identisch mit Ce- 
brus ? Kiepert Formae orbis antiqui XVH. 
Mommsen CIL HI p. 1020. [Patsch.] 

Cammilis. L. Cammiufs] Sccundifnus], 50 
p(rimus) pfilus) , praef(eetus) legfionis) X . . ., 
procurator) Aug(usti) von Noricum, CIL III 5328. 
Freund des M. Gavins Maximus, dem er die ge- 
nannte Inschrift setzt. Er gehOrt daher der Zeit 
des Antoninus Pius an. [Stein.] 

Cainonins. Camonius Rufus aus Bononia, 
Freund Martials. starb in Kappadokien im Alter 
von 20 Jahren, Mart. VI 85. IX 74. 76. Vgl. 
Friedlanders Anm. zu VI 85. [Groag.] 



Campagones,hispanische,wahrscheinlichastu- 60 Diodor vermeiden denselben giinzlich); im Latei- 



rische Volkerschaft, nur bekannt durch die Ala I 
Hispanorum Campagonum (s. Bd. I S. 1236), 
die in dem Militardiplom vom J. 157 (CIL III 
Dipl. X) und verschiedenen Inschriften aus Dacien 
i CIL ffl 1193. 1342. 1343. 1377. 1378. 1380) 
und Rom (CIL VI 3238 Campaconum) genannt 
wird. Ihre Wohnsitze sind unbekannt. [Hubner.] 
Campagus, ein zuerst Hist. Aug. Maxim. 28, 8 



nischen hat ihn zuerst Varro (r. r. I 10, 1. 20, 
4. II 6, 5), dann, aber noch sehr selten, Livius 
(II 52, 1. Vn 11, 3. IX 38, 2. X 20, 1); erst seit 
Mitte des 1. nachchristlichen Jhdts. kommt er 
allgerneiner in Gebrauch (vgl. Mommsen CEL 
X p. 498).' Die alteren Schriftsteller dagegen 
sprechen von Campanus nge.r oder t« jtsSla xa. 
xaza Kaxvrjv (Poly fa. Ill 91, 2), d. h. dem Stadt- 



1435 



Campania 



Campania 



1436 



;gebiet/v«n Capua odex der Machtsphare Capuas, 
■einschliiwslich der Ton ihm abhangigen kleineren 
•Stadtefund zwar begreift Polybios unter obigem 
Namen die Kiiste von Sinuessa bis Nuceria Al- 
ifeStna, im Binnenland das Gebiet von Cales und 
Tferam an bis nach Nola, setzt also im Norden 
<Qen Liris, im Siiden die auf der Halbinsel von 
Sorrent (im Monte S. Angelo) endigenden Vor- 
"berge des samnitischen Appennins als Grenze. 



des mons Massicus gehOrten zu den gescbatzte- 
sten; auch im iibrigen C. war der Weinbau be- 
deutend (Plin. XIV 10. 34. 35. 69. 136. XVII 
25. XXni 45. Athen. I 26. 27). DeT Olbaum- 
cultur war nicht sowohl die Ebene, als die um- 
gebenden Berghange giinstig (Strab. V 242. Flor. 
I 16); Euf hatte das 01 von Venafrum (Horat. 
carm. II 6, 16). 

tTber die altesten Bewohner von C. lasst sich 



Darin folgen ihm von den Geograpben der Kaiser- 10 aus den Funden bis jetzt sehr wenig ermitteln ; 



zeit Plinius (III 56, vgl. XXXI 8) und Ptole 
tnaios (III 1, 6. 63). Die augustisehe Choro- 
graphie hingegen (s. n.) rechnete den Kiistenstrich 
zwischen den Mundungen des Liris und Volturnus 
noch zu Lativm adieetum. Wir fassen C. hier 
im alteTen Sinn tind verstehen darunter das im 
^Norden von den Aurunkerbergen, im Osten vom 
samnitischen Appennin, im Siiden von den ebenge- 
nannten Vorbergen eingeschlossene Gebiet, dessen 
Flacheninhalt ungefahr 2500 □km. betragt. 

Die innerhalb dieses Gebietes sich findenden 
Erhebungen sind teils, wie der Mons Massicus bei 
Sinuessa und der (mit seinem alten Namen nicht 
"bekannte) Monte Maggiore bei Cales (1037 m.), 
<lem Hauptzuge des Appennins entsprechendeKalk- 
"bildungen, teils, wie der Vulcan von Rocca Mon- 
flna bei Teanum (926 m.) und der Vesuv (s. d.), 
vulcanischen UrspTungs. An Teilnamen fur die 
vulcanischen Erhebungen bei Neapel sind iiber- 



Reste der Steinzeit sind, ausser auf Capri (s. u. 
Capreae) nur bei Sorrent (Lorenzoni Bull, di 
paletnologia italiana XIV 65- 75) beobachtet wor- 
den. Die Oberlieferung des Altertums bezeichnet 
die altesten Einwohner C.s als Osker (Onixoi, 
und demnach das Land auch 'Oaixia, so Thukyd. 
VI 4; vgl. unter Osci), rechnen sie also zu der 
grossen, die Westhalfte von Siiditalien einnehmen- 
den Volkerfamilie, als deren Glieder auf campa- 
20 nischem Boden auch die Aurunci (s. o. Bd. II S. 2554 
und Ausones ebd. 2561) und Sidicini (s. u.) er- 
scheinen. Der erste Punkt, an dem die Griechen 
mit den altesten Bewohnern C.s in Beruhrung 
traten, war ohne Zweifel Cumae (s. unter Kyme), 
wenn auch die Datierung der Colonie ins 11. Jhdt. 
jetzt wohl mit Recht allgemein aufgegeben ist; 
die Ansiedelung wird nicht alter sein als das 
8. Jhdt., gleichzeitig mit denjenigen auf Sicilien. 
An Kyme, die ,Palaepolis', schlossen sich andere 



liefert Gawrus mons (s. d.), Leuoogaei colles (s. d.) 30 Griindungen: Dikaiarchia (520), Neapolis, Pompei. 



-und Pansilypus mons; fur Vorberge des Monte 
S. Angelo Lactarius mons (s. d.). Von den Fliissen 
-entspringen die grdsseren (Liris Garigliano, Vol- 
turnus Volturno, Clanis) ausserhalb C.s im sam- 
nitischen, nur kleine, wie Sarnus Sebethus Savo, 
gehOren ganz dem Gebiet an. Fliessendes Wasser 
ist, wie schon Plinius (XVIII 110) bemerkt, in 
•der campanischen Ebene infolge der Durchlassig- 
keit des vulcanischen Bodens. selten. Von Seen 



In die Ebene des Volturnus aber und weiter ins 
Binnenland drang griechische Colonisation nicht 
vor; nach ubereinstimmender tfberlieferung des 
Altertums hatten im 6. und 5. Jhdt, v. Chr. die 
Etrusker ihre Macht auch iiber C. ausgedehnt, 
und daselbst einen Stadtebund aus zwolf Mit- 
gliedern begrundet (Polyb. II 17. Strab. V 242); 
ausdriicklich als etruskische Griindungen bezeich- 
net werden Capua und Nola. Wenn gegen diese 



sind der lams Avernus (o. Bd. II S. 2286) und 40 von den besten Autoritaten gestiitzte Nachricht 



-die Strandseen locus Luerinus, Acherusia pains 
(o. Bd. I S. 219), Interna palus bemerkenswert. 
Der Boden der campanischen Ebene, unter- 
^eeisch durch vulcanische Thatigkeit gebildet und 
dann gehoben, ist ausserst fruchtbar; als vorztig- 
lichster Teil gelten die Canipi Laborini (s. d.) 
■zwischen den Strassen Capua-Puteoli und Capua- 
Cumae (Plin. XVIII 111). Die aus dem verwit- 
terten Tuff entstandene lose scbwarzliche Erde 



neuerdings (nach Vorgang Niebuhrs R. G. I 4 
78—82, vgl. Abeken Mittelitalien 103f.) v. Duhn 
aus archaologischen Grunden, namlich den Grab- 
funden besonders von Capua und Snessula, Wi- 
derspruch erhoben und die Etruskerherrschaft in 
C. iiberhaupt in Zweifel gezogen hat, so fiihrt 
Be loch (Campanien2 443—446), ausser dem Ge- 
wicht der einstimmigen Tradition, dagegen zwei 
beachtenswerte Argumente an: 1) ist das oskische 



■(terra mtlla Cato de agric. 144. 160. Col. II 10. 50 Alphabet aus dem etruskischen, nicht direct aus 



Plin. XVII 25) gait als ideal fiir den Ackerbau 
(Cic. de lege agr. II 76. #erg. Georg. H 217ff. 
Strab. V 242), da sie leichter zu bearbeiten war 
als der schwere rOmische Boden (Cato 144. Varro 
r. r. I 20), und dabei drei, selbst vier Ernten 
gab (Plin. XVHI 111. 191,, Strab. V 242). Von 
den Producten war besonders beruhmt der Spelt 
(far, #« Varro r. r. I 2, 6. Plin. XVIII 82. llOff. 
Strab. a. a. O.). aus dem die alica (Bd. I S. 1478) 



iabriciert wurde; ferner Weizen (Plin. XVIII 86). 60 etruskischen 



dem chalkidischen von Kyme abgeleitet ; 2) fehlen 
in C. zwar etruskische Steininschriften, aber die 
in den letzten Jahren durch neue Funde vennehr- 
ten Graffiti auf Nolaner Vasen aus dem 4.-3. 
Jhdt. (Fabretti CI Ital. 2753-2755; primosuppl. 
517—520; terzo suppL 416. 417. Notizie degli 
scavi 1885, 322. R<5m. Mitt. 1887, 267) in einer 
jedenfalls nicht oskischen Sprache zeigen im 
Schriftcharakter die grOsste Ahnlicbkeit mit dem 



lessen Mehl mit pisanischem zusammen das beste 
Brot geben sollte, und Hirse (Plin. XVIII 100). 
Auch Gemuse und Obst (Strab. a. a. O. Plin. 
XV 94. 103. XIX 67) werden geruhmt; die 
Rosen, die in der Zeit der Brache auf den Fel- 
dern wuchsen (Plin. XILT 26. XVIII 111. XXI 
16. 17. 20), dienten der Parfumerieindustrie von 
-Capua (s. d.). Die Weine des ager Falernus und 



Die etruskische Herrschaft in C. fiel ein Men- 
schenalter nach der gTossen Kiederlage zur See 
gegen Cumae 474; um die Mitte des 5. Jhdts. 
brachen die samnitischen Bergstamme in die reiche 
Ebene ein und fanden bei den verweichlichten 
Bewohnern keinen energischen Widerstand. Im 
J. 443 fiel Capua in ihre Hande, 421 Kyme und 
vielleicht auch Dikaiarchia, zuletzt Neapolis. To 



1437 



"Campania , 



Campania 



1438 



idvos ta>v Kafmav&v avveaztj , berichtet Diodor. von Venafrum abwarts bis zu seiner grossen Bie- 
XTI 31 unter dem Archontat des Theodoros (438 gung nach Sudwesten ; dann die Vorfterge des 
"bezw. 445); die erobernden Bergsamniten ver- samnitischen Appennins bis zum MonteVergine 
■einigten sich mit den ihnen stammverwandten, bei Abellinum; letztere Stadt wird maflchmal 
bisher von Hellenen und Etruskern beherrschten zu C, manchmal zu Samnium gerechnet (s7^. I 
-oskischen Bewohnern. Nicht ein einheitlicher S. 28). Die Siidgrenze bildet der Seitenzng^es 
Staat, sondern eine Reihe von Gauverbanden ent- Appennins, welcher im Monte S. Angelo auf d% 
standen, jede Stadt unter einem meddix: der Halbinsel von Sorrent endigt; die "Westgrenzff 
Bund unter einem meddix tutious. Die fruher das Meer. 

auf diesem campanischen Stadtebund bezogenen 10 Die innerhalb dieses Gebietes liegenden Ort- 
Mflnzen mit KAIfflANOZ und KAMIIANOS schaften lassen sich am bequemsten nach den 
aber sind im 4. Jhdt. in Neapel (Imhoof-Blumer grossen Landstrassen (s. Mommsen CIL X p. 58 
Wiener numismat. Ztschr. 1886, 222f.) geschlagen —60) aufzahlen. Ausser den angefiihrten Autori- 
<Garrucci Monete d'ltalia 87. Berliner Miinz- taten ist durchweg die Tabula Peutingera-na zu 

tatalog HI 1, 70) und jedenfalls keine Bundes- vergleichen; die selbstiindigen Gemeinden (vgl. 

munzen, wenn auch ihre Stellung bisher nicht Plin. Ill 63f.) sind mit einem * bezeichnet. 
klar ist. Von der kriegstiichtigen Bev6lkerung I. Via Appia (Itin. Ant. 108f. 121f. Hierosolym. 

suchten viele als Seldner im Dienste der grie- 611. Geogr. Rav. IV 34 p. 277 P.) *Minturnae 
•chisehen Stadte und der sicilischen Tyrannen ihren -*Sinuessa— ad Pontem Campanum— Urbana— ad 
Erwerb (s. unter Mamertini); vielleicht ist der 20 octavum (nonum)-Casilinum — *Capua— Calatia— 

Name Ka/utavoi zuerst durch diese Soldnerscharen ad Novas. 

-den Griechen bekannt geworden (Polyb. I 7. 8), II. Via Latina (Itin. Ant. 303. 305. Geogr. 

und yon ihnen aus der ursprftnglichen Bedeutung Rav. IV 33 p. 275 P.): Ad Flexum— * Venafrum 

= Einwohner Capuas zut Gesamtbezeichnung der [dazu direkter Weg ad Flexum — ad Rufras— *Te- 

Landesbewohner erweitert worden. Selbstandig anum]— *Teanum Sidicinum--*Cales — Casilinnm. 
blieben die Campaner bis in die Mitte des 4. Jhdts., III. Via Domitia (Itin. Ant. 122. 123. Geogr! 

nach dem ersten Samnitenkrieg schloss sich Capua Rav. IV 32 p. 265 P. V 2 p. 333 P.) *Sinuessa 

an Rom an (338); der ager Falernus ward 318 an ad Savonem— *Volturnum— *Liternum— *Cuniae 

TOmische Burger verteilt, Colonien 334 nach Cales, [Abzweigung aber Baiae nach *Misenum] - in 
313 nach Suessa, 296 nach Sinuessa gefiihrt; doch 30 Vineis— *Puteoli — *Neapo"lis. Diese Strasse setzt 

blieb oskische Sprache und oskisches Wesen im sich fort iiber *Herculaneum— Oplonti (Eplonti?) 

ganzen Gebiet herrschend. — *Pompei [Abzweigung ad Sarnmn— Stabiae— 

Nach dem Abfall von Capua im hannibali- *Surrentum— Promontorio Minervae, Geogr. Rav. 

schea Kriege und seiner politischen Vernichtung a. a. O. p. 332] - *Nuceria Alfaterna. 
(211, s.u. Capua) beginnt dann die Latinisierung, IV. Verbindungsstrassen zwischen I und LT: 

die durch Deduction von Bttrgercolonien nach Vol- *Minturnae— Suessa. [Abzweigung uber Forum Po- 

iurnum, Liternum und Puteoli 194 v. Chr. ge- pillii nach Casilinum] — *Teannm (vgl. Itin. Ant. 

fOrdert wird; doch blieb das Oskische in der Sud- 121); zwischen II und III: *Capua— *Atella— 

Tialfte (Pompei, Nola, Nuceria) noch in Kraft bis "Neapolis (Geogr. Rav. IV 34 p. 277 P.); *Capua 
zum Bundesgenossenkriege. Als nach demselben 40 -*Suessula [Abzweigung fiber *Acerrae nach *Nea- 

-die samtlichen Campaner das rOmische Burger- polis]— *Nola— adTeglanum— *Nuceria (Itin Ant. 

Techt erhielten, trat als officielle Sprache an Stelle 109. Geogr. Rav. IV 34 p. 277 P.). 
■der oskischen ftberall die lateinische. Das Grie- V. Strassen nach Samnium (ausser der Appia). 

•chische hingegen erhielt sich in Neapolis als Amts- a) Ad Flexum— ad Rotas— Aesernia. b) *Capua 

sprache durch die ganze Kaiserzeit. — Castra Hannibalis— Iovis Tifatinus— adDianam 

In der augustischen Einteilung Italiens bildet — Sila (Syllas)— *Caiatia— Telesia (Geogr. Rav. IV 

-C. zusammen mit Latium (und dem kleinen Ge- 33 p. 276 P.). c) *Nola— *Abella— *Abellinum 

biete der Picenter im Sflden am Golf von Salerno) — Beneventum. 

die erste Region. Die Grenze nach Osten, wo C. Von diesem Strassennetz nicht beruhrt werden 

an die zweite Region, Samnium, stiess, lflsst sich 50 von sonst nennenswerten Orten nur *Trebnla und 

linlanglich genau feststellen. Dagegen schwankt, "Compulteria (im Ager Stellas). Unbekannter Lage 

wie schon oben bemerkt, die Ansetzung der Grenze sind die friih untergegangenen Orte Taurania, 

zwischen C. und Latium. Sinuessa wird von Pli- Vescia (zwischen Volturnus und Liris) und Hyria 

Bins (m 56) und Ptolemaios (HI 1, 6 und 63) (nur aus seinen Munzen bekannt). 
noch zu Campanien, dagegen von Strabo (V 219. In der diocletianischen Zeit und den folgen- 

231. 237. 242), Mela (II 70) und Plinius selbst den Jahrhunderten wird der Name C. erheblich 

HI 59 zu Latium gerechnet. Mommsen nimmt weiter nach Norden ausgedehnt, und umfasst ganz 

{CIL X p. 498f.) an, dass in der Chorographie des Latium , bis nach Veii und an die via Aurelia 

Augustas der Volturnus die Nordgrenze C.s ge- (liber colon. 221). Bei den Autoren dieser Epoche 
bildet habe. Von den Stadten im Binnenlande 60 erscheinen Aquinum, Sora, Fabrateria, Frusino 

uennt Strab. V 237 Casinnm xohv vozdzrjv twv (Schol. Iuv. HI 219. 226), Arpinum und Feronia 

Aativotr, Ptolem. HI 1 54 rechnet Atina und bei Tarracina (Serv. Aen. VIII 9. 564) als cam- 

Aquinum zu Latium. ebd. 59 Venafrum Teanum panische Stadte; die Grammatikerfuhrenalle Orte 

und Suessa zu C. Die Grenze lief demnach zwi- Latiums (Gabii, Praeneste, Tusculum, Ostia) unter 

schen Venafrum und Casinum: dass der Ortsname C. auf. Wenn Procop. b. G. I 15 Tarracina ab 

S. Pietro in Fine (sudwestlich von Casino) noch Grenzstadt G.s angiebt, so muss ein Irrtum vor- 

daran ennnert, hat Mommsen CIL X p. 477. liegen. Die Provinz steht unter einem corrector, 

498 gesehen. Die Ostgrenze bildet der Volturnus der bald (ca. 333) den hoheren Titel eonsularis 



um 



Campanianus 



Campanus 



1440 



bekommt; vgl. Cantarelli Bull. com. 1892, 
134—138 191.211. De Kuggiero Diz. epigr. 

II 43f; singular ist der proeonstd C. _Anicius 
Aucheaius Bassus, Anfang des 5. Jhdts., s. Can- 
tarelli a. a. 0. 208. 

tTber die campanischen Inseln s. u. A en aria 
(Bd. I S. 594), Capreae, Palmaria, Pontia, 
Prochyta, Sinonia. Hauptstellen aus denalten 
Schriftstellern liber C: Polyb. Ill 91. Strab. V 
242f. Mela II 70. Plin. Ill 60—64. 70. Ptolem. 

III 1, 6. 59. Neuere ausser den oben angefuhrten 
Specialschriften: Abeken Mittelitalien 101—113. 
Kiepert Alte Geogr. 442—449. Mommsen 
CIL X, besonders p. 365ff. 498f. Be loch Cam- 
panien, 2. Aufl., Breslau 1890; Bevolkerung der 
griech.-rflm. Welt 419f. Nisscn Ital. Landes- 
kunde. 263— 272. 328f. 531f. v. Duhn Verhand- 
lungen der Philologenversammlung zu Trier 1879, 
141 — 157, italienisch ubersetzt mit einigen Be- 
richtigungen und Zusatzen in der Bivista di storia 
antica. I (Messina 1895) 31- 59. [Httlsen.] 

2) Die heutige Champagne, bei Gregor. Tur. 
u. a. Die Bewohner Campanens&s. Longnon 
Geogr. de la Gaule an Vie siecle 138. 194f. 

[Ihm.] 

Campanianus s. A ins. 

Campanins. 1) M. Campariius M. f. M. n. 



Fal(erna) Marcellus, praef(eetusj coh(orti&) III 
Breucorfum) , . trib(unus) coh. pr(imae) Hemese- 
nforumj , praef. eqfuitum) aloe ParthforumJ, 
proe(urator) provincfiae) Oypri, procurator) 
A[ug]ustor(wm) ad Mefrcjurium Akxandr(i- 
num oder -em), CIL X 3847 = Dessau 1398. 

[Stein.] 

2) T. Campanius Priscus Maximianus, vir 
eonsfularisj , omnibus honoribus in urbe saera 
10 functus, starb iwi Alter yon 43 Jahren. Grab- 
schrift, von seineT Mutter Numidia (?)... openda 
Valeriana e(larissima) ffemina) gesetzt (CIL 
XII 137 Seduni). 3. Jhdt. n. Chr. [Groag.] 

Campanus. 1) Yornehmer Tungrer, schloss 
sicta im J. 70 n. Chr. dem Aufstand des Civilis 
an, Tac. hist. IV 66. [Stein.] 

2) Cognomen des cos. suff. 86 n. Chr. C. Se- 
cius Campanus (mit Ser. Cornelius Dolabella Pe- 
tronianus). [Groag.] 

20 3} Bomischer Jurist, von dem nur zwei Frag- 
mente auf uns gekommen sind (Lenel Pal. I 
105f.). Da eins derselben die Lei Aelia Sentia 
(4 n. Chr.) behandelt, das andere sich bei Abur- 
nius Valens findet, der unter Hadrian und Pius 
lebte (Bd. I S. 127), so muss seine Lebenszeit 
in das 1. Jhdt. oder in den Anfang des 2. faHen. 

[JOrs.] 



Schluss des fiinften Halbbandes.