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\z Centralblatt »
für die Grenzgebiete der
Medizin und Chirurgie.
Herausgegeben von
Dr. Hermann Schlesinger,
Professor an der Universität Wien.
ZEHNTER BAND.
Jena.
Verlag von Gustav Fischer,
1907.
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Alle Rechte Vorbehalten.
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izftENTRALBLATT
für die
Qrenzgebiete der Medizin u. Ghirurgie.
Herausgegeben von
Dr. Hermann Schlesinger,
Professor an der Universität in Wien.
Verlag von GUSTAV FISCHER in Jena.
X. Band.
Jena, 15. Januar 1907.
Nr. 1.
Das Centralblatt für die Grenzgebiete der Medizin und Chirurgie erscheint in
zwanglosen Heften im Umfange von etwa 3 Druckbogen, die zu einem Bande
vereinigt werden, dessen Umfang 60 Druckbogen betragen wird. Das Abonne¬
ment für das Centralblatt kostet 24 Mark für den Band. — Die Abnehmer
der Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie , herausgegeben
von A. von Eiseisberg und B. Naunyn, erhalten das Centralblatt
zum Vorzugspreise von 20 Mark.
I. Sammel-Referate.
Scarlatina puerperalis.
Von Dr. Rudolf Pollak.
Literatur.
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Jahrbücher, Bd. CLXXIV, H. 2.
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XIV. Ref. in Centralbl. f. Gyn. 1888, No. 30.
4) Aroeth, Die geburtshilfliche Praxis. 1851. Cit. nach Olshausen.
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6) Baginsky, A., Scarlatina. Aus: Kritische Uebersicht der neueren Unter¬
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8) Beck, Snow, Ebenda, Vol. XVII. Cit. nach Meyer.
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Martin.
10) Blaesing, A., Ueber Scarlatina im Wochenbett und Mitteilung dreier
Fälle. Inaug.-Diss., Greifswald 1884.
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No. 37 und in Schmidt’s Jahrbücher, Bd. CCXXVII.
12) Brieger, L., Ueber Komplikation einiger akuter Krankheiten mit Schwanger¬
schaft. Charit^-Annalen 1886, Bd. XI.
13) Browns, Brit. Med. Journ. 1862. Ref. in Wiener med. Wochenschr.
1862, No. 10.
14) Brunner, Conrad, Ueber Wundscharlach. Berliner klin. Wochenschr.
1895, No. 22—30.
Centralblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 1
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Brit. Med. Journ. 1895, No. 1783.
18) Cayley, Transact. Obst. Soc. London 1888, Vol. XXX. Ref. in Schmidt's
Jahrbücher, Bd. CCXXVIL
19) Champneys, Ebenda, Vol. XXX. Ref. ebenda.
20) Charles, N., Eine Scharlachepidemie in der Entbindungsanstalt zu Li£ge.
Journ. d’accouchem. 1891, No. 4. Ref. in Centralbl. f. Gyn. 1891, No. 40.
21) Ders.* Journ. d’accouchem. 1891, No. 10. Ref. ebenda 189t, No. 48.
22) Clemens, Scarlatina puerperalis. Monatsschr. f. Geburtsk. 1855, ^d. V.
23) MacCIintock, Dublin quarterl. Journ. of Med. Sc. 1866. Cit. nach
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24) Cremen, Ebenda 1863. Cit. nach Olshausen.
25) Cunnius, Fall von puerperaler Scarlatina. Brit. Med. Journ. 1884. Cit.
nach Fellner.
26) Dance, Arch. de mW. 1830. Cit. nach Olshausen.
27) Day, W. H., Scarlatina, die Geburt herbeiführend, ohne Puerperalfieber.
Brit. Med. Journ. 1880. Cit. nach Fellner.
28) Deale, H. B., Intercurrent infectious diseases of pregnancy. The Amer.
Journ. of obst. and dis. of women and children 1897, Vol. XXXVI.
29) Denham, Dublin quarterl. Journ. of Med. Sc. 1862. Cit. nach Gusserow
u. Olshausen.
30) Dorsett, W. B., A case of scarlatine .in utero with remarks. St. Louis
Med. and Surg. Journ. 1888. Cit. nach FrommePs Jahresbericht.
31) Dun ca n, Matth., Transact. Obst. Soc. London, Vol. XXX.
32) Engeimann, Rosa, Scarlatina and the Streptococcus Infection. The Journ.
of the Amer. Med. Assoc. 1895. Cit. nach Brunner.
33) Eulenburg, A., Realencyklopädie, Bd. XII. Wien u. Leipzig 1882.
34) Farre, Transact. Obst. Soc. London, Vol. XVII.
(Fortsetzung der Literatur folgt.)
Aus dem 18. Jahrhundert sind Schilderungen von epidemischen,
bei Wöchnerinnen auftretenden Krankheiten erhalten geblieben, welche
nach Ansicht Ol sh ausen’s kaum etwas anderes als Epidemien von
echtem Scharlach gewesen sind. Hamilton beschrieb eine solche
Epidemie unter dem Namen Febris miliaris, Hecquet als Fifevre
rouge oder Pourpre bleue, Ludwig als Miliaria rubra. Am Ausgange
des Jahrhunderts hat dann Malfutti eine umfangreiche Epidemie
beschrieben, welche unter den Wöchnerinnen des Wiener Gebär¬
hauses herrschte und die der Verfasser selbst für echten Scharlach
hielt. Spätere Autoren, insbesondere Helm und Kiwi sch, haben
gerade aus der Beschreibung von Malfatti und unter Hinzuziehung
eigener und der Fälle anderer Autoren deduzieren wollen, dass die
bei Wöchnerinnen auftretende Schurlacherkrankung mit dem sonst
vorkommenden Scharlach nicht identisch sei. Dank der grossen
Autorität, deren sich Kiwischbei seinen Zeitgenossen erfreute, haben
Generationen von Aerzten diese Anschauung zu der ihrigen gemacht
und so wurde in eine klare Sache eine arge Verwirrung hineingetragen.
Es ist das allgemein anerkannte Verdienst Olshausen’s, durch
seine grosse, im Jahre 1876 erschienene Arbeit den Pfad der Wahr¬
heit gewiesen zu haben.
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Freilich gibt es heute noch dunkle Punkte, die sich dem voll¬
kommenen Verständnis entziehen und die bei der grossen Seltenheit
des Scharlachs im Wochenbett nicht so bald völlige Aufklärung
finden dürften. Bakteriologischen Forschungen bleibt es Vorbehalten,
die letzten Rätsel in diesem alten Streite zu lösen.
Die älteste Epidemie von Scharlach bei Wöchnerinnen, über
welche die Literatur zuverlässigen Aufschluss gibt, ist die bereits
erwähnte, von Malfatti eingehend geschilderte aus dem Jahre 1799.
Es herrschte damals in Wien eine verbreitete Scharlachepidemie,
wobei die Kranken meist genasen. Bei Wöchnerinnen hingegen
hatte die Krankheit einen höchst gefährlichen Charakter, so dass die
meisten der Befallenen ihr erlagen. Sie erkrankten zumeist in den
ersten Tagen des Wochenbetts. Es zeigten sich eine leichte Röte
im Gesichte und am Halse, ein trockener Husten und „sehr selten
ein unbedeutendes Leiden im Halse“. Das Schlucken war ungehin¬
dert. Die Gegend der Gebärmutter war bei Druck oft etwas empfind¬
lich, doch blieb der Leib weich und schmerzlos. Von Anfang an
waren die Lochien putride, ohne dass die Sekretion je unterdrückt
wurde. Das Exanthem nahm in den ersten Tagen gegen Morgen
an Intensität ab und verschwand sogar völlig, um am Abend desto
intensiver wiederzukehren. Am 3. bis 5. Tage der Krankheit nahm
das Exanthem ein dunkles, livides Aussehen an und dann erfolgte
unter Delirien bald der Tod. Die Sektionen ergaben „keine Er-
giessung oder Ansammlung gerinnbarer Lymphe in der Bauchhöhle“,
„das Bauchfell zeigte keine Veränderung“, „die Gebärmutter war
mehr oder weniger vom Kindbettblute angefüllt, jedoch hinlänglich
zusammengezogen“. Ihre Substanz bot nichts Ungewöhnliches dar,
aber an dem Muttermunde entdeckte man Spuren von voraus¬
gegangener Entzündung, etwas wenig eiterartige Materie und am
Rande eine schwärzliche, livide Farbe, die mehr oder weniger in
die Substanz eindrang und bei einigen den beim Brande gewöhn¬
lichen Geruch verbreitete. Die Geburtsteile schienen auch entzündet,
alle übrigen Baucheingeweide waren unverändert. Die Haut an
Lippen und Nasenflügeln war oft blutunterlaufen und ließ sich oft
in grossen Stücken abziehen. Von einem gleichzeitigen Puerperal¬
fieber ist nicht die Rede. Dagegen schreibt Malfatti, dass eine
Wärterin, die eine der Kranken gepflegt hatte, an Scarlatina erkrankte.
Verf. erklärte die Erkrankung für einen echten Scharlach. Aber spätere
Autoren haben, wie schon erwähnt, diese Diagnose nicht gelten
lassen, sondern in der Affektion eine spezifische Wochenbett-
erkrankung sehen wollen. Helm, der Wortführer dieser gegnerischen
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Anschauung, bemängelte das vollständige oder nahezu vollständige
Fehlen der Halsaffektion und fasste die von Malfatti wiederholt
erwähnten putriden Lochien als Symptom einer Endometritis gan¬
graenosa auf. K i w i s c h hielt dafür, dass „die Erysipelaceen
der Wöchnerinnen in den meisten Fällen nur symptomatisch zum
Puerperalfieber hinzutreten und durch den Verlauf des letzteren
erst ihre Bedeutung gewinnen“. Er wies hin auf die von ihm selbst
beobachteten „umschriebenen, meist blauroten, oft nur kreuzergrossen
Anschwellungen an den Hand- und Fussrücken oder auch an anderen
Teilen der Puerperalfieberkranken, welche, meist äusserst schmerz¬
haft, als Symptom des herannahenden Todes bekannt sind“.
Vergebens war das Eintreten Litzmann’s für die ursprüng¬
liche Diagnose. Erst Olshausen gelang es mit überzeugender
Beweisführung, dieselbe wieder herzustellen. Er verwies darauf,
dass in den meisten Fällen seiner eigenen Beobachtung sowie in
zahlreichen Fällen anderer Autoren die im Wochenbette auftretende
Scarlatina gewisse Eigentümlichkeiten zeige, die immer wiederkehren;
dahin gehören die Geringfügigkeit oder der vollständige Mangel der
Halsuffektion, das konstante Auftreten in den ersten, fast immer in
den ersten 3 Tagen des Wochenbettes, das schnelle Erscheinen des
Ausschlages gleichzeitig auf dem ganzen Körper und seine tief¬
dunkelrote Färbung. In den Obduktionsbefunden von Malfatti sei
das Peritoneum jedesmal gesund gefunden worden, ebenso die Sub¬
stanz der Gebärmutter; nur die Innenfläche zeigte Veränderungen,
die er als Brand deutete; uud so legte er sich die ihm selbst un¬
erklärliche Tatsache zurecht, dass die Wöchnerinnen zugrunde gingen,
ohne dass man ein Organ erheblich erkrankt gefunden hätte. „Das
Urteil der Zergliederer über die eigentliche Affektion dieses Ein¬
geweides war verschieden.“ Vergegenwärtigen wir uns, fügt Ols¬
hausen hinzu, das Aussehen einer puerperalen Gebärmutter und
bedenken wir den damaligen Stand der pathologischen Anatomie,
so können wir wohl die Vermutung aussprechen, dass es sich in
der Hauptsache um leichte Veränderungen handelte, wie sie doppelt
schnell und leicht bei Puerperis und nach dem Tode durch Scarlatina
oder andere akute Exantheme entstehen. Höchstens könnte der putride
Ijochiengeruch den Verdacht erwecken,dass doch wohl eine Endometritis
gangraenosa nicht selten vorhanden gewesen sei. Die Möglichkeit ist
gewiss zuzugeben, aber es würde ein solcher Prozess bei der Abwesen¬
heit aller Erscheinungen, speziell dem Fehlen der Peritonitis in jedem
einzelnen Falle, doch unmöglich als Symptom einer puerperalen
Septikämie zu deuten, sondern viel natürlicher als Folgezustand der
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Allgemeinerkrankung aufzufassen sein. Malfatti’s Diagnose wurde
durch Olshausen rehabilitiert, das wird jetzt allgemein anerkannt,
einzelne Autoren, wie Grenser, P.Müller, heben dies ausdrücklich
hervor.
Im Jahre 1825 beschrieb Senn eine in der Pariser Maternitö
vorgekommene Scharlachepidemie. Die Krankheit begann in allen
Fällen zwischen dem 2. und 4. Wochenbettstage, sechsmal von sieben
Fällen war Diarrhoe vorhanden, Peritoneum und Uterus waren
niemals beteiligt, bloss in einem Falle zeigte der letztere eine
schnell vorübergehende Schmerzhaftigkeit. Vier Kranke starben, in
keinem der zur Obduktion gekommenen Fälle wurde an den Geni¬
talien eine Anomalie gefunden. Von einer gleichzeitigen Scharlach¬
epidemie in der Stadt ist in dieser Publikation nicht die Rede, das¬
selbe gilt von der 1830 von Dance berichteten Epidemie aus der¬
selben Entbindungsanstalt.
Aus den letzten Jahren des 4. Jahrzehnts stammen zwei
Publikationen von Helm, deren schon oben Erwähnung geschah.
Auf A. Martin machen die Schilderungen dieses Autors den Ein¬
druck, als ob es sich in seinen Fällen um Erysipel gehandelt hätte,
wofür auch Kiwi sch sie erklärte. Helm selbst schliesst aus dem
Umstande, dass diese scharlachähnliche Erkrankung nicht kontagiös
sei, aus ihrem Auftreten und Verlaufe, dass es sich nicht um wirk¬
liche Scarlatina, sondern um eine dem Wochenbette eigentümliche
Krankheit gehandelt habe, welche er Purpura puerperalis nannte.
Indem er die von M a 1 f a 11 i beschriebene Epidemie für die¬
selbe Krankheit hielt wie die von ihm selbst beobachtete, glaubte
er sich zu dem Ausspruche berechtigt, dass das als Scharlach im
Wochenbette Beschriebene etwas ganz anderes als echter Scharlach
sei. Nach Olshausen’s Ansicht ist, wenn irgend jemand, gerade
er den Beweis für diese Hypothese schuldig geblieben.
Bemerkenswert ist eine Publikation aus dem Jahre 1855 über
zwei Fälle von wirklichem Scharlach bei Wöchnerinnen. Der Autor,
Clemens, gibt eine recht genaue Beschreibung der beiden Fälle,
die sehr viel Aehnlichkeiten boten: bei beiden brach die Erkrankung
zwischen dem 2. und 3. Tage nach der Entbindung aus, bei beiden
war vor allen anderen Organen der Kopf betroffen, von Hals¬
entzündung dagegen sehr wenig zu konstatieren. Die Kindbetterin¬
funktionen gingen ungestört von statten. Beide Patientinnen ge¬
nasen, brauchten jedoch eine lange Zeit zu ihrer vollständigen
Wiederherstellung. Die Fälle ereigneten sich während einer Scharlach¬
epidemie und der Verf. ist in der Lage, im ersten Falle die An-
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steckungsquelle zu zeigen. Die Frau pflegte im neunten Monate
ihrer Schwangerschaft ihr scharlachkrankes Kind. Im zweiten Falle
Hess sich der Weg der Infektion zwar nicht einwandfrei nach weisen,
doch hält Clemens daran fest, dass es sich in beiden von ihm
beobachteten Fällen um echten Scharlach handelte, der sich als
selbständige Krankheit dem Wochenbette zugesellte, nicht um eine
Puerperalkrankheit. Die Beschreibung von Clemens zeichnet sich
gegenüber den bis dahin erschienenen Veröffentlichungen durch ihre
grosse Klarheit aus. A. Martin bezeichnet diese Fälle als die
ersten unzweifelhaften Fälle von Scarlatina in puerperio, die in der
Literatur beschrieben sind.
Mc Clintock schildert eine von ihm als Master beobachtete
Epidemie im Lying-in-Hospital in Dublin, welche vom 1. Dezember
1854 bis Mitte Februar 1855 dauerte. Es waren schon vorher Fälle
von puerperaler Peritonitis, Typhus und besonders Scharlachfälle
aufgetreten. In der genannten Zeit wurden überhaupt nur 182
Frauen entbunden, da die Anstalt zeitweise geschlossen wurde.
Von diesen erkrankten 38, 17 genasen und 21 starben. Es war
immer ein tagelang bestehendes, ausgeprägtes Exanthem vorhanden,
welches, wenn die Kranken lange genug am Leben blieben, zur
Abschuppung führte. Autor erwähnt auch den charakteristischen,
ungemein frequenten Puls und die Himbeerzunge. Angina war in
allen Fällen gering. Die Lochien und die Involution des Uterus
wiesen in den günstig verlaufenden Fällen keine Anomalien auf;
aber auch in den letal verlaufenen Fällen fehlten gewöhnlich Er¬
krankungen der Genitalorgane, denn von 10 letalen Fällen erfolgte
der Tod ohne solche sechsmal, in den zwei ersten Tagen der Krank¬
heit durch den direkten Einfluss des Scharlachgiftes. Von den 4
übrigen zeigten 2 bei der Sektion allerdings Metrophlebitis, 2 andere
Peritonitis. Doch trat die Peritonitis beidemal sehr spät, nämlich
mit Beginn der Abschuppung, unter neuer akuter Fiebersteigerung
auf, und beidemal trat dann innerhalb 36 Stunden, am 12. resp.
13. Tage des Wochenbettes, der Tod ein. Zum Puerperium schien,
wie Olshausen bemerkt, die Scarlatina gar keine Beziehung zu
haben.
Im Jahre 1861 beschrieb Retzius folgendes Krankheitsbild:
Am 3. Tage des Kindbettes eutstand Frost, welchem Fieber folgte,
das etwa 24 Stunden anhielt. Dabei war der Unterleib beim Drücken
empfindlich, besonders in der Gegend des Uterusgrundes. Wenn
das Fieber aufhörte, zeigte sich am ganzen Körper eine purpur¬
förmige Röte ohne Anschwellung und ohne Glanz der Haut. Die
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Hautoberfläche war vollkommen eben, ohne Knötchen, die Haut
trocken und heiss, aber nicht mehr als bei einem gewöhnlichen
Fieber. Die Halsdrüsen waren gar nicht oder nur in sehr geringem Grade
geschwollen, die Zunge feucht, weich, rein, nicht krankhaft gerötet,
ohne Auftreibungen der Papillen. Die Lochial- und Milchabsonde¬
rung war ungestört; die Harnabsonderung reichlich, der Harn dunkel
gefärbt. Mit dem vollendeten Ausbruche der Hautröte hörte die
Empfindlichkeit des Unterleibes auf, verlor sich die etwa vorhandene
Anschwellung der Halsdrüsen, und cs zeigten sich niemals katarrha¬
lische Erscheinungen. Nachdem die Hautröte 48 Stunden zuge¬
nommen hatte und dunkler geworden war, bildeten sich kleine
Knötchen, zuerst und besonders auf der Brust, auf deren Spitze
kleine Bläschen entstanden, die sich mit einem klaren Serum füllten,
welches am nächsten Tage verschwunden war, worauf sich Jucken
einfand und die Haut anfing blässer zu werden. Gewöhnlich um
den 5. Tag herum begann die Epidermis sich abzuschuppen, ent¬
weder als feines Mehl oder auch bisweilen in kleinen Stücken.
Die fragliche Krankheit unterschied sich vom Scharlach da¬
durch, dass sie 1. nicht durch Ansteckung hervorgebracht noch von
den Kranken auf andere Personen übertragen wird, 2. durch Mangel
an Entzündung der Rachenschleimhaut und die geringe, bald vor¬
übergehende Anschwellung der Halsdrüsen, 3. durch die kleienförmigc
Abschuppung.
Die Krankheit mit Braun als Erythema diffusum zu bezeichnen,
hält er nicht für zulässig. Das Erythem ist meist eine fiebcrlose
Hautaffektion, die mit Striemen oder Flammen bald hier bald dort
an der Oberfläche des Körpers sich zeigt; die rote Farbe ist beim
Erythem weit heller als bei der fraglichen Krankheit; selbst wenn
das Erythem unter akuter Form auftritt, hat es einen Verlauf von
1—2 Wochen und endet nicht mit Abschilferung.
Dass Kindbetterinnen vom Scharlach bisweilen ergriffen werden,
ist bekannt. Der Puerperalzustand kann wohl einen gewissen Ein¬
fluss auf die Form, unter welcher es auftritt, ausüben, allein sein
Wesen muss es unverändert beibehalten, während, wie oben erwähnt,
die Haupterscheinungen gerade bei der fraglichen Eruption fehlen.
Verf. hält dieselbe für eine Affektion von zymotischer Natur, die
dem Puerperalzustande angehöre, und da er keine gefunden hat,
welcher er sie anreihen konnte, so hat er aus derselben ein neues
Genus gebildet und es Porphyre genannt.
Spätere Autoren (A. Martin, Olshausen) haben die Nicht¬
identität dieser Kraukheit mit Scharlach zugegeben, aber der Be-
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Schreibung entnommen, dass es sich in den Fällen von Retzius
um Erysipel gebandelt habe.
In demselben Jahre beschrieb B. Browns eine Epidemie von
9 Fällen von Scharlach im Wochenbett in dem Queen Charlotte
Hospital in der Zeit von Ende Januar bis Mitte Juli 1861.
Sämtliche Fälle endeten mit Genesung. In der Anstalt bestand
gleichzeitig kein Kindbettfieber. Verf. hielt die Fälle für echten
Scharlach und die gemachten Angaben lassen nach Olshausen’s
Ansicht einen Verdacht nicht zu, dass es sich um etwas anderes
gehandelt habe.
Ein Bericht Den ha ms aus dem Dubliner Lying-in-Hospital
bringt folgende bemerkenswerte Tatsachen: Im November 1861
wurden 72 Frauen entbunden, von diesen erkrankten 16 an Puerperal¬
fieber, von denen 9 starben, und 1 an Scharlach. Im Dezember
1861 waren unter 103 Entbundenen 14 an Kindbettfieber erkrankt,
von denen 7 starben, 3 an Scharlach, welche sämtlich starben. Vom
1. bis 11. Januar 1862 kamen 37 Entbindungen vor; 16 Frauen
erkrankten an Puerperalfieber, von welchen 10 starben, 4 bekamen
Scharlach, alle 4 starben. Dann wurde die Anstalt bis zum Februar
geschlossen. Nach der Wiedereröffnung wurden zunächst nur 30
Frauen entbunden, von denen 6 an Puerperalfieber erkrankten.
Dann erlosch die Epidemie. Auf 252 Fälle kamen 52 Erkrankungen
an Puerperalfieber, davon 30 tödliche; von 8 an Scharlach erkrankten
Wöchnerinnen gingen 7 zugrunde.
Gusserow, der diesen Bericht auch in seinen Reisebericht
aufgenommen hat, findet das Zusammentreffen von Scharlachepide¬
mien bei Wöchnerinnen mit Kindbettfieberepidemien eigentümlich.
Allen gemeinsam waren der Beginn der Krankheit gleich nach der
Geburt und der beinahe immer tödliche Verlauf. Dieses letztere
sei in Dublin so häufig gewesen, dass man den Scharlach der
Wöchnerinnen zu den bösartigen Wochenbetterkrankungen rechnete,
obwohl keine von dem gewöhnlichen Scharlach abweichenden Sym¬
ptome dabei zu bemerken waren, ausgenommen, dass gewöhnlich
bald Peritonitis hinzutrat. Olshausen fand die Angaben von Den-
ham so allgemein gehalten, dass sich mit ihnen nichts anfangen
lasse. Aber die 8 Scharlachfäile als zur Puerperalfieberepidemie
gehörend zu betrachten, liegt um so weniger eine Veranlassung vor,
als Denham selbst sie bestimmt von jenen anderen Fällen trennt.
In seinem Reiseberichte schildert Gusserow kurz die zahl¬
reichen Beobachtungen eines zweiten Autors, Halahan, der eben¬
falls in Dublin, jedoch in privater Praxis, 25 Fälle von Scharlach
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im Wochenbette zu beobachten Gelegenheit hatte. Alle hatten
Angina, heftiges Fieber, Scharlacheruption und die meisten Metritis
und Peritonitis. 19 starben, 6 genasen. Auch diese Fälle wurden
in der Folge zu Fällen von Septikämie mit scharlachartigem Exanthem
gestempelt trotz der ziemlich anschaulichen Schilderung, die der
Verf. in der eigenen Arbeit gab. ln dieser ist nur viermal von
komplizierender Metritis die Rede und auch da wird nur ge¬
sagt, dass der Uterus empfindlich gewesen sei. Es waren dies
3 tödliche Fälle und einer, der mit Genesung endete. In einem
Falle war die Scharlachinfektion durch ein scharlachkrankes, älteres
Kind erklärt. Angesichts der Originalarbeit von Halahan berichtigt
Olshausen die Angabe Gusserow’s, dass die meisten der Kranken
Halahan’s peritoneale Affektionen gehabt hätten.
(Fortaetsung folgt.)
Die Röntgenbehandlung der malignen
Tumoren.
Kritischer Sammelbericht von Karl Hermann Schirmer (Wien).
Literatur.
1) Albcrs-Schönberg, Zur Therapie der Sarkome der Kopfhaut. Berliner
Röntgenkongress, April 1905, p. 168.
2 ) Ders., Ausgedehntes Cancroid der Nase. Aerztlicher Verein zu Hamburg,
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3) Ders., Röntgenbehandlung einer sarkomatösen Geschwulst der Kopfhaut.
Aerztlicher Verein zu Hamburg, 31. Okt. 1905. Münchener med. Wochenschr. 1905,
7. November.
4) Allen, C. W., Treatment of epithelioma. New York State Journal of
Med. 1902, II, p. 176.
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St. Paul Med. Journal 1903, März.
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Med. Assoc., 6. Juni 1903.
11) Bashford, Englisches Komitee für Krebsforschung. Fortschr. auf dem
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12) Beck, C., Ueber Sarkombehandlung mittelst der Röntgenstrahlen. Münch,
med. Wodienschr. 1901, No. 32.
13) Ders., Sarcoma treated by the Roentgen rays. New York Med. Journal
1901, 16. Nov.
14) Ders., The pathology of the tissue changes caused by Röntgen rays, with
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15) Ders., The pathological and therapeutic aspects of the effects of the
Röntgen rays. Med. Record 1902, 18. Jan., p. 83.
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16) Becl^re, Un cas d’£pith 61 ioma v^getant de la region temporomaxillaire
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17) Ders., Un cas de näoplasme du larynx trait6 avec succ^s par les rayons X.
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18) Ders., De Putilit6 de combiner Intervention chirurgicale et la radiotherapie
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succes par les rayons de Roentgen. Revue hebd. de laryng., d’otol. etc. 1904, No. 28.
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21) Ders., La radiotherapie, son application aux affections cutan£es. Paris
1904, Steinheil.
22) Ders., Trait6 de radiotherapie. II. Edition. Paris 1905, Steinheil.
23) Ders., De Pimportance du dosage et de la m^thode dans le traitement
roentg£noth6rapique de quelques affections n£oplasiques. Verhandl. der Deutschen
Röntgengesellschaft, I. Kongress 1905, p. 184.
24) Belot, Brocq, Lenglet, Bisseri£, Traitement des £pith£lioma cutanes
par les rayons X, technique instrumentale et op6ratoire. Annales de Dermat. et de
Syphiligr. 1903, Nov.
25) Belot, Brocq, Bisseri6, Mycosis fongo'ide trait£ par la radiotherapie.
Annales de Dermat. et de Syphiligr. 1904. Febr.
26) Dies., Traitement des epitheliomas cutanes par les rayons X. Socifete de
Dermat., Mai 1904, ferner Annales de Dermat. et de Syphiligr. 1904, Mai.
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der Röntgenstrahlen 1905, Bd. IX, H. 2.
28) Bergonid, Sur un cas de lymphosarcoinatose rapidement am£lior£e par
les rayons X. Congr£s de P Assoc. fran«;. pour Pavancement des Sciences. Grenoble
1904 und Archive d’dectricit^ m6d. 1904, 25. Aoüt.
29) Ders., Cancroide de la pauptöre et de Porbite traite avec succ&s par la
radiotherapie. Archiv, d^lectricitä med. 1904, 25. Avril.
30) Bevau, A. D., The X-rays as a therapeutic agent. Journal of the Amer.
Med. Assoc. 1904, 2. Jan.
31) Bill, C. S., The X-rays in inoperable malignant disease of the orbit.
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32) Biraud, Contribution au traitement du canccr par les rayons X. Compt.
rend. de PAcad. de m£d. 1903, 16. Nov.
33) Bizard et Weil, Lymphosarcome en cuirasse de la poitrine et du cou,
traite avec succ£s par les rayons X. Soc. de Derm. et de Syph., 2. Juni I 9°4 und
Journ. de Physiotherapie 1904, 15. Mai.
34) Bisserie, Deux observations de cancer de la langue gueri par la radio¬
therapie. Academie de Med., Juni 1904.
35) Bisserie et Belot, Traitement des sarcomes diffus de la peau, de la
premycose et du mycosis fongo’ide par la radiotherapie. Arch. d’dectririte med. 1905,
25. Nov., ferner Internat. Dermatologenkongress, Berlin, Sept. 1904.
36) Dies., Traitement des epitheiiomas cutanes par la radiotherapie; methode,
indications, resultats. Internat. Dermatologenkongress, Berlin, Sept. 1904.
37) Bouchacourt et Haret, De Pendodiatherapie. Verhandl. d. Deutschen
Röntgengesellschaft, I. Kongress 1905, p. 170.
38) v. Bramann, Ueber Tumorenbehandlung mit Röntgenstrahlen. Verein
der Aerzte in Halle a. S., 7. Dezember 1904. Münchener med. Wochenschr. 1905,
No. 20, p. 977.
39) B ranth, Roentgen rays in the treatment of cancerous and skin affections
and epilepsy, and in diagnosis. New York Med. Journ. 1904, No. 24.
40) Brocq, Mycosis fongo'ide, considerablement am 61 ior£e par la radiotherapie.
Soc. de Dermat. et de Syph., 4. Febr. 1904.
41) Brook, A discussion on the treatment of inoperable cancer. Brit. Med.
Assoc. Brit. Med. Journ. 1902, II, p. 1303.
42) Brooke, H. A. G., Rectumcardnom, mit Röntgenstrahlen behandelt.
Brit. Med. Assoc., Manchester, 30. Juli 1902.
(Fortsetzung der Literatur folgt.)
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Schon wenige Monate nach der am 23. Januar 1896 erfolgten
ersten offiziellen Mitteilung über die Entdeckung Röntgen’s wurden
vereinzelte therapeutische Versuche mit den neuen Strahlen bei malignen
Tumoren angestellt. So berichtet Despeignes 80 ) (Juli 1896) über
die Behandlung eines Falles von Magencarcinom, Voigt 307 ) im
N’ovember desselben Jahres über Bestrahlung eines inoperablen Pharynx-
carcinoms, 1897 teilte Gocht 114 ) seine ersten radiotherapeu¬
tischen Versuche bei Mammacarcinom mit. Diese Beobachtungen
blieben zunächst ziemlich unbeachtet, bis nach dem ersten geheilten
Falle von Ulcus rodens durch Sjögren und Stenbeck 261 ) eine
grosse Zahl von Hautcarcinomen der Radiotherapie unterzogen und
auch die Behandlung tiefgreifender Carcinome und solcher an inneren
Organen in grösserem Ausmasse geübt wurde.
Erst mehrere Jahre später (seit 1901) werden auch Sarkome
mit Röntgenstrahlen behandelt. Gegenwärtig ist bereits ein enormes
kasuistisches Material — mehrere tausend Carcinomfälle und Hun¬
derte von Sarkomen — gesammelt worden, auf Grund dessen einige
Fragen über die Therapie maligner Tumoren mit ziemlicher Sicher¬
heit beantwortet werden können. Gleichwohl ist eine große Zahl
der publizierten Fälle für die kritische Beurteilung der Methode
nicht zu verwerten, da zur Entscheidung des kurativen Einflusses
der Röntgenstrahlen auf Krebs und Sarkom ausschliesslich Dauer-
beohachtungen herangezogen werden müssen, wie solche leider nur
in einem kleinen Teile der Fälle vorliegen. Im folgenden sollen zu¬
nächst die Radiotherapie der Carcinome, hierauf jene der Sarkome
und im Anschluss an letztere die Resultate bei Mykosis fungoides
besprochen werden.
* *
*
Die Röntgenbehandlung der Carcinome ist — abgesehen von
den ersten sporadischen Versuchen bei inoperablen Fällen, die mehr
solatii causa unternommen wurden — auf Grund der günstigen Re¬
sultate, die mit dieser Methode bei anderen Hautaffektionen, Lupus,
Favus, Naevus etc. erzielt worden waren, unter grossen Hoffnungen
aufgenommen worden. Demzufolge war auch von Anfang an der
Hautkrebs, das Epitheliom, das bevorzugte Objekt der Radiotherapie —,
er ist es bis heute geblieben. Gegenüber den bei der Epitheliom¬
behandlung erzielten Erfolgen tritt die Röntgentherapie der tiefer
reichenden Carcinome weit in den Hintergrund; trotzdem möchten
wir bei der folgenden Besprechung auf die Resultate bei aus¬
gebreiteter Careinomatose und Krebs innerer Organe das
Hauptgewicht legen, eben deshalb, weil die Erfolge der Epitheliom-
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therapie mit Röntgenstrahlen bereits über jedem Zweifel stehen, während
die sonstige Carcinombehandlnng noch manche Frage offen lässt.
Bei der folgenden historischen Übersicht über die Röntgen¬
behandlung des Hautkrebses waren uns in erster Linie die Ergebnisse
jener Autoren massgebend, die über ein grösseres Material ver¬
fügen. Der übrigen kasuistischen Mitteilungen soll nur kurz ge¬
dacht werden, ist doch die Literatur der Epitheliomtherapie mit
Röntgenstrahlen zurZeit kaum mehr vollständig zu übersehen. Reiche
Quellenangaben finden sich namentlich bei Perthes 21 °) und Schär* 40 ).
Die erste Mitteilung über einen mit Röntgenstrahlen behandelten
Fall machten Sjögren und Stenbeck 261 ) (19. Dezember 1899);
ihnen folgten Heidingsfeld (1900) li(0 ), Finsen 98 ), Williams 319 ),
Morton lu8 ), Pfahler (1901) 213 ), Allen 4 ), Duncan 87 ), Hopkins 141 ),
Segueira 255 ), Scholtz 247 ), Varney 305 ), Shields 259 ), Skinner 268 ),
Wance 310 ), Trowbridge (1902) 293 ) u. a.
In dem von Sjögren und Stenbeck mitgeteilten ersten Falle
von Hautcarcinom, der mit Röntgenstrahlen behandelt wurde, handelt es
sich um ein Ulcus rodens (Diagnose Prof. Berg-Stockholm) von neun¬
jährigem Bestände bei einer 72jährigen Frau. Tägliche Sitzungen von
10—12 Minuten Dauer. Nach ca. 40 Sitzungen heilte das Ulcus mit
schöner, reiner Narbe. Das erste Symptom, das unter der Röntgen¬
behandlung rasch zurückging, war die vermehrte Sekretion.
Finsen 98 ) hat unter 17 Epitheliomfällen achtmal völlige sym¬
ptomatische Heilung erzielt, da diese Fälle 2—3 Jahre recidivfrei
blieben.
Pusey 227 ) behandelte 1901—1904 69 Fälle von Hautcarcinom
(20 an der Nase, 12 am Hals, 9 an den Lippen, 9 an den Lidern,
9 an den Extremitäten, 5 in der Orbitalgegend, 3 am Ohr, je 1 an
der Schulter und an der Glans penis; die übrigen mit kombinierter
Lokalisation). Fast in allen Fällen liegen histologische Untersu¬
chungen vor. Von den 69 Fällen sind 58 = 84% symptomatisch ge¬
heilt. Natürlich handelte es sich in der grossen Mehrzahl der Fälle
um Ulcus rodens, doch sind auch schnell wachsende und tiefer
reichende Epithelialcarcinome darunter. Von den Fällen blieben
recidivfrei: 1 durch 2 % Jahre, 6 durch 22 Monate, 7 durch 18, 6
durch 15 Monate, 9 durch 1 Jahr, 8 durch 9 und 9 durch 6 Monate.
Bei den recidivierenden Fällen wurde dreimal (Schulter, Hand, Ohr)
durch die wiederholte Behandlung ein neuerlicher Erfolg erzielt In
8 Fällen (sämtlich ausgebreitete inoperable Carcinome) nahm die
Krankheit ihren Verlauf. Pusey rühmt besonders die guten kos¬
metischen Resultate ohne Substanzverluste.
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Williams 818 ) (1902) gibt eine Uebersicht über 635 im Boston
City Hospital zur Behandlung gekommene Krebsfälle und teilt diese
in externe und interne Geschwülste, ferner in ,,Cancers“ und „Car-
cinomas“. Unter den externen versteht er alle der Radiotherapie
direkt zugänglichen Fälle. In einer Tabelle gibt er eine Uebersicht,
wie sich diese Fälle auf die einzelnen Organe verteilen. Eine ge¬
nauere Mitteilung über die Zahl der mit Röntgenstrahlen behandelten
Fälle sowie über eventuelle Dauerresultate wird nicht gemacht Es
werden vier Fälle (zwei Epitheliome der Unterlippe, ein Epitheliom
des Augenlides, ein ulcerierter Krebs des Handrückens) ausführlicher
mitgeteilt und durch schöne Photographien erläutert. Auf Grund
seines Materials stellt Williams folgende Thesen auf: 1. Die Be¬
handlung ist geeignet für äusserliche Neubildungen, welche keine
grosse Tiefenausdehnung haben, wenn sie auch eine grosse
Fläche bedecken. 2. Die Behandlung verursacht keine Schmerzen.
3. Man braucht bei Furcht vor dem Messer die Behandlung nicht
aufzuschieben. 4. Schmerzen und übler Geruch werden gebessert. 5.
Die Verheilung erfolgt, ohne ein Geschwür zu veranlassen. 6. Die
Resultate sind von kosmetischem Standpunkt ausgezeichnet. 7. Die
Behandlung kann ohne Berufsstörung durchgeführt werden. 8. Die
Zeichen der Besserung treten innerhalb zwei oder drei
Wochen auf. 9. Bei grossen äusserlichen Geschwülsten soll zuerst
eine Operation vorgenommen werden, um so viel als möglich von der
Geschwulst zu entfernen, und dann sollen erst die Röntgenstrahlen
appliziert werden. Als Nachteile des Verfahrens bezeichnet Williams:
1. die Kostspieligkeit des Apparates und Schwierigkeit des Betriebes
sowie die Unmöglichkeit, eine volle Wirkung bei grösserer Dicke des
Gewebes zu erzielen; 2. den Umstand, dass das Verfahren durch
einige Zeit fortgesetzt werden muss. Hierzu ist zu bemerken, dass
der letztere Uebelstaud bei Verwendung der modernen Messapparate
durch die Verabreichung von Vollsitzungen (Normaldosen Kienböck)
wett gemacht wird.
Ein sehr reiches Material stand Grubbe 118 ) zur Ver¬
fügung, der 103 Carcinomfälle (8 am Auge, 13 an der Zunge, 5 in
der Vagina, 20 im Rachen, 2 im Uterus, 22 an Nase und Wange,
21 an den Lippen und 12 am übrigen Körper) mit Röntgenstrahlen
behandelt hat Die Behandlung wurde meist erst in späteren Stadien
der Krankheit eingeleitet, die grosse Mehrzahl der Fälle war inope¬
rabel. Im Hinblick auf diese Umstände sind die Resultate in ihrer
Gesamtheit äusserst günstige. In 50 Fällen wurde eine deutliche
Besserung erzielt, 28mal war die Wirkung der Radiotherapie nur
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unbedeutend, 25rual blieb sie völlig aus. Spieler 877 ) wirft Grubbe
die ungenügende pathologisch-anatomische Verarbeitung des Mate¬
riales vor, ein Mangel, der auch anderen Arbeiten anhaftet.
Segueira * 56 ) 856 ) hat über 45 Fälle von mit Röntgenstrahlcn
behandelten Epitheliomen berichtet. Er hat in allen, auch in den
recidivierenden Fällen gute Resultate erzielt, namentlich was die
Ueberhäutung der Ulzerationen und Stillung der Schmerzen anlangt;
in manchen Fällen vergrösserten sich allerdings die Epitheliome
während der Behandlung. In einem späteren Berichte teilt er die
Resultate von nunmehr 100 Epitheliom fällen mit. Unter 80 Fällen
von Ulcus rodens wurden 34 geheilt; die in zahlreichen Fällen auf¬
tretenden Recidiven konnten durch neuerliche Bestrahlung zürn
Schwinden gebracht werden. In 33 Fällen von tiefsitzendem Car-
cinom hat Skinner 268 ) 3mal völlige Heilung (Dauer?), 13rnal
progressive Rückbildung, 14 mal einen Misserfolg konstatiert.
37 Fälle von Carcinom (11 Mamma-, 18 Haut-, 2 Mund-,
1 Halsdrüsen-, 5 Oesophaguscarcinome) hat Fittig 102 ) mit Rönt-
gcnstrahlen behandelt und eigentlich nur bei den Ilautfällen gün¬
stigere Resultate gesehen.
Wild 817 ) hat bis auf die günstige Beeinflussung des Ulcus
rodens (von 22 Fällen 13 geheilt, 4 noch in Behandlung, 2 unge-
bessert, 3 gestorben) bei der Epitheliombehandlung minder gute
Resultate erzielt: Von 10 recidivierenden Epitheliom fällen nach
Operationen sind 9 bald nach Beendigung der Behandlung gestorben.
In zwei Fällen handelte es sich um Epitheliome auf lupöser Grund¬
lage, die bald wieder recidivierten. Acht weitere Fälle von Epithe¬
liomen der Hand, des Gesichtes und Skrotums blieben refraktär, es
Hess sich nur eine schmerzstillende Wirkung der Röntgenstrahlen
konstatieren. Zu bemerken wäre noch, dass auch in den 13 ge¬
heilten Fällen von Ulcus rodens dreimal innerhalb eines Jahres
Recidive auftraten, die in zwei Fällen einer neuerlichen Bestrahlung
wichen. Unter den 400 Fällen seiner Sammelforschung erzielte
Basbford 11 ) bei 21(5 Epitheliomfällen 141 mal vollständige Heilung
(=65°/o)> 42 mal Besserung; 16 mal blieb der Erfolg aus, 3mal ver¬
schlimmerte sich der Zustand. Es lagen zumeist nach Operation
recidivierende oder inoperable Fälle vor. Bashford bat berechnet,
dass Epitheliome bei Behandlung mit Röntgenstrahlen in
20— 40°/ o recidivieren. Ueber günstige Resultate berichten ferner
Barney 10 ) (38 Carcinome, darunter 19 Hautkrebse) und New-
comet 808 ) 204 ) (31 Fälle). Allen 4 ) s ) hat unter 43 Krebsfällen
(10 Mammacarcinome, je 1 Carcinom des Uterus, des Rachens und
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des Halses, BO Hautkankroide) und 4 Sarkomfällen 25 mal vollen
Erfolg, 12 mal Besserung, 5 mal Verschlimmerung und 5 Todesfälle
beobachtet. Unter 24 Epitheliomfällen versagte nach Daniel 70 )
die Röntgenbehandlung 12 mal, 3 mal blieb sie unvollständig, 2 Pa¬
tienten starben während der Behandlung und nur sieben wurden
gebessert.
Perthes* 10 ) hat auf Grund seiner Erfahrungen und der bisher
veröffentlichten Fälle folgende Thesen aufgestellt: 1. Die Heilung
von Carcinomen durch Bestrahlung ist bisher nur bei solchen ge¬
lungen, die in oder direkt unter der Haut liegen. 2. Es vollzieht
sich die Heilung langsamer, bei grösseren Carcinomen bedeutend
langsamer als bei der Behandlung mit dem Messer, doch kann die
Bestrahlung mit Röntgenstrahlen trotzdem deshalb von hohem Werte
sein, weil sie eine Operation gänzlich erspart, so vor allem bei
alten Leuten, und weil sie weit geringere Defekte setzt als die Ex¬
stirpation. 3. In Fällen von grossen inoperablen ulzerierten Carci-
nomen kann die Bestrahlung von palliativem Nutzen sein, da die
jauchig zerfallenen Geschwüre sich reinigen und zum Teil vernarben,
während in der Tiefe das Carcinom weiter fortschreitet. Perthes * n )
hat 29 Fälle, darunter 13 Hautkankroide, behandelt und 12 Heilungen
erzielt
Sjögren* 64 ) brachte 14 von 21 Epitheliomfällen durch Röntgen¬
strahlen zur Ausheilung, mehrere davon sind 3—4 Jahre lang nach¬
beobachtet In fünf Fällen wurde das eingetretene Recidiv durch
neuerliche Bestrahlung zum Schwinden gebracht, in zwei Fällen ist
die Behandlung noch nicht abgeschlossen.
Aus der von Hahn 1 * 1 ) angestellten Sammelforschung über die
radiotherapeutischen Versuche bei verschiedenen Hautaffektionen,
wobei er 2608 Fälle zur Verfügung hatte, geht hervor, dass von
Chrysospathes 3, von Hahn selbst 20, von Immelmann 24,
von Köhler 12, von Kümmel 16, von Nobele 5, von Schiff 28,
von Scholtz 5, zusammen also 113 Carcinomfälle mit Röntgen¬
strahlen behandelt worden sind. Ueber die in den einzelnen Fällen
erzielten Dauerresultate ist aus der Publikation Hahn;’s nichts zu
entnehmen.
Die günstigen Erfolge der Epitheliomtherapie mit
Röntgenstrahlen haben die bisherigen chirurgischen Indi¬
kationen völlig ins Wanken gebracht, wie dies namentlich
die Verhandlungen des Berliner Dermatologenkongresses (1905) be¬
wiesen (Darier 74 ), Fordyce 103 ), Länderer 161 ), Mibelli 198 ), von
Petersen ***), R<5na* 36 ) und Unna 30 *). Während namentlich v.
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Petersen an der radikalen chirurgischen Ansicht festhielt, konnte
sich die Mehrzahl der übrigen Autoren der Erkenntnis nicht ver-
schliessen, dass die Behandlung des oberflächlichen Hautkrebses in
Zukunft zum grössten Teile unter die Domäne der Radiologen fallen
wird. Die Gefahren bei der Behandlung der Hautcarcinome, von
denen etwa A. R. Robinson vor kurzem sprach, existieren bei
korrekter Technik nicht, wie wir dies noch näher erörtern werden.
In der Diskussion zu Robinson’s Vortrage ist eine Reihe von
Autoren für die veralteten Methoden der Kaustik, Elektrolyse etc.
neuerdings eingetreten.
Es ist das Verdienst Holzknecht's, der schon bei einer
früheren Gelegenheit 136 ) hervorhob, dass bereits ungefähr 100 histo¬
logisch sichergcstellte Epitheliome durch Röntgenstrahlen
geheilt wurden, die Indikationsstellung bei dieser Affektion auf
eine neue, sichere Basis gestellt zu haben ,38 ). Er wies die Inferiorität
der Einsen- sowie auch der Radiumbehandlung bei Epitheliom nach
und gibt zum Zwecke der „Revision der Indikationen“ folgende
Einteilung: I. Inoperable Fälle, sei es, dass sie, in eigentliche
Carcinome umgewandelt, höhere Grade der Aggressivität auf das
gesunde Gewebe und Metastasierung zeigen, sei es, dass ihre Aus¬
dehnung oder der Allgemeinzustand der Kranken oder sonstige Um¬
stände die Operation ausschliessen. Sie sind der palliativen Be¬
strahlung zuzuführen, welche von allen palliativen Behandlungs¬
arten bei weitem das Beste leistet. II. Operable tief greifende
Epitheliome; sie sind radikal zu exstirpieren. III. Ganz
oberflächliche Formen und ihre Vorstadien, Seborrhoea
oleosa, Morbus Paget. Sie sollen der Röntgentherapie zu¬
gewiesen werden. IV. Misch formen zwischen II und III; die
meist grösseren oberflächlichen Teile sollen durch Röntgenbestrahlung
saniert, dann der tiefgreifende Rest exstirpiert werden.
Bei zweifelhaften Fällen kann nach Holzknecht eine ein¬
malige Bestrahlung durch Resorption alles oberflächlichen Gewebes
in drei Wochen den Grund des Epithelioms sichtbar machen, eine
Zeit, die bei dem jahrelangen Verlaufe der Affektion keine Rolle
spielt.
Lassar 164-166 ) hat eine Reihe von kasuistischen Mitteilungen
gemacht und in der letzten Zeit an zwei Stellen über mehrere Hun¬
dert von mit Röntgenstrahlen behandelten Krebsfällen summarisch
berichtet 1 * 7-169 ). Er spricht eich über die erzielten Resultate sehr
vorsichtig und eigentlich recht skeptisch aus und macht einige Andeu¬
tungen über eine mögliche schädliche Wirkung der Methode, worauf wir
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später noch zu sprechen kommen. Aus einer Aeusserung von
Jastrowitz 167 ) geht hervor, dass unter 500 Fällen Lassar’s
eigentlich kein Misserfolg zu verzeichnen war. Gleichfalls
auf dem Röntgenkongresse in Berlin berichten Priö und Comas 221 )
über 65 Fälle (2 an der Stirn, 5 an den Lidern, 1 an der Orbita,
1 am Unterkiefer, 7 an der Zunge, 1 an den Mandeln, 1 im Larynx,
15 an den Mammae, 12 an der Nase, 5 an der Wange, 7 an den
Lippen, 1 Magen-, 1 Rectum-, 3 Uteruscarcinome und 2 an den
Extremitäten). Von diesen wurden 19 „geheilt“ (3 an den Lidern,
8 an der Nase, je 2 an den Lippen und der Mamma, je 1 an der
Orbita, Zunge, Wange und einer Extremität), in 12 Fällen traten
Besserungen ein, indem die Schmerzen verschwanden, der Prozess
Stillstand oder sich teilweise ruckbildete. Neun Fälle stehen noch
in Behandlung, 21 mal wurde kein Erfolg erzielt; 3mal wurden
prophylaktische Bestrahlungen nach der Operation vorgenommen.
Löser 180 ) hat 20 Fälle von Hautcarcinomen (mit Ausschluss des
Ulcus rodens) mit Röntgenstrahlen behandelt; davon sind 3 geheilt
(1 an der Nase, 2 an der Schläfe), 5 gebessert (1 an der Stirn, 2
an der Wange, 2 an der Nase), 12 Fälle blieben ungeheilt (je 1
Carcinom der Dura, des Ohres, des Gesichtes, der Zunge, der In¬
guinalgegend, je 2 der Nase und der Brust und 3 der Mamma).
Bclot 22 ) gelangt auf Grund seines Materiales und eines um¬
fangreichen Literaturstudiums zu folgenden Schlüssen: Die Radio¬
therapie liefert in manchen Fällen von Cancer objektiv vollständige
Heilungen. Der grösste Teil der mit dieser Methode behandelten
Hautepitheliome heilt, ohne dass man freilich die Möglichkeit von
Recidiven ausschliessen kann; dieselben scheinen minder häufig
als nach chirurgischer Behandlung aufzutreten. Manchmal
soll der Radiotherapie eine chirurgische Operation zur Vorbereitung
des Terrains vorangehen. Die eigentlichen Carcinome müssen operiert
werden und hierauf muss eine Röntgenbehandlung folgen (radio¬
chirurgische Behandlung). Wenn die Operation verweigert wird,
können die Röntgenstrahlen von Nutzen sein; manche Fälle werden
gebessert, völlige Heilung erfolgt nur ausnahmsweise. Wenn das
Neoplasma nicht sehr voluminös ist, relativ oberflächlich liegt und
nicht von Drüsenveränderungen begleitet ist, kann man beide Me¬
thoden versuchen; aber der Vorzug scheint gegenwärtig noch der
chirurgischen zu gebühren. Die Röntgenstrahlen können bei in¬
operablen Fällen grosse Dienste leisten. Sie stillen den Schmerz,
bessern das Allgemeinbefinden und verlängern das Leben. Bei
Hautrecidiven in der Narbe oder deren Umgebung scheint
Central blett t. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 2
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die Radiotherapie bessere Resultate zu geben als die
Chirurgie, was die Dauer der scheinbaren Heilung betrifft . . . .
Manche Falle von Krebs sind refraktär. Toxische Symptome sind
selten. Ob es eine vollständige Heilung des Krebses durch Radio¬
therapie gibt, ist noch ungewiss; gleichwohl sind einzelne Patienten
durch mehrere Jahre recidivfrei geblieben. Das Schwinden der
Neoplasmen ist unabhängig von der Radiodermatitis. Das Verfahren
erfordert eine sichere Technik und genaue Dosierung.
In der jüngsten Zeit wurden von Rank in** 8 ) 30 Fälle und
von Weik 811 ) 26 Fälle mitgeteilt Der erstere verzeichnet 16 Hei¬
lungen, 12 Besserungen, 2 Misserfolge, der letztere 9 = 34°/ 0 Hei¬
lungen, wobei die besten Erfolge bei nicht operativem ulceriertem
Carcinom des Gesichtes erzielt wurden. Im Institute Pellizzaris
(Florenz) wurden 50 Fälle von Epitheliomen und Sarkomen mit
gutem Erfolg radiotherapeutisch behandelt. Rosenberger verfügt
über ein Material von über 40 malignen Tumoren (11 Cancroide,
20 Carcinome, 3 Endotheliome, 6 Sarkome). Von den 20 Carcinomen
wurden 8 (6 inoperable Mammacarcinome, 2 Hautkrebse) mit Erfolg,
namentlich in Bezug auf die Schmerzen, 3 mit geringem und 9 ohne
Erfolg behandelt.
Wenden wir uns nunmehr der Besprechung der an den ein¬
zelnen Körperregionen erzielten Resultate der Carcinombehaud-
lung mit Röntgenstrahlen zu, so ergibt sich auf den ersten Blick,
dass eines der am häufigsten behandelten und auch dankbarsten
Objekte der Radiotherapie das Carcinom der Mamma darstellt.
Eine reiche, kaum mehr übersehbare Litteratur beschäftigt sich mit
diesem Gegenstände; es sollen hier wieder vorwiegend die Autoren
mit grösserem Materiale genauer berücksichtigt werden.
Die erste Mitteilung über die Behandlung von Mammacarcinom
mit Röntgenstrahlen stammt von Gocht 114 ).
Die erste Patientin Gocht’s, eine 54jährige Frau, wurde durch
sechs Tage täglich bestrahlt, sie fühlte sich subjektiv besser, die Schmerzen
schwanden fast vollständig. Am siebenten Tage stieg die Temperatur
plötzlich an, es entwickelte sich Erysipel an Nacken, Brust und rechtem
Arm. Einige Tage später profuse Blutung aus dem exulcerierten Car¬
cinom, bald darauf Exitus.
Die zweite Patientin war 46 Jahre alt, wegen Brustkrebs mehrmals
operiert, das letzte Mal 1896. November 1896 Beginn der Radiotherapie.
Die Schmerzen schwanden sofort; als eine Störung im Apparat eintrat
und die Behandlung durch 12 Tage ausgesetzt werden musste, kehrten
sie wieder, so dass abermals Morphium verabreicht werden musste. Bei
Wiederaufnahme der Sitzungen wurde das Morphium unnötig. Anfang
1897 wuchs das Carcinom, die Patientin konnte nicht mehr in das
Institut kommen. Sie starb am 26. Februar 1897.
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Wenige Jahre nach Gocht’s ersten Versuchen wurde das
Verfahren beim Mammacarcinom namentlich von amerikanischen
Autoren in grösserem Stile erprobt und liegen diesbezügliche Berichte
von Clark 51 ), Morton* 00 ), Ayers 7 ), Soiland 276 ), Williams 318 ),
Hopkins 141 ), Allen 5 ), Johnson u. Merill 116 ), Varney 305 ), New-
comet u. Turner 297 ) vor. Morton hat in 11 Fällen durchwegs
gute Erfolge erzielt, indem sich das Carcinom mit seinen Erschei¬
nungen teilweise oder selbst ganz rückbildete; er bestrahlte sowohl
primäre als auch recidivierende Mammacarcinome. Morton hält
auch die Bestrahlung von der Schulterbrustgegend aus für wichtig,
um die tiefe Pectoralisfascie, die Muskeln und die Teile unter den
Rippen zu beeinflussen. 11 Erfolge verzeichnet Williams,
wobei er besonders betont, dass die fixierten Geschwülste nach der
Bestrahlung wieder beweglich wurden. Johnson u. Merill berichten
über vier Misserfolge, Varney u. Turner erzielten bei recidivie-
renden Mammacarcinomen vorübergehende Besserung.
Ueber einen der ersten erfolgreichen Fälle haben Fittig u. Miku¬
licz 191 ) berichtet Ein Mann, der ein ausgedehntes exulceriertes,
sehr freiliegendes Mammacarcinom mit Metastasen in beiden Achsel¬
höhlen hatte, wurde nach operativer Ausräumung der Achselhöhlen
und Röntgenbestrahlung (sechs Sitzungen) symptomatisch geheilt.
Evkmann’s 89 ) Patientin, eine 61jährige Frau mit inoperablem Brust¬
krebs, wurde durch die Behandlung in kurzer Zeit von dem Tumor
und seinen Folgeerscheinungen (Schmerzen, Zirkulationsstörungen)
befreit.
Zum Teil sehr erhebliche, an Heilung grenzende Besserungen
bei recidivierenden Mammacarcinomen erreichten Doumer u. Le-
moine 85 ), Coley 63 ), Center 50 ). Daniel 70 ) beobachtete unter 0
Fällen 4 Heilungen. Dagegen konnte Hahn 120 ) bei recidivierenden
Formen unter 4 Fällen nur einmal das Zurückgehen der bestrahlten
Knoten erzielen. Nach Kassabian 147 ) reagieren Brustkrebse, auch
recidivierende und inoperable, auf Röntgenstrahlen sehr prompt, selbst
prompter als Sarkome. Perthes 208 ) hat in 7 inoperablen Fällen Ver¬
kleinerung oder Verschwinden der Knoten gesehen. Unter 13 Fällen
Barney’8 10 ) wurden 5 symptomatisch geheilt und 8 gebessert. Exn er 9C )
erzielte bei 3 inoperablen Fällen 2 sehr gute Resultate und eiuen
geringen Erfolg. In der Statistik Wild’s 317 ) finden sich 8 Fälle
von inoperablem und 6 von recidivierendem Mammacarcinom ver¬
zeichnet. Drei davon starben an fortschreitender Carcinose, bei 7 wurde
eine Besserung des Zustandes erzielt, die sich in erster Linie durch
Aafhören der Schmerzen geltend machte, bei 5 Kranken wurde die
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Behandlung vorzeitig unterbrochen. Dagegen hat Morton 500 ) in
allen seinen 20 Fällen vorzügliche Erfolge erzielt, indem die vorher
durchwegs inoperablen Tumoren teils völlig verschwanden, teils nach
der Bestrahlung operabel wurden. Fittig 105 ) ist wieder zu der
Meinung gelangt, dass beim Mammacarcinora die Radiotherapie nur
ausnahmsweise Erfolg hat und die Operation nach wie vor vorzu¬
ziehen sei; er hat 11 Fälle behandelt.
Sein grosses Material an Mammacarcinomen scheidet Pusey 227 )
in recidivierende und primäre; von den ersteren hat er 31, von den
letzteren 14 mit Röntgenstrahlen behandelt. Von den 31 recidivie-
renden Mammacarcinomen wurden 6 symptomatisch geheilt, 8 ge¬
bessert, in 17 Fällen war der Erfolg gering oder blieb ganz aus.
Unter den symptomatisch geheilten Fällen sind einer durch mehr
als 2 Jahre, 2 durch 18 Monate und 2 durch 1 Jahr recidivfrei.
Die Krankheit war in keinem Falle völlig geschwunden, doch
fehlten alle quälenden Symptome, so dass sich die Patientinnen voll¬
kommen wohl und zufrieden befanden. Diese Resultate, die Pusev
mit einer grossen Zahl von Sitzungen (fraktionierte Dosen) erreichte,
sind höchst beachtenswert.
Primäre Maramacarcinome hat Pusey in 14 Fällen mit Röntgen-
strahlen behandelt, fast alle wurden ihm von bewährten Chirurgen
als inoperable Fälle übersandt, einmal war die Operation verweigert
worden. In fast allen Fällen wurde der Zustand der Kranken er¬
heblich gebessert. Keiner dieser Fälle kann als symptomatische
Heilung aufgefasst werden. Nur zweimal blieb der Erfolg ganz
aus; in einem dieser Fälle starb die Patientin bald an allgemeiner
Carcinomatose, in dem andern trat eine sehr geringfügige Besserung
ein, die Brust wurde später operativ entfernt. Besonders gut war
das Resultat bei einer 76jährigen, völlig erschöpften Frau, bei
welcher der grosse Tumor bis auf einen haselnussgrossen Knoten
schrumpfte und das Allgemeinbefinden sich beträchtlich hob. Es
ist ausser Zweifel, dass selbst weit vorgeschrittene in¬
operable Fälle von Brustkrebs durch die Radiotherapie er¬
heblich gebessert werden.
In einer dritten Serie von Mammacarcinomen (10 Fälle) hat
Pusey prophylaktische Bestrahlungen nach der Operation
vorgenommen. Die Resultate dieser Methode sind äusserst günstig.
Von den 10 Kranken blieb eine durch 28 Monate, 6 durch 2 Jahre
nach der Operation recidivfrei. Eine Kranke starb nach einem
Jahre an cerebraler Embolie, ohne ein Recidiv gehabt zu haben,
eine nach 1 Jahren an Carcinom im Abdomen. Die restliche
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Patientin litt an Paget’s disease und starb mehrere Monate nach
Au6setzen der Radiotherapie.
Wells* 14 ) hat bei 3 primären Mammacarcinomen Schrumpfung
des Tumors und Besserung der Schmerzen erzielt.
Ueber ein grösseres Material von mit Röntgenstrahlen be¬
handelten Mammacarcinomen verfugt Leonard m ) (Philadelphia).
Von 26 in der Zeit von 1900—1904 behandelten Fällen sind 12
gestorben, 2 entzogen sich der Beobachtung, 2 der überlebenden
Fälle wurden mit Röntgenstrahlen allein behandelt, sie lebten 18 bzw.
16 Monate. In einem Falle lag ein primärer inoperabler Scirrhus
vor, die Patientin lebte noch 2 Jahre nach Beginn der Behandlung.
In vier Fällen lagen Recidive vor, drei davon schwanden vollständig
und die Kranken befanden sich 21, 10 und 4 Monate nachher
vollständig wohl. Im 4. Falle hatte die Behandlung nur eine sehr
vorübergehende Wirkung. Von den postoperativ behandelten Fällen
leben vier, frei von Recidiven, 19, 14, 12 und 7 Monate nach der
Operation. Im vorletzten Falle waren 2 Operationen, die zweite
wegen eines rapid einsetzenden Rezidivs vorhergegangen. Alle 12
verstorbenen Fälle waren inoperabel, als sie zur Behandlung kamen,
bis auf drei Fälle erzeugte die Radiotherapie jedesmal deutliche
palliative Besserung, Verkleinerung des Tumors; eine dieser Kranken,
die an Cancer en cuirasse litt, der das Schulterblatt der einen Seite
mit eigriffen hatte, brachte unter Röntgenbehandlung noch ein Jahr
in erträglichem Zustande hin.
Von allen behandelten Patientinnen leben also fast die Hälfte
(eine allerdings in sehr schlechtem Zustande), eine 2 Jahre nach der
Behandlung (gegenwärtig Recidiv), 9 Frauen sind symptomatisch
geheilt. Sieben Patientinnen, eine hohe Zahl, wenn man den Zustand
berücksichtigt in dem 9ie zur Behandlung kamen, lebten über ein
Jahr nach der Operation.
Marquardt 184 ) und Kronfeld 160 ) teilten je einen „geheilten“
Fall von inoperablem Mammacarcinom mit. In ersterem Falle
handelte es sich um ein 47 jähriges Fräulein, bei dem die rechte
Mamma seit einem Jahre bretthart infiltriert und empfindlich war
und in der letzten Zeit an der Oberfläche geschwürig zerfiel; in der
Achselhöhle fand sich ein derbes Drüsenpaquet. Die Patientin war
sehr elend und herabgekommen. Dezember 1902 bis Februar 1903
Radiotherapie, 60 Sitzungen. Die Geschwüre reinigten sich und über¬
häuteten, die Drüsenschwellungen schwanden, der rechte Arm wurde
wieder beweglich, im Februar 1903 war der Tumor fast völlig ver¬
schwunden, die Geschwüre fast gänzlich verheilt. Bei einer Gesamtbeob-
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achtlingsdauer von 3 Monaten kann selbstredend von einer Heilung nicht
die Rede sein. Auch der Fall von Kronfeld, der von Schiff * 44 ) be¬
handelt und vorgestellt wurde, ist nicht genügend lange beobachtet
(4 Monate). Das inoperable jauchige Carcinom zeigte ein tiefes
kraterförmiges Geschwür, kombiniert mit derben Drüsenpaqueten in
der Supra- und Infraclaviculargegend. Es bestanden starke lanci-
nierende Schmerzen. Unter Radiotherapie heilten die Geschwüre
mit glatter Narbe, auch die Drusenschwellungen gingen zurück.
Obwohl die Patientin objektiv und subjektiv symptomenfrei war,
ergab die histologische Untersuchung noch Krebsgewebe in den
Narben.
Lassar 165 ) brachte ein ulceriertes, nach Amputatio mummac
recidiviertes Carcinom zur Ausheilung, wobei sich das Allgemeinbe¬
finden beträchtlich hob und die Patientin um 5 kg an Gewicht zu¬
nahm. Einen nur sehr vorübergehenden Effekt beobachtete Sloan* 7 *)
in einem analogen Falle. Die oberflächlichen Geschwüre heilten,
während da6 maligne Gewebe und die Drüsen unverändert blieben.
Nach Aussetzen der Behandlung trat neuerlich Ulceratiou
auf. Es ist in solchen Fällen sehr bedauerlich, dass nicht genauere
Angaben über die verabreichten Dosen gemacht werden, da eine
ungenügende Menge das Ausbleiben der Wirkung ungezwungen er¬
klären würde. In drei Fällen von primärem Mammacarcinom brachte
Wells 314 ) die Tumoren zur Schrumpfung und konnte die Schmerzen
lindern.
Löser 180 ) verzeichnete unter drei Fällen drei Misserfolge, da¬
gegen hatte Freund 104 ) 105 ) zwei sehr gute Resultate. Bei den
letzteren zwei Fällen handelte es sich bei bejahrten, sehr kachek-
tischen Frauen um inoperable exulcerierte Tumoren, die unter Radio¬
therapie prompt zurückgingen. In beiden Fällen wurde auch das
subjektive Empfinden beträchtlich gebessert. In dem einen Falle
blieben unwesentliche, durch den Narbenzug bedingte Schmerzen
zurück, die Umgebung der Narbe war noch stark infiltriert und
mit dem Thorax verwachsen; hier waren die Ulzerationsflächen
sehr ausgebreitet gewesen. Im zweiten Falle gingen auch die
Metastasen in den Achselhöhlen zurück. Freund ist der Ansicht,
dass es vorwiegend die Hyperämie ist, welche diese Heilungs¬
prozesse hervorruft. Doch ist bei der eminent schrumpfenden, atro-
phierenden Wirkung der Röntgenstrahlen auf das Haut- und Drüsen¬
gewebe diese Erklärung des Effektes durch Stauung nicht recht
plausibel; andererseits ist es bei der Methode mit fraktionierten,
sehr schwachen Dosen und harter Röhre, wie sie Freund anwendet,
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kaum anzunehmen, dass hierdurch eine ständige lokale Hyperämie
unterhalten wird. Die Behandlung eines Falles von Mammacarcinom
durch Gauthier und Duroux u0 ) war durch eine „veritable
Krebsintoxikation“ gestört. Aehnliche toxische Symptome beob¬
achtete Har et 125 ) bei drei Fällen von nicht exulceriertem Mamma¬
carcinom. H. E. Schmidt, der mit der Radiotherapie der Carci-
noroe im allgemeinen keine guten Erfolge hatte, sah Mammacarcinome
während der Behandlung weiter wachsen und Hautmetastasen in der
Umgebung auftreten; in einem analogen Falle Grumnach’s traten
hochgradige Steigerung der Pulsfrequenz und Schwäche auf.
Priö u. Comas 221 ) konnten unter 15 Bestrahlungen von Mamma-
carcinomen nur zweimal Verschwinden der Symptome erzielen.
Holland 184 ) tritt namentlich für die Radiotherapie inoperabler
Mammacarcinome ein, die in ihrer Eignung den Epitheliomen am
nächsten kämen, und berichtet über auffällige Besserung in einem
derartigen Falle.
Ein mächtiges exulcerierendes recidiviertes Mammacarcinom bei
einer 50jährigen Frau brachten Köhler und Herxheimer 158 ) durch
18 intensive Bestrahlungen von 10—15 Minuten Dauer zur Ueber-
häutung und bedeutenden Verkleinerung. Radiographisch fand sich
in der Hilusgegend der rechten Lunge ein wallnussgrosser circum-
scripter Schatten (Metastase). Bei der Sektion erwies sich der
Knoten als auffallend klein (vielleicht durch Projektion).
Unger 800 ) will auf Grund seiner histologischen Untersuchungen
den Röntgenstrahlen bei Mammacarcinom nur eine ganz oberfläch¬
liche Wirkung zuerkennen, die nicht über 5 mm in die Tiefe
reicht. Er behandelte 18 Fälle, 16 Recidive nach Operationen,
2 inoperable. Nach seinen Erfahrungen wird das Wachstum der
Drüsen durch die Strahlen nicht beeinflusst, auch die Kuochen-
metastasen nicht; die Erzeugung intensiver Reaktion bis zur Nekrose
schätzt nach Unger nicht vor Recidiven. Gegen diese ziemlich
ungünstige Beurteilung des Verfahrens wendete Wohlgemuth 323 )
mit Recht ein, dass gerade die histologisch untersuchten Fälle
Unger’s nicht ausreichend behandelt wurden. Wie in zahlreichen
anderen kasuistischen Mitteilungen sind auch hier die An¬
gaben über die verabreichte Dosis völlig unzureichend. Es
wird nur mitgeteilt, dass 10 Sitzungen verabreicht wurden, über die
Härte der Röhre, Bestrahlungszeit, Fokusdistanz etc. bleiben wir
vollständig im unklaren.
Der von Wohlgemuth vorgestellte Fall beweist, dass die
Röntgenstrahlen ein Mammacarcinom mindestens bis zu einer
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Tiefe von 3 — 4 cm beeinflussen können. Die 76jährige Frau litt
seit 7 Jahren an exulceriertem Carcinom der linken Brust mit
Schwellung der Axillardrusen und heftigen Schmerzen. Die letzteren
Hessen unter Radiotherapie sofort nach. Es wurden fraktionierte
Dosen verabreicht, so dass es niemals zur Hautreaktion kam. Der
apfelgrosse harte Tumor öberhäutete sich und schwand vollständig.
Ueber der linken Clavicula blieb eine Drüse zurück.
Nach Rankin** 8 ) schwinden nur die Schmerzen und Ulcera-
tionen, das Fortschreiten des Tumors aber wird nicht hintaugehalten.
Weik 311 ) hat ein inoperables exulceriertes Mammacarcinom durch
vier Monate bestrahlt und sehr günstig beeinflusst.
Mänätrier und Bäclöre behandelten ein äusserst torpid ver¬
laufendes metastatisches Carcinom am Schädeldach, das sich 11 Jahre
nach der Amputation der beiden Brüste und Ausräumung der
Achselhöhlen entwickelt hatte.
Auch die sekundären Mediastinaltumoren nach Mamma¬
carcinom werden durch Röntgenstrahlen günstig beeinflusst, die
Drüsen verkleinern sich, die Drucksymptome schwinden; dies fällt
um so mehr ins Gewicht, als es sich meist um Patientinnen handelt,
die sich in einem scheinbar völlig hoffnungslosen Zustand befinden.
Pfahler* 15 ) behandelte 6 derartige Recidivfälle nach Mammaampu¬
tation wegen Krebs, 3 davon starben während oder bald nach der
Behandlung, 3 wurden von den objektiven Symptomen und subjek¬
tiven Beschwerden (Husten, Atemnot, Cyanose) befreit; von den 3
letzteren Fällen ist einer durch mindestens 14 Monate und einer,
durch ein halbes Jahr nachbeobachtet, beschwerdefrei geblieben.
Die als Paget’s disease bekannte Affektion, welche unter
dem Bilde eines chronischen Ekzems in der Mammillargegend be¬
ginnt, aber vom Anfang an als echtes Epithelialcarcinom aufzufassen
ist (Matzenauer), wird, wie die Kasuistik lehrt, in fast allen Fällen
im Frühstadium wie in den Stadien der ausgebreiteten Carcinose
durch Röntgenstrahlen äusserst günstig beeinflusst. Nach der ersten
Mitteilung von Meek 190 ), eiue 32jährige Negerin im zweiten Jahre
der Krankheit betreffend, bei der die mikroskopische Untersuchung
sechs Wochen nach Einleitung der Radiotherapie normale Verhält¬
nisse ergab, haben Holzknecht 187 ) und Lang 183 ) einen derartigen
Fall erfolgreich behandelt. Es bestanden hier seit 12 Jahren eine
grosse nässende Fläche sowie ein bis in die Achselhöhle reichender
derber, bretthart infiltrierter Tumor. Auf den geschwürig zerfallenen
Stellen wurden Normaldosen von 4 H, auf den Tumor solche von
8—10 H verabreicht. Die nässende Fläche begann sich auffaUend
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rasch zu epithelisiereu, die Geschwulst verkleinerte sich, das
Kör]>ergewicht stieg, die Anämie besserte sich, die Fixation des
Armes am Schultergelenk Hess nach. Die Affektion hatte in diesem
Falle nicht in der typischen Weise an der Brustwarze, sondern in
der Umgebung begonnen. Harrison und Wills hatten in mehreren
Fällen gute Resultate. Görl 116 ) brachte bei einer 76jährigen
Frau, bei der die Affektion seit 10 Jahren bestand, den Tumor
fast völlig zur Ausheilung. Puscy 2 * 7 ) (Lehrbuch, S. 553) hatte
in einem Falle einen guten palliativen Erfolg, bei dem zweiten war
die Wirkuug nur vorübergehend und es musste die Operation an¬
geschlossen werden.
In den beiden Fällen von Hartzell heilte nach Röntgen¬
behandlung die oberflächliche Affektion vollständig aus, während
sich später ein Tumor des Drüsengewebes entwickelte — also
eigentlich zwei Misserfolge. (Foructzung folgt.)
II. Referate.
A. Tumoren.
Physiologic&l notes on the cancer problems. Von Willoughby
Wade. Brit Med. Journ. 1906, 17. März.
Die Probleme betreffs des Krebses teilen sich in zwei Klassen.
1. Was geschieht in einem Organ, z. B. in der Mamma, wo der
eine Pol normal, der andere carcinomatos infiltriert ist?
2. Warum tritt diese Veränderung ein?
Die Integrität eines Organes hängt ab sowohl von inneren als auch
von äus&ren Ursachen und dasselbe gilt von den sekretorischen Drüsen,
wie der Submaxillaris und auch der Mamma.
Die Submaxillardrüse besteht schon im Embryo, bevor noch eine
Differenzierung des Nervengewebes existiert, sie ist daher auf die eigene
innere Kraft des Wachstums angewiesen, erst späterhin wird sie durch
Nerven dominiert. Wenn wir die Chorda tympani, den motorischen
Nerven der Drüse, durchschneiden und das distale Ende elektrisch er¬
regen, dann treten Salivationen auf, welche jedoch nach bestimmter Zeit
sistieren, bis wieder neuerlich Material sich angesammelt hat. Es fragt
sich nun: Beruht dieser Ersatz auf einer den Zellen eigenen Kraft? Oder
ist derselbe abhängig von nervösen Reizen? Darauf bezieht sich fol¬
gendes Experiment: Bei einem jungen Tiere wurde die Chorda tympani
auf einer Seite durch trennt und die äussere Wunde der Heilung über¬
lassen; nach einiger Zeit wurden beide Drüsen entfernt, wobei sich die¬
jenige, deren Nerv durchschnitten war, kleiner erwies als die andere.
Daraus folgt, dass die allgemeine Ernährung vom motorischen Nerven
abhängt. Die Chorda tympani enthält ausser den motorischen noch
vaso-dilatatorische Fasern; diese letzteren sind durch die Durchtrennung
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— 2H —
zerstört, während die Vasoconstrictoren, die vom Sympathicus kommen,
intakt sind.
Der motorische Nerv der Drüse wird auf verschiedene Arten ge¬
reizt: 1. durch verschiedenartigste Substanzen, wie namentlich Nahrungs¬
mittel; 2. durch den Anblick und den Geruch der Nahrung; 3. durch
den Gedanken an die Nahrung. Punkt 1 ist die gewöhnliche Art des
Reizes. Es ist nun bekannt, dass in den ersten drei Monaten des extra¬
uterinen Lebens kein Speichel secerniert wird, obwohl die sensorischen
Mundnerven durch den Kontakt mit Milch unaufhörlich gereizt werden.
Vielleicht werden dadurch erst centrale Kommunikationswege gebildet
oder dieselben existieren bereits und es bedarf dreier Monate, um die
Drüse in den Zustand der sekretorischen Kraft zu versetzen. Die männ¬
liche Mamma, ursprünglich der weiblichen gleich, bleibt späterhin in der
Entwickelung zurück, doch ist es bekannt, dass auch sie zur Laktation
fähig ist, allerdings erst nach langem Reize der sensorischen Nerven in
der Brustwarze und durch psychischen Reiz der motorischen Nerven.
Aus dem oben Gesagten geht hervor, dass die Kraft, welche zweifellos
reife Zellen zur Sekretion anregt, bereits zu einer Zeit existiert, wo die
Zelle selbst noch nicht reif ist, und es folgt wieder daraus die An¬
nahme, dass das Wachstum der Zelle bis zur Reife vom motorischen
Nerven abhängig ist.
Nun frägt es sich, welche Beziehungen der motorische Nerv in
den Ruhepausen zwischen zwei Laktationen oder nach der Menopause hat;
vielleicht hat er irgend einen hemmenden Einfluss und verhindert die
Zellen an der ihnen eigenen Kraft des Wachstums, dann würden die
Zellen beim Ausfall dieses Einflusses wieder ihr freies Wachstums vermögen
zurückerlangen, und es würden vielleicht daraus Zellen entstehen, welche
dem Eindringen von Leukocyten keinen Widerstand entgegensetzen.
Doch auch auf anderem Wege kann den Zellen ein neuer Lebensmodus
verliehen werden, z. B. der motorische Nerv macht sie wohl Wachstums-
fähig, aber nicht in der Weise, dass sie der Sekretion dienlich sind.
Das kontinuierliche und schrankenlose Wachstum der Carcinom-
zellen beruht nicht nur auf der ihnen eigenen Kraft, sondern auch auf
neuem Wachstum von Bindegewebe; und wenn wir annehmen, dass ein
Ausfall von physiologischen Bedingungen die Ursache für Careinom ab¬
gibt, dann werden wir zuerst auf die senilen Veränderungen aufmerksam.
Sicher ist, dass einzelne von den Zellen im Nerven einer Drüse
senile Veränderungen eingehen, und wenn wir das Carcinom als senile
Erkrankung auffassen, so stimmt dies mit der Annahme, dass das Car¬
cinom ursprünglich mit der Degeneration des Gewebes, in welchem der
Tumor auftritt, im Zusammenhang steht.
Sonst tritt noch häufig Carcinom in den weiblichen produktiven
Organen zur Zeit der Menopause auf und die Häufigkeit dieses letz¬
teren Umstandes bestärkt die Idee, dass die Ursache der Erkrankung
in Strukturdefekten liegt, sei es nun in den Zellen oder in den Zell¬
nerven oder in beiden.
Die Entwickelung des Neoplasmas ist das Resultat von Reizen,
welche die normale Entwickelung der Zellen verändern und ihnen die
charakteristische Eigenschaft der Bildung von Produktivgewebe geben;
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solche Reize sind z. B. kontinuierliche Erregungen. Auf jeden Reiz
folgt früher oder später eine Erschöpfung, wodurch wieder ein Ausfall
irgend welcher Kräfte Zustandekommen muss.
Verf. nimmt an, den Ursprung des Carcinoms mit gutem Recht
mit senilen Veränderungen in den Nervenendigungen oder Zellen oder
vielleicht in beiden in Zusammenhang bringen zu dürfen.
Herrnstadt (Wien).
A case of secondary carcinoiuatous growths simulating tuberculous
hip-joint disease and miliary tuberculosis. Von Rob. E. Lord
u. Chas. W. Buckley. Brit. Med. Jour. 27. Jan. 1906.
Eine 50 Jahre alte Frau, Tuberkulose oder maligne Erkrankung
anamnestisch nicht nachweisbar, bei der die linke Brust durch eine aus¬
gedehnte Operation im Jahre 1903 wegen eines längere Zeit bestehenden
Tumors entfernt worden war. Im Anschluss an eine Erkältung trat
eine typische Lumbago auf, sehr bald jedoch begannen Schmerzen an der
Aussenseite des linken Hüftgelenkes. Im Verlaufe eines halben Jahres
stand das Bein in Flexion, Adduktion und Auswärtsrotation, Bewegung
und Druck auf das Schambein waren schmerzhaft; dazu kamen nach kurzer
Zeit geringe Temperatursteigerung und massige, diffuse Bronchitis. Beim
Transport ins Spital kam die Patientin zu Fall und die Untersuchung
zeigte, dass der Trochanter nach aufwärts dislociert war, alle Bewegungen
und Druck intensiv schmerzhaft. Nach einigen Tagen bildete sich eine
Verdickung in der Trochantergegend aus, über der rechten Lungenspitze
waren Bronchialatmen und Krepitieren hörbar; nach weiteren drei Wochen
Exsudat über der linken Basis, Bronchialatmen und Rasseln beiderseits,
zunehmende Dyspnoe; percussorisch reicht das Exsudat bloss bis zum
Angulus scapulae. Im Verlaufe von wenigen Tagen starb Patientin unter
den Erscheinungen einer miliaren Tuberkulose.
Nekropsie: Beide Lungen und Leber voll von sekundären Knöt¬
chen. In der linken Pleurahöhle flüssiges Exsudat. An der linken Hüfte
Fraktur des Kopfes und Halses; das Acetabulum zeigte eine Vertikal¬
fraktur, welche sich ins Becken erstreckte, die Synovialmembran war
nicht affiziert, im Gelenke keine Flüssigkeit. Die mikroskopische Unter¬
suchung ergab Carcinom-Metastase. In diesem Falle spricht das absolute
Fehlen von Abmagerung und kachektischen Symptomen eher gegen
malignen Tumor oder Tuberkulose und eher für eine rheumatische
Affektion, umsomehr als die Darreichung von Aspirin und anderen Anti-
rheumatica eine wesentliche Besserung mit sich brachte. Nach Mit¬
teilungen von Rülemann hat sich Aspirin auch in anderen Fällen von
inoperablem Carcinom als wesentlich schmerzlindernd erwiesen.
Herrn stadt (Wien).
A case of cerebral tuiuour; Operation, recovery. Von Hugh Smith.
Lancet 1906. 16. Juni.
Eine 44 Jahre alte Frau litt seit drei Wochen an kontinuier¬
lichen Kopfschmerzen in der linken Stirn- und Supraorbital-Gegend mit
zeitweise auftretendem, von der Nahrungsaufnahme ganz unabhängigem
Erbrechen. In den letzten vier Tagen traten Schwäche im rechten Arm
hinzu und eine Schwierigkeit, klar zu sprechen. Das Gedächtnis war
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seit einiger Zeit schwächer, Konvulsionen bestanden nie, desgleichen kein
Ausfluss aus Nase und Ohr.
Bei der Untersuchung schien Patientin die Fragen nur schwer zu
verstehen, sie antwortete langsam und zaudernd. Der rechte Arm und
die rechte Hand waren ausgesprochen paretisch, doch konnte sie sämt¬
liche Funktionen verrichten, nur Schreiben war unmöglich. Geringe
Parese im rechten Beine; der rechte Mundwinkel etwas tiefer stehend,
die Zunge wird gerade hervorgestreckt, Augenbewegungen normal; Pupillen
gleich weit, Accommodation und Lichtreflexe normal; ophthalmoskopisch
bestand beiderseits Neuritis optica. Patellarreflex besonders rechts ge¬
steigert, kein Fussklonus. Urinbefund normal.
Trotz Behandlung mit Jod- und Bromkali kam es zu einem raschen
Fortschreiten des Prozesses; Zunahme der Neur. opt., die rechte Pupille
wurde weiter als die linke, ihre Lichtreaktion trage, es bildete sich eine
Parese des rechten Reet. ext. und die Zunge wich beim Vorstrecken nach
rechts ab. Desgleichen nahm die Parese des rechten Facialis und des
rechten Beines zu. Steigerung des Patellarreflexes; Babinsky positiv. Die
Kopfschmerzen dehnten sich auch auf die linke Stirnseite aus, es traten
Somnolenz und unwillkürlicher Abgang von Urin und Faeces auf; das
Gehör blieb gut. Geruch und Geschmack waren nicht verändert, keine
Ptosis, kein Nystagmus, keine Hemianopsie.
Lokalisation: Tuberkulose und Lues schienen durch den negativen
Erfolg der Behandlung ausgeschlossen, während das rapide Fortschreiten
eher für malignen Tumor, Gliom oder Sarkom oder Cyste sprach. Die
rechtsseitige Parese sprach für eine Läsion in der linken Hemisphäre
mit Beteiligung des motorischen Tractes. Die weite Ausbreitung der
Parese, der milde Verlauf und die Abwesenheit von Konvulsionen Hessen
die Centralwindung ausschliessen und machten es durch den Zusammen¬
hang mit den intellektuellen Symptomen wahrscheinlicher, dass der Tumor
im linken Stirnlappen mit Kompression des motor. Tractes zu suchen sei.
Die Lage wurde wegen der fehlenden Konvulsionen als subcortical an¬
genommen, und zwar wegen des Beginns der Parese in rechtem Arm und
Hand und wegen der bestehenden kompletten Agraphie das hintere Ende
der mittleren Stirnwindung, nach Exner das cheiro-kinästhetische Centrum.
Bei der Operation fand sich der Tumor in der That in der Gre¬
gend der hinteren */ 5 der mittleren Stirnwindung und übergreifend auf
den anschliessenden Teil der oberen Stirnwindung; der äussere Anteil
war in Kontakt mit der Dura mater, von der er auszugehen schien, die
Circumferenz ca. 6 Zoll, die Tiefe 1 1 / 2 Zoll. Bei der mikroskopischen
Untersuchung erwies sich der Tumor als Spindelzellen- und Rundzellen-
Sarkom.
Die Symptome bildeten sich rasch zurück und Patientin wurde
nach sieben Wochen mit einer Aluminiumplatte in der Trepanationsöffnung
entlassen. Die Parese war völlig geschwunden, die intellektuellen Fähig¬
keiten waren zufriedenstellend. Einen Monat nach der Entlassung aus
dem Spital waren sämtliche Funktionen in völlig normalem Zustande,
vom Aufenthalt im Spitale wusste Pat. wenig zu sagen. Die Schwellung
der rechten Papille war rückgebildet, Gefässe normal, im linken Auge
inkomplette Atrophia nervi opt., doch nur geringe Zeichen einer überstan-
deneu Neuritis. Herrnstadt (Wien).
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A contribution to the study of cerebellar tumors and their treat-
ment Von J. J. Putmann. The journal of nervous and mental
diseases. Mai 1906.
Verf. gibt einleitend eine Uebersicht, welche Erfolge auf operativem
Wege bei Hirntumoren erzielt wurden; er fand, dass, wenn nicht Heilung,
so doch Besserung oder vorübergehende Erleichterung für die nächste
Zeit eintritt. Dazu teilt Verf. eine Reihe von Krankengeschichten in
ausführlichster Weise mit.
1. Eine 50 jährige Frau, die zunächst über unbestimmte fortdauernde,
neurasthenischen Charakter besitzende Schmerzen oberhalb der beiden
Augen klagte. Die nähere Untersuchung und Beobachtung ergeben eine
beiderseitige Stauungspapille, die bald an Intensität zunimmt. Diagnose:
Tumor cerebri, wahrscheinlich lokalisiert in den Occipitallappen, weil bald
Amaurose auftrat und die Sehfeldeinschränkung von links her begann.
Ausserdem Erbrechen. Operation: Beim Eingehen in der Gegend des
Occipital-Parietallappens stösst man auf einen wurstförmigen Vorsprung,
der vom Cerebellum aus seinen Ursprung nahm und sich bei der mikro¬
skopischen Untersuchung als Rundzellensarkom entpuppte. Die Operation
selbst war von grossen Hämorrhagien begleitet, die ziemlich gefahrdrohend
waren. Patientin erholte sich vollständig von der Operation. Die
Amaurose blieb bestehen; sonst relatives Wohlbefinden noch 19 Monate
nach der Operation. Zur Diagnose dieses Falles bemerkt noch Verf.,
dass ausser Neuritis optica bilat. (links mehr als rechts), Kopfschmerzen,
Erbrechen sonst keine weiteren Symptome für eine nähere Lokalisation
des Tumors da waren. Auffallend war in der letzten Zeit ein Symptom:
Sinkenlassen des Kopfes nach der linken Seite gegen die Schulter, das
nach Batten’s Experimentaluntersuchung stets mit dem Ausfall der
Kleinhimhemisphären derselben Seite im Zusammenhang steht, ein Zu¬
sammentreffen, das hier durch die klinische Beobachtung festgestellt wurde.
2. Ein 10jähriger Knabe, hereditär ohne Belastung, der über Kopf¬
schmerzen, Uebelkeit, Erbrechen, Schmerzen hauptsächlich im Stirn-
und Hinterhauptlappen klagt. Dazu traten bald Augenmuskellähmungen.
Neuritis optica bilat. Eine gewisse Incoordination der oberen und un¬
teren Extremitäten bemerkbar. Sonst keine weiteren Symptome. Diagnose:
Cerebellartumor. Operation wegen der immer mehr zunehmenden Kopf¬
schmerzen beschlossen. Die Operation gelingt in zufriedenstellender
Weise; es wird ein Tumor (Fibrom) exstirpiert. Zwei Jahre post Opera¬
tionen! gutes Wohlbefinden, keine Kopfschmerzen. Erst im dritten
Jähre nach der Operation stellen sich die alten Beschwerden ein: Kopf¬
schmerzen, zunehmende Schlaflosigkeit, Erbrechen. Zum zweiten Male
Operation an derselben Stelle wie vor drei Jahren; Befund: eine apfel¬
grosse Cyste mit durchsichtigem, klarem Inhalt; die Wand der Cyste von
sarkomatösem Gewebe gebildet. Auch diese Operation ging mit einer
relativen Besserung des Patienten einher. Ueber das weitere Schicksal
des Patienten weiss Verf. nichts Näheres.
3. Ein 62jähriger Mann; blitzartig reissende Schmerzen von kurzer
Dauer im Kopfe. Grosse Schwäche der rechten Extremität. Später
dann andauernde Kopfschmerzen im Hinterhaupte. Kein Schwindel,
kein Erbrechen. Die Untersuchung ergab leichte Paralyse der unteren
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Partie der rechten Seite im Gesicht, Verminderung der Berührungs¬
sensibilität im Gesicht bis zum rechten Ohre. Gehör rechts herabgesetzt.
Patellarreflex links starker als rechts. Temperatursinn rechts herabgesetzt,
Ataxie der rechten oberen Extremität. Komplette Astereognosis. Doppel¬
seitige Neuritis optica. Diagnose: Tumor cerebri, lokalisiert in die Regio
Rolandi. Operation. Kein Tumorbefund. Die Autopsie ergab Hernia cerebri,
eitrig infiziert. In der Sella turcica ein 3 l / 2 cm langer. 3 cm hoher,
3*/ 4 cm breiter Tumor (Endotheliom).
4. Ein 55jähriger Mann; seit 10 Wochen fortdauernde, nicht
nachlassende Kopfschmerzen in der Stirngegend. Ausserdem Schwanken
und Taumeln beim Gehen, Drang, nach links zu fallen; Parästhesien im
linken Arm und Hand von kurzer Dauer, während welcher Pat. die
Extremität nicht bewegen konnte. Untersuchung ergab: Neuritis optica
bilat. cum haemorrhagia. Hirnnerven sonst frei mit Ausnahme des
rechten Nerv, acust. (vollständiger Verlust des rechten Gehörs seit zwei
Jahren). Diagnose schwankt zwischen: Tumor cerebelli oder lob.
pariet. dextr. Die vorübergehenden Parästhesien und Paresen der linken
Extremität sprachen für Scheitellappentumor. Operation, indiziert wegen
der nicht zu stillenden Schmerzen, ergab keinen Tumor, doch Schwinden
der Beschwerden durch zwei Monate. Hierauf wieder Erbrechen, Kopf¬
schmerzen, die bis zum Tode unvermindert blieben. Die Autopsie ergab:
Gliom des rechten Fusses des Kleinhirns.
5. Ein 15jähriges Mädchen; gelegentlich Attacken von Erbrechen,
nachher Taumeln beim Gehen, ausserdem heftige Kopfschmerzen, manch¬
mal im Stirnteil, manchmal im Hinterhaupt. Untersuchung ergibt: Neuritis
optica bilat. Ausfall des Pupillarreflexes auf Accommodation, dagegen
Reaktion auf Lichteinfall. Operation ohne bestimmte Diagnose. Ueber
dem Kleinhirn wird eingegangen; reichlich Abfließen einer serösen
Flüssigkeit; kein Tumor. Die Operation milderte die Beschwerden; Kopf¬
schmerzen hörten vollständig auf. Es bestand zwar eine Hernia cerebri
von Eigrösse, Patientin ertrug dieselbe ohne jegliche Beschwerden.
Lieber das weitere Schicksal weiss Verf. nicht zu berichten.
6. Ein 16jähriger Knabe, der über ausserordentliche heftige Hinter¬
kopfschmerzen klagt. Seit drei Monaten Erbrechen, kein Schwindel;
hierauf kann Pat. nicht geradeaus gehen, weil er mit unwiderstehlicher
Gewalt bald nach rechts oder nach links gezogen wird. Die Untersuchung
ergab: Exophthalmus bedeutenden Grades. Parese beider Muse. rect. lat,
Parese des Rect. med. oculi dextr.; Paresis facial. dextr. Ataxie der rechten
oberen Extremität, geringere Ataxie links. Ataktischer Gang. Patellar¬
reflex erloschen. Im Augenhintergrund beide Papillen geschwellt, mit
Hämorrbagien durchsetzt. Operation über den Kleinhirnhemisphären,
ohne einen Tumor zu finden. Exitus. Autopsie: typischer Hydrocephalus
acut, mit allen seinen Stauungserscheinungen, bedingt durch einen Tumor,
ausgehend vom Boden des vierten Ventrikels, mit Verschluss des Aquae¬
ductus Sylvii. Dieser Tumor erwies sich als Sarkom.
7. Dieser Fall ist bemerkenswert durch das Fehlen charakteristischer
Kleinhirnsymptome. Pat. litt an heftigen drückenden Schmerzen am
Scheitel, hauptsächlich morgens durch 2—3 Stunden. Dann trat Schwindel¬
gefühl hinzu. Die Untersuchung ergab: Herabsetzung der Sensibilität der
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rechten Gesichtshälfte mit Facialisparese und Trigeminusparese, der rechten
Hälfte der Zunge und der Zähne. Sonst keine Sensibilitätsstorung. Neuritis
optica bilat. Die Zunge weicht beim Herausstrecken nach rechts ab.
Keine Sprachstörung. Operation verweigert. Exitus bald darauf. Die
Obduktion zeigt ein Gliom über dem rechten Lappen des Kleinhirnes.
8. Dieser Fall machte Schwierigkeit in der Diagnose: Tumor am
Kleinhirnbrückenfuss. Die meisten Tumoren drücken gewöhnlich zuerst
auf den Nerv, acustic. oder affizieren den Nerv, trigemin. In diesem
Falle blieben diese Symptome zunächst aus. Der 29jährige Mann klagt
über Schwerhörigkeit am linken Ohre, Verlust des Gefühles auf der
linken Hälfte der Zunge. Sensibilitätsstörung auf der linken Seite des
Gesichtes und der Nase. Sonst keine Beschwerden. Kopfschmerzen in
der Frühe, namentlich im Nacken. Schwindel. Doppeltsehen. Blausehen.
Unsicherheit im Gang. Dann tritt Parese aller Augenmuskeln dazu. Neuritis
optica bilat Facialisparese links. Fehlen der Pal^ellarreflexe. Lumbalpunktion.
Kollaps; bald darauf Exitus. Die Obduktion ergibt Tumor pontis. Verf. hat
diese Reihe von Fällen aus dem Grunde mitgeteilt, dass es bei einiger Auf¬
merksamkeit doch leicht gelingt die Diagnose Tumor cerebri (nicht immer mit
Lokalisation) zu stellen und dass eine Palliativoperation in den meisten
Fällen doch erwünscht ist, wenn auch keine Radikaloperation bei der
Schwere der Fälle möglich ist. Leopold Isler (Wien)
A case of retroperitoneal fibrolipoma. Von G. Ben Johns ton.
Journ. of the Amer. Med. Assoc. 1904, No. 17.
Es handelt sich um eine seltene Art von Tumoren, die zur ma¬
lignen Degeneration neigen, schwer diagnostizierbar sind und bei opera¬
tiver Behandlung eine Mortalität von 57 Proz. aufweisen, also eine höhere
als die der operierten Brustcarcinome. Adami teilt sie in perirenale,
mesenteriale und in solche von zweifelhaftem Ursprung ein. Sie sind
meist gutartig und verdienen eine Unterscheidung von anderen retroperi-
tonealen Geschwülsten, insbesondere den Sarkomen. Sie stellen Lipome,
Fibrolipome und Myxofibrolipome dar. Ein Drittel der Fälle entsteht
im perirenalen Fett, die Niere wird beiseite gedrängt, abgeflacht oder
teilweise vom Tumor eingebettet. Die übrigen entstehen im subperito¬
nealen Fettgewebe am Ursprung der Mesenterialfalten und kommen unter
den Darm zu liegen, und zwar unter den Dünn- oder Dickdarm, wäh¬
rend über den perirenalen das Colon ascendens oder descendens verläuft.
Symptome fehlen selbst bei grossen Tumoren oft vollständig. Die ersten
Zeichen sind ein Gefühl von Ziehen und Völle, selten Schmerz oder
Magenirritation, später kommt es zu Druckerscheinungen seitens benach¬
barter Organe, Oedemen, Dannobstruktion, Dyspnoe, Icterus, Schmerzen,
schweren gastrischen Symptomen und Abmagerung. Druckempfindlichkeit
ist gewöhnlich nicht vorhanden. Die Diagnose wird selten und durch
die scheinbare Fluktuation meist auf eine Cyste gestellt. Mesenterial¬
cysten zeigen grosse Beweglichkeit, Mittellage, vorn tympanitischen Schall.
Die Echinococcuscyste ist respiratorisch verschieblich, weist oft Hydatiden-
schwirren auf und eine in die Leber übergehende Dämpfung. Ovarial-
cysten können durch vaginale Untersuchung erkannt werden und haben
vorn gedämpften Schall. Bei der Hydro- und Pyonephrose finden sich
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Druckempfindlichkeit und Harn Veränderungen, die Diagnose wird durch
Cystoskopie und Ureterenkatheterisation unterstützt. Die erweiterte Gallen¬
blase hat keinen Darm vor sich, ist respiratorisch verschieblich, in der
Kontinuität der Leber liegend, in der Flanke nicht fühlbar, und es kann
schon durch die Anamnese auf sie geschlossen werden. Das Sarkom
zeigt ein rapides Wachstum, festere Konsistenz und schwere Allgemein¬
störungen. Die seltenen retroperitonealen Cysten sind beweglicher und
resistenter, die des Pankreas durch ihre Lokalisation kenntlich. Die
Gefahren der Operation bestehen in der Unterbindung der Blutzufuhr
zu dem vorgelagerten Darm, in dem Shock bei der langen Dauer des
Eingriffes und dem Zerreissen der Vena cava, die vom Tumor gesondert
werden muss. Verf. gibt einen ausführlichen Bericht über zwei von ihm
operierte Fälle. Karl Fluss (Wien).
B. Knochen, Gelenke.
Thyroid metastasis to the npine. Von Dercum. The journal of
nervous and mental diseases. März 1906.
Der folgende Fall ist deshalb interessant, weil Metastasen eines
— im pathologisch-anatomischen Sinne — gutartigen Tumors trotz Ope¬
ration sich etablierten. In Kürze die Krankengeschichte: 56jährige Frau
mit etlichen Kinderkrankheiten, ohne hereditäre Belastung; 9 Partus;
Strumaoperation vor sechs Jahren. Die requirierte Krankengeschichte
ergab: Struma colloidalis cystica mit gelatinösem Inhalt; mikroskopische
Untersuchung ergab keine maligne Degeneration. — Ein Jahr nach der
Operation Zittern in den Beinen, Schwäche, Unmöglichkeit, das rechte
Bein zu bewegen; es traten bald Kontrakturen auf; einige Monate später
treten unter denselben Symptomen wie beim rechten Bein Zittern, Schwäche¬
gefühl, Unmöglichkeit, die Extremität zu erheben, links auf; ebenfalls
zwei Monate später Kontraktur. In diesem Zustande, mit hochgradigen
Kontrakturen im Hüftgelenke, Kniegelenke, Fussgelenke beiderseits und
mit hochgradig dabei einhergegangener Atrophie der Muskulatur in den
beiden unteren Extremitäten, wurde Pat. aufgenommen. Status praesens
ergibt die erwähnte Atrophie, Kontraktur der beiden unteren Extremitäten;
für elektrische Ströme (farad. wie galvan.) nicht mehr erregbar; auch
leichte Atrophie der Handmuskeln der beiden oberen Extremitäten,
Herabsetzung der motorischen Kraft vorhanden. Leichte Kyphose der
Wirbelsäule in der Lumbalgegend. Achillessehnenreflex ist links aus¬
lösbar; die übrigen Reflexe auszulösen, ist wegen der fixierten Gelenke nicht
möglich. Plantarreflexe sind vorhanden. Keine Störung der Funktionen
der Hirnnerven. Pupillen reagieren gut auf Licht wie auf Akkommodation.
— Drei Monate später Auftreten einer zweiten Prominenz der Wirbel¬
säule (Brustwirbel 5—6). Kontrakturen haben zugenommen, ebenso die
Atrophie. Auffallend ist eine Analgesie der rechten unteren Extremität,
eine Hypalgesie der linken unteren Extremität; rechte untere Extremität
zeigt Temperatursinnsstörung beträchtlichen Grades. Am Stamme, Bauch,
Brust, Rücken keine sensiblen Störungen nachweisbar. Auch an der
oberen Extremität keine sensiblen Störungen; Augenhintergrund beider¬
seits normal. Unter weiter zunehmender Atrophie der besprochenen Extre¬
mitäten, unter Fieber, Dyspnoe Exitus letalis. — Die Autopsie ergab: Bei
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Eröffnung des Thorax zwischen 3. und 4. Rippe rechts ein 10 cm langer,
55 cm breiter und 3,5 cm dicker, mit Pleura und Rippen verwachsener
Tumor, durchsichtig, eingekapselt, leicht rötlich, auf der Oberfläche mit
kleinen Körnchen versehen; ein zweiter Tumor zwischen 8. und 9
Rippe rechts; auf der linken Seite zwischen 1. und 2. Rippe und 4. und
6. Rippe weitere zwei Tumoren ungefähr von derselben Grösse wie der
erste Tumor; in der Wirbelsäule ein schmaler pflaumengrosser Tumor
beim 10. Brustwirbel, beim 4. und 5. Cervicalwirbel ein Tumor, den
Knochen ganz durchsetzend und auf die Dura mater übergreifend; beim
2. Lumbalwirbel ebenfalls ein Tumor; alle von der oben geschilderten
Beschaffenheit. Mikroskopische Untersuchung ergibt: Thyreoidagewebe,
Drüsen mit normalem Aussehen einer Thyreoidea gelatinosa, ausgefüllt mit
Colloid; Epithel der Drüsen kubisch, einreihig, nirgends Stellen mit
Wucherung oder maligner Degeneration angedeutet. Durch Wucherung
des Tumors Zerstörung der Goirschen und Burdach’schen Stränge, haupt¬
sächlich links, ebenso des Kleinhirnseitenstrangs links; rechts ist nur der
Kleinhirnseitenstrang zerstört. Gower^s Bündelstrang leicht degeneriert,
nicht vollständig zerstört. Diese Zerstörungen lassen sich bis zum Hals¬
mark verfolgen, verursacht durch den Tumor. Auch die Pyramiden¬
vorderstränge sind alteriert. Dercum erwähnt jetzt, dass in der Literatur
Fälle beschrieben sind, wo eine Struma, die absolut keine malignen Symptome
— im pathologisch-anatomischen Sinne — zeigte, nach und trotz Operation
Metastasen erzeugte(Cohnheim, Lucke, Müller: SammelreferatMonsell
1899, Gussenbauer 1891, Hollis 1903, Patel 1904), wo auch in
den Metastasen absolut keine epithelialen Wucherungen oder rückhalt¬
loses Wachstum in die Umgebung zu finden ist.
Leopold Isler (Wien).
Report of a case of laminectoniy for gunshot wound of the spine.
Von J. P. Marsh. Amer. Journ. of the Med. Sciences, Mai 1905.
Ein 25jähriger Farmer litt an heftigen Schmerzen im unteren Teil
des Thorax, an Gürtelgefühl und fast vollständiger Lähmung der Beine,
besonders des linken. Vor zwei Monaten drang ein Revolverprojektil
unterhalb und nach einwärts vom linken Schulterblattwinkel ein. Sofort
trat Lähmung der Beine, des Darms und der Blase auf. Nach zwei
Monaten zeigte sich Besserung, besonders im rechten Beine, so dass er
stehen und mit einiger Mühe gehen konnte. Das Radiogramm zeigte das
Projektil in der Höhe des achten Brustwirbelkörpers, etwas links vom
Wirbelkanal. Analgesie an der Aussenäeite des rechten Beines, beider¬
seits Fussklonus und Steigerung der Sehnenreflexe. Anästhetische Zone
in der Höhe des 12. Brust- und ersten Lendenwirbels. Patellarklonus
und Babinski’sches Phänomen beiderseits. Plantarreflexe später fehlend.
Schwäche und Spasmus des linken Beines sowie Ataxie desselben. Hyper¬
extension der Füsse beim Liegen, zeitweise Spasmus der Extensoren des
linken Beines. Epigastrischer und Nabelreflex fehlend. Störungen der
Temperaturempfindung am rechten Bein.
Mediane Incision vom 4. Dorsal- bis zum ersten Lendenwirbel,
Entfernung der Spinae und der hinteren Bogen des 7. bis 9. Brust¬
wirbels. 6 cm lange Incision in die Dura. Es zeigt sich eine Spur des
Centnüblatt f. d. <Jr. d. Med. 11. Chir. X. 3
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Projektils, welches am hinteren Bogen des achten Brustwirbels den Knochen
nach einwärts gegen die Membranen gedrängt hatte und offenbar in
den Wirbelkörper, jedoch nicht in den Kanal eingedrungen war. Die
eingedrückte Partie wurde entfernt und die Dura vernäht. Die Symptome
besserten sich. Nach vier Monaten war der Gang noch ataktisch, das
früher kräftigere rechte Bein war nunmehr das schwächere, das linke
sehr kräftig. Patellar- und Fussklonus waren nach sieben Monaten noch
vorhanden, die Muskelkraft erreichte ihre normale Stärke. Bemerkenswert
ist, dass trotz der vollständigen Paralyse der Beine, des Darms und der
Blase Heilung eintrat. Die Methode des raschen Einschnittes auf einer,
dann auf der anderen Seite der Dornfortsätze ohne Rücksicht auf die
Hämorrhagie mit abwechselnder Heisswassertamponade beschränkt den
Blutverlust auf ein Minimum. Die Duranaht hielt nicht stand, es kam
zu einer Ansammlung von Spinalflüssigkeit, welche von selbst ver¬
schwand. Der Neurologe lokalisierte das Projektil zwischen 5. und 12.
Rückenwirbel, das Röntgenbild ergab die genaue Lage desselben an der
horizontalen Fläche des achten Brustwirbelkörpers.
Karl Fluss (Wien).
Zur Diagnose von Knochenmarkstumoren aus dem Blutbefunde.
Von K. Schleip. Zeitschr. f. klin. Med., Bd. LIX, H. 2, 3 u. 4,
p. 261 ff.
In den letzten Jahren wurde die Aufmerksamkeit auf das Blutbild
gelenkt, das ein eigentümliches Aussehen bei Auftreten von Knochenmark-
metastasen bei malignen Tumoren gibt. Es tritt das Bild einer schweren
perniciösen Anämie auf, gleichzeitig treten Myelocyten in grosser Zahl
auf (nach den jetzigen Anschauungen bedingt durch die räumliche Ein¬
engung des normalen Knochenmarkes). Dieses Eigentümliche des Blut¬
befundes, der sich von der essentiellen perniciösen Anämie und den ver¬
schiedenen Leukämien unterscheidet, vermag zur Diagnose „maligner Tumor
mit Knochenmarksmetastasen“ auch dann zu führen, wenn ein primärerTumor
nicht konstatiert werden kann. Verf. teilt hierauf drei Fälle in ziemlich
ausführlicher Weise mit, die seine Beobachtung fundieren.
Fall 1 war ein primäres Magencarcinom, das keine weiteren Sym¬
ptome zeigte, ebensowenig die Knochenmarkstumoren, die keinerlei klini¬
sche Symptome zur Folge ausser einigen leichten vorübergehenden Schmerzen
in den Unterschenkeln hatten. Die Blutuntersuchung ergab kernhaltige
rote Blutkörperchen, zahlreiche Myelocyten und abnorme Zellformen,
die post mortem bei der Obduktion mit den Zellen der Knochenmarks¬
metastasen identisch gefunden wurden.
Fall 2. Auch hier handelte es sich um ein occultes Neoplasma
(Carcinoma processus vermiformis) mit zahlreichen Knochenmarksmetastasen,
wo intra vitam ausser einer auffallenden Blässe und dem Bilde einer
Hodgink’schen Erkrankung zwar an ein Neoplasma gedacht w ? urde, diese
Diagnose aber erst durch die Blutuntersuchung bestätigt wurde.
Im 3. Falle fand Verf. im Blute Zellen, deren Zahl mehr als die
Hälfte aller Leukocyten betrug. Mit Zunahme dieser abnormen Zellen
fand man auch eine absolute und relative Abnahme der normalen Lym-
phocyten. Daneben Auftreten von Schwellungen der regionären Lyinph-
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drüsen. Die abnormen Zellen wurden zuerst als Knochenmarkzellen, als
Vorstufen der Myelocyten aufgefasst. Doch eine genaue Untersuchung
ergab, dass sie ganz anders als Knochenmarkzellen beschaffen sind. Die
Obduktion ergab eine diffuse sarkomatöse Erkrankung des gesamten
Knochenmarkes und der Lymphdrüsen.
Alle drei Fälle haben das Gemeinsame, dass bei der Autopsie eine
mehr oder minder ausgedehnte Infiltration maligner Natur des Knochen¬
markes bei einem intra vitarn erhobenen Blutbefunde nachgewiesen wurde,
der durch Vorhandensein von Zellen sich auszeichnete, die bei keiner
anderen Erkrankung gefunden wurden. Das Auftreten von abnormen
Zellenformen gewinnt daher noch an diagnostischer Bedeutung, weil es
geeignet ist, die Aufmerksamkeit auch dann auf eine Erkrankung des
Knochenmarkes zu richten, wenn sonst noch keine weiteren Symptome
von 8eite desselben zu konstatieren sind.
Leopold Isler (Wien).
Ueber die gonorrhoische Arthritis. Von E. v. Rotten bi ijer. (Orvosi
Hetilap 1906, No. 9).
Auf Grund von beobachteten 111 bezüglichen Fällen kommt Verf.
zu folgendem Resumö: Die gonorrhoische Arthritis ist bloss in grossen
Städten zu beobachten, sie ist sehr häufig, verbreitet sich öfters (33 Proz.)
zugleich auf mehrere Gelenke, der Nachweis der Gonococcen ist bloss in
positiver Hinsicht ausschlaggebend; die Krankheit kann auch aus klini¬
schen Symptomen diagnostiziert werden, ebenso wie die tuberkulöse Arthritis.
Dem klinischen Verlauf gemäss wird sie in serofibrinösen Hydrops, Pyarthros
und phlegmonöse Arthritis eingeteilt. Die erste und letzte Form ist die
häufigste. Für den Verlauf sind die Langsamkeit und die grosse De¬
struktion charakteristisch. Die Prognose quoad functionem ist bei den
phlegmonösen Formen infaust. Recidive sind häufig und nur bei voll¬
kommener Heilung der Arthritis ausgeschlossen. Zwischen dem klinischen
Verlauf und der Bakterien men ge besteht scheinbar ein Zusammenhang
infolge des produzierten Toxins. Mischinfektionen sind häufig, die Prognose
derselben im allgemeinen nicht schlechter. Gelangen die Gonococcen in
die Cirkulation, so produzieren sie nicht nur allgemeine, sondern auch
funktionelle resp. Irophische Veränderungen in den einzelnen lebens¬
wichtigen Organen. Anämische, lymphatische Individuen besitzen eine
gewisse Prädisposition dafür. Das Ueberstehen der infektiösen sogenannten
rheumatischen Gelenksaffektion scheint gewissermassen den gonorrhoischen
Infektionen gegenüber zu immunisieren oder wenigstens im gegebenen
Fall den Prozess in seinem Fortschritt zu hemmen. Bezüglich der Therapie
ist das Wichtigste die Behandlung der Genitalerkrankung, da bei Fort¬
bestehen der urethralen Gonorrhoe stets die Möglichkeit eines Neuaus¬
bruches der Krankheit droht. J. Honig (Budapest).
The treatment of gonorrheal rheumatisni by an antigonococcus
Herum. Von J. Rogers. Journ. of the Amer. Med. Assoc. 1906,
27. Jan.
Die ersten Symptome der gonorrhoischen Gelenksaffektion sind
Schmerz, Steifigkeit und vornehmlich extraartikuläre Schwellung. In den
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ersten 2—3 Tagen besteht Fieber von 38,2—38,8° und verschwindet
sodann in den nicht vereiternden Fällen. Der Verlauf ist ein sehr
schleppender, häufig jedoch treten Eiterung, Zerstörung der Gelenke
und durch Erschöpfung oder Metastasen ein bedrohlicher Zustand ein.
Selten tritt ein sehr chronischer Zustand ein, ähnlich jenem bei Arthritis
deformans, mit Zerstörung und Ankylose sämtlicher Körpergelenke. Jede
Gelenksaffektion auch im späteren Verlaufe einer Gonorrhoe durfte auf
diese zurückzuführen sein. Die Unterscheidung von dem knöchernen
Charakter der Gelenks tuberkulöse geschieht durch die Radiographie. Be¬
gleitende Muskelatrophie und Knochenneubildung führen zu Verwechs¬
lungen mit jener. Daher bietet die Anamnese einen wichtigen Anhalts¬
punkt, der besonders beim weiblichen Geschlechte ausser acht gelassen
wird. Einen anderen diagnostischen Behelf bietet das Antigonococcen-
serum, welches den Schmerz nach wenigen Tagen beseitigt Der Gono-
coccus findet sich nur in der Synovia und in dieser nur kurze Zeit,
er erzeugt an sich gewöhnlich nur eine seröse Exsudation. Bei den
mit Serum behandelten Fällen ist nicht zu vergessen, dass in manchen
derselben eine Mischinfektion vorliegen kann. Bei eitrigen Fällen haben
sich manchmal Eröffnung und Auswaschung des Gelenks bewährt. Doch
sollte in jedem verdächtigen Falle die Serumbehandlung eingeleitet
werden (täglich oder jeden zweiten Tag 1,2 bis 3,6 g bis zum Nach¬
lassen der Schmerzen). Wenn auch bei Fortbestehen der Urethritis die
Gefahr der Recidive bestehen bleibt, so wird doch bei neuerlicher und
fortgesetzter Serumbehandlung der Krankheitsverlauf abgekürzt. Ausser
gelegentlichem Erythem wurden üble Nebenwirkungen nicht beobachtet.
Die Wirkung ist selbst bei vorgeschrittenen Fällen zu beobachten, doch
muss hier die Steifigkeit durch andere Behandlungsmethoden bekämpft
werden. Die Wirkung hängt von der Art und der Bereitung des
Serums sowie von der Reaktionsfähigkeit des Patienten ab. Das Serum
hat keinerlei Einfluss auf die Urethritis, welche eine gleichzeitige energische
Lokalbehandlung erfordert. Verf. gibt schliesslich den näheren Bericht
über acht mit Serum behandelte Fälle. Karl Fluss (Wien).
C. Genitale, Gravidität,
De r&blation des vösicules sömin&les tuberculeuses. Von Legueu.
Bull, et möm. de la Soc. de Chir. de Paris 1905, No. 5.
Seitdem Ullman n zuerst die Ablösung der tuberkulösen Samenbläschen
vornahm, seitdem Roux und Villeneuve die Indikationen für dieSpermato-
cystektomie aufstellten, sind bis heute nur wenige derartige Operationen
ausgeführt worden. Nach einer demnächst erscheinenden Arbeit von
Kendirdy beträgt die Zahl derselben ungefähr 40. Der Grund für die
seltene Vornahme dieser Operation lag einerseits in der früher ange¬
nommenen Unzugänglichkeit der Samenblasen, ferner in der unbestreit¬
baren Nutzlosigkeit der Operation in einer grossen Zahl von Fällen.
Der erste Grund fällt heute weg: die Samenblasen sind zugänglich.
Was den zweiten Grund betrifft, hofft der Vortragende, in einigen Fällen
den Nutzen der Operation zu zeigen. Er hat seit einigen Jahren 6 der¬
artige Operationen ausgeführt. An der Hand derselben legt er seine
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Ansichten über die Technik, die Resultate und die Indikationen der¬
selben dar.
Technisch kommt der inguinale und der perineale Weg in Betracht.
Der ersfcere, von Villeneuve sowie in neuerer Zeit von Baudet und
Duval empfohlen, ist weniger zweckmässig als die perineale Methode.
Die moderne Technik der Prostatektomie wegen Hypertrophie der Drüse,
wie sie von Proust und Hosset angegeben wird, eröffnet uns einen
direkten Weg nach den Samenbläschen hin.
Resultate. Die Entfernung der Samenbläschen wurde sechsmal
au$geführt, viermal doppelseitig auf perinealem Wege, zweimal einseitig, davon
einmal inguinal, einmal perineal. In einem Falle hatten die Eiterung und
Fistelbildung von der Prostata ihren Ausgang genommen. In allen Fällen
wurden gleichzeitig die ganze Prostata oder grosse Stücke derselben ent¬
fernt sowie die Ablösung der Epididymis und des Vas deferens ange¬
schlossen. Nur in einem Falle, in dem die Hoden intakt waren, be¬
gnügte sich Legueu mit der doppelten Ligatur des Vas deferens. Die
operativen Resultate waren sehr günstige. Alle Kranken genasen. In
einem Falle war der Verlauf am 4. Tage durch eine starke Nachblutung
kompliziert. Der Kranke war perineal operiert worden. Bei zwei Ope¬
rierten bestand durch einige Zeit eine kleine perineale Urinfistel, die
durch eine Ureterverletzung entstanden war. Ein Patient wurde erst
vor kurzer Zeit operiert, einer starb an Lungentuberkulose, die schon
vor der Operation bestanden hatte. Die vier übrigen Kranken (operiert
1901, 1902, 1904) befinden sich wohl. Urin klar. Keine Zeichen von
genitaler Tuberkulose.
Indikationen. Seit jeher wird die Benignität der Tuberkulose
der Samenbläschen, die Tendenz zur fibrösen Absackung betont. Diese
Spontanheilung macht eine Therapie in dem grössten Teil der Fälle
überflüssig. Die Radikaloperation wird sich auf seltene Fälle beschränken.
Die Tuberkulose der Samenbläschen kann einen zweifachen Verlauf
nehmen, entweder setzt sie sich auf die Testikel fort oder es kommt zur
käsigen Einschmelzung. Die Untersuchung einer grossen Zahl von
Fällen hat gelehrt, dass die Tuberkulose der Nebenhoden häufiger eine
sekundäre, von den Samenbläschen fortgeleitete ist. Die Verkäsung
stellt sich als eine subvesicale urethroprostatische Kavernenbildung dar,
Formen, wie sie häufig bei der Autopsie gefunden und in neuester Zeit
von Halle und Motz (Annales des mal. des org. gen.-ur. 1904, p. 501)
bei Genitaltuberkulose beschrieben wurden. Diese Untersuchungen zeigen
uns, dass die Tuberkulose der Samenblasen sehr schwere Störungen ver¬
ursachen und selbst zum Tode führen kann, dass sie ferner einen stän¬
digen Infektionsherd darstellt, von dem aus jederzeit eine Generalisierung
des Prozesses stattfinden kann. Gerade diese maligneren, virulenteren
Formen der Samen blasen tuberkulöse sind unter Umständen Gegenstand
der chirurgischen Therapie. Von grosser Wichtigkeit ist, ob eine Kom¬
bination mit Tuberkulose der Harnwege oder der Lungen besteht. Beide
Komplikationen stellen eine Kontraindikation gegen die Ablation der
Sameublasen dar. Immerhin dehnt sich in zahlreichen Fällen der Prozess
nicht auf die Harnwege aus. Der Autor hat in den letzten Jahren Fälle
von sehr ausgedehnter Veränderung der Sameublasen mit Verkäsung ge-
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sehen, bei denen der Harnapparat intakt blieb. Die tuberkulösen Affek¬
tionen der Samenbläschen findet man entweder im offenen oder im ab¬
geschlossenen Zustande. Die offenen Läsionen sind nicht Gegenstand
der Operation, zumal die Fistelbildung häufig von der Prostata ihren
Ursprung nimmt. Diese Fisteln heilen nur sehr langsam; man behandelt
sie durch Kurettement und Kauterisation in der Tiefe. Häufiger ist die
Bläschen tuberkulöse eine abgeschlossene, ohne Kommunikation mit der
Umgebung; sie heilt in einer grossen Zahl von Fällen spontan aus. Es
ist schwer, jene Formen, welche man der Spontanheilung überlassen soll,
von jenen abzugrenzen, die zu operieren sind. Legueu stellt folgende
Indikationen auf: bei ausgebreiteten Veränderungen, die eine beträchtliche
Geschwulstbildung unterhalb der Blase bewirken und gegen jede Allge¬
meinbehandlung resistent bleiben, ferner bei anhaltenden Schmerzen und
schliesslich bei Erweichung und Tendenz zur Abscessbildung. Die
Samenbläschen werden im letzteren Falle entfernt, bevor es noch zur
Abscedierung gekommen ist Die Nebenhoden werden je nach ihrer
Mitbeteiligung an dem Prozesse ein- oder doppelseitig entfernt. Ist nur
eine Seite ergriffen, wird das Vas deferens prophylaktisch ligiert, um die
Propagation der Tuberkulose in Nebenhoden und Hoden zu verhüten.
Dieses Ligaturverfahren hat der Autor bereits in mehreren Fällen ange¬
wendet K. H. Schirmer (Wien).
Un cas de kyste öchinococcique autour de la prostate opörö et
guöri. Von B. Kaveczky. Ann. de mal. des org. gön.-urin. 1905,
p. 675.
Der 46 jährige Mann musste seit einem halben Jahre öfter urinieren.
Gleichzeitig bemerkte er, dass der Harnstrahl sehr dünn wurde. Von
Zeit zu Zeit stellte sich vollständige Harnverhaltung ein. Bei der Unter¬
suchung fand sich die Prostata in einen grossen fluktuierenden Tumor
umgewandelt aus welchem durch Punktion klare, häkchenhaltige Flüssig¬
keit entleert wurde. Exstirpation der Cyste vom Perineum aus. Heilung.
v. Hofmann (Wien).
Zur Technik der Spermauntersuchungen. Von We d e r h ak e. Monatsbl.
f. Urologie 1905, No. 9.
Der Samen muss vollständig steril und ohne jedes Konservierungs¬
mittel aufbewahrt werden. Zur Fixierung genügt 70°/ o iger Alkohol.
Als Färbmethoden empfiehlt Wederhake die Pick und Jacobsohn’sche
Fuchsin-Methylenblaulösung, ferner Methylgrün in Kombination mit Co-
rallin, Eosin, v. Gieson’sche Lösung, Sudan HI oder CroceinScharlach.
Sonst sind noch empfehlenswert Jodcroceinscharlach und Safranin.
v. Hofmann (Wien).
Quelques mots sur ronanisme. Von Ch. F6r6. Ann. de mal. des
org. gön.-urin. 1905, p. 621.
Die Gefahren der Onanie sind sehr verschieden. Während ein
Teil der Onanisten keinen merklichen Schaden erleidet und sich normal
entwickelt spielt die Masturbation andererseits in der Aetiologie verschie¬
dener Nervenkrankheiten eine grosse Rolle. Bei erwachsenen Individuen,
wenn die Onanie nur den Coitus ersetzt ist der Schaden geringer als
bei noch nicht entwickelten. v. Hofmann (Wien).
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Remarks on a case of large ovarian cystoiua, with twisted pedide,
cOmpücatedby suppnrative appendicitis. Von John P. Hewetson.
Brit Medic. Journ. 1906, 7. April.
Eine 22 Jahre alte, bisher gesunde Frau bemerkte, dass das Ab¬
domen allmählich in den ersten drei Monaten des Jahres 1905 an Um¬
fang zunahm, bis eines Abends plötzlich heftige Schmerzen in der linken
Bauchseite auftraten, welche durch 48 Stunden anhielten; bei der Unter¬
suchung fand sich ein rundlicher Tumor, median gelegen, zum Teil von
flüssiger, teils von fester Konsistenz, der aus dem kleinen Becken hervor¬
ging und bis zur Mitte zwischen Nabel und Symphysis reichte. Die
Diagnose lautete auf Gravidität. Am 4. Juli erneuerten sich die ab¬
dominalen Schmerzen mit heftigem Blutverlust aus der Vagina, der Tumor
reichte jetzt bis zum Processus ensiformis, die Cervix war geschlossen.
Keine Uteruskontraktionen fühlbar; die Schmerzen sistierten am nächsten
Tage. Am 9. August wiederholte sich der Anfall im rechten unteren
Anteile des Abdomens, verbunden mit Erbrechen, Stuhlverstopfung und
Temperatursteigerung, und hielt durch vier Tage an; diesmal lautete die
Diagnose auf Tumor ovarii mit Suppuration oder Stieldrehung. Nach
der Aufnahme in die Klinik präsentierte sich folgendes Bild: Puls 120,
Temperatur 102,4 F. Schmerzen auf der rechten Bauchseite, die beim
tiefen Atmen zunehmen. Abdomen enorm ausgedehnt, subkutane Venen
diktiert, bei der Palpation fühlt man einen Tumor von ovoider Gestalt,
dessen untere zwei Drittel als dünnwandige Cyste erschienen, während das
obere Drittel von derber Konsistenz war. Das Abdomen mit Ausnahme
der Lendengegend gedämpft Bei der vaginalen Untersuchung Uterus
nach rechts verlagert und retrovertiert, im vorderen Scheidengewölbe der
untere Anteil der Cyste fühlbar. Der obere Leberrand reicht bis zur
rechten Brustwarze, nach unten geht die Leberdämpfung in den Tumor
über. An der Basis der linken Lunge pleurales Reiben hörbar. Der
übrige Befund normal.
Diag nose: Multilokulärer cystischer Tumor, ausgehend vom linken
Ovarium mit vorausgegangener Stieldrehung und hinzugetretener Suppuration,
mit folgender lokaler Peritonitis und Pleuritis.
Operation: Nach Incision in die Medianlinie präsentierte sich das
Cystoma ovarii mit weissglänzender Oberfläche und ergab bei der
Probepunktion eine strohgelbe, fadenziehende Flüssigkeit; nur rechterseits
bestanden Adhäsionen. Punktion des Tumors; er erwies sich als angehörig
dem linken Ovarium mit völlig linksgedrehtem Stiele; der obere Anteil
war von solider Konsistenz. Bei der Lösung der Adhäsionen fand sich
rechts ein Abscess, der fötiden grünen Eiter und Gas enthielt; nach
Entleerung desselben trat eine Abscesshöhle von der rechten Fossa iliaca
nach aufwärts bis zur Leber zu Tage, median durch die rechte Cysten¬
wand begrenzt, lateral durch die Abdominalwand und das Colon ascend.
Abklemmung des Stiels und Entfernung des Tumors. Auch das rechte
Ovarium zeigte beginnende Cystenbildung und wurde mit der Tube ex-
stirpiert. Der Processus vermiformis verlief in der Fossa iliaca vom
Coecum gegen die hintere Fläche der Abscesswand; l / 2 Zoll hinter dem
Coecum war derselbe durch eine breite Oeffnung in seiner vorderen
Fläche halb durchtrennt, aus der fäkale Ablagerungen sich entleerten.
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Resektion des Processus vermiformis. In der rechten Flanke oberhalb
der Crista iliaca wurde eine kleine Incision angelegt und ein Drain in
die Abscesshöhle eingeführt, in die Abscesshöhle selbst ein Tampon nach
Mikulicz und bei der Medianincision nach aussen geleitet.
Die Menge der entfernten Exsudate betrug 7 Liter, der solide Cysten¬
anteil und die Cysten wand wogen über 9 Pfd.; auch der solide Anteil
bestand aus zahlreichen kleinen Cysten, deren Inhalt ein nekrotisches,
käseartiges Material war. Beim Kultivieren aus dem Abscesseiter ergab
sich Bact. coli und Bac. pyocyaneus.
Am vierten Tage nach der Operation trat spontan Stuhlentleerung
ein, am 10. Tage wurde der Mikulicz-Tampon entfernt, nach 14 Tagen
das Drain in der rechten Flanke. Das pleurale Reiben verschwand
wenige Tage nach der Operation und es verblieb nur eine Dämpfung
an der Basis der rechten Lunge, bei der Probepunktion wurde kein Ex¬
sudat gefunden. Bald nach der Operation war die Leber nach aufwärts
gerückt und verblieb in dieser Lage volle zwei Monate, sie reichte in der
Mammillarlinie bis zur 4. Rippe.
Seit dem Jahre 1890 wurde in vielen Publikationen das gemein¬
same Erkranken von Appendix und Uterusadnexen dargethan, und zwar
unterscheidet man darin drei Gruppen: 1. die Affektion der Adnexe ist
das Primäre, Appendix sekundär; 2. primäre Erkrankung des Appendix;
3. gleichzeitiges Erkranken unabhängig voneinander. Der obige Fall
gehört in die Gruppe 1.
Verf. widerspricht der Ansicht, dass Appendicitis während der Gravi¬
dität und des Puerperiums nur selten ist; in diesen Fällen wird sie ge¬
wöhnlich als Puerperalinfektion oder als akut gewordene alte Salpingitis
gedeutet.
In der Literatur finden sich nur sieben Fälle von Appendicitis,
kombiniert mit Cyst. ovarii, und auch hier handelte es sich in der Mehr¬
zahl um chronische oder katarrhalische Appendicitis, nicht aber um per-
forative oder suppurative. Herrnstadt (Wien).
Pernicioug vomiting of pregnancy. Von J. W. Williams. Johns
Hopk. Hosp. Bull. 1906, März.
Vaughan berichtete 1789 über einen Fall von Schwangerschafts¬
erbrechen, den er durch Rectalernährung gerettet haben will. Dubois
und Danyau empfahlen 1852 den künstlichen Abortus. Ersterer gab
als Indikationen für denselben an: unaufhörliches Erbrechen; rapide
Abmagerung und Schwäche; Ohnmachtsanfälle bei leichtesten Anstren¬
gungen; ausgesprochene Veränderung im Aussehen; kontinuierliches Fieber
und Acidität der Exspirationsluft. Auch Guöniot (1863) empfahl in
einer Monographie den künstlichen Abortus. Seither entstand eine grosse
Literatur über den Gegenstand. Verf. stellt sich die Aufgabe, eine
Literaturübersicht zu geben und vom Standpunkt der Aetiologie und
der Behandlung bestimmte Krankheitstypen aufzustellen. Er unterscheidet
diesbezüglich einen reflektorischen, neurotischen und toxämischen Typus.
Gewöhnliche morgendliche Uebelkeiten sah Verf. bei mehr als der
Hälfte der Privatpatientinnen. Die pemiciöse Form kommt nach Pick
und Lwow einmal unter 1000 Spitalsfällen vor; Verf. sah zwei Fälle
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unter 5400 klinischen, dagegen 10 Fälle unter den Patientinnen einer
zweijährigen Privatpraxis. In Frankreich, England und Amerika ist der
Zustand häufiger als anderswo, nach Anquötin besonders seit dem
Verlassen der Venäsektion, und endet dort öfters tödlich, während deutsche
Aerzte keinen tödlichen Ausgang gesehen haben.
Das reflektorische Schwangerscbaftserbrechen kommt vor bei: Ab¬
normalitäten (Verlagerungen) des Uterus, Endometritis, Ovarialtumoren
und Anomalien des Eies. Nach Reposition eines verlagerten Uterus
hört das Erbrechen zuweilen sofort auf (Hewitt u. a.). Dies entspricht
auch den Erfahrungen des Verf., doch ist der retroflektierte Uterus sehr
selten die Ursache der Hyperemesis. Als Ursachen wurden ferner an¬
gegeben: abnorme Dünnheit der Uteruswandungen durch Ueberdehnung
(Dance, Schroeder), Entzündungen der Muskelwand (Horwitz,
Tuszkai), Hyperämie des Uterus und Beckenadhäsionen (Martin),
Entzündungen der Cervix (J. H. Ben nett), Irritation infolge Rigidität
der Cervix (Copeman), Cervicalkatarrh (Lwow). Verf. hält die Be¬
ziehungen der Cervixerkrankungen zum Erbrechen für nicht beweiskräftig.
Die oft angeschuldigte Endometritis scheint nur eine nebensächliche
Komplikation zu sein. Durch Exstirpation eines Ovarialtumors (Kras-
sowsky), eines kleinen Fibromyoms (Williams) und von Hydatiden-
molen (Bue u. a.) wurden Fälle von Hyperemesis geheilt. Doch bleibt
hierbei die Erklärung, ob Ueberdehnung des Uterus oder Toxämie (Veit
und Be hm) vorliegt, dahingestellt.
Kaltenbach u. a. erklärten die Hyperemesis durch eine aus ver¬
schiedenen Ursachen manifest gewordene Neurose und empfahlen Sug¬
gestion und Ruhe als Heilmittel. Tatsächlich wurden viele schwere Fälle
durch Suggestion geheilt.
Mauriceau stellte die Theorie auf, dass das Schwangerschafts¬
erbrechen durch Magenausscheidungen entsteht, welche an Stelle der Men¬
struation eintreten. Fischl hielt den Zustand mit Rücksicht auf einen
durch Beseitigung von Kotstauung von ihm geheilten Fall für einen toxämi-
schen. Joily und andere beschrieben Fälle von Lähmung bei Hypere-
mesis und führten beide Zustände auf eine gemeinsame toxische Ursache
zurück. Linde mann fand bei einer an multipler Neuritis und Hypere¬
mesis verstorbenen Frau fettige Degeneration und trübe Schwellung der
Leber und Niere und ähnliche Veränderungen auch am Fötus. Er
schliesst aus diesem und anderen mit Neuritis verbundenen Fällen auf
die toxische Natur der Hyperemesis. M. Duncan fand in einem Falle
akute gelbe Leberatrophie. Holladay nahm als Ursache die Sekretion
aus einem abnormerweise bestehenden Corpus luteum an. Cham-
petier de Ribes und Bouffe de St.-Blaise berichteten über Leber-
veranderungen bei Hyperemesis, welche identisch sein sollten mit bei
Eklampsie auftretenden Leberläsionen. Als Bildungsstätten der Toxine
nahm man an: den Darmtract, das Ei und seine Auhänge, die Eier¬
stocksekretion, Leberveränderungen.
a) Dirmoser schloss aus genauen Harnuntersuchungen, dass es
sich bei Hyperemesis um Zersetzungen von Kohlehydraten im Magen
und Proteiden im Darm handle, wodurch Toxine in die Blutbahn über¬
gehen und eine mit Erbrechen verbundene Neurose hervorrufen. Darm-
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antiseptica und Rectalklysmen führten oft zur Heilung oder Besserung.
Auch wies er nach, dass der Danninhalt solcher Patientinnen starker toxisch
war als der normaler Individuen.
b) Veit nahm an, dass durch Uebergang von abnormen Mengen
fötaler Produkte in das mütterliche Blut daselbst hämolytische Ver¬
änderungen und Läsionen der mütterlichen Organe auftreten. In einigen
Fällen fand man bei Hyperemesis neben Icterus Hämoglobinämie und
Hämoglobinurie. Behm erzielte Erfolge durch reichliche Kochsalzklysmen
und meinte, dadurch die Veit'sche Theorie bestätigen zu können.
c) Holladny nahm eine Sekretion abnormaler Corpora lutea als
Ursache der Hyperemesis an. Pierrehughes und Meillöre beobachteten,
dass trotz Verminderung des Harnstoffs sich der Harn in gewisser Hin¬
sicht chemisch so verhielt wie bei normalem Harnstoffgehalt. Dies ist
von Interesse hinsichtlich der verschiedenen Varietäten des Erbrechens.
Türen ne führte gewisse schwere Typen auf eine Unterdrückung der
ovarialen Sekretion zurück und erzielte gute Erfolge durch Darreichung
von Ovarialextrakt.
d) Stone wies zuerst akute gelbe Leberatrophie bei einem Falle
von Hyperemesis nach. Aehnliche Befunde fand Ewing bei Hypere¬
mesis und Eklampsie und bezeichnete daher beide Zustände als Schwanger-
schaftstoxämie. Verf. leitete in einem Falle von Hyperemesis den künst¬
lichen Abort ein, jedoch starb die Frau nach vorübergehender Besserung
24 Stunden später, und die Autopsie ergab akute gelbe Leberatrophie.
Von weiteren fünf Fällen des Verf. starb einer unter ähnlichen Symptomen
wie der genannte, der andere unter den charakteristisehen Symptomen
der akuten gelben Leberatrophie. Bei zwei anderen wurden vor und nach
der Einleitung des künstlichen Abortus genaue Stoffwechseluntersuchungen
vorgenommen, welche auf Veränderungen in der Leber schliessen liessen.
Diese Ansicht wurde ferner gestützt durch Stoffwechseluntersuchungen
in einem toxämischen und mehreren neurotischen Fällen. In drei toxämischen
Fällen fand Verf. Stoffwechselstörungen, welche sich mit Läsionen der
Leber in Einklang bringen liessen. Der Stickstoffgehalt war zwar ein
normaler, dessen Verteilung jedoch so, dass der Ammoniakkoeffizient bis
zu 46% erhöht war. Im ganzen sind in der Literatur bei Hyperemesis
12 Fälle von akuter gelber Leberatrophie und fünf Fälle von fettiger
Degeneration der Leber und Niere anatomisch beschrieben. Auf diese
Veränderungen scheint daher bei den bisher obduzierten Fällen nicht
geachtet worden zu sein. Thierfelder faiid, dass unter 143 Fällen
von akuter gelber Leberatrophie und ähnlichen Zuständen 62% schwangere
Frauen betrafen; nach Quincke betrafen 60% Frauen, von denen die
Mehrzahl schwanger war. Dass die Leber während der Schwangerschaft
eine besondere Empfänglichkeit (für fettige Degeneration) besitze, müsste
an normalen Schwangeren noch bewiesen werden. Dagegen beweisen die
Epidemien von katarrhalischem Icterus, dass die Leber während der
Schwangerschaft einen Locus minoris resistentiae bildet. Zu solchen Zeiten
werden zwar auch Männer und Nichtschwangere befallen, während mehr
als die Hälfte der Schwangeren abortierten und viele von ihnen im
Coma oder in Konvulsionen starben. Andererseits scheint die Schwanger¬
schaft selbst bei Icterus eine ursächliche Rolle zu spielen, da manche
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Individuen bei jeder Schwangerschaft icterisch werden, wobei sich zuweilen
H&moglobinämie und Hämoglobinurie findet (in einem Falle bei zwei
Schwestern).
Die Leber ist während der Schwangerschaft überhaupt in ihren
Funktionen angegriffen. Nach Payer kommt alimentäre Glykosurie in
80°/ o der Schwangeren vor. Charrin und Guillement fanden Leber-
insufficienz (Glykogenanhäufung) bei schwangeren Meerschweinchen. Be¬
trachtet man das Ammoniak als den Harnstoffbildner in der Leber
(Schmiedeberg und Schroeder), so würde damit die Erhöhung des
Ammoniakkoeffizienten im Harn auf Kosten des Harnstoffs bei schweren
Leberstörungen übereinstimmen, obwohl diesbezüglich noch immer nicht
so hohe Grade erreicht wurden wie in den vom Verf. studierten Fällen
von Hyperemesis. Möglicherweise dient die abnorm grosse Ammouiak-
ausscheidung zur Neutralisierung überschüssigen Säurematerials, welches
nach Pfaundler und Schittenhelm durch übermässige Fetteinfuhr,
nach letzterem auch durch Störungen der Leberfunktion entsteht. Nach
anderen Untersuchungen wird allerdings die Ammoniakausscheidung auch
durch Aufnahme von Toxinen aus dem Darm, durch ungenügende Er¬
nährung etc. gesteigert. Daher können aus den diesbezüglichen Harn¬
untersuchungen in den Fällen von Hyperemesis des Verf. keine bestimmten
Schlüsse gezogen werden, um so weniger, als Acetessigsäure und Oxybutter-
säure nicht gefunden wurden. Verf. kann daher nur konstatieren, dass
bei Hyperemesis eine Stoffwechselstörung vorhanden ist, die sich durch
gesteigerte Ammoniakausscheidung kundgibt. Ob dies auf einer ver¬
minderten Oxydationsfähigkeit der Leber oder auf einer Säureintoxikation
beruht, bleibt dahingestellt.
Symptome. Von pernieiösem Erbrechen spricht man, wenn die
Nahrungsaufnahme erheblich beeinträchtigt ist oder bedeutende Abmage¬
rung eintritt. Dubois unterschied drei Grade: 1. Das konstante Erbrechen
ist mit Abmagerung und Salivation verbunden, der Harn spärlich, kon¬
zentriert, der Puls etwas beschleunigt. 2. Steigerung des Erbrechens und
der Abmagerung, sauerer und fötider Geruch der Atmungsluft, später
Steigerung der Pulsfrequenz, selbst leichte Temperaturerhöhung. 3. Vor¬
übergehende Besserung der Symptome, dabei zuweilen Aufhören des Er¬
brechens, dann Delirien oder torpider Zustand, Tod im Coma oder unter
Konvulsionen. Im dritten Stadium ist die Prognose absolut infaust.
Nach des Verf.’s Erfahrungen tritt das pernieiöse Erbrechen in einer
akuten und einer chronischen Form auf. Bei der akuten (toxämischen)
Form tritt der Tod in 10—14 Tagen ein. Einige Tage wird nur
das Genossene erbrochen, später treten sehr häufiges Erbrechen von
kaffeesatzartigen Massen, torpider Zustand und endlich Tod im Coma
ein. Erst in den letzten Stadien dieser Erkrankungsform enthält der
Urin Eiweiss, Blut und verschiedene Arten von Cylindern. Kurz vor
dem Tode kann die Temperatur hohe Grade erreichen, in einem Falle
des Verf.’s 42,4 °, auch kommt zuweilen subicterische, selten icterische
Färbung vor. Bei der chronischen (toxämischen oder neurotischen) Form
kann das Erbrechen Wochen und Monate dauern und verursacht eine
erhebliche Abmagerung. Die Patientin wird bettlägerig, die Pulsfrequenz
steigt und in den letzten Stadien der Krankheit tritt schwarzes Erbrechen
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ein. Das Bewusstsein bleibt bis kurz vor dem Tode erhalten, welcher
wohl der Inanition zuzuschreiben ist, im Gegensatz zu dem bei der akuten
Form offenbar durch Intoxikation verursachten Tode. Dass Inanition
die Todesursache bei der chronischen Form sei, behaupteten schon Dubois
und Sutugin, spater Frank, da er fand, dass die Stickstoffausscheidung
dabei grösser ist als die Stickstoffeinnahme. Die von Horwitz beobachtete
Hyperosmie hat Verf. nie beobachtet. Tritt das perniciöse Erbrechen
erst in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft auf oder dauert es bis
in diese Periode hinein, so kann eine Verwechslung mit der präeklamp-
tischen Toxämie stattfinden. Bei vorhandenem Icterus hat man allerdings
das typische Bild der akuten gelben Leberatrophie; bei fehlendem Icterus
jedoch, im komatösen Zustande und bei dem charakteristischen Harn¬
befunde (Eiweiss, Cylinder, Blut) ist eine Verwechslung mit Eklampsie
naheliegend.
Diagnose. Das wichtigste Moment bei der Diagnose ist mit
Rücksicht auf die Behandlung die Entscheidung, ob es sich um den
reflektorischen, neurotischen oder toxämischen Krankheitstypus handelt.
Zunächst ist eine genaue Genitaluntersuchung erforderlich (Hydramnios,
Hydatidenmole, Endometritis). Bei normalem Genitale ist dann die
Differentialdiagnose zwischen der neurotischen und toxämischen Form zu
stellen. Den einzigen Anhaltspunkt bildet diesbezüglich der Ammoniak¬
koeffizient des Harns. Bei der neurotischen Form beträgt derselbe wie
bei der normalen Schwangerschaft 3—5 %, bei der toxämischen kann
er bis 46% ansteigen. Ein Ansteigen bis zu 10—15% scheint die
Diagnose zu sichern und eine prompte Beendigung der Schwangerschaft
zu indizieren, ungeachtet des etwaigen günstigen Aussehens der Patientin.
Ausserdem wäre die Prüfung der anderen Stickstoffverbindungen und der
Anwesenheit von Leucin und Tyrosin (Ewing) empfehlenswert. Die
Bestimmung des Ammoniaks müsste zur Feststellung der Diagnose in
wenigen Stnnden ausgeführt sein (Destillationsmethode). Die Pulsfrequenz
und Temperatur sind nach des Verf/s Erfahrungen diagnostisch weniger
zu verwerten; dagegen ist schwarzes Erbrechen ein sehr ominöses Zeichen.
Icterus im Verein mit Hyperemesis sollte als ein fatales Symptom be¬
trachtet werden.
Hyperemesis und Eklampsie sind klinisch, chemisch und histologisch
verschieden: a) Der Eklampsie gehen fast immer Allgemeinsymptome,
renale cirkulatorische Störungen (Oedeme) voran (präeklamptische Toxämie).
Die Harnmenge ist im Gegensatz zur Hyperemesis vermindert. Bei
letzterer aber erscheinen Eiweiss und Cylinder nur in den Endstadien,
Oedem ist vorhanden, b) Abnahme de9 Stickstoffgehaltes und normaler
Ammoniakkoeffizient finden sich bei Eklampsie, normaler Stickstoffgehalt
und Erhöhung des Ammoniakkoeffizienten bei Hyperemesis. Die Er¬
höhung des Ammoniakkoeffizienten ist bei Eklampsie von günstiger, bei
Hyperemesis von übler Vorbedeutung, c) Bei der Eklampsie besteht die
wäsion in thrombotischen Nekrosen an der Peripherie der Leberläppchen,
el che gegen das Centrum fortschreiten und überaus charakteristisch sind;
bei toxämischer Hyperemesis hingegen sind die Veränderungen degenerativ
und schreiten von der Centralvene gegen die Peripherie fort. Man könnte
also mindestens zwei verschiedene Varietäten von Schwangerschaftstoxämie
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unterscheiden: die zu Eklampsie führende und die mit Hyperemesis und
akuter gelber Leberatrophie verbundene.
Bei der reflektorischen und neurotischen Form kann die Prognose
bei geeigneter Behandlung als eine günstige bezeichnet werden. Bei der
tox&mischen Form ist die Prognose infaust, wenn nicht der Abortus ein¬
geleitet wird. Auch in letzterem Falle betrug die Mortalität 66 °/ 0 .
Die Behandlung hat zunächst etwaige Ursachen (Lageveränderungen
des Uterus, Tumoren, Entzündungen) zu beseitigen, eventuell ist (bei
Hydramnios) die Schwangerschaft zu unterbrechen. Bei der toxämischen Form
soll so bald wie möglich der Abortus eingeleitet und sodann sollen reich¬
liche Kochsalzinfusionen gegeben werden. Bei trotzdem weiter bestehendem
Erbrechen sind Magenauswaschungen und rectale Ernährung anzuwenden,
doch nichts per os einzuführen. Bei der neurotischen Form ist suggestive
Behandlung am Platze, eventuell Isolierung, Rectalernährung, daneben
Opium oder Morphin; selten dürfte die Einleitung des Abortus notwendig
sein. Verf. gibt einen genauen klinischen Bericht über acht Fälle.
Karl Fluss (Wien).
Zur Chorea gravidarum. Von Martin. Deutsche med. Wochen sehr.
1906, No. 31.
M. beobachtete neben drei Fällen erstmaliger Chorea zweimal ein
Wiederauftreten in späteren Schwangerschaften. Bei einer Patientin ent¬
wickelte sich die Chorea auf der Basis eines akuten Gelenkrheumatismus
und zeigte sich erst in der zweiten Schwangerschaft, um in den folgenden
immer ernstere Formen anzunehmen. Verf. hält in sehr schweren Fällen
die Entleerung des Uterus für die beste Therapie. In weniger ernsten
Fällen empfiehlt er die Bromtherapie neben Arsen. Chloral und Mor¬
phium seien weniger günstig wegen der zahlreichen Misserfolge und der
Gefährdung der Herzenergie. Wiemer (Köln).
III. ßücherbesprechungen.
Chirurgie du systöme nerveux, Von G. Marion. 320 Abbildungen.
Paris 1905, G. Steinheil. 536 pp. Preis 18 Frcs.
Das Werk bildet einen Teil des grossen chirurgischen Handbuches
von Berger und Hartmann. Offenbar soll es in erster Linie eine
Operationslehre darstellen, denn die Technik der einzelnen Methoden ist
sehr eingehend und mit Zuhilfenahme zahlreicher vortrefflicher Bilder er¬
örtert. Die Indikationen sind knapp, aber treffend angegeben, während
auf die Diagnose fast gar nicht eingegangen wird. Wie gewöhnlich ist
fast nur französische Literatur berücksichtigt; das gereicht manchem Ab¬
schnitt, wie z. B. dem über die Hirntumoren, nicht zum Vorteil. Druck
und Ausstattung sind vorzüglich. E. Oberndörffer (Berlin).
Leber Aeüologie und Therapie des akuten Gelenksrheumatismus.
Von Hans Klatt. Würzburger Abhandl. aus dem Gesamtgebiet der
prakt. Med., Bd. VI, Heft 10.
Der Gelenksrheumatismus ist nach Verf. eine von den oberen Luft¬
wegen ausgehende gewöhnliche Streptococceninfektion mit Metastasen-
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bildung in dem anatomisch besonders disponierten fibrösen Gewebe der Ge¬
lenke, der Sehnen, serösen Häute, Herzklappen etc., er wäre somit unter die
Pyämie zu rechnen, mit anderen Worten als abgeschwächte, mehr gutartige
Form einer septischen Erkrankung anzusehen. Als Specificum gilt noch immer
die Salicylsäure oder ihre Salze. Gegenüber dieser Therapie gewinnt die
neue Serumbehandlung nur wenig Anhänger, trotzdem gerade dieser
Methode nachgesagt wird, dass sie Herzkomplikationen zu verhindern resp.
zu heilen imstande sei. Die Serumbehandlung soll vor der Salicyltherapie
voraushaben, dass sie auch verschleppte Fälle zu heilen resp. zu bessern
vermag, dass sie wesentlich günstigere Chancen für die Heilung der
Endocarditis herbeiführt und dass sie vor Recidiven zu bewahren scheint.
H. Raubitschek (Wien).
lieber Wesen und Ursachen der Geschwülste. Von M. Borst.
Würzburger Abhandl. a. d. Gesamtgeb. der prakt. Med. 1906, Bd. VI,
H. 8/9.
Im Gegensatz zu den Klinikern ist Borst, wie die Mehrzahl der
pathologischen Anatomen, ein Gegner der Theorie vom parasitären Ur¬
sprung der Geschwülste. Für eine derartige parasitäre Natur der Tumoren
spricht nach Borst’s Ansicht von vornherein nichts. Ueberhaupt hält
er die Geschwülste nicht für infektiös. Hingegen sprechen zahlreiche
Gründe angeblich gegen die Parasitenhypothese. Nach Borst muss
man eine gewisse Disposition annehmen, welche durch Traumen, Para¬
siten, Narben, Entzündungen, Geschwüre etc. manifest werden kann.
v. Hofmann (Wien).
Kxpörimentation sur la prophylaxie de la Syphilis. Von M. Paul
Maisonneuve. Paris 1906, G. Steinheil.
Das Werk behandelt in fünf Kapiteln: 1. Die syphilitische Infektion;
2. Allgemeines über die Art des Virus; 3. Wirkung der physikalischen
und chemischen Mittel auf das syphilitische Virus; 4. Prophylaxe der
Syphilis; 5. Die Kontagiosität mit Bezug auf Aerzte, Hebammen und
Wärterinnen.
Die in den Schlussfolgerungen zusammengestellten Hauptpunkte
sind folgende:
1. Sowohl primäre als auch sekundäre und tertiäre Syphilis ist kon-
tagiös und überimpfbar. Das Gumma lässt sich nur ausnahmsweise auf
Affen überimpfen.
2. Zur Uebertragung der Syphilis gehört eine Kontinuitätstrennung
des Gewebes, mag dieselbe auch noch so oberflächlich 9ein.
3. In den diversen spezifischen Läsionen findet man die Spirille
von Schaudinn und Hoffmann.
4. Syphilis ist im Beginne eine lokale Erkrankung und infolge¬
dessen der Prophylaxe zugänglich; mit dem Auftreten des Chancrc muss
die Infektion bereits als allgemein angesehen werden.
5. Von allen Mitteln, welche lokal auf das Viru9 zu wirken ver¬
mögen, kommt in erster Linie Merkur in Betracht
6. Seit dem 16. Jahrhundert wurden zahlreiche, meist sehr zweifel¬
hafte Arzneimittel empfohlen.
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7. Auch Metchnikoff und Roux haben durch Tierversuche die
Wirkung des Merkurs und dessen zerstörende Kraft auf das Virus inner¬
halb der ersten 18 Stunden nach der Inokulation illustriert
8. Derselbe Versuch fiel auch beim Menschen positiv aus. Es
wurde durch oberflächliche Skarifikation Virus von zwei Chancren inoku¬
liert und eine Stunde später an derselben Stelle Kalomeisalbe gut ver¬
rieben. Es trat keine Allgemeininfektion auf.
9. Daraus folgt, dass die Anwendung von Salben, welche Merkur
enthalten, die syphilitische Infektion hintanhalten kann, wenn dieselben
auf den der Ansteckung ausgesetzten Partien zur Einwirkung gelangen.
Diese Art der Prophylaxis kommt namentlich auch jenen Personen zu¬
gute, welche durch ihre Profession einer erhöhten Infektionsgefahr aus¬
gesetzt sind, wie Aerzten, Zahnärzten, Hebammen und Wärterinnen.
Herrnstadt (Wien).
Essai critique sur la Sterilisation du matdrial chirurgical. Von
E. Baudoin. Thfese de Paris 1906, G. Steinheil.
Die besten Sterilisationsmethoden für chirurgische Geräte sind
folgende;
1. Für Metallinstrumente: Behandlung im Autoklaven mit 2%
Bornxlösung oder Kochen in 2 °/ 0 Sodalösung.
2. Für Kompressen und Watte: Behandlung in einem Autoklaven,
welcher eine vollständige Trocknung gestattet.
3. Für Metall-, Seide- und Zwirnfäden: Behandlung im Autoklaven.
4. Für Catgut: Fraktionierte Sterilisation in 90 °/ 0 Alkohol bei 60 °,
täglich durch 10 Stunden, 3 Tage lang.
5. Für Tassen etc.: Behandlung im Autoklaven.
6. Für Kautschukhandschuhe, Drains, Bürsten, flüssige Seife, künst¬
liches Serum, Wasser zum Händewaschen, Spritzen: Behandlung im
Autoklaven.
7. Für Kokain- oder Novainlösungen: Behandlung im Autoklaven
in zugeschmolzenen Glasröhrchen.
8. Für Gummikatheter und unter der Hitze leidende Instrumente:
Behandlung mit 42 % Formaldämpfen.
9. Für Laminariastifte: Behandlung im Autoklaven in verschlossenen
mit Glycerin gefüllten Gefässen. v. Hofmann (Wien).
Internationales Centralblatt für die gesamte Tuberkuloseliteratur.
Redigiert von G. Schröder (in Schöneberg). Würzburg 1906, A.
Stuberis Verlag.
Die Zahl der Zeitschriften, die sich ausschliesslich mit der Tuber¬
kulose befassen, ist durch das vorliegende Blatt vergrössert und in
wünschenswerter Weise ergänzt worden. Die Arbeiten über Tuberkulose
sind derart zerstreut publiziert, dass es vielen Spezialärzten, die oft an
abgelegenen Orten wirken, unmöglich wurde, alle wichtigeren Mitteilungen
kennen zu lernen. Diesem oft schwer empfundenen Nachteile wird das
Centralblatt sicher abhelfen. Die vorliegenden Hefte gestatten, dem
Unternehmen eine günstige Prognose zu stellen.
Hermann Schlesinger (Wien).
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Inhalt.
I. Sam mel-Referate.
Pollak, Rud., Scarlatina puerperalis,
p. 1—9.
Schirmer, K. H„ Die Röntgenbehand¬
lung der malignen Tumoren, p. 9 -25.
II. Referate.
A. Tumoren.
Wade, Willoughby, Physiological neues
on the cancer problems, p. 25.
Lord, Rob. E. u. Buckley, Chas. W.,
A case of secondary carcinomatous
growths simulating tuberculous hip-joint
disease and miliary tuberculosis, p. 27.
Smith, H., A case of cerebral tumour;
Operation, recovery, p. 27.
Putmannn, J. J., A contribution to the
study of cerebellar tumors and their
treatment, p. 29.
Johnston, G. Ben, A case of retroperi-
toneal fibrolipoma, p. 31.
B. Knochen, Gelenke.
Der cum, Thyroid metastasis to the spine,
P- 32 .
Marsh, J. P., Report of a case of lamin-
ectomy for gunshot wound of the spine,
P- 33 *
Schleip, K., Zur Diagnose von Knochen¬
markstumoren aus dem Blutbefunde, p.34.
v. Rottenbiller, E., Ueber die gonor¬
rhoische Arthritis, p. 35.
Rogers, J., The treatment of gonorrheal
rheumatism by an antigonococcus serum, ]
P- 35 - !
C. Genitale, Gravidität.
Legueu, De Pabladon des vdsicules se-
minales tubeiculeuses, p. 36.
Kaveczky, B., Un cas de kyste echino-
coccique autour de la prostate op£re et
gu*ri, p. 38.
Wederhake, Zur Technik der Sperma¬
untersuchungen, p. 38.
F6r£, Ch., Quelques mots sur l'onanisme,
p. 38.
Hewetson, John P., Reniarks on a
case of large ovarian cystoma, with
twisted pedicle, complicated by siippu-
radve appendicitis, p. 39.
Williams, J. W., Peruicious vomiting
of pregnancy, p. 40.
Martin, Zur Chorea gravidarum, p. 45.
III. Büch er besprecb ungen.
Marion, G., Chimrgie du Systeme ner-
veux, p. 45.
Borst, M., Ueber Wesen und Ursachen
der Geschwülste, p. 46.
Maissonneuve, M. Paul, Exp£rimenta-
tion sur la prophylaxie de ta Syphilis,
p. 46.
Baudoin, E., Essai critique sur la Steri¬
lisation du material chirurgical, p. 47.
Schröder, G., Intel nationales Central¬
blatt für die gesamte Tuberkuloselite¬
ratur, p. 47.
Um Einsendung von Monographien ufcd Büchern an den Redakteur Professor
Dr. HERMANN SCHLESINGER, Wien, I, Ebendorferstrasse 10, wird gebeten.
Man bittet, redaktionelle Zuschriften mit dem Adressenzusatz „Für die Redaktion des
Centralblattes für die Grenzgebiete“ versehen zu wollen.
Druck von Ant. Kampfe in Jena.
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CENTRALBLATT
für die
Grenzgebiete der Medizin u. Chirurgie.
Heraus gegeben von
X>x*. Hermann Schlesinger,
Professor an der Universität in Wien.
Verlag von GUSTAV FISCHER in Jena.
X. Band.
Jena, 31. Januar 1907.
Nr. 2.
Das Centralblatt für die Grenzgebiete der Medizin und Chirurgie erscheint in
zwanglosen Heften im Umfange von etwa 3 Druckbogen, die zu einem Bande
vereinigt werden, dessen Umfang 60 Druckbogen betragen wird. Das Abonne¬
ment für daa Centralblatt kostet 24 Mark für den Band. — Die Abnehmer
der Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie , herausgegeben
von A. von Eiseisberg und B. Naunyn, erhalten das Centralblatt
zum Vorzugspreise von 20 Mark.
I. Sammel-Referate.
Scarlatina puerperalis.
Von Dr. Rudolf Pollak.
(Fortsetzung.)
Literatur.
35) Fehling, H., Die Physiologie und Pathologie des Wochenbettes. Stutt¬
gart 1890, F. Enke.
36) Fellner, O. O., Die Beziehungen innerer Krankheiten zu Schwangerschaft,
Geburt und Wochenbett. Leipzig u. Wien 1903, F. # Deuticke.
37) Fiessinger, Ch., Fall von Scharlach im Wochenbett. Gaz. mW. de
Paris 1893, No. 40. Ref. in Centralbl. i. Gyn. 1895, No. 17.
38) Fisser, M., Scarlatina in puerperio. Inaug.-Diss., Würzburg 1886.
39) Fox, Tilbury, Transact. Obst. Soc. London, Vol. III. Cit. nach Meyer.
40) Galabin, Ebenda, VoL XXX.
41) Gowler, M. S., Two cases of puerperium complicatcd with scarlet fever;
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nach Gishausen.
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CanumlbiaM f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 4
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52) Hardy, Dublin quaterl. Journ. of Med. Sc. 1868. Cit. nach Olshausen.
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54) Hecquet, MW. chir. et pharm, des pauvres. 1740. Cit. nach Ols¬
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55) Helm, Th., Med. Jahrbücher des österr. Staates. 1837. Cit. nach Ols¬
hausen.
56) Ders., Puerperalerkrankungen. Zürich 1839. CiL nach Martin.
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58) Hervieux, Trait6 clinique et pratique des malad, puerp. Paris 1870.
59) Ders., Union tnWicale 1867, HI. S6rie, Bd. IV. CiL nach Martin.
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62) Ders., The Obst. Journ. of Great Britain and Ireland 1875.
63) Ders., Amer. Journ. of Obst. 1886, Vol. XIX. CiL naidi Meyer.
64) Ders., Transact. Obst. Soc London, Vol. XXX. Ref. in Schmidt’s
Jahrbücher, Bd. CCXXVII.
65) Hodge, Amer. Journ. of Med. Sc. 1833. Cit. nach Olshausen.
66) Hoffa, Ueber den sogenannten chirurgischen Scharlach. Volkmann’s
Sammlung klin. Vortr. 1887, No. 292.
67) Holst, Vier Beobachtungen von Wochenbettscharlach nebst Bemerkungen.
St. Petersburger med. Wochenschr. 1882, No. 51. Cit. nach Fellner.
68) Hör rock s, Transact. Obst. Soc London, Vol. XXX.
69) Hueter, Neue Zeitschr. f. Geburtsk., Bd. XXXII. Cit. nach Liebmann.
70) Huntley, Transact. Obst. Soc. London, Vol. XVII.
;i)Jakub, Ueber den Einfluss der akuten Infektionskrankheiten auf den
Verlauf von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. XII. Internat, med. Kongress
1897. Ref. in Centralbl. f. Gyn. 1897, No. 39.
72) Jamieson, Transact. Obst. Soc London, Vol. XXX.
73 ) Johnston, Obst. Journ. of Great Britain etc. 1876. Cit. nach Lieb-
man 11.
74) Jung, Ph., Zur Diagnostik des Puerperalfiebers. Volkmann’s Sammlung
klin. Vortr., N. F., No. 297.
75) Kaltenbach, R., Lehrbuch der Geburtshilfe. Stuttgart 1893, F. Enke.
(Fortsetzung der Literatur folgt. \
In einer im Jahre 1867 erschienenen Arbeit entwirft Hervieux
folgendes Bild der Scarlatina im Wochenbett: Nach 12—14stün-
diger Inkubation erfolgt die Eruption des Exanthems, das sich
rapid ausbreitet. Das Fieber wird selten von einem Frost ein¬
geleitet und erreicht eine sehr beträchtliche Höhe bei enormer Puls¬
frequenz, es treten grosse Abgeschlagenheit, lebhafter Durst, ga¬
strische Störungen ein. Die Angina ist in der Regel nur massig,
fehlt aber nie gänzlich, dagegen bestehen regelmässig lebhafte Licht¬
scheu und lebhafte Absonderung der Nasenschleimbaut Die Haut¬
röte wird immer intensiver, bis endlich eine Miliaria aufschiesst,
die vorzugsweise den Unterleib einnimmt, und zwar besonders die
geröteten Hautstellen. Die Intensität der Miliariaeruption steht in
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direkter Beziehung zur Intensität der Scarlatina; bei sehr intensivem
Auftreten derselben wird der Bläscheninhalt auch wohl eitrig. In
günstigen Fällen tritt nach 4—6 Tagen ein allmählicher Abfall aller
Symptome ein, doch erfolgt die Abschuppung so merkbar wie unter
nicht puerperalen Verhältnissen. In schweren Fällen kollabieren
die Frauen unter dem andauernd hohen Fieber. Schwere Kompli¬
kationen sind Metritis, Peritonitis und Phlebitis. Die Ulcera puer-
peralia an sich sind dabei nicht gefährlich, ihr Aussehen verschlechtert
sich erst bei der Verschlimmerung des Allgemeinzustandes. Bei
der Autopsie wird meist ein sehr auffallender Blutreichtum der
Meningen und des Gehirns, dann der Nasen-, Rachen-, Kehlkopf-
und Bronchialschleimhaut gefunden.
Von zahlreichen Fällen, die dieser Autor in der Maternitö
gesehen hat, teilt er sieben mit, die alle in Genesung ubergingen. Die
Zunge war meist tiefrot, von den Frauen litt keine an Diarrhoe.
Der Uterus war in vier Fällen, jedoch nur vorübergehend, etwas em¬
pfindlich. Zu einer Peritonitis kam es niemals. A. Martin findet
die Schilderung dieses französischen Autors so charakteristisch, dass
eine Verwechslung mit anderen im Puerperium auftretenden Haut¬
erkrankungen ganz unmöglich ist. Unter diesen dürfte allein das
Erysipel zu Verwechslungen Anlass bieten. Aber abgesehen davon,
dass meist eine örtliche Ursache dafür nachzuweisen ist, sind doch
die Form des Auftretens und der Verlauf so different von dem
oben skizzierten der Scarlatina, dass beide Erkrankungen sehr wohl
auseinander gehalten werden können.
In einer 1868 erschienenen Arbeit berichtet Koch über drei •
unzweifelhafte Fälle von Scharlach im Wochenbette, die miteinander
in genetischem Zusammenhänge stehen. Es erkrankte zuerst eine
Wöchnerin am 3. Wochenbettstage, eine neun Tage später Ent¬
bundene zwei Tage post partum, endlich zwei Wochen nach dieser
eine Schwangere, welche tags darauf vorzeitig niederkam. Bei allen
traten Diarrhoen auf, Angina zeigte sich bei den ersten zwei Kranken
erst nach mehrtägigem Bestände der anderen Symptome und blieb
auch dann unbedeutend; bei der Schwangeren waren zwar die angi¬
nösen Beschwerden das erste Symptom, blieben aber auch hier
gering. Alle drei Fälle genasen, obwohl der zweite sich durch
mehrtägige Somnolenz bei einer Temperatur bis 42,2 0 als schwer
charakterisierte. Alle hatten eine Himbeerzunge. Genitale und
Peritoneum intakt.
Im folgenden Jahre erschien in einem grösseren Werke,
Winkels Pathologie und Therapie des Wochenbetts, eine Abhand-
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lung dieses Autors über Scharlach im Wochenbette. Er unter¬
scheidet zwischen einem primären und einem sekundären Scharlach,
welchen letzteren er für ein Symptom der Gebärmuttererkrankung im
Wochenbette hält. A. Martin Hess diese Unterscheidung nicht
gelten. Er ist mit Winkel überzeugt, dass Scharlach Schwangere,
Kreissende und Wöchnerinnen befallen kann, dass er je nachdem
mit oder ohne schwere Allgemeinerkrankung verläuft, schon vor¬
handene Prozesse zu einer lebensbedrohenden Höhe steigert; die
Akme der Erkrankung werde erreicht nach dem Auftreten des scar-
latinösen Prozesses. Nur diese Krankheit dürfe man als Scarlatina
gravidarum et puerperarum bezeichnen, jene scharlachähnlichen da¬
gegen, welche auf der Höhe ichorrhämischer Erkrankung auftreten,
sind nach Martin als Erysipel aufzufassen.
Ueber eine grosse Reihe von Beobachtungen in der privaten
Praxis berichtet Br. Hicks im Jahre 1871. Von 89 Fällen schwerer
Allgemeinerkrankung im Wochenbette konnte er 68 mal sicher oder
wahrscheinlich die Ursache der Erkrankung nachweisen, sie war
nicht weniger als 87mal Scharlach; jedoch nur 20 Fälle zeigten
den charakteristischen Scbarlachausschlag. Die Halsaffektion ist in
der Mehrzahl der Fälle erwähnt, manchmal auch Himbeerzunge.
Nur in zwei Fällen geschieht einer Druckempfiudlichkeit des Uterus
Erwähnung. In fünf Fällen war das Auftreten des Scharlachs dadurch
zu erklären, dass die Betroffenen einige Zeit zuvor ihre scharlach¬
kranken Kinder gepflegt hatten. In drei anderen Fällen erkrankten
nach der Wöchnerin Kinder derselben oder Leute aus der Umgebung
an Scharlach. Ausserdem stand es bezüglich Verschiedener fest,
dass der Hausarzt, der die Entbindung leitete, Fälle von Scharlach
in Behandlung hatte und die Kreissende infiziert hatte.
Einige Jahre nachher — 1875 — wurde in der geburtshilf¬
lichen Gesellschaft in London eine berühmt gewordene Debatte ge¬
führt, die sich mehrere Sitzungen hinzog, in welcher die Behauptung
aufgestellt wurde, dass Wöchnerinnen durch die Infektion mit
Scharlach-, Typhusgift und andere Puerperalfieber bekommen und
dass dies gar kein ungewöhnliches Vorkommen ist Die Haupt¬
anhänger dieser Lehre waren Newman und Braxton Hicks.
Dieser nahm an, dass eine mit Scharlachgift infizierte Wöchnerin
Puerperalfieber bekommt, und dass, wenn sich Nichtwöchneriuneu
bei ihr anstecken, die Krankheit nun von neuem als Scharlachfieber
erscheint. Barnes, Leishman und Playfair äussern sich dahin,
dass Wöchnerinnen durch Infektion mit Scharlachgift iu der Weise
erkranken können, dass wenigstens in den späteren Stadien ihr Zu-
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stand von dem Puerperalfieberkranker nicht zu unterscheiden ist.
Dies waren jedoch keineswegs die Anschauungen sämtlicher An¬
wesenden. Squire erklärte, dass das Kindbettfieber mit Scharlach,
Typhus und anderen akuten Exanthemen nichts zu tun habe.
Ebenso waren Savage, Williams, Snow Beck, Tilt, Farre,
West; dieser Anschauung.
Die Ansicht, als deren Hauptvertreter Hicks genannt wurde,
war in England längere Zeit gang und gäbe, und es waren, Wie
L. Mever erwähnt, gerade die hervorragendsten Geburtshelfer in
diesem Lager. Von Vorgängern von Br. Hicks nennt er Tilbury
Fox und Tyler Smith. Derselbe Autor zitiert auch eine im
Jahre 1876 erschienene Arbeit von Stadfeldt, in welcher dieser die
Unbaltbarkeit jener Theorie nachgewiesen hat. Er hatte die Zahl
der Todesfälle nach Scharlach und nach Puerperalfieber in Kopen¬
hagen während der Jahre 1860 —1868 miteinander verglichen,
wobei zwischen diesen beiden Zahlenreihen gar kein Verhältnis zu¬
tage trat, was doch zu erwarten gewesen wäre, wenn Scharlach die
angenommene ausserordentliche Bedeutung als Ursache des Kind¬
bettfiebers hätte.
Uebrigens hat Br. Hicks in einer Arbeit des Jahres 1886
selbst eine Art Rückzug angetreten. Er behauptet, dass er nie ge¬
sagt habe, dass Scharlach Puerperalfieber erzeugen könne, dieses
sei eine eigene Krankheit, dagegen Puerperalkrankheit. Meyer be¬
merkt dazu, man könne nicht sagen, dass er durch diese Erklärung
seinen Standpunkt heller gemacht habe.
In 8chneider’8 Dissertation aus dem Jahre 1873 findet sich
ein Bericht über fünf Fälle aus den Jahren 1867—73; die zwei ersten
kamen als isolierte Fälle vor, zwischen den drei letzten konnte —
nach der Meinung von Olshausen — ein Zusammenhang bestehen,
wenn man bei dem vierten Falle eine mehr als fünfwöchentliche,
bei dem fünften eine nur zweitägige Inkubation annimmt. Vier
der Kranken hatten noch keinen Scharlach gehabt, die fünfte hatte
ihn bereits durchgemacht und bei dieser trat er ausserordentlich
leicht auf. Drei litten an Diarrhoen, bei vier Kranken fehlten alle
Halsbeschwerden. Bei mehreren zeigte sich Miliaria. Bei der am
leichtesten Erkrankten war der Uterus einige Tage druckempfind¬
lich, an der Vulva sah man leichte Geschwürsbildung. Der
Beginn des Scharlachs lag bei allen Fällen zwischen dem 1. und 4.
Wochenbettstage; von zwei tödlich verlaufenen Fällen wurde einer
seziert, bei welchem der Tod 36 Stunden nach Beginn erfolgt war.
An der Leiche fand man Ekchymosen, Nekrose der Gebärmutter-
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Schleimhaut, aber keine weiteren Zeichen einer Genitalerkrankung,
und eine Nephritis scarlatinosa.
Das Jahr 1876 bringt eine Reihe von einschlägigen Arbeiten,
von denen besonders eine, die schon oft erwähnte von Olshausen,
einen Wandel in den bisherigen Anschauungen hervorbringen sollte.
Als erste erschien eine Arbeit von A. Martin, welcher drei
überaus schwere Fälle von Scharlach im Wochenbette publizierte.
Zwei der Fälle waren dadurch charakterisiert, dass der Scharlach
Wöchnerinnen eigriff, bei denen die Involution der Genitalien bis
dahin ungestört von statten gegangen war. Im Verlaufe des scar-
latinösen Prozesses kam es zu nekrotischen Vorgängen an der
Innenfläche von Uterus und Vagina. Im dritten Falle erkrankte
die Wöchnerin am dritten Wochenbettstage an Endometritis und
Kolpitis, am sechsten Tage traten Schlingbeschwerden auf, welche
von einem Ausbruche von Scharlach mit Rachendiphtherie unter
hohem Fieber und Delirien gefolgt waren. Daneben entwickelte sich
auch eine Miliaria. Alle drei Fälle endeten tödlich. Bezüglich der
Infektionsquelle erwähnt Autor, dass die eine Frau in der Poliklinik
zu einer Zeit entbunden wurde, als Scarlatina in der Stadt oft vor¬
kam, während die beiden anderen in der Anstalt gebaren, wo zur
Zeit der Niederkunft der einen wenigstens viele Praktikanten ver¬
kehrten, welchen zugleich in den internen Kliniken viele Scarlatina-
kranke vorgestellt wurden.
Die Arbeit von Olshausen bringt fünf von ihm selbst be¬
obachtete Fälle, von denen die zwei ersten miteinander im Zusammen¬
hang stehen. Am 3. Januar 1866 wurde eine III gravida, die seit
vier Wochen in der Klinik war, leicht entbunden. Nach zweitägiger
Fieberlosigkeit zeigte sie einen etwas empfindlichen Uterus und
38,5 °. Zwölf Stunden später unter Frost Temperaturanstieg bis 41 °.
Am folgenden Tage ein über den ganzen Körper verbreitetes Schar¬
lachexanthem. Geringe Rötung der Fauces ohne Schlingbeschwerden.
Am siebenten Wochenbettstag blasst das Exanthem ab und es setzt
sofort die Abschuppung ein, welche am 25. Tage post partum noch
sichtbar ist. Kein Gehirnsymptom, kein Eiweiss, keine Peritonitis.
Diesem Falle folgte bald ein zweiter. Zwei Wochen nach Ent¬
bindung der vorigen musste eine Wöchnerin wegen Platzmangels
neben jene gelegt werden und erkrankte am vierten Wochenbetts¬
tage. Temperatur 40°, Puls 136, Exanthem und Schlingbeschwerden.
Auch dieser Fall verlief günstig ohne jede Komplikation.
Der dritte Fall war nach der Geburt unter heftigem Fieber
und schweren Hirnsymptomen erkrankt Am folgenden Tage fand
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man die Wöchnerin komatös und mit diffusem Scharlachexanthem.
An den Unterleibsorganen nichts Krankhaftes. Sie starb an dem¬
selben Tage.
Bei dem im Jahre 1875 beobachteten Falle war die Entbindung
spontan, ausserordentlich rasch erfolgt, die Placenta war durch Druck
entfernt worden. Schon am folgenden Tage Frost und Fieber, am
nächstfolgenden Tage tiefe Gesichtsröte, kleiner Puls 140, Tempe¬
ratur 40°, Haut feucht. Uterus rechts ein wenig druckempfindlicher,
was später nicht mehr der Fall war. Abends diffuses Exanthem,
im weiteren Verlaufe Erbrechen, Durchfall, Nasenbluten, Zunge
purpurrot. Schlaflosigkeit. Das Exanthem wurde nach und nach
dunkelblaurot Delirien. Tod am siebenten Tage. Die Sektion er¬
gab vollkommen gesunde Genitalien, keine Peritonitis, an der Niere
zeigten sich scarlatinöse Veränderungen. Die Kranke war vor der
Entbindung wochenlang nicht aus dem Hause und wissentlich mit
Scharlachkranken nicht in Berührung gekommen. Eine Epidemie
gab es zur Zeit in Halle nicht.
Fünfter Fall: Igravida von 25 Jahren wird mittels Zange ent¬
bunden, wobei ein grosser Dammriss entsteht, der unbemerkt bleibt.
An demselben Tage noch Erbrechen, kein Schlaf. Die folgenden
Tage Fieber, am dritten Tage Scharlachausschlag, Gaumenbogen
stark rot, wenig geschwellt. Damm total zerrissen, Wundränder
schmutzig belegt, ohne erhebliche Schwellung. Schon nach einigen
Tagen Reinigung der Wundränder, welche sich dann gut überhäuten.
Das Exanthem blasst langsam ab und es kommt zu reichlicher Ab¬
schuppung. Kein Eiweiss, keine Erscheinungen von Endometritis
oder Perimetritis. Auch hier war der Ursprung dunkel.
Die dritte der Arbeiten dieses Jahres, welche auf die beiden
anderen bereits wiederholt rekurriert, ist die Arbeit von Liebmann.
Der erste seiner Fälle erkrankte am vierten Wochenbettstage unter
Schüttelfrost und Fieber, am folgenden Tage zeigte sich Angina, am
nächsten Ausschlag über den ganzen Körper. Himbeerzunge, Diar¬
rhoen. Zum Schluss wird der Unterleib sehr druckempfindlich.
Tod. Bei der Obduktion findet sich Exsudat in der Peritonealhöhle,
Nephritis scarlatinosa.
(Fortsetzung folgt.)
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56
Die Röntgenbehandlung der malignen
Tumoren.
Kritischer Sammelbericht von Karl Hermann Schirmer (Wien).
(Fortseteung.)
Literatur.
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70) Daniel, Advanced therapeutics. Aug. 1903.
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72) Danlos, Des insuccts des rayons X dans le traitement des 6 pith 61 ioms.
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73) Ders., Soc. de Th6rapeutique, 24. Mai 1905. Ref. Münchener med.
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81) Dickson, Amer. X Ray Journ. 1903, V, p. 13.
82) Ders., Carcinoma of the rectum. Joum. Adv. Ther. 1903, XXI, p. 353.
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90) Edwards, Carcinoma of the breast, treated by the X-rays. Internat.
Journ. Suig. 1903, XVI, p. 296.
(Fortsetzung der Literatur folgt.)
Wenn wir nunmehr auf die Carcinomtherapie der übrigen
Körperstellen eingehen, so sei im vorhinein bemerkt, dass in vielen
Fällen eine histologische Untersuchung nicht gemacht wurde und
die Frage, ob ein Epitheliom oder echtes Carcinom vorlag, unent¬
schieden bleiben muss, was bei der Beurteilung von Dauerresultaten
snr Vorsicht mahnt. In der grossen Mehrzahl der mitgeteilten
•.Heilungen“ hat es sich selbstverständlich um Epitheliome gehandelt.
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58
Bei einem Carcinom der Dura hatte Löser einen palliativen
Erfolg, ebenso bei einem Epitheliom der Stirne, Monod und Du
Bouchet 105 ) brachten ein Epitheliom in der Schläfenstirngegend
zum völligen Verschwinden. Ein inoperables Recidiv an der Schläfe
nach Exstirpation eines Jochbeincarcinoms blieb auf Radiotherapie
über ein Jahr geheilt (Rosenberger). Bei 9 Fällen von Epitheliom
des Augenlides beobachtete Pusey 227 ) siebenmal Heilung, einmal
Besserung, in einem Falle Rezidiv nach Jahresfrist. Die geheilten
Fälle blieben 23, 19,17,16,13 und 12 Monate recidivfrei. Grubbe 118 )
zählte unter acht Fällen fünf Erfolge, zwei Besserungen, einen Miss¬
erfolg, Priö und Comas 221 ) unter fünf Fällen drei Heilungen.
Die Nachbehandlung nach der Operation war im Falle Beck 14 ) 15 )
erfolgreich. Rinehart behandelte ein markstückgrosses Recidiv
am unteren Lide erfolgreich; der primäre Tumor war vor einem
Jahre chirurgisch entfernt worden.
An der Orbita erzielte Pusey 227 ) dreimal Besserung, zweimal
Heilung (von nur fünf und siebenmonatlicher Dauer). Priö und
Comas 221 ) verzeichnen eine Heilung nach Enucleation des Bulbus.
In zwei Fällen, bei einem Epitheliom und einem Carcinom der Or¬
bita, trat nach Bill 31 ) bedeutende Besserung, aber keine Heilung ein.
Das äussere Ohr wurde von Pusey 227 ) zweimal mit vollem
Erfolg (22, bzw. 11 Monate recidivfrei), einmal mit palliativem Re¬
sultat behandelt. Einen primären Krebs der Parotis brachte
Sjögren 265 ) zur Verkleinerung. Bei ausgedehnten Affektionen des
Gesichtes, der Wange etc. finden sich bei Grubbe unter 22
Fällen 10 Heilungen, 7 Besserungen, 5 Misserfolge notiert, bei
Tuffier 295 ) ein Erfolg gegen einen Misserfolg; Wendel 815 ) hat bei
einem 79 jährigen Mann ein handflächengrosses inoperables Kankroid
der Wange und Ohrmuschel bestrahlt und durch l*/ 2 Jahre beob¬
achtet. Der untere Teil der erkrankten Ohrmuschel wurde exstirpiert
und in dieser Gegend ein kleines Recidiv gefunden, das gleichfalls
der Radiotherapie unterzogen wurde. Priö und Comas beobachteten
unter fünf Wangenkrebsen nur eine Heilung. Stenbeck und Bolloau
behandelten 5 Cancroide des Gesichtes erfolgreich. Weik hatte
unter 26 Fällen (Klinik Neisser) die besten Erfolge mit nicht ope¬
rablen ulcerierten Gesichtscarcinomen. Schiff hat eiue über 70 Jahre
alte Frau mit Epitheliom der Gesichtshaut dauernd geheilt Der¬
selbe Autor ist in seinem auf dem III. internationalen Kongress für
Elektrobiologie und medizinische Radiologie (Mailand, September 1906)
gehaltenen Vortrage neuerdings für die Radiotherapie der Epitheliome
warm eingetreten.
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Schiff gibt in dieser Arbeit einige Stichproben aus der Literatur
und eine tabellarische Uebersicht über eine Anzahl von radiotherapeutisch
behandelten Epitheliomen. Dass G o c h t nicht die Priorität bei der
Krebsbehandlung mit Röntgenstrahlen gebürt, wie Schiff meint, braucht
nach dem oben Gesagten wohl nicht besonders hervorgehoben zu werden.
In dem von Lang 16 *) und Pollitzer 220 ) mitgeteilten Falle,
der von Lang als Carcinoderma pigmentosum bezeichnet wird
und bei dem ausgedehnte ulcerative Zerstörungen der Augenlider,
der Nasenmuschel und Wange, des Ohres und Halses neben
schmutzig graubrauner Verfärbung der ganzen Körperhaut Vorlagen,
erwies sich die Radiotherapie, die fast ein Jahr lang angewendet
wurde, als das souveräne Mittel. Allerdings verlief diese Affektion
sehr chronisch; während die exulcerierten carcinomatösen Plaques
stellenweise serpiginös weiterschritten, blieben die Lymphdrüsen und
inneren Organe trotz jahrelangen Bestandes von Metastasen ver¬
schont
Epitheliome der Nase hat Pusey 227 ) in 20 Fällen mit Röntgen-
strablen behandelt und keinen einzigen Misserfolg erzielt. Drei
Patienten blieben durch 2 1 / 8 Jahre, die übrigen bis zu 22, 18, 17
und 16 Monaten recidivfrei. Bei einem ausgedehnten inoperablen
Kankroid der Nase konnte Albers-Schönberg 2 ) völliges Schwinden
mit sehr gutem kosmetischem Resultat bewirken. Pri<5 und Comas
hatten unter 12 Fällen acht Heilungen, Löser eine Besserung und
einen Misserfolg. Ueber gute Resultate in mehreren Fällen berichten
Gauthier und Duroux 110 ); Seabury Allen 254 ) sowie Johnson
und Me rill 148 ) haben je zwei Fälle symptomatisch geheilt. Am
Kiefer erzielten Gauthier und Duroux keinen Erfolg. Dieselben
Autoren brachten carcinomatöse Drüsen des Halses zu unbe¬
deutender Verkleinerung. Die ziemlich aussichtslose Radiotherapie
eines Halsdrüsencarcinoms (Recidive nach Zungentumor) musste
Fittig 100 ) wegen fortschreitender Kachexie abbrechen. In zwei
Fällen Rosenberger^ wurden inoperable Drüsenmetastasen am Hals
(Cancroid am Ohr) und am Unterkiefer (Zungenkrebs) durch Be¬
strahlung wesentlich verkleinert.
An den Lippen war bei Grubbe die Radiotherapie unter
21 Fällen 10 mal erfolgreich, viermal ohne Resultat, siebenmal trat
Besserung ein. In Pusey’s 227 ) Statistik sind neun Erfolge ver¬
zeichnet mit einer Dauerheilung bis zu 10, 11 und 12 Monaten.
Perthes 204 ) hält die Radiotherapie gerade beim Lippencarcinom
für ein vorzügliches palliatives Mittel und beobachtete in mehreren
Fällen schon nach einmaliger starker Bestrahlung rasche Verkleine¬
rung und völligen Rückgang der Geschwulst. Zwei Fälle von in-
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60
filtrierendem Lippencarcinom aus dem Materiale v. Bramann’s 38 )
heilten anscheinend vollständig aus. rccidivierten aber nach kurzer
Zeit; einen völligen Misserfolg erlebten Gauthier und Duroux.
Bei fünf Fällen Glimm’s l13 ) trat in einem Falle erst nach Excision
eines kleinen Keiles in der Mitte der Lippe Heilung ein. In der
Statistik vou Pri6 und Comas finden sich unter sieben Fällen
zwei Heilungen verzeichnet.
In zahlreichen Fällen wurden Carcinome der Zunge bestrahlt,
vorwiegend Epitheliome, wobei in der grossen Mehrzahl völliges
Verschwinden der Geschwulst erzielt wurde; doch sind die Dauer¬
beobachtungen recht spärlich. Der erste Fall stammt von Startin * 7& ),
der bei einem ulcerierten Epitheliom bedeutende Besserung, aber
nicht volles Schwinden der Symptome erzielte. In der Statistik
Grubbers fallen auf 7 Erfolge und 2 Besserungen 4 Misserfolge.
Allen’s 5 ) Versuche blieben bis auf die schmerzstillende Wirkung
negativ, ebenso die von Dickson 81 ). Bessere Resultate hatten
Gamlen 108 ), Hallopeau 124 ) und Bisseriö 84 ) (letztere je zwei Fälle).
B<5cli>re 18 ) demonstrierte auf dem Berliner Dermatologenkongresse
die Moulage eines geheilten Falles von Zungencarcinom, dessen Dia¬
gnose durch die histologische Untersuchung gestützt war. In zwei
Fällen, einem inoperablen und einem Recidiv nach Operation, erzielte
Belot 22 ) Besserung mit prompter Stillung der Schmerzen. Fittig 101 )
sah bei einem Zungencarcinom und einem Schleimhautcarcinom
der Mundhöhle Besserung.
Pusey 227 ) erwähnt, dass ihm drei Fälle bekannt seien, die
von Kollegen mit Erfolg behandelt wurden; einer davon blieb fast
ein Jahr recidivfrei. Negative Resultate berichten Gauthier und
Duroux, Reboul 229 ), Perthes 208 ) und Löser (letzterer Fall Recidive
nach Operation). Pri<5 und Oomas brachten unter sieben Fällen
nur einen zur Ausheilung; der letztere war ein oberflächliches Epi¬
theliom in einem frühen Stadium. Engmann u. Ascher Silva 94 )
berichten über eine Heilung; der histologische Befund fehlt.
Im Falle von Knox 167 ) handelte es sich um ein iuoperables
Carcinom der Zunge mit metastatischen Drüsenschwellungen im
Nacken. Die primäre Zungengeschwulst wurde nicht bestrahlt, son¬
dern die sekundären Drüsen (50 Sitzungen von je 10 Minuten Dauer).
Die Drüsen verkleinerten sich unter der Behandlung und auch die
Zungengeschwulst wurde etwas kleiuer. Patient starb an Leber-
metastasen. Bei der Sektion erwiesen sich alle Drüsen von den
Röntgenstrahlen beeinflusst, in einer zeigte sich deutliche Vermehrung
des fibrösen Gewebes. L. Freund hat beim Zungenkrebs sehr
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schlechte Erfahrungen gemacht. Martial betrachtet den Zungen-
und Lippenkrebs geradezu als Kontraindikation gegen Radiotherapie.
Beim Rachencarcinom hat Voigt 807 ) zuerst einen radio-
therapeutischen Versuch angestellt Er bestrahlte ein inoperables
Pharynxcarcinom bei einem 85jährigen Mann und erreichte eine
wesentliche Abnahme der Schmerzen, so dass Morphium erspart
blieb. In Grubbe’s Statistik kommen je sechs Erfolge und sechs
Besserungen auf acht Misserfolge. Eijkmann 89 ) hatte einen „über¬
raschenden“ palliativen Erfolg bei einer 73jährigen Frau, besonders
was die Schmerzlinderung betraf, Gauthier u. Durnux keinen
Effekt L. Freund 106 ) behandelte einen 60jährigen Dienstmann
mit histologisch festgestelltem tiefen Krebsgeschwür des weichen
Gaumens und beobachtete Nachlassen der Schmerzen, Rückgang des
Tumors und der regionären Lymphdrüsenschwellung.
Auch beim Kchlkopfcarcinom wurden mit Röntgenstrahlen
vorübergehende Besserungen erzielt, so von Delavan 76 ), dessen
Patient später an Bright’scher Niere starb, von Scheppegrell 241 )
(drei Monate Symptomenlosigkeit), von Lowe 181 ) („Heilung“ einer
papillären Geschwulst an der rechten aryepiglottischen Falte), von
Pusey 227 ), der bei einem enormen Larynxcarcinom Aufhören der
Schmerzen konstatierte, und Williams 818 ), der bei einem Papillom
des Kehlkopfes nach kurzer Behandlungsdauer Besserung der Be¬
schwerden, namentlich der Suffokationserscheinungen, und Verkleine¬
rung des Tumors erreichte. Dagegen hatten Gauthier und Duroux
einen Misserfolg.
Ein Carcinom des Mediastinums hat Pusey 227 ) in zwei
Fällen ohne Effekt, bis auf die Schmerzstillung, bestrahlt. Pri-
bram’s 2 * 2 ) Fall: ein mit einem Bronchialcarcinom zusammenhängender
Mediastinaltumor, blieb gleichfalls refraktär. In einem FalleGrumm-
nach’s (Recidiv nach Operation) traten unter der Bestrahlung so
rasch Metastasen auf, dass die Behandlung abgebrochen werden
musste. Wie später gezeigt werden wird, reagieren die Sarkome
des Mediastinums ungleich besser. Eine carcinomatöse Pleuritis
blieb refraktär (Rosenberger).
Pusey** 7 ) hat zwei Fälle von Oesophaguscarcinom be¬
handelt; in dem einen, weit vorgeschrittenen Falle konnte keine
Wirkung auf den Tumor, wohl aber eine Behebung der Schmerzen
konstatiert werden; der Patient starb zwei Monate nach Abschluss
der Behandlung. In dem zweiten Falle, einen 56jährigen herab¬
gekommenen Mann betreffend, bei dem die Diagnose Adenocarcinoma
oesophagi histologisch erhärtet war, gelang es, den Patienten durch
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die Radiotherapie uoch ein volles Jahr am Leben zu erhalten,
während welcher Zeit die Schmerzen und Schluckbeschwerden ge¬
schwunden waren und der Kranke um 15 Pfund an Gewicht zu¬
genommen hatte. Einen gleichfalls günstig verlaufenden Fall teilt
Wendel 816 ) mit; derselbe wurde durch das bis zum Tumor eingeführte
Oesophagoskop bestrahlt, zugleich wurden intramuskuläre Injektionen
von Chinin, hydrochlor. 0,4, Natrii arsenicosi 0,01, Aquae destillatae
verabreicht. Es trat eine deutliche palliative Besserung ein. Da¬
gegen halten Einhorn 91 ) und Fittig 102 ) die Bestrahlung des Oeso-
phaguskrebses für aussichtslos, beide aus technischen Gründen. Ein¬
horn rät nach seinen negativen Ergebnissen mit Röntgenstrahlen zur
Radiumbehandlung, mit der bereits mehrfach Erfolge erzielt wurden*).
Auf Grund des Misslingens der Röntgentherapie in fünf Fällen von
Oesoph&guskrebs hält Fittig die Methode für wertlos, da es nicht
gelingt, die erforderlichen Lichtmengen in die Tiefe zu bringen.
Wie bereits eingangs erwähnt, war das Magencarcinom das
erste Objekt der Radiotherapie überhaupt
Im Juli 1896 berichtet Despeignes 60 ) (Lyon), dass er einen im
vorgeschrittenen Stadium der Kachexie befindlichen Kranken mit Magen¬
carcinom radiotherapeutisch behandelt habe. Es wurden täglich zwei
Sitzungen, jede von l /,stündiger Dauer, bei sehr naher Röhre gegeben.
Gleichzeitig Milchkur, Condurango, künstliches Serum. Nach sieben¬
tägiger Behandlung zeigte sich eine deutliche Besserung: die Schmerzen
schwanden, die Abmagerung machte keine weiteren Fortschritte, die
Anämie schwand fast vollständig und der Umfang des grossen Tumors
nahm fühlbar ab (um 1—4 cm in acht Tagen). Bald darauf starb der
Patient. Keine Autopsie. Auf Grund dieses letzteren Umstandes wendet
der Referent (Ewald) in Virchow-Hirsch’s Jahresbericht 1896 II. p. 185
ein, dass es sich auch um ulzerösen Zerfall des Tumors gehandelt
haben kann.
An dieser Stelle sei eine literarische Notiz berichtigt, die sich in
mehreren Arbeiten findet und der zufolge E. Schiff als einer der ersten
genannt wird, der Magencarcinome mit Röntgenstrahlen behandelt haben
soll. Die Fassung des Berichtes der Gesellschaft der Aerzte in Wien,
Sitzung vom 15. Januar 1897, wie sie in einem Fachblatte mitgeteilt
wird, ist allerdings geeignet, diesen Irrtum aufkommen zu lassen; es
heisst dort: „Doz. Dr. Schiff teilt mit, dass er gegenwärtig Versuche
über Anwendung der Röntgen strahlen auf tiefere Organe anstelle, und
erinnert an einen Fall, wo bei einem Magencarcinom durch die Kathoden¬
strahlen angeblich Besserung herbeigeführt wurde“. Im offiziellen Pro¬
tokolle heisst es aber: ,, . . . Erinnert diesbezüglich auch an einen
*) Siehe Einhorn, Ueber Radiumbehandlung des Oesophaguskrebses. Berliner
klin. Wochenschr. 1905, No. 44, und
Exner, A., Ueber die Behandlung von Oesophaguscarcinomen mit Radiuni-
strahlen. Wiener klin. Wochenschr. 1904, No. 4.
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in Italien publizierten Fall von Magencarcinoni, bei welchem die
Anwendung von X-Strahlen eine wesentliche Veränderung des Tumors
hervorgerufen haben soll.“* 4 *) Auch Gocht 1 ' 5 ) citiert die Diskussions¬
bemerkung Schiffs im Literaturverzeichnis seines Lehrbuches unter
dem Titel „Ueber die Einwirkung der Röntgenstrahlen auf tiefere Organe“,
als ob es sich um eine selbständige Publikation handeln würde.
Seit der ersten Mitteilung von Despeignes sind weitere
Versuche, doch bisher in relativ geringer Zahl gemacht worden; es
erscheint sehr bedauerlich, dass bei dieser schweren Affektion, wo
auch die chirurgischen Eingriffe in der Mehrzahl der Fälle nur
einen palliativen Wert haben, die Methode nicht an einem grösseren
klinischen Materiale geübt wird, zumal sie vollends ungefährlich
ist Ihr Wert besteht beim Magencarcinom nach den bisher vor¬
liegenden Versuchen in erster Linie in der Hebung des Allge¬
meinbefindens und Kräftezustandes, was bei den meist sehr
herabgekouimenen Patienten schwer ins Gewicht fällt, sowie in der
Linderung der Schmerzen, wodurch oft Morphium erspart bleibt
Die Beeinflussung des Tumors selbst war nicht in allen Fällen zu
erzielen und ist natürlich oft palpatorisch schwer zu konstatieren.
Es wäre von grösstem Interesse, die Veränderungen des
carcinomatösen Magens durch Röntgenstrahlen mit Hilfe
des von Holzknecht und Rieder ausgebildeten Wismuth-
verfahrens zu studieren, was unseres Wissens bisher nicht ge¬
schehen ist.
Morton* 0 *) bestätigt auf Grund eines Falles die prompte
schmerzstillende Wirkung der Methode. Bei einer 48 jährigen völlig
erschöpften Frau erzielte Dünn 88 ) durch Röntgen strahlen Hebung
des Appetites und Körpergewichtes; einen ganz analogen Fall teilt
Pusey** 7 ) kurz mit. Bailey 8 ) beobachtete bei einem grossen
Tumor des Magens und Netzes Verkleinerung der Geschwulst und
Schwinden der Schmerzen. Doumer und Lemoine erzielten zu¬
nächst 84 ) unter drei Fällen zweimal völliges Schwinden der Symptome,
einmal Besserung. In einer zweiten Mitteilung 84 ) berichten die
Autoren über einen vollen und 17 vorübergehende Erfolge. In
späterer Zeit verfügen sie bereits über 90 Fälle, von denen in drei
Fällen die Symptome vollständig und dauernd (durch mehrere Mo¬
nate) beseitigt wurden. Bei einem Patienten trat nach vollständigem
Schwinden der Geschwulst ein Recidiv auf, das nicht mehr be¬
handelt wurde. Bei sämtlichen Kranken konnten die Schmerzen
ganz oder teilweise beseitigt werden, der Kräftezustand hob 9ich,
in den meisten Fällen hörte das Erbrechen auf oder wurde seltener.
Die Autoren betonen, dass an der vorderen Magenwand sitzende
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und oberflächlich gelegene Carcinome viel besser beeinflusst werden
als tiefliegende.
Einen vorübergehenden Erfolg hatte Den net 79 ) bei einem
54jährigen hereditär mit Krebs belasteten Mann, bei dem seit
einigen Monaten ein „maligner Magentumor“ bestand. Er wurde
durch fast ein Jahr täglich bestrahlt. Die Schmerzen, gegen die
früher häufig Morphium gegeben werden musste, schwanden all¬
mählich. Nach einem Jahr traten rascher Kräfteverfall und Exitus
ein. Coromilas 69 ) hat drei Fälle von Pyloruscarcinom durch
Röntgenbehandlung wesentlich gebessert v. Jak sch beobachtete
bei den von ihm bestrahlten Magencarcinomen auffallend starke
Verjauchung. Details fehlen. Rosenberger sah bei einem 70jähr.
Mann, der vorher gastroenterostomiert worden war, keinen Erfolg.
Bei einem Carcinom des Mesenteriums beobachtete Wel-
born 819 ) Besserung der Symptome, die aber bald von Wiederkehr
derselben gefolgt war.
Bei Rectumcarcinom bat ßryant 46 ) einen Erfolg erzielt.
Ein alter Manu litt an kankröser Rectalstriktur, so dass die Colo-
stomie in Aussicht genommen wurde. Er wurde vom Perineum her
in Seitenlage bestrahlt; nach der Behandlung hatte der Patient
spontan und ohne Schmerzen Stuhl, die Striktur war für einen
Finger bequem passierbar geworden. Hall Edwards 193 ) hat seinen
Patienten vom Sacrum aus bestrahlt; er lebte noch 18 Monate
später, das Carcinom hatte sich verkleinert. Im Falle Campbell’s 48 )
war 4 Monate vor der Behandlung mit Röntgenstrahlen eine ingui¬
nale Colostomie wegen inoperablen Rectumcarcinoms gemacht worden,
der kachektische Patient erholte sich bedeutend, nahm an Gewicht
zu, aber der Tumor wurde nicht beeinflusst. Noch besser ist das
Resultat im Falle Dickson’s 82 ), in dem die Schmerzen schwanden,
das Allgemeinbefinden sich hob und die carcinomatöse Striktur des
Rectums passierbar wurde. Brooke 42 ) hat einen Patienten mit
Rectumcarcinom nach Incision des Spbincter ani zum Zwecke der
Einführung eines weiten Speculums radiotherapeutisch behandelt, —
ohne Erfolg. In vier Fällen von Carcinom des Anus und Rectums
brachte Pu6ey 227 ) die äusseren Tumoren zum Schwinden, die Ulce-
rationen zur Ueberhäutung, teilweise wurden auch die Schmerzen
gestillt, ein Effekt auf den Tumor blieb aus.
Darmcarcinome wurden von Coley® 4 ) und Sloan* 72 ) mit
Röntgenstrahlen behandelt; Coley sah bei Carcinom der Flexura
sigmoidea Besserung, Sloan dagegen konnte bei Bestrahlung eines
Coecumcarcinoms nach jeder der drei Sitzungen das Auftreten heftiger
Schmerzen konstatieren.
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Richmond 229 *) konnte in einem Falle von Nierencarcinom
die klinischen Symptome nach zwölfwöchentlicher Behandlung be¬
seitigen.
Carcinome des Penis wurden mehrmals günstig beeinflusst.
Posey * 27 ) brachte ein Epitheliom zum völligen Verschwinden, die
Heilung hielt noch im 19. Monate nach der Behandlung an. Wells 814 )
behandelte einen 65 jährigen Mann mit exulceriertem Carcinom des
Penis von zweijähriger Dauer mit Lymphdrüsenschwellung. Die
Ulcerationen heilten, aber die Drüsen blieben hart und die Schmerzen
liessen nicht nach. Nach elfmonatlicher ziemlich negativer Behand¬
lung entschloss sich Patient zur Operation; Ausgang unbekannt.
Duncan 87 ) erreichte in einem Falle nur Schraerzlinderung, während
der Tumor unbeeinflusst blieb.
Ein Carcinom des Skrotums reagierte wenig, nur die Schmerzen
wurden gebessert [Statistik Wild’s 317 )].
Bouchacourt u. Haret 87 ) haben ein inoperables Prostata-
carcinom durch kurze Zeit mit „Endodiatherapie“ behandelt; der
Patient endete durch Suicid.
Einen interessanten Fall von Blasen-Prostatacarcinom hat in
der jüngsten Zeit Kienböck behandelt*).
L. W., 49jähriger Mann. Seit fünf Wochen Schmerzen am Damm,
in die Eichel ausstrahleud. Stuhlgang nur durch Irrigation erzielbar.
Polakiurie, wenig Residualharn. 4. April 1906. Ueberfaustgrosser
harter Tumor, der Prostata und Blase angehörig, etwas mehr nach rechts
als links von der Mittellinie sich ausdehnend. Der harte Tumor ist vom
Rektum und von den Bauchdecken aus zu fühlen und erstreckt sich hier
von der Symphyse bis zwei Querfinger unterhalb des Nabels. Inoperabel.
In den folgenden Monaten jede Woche eine Bestrahlung abwechselnd in
der Rectalgegend mit eingeführtem Speculum und des Abdomens. Schon
am 25. April Tumor bedeutend weicher und kleiner geworden,
Schmerzen fast vollkommen geschwunden. In der Folge noch
wesentliche Verkleinerung des Tumors mit Besserung der Harnbeschwerden.
Allgemeinbefinden befriedigend (September 1906).
Chanoz u. Reymond 6 *) behandelten ein als inoperabel gel¬
tendes Carcinom der Vulva; der Tumor verkleinerte sich nach der
Bestrahlung derart, dass eine radikale Operation vorgenommen werden
konnte.
In der Statistik Grubbe’s finden sich fünf Fälle von Carcinom
der Vagina, die sämtlich von Erfolg begleitet waren. Sloan 17 *)
erzielte in einem derartigen Falle Stillstand der Blutung und Lin¬
derung der Schmerzen, während der Tumor nicht beeinflusst wurde.
*) Für die persönliche Mitteilung der Daten dieses bisher nicht publizierten
Falles bin ich Herrn Privatdocenten Dr. Kienböck zu grossem Dank verpflichtet.
CenOmlblmU f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. •>
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66
Das Carcinom des Uterus war bereits in zahlreichen Fällen
Gegenstand der Radiotherapie, die Erfolge waren allerdings vorüber¬
gehend, bezogen sich aber in manchen Fällen auf fast alle Sym¬
ptome, Blutung, übelriechende Sekretion, Schmerzen,
Kachexie, selbst der Tumor wurde in einer Reihe von Fällen
deutlich beeinflusst Diese Resultate wurden sowohl bei der Be¬
handlung durch eingeführte Specula als auch bei Bestrahlung durch die
Bauchdeckeu erreicht. Es ist einleuchtend, dass vorwiegend Cervix -
carcinome durch die Spekulumbehandlung intensiv beeinflusst werden,
ln manchen Fällen nimmt die jauchige Sekretion in den ersten
Tagen der Behandlung zu, um in der Folge allmählich zu ver¬
schwinden. Es wurden fast ausschliesslich inoperable Fälle bestrahlt
und die Röntgenstrahlen scheinen hier manchmal geradezu lebens¬
verlängernd gewirkt zu haben, besonders wenn die Kachexie bereits
weit vorgeschritten war.
Die ersten Mitteilungen über die Erfolge der Methode [Stu ver* 89 ),
Hett' 31 ), Duncan 87 ), Hopkins 141 ), Allen 5 )] bezogen sich vor¬
wiegend auf die schmerzstillende Wirkung der Röntgenstrahlen, in
diesen Fällen fehlt die längere Beobachtung. Im Falle Stuver's
bestanden Beckenmetastasen, der Allgemeinzustand wurde wesentlich
gebessert. Hett hat bei Cervixcarcinom nur die Schmerzen günstig
beeinflusst. In Grubbers Statistik sind zwei mit gutem Erfolg be¬
handelte Fälle notiert; Scott* 5 *) und Tousey* 92 ) hatten bei Uterus-
carcinom ein sehr günstiges Resultat in Bezug auf die Stillung der
Schmerzen und Verkleinerung des Tumors. Palliative Erfolge ver¬
zeichnen Clark 55 ) und Suilly* 90 ) (Kollumcarcinom).
In vier Fällen von Uteruscarcinom hat Edwards 90 ) gute Er¬
folge erzielt. Einmal handelte es sich um ein ausgedehntes Carcinom
des Uterus und der Vagina bei hochgradiger Kachexie; die Blutungen
hörten auf, das Allgemeinbefinden hob sich. Ferner hat Scully* 53 )
drei Fälle jeden zweiten Tag durch 15 Minuten behandelt, zwei mit
gutem Erfolg, der dritte ging bald an Recidive zugrunde. In dem
einen der günstig verlaufenen Fälle stiess sich das blumenkohl-
ähnliche Caucroid der Portio schalenförmig ab. Coley 64 )
brachte ein Cervixcarcinom zur Verkleinerung. Ball 9 ) konnte den
carcinomatösen Uterustumor kaum beeinflussen, wohl aber die
Schmerzen und die Hämorrhagien durch Radiotherapie stillen. Sehr
gute Erfolge hat Margaret Cleaves bei inoperablen Uteruscarci-
nomen erzielt, welche eigene Tuben für die endovaginale und endo-
rektale Applikation der Strahlen konstruierte. In einem Falle hatte
das Carcinom bereits die ganze Recto-Vaginalwand zerstört.
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Bei Mitbeteiligung der Blase an dem caroi nomatosen Prozess
des Uterus erreichten Dünn 88 ) und Snow 276 ) je in einem Falle
symptomatische Heilung.
Pusey 227 ) hat 10 Fälle intraabdominaler Carcinome behandelt:
7 inoperable Uteruscarcinome, Besserung der Symptome, 3 recidi-
vierende Carcinome des Abdomens und Beckens, kein oder nur sehr
oiiwesentlicher Erfolg. Die Uteruscarcinome sind alle nur durch
kurze Zeit beobachtet. Deutsch beobachtete bei einem inoperablen
Uteru6carcinom mit starken Blutungen und jauchendem Gewebs¬
zerfall auf Radiotherapie andauernde Besserung der beiden letzteren
Symptome.
Bei einem bereits vor zwei Jahren inoperablen Uteruscarcinom
erzielte Wohlgemuth 828 ) durch eine vierteljährige Röntgenbehand¬
lung „einen passablen objektiven und sehr guten subjektiven Zustand*'.
Der Tumor ging — ähnlich wie in dem erwähnten Falle von Scully
— in Fetzen ab, an Stelle der Portio trat eine trichterförmige
Narbe. Bouchacourt u. Haret 37 ) berichten öber die Radiotherapie
zweier Kollumcarcinome mit der von ihnen angegebenen unipolaren
Methode (Einführung von Tuben). Bei der einen Patientin, bei der
die Geschwulst seit 18 Monaten bestand und häufige Blutungen ver¬
ursacht hatte, wurde durch die Bestrahlung (16 H in 3 Wochen)
lokale Besserung erzielt; mehrere Monate später starb die Kranke
an Kachexie. Dieselbe Dosis erhielt die zweite Frau, bei der ein
mehrmaliges Kurettement vorangegangen war; der Erfolg war hier
derselbe, die Schmerzen schwanden. Die Behandlung der letzteren
Patieutin ist noch nicht abgeschlossen. Haret 138 ) behandelte eine
75 jährige Frau mit Cervix- und Corpuscarcinom, bei der wegen des
hoben Alters und der Mitbeteiligung des paravaginalen Gewebes
die Operation abgelehnt worden war. Nach vier Sitzungen (16 H)
waren die Schmerzen beseitigt und eine kleine Ulceration geheilt.
Im Laufe der weiteren Behandlung durch sechs Wochen erhielt
die Patientin 24 H. Die Infiltration war vollständig verschwunden
(beobachtet durch nur vier Monate).
Bei Carcinom der Schulter beobachtete Glimm 118 ) lokale
Heilung (inoperabler Fall), Pusey 237 ) eine Dauerheilung (16 Monate).
Ueber günstige Erfolge der radiotherapeutischen Carcinom-
behandlung an den Extremitäten berichten Pusey (1 Fall durch
2 Jahre, 2 durch 23 Monate, 1 durch 18 Monate recidivfrei, die
übrigen 5 Fälle durch 2—8 Monate) sowie Pri<5 u. Comas 221 )
(l Heilung unter 3 Fällen). Alle diese Beobachtungen betrafen
Epitheliome.
Ö*
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Einen palliativen Erfolg beobachtete Löser 180 ) bei einem aus¬
gedehnten ulcerierten Carcinom der Inguinalgegend, das auf den
Oberschenkel und die Muskulatur übergegriffen und zu Lymph-
drüsenschwellung, Lungenraetastasen und Oedem der unteren Ex¬
tremitäten geführt batte.
Bei einem grossen carcinomatösen Ulcus am Gesäss hatte
Le vy-Dorn 176 ) ein gutes Resultat mit der Radiotherapie, was umso
bemerkenswerter ist, als es sich um einen 59jährigen Diabetiker
handelte, der 7°/ 0 Zucker aufwies. Das Carcinom war auf lupöser
Grundlage entstanden; es trat im Verlaufe der Beobachtung keine
Gangrän auf. Trotz der ungünstigen Vorbedingungen also (grosse
Flächenausdehnung, lupöses Gewebe, Diabetes) war der Effekt ein
vollständig befriedigender.
* *
*
Ueberblicken wir diese reiche Kasuistik, von der im Vor¬
stehenden zusammen fassend nur die wichtigsten Resultate mitgeteilt
werden konnten, so zeigt sich, dass die Wirkung der Röntgenstrahlen
auf die Carcinomkranken in eine lokale und eine allgemeine unter¬
schieden werden kann.
Die lokale Wirkung äussert sich in Heilung bestehender
Ulcerationen, Stillung der Schmerzen und Verkleinerung
des Tumors.
Da die verabreichte Lichtmenge in den oberflächlichen Hauk-
schichten am grössten ist, zeigt sich hier die Wirkung am deut¬
lichsten. Die Ulcerationen überbauten oft nach jahrelangem Be¬
stände, es erfolgt nach Reinigung der Geschwüre Epithelialisierung
vom Rande her. Mit den Geschwüren werden der durch die stän¬
dige Secretion bedingte Säfte Verlust, der den Patienten oft sehr
heruntergebracht hat, sowie der üble Geruch, eines der belästigend-
sten Symptome, beseitigt und oft für immer zum Schwinden ge¬
bracht. Manchmal nimmt in den ersten Tagen der Behandlung die
Secretion umgekehrt etwas zu, der üble Geruch kann sich gleich¬
zeitig verstärken, wie dies namentlich bei Uterus- und Vagin&l-
carcinom vorkommt.
Vorzügliches leistet die Radiotherapie in der Stillung der
Schmerzen. Dieselbe wurde in der überwiegenden Mehrzahl der
Fälle mit grosser Promptheit erzielt. Die analgesierende Wirkung
der Röntgen8trahlen ist namentlich beim inoperablen Mammacarcinom
sowie beim Magenkrebs erprobt worden und ist beim Versagen jeder
andern Wirkung an sich für den Patienten eine grosse Wohlthat.
„da sein Leiden auf ein Minimum reduciert ist“ [Djemil-Pascha 8s )'|.
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Bei hochbetagten Frauen mit Mammacarcinom wird in den meisten
Fällen die Verabreichung von Morphium erspart. Ewart'-' 5 ) dürfte
mit seiner Ansicht wohl allein stehen, dass eine Linderung der
Schmerzen leichter und sicherer durch Morphium erzielt würde.
Zur Erklärung des analgesierenden Einflusses der Röntgenstrahlen
kann, ähnlich wie dies Kienböck 154 *) bei der Sarkombehandlung
angegeben hat, sowohl eine direkte Wirkung auf die Nerven — be¬
kanntlich werden auch Neuralgien anderer Natur günstig beein¬
flusst — wie auch die Beseitigung von Druckerscheinungen infolge
der Verkleinerung des Tumors (oft makroskopisch nicht nachweis¬
bar!) herangezogen werden. In ganz sporadischen Fällen wird be¬
richtet, dass sich die Schmerzen während der Behandlung verstärkt
hätten (Sloan* 7 *), Holland 1S< ) Danl os). Dan 1 os 7S ) meint dass die
Röntgenstrahlen in gewissen, allerdings seltenen Fällen, statt die
Schmerzen zu stillen, direkt heftige Schmerzeu hervorrufen. Er
selbst hat dies unter insgesamt 300 mit Röntgenstrahlen behandelten
Fällen viermal gesehen. In einem dieser Fälle wuchs der Tumor
unter der Behandlung und die Schmerzen wurden so heftig, dass der
Schlaf und der Kauakt gestört waren. Patient starb nach sechs
Wochen und Dan los zweifelt nicht, dass die Röntgenstrahlen hier
den Tod beschleunigt haben, in den drei übrigen Fällen
wurden oberflächliche Hautkrebse bestrahlt, erst unter der Behand¬
lung stellten sich heftige Schmerzen ein, die zuweilen eine Unter¬
brechung der Sitzungen forderten. Schliesslich kam es in allen
drei Fällen zur Heilung. Danlos erklärt die Schmerzen als das
Resultat einer durch die Röntgentherapie bedingten Neuritis. Hierzu
wäre zu bemerken, dass bei dem ersten Falle, wo die Therapie voll¬
ständig versagte, eben ein in unaufhaltsamer Progredienz begriffenes
refraktäres Carcinom vorlag; da der Patient keine Röntgenschädigung
(Dermatitis dritten Grades) erlitten hat, fehlt jede Grundlage für
die Annahme eines Zusammenhanges zwischen der Bestrahlung und
dem letaleu Ende. Dass die Röntgenstrahlen eiue Neuritis erzeugen,
ist bisher durch keine histologischen Untersuchungen bewiesen und
mit Rücksicht auf ihre curative Wirkung bei Neuralgien unwahr¬
scheinlich. Eine Erklärung für das Auftreten der Schmerzen ist
natürlich schwer zu geben, vielleicht liegt sie in der Tendenz zu
raschem Wachstum und Infiltration der Umgebung. Uebrigens
haben sich ja die Strahlen in den übrigen drei Fällen bewährt, da
die Epitheliome und natürlich auch die Schmerzen vollständig
schwanden.
Die Wirkung auf den Tumor trat nicht in allen Fällen in
der gewünschten Weise ein, manchmal blieb sie völlig aus oder war
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nur vorübergehend. Das carcinomatöseGewebe ist fürRöntgen-
strahlen nur in massigem Grade empfindlich, viel weniger
empfindlich als das sarkomatöse oder die Tumoren der Mykosis
fungoides. Da die Lichtmengen an der Oberfläche am grössten
sind, werden Epitheliome von geringem Tiefenwachstum meist rasch
und ziemlich sicher zum Schwinden gebracht, während tief reichende
Neoplasmen oft nur eine geringe Schrumpfung zeigen oder völlig
refraktär bleiben. Gleichwohl werden aber manche grosse inoperable
Tumoren, besonders Mammacarcinome, vollständig zum Schwinden
gebracht, so dass nach Abheilung der oberflächlichen Ulcerationen
die Geschwulst sich völlig involviert und eine glatte lineare Narbe
zurückbleibt.
Besonders dieses ausgezeichnete kosmetische Resultat
ist es, worauf zahlreiche Autoren mit Nachdruck hingewiesen haben:
So sagt Holzknecht 140 ): „Die oberflächlichen Epitheliome heilen
nach der Röntgenbestrahlung derart, dass nichts als das Epitheliom¬
gewebe resorbiert wird, also in idealer Weise elektiv, die zurück¬
gebliebene Narbe entspricht daher nur der durch das Epitheliom
selbst gesetzten irreparablen Zerstörung. Jede andere Therapie ist
gezwungen, auch Gesundes zu entfernen, und beeinträchtigt damit
das kosmetische Resultat, was umso wichtiger ist, als die ungeheure
Mehrzahl der Epitheliome das Gesicht befallen. Meist wird über¬
dies die radikale Exstirpation eine Deckung mittels Plastik not¬
wendig macheu.Wirklich kosmetische Resultate von Plastiken
sind nicht zu garantierende Einzelfälle.“
Dazu kommt noch, dass manche torpid verlaufende, durch
Jahre langsam wachsende und inoperabel gewordene Carzinome, be¬
sonders Mammacarcinome, erfahrungsgemäss ein. Noli me tangere für
palliative chirurgische Eingriffe darstellen, da nach solchen häufig
rapid sich verbreitende Recidive einsetzen. Hier ist die Röntgen¬
behandlung die einzig erfolgreiche.
Mit dem Schrumpfen oder Verschwinden der Geschwulst gehen
auch die durch sie bedingten Druck- und Stauungssymptome zurück,
bei Rachencarcinoraen bessern sich die Schlingbeschwerden, bei Kehl-
kopfcarcinom und Mcdiastinaltumoren die Dyspnoe, die durch Tumor¬
massen verlegte Nase wird wieder frei, fixierte Gelenke werden be¬
weglich, das Erbrechen beim Magencarcinom kann aufhören. Meist lässt
sich schon nach einer oder wenigen Sitzungen erkennen, ob die Ge¬
schwulst reagieren wird oder nicht. In ersterem Falle werden harte,
an der Unterlage fixierte Tumoren zunächst weicher und verschieb¬
lich, um sich später merklich zu verkleinern. tFortaetmng folgt.)
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II. Referate.
A. Rückenmark.
Experimentelle Untersuchungen zur Anatomie der traumatischen
Degeneration und der Regeneration des Rückenmarks. Von
A. Fickler-Kosten. Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk., Bd. XXIX,
H. 1 u. 2.
Experimentelle Versuche haben dem Verf. ergeben, dass nach
einem einmaligen Trauma ohne vorausgegangene Verletzungen der Wirbel¬
säule und ohne Blutungen ins Mark Lähmungen auftreten können. Die
Ursache ist nicht in dem anatomisch unfasslichen Begriff der „Rücken¬
markserschütterung“, sondern in einer Kontusion des Markes zu suchen.
Wäre das erstere der Fall, so müssten sich die degenerativen Verände¬
rungen im Marke gleichmässig zerstreut finden, so aber sind sie auf die
Stelle des Coup und Contrecoup, d. h. auf die Orte, wo das Rückenmark
an die Wand des Wirbelkanals angeschlagen und gequetscht wurde, be¬
schränkt. An der Stelle des Contrecoups ist die Läsion stärker ent¬
wickelt Durch die Schleuderbewegung des Rückenmarks, bei welcher
jede sich bewegende Nervenfaser auf die benachbarte, noch ruhende
drücken muss, werden Schwankungen und Veränderungen des flüssigen
Axoplasmas herbeigeführt, wodurch eine vorübergehende Aufhebung der
Funktion der Nervenfaser eintritt Bei stärkerer Quetschung kommt es
infolge der Schwankungen des Axoplasmas zum Einreissen der Achsen-
cylinderrinde und zum Austritt des Axoplasmas und damit zur Quellung
des Acbsencylinders. Bei schweren Formen kann es ausserdem auch
noch zu herdförmigen Nekrosen von Nerven- und Gliagewebe und zu
centralen Lymph- und Blutergüssen kommen. Bezüglich der regenera¬
torischen Vorgänge nach Rückenmarkstraumen haben die Versuche
Fickler’s wichtige Ergebnisse gezeitigt, deren Einzelheiten in der sehr
wertvollen Originalarbeit nachzulesen sind.
v. Rad (Nürnberg).
Syringomyelia with involvement of cranial nervs. Probably a
gyringobnlbia. Von Archibald Church. The Journal of nervous
and mental diseases 1906, July.
Eine 25 jährige sehr nervöse Frau, die seit ihrer Kindheit fort¬
während kränkelte, hatte im Alter von 10 Jahren Chorea; mit 13 Jahren
Diphtherie, mit 15 Jahren Tonsillarabscess. Sonst fortwährendes Un¬
wohlsein ohne bestimmten Charakter. Im Alter von 22 Jahren bemerkte
Patientin, dass die Beweglichkeit ihrer linken oberen Extremität nach-
lasse; sie konnte sich nicht mehr so gut frisieren etc., gleichzeitig fiel
ihr auf, dass die Hand zeitweilig blau und rot anlief, empfindungslos
wurde, während sie mit der rechten Hand Kalt und Warm sehr gut unter¬
scheiden konnte. Status praesens: Die linke untere Extremität wird
spastisch bewegt; leichte Flexionskontraktur in Hüfte und Knie. Patientin
bat scheinbar eine rechtsseitige Atrophia faciei, die aber durch eine andauernde
Kontraktion der rechten Gesichtsmuskeln zu stände kommt. Die Augen¬
lider können gut bewegt werden. Keine Augenmuskellähmungen. Keine
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Augenhintergrundveränderung. Normaler Pupiliarreflex auf Licht und
Accommodation. Die Empfindung ist im Gesichte nicht gestört. Die
Zunge ist in der rechten Hälfte atrophisch; Gaumen und Pharynx funk¬
tionieren normal. Stimme gut; keine Störung nachweisbar. Die Schulter¬
gürtelmuskeln an beiden Seiten atrophisch, links mehr als rechts. Sie
zeigen deutliche Entartungsreaktion. Leichte Skoliose der Wirbelsäule.
Keine Atrophie der unteren Extremitäten, nur leichter Spasmus der
linken unteren Extremität. Reflexe überall normal; leichter Fussklonus
links. Die Prüfung der Sensibilität ergibt vollständige Analgesie vom
Nacken über die linke obere Extremität bis zur unteren linken Extremität
mit der entsprechenden Körperhälfte. Ebenso ist an diesen Partien die
Wärmeempfindung vollständig aufgehoben. Auf der rechten Schulter
vorne und rückwärts eine dollargrosse Stelle, die keine Wärmeempfindung
zeigt; die sonstige Berührungsempfindung intakt Der Fall ist bemerkens¬
wert wegen der Beteiligung der Hirnnerven: Nervus hypoglossus und
wahrscheinlich Nervus facialis (beginnender Prozess im Bulbus).
Leopold Isler (Wien).
A note on the temporary disappereance of the sensory Symptoms
in syringomyelia. Von Charles W. Burr. The Journ. of nervous
and mental diseases 1906, Aug.
Es ist notwendig, bei Syringomyelie die Temperatursinnsstörungen
zu prüfen, weil sie zeitweilig verschwinden und so zu einer anderen
Diagnosestellungen Veranlassung geben können, wofür folgender Fall
beweisend ist.
Ein 20 jähriger Mann mit Parästhesien an der Hand und Vorder¬
arm, die gleichzeitig auch Atrophie zeigt. Pat. wurde von seinem Arzt
untersucht, zeigte Temperatursinnsstörungen mit taktiler Anästhesie. Dia¬
gnose daher: Syringomyelie. Derselbe Pat. wurde nun Verf. pro consilio
einige Monate später vorgeführt, ohne dass Verf. im stände gewesen
wäre Temperatursinnsstörungen nach zu weisen; er stellte daher die Dia¬
gnose: progressive Spinalatrophie. Einige Zeit später sah Verf. Pat.
wieder und war höchlichst erstaunt, Temperatursinnsstörungen zu finden,
die vor zwei Monaten bestimmt nicht da waren. Verf. beobachtete noch
zwei weitere Fälle, in denen Temperatursinnsstörungen in kurzen Inter¬
vallen auftraten und verschwanden. Eine Möglichkeit der Erklärung
gibt Verf. damit, dass zeitweilig in der pathologisch gebildeten Höhle
des Rückenmarkes ein höherer oder niedrigerer Druck herrscht, der auf
die entsprechende Leitung des Rückenmarkes seinen Einfluss geltend
macht. Leopold Isler (Wien).
Ein Beitrag zur Kenntnis der traumatischen Konusläsion. Von
Fi sch ler. Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk., Bd. XXX, H. 5. u. 6.
Verf. beschreibt zwei Kranke, die bei einem Sturz zuerst auf die
Füsse zu stehen kamen und dann auf den Steiss fielen, dabei erlitten
sie eine Zusammenstauchung nach vorne. Ohne dass die Erscheinungen
einer Fraktur der Wirbelsäule nachzuweisen waren, fand sich in beiden
Fällen das typische Bild einer Affektion des Conus medullaris. Verf.
referiert dann über weitere Fälle von traumatischer Conusläsion ohne Ver-
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letzung der Wirbelsäule. Er kommt zu dem Schlüsse, dass bei starker
Abbiegung der Wirbelsäule, wie sie das Zusammenstauchen bedingt, die
Wurzeln der Cauda equina eine Zugwirkung auf den Conus ausüben
und dort sekundäre Zerreissungen und Bluterguss bedingen. Bei schwe¬
reren Fällen führt, wie Fischler auch aus Fällen in der Literatur nach-
weisen kann, der gleiche Mechanismus zur Kompressionsfraktur des
ersten Lendenwirbels. v. Rad (Nürnberg).
B. Abdomen.
Methoda of exploring the abdomen, and a new one. Von A. H.
Ferguson. New York Med. Journ. 1905, 4. Nov.
Troikart und Canule behaupten in der abdominellen Diagnostik
einen wichtigen Rang. Nach der Punktion von Ascites oder einer grossen
Ovarialcyste, welche die Abdominalorgane komprimieren, das Herz ver¬
drängen und die Rippen vorwölben, wird die Palpation der Organe häufig
ermöglicht Eine 36 jährige Patientin des Verf.'s befand sich infolge der
durch eine grosse Cyste hervorgerufenen Erscheinungen in einem äusserst
bedrohlichen Zustande. Nach langsamer Entleerung der Cyste besserte
sich der Zustand der Patientin derartig, dass sie nach drei Tagen operiert,
die Cyste exstirpiert und gleichzeitig eine carcinomatöse Mamma amputiert
werden konnten, aus der Gallenblase wurden 1015 Steine entfernt Die
Patientin ist seit 3 Jahren geheilt. Die Aspirationsnadel dient ferner zur Unter¬
suchung auf Leberabscesse und Hydatiden. Manuelle und instrumentelle
Untersuchungen werden weiters auf dem Wege der Vagina, des Rectums,
der Urethra und des Oesophagus vorgenommen, Methoden, welche noch
weiterer Vervollkommnung fähig sind. Doch auch die Probelaparotomie
hat ihre Indikationen und kann zuweilen unter Lokalanästhesie ausgeführt
werden. Für am meisten geeignet hält Verf. die Incision am Nabel, von
wo man nach allen Richtungen am besten untersuchen und eine Hernie
am ehesten verhüten kann. Durch einen 3 Vs cm langen Schnitt am
Nabel ist es möglich, Carcinome des Magens, Darms und des Peritoneums,
Gallen- und Nierensteine, tuberkulöse Peritonitis zu diagnostizieren. Bei
Männern und Nulliparen ist dies allerdings schwierig. Verf. beschreibt
die verschiedenen Methoden der Probeincision sowie die von ihm befolgte
Methode der Exploration benachbarter Organe bei Incision über der Gallen¬
blase, dem Appendix, über dem Becken, dem Leistenkanal, über einer
Nabelhernie, über der Blase sowie über den männlichen und weiblichen
Genitalorganen. So vermag er unter anderem an die Entfernung des
Nebenhodens die Besichtigung des Wurmfortsatzes, des Ureters und des
Blasenfundus anzuschliessen.
Bei vaginal ausführbaren Operationen erscheint es oft wünschens¬
wert, die Gelegenheit zur direkten Untersuchung anderer gleichzeitig er¬
krankter Organe wahrzunehmen. Verf. führt zu diesem Zwecke die Hand
und den ganzen Vorderarm durch die Vagina in die Abdominalhöhle ein,
nachdem er die Seitenwände der Scheide der ganzen Länge nach gespalten
hat In dieser Weise hat Verf. in zahlreichen Fällen alle Abdominal¬
organe bis zum Diaphragma hinauf abtasten können. In einem Falle
hat er nach dieser Methode eine mit Steinen gefüllte Galleublase durch
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eine kleine Incisionsöffnung in der Bauchwand hindurchgepresst und so
eine zweite grössere Operation von den Bauchdecken aus vermieden. In
einem anderen Falle wurde vor der beabsichtigten Entfernung eines Rectum-
carcinom8 durch das genannte Verfahren ein Carcinom der Leber und
der Gallenblase entdeckt, in einem dritten Falle neben einem Carcinom
der Cervix ein solches in der Magen wand. Karl Fluss (Wien).
Die Dislokation der Bauchorgane der Frauen, deren Ursache und
Verhütung. Von N. Cu kor. Ungar. Med. Revue 1905, No. 10.
Die Gastroptose, Nephroptose, Hepatoptose etc. wurden in der Mehr¬
zahl der Fälle bei Frauen gefunden und muss die Ursache des Befundes
teils der Gravidität, dem Geburtsakte und Puerperium, teils aber der
Frauenkleidung zugeschrieben werden. Infolgedessen wird sich die Pro¬
phylaxe der Enteroptose nach zwei Richtungen bewegen. Post partum
ist 10 tägiges Bettliegen streng erforderlich. Behufs Kontraktion der
während der Schwangerschaft erschlafften Bauchwand muss die Bauch¬
wand im Puerperium ständig mit einem Leinentuch oder einer breiten
Flanellbinde befestigt werden. Eine weitere Aufgabe ist die Lokalisation
der Bauchorgane, da die Schwangerschaft dieselben von ihrem normalen
Platze verdrängt. Deshalb konstruierte Verf. ein Mieder, das mit einer
Leibbinde kombiniert ist, wodurch die Schädlichkeiten möglichst vermieden
werden können. J. Honig (Budapest).
Ueber die Therapie der Glenard’schen Erkrankung. Von J. Cseri.
Orvosi Hetilap 1905, No. 41.
Da Verf. die Krankheit aus angeborener Disposition ableitet, emp¬
fiehlt er bei solchen Individuen, bei denen dieselbe an gewissen Ver¬
änderungen des Knochensystems (Costa fluctuans decima, Lordose etc.)
erkennbar ist, schon in der Jugend sorgsam darauf zu achten, dass die¬
selben geistig nicht überangestrengt werden, nicht viel sitzen und keine
enge Kleidung tragen sollen. Grosse Achtung erheischen auch die Gravi¬
dität und das Puerperium. Gegen das ausgeprägte Krankheitsbild hofft
Verf. von der Hydrotherapie, der Bauchmassage, der Elektrisierung und
dem Trageu einer Bauchbinde den grössten Erfolg.
J. Honig (Budapest).
A case of actinomycosis of the abdominal wall. Von Archibald
Cuff. Brit. Med. Journ., 21. Juli 1906.
Ein 46 Jahre alter Mann kam ins Spital mit einer lokalisierten
Schwellung rechts in der Höhe der Spina ant. sup.; bei Muskelkon¬
traktion wurde dieselbe undeutlich; bei der Palpation fühlte man eine harte,
seitlich nur wenig bewegliche Masse; die Haut darüber war normal; die
Schwellung begann vor sechs Monaten und war nie schmerzhaft
Bei der Operation zeigte sich, dass die Masse den Muse, transvers.
und das Peritoneum durchsetzte, wenig auch den Muse, obliqu. int. und am
Colon ascend. adhärent war. Der Tumor wurde entfernt. Derselbe war
aussen härter als innen und besass im Centrum mehrere gelbe Erweichungs¬
herde, in einem fand man einen Körper, ähnlich einem Strohhalm. Der
Tumor wurde als Aktinomykose erkannt.
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Der Gang der Infektion war offenbar folgender: Ein Stückchen
infizierten Strohes wurde vom Pat. verschlungen; dieses perforierte das
Colon und ging in die Abdominalwand über mit Zurücklassung von Ad¬
häsionen zwischen Darm und Abdominalwand.
Nach Angabe des Pat. hatte derselbe 18 Monate vorher einen aus¬
gefressenen Molarzahn, den er stets mit Strohhalmen reinigte.
Herrnstadt (Wien).
Contributo alla cnra delle ferite d'arma bianca penetranti nell’
abdome. Von G. Ferrero. La clinica chirurgica 1905, No. 9 u. 10.
Auf Grund von 28 einschlägigen Fällen, von denen 17 der Verf.
selbst zu operieren Gelegenheit hatte, gibt er eine zusammenfassende
Darstellung der Symptomatologie, Prognose und Therapie dieser Fälle
und kommt dabei zu folgenden Schlusssätzen:
1. Die Diagnose kann oft nur eine Wahrscheinlichkeitsdiagnose sein.
2. Der Eintritt der peritonealen Sepsis ist schwer zu diagnostizieren.
3. Ist Peritonitis eingetreten, so ist eine Behandlung wenig aus¬
sichtsreich, der operative Eingriff überdies ein schwerer.
4. Bei bereits entzündetem Peritoneum liegt die Möglichkeit des
Nichthaltens der Wundnaht vor.
5. Nach operativer Behandlung der Peritonitis kommt es nicht
selten zum Vorfall der Eingeweide, der eine zweite, oft komplizierte Ope¬
ration notwendig macht.
6. Die aseptisch ausgeführte Explorativlaparotomie ist jedenfalls
weniger gefährlich als die sekundäre. In allen Fällen, in denen auch
nur der Verdacht der Penetration einer Bauchwunde vorliegt, soll die
Laparotomie ausgeführt werden.
Im Anschluss an die penetrierenden Bauchwunden werden auch jene
Fälle kurz besprochen, in denen zugleich der Pleurasack eröffnet wurde.
In diesen hat sieb Verf. zu wiederholten Malen der transpleuralen Naht
nach entsprechender Rippenresektion mit Vorteil bedient.
A. Götzl (Wien).
Bemerkungen über Operationen am Magen und am Pankreas.
Von Körte. Deutsche nied. Wochenschr. 1906, No. 4.
Körte erwähnt einige Fälle von Ulcus callosum ventriculi, die er
operativ behandelte, und zwar einen durch Resektion, den andern durch
Gastroenteroanastomie. Er lässt die Frage offen, ob eine Resektion
wirklich, wie vielfach behauptet wird, sicheren Schutz gegen Recidive
bilde und der Gastroenteroanastomose entschieden vorzuziehen sei. Er
selbst erlebte bei zwei Fällen von Resektion später wieder neue Ulcera-
tionen. Verf. scheint, wie neuerdings mehrere Chirurgen, die Gastro¬
enteroanastomose für die richtigere Operation bei Ulcus callosum ventriculi
zu halten, die seiner Ansicht nach bei geringerer Mortalität gleich gute
Chancen bietet Die Resektion sei, wenn technisch ausführbar, dann am
Platze, wenn man im Zweifel sei, ob es sich um ein Ulcus oder Carcinom
handle.
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Körte erwähnt weiter noch einen Fall von Dilatatio ventriculi
ohne Pylorusstenose. Es bestand eine starke Gastroptose, diese be¬
wirkte bei großer Füllung des Magens eine Abknickung des Pylorus
und somit die Dilatation.
Weiter führt er drei Fälle von Magencarcinom an, die sich jeden¬
falls auf dem Boden eines Ulcus entwickelt hatten. In zwei Fällen
trat durch Resektion Heilung ein.
Als diagnostische Zeichen der akuten Pankreatitis gibt Verf. fol¬
gende an: Die Patienten, bei denen häufig schon Symptome yon
Cholelithiasis aufgetreten sind, erkranken meist plötzlich mit Schüttelfrösten,
sehr heftigen Schmerzen in der Magengegend, meist besteht dabei ein
sehr ausgesprochener Collap9, ferner zeigen sich Entzündungserscheinungen
von seiten des Bauchfells in den oberen Partien des Leibes. Nach ge¬
nügender Dannentleerung kann man oft in der Mitte des Epigastriums
eine quer verlaufende druckempfindliche Resistenz fühlen, welche dem
geschwollenen Pankreas entspricht. Verf. ist entgegen seiner früheren
Meinung der Ansicht, dass man im akuten Stadium durch die Operation
grossen Nutzen schaffen und der Pankreaseiterung und Nekrose Vor¬
beugen kann. Er erwähnt zwei Fälle, die einen günstigen Ausgang
nahmen. Wiemer (Köln).
A case of intussusceptiou; Operation, recovery. Von Dun ca n
Macartney. Lancet 1906, 14. Juli.
Ein Knabe, 1 Jahr 9 Monate alt, wurde am 18. Aug. 1905 ins
Spital geschickt, wo derselbe in kollabiertem Zustande ankam; seit acht
Stunden bestanden Erbrechen, blutige Stühle, in der rechten Inguinalregion
war eine rundliche Geschwulst fühlbar. Bei der Operation erwies sich
die Geschwulst als Intussusception, der halbe Appendix war in dieser
Masse mit einbegriffen, diese selbst zur Hälfte lebhaft kongestioniert,
zur Hälfte normal. Nach der Operation trat völlige Heilung ein.
Die Heilung hängt hauptsächlich ab von der Grösse des Schadens,
welchen die intussusceptierte Partie erleidet; je weniger Nachteil der seröse
Ueberzug des Darmes erleidet, desto geringer sind die Chancen für den
Austritt von Flüssigkeit in den peritonealen Raum. Die Fälle lassen
sich in zwei Gruppen ein teilen: 1. solche, welche sich nach der Operation
vom Shock nicht mehr erholen; 2. solche, wo die Temperatur nach der
Operation sofort bis auf 104° F. steigt und die nach einigen Tagen
letal endigen. In beiden Fällen handelt es sich um Resorption von
septischem Material. Herrnstadt (Wien).
Enterospasm and intestinal obstruction. Von Bruce C. Kelly.
Brit. med. Journ. 1906, 28. April.
Ein 40 Jahre alter Mann, welcher seit 12 Stunden über heftige
Darmkoliken klagt; der Abgang von Stuhl und Winden normal, kein
Erbrechen, keine Zeichen von Ileus noch von Bleiintoxikation. Tempe¬
ratur nicht erhöht. Nach Morphin sistierten die Schmerzen völlig für
4 Stunden, doch stellte sich später fäkales Erbrechen ein und Abgang
von Stuhl und Winden hörte auf. 5 Stunden später Exitus letalis.
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Nekropsie: Ein Teil der Schleimhaut des Jejunums war gerötet
und enthielt Klumpen von unverdauten Massen; Volvulus oder irgend
ein Darmverschluss nicht auffindbar, die übrigen Organe normal. In
diesem Falle veranlassten wohl die unverdauten Massen einen Entero-
spasmus und dieser wiederum war die Ursache des Ileus.
Herrnstadt (Wien).
Ueber die sogenannten Spontanrupturen des Rectums. Von Hei-
neke. v. Bruns’ Beitr. z. klin. Chir. 1906, Bd. L, H. 2.
Durch übermässige Anstrengung der Bauchpresse ohne jede andere
äussere Gewalteinwirkung kann in sehr seltenen Fällen eine Ruptur des
Rectums ein treten. Einen derartigen Fall beschreibt Heineke: 30jähriger
Mann; beim Heben einer Last plötzlich heftiger Schmerz in der Ober¬
bauchgegend, der sich ausbreitete; wiederholtes Erbrechen; Stuhl und
Winde gingen nicht mehr ab; Collaps. Laparotomie nach 21 Stunden:
Serös-eiterige Peritonitis; keine Ruptur zu finden. Exitus. Sektion:
17 cm oberhalb des Anus an der rechten Seite der Vorderwand des
Rectums, etwas nach vorn von der Anheftungsstelle des Peritoneums ein
1,2 cm langer Längsriss. Dicht daneben und ferner 20 cm oberhalb
eine partielle Ruptur in Gestalt von Auseinanderweichen der Längs-
muskulatur. — Bei den acht anderen veröffentlichten Berstungsrupturen
des Rectums war die Wand desselben durch ältere Veränderungen ge¬
schwächt. Viermal bestand vorher ein Rectalprolaps. Fast immer be¬
traf die Erkrankung Frauen, wohl infolge der leichteren Erschlaffung
des Beckenbodens. Bei bestehendem Rectumprolaps werden wohl die
Dünndarmschlingen unter grossem Druck in den Bruchsack gepresst und
bewirken so eine Zerreissung des Rectums, das die Bruchsackwand dar¬
stellt. Besteht eine schwache Stelle in der Darmwand, so können Druck¬
differenzen in der Bauchhöhle, wie sie z. B. bei Anspannung der Bauch¬
presse entstehen, genügen, um an dieser Stelle eine Ruptur zu verursachen.
Eine Ruptur des gesunden Rectums von innen nach aussen durch den
Druck der Faeces bei angestrengter Bauchpresse ist sehr unwahrschein¬
lich, aber nicht unmöglich. In einigen Fällen ist wohl die Ruptur so
entstanden, dass der gesteigerte Innendruck in der Bauchhöhle das Rec¬
tum, und zwar die bewegliche vordere Wand, gegen den Ort des ge¬
ringsten Widerstandes, d. h. den Schlitz im M. levator ani, presste und
hier die Ruptur ein trat. Die Entstehungsweise einer Ruptur lässt sich
nicht immer erklären. Klink (Berlin).
III. Bücherbesprechungen.
Natur und Behandlung der Gicht Von W. Ebstein. Zweite, stark
vermehrte Auflage. Wiesbaden 1906, Bergmann. 458 pp.
Nach fast 25 Jahren ist die neue Auflage des berühmten Werkes
erschienen, die schon lange erwartet wurde. Trotz der grossen Fortschritte,
die gerade die physiologisch-chemischen Grundlagen der Gicht in diesen
Jahren gemacht haben, hat Ebstein seine früher ausgesprochene Meinung
nur selten ändern müssen. Viele damals hypothetisch ausgesprochene
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Satze haben unterdes einen gefestigten Boden gewonnen. Das Kapitel
über die Chemie der Gicht hat in ausgezeichneter Weise Schittenheim
bearbeitet, der selbst an dem Ausbau dieser Lehre hervorragend beteiligt
ist Ganz vorzüglich durch die Klarheit und Vorurteilslosigkeit der Dar¬
stellung ist auch der Abschnitt über die Pathologie der Gicht. Auch
wer die Anschauungen Ebstein’s von der Gewebsnekrose an den Stellen
uratischer Ablagerungen nicht teilt, wird den Darlegungen mit Nutzen
und Freude folgen. Die klinischen Abschnitte beweisen aufs neue, dass
wir in Ebstein wohl den besten Gichtkenner besitzen. Ueberall sehen
wir da eine durch tiefe theoretische Kenntnisse erhellte und durch eigene
Untersuchungen geläuterte, ausserordentlich grosse praktische Erfahrung.
So ist dieses Werk auch den Verehrern des Minkowski’schen Buches
dringend zum Studium zu empfehlen. Wegen der Verschiedenheit der
Anschauung, welche die beiden Autoren in manchen Punkten trennt,
ergänzen sie sich in glücklichster Weise. H. Zieschö (Breslau).
Atlas der orthopädischen Chirurgie in Rontgenbildern. Von Hoffa
und Rauenbusch. Mit 80 Tafeln in Lichtdruck mit Text. Stutt¬
gart 1906, Verlag von Ferdinand Enke.
Das an interessanten und prachtvoll wiedergegebenen Rontgen¬
bildern reiche Werk liegt nun vollendet vor. Leider steht der Text
nicht ganz auf gleicher Höhe mit dem bildlichen Teil, hier wird in einer
neuen Auflage mancherlei zu ändern sein, um den Wert der veröffent¬
lichten Röntgenbilder ins rechte Licht zu setzen.
U. a. wären Ueberschriften über jeden Textabschnitt mit der Dia¬
gnose des betreffenden Falles behufs rascherer Orientierung gewiss er¬
wünscht
Doch soll durch solche Ausstellungen die Bedeutung der Bilder
und damit des prächtigen Werkes für die orthopädische wie die Rontgen-
literatur nicht abgeschwächt werden.
Vulpius (Heidelberg).
Die spezielle Chirurgie in 60 Vorlesungen. Von E. Leser. Jena 1906,
G. Fischer.
Die Güte dieses Werkes wird allein schon dadurch bewiesen,
dass wiederum schon zwei Jahre nach der letzten Auflage eine neue sich
notwendig machte. Diese neue, die siebente, weist gegen die früheren
Auflagen eine erhebliche Zunahme des Textes und eine nicht unbeträcht¬
liche Vermehrung der Zahl der Abbildungen auf. Die letzteren zeichnen
sich durch gute und klare Ausführung aus und erleichtern deshalb ganz
besonders das Verständnis des in dem Buche Gebotenen.
Wie zu erwarten, besteht die wichtigste Neuerung des Leser’schen
Werkes in der Besprechung der Bi er’sehen Stauungs- etc. Therapie.
Wir finden diese abgehandelt in den einzelnen einschlägigen Kapiteln.
Auch Leser hat von der Anwendung der Hyperämie viel Gutes ge¬
sehen, ohne sich aber den natürlich dieser Methode noch anhaftenden
geringen Mängeln zu verschliessen.
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Wenn es auch vielleicht als ein Fehler des Werkes bezeichnet
werden könnte, dass der operativen Behandlung der Ohrenkrankheiten
keine Besprechung gewidmet wird, so begrüsst Referent diese Zurück¬
haltung als zweckmässig und verdienstvoll, da der Verfasser selbst an¬
gibt, dieses Kapitel nicht zu beherrschen.
Es ist unmöglich, alle Kapitel des umfangreichen Werkes in einem
im Rahmen dieser Zeitschrift liegenden kurzen Referate zu berühren, viel¬
mehr kann sich dies doch wohl nur darauf beschranken, den Gesamt-
eindnick, den das Buch beim Lesen hinterlasst, wiederzugeben. Danach
darf man wohl sagen, dass Student und Arzt in dem Buche alles das
finden, was beiden für ihre Zwecke nötig ist. Die Art der Darstellung
ist eine leichte, fliessende, Ausstattung, Druck und Register sind muster¬
gültig. Kurz, das Werk kann nur als vorzüglich empfohlen werden.
Kaupe (Bonn).
Chirurgie des praktischen Arztes mit Einschluss der Augen-,
Ohren- und Zahnkrankheiten. I. Hälfte. Zugleich Ergänzungs¬
band zum Handbuch der praktischen Medizin. Herausgegeben
von W. Ebstein und J. Schwalbe. Zweite Auflage. Stuttgart
1906, Verlag von Ferdinand Enke.
Dieser Band soll, auch ohne das Handbuch der praktischen Medizin
vorauszusetzen, dem Arzt in völliger Abrundung die Chirurgie darbieten,
deren er für seine tägliche Arbeit am Krankenbette bedarf. Technisch
schwierige, besondere Hilfsmittel erfordernde Operationen und Behandlungs¬
methoden sind daher nicht berücksichtigt.
Den Anfang bildet ein Artikel von A. Frankel (Wien) über
allgemeine Chirurgie, an den sich zwei weitere aus der Feder desselben
Autors über die Chirurgie des Schädels und der Wirbelsäule anschliessen.
Weiterhin folgen die „Chirurgie des Nervensystems“ von O. Tilmann
(Köln), die „Augenkrankheiten“ von C. Hess (Würzburg), die „Ohren¬
krankheiten“ von W. Kümmel (Heidelberg). In einem ziemlich um¬
fangreichen Kapitel bespricht E. Leser (Halle) die „Chirurgie des Ge¬
sichts, der Nase und ihrer Nebenhöhlen, der Mundhöhle, der Speichel¬
drüsen“ und in einem Anhang die Ausführung der plastischen Opera¬
tionen im Gesichte. Es folgt nun die Darstellung der „Zahnkrankheiten,
mit besonderer Berücksichtigung der konservierenden Zahnheilkunde“ von
J. Scheff (Wien). Den Schluss der vorliegenden ersten Hälfte bildet
das Kapitel „Chirurgie des Halses, des Kehlkopfes, der Luftröhre, der
Lungen, des Brustfells, Mittelfells, Zwerchfells und Brustkorbes“ von
K. Garrö (Breslau). v. Hofmann (Wien).
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Inhalt
I. Sammel-Referate.
Pollak, R„ Scarlatina puerperalis (Fort¬
setzung), p. 49—55-
Schirmer, K. H., Die Röntgenbehand- )
lung der malignen Tumoren (Fori- j
Setzung), p. 56—70. 1
II. Referate.
A. Rückenmark.
Fickier-Kosten, A., Experimentelle
Untersuchungen zur Anatomie der trau¬
matischen Degeneration und der Re¬
generation des Rückenmarks, p. 71.
CJiurch, A., Syringomyelia with invol-
vement of cranial nervs. Probably a
syringobulbia, p. 71.
Burr, Charl. W., A note on the tempo-
rary disappereance of the sensory Sym¬
ptoms in syringomyelia, p. 72.
Fischler, Ein Beitrag zur Kenntnis der !
traumatischen Konusläsion, p. 72. j
B. Abdomen.
Ferguson, A. H., Methods of exploring
the abdomen, and a new one, p. 73.
Cu kor, N., Die Dislokation der Bauch¬
organe der Frauen, deren Ursache und :
Verhütung, p. 74.
Csfcri, J., Ueber die Therapie der Gle-
nard'schen Erkrankung, p. 74.
Cuff, A., A case of actinomycosis of the
abdominal wall, p. 74.
Ferrero, G., Contributo alla cura delle
ferite d’arma bianca penetranti nelP
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am Magen und am Pankreas, p. 75.
Macartney, Duncan, A case of intussus-
ception; Operation, recovery, p. 76.
Kelly, Bruce C., Enterospasm and in¬
testinal obstruction, p. 76.
III. Bücherbesprechungen.
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der Gicht, p. 77.
Hoffa u. Rauenbusch, Atlas der
orthopädischen Chirurgie in Röntgen-
bildem, p. 78.
Leser, E., Die spezielle Chirurgie in
60 Vorlesungen, p. 78.
Ebstein, W. u. Schwalbe, J., Chirurgie
des praktischen Arztes mit Einschluss
der Augen-, Ohren- und Zahnkrank¬
heiten, p. 79.
Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Professor
Br. HERMANN SCHLESINGER. Wien, I. Kbendorferotraaae 10, wird gebeten.
Man bittet, redaktionelle Zuschriften mit dem Adressenznsatz ..Für die Redaktion des
Central blatte« für die Grenzgebiete 4 * versehen zu wollen.
Druck von Ant. Kämpfe in Jenn.
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CENTRALBLATT
für die
Qrenzgebiete der f/Iedizin u. Chirurgie.
Herauagegeben von
Di*. Hermann Schlesinger,
Professor «n der UnivereiUU Wien.
Verlag Ton GÜSTAY FISCHES in JeuL
X. Band.
Jena, 21. Februar 1907
Nr. 3.
Du Centr&lblatt für die Grenzgebiete der Medizin und Chirurgie erscheint in
zwanglosen Heften im Umfange von etwa 3 Druckbogen, die zu einem Bande
rereinigt werden, dessen Umlang 60 Druckbogen betragen wird. Das Abonne¬
ment für das Centralblatt kostet 24 Mark für den Band. — Die Abnehmer
der litteiluofefi aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, herauegegeben
ron A von Eiseisberg und B. Naunyn, erhalten das Centralblatt
zum Vorzugspreise von 20 Mark.
L Sammel-Referate.
Scarlatina puerperalis.
Von Dr. Rudolf Pollak.
(Fortsetzung.)
Literatur.
76) Kiwisch, Die Krankheiten der Wöchnerinnen. Prag 1840.
77) Klein Wächter, F., Die künstliche Unterbrechung der Schwangerschaft.
Wien 1890.
78) Koch, H., Ueber Scharlach bei Wöchnerinnen. Inaug.-Diss. Gießen 1868.
79) Koller, Hans, Scharlach bei Wöchnerinnen. Inaug.-Diss. Basel 1889.
Kef. in Centr. f. Gyn. 1890, 25.
80) Krönig, B., Scharlach, Encyklopädie der Geb. u. Gyn. Leipzig 1900, F. C.
W. Vogel.
81) Lange, C. H., De scarlatina puerperali. Diss. Regimonti 1867. Cit. n.
01 s h a u s e n.
82) Lebedinsky, Ueber pathologisch-anatomische Veränderungen an den Eier¬
stöcken bei Scharlach. Ges. d. St Petersbg. Aerzte 1876. Ref. in Centr. f. Gyn. 1877.
83) Legendre, Henri, Etüde sur la scarlatine chez les femmes en couches.
These. Paris 1881.
84) Leishmann, Transact Obst Soc. London. Vol. XVII.
85) Leopold, Gyn. Ges. Dresden 1884. Ref. in Centr. f. Gyn. 1885.
86) Liebmann, C., 3 Fälle von Scharlach bei Wöchnerinnen. Arch. f. Gyn.
Bd. X, 1876.
87) Litzmann, Das Kindbettfieber. Halle 1844.
88) Löhlein, Indikationen zur künstlichen Frühgeburt bei inneren Krankheiten.
59 - Vers, deutscher Naturf. u. Aerzte. Ref. in Centr. f. Gyn. 1886.
89) Lomer, Indikationen zum künstlichen Abort Ges. f. Geb. Hamburg 1893.
Ref. in Centr. f. Gyn. 1893.
90) Ludwig, Institut medic. clinicae. 1758. Cit n. Olshausen.
91 j Lusk, Science and art of midwifery. N.-Y. 1882. Cit n. Meyer.
92) Malfatti, Hufelands Journal 1801. Cit n. Olshausen.
CentnübUtt t d. Or. d. Med. u. Chir. X. 6
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93) Martin, A., Herpes et Erythema iris und Scarlatina bei Wöchnerinnen.
Zeitschr. f. Geb. u. Frauenkrankheiten. Bd. I.
94) Meyer, Leop., Ueber Scharlach bei Wöchnerinnen. Zeitschr. f. Geb. u.
Gyn. Bd. XIV.
95) Montgomery, Cit. n. Olshausen u. Tanner.
96) Müller, P., Handb. d. Geb. Bd. II. Stuttgart 1889, F. Enke.
97) Newman, Transact. Obst. Soc. London. Vol. XVII.
98) Öhme, Gyn. Ges. Dresden 1884. Ref. in Centr. f. Gyn. 1885.
99) Osterloh, Ebenda.
100) Olshausen, R., Untersuchungen über die Komplikation des Puerperiums
mit Scharlach und die sogenannte Scarlatina puerperalis. Archiv f. Gyn. Bd. IX. 1876.
(Fortsetzung der Literatur folgt.)
Beim 2. Falle beobachtete Liebmann am 2. Wochenbetts*
tage Fieber, am 6. ausgesprochenes Scharlachexanthem, Angina,
druckempfindlichen Uterus, am Scheideneingange, besonders auf
einem Einrisse, einige seichte, grau belegte Geschwüre, starke Diar¬
rhöe. Tod am 12. Tage. Die Obduktion ergibt Peritonitis neben
Nephritis scarlatinosa.
Der 3. Fall zeigte am 3. Wochenbettstage heftiges Fieber, am
folgenden Tage Kreuzschmerzen, Empfindlichkeit des Unterleibs,
Ausschlag, Bachen vollständig frei. Uterus wenig empfindlich, beide
Parametrien gegen Druck sehr empfindlich. Am Scheideneingange
mehrere Geschwüre. Am 5. Krankheitstage Miliaria; leichte
Diarrhöe. Am 15. Tage Exacerbation der Parametritis. 2 Tage
später Beginn der Abschuppung. 6 Wochen post partum verlässt
Patientin geheilt die Anstalt.
1877 beschrieb Ahlfeld einein einer kleinen Stadt beobachtete
Epidemie, deren Kerne einzelne Wöchnerinnen bildeten, von welchen
ausgehend Familienangehörige und Hausmitbewohner angesteckt
wurden und erkrankten. Von 5 Wöchnerinnen, bei denen sich
lokale Entzündungen am Genitale teils gezeigt, teils nicht gezeigt
hatten, gingen 3 zugrunde. Verf. stellt sich die Frage: Sind wir
berechtigt, diese Epidemie eine Puerperalfieberepidemie zu nennen?
Es ist bekannt, dass in England die Ansicht unter den Spezialisten
eine weit verbreitete ist, dass Kindbettfieber im Zusammenhänge mit
Scarlatinaepidemien entstehen könne. Bestimmte Beweise für diese
Annahme sind noch nicht vorhanden, ln Deutschland hat man sich
bisher noch nicht für diese Ansicht ausgesprochen. Auch ich möchte
den weiteren Untersuchungen nicht vorgreifen, wenn ich die Epi¬
demie eine Puerperalfieberepidemie nenne. Auf den ersten Anblick
machte sie in der Tat den Eindruck eines epidemischen Kindbett¬
fiebers und das Publikum zumal fasste sie als solches auf, während
der Arzt bald die Eigentümlichkeiten der Krankheit bemerkte.
Zweitens wäre zu erörtern, ob die Krankheit der Wöchnerinnen als
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Scarl&tma aufzufassen sei. Nur im ersten Falle waren die Sym¬
ptome die eines schnell verlaufenden Scharlachs, in den weiteren Fällen
lässt sich eigentlich mehr gegen als für die Diagnose Scharlach
sagen. Trotzdem deuten aber die Verhältnisse der Epidemie dringend
darauf hin, dass man es doch mit Scarlatina zu tun gehabt habe.
Sehr auffallend ist der Umstand, dass nur in den Familien der er-
bankten Wöchnerinnen Scarlatina anftrat, während sonst in dem
5000 Seelen zählenden Orte Scharlach zurzeit keine Verbreitung
hatte, obgleich der Arzt und die Hebamme in zahlreichen Häusern
des Ortes ein- und ausgingen. Für Scarlatina spricht ferner der Um¬
stand, dass die Erkrankung in mehreren Fällen gleich am ersten Tage
des Wochenbettes, und zwar unter sehr heftigen Kopfsymptomen auf¬
trat, in 2 Fällen auch die Delirien bis zum Tode, der ziemlich
schnell eintrat, anhielten.
1880 beschrieb Grenser einen Fall von Scharlach im Wochen¬
bett mit komplizierendem Gelenkrheumatismus. Die Temperatur war
massig hoch, der Puls zeitweilig sehr frequent, tagelang über 100.
Das Exanthem war über den ganzen Körper verbreitet, dunkelblau¬
rot und verschwand nach 14 Tagen, nachdem die Abschilferung bereits
vorher begonnen hatte. . Der Harn enthielt einige Tage massige
Mengen Eiweiss. Keine Komplikation von seiten der Genitalien.
Lochial- und Milchsekretion gering. Autor verteidigt energisch seine
Diagnose.
1884 besprach derselbe Verfasser in der Dresdener gynäkolo¬
gischen Gesellschaft einen Fall, in welchen 44 Stunden post partum
Temperatursteigerung eintrat und am nächsten Tage ein intensiver
Scharlachausschlag mit geringer Angina vorhanden war. Am 12. Tage
entwickelte sich unter Temperaturanstieg ein parametranes Exsudat.
Im Hause der Patientin bestand 8 Tage zuvor ein Diphtheriefall.
fn der sich anschliessenden Debatte sprach Schramm über
2 Beobachtungen mit Ausgang in Genesung, deren einer erst am
8. Wochenbettstage mit Schüttelfrost einsetzte, Leopold über
3 Fälle, in deren erstem die Infektion durch die Hebamme erfolgt
*ar, in deren Wohnhause 2 Kinder an Scharlach erkrankt waren.
Leopold glaubt, dass bei genauer Untersuchung ein Infektionsherd
immer sich nachweisen Hesse, und bezweifelt die scarlatinöse Natur
des Exanthems in der Mehrzahl der mitgeteilten Fälle.
1878 pubhzierte Stone einen Fall von Scharlacherkrankung
einer Wöchnerin 32 Stunden nach einer Zangenentbindung ohne
jedes Symptom einer puerperalen Erkrankung. In einem früheren
Falle war eine Wöchnerin neben ihren scharlachkranken Kindern
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am 3. Wochenbettstage erkrankt, am 6. Tage ohne Scharlachsym¬
ptom an Kindbettfieber gestorben.
Eine umfangreiche Bearbeitung des Themas brachte das Jahr 1888
aus der Feder von Leop. Meyer in Kopenhagen. Dieser Autor
berichtet über 21 Fälle von Scharlach hei Wöchnerinnen, welche in
der Kopenhagener Entbindungsanstalt angefangen vom Dezember 1885
im Verlaufe eines Jahres zur Beobachtung kamen. Allen Fällen
gemeinsam war die leichte Angina; der Ausschlag war in der Regel
ziemlich blass, in 6 Fällen wurde Miliaria beobachtet, welche in der
2. Woche auftrat und gar keine Bedeutung zu haben schien, ln
9 Fällen konstatierte man eine Komplikation von Seiten der Nieren,
in 10 Fällen eine solche mit rheumatischen Affektionen. Die Lochien
wurden durch die Erkrankung nicht beeinflusst, dagegen wurde die
Milchsekretion spärlich und die Kinder mussten künstlich ernährt
werden; davon machten auch leichte Fälle keine Ausnahme. Von
Genitalaffektionen waren 6 Fälle ganz verschont, in 1 ist eine ge¬
ringe Blutung verzeichnet, in 6 Fällen war die Hauptkomplikation
unreine Beläge auf Exkoriationen der Vulva. Von 8 Patientinnen,
welche an bedeutenderen Komplikationen an den Genitalorganen
litten und von denen 2 starben, bieten mehrere besonderes Interesse
dar. Bei der einen Verstorbenen scheint zugleich mit der Scharlach¬
infektion eine Infektion mit Sepsis stattgefunden zu haben, denn es
fanden sich bei der Autopsie neben unreinen Ulcerationen an der
Vulva Endometritis, Metritis, Pelveoperitonitis. Die zweite Verstorbene
war schon vor der Geburt scharlachkrank, aber das Wochenbett
verlief anfangs glatt. Erst am 12. Wochenbettstage traten Sym¬
ptome von Para- und Perimetritis auf, woraus sich bald eine tot-
liehe Peritonitis entwickelte. Von den 6 Genesenen mit Genital¬
affektion bot eine gewöhnliche, mit einem Scharlach gleichzeitig ver¬
laufende septische Peritonitis dar. Bei. einer Wöchnerin wurde
8 Tage post partum eine Schmerzhaftigkeit an einer Tubenecke ent¬
deckt und es entwickelte sich Parametritis. Bei den 4 übrigen
stellten sich die dabei auftretenden septischen Prozesse sehr spät
ein. „Dieses späte Auftreten scheint mit Sicherheit den Gedanken
auszuschliessen, dass sie durch eine während der Geburt oder der
ersten Tage des Wochenbettes stattgefundene septische Infektion
veranlaßt sind, wie es sonst bei den septischen Puerperalprozessen
häufig der Fall ist. Die Möglichkeit, daß durch ein vom Scharlach
abhängiges, im Blute zirkulierendes Gift die septische Infektion
hervorgerufen sei, hat auch ihre Vertreter gefunden. Diese Theorie
lässt sich indes weder beweisen noch widerlegen.“
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Einige Arbeiten ans dieser Zeit berichten über einzelne Fälle
Ton Scharlach im Wochenbette. Tempel entband eine Frau, deren
Kind scharlachkrank war, durch Wendung. 3 Tage nachher bekam
die Wöchnerin Fieber und 2 Tage später zeigte sich ein Scharlach¬
aasschlag, keine Angina. Die Frau starb an demselben Tage. In
der Diskussion, die dem Vortrage dieses Falles folgte, glaubte
Carschmann an die scarlatinaformen Exantheme bei puerperaler
Sepsis erinnern zu müssen.
Arctander behandelte eine 28 jährige Frau, die 2 Tage nach
der Entbindung Schüttelfrost und Unterleibsschmerzen bekam; am
4. Tage, als Verf. gerufen wurde, fand er ein über den ganzen Leib
und die Extremitäten verbreitetes Scharlachexanthem, leichte Angina,
empfindlichen Uterus, übelriechende Lochien. Schwerer Krankheits-
rerlanf mit Bewusstseinsverlust, erst in der 3. Woche Besserung,
reichliche Abschuppung; keine Nierenerkrankung, dagegen starke
Stomatitis. 4 Tage nach der Erkrankung der Mutter bekam eine
7 jährige Tochter Scharlach und 14 Tage später 2 Kinder einer
Schwester, welche die Kranke pflegte. Im Wohnhause der Hebamme
war kurz vor der Entbindung bei einer Familie Scharlach aufge¬
treten.
A s h t o n berichtet über einen Fall bei einer 23 jährigen I-para,
die bei der Entbindung durch die Zange einen zentralen Dammriss
davongetragen hatte. Die Frau hatte schon vor der Geburt über
Trockenheit im Halse geklagt, nicht gefiebert. Am 3. Wocbenbetts-
tage Angina, Erbrechen, Diarrhöe, Fieber, übel aussehender Belag
des nicht genähten Dammrisses. Am 4. Tage diffuses Scharlach¬
exanthem, Schwellung des Dammes, übelriechende Lochien. Mit Ver¬
schwinden des Ausschlages am 10. Tage war die Dammwunde wieder
normal. 8 Tage später Erscheinungen, die vom Verfasser als septisch
gedeutet wurden, aber schon nach 3 Tagen in Bekonvalescenz über¬
gingen. Im Harn kein Eiweiss. Pat. hatte nie vorher Scharlach
durchgemacht.
Koller berichtet in seiner Dissertation über eine kleine Epi¬
demie in der Baseler Frauenklinik. In der Zeit einer grossen
Scharlacbepidemie in der Stadt erkrankten 4 Wöchnerinnen und
1 Pflegerin an Scharlach. Nach einer gründlichen Desinfektion und
zweiwöchentlicher Absperrung der Abteilung gegen jeden Besuch
schien der Infektionskeim vernichtet. Doch kamen noch 2 weitere
Fälle vor, indem 2 Wöchnerinnen 1 bzw. 9 Tage nach dem Aus¬
tritte aus der Klinik erkrankten. Allen diesen Fällen gemeinsam
war das Nichtbeteiligtsein der Genitalien, ein Schwächerwerden,
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resp. Versiegen der Milchsekretion. In 2 Fällen war kein Ausschlag
zu sehen und die Diagnose erst nachträglich aus der Abschuppung
festzustellen. Bei einem 8. Falle — aus früherer Zeit — war am
13. Wochenbettstage in der Abschuppung der Tod unter Er¬
scheinungen von Endometritis puerperalis eingetreten, bei dem die
Sektion Veränderungen an den Genitalien nach wies. In einem
weiteren sporadischen Falle der Klinik und 2 Fällen der Landes¬
hebammenschule war der Verlauf günstig. Ueber die Art der In¬
fektion liess sich in keinem Falle etwas ermitteln.
1888 hielt Box all in der Londoner geburtshilflichen Gesell¬
schaft einen Vortrag über das vorliegende Thema. Er hatte vom
18. September 1883 bis 31. Dezember 1884 im General Lying-in-
Hospital unter 423 Schwangeren resp. Wöchnerinnen 16 Fälle von
Scharlach beobachtet. Von diesen hatten sich 5 der Ansteckung
vor Eintritt in das Hospital und vor Geburtsbeginn ausgesetzt, 6 er¬
krankten so bald nach der Aufnahme, dass man eine Ansteckung
ausserhalb annehmen musste, 4 wurden bestimmt erst im Hospital
infiziert, und bei 2 blieb die Zeit der Infektion zweifelhaft.
10 Frauen hatten schon früher Scharlach gehabt, eine sogar zwei¬
mal. Von den 16 Kranken zeigte nur eine Erscheinungen von Er¬
krankung septischer Natur.
Nach Ansicht dieses Autors findet nach Infektion mit Scharlach¬
gift eine charakteristische Scharlacherkrankung statt, die sich nur
höchst selten mit den Erscheinungen einer lokalen oder allgemeinen
septischen Erkrankung kombiniert. Noch viel seltener und nicht
über jeden Zweifel hinaus festgestellt ist das Vorkommen eines
larvierten Scharlachs, welcher nur die Erscheinungen einer septischen
Infektion darbietet.
In der dem Vortrage angeschlossenen Debatte erklärten sich
Herman, Cayley, Ghampneys, Hayes, Jamieson und
Williams als Anhänger der von Boxall vorgetragenen An¬
sichten. Play fair meinte, dass bei Infektion mit Scharlachgift,
welches direkt durch die Hand des Arztes oder der Hebamme in die
Genitalien gebracht wurde, die septische Infektion veranlasst werde.
Braxton Hicks gab der Ansicht Raum, dass die von Boxall
mitgeteilten Fälle nichts weiter beweisen, als dass sie ohne weitere
Komplikationen unter vorzüglicher Behandlung gilt verlaufen seien.
Dagegen würden dadurch jene seltenen Fälle nicht erklärt, in
welchen kurz nach der Entbindung die Mutter an Kindbettfieber
erkrankte und nach 1 bis 2 Tagen die Kinder Scharlach bekamen.
Matthews Duncan hält es für zweifellos, dass mit dem Namen
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Scharlach im Wochenbette mehr als eine Krankheit bezeichnet
würde. Der echte Scharlach innerhalb der ersten Tage des Wochen¬
bettes zeige eine grosse Sterblichkeit. Dass Häufung von Scharlach¬
erkrankungen aber den Ausbruch von Puerperalfieber nicht be¬
günstige, geht daraus hervor, dass als in London während einer
Scharlachepidemie wöchentlich derselben 260 Kranke erlagen, gleich¬
zeitig ein Anwachsen der Kindbettfieberfälle nicht zu beobachten
war. Galabin hält es für möglich, dass Scharlachgift eine Krank¬
heit hervorruft, welche puerperaler Septikämie ähnelt. Horrocks
meint, es sei die Kegel, dass der Scharlachinfektion bei Wöchne¬
rinnen nicht die gewöhnliche Scharlache^krankung folge, sondern
eine der vielen verschiedenen Arten von Puerperalfieber.
Aus der Entbindungsanstalt in Lüttich berichtet Charles
über eine im Januar 1891 dort beobachtete Scharlachepidemie. Am
8. Tage post partum erkrankte eine Wöchnerin an Scharlach, an
demselben Tage eine Hebammenschtilerin. Nachforschungen ergaben,
dass seit Ende November 6 Schülerinnen nacheinander unter Er¬
scheinungen erkrankten, welche auf leichten Scharlach schliessen
liessen. In gleicher Weise erkrankte später die Hebamme des Instituts
and eine Wöchnerin, welche aus der Anstalt in die Stadt verlegt
worden war. Die Anstalt wurde geschlossen und die Räume wurden
sorgfältig desinfiziert. Am 16. Februar fand die Wiedereröffnung
statt. Die ersten 8 Wochenbetten verliefen normal. Dann erkrankten
vom 4. zum 6. März 4 von 20 Wöchnerinnen und dann noch 6.
Bei 6 von diesen 9 Kranken entwickelte sich Mastitis, bei einer
aasserdem Peritonitis mit septischen Symptomen. Es stellte sich
heraus, dass die Hebamme des Instituts und eine Schülerin, welche
an Scharlach erkrankt gewesen waren, sich an Händen und Fingern
noch schälten. Nach Entfernung der beiden hörten die Erkran¬
kungen sofort auf. Verfasser meint, dass die beiden Personen, die
den Wöchnerinnen beim Anlegen der Kinder behilflich waren, die
Warzen gefasst, an denselben gedrückt und sie infiziert hatten.
Dass an den Genitalien nicht auch eine Infektion gesetzt wurde,
erklärt er damit, dass sie sich vor der Genitaluntersuchung stets
reinigten, aber nicht vor dem Berühren der Warzen.
Geber eine grössere Zahl von Beobachtungen einschlägiger Fälle
berichtet Ahlfeld. Er hatte Gelegenheit, unter 444 Geburtsfällen
vom Dezember 1890 bis April 1892 14 Fälle von Scharlach- oder
masernähnlichen Ausschlägen bei Wöchnerinnen zu sehen. In den
Fällen mit scharlachähnlichem Ausschlage sah man ausgesprochene
Rötung und Schwellung der Rachenschleimhaut, die meist in 1—2
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Tagen verschwand; Himbeerzunge war öfter vorhanden. Prodrome
wurden nicht beobachtet, sondern kurz vor Beginn der Temperatur*
Steigerung und Ausbruch des Exanthems klagten die Patientinnen
über Kopfschmerz, Appetitlosigkeit, Benommenheit, Abgeschlagen-
heit. In 5 Fällen waren die Erscheinungen so stark, dass eine
Ueberfuhmng in die medizinische Klinik Tätlich erschien. Der
Krankheitsbeginn fiel in die verschiedensten Tage des Wochenbettes
vom 2. Tage angefangen bis znm 15. In einem Falle beobachtete
Antor ein Wechseln der Intensität des Exanthems je nach der Höhe
der Temperatur. Aus diesen Umständen sowie aus dem Mangel
einer nachweisbaren Infektionsquelle, aus der Tatsache der Nicht*
Übertragung der Krankheit auf die Umgebung hält er sich für be*
rechtigt, die Diagnose Scharlach, bzw. Masern im Wochenbette für
diese Fälle abzulehnen. Er kann sich hierbei des Eindrucks nicht
erwehren, dass eine früher von ihm beobachtete — in diesem Be¬
richte bereits erwähnte — Epidemie gleichfalls eine Epidemie von
Puerperalfieber gewesen ist, die nur dadurch kompliziert war, dass
die Hebamme gleichzeitig das Scharlachgift von Haus zu Haus mit
verschleppte und neben der Wöchnerin die Familienmitglieder an
Scarlatina erkrankten. Gewissermassen seine frühere Anschauung
korrigierend, findet er, dass die Mehrzahl der in der Literatur
beschriebenen Fälle für die Annahme eines durch das Puer¬
perium modifizierten Scharlachs nichts beweisen, es könne sich auch
in diesen Fällen meist ganz gut um septische Exantheme gehandelt
haben.
Eigentümlicherweise hat keiner der durch diese Bemerkung ge¬
troffenen Autoren darauf irgendwie reagiert. Da man nicht an¬
nehmen kann, dass sie durch Stillschweigen ihre Zustimmung be¬
zeugen wollten, so bleibt nur die Annahme übrig, dass sie die Dis¬
kussion für geschlossen, die Sache für erledigt gehalten haben.
Die gleichen Fälle bespricht die Dissertation von Haas.
Das folgende Jahr bringt 2 Publikationen über einzelne Fälle
von Scharlach im Wochenbette. In dem Falle von Schramm er¬
krankte eine I-para am 3. Tage nach einer leichten Entbindung
unter Hitzegefühl und Schlingbeschwerden, welche am folgenden
Tage noch Zunahmen. Der Leib war weich, Uterus nicht empfind¬
lich, keine Geschwüre in der Scheide, Lochien geruchlos. Erst am
Abende des 5. Tages Auftreten eines Scharlacbexanthems, das sich
im Laufe des nächsten Tages über den ganzen Körper ausbreitete.
Es folgte ein schweres Krankenlager mit Delirien und Hallucina-
tionen, welche erst nach mehreren Wochen verschwanden. Es
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wurde eine Abschuppung beobachtet. Entzündliche Erscheinungen
an den Genitalien und am Peritoneum fehlten ganz. Ueher die In¬
fektionsquelle war nichts zu eruieren.
In dem Palle von Fiessinger erkrankte eine I-para am
2. Tage post partum unter Schüttelfrost und Erbrechen, welchen Er¬
scheinungen unter Fortdauer des Fiebers am 4. Tage ein Ausschlag
folgte, der zum Teile einem Scharlach, zum Teile Masern ähnlich
sah. Am 6. Tage wurde gelegentlich einer Uterusspülung ein nuss¬
grosses Stück Placenta im Spülwasser gefunden. Vom 10. Tage an
Abschuppung. Nach 3 Wochen Eiweissgehalt des Harns, der all¬
mählich bis auf Spuren verschwand. Bei der Beurteilung des Falles
neigt der Verf. der Auffassung zu, dass ein septisches Exanthem
Vorgelegen habe; dafür sprechen das intermittierende Fieber, die
Schüttelfröste und das Vorhandensein einer Quelle für septische In¬
fektion; denn die Hebamme habe einen eiternden Finger gehabt,
und es sei ein Stück der Placenta zurückgeblieben.
Dazu wäre zu bemerken, dass Autor die genannten Momente
auf Kosten der Symptome, die mindestens ebenso deutlich auf einen
Scharlach hindeuten, wohl zu sehr überschätzt.
Im Jahre 1894 erschien die Dissertation von Gocht, in welcher
sich eine Zusammenstellung von 108 Fällen aus der englischen, französi¬
schen und deutschen Literatur der letzten 13 Jahre findet, darunter
auch ein Bericht über 3 in der Erlanger Klinik beobachtete Fälle.
* *
*
Will man über die Häufigkeit des Scharlachs im Wochenbette
Aufschluss erhalten, so zeigt schon die angeführte Kasuistik, wenn
sie auch nicht auf Vollständigkeit Anspruch erhebt, dass die Aus¬
beute aus der Literatur eines ganzen Jahrhunderts eine recht be¬
scheidene zu nennen ist. Es ist nicht möglich, die Frequenz in
Ziffern auszudrücken, dazu ist das Material ein zu heterogenes.
Olshausen konnte 1876 aus der ganzen Literatur 134 Fälle von
Scharlach im Wochenbette zusammenstellen; aus Martin’s Arbeit
geht hervor, dass unter etwa 16000 Geburtsfällen in 17 Jahren an
der Berliner Klinik und Poliklinik nur 3 Fälle verzeichnet wurden.
Nach den in Kopenhagen gemachten Erfahrungen hat Meyer den
Eindruck empfangen, dass die Erkrankung keine häufige zu sein
scheint. In der dortigen Entbindungsanstalt sind vor der von ihm
beobachteten Epidemie in 14 Jahren nur zwei, im Epidemiespitale
in 6 Jahren nur 3 Fälle vorgekommen. Aus der heissen Debatte
in der Londoner geburtshilflichen Gesellschaft im Jahre 1875 musste
man den Schluss ziehen, dass die englischen Geburtshelfer viel
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mehr Erfahrung über die Krankheit haben als die deutschen. 01 s -
hausen suchte die Erklärung für die grössere Häufigkeit der
Krankheit in England in dem Umstande, dass dort die normalen
Geburten von Aerzten geleitet und behandelt werden, und dass da¬
durch die Möglichkeit einer Infektion mit Scharlachgift viel häufiger
gegeben ist als anderswo, wo der Arzt im allgemeinen nur zu patho¬
logischen Geburten zugezogen wird.
Liebmann bezweifelt dies, er kann die männliche Assistenz
bei Geburten für die grössere Häufigkeit der Erkrankung nicht ver¬
antwortlich machen. Er erinnert daran, wie viel weniger die poli¬
klinischen Gebärenden und die Kreissenden in den englischen Ge-
bärhäusern untersucht werden als an unseren Schulen des Kontinents.
In diesen Anstalten sind oft wenige Kreissende, aber viele Prakti¬
kanten, und das sind Studenten und Aerzte, die sich auch mit
innerer Medizin befassen und gewiss oft Gelegenheit haben, mit
Scharlach in Berührung zu kommen. Trotzdem ist der Scharlach
in deutschen Gebärhäusern selten. In Triest sind die ärztlichen
Verhältnisse den in England üblichen nicht unähnlich, auch hier
treiben die beschäftigten Geburtshelfer zugleich interne Medizin und
werden nicht nur zu pathologischen Geburten geholt, sondern leiten
auch normale. Dennoch ist der Wochenbettscharlach in Triest eine
seltene Erkrankung.
A. Martin meint, die Fälle von Br. Hicks seien zu ober¬
flächlich beschrieben, als dass man annehmen müsste, dass in Eng¬
land Scarlatina die Wöchnerinnen häufiger befalle als irgend
anderswo. P. Müller sucht die Ursache des häufigen Vorkommens
in England in Fehldiagnosen. Denn trotzdem es zweifellos ist, dass
in sehr vielen Fällen die Krankheit nichts weiter ist als ein im
Wochenbette auftretender genuiner Scharlach, so haben wir in
manchen Fällen doch eine septische Erkrankung vor uns, welche ge¬
ringgradige Erscheinungen an den Genitalien, dagegen intensive
Prozesse an der Haut hervorruft, die oft grosse Aehnüchkeit mit
Scharlach haben. Dieser Ansicht ist auch Fehling, der es merk¬
würdig findet, dass in der letzten Zeit Fälle, die zur Verwechslung
von Scharlach mit schwerer Sepsis Anlass gegeben haben, so gut
wie gar nicht mehr zur Beobachtung gekommen sind.
(Fortsetzung folgt.)
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91
Die Röntgenbehandlung der malignen
Tumoren.
Kritischer Sammelbericht von Karl Hermann Schirmer (Wien).
(Fortsetzung.)
Literatur.
90*) D e u t s c h, F. J., Die Radiotherapie bei Gebärmuttergeschwülsten. Münchener
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(Fortsetzung der Literatur folgt.)
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ln manchen, allerdings seltenen Fällen kommt es zu einer Ab¬
lösung und Ausstossung einzelner Krebsknoten, also zu einer förm¬
lichen Sequestrierung, wodurch die Wirkung der Köntgenstrablen
der eines chirurgischen Eingriffes sehr ähnlich wird. Derartige Fälle
sind von Exner 96 ), Mikulicz und Fittig 194 ) (Mammacarcinome)
sowie von Scully 288 ) (Portiocarcinom) beobachtet worden.
Die geschwellten Lymphdriisen reagieren im allgemeinen
viel schlechter als der Tumor, wenn auch in einzelnen Fällen über
prompte Beeinflussung derselben berichtet wurde (v. Bramann 88 ),
Wohlgemuth 828 ), Cohn 89 ) u. a.). Die Frage, ob carcinomatös
veränderte sekundäre Lymphdriisen durch die Radiotherapie zum
Schwinden gebracht werden können, ist noch unentschieden, da keine
diesbezüglichen histologischen Untersuchungen vorliegen. In den
erwähnten Fällen kann es sich um entzündlich veränderte Drüsen
gehandelt haben. In Wohlgemuth’s Falle gingen sogar nicht
direkt bestrahlte Drüsen zugleich mit dem Tumor zurück (exulce-
riertes Mammacarcinom); hier hat es sich mit grosser Wahrschein¬
lichkeit um Lymphangioitis gehandelt Cohn beobachtete, gleichfalls
bei Mammacarcinom, das Zurückgehen einer hühnereigrossen Drüsen¬
metastase in Axilla samt ihren Folgeerscheinungen, Blut- und Lymph-
stauung am Arme. Er rät, bei allen Patienten, die wegen Mamma-
carcinom operiert worden sind, die Achselhöhle sowie die Supra-
und Infraclaviculargrube einige Monate hindurch prophylaktisch zu
bestrahlen. Das refraktäre Verhalten der sekundären Lymphdrüsen-
schwellungen bei Carcinom haben besonders U n g e r 80 °) und Wild 817 )
hervorgehoben.
Histologische Untersuchungen bestrahlten Car-
cinomgewebes sind von zahlreichen Autoren vorgenommen
worden, in der Mehrzahl der Fälle waren Mammacarcinome das Ob¬
jekt. Uebereinstimmend ergab sich eine nicht sehr tiefreichende
Degeneration der Krebszellen, die sich in Kernzerfall
äusserte. Pusey 224 ) beobachtete aus dem Kern ausgewandertes
Chromatin in Form kleiner Häufchen im Protoplasma sowie obli¬
terierende Endarteriitis, die zu Cytolyse der Zellen und schliesslicher
vollständigen Resorption führt. Beck 14 ) 18 ) beschrieb kolloide
Degeneration der Krebszellen, wobei der typische Bau des Carcinom-
gewebes verloren geht. Aehnliche Befunde erhoben Vose und Howe
an 130 histologisch untersuchten Fällen. Perthes 209 ) fand vom
10. Tage nach der Bestrahlung Aufquellen der Epithelzellen des Car-
cinoms, die sich weniger distinkt färben und an Zahl abnehmen, Ein¬
dringen von Bindegewebszellen und Leukocyten in die degenerierenden
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Krebszellen. Nach Perthes wirken die Röntgenetrahlen hem*
mend auf die Epithelregeneration (er konnte anch Warzen durch
B&diotherapie zum Schwinden bringen). Neben der Nekrose des
Parenchyms und Stromas werden yon Ellis 08 ) die Vermehrung des
elastischen Gewebes, die Endarteritis obliterans und das Fehlen der
kleinzelligen Infiltration betont. Auf Grund der Untersuchung seines
Materiales (4 Mammacarcinome, 1 Lymphangiom der Orbita, 2
H&utcrancroide) gelangt Ellis zu dem Schlüsse, dass die Nekrose
nicht als Folge der Endarteriitis, sondern beide gleichzeitig auftreten.
Benda 17 ) fand bei der histologischen Untersuchung eines später
operierten Palles schwere Degeneration der Krebszellen bei unbe¬
einflusstem Stroma. Nach Bestrahlung eines exulcerierten Mamma-
carcinoms (Recidiv) konstatierten Köhler und Herxhei mer 108 )
an der Oberfläche keine Krebsnester mehr, wohl aber Stellen, welche
offenbar aus diesen entstanden waren; es fanden sich alle Ueber-
gänge ron Carcinom zellen zu vollständiger Nekrose derselben. Priö
und C o m a s 221 ) beobachteten bei einem Mammacarcinom Endarteriitis
der kleinen Arterien (Fall 89). Unger 800 ) untersuchte nach Ex¬
zision einen unbestrahlten und einen bestrahlten Knoten von Mamma¬
carcinom. In dem bestrahlten Knoten waren die Krebszellen in den
oberflächlichen Schichten nicht mehr nachzuweisen, aus dem typischen
alreolären Carcinom war eine Art Scirrhus geworden; der Effekt
reichte nur in eine Tiefe von etwa 5 mm. Wie erwähnt, wendete
Wohlgemuth 828 ) dem gegenüber die nicht ausreichende Be¬
strahlung ein, in seinem Falle von Mammacarcinom konnte eine
Tiefenwirkung von 3—4 cm festgestellt werden. Froh wein 107 *)
hat vor kurzem die relativ geringe Tiefenwirkung hervorgehoben, wo¬
bei er die übrigen histologischen Befunde bestätigte.
Schüller 800 ) sah nach Röntgenbestrahlung eine eigentümliche
Veränderung der von ihm beschriebenen Krebsparasiten, und zwar
in den Chromatinkörpern der Sporen.
Die Allgemeinwirkung der Röntgenstrahlen auf Carcinom-
kranke besteht in einer Hebung des Kräftezustandes und Appetits,
Besserung der Anämie, wozu die durch Linderung oder Behebung
der Schmerzen bewirkte Beseitigung der Schlaflosigkeit kommt.
Diese Besserung des subjektiven Befindens wurde in einer grossen
Zahl, namentlich inoperabler Fälle, festgestellt und ist bei kachek-
tischen Patienten eine der wertvollsten Errungenschaften, selbst wenn
die lokale Wirkung vollständig ausbleibt.
Im Gegensatz zu dieser günstigen Wirkung auf das Allgemein¬
befinden, die sich oft schon nach den ersten Sitzungen deutlich zeigt
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und wahrscheinlich auf einer Entlastung des Organismus von Pro*
dukten des Neoplasmas beruht, treten in manchen Fällen, nament¬
lich bei rascher Verkleinerung des Tumors, also in günstig rea¬
gierenden Fällen Symptome von Toxämie auf, die durch Resorp¬
tion von Zerfallsprodukten erklärt werden. Dieselben bestehen in
Fieber, Schwindel, Herzklopfen, Erbrechen, selbst Sinken des Kräfte¬
zustandes.
Solche Komplikationen Bind ziemlich häufig mitgeteilt worden
(Skinner 2<0 ), van Allen 804 ), Haret 125 ), Lassar 100 ), Qau-
thie r und Duroux 110 ) u. a.) Skinner will unter 33 Fällen 14mal
toxämische Symptome gesehen haben. Haret konnte bei Radio¬
therapie dreier nicht exulcerierter Mammacarcinome während der
Rückbildung des Neoplasmas das gleiche Symptomenbild, bestehend
in Mattigkeit, völligem Appetitmangel, Kopfschmerzen, Herzklopfen
und Schwindel, beobachten. Derartige Zwischenfälle sind
im Hinblick auf die vielen Tausende radiotherapeu¬
tischer Bestrahlungen gewiss sehr selten, gehen ohne
bleibende Schädigung vorüber und können angesichts
der Schwere des Grundleidens und der sonstigen ekla¬
tanten Erfolge dieser Methode ruhig in den Kauf ge¬
nommenwerden. Vielleicht gehört ein Teil dieser Beobachtungen
zu jenen, die Holzknecht so treffend damit charakterisiert hat,
dass sie „aus dem Lande der Hysterie stammen“.
Wenn in manchen Fällen berichtet wird, dass sich der Tumor
während der Behandlung rasch vergrösserte oder selbst Recidiven
auftraten, kann dies mit Rücksicht auf die histologisch erwiesene
degenerative Wirkung der Röntgenstrablen auf die Krebszellen nicht
der Methode zur Last gelegt werden; es hat sich dann eben um
rasch wachsende, bzw. recidivierende Tumoren gehandelt.
Mehrfach ist berichtet worden, dass unter dem Einflüsse der
Radiotherapie das letale Ende beschleunigt worden sein soll. Diese
Todesfälle nach Radiotherapie sind bisher Tollkommen
hypothetisch und entbehren jeder anatomischen und physiologischen
Grundlage. Stets handelte es sich um Patienten, die an einer
schweren konsumierenden Krankheit, Carcinom, Sarkom, Mykosis
fungoides, Leukämie, leiden.
Auf einen derartigen Fall von D a n 1 o s wurde bereits oben ein¬
gangen. Lassar macht auf dem Berliner Kongresse eine diesbe¬
zügliche Anspielung: „Denn es muss einstweilen dahingestellt bleiben,
ob nicht mancherlei Zufälle ernsterer Art, selbst Todesfälle, wie sie
auch andere Kranken treffen, auf Röntgenisierung zurückzuführen
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seien.“ Pfeiffer* 18 ) kennt aus der Praxis Hofmeister’s in
Stuttgart 2, aus eigener einen weiteren Todesfall. Der Patient wurde
plötzlich bei vollständigem Wohlsein vom Tode überrascht.*)
Nach Pfeiffer könnte man an eine Reizung der Niere denken.
Derartige fragmentarische Mitteilungen sind natürlich gegen das Ver¬
fahren nicht zu verwerten. Hahn 1 **) wies darauf hin, dass er in
der Statistik von 2608 radiotherapeutisch behandelten Fällen, die
ihm zur Verfügung standen, keinen Beweis für einen Todesfall fand,
der auf die Bestrahlung zurückzuführen wäre.
In einer bestimmten Zahl von Fällen versagt die Radiotherapie.
Diese Misserfolge bei der Behandlung teilt D anlos 7 *) in pri¬
märe und sekundäre ein; sie treten in 8—10% der Fälle auf. Pri¬
märe sind solche, bei denen gleich nach den ersten Sitzungen keine
Besserung, bei Fortsetzung der Bestrahlungen sogar Verschlimme¬
rung eintritt, sekundär solche, wo nach anfänglicher Besserung ein
Stillstand und hierauf ein plötzlicher Rückfall folgt. Die zweite
Art der Misserfolge soll die häufigere sein. Diese etwas schema¬
tische Klassifizierung der refraktären Fälle wird sich kaum allgemein
durchfuhren lassen. Auch ist die kürzlich von Schiff aufgestellte
These: r In jenen Fällen, bei welchen ein günstiger Einfluss der
Böntgenstrahlen nicht spätestens nach der 4. oder 5. Sitzung zu
konstatieren ist, soll diese Behandlung abgebrochen werden, da von
derselben nicht mehr viel zu erwarten ist“ keineswegs allgemein
zu acceptieren. Durch eiu anfängliches Versagen der Bestrahlung
soll man sich im speziellen Falle keineswegs von weiteren Ver¬
suchen abhalten lassen, da die verabreichten Lichtmengen zu gering
gewesen sein können und höhere Dosen (natürlich im Rahmen des
Erlaubten) vielleicht doch von Erfolg begleitet sind. Aus den Aus¬
führungen D a n 1 o s’ sowie Ho 11 and’s 184 ) ergibt sich nur die schon
von anderen Autoren hervorgehobene Tatsache, dass man weder
aus den histologischen noch aus den klinischen Eigen¬
schaften eines Carcinomfalles mit Sicherheit vorher-
sagen kann, ob und inwieweit sich derselbe für Radio¬
therapie eignen dürfte.
Aus den vorstehenden Ausführungen ergeben sich bereits die
Folgerungen für die Indikationsstellung. Die Radiotherapie
ist indiziert bei den oberflächlichen Epitheliomen, besonders dem
Ulcus rodens, da eine radiologische Heilung der chirurgischen in
bezug auf den kosmetischen Effekt unbedingt vorzuziehen ist und
*) Das wäre also eine Art von n Röntgenschlag‘ : ( 1 ).
Centralblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 7
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ausserdem Recidiven nach radiotherapeutischer Heilung wahrschein¬
lich seltener, sicher aber nicht häufiger sind als nach Operation.
Operable, tiefer reichende Epitheliome und Carcinome sind dem Chi¬
rurgen zu überantworten und nur bei Unmöglichkeit einer Operation
(hohes Alter, schwerer Herzfehler oder vorgeschrittene Kachexie) zu
bestrahlen. Bei allen inoperablen Tumoren ist die Ra¬
diotherapie die einzige bisher bekannte aussichtsvollo
Methode, namentlich bei Carcinomen der Mamma, des Magens,
des Uterus und der Blase, wenn auch der Erfolg io der überwiegen¬
den Mehrzahl der Fälle ein palliativer ist. Die Behandlung kann bei
richtiger Technik ohne Schaden für den Kranken monate- und jahre¬
lang fortgesetzt werden, durch Behebung der Schmerzen und günstige
Wirkung auf das Allgemeinbefinden das Leiden zu einem erträg¬
lichen machen und in gewissen Fällen durch wiederholte Beseitigung
des Tumors oder dessen Recidiven das Leben des Kranken verlängern.
Eine Kontraindikation gegen die Radiotherapie der Carcinome
ist eigentlich nur dann gegeben, wenn man befürchten muss, mit
der Radiotherapie die Zeit zu verlieren, und eine radikale Operation
noch möglich ist, worauf vor kurzem wieder Be van 80 ) hingewiesen
hat. In allen anderen Fällen, besonders aber bei Recidiven und
inoperablen Fällen ist die Radiotherapie in allen Stadien indiziert,
Marasmus, grosse Schwäche, Gravidität, Anämie usw. sind
keine Kontraindikation, da sich ja erfahrungsgemäss selbst
bei sehr herabgekommenen Individuen das Allgemeinbefinden noch
bessert, selbst wenn die lokale Wirkung völlig versagt. Diese
eigentümliche tonisierende Wirkung der Röntgen¬
strahlen wird ja auch bei anderen konsumierenden Affektionen,
Leukämie, Pseudoleukämie, M. Basedowii, beobachtet Sie wurde
speziell für das Carcinom von einer grossen Zahl von Autoren (Holz¬
knecht 180 ), v. Bramann 88 ), Djemil Pascha 88 ), Pusey 8 * 7 ),
Coley 84 ), Belot*’) u. a.) hervorgehoben.
Die Möglichkeit einer Dauerheilung durch Radiotherapie,
welche für Epitheliome einwandsfrei erwiesen ist, kann bei Carcinomen
kaum mehr geleugnet werden, obwohl die Dauerbeobachtungen hier
noch recht selten sind. In einer grösseren Zahl von Fällen wurde
ohne völlige Beseitigung der Geschwulst dem weiteren Wachstum
Einhalt getan und die quälenden Symptome, Schmerz, Sekretion,
Kachexie, wurden für Monate hinaus beseitigt. Im folgenden seien
einige der bemerkenswertesten Dauerresultate kurz rekapituliert:
Pusey 227 ), rezidivierte Mammacarcinome nach Operation, 1 mehr
als 2 Jahre, 2 durch 11 Monate, 2 durch 1 Jahr recidivfrei.
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Leonard 174 ), primärer inoperabler Scirrhus der Brost, durch 2 Jahre
recidivfrei.
Pfahle r 915 ), mediastinale Metastasen nach Amputation der car-
cinomatosen Mamma, 1 durch 14 Monate, 1 durch 1 Jahr
beschwerdefrei.
Pnsey ,t7 ), Oesophaguscarcinom, 1 Jahr beschwerdefrei.
Heilung, bzw. Symptomen* oder Beschwerdefreiheit durch
mehrere Monate bis zu einem Jahre ist in sehr vielen Fällen be¬
obachtet worden.
Der Wert der prophylaktischen Beleuchtung nach Operation
lässt sich natürlich schwer beurteilen. Immerhin seien die letzten
Resultate bzw. längsten Nachbeobachtungen hier genannt:
Pnsey 937 ), Mammacarcinome, 1 durch 28 Monate, 6 durch2 Jahre
nach der Operation recidivfrei.
Leonard 174 ), Mammacarcinome, 19, 14,12 und 7 Monate recidivfrei.
Diese Resultate, die vorläufig zumeist von amerikanischen
Antoren an einem grösseren Material erzielt wurden, werden sich in
Zukunft durch sorgfältige Handhabung der Technik und Beginn der
Behandlung in einem möglichst frühen Stadium zweifellos noch be¬
deutend verbessern lassen. Gerade in der Behandlung der „unheil-
baren“ (= inoperablen) Kranken hat die Radiotherapie Wandel ge¬
schaffen und es steht zu hoffen, dass mit der allgemeinen Einbürge¬
rung des Verfahrens ein grosser Umschwung auf diesem bisher so
trostlosen Gebiete eintritt.
Es muss hier noch die in letzter Zeit mehrfach ventilierte Frage
gestreift werden, ob die Röntgenstrahlen nicht umgekehrt die Fähig¬
keit besitzen, eine atypische Wucherung des Epithels hervorzurufen,
also Carcinome zu erzeugen. Die histologischen Veränderungen
der Haut nach Röntgenbestrahlung würden eine derartige Möglichkeit
wohl zulassen. Die grosse Aehnlichkeit des histologischen Bildes
der Röntgenveränderungen mit Xeroderma pigmentosum (Hyper-
pignlentation, Kutisatrophie, Angiombildung) kann, wie dies N o b 1 * 06 )
vor kurzem wieder hervorgehoben hat, gleichfalls als Wahrscheinlich-
kehsbeweis für die Existenz eines radiogenen Carcinoma
herangezogen werden. Gleichwohl ist ein solches völlig unbewiesen.
Unter den Tausenden von radiotherapeutischen Bestrahlungen, die
bisher vorgenommen wurden, ist kein einwandsfreier Fall beobachtet
worden, in welchem in gesunder Haut (also etwa in der Umgebung
eines lupösen Herdes) ein Carcinom durch Röntgenbestrahlung ent¬
standen wäre. In den mitgeteUten Fällen handelte es sich um
Carcinome, die auf dem Boden: ieiaer’. Narbe- nach Impus : dder
1 *
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Röntgenulcus entstanden waren. Unna* 01 ) hat nacbgewiesen, dass
nach chronischen Entzündungsprozessen, wie sie durch zu grosse
radiotherapeutische Dosen heryorgerufen werden, Carcinom entstehen
kann. Der Beweis, dass die schliessliche maligne Entartung des
Gewebes eine Wirkung der Röntgenstrahlen sei, ist kaum zu er¬
bringen. Carcinome können sich in Narben aller Art sowie auch
in entzündlichen hyperplastischen Geweben entwickeln (Lupuscarcinom),
ob die betreffenden Regionen nun mit Röntgenstrahlen behandelt
wurden oder nicht.
Es ist bekannt, dass die sog. Röntgenhand in Carcinom
übergeben und zur Amputation führen kann. Drei derartige Fälle
erwähnt Allen. Ein ehemaliger Assistent in Edison’s Laboratorium
akquirierte schwere ßöntgenverbrennungen an beiden Händen, die
mit Vernarbung und Kontrakturen heilten. Im 2. Jahre nach der
akuten Dermatitis bildeten sich maligne Tumoren an beiden Armen,
es wurden mehrere schwere Operationen und Amputationen vor¬
genommen. Der zweite Fall betrifft einen Radiologen in Rochester,
dem eine Hand und der grösste Teil der zweiten wegen „Röntgen-
carcinoms“ amputiert werden mussten. Im dritten Falle trat bei
einem Arzte, der sich viel mit Radiotherapie beschäftigte, ein aus¬
gedehntes Carcinom der Hand auf, das auf den Arm und die
Achseldrüsen Übergriff und inoperabel war. Einer der ersten der¬
artigen Fälle wurde von Frieben 107 ) mitgeteilt. Der Patient war
Arbeiter in einer Röntgenröhrenfabrik und benützte jahrelang seine
Hand als Testobjekt; es bildete sich ein Carcinom des Handrückens,
weswegen die Exartikulation vorgenommen wurde. Auch Kümmell
hat einen solchen Fall bei einem Glasbläser beobachtet. Riehl* 84 )
beobachtete den seltenen Fall, dass auf dem Boden einer Röntgen¬
narbe an der Wange eines Patienten, der vor 7—8 Jahren wegen
Lupus radiotherapeutisch behandelt wurde, ein Epithelialcarcinom
und gleichzeitig ein Spindelzellensarkom entstanden. Die histologische
Untersuchung ergab ferner, dass kein lupöses Gewebe mehr vor¬
handen war. Der Lupus war nach Exulceration mit Narbenbildung
und Entstehung von Teleangiektasien geheilt, es waren also grosse
Dosen (in der ersten Zeit wurden 70—80 Sitzungen gegeben) an¬
gewendet worden, worauf Holzknecht 180 ) besonderes Gewicht legt.
Häufiger sind die Fälle, in denen sich ein Lupuscarcinom
an einer vorher radiotherapeutisch behandelten Stelle entwickelte.
Im Falle von M a c L e o d war die 34 jährige Frau an Gesicht und Hals
durch Jahre, zuerst chirurgisch, dann mit Röntgenstrahlen und endlich
m& Firnen*, BebandaftYwördeu.' 3 * Jahre nach Aussetzen der Röntgen-
• • * . »
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behandlung entwickelte sich in der Narbe ein Granulom, das neuer¬
dings mit Röntgenstrahlen behandelt und dann exzidiert wurde; die
histologische Untersuchung ergab typisches Röntgenulcus, an einer
Stelle Epitheliom. Aehnliche Fälle beobachteten Mendes da
Costa 1 * 1 ) (unter 71 mit Röntgenstrahlen behandelten Lupusfällen
7 mal Epithelialcarcinom) und Riehl.
In einem Falle von Wild 817 ) recidivierte ein auf dem Boden
ron Lupus entstandenes Epitheliom noch während der Röntgenbe¬
handlung des Lupus.
0. Salomon beobachtete nach sehr energischer und lange
fortgesetzter Radiotherapie einer lupösen Hautstelle neben schwer
heilenden Ulcerationen eine sklerodermieäbnliche Verdickung
der Haut.
Leredde 170 ) sah sarkomatöse Entartung eines mit Röntgen¬
strahlen behandelten Naevus.
* *
*
Die Radiotherapie der Sarkome, die sich ungleich erfolg¬
reicher gestaltete als die der Carcinome, ist relativ jungen Datums.
Ricket’s 88 °) scheint zuerst ein Sarkom der Brustwand mit vorüber¬
gehendem Erfolg behandelt zu haben (13. Januar 1900), ihm folgten
C. Beck 1 *) 18 ), Kirby 188 ) und Seabury Allen 884 ) mit je
einem Falle, endlich Coley 80 - • 1 ) #ft ), Pusey 888 ) 887 ) und
Sjögren *•*)*•*)*•*) mit einem grösseren Materiale.
Kienböck hat zuerst auf dem internationalen Kongress für
Physiotherapie in Lüttich unter Mitteilung von 10 eigenen Fällen
eine Uebersicht über die bisherigen Erfahrungen gegeben 188 ) und
diese Ergebnisse später in einer ausführlichen Arbeit erweitert und
ergänzt 184 *); in einer jüngst erschienenen Arbeit bietet er eine
reiche Kasuistik erfolgreich behandelter Fälle aus der Literatur 18S ).
Mit Recht hat Kienböck die Resultate, die einzelne Autoren an
ihrem grösseren Materiale erhielten, in separaten Tabellen zusammen¬
gefasst, da eine einheitliche Technik ein viel sichereres Urteil über
den Wert der Methode gestattet als vereinzelt mitgeteilte Fälle
verschiedener A utoren. Ueher das grösste Material verfügt Coley 84 ),
der in den Jahren 1902—1903 gegen 40 Fälle von Sarkom mit
Röntgenstrahlen behandelt hat, von denen allerdings die Mehrzahl
nur durch kurze Zeit beobachtet ist. Ferner ist zu betonen, dass
Coley die inoperablen Sarkome gleichzeitig mit Toxinen, und zwar
sowohl Erysipeltoxin wie gemischtem Toxin, behandelt und dass die
Resultate, die er mit der Toxinbehandlung allein in der jüngsten
Zeit erzielte 88 ), sehr bemerkenswerte sind. Er beobachtete unter
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36 Fällen 70°/ o Heilungen von über 3—12 */ s jähriger Dauer. Ge¬
mischte Toxine wirkten besser als Erysipeltoxine. Mit diesen vor¬
züglichen Resultaten können sich die Ergebnisse der Röntgenbehand¬
lung in Coley’s 40 Fällen nicht messen. In 11 Fällen blieb der
Erfolg völlig aus, 21 mal verkleinerte sich die Geschwulst und nur
4 mal schwand sie vollständig. Von diesen letzteren Fällen ist der
eine, ein Spindelzellensarkom der Bauch decken, Recidiv nach
Exstirpation eines Uterustumors vor 3 Jahren, von Skinner* 87 )
nachbeobachtet, der zweite, ein Rundzellensarkom der Achsel und
des Nackens betreffend, von Johnsen 146 ) nachbeobachtet worden;
der letztere Patient, der vorher 6 mal operiert worden war, blieb
durch mindestens 4 Monate recidivfrei. Die beiden restlichen Fälle
betreffen einen 38jährigen Mann, bei dem ein Rundzellensarkom
des Pectoralis (Rezidiv nach Operation) durch Röntgenbehandlung
zweimal innerhalb Jahresfrist völlig zum Schwinden gebracht wurde,
und einen 70 jährigen Mann mit Rundzellensarkom des Nackens und
der Achsel, der ein Jahr nach der Röntgenbehandlung völlig recidiv¬
frei blieb. Sjögren (Kienböck Tabelle IV) erzielte unter
16 Fällen 2 mal keine Wirkung, 9 mal Verkleinerung, 5 mal Schwund
des Tumors. Von den letzteren Fällen (beide Spindelzellensarkome
der Nase) ist einer beinahe seit 2 Jahren recidivfrei. Die übrigen
3 sind nur 2—3 Monate beobachtet.
Pusey S2T ) hat 14 Fälle von Sarkom mit Röntgenstrahlen be¬
handelt, 4 mal ohne Erfolg, 4 mal verkleinerte sich der Tumor, 6 mal
schwand er. Davon blieb je ein Fall von Sarkom der Parotis und
Brustwand durch 14 Monate, ein zweiter Fall von Parotissarkom
durch 8 Monate frei von RecidiTe. Kienböck hat unter 10 Sarkom¬
fällen 5 mal keine Wirkung, 4 mal Schrumpfung, teilweise mit Schwund,
und in einem Falle völligen und dauernden Schwund erzielt.
In diesem letzteren interessanten Falle handelte es sich um ein
Sarkom des Mediastinums. Ein 34jähriger Ingenieur, der vor
8 Jahren Lues akquiriert hatte, klagte seit 4 Jahren über heftige
Schmerzen in der rechten Thoraxhälfte, die anfallsweise, meist in der
Nacht auftraten, ferner über Schwindelanfälle, Aderschwellung im Qesicht
and an der oberen Rumpfhälfte und Schlingbeschwerden. Es ent¬
wickelte sich plötzlich eine Anschwellung in der Gegend der beiden
ersten Rippenknorpel rechts, ferner eine Drüsenanschwellung an der
rechten Halsseite. Bei der Perkussion fand sich in der Höhe des Angu-
lus Ludovici eine median gelegene, das Sternum überragende Dämpfung
von zirka 14 1 / t cm Breite. Bei der Radioskopie und Radiographie zeigte
sich der Mittelschatten stark verbreitert, vom Rande desselben zieht ein
intensiver strichförmiger Schattenstreifen nach aussen hin (interlobäre
Schwiele). Der rechtsseitige Kontur des Mittelschattens ist zerfranst
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und pulsiert nicht. Im rechten und linken Lnngenfeld fleckige ver¬
schwommene Schattenherde, die zumeist mit dem Mittelschatten zusammen-
xnhängen scheinen. Die rechte Zwerchfellshälfte steht bedeutend höher
als die linke. Quecksilherinunktionskur und Röntgenbehandlung (3 Be¬
strahl nngs Serien ll./II.—2./UI 1906). Schon nach den ersten Bestrah¬
lungen ging die Vorwölbung an der vorderen Thoraxwand zurück, das
subjektive Befinden besserte Bich bedeutend, der Kopfschmerz hörte auf,
die Venenektasien flachten ab. Das Radiogramm ergab eine Verschmäle¬
rung des pathologischen Mittelschattens, die isolierten Schattenherde
schmolzen zusammen, nur die intralobäre Schwiele blieb unverändert.
Gegen Ende der Behandlung trat durch 6 Tage hindurch toxämisches
Fieber auf. Die histologische Untersuchung einer im Mai
1905 exstirpierten kirschgrossen Drüse in der rechten Supraclavicular-
gegend ergab alveoläres Drüsensarkom. Fortdauerndes subjek¬
tives Wohlbefinden. Das Radiogramm (Mai 1905) ergibt eine weitere
Yerechmälerung des Mittelschattens. Eine Drüse in der rechten Supra-
claviculargegend wurde durch 3 Sitzungen zum Schwinden gebracht.
Nach späteren Nachrichten (November 1906, Januar 1906) ist der Patient
völlig beschwerdefrei geblieben. Dr. zum Busch ** 6 ) (London) kon¬
statierte März 1906 das Andauern der Beschwerdefreiheit.
In diesem Falle von alveolärem Lymphdrüsensarkom des Media¬
stinums, dessen Diagnose durch die histologische Untersuchung der
exstirpierten Halsdrüse erhärtet wurde, gelang es also, durch Radio¬
therapie die intrathorakalen Tumoren dauernd zum Schwinden zu
bringen, die Druck- und Stauungssymptome zu beseitigen und den
Patienten symptomatisch zu heilen. Seit mehr als einem Jahre
nach Beendigung der Röntgenbehandlung sind die Mediastinal-
tumoren nicht recidiviert.
Aehnlich dem Kienböck’schen Falle ist die von Clopatt 6S )
mitgeteilte Beobachtung. Auch hier handelte es sich um intra¬
thorakale Tumoren bei einem 38 jährigen Manne, der an Atemnot
and Cyanose litt und eine Vorwölbung des Thorax über die obere
Hälfte des Brustbeines zeigte. Unter Röntgenbehandlung ver¬
schmälerte sich der besonders links verbreiterte Mediastinalschatten,
die subjektiven Beschwerden gingen zurück, der Zustand besserte
sich auch bei 7 monatlichem Aussetzen der Radiotherapie. Auch
Bergoniö* 8 ) erzielte einen günstigen Erfolg in einem Falle von
ausgebreiteter Lymphosarkomatose mit Geschwülsten am Hals, in
Axilla, Milztumor, grossen intrathorakalen Tumoren. Die Dyspnoe
schwand, die Drüsen verkleinerten sich, die Tumoren des Media¬
stinums schmolzen grösstenteils ein, das Allgemeinbefinden besserte sich.
Varney 80S ) hat unter 13 mit Röntgenstrahlen behandelten
Sarkomfällen, 7 Osteosarkomen, 6 Lymphosarkomen, durchwegs
schweren inoperablen Recidiven, 10 mal Verkleinerung des Tumors und
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Stillung der Schmerzen erreicht; in 9 Fällen wurde die Behandlung
vorzeitig abgebrochen, ein Fall erlag 4 Monate später einem akuten
Recidiv.
Butler 47 ) erzielte unter 4 Fällen einmal symptomatische Heilung,
einmal bedeutende Besserung und 2 Misserfolge, Mc Master 188 )
bei 5 inoperablen Sarkomen, deren Diagnose durch die histologische
Untersuchung erhärtet wurde, völliges Schwinden der Tumoren.
5 Fälle von „lymphatischen Sarkomen“ hat M. Cohn 89 ) mit
Röntgenstrahlen behandelt. Die Diagnose wurde auf Grund des
Umstandes gestellt, dass eine längere Arsenkur erfolglos blieb und
die Affektion einen progredienten Charakter zeigte, oder aber durch
eine vorausgegangene Operation erhärtet Von den 5 Fällen sind
2 seit 7 resp. 6 Monaten symptomenfrei, in beiden Fällen hatte es
sich um rasche Recidive nach Operation gehandelt, bei 2 Patienten,
die noch in Behandlung stehen, sind die Drüsen geschwunden, der
5. Patient ist nach vorübergehender bedeutender Besserung auf
eigenes Verlangen aus der Behandlung entlassen worden. Von In*
teresse ist, dass bei diesen Patienten während der Behandlung ein
leichter Milztumor auftrat, den Cohn als „vikariierenden“, durch
Aktivitätshypertrophie entstandenen Milztumor auffasst. Für den
Ausfall der Leistung der exponierten und zur Degeneration ge¬
brachten Lymphdrüsen trete die Milz vikariierend ein. Cohn stützt
diese Annahme auf den Umstand, dass die Milzschwellung erst nach
längerer Behandlung auftrat und bei den Patienten, bei denen die
Radiotherapie längere Zeit ausgesetzt wurde, wieder zurückging.
In den vier von v. Elischer und Engel behandelten Fällen
ist die Natur des Tumors nicht klar. Klinisch bestanden ziemlich
uniforme Symptome: Cyanose, Dyspnoe, Oedeme der unteren Extremi¬
täten, Dämpfung über dem Sternum. Im ersten Fall hielt die
Besserung 1 Jahr an, in den zwei folgenden Fällen folgte bald Ver¬
schlimmerung, der vierte Fall verhielt sich völlig refraktär.
Völlig vereinzelt dürfte Kassa bi an 147 ) mit der Behauptung
stehen, dass das sarkomatöse Gewebe gegen Röntgenstrahlen resi¬
stenter sei als das carcinomatöse; er erhielt angeblich schlechtere
Resultate bei Sarkomen als bei Carcinomen. Die Arbeit gestattet
leider kein Urteil über den Umfang des Materials, das Kassabian
zu Gebote stand.
Wenn man auf Grund der bisher mitgeteilten Fälle von mit
Röntgenstrahlen behandelten Sarkomen, die sicher auf ungefähr 200
zu veranschlagen sind, die Wirkung der Methode betrachtet, so fällt
vor allem wieder jene ionisierende Allgemeinwirkung auf,
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deren wir schon bei der Carcinombehandlung Erwähnung getan
haben. Es bessern sich das Allgemeinbefinden, Schlaf, Appetit,
Kräftezustand, das Körpergewicht nimmt zu, die Zahl der roten
Blutkörperchen und der Hämoglobingehalt steigen (wie besonders im
Falle von Bergoniö 88 )). Die Besserung des Allgemeinbefindens
tritt meist schon nach den ersten Bestrahlungen und selbst bei
kachektischen Individuen ziemlich prompt ein. Eine Erklärung für
diese Allgemein Wirkung wäre nach Kienböck darin gegeben, dass
durch Hemmung des Sarkomwachstums die Bildung schädlicher Pro*
dukte und ihr Uebertritt ins Blut eingeschränkt werden. Die Hebung
des Allgemeinbefindens macht den Eindruck einer Entgiftung
(Holzknecht 1 * 6 )). Umgekehrt kann die Röntgenbehandlung,
namentlich bei schnellem Schwinden grosser Tumormassen, Störungen
des Allgemeinbefindens in Form eines toxämischen Symptomen-
komplexes hervorrufen (Kienböck Fall X, Fall von Coley-
Skinner). v. Bramann* 8 ) erlebte bei einem 10jährigen Knaben
mit Sarkom des Schädels nach 4 maliger Bestrahlung schwere In*
toxikationserscheinungen. Eine schädliche Wirkung der Radio¬
therapie auf sarkomkranke Patienten ist bisher völlig unbewiesen,
wenn auch in manchen Fällen unter der Behandlung die Meta¬
stasenbildung und Kachexie weiterschreiten; die Affektion nimmt
dann eben ihren Verlauf, ohne auf Röntgenstrahlen zu reagieren.
Hach Kienböck „wäre es auch schwer zu verstehen, dass durch
degenerative Schrumpfung des Neugebildes proliferationsfähige Ge¬
schwulstelemente in die Blutbahn gelangen."
Die erwähnte passagere Vergrösserung, wie sie in den Fällen
von M. Cohn beobachtet wurde, kann wohl nicht als erhebliche
8törung des Allgemeinbefindens aufgefasst werden.
Die lokale Wirkung der Röntgenstrahlen besteht in Ver¬
kleinerung oder Schwund der Sarkome. Die Tumoren reagieren in
sehr verschiedener Weise, manchmal schon auf eine Sitzung mit
kleiner Dosis, manchmal erst auf eine Bestrahlungsserie mit Normal¬
dosen, in selteneren Fällen ist die Wirkung auf den Tumor sehr
unbedeutend oder bleibt gänzlich aus.
Weitere lokale Wirkungen sind die Ueberhäutungen bestehender
Ulcerationen und die schmerzstillende Wirkung der Röntgen¬
strahlen, die mit grosser Regelmässigkeit und auch in solchen
Bällen eintritt, in denen sich der Tumor nicht sichtbar verkleinert
hat. Die analgesierende Wirkung beruht nach Kienböck sowohl
auf der wenn auch geringen Schrumpfung des Tumors und Behebung
der Kompressionserscheinungen als auch auf direkter Nervenwirkung,
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da auch Neuralgien anderer Art durch die Radiotherapie günstig
beeinflusst werden.
Mit den Tumoren werden auch die Kompressionserschei»
nungen beseitigt, Oedeme, Zirkulationsstörungen, Cyanose, GefiLss-
ektasien, Dyspnoe, Schluckstörungen, Bewegungsbehinderung von
Extremitäten etc. Eine augenfällige Besserung derartiger Druck-
Symptome wurde in den erwähnten Fällen von Mediastinaltumoren
(Kienböck X, Clopatt, Bergoniö) sowie in den Beobach¬
tungen von Rosenberger 287 ), Bizard u. Weil 88 ) konstatiert.
In der III. Beobachtung von Kienböck kehrte mit der Ab¬
flachung des Nasen-Oberkiefertumors «das Sehvermögen zum Teile
wieder, die erblindet gewesene Patientin konnte ohne Führung gehen
und die auseinandergedrängten Augen rückten wieder zusammen.
(Fortsetzung folgt.)
II. Referate.
A. Muskeln.
Beiträge zur Kenntnis der kongenitalen Mnskeldefekte. Von
Steche-München. Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde, Bd.XXVHL,
2.-4. Heft.
An der Hand mehrerer sehr sorgfältig untersuchter Falle und einer
eingehenden Würdigung der Literatur sucht Verf. nachzuweisen, das»
wir in den am häufigsten vorkommenden Defekten der Brust- und
Schultermuskulatur einen wohlcharakterisierten einheitlichen Typus vor
uns haben.
Diese Entwicklungsstörung ist charakterisiert durch Muskeldefekte,
meist die Fectorales allein mit Ausschluss der Portio clavicularis be¬
treffend, seltener mit anderen Muskeldefekten kombiniert.
Als häufige Begleitmissbildungen kommen in Betracht Skelettano¬
malien (Defekte der Brustwand, bes. des Sternums und der Rippen, Hyper¬
plasie des Schultergürtels und des Armskeletts, Missbildung der Hand).
Flughaut- und Sch wimmhaut bildung an der Hand und Entwicklungs¬
störungen der Haut, inkl. Mamma und MammUla. Ausserdem ist für diese
Defekte charakteristisch, dass sie einseitig sind und nicht vererbt werden.
v. Rad (Nürnberg).
Ueber angeborene Brnstmuskeldefekte. Von W. Wendel. Mit¬
teilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, Bd. XIV.,
4. Heft.
Verfasser reiht den in der Literatur mitgeteilten 171 Fällen von
angeborenen Brustmuskeldefekten einen neuen Fall eigener Beobachtung
an. Die Missbildung ist doppelseitig, trotzdem ist der Pat. schwerer
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Arbeiter und zeigt nur bei ganz bestimmten Bewegungsarten schnellere
Ermüdung. Die Aetiologie ist, wie in allen derartigen Fällen, noch
dnnkel und es ist unentschieden, ob obige Anomalie durch eine ange¬
borene Keimanlage zu perversem Wachstum, einen intrauterin abgelaufenen
dystrophischen Prozess oder andere Umstände hervorgerufen wird.
Victor Bunzl (Wien).
Ein Fall von Defekten in der Schultergftrtelmuskulatur und ihre
Kompensation, Von Cape Ile -München. Deutsche Zeitschr. f.
Nervenheilkunde, Bd. XXVIII., 3.—4. Heft.
Hier wird von anatomischer Seite nachgewiesen, wie für fehlende
Muskeln durch andere ursprünglich nicht für diesen Zweck angelegte Muskeln
ein vollkommen ausreichender, wenn auch graduell in seinen Leistungen
schwächerer Ersatz geschafft wird, r ein Beispiel mehr für die reichlichen
Keserven, die von Natur aus für alle Einrichtungen im physiologischen
Haushalt getroffen sind“. v. Rad (Nürnberg).
Hochgradige Kontrakturen und Skelettatrophie bei Dystrophia
musculorum progressiva. Von Schlippe. Deutsche Zeitschr. f.
Nervenhlkde., Bd. XXX., 1. u. 2. Heft.
Bei zwei männlichen Mitgliedern der gleichen Familie entwickelte
sich genau in dem gleichen jugendlichen Alter und in derselben Weise
eine Dystrophia muscularis progressiva mit Pseudohypertrophie. Es
fanden sich ausser den sonst bereits beobachteten Kontrakturen in den
Fass-, Knie-, Hüft- und Ellenbogengelenken auch Kontrakturen in den
Handgelenken und der Wirbelsäule. Weiterhin bestand eine hochgradige
Atrophie des ganzen Skeletts, welche Verf. auf eine trophische Störung
zurückführt, die gleichmässig das Muskel- und Knochensystem ergriffen
haben soll. v. Rad (Nürnberg).
La myosite ossiflante progressive ou maladle de Munchmeyer.
Von Pehu et R. Horand. Gazette des Höpitaux 1905, Nr. 140.
Aus der Seltenheit hierher gehöriger Beobachtungen in Frankreich
schöpfen die Autoren die Berechtigung einer zusammenfassenden Dar¬
stellung der genannten Krankheit, die insbesondere in den der Patho¬
genese und Differentialdiagnose gewidmeten Abschnitten lesenswert und
durch ein ausführliches Literaturverzeichnis bemerkenswert ist.
A. Götzl (Wien).
Zur Pathologie und Aetiologie des Malum Dupuytren. Von G. B u c h.
Deutsches Archiv für klin. Medizin, Bd. LXXXV., 1.—2. Heft.
An der Hand einer grossen Anzahl von einschlägigen Fällen, die
Verf. aus allen Berufszweigen, hauptsächlich Gensdarmen, gesammelt hat,
bespricht er eingehend dieses in seiner Aetiologie so dunkle Leiden.
Wenn auch nicht wesentlich Neues gebracht wird, so sind doch die Be¬
obachtungen an ganz frischen, eben beginnenden Dupuytren’sehen Kon¬
trakturen recht interessant, um so mehr, als dieses Leiden, durch seinen
ganzen Verlauf ziemlich schmerzlos, gewöhnlich relativ spät bemerkt und
behandelt wird. Die Kontraktur wird zumeist an der oberen Hohlhand-
linie bemerkt (Linea mensalis), wo diese den Metacarpus quartus über-
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schreitet. Zunächst zeigen sich dicht oberhalb und unterhalb der Linie
kleine halbmondförmige, rosig gefärbte, weiche Anschwellungen, zusammen
eine annähernd kreisrunde Platte bildend, die spontan nicht, wohl aber
mitunter auf Druck etwas schmerzhaft ist. Allmählich verlieren sich die
zarte Rötung, die Druckempfindlichkeit, die Weichheit. Die Stelle wird
eher blässer als die umgebende Haut und nicht selten dadurch taschen¬
förmig vertieft, dass die obere Hälfte unter die untere, welche dadurch
häufig einen scharfen konkaven Rand bekommt, eingezogen wird. Es
bilden sich weiterhin für Gesicht und Gefühl nachweisbare Stränge,
welche in der Richtung auf den Carpus zu verlaufen; das distale
Köpfchen des 4. Mittelhandknochens tritt hervor; der 4., später auch der
5. Finger werden im basalen Gelenk gegen die Hohlhand gebeugt und
endlich mehr weniger gegen dieselbe eingezogen.
Raubitschek (Wien).
Zur kausalen Thiosinaminbehandlung des Malum Dupuytren. Von
S. Jellinek. Wiener klin. Wochenschr., 1906, No. 28.
Das Thiosinamin wurde von Hebra im Jahre 1892 in die Therapie
eingeführt und von L. Teleky auf Grund der von ihm erzielten Heil¬
erfolge für geeignete Fälle empfohlen. Verf. hat das Mittel bei einem
64jähr. Maschinisten in Anwendung gebracht, welcher neben der wahr¬
scheinlich durch chronisches Trauma hervorgerufenen Dupuytren’schen
Kontraktur an Atheromatose der Gefässe und etwas Lungenemphysem
litt, aber sonst keinerlei nervöse oder konstitutionelle Krankheitserschei¬
nungen darbot. Das Malum Dupuytren (Palmarfascienkontraktur) war
beiderseitig, es wurde aber nur die stärker befallene linke Hand lokal
behandelt. Es wurden in kleineren, später in grösseren Intervallen In¬
jektionen von 2 —5 Teilstrichen einer Pravaz’schen Spritze einer 15 °/ 0
alkoholischen Thiosinaminlösung direkt in die verhärteten Knoten und
Stränge der kranken Palmarfascie unter Chloräthyl- oder Cocainan¬
ästhesie appliziert, in den Zwischenzeiten wurde die Palma mit 10°/ o
Thiosinaminpflastermull verbunden. Eine andere Therapie wurde nicht
angewendet. Die fast ein Jahr dauernde Behandlung führte zu einem
vollen Erfolg, die Knoten und Stränge verschwanden fast ganz und die
Finger konnten vollkommen gestreckt werden.
Fr. Hajda (Wien).
Ueber einen Fall von Tendofasciitis calcarea rbeumatica. Von
M. Neuwirth. Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und
Chirurgie, Bd. XVI., 1. Heft.
Verf. beschreibt eines jener seltenen Krankheitsbilder, die im wesent¬
lichen aus einer multiplen Kalkeinlagerung in und unter die Haut sowie
in die Bandapparate bestehen. Es handelt sich um eine früher gesunde
Frau, welche nach einer heftigen Erkältung plötzlich unter Fieber,
Schweissausbruch und allgemeinen Gelenkschmerzen erkrankt, wobei
namentlich die Hand und später die Fuss- und Kniegelenke in Mitleiden¬
schaft gezogen sind. Hände und Füsse stark geschwollen. Nach Ab¬
lauf der Schwellung merkt Patientin das Vorhandensein von griesigen
Körperchen (Kalkkonkrementen) in und unter der Haut, die anfangs
derb, elastisch und etwas empfindlich, allmählich aber steinhart und
indolent werden. Unter Jucken und Brennen sowie allgemeinen Ge-
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lenkschmerzen treten wiederholt neue Nachschübe auf. Als Folgen finden
sich neben den Kalkeinlagerungen ein Vitium cordis sowie hochgradige
Abmagerung und Anämie. Besserung nach 2 1 / a jähriger Bettlägerigkeit.
Gravidität und Wochenbett waren ohne Einfluss auf die Erkrankung.
Pathologisch-anatomisch handelt es sich hier um multiple, teils kristal¬
linische teils amorphe Einlagerungen von kohlensaurem und phosphor-
saurem Kalk zwischen straffes Bindegewebe, welches, in den zentralen
Partien völlig degeneriert und strukturlos geworden, in den mehr peripher-
wärts gelegenen Teilen noch in seinen Elementen erkennbar ist. Die
einschlägige Literatur wird eingehend berücksichtigt und die Differential¬
diagnose besonders mit Gicht genau besprochen.
Therapeutisch hat sich Salicylsäure bewährt.
H. Raubitschek (Wien).
B. Herz, Pericardium.
The treatment of cardiac dilatation. Von W. B1 a c k J o n e s. Lancet
3. XI. 1906.
1. Fall. Ein 50 Jahre alter Mann litt an Schwindelanfällen, Herz¬
klopfen, Schlaflosigkeit, doch ohne Dyspnoe. Das Herz war dilatiert,
Spitzenstoss ausserhalb der Mammillarlinie; Puls regulär, Spannung erhöht.
Abdomen war ausgedehnt, es bestand Obstipation. Es wurden Mineral¬
wässer, Bäder und Massage verordnet. Daneben Diät und Gehübungen
auf steigendem Terrain. Nach 1 Monate fühlt sich Pat. völlig wohl, der
Spitzenstoss war innerhalb der Mammillarlinie.
2. Fall. Ein 15 Jahre alter Jüngling litt an Dyspnoe und Herz¬
beschwerden im Anschluss an eine Influenza. Das Herz fand sich dik¬
tiert, der Spitzenstoss in der Mammillarlinie. Vorher hatte er geringe
Mengen Albumen im Harn, welche derzeit nicht nachgewiesen wurden.
Die Behandlung war dieselbe wie in Fall 1, jedoch ohne Massage; nach
3 Wochen waren sämtliche Erscheinungen geschwunden.
Herrnstadt (Wien).
Remarks on certain points in tricuspid obstrnction. Von
D. H. Croom. The Edinbourgh Medical Journal, Sept. 1905.
Mitteilung eines Falles von Tricuspidalstenose und Insufficienz, kom¬
pliziert mit ähnlichen Veränderungen an der Mitralis. Auffallenderweise
zeigt die Kurve des Leberpulses nicht, wie es bei einer markanten
Stenose zu erwarten wäre und von Mackenzie als diagnostisches Zeichen
angegeben wird, die Vorhofskontraktion, sondern die des Ventrikels an,
was vielleicht der daneben bestehenden Insufficienz zuzuschreiben ist. In¬
teressant ist im vorliegenden Fall der Einfluss der Therapie auf den
Blutbefund. Die Zahl der roten Blutkörperchen sank nach 2 tägiger
Verabreichung von Digitalis von 8800000 auf 5 600000, und stieg nach
dem Aussetzen der Therapie wieder zur früheren Höhe. Sauerstoffbe¬
handlung bewirkte noch niedrigere Werte und erzielte eine stärkere Re¬
duktion der Cyanose. Die Autopsie, deren Befund mitgeteilt und durch
2 sehr gelungene Photographien ergänzt wird, betätigte die klinische
Diagnose. Victor Bunzl (Wien).
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The treatment of malignant endocarditis by the rectal admini-
stration of antistreptococcic serum; recovery in two cases. Von
Nathan Kaw. Lancet 21. IV. 1906.
Schon im Jahre 1897 wurden 2 Fälle von Behandlung der
Endocarditis mit dem Antistreptokokken-Serum veröffentlicht; in den
letzten 5 Jahren verwendete Verf. dasselbe in über 200 Fällen von sep¬
tischer Infektion verschiedener Art und kommt zum Schlüsse, dass es
bei reinen Streptokokken-Infektionen von grossem Werte sei; da die ge¬
wöhnliche Art der subkutanen Injektion sehr schmerzhaft ist, so wurde
die Darreichung per rectum versucht. Die Methode ist folgende: Nach
gründlicher Reinigung des Rectums wird morgens und abends oder auch
öfter eine Mischung von 20 cm 8 Serum mit 40 cm 8 physiologischer Koch¬
salzlösung, welche eine Temperatur von 100° F besitzt, injiziert; diese
geringe Menge wird vom Pat. leicht behalten und sehr rasch resorbiert.
Autor verwendet das polyvalente Serum von Dr. D o w s o n, welches im
Laboratorium von Burroughs, Wellcome u. Co. hergestellt wird.
Nach der Injektion lässt sich in der Regel ein Temperaturabfall be¬
obachten, sowie eine Besserung des Pulses; in 3 beschriebenen Fällen
war die Menge der injizierten Flüssigkeit 200 cm 8 , 560 cm 8 und
580 cm 8 . Herrnstadt (Wien).
L’anesthäsie generale chez les cardiaques. Von Renon. Arch. gen.
de medec. 1905 No. 10.
Unter Berücksichtigung von 4 eigenen Fällen (1 Exitus), bei denen
chirurgische Eingriffe notwendig wurden, gelangt Verf. zum Schlüsse,
dass Chloroformnarkose bei allen Klappenaffektionen, bei Aorteninsuffi-
cienz, kompensierter Mitralinsufficienz, bei Angina pectoris (Coronar-
Bklerose) ohne Oedeme und Dyspnoe indiziert, bei den akuten Endo-
carditiden, Hyperämie und Oedem der Lungen dagegen kontraindiziert
ist. Selbstverständlich muss ein tadelloses Chloroform verwendet werden.
R. Paschkis (Wien).
Sulla tecnica da seguire negli Intervent! Chirurgie! per ferite
del cuore e au di un nuovo processo di toracotomia. Von
Spangaro. La clinica chirurgica 1906, No. 3.
Die Unzulänglichkeit der verschiedenen bisherigen Operationsmethoden
findet Sp. teils in dem zwischen Kräftezustand des Kranken und Grösse des
Eingriffes bestehenden Missverhältnisse, teils in der Unsicherheit der
Lebensfähigkeit des Lappens, teils in der mangelnden Zweckdienlichkeit
(leichteste Orientierung über den Sitz der Herzwunde) begründet. Er
hat sich deshalb nach gründlichen Tierversuchen und Leichenexperimenten
schon zu wiederholten Malen von den bisherigen Schnittführungen eman¬
zipiert und einen etwas über dem Sternalansatz der 5. Rippe beginnen¬
den und in der vorderen Axillarlinie etwa 1—2 cm höher endigenden
halbkreisförmigen Bogenschnitt angewendet, der bei fortschreitender Ver¬
tiefung, wobei man sich an die tiefer gelegene Rippe zu halten hat, einen
trefflichen Ueberbück gewährt. * Sollte der angegebene Schnitt nicht ge¬
nügen, so lässt er sich leicht in andere Schnittführungen (Lastaria,
Ninni, Fontan) umwandeln. Ferner hält der Verf. die Durchführung
eines Fadens an der Herzspitze zur besseren Orientierung und Herzn&ht
für vorteilhafter als das Angreifen des Herzens mit der Hand oder der
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Kncette. Schliesslich hält er die TJ-förmige Naht für die sicherste und
rat zur separierten Drainage der Pleura und des Pericards.
A. Götzl (Wien).
Intemnto per ferita del ventricolo destro del cnore e lesioni inte¬
stinal!. Von Abele Musumeci. La clinica chirurgica 1905, No. 7.
Ein Fall von Stichverletzung des rechten Ventrikels, des Ueums
and des Netzes. Alle Verletzungen wurden durch Naht geschlossen.
Tod 14 Stunden nach der Operation. Bei der Obduktion wird ge¬
funden, dass alle Nahte exakt gehalten haben. Als Todesursache werden
beginnende serofibrinöse Peritonitis und akute Anämie angegeben.
A. Götzl (Wien).
Plaie pönötrante du ventricule gauche par une balle de revolver
de petit calibre. Von Picquö. Bull, et möm. de la Soc. de chir.
de Paris, Oktober 1905.
Suicid, ein Schuss im 5. Intercostalraum neben dem Sternum. Kein
Zeichen eines Pleuralergusses, keine Dyspnoe, keine Hämoptoe, keine
Veränderung des Pulses. Böntgenbild: Die Kugel findet sich im Zen¬
trum des Herzschattens. Im Spital Befinden sehr gut. Operation: Haut¬
lappen mit innerer Basis, Resektion der 4., 5., 6. Rippe. Man findet
eine Wunde im Pericard; in diesem reichlich Coagula; eine Wunde an
der Basis des linken Ventrikels; Herzohr quer durchbohrt. Keine Aus¬
schussöffnung am Herzen, aus der Herzwunde kein Blut kommend; die
Kugel sitzt daher in der Wand. Drainage des Pericards, Heilung.
R. Paschkis (Wien).
Plaie p£n£trante du ventricule gauche. Von Picquö. Bull, et
mem. de la Soc. de chir. de Paris, Oktober 1905.
Stunde vor Spitalseintritt Messerstich, 1 Querfinger außerhalb
der linken Mammilla. Allgemeine Cyanose, Puls klein, schlecht, nicht
arhythmisch; Herzdämpfung verbreitert, Töne kaum hörbar; keine
Hämoptoe, keine Blutung aus der Wunde. Operation: Resektion der
3., 4., 5. Rippe, 7—8 cm vom Sternum entfernt. Man findet eine Ver¬
letzung der Pleura und der Lunge; reichliche Blutung. Das Pericard zeigt
ebenfalls eine Oeffnung, aus der bei jedem Herzstoss Blut spritzt. Im
Pericard 300 g Blut. Nach Entleerung desselben sieht man eine 5—6 cm
von der Herzspitze entfernte penetrierende Wunde im linken Ventrikel.
Herz, Pericard, Lunge werden genäht, der Lappen wieder fixiert. Nach¬
her Seruminjektion, Kampfer; Wohlbefinden. Einige Tage später Pleura¬
exsudat, 600 g Blut. Geringe Eiterung, dann Heilung. Nach 15 Tagen
geheilt entlassen. 4 Monate später keine Geräusche am Herzen, keine
Residuen des Hämothorax. Zu bemerken ist, dass der Pat. beim Ein¬
tritt ins Spital halb benommen war und anfangs kaum Chloroform
brauchte, aber nach Entleerung des Pericards zu excitieren begann und
der Narkotiseur jetzt viel Chloroform geben musste.
R. Paschkis (Wien).
Plaie da coeur; plaie pän£trante da ventricule gauche; suture;
guärigon. Von Quönu. Bull, et mem. de la Soc. de chir. de Paris.
Sitzung vom 14. DL 1906.
Suicidversuch einer 29 jährigen Frau. Stich mit einem 10 cm
langen Küchenn^sser am inneren Ende des 3. Intercostalraumes, 1 1 / 2 cm
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lang. 2 h nach der Verletzung: Bewusstsein wieder vorhanden; Pat.
antwortet präcis, hat keine Atembeschwerden; ist sehr blass. Puls nur
am Herz hörbar und fühlbar, 120; Töne dumpf, leise, regelmässig.
Axillartemperatur 34,8, Vaginaltemperatur 37,2. Herzdämpfung verbreitert,
Atmung verlangsamt. 10' später plötzlich Verschlechterung; Respiration
schwach, Synkope.
Sofortige Operation in leichter Narkose. Lappenschnitt mit äusserer
Basis. Resektion des 3., 4., 5. Rippenknorpels; Pleura eröffnet, wenig
Blut darin. Pericard ausgedehnt, in demselben eine Wunde, reichlichst
Blut. An der Vorderfläche des linken Ventrikels an seiner oberen Partie
eine Wunde, aus der rotes Blut kommt. In dem Moment wird Pat. blau,
die Pupillen weit, Atmungsstillstand; keine Herzbewegungen. Zungen¬
traktionen, unterdessen Herznaht. Darauf beginnt das Herz sofort wieder
sich zu kontrahieren, die Atmung beginnt, Pat. bekommt Farbe und
macht Abwehrbewegungen. Naht der Pericardwunde, Naht der Rippen¬
knorpel und der Wunde ohne Drainage. Dauer der Operation 25 Minuten.
Nachher Puls 60, nach 1 / 2 h 115, etwas Dyspnoe. An den folgenden
Tagen Temperatur fast normal, Puls um 120, Respiration zwischen 30
und 40; mehrmals Dyspnoe, öfter Punktionen mit Potain’schem Apparat:
Wunde tadellos geheilt. Nach 12 Tagen geht Pat. auf eigenes Verlangen
nach Hause. Die Weiterbeobachtung ergab: Erhöhung der Pulsfrequenz.
Keine Geräusche. Ueber der linken Lunge abgeschwächtes Vesiculär-
atmen, leichte Dämpfung.
Zugleich berichtet Vortr. über einen Fall von Savariaud, der
nach von seiten des Herzens tadellosem Verlauf nach 14 Tagen starb:
man fand eiterige Pericarditis (die keine Symptome intra vitam machte),
trotzdem Heilung der Herzwunde, Pyopneumothorax sin.; eiterige
Bronchopneumonien. Dieser Fall ging zweifellos an der Pulmonal¬
affektion trotz Drainage der linken Pleurahöhle seit dem 6. Tage
nach der Verletzung zugrunde. In den meisten Fällen ist die Lungen¬
affektion sekundär und die Ursache des Todes. Die Nahtblutungen
(nicht aus dem Herzen) in die Pleura bilden die primäre, die Infektion
der Pleura die sekundäre Gefahr.
Das Zustandekommen der Pleural aff ektion hängt sicher nur zum
Teil mit der Unreinheit des Instruments, mit der mangelhaften Reinigung
des Operationsterrains bei der grossen Eile zusammen. Aber die Haupt¬
ursachen sind die Lungenatelektase, die Hauptaufgabe, die Gefahren der
Pleuraeröffnung zu vermeiden. In der Mehrzahl der Fälle ist die Pleura¬
eröffnung nicht zu umgehen; jedoch ist es möglich, die Lungenretraktion
zu verhindern, sei es mit Ueberdruckapparaten (Seidel), sei es mit
Unterdrück (Sauerbruch’sches Zimmer). Die Zukunft der Herz¬
chirurgie basiert auf den Methoden, die Lungenfunktion während und
nach der Operation intakt zu erhalten.
R. Paschkis (Wien).
Cn cäso di guarigione di sutura al cuore. Von Giuliano. Gazzetta
degli ospedali 1905, No. 31.
Ein 18 jähriger Lastträger wird mit zwei Stichwunden auf die
chirurgische Klinik von Catania gebracht, die eine am rechten Ober¬
schenkel, die andere im dritten linken Intercostalraum in der Mammillar-
linie; es bestehen dabei alle Zeichen einer akuten Anämie mit starker
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Dyspnoß, Cyanoee und heftige Schmerzen beim Atmen; die Herztöne sind
leise und dumpf, daneben ein eigentümliches Geräusch hörbar, der Puls
kaum tastbar. Es wird mit Resektion der 3. und 4. Rippe ein Haut-
muskelknochenlappen gebildet, der Hautschnitt wird 1 cm vom linken
Stemalrand entfernt geführt; es findet sich eine Wunde im Pericard,
aus der ein dünner Blutstrahl fliesst; der Operateur geht mit der linken
Hand ein, zieht das Herz mit dem Pericard vor; die Pericardwunde wird
erweitert, es zeigt sich eine Verletzung am freien Saume des linken
Herzohres und eines Zweiges der Vena coronaria; durch fünf Nadeln
wird die Herzwunde geschlossen, die Blutung steht völlig; die Pericardial-
und Pleurahöhle werden gereinigt, der Lappen reponiert, ein steriler
Gazestreifen eingelegt, die Wunde im übrigen geschlossen. — Drei Stunden
spater ist der Puls des Patienten schon viel kräftiger, dabei besteht
etwas Fieber; in den nächsten Tagen zeigen sich leichte Reizerschei-
mrngen seitens der Pleura, wenig Husten. — Besserung aller Symptome
im Laufe der nächsten Woche, am 10. Tage werden die Nähte entfernt,
am 18. Tage kann Pat. sich im Bette schon bewegen; die pleuritischen
Erscheinungen dauern unter leichten Fiebersteigerungen gegen 6 Wochen
an; am Herzen reine, etwas dumpfe Töne, der Spitzenstoss im 4. Inter¬
kostalraum deutlich zu tasten; am 72. Tage verlässt Pat. geheilt die Klinik
und ist ein Jahr später noch völlig gesund, auch zu schweren Arbeiten
vollkommen tauglich. H. Fr. Grünwald (Wien).
Deux cas de suture du Coeur. Von Camus. Un cas de suture avec
massage du coeur. Von Lenormant. Bull, et möm. de la Soc.
de chir. Rapport von Rochard, Sitzung vom 11. VII. 1906.
Fall 1. Stichverletzung: 2 cm lange Wunde im 4. Intercostalraum
L 1 Querfinger breit vom Stemalrand. Wunde der 1. Pleura, des Peri¬
cards, des r. Ventrikels. Herznaht; Naht des Pericards mit Drainage,
Naht der Pleura mit Drainage. Exitus 22 Stunden post op. Obduktion.
Nahte haben gehalten; doppelseitige Pneumonie.
Fall 2. Stichverletzung: 2 cm lange Wunde im 3. 1. Intercostal-
raum zwischen Mammilla und Sternum. Wunde der 1. Pleura und Lunge,
des Pericards und des Herzens (1. Herzohr und r. Ventrikel). Exitus
bei der letzten Herznaht.
Fall 3. 4 Revolverschüsse; 3 in den Mund ohne schwere Ver¬
letzung, 1 in die Herzgegend zwischen 5. u. 6. Rippe, nahe dem
8temalrand. Wunde des Herzens am unteren Pol des r. Ventrikels,
nahe der Spitze. Naht der Wunde. Pat. ist moribund, keine Atmung,
keine Herzkontraktion; Pupillen maximal weit. Rasche Naht des Pericards,
dann direkte Herzmassage, rhythmisches Ziehen der Zunge; Aether,
Coffein. Nach 10 Min. eine ganz leichte Herzkontraktion, dann wieder eine,
schliesslich rhythmische Herzschläge; dabei noch immer Atmungsstill¬
stand; Pupillen wieder eng; Beendigung der Operation, dann künst¬
liche Atmung. 8 / 4 Stunde nach Aussetzen von Herz- und Lungenfunktion
arbeiten beide wieder normal. Einige Stunden nachher Exitus. Herz-
aähte intakt. Perforation von Zwerchfell, Leber, Magen, Dünndarm
durch dieselbe Kugel.
Bezüglich der Drainage erwähnt R., dass vor der Operation das
Herz gefährlich sei, nachher aber die Pleura bzw. deren Infektion. Die
Drainage der Pleura nun erleichtert die Infektion. Es ist daher rätlich,
CentnJblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 8
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gerade bei diesen Eingriffen besonders auf Asepsis zu achten, was ja
durch die notwendige Eile und Beschleunigung sicher erschwert ist.
Schliesslich bespricht R. die Technik und Erfolge der Herzmassage,
die, lange Zeit fortgesetzt, zum Ziele führen kann und auch im 2. refe¬
rierten Falle hätte angewendet werden sollen.
R. Paschkis (Wien).
Le massage du coeur chez l’homme, en particulier dang la syncope
chloroformique. Von Lenormant. Revue de Chirurgie 1906, H. 3.
Verf. bespricht die Experimente über Herzmassage an Tieren und
berichtet über alle bisher publizierten Fälle; es sind, inklusive der Eigen¬
beobachtung, 20 Fälle, davon war die Massage in 17 Fällen ohne Er¬
folg, 4 mal trat Heilung ein, 4 mal arbeitete das Herz stundenlang. Die
Methoden sind: die sternocostale (16 Fälle, 12 ohne, 3 mit vorübergehen¬
dem , 1 mit Dauererfolg); die abdominale transdiaphragmatische (3 Fädle
ohne Erfolg); die abdominale subdiaphragmatische (5 Fälle, 3 mit Dauer-,
1 mit vorübergehendem, 1 ohne Erfolg). Die beiden ersten sind zu
eingreifende Methoden; Verf. empfiehlt daher die letztgenannte. Gleich¬
zeitig muss natürlich künstliche Atmung gemacht werden. Die direkte
elektrische Reizung des Herzens ist gefährlich. Je früher nach dem
Aufhören der Herzarbeit die Massage begonnen wird, desto mehr Aus¬
sicht auf Erfolg hat sie ; die Massage muss so wie die künstliche Atmung
längere Zeit fortgesetzt werden. R. Paschkis (Wien).
Massage du coeur. Von Mauclaire. Bull, et möm. de la Soc. de
chir. de Paris. Säance du 18. VTI. 1906.
Mauclaire bespricht die Methoden der Herzmassage und empfiehlt
nach Erfahrungen an Tierexperimenten beim Versagen anderer Methoden
zur Wiederbelebung des Herzens intravasculäre und intracardiale Injek¬
tionen von isotonischer Kochsalzlösung, Adrenalin usw.
Tuffier hat in einem Fall keinen Erfolg von Injektionen gesehen;
er hält letztere, in die Carotiden gemacht, für gerechtfertigt.
R. Paschkis (Wien).
Report of a case of hemorrhagic pericarditis: aspiration; recovery.
Von F. Bryant. Boston Med. and Surg. Journ. 1905, No. 18.
Bei einer 38 jährigen Frau bestanden heftige Schmerzen über der
linken Scapula. Temperatur 39,4, Puls 130. lieber der Scapula
Dämpfung und Reibegeräusch. Herpes labialis. Verbreiterung der
Dämpfung, Bronchialatmen. Galopprhythmus des Herzens. Diagnose:
Pleuropneumonie, Flüssigkeit in der linken Pleurahöhle. Nach einer
Woche Coma, Dyspnoe, unwillkürliche Entleerungen, Puls 150, Tempe¬
ratur 38,2. Ueber dem Herzen eine dreieckige Dämpfung, bis zur
rechten Mammilla und zweiten Rippe reichend. Lautes Plätschergeräusch
bei jedem Herzschlag. Punktion 3 1 / a cm links vom Sternum, Aspiration
von 1 / 2 Liter klaren Blutes. Die Dämpfung, das Plätschergeräusch sowie
der Galopprhythmus verschwanden. Nach der Operation betrug die
Temperatur 40 °, die Pulszahl 140. In den folgenden Tagen sank die
letztere bis auf 42. Vollständige Heilung.
Die Bradycardie ist bei akuten infektiösen Prozessen nichts Unge¬
wöhnliches. Osler fand unter 100 Pleuropneumonien 5 seröse Peri-
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c&rdiüden. Hämorrhagische Pericarditis wurde jedoch meist nur bei
Tuberkulose, C&rcinom oder schweren hämorrhagischen Formen der akuten
Infektionskrankheiten gefunden. Einige wenige, in anderen Kombinationen
bekannt gewordene Fälle beweisen, dass die hämorrhagische Pericarditis
nicht immer tödlich verlaufen muss. Die Blutansammlung trat in dem
obigen Falle sehr rapid auf. Der Yerf. glaubt, dies so erklären zu
können, dass bei der Reibung der entzündlich veränderten Blätter des
Pericards ein Gefäss eröffnet wurde. In der Literatur sind 12 geheilte
Mle von hämorrhagischer Pericarditis verzeichnet, während die Para-
centeee des Pericards fast 100 mal ausgeführt wurde. Diese 12 Fälle
liefern den Beweis, dass auch andere Organismen als Tuberkelbazillen
hämorrhagische Ergüsse hervorrufen können. In einem derselben wurden
Pneumokokken gefunden, der vorliegende Fall wurde diesbezüglich nicht
untersucht. Der Yerf. stimmt der 1879 von Roberts geäusserten An¬
sicht bei, dass die Paracentese bei exsudativer Pericarditis in dem Stadium,
wo die interne Medikation versagt, ein gerechtfertigter, ja ebenso not¬
wendiger Eingriff ist wie die rechtzeitige Anlegung der Geburtszange
bei Gefährdung des kindlichen Lebens. Karl Fluss (Wien).
Om den kirargiska behandlingen af den exsudativa, cike variga
Igärtsftcksinflammationen. Yon S. Sjövall. Hygiea. Neue Folge,
Jahrg. 5, Maj, S. 464.
Auf Grund zweier bei 16 jährigen Pat. mittels der Olli er’sehen
Methode (Resektion des 6. Rippenknorpels und Eröffnung des Herz¬
beutels) mit gutem Resultate operierter Fälle von exsudativer Pericarditis
meint Yerf., dass man in jedem Falle von exsudativer, nicht eiteriger
Pericarditis, wo das Exsudat auf Grund seiner Grösse die Herzbewe¬
gungen zu hindern droht, dasselbe operativ entfernen soll, und 2. dass
die hierfür in Frage kommende Operation die Olli er* sehe, nicht die
Pericardocentese, ist. Die Operation soll unter Narkose, nicht unter
lokaler Anästhesie gemacht werden. Köster (Gothenburg).
Die chronische adhäsive Mediastinopericarditis und ihre Behand¬
lung durch Cardiolyse. Von Danielsen, v. Bruns’ Beitr. z. klin.
Chir. 1906, LI, 1.
Den 9 veröffentlichten Fällen, die wegen adhäsiver Mediastino-
Pericarditis operiert wurden, fügt D. einen neuen hinzu. Es handelte
sich um einen 20jährigen Mann; früher Lungen- und Magenkatarrh und
Gelenkrheumatismus, jetzt leichter Icterus, deutliche Cyanose; diastolischer
Venencollaps am Hals; systolische Einziehung und starkes diastolisches
Vorwärtsschleudern der Thoraxwand über dem Herzen, mangelnde Ver¬
schieblichkeit des Herzens bei Lagewechsel; kleiner, irregulärer be¬
schleunigter Puls; starker Ascites, Lebervergrösserung. Zur Behebung
der Beschwerden wurde die linke 4.—6. Rippe über dem Herzen mit dem
Knorpelansatz bis in die vordere Axillarlinie reseziert. Der Erfolg war
sehr gut: Die subjektiven Beschwerden schwanden, die Herztätigkeit
wurde gut, die Stauungserscheinungen schwanden. Die einfache Oblite¬
ration des Herzbeutels bleibt gewöhnlich ohne Einfluss auf die Herz¬
tätigkeit, aber die Mediastino-Pericarditis oder Pericarditis externa führt
zu Verwachsungen zwischen Pericard, vorderer Brustwand, Wirbelsäule,
Pleura, Zwerchfell und grossen Gefässen und dadurch zu den schwersten
8 *
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Störungen. Diagnostisch wichtig sind das Fehlen der respiratorischen
Langen Verschiebung über dem Herzen, die mangelhafte Verschieblichkeit
des Herzens bei Lagewechsel, die systolische Einziehung der Herzspitzen¬
gegend, der diastolische Halsvenencollaps, der Pulsus paradoxus (den
Sahli nicht für diagnostisch verwertbar hält). Der Herzmuskel erkrankt
gewöhnlich auch und dies zeigt sich in Irregularitas cordis, Stauungser¬
krankung der Leber, Milz, Niere, Lunge und in Oedemen. Die Diagnose
kann durch das Röntgenbild unterstützt werden; es zeigt bandartige
Ausfüllung eines oder beider Zwerchfellwinkel, deutliche Zackenbildung
der Herzschattenumrisse, gleichsam verwischte, undeutlich flatternde Herz¬
pulsation, verringerte Bewegung des Zwerchfells. Therapeutisch kommt
nur die Cardiolyse, die Resektion der das Herz bedeckenden Rippen, in
Betracht, da die von Beck vorgeschlagene Ausschälung des Herzens und
der Leber aus ihrer Bindegewebskapsel zu eingreifend ist. Man soll nur
operieren, wenn der Herzmuskel auch wirklich noch leistungsfähig ist.
Das Periost muss sorgfältig mitentfernt werden.
Klink (Berlin).
Paracentesis of the pericardium. Von George Dock. Brit. Med.
Journ. 20. X. 1906.
Drei Gründe sind es vornehmlich, welche operative Eingriffe am Peri¬
card selten machen: 1. Der Verdacht auf Pericarditis ist ziemlich selten,
2. die Furcht der Gefahren bei pericarditischen Eingriffen, 3. die unge¬
nügende Kenntnis des Vorteiles der Operation. Selbst in jenen Fällen,
wo Pericarditis diagnostiziert ist, kann der Charakter des Prozesses nur
durch direkte Untersuchungen des Inhaltes des pericarditischen Sackes
diagnostiziert werden; er kann sich um seröses, eiteriges oder hämor¬
rhagisches Exsudat handeln und selbst bei reichlichem Eiter mit virulenten
Bakterien können Fieber oder andere objektive Symptome völlig fehlen.
Dasselbe gilt für die Behandlung. Andererseits ist die operative Be¬
handlung nicht immer nötig, namentlich bei rheumatischen Affektionen.
Für die Operation gelten folgende Indikationen: 1. Das Fehlen einer
definitiven, allgemeinen Diagnose. 2. Diagnose des Charakters und der
Ursache des Exsudates. 3. Entfernung des Exsudates. 4. Vitale Indi¬
kation wegen Cyanose und Dyspnoe. In Fällen von reichlichem Exsudate
sinkt das Herz nicht immer zurück, sondern schwimmt auf der Flüssigkeit
nahe der Brustwand (H e i k i n g) und die Elastizität der grossen Gefässe
ist es, welche diese Lage unterstützt. Deshalb sind Punktionen, welche
in der Mitte des Pericards gemacht werden, häufig negativ oder treffen
das Herz selbst. Die lateralen Anteile der Pericards bieten auch keine
sichere Gewähr für die Operation, andererseits kann die Pleura beider¬
seits adhärent sein und durch die Punktion die Bildung eines Empyems
verursacht werden. Die gewöhnlichste Methode ist die Punktion mit
dem Troicart und Aspiration. Aspiration kann auch mit der gewöhnlichen
hypodermatischen Spritze gemacht werden, dabei soll die Nadel 5 cm
lang sein und ein Kaliber von 1 mm haben. Das von Bäu ml er an¬
gegebene Symptom des Herzkratzens gegen die Nadel kann manchmal
vor Verletzungen schützen. Viele erfolgreiche Punktionen wurden im
oberen Anteile des Pericards im 3. u. 4. Intercostalraum gemacht.
Sicherer ist ein Punkt im 5. Intercostalraum oder im 6. nach einwärts
von der Dämpfungsgrenze, wenn der Spitzenstoss markiert ist. Der
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beste Ort ist der untere Anteil des Pericards im linken Spatium costo-
xiphoideum entweder in liegender oder sitzender Stellung. Das Exsudat
soll nach Tunlichkeit völlig entfernt werden, dann ist der Effekt der
Operation oft ein überraschend guter.
Manchmal wurde auch Bistouri oder Lancette angewendet, eine In¬
zision vorgenommen und wurden Knochen und Knorpelanteile entfernt,
erst in neuerer Zeit wird die Operation meist auf die Intercostalräume
beschränkt. Der enge Raum und die leichte Verletzlichkeit der Gefässe
führten oft wieder zu Resektionen zurück, nur wenige Autoren sind für
Resektion oder Trepanation des Sternums eingetreten. Die Methode der
Oeffnung an der vorderen Wand hat den Nachteil, dass die Drainage
durch die Herztätigkeit erschwert ist, deshalb empfiehlt Robert für
die Punktion der Gegend des Epigastriums eventuell Resektion des 7.
und 6. Rippenknorpels. Der Eingriff kann unter lokaler Anästhesie ge¬
macht werden. Die Entfernung des Exsudates soll eine gründliche sein.
Drainage verursacht manchmal irreguläre Herzaktion, gewöhnlich kann
man dieselbe durch einige Tage unbeschadet belassen. Die Dauer der
Operation ist 15—20 Minuten, die Wunde heilt rasch und der Erfolg
ist in der Regel ein günstiger. Herrn stadt (Wien).
C. Thyreoidea.
lieber die Ausscheidung des Jods im menschlichen Harn und ihre
Beziehung zum Jodgehalt und zur Verkleinerung der Schild¬
drüse. Ein Beitrag zur Physiologie der Schilddrüse. Von Alb.
Kocher. Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Med. u. Chirurgie,
Bd. XIV., 4. Heft.
In gross angelegten Versuchsserien hat Verf. die Aufnahme und
Ausscheidung des Jods bei normaler und kranker Schilddrüse auf Grund
quantitativer Untersuchungen studiert. Nach Verabreichung von 0,5—
1,0 g Natr. jod. an Versuchspersonen wurde deren Urin in Portionen
aufgefangen und untersucht. Die Beobachtung der Veränderungen an
den Strumen selbst sowie deren Prüfung auf Jodgehalt nach eventueller
Exstirpation vervollständigten obige Versuche, aus deren Resultaten
folgende Punkte hervorgehoben werden sollen: Bei Strumakranken findet
man sehr verschieden grosse Quantitäten von Jod im Harn im Gegensatz
zu Individuen ohne Struma, bei denen unter gleichen Umständen die
Jodausscheidung quantitativ gleichbleibt. Auch bei einem und demselben
8trumakranken bestehen erhebliche Schwankungen des Jodquantums im
Urin. Bei einer Gruppe der Kranken wurden gegenüber der Norm
vermehrte Jodquanta konstatiert, wobei nachgewiesen wurde, dass mit
der Vermehrung der Jodausscheidung eine Verkleinerung der Strumen
Hand in Hand ging. Bei einer 2. Kategorie, bei der normale Jod¬
quanta, d. h. solche, die den Versuchen bei normaler Schilddrüse ent¬
sprechen, gefunden wurden, zeigte die Struma keine Veränderung auf
Jodverabfolgung. In einer 3. Kategorie schliesslich wurden vermin¬
derte Mengen von Jod im Urin gefunden und erst wiederholte Versuche
an denselben Individuen ergaben etwas grössere Jodquanta und führten
zugleich eine weichere Konsistenz, aber keine Verkleinerung der Struma
herbei. Den 3 besprochenen Kategorien der Jodausscheidung entsprechen
keineswegs bestimmte klinische Kropfformen, obwohl jede ihre Haupt-
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Vertreter auf weist. Die quantitative Jodausscheidung ist an den histo¬
logischen Bau der Drüse gebunden, von deren funktionsfähigem Paren¬
chym zugleich die therapeutische Einwirkung des Jods abhängig ist.
Die Prüfung des Jodgehalts exzidier*ter Strumen zeigte, dass diejenigen,
die unter Jodverabfolgung an Volumen abgenommen hatten, einen ge¬
ringen Jodgehalt, entsprechend der vermehrten Ausscheidung, aufweisen,
während sich im entgegengesetzten Fall das umgekehrte zeigte. In
bezug auf die Physiologie der normalen Schilddrüse ergibt sich, dass sie
sich den verschiedensten Ansprüchen anpasst, indem sie ihr histologisches
und chemisches Verhalten je nach der Menge des zugeführten Jods und
der schilddrüsenfähigen Substanzen ändert. Schliesslich werden noch die
möglichen Beziehungen des Jodchemismus zur Aetiologie der Kropf¬
bildung erörtert. Victor Bunzl (Wien).
Action de la thyröoidectomie et de cette Operation combinöe avec
la castration sur les os longs des membres. Von Richon et
Jeandelize. Comptes rendus de la Societö de Biologie, 1905, Ko. 23.
An sechs Kaninchen und zwei Katzen wurde die Thyreoidektomie
vorgenommen; es zeigte sich bedeutendes Zurückbleiben vornehmlich der
hinteren Extremitäten im Längenwachstum, insbesondere deutlich an den
Tibien ausgesprochen; bei Kastration war das Verhalten umgekehrt:
starke Zunahme des Längenwachstums der hinteren Extremitäten, be¬
sonders der Tibien; bei der kombinierten Operation (Thyreoidektomie
und Kastration) war das Ergebnis das gleiche wie bei einfacher Thyreoid¬
ektomie. Die Verf. meinen, dass in diesem Verhalten vielleicht der von
einigen Autoren ausgesprochene Antagonismus zwischen Geschlechts¬
drüsen und Thyreoidea zum Ausdruck komme.
Grünwald (Wien).
Erfahrungen über den Kropf und seine Behandlung. Von 0. Hilde -
brand. Berl. klin. Wochenschrift, 1906, No. 51.
Verf. bespricht einleitend das äussere Bild des Kropfes, dann die
Symptomatologie und geht auf die verschiedenen Therapien der Erkran¬
kung ein. Neben der Jod- und Schilddrüsentherapie findet die chirur¬
gische eine eingehende Würdigung. Die verschiedenen Operations¬
methoden werden besprochen und schliesslich die Prognose des Kropfes
berücksichtigt. Raubitschek (Wien).
Die Unterbindung der Schilddrüsenarterien beim Kropfe. Von
B. P. En och in. Arch. f. klin. Chir., Bd. LXXX, 4. Heft.
Verf. berichtet über die Erfolge obiger Operationsmethode, die er
in 6 Fällen zur Anwendung brachte, und leitet aus seinen hierbei ge¬
machten Erfahrungen folgende Schlusssätze ab:
Die Methode eignet sich vornehmlich für vasculöse Strumen. Nach
der Operation tritt bald eine Verkleinerung des Kropfes auf, die in der
Folgezeit fortschreitet; in manchen Fällen schwinden zugleich die objek¬
tiven Erscheinungen, während das kosmetische Resultat stets ziemlich
gering ist. Bezüglich der Technik wird mitgeteilt, dass die Art. thyr.
infer. samt dem umhüllenden Zellgewebe ligiert werden muss, ferner
dass die Einlegung eines Drains zwischen die Art. carotis und die
Wirbelsäule wegen Gefahr von Decubitus der Gefässe zu vermeiden ist.
Victor Bunzl (Wien).
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Iflfiytandet af struma, särskildt Basedowstruman, ander puber-
tets&ldern p& längdtillvftxt och förbeninggprocesser. Von I s r a e 1
Holmgren. Hygiea, N. F., Febr. 1906, p. 126.
Verf. konstatierte, dass bei Pat. mit Struma im Pubertätsalter — er
hat deren 17 beobachtet — die Körperlänge ungewöhnlich gross war, und
mittels Röntgendurchleuchtung, dass die Verknöcherung der Epiphysen-
knorpel früher von statten geht resp. fortgeschrittener ist, als dies bei Gleich-
alterigen gewöhnlich der Fall ist. Nur in 4 Fällen fehlte dieses Verhalten,
von denen jedoch 2 an Chlorose litten. Diese Beobachtungen stützen
und vervollständigen die moderne Anschauung über die Funktion der
Glandula thyreoidea. Lange bekannt ist, dass Aplasie dieser Drüse einen
Krankheitezustand, durch Persistenz der Epiphysenknorpel und ver¬
spätetem Längenwachstum charakterisiert, hervorruft. Dass vermehrte
Punktion der Drüse das entgegengesetzte Verhalten hervorruft, liegt nahe
an der Hand anzunehmen, und bei dem Morbus Basedowii wird ja ziem¬
lich allgemein eine exzessive Funktion dieser Drüse angenommen. Verf.
erinnert an den Zusammenhang zwischen Akromegalie und Basedow, es ist
aber zweifelhaft, ob die frühzeitige Verknöcherung der Epiphysenknorpel
direkt auf einer vermehrten Funktion der Thyreoida beruht. Als Regel
findet man nämlich bei grossgewachsener Jugend, auch wo die Drüse
nichts Abnormes zeigt, eine frühzeitige Verknöcherung jener Knorpel,
bei kurzgewachsenen das entgegengesetzte Verhalten.
Köster (Gothenburg).
Die Röntgenbehandlung den Kropfes. Von Pf eif f er. v. Bruns’ Beitr.
z. klin. Chir. 1906, XLVIII, 2.
Von verschiedenen Seiten wurde eine durchweg gute Wirkung der
Röntgenbestrahlung des Kropfes beobachtet,. ohne unangenehme Neben¬
erscheinungen , ausser vorübergehender Hautreizung. In der Bruns -
sehen Klinik wurden 51 Fälle bestrahlt; es handelte sich um jugend¬
liche Kranke mit meist noch nicht lange bestehendem, parenchymatösem
Kropf. Während der Menses und Gravidität sowie bei Nierenverände¬
rung wurde nicht bestrahlt. Es wurden weiche bis mittelweiche Röhren
verwendet, in 30 cm Abstand von der Haut, Induktorium von 60 cm
Funkenlänge, 3—4 Amp., 80 Volt. Bestrahlungsdauer war 60—185
Minuten, verteilt auf einzelne Sitzungen von 10—15 Minuten. Nie
wurde länger als 60 Minuten in einer Serie (4—6 Sitzungen) binnen
4 Wochen bestrahlt. Zum Schutze der Haut wurden Lanolineinreibungen
verordnet. Eine objektive Besserung trat nur in 2 Fällen ein; eine Heilung,
d. h. eine Reduktion des Kropfes auf normale Verhältnisse, trat nie ein,
nicht einmal in ganz frischen Fällen bei jugendlichen Individuen, bei denen
doch sonst die spezifische Behandlung (Fütterung) so überraschende
Resultate zeigt. Aber auch in Fällen, wo unter der Bestrahlung der
Halsumfang gewachsen war, wurde oft subjektive Besserung angegeben.
In einigen Fällen, wo subjektive und objektive Besserung, Abnahme des
Halsumfanges usw. eingetreten waren, stellte sich nach Schluss der Be¬
strahlung wieder der alte Zustand ein, während der Bestrahlung war
aber auch in diesen Fällen die Struma weicher geworden. In 2 Fällen
von Carcinom wurde weder klinisch noch histologisch irgend eine Ver¬
änderung erreicht. Den geringen klinischen Erfolgen steht eine auf¬
fallend grosse Zahl von Hautschädigungen gegenüber, bestehend in Auf-
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treten von Rötung, papulösem und schuppendem Ekzem und Blasen¬
bildung. Die mikroskopische Untersuchung exstirpierter Strumen, die
Stunden bis Monate nach der Bestrahlung ausgeführt wurde, ergab keine
Veränderung infolge der Bestrahlung. Auch die sehr kräftige Bestrah¬
lung bis 2 Stunden hatte keinen Erfolg. Jedenfalls ergab die Bestrah¬
lung beim Menschen mit Sicherheit, dass von einem spezifischen Einfluss
der Röntgenstrahlen auf normales, hyperplastisches, colloid oder carci-
nomatös erkranktes Schilddrüsengewebe keine Rede sein kann.
Klink (Berlin).
The relief of respiratory embarassment in malignant goitre. Von
Alexis Thomson. The Edinburgh Medical Journal, April 1905.
Verf. empfiehlt auf Grund eigener Beobachtungen in Fällen von
malignen Strumen, die stärkere Atemnot verursachen, nicht mit der ein¬
fachen Tracheotomie, sondern mit möglichster Entfernung des Tumors
vorzugehen. Die einfache Tracheotomie begegnet oft grossen Schwierig¬
keiten und ist meist nutzlos, während durch Freilegung der Trachea und
Einsetzen einer Silbertube der Zweck der Operation — Befreiung von
unerträglicher Atemnot — sicher erreicht wird.
Victor Bunzl (Wien).
1. The pathological anatomy of exophtalmic goiter. Von W. G. Mac
Call um. Bull, of the John Hopkins Hosp. XVI, p. 287.
2. Parathyroid tberapy on the relation of the parathyroid gland
to exophtalmic goiter. American Med. IX, p. 934.
Verf. bespricht die anatomischen Läsionen der Schilddrüse bei Base¬
dow. Es handelt sich wohl meist um Strumen infolge einer kompen¬
satorischen Hypertrophie nach vorheriger Schädigung der Drüse durch
Influenza oder eine andere Infektionskrankheit. Derselbe Befund wird
experimentell beim Hunde hervorgerufen, wenn man ihm Toxine in die
Schilddrüsenarterien injiziert.
In der Mehrzahl der Fälle von Basedow sind die Gl. parathyre-
oidese normal; nur selten sind sie mitaffiziert. Daraus erklären sich
die Misserfolge, welche man mit der Behandlung von Basedowkranken
mit Nebenschilddrüsenextrakt gehabt hat. Schrumpf (Strassburg).
Die Therapie des Morbus Basedowii. Von J. Mich alski. v. Bruns*
Beitr. zur klin. Chir., 1906, Bd. IL.
Bei jeder Struma können Basedowsymptome auftreten (Formes
frustes); spontane Heilungen des echten Morbus Basedowii kommen vor.
Im übrigen ist die Prognose ernst. Die Behandlung muss streng indi¬
vidualisieren. Ein Bestandteil jeder Behandlung ist die Darreichung
leicht verdaulicher, reizloser Kost. Luftveränderung und Ruhe, womög¬
lich Aufenthalt im Höhenklima oder Genuss von arsen- oder eisen¬
haltigem Wasser sind zu empfehlen. Gemässigte Hydrotherapie, am
besten in Form von Halbbädern von 26°—20° R., Kälteeinwirkung auf
Herz oder Struma sind ebenfalls zu empfehlen. Psychische Behandlung
ist sehr wichtig, Hypnose hat keinen Wert. Die Elektrisierung des
HalBsympathicus, galvanisch oder faradisch, gibt oft gute Resultate. Die
Röntgenbehandlung allein oder vor oder nach der Thyreoidektomie ist
neuerdings vielfach empfohlen worden. Spezifisch wirkende Medikamente
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kennen wir nicht: Arsen, Eisen, Digitalispräparate kommen in Betracht;
die Erfahrungen mit Jod sind schlecht, ja man sah nach Jodtherapie
sich Basedowsymptome entwickeln, wo vorher keine waren. Darreichung
▼on Thyreojodintabletten kann Besserung, viel öfter aber Verechlimme-
nmg bringen. Besserung ist nach Darreichung grosser Gaben von
Thymus (bis 375 g) beobachtet. Gute Erfolge wurden erzielt mit der
Injektion des Blutserums thyreoidektomierter Tiere oder dem Genuss der
Milch thyreoidektomierter Ziegen; aus der letzteren wird ein Präparat
,Rod&gen“ gewonnen. Das Serum thyreoidektomierter Hammel (Anti-
thyreoidsenmi Moebius) gibt, per os verabfolgt, bessere Resultate als
subkutan; auch mit dem pulverisierten Blut in Tablettenform wurden gute
Erfolge erzielt. Zuviel Serum kann einen myxoedemähnlichen Zustand
herbeiführen. Trotz aller Erfolge innerer Behandlung führt doch die
chirurgische am schnellsten zum Ziele. Weitaus der grösste Teil der
Chirurgen bekämpft die Krankheit mit Verkleinerung der Schilddrüse.
Die Arterienligatur, die 2,4 °/ 0 Heilung und Mortalität von 28,6 °/ 0
brachte, ist durch die Strumektomie oder Enucleation verdrängt worden.
Die Exothyreopexie hat sich keine Anhänger verschaffen können. Die
partielle Strumektomie bringt Heilung in 57,6 °/ 0 , Besserung 26,5 °/ 0 ,
Mortalität 13,6 °/ 0 . Die Enucleation tritt bei Kropfknoten in ihr Recht.
Parenchymatöse Injektionen von Jodoformäther und Cocain bezwecken
ebenfalls eine Verkleinerung der Struma, sind aber wenig zu empfehlen.
Die technisch sehr wichtige Entfernung des Halssympathicus beiderseits
hat als Haupterfolg das ganz akute Zurückgehen des Exophthalmus;
sie ergibt Heilung in 28,1 °/ 0 , Besserung 15 °/ 0 , Tod 9,3 °/ 0 . Eine grosse
Gefahr bei der Operation Basedowkranker bietet die starke Blutfüllung
der Gefässe. Bei Operationen an Basedowkranken kommen häufiger
plötzliche Todesfälle unter dem Bilde des akuten Collapses vor: lym-
phatisch-chlorotische Konstitution, Herzschwäche, Kompression der Pul-
monalgefässe ? Von einer Narkose soll man womöglich absehen. Nach
der Operation kann eine Steigerung der Basedowsymptome bis zu Delirien
nnd tödlichem Collaps eintreten, wohl infolge ITeberschwemmung des
Körpers mit Schilddrüsensekret. Die Operation soll möglichst früh ge¬
macht werden, da Abwarten die Aussichten verschlechtert; andere geben
als Indikation zur Operation an: plötzliches Auftreten, grosse Struma,
starken Exophthalmus; Tracheostenose und maligne Tumoren geben
natürlich eine absolute Indikation ab. Klink (Berlin).
I* The treatment of thyroidism by a specific serum. Von
J. Rogers. Journ. Amer. Med. Assoc. 1906, 1. Sept.
II. A serum having therapeutic value in the treatment of exoph-
thalmic goiter. Von 8. P. Beebe. Ibidem,
m. The surgical treatment of exophthalmic goiter. Von F. J.
Shepberd. Ibidem.
IV. Diskussion. Ibidem.
L Man kann 5 Typen von Thyreoidismus (Morbus Basedowii) unter¬
scheiden; 1. Eine mittelschwere chronische Form; 2. eine atypische
Form (Frühformen und solche mit irregulären Symptomen); 3. die
chronischen, schwer toxischen Fälle; 4. die akuten toxischen Fälle, im
Verlauf der malignen Endocarditis vergleichbar, mit geringem oder
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ohne Exophthalmus, kleiner Schilddrüse, hohem Fieber; 5. die selteneren
psychopathischen Formen, welche nur im Frühstadium besserungsfähig sind.
Die akuten toxischen Fälle sind der Serumbehandlung am ehesten
zugänglich. Das klinische Bild ist der malignen Endocarditis ausser¬
ordentlich ähnlich, oft nur per exclusionem und aus der kleinen Struma
erkennbar.
Das Serum wird von Tieren gewonnen, denen die aus der mensch¬
lichen Schilddrüse dargestellten Nucleoproteide und das Globulin der¬
selben injiziert wurden. Wurde hierbei eine normale menschliche Schild¬
drüse benützt, so nennt Verf. das Serum ein normales Tierserum, wurde
eine kranke Schilddrüse benützt, ein pathologisches Serum. Letzteres
scheint zwar das wirksamere zu sein, doch sind die Unterschiede zwischen
beiden keine so eingreifenden.
Von 90 mit Serum behandelten Fällen wurden 23 von allen Sym¬
ptomen geheilt, 52 gebessert, 11 nicht gebessert, 4 starben. Lässt der
Erfolg auf sich warten, so versuche man verschiedene Sera und modifi¬
ziere die Dosierung. Die Prognose der Serumbehandlung scheint von
der Qualität der Schilddrüsenveränderung und von der Dauer und dem
Bilde der Krankheit abzuhängen. Verf. unterscheidet hier stark vas-
kularisierte, stark sezernierende, epithelial wuchernde und an Parenchym
abnehmende Schilddrüsen. Pat. mit weichen, kleinen Drüsen reagieren
besser. Die akuten toxischen Fälle geben die beste, die chronisch
toxischen Fälle (grosse, harte Schilddrüsen mit erweiterten Halsvenen)
die schlechteste Prognose.
Die Reaktion nach der Seruminjektion tritt in zweierlei Formen
ein: die seltenere besteht in einer nach wenigen Minuten auftretenden
Cyanose, Dyspnoe, Erbrechen und Collaps und verschwindet bald nach
Eingabe von Stimulantien. Die andere besteht in lokaler Rötung,
leichtem Fieber, Tachycardie etc. Die zu rasche Wiederholung oder
Steigerung der Dosen führt zu Erschöpfung und ist nicht ohne Gefahr.
Die Injektionen sind während der Zeit der Menses zu vermeiden. Nach
der Injektion soll der Pat. zu Bette gebracht werden und etwas Jodkali
und Strophantus bekommen. Es werden 4—8 Injektionen ä 1 ccm in
etwa 4tägigen Abständen, jede erst nach Ablauf der Reaktion, verab¬
reicht. Doch ist bei den verschiedenen Krankheitsformen ein gewisses
Experimentieren mit der Dosierung notwendig. Einen Fingerzeig für
die Raschheit des Erfolges geben das Weicherwerden und die Verkleine¬
rung der Struma. Verf. bringt einen Bericht über 2 tödlich verlaufene
Fälle, die vollständigen Berichte sind an einem anderen Orte publiziert.
II. Verf. gibt einen detaillierten Bericht über die Bereitung der
zur Herstellung des Serums verwendeten Proteide, welche anfangs von
2 tödlich verlaufenen Basedowfällen, später von normalen, bei Obduk¬
tionen erhaltenen Schilddrüsen gewonnen wurden, über die Eigenschaften
und den therapeutischen Effekt des Serums sowie den Unterschied
zwischen dem Serum aus normalen und pathologischen Drüsen und
kommt zu dem Schlüsse, dass das Serum eine wertvolle Stütze in der
Therapie des Morbus Basedowii bildet, da zahlreiche Fälle durch das¬
selbe gebessert und viele vollständig geheilt wurden.
III. Viele Basedowkranke werden durch partielle Thyreoidektomie
geheilt. Doch ist die Operation eine sehr gefährliche, die Gefahr dort
am grössten, wo auch die interne Behandlung versagt hat. Möglicher-
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feig« gibt es neben der Struma auch noch andere Krankheitsursachen
(Thymus). Basedowkranke vertragen Operationen auch an irgendwelchen
anderen Körperteilen sehr schlecht, die Ursache davon ist ebenso¬
wenig bekannt wie die der Krankheit selbst, welche nach Gemütsbe¬
wegungen entstehen oder exacerbieren kann. Verf. glaubt, dass die
günstigsten Operationschancen von Fällen zu erwarten sind, welche früh
operiert werden, ferner von solchen, welche nicht allzuschwer sind,
sondern die Struma mehr einseitig, tumorartig umgrenzt, nicht allzu ge¬
fäßreich ist und sich längere Zeit vor den anderen Symptomen ent¬
wickelt hat. Zu vermeiden ist die Operation bei grossen gefässreichen
Strumen mit Fiebersteigerungen, starker Tachycardie, Herzerweiterung,
Präcord ialangst, gastrischen Erscheinungen etc.
Die Mortalitätsstatistik ist von geringem Wert, da leichte und
schwere Fälle zusammengeworfen sind. Curtis stellt 136 Operationen
mit 17 Todesfällen zusammen, Kocher berichtet über 167 von ihm
operierte Falle, von denen 9 starben, 72 geheilt wurden. Verf. hatte unter
den operierten leichten Fällen keinen Todesfall, bei einigen hielt der
Erfolg noch 10 Jahre an. Die Narkose hält Verf. nicht für eine Ge¬
fahr. 2 seiner Pat. starben, der eine 8 Stunden nach dem Erwachen,
der andere nach 2 Tagen.
Yerf. bringt einen Bericht über 17 operierte Fälle, von denen 3 sehr
schwere starben, 9 geheilt und 3 bedeutend gebessert wurden, 1 recidiv
wurde. In den meisten Fällen war Hyperplasie der Drüse mit mehr
oder weniger Colloid vorhanden, doch hält Verf. den mikroskopischen
Befund diagnostisch nicht für beweisend, da die Hyperplasie auch ohne
Basedowsymptome vorkommt.
IV. L. W. Bacon ist der Ansicht, dass in gewissen Fällen (ein¬
seitiger Exophthalmus) die Sympathektomie der Thyreoidektomie vorzu¬
ziehen sei. In Fällen mit irregulären Symptomen, mit gleichzeitigem
Hyxoedem sowie bei guter Wirkung von Schilddrüsenextrakt ist die
Operation nicht angezeigt.
H. M. S. Dawbarn empfiehlt mit Rücksicht auf die glänzenden
Erfolge von Rogers und Beebe, die Serumbehandlung vor dem chi¬
rurgischen Eingriffe zu versuchen. Statt der partiellen Thyreoidektomie
hat Dawbarn die Ligatur der Schilddrüsenarterien angewendet, welche
keine Mortalität und gute Erfolge aufweist.
Nach A. J. Ochsner schliesst die Narkose bei Schilddrüsen-
Operationen an Basedowkranken folgende Gefahren in sich: 1. Nur bei
grosser Vorsicht des Narkotiseurs geht die Narkose glatt ab, bei
mangelnder Vorsicht kann sie so tief werden, dass ein Erwecken un¬
möglich wird. 2. Unzarte Manipulationen in tiefer Narkose können ein
Einpressen der Schilddrüsensubstanz in die Blutbahn und hohes Fieber,
ja den Tod zur Folge haben. 3. In der Narkose hat man keine War¬
nungszeichen, die Verletzung des N. recurrens zu vermeiden. 4. Der
Pat. kann durch seinen Atem die Schilddrüse infizieren. Ochsner
vermeidet diese Gefahren, indem er nach Einleitung von tiefer Aether-
narkose in horizontaler Lage Mund und Nase des Pat. mit 10 Lagen
steriler Gaze bedeckt, den Kopf mit Hilfe der Trendelenburg’schen
Lagerung erhebt und die resultierende Anämie statt des Narcoticums zur
Vollendung der Operation benützt.
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Nach J. S. Horsley beweisen die guten Erfolge der Operationen
sowie die Erfolge des nur auf die Schilddrüse einwirkenden Serams,
ferner die zuweilen nach der Narkotisierung von Basedowkranken auf¬
tretenden und in wenigen Stunden zum Tode führenden Symptome von
Hyperthyreoidismus, dass der Morbus Basedowii eine Erkrankung der
Schilddrüse und nicht des Nervensystems ist. Die guten Erfolge nach
Ligatur der Schilddrüsenarterien wären dadurch zu erklären, dass die
sekretorischen Impulse vermindert werden.
R. T. Morris lobt Am Ende’s Thyreoidextrakt, welches er in
Verbindung mit Röntgenbestrahlung anwandte.
W. R. Rodman ist sehr für die operative Behandlung, seit er
C. Mayo’s Technik (hoher Schnitt, zarte Manipulation an der Drüse)
und Erfolge beobachtet hat. In einem Falle sank die Pulsfrequenz schon
am nächsten Tage nach der Operation von 150 auf 88. Mayo hatte
unter den letzten 42 Fällen nur einen Todesfall.
Rogers betont die Misserfolge der operativen Behandlung. Nur
selten besitzt ein Chirurg jene spezielle Erfahrung, welche den Erfolg
verbürgt. Mit dem Thyreoidismus sind überdies der Status lymphaticus
und dessen Gefahren eng verknüpft. Auch führen oft nicht die grossen
asymmetrischen, cystisch degenerierten und fälschlich exstirpierten Lappen,
sondern gerade die kleineren Anteile der Drüse zum Thyreoidismus.
Die Misserfolge der Serumbehandlung sind oft in der Art des Serums zu
suchen, da nicht alle Tiere ein gutes Material liefern.
Shepherd hatte unter seinen vielen Operationen nie einen Nar¬
kosetod. In der Narkose wird der Puls oft langsamer, auch ist eine
zarte Manipulation eher möglich als bei der Lokalanästhesie. Er hatte
bei 2 sehr schweren Fällen letalen Ausgang, bei allen übrigen Besse¬
rungen. Karl Fluss (Wien).
Ein Fall von Morbus Basedowii ohne Exophthalmus, behandelt
mit Antithyreoidin Moebius. Von Aronheim. München, medic.
Wochenschrift, 1906, Nr. 32.
Es handelte sich um eine Forme fruste des M. Basedowii, bei
welchem der Exophthalmus fehlte. Die 30 jährige Pat. hatte seit der
Kindheit einen klein faustgrossen Kropf und klagte seit der Entbindung
über Herzklopfen, Angstgefühl in der Herzgegend, Kurzatmigkeit, grosse
Mattigkeit, Appetitlosigkeit, Husten mit Auswurf, Nachtschweisse und
Schlaflosigkeit. Die Untersuchung ergab eine Temperatur von 38°,
einen kleinen unregelmässigen Puls von 90 Schlägen in der Minute.
Struma, eine Vergrösserung beider Ventrikel. Die Herzaktion war be¬
schleunigt, zeitweise unregelmässig, die Herztöne waren rein, doch nur
schwach hörbar. Die Perkussion der Lungen ergab über beiden Unter¬
lappen eine geringe Schallverkürzung, auskultatorisch daselbst abge¬
schwächtes, saccadiertes Atmen und trockene, mittelblasige Rassel¬
geräusche. Die Untersuchung des Auswurfes auf Tuberkelbazillen ergab
ein negatives Resultat. Verf. nahm an, dass trotz Fehlens des Ex¬
ophthalmus der Krankheitszustand durch eine qualitative und quanti¬
tative Veränderung des Sekretes der Schilddrüse hervorgerufen sei, und
verordnete Antithyreoidin Moebius (Antithyreoid. Moebius 4, Vin.
Tokay 20, Aqu. destill. 100; 3 mal täglich ein Kaffeelöffel voll). Schon
nach zweimaligem Einnehmen zeigte sich eine wesentliche Besserung
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aller Symptome. Nach nochmaliger Repetition wurden 3 mal 6 g des
Serums in derselben Zusammensetzung mit dem Erfolge gegeben, dass
nach Verbrauch dieses Quantums die Dilatation der Herz Ventrikel sich
zur Norm zurückbildete, die Herzaktion regelmässig wurde, die Puls¬
frequenz auf 80 Schläge in der Minute zurückging und die katarrhali¬
schen Erscheinungen in beiden Unterlappen (Stauungskatarrh infolge der
unregelmässigen Herzaktion) verschwanden, der Appetit und der Kräfte¬
zustand hoben sich, so dass Pat. ihre häuslichen Arbeiten wieder ver¬
richten kann. Sie nimmt zeitweise das Präparat noch in Tropfen. Auch
in 2 anderen Fällen hat sich dem Verf. diese Therapie bewährt.
Fr. Hajda (Wien).
Ein Beitrag zur Behandlung des Morbus Basedowii mit Anti-
thyreoidinserum von Moebius. Von J. A. Gevers Leuven.
München, med. Wochenschr., 1906, Nr. 32.
Eine 21jährige Pat. zeigte alle typischen Symptome des M. Base¬
dowii: Struma, Tremor, Exophthalmus, Schweisse, Unruhe, gesteigerte
Sehnenreflexe, erhöhte Pulsfrequenz. Die Menses waren ausgeblieben.
Die Behandlung mit den üblichen Medikamenten blieb erfolglos. Es
wurde nun unter Bettruhe das Antithyreoidinserum von Moebius an¬
gewendet: zuerst per os 2 mal pro Tag 0,5 g, dann 3 mal 0,5 g, 3 mal
0,75 g, 3 mal 1 g, 2 mal 1 g. Nach Verbrauch von 90 ccm des Serums
wurde nur roborierende Behandlung angewendet, namentlich Bettruhe,
vorwiegend vegetarische Diät, Solut. ferri mangano-peptonati. Der Zu¬
stand besserte sich während dieser Zeit allmählich, so dass Pat. einen
erheblichen Grad von Leistungsfähigkeit erlangte. Störende oder schäd¬
liche Nebenwirkungen des Serums wurden nicht beobachtet.
Fr. Hajda (Wien).
HI. Bücherbesprechnngen.
Die Röntgenstrahlen im Dienste der Neurologie. Von W. F ü r n r o h r.
Mit einem Vorwort von Oppenheim. Verlag von S. Karger,
Berlin 1906.
Verf. hat auf Anregung Oppenheim’s die röntgenographischen Er¬
fahrungen auf dem Gebiete der Neurologie zusammengestellt. Er stützt
sich hauptsächlich auf das reiche Material der Oppenheim’schen Poli¬
klinik. Nach einer allgemeinen Einleitung wird zuerst das normale
Röntgenbild der Knochen besprochen und werden die entwicklungs¬
geschichtlichen Momente genau gewürdigt. Daran schliesst sich eine
ausführliche Darstellung der akuten Knochenatrophie.
Es folgen dann Ausführungen über die Röntgenstrahlen bei den Er¬
krankungen des Gehirns und Schädels, des Rückenmarks und der Wirbel¬
säule, der peripheren Nerven, bei den Neurosen und den vasomotonBch-
trophischen Neurosen.
Aus allen diesen Kapiteln ist zu ersehen, wie wertvolle Aufschlüsse
doch oft bei den erwähnten Erkrankungen das Röntgenverfahren zu
geben imstande ist und mit welchem Fleiss auf diesem Gebiete schon
gearbeitet wurde.
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Zahlreiche instruktive Abbildungen von Röntgenbildern erhöhen den
Wert des Buches, das allen Neurologen und Röntgenologen auf das
wärmste empfohlen werden kann.
Ein 50 Seiten umfassendes Literaturverzeichnis lässt ersehen, welchen
enormen Fleiss Verf. auf die Ausarbeitung des Buches verwendet hat.
v. Rad (Nürnberg).
Sur la mort suhlte dans la convalescence de la diphtherie. Von
A. Butruille. Th&se de Lille 1906.
Die plötzlichen Todesfälle während der Rekonvalescenz nach Diph¬
therie sind nach Verf. teils auf eine Lähmung des Pneumogastricus oder
der Medulla, teils auf eine Herzerkrankung (Myocarditis, Endocarditis,
Thrombose) zurückzuführen. Diese Todesfälle sind meistens nur an¬
scheinend unerwartet; sie werden vielmehr eingeleitet durch frühzeitige
Gaumenlähmung, abnorme Blässe der Haut, psychische Depression, Un¬
regelmässigkeit des beschleunigten kleinen Pulses, Schmerzen im Unter¬
leib, Anorexie, Erbrechen, Oligurie, Albuminurie.
Schrumpf (Strassburg).
Die chirurgisch wichtigen Lokalisationen des Echinococcus. Von
Paul Frangenheim, Altona. Sammlung klin. Vorträge. Neue
Folge No. 419/420. Breitkopf & Härtel, Leipzig.
Eine gute, kritische Zusammenstellung der bisherigen Erfahrungen.
Zuerst bespricht Autor die Lokalisation der Echinococcen im Eilochen
(gesondert nach den verschiedenen Abschnitten), dann die E. der Haut,
des Unterhautzellgewebes und der Muskulatur im Zusammenhänge. Es
folgen dann die E. der Schildrüse und der Mamma. Auf die Lungen-
echinococcen berechnet F. 7 °/ 0 der Gesamtzahl der Fälle (unter 1830
berücksichtigten Fällen 136 Lungen- und 18 Pleura-E.) Interessant ist
die Statistik, welche die Mortalität infolge Perforation eines Leberechino¬
coccus betrifft. Bei Ruptur in das Peritoneum beträgt die Mortalität
90 °/ 0 , in die Pleura 80 °/ 0 , Gallenwege 70 °/ 0 , Bronchien 57 °/ 0 , Darm 16 °/ 0 .
Die anderen Kapitel betreffen E. der Niere, des Pankreas, der
Milz, des Bauchfells, der Beckenhöhle.
Jedem Abschnitte ist ein reichhaltiges Literaturverzeichnis beige¬
geben. Hermann Schlesinger (Wien).
Physikalische Therapie in Einzeldarstellungen. Herausgegeben von
J. Marcuse und A. Strasser. 20. Heft. Erkrankungen der
Muskeln und Gelenke, bearb. von L. Brieger und A. Laqueur.
Stuttgart, Ferdinand Enke. 1906.
In einer kurz und knapp dargestellten Einleitung des Begriffes
„Rheumatismus“, für welchen Ausdruck besser Myalgia zu setzen wäre,
wird eine rasche Uebersicht über die bisher üblichen Behandlungsmethoden
gegeben (Massage, Mechanotherapie, Hydrotherapie, Elektrotherapie) so¬
wohl wegen des akuten wie des chronischen Rheumatismus.
Es werden auch sonstige Muskelerkrankungen erwähnt, die etwa
eine Verwechslung mit chronischem oder subakutem Rheumatismus herbei¬
führen könnten (Polymyositis acuta, Myositis ossificans, Dystrophia
musculor. progr.).
Der akute Gelenkrheumatismus wird am besten hydrotherapeutisch
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(kaltes Verfahren), mit Zuhilfenahme der Salicyltherapie, der chronische
am besten auf warmem Wege behandelt. Doch ist dies oft individuell
für Arzt wie Patient verschieden. — Es findet auch die Bier’sche
Stauung einen wesentlichen Platz in der weiteren Therapie des Rheuma¬
tismus. Ein eigenes Kapitel für sich wird beansprucht für die Massage
und Mechanotherapie; von nicht geringem Einflüsse ist die Diäto- und
Balneotherapie, doch mehr bei den gichtischen Affektionen.
Eine besondere Besprechung finden die Arthritis gonorrhoica, luetica,
Tbc. articulorum, Hydrops intermittens, die Gelenkneurosen, nervösen
Arthropathien, traumatischen Gelenkerkrankungen. Jedes dieser Kapitel
ist ausführlich in einwandfreier Weise dargestellt.
Leopold Isler (Wien).
Die kosmetische und therapeutische Bedeutung der Seife. Von
Jessner. Aus Dr. Jessner’s Dermatolog. Vorträgen für Praktiker.
Heft 6. Würzburg, 1906, Stübers Verlag.
In anziehender Form bespricht Jessner die kosmetische und thera¬
peutische Bedeutung der Seife. Natürlich nimmt die therapeutische Seife
den weitaus grössten Teil der an 60 Seiten füllenden Broschüre ein.
Hier teilt Jessner den Stoff in 2 Unterabteilungen: „die Seife als Heil¬
mittel“ und „die Seife als Träger von Heilmitteln“ und zeigt die
mannigfaltige Verwendbarkeit der Seife in beiden Fällen, wenn er auch
stets hervorhebt, dass das Anwendungsgebiet der Seife in der Dermato-
therapie im Vergleich zu den Salben usw. Beschränkungen zu erfahren hat.
Ferdinand Epstein (Breslau).
Inhalt.
I. Sammel-Referate.
Pollak, R., Scarlatina puerperalis (Fort¬
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kalische Therapie in Einzeldarstellungen,
p. 126.
J e s s n e r, Die kosmetische und thera¬
peutische Bedeutung der Seife, p. 127.
Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Professor
Dr. HERMANN SCHLESINGER, Wien, I, Ebendorferstrasse 10, wird gebeten.
Man bittet, redaktionelle Zuschriften mit dem Adressenxusatz „Für die Redaktion des
Centralblattes für die Grenzgebiete“ versehen zu wollen.
Lippert & Co. (G. Pätx’sche Buchdr.), Naumburg a. S.
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CENTMLBLATT
für die
Qrenzgebiete der Medizin u. Chirurgie.
Herausgegeben von
Dr. Hermann Schlesinger,
Professor an der Universität Wien.
Verlag von GUSTAV FISCHER in Jena.
X. Banda
Jena, 8. März 1907.
Nr. 4.
Dm Centralblatt für die Grenzgebiete der Medizin und Chirurgie erscheint in
zwanglosen Heften im Umfange von etwa 3 Druckbogen, die zu einem Bande
vereinigt werden, dessen Umfang 60 Druckbogen betragen wird. Das Abonne¬
ment für das Centralblatt kostet 24 31 ark für den Band. — Die Abnehmer
der Mitteilungen aut den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, herausgegeben
von A. von Eiselsberg und B. Naunyn, erhalten das CentraTblatt
zum Vorzugspreise von 20 Mark.
L Sammel - Referat«.
Scarlatina puerperalis.
Von Dr. Rudolf Pollak.
(Fortsetzung.)
Literatur.
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Centralblatt t d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 9
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130
11 7 ) Schneider, N. B., Fünf Falle von Scharlach im Puerperium. Diss. inaug.
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O lshausen.
122) Simpson, J., Selected obst. a. gyn. works. Edinb. 1871.
(Schluss der Literatur folgt.)
Bei einer auch nur flüchtigen Durchsicht der Literatur fällt es
auf, dass so selten vom Scharlach in der Schwangerschaft berichtet
wird. So haben Senn, Tourtual, Trousseau während heftiger
Scharlachepidemien keine Schwangere erkranken gesehen, Dance und
Hervieux sahen nur je 1 Fall neben zahlreichen bei Wöchnerinnen,
Clintock, Halahan, Br. Hicks sprechen gar nicht über
Scharlach bei Schwangeren. Baginsky berichtet über einen Fall
von D. H. Williams in Liverpool. Olshausen konnte neben
134 Fällen von Scharlach im Wochenbette nur 7 in der Schwanger¬
schaft zählen, eine Gegenüberstellung, die es begreiflich macht, dass
er der Schwangerschaft eine gewisse Immunität gegen Scharlach
zuschreibt. Fehling und Koller pflichten dieser Ansicht bei.
Von einer wirklichen Immunität kann natürlich angesichts der,
wenn auch selten genug, beobachteten Fälle ernstlich nicht die Bede
sein, das haben schon Thomas, Spiegelberg, Ahlfeld und
andere gesagt und Mayer, Runge, Kaltenbach, P. Müller,
Schauta erwähnen das seltenere Vorkommen der Affektion in der
Schwangerschaft, stellen jedoch eine Immunität in derselben in Ab-
' rede. Jacub sagt geradezu: „Die Schwangerschaft schliesst eine
Gefahr der Erwerbung infektiöser Erkrankungen nicht aus.“
Fellner findet dagegen in der Disposition für Scharlach keinen
Unterschied bei Schwangeren und Wöchnerinnen. Nach seiner Be¬
hauptung sollen von 31 einwandefreien Fällen der letzten Jahre
nahezu gleich viele in der Schwangerschaft wie im Wochenbette be¬
obachtet worden sein. Doch kann, wie Krönig betont, von einer
besonderen Disposition für Scharlach im Wochenbette nicht ge¬
sprochen werden. Dafür bringt Baginsky einen drastischen Beleg:
die Mutter zweier scharlachkranker Kinder kam äm Todestage der
Kinder nieder. Bei dem Mangel einer Isolierung war eine Infektion
überaus wahrscheinlich, doch blieb sie aus, obwohl die Mutter nie
Scarlatina gehabt hatte.
Bezüglich des Häufigkeitsverhältnisses von Erst- und Mehrge¬
bärenden äussert sich ein einziger Autor, Olshaüsen. Br hält
die Erstgebärenden für mehr disponiert (Verhältniszahl 62:42) und
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schreibt dies der grösseren Jagend derselben zn sowie dem Um¬
stande, dass sich unter ihnen mehr solche finden, die Scharlach
fioeh nicht gehabt haben.
Mit der Frage der Disposition resp. der Immunität hängen
zwei andere Fragen zusammen, nämlich die der Inkubation und die
Frage, welche die Eintrittsstelle des Scharlachgiftes in den Körper
mm Gegenstände hat.
Was die Inkubation betrifft, so war man nach Thomas im
allgemeinen geneigt anzunehmen, daß eine 4—7 tägige Dauer der-
selbenjdie Regel, eine kürzere oder längere Dauer aber die Ausnahme
sei. Nun war das Suchen nach einer Infektionsstelle des Scharlachs
bei Wöchnerinnen in einer Anzahl yon Fällen, wie wir sahen, er¬
gebnislos, in einer großen Zahl hat es Resultate gezeitigt, welche die
Aufmerksamkeit der Forscher in hohem Grade auf sich gelenkt
haben. Senn und Hervieux nahmen für einzelne Fälle eine In¬
kubation von 1—2 mal 24 Stunden an, da sie Frauen, die während
der Geburt ins Haus eingetreten waren, schon nach so kurzer Frist
erkranken sahen. Thomas meint, dass diese kurze Frist nur eine
Folge der stärkeren Disposition der Wöchnerinnen zu Erkrankungen
überhaupt ist, welche durch die Erschöpfung durch die Geburts¬
arbeit, die gesteigerte Erregbarkeit, die veränderten Körperverbält-
nisse nsw. bedingt sein mag. Zu der Annahme einer verkürzten In¬
kubation wollte man sich eher verstehen als zu dem Gegenteil.
„Manche Fälle mit längerer Dauer“, sagt Thomas, „dürften jenen
unsicheren Fällen anzureihen sein, wo in Familien einzelne Erkran¬
kungen 3—5 Wochen auseinanderliegen, Fälle, welche jedoch nicht
durch ungewöhnlich lange Dauer der Inkubation, sondern durch ver¬
zögerte Herstellung der zur Erkrankung notwendigen individuellen
Disposition bedingt sein dürften.“ Englische Autoren waren die
ersten, die eine Verlängerung der Inkubation angenommen haben.
Montgomery erzählte von einer Frau, die im 9. Monate ihrer
Schwangerschaft ihren scharlachkranken Bruder pflegte; ihre Nieder¬
kunft fand zum Termin statt, sie erkrankte am Tage nach der Ge¬
burt an Scharlach und starb bald nachher. Der Autor folgert, dass
die Infektion schon früher staltgefunden hat, aber erst im Wochen¬
bette zur Geltung gekommen ist. Br. Hi cks berichtet über mehrere
solche Fälle. Eine Schwangere pflegt einen Monat vor ihrer Ent¬
bindung ihre scharlachkranken Kinder; sie erkrankt am 2. Tage
poet partum. Eine andere pflegt ihre erkrankten Kinder 2 Monate
vor dem Termin und erkrankt am 3. Wochenbettstage. Auch noch
van einigen anderen seiner Fälle ist dieser Autor in der Lage, eine
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ähnliche Anamnese zu erzählen. Er sowohl wie Montgomery
zögern nicht, die Sache durch eine verlängerte, eventuell Monate
dauernde Inkubation zu erklären. Auch Olshausen neigt, gestützt
auf solche Fälle der Literatur und auf 2 seiner eigenen Beobach¬
tungen, dieser Ansicht zu. Es liesse sich seiner Meinung nach viel¬
leicht auch mancher Fall von Scharlach bei Nichtschwangeren, den
man als für die Tenacität des Scharlachcontagiums beweisend an¬
sieht, natürlicher durch eine lange Inkubationsdauer erklären.
Liebmann hält die Gründe Olshausen’s für einleuchtend,
erwartet jedoch in Ermangelung eigener Erfahrung — in «einem
seiner Fälle erfolgte die Ansteckung wenige Tage nach der Geburt,
in 2 anderen ließ sich nichts darüber eruieren — eine Bestätigung
von künftigen Beobachtern.
Nach Bunge erfolgt die Infektion schon in der Schwanger¬
schaft oder erst unter der Geburt. Im letzteren Falle müsste m*n
eine verkürzte Inkubationszeit annehmen.
Leopold hat sich gegen die Annahme einer Verlängerung
der Inkubationszeit ausgesprochen.
Boxall meint, dass die Dauer der Schwangerschaft einen aus¬
gesprochenen Einfluß auf die Dauer der Inkubation hat. Die Dis¬
position für die Infektion ist nach ihm besonders stark kurz vor
der Entbindung und während der ersten Tage nach derselben, er¬
streckt sich jedoch nicht weit in das Wochenbett hinein. Erfolgt
die Ansteckung während der Geburt oder kurze Zeit vor derselben,
so wird die Inkubationszeit abgekürzt.
Kaltenbach findet die Tatsache des Auftretens der Krank¬
heit in den ersten Wochenbettetagen weder durch die Annahme
einer Immunität in der Schwangerschaft noch durch eine besonders
lange Inkubationsdauer erklärlich, denn es bliebe immer noch unver¬
ständlich, warum dieselbe gerade mit Eintritt der Geburt ihren Ab¬
schluß finden solle. Wahrscheinlicher ist es ihm, dass die Infektion
bei den Wöchnerinnen vom verwundeten Genitalkanale ausgeht.
Hierfür spricht die meist geringfügige Bachenaffektion, ferner das so
häufige gleichzeitige Vorkommen septischer Infektion und das
gruppenweise Auftreten in Anstalten.
Leop. Meyer bestreitet die verlängerte Inkubationsdauer auf
Grund folgender Ueberlegung. Nachdem in einem Zeitraum von
15 Jahren trotz bestehender Epidemien in der Stadt in der Kopen-
hagener Entbindungsanstalt nur 2 Fälle von Scharlach im Wochen»
bette beobachtet worden waren, kam es im Dezember 1885 durch eine
Schülerin zur Verschleppung der Krankheit in die Anstalt; und von
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da ab reihte sich ein Fall an den anderen, bis nach mehr als Jahres*
Mst die Epidemie erlosch. Da nun die Aufnahme in die Anstalt
grundsätzlich erst erfolgt, wenn die Geburt begonnen hat, muss —
so folgert Verf. — die Ansteckung während oder nach der Geburt
stattgefunden haben, sonst liesse sich der Unterschied zwischen dieser
Zeit und dem langen Zeitraum vorher gar nicht erklären. Man
kommt auf diese Weise zu der Annahme einer auffallend kurzen
Inkubationszeit, zu einer kürzeren jedenfalls, als sonst ftLr den
Scharlach angegeben wird. Meyer sucht den Erklärungsgrand
dafür in den während der Geburt und der ersten Wochenbettstage
herrschenden Umständen. Es bestehen während und nach der Geburt
Sohtiones continui in der Gegend des äusseren Genitales, welche
die Aufnahme eines Ansteckungsstoffes erleichtern und dadurch zu
einer schnelleren Entfaltung seiner Wirkungen Veranlassung geben
können. Verschiedenes scheine ja dafür zu sprechen, dass zwar der
Schlund der gewöhnliche Eintrittsweg des Scharlachs sei, dass er
aber auch auf anderen Wegen, z. B. durch Operationswunden, in den
Körper einzudringen vermag. Dies würde auch die früher schon
angenommene gesteigerte Empfindlichkeit der Gebärenden und
Wöchnerinnen für Scharlach zur Genüge erklären können, dadurch
würden aber auch ferner das Vorkommen von diphtheroiden Affek¬
tionen auf Schrunden der Vulva bei solchen Wöchnerinnen und die
Seltenheit der Angina in Einklang zu bringen sein.
In seiner Arbeit über chirurgischen Scharlach spricht sich
fioffa dahin aus, dass die Infektion bei Operierten, Verletzten oder
Wöchnerinnen sozusagen in normaler Weise geschehen kann, d. h.
auf dem Wege des Respirations- oder Verdauungstractus, oder aber
durch Vermittlung der Wunde. Es ist interessant, dass einige der
von ihm zitierten Fälle früher öfter dem Scharlachcontagium aus¬
gesetzt waren, ohne zu erkranken. Das muss den Gedanken nahe¬
legen, dass die Verwundung (Geburt) selbst eine gewisse Prädispo¬
sition für das Befallenwerden mit dem Scharlachgift schafft. „Wenn
die betreffenden Patienten in früheren Zeiten nicht an Scharlach
erkrankten, trotzdem sie mit anderen Scharlachkranken häufig in
Berührung kamen, so mag wohl ihre Immunität gegen das Scharlach¬
gift dadurch bedingt sein, dass die Mikroben entweder gesunde
äussere Bedeckungen vorfanden oder dass dieselben in so geringer
Anzahl in den Organismus einzudringen vermochten, daß die wider¬
standsfähigen Zellen des letzteren die Keime nicht zur Entfaltung
kommen liessen. Erwerben nun solche Patienten späterhin, wenn
sie wiederum mit dem Scharlachgift in Berührung gekommen sind,
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eine Wunde, ao können durch diese die Scharlachmikroben in
grösserer Anzahl eindringen, so dass der Organismus nicht mehr
mit ihnen fertig wird, und die Patienten jetzt der typischen Er*
krankung anheimfallen.“ Es kann dann auch nicht auffallen, dass
die Inkubationszeit des Scharlachs kürzer sein wird als sonst.
Nach Fellner ist es theoretisch und im Vergleiche zu anderen
Infektionskrankheiten nicht einzusehen, warum die Inkubation irgend
eine Veränderung erfahren sollte.
Brunner macht einen genauen Unterschied zwischen den
Fällen von Scharlach im Wochenbette, bei denen es sich um eine
zufällige Komplikation des Wochenbettes mit der Scharlachinfektion
handelt und bei denen die Streptokokken von der gewöhnlichen Ein¬
trittspforte, den Tonsillen, aus den Weg in die Lymphbahnen gefunden
haben, und zwischen den Fällen von Scharlach, wo die Infektion
von den lädierten Stellen des Genitalkanals ihren Anfang genommen
hat. Er nimmt das Zusammentreffen von Belägen auf den Excoria-
tionen der Vulva mit dem Fehlen der Angina für einen direkten
Hinweis darauf, dass die Infektion durch die Genitalien stattge¬
funden hat.
Woher immer aber die Streptokokken in den Körper einge¬
drungen sind, in beiden Fällen werden sie imstande sein, auf häma¬
togenem Wege Metastasen zu erzeugen und so das Bild der suppo-
nierten primären spezifischen Scharlachinfektion umzuwandeln in das
klinische Bild des puerperalen Prozesses mit seinem variierenden
Symptomenkomplex. Der Autor versucht in Verbindung damit eine
posthume Rechtfertigung der Annahme von Braxton-Hicks.
Dieser kam schon zu einer Zeit, als ihm die Bakteriologie noch
keine Erklärung für den Ursprung dieser Vorgänge bringen konnte,
zu der Ansicht, dass das Scharlachcontagium bei Wöchnerinnen
Prozesse erzeuge, welche von denen nicht zu unterscheiden sind, die
wir als Puerperalprozesse bezeichnen. — „Fast alle Autoren, welche
die bei Puerperalinfektionen gefundenen Streptokokken untersuchten,
sind der Ansicht, daß dieselben nicht verschieden sind von den
Streptokokken des Erysipels und der einfachen Wundkrankheiten.
Wäre die Beobachtung von Br. Hicks, dass Puerperalfieberkranke
die Quelle einer Scharlachinfektion sein können, richtig, so wäre
damit ein für die Möglichkeit sprechendes Moment geliefert, dass
die Streptokokken auch den Scharlachprozess zu erregen imstande
sind. Eine Bestätigung seiner Beobachtung von anderer Seite ist
mir nicht bekannt.“
Mit Rücksicht auf die hier skizzierten Ausführungen von
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Brunner hält Sippel das Vorkommen eines puerperalen Schar¬
lachs nach Br. Hicks, d. h. eines Scharlachs mit Elintritt der
Erreger vom Genitale aus, für ganz sicher. „Dass aber auf der
anderen Seite auch Olshausen im Rechte ist, wenn er sehr viele
Fälle, wie sie namentlich in England beschrieben wurden, als echten
oder, sagen wir lieber, als gewöhnlichen Scharlach ansieht und nicht
als puerperalen Wundscharlach, ist sicher.“ Diese Unterscheidung,
die Sippel Olshausen zuschreibt, hat Olshausen nicht ge¬
macht. Er unterschied nicht zwischen dem gewöhnlichen Scharlach
mit der Eintrittspforte an den Tonsillen und einem puerperalen
Scharlach mit der Eintrittspforte am Genitale, sondern er erkannte
nur einen echten Scharlach, auch im Wochenbette, an und seine
scharfe Polemik richtete sich gegen die Autoren, welche der ge¬
wöhnlichen Scarlatina eine Scarlatina puerperalis als einen von der¬
selben differenten Prozess gegenüberstellten. Sippels Beobachtung
betrifft keinen Scharlach im Wochenbette, sondern einen Scharlach,
der einen Tag nach der Entfernung eines Ovarialtumors, 3 Tage
nach der Aufnahme der Patientin in die Anstalt zum Ausbruche
kam. Aus der völligen Reizlosigkeit der Wunde schliesst Verf.,
dass es sich nicht um sogenannten chirurgischen Scharlach gehandelt
habe, sondern um gewöhnlichen Scharlach. Von einem Falle solcher
Art hatte schon Ahlfeld in seiner zweiten Arbeit berichtet. Hier
erkrankte eine Laparotomierte 7 Tage nach der Operation fieber¬
haft mit einem Exanthem, und es kam im weiteren Verlaufe zu
einer Abscedierung der Bauchnaht. Ahlfeld hat diesen Umstand
dazu benützt, um den Nachweis zu führen, dass es sich um Schar¬
lach nicht gehandelt haben könne. N ach den Ausführungen H o f f a s,
Brunners und Sippels wird es uns nicht schwer, in der Ver¬
eiterung der Bauchnaht in dem Falle von Ahlfeld einen Um¬
stand zu sehen, der das Exanthem als einen wirklichen Scharlach
mit der Eintrittspforte an der gesetzten Wunde erscheinen lässt.
König lässt es in suspenso, ob das Scharlachgift bei der
Wöchnerin wirklich durch die Geburtswege aufgenommen wird. Das
Fehlen der Angina und das Auftreten der Krankheit in den ersten
Tagen sprechen für diese Eintrittspforte.
* *
*
Ueber Symptome und Verlauf der Krankheit herrscht bei
den Autoren eine ziemlich weitgehende Uebereinstimmung. Was
zunächst den Beginn betrifft, so wussten schon die alten Schrift¬
steller, daß der Scharlach der Wöchnerinnen sich gewöhnlich in den
ersten Tagen nach der Geburt einstellt. Malfatti erwähnt, die
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136
Erkrankung habe in seinen Fällen meist am 2. Tage begonnen, doch
auch später bis zum 7. Tage hin; desgleichen meint Hervie ux,
der Anfang falle meist innerhalb der ersten 3 Tage. Nach Clemens
ist der 2. oder 3. Wochenbettstag gewöhnlich der Zeitpunkt des
Krankheitsanfanges. Gusserow berichtet aus seinen in Dublin
gemachten Erfahrungen, dass von 25 Kranken Halahan’s 3 während
der Geburt, 5 am ersten, 10 am zweiten, 4 am dritten, 2 am fünften
und 1 am sechsten Tage vom Scharlach ergriffen wurden. Nach
Olshausen erkranken in den ersten 3 Tagen 81,5% der Fälle,
doch sind seine Angaben, dass nach 8 Tagen keine weiteren Er¬
krankungen mehr Vorkommen, durch Meyer’s und Fehling’s Be*
obachtungen widerlegt. Den meist frühen Beginn der Erkrankung
erwähnen ferner Runge, Kaltenbach und Boxall. Ahlfeld
hat den Beginn der Krankheit an den verschiedenen Tagen des
Wochenbettes, vom 2. angefangen bis zum 15. Tage beobachtet, er
hat allerdings auch aus dieser Tatsache des manchmal späten An¬
fanges seine bekannten, von den meisten anderen Autoren abweichen¬
den Schlüsse gezogen.
Die Krankheit beginnt nach Hervieux und Martin selten
mit Schüttelfrost, doch wird ein solcher Beginn von einzelnen
Autoren berichtet. So haben Olshausen in 2, Liebmann in 1
seiner Fälle, Clemens, Fiessinger, Schramm, Arctander
Fröste beobachtet.
Die Temperatur erreicht in den ersten Tagen hohe Grade,
40° und darüber, Fiessinger’s Patientin zeigte am 3. Krankheits¬
tage 41,5 °, in Koch’s zweitem Falle stieg die Temperatur bis 42,2°.
Die Pulsfrequenz ist oft außerordentlich erhöht; Mac
Clintock, Clemens und Hervieux haben zuerst darauf auf¬
merksam gemacht, von späteren Autoren haben Martin, Ols¬
hausen, Grenser und Fehling auf diese Erscheinung ebenfalls
ihr Augenmerk gerichtet.
Ueber das Exanthem äußert sich Clemens folgen dermassen:
Die Haut ist meist schon den Tag nach dem Fieberausbruche wie
mit Purpur übergossen. Meist erscheint das Exanthem gleichzeitig
über den grössten Teil des Körpers ohne Minderung des Fiebers.
Gegen Ende des 2. oder 3. Tages ist es in seiner schönsten Blüte,
sehr intensiv rot, zuweilen ins Bläuliche spielend. Von Olshausen
wie von einigen seiner Vorgänger wird hervorgehoben, dass das
Exanthem schnell wie mit einem Schlage über den ganzen Körper
verbreitet ist Eine intensive Rötung des Gesichts tritt schon vor
der Entwicklung des Exanthems auf. In schweren Fällen nimmt der
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Ausschlag eine dunkle, fast blaurote Färbung an. Das bei Ols-
hansen erwähnte Symptom der raschen Ausbreitung des Ausschlags
aber den ganzen Körper war Meyer nicht in der Lage zu be¬
stätigen, da bei den Fällen der Kopenhagener Anstalt die Aufmerk¬
samkeit auf diesen Punkt nicht so stark gelenkt wurde. Dagegen
sieben seine Erfahrungen mit denen Olshausen’s, betreffend die
Färbung des Ausschlags, im Widerspruch, das Exanthem war in der
Begel ziemlich blass. Fehling hat Fälle mit sehr blassem, doch
aach solche mit stark ausgesprochenem Exanthem gesehen. Lieb¬
losen, Grenser, Boxall, Fellner schliessen sich in Bezug auf die
Eigentümlichkeiten des Exanthems Olshausen vollständig an. Bei
einigen Autoren (Ahlfeld, Grenser) wird auf das völlige Fehlen
Ton Prodromen aufmerksam gemacht. Von einzelnen wird das Auf¬
treten einer Miliaria erwähnt. Hervieux berichtet über deren
Vorkommen, ebenso Olshausen, Schneider, Liebmann,
Martin, Grenser, Boxall.
Von grösserer Bedeutung sind Symptome, welche den Scharlach
der Wöcherinnen vor dem sonstigen Scharlach auszeichnen; von Be¬
deutung deswegen, weil sie in früherer Zeit dazu beigetragen haben,
die beiden Krankheitsbilder zueinander in einen Gegensatz zu
bringen. Dazu gehört die Angina beim gewöhnlichen 8charlach,
resp. deren vollständiges oder fast vollständiges Fehlen bei Schar¬
lach der Wöchnerinnen. Malfatti erwähnt das „sehr unbedeutende
Leiden im Halse“, bei Mac Glintock ist regelmässig geringe
Angina vorhanden, bei Hervieux ist die Angina in der Regel nur
massig, ohne aber jemals gänzlich zu fehlen. Koch erwähnt sie als
sehr gering bei 2 seiner 3 Fälle, Schneider in 4 seiner 5 Fälle
als gänzlich fehlend. Nach Olshausen ist sie zumeist gering¬
fügig, macht oft genug gar keine Beschwerden und fehlt oft gänz¬
lich. InGusserow’s Reiseberichten lesen wir, dass alle Patientinnen
Angina hatten, über ihre Intensität sagt Autor nichts. Liebmann
beobachtete in 2 seiner Fälle ansgesprochene Angina, im 3. Falle
fehlte sie vollständig. Auch Meyer bestätigte die Angaben, dass
die Halsaffektion in der Regel eine sehr leichte ist. Dagegen kann
dieser Autor Br. Hicks, der beinahe niemals Angina sah, nicht
recht geben; den Grund dafür, dass Hicks so selten in die Lage
kam, Angina bei seinen Scharlachfallen im Puerperium zu konsta¬
tieren, sieht Meyer in dem Umstande, dass der englische Autor,
der ja ausdrücklich angibt, seine Fälle in der konsultativen Praxis
gesehen zu haben, die Patientinnen erst mehrere Tage nach dem
Auftreten der ersten Symptome zu Gesichte bekam. Ahlfeld
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beobachtete in seinen Scharlachfällen ausgesprochene Rötung und
Schwellung der Rachenschleimhaut, die aber schnell, meist in 1 bis
2mal 24 Stunden verschwand. Auch Runge, Grenser, Fellner,
Krönig betrachten das vollständige oder fast vollständige Fehlen
der Halsaffektion für ein charakteristisches Merkmal der Scarlatina
in puerperio. Box all und Fehling erwähnen das häufigere Vor¬
kommen einer starken Anschwellung der Halsdrüsen auch ohne Ent¬
zündung der Rachenschleimhaut, welche letztere auch nach der Be¬
obachtung dieser Autoren sich teils durch völliges Fehlen, teils durch
überaus leichtes Auftreten auszeichnet.
Von einer weiteren charakteristischen Affektion beim Scharlach,
der sogenanten Himbeerzunge, wird seitens der Autoren zumeist
nichts erwähnt. Nur in den Fällen von MacClintock, Her¬
vieux und Koch war sie ausgesprochen, in den Fällen von Ahl-
feld, wenn auch nicht gerade sehr stark, doch öfter vorhanden.
Boxall und Krönig bemerken, daß eine starke Beteiligung der
Zungenschleimhaut gewöhnlich vermisst wird.
Als eines ferneren, und zwar, wie noch auszuführen sein wird,
in prognostischer Beziehung wichtigen Symptomes wird von vielen
Autoren der Diarrhöe Erwähnung getan. Koch beobachtete in
allen seinen Fällen, Schneider in 3 von 5 Fällen, Olshausen
in 1, Liebmann in allen Fällen, A sh ton in dem einzigen Falle
seiner Beobachtung zumeist schwere Diarrhöen. Runge, Feh¬
ling, Kaltenbach machen in ihren Lehrbüchern auf dieses Sym¬
ptom aufmerksam und Fehling bemerkt dabei, dass dieses beim
gewöhnlichen Scharlach selten ist.
Die Wochenbettfunktionen, Lochial- und Milchsekretion
und Involution des Uterus, gehen nach Olshausen in der grossen
Mehrzahl der Fälle ungestört vor sich. In bezug auf die Lochien
stimmt Meyer mit Olshausen überein, dagegen ist nach seiner
Erfahrung die Milchsekretion stets spärlich gewesen, sie verlor sich
bald und in schweren sowohl wie in leichten Fällen musste das
Kind künstlich ernährt werden. Nach Boxall sind die Lochien
nicht verändert, höchstens etwas reichlicher als gewöhnlich, die Milch¬
sekretion verringert, die Involution des Uterus nicht verzögert; Risse
heilen, wenn richtig behandelt, ohne Schwierigkeit.
In Koller’s Fällen wurde die Milchsekretion meist vorüber¬
gehend vermindert und hörte in einem Falle gänzlich auf.
(Schluss folgt)
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Die Röntgenbehandlung der malignen
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Wiener klin. Wochenschr. 1897, P« 73 -
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Aerzte Wien. 13. Mai 1904, Wiener klin. Wochenschr. 1904, p. 578.
(Schluss der Literatur folgt.)
Die günstige lokale Wirkung tritt in der grossen Mehrzahl der
Fälle ein. Kienböck hat zur Berechnung des Verhältnisses
▼on Erfolg und Misserfolg 90 Fälle von Autoren mit grösserem
Material znsammengestellt (Coley, Pusey, Varney, Sjögren,
Kienböck) und gefunden, dass 16mal Schwand, 52mal Schram-
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pfung und 22mal kein Erfolg eintrat, dass sich also Erfolg zu
Misserfolg wie 68:22 oder rund 3:1 verhalten. Schrumpfung
zu Schwund verhält sich nach dieser Zusammenstellung wie 52:16,
also gleichfalls etwa wie 3:1.
Einzelne Autoren haben allerdings auffallend ungünstige Resul¬
tate. Von 12 Fällen Rankin’s** 8 ) starben 9 kurze Zeit nach
der Behandlung.
Die histologische Beschaffenheit der Sarkome scheint
nach den bisherigen Erfahrungen keine Richtschnur für ihre Radio¬
sensibilität zu geben. Nach Kienböck’s Zusammenstellung ver¬
halten sich Sarkome von verschiedener histologischer Struktur der
Röntgenbestrahlung gegenüber ziemlich gleich. In 39 Fällen von Rund¬
zellensarkomen trat 15 mal Schwund, 16 mal Schrumpfung und 8 mal
kein Erfolg ein, unter 11 Spindelzellensarkomen 5 mal Schwund, 4 mal
Schrumpfung und 2mal Misserfolg. Coley 64 ) meint, dass die Rund¬
zellensarkome gut, die Spindelzellensarkome aber nicht reagieren, was
durch die vorstehende Zusammenstellung und namentlich durch die
beiden, schon erwähnten Fälle von Sjögren (Dauerheilung von
Spindelzellensarkom der Nase) sowie durch die Beobachtung von
Grossmann 117 ) widerlegt wird. In 9 Fällen von Drüsensarkom und
Lymphosarkomen schrumpften oder schwanden die Tumoren je 4 mal,
1 mal blieben sie unbeeinflusst (Fall von Belot). 20 ) Bei den Osteo-
und Chondrosarkomen überwiegen, wahrscheinlich infolge der ge¬
ringeren Permeabilität des Gewebes (Kienböck), die Misserfolge
(unter 5 Fällen 4), nur je einmal trat Schwund (Pusey, Endo-
theliom des Oberkiefers) und Schrumpfung (Belot Fall III, Chon¬
drosarkom der Parotisgegend) ein. Auch Gliome scheinen sehr
günstig beeinflusst zu werden (Hilgartner 182 ) 1 Fall, Pusey** 7 )
3 Fälle). Oberflächlich sitzende, von der Haut und den
Lymphdrüsen ausgehende Tumoren werden im allgemeinen
infolge der grösseren Lichtintensität an der Oberfläche und des
raschen Abnehmens der Lichtstärke gegen die Tiefe der Gewebe zu
sicherer und schneller beeinflusst als tiefer liegende, von Knochen
bedeckte Tumoren. Eine Ausnahme bilden die für Röntgenlicht
offenbar hochempfindlichen Sarkome des Mediastinums, von denen
bereits die Rede war. Unter 10 Hautsarkomen war 6 mal Schwund,
4 mal Schrumpfung, unter 12 Drüsensarkomen 5 mal Schwund, 3 mal
Schrumpfung, 4mal kein Erfolg, unter 20 Lymphdrüsensarkomen
9 mal Schwund, 10 mal Schrumpfung, 1 Misserfolg, unter 24 Knochen¬
sarkomen 7 mal Schwund, 10 mal Schrumpfung und 7 mal kein Er¬
folg zu verzeichnen (Kienböck). Die besten Resultate geben
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nach dieser Zusammenstellung die Haut- und Lymphdrüsensarkome,
letztere wieder noch bessere als die ersteren.
Nach Kienböck reagieren ferner weiche Tumoren besser als
harte. (Bei 11 harten Tumoren 2 mal Schwund, 4 mal Schrumpfung,
5mal kein Erfolg, bei 12 weichen Tumoren 3mal Schwund, 8mal
Schrumpfung, 1 Misserfolg.) Der letztere Fall ist Sjögren’s Be¬
obachtung 13 und bezieht sich auf ein hartes Spindelzellensarkom
des Oberkiefers, das nach Exstirpation recidivierte, durch 20 in einer
Serie verabfolgte Sitzungen unbeeinflusst blieb und nochmals operiert
werden musste.
Wie Kienböck schon 1900 hervorhob, ist rasch wachsen¬
des, in reger Proliferation begriffenes Gewebe für
Röntgenstrahlen hochgradig empfindlich. Auf Grund
dieser Tatsache ist es wohl verständlich, dass gerade die rasch
wachsenden, nach mehrfachen Operationen immer
wieder recidivierenden, scheinbar also sehr „malig¬
nen“ Sarkome ein ungemein dankbares Gebiet für die
Radiotherapie sind. Derartige Fälle wurden in grosser Zahl,
so von Johnson (6mal recidivierendes Rundzellensarkom des
Nackens), Beck, Torrey s91 ), Grossmann, Coley (Kienböck
Tabelle III Fall VII), Walker 808 ), Krogius 159 ), Beclöre 10 ),
Kienböck Fall 1U u. a. mitgeteilt.
Um in gleicher Weise wie bei den Carcinomen auch hier die
Resultate an den einzelnen Körperregionen zu besprechen, so
sei erwähnt, dass Albers-Schönberg 1 ) 8 ) einen Mann mit mul¬
tiplen bis apfelgrossen Sarkomen der Haut des Schädels in 28
Sitzungen bis zum völligen Schwunde der Tumoren behandelte; zehn
Monate nach Abschluss der Behandlung war noch kein Recidiv auf¬
getreten. Wood 8a4 ) behandelte ein nach Operationen mehrfach reci¬
divierendes Sarkom der Kopfhaut in der Parietalgegend bei einem
7 jährigen Mädchen mit Röntgenstrahlen; 1 J / 2 Jahre später war
noch kein Recidiv aufgetreten. Bei einem Rundzellensarkom der
Stirnhöhle erzielte Coley Schrumpfung der Geschwulst (Fall XVIII),
bei einem Osteosarkom des Processus mastoideus und der Schläfe¬
gegend gleichfalls V erkleinerung und teil weisen Schwund (Fall XXXIX).
Bei einem nach Operation recidivierenden Sarkom des Hinterhaupt¬
knochens im Falle von Krogius trat Schwund ein, der Patient
blieb durch 4 Monate recidivfrei. Je eine vorübergehende Wirkung
und eine Verkleinerung des Tumors erreichte Coley in den beiden
Fällen von Orbitalsarkom (XII und XXVII), eine prompte
Wirkung in zwei gleichartigen Fällen Sjögren, von denen beide
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ungefähr 3 Monate ohne Recidive blieben; es hatte sich um weiche,
nach der Operation rasch recidirierte Orbitalsarkome gehandelt
Rankin sah in einem Falle von metastatischem Sarkom der Orbita
nach Rundzellensarkom des Ellbogens vorübergehende Besserang.
Bill 81 ) beobachtete in 8 Fällen von Orbitalsarkom bis auf Behebung
der Schmerzen keinen Erfolg. Ein nach Operation recidivierender
Fall von Melanosarkom der Sklera blieb 9 */, Monate recidivfrei
(Fall Harper 1 **).
Im Gesichte war die Röntgenbehandlung bei den Fällen von
Welborn* 1 *) und Stembo* 81 ) erfolgreich, doch fehlen hier die
Angaben über das Dauerresultat. Im Falle Welborn’s war das
Sarkom über eine grosse Partie des Gesichtes und Halses ausge¬
breitet; in Stembo’s Falle handelte es sich um Recidiv nach Ope¬
ration. Sehr gute Erfolge wurden an der Haut der Nase erzielt.
Hierher gehören in erster Linie die beiden schon erwähnten Fälle
von Sjögren (harte Spindelzellensarkome des Nasenflügels, bzw.
der Nasenwurzel), die l 1 /, und 2 Jahre recidivfrei blieben, ferner
der Fall von Grossmann (grosses, häufig recidivierendes Spindel¬
zellensarkom des Septum nasi) und Pusey. In Kienböck’a
Fall IV blieb die Radiotherapie bei einer 63 jährigen Frau, bei der
wiederholt Polypen entfernt worden waren und sich ein Kleinrund¬
zellensarkom der Nasen-, Wangen- und Oberkiefergegend entwickelt
hatte, bis auf vorübergehende Linderung der Schmerzen negativ,
die Geschwulst vergrösserte sich unter der zweimonatlichen Behand¬
lung. Etwas besser war das Resultat in seinem Falle III, bei dem
ein häufig operiertes und immer wieder recidiviertes Endotheliom
der Nase unter Röntgenbehandlung rasch abflachte, aber nach
4 Monaten recidivierte und zum Exitus führte. Die Geschwulst
hatte sich nur oberflächlich verkleinert, während in der Tiefe deut¬
liche Rückstände derselben geblieben waren. Bei Oberkiefer¬
sarkom war der Erfolg im Falle Böclöre’s rasch vorübergehend,
in dem einen Falle Pusey’s negativ, in dem anderen schwanden
die äusseren Geschwülste vollkommen. Coley beobachtete einen
Misserfolg (recidiviertes Spindelzellensarkom nach 3 Operationen,
Fall XI) und eine Schrumpfung (Fall XXVIII), Sjögren bei einem
harten Spindelzellensarkom ein negatives Resultat (Fall 13), des¬
gleichen Kienböck in zwei Fällen (V und VI). In den drei letzt¬
genannten Fällen handelte es sich um Recidive nach wiederholten
Operationen. Beim Oberkiefersarkom stehen also unter 8 Fällen
6 Misserfolge 3 teilweisen Erfolgen gegenüber, ein recht ungünstiges
Resultat, das mit der oben erwähnten geringen Radiosensibilität der
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Knochensarkome Zusammenhänge In einem Falle von Angiosarkom
des Unterkiefers konnten Fischer und Schau 9 *) 2 jährige
ßeridirfreiheit beobachten. In den letzten Monaten scheint ein Be*
chÜt erfolgt zu sein, weshalb die Behandlung wiederholt wurde. Einen
vorübergehenden Einfluss der Röntgenbehandlung konstatierte Pusey
bei einem Biesenzellensarkom der Unterlippe, indem nach der
Schrumpfung Metastasen am Hals auftraten. In ziemlich zahlreichen
Fällen wurden Sarkome der Parotis radiotherapeutisch behandelt
(Morris, Walker, Belot, Sjögren, Pusey und Coley, die
beiden letzteren je 3 Fälle). Bis auf Coley, der auffalienderweise
in allen 3 Fällen, dnrchwegs Bondzellensarkomen, keinen Erfolg er¬
zielte, waren die Erfahrungen überaus günstig, es wurde 4 mal voll¬
ständiger Schwund, 3 mal Schrumpfung beobachtet. 2 Fälle Pusey’s
blieben 8, beziehungsweise 14 Monate, der Fall Walker’s 3 Monate
reddivfrei.
Bei einem Sarkom der Tonsille konnte Seabury Allen
eine Schrumpfung des Tumors herbeiführen. Kienböck behandelte
einen 65jährigen Mann mit mannskopfgrossem Tumor der Schild¬
drüse (sarkomatöser Struma) durch 7 Wochen mit Böntgenstrahlen
dun erzielte Ueberhäutung der Ulcerationen sowie Bildung von
flachen grossen Dellen im Tumor, entsprechend den Röhrenstellungen.
Unter zunehmender Schwäche und Atemstörungen trat der Tod ein.
Am Halse sind die Erfolge recht günstig, zumal es sich fast
ausschliesslich um Lymphsarkome handelt, die auf die Badiotherapie
ziemlich prompt reagieren. Es wurden 14 Fälle behandelt: Belot,
Coley (6 Fälle), Kirby, Pusey (2 Fälle), Bosenberger,
Sjögren (Fall IX), Williams 918 ) und Rovsing 988 ), davon sind
nur 3 Misserfolge, 7 mal völliger Schwund und 3 mal Schrumpfung
zu konstatieren. Coley hatte unter seinen 6 Fällen 2 Misserfolge
(Fall XTII und XIX, Kundzellensarkome, in letzterem Falle waren
2 Operationen vorhergegangen), 2 mal erzielte er Schrumpfung und
2mal Schwund, wovon der eine von Johnson weiter beobachtete
Fall (XXXVIII) 4 Monate später, der andere (XXXVII) 1 Jahr
später ohne Becidive blieb. Im Falle Bovsing’s lag ein inope¬
rables BundzeUensarkom des Halses und der Achselhöhle vor, das
zum Schwunde gebracht wurde. Sarkome der Brustwand wurden
wmBicketts, Torrey, Bizard und Weil, Stembo, Pusey,
Sjögren (Fall VII) und Coley (4 Fälle) behandelt, in allen
W Fällen mit Erfolg, 4 mal trat Schwund, 6 mal Schrumpfung der
Geschwulst ein. Im Falle Torrey’s handelte es sich um ein reci-
diviertes Fibrosarkom der Koken Brustseite, das unter Böntgen- und
CentnlbUtt f. d. Gr. d. Med. n. Chir. X. 10
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gleichzeitiger Eiysipelantitoxinbehandlung vollständig schwand. Bei
der Sektion des an Typhus verstorbenen Patienten ergab es sich,
dass an Stelle des ehemaligen Sarkoms nur Narbengewebe zurück*
geblieben war. Der Patient Pusey's blieb 14 Monate nach der
Behandlung recidivfrei. In dem einen Falle Coley’s (VII), wo zwei
Operationen vorhergegangen waren, konnte die vom Pectoralis aus¬
gehende Geschwulst 2mal prompt zum Schwinden gebracht werden.
Rickett’s Originalfall 230 ) betrifft einen 31jährigen Mann, der
ursprünglich ein kleines Muttermal 2 Zoll über der rechten Brust¬
warze hatte, das seit September 1896 an Grosse zunahm. Bis Oktober 1898
hatte es sich auf 3X4 Zoll vergrössert und wurde exzidiert. 1. Januar
1899 erschien ein Knötchen in der Operationsnarbe, von da ab wuchs das
Neugebilde rapid, umfasst nun eine Fläche von 14X18 Zoll und erstreckt
sich von der Achsel- bis in die Nabelgegend. Die Geschwulst bestand
aus roten elevierten Knötchen (Photographie). April 1899 Radiotherapie
durch 7 Tage täglich 2 Sitzungen, jede von 30 Minuten Dauer. Die
Schmerzen, die früher zu ihrer Beseitigung verschiedene Narcotica er¬
fordert hatten, schwanden nach der 3. Sitzung. Die Röte der Knötchen
nahm nach der 4. Sitzung leicht zu. Hierauf wurden einzelne Knötchen
an ihrer Oberfläche nekrotisch. 4. Mai 1899 wurden die Sitzungen durch
7 Tage in erhöhter Zahl und längerer Dauer wieder aufgenommen. Am
Ende dieser Behandlungsetappe heftige Dermatitis. Die Geschwulst ver¬
kleinerte sich etwas, manche der Knötchen waren nekrotisch. 23. Mai 1899
neuerliche Sitzungen. Die Geschwulst war seit April etwas gewachsen.
Die Schmerzen blieben dauernd verschwunden. Seit Oktober 1898 hatte
der Patient 15 Pfund an Gewicht verloren, er wurde schwach und
appetitlos. September 1899 Tod an Erschöpfung. Es war weder vor-
noch nachher eine histologische Untersuchung vorgenommen worden.
Hahn 180 ), Mertens 108 ), Coley (II), Sjögren (Fall 3, 4, 5
und 6) und Pusey (4 Fälle) berichten über die Sarkombehandlung
in der Achsel- und Schultergegend. Erfolge erzielten Hahn
(vorübergehend), Mertens (durch 6 Wochen beobachtet), Coley
(nach operativer Entfernung und Röntgenbehandlung 1 Jahr später
recidivfrei), Sjögren (vorübergehend), während Pusey in 3 von
seinen 4 Fällen keinen Effekt der Bestrahlung sah; in dem rest¬
lichen Falle folgten auf den Schwund des Tumors später allgemeine
Sarkomatose und Exitus.
Gute Erfolge wurden an der Haut des Rückens beobachtet
(Belot, Albers-Schönberg, Coley Fall V). In der Kreuz¬
beingegend blieb die Radiotherapie in 2 Fällen C o 1 e y’s (XXVI
und XXXIII) erfolglos, in einem Falle (XXV) trat Schrumpfung
ein. Albers-Schönberg brachte ein handtellergrosses Krebsge¬
schwür oberhalb der Lendenwirbelgegend zur Ueberhäutung und zu
vollständigem Schwunde. In der VIII. Beobachtung Kienböck’s
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bewirkte die Radiotherapie nach unvollständiger Resektion des Os
sacrum wegen Sarkoms Verkleinerung des Ulcus und Besserung der
Anämie; nach einigen Monaten trat unter zunehmender Schwäche
gleichwohl der Exitus ein. Einen völligen Misserfolg bei primärem
Melauos&rkom der Rückenhaut, das nach Exstirpation rasch zu
Metastasen geführt hatte, berichtet Marsch 186 ); der Tumor ver-
grösserte sich rasch während der Radiotherapie.
Auf der Haut der Extremitäten konnten Beck (Melano-
sarkom), Be 1 ot und Kienböck (Fall IX) gute Erfolge beobachten.
Im letzteren Falle handelte es sich um multiples hämorrha¬
gisches Hautsarkom (Kaposi) au Händen und Füssen, das
durch 2 Jahre intermittierend radiotherapeutisch behandelt worden
war. Es kam stellenweise zu dauernder Schrumpfung der sarkoma-
tösen Infiltrate, aber an anderen Stellen zur Bildung neuer Herde.
Die durch Schmerzen behinderte Beweglichkeit der Hände und
Fasse war durch die Radiotherapie wieder hergestellt worden. Bei
derselben Affektion erzielten Riehl* 88 ) und Wise 899 ) je einen Er¬
folg ; in letzterem Falle ist die Behandlung noch nicht abgeschlossen.
Sjögren hatte 2 Erfolge bei einem Rundzellensarkom der Knie¬
kehle (Fall 15) und bei einem Fibromyxosarkom des Fasses zwischen
Achillessehne und Tibiaende; in beiden Fällen hatte es sich um
Recidiv nach Operation gehandelt, die Patienten blieben circa
2 Monate recidivfrei. In 6 Fällen von Rundzellensarkom des Femur
(III, IV, VI, IX, X und XXXI) erzielte Coley 5mal Schrumpfung,
in einem Falle (VI), wo das Sarkom von der Fascie ausgegangen
war, blieb der Erfolg aus. Exner 86 ) konnte metastatische Tumoren
eines Melanasarkoms an Rumpf und Extremitäten günstig beein¬
flussen.
Heyerdahl behandelte ein Lymphosarcoma femoris erfolgreich,
der Patient blieb 2 Monate recidivfrei; die Diagnose war durch die
histologische Untersuchung erhärtet.
Die Behandlung der Mediastinaltumoren wurde schon er¬
wähnt und die günstigen Erfolge von Kienböck (Fall X),
Clopatt und Bergoniö hervorgehoben. Ergänzend sei bemerkt,
dass Stenbeck 984 ) bei Sarkom des Mediastinums und des Halses
Schrumpfung erzielte, während Kienböck in seinen ersten beiden
Fällen (I und II) keinen Erfolg batte. In beiden Fällen handelte
es sich um grosse harte Tumoren des vorderen Mediastinums.
Stembo 981 ) bewirkte bei einem faustgrossen intrathorakalen Tumor
mit supraclavicularer Lymphdrüsenschwellung durch 2% monatliche
Behandlung starke Verkleinerung des Tumors und Verschwinden
10 *
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148
der Drüsenschwellung. Die Schmerzen hatten schon nach 10—15
Sitzungen nachgelassen. Die Patientin entzog sich vorzeitig der
Behandlung.
Bei einem jungen Manne, der an sarkomatöser Perito¬
nitis mit Lymphdrüsen8chwellungen in inguine litt und
über exzessive Schmerzen in den unteren Extremitäten zu klagen
hatte, beobachtete H. Schlesinger (Wien), dass auf .Radio¬
therapie die subjektiven Beschwerden völlig zurückgingen und die
Tumoren sich verkleinerten. Bei der Obduktion konnte konstatiert
werden, dass die sarkomatösen Drüsengeschwülste geschwunden
waren.*) Schlesinger hat auch in anderen Fällen von der Radio¬
therapie bei Sarkomen gute Erfolge gesehen.
Auch retroperitoneale Sarkome werden durch die Radio¬
therapie beeinflusst. Sjögren konnte in zwei Fällen von grossen
inoperablen Tumoren der Bauchhöhle nach Probelaparotomie
Schrumpfung und Besserung des Allgemeinzustandes erzielen (Fall
10 und 11). Coley brachte metastatische retroperitoneale Drüsen
6 Jahre nach der Exstirpation eines Tumors an der Haut des
Sprunggelenkes sowie nach 6 vorangegangenen Exstirpationen von
Femoral- und lliacaldrüsen durch Radiotherapie zum Schrumpfen
(Fall VIII). Im Falle von Coley-Skinner wurde ein Reddiv
nach Exstirpation eines Uterustumors vor 3 Jahren in Form eines
Spindelzellensarkoms der Bauchdecken nach 136 Bestrahlungen zum
Schwund gebracht. Die Bestrahlung eines Rundzellensarkoms des
Intestinums (Fall XXXV) brachte Coley keinen Erfolg. In
Coley’s erstem Falle (Rundzellensarkom an Nacken, Brust, Achsel,
Leisten und Darm) schrumpfte der Abdominaltumor nach 14 monat¬
licher Röntgenbehandlung, während die übrigen Tumoren völlig
schwanden. Im Falle XIV bestrahlte Coley gleichzeitig mit dem
Rippen- ein Nierensarkom (Spindelzellen) und erzielte Schrumpfung.
Die Bestrahlung von 2 Hodensarkomen (Coley Fall XVI
und XXXVI) blieb einmal vergeblich, im anderen Falle wurde
Schrumpfung erzielt; es handelte sich beidemal um Rundzellen-
Sarkome. (Schloss folgt.)
*) Für die persönliche Mitteilung der Daten dieses Falles bin ich Herrn Prof.
H. Schlesinger (Wien) zu grossem Danke verpflichtet.
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II. Referate.
A. Rückenmark.
A case of Brown-Sequard.s paralysis, due to a fall npon the head;
Operation; autopsy. Von William C. Krauss. The journal of
nervous and mental diseas. März 1906.
Es handelt sich um einen 22 jährigen Mann ohne hereditäre Be¬
lastung; stets gesund. Er fiel von einem Gerüste herab aus einer Höhe
von 20 Fuss. Er war nicht bewusstlos ins Spital gebracht worden. —
Pat. kann nur mühsam den Kopf bewegen, es verursacht ihm grosse
Schmerzen ferner, den linken Arm zu heben. Schmerzen in der Gegend
des 4. und 5. Halswirbels. Rasche Untersuchung ergibt weder Fraktur
noch Luxation der oberen Extremität, Clavicula, der Rippen oder der Scapula.
Ein leichtes Vulnus lacero-contusum über dem rechten Ohr ist alles,
was sonst bei der Aufnahme nachweisbar ist. Sensorium frei, Herz,
Lunge, Abdomen normal. — Die weitere Beobachtung ergibt nun zu¬
nehmende Paralyse der linken oberen Extremität, sonst keine weiteren
Störungen. Es fiel aber weiter auf, dass der Kopf steif und nach rück¬
wärts gebeugt war. Die Pupillen, Augenmuskeln normal. Gehör normal.
Keine Schmerzhaftigkeit beim Beklopfen des Schädels, doch Palpation
des 4. und 5. Halswirbels äusserst schmerzvoll. Leichte Schwellung
darüber. Keine Sensibilitätsstörung im Gesichte und Nacken, Sensibili-
tätestorung aber etwas über dem rechten Schlüsselbein, sie erstreckt sich
über die ganze rechte obere Extremität, rechte Hälfte des Stammes und
rechte untere Extremität. Es herrscht vollständige Anaesthesie, Anal¬
gesie, Thermoanaesthesie. Muskel-, Sehnenreflexe an Extremitäten und Ab¬
domen prompt und normal. Links ist eine Hyperaesthesie vollständig
entsprechend der rechten Seite der Anaesthesie. Pat. schreit schon bei
blosser Berührung auf. Die Hyperaesthesie erstreckt sich auf Berührung,
Temperatur, Schmerz. Motilität links ist negativ; Pat. kann die Ex¬
tremitäten nicht bewegen. Die Reflexe links gesteigert. Incontinentia
alvi et urinae. Aus diesem Befunde folgerte die Diagnose: Brown-
Sequard’sche Lähmung, veranlasst durch einen Bruch des 4. und 5. Hals¬
wirbels. Ausserdem trat in der letzten Zeit Störung in der Respiration (tiefe
and beschleunigte Respir.), im Puls (Art. rad. ausserordentlich hoch und
schnellend), in der Temperatur (T. sank unter die Norm) auf; offenbar auch
Störung des N. phrenicus und thorac. longus. Operation wird beschlossen,
im Bereiche des 4. und 5. Halswirbels wird eingegangen; keine Fraktur der
Wirbel: Resektion derselben, weil man an Hämatom innerhalb des Wirbel¬
kanals dachte; negativer Befund; auffallend reichliches Abströmen von
Liquor cerebrospinalis. Pat. fühlte sich nach der Operation wohler. Die
drohenden R * »nserscheinungen schwanden. — Sensibilitätsstörungen
Die Wunde wird bald missfarbig. Pat. bekommt
dis. — Autopsie: Kompression des Rückenmarkes
*1ip des 4. und 5. Halswirbels, verursacht durch
rechts als links. Meningen adhärent. Der
der rechten Seite des 5. Halswirbels abge-
nun eine Reihe von Fällen von Brown-
150
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Söquard’scher Paralyse, welche durch ihre Aetiologie interessant sind:
13 durch luet. Meningomyelitis, 1 durch Endart. luetic., 1 durch
Gumma, 8 durch Hämatomyelie, 7 durch Tumoren der Medulla spinalis,
4 durch Spondylitis tbc., 1 durch Spondylitis träum., 1 durch Solitar¬
tuberkel des Rückenmarks. — Die Prognose der Brown-Söquard’schen
Paralyse hängt von der Aetiologie ab; am günstigsten sind die luetischen
wegen der Zugänglichkeit der antiluetischen Therapie. — Am Anfang
kann man oft, wegen der Halbseitigkeit der Anaesthesie, zur Diagnose
Hysterie verleitet werden, namentlich dann, wenn es sich um Tumoren
handelt. Der vorliegende Fall ist deshalb interessant, weil, obwohl die
Diagnose durch ihre Aetiologie klar war, trotz Operation der Knochen¬
splitter in vivo nicht gesehen und somit nicht entfernt werden konnte.
Erst die Autopsie gab Aufschluss über die richtig gestellte Diagnose.
Leopold Isler (Wien).
Coup de couteau, plaie de la moölle. Von ßoutier. Bull, et mein,
de la Soc. de Chir. de Paris. Sitzung vom 11. Juli 1906.
Ein 27 jähriger Mann erhielt einen Messerstich in den Rücken, fiel
nieder, konnte nicht mehr aufstehen. Links (0,03 cm) von der Median¬
linie, ungefähr in der Höhe des Dornfortsatzes des 3. Brustwirbels, war
der Stich. Am nächsten Tag völlige Lähmung der linken Seite von der
Höhe der Mammilla an; keine Reflexe, Motilität unmöglich. Babinsky
starke Hyperästhesie. Rechts alles in Ordnung, nur völlige Anästhesie;
Reflex intakt, Babinsky negativ.
Harnverhaltung. Lumbalpunktion ergab blutige Flüssigkeit. Fast
gleichzeitig erschienen die aktiven Bewegungen wieder, der Sphinkter¬
krampf schwand; es blieben aber links die Hyper-, rechts die Anästhesie.
Keine Stigmata für Hysterie. Bei der nach 14 Tagen erfolgten Ent¬
lassung Wahnideen. R. glaubte an eine Verletzung des Rückenmarks
(halbe Durchschneidung); nachdem aber die motorische Lähmung nach
der Lumbalpunction schwand, erscheint ihm eine anatomische Läsion
minder wahrscheinlich.
Demoulin bemerkt, dass man in solchen Fällen immer an trau¬
matische Hysterie denken muss. R. Paschkis (Wien).
Zur Symptomatologie und Therapie der sich im Umkreise des
Rückenmarkes entwickelnden Neubildungen. Von H. Oppen¬
heim. Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin u. Chirurgie,
Bd. XV, Heft 5.
Die sehr gehaltvolle Arbeit bringt interessantes, ausserordentlich
reichhaltiges Material, schildert u. a. seltene Symptomenkomplexe und
lehrt wichtige, neue therapeutische Indikationen. Ref. mödhte diese
Arbeit zu den wichtigsten neueren Mitteilungen über Rückenmarks¬
tumoren rechnen.
Der 1. Fall betrifft ein Sarkom des Kreuzbeines, das den ganzen
Sacralkanal ausfüllte und die Cauda equina erfasst hatte. Die klinischen
Erscheinungen hatten auf Ergriffensein der 2.—4. Wurzel der Cauda
equina hingewiesen. Eine möglichst ausgiebige Entfernung der kranken
Teile (Auskratzung) brachte auffallenderweise einen Teil der Ausfalls¬
erscheinungen und die Schmerzen zur Rückbildung. Nach zw'eimoxx&t-
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licher Besserung erhebliche Verschlimmerung mit Gangrän des Penis.
Im Anschlüsse an einen zweiten operativen Eingriff erfolgte der
Exitus.
Im 2. Falle bestand der typische Symptomenkomplex der sich im
unteren Dorsalmarke entwickelnden Neubildungen. Jedoch wurde noch
vor der Operation festgestellt, dass sich ein umfangreicher, von der
7. Rippe ausgehender Tumor neben der Wirbelsäule befand; diese Neu¬
bildung war nach Usur der Wirbelsäule in den Wirbelkanal eingedrungen.
Es bestand auch in diesem Falle ein neuralgisches Vorstadium, das aber
abweichend vom gewöhnlichen Verhalten nicht durch eine Schädigung
der hinteren Wurzeln in ihrem intravertebralen Anteile, sondern durch
Kompression eines Intercostalnerven in seinem peripheren Verlaufe bedingt
war. Das therapeutische Resultat war überraschend. Trotz des malignen
Charakters der Geschwulst und der nur teilweisen Entfernung derselben
kam es zu einer erstaunlichen Besserung. Die Lähmung der Beine ging
so weit zurück, dass Pat. ohne Stock gehen konnte und fast 4 Monate
lang nahezu beschwerdefrei war.
Die grosse Bedeutung dieser Beobachtungen liegt darin, dass auch
in Fallen, in welchen eine Radikaloperation nicht möglich war, eine
Operation vorübergehend sehr günstig wirkte.
Der 3. Fall betrifft ein 27 jähriges Mädchen mit allmählich zu¬
nehmender Parese des rechten Armes, dann des rechten Beines. Im
Bereiche des rechten Plexus cervicalis Atrophie der Muskeln mit Aen-
dernng der elektrischen Erregbarkeit. Die Operation ergab eine spindel¬
förmige Anschwellung einer Wurzel des N. radialis von Haselnussgrösse,
die sich in den Wirbelkanal fortsetzte. Die mikroskopische Untersuchung
ergibt Sarkom. Die Operation wurde abgebrochen. Späterhin wurde
eine umfangreiche Operation vorgenommen (Art derselben nicht näher
angegeben). Dauernde Heilung noch nach 8 Jahren (!) konstatiert.
Im 4. Falle entwickelte sich allmählich eine Hemiplegia cervicalis
spinalis vom Typus der Brown-Söquard’schen Lähmung (52jäh¬
riger Mann). Es waren besonders Hand- und Fingermuskeln geschädigt,
während Schultermuskulatur und die Beuger des Unterarmes verschont
waren. Die Erscheinungen deuteten auf Tumor mit Ergriffensein der
7. und 8. Cervicalwurzel. Es bestand Druckempfindlichkeit des Dorn-
und Querfortsatzes des 6. und 7. Cervicalwirbels. Die costale Portion
des Pectoralis major war geschädigt. Aus dieser wie aus anderen Be¬
obachtungen O.’s geht hervor, dass die costale Portion des Pectoralis von
einem tieferen Rückenmarkssegmente innerviert wird als die claviculäre.
Ein neuralgisches Stadium fehlte in diesem Falle fast ganz.
Die Diagnose schwankte längere Zeit zwischen intra- und extra¬
medullärer Neubildung. Die Operation ergab einen kirschgrossen Tumor
genau an der supponierten Stelle. Der Exitus erfolgte wenige Stunden
nach der Operation unter bulbären Erscheinungen.
O. hebt hervor, dass er nun schon an 3 Fällen von Geschwulst¬
kompression der vorderen Wurzeln trotz sichtbarer Atrophie das Fehlen
von Entartungsreaktion festgestellt hat.
Bei Geschwülsten am Cervicalmarke ist nach dem Autor die Lokal¬
diagnose eine ganz besonders exakte und sichere, und zwar wegen der
physiologischen Dignität jeder Wurzel und weiter, weil Ursprungs- und
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Austrittsstelle der Wurzel nahe beieinander liegen, so dass die für die
Deutung der Beiz- und Ausfallserscheinungen in Frage kommenden Be¬
ziehungen hier viel einfacher und klarer sind als am Dorsal- und
Lumbosacralmarke.
5. Fall. 20 jähriger Mann. 3 Monate nach Auftreten eines links¬
seitigen Halbgürtelschmerzes entwickelte sich in wenigen Tagen eine
spastische Parese der Beine mit hochgradigen Sensibilitätsstörungen (für
alle Qualitäten an den distalsten Abschnitten, partiell an der Unter¬
bauchhaut). Fehlen der Bauchreflexe, Erschwerung des Harnlassens.
Sehr wichtig war in diesem Falle die Erfahrung, dass infolge von
Entzündungsprozessen der Meningen und Liquorstauung oberhalb des
Tumors Symptome auf traten, welche die Höhendiagnose beeinflussten.
(Der Tumor war tiefer gelegen, als ursprünglich angenommen wurde.)
Besonders suspekt in dieser Hinsicht ist der Umstand, dass die auf Kom¬
pression des Markes deutenden Symptome eine rasche Ausbreitung nach
oben erfahren.
Der Tumor war extramedullär gelagert, sein oberer Pol lag in der
Höhe des neunten Dorsalsegmentes. Er wurde stumpf entfernt. Wund-
verlauf anfangs gut, dann sekundäre Infektion und Meningitis, welcher
der Pat. 11 Tage nach der Operation erlag.
In allen Fällen O.’s war die Allgemeindiagnose eine richtige; da*
gilt auch für zwei weitere in der Arbeit nicht mitgeteilte Fälle. Die
Form und Gestalt sowie der Umfang der Tumoren waren in allen Be¬
obachtungen fast gleich. Die Höhendiagnose war in allen Fällen genau
(nur im 5. wegen der begleitenden Meningealaffektion etwas zu hoch
lokalisierter Sitz).
Gegen Schluss der Arbeit bespricht 0. das klinisch bisher nicht
näher gekannte Bild der lokalen Ansammlung des Liquor cerebrospinalis
in einem bestimmten Höhenabschnitte des Bückenmarkes. (Eine kurze
anatomische Beschreibung dieser eigenartigen Meningealerkrankung hat
Beferent, wie es scheint, als erster gegeben, ebenso einen Fall mitgeteilt,
der klinisch beobachtet worden war.) In mehreren Fällen 0. ? s war eine
klinische Beobachtung möglich; in zwei Fällen wurden operative Ein¬
griffe vorgenommen. In dem einen hatten heftige Beiz-, später Aus¬
fallserscheinungen im Gebiete der Lumbosacralnerven zu einem operativen
Eingreifen unter unbestimmter Diagnose gedrängt. Es fand sich eine
Verengerung des Wirbelkanals in der Höhe des 3. Lumbalwirbels; die
durch den Liquor ausgeübte Kompression betraf die Cauda equina. Iu
dem 2. Falle bestand das Bild der umschriebenen extramedullären Tumoren.
Im Schlussresumö fasst 0. seine therapeutischen Besultate zusammen.
7 Tumoren der Wirbelsäule wurden operiert; 1 wurde geheilt, 2 ge¬
bessert (mehrmonatliche Bemission), während der Endausgang, wie in den
übrigen vier, ein letaler war.
Extramedulläre Tumoren wurden 6 radikal operiert. In einem Falle
dauert die Heilung seit 3% Jahren an; in einem anderen besteht Hei¬
lung seit einigen Monaten. In den vier anderen folgte der Tod inner¬
halb der nächsten Tage oder Wochen auf die Operation.
0. schliesst sich (nach seinen Erfahrungen mit vollem Bechte) durch¬
aus den Autoren an, welche die Chancen der operativen Behandlung der
Bückenmarkshäute-Tumoren für weitaus glänzendere halten als die der Hirn-
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geechwülßte. Jedoch ist stets eine genaue Indikationsstellung notwendig,
wenn man Misserfolge vermeiden will.
Hermann Schlesinger (Wien).
Zur Kasuistik der Rückenmark 8tu moren. Von Schule. Zeitschrift
für klinische Medizin, Bd. LIX, 2., 3. u. 4. Heft, S. 184 ff.
Verf. berichtet ganz kurz über einen Fall von Rückenmarkstumor
als kasuistische Mitteilung von einigem Werte, da durch die Fortschritte
der Chirurgie diese Tumoren ein erhöhtes chirurgisches Interesse bean¬
spruchen. 14 jähriger Knabe, der seit längerer Zeit an Ischias litt, ver¬
bunden mit heftigen Kreuzschmerzen; bald darauf Schwäche in den Beinen.
Eine kurze Untersuchung ergibt: Freisein der Hirnnerven und des
Rückenmarkes in seinen oberen Partien, dagegen Fehlen des Patellarreflexes
und Achillessehnenreflexes beiderseits; Plantarreflexe sehr schwach. Sen¬
sibilität am Gesä8s und an der Aussenseite der Oberschenkel etwas herab¬
gesetzt in „reithosenartiger Umgrenzung 4 . Incontinentia urinae. Cremaster¬
reflexe deutlich auslösbar. An der Wirbelsäule nichts Pathologisches
weder bei Inspektion, noch bei Palpation zu finden. Diagnose nach
diesem Befunde (extraduraler spinaler Tumor — Sarkom?) lokalisiert
in die Gegend zwischen 2. Lumbalsegment und Ende des Sacralmarkes.
Entwicklung und Verlauf des Leidens sprachen für einen extramedullären
Tumor, der symmetrisch gegen das Rückenmark vorgewuchert sein musste.
Eür Lues und Caries waren keine Anhaltspunkte. Bei der Operation
fand man zwischen 12. Brustwirbel und 1. Lendenwirbel eine scharfe
Einschnürung und vor ihr das Rückenmark von einer mandelgrossen,
dunklen blauroten Masse umwachsen, die sich nicht leicht vom Rücken¬
mark ablösen liess. Mikroskopische Untersuchung ergab: Fibrosarkom.
Ke Operation hatte nur palliativen Wert; die reissenden lancinierenden
Schmerzen nahmen ab. Sonst keine Besserung. 10 Monate post opera-
tionem Exitus. Bei der Obduktion fand sich ein über kindskopf-
grosses erweichtes Sarkom, welches die ganze Lumbal- und Sacral-
gegend durchwachsen hatte.
Leopold Isler (Wien).
En cas d’angiosarcome des meninges de la moölle chez an sajet
portear d’&ngiomes multiples. Von Devic und To Ist. Revue
de Medecine, 1906, Heft 3.
37 jährige Patientin, aus deren Anamnese folgendes erwähnt sei: Vor
einigen Jahren Amputation des linken Armes wegen heftiger Schmerz¬
haftigkeit einer kongenitalen, allmählich elephantiastisch gewordenen Miss¬
bildung der Extremität; in der Haut derselben zahlreiche Venektasien.
Seit einigen Jahren Tumor der linken Mamma, der an Grösse zu-
nimmt und schmerzt; der Tumor enorm gross, derb, unverschieblich auf
der Unterlage, die Haut dünn, von ektatischen Venen durchzogen; keine
Drüsen.
Nervenbefund: Typischer Gang wie bei spastischer Paraplegie; in
Rückenlage kann Pat. die Beine nur wenige cm hoch heben; aktive
Flexion im Kniegelenk fast unmöglich. Patellar-, Achilles- und Plantar¬
reflex gesteigert; die Erscheinungen sind links deutlicher als rechts;
Hypasthesie; das linke Bein in seinem Umfange geringer als das rechte.
Somatischer Befund normal; leichte Harnretention. Unter hohem Fieber,
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Harnretention, Incontinentia alvi, Decubitus etc. Exitus. Temperatur
vor dem Tod 42,2 °. Autopsie: Multiple Angiome der Leber, Milz, linken
Tube, der linken Mamma, im Gewebe um diese, im Mediastinum in der
Fettkapsel der Niere.
Ausserdem aber in der oberen Brustregion des Wirbelkanales ein
angiomatöser Tumor, zwischen knöchernem Wirbelkanal und Dura mater,
mit dieser verwachsen, gelegen; ein anderer Tumor zwischen Dura mater
und Rückenmark, von diesem durch die Pia getrennt; dieser kompri¬
miert das Rückenmark, ist nicht adhärent an dasselbe und hat rein
sarkomatösen (ohne Angiom) Aufbau. R. Paschkis (Wien).
Ueber Lumbalpunktionen bei Eklampsie. Von Thies. Centralblatt
für Gynäkol., 1906, No. 23.
Verf. machte bei 17 Eklamptischen (2 Fälle scheiden aus) die
Lumbalpunktion, doch war der Erfolg nicht der erhoffte. In 7 Fällen
setzten die Anfälle vorübergehend längere Zeit aus, 1 mal hörten sie
sogar ganz auf. In den übrigen 7 Fällen dauerten die Anfälle jedoch
unvermindert an Zahl und Stärke fort.
In der Funktion der Nieren trat ebensowenig eine erhebliche
Besserung ein, in den meisten Fällen eher eine Verschlimmerung. Bei
3 Patientinnen zeigte sich eine Veränderung in der Atmung und der
Frequenz des Pulses und diese 3 kamen bald darauf ad exitum. Der
Druck im Lumbalkanal war bei allen Eklamptischen z. T. sogar sehr
stark erhöht. W i e m e r (Aachen).
Bericht über weitere 200 Fälle von Lumbalanästhesie mit Tropa¬
kokain. Von Peter Defranceschi. Wiener med. Presse, 1906,
No. 41.
Die Erfahrungen des Verf. gipfeln darin, dass das Tropakokain sich
ihm als vorzügliches Mittel zur Anästhesie bewährt hat. Er hat nur
in drei Fällen Kopfschmerzen beobachtet, in einem Falle versagte die
Lumbalanästhesie. Die geringste verwendete Tropakokainmenge betrug
7 cg, die Durchschnittsmenge jedoch 15 cg. Es wurde die Lumbal¬
anästhesie auch bei 22 Kindern mit gutem Erfolge ausgeführt. Die
Anästhesie tritt durchschnittlich 10 Minuten nach der Injektion ein,
selten etwas später, und dauert so lange, dass Hernipnoperationen aus¬
nahmslos bei vollkommener Schmerzlosigkeit ausgeführt werden können;
bei 1%—2 Stunden dauernden Mastdarmkrebsoperationen stellten sich
gegen das Ende zu Schmerzen ein, welche jedoch selten das Einleiten
der Narkose erforderten. Wenn die Schmerzhaftigkeit zu früh eintritt,
kann man eine zweite Injektion machen; Verf. schreckt auch vor einer
Gesamtdosis von 22 cg nicht zurück. Von Beckenhochlagerung bei der
Lumbalanästhesie hat er keinen Vorteil gesehen.
Fr. Hajda (Wien).
Erfahrungen über Lumbalanästhesie mit Stovain und Novokain mit
besonderer Berücksichtigung der Neben- und Nachwirkungen.
Von Hein eke und Läwen. v. Bruns’ Beitr. z. klin. Chir., 1906, L, 2.
Die Erfahrungen mit der Novokain-Lumbalanästhesie sind weniger
günstig, als der Anfang erwarten liess. In der Operation traten mehr¬
mals unangenehme Nebenerscheinungen bis zum schweren Collaps auf;
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155
auch nach der Operation zeigten sich unangenehme Nachwirkungen. Bei
Anwendung von Stovain betrafen, ebenso wie bei Novokain, die Neben-
und Nachwirkungen etwa die Hälfte der Fälle. Die unangenehmen Er¬
scheinungen werden nicht dadurch beeinflusst, dass man bei der Injektion
mehr oder weniger Liquor abfliessen lässt. Von Novokain wurden 0,05—0,18,
von Stovain 0,03—0,08g unter Zusatz von Adrenalin oder Suprarenin injiziert.
Die Konzentration und das Präparat — die Novokainlösung wurde fast
immer vom Verf. selbst hergestellt — hatten auf die Begleit- und Folgeerschei¬
nungen keinen Einfluss. Das sofortige Hochlagern des Beckens nach der
Injektion scheint den Eintritt der Intoxikationserscheinungen zu begünstigen,
wurde deshalb nur angewandt, wenn nach einigen Minuten die Anästhesie
nicht hoch genug stieg. Die allgemeinen Giftwirkungen unmittelbar nach
dtr Injektion zeigten sich namentlich als Uebelkeit und Erbrechen und
in Erscheinungen von Herzschwäche, wie kleinem Puls, Blässe, kaltem
Schweks, Angstgefühl, Bewusstlosigkeit, Amaurose, sogar sehr schweren
Formen von Collaps. Unter den Nacherscheinungen standen weitaus im
Vordergrund die Kopfschmerzen, in zweiter Linie Schmerzen im Kreuz
und im Verlauf der Wirbelsäule, meist am stärsten im Nacken; Er¬
brechen spielte keine grosse Bolle. Die Nebenwirkungen nach Novokain-
aaästhesie waren etwa so häufig wie nach Stovain, sowohl die
leichten, als auch die schweren. Die üblen Nachwirkungen sind bei beiden
Anästheticis etwa gleich häufig aber beim Novokain viel stärker; das
gilt namentlich vom Kopfschmerz, der nach Novokain mehrere Tage lang
sehr heftig bestehen kann. Also das Stovain ist dem Novokain in jeder
Beziehung als Lumbalanästheticum vorzuziehen, wie die Erfahrung an
400 Fällen gezeigt hat. Auch das Alypin gab schlechtere Resultate als
das Stovain. Die Konzentration der Lösungen, das Nebennierenpräparat
und seine Menge hatten keinen Einfluss auf die Resultate. Die Resul¬
tate mit Tabletten von Novokain mit Suprarenin, die nach Braun’s
Angabe 3 mal 1 Stunde lang auf 70° erhitzt werden und dann in Cere¬
brospinalflüssigkeit gelöst werden, waren schlecht. Es trat sehr schnell
Anästhesie ein, aber es kam bald zu sehr bedenklichem Collaps. Jeden¬
falls war das Nebennierenpräparat zum Teil durch die Sterilisation zer¬
stört worden, wofür auch das schnelle Eintreten der Anästhesie spricht.
Aehnliche Erscheinungen, wenn auch nicht so schwer, zeigten Stovain-
lösungen. die erst nach Zusatz des Nebennierenpräparates sterilisiert
waren. Klink (Berlin).
L'anesthesie a la stovaine lombaire. Statistique de Fannie 1905.
Vod Chaput. Bull, et möm. de la Soc. de Chir. de # Paris. Seance
de 31. I. 1906.
Vortr. kommt zu folgenden Schlüssen (auf Grund von 309 Fällen):
1. Es ist eine wunderbare Methode, die bei Operationen an den
unteren Extremitäten, am Perineum, Genitale, bei Hernien, Colostomie,
Appendicitis anwendbar ist.
2. Mittelmäßige Erfolge bei Alkoholikern, Nervösen, jungen Frauen
und schmerzhaften Erkrankungen. Gefährlich bei stark kachektischen
Leuten.
3. Keine momentane Unannehmlichkeit.
4. Nachher Kopfschmerz, der leicht nach Entnahme von etwas
Jjiquor cerebrospinalis schwindet. R. Paschkis (Wien).
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B. Darm.
lieber Hofrat Nothnagel’s zweite Hypothese der Darmkolikschmerseo.
Von Lennander. Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin
und Chirurgie, Bd. XVI, 1, Heft.
Nothnagel fasst seine Lehre von der Kolik in nachstehenden
Sätzen zusammen: Die uralte Bezeichnung Kolik kann und muss als
eine bezüglich ihrer Pathogenese und meist auch ihres klinischen Bildes
besondere Art des Darmschmerzes festgehalten werden. Der Schmerz
entsteht im Darm selbst. Bei seiner Entstehung ist als primärer Faktor
eine tetanische Kontraktion der Darmmuskulatur wirksam. Dieser Te¬
tanus führt zu einer Ischämie resp. Anämie der Darmwand. Die Anämie
bildet den adäquaten Beiz, durch welchen die für äussere (mechanische,
thermische) Beize unerregbaren sensiblen Nerven des Darmes in Erregung
versetzt und damit die Schmerzanfälle ausgelöst werden.
Verf. hat in zahlreichen Fällen bei chirurgischen Operationen beim
Anlegen eines Anus praeternaturalis usw. die Darmwand (Dickdarm und
Dünndarm) sowohl durch konstanten als auch durch faradischen Strom ge¬
reizt, ohne irgend welche Schmerzempfindung beim Patienten auslösen
zu können, nicht einmal dann, wenn die Darmmuskulatur durch das
Beizmittel in eine tetanische Kontraktion versetzt und die Darmwand
gleichzeitig durch Anämie blass (weissgelb) wird.
H. Baubitschek (Wien).
Zur Pathogenese der Kolikschmerzen. Von Wilms. Mitteilungen
aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, Bd. XVI, 4./5. Heft,
1906.
Nach der Ansicht des Verf. entsteht der typische Kolikschmerz
durch Zerrung des Mesenteriums. Diese Zerrung muss zustande kommen,
wenn sich eine grössere Darmstrecke gleichzeitig kontrahiert und in
ihrem Bestreben, sich aufzurichten und sich geradezustellen, durch das
eventuell zu kurze Mesenterium daran gehindert wird. Durch eine
blosse Dehnung des Dickdarmes kann keine Kolik entstehen, ebenso
kann eine Verschiebung des parietalen Peritoneums durch den gesteiften
Darm kaum in Frage kommen. Ebenso erklärt Verf. die Gallenstein¬
kolik hauptsächlich durch Dehnung der Gallenblase bei Cystikusverschluss,
Kontraktionen ihrer Wand und damit Zerrung der die Gänge umgeben¬
den Nerven. Baubitschek (Wien).
Ueber epityphlitisähnüche Krankheitsbilder ohne nachweisbare
krankhafte Veränderungen der Baachorgane. Von Küttner.
v. Bruns’ Beitr. z. klin. Chir., 1906, LI, 1.
Zur Feststellung der normalen Beschaffenheit des Wurmfortsatzes
genügt nicht die makroskopische Untersuchung, dazu ist die mikro¬
skopische Untersuchung zahlreicher Schnitte nötig. Andererseits können
auch sehr schwere Veränderungen des Wurmfortsatzes auffallend voll¬
kommen zurückgehen. Von einer Fehldiagnose, einer „Pseudoappen-
dicitis u , darf man deshalb nur reden: 1. wenn wir bei chronischen,
zur Zeit der Operation noch bestehenden Beschwerden einen voll¬
kommen, auch histologisch, normalen Wurmfortsatz finden und mecha¬
nische Verhältnisse die Störungen nicht erklären; 2. wenn wir Lm
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Anfalle operieren und der exstirpierte Wurmfortsatz sich unverändert
erweist. Die chronischen oder chronisch recidivierenden Schmerzen der
Blindd&rmgegend ohne bestimmte Organveränderungen sind z. T. sicher
wurastheniscber Natur. Die Blinddarmentzündung ist nicht häufiger
geworden als früher, sondern sie wird häufiger erkannt. (Wenn auch
K. mit dieser Behauptung nicht allein steht, so dürfte sie doch wohl nicht
gaa* richtig sein.) Bei Pseudoperityphlitikem, d. h. bei nervöser Natur
der Beschwerden, bleiben letztere auch nach der Operation meistens be¬
stehen. Eine Epityphlitis kann vorgetäuscht werden durch Spasmen der
onteren Dickdarmabschnitte, bei chronischer Obstipation, bei Lageanomalie
der Genitalien, bei Prostatavergrösserung, da das Coecum dabei nicht
selten gebläht ist. Auch Arteriosklerose kann sehr heftige Bauch¬
schmerzen hervorrufen, doch dauern diese Paroxysmen nur wenige
Minnten. Ferner können Neuralgien und Neuritiden, besonders nach
Infektionskrankheiten, Epityphlitis Vortäuschen. Auch mechanische, mit der
Lage und Lageveränderung von Coecum und Appendix zusammenhängende
Momente können epityphlitische Beschwerden verursachen. Das Coecum
sdbst ist häufiger, als man glaubt, der Sitz mechanisch bedingter Be¬
schwerden. Eine Epityphlitis kann ferner durch eine rechtsseitige
Pneumonie infolge falscher Lokalisation des Schmerzes vorgetäuscht werden.
Auch beim akuten Gelenkrheumatismus kann das Bild der akuten Epi-
typhlitis entstehen, wohl durch eine Neuritis. Der Wurmfortsatz ist
durchaus kein überflüssiges Organ, sondern er ist ein lymphoides Organ,
das ein Filter und eine Immanisierongsstelle für die Bakterien des Darmes
darstellt. Klink (Berlin).
HI. Bücherbesprechungen.
Dm Geschwüre und die erworbenen Fisteln des Hagen-Darmkanales.
Von ViktorLieblein und HeinrichHilgenreiner. Deutsche
Chirurgie. Lieferung 46 e. Stuttgart, F. Enke, 1905. Mit 623 Seiten,
4 Tafeln und 47 Textabbildungen.
Diese monographische Bearbeitung muss als recht gelungen bezeichnet
werden. Sie berücksichtigt in gleicher Weise das klinische Bild, wie
die Prognose bei innerer und bei chirurgischer Behandlung, wie letztere
selbst.
Der erste Abschnitt (Lieblein) behandelt das peptische Magen¬
geschwür, dessen Folgezustände und einige in die Grenzgebiete fallende
Magenerkrankungen.
Für viele Fädle von peptischem Magenulcus sind Gefässerkrankungen,
Veränderungen des Blutes und der Hyperacidität in erster Linie für die
E&tatehung der Erkrankung verantwortlich zu machen. — Diagnose,
Biferentialdiagnose, die Komplikationen des Ulcus werden eingehend er¬
örtert. — Bezüglich postoperativer Magenblutungen nimmt Autor an,
dass ein embolischer Ursprung sowohl durch bakteritische Infektion
(Engelhardt-Neck) als auch durch nicht infektive Thrombosen resp.
Embolien (Hoffmann) möglich sei.
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Die unterscheidenden Merkmale zwischen XJlcusperforation und
Perityphlitis perforativa lassen oft im Stiche, wenn man nicht die Fälle
im Beginne der Erkrankung sieht. Autor zählt die wichtigsten diffe¬
rentialdiagnostischen Momente auf. (Sogar diese lassen oft im Beginne
des Leidens in Stich. Anm. des Bef.)
Bezüglich der Indikationsstellung zum chirurgischen Eingriffe bei
Ulcus ventriculi schliesst sich Autor den bekannten Indikationen Laube’s
und v. Mikulicz’ an. Die akuten Magenblutungen sind nach Ansicht
des Verf. keine Kontraindikation gegen operative Eingriffe, jedoch dürfte
in solchen Fällen die Durchführung einer Gastroenterostomie als der
einfachsten Operation genügen.
Bei Tetanie infolge von Gastrektasien dürfte es sich empfehlen,
erst nach dem Anfalle zu operieren. (Bei dieser IndikationssteQung
dürfte man aber bisweilen mit der Operation zu spät kommen. Anm.
des Bef.)
In eigenen umfangreichen Kapiteln sind der Sanduhrmagen, Diver¬
tikel des Magens, der subphrenische Abscess, die Gastritis phlegmonosa,
die Perigastritis und der Ulcustumor, die narbige Pylorusstenose be¬
handelt.
Die atonische Dilatation des Magens wird kürzer erörtert. Autor
ist mit Becht bei dieser Magenerkrankung in der Indikationsstellung
äusserst zurückhaltend (bei völligem Versagen der inneren Therapie ist
der Eingriff gerechtfertigt, bisweilen auch als Probelaparotomie).
Autor ist der wohl nur zu billigenden Ansicht, dass in Hinkunft
mit der Indikationsstellung zur Gastroenterostomie in denjenigen Fällen
zurückhaltender vorgegangen werden müsse, in welchen die Symptome
einer organischen Pylorusstenose fehlen, da die Gefahr eines Ulcus pepti-
cum jejuni bestehe.
In einem besonderen Abschnitte ist das von Quenu-Duval be¬
schriebene Ulcus simplex des Dickdarmes abgehandelt.
Bei Colitis ulcerosa sollte, wenn Operation erforderlich wird, am
ehesten eine linksseitige Colostomie oder eine Cöcalfistel angelegt werden.
Der dritte Hauptabschnitt handelt von den erworbenen Fisteln des
Magen-Darmkanales. Die ausserordentliche Mannigfaltigkeit dieser Fisteln
wird eingehender geschildert. Eine interessante Tabelle (am Schlüsse
des Werkes) zeigt das Häufigkeitsverhältnis der einzelnen Fistelgruppen.
Als weitaus häufigste unter allen Fisteln des Magens und des Darmes
figuriert die äussere Darmfistel; dieselbe gelangt weit häufiger zur Be¬
obachtung als alle anderen Fisteln des Magen-Darmkanales zusammen -
genommen. Hermann Schlesinger (Wien).
Lectureg of tropical dige&ses (Being the Lane Lectures for 1905,
deüvered at the Cooper mödical College, San Francisco U. S. A).
P. Manson.
Das Werk stellt ein Handbuch der Tropenkrankheiten dar und bringt
die in neuerer Zeit betreffs der Diagnose und Therapie derselben ge¬
machten Fortschritte.
Die Beschreibung der in Frage kommenden Mikroorganismen ist
sehr ausführlich. Beichliche schöne Abbildungen.
Schrumpf (Strassburg).
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Centribution & l’ötude de la dilatation bronchique congenitale.
Von Rene Appel. Thöee de Paris, 1904, 6. Steinheil.
A. bespricht nnter Zugrundelegung eines von Couvelaire 1903
bereits beschriebenen Falles und an der Hand der teilweise ausführlich
wiedergegebenen Literatur die angeborenen Bronchiektasieen. Er führt
ae auf Anomalien der Entwicklung der verschiedenen Bestandteile der
Longe zurück. Entweder gehen die betreffenden Individuen schon kurze
Zeit nach der Geburt zugrunde — der eigene Fall des Verfassers starb
6 Tage alt unter Erscheinungen stärkster Cyanose, nachdem er 5 Tage
vollkommen gesund schien — oder sie erreichen bei kleinerer Ausdehnung
der Defektbildung auch ein hohes Alter.
Les flbromes de rutörns sous-päritonöaux, ä pödicule tordu au
cour8 et en dehors de la grossesse. Par M. L. Berniolle.
These de Paris. G. Steinheil, 1906.
Das Vorkommen von Stieldrehung bei subserösen Uterusfibromen
ist ein so ausserordentlich seltenes Ereignis, dass der Autor aus der
ganzen Literatur nicht mehr als 32 Fälle zusammenzubringen in der
Lage war, bei 6 davon war Schwangerschaft vorhanden.
An die Beschreibung dieser Fälle schliesst B. eine kurze Besprechung,
welche sich auf die Anatomie, Symptomatologie, Diagnose, Prognose und
Therapie der Erkrankung erstreckt.
Der Stiel ist im allgemeinen kurz und dick, seine Insertion be¬
findet sich am Uterusfundus und die Drehung hat durchwegs im Sinne
des Uhrzeigers stattgefunden. Von anatomischen Veränderungen findet
ach hauptsächlich eine Thrombose der Venen des Stiels. In der Ge¬
schwulst selbst hat die Drehung in der Regel eine Erweichung zur Folge,
an der Oberfläche kamen Verwachsungen mit Nachbarorganen zustande.
Die klinische Beobachtung der Stieldrehung zeigt 3 Varietäten:
eine rasche, eine langsame, eine etappenweise Drehung mit Ruhepausen.
Im Verlaufe der Schwangerschaft findet man die Stieldrehung bei alten
Erstgeschwängerten im 2. bis 6. Schwangerschaftsmonat, ihr Auftreten
ist ein allmähliches. Das Hartwerden der Geschwulst gelegentlich einer
Wehe ist ein brauchbares differentialdiagnostisches Moment gegenüber
einer Cyste. Die Schwierigkeit der operativen Entfernung ist durch die
bedeutende Gefässvermehrung im Uterus erhöht. Zum Zwecke der Ver¬
hinderung einer Fehl- oder Frühgeburt empfiehlt Pinard die Verab¬
reichung von Morphininjektionen durch mehrere Tage.
Die Diagnose macht Schwierigkeiten, wird jedoch erleichtert, wenn
sich zu den Allgemeinerscheinungen die Symptomentrias: weiche Be¬
schaffenheit der Geschwulst, stärkeres oder schwächeres Fixiertsein der¬
selben, ihre Annäherung an die Medianebene, hinzugesellt.
Die Prognose ist im allgemeinen günstig, wenn beizeiten einge¬
schritten wird.
Die zweckmässige Behandlung ist die Myomektomie, wenn der
Uterus selbst Geschwülste enthält oder eine Achsendrehung erfahren hat,
die Hysterektomie. Dr. Rudolf Pollak (Prag).
Mitteilungen ans Finsen’s Medicinska Lysinstitnt in Kopenhagen.
10. Heft. Fischer, Jena, 1906.
Auch dieses Heft enthält eine Reihe von wertvollen Arbeiten, die
mit aller Sorgfalt behandelt sind. So berichten: G. Busck über die
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Komponenten mehrerer farbiger Lichtfilter, die zum Teil Farben¬
mischungen enthalten; derselbe Autor über die versehiedene Empfindlich¬
keit der einzelnen Hautregionen und für Licht (photochemische Haut-
reaktion); H. Mygind über Häufigkeit, Ausgangspunkte und Lokali¬
sation des Lupus cavi nasi; K. Lundsgaard über Lichtbehandlung
des Lupus conjunctivae; A. Heyn über Apparate und Methoden der
Lichtbehandlung überhaupt.
Diese „ Mitteilungen u werden nicht weitergeführt, vielmehr sollen
von nun an die aus dem Institut hervorgehenden Arbeiten an einige
Fachzeitschriften verteilt werden. Kienböck (Wien).
Inhalt.
I. Sammel-Referate.
Pollak, R., Scarlatina pucrperalis (Fort¬
setzung), p. 291—138.
Schirmer, K. H., Die Röntgenbehand¬
lung der malignen Tumoren (Fort¬
setzung), p. 139—148.
II. Referate.
A. Rückenmark.
K r a u s s, W. C., A case of Brown-S6quards
paralysis, due to a fall upon the head;
Operation; autopsy, p. 149.
Routier, Coup de couteau, plaie de la
moelle, p. 150.
Oppenheim, H., Zur Symptomatologie
und Therapie der sich im Umkreise des
Rückenmarkes entwickelnden Neubil¬
dungen, p. 150.
Schule, Zur Kasuistik der Rückenmarks¬
tumoren, p. 153.
Devic und To Ist, Un cas d’angiosar-
come des meninges de la moelle chez
un sujet porteur d’angiomes multiples,
P; * 53 -
T h i e s, Ueber Lumbalpunktionen bei
Eklampsie, p. 154.
Defranceschi, P., Bericht über weitere
200 Fälle von Lumbalanästhesie mit
Tropakokain, p. 154.
H e i n e k e und L ä w e n, Erfahrungen Über
Lumbalanästhesie mit Stovain und Novo¬
kain mit besonderer Berücksichtigung
der Neben- und Nachwirkungen, p. 154.
C h a p u t, L’anesth&ie k la stovaine lom-
baire. Statistique de l'annle 1905, p. 155.
B. Darm.
Lennander, Ueber Hofrat Nothnagel’«
zweite Hypothese der Darmkolikschmer¬
zen, p. 156.
Wilms, Zur Pathogenese der Kolik¬
schmerzen, p. 156.
K ü 11 n e r, Ueber epityphlitisäbnliche
Krankheitsbilder ohne nachweisbare
krankhafte Veränderungen der Banch-
organe, p. 156.
UI. Bücherbesprechungen.
Lieblein, V. und Hilgenreiner, H.,
Die Geschwüre und die erworbenen
Fisteln des Magen-Darmkanales, p. 157.
Manson, P., Lectures of tropica! dise¬
ases, p. 158.
Appel, R., Contribution ä l’etude de la
dilatation bronchique congenitale, p. 159.
Berniolle, M. L., Lcs fibromes de
l’utdrus sous-periton^aux, k pedicule
tordu au cours et en dehors de la
grossesse, p. 159.
Mitteilungen aus Finsen's Medicinska
Lysinstitut in Kopenhagen, p. 159.
Um Einsendung von Monographien und Bfiehern an den Redakteur Professor
Dr. HERMANN SCHLESINGER» Wien, I, Ebendorferstrasse 10» wird gebeten*
Man bittet, redaktionelle Zuschriften mit dem Adreasensusati „Für die Redaktion 4e
Centralblattes für die Grenzgebiete“ versehen zu wollen.
Lippert 6 Co. (G. Pätz’sche Buchdr.), Naumburg a. S.
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CENTRALBLATT
für die
Grenzgebiete der Medizin u. Chirurgie.
Heraosgegeben von
Dr. Hermann Schlesinger,
Professor an der Universität Wien.
Verlag von GUSTAV FISCHES in Jen*.
X. Band.
Jena, 21. März 1907.
Nr. 5.
Dm Centralblatt für die Grenzgebiete der Medizin und Chirurgie erscheint in
zwanglosen Heften im Umfange von etwa 3 Druckbogen, die zu einem Bande
vereinigt werden, dessen Umtang 60 Druckbogen betragen wird. Das Abonne¬
ment für das Centralblatt kostet 24 Mark für den Band. — Die Abnehmer
der Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, herausgegeben
von A. von Eiseltberg und B. Naunyn, erhalten das Centralblatt
zum Vorzugspreise von 20 Mark.
L Sammel-Referate.
Scarlatina puerperalis.
Von Dr. Rudolf Pollak.
(Sohluss.)
Literatur.
123) Sinclair a. Johnston, Practical midwifery. London 1858. Cit. n.
Olshausen.
124) Sippel, A., Ein Fall von Scharlach nach Laparotomie. Nebst Bemerkungen
zum puerperalen Scharlach. Centr. f. Gyn. 1898, 44.
125) Siredey, Les maladies puerperales. Paris 1884. Cit. n. Meyer.
1261 Smith, Tyler, Transact. Obst. Soc. London. Vol. III. Cit n. Meyer.
127) Sörensen, S. T., Ueber Scharlachdiphtheritis. Zeitschr. f. klm. Med.
1891. Bd. XIX.
128> Spiegelberg, Otto, Lehrb. d. Geb. Jahr 1882.
129) Squire, Transact Obst Soc. London. Vol. XVII.
130) Stadfeldt, Les matemites, leur Organisation et administration. Copen-
hague 1876. Cit n. Meyer.
131} Stanley, W., Brit med. journ. 1874. Cit. n. Baginsky.
132) Stone, W., Ueber Puerperalscharlach. Brit. m. j. 1878. Ref. in Centr.
f. Gyn. 1879.
133I Sykes, Scharlach im Puerperium. Brit m. j. 1881. Cit. n. Fellner.
134) Tann er, The signs and diseases of pregnancy. London 1867. Cit n.
Olshausen.
135) Tarnier-Budin, Traite de l’art des accouchements. Cit n. Meyer.
136) Tempel, Geb. Ges. Hamburg 1886. Ref. in Centr. f. Gyn. 1887, 3.
137) Tilt, Transact. Obst Soc. London, Vol. XVII.
138) Thomas, Scharlach. Aus Ziemssen’s Handbuch II, 2.
139 ) de Torndry, M. et M. Durand, La rougeole et la scarlatine dans la
grossesse et les suites de coucbes. Paris. Bailli£re et fils. 1891. Ref. in Centr. f.
Gyn. 1892, 13.
140) Tourtual, Hufelands Journal 1826. Cit n. Olshausen.
Centralblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 11
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141) Verbüke, E., Erythemes scarlatiformes dans les suites des couches. Lille
1898. Cit. n. Fellner.
142) Walker, Ch., Scharlach bei einer Schwangerschaft. Brit. m. j. Cit. o.
Fellner.
143I West, TransacL Obst. Soc. London. Vol. XVII.
144) Williams, D. M., Brit. med. journ. 1875. Cit. n. Baginsky.
145) Williams, Wynn., Transact. Obst. Soc. London. Vol. XII.
146) Ders., Ebenda. Vol. XVII.
147) Ders., Ebenda. Vol. XXX.
148) Winkel, Pathologie und Therapie des Wochenbetts. Berlin 1869.
Fehling lehrt: In leichteren Fällen von Scharlach ist der
Lochialfluss ungestört, zuweilen, wie auch sonst bei accidentellen
fieberhaften Erkrankungen im Wochenbette, leicht übelriechend, bei
schweren, hoch fieberhaften Erkrankungen tritt er oft an Menge
auffallend zurück. Die Milchsekretion ist eher gestört; bei leichten
Scharlacherkrankungen, die in 2—3 Tagen vorüber sind, wird natür¬
lich die Milchsekretion nicht leiden, während jeder längere oder
fieberhafte Prozess die Sekretion stört.
Nach Kaltenbach kann der Lochialfluss normal sein oder
die der diphtheritischen Endokolpitis oder Endometritis eigentüm¬
liche Beschaffenheit darbieten. Meistens ist er, ebenso wie die Milch¬
sekretion, infolge des hohen Fiebers von geringer Menge.
Von grosser Bedeutung ist das Vorhandensein von komplizieren¬
den Genitalaffektionen. Bei den älteren Schriftstellern findet
sich zwar erwähnt, dass der Uterus tagelang etwas empfindlicher
gewesen sei, doch wurden in den Sektionsfällen vonMalfatti Peri¬
toneum und Uterussubstanz immer gesund gefunden, nur in einigen
Fällen war eine Gangrän des Endometriums vorhanden, die Ols-
hausen für eine Folge der scarlatinösen Blutvergiftung erklärt.
Senn und Dance geben an, dass Uterus und Peritoneum nahezu
immer gesund geblieben seien. In einem der von Schneider be¬
schriebenen Fälle fand sich Nekrose der Uterusscbleimhaut, sonst die
Genitalorgane und das Peritoneum gesund. In einem Falle von
Winkel war ein parametranes Exsudat, in einem Falle von Gue-
niot, in 2 Fällen von Mac Clintock Peritonitis, in 2 Fällen
desselben Autors Metrophlebitis, in einem Falle von Lange Para-
metritis, in je einem Falle von Schneider und Her vieux puer¬
perale Geschwüre; in 1 Falle von Guöniot war Lymphangoitis Uteri,
in keinem der Fälle von Olshausen eine Genitalaffektion vorhanden.
Aus diesen bis 1876 bekannt gewordenen Fällen hat Olshausen
den Schluss gezogen, dass beim Scharlach der Wöchnerinnen Er¬
krankungen der Genitalorgane zu fehlen pflegen. Er hat Gusserow
gegenüber, der in seinem englischen Reiseberichte geschrieben hatte,
dass in den Fällen von Halahan zumeist Metritis und Peritonitis
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bestanden batte, ans der Originalarbeit dieses englischen Autors an¬
geführt, dass nur in 4 seiner Fälle von komplizierender Metritis die
Bede gewesen und auch da nur gesagt sei, dass der Uterus empfind¬
lich war. Hervieux hat die Genitalkomplikationen für schwere und
nicht seltene gehalten und A. Martin bat sich ihm in dieser An¬
schauung angeschlossen. Konnte er doch in allen seinen Fällen
nekrotische Prozesse auf der Innenfläche des Genitalapparates be¬
obachten, welche zum Teile unter dem Einflüsse der Scarlatina, zum
Teile bereits vor dem Ausbruche derselben entstanden waren. In
allen Fällen von Lieb mann waren Genitalaffektionen vorhanden;
er stimmt mit Olshausen darin überein, dass die vorübergehende
Empfindlichkeit der Gebärmutter nur eine Folge des Fiebers sei und
dass manche Lokalaffektion eine zufällige Komplikation des Schar¬
lachs sein könne; aber er bestreitet Olshausen’s Behauptung,
dass die Affektionen selten seien und dass ihr Vorhandensein immer
als ein zufälliges betrachtet werden müsse.
Meyer zieht aus den an seinen Fällen gemachten Erfahrungen
den Schluss, dass die Krankheit ganz ohne Komplikation von seiten
der Genitalien verlaufen kann, aber auch, dass diese häufig auf-
treten, und dass besondere Neigung zum Auftreten diphtheroider
Beläge besteht.
Nach Clemens kommt es oft ohne bekannte Veranlassung zu
Peritonitis, Splenitis oder Hydrops.
Nach den Erfahrungen von Fehling ergeben die Obduktions¬
befunde selten die Komplikation mit Befunden septischer Erkran¬
kungen, von diesen namentlich Parametritis und Endometritis puer-
peraüs, seltener Peritonitis; wie es scheint, kommt die puerperale
Pyimie im Gefolge der Scharlacherkrankung sehr selten vor.
Nach Fellner wiederum sind die Genitalien stärker betroffen.
Relativ wenig ist in der Literatur der Scarlatina puerperalis
von den bei gewöhnlichem Scharlach so häufigen Nierenkompli¬
kationen die Bede. In der Kasuistik findet sich hei einzelnen
Fällen die Bemerkung, dass Eiweiss im Harne vorhanden gewesen
sei, so in einem Falle von Schneider, in einem von Olshausen,
in je 2 von Martin und Liebmann, in 1 Falle von Grenser,
in 9 Fällen von Meyer, in dem Falle von Fiessinger. Ferner
findet man bei einigen Autoren unter den Symptomen die Nephritis
erwähnt, so bei Fellner und bei Fehling. Der letztgenannte
Autor sagt darüber: Auf die Komplikation mit Nierenerkrankungen
ist nicht immer geachtet worden, sie kommt etwa in der Hälfte der
Falle vor. Bei den mit Sepsis gemischten Fällen ist das Vorkommen
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tod Eiweias und Zylindern ohnehin nichts für Scharlach Charakte¬
ristisches, da dieses Symptom ja auch bei schwerer puerperaler
Sepsis sich zeigt.
Noch seltener geschieht einer Komplikation Erwähnung, die
sonst beim Scharlach öfter beobachtet wird, des Gelenksrheumatismus.
Grenser hat ihn in einem Falle genau beobachtet und ausführ¬
lich beschrieben und bei Meyer komplizierte er in 10 Fällen den
Krankheitsverlauf.
Dasselbe gilt von einer anderen Erscheinung, die für den
Scharlach charakteristisch ist, nämlich von der Abschuppung.
Einzelne Autoren erwähnen sie gelegentlich der Schilderung des
Krankheitsverlaufes, so Liebmann, Olshausen, Schramm,
Grenser, Clemens, Krönig. Bei Hervieux findet sich die
Bemerkung, dass die Abschuppung selten so merkbar auftritt wie
unter nichtpuerperalen Verhältnissen. Nur von einem einzigen Autor
ist der Desquamation eine längere Auseinandersetzung gewidmet, und
zwar von Charles. Dieser spricht ausführlicher darüber gelegent¬
lich der Darstellung des Wiederauftauchens einer scheinbar er¬
loschenen Epidemie in der Lütticher Entbindungsanstalt Es stellte
sich heraus, dass die Epidermisschuppen der Institutshebamme und
einer Schülerin, die scharlachkrank gewesen waren, die Uebertragung
der Eirankheit vermittelt hatten.
Aus der Kasuistik und aus der Mehrzahl der Arbeiten geht
hervor, dass der Verlauf der Krankheit meist ein langwieriger ist,
dass die Bekonvalescenz, wenn es zur Heilung kommt, eine ver¬
zögerte ist Winkel hat zuerst darauf aufmerksam gemacht,
Clemens, Meyer, Gocht haben ebenfalls diese Erfahrung er¬
wähnt, ebenso bestätigt sie P. Müller.
* *
*
Die von den einzelnen Autoren gemachten voneinander diffe¬
rierenden Erfahrungen machen es begreiflich, dass die Prognose
des Scharlachs im Wochenbette eine durchaus verschiedene Beur¬
teilung erfahren hat. Nach Clemens ist sie immer bedenken-
erregend. Heftiges Fieber und intensive Bötung sind an sich keine
schlimmen Symptome, wohl aber Kopfschmerz während der Blüte
des Exanthems und Peritonitis und Pleuritis nach dem Verschwinden
desselben.
A. Martin meint, es dürfe nicht auffallen, dass die Prognose
der Scarlatina in puerperio eine so ungünstige ist. Eine Zusammen¬
stellung der ihm zugänglichen Fälle hat eine Sterblichkeit von 45 •/,
ergeben. Diese erschreckende Zahl werde dadurch erklärlich, dass
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eistens ja Erwachsene stets am Scharlach schwerer erkranken als
jugendliche Individuen. Dann aber zeichne sich gerade der Scharlach
durch grosse Neigung zu nekrobiotischen Schleimhauterkrankungen aus.
Für diese sei unzweifelhaft der Uterus puerperalis ein wohl dispo-
niertes Feld. Wie leicht werden nicht vom Endometrium aus die
tiefer liegenden Teile und dann der ganze Organismus in Mitleiden¬
schaft gezogen. Für die Prognose scheint es ihm entscheidend zu
seio, ob die Genitalien erkranken oder nicht; im letzteren Falle ist
der Verlauf ein durchaus günstiger, im enteren bis auf eine kleine
Prozentzahl ungünstig.
Nach Olshausen ist der Verlauf der Krankheit im Wochenbette
wie auch ausserhalb desselben bald ganz leicht, bald äussent schwer
and selbst in den enten 48 Stunden tötend. In den verschiedenen
Epidemien sowie in den sporadischen Fällen sei die Sterblichkeit
eine ganz verschiedene gewesen. Während Hervieux von zahl*
reichen Fällen nie einen Todesfall beobachtete, Browns von 9 Fällen
einer Epidemie ebenfalls keinen sterben sab, hatte Mc. Glintock
unter 34 Fällen 10, Halahan von 25 Fällen 19, Denham unter
8 Fällen 7 Tote. Im ganzen stelle sich die Sterblichkeit als eine
hohe heraus, sie betrage etwa 48 %• Wenn auch die Gefährlichkeit
der Fälle wesentlich durch den Charakter der Epidemie und die
verschiedene Bösartigkeit des Giftes bedingt sei, so scheine ihm die
Zeit des Erscheinens insofern von entscheidendem Einflüsse zu sein,
als der Prozentsatz der Todesfälle um so grösser sei, je früher
post partum die Scarlatina erscheine. Von den Symptomen scheine
der Diarrhöe eine besondere prognostische Bedeutung zuzukommen;
denn von 38 Fällen, bei welchen Diarrhöe nicht als vorhanden er¬
wähnt ist, starben 12, von 21 mit Diarrhöe starben 16. Olshausen
glaubt, dass Martin’s Ansicht über die Abhängigkeit der Prognose
von dem Auftreten sekundärer Erkrankungen der Genitalien sich
bei genauer Durchsicht der Literatur von selbst widerlege.
Auch Liebmann kann diese Anschauung nicht schlechthin
akzeptieren, sie ist seiner Meinung nach dahin zu berichtigen, dass
die sekundären Erkrankungen die Prognose verschlimmern, dass aber
sehr viele Fälle bekannt sind, in welchen der Tod durch die Inten¬
sität des primären Prozesses selbst herbeigeführt wurde, ohne dass
es za Lokalisationen gekommen wäre.
Meyer stellt den Autoren, die über schlechte Erfahrungen
berichten, die mit günstigen Resultaten gegenüber und stimmt mit
Olshausen in der Erklärung der Ungleichheit der Bösartigkeit ver¬
schiedener Epidemien und einzelner Fälle überein, vermag sich jedoch
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von dem Gedanken nickt loszureissen, dass die grosse Sterblichkeit
für einen Teil darauf beruhen kann, dass zum Scharlach im Wochen¬
bette Fälle mit eingerechnet worden sind, die gar nicht dahin ge¬
hören, wie Fälle von Erysipel und namentlich von Puerperalfieber
mit oder ohne septisches Exanthem. Seiner Erfahrung nach dürfe
man die Prognose nicht so schlecht stellen, wie es gewöhnlich
geschehe, doch dürfe man sich auch nicht verleiten lassen, die¬
selbe gar zu gut zu stellen. Es ist nicht zu vergessen, dass
ausser den Gefahren, die von seiten einer an und für sich so
tückischen Krankheit, wie der Scharlach, drohen, bei Wöchnerinnen
eine jedenfalls etwas gesteigerte Neigung zu septischen Prozessen
vorhanden ist.
Von den späteren Autoren hat sich Grenser der von Ols-
hausen geäusserten Ansicht angeschlossen, dass die Prognose von
der Schnelligkeit des Auftretens des Exanthems abhängig sei, des¬
gleichen P. Müller.
Jacub hält die Prognose des Wochenbettscharlachs von dem
Wochenbettzustand für unabhängig. Runge hält sie, trotzdem sie
von den meisten Autoren als schlechter angesehen wird, als sonst
bei Scharlach, keineswegs für geradezu ungünstig. Ebenso ist nach
G o c h t ihre Bösartigkeit von den meisten Aerzten bisher überschätzt
worden. Auch Koller kann sie nach seinen Erfahrungen nicht
für so schlecht halten, da von seinen Fällen 11 genasen und nur
1 mit dem Tode endete.
Fehling hält die Fälle für prognostisch schlecht, welche von
Anfang an hämorrhagischen Charakter haben oder sofort unter dem
Bilde schwerer Intoxikation ohne Lokalisation verlaufen. Mit Bezug
auf die so ungünstige Beurteilung der Krankheit seitens der meisten
Autoren erinnert er daran, dass es fast durchwegs sehr schwere Fälle
waren und eben darum veröffentlicht worden sind. Ein richtiges
Bild erhalte man durch Zusammenstellen der Ergebnisse von Schar¬
lachepidemien aus Anstalten. Verwertbar seien nur die Angaben
aus neuerer Zeit. Er selbst möchte nach diesen und nach eigenen
Erfahrungen die Prognose eher günstig stellen.
Auch Kaltenbach hält die Prognose des einfachen Scharlachs
kaum für schlimmer als sonst. Dagegen erliegt bei Komplikationen mit
septischen Wundkrankheiten fast die Hälfte der Frauen. Bei Ge¬
nesenen sah Verf. auffallend häufig vieljährige oder dauernde Sterilität
Zurückbleiben.
* *
*
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Über die Diagnose der Scarlatina puerperalis ist ausserordent¬
lich viel geschrieben worden, einige der Arbeiten über dieses Thema
sind zam grössten Teile, ja nahezu ausschliesslich der Diagnose ge¬
widmet, so namentlich die Arbeiten von Olshausen und Ahlfeld.
Der erstgenannte Autor hat an die Spitze seiner Monographie
den Satz gestellt: „Unter Puerperalscharlach — Scarlatina puerperalis
oder Purpura puerperalis — hat man eine infektiöse Krankheit ver¬
standen, welche, unter dem Bilde eines echten Scharlachs auftretend,
vielmehr mit dem Puerperalfieber identisch oder doch nahe verwandt
sein soll.“ Und durch dis ganze Arbeit zieht sich wie ein roter
Faden das Bestreben, diese alte Auffassung zu widerlegen. Das
genaue Studium der einschlägigen Literatur hat ihm die Ueberzeugung
verschafft, dass die ganze Lehre falsch, auf die Autorität einzelner hin
ohne jeden Grund akzeptiert worden sei und sich von einem Werk
in das andere hinübergestohlen habe. Die Symptome der Krankheit,
ihr so charakteristischer Beginn in den ersten Wochonbettstagen,
ihr Verlauf mit den geringen Abweichungen gegenüber dem gewöhn¬
lichen Scharlach, das beinahe regelmässige Fehlen von Genital-
komplikationen und nicht zuletzt der Nachweis einer Infektionsquelle
und die Infektiosität der Krankheit selbst sind ihm die Elemente,
welche die Diagnose des Wochenbettscharlachs zusammensetzen,
einer Eirankheit, die mit dem gewöhnlichen Scharlach ausserhalb
des Puerperiums identisch ist.
In Ahlfeld’s Fällen aus dem Jahre 1892 sprachen die sub¬
jektiven Erscheinungen für die Diagnose des beginnenden Scharlachs,
die Anfangssymptome waren in einigen Fällen so stark und so
täuschend, dass eine Ueberführung in die medizinische Klinik röt¬
lich erschien. Und doch hat sich Ahlfeld aus mehreren Gründen
veranlasst gesehen, die ursprüngliche Diagnose Scharlach (oder
Masern) im Wochenbette zugunsten der einer septischen Erkrankung
fallen zu lassen. 1. Es bestand für die ersten Fälle von Scharlach¬
exanthem keine nachweisbare Infektionsquelle; 2. es fand keine
Uebertragung der Krankheit auf die übrigen Hausbewohner statt;
3. es hat der interne Kliniker die Fälle mit beobachtet und mit
des Verfassers Ansicht übereingestimmt; 4. endlich ist es, da bei
einem Teile der Patientinnen die septische Basis der Erkrankung
nachgewiesen wurde, richtiger, für die Fälle, in denen sie nicht
offenbar war, sie als versteckt anzunehmen. Die von Ahlfeld
vorgebrachten Gründe waren nicht zwingend genug, um allgemeine
Anerkennung zu finden.
Renvers steht auf dem Standpunkte von Olshausen, dass
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es sich in der weitaus überwiegenden Mehrzahl der in Betracht
kommenden Fälle um echten Scharlach gehandelt hat. Er hält
auch die Diagnose des Scharlachs für zweifellos, wenn bei Wöchne¬
rinnen unter Fieber und den sonst üblichen Symptomen ein nicht
flüchtiges, sondern echtes scharlachartiges Exanthem auftritt. Er
selbst beobachtete einen Fall, in dem die Diagnose auf septische In¬
fektion gestellt werden musste. Es handelte sich um eine schwere
Endometritis nach einer schweren künstlichen Entbindung. Es kam
zur Zurückhaltung des Sekretes mit Fieber und Exanthem. Beide
verschwanden mit der Wiederherstellung des Ausflusses, um später,
als der Ausfluss von neuem stockte, von neuem in die Erscheinung
zu treten.
Nach Meyer wird man über die Diagnose selten im Zweifel
sein. In den von ihm beobachteten Fällen bot dieselbe keine
grösseren Schwierigkeiten als die Diagnose des Scharlachs über¬
haupt. Es kann sich jedoch auch anders verhalten. Die im Ver¬
laufe von wenigen Tagen tödlich endigenden Fälle, insbesondere bei
Frauen, die schon vorher septisch infiziert gewesen sind, bieten,
wenn das Exanthem nicht ein sehr ausgesprochenes ist oder wenn
der Arzt erst dazu kommt, wenn es bereits im Abblassen ist, der
Erkenntnis unüberwindliche Schwierigkeiten. Verf. gibt als diffe¬
rentielles Moment der septischen Exantheme gegenüber dem Scharlach¬
exanthem an, dass das erstere dem Scharlachausschlage fast nie
ganz ähnlich ist; es tritt als ein mehr auf einzelne Körperteile be¬
schränktes auf, die BötuDg ist eine mehr diffuse und häufig hat es
einen ganz unbestimmten Charakter. Kann man die Patienten vom
Beginne der Erkrankung an beobachten, so wird man unschwer die
Entscheidung treffen können. Ist aber der Kranke schon vorher
septisch, so tritt der Charakter der Affektion bei günstigem Ver¬
laufe des Leidens erst durch die unverkennbare Abschuppung, resp.
deren Ausbleiben zutage.
Auch nach Bunge kann die Diagnose im Anfänge während
des Aufblühens des Ausschlages Schwierigkeiten bieten. In früheren
Zeiten scheint eine Verwechslung mit septischen Exanthemen häufig
gewesen zu sein. Letztere sind mehr diffus und flach und zeigen
eine geringere oder andersartige Ausbreitung wie der Ausschlag
beim Scharlach.
0 e h m e hat in einer Diskussion der Dresdener gynäkologischen
Gesellschaft den Nachweis von Nierenentzündung als wesentlich für
die Diagnose des Scharlachs hingestellt, durch Osterloh wurde
ihm jedoch erwidert, dass das kein differentielles Moment sei, da
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die Nephritis auch bei septischen Erkrankungen häufig beobachtet
werde.
Koller hält die Diagnose fdr nicht schwerer als ausserhalb
des Wochenbettes.
Nach Fehling kann die Diagnose, wenn vorher kein Scharlach
vorkam, im Beginne schwer sein. Es werden wesentlich die Angina,
die Beschaffenheit der Zunge und der Ausschlag die Diagnose zu
stützen haben. Schwierigkeiten entstehen dann, wenn schon vorher
die Patientin septisch erkrankt war; dann kann das Hinzutreten des
Exanthems den Fall zweifelhaft erscheinen lassen. Doch auch hier
wird man in den seltensten Fällen zu der Aushilfe eines scarlatina-
ähnlichen Exanthems bei Sepsis greifen dürfen, denn diese letzteren
sind ausserordentlich selten. Nachträglich wird die Diagnose oft
noch mehr bestätigt werden, wenn eine deutliche Abschuppung ein-
tritt, und noch mehr, wenn in Anstalten weitere Erkrankungen unter
Wöchnerinnen und Personal auftreten.
Den septischen Exanthemen, welche zu einer Verwechslung An¬
lass bieten können, fehlen nach Kaltenbach die stippchenartigen
Flecken und Knötchen, ebenso Angina und Abschuppung sowie in¬
tensive Nephritis.
Hoffa hält die Diagnose Scharlach nur dann für gerecht¬
fertigt, wenn neben dem charakteristischen Exanthem noch minde¬
stens die eine oder die andere der den Symptomenkomplex des Schar¬
lachs bildenden Krankheitserscheinungen, wie Angina, Schwellung
der Submaxillardrüsen, die Desquamation, die Nephritis vorhanden
ist; absolut sicher wird die Diagnose, wenn von dem vorliegenden
Krankheitsfalle andere mit demselben in Berührung kommende Per¬
sonen infiziert werden. Differentialdiagnostisch kommen nach diesem
Autor in Betracht: 1. Erytheme, die auf rein vasomotorischen
Störungen beruhen, ausserordentlich rasch nach dem veranlassenden
Momente auftreten und ebenso rasch wieder verschwinden, ohne eine
Spur ihres Bestandes zu hinterlassen. 2. Toxische Exantheme, welche
ohne Prodromalerscheinungen mit sehr intensiven Temperatur¬
eihöhungen und gastrischen Störungen in Form von fein punktierten
JBotungen oder als isolierte grössere Flecke am Rumpfe und an
den Extremitäten auftreten und spontan ohne Abschuppung nach
24 Stunden wieder verschwinden. 3. Die septischen und pyämischen
Hautausschläge, die verschwinden, wenn der Patient am Leben
bleibt, aber meist Vorboten des Todes sind. Sie können als disse-
minierte Eruptionen unter dem Bilde der Urticaria, als Miliaria
oder Pusteln mit hämorrhagischem oder serösem Inhalte, als
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ekthymaähnliche Ausschläge auftreten, doch auch in einer Form, die
sich von dem Scharlach schwer unterscheiden lässt. Sie erscheinen
in der Regel am 3. bis 7. Tage nach dem ersten Schüttelfröste, es
verbreitet sich eine helle gleichmässige Rötung innerhalb 2 —3 Tagen,
oft nur über eine Hälfte des Stammes; sie verschwindet auf Druck
sofort und ist meist von einer ödematösen Hautschwellung begleitet.
Sie verschwindet nach 4—5, manchmal erst nach 7—8 tägigem Be*
stände und hinterlässt öfter eine Desquamation der Haut oder auch
eine eiterige Infiltration des Unterhautzellgewebes.
Fellner spricht die Ansicht aus, dass wir heute noch nicht so
weit sind, um mit Sicherheit eine Einzelerkrankung als Scharlach
erkennen zu können, man müsse daher den Diagnosen aus alter
Zeit, wo septische Exantheme so überaus häufig waren, mit grosser
Skepsis entgegentreten.
K r ö n i g unterscheidet streng zwischen scharlachähnlichen Haut¬
eruptionen, welche manchmal bei Wöchnerinnen mit puerperaler In¬
fektion beobachtet werden, und dem eigentlichen Scharlachexanthem.
Bei septischen Wöchnerinnen sieht man manchmal über grössere
Hautbezirke, seltener über den ganzen Körper sich ein Exanthem
ausbreiten, welches anfangs aus kleinen, dicht beieinanderstehenden,
zahllosen, roten Punkten besteht und bald in ein mehr diffuses,
konfluierendes Erythem übergeht. Die Röte verschwindet auf Finger¬
druck völlig. Die Unterscheidung von der eigentlichen Scarlatina
ist durch das Fehlen der Angina und der Veränderung der Mund-
und Zungenschleimhaut sowie dadurch möglich, dass der typische
lamellöse Abschuppungsprozess nicht eintritt, sondern der Ausschlag
einfach abblasst. Unterscheidend sind ferner auch der ganze Krank¬
heitsverlauf und die Fieberkurve.
Schauta ist der Ueberzeugung, dass es in jetziger Zeit wohl
gelingen dürfte, die Differentialdiagnose zwischen echtem Scharlach
im Wochenbette und septischer Erkrankung mit Exanthem zu stellen.
Man berücksichtige die Möglichkeit einer Scarlatinainfektion zur ge¬
gebenen Zeit überhaupt, das mehr oder weniger epidemische Auf¬
treten mit Uebertragung von einem Individuum auf das andere sowie
endlich die fehlende oder vorhandene Mitbeteiligung der Genitalien
an der bestehenden Erkrankung.
* *
*
Im Gegensatz zu den zahlreichen, die Diagnose betreffenden
Aussprüchen finden wir wenige Bemerkungen über die Therapie.
Nach dem Berichte Gusserow’s über die Erfahrungen der
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englischen Geburtshelfer bestand die Behandlung dort hauptsäch¬
lich in der Zufuhr grosser Dosen von Alkohol.
Mc Clintock lässt neben allgemeinen Regeln der Behandlung
die Warnung vor Abführmitteln ergehen, da dieselben ungemein
leicht fatale Diarrhöen hervorrufen können.
Clemens rät Antiphlogose, ferner kleine Gaben von Kalomel;
bei zögerndem Ausbruche Waschungen mit lauem Wasser und
Mineralwässern.
Nach Meyer müsste die Behandlung, wenn sie von der sonst
bei Scharlach üblichen abweichen sollte, sich die Aufgabe stellen,
die puerperale Sepsis abzuhalten, was sich seiner Meinung nach
nicht besser machen lässt als durch Einhaltung der bei Wöch¬
nerinnen üblichen Behandlung. Soviel wie möglich ist eine Be¬
rohrung von Stellen zu vermeiden, durch die eine Infektion eintreten
kann. Untersuchungen sind möglichst zu unterlassen.
Renvers rät in jedem Falle, wo eine ernstliche Genital¬
erkrankung neben Exanthem nachweisbar ist, dieses als ein toxisches
aufzufassen, da man dadurch sich veranlasst sehe, ernste Mass¬
nahmen gegen die stündlich wachsende Gefahr von seiten des In¬
fektionsherdes zu treffen.
Runge, Koller, Kaltenbach sind der Ansicht, dass eitle
von der sonst üblichen abweichende Behandlung nicht am Platze sei.
Fehling äussert sich über die Behandlung in recht ausführ¬
licher Weise. Sie wird keine spezifische sein, sondern den Scharlach
und den Wochenbettszustand in Betracht zu ziehen haben. Der
entere ist nach den gewohnten Regeln exspektativ zu behandeln,
wobei auf Angina und Nephritis genügend zu achten ist. Diarrhöen
aind möglichst zu bekämpfen, uud daher ist mit Abführmitteln Vor-
sicht geboten. Die Hyperpyrexie ist mit kalten Wickeln, kühlen
Bädern zu behandeln. Den Genitaltrakt rät er, wie bei jeder fieber¬
haften, auch nicht direkt puerperalen Erkrankung im Wochenbette
täglich 2—3 mal zu desinfizieren. Vaginalduschen mit 2% Carbol-
lösung, mit Sublimat 1:4000, letzteres bei Nephritis zu meiden.
Intrauterine Irrigationen sind nur bei ausgesprochener Endometritis
diphtheritica am Platze. Eine Hauptsache wird, wie bei den meisten
schweren Puerperalerkrankungen, die Kräftigung des Organismus im
Kampfe mit den eingedrungenen Spaltpilzen sein. Es passt daher
trotz komplizierender Nephritis die Alkoholbehandlung wie bei Sepsis.
Bei hohem Eiweissgehalte und geringer Sekretion des Harns ist auf
Steigerung derselben durch alkalische Säuerlinge Bedacht zu nehmen,
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bei drohender Urämie trotz Fieber Zuflucht zu heissen Bädern und
heissen Einwicklungen zu nehmen.
Einzelne Autoren verlieren auch einige Worte über die Pro¬
phylaxe.
Renvers, Hoffa, Koller, Fehling, Kaltenbach,
Box all sind für strenge Desinfektion der Wäschestücke und in
Betracht kommenden Gegenstände und Isolierung solcher Patientinnen.
Fehling insbesondere erinnert daran, dass Schwangere, Gebärende
und Wöchnerinnen vor Berührung nicht nur mit Scharlachkranken,
sondern auch mit Gegenständen, die von solchen herrühren, streng
zu hüten sind. Es ist auch darauf zu achten, dass der Scharlach
durch dritte Personen übertragbar ist. Für Aerzte, welche Schar¬
lachkranke behandeln, sind vor einem Besuche von Gebärenden oder
Wöchnerinnen Wechsel der Kleider und gründliche Desinfektion
der Hände eine ernste Pflicht.
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Tumoren.
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316*) Werth er, Ges. f. Natur- u. Heilkunde, Dresden, 24. März 1906, ref.
Fortschr. auf d. Geb. der Ro.-Str., Bd. X, p. 191.
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3i6 b ) White and Bur ns, The evolution of a case of mycosis fungoides under
the influencc of Roentgen rays. Journ. of cut. dis., May 1906.
316') Wich mann, Beitrag zur Behandlung inoperabler Geschwülste mittels
Röntgenstrahlen. 78. Vers, deutscher Naturf. u. Aerzte 1906.
317) Wild, R. B., A preliminary note on the treatment of lupus and cancer
by light and Röntgen-rays. Medical Chronicle, Dezember 1903.
318) Williams, The Röntgen-rays in surgery and medicine, New York 1902,
p. 420, 655.
319) Ders., Note on the treatment of epidermoid cancer by the Röntgen-rays.
Boston Medical and Surg. Journ. January 17. und April 4. 1901.
320) Ders., Les effets analgesiques et toniques des rayons de Röntgen. Semaine
med. 21. Oktober 1903.
320*) Ders., X-rays in the treatment of carcinoma and sarcoma. Lancet,
26. Januar 1907, p. 211.
321) Winternitz, Mycosis fungoides. Verein deutscher Aerzte in Prag. Ref.
Fortschritte auf dem Gebiet der Röntgenstrahlen, VIII, p. 285.
322) Wise, Observations on the use of the X-ray in the treatment of certain
diseases of the skin. Medical Record 20. Jänner 1906.
323) Wohlgemuth, Zur Frage der Heilung des Carcinoms durch Röntgen¬
strahlen. Verhandlungen der deutschen Röntgengesellschaft. I. Kongress 1905, p. 194.
324) Wood, T. J., Case of sarcoma of the scalp [recurrend] treated by exposurs
to X-rays. Archives of Röntgen-rays Januar 1905.
325) Zum Busch, Clinical soc. of London 25. März 1906. Brit. Med. Journ.
March 31, 1906, p. 741.
Von grossem Interesse ist endlich der Fall von Chryso-
spathes 53 ), bei dem es sich um einen kindskopfgrossen Ovarial¬
tumor (Eieinrundzellensarkom) handelte, der sich bei der Laparo*
tomie als inoperabel erwies; in der Narbe bildeten sich exulcerie-
rende Knoten. Auf Röntgenbehandlung schwanden sowohl die
Hauttumoren wie der primäre Tumor in der Tiefe. 7 Monate nach
beendigter Behandlung war keine Spur der Geschwulst nachzuweisen.
Die Kranke blieb 17 Monate recidivfrei.
Die Frage, ob es eine Dauerheilung der Sarkome
durch Radiotherapie gibt, wird von der Mehrzahl der Autoren
im bejahenden Sinne beantwortet. Als Beweis hierfür wäre in erster
Linie die histologische Nachuntersuchung im Falle Torrey’s*® 1 )
zu verwerten, wo die Sektion an Stelle des Sarkoms normale Haut
und Narbengewebe ergab. Nur in wenigen Fällen kann man von
einem Dauerresultat sprechen, entweder wurde die Behandlung nicht
systematisch zu Ende geführt oder es fehlt eine längere Nachbeob-
achtung. Immerhin wurden Fälle mitgeteilt, in denen durch Radio*
Lberapie zum völligen Schwinden gebrachte Sarkome lange Zeit
recidivfrei blieben. Die am längsten recidivfrei gebliebenen Fälle
sind: Fischer und Schau (Angiosarkome des Unterkiefers) durch
2 Jahre, Sjögren (Fall I, hartes, langsam wachsendes Spindel¬
zellensarkom des Nasenflügels) durch beinahe 2 Jahre, Sjögren
(fall II. hartes, langsam wachsendes Spindelzellensarkom der Nasen¬
wurzel), ferner Wood (recidivierendes Sarkom der Kopfhaut) durch
l 1 /* Jahre, Chrysospathes (inoperables Rundzellensarkom des
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Ovariums) durch 17 Monate, endlich durch über 1 Jahr die Fälle
von Kienböck (X, alveoläres Mediastinalsarkom), AIbers -
Schönberg (multiple Eundzellensarkome der Kopfhaut), Pusey
(je ein Sarkom der Parotis und der Brustwand).
In zahlreichen Fällen wurde die Radiotherapie der Sarkome
mit anderen Methoden kombiniert, wodurch die Beurteilung des
Erfolges natürlich wesentlich beeinträchtigt wird. Von derColey-
schen Toxinbehandlung war schon die Rede. Auch McMaster
hat sich derselben in einigen Fällen gleichzeitig mit der Röntgen¬
behandlung bedient. Beel Öre behandelte seinen Fall von recidi-
vierendem perforiertem Oberkiefersarkom gleichzeitig mit subkutanen
Chinininjektionen (Heilung nach 7 Monaten). Böclöre meint, dass
es sich um ein langsam wachsendes, relativ benignes Sarkom ge¬
handelt habe.
Oie Misserfolge, die, wie erwähnt, in etwa einem Drittel der
bisher beobachteten Fälle zu verzeichnen waren, beruhen in einem
grossen Teil der Fälle auf schlechter Technik (zu kleine Dosen, zu
frühes Abbrechen der Behandlung), ausserdem wurde die Radio¬
therapie als ultimum refugium hei schwer kachektischen Patienten
mit diffuser Sarkomatose innerer Organe versucht, welche Fälle
gleichfalls die Statistik belasten. In manchen Fällen liegen aller¬
dings aus unbekannten Gründen eklatante Misserfolge vor: das
Wachstum der Tumoren blieb völlig unbeeinflusst oder der Tumor
recidivierte bald nach scheinbarem Schwund oder endlich der Tumor
heilte lokal, während die allgemeine Sarkomatose fortschritt. Als
sehr refraktär sind einzelne Fälle von Coley und Bill sowie der
von Marsh und Smith 874 ) zu bezeichnen.
Rosenberger, der bei Sarkomen überhaupt wenig günstige
Resultate mit der Radiotherapie erziehlt hat, während er bei Carei¬
nomen gute Erfolge hatte, berichtet Uber einen Todesfall, der
einige Wochen nach Bestrahlung eines Drüsentumors auftrat* Es
ist dies der zweite plötzliche Todesfall nach Aussetzen der Bestrah¬
lung, den Rosenberger beobachtet hat Wir können hier wohl
auf das oben bei den Carcinomen Gesagte verweisen und betonen,
dass jeder Beweis für einen kausalen Zusammenhang dieser „Schlag¬
anfälle“ mit der Radiotherapie mangelt.
Die Indikation zur Radiotherapie der Sarkome ist
in erster Linie in inoperablen Fällen gegeben. Ferner eignet sioh
das Verfahren besonders zur Nachbehandlung bei nicht vollständig
exstirpierten Tumoren (Kienböck) sowie zu prophylaktischen Be¬
trachtungen nach Operationen. In operativen Fällen kann vor der
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Operation die Röntgenbehandlung versucht werden, wenn voraus¬
sichtlich während der Dauer der Bestrahlung der Tumor nicht in¬
operabel wird. Analog wie beim Carcinom ist die radiotherapeutische
Methode schonender und ungefährlicher als die chirurgische, zumal
sie durch ihre Schmerzlosigkeit bei hochbetagten oder herzkranken
Individuen eine Narkose erspart und in solchen Fällen die Methode
der Wahl sein kann.
* *
*
Aeusserst günstig lauten die bisher bei Mykosis fungoides mit
der Radiotherapie gemachten Erfahrungen. In allen Stadien
der bisher völlig refraktären Affektion ist diese Me¬
thode geradezu das souveräne Verfahren, sowohl die
prämykotischen Erytheme ais auch die Infiltrate und
Tumoren scheinen für Röntgenlicht sehr empfindlich
zu sein und schwinden ziemlich prompt je nach ihrer
Grösse und Tiefe nach einer oder mehreren Sitzungen. Gleichzeitig
wird das lästige Jucken beseitigt, das Allgemeinbe¬
finden und der Kräftezustand gehoben. Gleichwohl ist
der Erfolg nur ein palliativer, die Röntgenstrablen können wahr¬
scheinlich das immer neue Entstehen mykotischer Produkte nicht
hiutanhalten, in manchen Fällen traten noch unter der Bestrahlung
neue Herde, bzw. Tumoren auf und der letale Ausgang ist unauf¬
haltsam (Sarkomntose der Visceralorgane). Hautrezidive können
meist prompt durch Wiederholung der Radiotherapbie beseitigt werden.
Diese Tatsachen ergeben sich aus den bisher mitgeteilten, im folgenden
kurz zu referierenden Beobachtungen.
Scholtz 947 ), der als erster die Methode bei Mykosis fungoides
anwandte, konnte zunächst bei 2 Fällen die prämykotischen Herde
sowie die kleineren Tumoren durch energische Bestrahlungen, so
dass eine oberflächliche Nekrotisierung der betreffenden Stellen ein¬
trat, „wie es scbeiut, dauernd“ zum Schwinden bringen; an den
anderen Körperpartien traten fortwährend neue Herde auf. In
einem weiteren Falle wurden die Tumoren gleichfalls in eklatanter
Weise beeinflusst. lieber einen guten palliativen Erfolg berichtet
auch Brooke 49 *).
Bald darauf behandelten Holzknecht und Riehl 991 ) 939 ) eine
Mykosis bei einem 48jährigen Mann mit lOjähriger Krankheits¬
dauer; es bestanden 40 grössere und viele kleinere Tumoren sowie
Plaques am Stamme und den Extremitäten. Mehrere Tumoren
waren exulceriert, an einer Stelle bildete sich eine Phlegmone, unter
deren Einfluss die Tumoren etwas zurückgingen. Unter Röntgen-
CentralbUtt t. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 12
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behandlung schwanden die Tumoren ohne Narbenbildung unter
Hinterlassung einer dunklen Pigmentierung. Auch die prämykotischen
ringförmigen Erytheme und Infiltrate schwanden unter der Behand¬
lung. Auch nicht direkt bestrahlte prämykotische Ringe bildeten
sich zurück. Es wurden Vollsitzungen verwendet. Erste Bestrahlungs-
serie März—Mai 1903. Im Juni—September wurden neu auf¬
tretende Knoten abermals durch Radiotherapie prompt beseitigt.
November 1902 symptomatische Heilung. Später ging der Patient
an Gehirnmetastasen zugrunde.
Jamieson 14< ) spricht sich auf Grund seiner beiden Fälle, von
denen der eine auch noch von Marsh 185 ) beobachtet wurde, ziem¬
lich vorsichtig über die Leistungen der Methode aus. Bei dem
ersten Patienten, einem 68jährigen Mann im dritten Jahre der
Krankheit, bestanden Erytheme und an vielen Stellen geschwurig
zerfallene Plaques, keine Tumoren. Nach vorübergehender Besserung
starb der Patient. Der zweite, typische Mykosisfall betraf eine
64jährige Frau mit circumscripten intensiv juckenden Herden und
Tumoren. Die Behandlung war durch ein vorübergehendes Erysipel
gestört. Die Tumoren und infiltrierten Herde wurden durch Radio¬
therapie völlig zum Schwinden gebracht, durch das Auftreten neuer
Herde nicht verhindert.
Günstige palliative Erfolge berichten ferner Stainer* 78 ),
Walker* 08 ), Hyde, Montgomery und Ormsby n»)*®' ? *),
Carrier 48 ). Im Falle Ormsby’s lagen exulcerierte Tumoren vor,
die sich prompt überhäuteten und schwanden. Carrier’s Patient,
ein 75jähriger Mann, der sich in einem sehr vorgeschrittenen
Stadium der Erkrankung befand und vornehmlich von einem uner¬
träglichen Jucken gepeinigt wurde, das ihm den Schlaf raubte,
wurde allmählich von dem Jucken gänzlich befreit, auch die
Tumoren schwanden.
Belot* 1 ) hat 2 Fälle von Mykosis fungoides behandelt. Der
erste (zusammen mit ß r o c q und B i s s e r i 6 * 6 ) *°) beobachtet, betrat
eine 39jährige Frau aus Kanada. Die histologische Diagnose wurde
von Civatte gestellt. Die Krankheit hatte in ihrem 16. Lebens¬
jahre an der Ohrmuschel begonnen. Während jeder Schwangerschaft
waren akute Nachschübe aufgetreten. Zu Beginn der Behandlung
(Juli 1903) war die Affektion vornehmlich über das Gesicht, den
Nacken, die Schultern, Arme und Vorderarme verbreitet, wobei
die Lokalisation an den Beugeflächen dominierte. Im Gesicht finden
sich ausgedehnte Infiltrate sowie Tumoren, namentlich in der linken
Temporalgegend, am übrigen Körper auch noch prämykotische
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Stellen. Die Patientin erhielt bis Februar 1904 100 Sitzungen oder
50 Serien zu 2 Sitzungen, in einer Serie 8—10 H, also ungefähr
600 H, später noch 75 Sitzungen, zusammen über 1000 H. Der
größte Teil sämtlicher Effloreszenzen ist total verschwunden, nament¬
lich im Gesicht ist der kosmetische Effekt ein vorzüglicher (Photo¬
graphien). Die Patientin hat während der letzten 2 Monate um
8 kg zugenommen. Im Oktober 1904 reiste sie völlig frei von
Infiltrationen in ihre Heimat. Jeder Tumor hatte ungefähr eine
Dosis von 10 H gebraucht, um völlig zu verschwinden. Es wurde
niemals Ulceration hervorgerufen.
Der zweite Kranke, ein 50 jähriger Mann mit prämykotischem
Erythem (2jährige Krankheitsdauer), das über den ganzen Körper
verbreitet war und bereits zu deutlichen Infiltrationen geführt hatte,
wurde durch 6 Monate mit 90 Sitzungen behandelt. Die Dosen
schwankten nach der Region von 5—10 H. Manche stark infiltrierte
Stellen erforderten eine zweite Behandlung, welche 20 Tage nach
der ersten unternommen wurde. Der Kranke erhielt bisher 500 H,
steht noch in Behandlung; der grösste Teil der Affektionen ist bereits
ohne ßecidive geheilt. Am Fussrücken entstand eine leichte Derma¬
titis. „La radiotherapie nous semble etre une mfithode excellente
poor le traitement de cette affection. Seule, eile donne des rösultats
qn’aucune autre möthode n’est capable de fournir.“
Pusey 887 ) behandelte einen Fall von Mykosis fungoides, bei
dem die Tumoren im Gesicht eben zu exulcerieren begannen, durch
einen Monat. Die Ulcerationen heilten unter Radiotherapie, die bald
abgebrochen wurde. Nach einer persönlichen Mitteilung an den
Autor gelang es in einem zweiten Falle bei einer jungen Frau, in
vorgeschrittenem Stadium unter lange fortgesetzter vorsichtiger Radio¬
therapie symptomatische Heilung zu erzielen.
Dubois-Havenith 88 ) konnte bei einer Frau ausgedehnte
Mykoristumoren vollständig zum Schwinden bringen; einen gleich
guten Erfolg hatte Schiff 848 ) an einem Patienten der Klinik
Finger. Winternitz 881 ) entfernte durch Bestrahlung einen über
mannsfaustgrossen Tumor der Kniekehle.
Wise 888 ) hat 4 Fälle behandelt; 2 davon starben an Nephritis
und Erschöpfung, die anderen sind subjektiv und objektiv wohl. Das
Jucken schwand, die Tumoren verkleinerten sich, die Geschwüre
heilten, an Stelle der infiltrierten trat gesunde Haut, das Allgemein¬
befinden hob sich. Gleichwohl trat in 3 von den 4 Fällen ein
Monat nach dem Aussetzen der Behandlung Recidive auf.
Stopford Taylor 886 ) konnte bei einem 47jährigen Mann, der
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seit 3 Jahren an Mykosis litt, die Tumoren am Rücken sowie aus¬
gedehnte prämykotische Hautstrecken an anderen Regionen durch
15 Sitzungen (jedesmal 10 Minuten, 9 Zoll Focus-Hautdistanz, 0,5 H)
zur Involution bringen.
Werth er erzielte in zwei Fällen vorzügliche Resultate: schnelles
Einschmelzen der Tumoren. Auch Taylor hat einen Fall in
15 Sitzungen symptomatisch geheilt.
White und Bums behandelten einen Fall von Mykosis fun-
goides mit 31 Sitzungen (im ganzen 500 Minuten). Die Hautinfil¬
trationen und die Tumoren schwanden, doch traten starke Dermatitis
und Pigmentierung auf (Ueberdosierung?). Der Patient starb nach
16 Tagen unter toxämischen Symptomen.
* *
*
Die Technik der radiotherapeutischen Behand¬
lung maligner Tumoren basiert in erster Linie auf einer rich¬
tigen Dosierung. Auf die Wichtigkeit derselben haben namentlich
Holzknecht, Kienböck und Belot hingewiesen. Belot”) vergleicht
in geistreicher Weise die Wirkung der Röntgenstrahlen bei malignen
Tumoren mit der des Quecksilbers bei Syphilis. Hier wie dort ist
ein sorgfältiges Individualisieren, eine genaue Berücksichtigung des
Stadiums, in dem sich die Krankheit befindet, notwendig. „Es ist
bei den malignen Tumoren wie bei der Syphilis, die einen heilen
auf eine kleine Quantität des Medikamentes, die anderen erfordern
eine sehr verstärkte Dose der wirksamen Substanz.“ Sowie man bei
Syphilis eventuelle Intoxikationssymptome durch Quecksilber in den
Kauf nehmen muss, sind auch die toxämischen Erscheinungen bei
der Radiotherapie maligner Tumoren oft unvermeidlich.
Zur Messung der Dosen bedient man sich der offenen Dosimeter
(Holzknecht’s Chromoradiometer, Sabourand-Noirö’sche
Leuchtscheibchen) und des Kienböck’schen Quantimeters. Sowohl
Ueber- wie Unterdosierungen können vön schwerem Nachteil für
den Patienten sein. Durch zu kleine Dosen versäumt man leicht
bei schnell wachsenden Tumoren die Zeit, während man durch
Ueberdosierung Röntgenulcera erzeugt und einerseits einem kachek-
tischen Patienten dadurch ein nicht ungefährliches Trauma zutügen,
andererseits eine Unterbrechung der Behandlung nötig machen kann,
die bei progredienten Tumoren unter Umständen verhängnisvoll
werden kann. Bei tief liegenden Tumoren empfehlen sich Vollsitzungen
mit Erzeugung von Normalreaktion (Kienböck), um möglichst
grosse Lichtmengen in die Tiefe zu bringen. Nur wenn sich schon
nach den ersten Sitzungen zeigt, dass die Geschwulst in hohem
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Grade für Röntgenlicht empfindlich ist und sich rasch verkleinert,
kann man auch kleinere Dosen wählen. Derartige sensible Ge¬
schwülste verkleinern sich ja erfahrungsgeinäss oft selbst nach dem
Aassetzen der Behandlung.
Man kann die erforderlichen Lichtquantitäten entweder durch
Volldosen (expeditive Methode Kienböck’s) oder aber in fraktio¬
nierten Dosen verabreichen. Die letztere Methode empfiehlt sich,
wenn, wie beim Carcinom, voraussichtlich eine monate- oder jahre¬
lange Behandlung nötig sein wird.
Beim weniger empfindlichen Carcinom sind gewöhnlich grosse
Dosen notwendig, die von Belot angegebenen Dosen sind aller¬
dings etwas zu nahe der Verbrennungsdosis. Stets soll Dermatitis
dritten Grades vermieden werden, da der Effekt der Röntgenstrahlen
mit einer Aetzwirkung nichts zu tun hat. Wenn einzelne
Autoren die Tumoren bis zum Eintritte der Nekrose bestrahlten,
wie dies beispielsweise S c h o 11 z bei seinen Fällen von Mykosis fun-
goides tat, so hatte dieses Verfahren sicher keine besser^ Resultate
als die Einhaltung der Normaldosis. Unger hat gezeigt, dass
starke Bestrahlungen nicht vor Recidiven schützen.
Bei tiefliegenden Tumoren, bei denen man unter Umständen grössere
Lichtmengen applizieren möchte, setzt die oberflächliche Hautdecke
eine natürliche Grenze, indem eine Ueberdosierung die Haut in
starke Entzündung und Nekrose versetzt. Ob es mit den von
Perthes in neuerer Zeit gemachten Vorschlägen, eine grössere
Focusdistanz zu wählen und durch Auflegen einer Aluminiumplatte
die weichen, wenig penetrationsfähigen Strahlen gewissermassen ab¬
zufiltrieren, gelingen wird, grössere Mengen harten, penetrations-
fähigen Lichtes in die Tiefe zu bringen, werden weitere Erfahrungen
lehren.
Ein anderer Ausweg, um an tiefer gelegene Gewebsteile heran¬
zugelangen, läge in der von Kienböck empfohlenen Methode, die
oberflächlichen Geschwulstmassen chirurgisch zu ent¬
fernen und hierauf den Grund des Tumors radiothera¬
peutisch anzugehen.
Umgekehrt wurde auch geraten, den Vefsuch zu unternehmen,
einen inoperablen Tumor durch Bestrahlung operabel
zu machen, „preliminary treatment“ (Morton) 202 ). Tat¬
sächlich gelang in den Fällen von Morton (Mammacarcinom) und
Chanoz und Reymond 52 ) (Vulvacarcinom) die Radikaloperation
nach vorangegangener Radiotherapie.
Auch die prophylaktischen Bestrahlungen nach der
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Operation können mit Rücksicht auf die oben mitgeteilten Be¬
obachtungen von Pusey und Leonard von zweifellosem Nutzen
sein, da sie vielleicht das Entstehen von Recidiven verhindern, zum
mindesten aber schon gebildete Recidivknötchen gleich nach ihrem
Entstehen zum Schwinden bringen können. Die prophylaktischen
Sitzungen werden besonders von Sjögren a## ), Pusey, Priö und
Comas empfohlen. Erst kürzlich hat Sjögren neuerdings mit¬
geteilt, mit der Nachbehandlung bei 10 Mammacarcinomen und
2 Sarkomen sehr gute Erfolge erzielt zu haben.
Für die Behandlung von Tumoren in Eörperhöhlen
haben Haret und Bouchacourt 87 ) die sog. unipolare Methode
ausgebildet, wobei sie zur Endodiaskopie Tuben verwenden, die in¬
folge ihrer speziellen Form für alle zu behandelnden Körperhöhlen,
Larynx, Pharynx, Vagina und Rectum, passen. Aehnliche Röhren
hat schon Margaret Cleaves angegeben. Die Resultate der
erst kurze Zeit geübten Methode wurden in den obigen Ausführungen
berücksichtigt. Bei Magen-, Blasen- und selbst Uterustumoren wird
man zweifellos auch mit Bestrahlung durch die Bauchdecken aus-
kommen. Für Kehlkopf-, namentlich aber Oesophagusaffektionen
ist die Behandlung mit Radium die weitaus einfachere und be¬
quemere. Ob sie bei der äusserst schwierigen Dosierung und un-
gleichmässigen Wirkung dasselbe leistet wie die Radiotherapie, mag
hier dahingestellt bleiben.
Aus den Experimenten Wichmann’s, der fand, dass die
eosinierte Speiseröhren- und Magenschleimhaut des Kaninchens
auf äussere Bestrahlung viel stärker reagierte als die des Kontroll-
tieres, lässt sich wohl bisher eine brauchbare Modifikation der
Technik nicht ableiten.
Die Focus-Hautdistanz richtet sich nach der Grösse der Tumoren
(beiläufig 16—30 cm). Ueber grössere Strecken verteilte Tumoren
können von verschiedenen Richtungen aus „mehrstellig“ (Kienböck)
bestrahlt werden, ein Verfahren, das Levy-Dorn „radiäre Be¬
strahlung“ nennt und bei pseudoleukämischen Tumoren besonders
empfiehlt.
Holz kn echt 186 ) empfiehlt beim flachen und beim Papillar-
krebs der Haut, „soweit er noch nicht die ganze Dicke der Haut
fixierend durchsetzt hat“, gleichmässige Bestrahlung mit Volldosen
(4—5 H) bei Abdeckung der Umgebung 1 cm im Gesunden; hierauf
ist durch 2 Wochen die Latenz abzuwarten, zurückbleibende Reste in
Nischen des äusseren Ohres, im Lidwinkel, in der Nasenöffnung sind
nachzubestrahlen oder mit Radium nachzubehandeln. Bei inoperablen
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Carcinomen sind nach Holzknecht gleichfalls Volldosen (3,5—6 H)
in 4—8 wöchentlichen Abständen anzuwenden. Hier ist die gleich«
massige Verteilung des Lichtes minder wichtig. Die gleichen Vor¬
schriften gelten für Sarkome.
Auch für die noch empfindlichen Tumoren bei Mykosis fungoides
empfiehlt Holzknecht Normaldosen (je nach Grösse des Tumors
3—5 H); die Latenz der Wirkung beträgt hier nur 5—6 Tage. Die
Dauer der Behandlung beträgt einen Monat.
n. Referate.
A. Knochen, Gelenke.
0» osteitis deformans. Von N. A. Ahlberg. Hygiea, N. F., 1906,
p. 52.
Karzer Bericht über 3 Fälle obengenannten Leidens.
Fall 1: 69 jähriger Mann. Im 13. Jahre nach einem Typhus
Nekrose des linken Unterkiefers mit Ankylose des Kiefergelenkes. Mit
45 Jahren wurde Pat. immer krummbeiniger, die Beine bogen sich nach
aussen und vorne, die Füsse nach aussen. Die Haltung wurde immer
gebückter, der Brustkorb von den Seiten abgeflacht und der Kopf grösser;
gleichzeitig traten mehr oder weniger heftige Schmerzen in den Beinen,
die sich durch Behandlung nicht beeinflussen liessen, auf. Beichliche
Kopfschweisse bei der geringsten Anstrengung, zahlreiche Atheromcysten
des Kopfes. In der letzten Zeit Arteriosklerose, Mitralisinsufficienz und
Herzhypertrophie. Tod durch Herzschwäche. Keine Sektion.
Fall 2: 60 jähriger Mann. Beginn der Krankheit vor 12—15 Jahren
mit Schmerzen im rechten Trochanter, später im Bücken, zunehmende
Krümmung der Beine; Knochenschmerzen beim Sitzen oder hartem
Liegen, der Kopf nahm an Umfang zu, die Kräfte nahmen ab und
Patient magerte ab. Er litt früher an Nierensteinen, vor 3 Jahren an
Gicht und Magen-Darmkatarrh. Patient bot bei der Aufnahme halbzirkel-
förmig nach aussen gebogene Beine, nach vorne gebückte Haltung und
einen eigentümlich watschelnden Gang mit erschwerter und steifer Be¬
weglichkeit. Die Form des Kopfes erinnert an Bachitis mit stark her¬
vortretenden Tubera frontalia und parietalia, der Umfang desselben,
früher 54 cm, jetzt 60 cm, das Gesicht sehr klein, die Backen einge¬
fallen ; der Bücken ist kyphotisch, die Schlüsselbeine sind verdickt, wie auch
die Oberschenkelknochen und die Kniescheiben und vor allem die Tibiae,
die links oben, in der Mitte und unten 10 resp. 8 und 5 cm messen,
rechts 9 resp. 6 l j % und 5 cm. Patient ist sehr mager, fast kachektisch,
keine Oedeme. Zahlreiche subkutane Tumoren (mikroskopisch Lipome).
Patellarreflexe sind verschwunden.
Fall 3: 17 jähriger Bauer fing mit 13 Jahren an rechts zu hinken.
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Ein Jahr später einige Zeit heftige Schmerzen im ganzen Körper, nach
und nach Verbiegung des rechten Oberschenkels ohne Schmerzen. Ob¬
jektiv beide Oberschenkel nach vorne aussen verbogen, auf dem rechten
eine begrenzte Verdickung, die bei Druck schmerzt. Die Knie können
nicht aneinander geführt werden. Die Tibiae nicht besonders verändert,
die Fibulae dagegen verdickt. Probeexcision der Verdickung am rechten
Femur ergab: Knochen leicht mit dem Messer schneidbar, sehr dünne
Corticalis und durch spongiöses Gewebe erfüllte Markhöhle. 1 1 / 2 Jahre
später der Kopfumfang um */ 2 cm grösser.
Köster (Gothenburg).
Zur Lehre von der Behandlung der Osteomalacie. Von Theil-
haber. Centralblatt f. d. ges. Mediz., 1906, No. 5.
Verf. übte bei einer 49 jährigen, an Osteomalacie erkrankten Frau
die Castration aus und sah darauf völlige Heilung ein treten. Ein Jahr
nach der Operation traten menstruationsähnliche Blutungen auf, mit
diesen stellten sich auch die Schmerzen wieder ein und die Blutungen
wiederholten sich alle 4 Wochen, schwanden jedoch mit der Entfernung
eines kirschkerngrossen Polypen der Cervix und mit ihnen schwanden
auch die Schmerzen.
Die entfernten Ovarien zeigten keine pathologischen Veränderungen.
Th. glaubt, dass ausser der günstigen Veränderung des Stoffwechsels in¬
folge der Castration vor allem der Wegfall der monatlichen Blutung
einen wesentlichen Einfluss auf die Schmerzen ausgeübt habe, da mit
den ein Jahr nach der Operation auftretenden Blutungen auch die
Schmerzen wiederkehrten und mit dem Aufhören der Blutung schwanden.
Wiemer (Aachen).
Operation bei Barlow’scher Krankheit. Von Biese. Deutsche
med. Wochenschr., 1906, No. 21.
Es handelte sich um ein 14 Monate altes Kind, das bei einer
Temperatur von 40 0 mächtige Auftreibungen der Diaphyse des rechten
Femur und der rechten Tibia in der Gegend des Kniegelenks hatte.
Anfangs wurde die Erkrankung für Osteomyelitis gehalten, da jedoch
eine entzündliche Schwellung der Muskulatur fehlte, sich ferner blutige
Suffusionen des Zahnfleisches zeigten, kam Verf. zu der Diagnose Morbus
Barlo wii.
Entgegen der Ansicht Heubner’s, der behauptet, dass die Er¬
krankung auch ohne irgend welche Eingriffe, nur durch entsprechende
Diät zur vollständigen Heilung komme, machte Verf. an der oberen und
unteren Epiphyse Incisionen, entleerte das Blut unter dem Periost und
tamponierte. Der Erfolg war vortrefflich. Am 3. Tage nach dem Ein¬
griff war das Fieber geschwunden und 3 Wochen später war das Kind
vollständig gesund, trotzdem die Erkrankung schon 3 Monate bestand.
Wiemer (Aachen).
Zur klinischen Geschichte und Bedeutung der Trommelschlägel-
flnger. Von E. Ebstein. Deutsches Archiv f. klm. Medizin, 1906,
Bd. LXXXIX.
Aus einer recht übersichtlichen historischen Einleitung geht hervor,
dass man mit Unrecht die hippokratischen Finger mit den Trommel-
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9 chlägelfingern identifiziert. Was die Bedeutung des Phänomens be¬
trifft, das im allgemeinen als eine milde Form oder als Anfangsstadium
der von Marie beschriebenen Osteoarthropathie aufzufassen ist, so ent¬
steht es: 1. nach solchen Erkrankungen, bei welchen es zu eitrigen und
jauchigen Zersetzungen im Organismus kommt; 2. nach Infektionskrank¬
heiten und chronischen Intoxikationen; 3. bei Herzfehlern; 4. bei malignen
Tumoren; 5. bei Erkrankungen des Nervensystems.
Verf. bespricht eingehend unter genauer Berücksichtigung der ein¬
schlägigen Literatur die einzelnen angeführten Krankheiten in ihrem
Verhältnis zu dem so häufigen, charakteristischen, aber ätiologisch so
dunklen Symptom. Auch pathologische Befunde werden angeführt, die
aber keineswegs zu einer Klärung dieses Phänomens beitragen.
Baubitachek (Wien).
A case of multiple pneumococcal epiphysitis. Von A. F. Foelker
und W. S. Handley. Lancet, 24. Nov. 1906.
Patient ist ein 13 Monate altes Kind, bei welchem im Anschluss an
eine Pneumonie Schwellung der rechten Schulter auftrat; die Gegend
war heiss und schmerzhaft, die Beweglichkeit eingeschränkt und deutlich
Fluktuation fühlbar. Die Probepunktion ergab geruchlosen Eiter und
die Gram’sche Färbung Diplococcus pneumoniae. Nach Inzision ent¬
leerten sich 2 Unzen Eiter und es präsentierte sich eine Abscesshöhle
»wischen Deltamuskel und Aussenseite des Humerus, die sich nach vorne
erstreckte. Das Gelenk wurde nicht eröffnet, doch wurde eine Gegen-
öffnung gemacht und der Abscess drainiert. Die Temperatur fiel, um
jedoch nach einigen Tagen wieder anzusteigen; 2 Injektionen von Anti-
pneumokokken-Serum waren ohne Effekt und es entwickelte sich rechts
ein kleiner Abscess an der Rippenknorpelgrenze, der unter lokaler
Anästhesie eröffnet wurde; ein ähnlicher Abscess entstand bald darauf
links, nach wenigen Tagen eine Schwellung über dem linken Knie; am
unteren Femurende, und zwar an der Epiphysenlinie, fand sich Eitor, der
sich unter dem Muse, quadriceps verbreitete. Eine Schwellung am linken
Knöchel heilte spontan, doch entstand bald darauf eine Vergrösserung
des linken Kniegelenkes; dasselbe wurde eröffnet und drainiert. Nach
zweimonatlichem SpitaJsaufenthalte wurde das Kind entlassen, die Be¬
weglichkeit der affizierten Gelenke war beschränkt, doch bestand keine
komplette Ankylose. Herrnstadt (Wien).
Heber kongenitale vollkommene Synostose der Wirbelsäule in Ver¬
bindung mit Wachstumsanomalien der Extremitätenknochen. Von
W. Voltz. Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und
Chirurgie, Bd. XVI, 1. Heft.
Bei einem 9 jährigen durchaus intelligenten Mädchen besteht eine
angeborene Skelettanomalie mit frühzeitiger vollkommener Synostose der
ganzen Wirbelsäule mit Ausnahme der beiden obersten Halswirbel, welche
geringe Beweglichkeit zeigen; auch die Wirbel-Rippengelenke sind anky-
lotisch. An den Extremitäten zeigt sich ein .verspätetes Auftreten der
Knorpelkerne bei ausgedehnter knorpeliger Anlage der Epiphysen. Die
Erkrankung ist als intrauterine Störung der knorpeligen Elemente
anzusehen , dabei findet eine zwar übermässige Proliferation von
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Knorpelzellen statt (Chondrodystrophia hyperplastica), jedoch fehlt den
Zellen offenbar das Vermögen der normalen Knorpelanlage gegenüber
anderen Geweben, speziell der vordringenden gesteigerten Ossifications-
zone, sich zu differenzieren. Daher das Fehlen der Zwischenwirbel¬
scheiben und die knöcherne Synostose bei verbreiterter und normal hoher
Wirbelsäule, ferner die Ankylose der Wirbel-Rippengelenke, während die¬
jenigen beiden Wirbel, Atlas und Epistropheus, welche normalerweise
ohne Bandscheiben bleiben und bei denen nur knorpelige Beste einer
Wirbelscheibe im unteren Teil des Zahnes sich finden, annähernd frei
beweglich geblieben sind. Entsprechend ihrer frühzeitigen Anlage ist
die Wirbelsäure primär erkrankt. Ob eine Hemmung des Extremitäten-
wachstums durch Verengerung der Foramina intervertebralia sekundär
stattfindet oder ob auch die Störungen des Extremitätenwachstums mit
ihrer vorwiegenden Beteiligung der gipfelnden Teile einem und demselben
Krankheitsbild angehören, ist nicht mit Sicherheit zu entscheiden.
H. Raubitschek (Wien).
Ueber das Marmorek-Sernm in der Therapie der chirurgischen
Tuberkulosen. Von A. Hoffa. Berl. klin. Wochenschrift, 1906,
No. 44.
Verf. hat bei einer Reihe von Kranken, die an Knochen- und Ge¬
lenkstuberkulose litten,* das Marmorek-Serum rectal appliziert und nach
der Methode nie Nebenwirkungen irgend welcher Art gesehen, wie sie
bei subkutaner Einverleibung des Serums häufig sind (Urticaria, lokale
Oedeme etc.). Verf. führt kurz ein paar Krankengeschichten an und
gibt auf Grund seiner Erfahrung sein Urteil dahin ab, dass dem Anti¬
tuberkuloseserum Marmorek’s in einer Reihe von Fällen eine spezifisch
zu nennende heilende Einwirkung auf den Verlauf des Tuberkulose¬
prozesses innewohnt. Hieran könne der Umstand nichts ändern, dass
in einer Minderzahl von Fällen ein Erfolg nicht zutage getreten ist,
zumal unter den mit Serum behandelten Patienten eine Reihe recht
schwerer, ja aussichtsloser Fälle sich befände. Verf. ist der Ansicht,
dass, ganz besonders in Anbetracht der völligen Unschädlichkeit und
der sehr einfachen und leichten Technik der Anwendung, dem Marmorek-
Serum der ihm gebührende Platz im Kampfe gegen die Tuberkulose nicht
länger werde vorenthalten werde können.
H. Raubitschek (Wien).
The significance of skull defects. Von W. E. Schroeder. Surgery,
Gynecology and Obstetrics. Juni 1906.
Sch. kommt zu folgenden Schlüssen:
1. Bei intakter Dura kommt es zu keinem Gehirnprolaps; bei Zer-
reissung der Dura ist dies die Regel.
2. Bei Schädeldefekten mit intakter Dura wird die Lücke so fest
durch Bindegewebe ausgefüllt, dass für den tastenden Finger das Gefühl
eines Knochens erweckt wird.
3. Das Resultat der Reposition von Knochenstücken ist ein zweifel¬
haftes, da solche Fragmente häufig resorbiert werden.
4. Fälle, welche mechanische Behelfe oder osteoplastische Lappen
erfordern, sind selten.
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5 . Sch. hat keine Fälle auffinden können, bei denen über Ver¬
letzungen des Gehirns infolge von Schädeldefekten berichtet wurde.
Hofmann (Wien).
Anuotazione cliniche di traumatologia e flsiopatologia spinale
con 16 osaervazioni original!. Von Dr. V. Quercioli. La clinica
chirurgica, 1906, No. VT.
Die 16 Fälle eigener Beobachtung teilt Verf. in 3 Gruppen, und
2iar solche, die ohne blutigen Eingriff ausheilten (6 Fälle), solche, bei
denen ein blutiger Eingriff zur Heilung notwendig war (6 Fälle), und
schliesslich solche, bei denen von einer Operation wegen der Schwere
der Verletzung abgesehen werden musste (4 Fälle). Er liefert die recht
ausführlichen Krankengeschichten aller dieser Beobachtungen (es handelt
rieh vorzugsweise um Frakturen und Luxationen der einzelnen Wirbel
nnd dadurch bedingte extra- und intradurale Blutungen) und kommt
nach Besprechung der Symptomatologie und des Verletzungsmechanismus
au folgenden Schlusssätzen: Da unmittelbar nach der Verletzung in der
Mehrzahl der Fälle eine sichere Deutung der nervösen Erscheinungen
sowohl wie der Wirbelverletzung selbst nicht möglich ist, so hat die
Behandlung in den ersten Tagen eine rein exspektative zu sein, ab¬
gesehen von den offenen Wunden, die Verf. nicht in den Kreis seiner
Betrachtungen zieht. Tritt keine Besserung $in oder verschlimmert sich
der Zustand des Patienten trotzdem, so tritt die Laminektomie in ihre
Rechte. Von 6 nach diesem Prinzip behandelten Fallen heilten 5 voll¬
ständig aus, 1 wurde nur gebessert, von diesen betrafen 3 Luxationen einzelner
Wirbel. Treten in den ersten Beobachtungstagen Erscheinungen schwerer
nervöser Störungen (ausgedehnter Decubitus zugleich mit Entartungs¬
reaktion usw.) und schwere Allgemeinsyraptome auf, die eine Operation
gefährlich erscheinen lassen, so ist von dieser auch dann abzusehen,
wenn die Geringfügigkeit der Knochenverletzung an eine Wiederher¬
stellung der gestörten Funktionen glauben läßt. Bezüglich der nervösen
Störungen, speziell der Reflexe und des Muskeltonus, wird Verf. durch
seine Beobachtungen zu der Ansicht geführt, dass ein allgemein gültiges
Besetz für das Verhalten dieser nach totaler und partieller Querschnitts-
lasion sich nicht aufstellen lässt, da sich sowohl für die Steigerung wie
auch für die Herabsetzung oder das Verschwinden beider Beispiele an-
fuhren lassen. Ja auch gesteigerter Muskeltonus und Fehlen der Sehnen¬
reflexe hat er beobachtet. Aus alledem will er schliessen, dass eine ge¬
naue Beobachtung in dieser Beziehung die Diagnose im gegebenen Falle
wohl stützen kann, dass sie aber nie auf diesen Punkten allein basieren
soll. Bei unvollständiger motorischer und sensibler Störung wird man
eher an eine teilweise Querschnittsläsion denken; aber auch complete
Störungen lassen diese nicht ausschliessen. Steht deshalb die Frage, ob
eine vollständige oder nur teilweise Querschnittsläsion vorliegt, so wird
hei sonstigem guten Zustand des Patienten ein blutiger Eingriff zu
wagen sein. A. Götzl (Wien).
Bon cysts. Von G. P. Müller. Univ. of Penn. Med. Bull. XIX.
7, p. 173. Pennsylvania.
Verf. hält Knochencysten für ein häufiges Vorkommnis während
der Wachstumszeit; ßie finden sich vorwiegend in den Röhrenknochen
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(Femur, Tibia, Humerus) und als ätiologischer Faktor ist fast immer
ein leichtes Trauma im Spiel, so dass nach Verf. eine kleine herdförmige
Hämorrhagie zur Bildung einer Cyste führt. Die Therapie dieser Knochen-
cysten besteht in Auskratzung derselben; eine Recidive tritt meist nicht
ein. (Mehrere Textfiguren.) Schrumpf (Strassburg).
Bin Fall von Krebsgeschwulst des Kreuzbeins. Von E. v. Leyden
und L. Bass enge. Zeitschrift f. klin. Med., Bd. LX, 3.—4. Heft.
Der Fall ist interessant wegen der verhältnismässig seltenen Lokali¬
sation des malignen Tumors und wegen der etwas aussergewöhnlichen
Symptomalogie, die zunächst nur eine Wahrscheinlichkeitsdiagnose zu-
liessen.
36 jähriger Schlächter, der, früher stets gesund, über Schmerzen an der
Hinterfläche des linken Beines klagte, welche als Ischias gedeutet und auch
behandelt wurden. 6—7 Monate später traten die Schmerzen auch auf
der Hinterseite des rechten Beines auf, dass Patient bettlägerig wurde.
1—2 Monate später trat das Unvermögen der willkürlichen Harnentleerung
hinzu; bald darauf Incontinentia urinae. Lues, Gonorrhoe negativ.
Stat. praes. ergibt Steifigkeit der Lendenwirbelsäule, spontane und
Druckschmerzhaftigkeit im Gebiete des N. ischiad. von der Austrittsstelle
bis zur Kniekehle, links mehr als rechts. Unfähigkeit, den Rumpf zu
beugen, zu gehen oder längere Zeit zu stehen oder in Rückenlage die
gestreckten Beine zu heben. Mässige linksseitige Muskelatrophie. Steige¬
rung der Fusssohlenreflexe und Patellarreflexe; geringe Sensibilitätsstörung
am Ballen der linken grossen Zehe. Incontinentia urinae. Cystitis.
Dieser Befund spricht für eine Läsion der Medulla spinalis. Eine Sensi¬
bilitätsprüfung ergibt später Störung der Berührungssensibilität an ver¬
schiedenen Stellen des Fusses, hauptsächlich am Gastrocnem., an der Aussen-
seite der kleinen Zehe. Herabsetzung der Temperaturempfindung, Schmerz¬
empfindung beim Beklopfen der Wirbelsäule konstant in der Gegend des
1.—3. Kreuzbeinwirbels. Röntgenuntersuchung ergibt einen diffusen
Schatten über der linken Kreuzbeinhälfte, Symphysis sacro-iliaca sin. und
angrenzendem Teil des Os ilei; Diagnose: Kreuzbeintumor mit partieller
Compression der Cauda equina. Die Cystitis griff um sich; zur Incon¬
tinentia urinae trat Incontinentia alvi. Decubitus. Exitus letalis. — Auf¬
fallend war, daß neben der Blasenlähmung und der beiderseitigen Ischias
so geringe Motilitäts- und Sensibilitätsstörungen vorhanden waren. Die
Blasenlähmung und geringe Sensibilitätsstörung (Ballen der großen Zehe)
konnten nur auf Erkrankung des 1. Sacralsegmentes bezogen werden, doch
ohne typischen Charakter (Erhaltensein der willkürlichen Stuhlentleerung,
Steigerung der Patellarreflexe, der Fusssohlenreflexe). Die auffallende
Steifigkeit der Lendenwirbelsäule entbehrte eines plausiblen Grundes.
Da der Tumor aber weder durch Perkussion noch Palpation nachweis¬
bar war, konnte man eventuell annehmen: Meningitis syphil., Pachy-
meningitis; dafür fehlten weitere Symptome. Dann die weiter auftretende
Sensibilitätsstörung: an der Steissbeinspitze, am Gesäss neben der Anal¬
öffnung, die konstante Druckempfindlichkeit am 1.—3. Kreuzbeinwirbel,
schliesslich die Röntgenuntersuchung festigten die Diagnose: Tumor.
Die pathologisch-anatomische Diagnose ergab: primärer Lungenkrebs
(Kankroid). Metastasen im linken Darmbein, übergreifend auf das Kreuz¬
bein ; aufsteigende Pyelonephritis. Myodegeneratio cordis.
Leopold Isler (Wien).
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B. Hagen.
Weitere Mitteilangen aber das Verhalten des Schleims im Vagen
von menschlichen Embryonen und Neugeborenen. Von Diese. Bei¬
trage zur Klinik der Tuberkulose. Herausg. von L. Brauer, Bd. IV,
Heft 3. "Wurzburg, A. Stuber’s Verlag, 1905.
Das Resultat anatomischer Untersuchungen ist die Tatsache, dass
die Magenschleimhaut des Neugeborenen sowie die des nur wenige Tage
alten Individuums einer bakteriellen Infektion viel mehr ausgesetzt ist
als die eines Erwachsenen, weil sie des Schutzes durch eine dicke, zu¬
sammenhängende Schleimlage entbehrt. Gerade das den Schleimhaut-
Tenen direkt aufsitzende Oberflächenepithel ist schleimfrei oder schleim¬
arm, so dass Bakterien relativ leicht nach Durchsetzung des Epithels in
das zirkulierende Blut gelangen können.
Hermann Schlesinger (Wien).
Mehljährige Magenfistelernährung bei völligem Narben Verschluss
der Speiseröhre. Von Hacker, v. Bruns Beitr. z. klin. Chir.,
1906, LI, 1.
Eine 42 jährige Frau hatte aus Versehen etwas Seifensiederlauge
getrunken. Danach bildete sich eine röhrenförmige Striktur des Oeso¬
phagus von der Gegend unter der Bifurkation der Trachea nach ab¬
wärts bis zum oder noch über den Hiatus oesophageus, die auch die
dünnsten Sonden nicht durchliess. Deswegen Anlegung einer Magenfistel.
Patientin erholt sich rasch. Vom Arzt wird nach erfolgreichen Son¬
dierungen das Drain herausgezogen und die Fistel schliesst sich. Im
Anschluss an eine Sondierung entsteht eine periösophageale und mediastinale
Phlegmone mit Hautemphysem nach Perforation des Oesophagus. Des¬
wegen Inzision der Halsphlegmone und collare Mediastinotomie. Neue
Gastrostomie. Es besteht völliger Verschluss der Speiseröhre. Patientin
erholt sich schnell. Ein Versuch, vom Magen her nach Eröffnung der
Bauchhöhle den Oesophagus zu sondieren, misslang. Bis jetzt nährt
sich die Frau 5 l j % Jahre durch die Fistel sehr gut und verrichtet alle
Arbeit. — Der Fall ist aus mehreren Gründen interessant. Die Heilung
einer Sondenperforation im Bru9tteil des Oesophagus wurde bis jetzt nicht
beobachtet, sondern nur im Halsteil. Bei Obduktionen zeigen sich die
im Lehen völlig undurchgängigen Strikturen des Oesophagus in der Regel
noch etwas durchgängig. So war auch im vorliegenden Falle eine völlige
Obliteration des Oesophagus wesentlich nur für die Umgebung der Per¬
forationsstelle anzunehmen. Sonst kommt es nicht selten vor, dass nach
Ausfüllung der Gastrostomie eine narbige oder carcinomatöse Striktur
für flüssige oder selbst für feste Speisen durchgängig wird, was wohl
auf den Zug des Magens an der Bauchwand zurückzuführen ist. Ferner
ist interessant, dass die Frau sich ö 1 ^ Jahre durch eine Magenfistel gut
ernährt und dass die Fistel dauernd mit einem fingerdicken Drainrohr
gut abschliesst, ohne selbst ein Ekzem zu erzeugen; Patientin kaut die
einzuführende Nahrung erst selbst und speichelt sie ein. In einem
anderen Falle wurde allerdings die Fistelernährung 19 Jahre lang glücklich
fortgesetzt, v. Hacker erreichte mit seiner Sphinkterbildung durch den
31. rectus bei der Gastrostomie bei Narbenstrikturen immer einen völligen
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Abschluss durch das Drainrohr; bei Carcinom war dies nur möglich, so¬
lange die Kranken noch kräftig waren; sonst wurde eine Ballonkanäle
zum Abschluss nötig oder es musste zugleich ein Magenkanal gebildet
werden. Die Operierten müssen gemischte Kost nehmen, sie selbst erst
kauen und einspeicheln. Nach Anlegung der Gastrostomie kann man
auf 2 Arten verfahren, entweder man lässt immer ein fingerdickes Drain¬
rohr tragen oder zu jeder Mahlzeit ein dünnes Bohr einführen und dann
wieder entfernen; die erste Methode ist mehr zu empfehlen.
Klink (Berlin).
Gastrox&tis or oozing of blood from the mucous membrane of
the stomach. Von W. Haie White. Lancet 3. November 1906.
Es ist schon lange bekannt, dass Blutungen der Mucosa des Magens
Vorkommen, ohne dass sich dafür eine Ursache finden liess. Man hat
angenommen, dass es sich um vicariierende Blutung bei Chlorose und
Amenorrhoe handle, da sie gewöhnlich beim weiblichen Geschlechte Vor¬
kommen und fast nie gefährlich werden. Nach den Entdeckungen Cohn-
h eiin ’s über Kongestion und Stase muss man sich fragen, ob derartige
kongestive Hämorrhagien nicht auf einer verminderten Besistenz der Ge-
fässe beruhen, und ob nicht auch die Chlorose insofern einen hervor¬
ragenden Anteil hat, als sie eine fettige Degeneration der Gefässwand
verursacht. Unter 29 Fällen von Blutung ohne nachweisbare Ursache
sind nur 2 männlichen Geschlechts, die anderen alle weiblich, die meisten
zwischen 21 und 39 Jahren.
Symptome: Haematemesis, Erbrechen und Schmerzen in der
Magenregion. Das Erbrechen ist oft profus und kombiniert mit Blässe,
Schwäche und kleinem raschem Pulse; die Intervalle können Monate bis
zu 1 oder 2 Jahren sein. Die Anfälle hören in der Begel nach dem
40. Jahre auf. Yomitus und Schmerzen können für sich oder associiert
mit Haematemesis auftreten; gewöhnlich handelt es sich um Anfälle von
Indigestion und Schmerzen, welche durch die Nahrungsaufnahme ge¬
steigert werden. Diese Patienten werden oft wegen Ulcus ventriculi
behandelt.
Aetiologie. Der Umstand, dass in den oben angeführten 29
Fällen 2 männlichen Geschlechtes sind, spricht sicher gegen vicariierende
Menstruation. Auch bei Frauen konnte eine monatliche Periodicität nicht
konstatiert werden. Auch gegen Chlorose sprechen die 2 männlichen
Fälle und ferner, dass auch in vorgeschrittenem Alter bis zu 54 Jahren
die Krankheit beobachtet wurde. Ferner sprechen dagegen di© Blut¬
befunde von C a m e r o n, welche normale Anzahl der roten Blutkörperchen
und normalen Hämoglobingehalt ergaben. Auch nervöse Störungen
wurden zur Erklärung herangezogen, doch kann auch hysterisch© Haema¬
temesis diese gastrischen Blutungen nicht erklären, und bei keinem der
erwähnten Fälle Hessen sich andere Symptome von Hysterie nachweisen.
Einzelne Chirurgen beschreiben kleine Erosionen der Magenschleimhaut,
andere wieder, dass Blutung aus verschiedenen Punkten auf einmal her¬
rühre, doch konnte dies post mortem nie bestätigt werden. In einem
Falle zeigte sich, dass bei Gastroxase das Blut ebenso gut vom Duodenum
als vom Magen herrühren kann.
Frequenz: Die Statistik über Ule. rotund. zeigt, dass dasselbe in
66,4 °/ 0 bei Frauen und 33,6 °/ 0 bei Männern vorkommt, während
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Gastroxase in 93 °/ 0 dem weiblichen Geschlechte zur Last fällt; daraus
folgt wohl, dass viele Fälle, welche als Ule. ventric. behandelt werden,
mit grosser Wahrscheinlichkeit zur Gastroxase zu rechnen sind und
dass die letztere deshalb keine ungewöhnliche Erkrankung ist.
Prognose: Unter 7500 Autopsien fand Verf. nur 3 Patienten,
welche an Haematemesis starben, ohne dass ein Ulcus nachgewiesen
wnrde; 2 von diesen starben nach der Operation und es ist noch frag¬
lich, ob der Ausgang auch ohne Qperation letal gewesen wäre.
Diagnose: In Betracht kommt, dass die Erkrankung sich vor¬
nehmlich hei Frauen findet. Chron. Dypepsie und Schmerzen nach
der Nahrungsaufnahme mit grossen, völlig schmerzfreien Intervallen
sprechen zugunsten einer gefahrlosen Blutung der Magenschleimhaut und
gegen Ulcus rotund.; Auch sind die dyspeptischen Symptome weniger
ernst als bei Magengeschwür.
Behandlung: Die operative Behandlung kommt infolge der
günstigen Prognose kaum in Betracht, umsoweniger als man auch
nach Operation das Wiederauftreten von Haematemesis beobachtet hat.
Das Hauptaugenmerk ist auf Bettruhe und Nahrungsentziehung zu richten;
in extremen Fällen sind Kochsalzinfusionen angezeigt; daneben Adrenalin
1:1000 oder Liqu. ferri sesquichlorati; nach 3 — 4 Tagen Milchdiät,
and wenn keine weitere Blutung nachfolgt, volle Diät; damit ist in der
Regel nach 3 Wochen die Behandlung beendet. Man könnte dagegen
einwenden, dass diese Diät in einem eventuellen Falle von Ulcus schäd¬
lich sein müsse, doch auch hier wird die Gefahr der Perforation durch
Adhäsionen ausserhalb des Magens vermindert. Ferner ist es ausser¬
ordentlich selten, dass ein Patient mit Perforation an ernsteren Blutungen
leidet. Verf. empfiehlt auch bei Ulcus reichliche Nahrung, um dem
tflzugrossen Kräfteverfall vorzubeugen, und will die Ernährung per
rectum nur für ganz kurze Zeit angewendet wissen. Wenn aus irgend
einem Grunde durch lange Zeit keine Nahrung gereicht werden kann,
empfiehlt er steriles Olivenöl subkutan des Morgens und Abends.
Herrnstadt (Wien).
G>ric neurasthenia. Von Hugh A. MacCallum. Brit. Med.
Journal, 20. Okt. 1906.
Wo Neurosen selten sind, sind auch funktionelle Magen-Erkrankungen
ungewöhnlich. Der Einfluss des Gehirnes auf die Verdauung, die Wir¬
kung von Gemütserregungen auf den Appetit waren schon den alten
Aerzten bekannt, desgleichen das Verschwinden dyspeptischer Symptome
bei erfolgreicher Behandlung der Neurasthenie. Untersuchungen von
Pa wl o w haben den hervorragenden Einfluss des Gehirnes auf die
Digestion bewiesen und es wurde dargetan, dass selbst das cardio-vas-
ndare System nicht mehr unter der Kontrolle des Central-Nervensystems
steht als der Magen. Nach Beard können jedes Organ und jede Funk¬
tion des Körpers das Objekt für nervöse Erkrankung sein. Beim Magen
kommen als kausale Momente hauptsächlich in Betracht: Nahrungs¬
stagnation, Hyper- und Hypacidität, mangelnder oder krankhaft ge¬
steigerter Appetit. Nach Beard unterscheidet man 4 Indikationen:
1. jene, die sich unwohl bei leerem Magen und wohler nach dem Essen
fahlen — Hyperacidität; 2. die sogenannte „capricious“ Form, welche
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ohne ersichtliche Ursache kommt und schwindet; 3. Kombination mit
anderen neurasthenischen Symptomen; 4. jene Formen, die durch Verab¬
reichung von Sedativa beeinflusst werden. Durch Jahre kann das
Symptom der Dyspepsie vorherrschen, oft treten Uebererregbarkeit und
Schlaflosigkeit hinzu; lokal findet sich häufig Enteroptosis, ferner in¬
testinale Störungen, wie Schmerzen, Obstipation oder Diarrhoe, Flatulenz.
Die Differentialdiagnose gegenüber Morbus Brighti, Ulcus, Carcinom oder
Tuberkulose ist oft nur schwer zu machen.
Die Behandlung erfordert in der Regel 18 Monate bis 2 Jahre;
frische Luft, Massage, kalte Bäder und Exerzitien unterstützen das
körperliche und geistige Wohlbefinden. Gewissen Patienten ist das
Lesen, anderen wieder rednerische Betätigung anzuempfehlen und endlich
die aufrechte Körperhaltung nicht zu vernachlässigen, um die abdominalen
und spinalen Muskeln zu kräftigen.
Herrnstadt (Wien).
A case of recurrent uncontrollable vomiting ending in de&th.
Von J. F. Gordon. Brit. Med. Journ., 6. Okt. 1906.
Ein ca. 6 Jahre altes Mädchen erkrankte Mitte Januar 1906 an
Erbrechen, welches jedoch nach 2 Tagen sistierte; im März wiederholte
sich der Anfall und die Mutter erzählte, dass sie selbst als Kind oft
2—3 mal im Monate sogenannte „biliäre Attacken“ überstanden hätte.
Die Erkrankung des Kindes währte diesmal 15 Wochen und endete mit
Exitus letalis infolge der Erschöpfung. In dieser Zeit wurden die ver¬
schiedenartigsten Medikamente und die verschiedenste Nahrung durchwegs
mit negativem Erfolge versucht. Temperatur und Puls waren stets un¬
gestört, noch war irgend eine cerebrale oder lokale Erkrankung nach¬
weisbar.
Autopsie. Das Fettgewebe fast völlig geschwunden, der Magen
dilatiert, reichte bis unter die Nabellinie hinab; in die Dilatation waren
noch mehr als 2 / 8 des Duodenums einbezogen, so dass Pylorus und Zwölf¬
fingerdarm ineinander übergingen; die Ursache war eine Drehung im
letzten Drittel des Duodenums; in der Umgebung bestanden alte Adhä¬
sionen und Drüsenschwellungen, keine Zeichen von Tuberkulose.
Herrnstadt (Wien).
Süll 7 uso delT acqua contro i comiti consecutivi alle cloronarcosL
Von Luccarelli. Boll. d. cliniche XXII. 9 h. 404.
Verf. hat in mehr als 93 °/ 0 der Fälle das Erbrechen nach Chloro¬
formnarkose dadurch vermieden, dass er den Patienten vor der Narkose
ca. 400 ccm gewöhnlichen Wassers zu trinken gab. Sogar die Nausea,
die Trockenheit des Mundes, kurz alle nach Chloroformnarkose eintreten¬
den unangenehmen Gefühle sollen auf diese Weise vermieden werden.
Schrumpf (Strassburg).
Zur Frage der chirurgischen Behandlung nicht krehsiger Magen-
leiden. Gastroenterostomie oder Pyloroplastik plus Gastropexle?
Von Dr. Gelpke. Archiv für klin. Chirurgie, 1906, 4. Heft.
Im Gegensatz zu Mikulicz, der noch im Jahre 1897 die Pyloro¬
plastik bei gutartigen Pylorusstenosen empfahl, wurde auf dem Chirurgen-
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kongress in Brüssel 1905 der Gastroenterostomie für diese Fälle der
Vorzug eingeräumt.
Die im allgemeinen bisher beobachtete günstige Wirkung obigen
Verfahrens, bestehend im Schwinden der Hyperacidität, des Pylorospasmus
und der Motilitätsstörungen, hatte eine weite Begrenzung der Indikation
zur Folge und so wurde auch von seiten der meisten Internisten in
allen jenen Fällen, wo wiederholte interne Kuren nicht zum Erfolg ge¬
führt hatten, der Operation das Wort gesprochen.
Gegenüber den erwähnten Anschauungen muss jedoch hervorgehoben
werden, dass bei der relativ guten Prognose des Ulcus ventriculi (gegen
M. vollständige Heilungen) die Gastroenterostomie bei gutartigen
Affektionen eine verhältnismässig hohe Mortalität aufweist, die von den
verschiedenen Autoren zwischen 28 \ und 5,7 °/ 0 angegeben wird, nach
Ansicht des Verfassers sicherlich nicht unter 8—10 °/ 0 im Durchschnitt
betragen dürfte. Da man ausserdem nachträgliche, durch Schrumpfung
der Fistel und andere Komplikationen bedingte Misserfolge in Betracht
ziehen muss, so glaubt Verf., eine andere Methode, die Pyloroplastik
resp. Gastroduodenostomie, bevorzugen zu sollen.
Neben der nach Ansicht des Verf. leichteren Ausführbarkeit schützt
diese Operation sicher vor dem Circulus vitiosus, vor peptischem Ge¬
schwür und wahrscheinlich auch vor nachträglicher Schrumpfung der
Fistel. Ferner sprechen für sie die geringe Mortalität sowie auch in¬
teressante, von Cannon und Blake angestellte Versuche, die ergaben, dass
bei Wismutfütterung von vorher gastroenterostomierten Katzen der Magen¬
inhalt trotz einem am Pylorus gesetzten Hindernis durch die Peristaltik
an der Fistel vorbei ersterera zugeführt wurde. Kontraindiziert ist die
Pyloroplastik natürlich neben allen Fällen maligner Stenose in den Fällen
von Ulcus, wo eine bösartige Umwandlung in Frage kommt und wo
sich wegen starker Adhäsionen und Verdickungen des Pylorus technische
Schwierigkeiten einstellen würden.
Verf. legt bei Ausführung seiner Methode besonderen Wert darauf,
die Uebergang8stelle zwischen Magen und Darm möglichst tief zu legen,
und kombiniert daher in solchen Fällen, wo wegen Ptosis des Magens
die Tieferlegung der Pylorusschwelle Schwierigkeiten bereitet, die Pyloro-
plastik mit der Gastropexie. Am besten ist es hierbei, den Fundus des
Magens nach Möglichkeit zu heben, was durch Fixierung der vorderen
Magenwand an den unteren Rippenbogen oder die vordere Bauchwand
erreicht wird. Die Gastropexie, die übrigens auch bei hochgradiger
Ptosis als solcher indiziert erscheint, ist ein ungefährlicher Eingriff,
hindert die Peristaltik nicht und führt nach den Erfahrungen des Verf.,
die allerdings zur Aufstellung einer Statistik noch nicht reichen, in Ver¬
bindung mit der Pyloroplastik zu besseren Resultaten als die Gastro¬
enterostomie. Bunzl (Wien).
Beiträge zur Pathologie und Therapie der gutartigen Pylorus¬
stenosen. Von Kramer, v. Bruns’ Beitr. z. klin. Chir., 1906,
Ul, 2.
Die meisten Ulcusstenosen boten die typische Anamnese: Einsetzen
der manifesten Stenosenerscheinungen nach meist lange vorhergegangenen
Magenbeschwerden von sehr häufig hyperacider Natur. Recht häufig
liess sich ein Tumor oder eine Resistenz durch die Bauchdecken fühlen.
Gentralblatt f. d. Gr. d. Med. n. Chir. X.
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Diese Tumoren erreichten bis Faustgrösse und waren nach Jahren ver¬
schwunden. In den weitaus meisten Fällen bestanden Adhäsionen, be¬
sonders in der Pylorusgegend, von zarten Strängen bis zu breiten und
festen Verwachsungen. Stenosen entstanden auch dadurch, dass der
selbst nicht verengte Pylorus durch Schleimhautfalten oder den Hand
eines benachbarten Geschwürs verlegt wurde oder sich rüsselförmig ins
Duodenum stülpte oder abgeknickt war. Nach der Operation kommt
es verhältnismässig häufig zu Blutungen, die tödlich verlaufen können
und die wohl aus dem Ulcus stammen. Die Gesamtmortalität nach den
Operationen betraf 15 °/ 0 . In den letzten Jahren wurde die Gastro¬
enterostomie immer mit dem Murphy-Knopf gemacht, im ganzen 112mal;
Circulus vitiosus wurde nie beobachtet. Wo sich später ein Carcinom
vorfand, geschah dies immer in den ersten 2 Jahren nach der Operation,
woraus man wohl schliessen darf, dass das Carcinom schon bei der
Operation vorhanden war und dass die Gefahr, dass auf der Basis des
alten Geschwürs sich ein Carcinom bildet, für die erstpn 6—7 Jahre
gering ist. Unter 103 Fällen von Ulcusstenosen musste 5 mal wegen
sekundärer Verengerung der Anastomosenstelle wieder operiert werden;
in weiteren 4 Fällen wurde eine Operation wegen Ulcusbildung an der
Anastomose nötig. Unter 38 nachuntersuchten Fällen von Ulcusstenose
bestand bei 20 voller Erfolg; bei den anderen war die Entleerung des
Magens erschwert; dem entsprachen die subjektiven Beschwerden. Die
Operationen waren die verschiedenen in Betracht kommenden.
Klink (Berlin).
I. A discussion on congenital pyloric Stenosis. Von Edmund
Cantley, Harold J. Stiles und Charles P. Putnam. Brit.
Medic. Journal, 13. Okt. 1906.
Atresie und Stenose. Das Hauptsymptom ist Erbrechen, das
sofort nach der ersten Nahrungsaufnahme eintritt; der Tod geht in der
Regel der operativen Behandlung voraus. Die Krankheit ist selten.
Häufiger sehen wir die Stenose; die Symptome der abnormen Ver¬
engerung des Pylorus sind Magendilatation, dyspeptische Erscheinungen
und Erbrechen.
Funktioneller Pylorusspasm us. Das Hauptsymptom ist
heftiges und kontinuierliches Erbrechen; gewöhnlich tritt dasselbe sofort
nach der Nahrungsaufnahme ein, manchmal erst später, und dann um so
heftiger. Hierher gehören die Fälle von rekurierrendem Vomitus.
Angeborene hypertrophische Stenose, wobei die Hyper¬
trophie den Hauptzug der Erkrankung bildet. Ca. 150 Fälle sind in
der Literatur bekannt. Verf. berichtet über 16 Fädle, welche alle in
den ersten 3 Lebensmonaten zur Beobachtung kamen. Der Beginn der
Krankheit fällt in die ersten Wochen und ist gekennzeichnet durch
Appetitverlust, später krampfhaftes Erbrechen, welches ein- oder mehrmals
im Tage auftritt. Bei vorsichtiger Nahrungsaufnahme und Auswaschung
des Magens beginnt das Erbrechen erst bei einer gewissen Ausdehnung
des Magens; bei chron. Magendilatation und regelmässigen Auswaschungen
kann das Erbrechen auch ganz ausbleiben. Das Erbrochene ist frei von
Galle und enthädt gewöhnlich Milch- oder Salzsäure. Es besteht hart¬
näckige Obstipation, der Stuhl enthädt nur epitheliale Bestandteile, Darm-
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gekrete, veränderte Galle und Blut. Physikalische Zeichen sind: sicht-*
bare Peristaltik, Magendilatation und Pylorustumor. Die Fälle lassen sich
in 3 Klassen einreihen: 1. typisehe Fäl 1 e mit Erbrechen, Obstipation,
sichtbarer Peristaltik, Magendilatation und Tumor; 2. akute Obstruk¬
tion imt Erbrechen und Hämatemesis; 3. milde Fälle ohne komplette
Obstroktionserscheinungen.
Anatomie. Bei hypertrophischer Stenose bildet der Pylorus einen
harten, cylindrischen, in vorgeschrittenen Fällen weissen und blutleeren
Timor und ist gegen Magen und Duodenum scharf abgegrenzt; er entsteht
durch Wachstum der zirkulären Muskelfasern. Die Mucosa ist gefaltet
und die Falten werden durch die Kontraktion des hypertrophischen
Muskels erzeugt und bilden dann ihrerseits die Obstruktion. Entzündungs¬
erscheinungen fehlen.
Pathologie. Das erste Zeichen einer Pylorusformation findet sich
im 3. Fötalmonat und es besteht reichbch Gelegenheit zur Hyperplasie
wahrend des intrauterinen Lebens. Das frühzeitige Auftreten und der
Tod in den ersten Lebenswochen sprechen ebenfalls für die intrauterine Ent¬
wicklung dieser Anomalie. Nach Thomson handelt es sich hauptsäch¬
lich um nervöse Einflüsse. Oft scheint auch der Spasmus durch falsche
Ernährung hervorgerufen zu werden, besonders durch künstliche Nahrung
nnd Hyperacidität des Magensaftes.
Diagnose. Der absolute Beweis ist nur ein palpabler Tumor,
wobei jedoch hypertrophische Drüsen auszuschliessen sind. Die weiteren
Symptome sind: der Charakter des Erbrechens, der Zustand der Ein¬
geweide, Peristaltik, Magendilatation.
Prognose: bei rein medizinischer Behandlung schlecht, doch bietet
die Operation sehr gute Resultate, wenn sie nicht zu spät zur Anwen-
dung gelangt.
Behandlung. Regulierung der Diät und kleinste Dosen von
Opium jede Stunde. Bei anhaltendem Erbrechen tägliche Magenaus-
spülung mit schwach alkalischen Lösungen; Nährklysmen und Kochsalz-
infosionen können oft Aufschub der Operation bewirken. Als Operation
kommt in Betracht: Pyloroplastik, Operation nach Loreta, Gastro-Entero-
stomie; die letztere bietet die grösste Aussicht auf Erfolg.
II. Pylorusstenose bei Kindern.
Nach Prof. Cunningham verändert sich der Pylorus entsprechend
den physiologischen Bedingungen des Magens. Im Anfang cylindrisch
und durch longitudinale muköse Falten geschlossen, ist er beim Er¬
wachsenen teilweise ausgedehnt. Unter normalen Bedingungen ist der
Pfloms in das Duodenum projiziert, ähnlich dem Uterus in die Vagina,
namentlich bei Kindern und um so mehr bei Hypertrophie; er öffnet
sich nur, um Mageninhalt passieren zu lassen. Der normale Pylorus
zeigt neben longitudinalen auch zirkuläre Fasern, welche einen dicken,
muskulären Cylinder um die ganze Länge des Kanales bilden; die ober¬
flächlichen der longitudinalen Fasern gehen zum Teile auf das Duodenum
über, während der grössere Anteil zu den Bündeln des Sphincters zurück-
fcehrt und sich in Form von divergenten Fasern ausbreitet; dadurch
wirken dieselben als Dilatator des Orificium pylori.
Beim hypertrophischen Pylorus ist derselbe cylindrisch, blass, karti-
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laginös und ca. doppelt so gross als der normale. Nacli Ansicht der
meisten Autoren ist es wahrscheinlich, dass die longitudinalen Fasern
nur schwach hypertrophieren, während die Verdickung des Kanales haupt¬
sächlich dem Wachstum der zirkulären Fasern zur Last fällt. Infolge
der Hypertrophie der zirkulären Fasern müssen die longitudinalen in
ihrer Eigenschaft als Dilatatoren durch erhöhte Funktionsanforderungen
ebenfalls hypertrophisch werden.
Pathogenese. Handelt es sich um wahre Hypertrophie oder um
funktionelle Störungen des nervösen Mechanismus? Unter 22 Fällen,
die post mortem untersucht wurden, zeigt sich stets muskuläre Ver¬
dickung des pylorischen Kanals mit 2 bis 3 maliger Verdickung gegenüber
der Norm. Bei einem 12 Monate alten wegen Intussusception operierten
Kinde hatte Verf. Gelegenheit, in lebendem Zustande die Pylorusregion
zu untersuchen, und fand den Pyloruscylinder nur halb so gross als im
hypertrophischen Zustande; die einzige derbe Partie war eine ringförmige
Verdickung am duodenalen Ende. Es muss jedoch zugegeben werden,
dass bei Kindern wie bei Erwachsenen Fälle von spastischer Stenose
Vorkommen und namentlich jene sind hierher zu rechnen, welche ohne
Operation heilen. Was die Genesis der Hypertrophie anbelangt, 60
handelt es sich nach einigen Autoren um primäre, kongenitale Wachstums¬
störungen; nach Thomson ist sie der Ausdruck einer vermehrten, funk¬
tioneilen Aktivität und eines intrauterinen Defektes im nervösen Mecha¬
nismus, welcher den Sphincter- und Detrusorapparat des Magens gleich-
mässig betrifft. Die Hypertrophie der Muskeln wäre dann sekundär.
Chirurgische Behandlung. Vor der Operation wird der
Magen ausgewaschen und eine Kochsalzinfusion gemacht. Die Inzision
zwischen Proc. ensiformis und Nabel soll nicht länger als 2 Zoll sein, der
Pylorus liegt dann rechts von der Mittellinie, überdeckt von der Leber.
Ist die Inzision grösser oder tiefer, so tritt leicht Prolaps des Darmes
auf. Was den Verschluss der Wunde anbelangt, so ist zuerst eine Beihe
von Nähten anzulegen, welche alle Schichten durchgreifen; dieselben
bleiben 14 Tage liegen. Bei hoch angelegter, nicht zu langer Inzision
wird dadurch auch das Entstehen einer Ventralhernie verhindert.
Ebenso wichtig wie die Operation ist die Nachbehandlung. In den
ersten 24—48 Stunden gibt man zur Vermeidung des Collapses Koch¬
salzinfusionen, sodann verabreicht man teelöffelweise heisses Wasser und
kleine Mengen Brandy zweistündlich per os. In den nächsten Tagen
wird die Quantität verdoppelt und teelöffelweise peptonisierte Milch hin¬
zugefügt. Am Ende von 14 Tagen ist die entsprechende Quantität
10 Drachmen peptonisierter Milch. Auch Fleischsaft kann der Nahrung
beigegeben werden.
Die Operationsresultate sind kurz folgende. Bei Anwendung
von L o r e t a ’s Operation ist der Prozentsatz der Heilungen etwas mehr
als 50 °/ 0 . Bei Gastroenterostomie 43,2 °/ 0 . Bei Pylorusplastik blieben
von 11 Fällen 5 am Leben. Bei kombinierter Operation — Dehnung und
Gastroenterostomie — starb von 6 Kindern nur 1.
HI, Bericht über einen Fall von Pylorushypertrophie.
Der Patient, ein 3 Wochen alter Knabe, wurde 2 Wochen von der
Mutter ernährt, als zum ersten Male Erbrechen einsetzte, das sich spater
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fast nach jeder Mahlzeit wiederholte; seither war auch die Stuhlmenge
Yerrmgert. Der Magen war gross und hart, der Darm kollabiert. Bei
der 2 Tage später vorgenommenen Operation passierte den Pylorus nur
eine Sonde mit */ 4 Zoll im Durchmesser, während die harte Masse 3 cm
lang, 1 cm breit war; das Orificium wurde mittels TJterusdilatators er¬
weitert, bis eine Sonde No. 20 frei eintreten konnte. Das Gewebe
an der peritonealen Seite war der Länge nach eingerissen, die muköse
Membran jedoch unversehrt. Die Ruptur wurde an beiden Enden durch
Nähte geschlossen. Nach einer Woche begann das Kind an Gewicht
zuznnehmen.
Der Erfolg ist in diesem Falle wohl nur der forcierten Dilatation
zuznschreiben und es ist unwahrscheinlich, dass sich der Pylorus nachher
neuerlich kontrahiert. Herrnstadt (Wien).
Ein seltener Fall von Stenose des Magens und des obersten Dünn¬
darms. Von H. v. Hab er er. Mitteilungen aus den Grenzgebieten
der Medizin und Chirurgie, Bd. XVI, 3. Heft.
Es handelt sich im vorliegenden Fall um eine auf den Magen und
das oberste Jejunum lokalisierte, mit Tumorbildung einhergehende Er¬
krankung bei einem Individuum mit höchst suspekter linker Lungen¬
spitze und einer für latente Phthise ziemlich charakteristischen Anamnese.
Nach dem makroskopischen Befund bei der Operation musste man auf
den ersten Blick an Tuberkulose denken. Es handelte sich um die
charakteristische Veränderung stenosierender Tumoren, die durch zarte
Psendomembranen mit der Umgebung verwachsen waren, über welchen
in der Serosa neben den frischen Hämorrhagien bis stecknadelkopf¬
grosse, gelbe, sich wie Gries anfühlende Knötchen eingelagert waren.
Dazu kam das Aussehen der lokalen Lymphdrüsen, die zum Teil markig
geschwellt, zum Teil scheinbar verkäst waren. Die weitere klinische
Beobachtung, eine neuerliche Operation und eine histologische Unter¬
suchung ergaben, dass es sich um eine Lymphosarkomatose des Magens
und einer oberen Jejunumschlinge mit Drüsenmetastasen im zugehörigen
Mesenterium handelt. Das Bemerkenswerteste ist, dass eine nennens¬
werte Rückbildung bei dem sehr ausgedehnten Lymphosarkom Platz ge¬
griffen hat, und zwar im Anschluss an einen chirurgischen Eingriff, der
zunächst den Tumor nicht in direkter Weise tangierte, sondern nur als
symptomatischer zu bezeichnen war (Ausschaltung des stenosierten Stücks
durch Gastro-Enteroanastomose und Entero-Enteroanastomose).
H. Raubitschek (Wien).
Untersuchungen zur Entstehung der sogenannten spontanen Magen-
ruptur. Von P. Fraenckel. Deutsches Archiv f. klin. Medizin,
1906, Bd. LXXXIX.
Die Wand des menschlichen Magens besitzt in der Gegend dor
kleinen Kurvatur einen Widerstand, der, von den dort gelegenen Muskel¬
schichten gebildet, die Ausdehnungsfähigkeit des ganzen Sackes, nament¬
lich aber des Schleimhautsackes hindert. Hierdurch kommt es bei über¬
grossem Innendruck an dieser Stelle zu besonders hohen Spannungen in
dorsoventraler Richtung und damit zu Längsrissen. Dabei scheint die
besondere Armut der Schleimhaut an Falten an dieser Stelle befördernd
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mitzuwirken. Die Bevorzugung der kardialen Abschnitte der kleinen
Kurvatur hängt, wenigstens zum Teil, wahrscheinlich ebenfalls mit jener
Verstärkung zusammen, die nur bis zum Beginn des Pylorusteiles in
gleicher Stärke besteht. Vielleicht wirkt auch die Art der Verbindung
mit dem Oesophagus mit. Die um die Cardia radiär gelagerten Bisse,
die nicht bis zum grössten Durchmesser nach rechts reichen, sprechen
für eine solche Beziehung.
Neben dem Muskelwiderstand hat auch die Form des Magens eine
grosse Bedeutung für die Bevorzugung der kleinen Krümmung. Verf.
betont auf Grund der erworbenen Erfahrung, dass eine sehr grosse Ge¬
walt dazu gehört, den menschlichen Magen bei einer Ausspülung zur
Perforation zu bringen. Verf. ist es mit Schlauch und Trichter selbst
an der Leiche eines Neugeborenen nicht gelungen, einen vollkommenen
Biss zu erzeugen. In zwei veröffentlichten Fällen, in denen eine Beratung
am gesunden Magen erfolgte, bestand eine schwere narkotische Vergiftung.
Ob es von Bedeutung ist, dass es gerade beidemal das die Magen-Darm-
muskulatur spezifisch beeinflussende Opium war, ist nicht zu entscheiden.
H. Baubitschek (Wien).
Zur chirurgischen Behandlung des Magengeschwürs. Von L. v.
Buediger Bydygier. Berl. klin. Wochenschrift No. 37, 1906.
Noch gibt es keine Operation, die ein Ulcus ventriculi so heilen
könnte, dass es nicht wieder recidivieren, nicht mit seinen Folgeerschei¬
nungen, mit Perforation und Nachblutung, wieder auftreten könnte. Man
kennt ja nicht einmal die wahre und letzte Ursache des Ulcus ventriculi,
und nur die Entfernung dieser letzten Ursache könnte einen Dauererfolg
einigermassen sicherstellen. Theoretisch muss man zugeben — wenn es
sich handelt, zwischen Resektion und Gastroenterostomie zu wählen —
dass diejenige Operation grössere Chancen auf vollständige Dauerheilung
hat, welche den normalen möglichst ähnliche Verhältnisse schafft, und
das ist zweifelsohne die Resektion des Ulcus. Die Magenresektion beim
Ulcus gibt in den Fällen, wo sie ausgeführt werden kann, eine raschere
und sicherere Dauerheilung als alle anderen Palliativoperationen, da sie
eben die Radikaloperation und das in jeder Hinsicht rationellere Ver¬
fahren ist, welches zugleich mit der Verbesserung der Zirkulationsver¬
hältnisse auch den Krankheitsherd — die erkrankten Gewebe — entfernt.
H. Baubitschek (Wien).
Two cases of perforated gastric ulcer successfully operated on.
Von D. Macartney. Lancet 24. Nov. 1906.
1. Fall. Patient, ein 41 Jahr alter Mann, verspürte plötzlich ein
Gefühl von Schwere im Epigastrium, welches rasch auf das ganze Ab¬
domen Übergriff. Bei der Operation, die sofort vorgenommen wurde,
fand sich eine Perforation des Magens an dessen vorderer Wand, ver¬
deckt durch ein Fettklümpchen; dieselbe wurde durch 2 Catgutnähte
geschlossen.
2 . Fall. Patient litt seit dem 20. Jahre an intermittierenden An¬
fällen von Schwäche und einem nagenden Gefühl im Abdomen, das
2 Stunden nach der Nahrungsaufnahme eintrat und von Flatulenz be¬
gleitet war; niemals bestand Hämatemesis. Eines Tages begannen die
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Schmerzen mit besonderer Heftigkeit im Epigastrium, welche unter
wiederholtem Erbrechen rasch Zunahmen. An der vorderen Fläche des
Magens nahe dem Pylorus war eine kleine Perforation, dieselbe wurde
exzidiert und die Wunde durch Naht in 3 Schichten geschlossen. Patient
erholte sich rasch und verliess nach einigen Wochen geheilt das Spital.
Herrnstadt (Wien).
C. Niere, Ureter.
Lesl6siong anatomo-pathologiques du rein dans Finfection experi¬
mentale provoquie par le trypanosome Brucei. Von M. Jun-
gano. Ann. d. mal. d. org. gön.-urin., 1. Okt. 1906.
Die Versuche wurden an Mäusen und Meerschweinchen sowie an einer
Ziege angestellt. Während bei Mäusen die Trypanosomen 30—40 Stunden
nach der Impfung im Blute auftreten und der Tod gewöhnlich 2—3 Tage
später erfolgt, zeigen sich bei Meerschweinchen die Parasiten erst am
8 .—10. Tage und der Tod tritt gewöhnlich 30—40 Tage später ein.
In den Nieren fand sich bei beiden Tiergattungen Degeneration des
Epithels in den Tubuli contorti, erst in vorgerückteren Stadien zeigten
sich Erscheinungen von Seite der Gefässe. J. glaubt, dass es sich um
lösliche, von den Parasiten erzeugte Substanzen handle, denen gegenüber
die Nierenepithelien sehr empfindlich zu sein scheinen.
v. Hofmann (Wien).
Zar Frage der Absonderung des Quecksilbers durch den Harn.
Von E. Welander. Arch. f. Darm u. Syph., Bd. LXXXII, 2. Heft,
1906.
Bei interner Darreichung von Quecksilber ist die Grösse der Ab¬
sorption unsicher, kann jedoch bedeutend sein. Bei subkutaner Injektion
löslicher Hg-Salze erfolgen schnelle und kräftige Absorption und ziemlich
langdauernde Bemanenz. Bei Injektion unlöslicher Quecksilbersalze zeigt
sich keine sehr schnelle, jedoch kräftige Absorption. Die Bemanenz
ist langdauernd. Eine Ausnahme macht das salicylsaure Quecksilber,
welches rasch resorbiert und ausgeschieden wird. Bei Ol. cinereum und
Mercuriol finden sich langsame Absorption und lange Bemanenz. Bei
den perkutanen Behandlungsmethoden (Einreiben, Auf streichen, Säckchen,
Mercolintschürze) zeigen sich ziemlich schnelle und kräftige Absorption
und ziemlich lange Bemanenz. v . Hofmann (Wien).
Quecksilberausscheldung bei Injektionen von Salicylarsenat Hy-
drargyri (Enösol). Von 8. L. B o g r o w. Dermat. Centralbl.,
Dez. 1906.
Das Quecksilber erscheint nach Enesolinjektionen schon in der ersten
Hälfte des Injektionstages im Ham. Diese Elimination hört aber sogar
nach 48 Stunden nicht auf, ja B. konnte in einem Falle eine beträcht¬
liche Menge Quecksilbers 4 Tage nach der Injektion im Urin nach-
weisen. v. Hofmann (Wien).
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Ein Versuch, die Bestimmung des elektrischen Leitung«Wider¬
standes des Urins für klinische Zwecke zn benützen. Von
Ko liech er und Schmidt. Monatsber. f. Urologie, 1906, 7. Heft.
Zweck der Untersuchung ist, eine Methode zu finden, die sehr
empfindlich ist, keine Rechnerei erfordert und unabhängig von Nahrungs¬
wechsel, Körperbewegung usw. ist. Mit einem zur Messung des elek¬
trischen Widerstandes konstruierten Apparate haben die Autoren folgendes
eruiert :
. Bei gesunden Leuten ist eine Differenz (von 3—4 Teilstrichen der
Skala) der Leitungsfähigkeit des zu gleicher Zeit getrennt aufgefangenen
Urins beider Seiten.
Nach intramuskulärer Injektion von Indigocarmin ist der Wider¬
stand des Harnes immer erhöht (bis 9 Teilstriche), wenn die Färbung
erscheint; diese Widerstandszunahme schwindet entsprechend der Zeit
zwischen Injektion und Auffangen des Harnes. Der Leitungswiderstand
des mit dem Farbstoff versetzten Harnes war viel weniger erhöht als
der des durch intramuskuläre Injektion gefärbten.
Aus Untersuchungen an Fällen von interstitieller und parenchyma¬
töser Nephritis mit und ohne Urämie schliessen Verff., dass Urine von
pathologischen Nieren einen geringen Leitungswiderstand zeigen. Ferner
boten Harne von kranken Nieren, die noch keine Allgemeinsymptome ver¬
ursacht hatten, nach Indigocarmin-Injektion einen Abfall des Leitungs¬
widerstandes von mindestens 12, höchstens 20 Teilstrichen.
Harn von Nieren, die bereits Allgemein Symptome bewirkt hatten,
zeigt eine Verringerung im Minimum um 20, häufig über 60 Teilstriche.
An 5 Fällen einseitiger Nierentuberkulose (mit Nephrektomie und
Heilung) fanden Verf., dass eine sonst gesunde Niere durch die patholo¬
gischen Produkte der anderen in ihrer Funktion gestört werden kann.
Weitere Detailausführungen kündigen die Autoren an.
R. Paschkis (Wien).
Ueber moderne Nierenchirurgie, ihre Diagnose und Resultate. Von
H. Kümell. Berl. klinische Wochenschrift, No. 27, 28, 29, 1906.
Die moderne Nierenchirurgie hat wie kaum eine andere Wissenschaft
sich zur Diagnosestellung die Errungenschaften der Neuzeit auf physi¬
kalischem und technischem Gebiet zunutze gemacht. Sie steht unter
dem Zeichen der Röntgenröhre, des Kystoskops, des Hamleiterkatheters
sowie der funktionellen Untersuchungsmethoden, die besonders in der
Kryoskopie zum Ausdruck gelangen. Nach der Erfahrung des Verf.
kann jeder Nierenstein auf einer guten Röntgenplatte bei Beobachtung
der erforderlichen technischen Massnahmen sichtbar werden; Verf. hat
die Ueberzeugung, dass beim Fehlen eines Nierensteinschattens kein Kon¬
krement vorhanden ist. Neben vielen anderen angeführten technischen
Details legt Verf. schliesslich auf die sachgemässe Betrachtung der
Röntgenplatte, zu deren richtiger Deutung nicht nur eine gewisse Uebung
im Beobachten, sondern auch eine zweckmässige gute Beleuchtung not¬
wendig ist, Gewicht. Verf. betont dann die hohe Bedeutung des TJreteren-
katheterismus und die diagnostische Wichtigkeit des „Nierenurins 44 . Bei
der Bestimmung der Nierenfunktion führt Verf. die Untersuchung des
Harnstoffs, Injektionen von Methylenblau und Indigocarmin, die Phloridzin-
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methode, die Bestimmung der Dichte der Lösungen aus dem elektrischen
Leitvermögen und die Kryoskopie an. Jede dieser Methoden wird ein¬
gehend besprochen und ihre Brauchbarkeit kritisch geprüft. Besonders
die Gefrierpunktsemiedrigung bei den verschiedenen Krankheiten bespricht
Verf. genau und betont besonders ihren Wert zur Diagnose einer ge¬
sunden Niere, wenn es sich um Nephrektomie handelt. Auch bei der
Cystitis der Prostatiker ist die Kryoskopie gut zu verwerten; bei einem
niedrigen Gefrierpunkt unter 0,6 sieht Verf. von einer Radikaloperation
wegen der vorhandenen Niereninsufficienz ab. Auch die Kryoskopie
des Blutes ist von hohem diagnostischem Wert und Verf. fasst seine
diesbezüglichen Erfahrungen dahin zusammen, dass bei intakten Nieren
die molekulare Konzentration des Blutes eine konstante ist und durch¬
schnittlich einem Gefrierpunkt von 0,65 entspricht. Eine einseitige
Nierenerkrankung bedingt keine Störung des Gefrierpunktes des Blutes.
Der normale Gefrierpunkt d = 0,56 beweist, dass soviel normales funk¬
tionsfähiges Nierengewebe vorhanden ist, als zur vollständigen Ausschei¬
dung der StoSwechselprodukte notwendig ist. Eine Gefrierpunktserniedri¬
gung des Blutes gibt an, dass beide Nieren nicht vollkommen funktions¬
tüchtig sind. Sinkt d auf — 0,6, so sollte man nach der Erfahrung
des Verf. von einer Nephrektomie Abstand nehmen und nur eine Nephro¬
tomie ausführen, die Nephrektomie aber erst folgen lassen, wenn sich
der Gefrierpunkt gebessert hat und zur Norm gestiegen ist, falls dies
jedoch nicht eintritt, von einer solchen überhaupt abzustehen. Auch in
prognostischer Beziehung legt Verf. der Kryoskopie grosse Bedeutung
bei und in vielen Fällen konnte er bei anscheinendem Wohlergehen die
Zunahme der Nierenerkrankung mit der ständigen Zunahme der Gefrier-
punkteemiedrigung nachweisen und lange, bevor das Allgemeinbefinden
auf die Schwere der Erkrankung hinwies, konnte er eine sichere un¬
günstige Prognose stellen, welche sich auch stets bestätigte. Eine ätio¬
logische Zusammenstellung aller operierten Fälle beschliesst die Arbeit.
H. Raubitschek (Wien).
Ueber Pyelitis als Schwangerschaftskomplikation. Von Orlowski.
Monatsber. f. Urologie, 1906, Heft 6.
Verf. berichtet unter Berücksichtigung der Literatur über 3 selbst
beobachtete Fälle von akuter Pyelitis bei Schwangeren. In seinen Fällen
verlief die Erkrankung mit hohem Fieber (bis 40°), Schmerzen in der
erkrankten, in der Mehrzahl der Fälle rechten Seite, Harnverminde-
rung, Albuminurie (im Sediment Leukocyten, Schleim, lmal auch
Eiythrocyten), Dilatation und Tastbarkeit des Nierenbeckens, 2 mal
auch Magen - Darmsymptomen; nachher dann Polyurie. Heilung ohne
chirurgischen Eingriff. Aetiologisch kommt natürlich der Druck des
graviden Uterus auf die Ureteren mit konsekutiver Dilatation derselben
in Betracht, jedoch gehört notwendigerweise noch eine Infektion dazu,
die von der Umgebung, vom Blute aus usw. stammen kann. Die Pyelitis
ist bei Mehrgebärenden häufiger, die rechte Seite ist öfter betroffen;
die Erkrankung stellt sich gewöhnlich in der 2. Hälfte der Gravidität ein.
Die Prognose ist im allgemeinen günstig.
Bezüglich der Therapie sind die Ansichten verschieden. Einige
sind konservativ und behandeln mit Bettruhe, Diät, Lagerung auf die
gesunde Seite, andere sind für rasche Dehnung der Blase oder Spülung
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des Nierenbeckens; wieder andere sind für künstliche Unterbrechung der
Schwangerschaft.
Beim Versagen der konservativen Methoden kommt in den ersten
5—6 Monaten die Nephrotomie, in den letzten Monaten, wenn Hoffnung
auf Erhaltung des vorzeitig geborenen Kindes vorhanden ist, Einleitung
der Frühgeburt in Betracht.
Die 3 Fälle des Verf. wurden konservativ behandelt und geheilt.
R. Pasclikis (Wien).
Tuberculosis of the kidney. Von H. H. Morton. New York Med.
Journ. 1906, 26. Mai.
Die Nierentuberkulose ist, wie man heute weiss, eine hämatogene,
primäre Infektion. Sekundär kann Blasentuberkulose hinzutreten. Ein
ascendierender Prozess gehört zu den grossen Seltenheiten. Die an¬
fänglich isolierten Nierentuberkel verschmelzen, es kommt zu Cavernen-
bildung und Knötchen an der benachbarten Oberfläche. Um die Kapsel
bilden sich narbige Verdickungen oder perinephritische Abscesse. Der
Ureter kann durch einfache Entzündung verdickt, obliteriert oder in
seiner Schleimhaut tuberkulös verändert sein. Die Blase ist fast immer
spezifisch infiziert. Die Nierentuberkulose beginnt immer einseitig. Erst
nach einiger Zeit wird auch die andere Niere entweder infiziert oder
der Sitz amyloider Degeneration, bzw. chronischer Nephritis.
Von den Symptomen ist am meisten charakteristisch die gesteigerte
Harnfrequenz. Sind die Tuberkelknötchen nicht in das Becken durch¬
gebrochen oder der Ureter obliteriert, so kann der Harn vollkommen
klar sein. Zuweilen treten heftige Schmerzen mit Uebelkeit und Er¬
brechen, Dysurie bei Beteiligung der Blase oder als blosser Reflex auf.
Diagnostisch sind zu verwerten: Erkrankungen der Drüsen, der Knochen,
Lungen, der Epididymis, Prostata und der Samenblasen. Die Tuber¬
kulose kann auch von einer verschleppten Gonorrhöe ausgehen. Reich¬
liches Eitersediment, besonders bei Fehlen von Mikroorganismen, ist
immer verdächtig. Bazillen werden in 70—80 °/ 0 der Fälle gefunden,
bei negativem Befund soll das Tierexperiment herangezogen werden. Die
Cystoskopie zeigt charakteristische Veränderungen an den Ureterpapfllen
{Kongestion, Ulcerationen, Hämorrhagien), sichtbaren Eiterausfluss aus
einem oder beiden Ureteren. Wichtig ist der Vergleich der getrennt
aufgefangenen Harne beider Nieren; zur Bestimmung der Funktions¬
fähigkeit der beiden Nieren dienen die Harnstoffbestimmung, die Phloridzin-
probe und die Kryoskopie. Maligne Tumoren und Urämie üben einen
störenden Einfluss auf die richtige Schätzung des Gefrierpunktes des
Blutes aus. Der Gefrierpunkt des Harns ist bei Nierenerkrankungen er¬
höht, bei einseitiger Affektion nur auf der kranken Seite.
Die Prognose hängt davon ab, ob nur eine oder beide Nieren er¬
griffen sind. Im ersteren Falle ist die Nephrektomie angezeigt, bevor
die andere Niere oder die Blase initerkranken, und in diesem Falle ist
die Prognose eine gute. Der Verlauf des Nierenprozesses bei nicht
operierten Fällen ist ein sehr langsamer; schliesslich kommt es in der
Regel zu einer allgemeinen tuberkulösen Infektion. Auch das perirenale
Gewebe erkrankt, vereitert und der Abscess macht sich als schmerz¬
hafter Tumor mit Fieber, Schüttelfrösten und grosser Prostration be¬
merkbar.
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Bei Pyonephrose sind Nephrotomie und Drainage notwendig, selbst
wenn beide Nieren krank sind. Die Nephrektomie hingegen kommt
nur bei relativ guter Funktionstüchtigkeit der anderen Niere in Frage;
seihst massige Blasen- oder Lungentuberkulose bildet keine Kontraindi¬
kation. Ein spontanes Ausheilen der Nierentuberkulose ist ein ganz
ungewöhnliches Vorkommnis. Karl Fluss (Wien).
Echinococcus der Niere und dessen Diagnostik. Von Baradulin.
Monatsber. f. Urologie, 1906, 9. Heft.
Ein 45 jähriger Patient, der seit seinem 16. Jahre Schmerzen in
der rechten Lende hat; die Schmerzen traten jährlich auf unter Schüttel¬
frost und dauerten mehrere Tage. Seit 12 Jahren Schmerzen beim
Urinieren; vor 7 Jahren einmal nach einer heftigen Schmerzattacke
Entleerung von Blasen mit dem Harn, ein Vorgang, der seither jedes
Jahr 1 —2 mal sich wiederholte. Objektiv fand sich eine kindskopfgrosse
Geschwulst in der rechten Bauchseite, die undeutlich begrenzt war;
Leberrand 1 Querfinger unter dem Rippenbogen, Nierengegend empfindlich.
Im Harn kein Eiweiss, im Sediment körnige und Epitheleylinder, Leu-
kocyten. Die Laparotomie ergab, dass die Leber intakt war; nach Schluss
der Bauchhöhle Freilegung der Niere, die der Sitz eines grossen Echino¬
coccussackes war, Einnähung des Sackes in die äussere Wunde, Drainage.
Glatter Verlauf; Patient wurde mit einer Fistel entlassen, aus der hier
und da Blasen sich entleerten.
Bei der Seltenheit des Nierenechinococcus ist die ohnehin schwierige
Diagnose noch komplizierter. Die Kardinalssymptome sind: Geschwulst
und Abgang von Blasen. Für Echinococcus spricht, wenn sich der
Tumor langsam ohne Schmerzen und Fieber, ohne Veränderung des All¬
gemeinbefindens entwickelt hat. Hydatidenschwirren ist höchst selten.
Probepunktion ist gefährlich und daher zu verwerfen.
Operation der Wahl: Freilegung der Niere durch Lumbalschnitt,
Sektionsschnitt und Entfernung des Sackes; nicht Nephrektomie, da zu
viel gesundes Nierengewebe ihr geopfert wird.
R. Paschkis (Wien).
Two cases of stricture of the ureter; two cases of hydronephrotic
renal pelvis successfally treated by plication. Von H. A. Kelly.
Johns Hopk. Hosp. Bullet. 1906. Juni.
Der vom Verf. beschriebene Fall von Striktur des Ureters bei einer
Frau betraf die Schleimhautfiäche desselben am vesikalen Orificium. Im
eystoskopischen Bilde sah man eine alle 5 bis 10 Sekunden hervor¬
tretende cystische Anschwellung neben der Uretermündung mit gleich¬
zeitigem stärkerem Urinabfluss. Die Behandlung bestand in der Er¬
weiterung der Uretermündung mit einer vesikalen Schere in der Knie-
Ellenbogenlage, worauf die Cyste dauernd verschwand. Die Symptome
waren heftige Schmerzen und Fieber. Einen ähnlichen, mit heftigen
Schmerzen verlaufenden und durch Inzision nach der Sectio alta geheilten
Fall berichtet Adrian, der in der Literatur 52 Fälle von cystischer
Dilatation des Ureters fand.
Der zweite Fall betraf eine Striktur des Ureters nahe dem Nieren¬
becken ohne Adhäsionen oder Zeichen von Entzündung, mit Hydro-
nephrose und heftigen Schmerzanfällen. Nach Eröffnung des Nieren-
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beckens wurde die Striktur von oben her mit Metallk&thetern bis zu
5 mm Dicke erweitert, dann die Wunde im Nierenbecken geschlossen
und die Niere reponiert. Der Patient blieb seit 6 Jahren beschwerdefrei.
Die Diagnose der Hydronephrose stellte Verf. in einem Falle aus
dem Befund eines Tumors. Dem Verschwinden desselben mit nach¬
folgender Steigerung der Harnmenge und der künstlichen Hervorrufung
der gleichen Art von spontanen lancinierenden Schmerzen nach Injektion
von 135 g Flüssigkeit ins Nierenbecken. Bei der Operation zeigte sich,
dass der Ureter 3 cm oberhalb des unteren Poles des Nierenbeckens von
demselben abging. Das Nierenbecken wurde durch einschnürende Nähte
verkürzt und dadurch in eine normale Beziehung zum Harnleiter ge¬
bracht, die Niere an Bippe und Muskel fixiert. Die Pat. genas, die
Kapazität des Nierenbeckens betrug nunmehr 18 ccm.
In einem zweiten Falle mit Schmerzen in der rechten Lendengegend
und nachfolgendem reichlichem Eiterabgang mit dem Harn stellte Verf.
durch die erwähnte Injektionsmethode beiderseitige Hydronephrose und
rechtsseitige Pyelonephrose fest. In einer Sitzung wurden dann zwei
vaginale Operationen, Appendektomie, Entfernung der entzündeten Tube,
Verkürzung der Ligam. rotunda und beiderseitige Verkürzung des Nieren¬
beckens mit Nephropexie vollzogen. Die Pat. genas nach 10 Wochen,
im Harn waren nur wenige Leukocyten, der Nierentumor nicht mehr
tastbar. Trotz der Gefahr der Operation an einer kranken Niere schien
der Eingriff dem Verf. wegen des Zustandes der anderen Seite gerecht¬
fertigt. Karl Fluss (Wien).
III. Bücherbesprechnngen.
Atlas der orthopädischen Chirurgie in Röntgenbildern. A. Hoffa
und L. Rauenbusch. 137 Bilder auf 80 Tafeln in Lichtdruck
mit erklärendem Text. Stuttgart, F. Enke, 1906.
Der neue Atlas ist ungemein reichhaltig und zeichnet sich durch
Vortrefflichkeit und Schönheit aller Tafeln ohne Ausnahme aus. Die
Verfasser sind ebenso zum Gelingen der Originalaufnahmen, wie der Ver¬
leger zur Ausführung der Reproduktionen zu beglückwünschen. Die
Ausstattung lässt nichts zu wünschen übrig.
Auch die Auswahl ist gut getroffen und bezieht sich auf all© radio¬
graphisch darstellbaren Gebiete der Orthopädie. Die Erkrankungen des
Hüftgelenks, Luxation, Coxa vara und Coxitis, nehmen den grössten
Raum ein, die Deformitäten der Wirbelsäule sind gut vertreten, die der
Ober- und Unterextremitäten reichlich illustriert. Nächst der Tuber¬
kulose sind Fälle von Arthritis chronica, Knochenatrophie verschiedener
Art, Syphilis, chronische Osteomyelitis, Rachitis, angeborene Deformitäten
und Tumoren aufgenommen, frische Osteomyelitis und Frakturen, soweit
sie nicht speziell orthopädisches Interesse beanspruchen, weggelassen.
Wir wünschen dem selten schönen Werk die weiteste Verbreitung
unter Chirurgen, Orthopäden, Radiologen und pathologischen Anatomen
sowie Aerzten und Studenten überhaupt. Kienböck (Wien).
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Syphilis da poumon chez l’enfant et che* radulte. Von Böriel.
346 pages avec 22 figures et 1 planche en couleur, Paris, G. Stein-
heil, 1906.
Yerf. gibt eine monographische Bearbeitung dieses schwierigen und
riehunstrittenen Gebietes. Besonders eingehend sind die pathologisch¬
anatomischen Veränderungen geschildert, und zwar sowohl die beim Neu¬
geborenen wie bei dem Kinde als auch die beim Erwachsenen zur Be¬
obachtung gelangenden. Er hebt die akuten Formen, die Lungengummen,
die pneumonischen und sklerotischen Formen hervor und beschäftigt sich
namentlich auch mit den syphilitischen Bronchiektasien.
Auch der klinische Teil ist ziemlich umfangreich. Von besonderem
Interesse sind die eingehend geschilderten Beziehungen zur Tuberkulose
und Bronchiektasie. Diagnose und Differentialdiagnose sind eingehend
gewürdigt; ein umfangreiches Kapitel behandelt die Therapie.
Die Literatur ist sehr genau berücksichtigt und sowohl im Texte
als auch zum Schlüsse des Werkes ausreichend hervorgehoben. Einige
eigene Beobachtungen sind in den Text verflochten.
Bei Lektüre dieser lesenswerten Monographie erhält man den Ein¬
druck, dass die Lungensyphilis doch häufiger sein dürfte, als man ge¬
meiniglich annimmt, wenn auch die Diagnose vieler publizierter Fälle
einer eingehenden Kritik gegenüber kaum Stand halten dürfte.
Hermann Schlesinger (Wien).
Ueber Morbus Basedowii, Theorie und Behandlung. Von O. v.
Boltenstern. Würzburger Abhandlungen, 1906. Stuber’s Verlag.
Verf. bespricht zunächst die Symptomatologie. Als auslosende
Momente nennt er psychische Traumen, schwere körperliche Anstrengungen,
Infektionskrankheiten, gewisse Vorgänge in der sexuellen Sphäre beim
weiblichen Geschlechte. Hierauf werden die zahlreichen Theorien der
Erkrankung einer kritischen Sichtung unterzogen und die Behandlung
ausführlich besprochen. Die physikalisch-diätetische Therapie besteht
in ITeberernährung (reichlich Milch, wenig Fleisch, vorwiegend vege¬
tabilische Kost), Buhe und Luftveränderung, Vermeidung von Strapazen
nnd geschlechtlichen Aufregungen, Sorge für reichlichen Schlaf, psychische
Behandlung durch hypnotische Suggestion oder moralische Beeinflussung,
milde Hydrotherapie (Einwicklungen mit nachfolgender Abkühlung, Herz-
kühJer, heisser Bückenschlauch), Eisen- und kohlensaure Bäder, Vibra¬
tionen am Hals und Nacken, Galvanisation des Halssympathicus, elektrische
Dader. Böntgenbehandlung. Von internen Mitteln werden verwendet:
Eisen, Arsen, Belladonna, eventuell Herztonika, ferner Brom, Phosphor
in der Form von Natrium phosphoricum, Thyreoidintabletten, in einzelnen
Fallen Ovarialtabletten, Antithyreoidin, Milch von thyreoidektomierten
Ziegen, Rodagen. Besonders durch das letztere Mittel wurden subjektiv
nnd objektiv zahlreiche Besserungen erzielt, wenn es auch nach den bis¬
herigen Erfahrungen nicht als ein absolut wirkendes Heilmittel gegen
die Basedowsche Erkrankung zu betrachten ist. In letzter Zeit hat
das Antithyreoidinserum Möbius die grösste Verwendung gefunden, doch
lässt sich in keinem der beobachteten Fälle von wirklicher Heilung
sprechen. Der Autor fasst die Wirkung des Serums folgendermassen
zusammen : „Die Therapie ist keine kurative. Das Serum wirkt präventiv
gegen das Fortschreiten der Symptome oder verhindert eine weitere
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206
Intoxikation des Organismus. Durch Neutralisierung des Basedowgiftes
gewährt es den Organen eine Art von Rekonvalescenz, ohne natürlich
pathologisch-anatomisch destruierte Organe wiederherzustellen.“
Einzelne Chirurgen nehmen den Standpunkt ein, dass „alle Basedow¬
kranken auf die chirurgische Abteilung gehören“. Wenn auch Verf,
diesem Standpunkt nicht beipflichten kann, so gesteht er dennoch zu,
dass der partiellen Strumektomie die schnellsten und nachhaltigsten
Wirkungen zukommen. Doch ist die Operation nicht ungefährlich, da
die Gefahr der Herzschwäche und des Auftretens unangenehmer post¬
operativer Erscheinungen besteht. Um Ausfallserscheinungen zu ver¬
hüten, operieren die Chirurgen unter Wegnahme kleinerer Teile der
Schilddrüse mehrzeitig. Wilhelm Neutra (Wien).
Kosmetische Hautleiden. Von Jessner. Würzburg 1907, A. Stübers
Verlag. Preis Mk. 2.
In dem vorliegenden Büchlein bespricht Jessner nur jene Haut¬
affektionen, welche in der Hauptsache entstellend wirken, die Schönheit
beeinträchtigen, d. h. Schönheitsfehler sind. Zunächst werden die an¬
geborenen Haut Veränderungen: Die Muttermäler (Naevi)
und die Fischschuppenkrankheit (Ichthyosis), dann die Ano¬
malien der Hautsekretion (Asteatosis, Anhidrosis, Se¬
borrhoe, Hyperidrosis), ferner die Mitesserbildung (Korne-
donenbildung), die Finnenbildung (Akne vulgaris) und die
Akne rosacea, Intertrigo, die Verfärbungen der Haut,
Pigmentanomalien (Naevus pigmentosus, Lentigo, Ephe¬
lia, Chloasma) besprochen. Daran schliessen sich die Kapitel über
die Hyperkeratosen: Callus (Schwiele), Clavus (Hühnerauge),
Verruca (Warze), und endlich die Veränderungen der Haar¬
farbe und -Menge und die Nagelveränderungen.
Die genannten Veränderungen werden vom rein praktischen Stand¬
punkte geschildert. Diese für den praktischen Arzt geschriebenen Vor¬
träge enthalten eine Fülle von therapeutischen Winken, aus denen er
manche recht wertvolle Belehrung wird entnehmen können.
Otto Sachs (Wien).
Annalen der Schweizerischen Baineologischen Gesellschaft Re¬
daktion : Dr. Herrmann Keller in Rheinfelden. Druck und Verlag
von H. R. Sauerländer & Co., 1905, Aarau.
Vor uns liegt das 1. Heft der Annalen, welche in einem eigenen
Organ veröffentlicht sind und sämtliche bis jetzt gehaltenen Vortrage
enthalten. Das 160 Seiten umfassende Buch ist ein Beweis für die
streng wissenschaftlichen Bestrebungen des Vereins in einem Lande, das
durch seine Vielsprachigkeit wohl so manches Hindernis zu beseitigen
gab. Da finden wir vor allem 3 Artikel über Kohlensäurebäder. Der
erste von Dr. H. K e 11 e r - Rheinfelden ist betitelt: Die physio¬
logische Wirkung der Solbäder und der kohlensäure¬
haltigen Solbäder und beschäftigt sich hauptsächlich mit der Frage
der Hautresorption im Bade sowie mit den physiologischen Einzel¬
wirkungen der Solbäder und der kohlensäurehaltigen Solbäder. Die
2. Arbeit von Dr. Paul Roethlisberger: „Zum Studium der
kohlensäurehaltigen Chlornatrium-Schwefelthermen von
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Baden (Schweiz)* 4 bringt in ausführlicher und übersichtlicher Weise
an der Hand von Tabellen und Blutdruck-Kurven die Resultate von Ver¬
suchen, die in bezug auf Körpertemperatur, Pulsform, Blutdruck, Puls¬
zahl, Respiration und Stoffwechsel angestellt wurden. Der 3. Artikel
von Privatdozent Dr. E. de la Harpe: „Ueber die unmittel¬
bare Wirkung der kohlensauren Bäder auf den Blut¬
druck“ gibt dem Autor Gelegenheit, die eigenen Erfahrungen wieder-
zngeben. Nach seinen Messungen sinkt in den meisten Fällen der Blut¬
druck, und zwar beträgt die Abnahme im Mittel 35 mm Quecksilber.
Die praktischen Schlussfolgerungen sind: 1. absolute Buhe nach dem
kohlensauren Bade, 2. vorsichtige Anwendung der Bäder bei vor¬
handenem niedrigem Blutdruck, 3. Aussetzen der Bäder bei niedrigem
Druck und träger Herzaktion.
In einem kurzen Aufsatze: „Einige Bemerkungen zur Kost
in unseren Kurorten“ bemängelt Dr. C. Rohr das TTeberwiegen
der Fleischkost gegenüber Gemüsen, Mehlspeisen und Obst; da gerade
die Fleischspeisen das Bedürfnis nach Alkohol erwecken, so geht der
Wein- und Bierverbrauch parallel dem Fleischkonsum.
Eine weitere Arbeit von Dr. G. Soffiantini: „Cura della
sifilide colle acque minerali" räumt den Schwefelwässem den
ersten Platz ein, es folgen sodann die chlor-, jod- und bromhaltigen,
sodann die Eisen- und Arsenwässer. Gegen die begleitende Kachexie
ist eine Kaltwasserkur angezeigt.
Zum s Schlüsse sei noch eine Arbeit von Dr. Hans Philippi er¬
wähnt „Uber Indikationen und Kontraindikationen des
Hochgebirges“. Der Direktionsarzt des neuen Sanatoriums Davos-
Dorf stützt sich dabei auf eine zweijährige Erfahrung und teilt den Stoff
a) in sichere Indikationen, b) zweifelhafte Indikationen, c) absolute
Kontraindikationen. Unter den letzteren führt er namentlich an:
schwere Dungen-, Larynx-, Darm- und Nierentuberkulose, nicht kompen¬
sierte Herzfehler, Nephritis, schwere Formen des Rheumatismus, Gicht,
Diabetes und Anämie sowie Leukämie und Neuropsychosen.
Herrnstadt (Wien).
Inhalt.
I. Sammel-Referate.
P o 11 a k,R., Scarlatina puerperalis(Schluss),
p. Iöi —172.
Schirmer, K. H., Die Röntgenbehand¬
lung der malignen Tumoren (Schluss),
p. 172—183.
II. Referate.
A. Knochen, Gelenke.
Ahlberg, N. A., Om osteitis deformans,
p. 183.
Theilhaber, Zur Lehre von der Be¬
handlung der Osteoraalacie, p. 184.
Riese, Operation bei Barlow’scher Krank¬
heit, p. 184.
Ebstein, E., Zur klinischen Geschichte
und Bedeutung der Trommelschlägel¬
finger, p. 184.
Foelker, A. F. und Handley, W. S.,
A case of multiple pneumococcal epi-
physitis, p. 185.
Voltz, W., Ueber kongenitale vollkom¬
mene Synostose der Wirbelsäule in
Verbindung mit Wachstumsanomalien
der Extremitätenknochen, p. 185.
Hoffa, A., Ueber das Marmorek-Serum
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t-S
208
in der Therapie der chirurgischen Tuber- j
kulosen, p. 186.
Schroeder, W. E., The signifiance of
skull defects, p. 186.
Quercioli, V., Annotazione cliniche di
traumatologia e fisiopatologia spinale
con 16 osservazioni originali, p. 187.
üllcr, G. P., Bon cysts, p. 187.
eyden, E. v. und Bassenge, L.,
Ein Fall von Krebsgeschwulst des Kreuz¬
beins, p. 188.
B. Magen.
Disse, Weitere Mitteilungen über das
Verhalten des Schleims im Magen von
menschlichen Embryonen und Neuge¬
borenen, p. 189.
Hacker, Mehrjährige Magenfistelemäh-
rung bei völligem Narbenverschluss der
Speiseröhre, p. 189.
White, W. H., Gastroxatis or oozing of
blood from the mucous membrane of
the storaach, p. 190.
M a c C a 11 u m, H. A., Gastric neurasthenia,
p. 191-
Gordon, J. F., A case of recurrent un-
controllable vomiting ending in death,
p. 192.
Luccarelli, Süll’ uso dell* acqua contro
i comiti consecutivi alle cloronarcosi,
p. 192.
Gelpke, Zur Frage der chirurgischen
Behandlung nicht krebsiger Magenleiden.
Gastroenterostomie oder Pyloroplastik
plus Gastropexie? p. 192.
Kramer, Beiträge zur Pathologie und
Therapie der gutartigen Pylorusstenosen,
p. 193 .
Cantley, E., Stiles, H. J. und Put-
nam, Ch. P., I. A discussion on con¬
genital pyloric Stenosis, p.194; ILPylorus-
stenose bei Kindern, p. 195; 111 . Be¬
richt über 1 Fall vod Pylorushypertrophie,
p. 196.
Hab er er, H. v., Ein seltener Fall von
Stenose des Magens und des obersten
Dünndarms, p. 197.
Fraenckel, P., Untersuchungen zur
Entstehung der sogenanten spontanen
Magenruptur, p. 197.
Ruediger Rydygier, L. v., Zur chi¬
rurgischen Behandlung des Magenge¬
schwürs, p. 198.
Macartney, D., Two cases of perfora-
ted gastric ulcer successfully operated
on, p. 198.
C. Niere, Ureter.
Jungano, M., Les lesions anatomo-
pathologiques du rein dans rinfection
experimentale provoquee par le trypano-
some Brucei, p. 199.
Welander, E., Zur Frage der Abson¬
derung des Quecksilbers durch den
Ham, p. 199.
B o g r o w, S. L., Quecksilberausscheidung
bei Injektionen von Salicylarsenat Hy-
drargyri (Enäsol), p. 199.
K o 1 i s c h e r und Schmidt, Ein Versuch,
die Bestimmung des elektrischen Lei¬
tungswiderstandes des Urins für klinische
Zwecke zu benützen, p. 200.
Kümell, H., Ueber moderne Nieren¬
chirurgie, ihre Diagnose und Resultate,
p. 200.
O r 1 o w s k i, Ueber Pyelitis als Schwanger-
Schaftskomplikation, p. 201.
Morton, H. H., Tuberculosis of the
kidney, p. 202.
B a r a d u 1 i n, Echinococcus der Niere und
dessen Diagnostik, p. 203.
Kelly, H. A., Two cases of stricture of
the ureter; two cases of hydronephrotic
renal pelvis successfully treated by pli-
cation, p. 203.
III. Bücherbesprechungen.
Hoffa, A. und Rauenbusch, L., Atlas
der orthopädischen Chirurgie in Rönt¬
genbildern, p. 204.
B 6 r i e 1 , Syphilis du poumon chez l’enfant
et chez l’adulte, p. 205.
Boltenstern, O. v., Ueber Morbus
Basedowii, Theorie und Behandlung,
p. 205.
J e s s n e r, Kosmetische Hautleiden, p. 206.
Keller, H., Annalen der Schweizerischen
Baineologischen Gesellschaft, p. 206.
Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Profeasor
Dr. HERMANN SCHLESINGER, Wien, I, Ebendorferstrazse 10, wird gebeten«
Man bittet, redaktionelle Zuschriften mit dem Adreszenzosatz „Für die Redaktion des
Centralblattes für die Grenzgebiete* 4 versehen zu wollen.
* _
Lippert 6 Co. (G. Pätz'sche Buchdr.), Kaumburg a. S.
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CENTRALBLATT
für die
Grenzgebiete der Medizin u. Chirurgie.
Herausgegeben von
Dr. Hermann Schlesinger,
Professor an der Unirersitlt Wien.
Verlag tob GUSTAV FISCHES in Jen*.
X. Band.
Jena, 4. April 1907
Nr. 6.
D»s Centralblatt für die Grenzgebiete der Medizin und Chirurgie erscheint in
nraaglosen H&ften im Umfange von etwa 3 Druckbogen, die zu einem Bande
vereinigt werden, dessen Umfang 60 Druckbogen betragen wird. Das Abonne¬
ment für das Centralblatt kostet 24 Mark für den Band. — Die Abnehmer
der ffffMhmgen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, herausgegeben
von A von Eiseisberg und B. Naunyn, erhalten das Centralblatt
zum Vorzugspreise von 20 Mark.
L Sammel-Beferate.
Die neuropathischen Knochenaffektionen (mit
Ausschluss der tabischen u. syringomyelischen
Arthropathien und Spontanfrakturen).
Von Dr. Fritz Tedesko (Wien).
Literatur.
Die mit einem Sternchen bezeichnten Werke waren mir nur im Referate zugänglich.
I*) Achard et Levi, Nouv. Iconogr. de la Salp£tri&re 1898, jouillet
2) Adler, Ueber tabische Knochen- und Gelenkserkrankungen. Centralbl. f.
d. Grenzgeb. der Medizin und Chirurgie, 1903, No. 22 u. 23.
3) Adrian, C., Das „Mal perforant“, ibidem, 1904, No. 9 u. ff.
4*) Arning, Demonstration auf der internationalen Leprakonferenz, Berlin 1897.
5*) Arnozan, Lesions trophiques consecutives aux lösions du syst&me nerveux.
These d'agreg^tion, Paris 1880.
6) Auerbach, Gelenkserkrankung bei Syringomyelie. Deutsche med. Wochen¬
schrift, 1896, Vereinsbcil. p. 108.
7I Babes, V., Die Lepra. Nothnagel’s spez. Path. u. Ther., Bd. XXIV, 1901.
8) Baud et, La resorption progressive des arcades alveolaires ou mal perforant
buccal. Arch. gin. de m£dec., 1897.
9) Berent, W., Zur Aetiologie osteoarthropathischer Veränderungen. Berl.
kiin. Wochenschr., 1903, p. 75.
10) Bernhardt, M., Die Erkrankungen der peripherischen Nerven. Noth«
nagelt spez. Path. u. Ther., Bd. XI, 1895.
11) Blanchard, Note sur les modifications anatomiques, que pr£sentent les
os dans fataxie locomotrice. Compt. rend. de la Soc. de biologie, 1881, p. 60.
12) Bleuler, Zur Aetiologie und Therapie der nichtpuerperalen Osteomalacie.
Münchener med. Wochenschr., 1893, No. 15, p. 277.
13*) Blum, Th&se d’agr^gation 1875, cit - nach und Bonnet.
Ontnlblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 14
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210
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14) Borcbardt, Die Knochen- und Gelenkerkrankungen bei der Syringomyelie.
Deutsche Zeitschr. f. Chir., 1904.
15) Bregmann, Ein kasuistischer Beitrag zur progressiven Muskelatrophie.
Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk. 1899, p. 254.
16*) Bougl6, These de Paris 1896, cit. nach Gayet und Bonnet.
17) Biidinger, Ueber tabische Gelenkserkrankungen. Wien 1896.
18) Cassirer, Die vasomotorisch-trophischen Neurosen. Berlin 1901.
19) Charcot, Arthropathies, luxations et fractures spontanees. BulL et mem.
de la Soc. anatom. de Paris 1873, p. 774.
20*) D e r s., Luxations pathologiques et fractures spontanöes. Arch. de Physio¬
logie 1874.
2l # ) Chat in und Cade, Deformations hippocratiques des doigts avec lesions
osseuses dans la nephrite et la cirrhose biliaire. Lyon. M6d. XXIII, 35, 1901. Ref.
in Schmidt’s Jahrb. 1902, p. 195.
22*) Chompret, J., Mal perforant buccal ou n^croses multiples du maxillairt
chez un tabetique. Arch. gen. de medec. 80. Ann. T. 11.
23) Curschmann, H., Ueber regressive Knochenveränderungen bei Akrome¬
galie. Fortschr. a. d. Geb. der Röntgenstr., Bd. IX, p. 83.
24) Debove, Sur les lesions osseuses, qui surviennent chez les hömipl^giques.
Bull, et m£m. de la Soc. des h&p. de Paris 1884, 14 octobre. V
25) Dejerine, G. und Theohari, A., Sur Patrophie des os du cot£ para-
lyse dans Ph^miplegie de l'adulte. Compt. rend. de la Soc. de biolog. 1898,
19 f<6vrier.
26*) Destot, Soc. des Sciences medic. de Lyon 1899, cit. nach Gayet und
Bonnet.
27) Deyke Pascha, Knochenveränderungen bei Lepra nervorum im Röntgen¬
bilde. Fortschr. auf dem Geb. der Röntgenstrahlen 1905, Bd. IX, H. I, p. 784.
28*) Dmitrewsky, Zur Frage über die pathologisch-anatomischen Verände¬
rungen der Knochen bei Geisteskranken. Inaug.-Diss. Petersburg 1895.
29) Eichhorst, H., Ueber die Beziehungen zwischen Myositis ossificans und
Rückenmarkskrankheiten. Virch. Arch., Bd. CXXXIX, p. 193.
30) Embden, Diskussion zu Sudeck’s Vortrag in der Sitzung des Aerztüchen
Vereins zu Hamburg, 18. Februar 1902, ref. Neurol. Cbl. 1902.
31) Etienne, Sur les atrophies musculaires progressives d'origine myelopathique.
Nouv. Iconogr. de la Salpetrige 1899, p. 358.
32) Eulenburg, Ueber einen schweren Fall von infantiler familiärer Muskel¬
atrophie etc. Deutsche raed. Wochenschr. 1896, p. 458.
33) Exner, A., Beiträge zur Kenntnis der akuten Knochenatrophie. Fortschr.
a. d. Geb. der Röntgenstr., Bd. VI, p. 1.
34) Fischer, Ueber trophische Störungen nach Nervenverletzungen an den
Extremitäten. Berl. klin. Wochenschr. 1871, No. 13.
35) Förster, Ueber trophische Störungen bei Lähmungen. Deutsche med.
Wochenschr. 1880, No. 50.
36) Frank, K., Ueber tabische Osteoarthropathien der Wirbelsäule. Centralbi.
f. d. Grenzgeb. der Med. u. Chir. 1904, No. 15, p. 561.
37) Friedreich, Ueber progressive Muskelatrophie. Berlin 1873.
38) Gayet et Bonnet, Les alterations osseuses d’origine nerveuse. Arch.
g£n6r. de med. 1901, 78. annee, Nouv. serie T. V, p. 495.
39*) Le Gendre, Deformation considdrable des os du squelette chez un sujet
atteint depuis longtemps d’atrophie musculaire. Gaz. m6d. de Paris 1860, No. 23.
40) Ghillini, C., Untersuchungen Über den Einfluss der Nervenverletzungen
auf das Knochenwachstum. Zeitschr. f. orthop. Chirurgie, Bd. V.
41*) D ers., Intorno all* influenza delle lesioni nervöse sullo svillupo delle osse.
II Policlinico, Vol. IV, 1897.
42*) Gilbert, A. et Lerebouillet, P., Le doigt hippocratique dans les
cirrhoses biliaires. Gaz. hebdomaire de Mdd. et Chir. 1901.
43) Goldscheider, Ueber neurotische Knochenatrophie und die Frage der
trophischen Funktionen des Nervensystems. Zeitschr. f. klin. Medizin, Bd. LX, 1906, p. I.
44) Goltz, Ueber Beobachtungen an Tieren, denen umfangreiche Abschnitte
des Rückenmarks entfernt waren. Neurol. Centralbi. 1892, p. 390.
45) Graf, E., Ueber die Gelenkserkrankungen bei Syringomyelie. Beitr. zur
klin. Chir. 1893, Bd. x » H. 3.
45 Ä ) Grunert, Ueber pathologische Frakturen (Spontanfrakturen). Deutsche
Zeitschr. f. Chir., Bd. LXXVI, p. 254.
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46) Gudden, Ueber die Rippenbrüche bei Geisteskrankheiten. Arch. f. Psy¬
chiatric, Bd. II, 1870, p. 682.
47) Guinon et Souques, Ddformations thoraeiques dans la myopathie pro-
gressire primitive. Bull, et mdm. de la Soc. anatom. de Paris, 19. Juni 1891.
48) Haushalter, Un cas de dermoneurofibromatose. Nouv. Iconogr. de la
Salp^triere 1900, p. 638.
49) Helly, Die hämatopoetischen Organe in ihren Beziehungen zur Pathologie
des Blutes. NothnagePs spez. Path. u. Therap., Bd. VIII, 1906.
50) Herissey, P., Etüde clinique sur les troubles trophiques dans la paralysic
generale. C. Naud, Paris 1903.
51) Herz, M., Zur Frage der mechanischen Störungen des Knochenwachstums.
Deutsche Zeitscbr. f. Chir. 1901, Bd. LX, p. 398.
52) Hirschfe 1 d, H., Ueber Vergrösserung der Hände und Füsse auf neuri-
tischer Grundlage. Zeitschr. f. klin. Med. 1902, p. 251.
5 3 ) Hers., Ein Fall von trophischer Störung der Haut, der Nägel und Knochen
eines Fusses nach Nervenverletzung. Fortschr. der Medizin 1899, Bd. XVII, p. 441.
54) Hoffmann, Ueber Kiefernekrose bei Tabes. Berl. klin. Wochenschrift
1%, So. 12.
55*) Hoisnard, Contribution ä Pdtude de la neurofibromatose generalis^e.
These de Paris 1898, cit. nach Gay et und Bonnet.
5ö*J Jam in, Beiträge zur Kasuistik der Dystrophia muscularis progressiva,
klangen 1896.
57 *) Jeanselme, Etüde histologique sur un cas de roaladie des Reckling¬
hausen. Soc. de dermat. et de syphiligraphie. 10. November 1898, cit. nach Marie-
Couvelaire.
58) Ders. et Milian, De Padenopathie susepitrochleenne dans la syringo-
m y^Üe, type Morvan. Bull, et mem. de la Soc. des h6p. de Paris, 22. Mai 1899.
59) Jendrässik, Ueber die Hemiatrophia faciei. Deutsches Arch. f. klin.
Medizin, Bd. LIX, p. 222.
60) Ders., Allgemeine Betrachtungen über das Wesen des vegetativen Nerven¬
systems. Virch. Arch., Bd. CXLV, p. 427.
61) Kalischer, Ein Fall von Tabes mit Kiefernekrose. Deutsche med. Wochen-
; chrift 1895, No. 19, p. 304.
62) Kaps am me r, G., Kallusbildung nach Ischiadicusdurchschneidung. Wiener
Win. VVochenschr. 1897, No. 13, p. 308.
63) Ders., Das Verhalten verletzter Knochen nach Ischiadicusdurchschneidung.
Dangenbeck’s Arch. 1898, Bd. LVI.
(Schluss der Literatur folgt.)
Virchow 1 * 4 ), der als erster in seinem Handbuch der speziellen
Pathologie und Therapie den Ausdruck „neurotische Knochenatrophie“
gebrauchte, spricht 26 Jahre später gelegentlich der Demonstration
eines Kranken, den er und Romberg gemeinschaftlich beobachtet
batten, folgenden Satz ans: Es gibt wenige Erscheinungen im Ge¬
biet der Nervenpathologie, welche so sehr zur Erklärung anreizen
und in welcher die Natnr scheinbar ein so scharfes Experiment für
die Trennung der verschiedenen Faserarten in den peripherischen
Nerven vorfährt, wie die neurotische Knochenatrophie. Und so
bähen eine grosse Anzahl von Antoren auf experimentellem, klini-
Khem, anatomischem, chemischem und in iüngster Zeit auch radio¬
logischem Wege die Lösung des Wesens der neuropatbischen Knochen¬
affektionen anzubahnen gesucht. Der Ansdruck „neuropathische,
nervöse, neurotische, ueuritische Knochenaffektionen“ nimmt bereits
die ätiologische Beurteilung vorweg, indem er die bei Nervenerkran-
nmgen aller Art beobachteten Knochenstörungen von dem Grund-
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leiden abhängig sein lässt. Die Ernährung und Funktion der
Knochen (die ja grösstenteils eine passive ist) hängt in letzter Linie
unmittelbar mit der Nerventätigkeit zusammen. Der innere Ab«
hängigkeitsgrad der bei Nervenerkrankungen beschriebenen Knochen¬
affektionen zur Grundkrankheit ist ein schwer zu ergründender und
trotz mannigfaltiger Mühe bis heute noch nicht aufgeklärter Vorgang.
Anatomie.
Das Periost ist reich an Nerven, doch gehört der grössere Teil
•derselben nicht ihm selbst an, sondern dem Knochen (Kölliker) 68 ).
ln den langen Knochen treten die Nerven durch die Foramina nu-
tritia ein und verzweigen sich längs der Gefasse; sie leiten ihren
Ursprung sowohl von den Hirn- und Bückenmarksnerven als auch
vom Sympathicus ab. In dem weiteren Verlaufe werden sie marklos;
die Nervenendigungen im Mark sind ihrer Form nach nicht bekannt
(Helly 49 ).
Die bei Nervenleiden vorkommenden pathologischen Knochen¬
formen fallen zum überwiegenden Teile in das Gebiet der Atrophie
(akute und chronische). Hypertrophie der Knochen oder echte
Sklerosierung stellt sich meist in der Nähe von osteoarthropathisch
erkrankten Gelenken ein und ist gewöhnlich das Resultat chronisch
entzündlicher periostaler Prozesse. Eine Ausnahmestellung nimmt
ein Teil der akromegalischen Knochenalterationen ein. Den neuge¬
bildeten Knochen produzierenden Prozessen sind auch die bei Nerven¬
krankheiten häufig beobachteten Exostosen zuzurechnen, die als
zirkumskripte Knochenhypertrophien bisweilen multipel und voll¬
kommen symmetrisch auftreten und diese Fälle a priori auf nervöse
Störungen verdächtig machen (auszuschliessen sind die multiplen,
hereditären, kartilaginären oder knöchernen Auswüchse).
Den Exostosen schliesst sich ein von Tedesko 1 * 1 ) neu beob¬
achteter Typus der Knochenveränderungen an, der als auffallender
Befund bei der Röntgenuntersuchung der Hand eines Syringomyeli-
sehen zutage trat. Die Markhöhle eines in Kontur und Volumen
nur spurenweise veränderten Knochens zeigt sich von einer kom¬
pakten, mit dem Endost zusammenhängenden Knochenmasse ange¬
füllt (Enostosis eburnea). Eine eigentümliche Erkrankung stellt die
bei Syringomyelie (Sokoloff 1U ), Auerbach 6 ), Graf 46 ), Nal-
bandoff 90 ) und bei Tabes (Büdinger 1T ), Kalischer 61 ) beob¬
achtete Spontannekrose, die den ganzen Knochen oder einen Teil
desselben betreffen kann, dar.
Bei den Mischformen zwischen Atrophie und Hypertrophie ist
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die erstere das Primäre, die letztere meist accidentell und fast
immer entzündlichen Ursprungs.
Die an menschlichem Untersuchungsmaterial erhobenen ana¬
tomischen Knochenbefunde sind-spärlich an der Zahl und betreffen
öioss atrophische Knochen (nicht berücksichtigt ist das durch Opera¬
tion oder in cadavere gewonnene Arthropathiematerial!). Unter
diesen sind es wieder die chronischen Atrophien, die anatomisch
genauer studiert sind, während über die akuten oder reflektorischen
Atrophien autoptische Befunde noch nicht vorliegen. Jedoch er¬
möglicht das Röntgenbild, sowohl was Form und Grösse als auch
was die feinere Struktur anlangt, einen vollkommen klaren Einblick
ond gestattet, gut differenzierte Einzelheiten wahrzunehmen.
Die Atrophie besteht im Schwunde des schon gebildeten Knochens,
nicht im Zurückbleiben des wachsenden Skelettes und ist in ihren
reinen Formen von den Inaktivitäts- und senilen regressiven Knochen¬
veränderungen nicht wesentlich verschieden. Sie stellt sich dar als
Porose und Rarefizierung der Substanz, indem 1. die kompakte
Binde durch starke Erweiterung der Gefässkanäle spongiös, 2. ihre
Dicke reduziert wird und 3. die Bälkchen der Spongiosa sich ver¬
dünnen und zugrunde gehen (M. B. Schmidt 110 ). Wenn bei intakt
bleibender äusserer Form der Knochenschwund von der Markhöhle aus
erfolgt, resultiert eine exzentrische, wenn jedoch die Resorption auch
von der subperiostalen Fläche eintritt, eine konzentrische Atrophie.
Die Frage, ob einfache Halisterese, Anlagerung von osteoider
Substanz oder allgemeine Rarefikation vorliegt, ist noch nicht gelöst,
doch lassen Exner’s 88 ) mikroskopische Untersuchungen den letz¬
teren Vorgang als den wahrscheinlichsten vermuten. Die Zahl der
Knochenbälkchen ist in den erkrankten Partien geringer, die noch
vorhandenen sind durchschnittlich dünner als die normalen. Die
äussere Begrenzungsschicht ist bedeutend verschmälert und ist dort,
wo sie dem Gelenkknorpel anliegt, ausserordentlich dünn (wenige
Mären), so dass sie stellenweise bei schwächerer Vergrösserung un¬
sichtbar bleibt; den Knochenbälkchen liegen Zellstreifen an, von
welchen es der Autor unentschieden lässt, ob sie Resorptions- oder
Regenerationsvorgängen dienen.
L o e b 1 und Wiesel 70 ) fanden bei einem Fall von Hemiatrophia
iadei die Spongiosa des Joch- und Scheitelbeins geschwunden, die
Ha versuchen Kanäle von annähernd normaler Weite, am Joch¬
bein im übrigen normale Struktur, die jedoch nach allen Dimen¬
sionen im Vergleich zu Objekten von gleichaltrigen Personen einfach
atrophisch war. Dmitrewsky 28 ) sah bei Paralysis progressiva
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entweder einfache Resorption oder Halisterese. Die knochenbildende
Schicht des Periosts enthält weniger Osteoblasten. Das Knochen¬
mark war entweder fettig oder lymphoid-schleimig und barg stark
erweiterte Gefässe und Pigmentdepots. Hoisnard 66 ) beschreibt
die Schädelknochen, die Claviculae und die Rippen eines Falles von
generalisierter Neurofibromatose als auffallend weich, „mit den
Fingern eindrückbar“.
D e b o v e 24 ) gibt den histologischen Befund der Knochen dreier
Hemiplegiker: Compacta weniger dicht, Markkanal erweitert,
Hävers 'sehe Kanäle dilatiert, Fett vermehrt. Blum 1 ’) beob¬
achtete bei der Autopsie eines Mannes, der sich vor 7 Jahren den
Medianus verletzt hatte, neben einem Neurom an der Schnittstelle
Verkleinerung und Rarefikation des Knochens, der auffallend rotes
Mark enthielt. Hochgradige konzentrische Knochenverdünnungen
trafen Le Gendre 8 ®), Friedrich 87 ) und Schultze 112 ) bei pro¬
gressiver Muskelatropbie an. Schnitze sah den Humerus eines
10 jährigen Knaben bei erhaltener Länge bis zur Dicke eines Mittel¬
fingers geschwunden, inLeGendre’s Fall waren durch totale Re¬
sorption der Spongiosa die ebenfalls verdünnten Compactalamelleu
durchscheinend geworden.
Von den geraden Furchen (coup de sabre), die bei Hemiatropbia
faciei bisweilen in den Knochen verlaufen, soll noch im weiteren die
Rede sein.
Die Halisterese ist in den atrophischen Knochen oft recht be¬
deutend und führt zu echten malacischen Formen (Naumann* 1 ),
Münch 88 ), Virchow 124 ), Herissey 60 ), Lähr 72 ), Gudden 46 ).
Streng von den bisher erwähnten Befunden sind die von Nal-
band off® 0 ) beschriebenen osteomalacischen Knochenaffektionen bei
Syringomyelischen zu sondern. Kienböck 64 ) berichtigt N alban-
d off’s Auffassung und reiht den Fall infolge der vorhandenen
lokalen phlegmonösen Prozesse der akuten Knochenatrophie ein.
Die radiologischen Charakteristika der akuten (reflektorischen,
trophoneurotischen) Knochenatrophie (Sudeck 117-120 ), Kien¬
böck 68 ) 66 ) oder Osteodystrophia acuta (Embden 80 ) bestehen im
Auftreten kleiner, sehr dicht aneinanderliegenden Lücken, wodurch
die normale Struktur verwischt wird und das Ganze ein eigenartiges
fleckig-scheckiges Aussehen bekommt; erst in späteren Stadien nimmt
die Corticalis an der Rarefikation teil. Geht die akute Atrophie in
ein chronisches Stadium über, so erscheint die Spongiosazeichnung
verdünnt, aber auffallend scharf, wie mit einem scharfgespitzten
Bleistift konturiert.
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Chemische Befände.
Die chemische Untersuchung (Exner 88 ) ergab im Vergleich
za normalen Knochen eine Gewichtsdifferenz zwischen 7—67 °/ 0 .
An der Gewichtsverminderung war die organische und anorga¬
nische Substanz im wesentlichen gleichmässig beteiligt. Nur in einem
Falle war der Kalkgehalt gegenüber dem Kontrollknochen im Ver¬
gleiche zur anorganischen Substanz absolut um 10°/ 0 vermindert.
F&sce und Amato fanden bei experimentell erzeugter Knochen¬
atrophie nebst Gewichtsverminderung eine leichtere Löslichkeit in
Salzsäure. Für die Verarmung des porotischen Knochens an Salzen
spricht Leyden’s 78 ) Fall von tabiacher Knochen atrophie, der im
Harn reichlich Kalksalze ausschied.
Experimentelles.
Die Frage, ob die Inaktivität als solche Knochenschwund be¬
dingen könne, haben sich mehrere Autoren zur Beantwortung vor¬
gelegt Basum ovsky 108 ) kam durch vergleichende Versuche (ein¬
fache Funktionsunfahigkeit— Eingipsen nicht neurotomierter Extremi¬
täten) zu dem Schlüsse, dass die Inaktivität nach Durchschneidung
des N. ischiadicus zwar von grossem Einflüsse auf die entstehende
Knochenatrophie, aber nicht die alleinige Ursache sei.
Maass 77 ) gipste bei Kaninchen eine Hinterpfote, die physio¬
logisch im Kniegelenk flektiert ist, in extremer Streckung durch
6 Wochen ein. Ein Einfluss der erzeugten Inaktivität auf das
Wachstum im Sinne einer Atrophie oder Hypertrophie des Extremi¬
tätenskelettes war nicht zu erkennen. Zu ähnlichen Besultaten ge¬
langte Herz 81 ).
Knocbenuntersuchungen an neuro- oder neurektomierten Tieren
stellten an: Schiff 107 ), Nasse 91 ), Kapsammer 88 ), Ghillini 41 ),
Milne Edwards 80 ), Magni 78 ), Fasce 88 ), Amato 88 ), Mante-
gazza 79 ), Ughetti 128 ), Salvioli 100 ). Die Resultate dieser Unter¬
suchungen unterliegen in ihrer Deutung erheblichen Schwierigkeiten.
Erstens muss die durch die motorische Paralyse bedingte Inaktivität
in den Kauf genommen werden, zweitens begünstigt die totale sen¬
sible Leitungsunterbrechung das Entstehen von entzündlichen Weich¬
teilsprozessen, die, bis zum Periost fortgeschritten, hypertrophische
Ostitiden erzeugen können. Wie schwierig und von funktionellen
Varianten abhängig diese Art des Experimentes ist, zeigen die be¬
kannten Tatsachen, dass selbst passive Hyperämie das Knochen-
wachstum steigert (cf. Konsolidation von schlecht heilenden Frakturen
nach dem Verfahren von Bier, Helferich, Dumreicher),
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während dauernde Anämie das Entstehen von Atrophie begünstigt.
Stöltzner und Wichmann 1 * 6 ) konnten nämlich die schädliche
Wirkung der durch Suspension erzeugten Anämie bei rhachitischen
Frakturen nach weisen. Auf diese Art sind auch die nicht konformen
Versuchsergebnisse der Autoren zu verstehen.
Schiff 107 ) war der erste, der Durchschneidung der Nerven
und deren Einfluss auf das Knochenwachstum untersuchte. Bei
einem erwachsenen Hund trat 6 Monate nach der Neurotomie des
N. ischiadicus und cruralis eine beträchtliche Verminderung des
Knochenvolumens auf. Auch bei Katzen und Kaninchen stellte
sich schon im 2. Monate exzentrische Knochenatrophie ein. Bei
einer trächtigen Hündin war nach kompletter Evulsion des Nerven,
vielleicht unter dem Einflüsse der Schwangerschaft, der Knochen
hochgradig atrophisch, dabei auch extrem weich und biegsam. Die
längere Zeit (12—18 Monate) beobachteten Tiere jedoch zeigten auf
der Seite der Nervenläsion Volumsvermehrung des Knochens. Bei
einseitiger Maxillarisdurchtrennung kam es auf der gelähmten Seite
zur Dickenzunahme des Knochens. Salvioli 10 . 6 ) gelangte zu ähn¬
lichen Resultaten wie Schiff, konnte aber die Atrophie durch
Elektrisation oder konstante Temperaturerhöhung des neurotomierten
Gliedes hintanhalten oder sogar in Hypertrophie überführen.
A. Milne Edwards 86 ) dnrchschnitt bei 2 Hunden beide
Nerven der hinteren Extremitäten. Nach einem Monat war das Ver¬
hältnis bezüglich der Mengen der organischen und anorganischen
Teile das umgekehrte. Mantegazza 79 ) und Ughetti 1 **) fanden
nach Ischiadicusdurchschneidung Gewichtsabnahme der Knochen.
Nasse 91 ) benützte zu vergleichenden Untersuchungen nur die¬
jenigen Knochen, die jeglicher entzündlicher Manifestationen ent¬
behrten. Er fand bei Kaninchen stets in den Knochen der gelähmten
Seite die Gesamtmasse vermindert. Die Gewichtsabnahme trat kon¬
stant 2 Monate nach der Nervenläsion ein und betrug bei jugend¬
lichen Individuen bis zu 1 / 8 der Gesamtmasse.
Kapsammer 68 ) hält die Veränderungen für noch im Bereiche
des Physiologischen liegend und macht für markantere Störungen
den Ausfall der vasomotorischen und sensiblen Innervation verant¬
wortlich; er befindet sich diesbezüglich in Uebereinstimmung mit
Vulpian 1 * 5 ). Qhillini 41 ) wollte feststellen, ob dievonKasso-
witz gegebene Deutung der Tatsache, dass im Wachstum begriffene
Knochen sich nach Neurotomie infolge der vasomotorischen Paralyse
verlängern, sich als richtig erweise. Er sperrte einen Teil der Tiere
in engen, die Bewegung hindernden Käfigen ein, einen anderen Teil
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Hess er frei. Bei den enteren trat meist Verlängerung, bei den
letzteren öfters Verkürzung der Extremität auf. Er scbliesst, dass
die Verlängerung die Folge des verminderten Druckes sei. M a g n i 78 )
kam nach einseitiger Ischiadicusdurchschneidung zu sehr interessanten
und eindeutigen Ergebnissen. Nebst Verkleinerung der Apophysen
waren die brüchigen Knochen von geringerem Volumen, dünner und
manchmal auch kürzer. Die Gewichtsabnahme steigerte sich pro¬
portional von der Operation bis zum Eintritt des Todes der Tiere
(bei jüngeren Tieren absolut stärker). Goltz 44 ) machte an Tieren
die Beobachtung, dass nach Querdurchschneidung des Rückenmarkes
die Wirbelsäulenknochen auffällig brüchig waren, wenn neuerdings
der Wirbelkanal geöffnet wurde.
Die Beeinflussung der Konsolidation frakturierter Knochen durch
Nervenläsion ist nach den bisherigen Untersuchungen nicht klar er¬
sichtlich (Ollier 08 ), Bouglö 10 ), Kapsammer 09 ), Muscatello
and Damascelli 80 ). Kapsammer 89 ) hat bei 11 Hunden den
rechten N. ischiadicus, bei einem 12. auch den N. cruralis durch¬
schnitten, resp. ein Stück exzidiert, beide Unterschenkel gebrochen,
Gipsverbände angelegt und nach verschieden langer Zeit die Callus-
bildung untersucht. Der Eingriff erfolgte teils ein- teils zweizeitig
(4—28 Tage Intervall). Bei allen 12 Honden war die Callusbildung
auf der nenrektomierten Seite umfangreicher, die Konsolidierung
der Fraktur erfolgte aber doch später als bei normaler Innervation.
Knsmin’s 70 ) Versuchsergebnisse decken sich mit denen Kap¬
sammer’s 09 ) bis auf den Punkt, dassKusmin den luxurierenden
Callus härter und fester traf als bei normaler Innervation. Aus
Olli er’s 98 ) Untersuchungen geht ein nervöser Einfluss auf die
Frakturheilung nicht hervor. Bouglö 10 ) fand Verzögerung der
Frakturheilung, wenn 40 Tage vor Setzung der Fraktur die Nerven¬
durchschneidung gemacht wurde, und erklärt die negativen Ergebnisse
anderer Autoren als in dem Umstande gelegen, dass die strophische
Störung“ einer gewissen Zeit zur Entwicklung bedürfe. Die klinische
Heilungstendenz der nervösen Spontanfrakturen ist trotz der schweren
Atrophie des Knochens eine überraschend gute. Die Konsolidation
dauert zwar länger, häufig tritt üppige Callusbildung ein, die ' viel¬
leicht in der infolge der Anästhesie möglichen starken Reibung der
Fragmente ihren Grund hat (Grünert 45 *).
Geisteskrankheiten.
Nach Schmidt 110 ) gibt es eine beträchtliche Anzahl von
Fällen echter Osteomalacie mit dem ausgeprägten klinischen Sym-
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ptomenkomplex und zuverlässigem anatomischen Befund bei Geistes¬
kranken, dass an einem Zusammenhang des Knochenleidens mit
dem psychischen Zustand nicht gezweifelt werden kann. Nach der
Statistik H. Neumann’s 93 ) fallt der Hauptteil der Knochener¬
krankungen bei psychischen Leiden auf die progressive Paralyse,
dann auf die Demenz und Manie, nur ein geringerer Teil auf die
Melancholie und das epileptische Irresein. Der Knochenschwund
tritt in zwei Formen auf: 1. als erhöhte Brüchigkeit; 2. als abnorme
Biegsamkeit plus Brüchigkeit.
Virchow 134 ) führt bei der Erörterung des Begriffes der all¬
gemeinen progressiven Atrophie einen eigenen und einen Fall
Münch’s 88 ) an, die beide jugendliche Idioten betrafen, bei denen
die Malacie unter anhaltenden, vom Gehirn aus bedingten Konvul¬
sionen im 15. Lebensjahre einsetzte. Autoptisch zeigte Virchow’s
Fall ein sehr grosses Gehirn, ein sehr mageres Bückenmark und
ausgedehnteste Knochenatrophie. Später wurden mehrere Beobach¬
tungen über Osteomalacie bei Geisteskranken veröffentlicht(Gudden 46 ),
Lähr 73 ), Dmitrewsky* 8 ), Hörissey 60 ), Meyer 86 ), Arnozan 6 ).
Eine Art endemischer Osteomalacie, die nicht vom psychischen Leiden
herrührt und mit dem Ans Zimmer-Gefesseltsein mancher Irrer zu¬
sammenhängt, hat Bleuler 13 ) bei 14 Geisteskranken beiderlei Ge¬
schlechtes und vorgerückteren Alters entstehen geseheu.
Cerebrale Knochenatrophien.
Bei den vorher geschilderten Geisteskrankheiten, von denen
viele nach unserer jetzigen Kenntnis eines anatomischen Substrates
entbehren, ja selbst bei der progressiven Paralyse spielt der allge¬
meine Marasmus sicher eine grosse Bolle bei dem Entstehen des
Knochenschwundes. Einer verständlicheren Erläuterung sind die
bei Primär Störungen der Centralorgane auftretenden halbseitigen
gekreuzten oder ungekreuzten Atrophien (Virchow) zugänglich; so
konnte V. 1880 bei einem 42jährigen Manne, dessen Leiden im
9. Lebensjahre mit Anschwellung des linken Unterkieferwinkels und
der linken Halsseite begonnen hatte, schon im Jahre 1859 links¬
seitige, auch die Knochen betreffende Atrophie nachweisen. Die
Gefässe waren intakt, die Muskeln nur relativ geschädigt, die sen¬
sible und vasomotorische Innervation nicht gestört. Förster 66 )
weist auf 4 Fälle von Verkürzungen gelähmter Extremitäten bei
kindlichen Hemiplegien hin. Während diese Beobachtungen durch¬
weg im frühesten Kindesalter oder in der Wachstumsperiode stehende
Individuen betreffen, sind regressive Wachstumsstörungen an den
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Knochen erwachsener Hemiplegiker eine wenig gekannte Tatsache.
Daher sei die Beschreibung eines Falles dieser Art (Dejerine
und Theohari 28 ) ausführlicher wiedergegeben. Die jetzt 46jährige
Patientin erlitt vor 19 Jahren, ohne dass eine spezifische Krankheit
vorhergegangen wäre, eine rechtsseitige Hemiplegie mit Aphasie.
2 Jahre später waren die Sprache und das Gehvermögen wiederge¬
kehrt. Die rechte obere Extremität, die schon während des hemi-
piegischen Insultes von heftigen Schmerzen befallen war, begann
langsam abzumagern. Im weiteren Verlaufe zeigten sich die Phalangen
der Finger leicht geschwellt; dieses Phänomen verschwand jedoch
bald. SensibilitätsstöruDgen waren zu dieser Zeit nicht vorhanden.
Jetzt bietet die gelähmte Extremität eine beträchtliche Atrophie
aller Gewebe dar. Armumfang der kranken Seite um 2 cm geringer
als auf der gesunden. Haut kalt, ohne Cyanose, glatt. Nägel dünn,
gekrümmt, längsriefig. Im Röntgenbild Rarefikation des Knochen¬
gewebes und hochgradige Lichtdurchlässigkeit. Die Nervenstämme
sind immer hochgradig schmerzhaft (douleurs, qu’elle compare ä des
morsures de chien) und druckempfindlich, jedoch erscheinen sie nicht
verdickt. Jetzt bietet die Kranke auch eine rechtsseitige Hemian-
ästhesie dar, die aber den Charakter einer funktionellen trägt. Die
heftigen Schmerzen im Verlaufe der Erkrankung weisen dem Fall
eine klinische Ausnahmestellung zu und sind nach der Ansicht der
Autoren auf das Bestehen einer peripheren Nervenaffektion zurück¬
zuleiten. N o n n e ’s * 6 ) Fälle (8 u. 9) von apoplektiform entstandener
Hemiplegie zeigten, u. zw. der zweite schon 6 Wochen nach dem In¬
sult, deutliche fleckförmige Atrophien in den Epiphysen und den
distalen Partien der Diapbysen der Phalangen und der einzelnen
Hetakarpalien. Debove 24 ) konnte an den Extremitätenknochen
dreier Hemiplegiker exzentrische Atrophie im histologischen Bilde
n&chweisen.
Tabes dorsalis.
Die bei der Tabes dorsalis so häufig vorkommenden Knochen-
and Gelenkserkrankungen haben die Frage über die Natur dieser
Gewebestörungen ins Rollen gebracht. C har cot 1 *) *°) und seine
Schule waren die Vorkämpfer für die „trophische“ Natur dieser
Störungen, ohne sie aber in letzter Linie ätiologisch definieren zu
können. Die mit der Genese der hier nicht zu behandelnden
tabischen Arthropathien und Spontanfrakturen innig zusammenge¬
hörige und gemeinschaftlich erörterte Frage der „trophischen“ Nerven
ist in den grösseren Sammelwerken über tabische Knochenaffektionen
enthalten (Büdinger 1 *), Kredel 69 ), Adler 2 ), Frank 86 ).
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Eine weniger gewürdigte tabische Knochenerkrankong ist die
Atrophie oder Spontannekrose der Kieferknochen, die häufig mit
Zahnausfall einhergeht. Rosin hat samt seinem eigenen Fall
im ganzen 22 Beobachtungen literarisch nachweisen können. Kali*
scher* 1 ) vermehrt die Kasuistik noch um einen Fall. In 10 dieser
23 Fälle kam es zu echter Nekrose des Kiefers, wobei der abge¬
storbene Knochenrest sequestriert wurde. Die übrigen 13 Male
handelte es sich um einfachen Schwund des Kiefergerüstes. Die
Kiefernekrose ist an kein bestimmtes Stadium der tabischen Er¬
krankung gebunden und verläuft oft so rapid, dass innerhalb
8—14 Tagen alle sonst gesunden Zähne des Oberkiefers unter
heftiger Blutung ausgestossen wurden (Hoffmann 54 ). Das Zahn¬
fleisch der Umgebung ist anästhetisch. Merkwürdig ist die Gut¬
artigkeit des Prozesses trotz der grossen Zerstörungen der Kiefer¬
knochen und Weichteile, denn nie entstehen komplizierende Phleg¬
monen. Die Kieferaffektionen bilden als Frühsymptom ein wertvolles
diagnostisches Hilfsmittel. Ueber multiple Nekrosen berichtet Chom-
pret 8 *), der bei einem 40jährigen Manne mit typischer Tabes
dorsalis 3 Stellen mit wiederholter Abstossung von Sequestern fest¬
stellen konnte.
Die eben erwähnten Eigentümlichkeiten, vor allem aber die be¬
gleitenden Sensibilitätsstörungen sichern die Diagnose gegenüber
einem syphilitischen Geschwür.
Als Ursache der rarefizierenden Ostitis oder Nekrose wird eine
Beteiligung des Trigeminus angesprochen, dessen aufsteigende Wurzel
und Kerngebiet bei der beschriebenen Kieferaffektion bisweilen
pathologisch verändert angetroffen wurden. Da aber in allen Fällen
deutliche Sensibilitätslähmungen im Quintusgebiete bestehen, kann
die zentrale Läsion ungezwungen als die Folge der letzteren auf¬
gefaßt werden. Die Kombination der Kiefererkrankung mit anderen
bulbären Störungen (z. B. Larynxkrisen, Zungenatrophie) macht
wohl die central bedingte Auslösung der Knochenerkrankung sehr
wahrscheinlich; das Bestehen eines isolierten „trophischen“ Knochen¬
centrums neben dem Vaguscentrum (Buzzard) dürfte jedoch trotz
der angeführten klinischen Selbständigkeit der Erkrankungsform
schwer zu beweisen sein.
(Schloss folgt-)
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II. Referate.
A. Gehirn, Meningen.
Ueber die diagnostische Hirnpunktion. Von As coli. Berl. klin.
Wochenschrift, No. 51, 1906.
Verf. bespricht einleitend die Technik der Hirnpunktion, die er mit
Hilfe der zahnärztlichen Bohrmaschine vomimmt. Bezüglich der Wahl
der Bohrstelle ist zu beachten, eine Gefässverletzung (Art. meningea media,
die Hirnsinus usw.) entschieden zu meiden. Im übrigen wird die Stelle
von der jeweiligen Symptomatologie beherrscht werden. Auch bezüglich
der Tiefe, bis zu welcher die Explorativnadel vorzudringen hat, lassen
sich keine allgemeinen Bügeln aufstellen. Eine Beihe von Kranken¬
geschichten sollen den diagnostischen Wert der Hirnpunktion demon¬
strieren. Baubitschek (Wien).
Epilepsie provoqu£e par des tnbercules de l’enc6phale. Von
L. Marchand. Bull, et m6m. de la Soc. anatom. de Paris, No. 1, 1906.
Das Bemerkenswerte dieser Beobachtung ist darin gelegen, daß 2
Solitärtuberkel, deren einer von Nussgrösse im Marklager des Occipital-
lappens, der 2. in der linken Kleinhirnhemisphäre sassen, ohne Lokal¬
symptome zu machen, einen Status epilepticus hervorriefen, in dem die
32 jährige Kranke nach 48 ständigem Spitalsaufenthalte starb. Die An¬
falle Hessen sich nach den Symptomen in 2 Gruppen einteilen: 1. Uni¬
verselle, tonisch-klonische Krämpfe, Secessus involuntani, Zungenbiss,
Cyanose, Pupillendilatation und Bewusstseinsverlust. 2. Schwächere An¬
fälle, zum Teil vom Typus Jackson.
In den Intervallen keine Paresen, intakter Gang und freies Senso-
rium. Merkwürdigerweise rief der hühnereigrosse Kleinhirntuberkel keine
Lokalsymptome hervor. Fritz Tedesko (Wien).
The diagnosis and localisation of tnmours of the frontal regions
ofthebrain. Von T. Grainger Stewart. Lancet, 3. Nov. 1906.
Die Frontaltumoren sind weniger durch objektive Symptome charakte¬
risiert als durch den Mangel von Zeichen, welche auf einen anderen
Sitz deuten würden, so dass die Diagnose fast immer per exclusionem
zu machen ist. Als Frontalregion bezeichnet der Autor nur jenen An¬
teil, welcher vor der aufsteigenden frontalen Windung gelegen ist. Diese
Begion lässt sich physiologisch und klinisch wieder teilen: In den vorderen
% g’ibt elektrischer Beiz kein Besultat, Zerstörung bewirkt jedoch
intellektuelle Veränderungen. Im hinteren Drittel werden durch elektrischen
Beiz Kopf und Augen auf die entgegengesetzte Seite gewendet; Zer¬
störung bewirkt Paralyse dieser Bewegungen sowie Abweichung des
Kopfes und der Augen auf die Seite der Läsion. Diese Centren liegen
im hinteren Anteil der 1. und 2. Frontalwindung; ferner liegt im
hinteren Ende der 3. Windung der linken Seite das Sprachcentrum.
Kopfschmerz, Erbrechen und Stauungspapille sind bei Frontaltumoren
in der Begel anwesend. Der Kopfschmerz ist frontal oder occipital,
sehr heftig und oft der Seite deB Tumors entsprechend; auch die Neu¬
ritis ist häufig unilateral und auf der Seite des Tumors gelegen. Was
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die Gehirnfunktionen anbelangt, so müssen wir dabei unterscheiden:
1. den indirekten Effekt des Neoplasmas, 2. dass psychopathologische
Erscheinungen gleichzeitig mit dem Wachsen des Tumors einhergehen
können. Die hervorstechendsten Momente sind: Unaufmerksamkeit, Un¬
möglichkeit, die Gedanken auf ein Objekt zu konzentrieren, langsame
Beantwortung von Fragen, Verlust des Gedächtnisses und Veränderungen
des Temperamentes. Diese Erscheinungen können sowohl bei links- als
auch bei rechtsseitigem Tumor auftreten und sind bei Ergriffensein beider
Frontallappen um so ausgesprochener.
Ein 2. charakteristisches Symptom für Frontaltumoren ist das Auf¬
treten verschiedener Formen von Anfällen, in erster Linie epileptiformer.
Wir unterscheiden da a) Schwindelgefühl, b) Attacken von Petit mal, c) all¬
gemeine epileptische Anfälle, d) lokale Konvulsionen. Die letzte Gruppe
lässt sich wieder unterabteilen 1. in jene, welche von der postfrontalen
Region ausgehen, 2. jene, welche ihren Ursprung im präcentralen Gyros
haben. In der 1. Gruppe beginnt der Anfall mit Bewegung des Kopfes
und der Augen nach der entgegengesetzten Seite, er kann sich aus¬
dehnen auf Gesicht, Mund, Arm, Bein, Rumpf und schliesslich allgemein
werden mit Verlust des Bewusstseins. Nach einem heftigen Anfalle
verbleiben Kopf und Augen in paralytischer Deviation zur Seite der
Läsion infolge temporärer Hemiparese der kontralateralen Seite, doch es
kehrt die motorische Kraft rasch zurück. Diese Anfälle sprechen für
Irritation der Centren der postfrontalen Region. Eine 2. Form von An¬
fällen entspricht der Spitze der linken Frontalwindung und ist charakte¬
risiert durch plötzlichen Verlust der Sprache und Zucken des Mundes
und Gesichtes der entgegengesetzten Seite. Die Aphasie hat rein moto¬
rischen Charakter. Eine sensorische Aura fehlt diesen Attacken.
Gehirnßymptome: Wenn solche Symptome sich bei Frontal-
tumoren finden, so sind sie darauf zu beziehen, dass der Nerv durch
das Wachstum des Tumors in denselben einbezogen wird oder durch
Druck. Sie sind auf der Seite des Tumors, der sich gegen die Basis
zu ausdehnt. Gewöhnlich entsteht durch Irritation des 6. Nerven
konvergierender Strabismus.
Motorische Symptome: Wenn der Tumor an die motorische
Rinde herantritt, entsteht kontralaterale Hemiparese. Charakteristisch ist
Extremitätentremor auf der homolateralen Seite. Es ist ein rascher,
vibratorischer Tremor mehr im Arm als im Beine, er tritt nur bei Be¬
wegung auf.
Sensorisches System ist in der Regel nicht mitaffiziert.
Reflexe. Bei vorgeschrittener Geschwulst sind die tiefen Reflexe
gesteigert. Der epigastrische oder abdominale Reflex fehlt oder ist ver¬
ringert auf der kontralateralen Seite, bei vermehrtem Drucke durch
Wachstum des Tumors auch auf der anderen Seite. Babinsky ist gleich¬
falls positiv, dies bedeutet eine Läsion der entgegengesetzten Gehirnhälfte.
Die Diagnose eines Frontaltumors beruht auf 1. Anwesenheit von
allgemeinen Drucksymptomen, 2. intellektuellen Symptomen, 3. Mangel
der lokalen Anzeichen. Für die Lokalisation sprechen: 1. homolaterale
Anzeichen, a) frühe Neuritis optica, b) Vibrationstremor der Ex¬
tremitäten , c) Gehim-Nervensymptome, d) lokale externe Zeichen.
2. Kontralaterale Symptome, a) Verlust des abdominalen und epigastrischen
Reflexes, b) Babinsky, c) Hemiparese. Herrnstadt (Wien).
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Ein operativ geheilter Tumor des Occipitallappens des Gehirns.
Von Oppenheim und Krause. Berl. klin. Wochenschrift, 1906,
No. 51.
Es handelt sich um einen 35 jährigen Kaufmann, der, früher gesund,
seit einem Jahr an intermittierenden Kopfschmerzen in der Hinterhaupt-,
Nacken- und Bückengegend litt. Der Befund am Nervenapparat war
ein völlig negativer. Eine geringe Milzschwellung und der intermittierende
Charakter der Schmerzen verleiteten zur Chinintherapie, die fast erfolglos
blieb. Später entwickelte sich eine Neuritis optica rechts. Innerhalb
weniger Wochen vervollständigte sich die Symptomatologie zu folgendem
Krankheitsbild: Kopfschmerzen, Schwindel, Erbrechen, doppelseitige,
rechts ausgesprochenere Stauungspapille mit zahlreichen Netzhautblutungen.
Dazu gesellten sich rechtsseitige Hemianopsie, Alexie und Agraphie. Die
Diagnose wurde auf ein Neoplasma im linken Occipitallappen gestellt.
Trotz eingeleiteter Jod- und Quecksilbertherapie kam es bald zu Hemi-
hypästhesie, Hemiataxie und Hemiparese rechts. Die vorgenommene
Operation, deren Technik eingehend beschrieben wird, ergab einen mit
der Dura teilweise verwachsenen, die Mittellinie nicht überschreitenden,
riemJich grossen (32: 55 :68 mm) Tumor links, der sich histologisch
als Spindelzellensarkom erwies. Die Heilung ging glatt vor sich und
flach 4 wöchentlichem Aufenthalt im Bett war der Patient völlig geheilt.
Eine viele Wochen später vorgenommene Untersuchung ergab eine un¬
bedeutende Gesichtsfeldeinschränkung rechts, sonst völlig normale Ver¬
hältnisse. Raubitschek (Wien).
A ease of cerebral tumour, giving rise to Jacksonian epilepsie
*id, at a later stage, coma. Von John A. C. Mace wen. Lancet,
13. Oktober 1906.
Der Patient, ein 27 Jahre alter Mann, litt im Jahre 1904 an einer
breiten Ulceration über dem Sternum, welche als luetisch behandelt wurde.
Im Marz 1905 begann er über Kopfschmerzen zu klagen, welche konstant
an Heftigkeit Zunahmen und hauptsächlich in die Scheitelgegend lokalisiert
wmden, sowie über Schwindelanfälle und Erbrechen, das oft 2—3 mal
am Tage sich wiederholte. Im Dezember 1905 wurde der 1. epileptische
Anfall konstatiert, der zirka 3 Minuten anhielt; nach weiteren 5 An¬
fällen in den nächsten 2 Wochen trat eine Parese des rechten Beines auf,
welche sich bald auf die ganze rechte Seite mit Ausnahme des Gesichtes
erstreckte; die Kraft des Gedächtnisses nahm ab. Im Jänner hatte
Patient 2—3 Anfälle, von denen einer 5 Stunden anhielt, seither nahmen
die Zahl der Anfälle sowie die Kopfschmerzen ab, das Erbrechen nahm
jedoch zu. Die bisher durchgeführte antiluetische Behandlung wurde aus¬
gesetzt. Nach kurz dauernder Besserung verschlechterte sich der Zu¬
stand im Juni, so dass chirurgische Behandlung beschlossen wurde.
Patient befand sich in einem leicht somnolenten Stadium, beantwortete
nur schwer gestellte Fragen, das rechte Bein wurde hauptsächlich nur
durch die Stamm-Muskeln bewegt, der linke Arm und rechte Facialis
waren paralytisch. Das Schlingen nur schwer, Vorstrecken der Zunge nicht
möglich, der Stuhl angehalten, Urin ging spontan ab. Pupillenreaktion
rechts trage, links fehlend. Beiderseits Neuritis optica; links Ptosis.
Gegenwärtig keine epileptischen Anfälle. Die Diagnose lautete auf
Tnmor in der linken motorischen Region, namentlich im Gebiete des
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Arm- und Beincentrums mit beträchtlicher Kompression der Umgebung.
Dagegen erhoben sich zwei Schwierigkeiten: Die Anfälle begannen in der
Regel im Bein, doch war gerade hier eine geringe Beweglichkeit mög¬
lich, während der Arm völlig paralytisch war; ferner die rapide Ver¬
schlimmerung in den letzten 10 Tagen, die mehr für Oedem oder Ent¬
zündung als bloss für Kompression sprach.
Am Morgen der Operation war Patient comatös. P. 48, T. 96,4 F.
Am 5. Juli Operation in Chloroformnarkose: Freilegung der oberen
Region der linken Rol an di sehen Furche. Die Dura mater erwies sich
stark gespannt, Pulsation des Gehirnes nicht wahrnehmbar; in der
Scheitelgegend bestanden Leichte Adhäsionen. Ueber der stärksten Pro¬
minenz der Dura mater wurde ein Kreuzschnitt gemacht. worauf die
Hirnmasse sofort vortrat, gleichzeitig stieg die Pulszahl auf 60, bald
darauf auf 90 und endlich auf 144, der Puls wurde weich und schwach.
Die Gehirnmasse war ödematös, ein Resistenzgefühl liess sich erst durch
Palpation in der Scheitelgegend nachweisen; daselbst bestanden zahlreiche
Adhäsionen der Dura mater an der Hirnsubstanz, doch fand sich kein
Tumor. Mittels des kleinen Fingers, der vorsichtig entlang einem Sinus-
Forceps vorgeschoben wurde, fand sich in der Tiefe von 2 Zoll eine harte,
in die Himsubstanz eingebettete Masse, welche wieder mit einer zweiten,
mehr nach rückwärts gelegenen in Verbindung war. Die letztere, an
die Dura des Sinus longitudinalis adhärente wurde zuerst entfernt, die¬
selbe war ovoid und betrug 1 */ 2 Zoll im Durchmesser. Der ganze
Tumor wog 5 Drachmen und war wahrscheinlich luetischer Natur.
Wenige Stunden nach der Operation trat einige Male Stuhlgang auf
und die Pupillen wurden beiderseits gleich und lichtempfindlich. Patient
konnte schlingen, das rechte Bein bewegen und machte zum ersten Male
Versuche, den rechten Arm zu heben.
In den folgenden 2 Tagen war die T. zwischen 99 und 100,
P. zwischen 88 und 104, Resp. zwischen 18 und 20. Der rechte Arm
konnte gebeugt, jedoch nicht gestreckt werden; ferner bestand noch ge¬
ringgradige Facialisparese rechts und Unmöglichkeit, die Zunge vorzu-
strecken. Die Neuritis optica unverändert.
Am 16. Juli — 11 Tage nach der Operation — war der Zustand
des Patienten folgender: Er konnte sprechen und auch das Gedächtnis
war wesentlich gebessert, doch war er oft nicht imstande, das richtige
Wort zu finden. Vom 16. Juli an konnte er die Zunge vorstrecken,
auch konnten die Streckung des rechten Armes sowie die Beugung aus¬
geführt werden.
7 Wochen nach der Operation war Patient wieder völlig hergestellt
und intelligent. Rechter Arm und rechtes Bein etwas schwächer aU
links. Epileptische Anfälle blieben völlig aus.
Herrnstadt (Wien).
Limited area of anaesthesia, epileptiform attacks of hemialgesia,
and early muscnlar atrophy in a case of brain tumor. Von
Morton Prince. The journal of nervous and mental diseases.
Nov. 1906.
Der folgende Fall ist durch folgende Erscheinungen einer Cere¬
bralläsion bemerkenswert: 1. eine umschriebene Zone von Anästhesie,
2. Muskelatrophie, 3. epileptiforme Attacken, verbunden mit Hemialgesie.
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4. Verlust des Muskelsinnes, Astereognosis, Ataxie. 19 jähriges Mädchen,
das über in die rechte Schulter ausstrahlende Schmerzen klagt, die auf
Behandlung zurückgingen. 6 Monate später begannen die Schmerzen
wieder; doch diesmal traten nach den Schmerzausstrahlungen in die
rechte Schulter Spasmen in der Schultergürtel-Muskulatur von der Dauer
einer l j 2 bis 1 Stunde auf. Eine solche Attacke wurde beobachtet.
Die Schmerzen begannen in den Fingern der rechten Hand, erstreckten
sich über die ganze Extremität bis zur Schulter und zum Nacken, gingen
aof die rechte Seite des Gesichtes, Zunge und Auge derselben Seite.
Solche Attacken hatte Patientin 1 — 2 mal in der Woche. Bei diesen
Attacken trat, wenn die Krämpfe auf die Gesichtsmuskulatur übertraten,
Bewusstseinverlust auf, so dass Patientin nur von den Krämpfen in der
Hand erzählen konnte, die epileptiformen Charakter hatten. Patientin
klagte dann über Kopfschmerzen, Schwächegefühl, Schwindel; niemals
Erbrechen bei oder nach diesen Attacken.
Fine Prüfung ergibt Herabsetzung der Motilität in der rechten
oberen Extremität mit ziemlich deutlich ausgesprochener Atrophie der
Muskulatur. Reflexe daselbst gesteigert, ebenso der rechte Patellarreflex.
Kein Babinsky. Berührungsempfindung vermindert an einer zirkumskripten
Stelle der rechten Schulter, der rechten Seite des Nackens und des Ge¬
sichtes. Therraotaktilität normal. Schmerzempfindung an den eben be¬
zeichnten Stellen herabgesetzt. Wegen dieses Befundes dachte man
auch an Syringomyelie. Augenhintergrund-Untersuchung ergab Neuritis
optica bilat. Auf Grund dieses Befundes diagnostizierte Verf. Tumor
cerebri. Bald gesellten sich vollständige Amaurose und Paralyse der
rechten oberen Extremität hinzu; ebenso nahm der Verlust an Berührungs¬
empfindung an Umfang zu. Ausserdem stellte sich vollständige Astereo-
gnosis ein. Schliesslich wurde auch die linke obere Extremität paretisch.
Der Sitz des Tumors wurde nach diesen Symptomen in die Bindenregion
der Central Windungen lokalisiert, von wo er sich nach rückwärts auf den
Parietal- und nach vorne auf die vorderen Centralwindungen erstreckt.
Ein operativer Eingriff wurde vorgeschlagen und auch ausgeführt. Es
findet sich ein Tumor in der Gegend der Fissura Rolandi. Man stösst
aof gelatinöse Massen, die hervorquellen. Collaps. Der Tumor wird teil¬
weise nach Erholung aus dem Collapse abgelöst. Patientin erholt sich
nicht mehr. Exitus letalis. Mikroskopische Untersuchung ergibt Endo-
theliom, ausgehend von der Pia mater. Leopold Isler (Wien).
Cerebral decompression. Von W. G. Spiller und C. H. Frazier.
Univ. of Pennsylvania Med. Bull., XIX, 7, p. 146.
Kasuistischer Beitrag zur Frage der operativen Behandlung von
Hirntumoren, unter Berufung auf 14 Fälle. Verfasser raten zur pallia¬
tiven Trepanation zwecks Herabsetzung des Hirndruckes und somit Be¬
seitigung eines grossen Teiles der durch denselben bedingten Beschwerden.
(Zahlreiche Photographien im Text.) Schrumpf (Strassburg).
Cerebral decompression. Palliative operations ln the treatment
of tnmors of the brain, based on the Observation of fonrteen
cases. Von W. G. Spiller und C. H. Frazier. Journ. Am.
Med. Assoc., 1., 8., 15. und 22. September 1906.
1. Literaturübersicht. Annandale eröffnet« schon vor 1874 den
Schädel eines Patienten mit Symptomen von allgemeinem Hirndruck mit
CentnübUtt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 15
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relativ gutem Erfolge. Einen ähnlichen Fall operierte Lister. Sahli
sah vorübergehende Besserungen nach der Palliativoperation, machte aber
auf die Gefahren derselben aufmerksam. White berichtete über Besse¬
rungen nach der Operation bei Epileptikern. Horsley fand, dass be¬
sonders die Reizerscheinungen nach der Trepanation verschwinden and
dass das Sehvermögen, solange keine Atrophie des Sehnerven begonnen
hat, gebessert, ja wiederhergestellt werden könne. Jabaulay trepa¬
nierte in einem Falle von Gehimtuberkel, Ca ton und Paul bei Akro¬
megalie, Macewen bei Kleinhirntumor. Yon guten Erfolgen berichteten
ferner Taylor, Keen, Bruns, Bramwell, Kämmerer, Wyeth,
Sänger, Albert, Schlesinger, Putnam, Broca u. Maubrac,
Babinsky, Clarke u. Morton, Wiener, Codman, Cushing.
Zurückhaltender äussem sich Schultze und v. Bergmann.
Die Verf. beschreiben 2 von Keen operierte Fälle, von denen
einer durch lange Zeit, der andere nur vorübergehend gebessert wurde.
Spill er resümiert seine Ansichten in folgender Weise: 1. Pallia¬
tive Operationen sind bei Symptomen von Hirntumor — wenn keine
Lues vorliegt — früh und bevor die Neuritis optica vorgeschritten ist,
auszuführen. 2. Die partielle Entfernung des Tumors ist von fraglichem
Erfolge. 3. Die Palliativoperation beeinflusst wahrscheinlich nicht das
Wachstum eines Tumors. 4. Die palliative darf die radikale Operation
nicht verdrängen, wenn letztere gefahrlos ist. 5. In manchen Fällen
verschwinden die Symptome nach dem genannten Eingriffe, sei es durch
Dekompression, sei es durch Beseitigung anderer Prozesse (Meningitis usw.),
welche Tumorerscheinungen hervorrufen.
Frazier bemerkt über den Gegenstand folgendes: Die Radikal-
operation hängt von der Operabilität des Tumors ab. Die gefässreichen
Sarkome sind palliativ, die Fibrome (Fibrosarkome) und Gummen radikal
zu behandeln. Je näher ein Tumor der Gehirnrinde, desto eher ist er
operabel. Eine Statistik hätte für die Operabilität nur dann Wert,
wenn nur Frühoperationen berücksichtigt würden.
Die Palliativoperation kommt in Betracht, wenn ein Tumor nicht
gänzlich entfernt oder wenn er nicht lokalisiert werden kann. Sodann
gibt F. technische Winke für die ein- und doppelseitige Operation.
Wurde ein Kleinhirntumor nicht gefunden, so entfernte Verf. in manchen
Fällen einen Teil des Kleinhirns mit gutem Erfolge. Einseitige Opera¬
tionen sind vorzuziehen. Der Eingriff besteht in der Entfernung einer
Partie des Schädeldaches mit oder ohne Inzision, bzw. Entfernung der
Dura. Bei nicht lokalisierbaren Tumoren ist die rechte Temporalgegend
der Ort der Wahl für den Eingriff. Erst in einer zweiten Sitzung soll,
wenn sich die Notwendigkeit ergibt, eine Oeffnung auch auf der ent¬
gegengesetzten Seite angelegt werden.
Bezüglich der radikalen Entfernung ist zu sagen, dass die Krank¬
heitsdauer weder für die Grösse noch für die Natur der Geschwulst
einen Fingerzeig abgibt. Maligne Tumoren können sehr langsam wachsen
und noch nach Jahren operabel sein. Ein Tumor braucht nach Jahren
bloss Walnussgrösse zu erreichen, um trotzdem eine fatale Prognose zu
geben. In jedem Falle soll der Operateur trachten, den Tumor selbst
blosszulegen.
0 Eine weitere Frage ist, ob die Dura eingeschnitten, bzw. entfernt
werden soll oder nicht, v. Bergmann glaubt, dass der Abgang von
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Cerebrospinalflüssigkeit bei der Eröffnung der Dura von gutem Einflüsse
sei. Andere meinen, dass die Vorwölbung des Schädelinhalts ohne Ein¬
schnitt in die Dura eine ungenügende sei. Beides widerspricht den
Erfahrungen des Verf. Ueberdies kann nach Entfernung der Dura eine
accidenteile Wundinfektion zu Fungus cerebri führen. Die Dura ist
daher intakt zu lassen und nur in gewissen Fällen (Zerstörung derselben)
to inzidieren.
Von 12 Fällen des Verf. kamen alle gut davon. Die Palliativ¬
operation hat zumindest keine unmittelbare Gefahr. Die radikale hat
eine hohe Mortalität und das Gelingen beschränkt sich auf wenige Fälle.
Die Palliativoperation ist imstande, wie den Verf. die Erfahrungen an
14 Fallen gelehrt haben, die Kardinalsymptome des Hirntumors, Kopf¬
schmerzen, Erbrechen, Stauungspapille, Ataxie und Schwindel, zu beseitigen.
Es folgt der detallierte Bericht über 14 Fälle.
Karl Fluss (Wien).
Ueber Kleinhimcysten. Von H. Scholz. Mitteilungen aus den
Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, XVI. Bd., 4/5. Heft, 1906.
Verf. berichtet über 3 einschlägige Fälle, von denen 2 mit Erfolg
operiert wurden, ferner über einen operierten, fälschlich für eine Cyste
gehaltenen abgekapselten Hydrocephalus externus chronicus über dem
Kleinhirn. Verf. bespricht schliesslich eingehend die Symptomatologie,
Diagnose und pathologische Anatomie unter genauer Berücksichtigung der
einschlägigen Literatur. Raubitschek (Wien).
Sexual infantilism with optic atrophy in caaes of tumor affecting
the hypophysis cerebri. Von Harvey Cushing. The journal
of nervous and mental diseases, Nov. 1906.
Es gibt eine Reihe von intracraniellen Tumoren, die mit Störungen
der Menstruation einhergehen. Man kann diese Tumoren in 2 Gruppen
teilen, in solche, die, mit Amenorrhoe einhergehend, eine Affektion der
Gland. hypophys. bilden oder mindest eine Kompression auf dieselbe ausüben,
und in solche, die, nur Störungen der Menstruation verursachend, irgend
anderswo ihren Sitz haben (mit Hydrocephalus internus auch einher¬
gehend, Druck auf den Recess. infundib. wahrscheinlich). Verf. referiert
aus der Literatur über mehrere solche Fälle und über eigene be¬
obachtete Fälle.
1. 16 jähriges Mädchen, das seit längerer Zeit schon über Kopf¬
schmerzen und über zunehmende Nackenschmerzen klagt, hat noch nicht
menstruiert. Seit 1 Monat unerträgliche Kopfschmerzen, Augenschmerzen;
FKmmerskotom: Patientin leidet jetzt an Anorexie, Nausea, Vomitus.
Patientin macht den Eindruck eines 12 jährigen Kindes; Fehlen von Pubes
und von Haaren in der Axilla; Hirnnerven zeigen einen normalen Befund.
Am Augenhintergrund negativer pathologischer Befund. Leukocytose. Puls,
Herz normal. Im Urin normaler Befund. Nach 3 monatlicher Beobachtung
erst trat eine doppelseitige Neuritis optica auf mit gleichzeitigen heftigen
Attacken von Kopfschmerzen, begleitet von täglichem Erbrechen. Leichter
Stupor. Die Neuritis nahm rapid zu, Hämorrhagien in die Retina.
Auftreten von Incontinentia urinae. Reflexe nicht auffallend verändert.
Lumbalpunktion fördert unter hohem Drucke eine klare Flüssigkeit zu-
ta&e. Nachlassen der Kopfschmerzen. Wegen der zunehmenden uner-
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träglichen Kopfschmerzen entschloss man sich za einer Palliativoperation
durch Trepanation, obwohl eine sichere Lokalisation des Sitzes des
Tumors nicht möglich war. Ueber der linken Hemisphäre wird einge¬
gangen, die Dura gespalten. Unter grossem Drucke drängt sich das
Gehirn vor; der Lappen wird über das Gehirn gestülpt. Kopfschmerzen
lassen nach. 4 Wochen später wurde dasselbe über der rechten Hemi¬
sphäre gemacht. Beide Wunden heilten per primam. Die Retinitis (Oedem)
schwand. Erbrechen, Kopfschmerzen hörten auf. Da Verf. nicht mit dem
Resultat zufrieden (!) ist, wird in einer 3. Sitzung das Kleinhirn bloss¬
gelegt. Doch war dies von einem negativen Erfolge begleitet. Schluck¬
pneumonie. Exitus letalis. Autopsie ergibt ausgedehnte Bronchopneu¬
monie. Das Genitale zeigt infantilen Habitus. Im Gehirn findet sich
ein zirka walnussgrosser Tumor zwischen Crura cerebri und Commissura
nervi opt. mit Kompression der Gland. hypophys.; die übrigen Hirn¬
nerven frei. Der Tumor ist ein Teratom. Das Merkwürdige in diesem
Falle war, dass der Tumor jahrelang keine anderen Symptome machte
ausser Kopfschmerzen und kein Symptom von Hemianopsie nach dem
Befund am Chiasma nervi opt. Die Störung und Atrophie deß Genital-
tractes dürften vielleicht auf die Affektion der Hypophyse zurückzu¬
führen sein.
2. 26 jährige Frau, die seit längerer Zeit schon an heftigen Kopf¬
schmerzen leidet (seit ihrem 16. Lebensjahre). Mit 14 Jahren menstruierte
Patientin, seitdem nicht mehr. Keine vicariierenden Menses, wie Epi-
staxis usw. Zuweilen ausstrahlende Schmerzen in beide Brüste. Kein
Erbrechen, kein Schwindelgefühl. Abmagerung (10 Pfund innerhalb
3 Monaten). Seit 4 Jahren Amaurose des linken Auges. In der letzten
Zeit in die rechte Schulter und rechte obere Extremität ausstrahlende
Schmerzen mit Tremores. Patientin zeigt infantilen Bau, namentlich des
Genitaltractes. Augenuntersuchung ergibt: Pupillen mittel weit, beide
gleich gut reagierend auf Licht und Akkommodation. Rechte Pupille
zeigt konsensuelle Reaktion mit der linken, linke nicht mit der rechten,
weil Perception des linken Auges fehlt. Augenhintergrund zeigt beider¬
seits Atrophia nervi opt., links mehr als rechts. Kein Nystagmus, kein
Exophthalmus. Trigeminus zeigt in allen 3 Aesten Hyperästhesie für
Berührung und Temperatur auf der rechten Seite. Die übrigen Hirn¬
nerven frei. Wegen der Kopfschmerzen Palliativoperation; beiderseits
in der Temporalgegend Trepanation zur Behebung des Hirndruckes.
Wunde heilte ohne Drainage sehr gut. Die Kopfschmerzen liessen so¬
fort nach, ebenso Verschwinden der Trigeninusneuralgie. Ein Jahr post
operat. erschien Patientin wieder mit subjektiv vollkommenem Wohl¬
befinden. Das rechte Auge erwies sich nur an der temporalen Seite
«ffiziert wie vor einem Jahr. Keine Menses wie früher. Röntgenunter¬
suchung des Schädels ergibt Deformation der Schädelbasis in der Gegend der
Proc. clinoidei und der Sella turcica. Eine sichere Diagnose ohne Autopsie
oder Operation war daher nicht zu machen, aber mit Rücksicht auf die
beiderseitige Sehnervenatrophie ist Basistumor, wahrscheinlich von der
Hypophysis ausgehend, anzunehmen.
Interessant ist in diesen 2 Fällen das Auftreten von Infantilismus der
Sexualorgane in Begleitung von Amenorrhoe bei Hypophysentumor, der
auch Sehnervenatrophie herbeiführte, ohne Erscheinung von Akromegalie
oder Gigantismus. Leopold Isler (Wien).
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Operation einer Geschwulst im Kleinhirn - Brückenwinkel. Von
E. Becker. Deutsches Arch. f. klin. Medizin, 1906, LXXX1X. Bd.
Ein 36 jähriger kräftiger Mann aus gesunder Familie erkrankte vor
einem halben Jahr an Kopfschmerzen, besonders im Hinterhaupt, Schwer¬
hörigkeit und Sausen auf dem linken Ohr und unsicherem Gang. Ge¬
legentlich traten Schwindelanfälle mit Hinsturzen auf. Selten Erbrechen.
Dazu gesellen sich Augenstörungen, welche anfangs nur in Schlängelung
der Venen an der Papille bestehen. Trotz Schwitzkuren und anti-
syphilitischer Behandlung entwickelt sich (Ende Januar 1906) eine
Stauungspapille beiderseits. Im April ist die linke Pupille weiter als die
rechte und reaktionslos. Keine Augenmuskellähmungen. Cerebellarer
Gang, Ohrensausen und Trigeminusneuralgie links. Die Diagnose wurde
auf Tumor in der linken hinteren Schädelgrube gestellt und die Operation
nach Krause ausgeführt. Entfernung eines Fibroms des Kleinhirn-
Bruckenwinkels links. Tod 3 Stunden nach der Operation im Collaps.
Bei der Sektion fand sich keine Nachblutung, im übrigen belangloser
Befund. Anschliessend an diesen Fall bespricht Verf. die Häufigkeit
der Hirngeschwülste und kommt dann auf die Frage der Operabilität;
er kann auf Grund der Statistik der letzten Jahre nachweisen, dass
die Zahl der erfolgreichen Operationen im Steigen begriffen ist. Die
Mortalität ist von 70°/ 0 auf 38°/ 0 gesunken. Verf. bespricht dann die
Allgemein- und Lokaldiagnose der Hirngeschwülste, geht auf die Technik
der Operation ein und kommt trotz der relativ ungünstigen Kasuistik
zum Schlüsse, dass man jedenfalls zu einer operativen Therapie raten
soll. Denn mag dieselbe völlige Heilung oder nur eine Linderung der
Leiden oder den Tod herbeiführen, der Kranke gewinnt stets dabei.
H. Raubitschek (Wien).
Case of obscure intracranial tnmour: meningeal sarcoma with
extension to fourth ventricle. Von Grant Davie. Brit. Medic.
Journal, 11. August 1906.
H. J., 35 Jahre alt, klagte über Kopfschmerzen in der Occipital-
gegend. Am 19. März hatte sie einen neuralgischen Schmerz ira rechten
Unterkiefer, einige Tage später, wie sie sagte, Rheumatismus in der
rechten Halsseite und rechten Schulter, gleichzeitig Schmerzen in beiden
Temporal- und unteren Parietalgegenden, welche bis Mitte April allmäh¬
lich an Intensität Zunahmen. Bei Rückenlage hatte sie das Gefühl des
Erstickens. Am 28. April traten 2 Ohnmachtsanfälle auf. Im Mai war
der Zustand folgender: Occipitalschmerzen, die nach vorn ausstrahlten,
beim Sprechen hielt Patientin beide Hände unter die Unterkieferwinkel,
gleichsam um den Kopf zu stützen, beim plötzlichen Aufrichten des
Kopfes hatte sie Schwindel, konnte aber mit geschlossenen Augen nach
einigen schwankenden Bewegungen aufrecht stehen. Zeitweise Erbrechen.
Beim Trinken nahmen die Kopfschmerzen bedeutend zu. Sie klagte
über Halsschmerzen und Schlingbeschwerden, Schmerzen in der Lumbal-
und Sacralregion. Zunge leicht belegt, Pharyng. granul. Obstipation.
Reflexe normal. Im weiteren Verlauf musste Patientin während des
Schmerzanfalles das Bett verlassen und kniete nieder mit dem Kopfe
am Boden, was ihr Erleichterung verschaffte. Der Augenbefund ergab
ein völlig negatives Resultat.
Im Juni wurden die Schmerzen kontinuierlich, die Temperatur blieb
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normal. Der Patellarreflex war etwas gesteigert, Atmung leicht dyspnoisch.
Am Abend des 30. Juni trat plötzlich Exitus letalis ein.
Die vordere Hälfte des unteren Anteiles der linken Kleinhirn-
Hemisphäre war mit einem weichen, gelatinösen Gewebe bedeckt, das¬
selbe erstreckte sich auch auf die untere Fläche des Kleinhirn-Mittellappens
und nach vorn bis auf die hintere Hälfte des Bodens des 4. Ventrikels.
Derselbe war auf das Doppelte dilatiert, desgleichen der 3. und die
lateralen Ventrikel und enthielten eine klare Flüssigkeit. Die Geschwulst
war deutlich von dem umliegenden Gehirn zu unterscheiden; es handelte
sich um eine Neubildung der Leptomeningen mit Ausdehnung gegen den
4. Ventrikel. Mikroskopisch erwies sich der Tumor als Hundzellen¬
sarkom mit fast völligem Fehlen von intercellulärem Stroma.
Herrnstadt (Wien).
The clinical and pathological aspects of a falminating case of
epidemic cerebrospinal meningitis of the „convulsiva comatose
type“ of Tourdes. Von Souttar M’Kendrick. The Glasgow
medical Journal, Sept. 1906.
Es wird über einen Fall berichtet, der in einer sonst von Genickstarre
freien Gegend durch sein singuläres und besonders heftig verlaufendes
Auftreten das Interesse erweckt.
11 jähriger Knabe, der nach Angabe seines Vaters am Abend noch
ganz munter war, in der Nacht zirka um 3 h früh jammert und stöhnt, sich
herumwirft, die Augen verdreht; dem Vater fiel dabei die besondere
Starrheit der Extremitäten auf. Kein Erbrechen. Frühere Krankheiten
waren Masern, Pneumonie mit meningitischen Heizerscheinungen.
Stat. praes. ergibt kühle, steife Extremitäten. T. 38,3. Patient
wälzt sich unruhig hin und her. Kein deutlich ausgesprochener Bewusst¬
seinsverlust. Patient reagiert zuweilen auf Anruf. Die Arme im Ell¬
bogengelenk flektiert, die Hände und Finger ebenfalls in Beugestellung.
Die unteren Extremitäten ebenfalls flektiert. Nackensteifigkeit. Reflexe
nicht auslösbar. Trousseau’sTäches bleues positiv. Kernig-Symptom
negativ. Respiration beschleunigt (40 p. Minute). An der Lunge nor¬
maler Perkussionsschall, nur leichte Bronchitis nachweisbar, P. 80, klein,
sehr geringe Spannung, regulär. Herzbefund normal. Zunge belegt.
Abdomen: Leber den Rippenbogen etwas überschreitend, Milz nicht
vergrös8ert. Abdomen hart, doch nicht aufgetrieben, sondern tief ein¬
gezogen wie bei tbc. Meningitis. Augenlider halb geschlossen, Pupillen
gleichmässig dilatiert, reagieren auf Lichteinfall. Vorübergehender Stra¬
bismus divergens wird beobachtet, zugleich Abweichen beider Bulbi nach
links. Augenhintergrund: normaler Befund. Ohrenbefund normal, so¬
weit sich die objektive Untersuchung erstreckt. In der Nase findet sich
nichts besonderes Pathologisches. Die Untersuchung des Knochensystems
(speziell der Wirbelsäule) weist ebenfalls auf nichts Besonderes hin.
23 000 Leukocyten, meist polymorph-kernige.
Die Untersuchung der Cerebrospinalflüssigkeit ergibt: Leukocytose,
hauptsächlich polymorph-kernige, Anwesenheit des Diplococcus intra-
cellularis meningit. Urin zeigt Spuren von Albumen; im Sediment
Epithelzellen und spärliche hyaline Cylinder. Kein Bakterienbefund.
Die weitere Beobachtung des Krankheitsbildes zeigt bald ein Nach¬
lassen , bald ein Stärkerwerden der Spasmen in einem Zeiträume von
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15—20 Minuten. T. und Resp. ändern sich nicht. Der Puls ist fort¬
während variabel (78—100). Während eines spastischen Anfalles Puls
oft kaum zu fühlen. Zu Mittag stieg die T. auf 39,6, P. 126. Cyanose.
4 h Nachmittag Exitus letalis 13 Stunden nach den ersten beobachteten
Symptomen.
Nun gibt Verf. noch eine kurze Uebersicht über die Literatur der
Meningitis epidemica und möchte seine Beobachtung als kasuistischen
Beitrag zu dieser Frage betrachtet wissen, nachdem er noch eine genaue
Beschreibung des pathologisch-anatomischen Befundes gegeben hat.
Leopold Isler (Wien).
B. Gefässe, Blut.
Heber Sensibilitätsstör äugen bei akuter lokaler Ischämie. Von
Hermann Schlesinger. Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilkunde.
Bd. XXIX, 5.-6. Heft.
Nach den Untersuchungen und Beobachtungen des Verf. tritt nach
völliger Absperrung der Blutzufuhr zu den unteren Extremitäten schon
in den ersten Minuten eine vollständige Aufhebung der oberflächlichen
wie tiefen Sensibilität ein. Die sensible Lähmung hält sich ziemlich ge¬
nau an die Ausbreitung der Zirkulationsstörung, auch entsprechen die
Grenzen der später sich entwickelnden Gangrän denen der Sensibilitäts-
störang. Als Sitz derselben sind die Nervenendigungen anzusehen, da
die peripheren Nerven gegenüber der Absperrung der Blutzufuhr recht
widerstandsfähig sind. Die Empfindungsstörungen bilden sich in wenigen
Minuten zurück, wenn die Zirkulation sich bald wieder herstellt.
Nur die komplette akute Ischämie bedingt die sensiblen schweren
Ausfallserscheinungen. Dieses Verhalten ist diagnostisch von Wichtig¬
keit. Entwickeln sich Zeichen einer akuten Ischämie an den Beinen,
bestehen Schmerzen, fehlen aber objektiv nachweisbare Sensibilitäts-
8törangen, so handelt es sich nicht um embolischen Verschluss, überhaupt
nicht um vollkommenen Verschluss, es muss vielmehr dann an eine schon
länger bestehende Gefässerkrankung mit akuter Steigerung der Symptome
gedacht werden (Atherom der Gefässe mit wandständigem Thrombus).
In solchen Fällen kann nach den Erfahrungen des Verf. die Gangrän
noch viele Wochen ausbleiben. v. Rad (Nürnberg).
Eine physio-p&thologiscbe Studie über venöse Hyperämie. Von
E. Hornberger. Arch. f. klin. Chir. Bd. LXXX, 4. Heft.
Das Bier’sche Heilverfahren bietet scheinbare Widersprüche so¬
wohl in bezug auf altbewährte Anschauungen, nach denen venöse Stauung
als Hindernis für die Heilung von Entzündungsprozessen erachtet wurde,
als auch im Hinblick auf die physikalische Tatsache, dass zur geregelten
Funktion und Wärmeregulierung die Abfuhr verbrauchter Stoffe unum¬
gänglich notwendig ist. Bier ahmte den Vorgang der Natur, die Ver¬
langsamung der Stromgeschwindigkeit nach anfänglicher Zunahme der¬
selben, nach, da er die Entzündung selbst als zweckmäßigen Heilungs¬
vorgang erkannt hatte. Um nun für obige Widersprüche eine Erklärung
xu Anden, muss man in Betracht ziehen, dass die von Conheim be¬
schriebenen Vorgänge an den Gefässen des entzündeten Gewebes nur
zum Teil aufrecht erhalten werden können. Wenn auch zugegeben wird,
dass an einzelnen Stellen das Blut langsamer fliesst, so ist andererseits
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an entfernteren Stellen die Blutgeschwindigkeit eine erhöhte. Nach
physikalischen Gesetzen können Rubor und Calor nicht mit wahrer venöser
Stauung, resp. Abflussbehinderung des venösen Blutes einhergehen, son¬
dern sie werden hervorgerufen durch ein Mittelding zwischen reiner
arterieller Hyperämie und wahrer venöser Stauung, durch eine Hyperämie,
bei der die Venen stark erweitert sind und unter genügendem Abfluss
der verbrauchten Stoffe eine stärkere Verbrennung und zugleich stärkere
Wärmeproduktion stattfindet. Analog diesen Vorgängen ist die leichte
Stauung nach Bier als ein mit den bestehenden Anschauungen im Ein¬
klang stehendes Heilverfahren anzusehen.
Schliesslich weist Verf. noch darauf hin, dass auch die Kälte als
Entzündung bekämpfendes Mittel zu Hecht besteht und dass durch diese
ebenso wie durch die Stauungsbinde eine venöse Hyperämie erzeugt wird,
die eine stärkere Ausnützung der Oxydationsvorgänge zur Folge hat.
Viktor Bunzl (Wien).
A definite clinical variete of cerebral arteriosclerosis. Von Joseph
Co 11 ins. The journal of nervous and mental diseases. Dez. 1906.
Oft wird Sklerose der Blutgefässe des Gehirns durch Autopsie
bei Individuen gefunden, die während des Lebens fast gar keine Sym¬
ptome boten. Die subjektiven Symptome sind wenige: vorübergehende
Kopfschmerzen, hauptsächlich im Hinterhaupte, von dumpfem Charakter,
zuweilen starkes Ermüdungsgefühl. Diese Symptome dauern Monate,
oft Jahre hindurch, bevor die Pat. über andere Symptome klagen. Ein
Symptom ist weiter die Schwäche, bzw. Ermüdungsgefühl beim Gehen.
Der Schritt ist kurz; es ist kein gleichmässiger Gang, es fehlt der
„Rhythmus des Ganges“. Ferner findet man im Gesichtsausdrucke eine
„gewisse Müdigkeit, eine Depression, Indifferenz, Apathie“. Die ob¬
jektiven Symptome sind ebenfalls nicht viele. Die Patellarreflexe sind
gewöhnlich lebhaft. Meist finden sich Verdickung, Schlängelung und
Rigidität der peripheren Gefässe, am Herzen nur dumpfe Töne. Verf.
zeigt dies an der Hand zweier Krankengeschichten und findet eine
Bestätigung in der ziemlich reichlichen Literatur darüber. Verf. studierte
auch den pathologisch-anatomischen Befund bei der Arteriosklerose und
kam zu folgendem Endergebnisse: Gehiragefässe strotzend voll mit Blut
gefüllt, Arterien verdickt, die der Basis zeigen vielfach Verkalkung
und zellige Degeneration. Viele waren auch knotenförmig „aneurys¬
matisch“ verändert. Die Art vertebr. nicht weit vom Abgang der Art.
basill. manchmal durch einen Thrombus verschlossen. Carotis interna
verdickt und durch einen Wall förmlich verengt, ebenso die grösseren
abgehenden Aeste in dieser Weise verändert.
Leopold Isler (Wien).
Intravenons ipjections of nicotine and their effects upon the aorta
of rabbits. Von Adler und Hensei. The Journ. of med. rese&rch
XV, 2 p. 229.
Verff. haben durch intravenöse Injektionen von Adrenalin und Nikotin
bei Kaninchen Läsionen der Aorta hervorgerufen, die sich bei genauer
mikroskopischer Untersuchung als in vielen Punkten mit den arterio¬
sklerotischen Veränderungen beim Menschen identisch erwiesen. (Zahl¬
reiche Mikrophotogramme). Schrumpf (Strassburg).
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Ein weiterer Fall von an gio sklerotischer Bewegungsstörung des
Armes. Von Erb. Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilkunde. Bd. XXX,
3. u. 4. Heft.
Bei einer 67 jährigen Frau, welche an Diabetes und Arteriosklerose
litt, traten bei anhaltenden Bewegungsversuchen Störungen der Motilität,
Ermüdung und Versagen der Hand und des Armes unter leichten Ver¬
änderungen der Blutverteilung in diesen und Schmerzen ein. Die Beob¬
achtung bietet einen Schulfall dieser Störung an der oberen Extremität.
v. Rad (Nürnberg).
Anövrysme de l’aorte rompu dans le pöricarde. Von Simon und
Rön&rd. Bull, et mäm de la Soc. anatom. de Paris No. 4, 1906.
Ein 60 jähriger Mann mit syphilitischen Antecedentien hatte 2 Tage
vor seinem Tode je einen kurzdauernden syncopalen Anfall von Atem¬
not und Präcordialangst. Die bei der Spitalsaufnahme erhobene gleich-
massige Verbreiterung der Herzdämpfung erklärte sich, nachdem der
Kranke in einem dritten Anfall im Verlauf von 2 Minuten ad exitum
kam, bei der Autopsie durch eine aus einem intrapericardial gelegenen
sackförmigen Aneurysma erfolgte Blutung, die zu einem 650 ccm fassen¬
den Hämoperikard geführt hatte. Semiotischen Wert hatte in diesem
Falle das plötzliche, nach der zweiten Blutung einsetzende Wachsen der
Herzdämpfung. Fritz Tedesko (Wien).
Succeüsfull treatment of a case of thoracic aneurysma threatening
to rupture externally. Von ErieE. Joung. Lancet, 22. Sept. 1906L
Der Patient, 43 Jahre alt, wurde am 8. Juni 1906 ins Spital auf¬
genommen. 4 Jahre vorher wurde er wegen stechender Schmerzen in
den Rippen medizinisch behandelt. Das folgende Jahr traten konstante
Schmerzen in der rechten Schulter hinzu, welche nach abwärts in die
Finger der rechten Hand sowie nach aufwärts gegen die rechte Hais¬
und Gesichtsseite ausstrahlten. Einen Monat später, während welcher Zeit
der Zustand als rheumatischer behandelt wurde, zeigte sich eine sicht¬
bare Pulsation im unteren Teile der rechten Halsseite und Patient wurde
mit der Diagnose Aneurysma des Aortenbogens ins Spital geschickt, das
er jedoch nach kurzer Zeit wieder Verliese. Das Aneurysma nahm lang¬
sam an Grösse zu und es bildete sich unter gleichzeitiger Verdünnung
der Haut eine Protuberanz; die Stimme wurde heiser und es stellte sich
quälender Husten ein, die Atmung war ruhig ohne Stridor oder Dyspnoe;
die äusseren Jugularvenen sprangen an beiden Seiten vor, kein Herz¬
klopfen, keine Schwindelanfälle. Am Halse und oberen Thoraxteile be¬
stand zwischen unterem Rande der 3. Rippe und Cartilago thyreoidea
eine pulsierende Geschwulst, ca. 5 Zoll lang und ö 1 /^ Zoll breit; die
obere Grenze war mehr nach links gelegen, Larynx und Trachea nach
rechts verschoben. Vorne und oben war eine 2. Geschwulst aufgesetzt,
welche die Grösse eines Hühnereies hatte. Halsumfang 19 1 / 2 Zoll, unter¬
halb der 2. Schwellung lS 1 /^ Die Haut verdünnt, gespannt, dunkelrot,
der Perkussionsschall allenthalben gedämpft. Das Manubrium sterni war
völlig zerstört, desgleichen Teile der Clavicula und der oberen 2 Rippen.
Auskultatorisch war ein lautes, sausendes Geräusch hörbar. Keine Oedeme
an Brust und Arm, die oberflächlichen Thoraxvenen nicht erweitert.
Radialpuls ohne Differenz, 72. Arterien nicht wesentlich geschlängelt.
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Pupillen gleich weit, Akkommodation und Lichtreflexe normal. Laryngo-
skopisch an den Stimmbändern keine Veränderung. Herzdämpfong
nicht verbreitert; Herztöne rein.
Neben Bettruhe und strikter Diät bekam Patient Jodkali intern in
steigender Dosis, so dass er am Ende der 3. Woche 3 mal täglich 60 Grain
nahm; lokal wurde morgens und abends Collodium appliziert. Die
Schmerzen liessen bald nach und hörten später völlig auf; am Ende von
10 Tagen schien sich das Aneurysma zu verkleinern, die Pulsation war
weniger markiert, die Wände dicker; am Ende der 3. Woche fühlt sich
Patient subjektiv wohl.
Am Ende der 6. Woche konnte sich Patient im Bette aufsetzen
und bekam schon volle Diät, 14 Tage später verliess er das Bett.
Einen Monat später ergab die Untersuchung folgenden Befund:
Tumor bedeutend kleiner, fast ohne sichtbare Pulsation, die Oberfläche
der Schwellung glatt, die Haut darüber normal. Halsumfang über der
grössten Prominenz 17 Zoll. Grösste Länge 4 Zoll, Breite 4,4 Zoll,
Husten geschwunden, Stimme etwas heiser. Patient hatte an Gewicht
zugenommen. Herrnstadt (Wien).
Beiträge zur Embolie und Thrombose der Mesenterialgefässe.
Von A. Rittershaus. Mitteilungen aus den Grenzgebieten der
Medicin und Chirurgie. Bd. XVI, 3. Heft.
Trotzdem sich die Erfahrungen über Embolie und Thrombose der
Mesenterialgefässe von Jahr zu Jahr mehren, kann man doch nur ein
unvollkommenes Bild dieser Erkrankung aufstellen; man unterscheidet
kurz die beiden Typen, die Darmblutung und den Ileus. Verf. ver¬
öffentlicht zwei weitere einschlägige Fälle, die bezüglich der Klinik,
Pathologie und Therapie genau beschrieben werden. In dem einen Falle
handelt es sich um einen 71 jährigen Mann mit massig stark entwickelter
peripherer Arteriosklerose, der schon öfter Schmerzen im Abdomen mit
Erbrechen gehabt hatte, zuletzt Mitte Januar 1906 mit verstärkter
Heftigkeit; die Erscheinungen steigerten sich zu denen des Heus und
führten den Patienten zur Operation. Es wurde eine hämorrhagische
Nekrose des untersten Heums, als Ursache bei Abwesenheit sonstiger
Momente vermutungsweise Mesenterialgefässverschluss festgestellt. Die
ausgedehnte Resektion des erkrankten Darmes wurde gut überstanden.
Patient fühlte sich in den ersten Tagen nach der Operation, abgesehen
von dem quälenden Singultus, wohl und war völlig schmerzfrei; kein
Fieber, keine peritonitischen Symptome. Sodann Herzschwäche am 5. Tag.
Die Obduktion stellte Embolie mehrerer zum Heum gehender Mesenterial¬
arterienäste sowie als Ausgang derselben ausgedehnte Atheromatose der
Aorta fest. Bei dem zweiten Falle handelt es sich um einen 46 jährigen
Mann, der, vor Jahren an Gelenkrheumatismus erkrankt, wiederholt
Insufficienzerscheinungen des Herzens dargeboten hat. Er wird im Zu¬
stand hochgradigster Kompensationsstörung eingeliefert. Nach vorüber¬
gehender Besserung Auftreten von Lungeninfarkten, Schmerzen in der
linken Unterbauchseite, Anurie und Exitus an Herzinsufficienz. Der
gefundene Embolus in der Art. mes. inf. stammt aus der hochgradig
atheromatösen Aorta. Die Infarzierung des Darmes, die, aus dem Fehlen
der Schleimhautblutungen, aus der Abwesenheit von Geschwürsbildungen,
Nekrosen und lokaler Peritonitis zu schliessen, sich entweder kurz vor
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dem Tod eingestellt haben muss oder durch genügenden kollateralen Zu¬
fluss sich wieder auszugleichen begann, war der Diagnose nicht zugänglich.
Das einzige Symptom, welches neben den bestehenden Lungeninfarkten
vielleicht hätte darauf hin weisen können, war die ziemlich plötzlich ein«,
setzende Schmerzhaftigkeit in der linken Unterbauchseite; dieselbe war
jedoch zu unbestimmter Natur, als dass sie in Abwesenheit der übrigen
charakteristischen Erscheinungen zur Diagnose hätte verwertet werden
können. Verf. führt die übrigen bekannten Fälle mit ihren Kranken¬
geschichten an und geht auf die Klinik dieser Erkrankung über, das
ätiologische Moment bei allen Embolien ist eine Anomalie am Zirku¬
lationsapparat. Das Symptomenbild lässt sich analysieren in die All¬
gemeinerscheinungen, die regelmässig die Embolisierung in einem Ge-
fesgebiete begleiten, und in die sekundären Folgezustände am Darm.
Der heftig einsetzende Initialschmerz steht als Hauptsymptom im Vorder¬
grund. Bald folgen lokale und diffuse Auftreibung des druckempfindlichen
Leibes. Aufstossen, Uebligkeit, Erbrechen blutiger oder fäkulenter
Mäßßeü und freie Flüssigkeit im Abdomen. Die Temperatur sinkt gleich¬
zeitig auf subnormale Werte, der Puls wird elend, klein, frequent, die
Patienten bieten das bekannte Bild des Collapses. Ein Teil verläuft
unter erschöpfenden Darmblutungen, ein anderer unter ileusähnlichen
Sjmptomen. Verf. geht dann genauer auf die pathologische Anatomie
und Histologie dieser Erkrankung über und kommt schliesslich zur
Therapie: da die Prognose bei rein interner Behandlung ohnedies absolut
miaust zu stellen ist, so glaubt Verf., in allen Fällen, soweit es über¬
haupt der allgemeine Zustand erlaubt, eine Operation anraten zu dürfen,
um teils den Patienten von den quälenden Schmerzen des Heus zu be¬
freien, teils um durch Ausschaltung einer nekrotischen Darmpartie eine
geringe Wahrscheinlichkeit zu schaffen, die drohende oder beginnende all¬
gemeine Peritonitis zu beschränken.
Die interne Behandlung ist rein symptomatisch und beschränkt sich
auf Behebung des CoUapszustandes und Stillung der Darmblutungen.
H. Raubitschek (Wien).
Concealed accendental haemorrhage. Von Adam H. Wright. Brit.
Medic. Journ. 3. November 1906.
Die folgende Beschreibung von Störer gibt ein Bild dieser Er¬
krankung: Eine Frau im letzten Monat der Schwangerschaft wird im
Anschluss an ein leichtes Trauma von heftigen Schmerzen in der oberen
Uterin-Region ergriffen, welchen nach kurzer Zeit ein dumpfer kon¬
tinuierlicher Schmerz folgt. Die Attacke ist ähnlich einer gewöhnlichen
Kolik und wird in der Regel als solche behandelt. Unterdessen nimmt
der Uterus langsam an Grösse zu, ist durch Ueberausdehnung paralysiert,
die Cervix hart und nicht dilatiert. Pat. stirbt, wenn die Blutung nicht
gestillt wird, doch ist unter diesen Umständen die Dilatation der Cervix
ausserordentlich schwierig und langwierig.
Verf. glaubt, dass in einer grossen Anzahl von Fällen die Sym¬
ptome dem Shock und nicht dem Blutverluste allein zuzuschreiben sind;
dag Hauptzeichen von Shock ist das plötzliche Einsetzen, das charakte¬
ristische des Collapses die extreme Erschöpfung. Nur in wenigen Fällen
verursacht die Blutung eine Dilatation des Uterus, meist gefährlichen
Collaps.
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Behandlung: Forcierte Entbindung im Shock verursacht fast
stets den Tod. Die Differenz der Behandlung liegt in dem Umstande,
ob die Geburt bereits begonnen hat oder nicht; immer müssen die Sym¬
ptome des Shocks beseitigt werden; man macht heisse Umschläge und
gibt subkutan Morphin, später kleine Dosen von Strychnin und Stirnu-
lantien. Die Pat. soll im Bett mit gesenktem Kopfe und erhöhten
Beinen liegen und erhält eine Kochsalzinfusion. Nach diesen Mass¬
nahmen kann die Operation in wenigen Stunden vorgenommen werden,
sie besteht im abdominalen oder vaginalen Kaiserschnitt.
Herrnstadt (Wien).
Die Veränderungen des „neutrophilen Blutbildes“ bei Infektions¬
krankheiten. Von Dr. Armin Flesch und Dr. Alexander
Schossberger. Orvosi Hetilap, 1906, No. 16.
In der Hämatologie der Infektionskrankheiten richteten sich die
bisherigen Untersuchungen hauptsächlich dahin, jene Veränderungen auf¬
zudecken, die sich in der Zahl der weissen Blutzellen und im gegen¬
seitigen Verhältnis der verschiedenen Arten zueinander bekunden. Von
einem neuen Standpunkte aus ging Arneth, als er nach wies, dass die
neutrophilen weissen Blutzellen selbst im Laufe der Infektionskrankheiten
nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ Veränderungen erfahren.
Während nämlich unter physiologischen Verhältnissen einkörnige neutrophile
weisse Blutzellen beiläufig 5 °/o? zweikörnige ca. 35 °/ 0 , dreikörnige bei¬
läufig 41 °/ 0 , vierkömige ca. 17 °/ 0 , fünf- und mehrkörnige beiläufig 2°; 0
betragen, verändert sich dieses Verhältnis der neutrophilen weissen Blut¬
zellen (das neutrophile Blutbild) bei Infektionskrankheiten in der
Weise, dass die polynukleären Leukocyten sich vermindern, resp. ver¬
schwinden, die einkörnigen aber in verschiedenem Masse sich vermehren
(das Blutbild verschiebt sich nach links).
Der Zweck der Untersuchung bestand darin, 1. durch direkte Unter¬
suchung Klarheit über die Veränderung des neutrophilen Blutbildes bei
verschiedenen Infektionskrankheiten zu verschaffen; 2. festzustellen, zu
welchen diagnostischen und prognostischen Folgerungen diese Unter¬
suchungen berechtigen; 3. zu erwägen, inwiefern die so festgestellten
Befunde mit der Entstehung der Leukocytosen und mit den auf die der
Infektion gegenüber bekundete Reaktion des Organismus sich beziehen¬
den heutigen Kenntnissen in Einklang gebracht werden können.
Die Untersuchungen wurden fast ausschliesslich am Krankenmaterial
des Stefanie-Kinderspitals vollführt; als Grundlage der Folgerungen dienten
165 neutrophile Blutbilder von 41 verschiedenen Infektionskrankheiten
(Scarlatina, Morbilli, Rubeola, Varicellen, Diphtherie, Typhus abdomin.,
Malaria, Pneumonia croup., Eiterungsprozesse, Tuberkulose). Mit Aus¬
nahme von einigen Fällen war die morphologische Untersuchung mit
Leukocytenzählung verknüpft. Das Resultat dieser Untersuchung ist
folgendes: Im gegenseitigen Verhältnis der ein-, zwei-, drei-, vier- und
fünfkernigen Leukocyten (neutrophiles Blutbild) ist in physiologischen
Verhältnissen eine gewisse Regelmässigkeit zu erkennen. Von einkernigen
sind durchschnittlich 36 °/ 0 , zweikernigen 45 °/ 0 , dreikernigen 15°/ 0 , vier-
kernigen 3 °/ 0 und fünfkernige sind vereinzelt vorzufinden. Die in diesem
Verhältnisse bestehenden Zahlen sind unabhängig von Alter, Geschlecht,
Ernährungsgrade und die Schwankungen zeigen sich scheinbar ohne jede
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Segel nur dermassen, wie individuelle Unterschiede in sämtlichen Ge¬
setzen der Anatomie und Physiologie zu beobachten sind. Infektions-
prozeese beeinflussen die physiologische Reihenfolge der Leukocyten in
verschiedener Weise. Die üblichste Beeinflussung zeigt sich darin, dass
nebst der Vermehrung der Mononukleären eine Verminderung resp.
Mangel der Polynukleären eintritt. Diese Veränderung kann in jedem
erdenklichen Grade auftreten, so dass in einem kleinen Teil der Fälle
das andere Extrem, die mässige Verminderung der Mononukleären, sichtbar
ist. Qualität und Quantität der Beeinflussung hängt vom Wesen des
Krankheitsprozesses ab, ist aber unabhängig von der Schwere, dem Ver¬
lauf desselben und von der Veränderung der Zahl der Leukocyten.
Eine und dieselbe Art der Infektionskrankheiten zeigt ein mehr
weniger identisches neutrophiles Blutbild. Ein und dasselbe neutrophile
Blutbild aber kann zu den verschiedentlichsten Krankheiten gehören.
Verff. fanden nämlich die in Vermehrung der Mononukleären sich be¬
kundende grosse Veränderung des neutrophilen Blutbildes bei Morbilli,
Varicellen, Typhus abd., in den meisten Fällen von Rubeola und in
einer grossen Anzahl von eiterigen Prozessen vor. Einen geringeren
Grad der Veränderung beobachteten sie bei Scarlatina, bei vielen Eite¬
rungen, bei Pneumonia croup., bei verschiedenen Formen der Tuberkulose
und in einem Falle von Rubeola. Scheinbar unverändert ist das neutro¬
phile Blutbild im virulenten Stadium der einen oder anderen Krankheit
(Diphtherie) und eine geringe Drehung nach rechts des Blutbildes ist bei
Morbilli-Rekonv&lescenz zu beobachten. Hervorzuheben ist, dass eine
charakteristische hochgradige Veränderung des normalen Blutbildes schon
im Latenzstadium der Morbilli (Hausepidemie) vorzufinden ist.
Vom diagnostischen Standpunkte also überragt die Untersuchung
des neutrophilen Blutbildes keineswegs den Wert der Leukocytenzählung.
In den meisten Fällen stützt es unser Urteil, bei einer Leukocytenzahl
aber, die sich innerhalb normaler Grenzen bewegt, weist ein positiver
Befund auf Vorhandensein eines pathologischen Zustandes hin. Eben
deshalb ist diese Methode gegebenen Falles wohl verwertbar. Wichtig
ist sie sogar in der Spitalspraxis vom Standpunkte der Frühdiagnose
und Isolierung im Falle einer Hausepidemie während des Latenzstadiums
der Morbilli. In prognostischer Hinsicht bietet das neutrophile Blutbild
keinen Stützpunkt. Bei den zur Entstehung der Leukocytose bezug¬
nehmenden Theorien ist die Richtschnur die Chemotaxis. Aber weder
die Chemotaxis allein noch die identischen Modifikationen, die verschie¬
dene Untersucher (Rieder, Schulz, Löwit, Jakob, Gold¬
scheider, Arneth usw.) an dieser Theorie machten, eignen sich
zur einheitlichen Erklärung sämtlicher Befunde, die Verf. bezüglich der
Veränderungen des neutrophilen Blutbildes entdeckten. Infolgedessen
geht die Ansicht der Verf. dahin, dass das neutrophile Blutbild bloss
ein 8ymptom der Reaktion ist, welche der Organismus der Infektion
gegenüber hervorruft, aber keinesfalls als endgültige Erklärung der ab¬
laufenden Prozesse dient. J. Honig (Budapest).
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m. Biicherbesprechungen.
Contribntion ä F6tude de Finfarctus himorrhaglque de Fintestin
consäcntif aux thrombo-phlöbites mäsaralques. Rene Roussel.
Thöse de Paris. G. Steinheil. 1905.
Der hämorrhagische Darminfarkt entsteht durch Verschluss einer
Mesenterialarterie oder einer Mesenterialvene und ist eine von der Pyle-
phlebitis unabhängige Erkrankung. Doch kann die Mesenterialvenen¬
thrombose auch sekundär sich an eine primäre Pylephlebitis anscbliessen.
Pathologisch-anatomisch sind besonders hervorzuheben ein geringer sangui¬
nolenter Ascites, hämorrhagische Infarzierung eines Teiles des Darmes,
zumeist des Jejunums, und Nekrotisierung im infarzierten Gebiete. In
klinischer Beziehung ist folgendes zu bemerken: Plötzliches Einsetzen
heftiger Schmerzen im Bauche und Erbrechen manchmal blutiger Massen,
blutige Stühle, Diarrhöen, etwas Ascites, Symptome des Darmverschlusses.
Manchmal ist die infarzierte Darmschlinge als Tumor tastbar. Nach
Stunden bis längstens 4 Tagen tritt nach Collaps und Coma der Tod
ein. Therapeutisch kommt nur die Besektion der infarzierten Darm¬
schlinge in Betracht, welche in zwei Fällen zur Heilung geführt hat.
Wilhelm Neutra (Wien-Gainfahrn).
Der Ileus. Pathologie und Klinik des Darmverschlusses. Von M.
W il m 8 (Leipzig). 803 pag. u. 124 pag. Literaturangaben. Mit 224 Text¬
abbildungen. Stuttgart 1906. Ferd. Enke. (Deutsche Chirurgie.)
Die sehr umfangreiche, Trendelenburg gewidmete Monographie
8teilt wohl die vollkommenste Bearbeitung dieses schwierigen Kapitels
dar. Autor spricht sich für die vorläufige Beibehaltung des Sammel¬
namens „Heus“ aus, da zurzeit aus praktischen Gründen nicht auf dieses
Wort verzichtet werden kann. W.’s Einteilung des Ileus ist folgende:
I. Dynamischer Ileus. 1. Paralytischer, postoperativer. 2. Spasti¬
scher. II. Obturationsileus. 1. Obturation durch Verstopfung des Lumens.
2. Obturation durch breite Kompression des Darmes. 3. Obturationsileus
durch Cysten und Geschwülste der Darmwand. 4. Obturation durch
Adhäsionen und Stränge. 5. Darm Verschluss bei Strikturen. III. Stran-
gulationsileus. 1. Strangulationen durch ringförmige Einklemmung in
Netzlücken, in Oeffnungen des Mesenteriums, Einklemmung durch Bänder
und Stränge. 2. Innere Hernien. IV. Ungewöhnliche Heusformen.
1. Gleichzeitige Darmpassagestörung an zwei Stellen. 2. Retrograde
Incarceration des Darmes. 3. Darm Verschluss während der Schwanger¬
schaft und der Geburt. V. Hirschsprung’sehe Krankheit. VT. Meckel-
sches Divertikel und Darmverschluss. VII. Volvulus. 1. Des Dünn¬
darmes. 2. Coecumvolvulus. 3. Ungewöhnliche Formen des Dickdaim-
volvulu8. 4. Volvulus der Flexura sigmoidea. VTII. Knotenbildungen
des Darmes. IX. Invagination. Die Einleitung des Werkes bilden eine
kurze geschichtliche Darstellung und Daten aus der Anatomie, Physio¬
logie, Chemie und Pathologie, die für den Ileus wichtig sind. Der
Schluss des Buches handelt von der Diagnose und Therapie. Die ausser¬
ordentliche Fülle emsig zusammengetragener und kritisch gesichteter Tat*
Sachen kann hier nicht eingehender besprochen werden. Auf ein inter¬
essantes Kapitel wollen wir aber verweisen, das Autor als „Grenzgebiet
zwischen Internen und Chirurgen“ bezeichnet. Wilma ist mit Noth-
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nagel der Ansicht, dass in seltenen Fällen auch beim mechanischen
Deus ein Freiwerden des Darmverschlusses möglich ist. Da aber solohe
günstige Zufälligkeiten nur sehr selten auftreten, ist W. in allen Fällen
von mechanischem Ileus für eine möglichst frühzeitige Operation. Mit
Recht ist Autor unbedingt für Stellung einer genaueren Diagnose, be¬
vor mit internen Medikationen in einem Falle von Deus behandelt wird.
Opiate will W. selbst in dem Falle verweigern, in welchem der Kranke
einer Operation nicht zustimmt, um den Patienten von seiner Weigerung
abzubringen. Bei diagnostisch zweifelhaften Fällen kann bei Verdacht
auf Obturationsileus kurze Zeit (12—24 Stunden) die interne Behandlung
angewendet werden, bei Verdacht auf Strangulationsileus ist sofortige
Eiplorativinzision erforderlich. — Eine grosse Zahl guter Abbildungen
erläutert den Text. Die ausserordentliche Literaturkenntnis des Autors
sei besonders hervorgehoben. Hermann Schlesinger (Wien).
I* luxation de sdmi-lunaire. L. Näe. These de Paris 1906. L.
Tavernier. Les döplacements tranmatiques de sdmi-lunaire.
These de Lyon 1906.
Die erste dieser Arbeiten bringt 40, die zweite 100 Fälle von Luxa¬
tion des Os semilunare. Sie kommt durch einen Fall auf die Hände,
ferner durch das Zurückschnellen der Automobilkurbel gegen die Hand
zustande; sie ist häufig verbunden mit einer Fraktur, mit Quetschung
oder Abreissung des Skaphoideum. Der luxierte Knochen ist an der
Vorderseite des Handgelenkes unter den wie Violinsaiten emporge¬
hobenen Beugesehnen fühlbar. Die Therapie dieses Falles besteht in der
blutigen Reposition oder, falls diese nicht gelingt, in der Entfernung
des laxierten Knochens. Schrumpf (Strassburg).
Handbuch der Urologie. Herausgegeben von Anton v. Frisch u. Otto
Zuckerkandl. Achtzehnte (Schluss-)Abteil. Wien 1906. Alfred Holder.
In dieser Abteilung vollendet Finger das Kapitel: Impotentia
coeundi. F. ist im allgemeinen ein Anhänger der Lokalbehandlung, doch
will er sie nur in jenen Fällen durchgeführt wissen, wo wirklich krank¬
hafte Veränderungen der Pars posterior oder der Prostata bestehen.
Unter den inneren Medikamenten hat F. besonders von Yohimbin gute
Resultate gesehen. Im nächsten Kapitel: „Die Zeugungsunfähigkeit,
Impotentia generandi u behandelt F. die Zeugungsunfähigkeit infolge patho¬
logischer Veränderungen des Spermas (Azoospermie, Oligozoospermie und
Nekrospermie) und die Zeugungsunfähigkeit infolge Störung der Samen-
entleerung (mechanischer oder organischer und nervöser oder psychischer
Aspermatismus). Mit diesem Kapitel schliesst das Handbuch, welches
zweifellos das beste Werk über das Gesamtgebiet der Urologie darstellt.
v. Hof mann (Wien).
Des Haarschwunds Ursachen und Behandlung. Dr. Jessner’s
Dermatologische Vorträge für Praktiker. Heft 1. 5. Aufl. Würz¬
burg. A. Stuber’s Verlag (Kurt Kabitzsch), 1906. Preis Mk. 0,80.
In dem kleinen Büchlein behandelt Jessner in seiner bekannten,
leicht fasslichen Darstellungsart die Ursachen der Alopecie und deren
Behandlung. In der I. Gruppe werden die Alopecia adnata, senilis,
praematura, in der II. die Alopecia seborrhoica, in der DI.
die Alopecia areata, in der IV. die Alopecia mycotica (1. tricho-
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phytica, 2. favosa), in der Y. die Alopecia symptomatica (1. im
Gefolge von mit Gewebszerstörung einhergehenden Hautleiden, 2. im Oe-
folge von Allgemeinerkrankungen) besprochen. Den therapeutischen
Massnahmen wird, soweit sie das Interesse des praktischen Arztes in
Anspruch nehmen sollen, besondere Berücksichtigung zuteil.
Otto Sachs (Wien).
Inhalt.
I. Sammel-Referate.
T e d e s k o, F., Die neuropathischen Kno¬
chenaffektionen (mit Ausschluss der
tabischen und syringomyelischen Ar¬
thropathien und Spontanfrakturen, p. 209
bis 220.
II. Referate.
A. Gehirn, Meningen.
As coli, Ueber die diagnostische Him-
punktion, p. 221.
Marchand, L., Epilepsie provoqude par
des tubercules de l’encephale, p. 221.
Stewart, T. G., The diagnosis and
localisation of tumours of the frontal
regions of the brain, p. 221.
Oppenheim und Krause, Ein operativ
geheilter Tumor des Occipitallappens
des Gehirns, p. 223.
M a c e w e n, J. A. C, A case of cerebral
tumour, giving rise to Jacksonian epi-
lepsie and, at a later stage, coma, p. 223.
P r i n c e, M., Limited area of anaesthesia,
epileptiform attacks of hemialgesia, and
early muscular atrophy in a case of
brain tumor, p. 224.
Spill er, W. G. und Frazier, C. H.,
Cerebral decompression, p. 225.
-Cerebral decompression. Palliative
operations in the treatment of tumors
of the brain, based on the observation
of fourteen cases, p. 225.
Scholz, H., Ueber Kleinhimcysten, p. 227.
Cushing, H., Sexual infantilism with
optic atrophy in cases of tumor affecting
the hypophysis cerebri, p. 227.
Becker, E., Operation einer Geschwulst
im Kleinhirn-Brückenwinkel, p. 229.
Davie, G., Case of obscure intracranial
tumour: meningeal sarcoma with exten-
sion to fourth ventricle, p. 229.
M ’K e n d r i c k, S., The clinical and patho-
logical aspects of a fulminating case of epi-
demic cerebrospinal meningitis of the „con-
vulsive comatose type“ of Tourdes,p. 230.
B. Gefässe, Blut.
Schlesinger, H., Ueber Sensibilitäts¬
störungen bei akuter lokaler Ischämie,
p. 231.
Hornberger, E., Eine physio-patbolo-
gische Studie über venöse Hyperämie,
p. 231.
Coli ins, J., A definite clinical vanete
of cerebral arteriosclerosis, p. 232.
Adler und Hensel, Intravenous injec-
tions of nicotine and their effects upon
the aorta of rabbits, p. 232.
Erb, Ein weiterer Fall von angiosklero-
tischer Bewegungsstörung des Armes
P- * 33 -
Simon u. Renard, Anevrysme de raorte
rompu dans le pericarde, p. 233.
J o u n g, E. E., Successfull treatment of ^
case of thoracic aneurysma threatening
to rupture exteraally, p. 233.
Rittersbaus, A., Beiträge zur Embolie
und Thrombose der Mesenterialgefässe,
P. 234- . t
Wright, A. H., Concealed accindenUl
haemorrhage, p. 235.
F 1 esch, A. und Schossberger,A.,Die
Veränderungen des „neutrophilen Blut¬
bildes“ bei Infektionskrankheiten, p.236.
III. Bücherbesprechungen
R o u s s e 1 , Contribution ä l’etude de rin-
farctus h£morrbagique de Tintestin conse-
cutif aux thrombo-pblebites mesaraiques,
p. 238.
Wilms, M., Der Ileus. Pathologie und
Klinik des Darmverschlusses, p. 23S.
N e e, L., La luxation de sdmi-lunaire, p.239
Frisch, A. v. und Zuckerkandl, 0 .,
Handbuch der Urologie, p. 239.
Jessner, Des Haarschwunds Ursachen
und Behandlung, p. 239.
Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Professor
Dr. HERMANN SCHLESINGER, Wien, I, Ebendorferstrasse 10, wird gebeten.
Man bittet, redaktioneile Zusobriften mit dem Adressensnsatz „Für die Redaktion des
Centralblattes für die Grenzgebiete“ versehen zu wollen.
Lippert i Co. (G. Pätz’sche Buchdr.), Naumburg a. S.
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242
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31 ans, hysterique et tuberculeux. Bull, et m£m. de la Soc. des hop. de Paris 1903,
No. 21.
74) Leyden, Klinik der Rückenmarkskrankheiten 1875.
75) Ders., Röntgenstrahlen und Rückenmarksleiden. Zeitschr. f. diätetische
Therap., Bd. X, H. 1, p. 5.
76) Loebl und Wiesel, Zur Klinik und Anatomie der Hemiatrophia facialis
progressiva. Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk. 1904, p. 355.
77) Maass, H., Ueber mechanische Störungen des Knochen Wachstums. Deutsche
Zeitschr. f. Chir., Bd. LXI, p. 417.
78*) M a g n i, E., Comment se comportent les os en voie d'accroissement, quand
ils sont soustraits ä rinfluence nerveuse. Arch. ital. de biolog. 1905, Fase. 1. Ref.
Neurol. Cbl. 1906, p. 272.
79*) Mantegazza, Delle alterazione istologiche prodotte del taglio dei nervi.
Gazz. Lomb. 1865, No. 33.
80) Marie, P., De l’ost^oarthropathie hypertrophiante pneumique. Revue de
m£d. 1890, Bd. X, p. 1.
81) Marie et Couvelaire, Neurofibromatose g£n£ralisee. Nouvelle Iconogr.
de la Salp£trifcre 1900, p. 26.
82*) Marie, P. et Crouzon, V., Demonstration in der Sociöte de neurol. de
Paris, 5. Februar 1903.
83*) Massalonga und Vanzelli, Giornali d. R. Acad. di Torino 1900,
cit. nach Gay et und Bonnet
84) Mendel, Zur Lehre von der Hemiatrophia facialis. Neurol. CentralbL 1888.
85) Meyer, E., Ueber Rippenbrüchigkeit bei Geisteskranken. Arch. f. Psych.
u. Nervenkrankheiten 1897, Bd. XXIX, p. 850.
86*) Milne, Edwards A., Etudes chimiques et physiologiques sur les os.
§ VII, p. 188. Annales des Sciences naturelles. Zoologie. T. XIII, 1860, cit nach
Kapsammer.
87) Moebius, P. J., Der umschriebene Gesichtsschwund. NothüageTs spez.
Path. u. Ther., Bd. XI, 2, 1898.
88*) Münch, G., Beitrag zur Lehre vom osteomalacischen Frauenbecken. L-D.
Giessen 1851.
89*) Muscatello und Damascelli, Deila influenza del taglio dei nervi
sulla guarigione della fratture. Arch. per le scienze med. 1898. Vol. 23, p. 65.
90) Nalbandoff, S. S., Zur Symptomatologie tropbischer Störungen bei der
Syringomyelie (Osteomalacia). Neur. Centralbl. 1900, p. 431.
91) Nasse, H., Ueber den Einfluss der Nervendurchschneidung auf die Er*
nährung, insbesondere auf die Form und Zusammensetzung der Knochen. Pflüger’s
Archiv 1880, Bd. XXIII.
92*) Neumann, H., Ueber die Knochenbrüchigkeit bei Geisteskranken. I.-D.
Heidelberg 1883, cit nach M. B. Schmidt
93) Neurath, R., Ueber seltenere Knochendeformitäten nach spinaler Kinder¬
lähmung. Wiener mediz. Presse 1901, No. 4, p. 153.
94) Nicoladoni, C., Ueber Myositis ossificans progressiva. Wiener med.
Blätter 1878, No. 22—24.
95) Nonne, Demonstration im AerztlichenVerein zu Hamburg, 25. Nov. 1902.
96) Ders., Ueber radiographisch nachweisbare akute und chronische Knochen¬
atrophie (Sudeck) bei Nervenerkrankungen. Fortschr. auf dem Geb. der Röntgenstr.,
Bd. V., d. 293.
97) Obermayer, Knochenveränderungen bei chronischem Ikterus. Wiener
klin. Rundschau 1897, H. 38 u. 39.
98*) Olli er, De la r£generation des os. 1867.
99*) P a c i n o 11 i, Contributo alla Studio delle modificazione che subisce il callo
osseo dopo la resezione del nervo ischiadico. Firenze 189X.
100) Pelizaeus, Ueber einen ungewöhnlichen Fall von progressiver Hemia-
trophie, Myosclerose, Sclerodermie und Atrophie der Knochen und Gelenke. Neurol.
Centralbl. 1897, p. 530.
101) Prautois et Etienne, G., Troubles trophiques osseux et articulaires
chez un homme atteint d’atrophie musculaire myelopathique. Revue de m6decine 1S04.
102*) Rasumovsky, Zur Frage über atrophische Prozesse in den Knochen
nach Nervendurchschneidung. I.-D. St. Petersburg 1884, cit nach Schuchardt
103) Remak, E., Neuritis und Polyneuritis. Nothnagel’s spez. Path. u. Ther.
1900, p. 175.
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243
I04J Romberg, Lehrbuch der Nervenkrankheiten 1857.
105) Sabrazes, J. et Marty, L. f Atrophie musculaire et osseuse du membre
superienr droit, consCcutive a des traumatismes violents et multiples. Nouv. Iconogr.
de la Salp. 1899, p. 107.
106*) Salviali, Arch. per le scienze med. 1896, cit. nach Schmidt.
107*) Schiff, Recherches sur l’influence des nerfs sur la nutrition des os.
Compt rend. de l’acad&nie des Sciences 1854, T. 38, p. 1052.
xo8) Schlesinger, H., Die Syringomyelie, 2. Auf). 1902.
109) Ders., Die Erkrankungen der Knochen und Gelenke bei Syringomyelie
(mit Ausnahme der Veränderungen der Wirbelsäule etc.). Centralbl. f. d. Grenzgeb.
d. Med. u. Chir. 1901, No. 16 u. 17.
110) Schmidt, M. B., Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie der
Knochen. Lubarsch-Ostertag's Ergebnisse der allgemeinen Pathologie etc., Bd. IV u. V.
111) Schucbardt, Die Krankheiten der Knochen und Gelenke. Deutsche
Chirurgie, F. Enke, 1899, Bd. XXVIII.
112) Schultze, F., Ueber Kombination von familiärer progressiver Pseudo¬
hypertrophie und von Knochenatrophie mit der Spondylose rhizomllique bei zwei
Geschwistern. Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk. 1899, p. 459.
113) Ders., Deutsche med. Wochenschr. 1905, p. 1173, Niederrhein. Gesellsch.
für Heilkunde in Bonn.
114*) Sokoloff, Des arthropathies dans la Syringomyelie. Ref. Revue neurol.
1897, P- 7oo.
115) Sternberg, M., Vegetationsstörungen und Systemerkrankungen der Knochen.
Nothnagel’s spez. Path. u. Ther. 1899, Bd. VII.
116) Stiefler, G., Zur Klinik der neuralen Form der progressiven Muskel¬
atrophie. Zeitschr. f. Heilkunde 1906, Bd. XXVII (Neue Folge, Bd. VII), H. 8, p. 219.
117) Sud eck, P., Ueber die akute entzündliche Knochenatrophie. Langen-
beck’s Arch. 1900, Bd. LXII, p. 148.
118) Ders., Verhandlungen der deutschen Ges. f. Chir. XIX. Kongress, 1900,
Berlin.
119) Ders., Ueber die akute (reflektorische) Knochenatrophie nach Entzündungen
und Verletzungen an den Extremitäten und ihre klinischen Erscheinungen. Fortschr.
auf dem Geb. der Röntgenstr., Bd. V, H. 5.
120) Ders., Demonstration im Aerztlichen Verein in Hamburg, 18. Febr. 1902.
121) Tedesko, F., Ueber Knochenatrophie bei Syringomyelie. Deutsche Zeit¬
schrift f. Nervenheilk. 1904, p. 336.
122*) Ughetti, Sülle alterazione dei tessuti da mancata influenza nervosa.
Arch. delle scienze med. 1880. Vol. IV.
123) Virchow, Ueber neurotische Atrophie. Berl. klin. Wochenschr. 1880,
P- 409.
124) Ders., Handbuch der spez. Path. u. Ther. 1854, Bd. I.
125*) Vulpian, Legons sur l’appareil vasomoteur 1875, 22. legon, p. 357,
cit nach Kapsammer.
126) Wichmann, Schädliche Wirkung der senkrechten Extension in der Be¬
handlung von Oberschenkelbrüchen rhachitischer Kinder. Jahrb. f. Kinderheik. 1888,
Bd. XXVII.
127) Wolff, J., Ueber trophische Störungen bei primären Gelenkleiden. Berl.
klin. Wochenschr. 1880, No. 28—30.
Das eigentliche „Mal perforant“ der Tabiker hat eine eingehende
Würdigung inAdrian’s*) Sammelreferat gefunden. Die Läsionen
der Knochen bestehen in allen Phasen der rarefizierenden Ostitis.
Die Rarefikation des Knochens kann sich oft weit über das Ge¬
schwür und die Geschwürsgegend hinaus erstrecken. Sklerosierung
des Knochens ist nur selten angetroffen worden. In den regionären
peripheren Nerven fanden sich in einer ganzen Anzahl Fälle teils
parenchymatöse, teils interstitielle Veränderungen.
16 *
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Bezüglich der tabischen Osteoarthropathien der Wirbelsäule sei
auf die kritische zusammenfassende Studie von Frank* 6 ) hinge¬
wiesen. Adler*) bespricht in seinem Sammelreferate „Ueber
tabische Knochen- und Q-elenkserkrankungen“ die Prognose der
Osteopathien für den weiteren Verlauf der Krankheit. Da die
Neigung zu allgemeinen Schädigungen des Knochensystems besteht
und ausserdem der Wund verlauf durch Decubitus und Cystitis in
höchst bedenklicher Weise gestört werden kann, soll von grösseren
chirurgischen Eingriffen Abstand genommen und eine konservative
orthopädische Therapie eingeschlagen werden.
Syringomyelie.
Für die Syringomyelie hat H. Schlesinger 106 ) das Wissens¬
werte über dieses Thema bis zum Jahre 1901 in einer zusammen¬
fassenden Studie veröffentlicht. Von grösseren Arbeiten über die
syringomyelischen Knochenaffektionen aus den folgenden Jahren
seien die Borchard’s 14 ) und Michel’s (in Bruns’ Beitr.
Bd. XXXVI) hervorgeboben. Referent 121 ) hatte an S c h 1 e s i n g e r’s
Krankenabteilung Gelegenheit, 12 Fälle von „latenter“ Knochen¬
atrophie oder Osteoporose bei Syringomyelischen zu untersuchen.
Abgesehen davon, daß ein Kranker eine schon eingangs erwähnte
und vorläufig als „Enostosis eburnea“ klassifizierte Osteopathie auf¬
wies, zeigten alle Fälle das Bild der chronischen, diffusen Knochen¬
atrophie, die fast immer mit angioneurotischen und sekretorischen
Störungen der übrigen Weich teile und mit Muskelatrophien kom¬
biniert waren. Inaktivität spielt als ätiologischer Faktor in dieser
Untersuchungsreihe eine ganz untergeordnete Rolle, da sämtliche
Eiranke niemals des Gebrauches ihrer Extremität vollständig be¬
raubt waren. Es wurde auch der Gedanke ausgesprochen, daß die
atrophischen und porotischen Knochen auf selbst geringfügige Traumen
mit Fraktur reagieren können, ein Umstand, der für den Mechanis¬
mus der nervösen Spontaofrakturen stets supponiert, aber erst post
hoc konstatiert werden konnte.
Im Einklang mit den Autoren, die ein großes Material neuro¬
tischer Knochenatrophien zu untersuchen Gelegenheit hatten, fanden
sich auch in unserer Beobachtungsreihe vasomotorische und sekre¬
torische Anomalien (Cyanose, akutes Oedem und abnormales Ver¬
halten der Schweisssekretion), die dazu Anlass gaben, das Neben¬
einandervorkommen dieser Störungen zu betonen, ohne jedoch bindende
ätiologische Schlüsse zu ziehen.
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245
Lepra.
Wegen der Aehnlichkeit im klinischen Bilde sei die Lepra im
Anschlüsse an die Syringomyelie besprochen. Arning 4 ) demon¬
strierte anf der internationalen Leprakonferenz Röntgenaufnahmen
eines Falles yon mutilierender Lepra, die teilweise in der Mono¬
graphie von Babes *) wiedergegeben sind. In Figur 3 auf Tafel 10
ist die hochgradige Knochenatrophie besonders schön zu sehen.
Jedoch nimmt Babes zur Genese dieser Knochenerkrankungen eine
ziemlich indifferente Stellung ein und widmet dem ganzen Ereignis
folgende Worte: „Der Knochen ist wohl häufig bloss sekundär infolge
Ton Kompressionen oder Nekrose sowie von Nerveneinflüssen er¬
krankt, doch hat Sewtschenko auch die Invasion von Bazillen,
namentlich in die Havers’schen Kanäle, demonstriert, indem in der
Folge Knochenresorption auftritt. Aber auch umschriebene, von
Lepragewebe gebildete Knoten werden im Knochen selbst, namentlich
in der Spongiosa der Phalangen, gefunden.“ Deyke Pascha* 7 )
hat bei 10 Fällen von Nervenlepra an den Extremitäten hochgradige
Knochenatrophie gefunden, die sich dadurch kennzeichnet, dass
selbst bei ausgedehntesten Zerstörungsprozessen jede produktive
Bildung, jede reaktive Entzündung oder Sklerose des Knochens
fehlt. Die lepröse Spontanfraktur besitzt keinerlei Neigung zur
Callusbildung. Der Autor stellt diese von ihm als „passive“ Knochen¬
veränderungen bezeichneten Knochenalterationen den „aktiven“, die
in Leprombildung und spezifischer Periostitis bestehen, gegenüber.
Er sieht die Veränderungen durch ein auf Kalkresorption hin¬
zielendes Prinzip bedingt, wofür auch die Zusammenpressungen der
Finger- und Zehenphalangen mit ihren „taillenartigen“ Einschnürungen
und die häufigen Ausweitungen und Abplattungen der Gelenkepi¬
physen sprechen. Deyke Pascha sucht die Erklärung für diesen
merkwürdigen Knochenbefund in einer nervösen Störung des Kalk¬
stoffwechsels; die relative Häufigkeit der Knochenatrophie (Haliste-
rese) bei der Lepra gegenüber anderen Nervenkrankheiten liegt nach
des Autors Anschauung in dem Umstande, dass die Lepra die
einzige Affektion ist, wo gleichzeitig an den verschiedenen Stellen
des peripheren und centralen Nervensystems multiple Erkrankungs¬
herde, u. zw. Herde infektiöser Natur sich finden.
Poliomyelitis anterior.
Von den Chirurgen hat bereits Volkmann darauf hingewiesen,
dass bei der akuten Poliomyelitis die Knochenatrophien den Muskel-
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246
Atrophien vorausgehen könnten. Auch Heine tut dieses Umstandes
Erwähnung. Nonne”) fand bei einem 10jährigen Knaben bereits
4 Wochen nach Einsetzen der Erkrankung neben atrophischer Para¬
lyse im rechten Peroneus* und Tibialisgebiete mit EA-Re&ktion
und Parese in denselben Muskeln links deutliche Knochenatrophie.
Als Gegenbild stellt Nonne ein jetzt 16 Jahre altes Mädchen vor,
das trotz 12 Jahre bestehender totaler Paralyse der gesamten rechten
oberen Extremität (infolge von akuter Poliomyelitis) im Radiogramm
nur geringe Epiphysenrarefizierung zeigt, während die Diaphysen-
zeichnung gut erhalten ist. Bei 2 Fällen chronischer Poliomyelitis
bestand höchstgradige Knochenatrophie (in einem auch glossy skin).
Die Befunde Achard’s und Levi’s 1 ) decken sich mit denen
Nonne s. E m b d e n 80 ) demonstrierte das Skiagramm eines an Polio¬
myelitis Erkrankten, der trotz schwerer vasomotorischer Störungen
und vollster Inaktivität (der Kranke geht auf Krücken) wohlerhaltene
Knochenstruktur besass. N eurath* 8 ), Kalischer 61 ) und Seelig-
müller 9 *) beobachteten an poliomyelitisch gelähmten Kinderextremi-
täten eine Verlängerung zugunsten der gelähmten Seite. Neurath
führt dieses Vorkommnis auf gleichzeitiges Bestehen von Rhackitis
zurück, die bei der stärkeren funktionellen Inanspruchnahme des
gesunden Beines sich ebendort prävalierend lokalisiert und zu einer
Knochenwachstumshemmung führt, die im entlasteten (paralytischen)
Beine nicht zum Ausdruck kommt. Die histologische Untersuchung,
die Massalongo und Vanzetti 8 *) am Rückenmark einer polio-
myelitischen Knochenatrophie ausführten, ergab keine ungewöhnlichen
pathologischen Veränderungen.
Progressive Muskelatrophie.
Die Erfahrungen über atrophische Knochenalterationen bei der
progressiven Muskelatrophie sind trotz des großen kasuistischen und in
Monographien enthaltenen Materiales recht spärlich. Fried reich* 7 )
hat einen Fall dieser Art gesehen und analogisiert ihn mit der ein¬
zigen ihm aus der Literatur bekannten Beobachtung LeGendre’s **,'.
Beide Male waren es junge Männer (18 und 20 Jahre), von denen
Friedreich’s Kranker an der pseudohypertrophischen Form der
infantilen Dystrophie litt; neben auffallender Dünnheit der Röhren¬
knochen waren auch die Gelenkknorpel atrophisch. Im Falle Le
Gendre’s war eine konzentrische Atrophie der Röhrenknochen nebst
beträchtlicher Dünnheit der Beckenschaufeln, die vollkommen durch¬
scheinend waren, vorhanden. Schnitze 112 ) erhob einen ähnlichen
Befund bei einem 10 jährigen, seit ungefähr 8 Jahren an Pseudo-
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hypertrophla musculoTum leidenden Knaben. Der Femur hatte bei
normaler Länge die Dicke eines Mittelfingers, die Markhöhle war
klein. Das histologisch untersuchte Rückenmark und die vorderen
Wurzeln waren ohne Besonderheiten. Auch in der Beobachtung von
P. Marie und Grouzon 83 ) handelte es sich um eine infantile
progressive Muskelatrophie, wobei der hochgradig rarefizierte Humerus
(einer normalen Ulna entsprechend) frakturierte. Schultze’s 11# )
32jährige Kranke mit neurotischer Muskelatrophie wies erhebliche
Knochenatrophie an Armen und Händen auf. Bemerkenswert ist
in diesem Falle das fast vollständige Fehlen der Tricepsreflexe.
Jamin 1 *) sah bei 2 Brüdern, die sonst von stattlicher Körper¬
grösse waren, die Röhrenknochen ungemein dünn und grazil. Mar-
qnart beschreibt typische osteomalacische Knochenveränderungen
gelegentlich der Sektion eines 13 jährigen muskeldystrophischen
Knaben. Guinon und Souques* 7 ) fanden bei B Fällen von
Afuskeldystrophie 4mal Trichterbrust; sie bezeichnen dieses Vor¬
kommnis als spezifisch osteotrophische Läsion und legen demselben
diagnostischen Wert bei. Schultze's Fall aber gewinnt dadurch
besonderes Interesse, daß eine 39jährige Schwester des Patienten
ebenfalls an einer Atrophie der Knochen leidet, zugleich aber jene
Form chronischer Gelenkerkrankung darbietet, welche P. Marie
als „Spondylose rhizomölique“ bezeichnet. Der Autor denkt bei
dieser kollateralen Heredität an eine angeborene Anlage zu Atrophie
des Knochensystems.
Hypertrophische Knochenveränderungen beobachteten Stief-
ler 11 *) (Exostosenbildung im Ellbogengelenk), Eulenburg 82 ) (Ver¬
längerung und Verdickung der Clavicula und des Humeruskopfes
sowie Vergrösserung der Hand- und Fussknochen) und Etienne 81 )
(Arthropathie im Schultergelenk mit Osteophytenbildung).
Da die Knochenatrophie einen seltenen Befund bei der pro¬
gressiven Muskelatrophie darstellt, kann die Inaktivität nicht das
ausJösende Moment sein, zumal bei hochgradig atrophischer Musku¬
latur auch hypertrophische Knochenveränderungen festgestellt werden
konnten.
Periphere Nervenläsionen.
Noch 1900 sagt Remak 108 ) in seiner Monographie in Noth-
nagel’s Handbuch: Dass nun aber etwa beim Erwachsenen lediglich
von einer peripherischen Neuritis eine Knochenalteration herbei-
geführt wird, darüber ist nichts bekannt. Bernhardt 10 ) erwähnt,
dass die Knochen bei peripheren Lähmungen eventuell leichter,
.zerbrechlicher werden und langsamer wachsen. Die Literatur der
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letzten Jahre enthält 3 Beobachtungen, bei denen es im Verlauf
einer Neuritis (sensu strictiori) zur Entwicklung radiologisch nach¬
weisbarer Knochenatrophie kam. Elin literarisches Unikum stellt
der Fall Hnatek’s (Wien. med. Wochenschr. 1905, XX — XX ITT) ,
sowohl was das allgemeine pathologische Interesse als auch die
Frage der neuritischen Knochenatrophie betrifft, dar. Nach einer
minimalen Blutung aus einer varikösen Unterschenkelvene stellten
sich 6 Monate später Schluckbeschwerden und Trismus ein, die
nach 14 Tagen zu einem ausgesprochenen Tetanus führten. Unter
Darreichung von Chloralhydrat und anderer Antispasmodica (keine
Antitoxinbehandlung) besserte sich der Zustand, als plötzlich am
Beginn der 4. Krankheitswoche überaus heftige Schmerzen in der
rechten Schulter eintraten. Nach 1 Woche begann der Schmerz
nachzulassen, nur die Finger und die Schulter blieben gelähmt. Die
Haut der linken Hand gerötet, faltenlos, derb. Nägel gefurcht,
brüchig. In der 8. Woche Spongiosazeichnung verwischt, aus groben
unregelmässigen, aber intensiven Schatten zusammengesetzt. 9 Monate
später Atrophie und Paralyse der Muskulatur unter Galvanisation,
warmen Bädern und Massage vollständig geschwunden, die Phalangen
jedoch zeigen das deutliche Bild der chronischen Knochenatrophie.
Im Falle Berent’s 9 ) bewirkte der Druck eines Aneurysmas der
Art. subclavia eine Plexusneuritis mit Verdickung und Druckschmerz¬
haftigkeit der Armnerven, in Nonne’s 96 ) Beobachtung entwickelte
sich nach einem Herpes zoster eine Neuritis. Allen 3 Fällen sind
die bedeutende Schmerzhaftigkeit und das Vorkommen „trophischer“
Haut- und Nagel Veränderungen gemeinsam.
Kontinuitätstrennungen und Verletzungen peripherer Nerven
führen in seltenen Fällen zu Knochenveränderungen. So beschreibt
Hirschfeld 68 ) Atrophie der Endphalangen der Zehen eines
Fnsses nach einer in der Kindheit erlittenen Verletzung des Fuss-
rückens, welche wahrscheinlich den Nervus cutaneus medius dorsalis
pedis getroffen hatte. Die Beschreibung eines ätiologisch nicht ein*
heitlichen Falles stammt von Sabrazös und Marty 106 ). Ein
27 jähriger Kolporteur bot nach 6 Verletzungen, die er im Ver¬
laufe von 13 Jahren im Bereiche des rechten Armes und Schulter¬
gürtels erlitten hatte, neben gesteigerten Reflexen eine von Hyper-
algesie der Knochen und Weichteile begleitete Knochen- und
Muskelatrophie; die durch das erste Trauma (Schulterluxation)
hervorgerufene Plexusläsion gab den Anstoss zur Entwicklung einer
Knochenatrophie, die unter den angeführten 6 Verletzungen 3 mal
zur Humerus- und einmal zur Clavicularfraktur auf der rechten
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Seite führte. Goldscheider’s 48 ) Patient, ein 34 jähriger Artist,
erlitt vor 16 Jahren durch Absturz yon einem Trapez eine Weich-
teflverletzung ohne Knochenbeschädigung. Jetzt erwiesen sich die
Phalangen der in Krallenstellung befindlichen Hand als teils atro¬
phisch, teils als wirklich geschrumpft. Haut glatt, glänzend, bläulich.
Zwei Fälle fuhrt auch Sud eck 110 ) an, jedoch bestehen bei beiden
beträchtliche Schädigungen der Gewebe (1. Eröffnung des Hand¬
gelenkes und Sehnenverletzung, 2. Oberschenkelbruch mit kolossaler
Callnsbildung), so dass die ohnedies geringgradige Knochenatrophie
sicher nicht auf die Nervenverletzung allein zurückgeführt werden
darf. Blum 18 ) sah bei der Autopsie einer vor 7 Jahren erlittenen
Medianus Verletzung neben einem Neurom an der Schnittstelle kon¬
zentrische Knochenatrophie und rotes Knochenmark.
Akute (reflektorische) Knochenatrophie. Pathogenese.
Bei der akuten reflektorischen oder neurotischen Knochen¬
atrophie (Osteodystrophia acuta nach E m b d e n 80 ) stehen, wie
schon der Name besagt, die Knochenveränderungen wahrscheinlich
anch unter dem Einfluss des Nervensystems. Sud eck 110 ) und
Kien b ö c k * # ) 6a ) geben in ausführlicher Weise das Zustandekommen,
die Symptomatologie und den radiographisch-anatomischen Befand
dieser von ihnen zuerst beschriebenen Knochenveränderungen. Diese
Knochenaffektion tritt auf nach Entzündungen jeglicher Art an
großen und kleinen Gelenken, bei Weichteilphlegmonen, Kontusionen,
Distorsionen und Frakturen. Sie erreicht schon in relativ kurzer
Zeit, 4—9 Wochen, einen hohen Grad von Intensität und Hart¬
näckigkeit.
Diese Entdeckung hat nicht nur die Erkenntnis dieser bisher
unbekannten Krankheitsform mit sich gebracht, sondern auch einen
Einblick in das Entstehen der neuropathischen Knochenaffektionen
angebahnt. Der Haupteinwand gegen die nervöse Auslösung der
Knochenveränderungen bildet immer der Vorwurf der bestehenden
Inaktivität. Jedoch ist überhaupt eine stärkere röntgenographisch
nachweisbare Atrophie der Knochen, die ganz zweifellos als reine
Inaktivitätsatrophie anzusehen ist, relativ selten, am häufigsten noch
bei Amputationsstümpfen anzutreffen (Sudeck 110 ). Jedenfalls
tritt diese auch niemals so frühzeitig auf. Die kürzeste Zeit, nach
der Sud eck am Skelett der Hand sichere Knochenatrophie nach-
weisen konnte, betrug 4 1 j 2 Wochen; nach 8—10 Wochen kann sie
schon recht hochgradig sein. Ein weiterer Beweis gegen die aus¬
lösende Rolle der Inaktivität ist der Umstand, dass entweder die
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Extremitäten gar nicht inaktiv waren (Nonne 06 ), Sudeck 11 *),
Kienböck 66 ), Einer 86 ), Tedesko 1 * 1 ), oder dass trotz medico-
mechanischer Behandlung die Knochenrarefikation zunahm. Ab
klares Beispiel für die letzte Behauptung möge Exner’s 88 ) Fall
dienen: Pseudarthrose des Humerus mit gleichzeitiger Paralyse des
Radialis. Durch energische Massage und Faradisation der Muskeln
war es gelungen, eine Atrophie der Muskulatur der gelähmten Seite
zu verhindern. Auf dem Röntgenbilde dennoch hochgradige Atrophie
der von der Frakturstelle distal gelegenen Humerusteile und eine
schwächere des centralen Humerusschaftes. Ebenso trat in La¬
bor d e ’s 71 ) Falle von spinaler Kinderlähmung Knochenschwund der
Füs86 ein, obwohl das Kind viel ging. Als Gegenstück figurieren die
Beobachtungen Nonne’s ° 6 ) und Embden’s 80 ); totale Leitungsunter¬
brechung durch Säbelhieb, Druck, gänzliche Inaktivität bei Hysterie,
Neuritis alcoholica und schwere vasomotorische und muskuläre
Lähmung nach Poliomyelitis (der Kranke benützte Krücken zur
Fortbewegung) zeigten im Röntgenbild wohlerhaltene Struktur. Bei
der Hemiatrophia faciei sind häufig Teile, die inaktiv sind, z. B. die
Muskeln auf der kranken Seite, nicht gelähmt (Emminghaus).
Alle diese angeführten Beispiele beweisen die grosse Unabhängig¬
keit der Knochenstruktur von der Aktivität. Speziell der normale
Knochenbefund in Fällen von Hysterie (Nonne 06 ), bei denen in
einer Beobachtung ein Jahr lang komplette motorische und sensible
Paralyse bestand, ist von grosser Bedeutung für die erwähnte Frage.
Von erheblicher Wichtigkeit scheinen die stets bei den Knochen¬
alterationen Erwachsener bestehenden „trophischen“ Störungen der
übrigen Weicbteile zu sein. Ich nenne .als häufige Begleitumstände
das Hautödem, die Nagelveränderungen, die Cyanose und Anomalien
der Schweisssekretion. Diese „trophischen“ Störungen geben auch
Aufschluss über die negativen und sich teilweise widersprechenden
Ergebnisse jener Autoren, die auf experimentellem Wege der
Lösung dieser Frage zustrebten. Denn diese Anomalien lassen sich
nicht künstlich erzeugen. Es scheint zum Zustandekommen der
Knochenveränderungen eine wenigstens teilweise Kontinuität der
Nervenleitung erhalten sein zu müssen, wofür auch die Seltenheit der
Knochenatrophie nach totaler Nervenzerreissung spricht. Nach
Oppenheim (Lehrbuch der Nervenkrankheiten) kommt es be¬
sonders bei partiellen Läsionen peripherer Nerven, die mit
heftigen Schmerzen und geringen Ausfallserscheinungen verbunden
sind, gern zu „trophischen“ Störungen. Mit dieser Auffassung im
Einklang stehen die starken Schmerzen, welche die gewiss seltenen
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Beobachtungen von Dejerine, Theohari und Hnatek’*)
während des ganzen Krankheitsverlaufes begleiteten. Für die reflek¬
torische Auslösung solcher Atrophien sprechen die Versuche Hoffa’s.
Er dorchschnitt bei Hunden die hintern Wurzeln des 3., 4. und 5.
Lenden- und des ersten Ereuzbeinnerven einseitig. Durch Höllen-
Steineinspritzung in beide Kniegelenke erzeugte er dann eiterige Eüt-
zündnng. Es zeigte sich an der nicht operierten Seite eine hoch¬
gradige Oberschenkelmuskelatrophie, die an der anderen Seite, wo
der Reflexbogen durchschnitten war, vollkommen vermisst wurde.
Es fanden sich auch analoge Verhältnisse an den Knochen.
Hemiatrophia facialis.
Eines der interessantesten Kapitel in der Lehre von den Tropho-
nearosen bildet der halbseitige Gesichtsschwund, da wir nicht Kenntnis
besitzen, ob die erwähnte Krankheit als ätiologisch selbständige
Affektion oder nur als Ausdruck einer gemeinsamen auslösenden
centralen Erkrankung aufzufassen ist. Um so diffiziler ist es, die
spärliche Anzahl genauer studierter Knochenveränderungen von einer
bestimmten pathologischen Grundlage in Abhängigkeit zu bringen.
Loebl und Wiesel 76 ) stellten als neue Ergebnisse ihrer Unter¬
suchung fest, dass eine Erkrankung der peripheren Trigeminusaus¬
breitung genüge, um Hemiatrophie hervorzurufen, wobei sogar ein
Teil der Fasern intakt gefunden werden kann. Die Gesichts- und
Schläfenknochen ergaben histologisch einfache Atrophie. J e n -
drassik 59 ) sah in 2 Fällen (10 und 15 Jahre) das Knochengerüst
der betroffenen Seite bedeutend verdünnt, im letzteren zeigten die
Gesichtsknochen grössere Unebenheiten, hier und da auch seichtere
Furchen an der Oberfläche. Ohne auf Jendrassik's Deduktion
näher eingehen zu wollen, sei bemerkt, dass der Autor die Hemia¬
trophie auf eine Läsion der sympathischen Kopfganglien oder der
mit denselben verbundenen Remak’schen Fasern erklärt wissen
wiH. Die bisweilen beobachteten geraden Furchen (Coup de sabre),
die zum Augenbrauenbogen parallel verlaufen, entsprechen in den
Weichteilen den eingelagerten Fettstreifen. Ihre Bedeutung im
Knochen und das Ausfallen der Haare entlang ihrer Verlaufsrich¬
tung sind völlig dunkel. Einen eigentümlichen Gewebsschwund, der
ein 5*/ 4 jähriges Mädchen ohne bekannte Ursache befiel, belegte
Pelizäus 190 ) mit dem Namen „progressive Hemiatrophie“. Es be¬
stand primäre Muskelsklerose, dann begannen die linken Extremi¬
täten mit Freilassen des Rumpfes abzumagern, wobei der linke Ober¬
schenkel, der äusserlich von Veränderungen frei war, um 4 cm kürzer
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war als der rechte. Auch bei der Palpation bemerkte man an der
linken Körperhälfte eine Volums Verminderung des Knochengerüstes.
Varia.
Inwieweit die Schlussfolgerungen Berent’s 9 ), der die Osteo¬
arthropathie hypertrophiante pneumique (Marie 80 ) und die bei
Ikterus (Obermayer 97 ), Lungen- und Herzkrankheiten (Barn-
berger), Nephritis und biliärer Cirrhose (Chatin und Cade 81 ),
(Gilbert und Lerebouillet 48 ) auf toxische Neuritis zurückge¬
führt wissen will, der Wirklichkeit entsprechen, soll mangels an Tat¬
sachenmaterial unentschieden gelassen werden. Die bei Neurofibro¬
matose gefundenen Thorax-, Sternum- und Rippendeformitäten (in
Hoisnards’s Falle auffallend weich, mit dem Messer schneidbar)
seien wegen der Neuheit und wegen der in Marie-Couvelaire’s
Falle deutlich ausgesprochenen Fibrombildung in den grossen Nerven-
Stämmen erwähnt. Die Mitteilungen Btammen von Marie und
Couvelaire 81 ), Jeanselme 67 ), Hoisnard 66 ), Haushalter 48 ).
Differentialdiagnose, Prognose, Therapie.
Bei den central bedingten Knochenprozessen dürfte eine Ver¬
kennung des wahren Sachverhaltes kaum möglich sein. Bei dem
latenten und subjektiv symptomlosen Verlaufe der Knochenatrophie
kann eine Spontanfraktur oder eine Arthropathie das erste alar¬
mierende Zeichen des vorhandenen Knochenprozesses sein. Wichtiger
und speziell in der Unfallheilkunde massgebend ist die Diagnosen¬
stellung bei der peripheren oder akuten reflektorischen Knochen¬
atrophie. Die stets vorhandenen Schmerzen können zur Verwechs¬
lung mit entzündlichem Plattfuss, Gelenkneurosen oder Knochen¬
tuberkulose, eventuell eiteriger Ostitis Veranlassung geben. Erst das
Röntgenbild kann entsprechend den im anatomischen Teile gegebenen
charakteristischen Eigenschaften die einwandfreie Diagnose ermög¬
lichen. Die Prognose ist in den meisten Fällen ungünstig, indem
sich Steifigkeit und Schmerzen dauernd etablieren. Diese Symptome
sind ebenso langwierig und therapeutisch ebenso schwer zu beein¬
flussen wie die übrigen „trophiscben“ Störungen. Die Therapie hat
in orthopädischer Behandlung, Stauung, Elektrisation, Massage und
heissen Bädern ihr Heil zu suchen. Grosse Vorsicht ist jedoch bei
der Brüchigkeit der porotischen Knochen geboten.
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n. Referate,
A. Appendicitis.
Ueber die Aetiologie der Appendicitis. Von P. Klemm. Mit¬
teilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, Bd. XVI,
1. Heft.
Yerf. sichtet in seiner etwas breit angelegten Arbeit an der Hand
zahlreicher eigener Beobachtungen das reiche Material der Appendicitisfrage
von pathologischem, anatomischem und klinischem Standpunkt und ver¬
sucht eine weite und wenig übersichtliche, äusserst schematische Enteilung
aller Appendicitiden. Yerf. ist schliesslich der Ansicht, dass die Appendix¬
erkrankung eine Mykose des lymphatischen Gewebes dieses Organes ist,
die sich in nichts von den Mykosen anderer lymphatischen Organe unter¬
scheidet; sie ist bakteriologisch gleich diesen keine Einheit, sondern
kann ebenso wie diese durch eine Reihe von Mikroben hervorgerufen
werden, doch kommt dem Bact. coli comm. die erste Stelle in der
Aetiologie zu, so dass die Erkrankung im wesentlichen als eine Coli-
mykose angesehen werden darf. H. Raubitschek (Wien).
Appendicitis and abscess formation. Von John D. Malcolm.
Brit. Med. Journ., 14. Juli 1906.
Es wird die Frage betreffs der Schwierigkeit der Differentialdiagnose
zwischen Appendicitis und Erkrankung des rechten Ovariums oder der
Tube behandelt.
Fall 1. 25 Jahre alte Frau, verheiratet und Mutter von 2 Kindern,
«krankte im Mai 1900 mit Fieber und Schmerzen in der Cöcalregion,
erholte sich aber vollkommen innerhalb einer Woche. 8 Monate später
traten im Anschlüsse an eine Erkältung wieder heftige Schmerzen und
Temperatursteigerung auf, doch erholte sie sich wiederum nach 10 Tagen;
in der Rekonvalescenz wurde eine Untersuchung in Narkose vorgenommen
und Entzündung der rechten Tube diagnostiziert; die Möglichkeit einer
Appendicitis Hess sich nicht völlig ausschliessen.
Bei der Operation war der Uterus retroflektiert, dieser sowie rechtes
Ov&rium und Tube durch vaskuläre Adhäsionen fixiert, sonst alles normal.
Dagegen waren Coecum und Proc. vermiform. tief im Douglas adhärent
an die Rückenseite des Ovariums und Tube, das proximale Ende des
Appendix selbst durch eine Falte in Verbindung mit dem Coecum.
Bei Lösung der Adhäsion wurde eine kleine Abscesshöhle eröffnet,
zwischen dieser und dem Inneren des Appendix bestand eine Kommuni¬
kation. Nach der Operation trat vollständige Heilung ein.
Fall 2. 33 Jahre alte Frau erkrankte im Jahre 1899 an Perito¬
nitis ; damals erfolgte keine interne Untersuchung. 6 Monate später
traten öfter Schmerzanfälle in der rechten Bauchseite auf, diese sowie
später auftretende Attacken wurden auf eine Salpingitis zurückgeführt.
Im März 1905 bestand folgender Befund: die Beckenorgane hart und
unbeweglich. Abdomen massig gespannt; das Peritoneum schien afficiert,
doch konnte ein genauer Befund nicht erhoben werden. Patientin er¬
holte sich überraschend schnell und wurde geheilt entlassen.
Einige Wochen später wiederholten sich die heftigen Schmerzen im
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Abdomen und die Temperatur stieg auf 102 0 F, mit Eintritt der Men¬
struation besserte sich der Zustand und es liess sich eine ovale Schwel¬
lung im rechten Ligam. latum nachweisen. Eine Erkrankung des Proc.
vermiform. wurde zwar ins Auge gefasst, war jedoch unwahrscheinlich
gegenüber der Annahme einer Erkrankung des Ovariums oder der Tube;
andererseits ist es unwahrscheinlich, dass eine Pyosalpinx so rasch zurück¬
gehe, und es wurde deshalb Operation empfohlen. Nach der Eröffnung
fand sich in der Mittellinie eine Schwellung an der Innenfläche der Ab-
dominal-Cavität unter einem Knäuel von Dünndarm, welcher quer über
dem kleinen Becken lag; dadurch war die Palpation von aussen behindert
Beim Einführen des Fingers ins kleine Becken fühlt man die ovale Ge¬
schwulst, welche cystisch zu sein schien; beim Separieren wurden ein¬
zelne kleine Cavitäten mit flüssigem Inhalt geöffnet. Die Tube war
völlig normal. Dagegen fand sich unter dem Dünndarm-Convolut der
Proc. vermiform. verlagert und fixiert.
Die Masse, welche zuerst verkäste Drüsen im Mesenterium zu sein
Bchien, war der entzündete und adhärente Appendix. Bei Lösung
der Adhäsionen wurde ein Abscess von Taubeneigrösse eröffnet; die
Wände desselben waren gebildet von Mesenterium und Dünndarm, die
Wand des Darmes war stellenweise so sehr ulceriert, dass eine Resektion
vorgenommen wurde, ebenso wurde der Teil zwischen Abscess und
Coecum entfernt, ungefähr 12 Zoll des unteren Heumanteiles und
Proc. vermiform. Mit dem Darm wurden das Mesenterium und das zu¬
gehörige eitrige Peritoneum entfernt und die Bauchhöhle geschlossen.
Das proximale Ende des Appendix war normal.
Die Thatsache, dass ein Patient sich völlig wohl fühlen kann, wenn
auch ein intraperitonealer Abscess noch nicht völlig geheilt ist, ist wichtig
in Verbindung mit der Frage der Diagnose; wie ein Abscess die Wand
des Proc. vermiform. durchdringt, ist die natürliche Passage der Sekrete
in das Coecum zeitlich aufgehoben; das Nachlassen der Spannung in¬
folge des Uebertrittes des ulcerativen Prozesses von der Wand des
Appendix in das lockere umgebende Gewebe ist eine der Ursachen
für die eintretende subjektive Besserung; das Nachlassen der Spannung
führt gewöhnlich zur Wiedereröffnung der Passage zwischen Appendix
und Coecum, sonst würden neuerliche Temperatursteigerung und neuerliche
Vergrösserung der Abscesshöhle entstehen.
Herrnstadt (Wien).
Ueber Appendicitis. Von Wette. Mitteilungen aus den Grenzgebieten
der Medizin und Chirurgie, Bd. XVI, 3. Heft.
Verf. verwertet in dieser langen Arbeit seine Erfahrungen, die er
an einer grösseren Anzahl chirurgisch behandelter Fälle gewonnen hat
Was die Aetiologie und pathologische Anatomie betrifft, so
unterscheidet Verf. zwischen der Appendicitis simplex und destructiva
und räumt neben der verschiedenartigsten bakteriellen Infektion auch
mechanischen Ursachen eine gewisse ätiologische Rolle ein. Auch sollen
berufliche Unfälle, direkte Traumen in der Aetiologie der Appendicitis
eine Bedeutung haben, was für eventuelle Unfallsansprüche von Wichtig¬
keit wäre. Alle Formen des kranken Wurmfortsatzes, die einigermaasen
pathologisch-anatomisches Interesse haben, führt Verf. an und erläutert
sie an entsprechend publizierten Krankengeschichten. Was den akuten
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Anfall anlangt, so gibt Verf. pathologisch-anatomisch der destruktiven
Form der Appendicitis den Hauptanteil an dem Zustandekommen des
Anfalles, mehr chronische Entzündungen des Wurmfortsatzes lösen seltener
eine derartige Attacke aus. Für die Diagnose eines akuten Anfalles sind
nicht genau lokalisierte Leibschmerzen, besonders um den Nabel herum,
Druckempfindlichkeit des Abdomens, Erbrechen, Fieber, eventuell Schüttel¬
frost und Fulsbeschleunigung zu verwerten. Besonders hebt Verf. die
reflektorische Starre der Bauchdecken als verwendbares Symptom einer
Blinddarmentzündung hervor. Differentialdiagnostisch wäre dem akuten
Anfall von Appendicitis gegenüberzustellen: die Pyosalpinx, resp. die
geplatzte Pyosalpinx, Extrauteringravidität, diffuse Peritonitis nach
Durchbruch eines parametritischen Exsudates, das perforierte Magenulcus,
der akute Ileus, der akute Gallensteinanfall, die Perforation der eitrigen
Gallenblase. Alle diese Erkrankungen werden kritisch besprochen und
mit einschlägigen Krankengeschichten erklärt. Verf. verbreitert sich
dann über die Indikationen und Technik der Frühoperation, deren un¬
bedingter Anhänger er ist. Hierauf werden eingehend die Folgezustände
konservativer Therapie und die Operation in den Spätstadien der Appen¬
dicitis, die zweizeitige Operationsmethode, ihre Indikation und Technik
besprochen. Eine längere Ausführung ist der chronischen Appendicitis
gewidmet und Verf. führt dabei eine Reihe von Fällen an, welche
die Folgeerscheinungen demonstrieren sollen, die aus der sogenannten
Heilung eines oder mehrerer akuter Anfälle resultieren können (Ver¬
wachsungen). Neben dem Heus, der im akuten Anfall einer Appendicitis
infolge Lähmung partieller Darmabschnitte, insbesondere des Coecums,
auftreten kann, werden jene Fälle von Heus zur Sprache gebracht, die
nach längst oft jahrelang abgelaufener Appendicitis infolge von Ver¬
wachsungen in der Blinddarmgegend, infolge von Strangbildungen usw.
entstehen. Auch hier wird eine Reihe derartige Verhältnisse er¬
läuternder Krankengeschichten angeführt. Schliesslich bespricht Verf.
eingehend die im Anschluss an eine Appendicitis auftretende diffuse
Peritonitis, ihre Symptome und ihre chirurgische Therapie.
H. Raubitschek (Wien).
Ueber die Bewertung der Frflhsymptome bei der Entzündung des
Wurmfortsatzes. Von C. Beck. Deutsches Archiv f. klin. Medizin,
1906, Bd. LXXXIX.
Verf. fasst, ohne wesentlich Neues zu bringen, die Symptome bei
Appendicitis kurz zusammen; er ist unbedingter Anhänger der opera¬
tiven Therapie. H. Raubitschek (Wien).
Verhalten der Pupillen bei Erkrankungen des Wurmfortsatzes.
Von P. V. Jezirski. Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin
und Chirurgie, 1906, Bd. XVI.
Ohne irgend eine kritische Bemerkung über jenes abenteuerliche
Symptom und die Art, wie dasselbe vom Verf. verwertet wird (gegen
die Diagnose „lokale, akute Appendicitis“ wurde „aus dem Grund allein
Bedenken erhoben, weil nicht die linke, sondern die rechte Pupille die
engere war“!), sei nur der Schlusssatz des Verf. zitiert: „Fast bei jeder
akuten und lokalen die Kardinalsymptome, wie Puls- und Temperatur¬
erhöhung, Schmerzhaftigkeit der rechten Darmbeingrube und Spannung
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der Bauchdecken, bietenden Appendicitis tritt eine Verengerung der
linken Pupille auf.“ H. Baubitschek (Wien).
Ueber die chronische anfallsfreie Appendicitis. Von P. Klemm.
Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, 1906,
Bd. XVI, 4.-5. Heft.
Verf. legt auf folgende Symptome das grösste Gewicht: Störung
der Dickdarmfunktion (obstipative und diarrhoische Kolitis), Druck-
schmerz oder spontane Empfindlichkeit im MacBurney’schen Punkt,
Sensationen im Unterleib, speziell in der rechten Darmbeingrube, Magen¬
symptome , isolierter Cöcalmeteorismus, Temperatursteigerung, speziell
grössere Temperaturunterschiede zwischen axillarer und rektaler Tempe¬
ratur, eventuell palpatorische Befunde des veränderten Appendix. Bei
den Operationen findet man ihn entweder in normaler Lage mit engem,
gleichmässigem Lumen und breitem Mesenterium. In diesen Fällen sieht
man mikroskopische Erscheinungen der subakuten Entzündung mit Hyper¬
plasie des lymphatischen Apparates, daneben Uebergänge in bindegewebige
Narben. In anderen Fällen wiederum ist der Appendix verdickt und
rigide und wegen des zu kurzen Mesenteriums geknickt. Infolgedessen
treten Sekretstauung und beginnende Entzündung des lymphatischen Appa¬
rates ein. Schliesslich finden sich auch Kotsteine im Appendix. Da in
den letzten Fällen jederzeit eine akute Attacke einsetzen kann, sich die
Fälle klinisch aber kaum unterscheiden lassen, so empfiehlt Verf. in
allen Fällen die baldige Appendektomie.
H. Baubitschek (Wien).
Beitrag zur Appendicitisfrage mit besonderer Berücksichtigung
der Armeestatistik. Von Dr. Karrenstein. Deutsche Zeitschr.
f. Chir., Bd. LXXXIV, Sept. 1906.
Auf Grund der einschlägigen Literatur sowie unter Heranziehung
statistischer Daten beleuchtet Verf. verschiedene Fragen der Appendicitis-
forschung und kommt u. a. zu folgenden Besultaten: Die Zunahme der
Appendicitis ist keine scheinbare, nur durch bessere Diagnosenstellung
bedingte, sondern ist absolut, und zwar durch verschiedene Momente her¬
vorgerufen. Eine wesentliche Bolle hierbei spielt die Influenza, wie aus
den nach der Armeestatistik zusammengestellten Influenza- und Appen-
'dicitiskurven, die eine gewisse Parallele aufweisen, hervorgeht, wobei ins¬
besondere die im Jahre 1890 aufgetretene Influenza-Epidemie bei der
Zunahme der Blinddarmerkrankung von Einfluss war. Die wiederholt
geäusBerte Ansicht, dass die Zunahme der Blinddarmerkrankungen mit
dem übertriebenen Fleischgenuss Zusammenhänge, findet u. a. ihre Be¬
stätigung in dem ungleich höheren Prozentsatz der Appendicitiden der
französischen Armee in Frankreich gegenüber den aus vegetarisch leben¬
der Bevölkerung zusammengesetzten Truppen in Algier und Tunis. An¬
schliessend an die Behauptung Metschnikoff’s, dass die Appendicitis
in Ländern mit niedriger Kultur selten sei, erwähnt Verf., dass die in
grösseren Städten liegenden Armeekorps ein höheres Kontingent an Er¬
krankungen stellen als die in kleineren Orten garnisonierenden, und meint,
dass hier vielleicht gewisse Einflüsse des Grossstadtlebens im Spiele sind.
Ferner geht aus den kritischen Untersuchungen des Verf. hervor, dass
in der Armee die Appendicitis am häufigsten im Januar, danach im
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Juni-Juli beobachtet wird, wobei nach Ansicht des Yerf. in den Sommer¬
monaten akute Magendarmkatarrhe als häufige ätiologische Faktoren an
Stelle der Influenza treten. — Es ist möglich, dass auch die Mandel¬
entzündung gelegentlich die Häufigkeit der Appendicitis beeinflusst, doch
kommt diese Beziehung in den Statistiken nur selten zum Ausdruck.
Das Trauma spielt in der Armee nur selten eine ätiologische Bolle. Die
Grundlage für jede Entzündung des Appendix bietet die Stauung seines
Inhaltes infolge Stenosierung der Einmündungsstelle in das Coecum,
wahrend Art und Virulenz der Infektionserreger bei der weiteren Ent¬
wicklung der Krankheit von Bedeutung sind.
Im folgenden widerlegt der Yerf. die Ansicht, dass die Krankheit
bei Männern häufiger auftrete als bei Frauen, während er das Häufigkeits-
Verhältnis zwischen Kindern und Erwachsenen nicht mit Sicherheit be¬
antworten kann. Die Erfahrung lehrt jedenfalls, dass in den allerersten
Lebensjahren die Appendicitis selten ist, vom 30. Lebensjahr an Häufig¬
keit abnimmt und zwischen dem 20. und 30. am häufigsten beobachtet
wird. Victor Bunzl (Wien).
A case of appendicitis complicated with acute obstrnction of the
intestine. Von Henry Bennet. Lancet, 20. Okt. 1906.
Der Patient wurde mit der Angabe ins Spital aufgenommen, dass
er vor 4 Tagen einen plötzlichen, heftigen Schmerz im unteren Anteile
des Abdomens verspürt habe; seither begann er auch zu erbrechen.
Das Abdomen war ausgedehnt, der Stuhl angehalten. Das Erbrechen
stand in keiner Beziehung zur Nahrungsaufnahme und hatte einen fäku-
ienten Geruch. Das Abdomen war namentlich im unteren Anteile druck¬
empfindlich, doch konnte ein Tumor nicht getastet werden. Die Per¬
kussion ergab Dämpfung in den Flanken hinweg über die Begion
des Appendix gegen den Nabel zu; per rectum war nichts Ab¬
normes zu palpieren. P : 88, gut gespannt T : 96,6 F. Anamnestisch
gab Patient zu, schon vor 5 Monaten eine derartige Attacke gehabt zu
haben, die jedoch bloss einen Tag anhielt. Ein Abführmittel blieb ohne
Erfolg .
Nach Eröffnung des Abdomens erwies sich der Dünndarm ausge¬
dehnt mit Zeichen von akuter Entzündung an der Oberfläche; es fand
«ich nur wenig freie Flüssigkeit von serösem Charakter. In der Um¬
gebung des Appendix fühlte man eine Verdickung. Nach Anlegung
eines Querschnittes sah man, dass der Appendix durch ein Stück Dünn¬
darm völlig eingeschlossen war. Es war unmöglich, das adhärente Ende
des Appendix ohne Zerreissung des Darmes freizulegen, da das Organ
seihet einen kompletten Zirkel bildete, wobei das distale Ende an die
hintere Abdominal wand nahe dem Coecum adhärent war und dazwischen
ein Teil des Darmes lag, welcher abgeschnürt wurde. Der Bing des
Appendix wurde durchtrennt und sodann wurden der Darm sowie distales
und proximales Ende des Appendix freigemacht und entfernt. Die Wand
des Appendix war stark verdickt, im Lumen eine Nadel, die in harte
fäkale Maasen eingebettet war.
Durch die Entzündung des Appendix und Verdickung seiner Wand
wurde in diesem Falle die absolute Obstruktion verursacht.
Nach der Operation traten Collaps und Exitus letalis ein.
Herrnstadt (Wien).
Centralblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 17
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Appendicitis and gangrene of the vermiferm appendix considered
as separate diseases. Von John D. Malcolm. Lancet, 28. Juli 1906.
Ein Fall von Appendicitis beginnend in der Mucosa.
In einer grossen Zahl von Fällen sind die Symptome als Effekt einer
Entzündung anzusehen, welche in der Mucosa beginnt und sich von da
weiter erstreckt. Wenn das Lumen des Appendix offen ist, so entsteht
durch die kontinuierliche, katarrhalische Entzündung eine organische
Striktur und, wenn der Prozess an der Spitze beginnt, eine Obliteration
des ganzen Kanals ohne wesentliche Symptome; andererseits, wenn eine
Entzündung der Mucosa den Ausfluss aus dem Kanäle verhindert, dann
entstehen die Symptome der Appendicitis. Diese Entzündung mit Obstruk¬
tion kann zur Ulceration der Mucosa führen, der Prozess kann auf die
Wand des Appendix übergreifen und im umgebenden Gewebe zur Abscess-
bildung führen; dabei kommt es stets zur Bildung von Adhäsionen. Wenn
der Abscess durch den Appendix in das Ooecum durchbricht, so erholt
Bich Patient scheinbar, obwohl eine Eiterhöhle besteht. Katarrh des
Appendix ohne Retention von Sekret verursacht Temperatursteigerung.
Gangränöse Veränderungen in derWand desAppendix.
Es gibt 4 Bedingungen, wobei lokaler Tod des Gewebes eintritt: 1. senile
Gangrän, 2. Perforation eines Magen- oder Duodenalgeschwüres, 3. Gangrän
in der Wand eines Tumor ovarii, 4. in einem fibroiden TJterustumor. Ein
ähnlicher Tod des Gewebes kann in einem Teile oder in der ganzen
Wand des Appendix ohne irgend welche vorhergehende Erscheinungen
Platz greifen. Eine 71 Jahre alte Frau klagte über massige Schmerzen
entsprechend der Mitte des Colon ascendens; nach 30 Stunden war in
dieser Gegend eine unbestimmte Resistenz zu tasten. T : 100 0 F, P:
zwischen 80 und 90. Seit 2 Tagen bestand Obstipation, auf Klysma
erfolgte Stuhl. Am nächsten Morgen war das Abdomen ausgedehnt und
hart, Patientin hatte seit mehreren Stunden Erbrechen. P: 130, T: 100,6 F.
Bei der Eröffnung erwies sich der Darm als immens ausgedehnt und
wurde incidiert, nach Verschluss desselben kam es rapid zur Neuentwick¬
lung von Gasen und am nächsten Tage zum Exitus letalis.
Bei der Obduktion fanden sich 3 umschriebene, gangränöse Flecke
in der Wand des Appendix ohne Ruptur. Wären diese Gangränflecke
das Resultat einer Entzündung, so müssten wir rasch ansteigendes Fieber
erwarten und alle umgebenden Teile müssten vaskulär und ödematös
sein; die akuten Entzündungserscheinungen jedoch fehlten und die Sym¬
ptome lassen sich voll erklären durch die Passage von wenig irritierenden
Organismen durch die bereits bestehenden Gangränflecke; so entstand
zuerst eine Peritonitis von geringer Virulenz; es folgte Darmlähmung mit
intestinaler Obstruktion und septischer Infektion.
Spontane Heilung bei lokaler Gangrän desAppendix.
Der folgende Fall zeigt, dass Nekrose in der Wand eines Darmstückee
imstande ist, das Entweichen von infektiven Mikroorganismen zu ver¬
hindern, bis plötzlich eine Perforation eintritt. Eine 58 Jahre alte Frau
war wegen einer heftigen Attacke von Appendicitis operiert worden.
Der Appendix hatte 2 Oeffnungen in der Wand, welche beide von
Granulationsgewebe umgeben waren; der Dünndarm war namentlich an
2 Stellen adhärent und es bestand auch hier eine granulierende Ober¬
fläche entsprechend den beiden Oeffnungen des Appendix. Es war kein
sichtbarer Eiter und der Appendix nicht ausgedehnt. Patientin befand
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sich vollkommen wohl. Wenn der Prozess durch eine ulcerative Ent¬
zündung verursacht worden wäre, dann hatte sich ein beträchtlicher
Abscess mit fixen Adhäsionen gebildet; vorher ging eine Attacke ähnlich
der Appendicitis, doch bestand bereits Perforation ohne Abscessbildung.
Gangränöse Flecke in der Wand des Appendix können zu folgenden
3 Bedingungen fuhren: 1. Es kommt zu einem Durchbruch von Mikro¬
organismen in die Peritonealhöhle, wodurch eine seropurulente oder
purulente Exsudation ohne Adhäsionsbildung entsteht. 2. Das anliegende
Peritoneum wird an die gangränöse Partie adhärent und die letztere
geht durch den Appendix ab, es tritt Heilung ein. 3. Es kommt zur
Bildung eines lokalen Abscesses oder ^ur Ruptur in das peritonale Cavum.
Fälle von lokalisierter Gangrän des Appendix. Sie
sind selten im Vergleiche zu jenen, wo entzündliche Erscheinungen im
Vordergründe stehen, zeigen jedoch einen höheren Mortalitätssatz. Unter
4028 Nekropsien fand sich 86 mal akute Entzündung des Proc. vermi¬
formis, darunter 29 mal akute Gangrän mit einfacher oder multipler Per¬
foration ; in 25 Fällen war der Prozess beschränkt auf den Appendix,
ee bestand kein Anhaltspunkt für vorhergegangene Abscedierung, in
diesen Fällen war der Tod offenbar die Folge der Gangrän.
Diagnose undBehandlung. Die Differential-Diagnose zwischen
Entzündung und Gangrän des Appendix ist nur schwer zu machen.
Opiate sind zu meiden. Purgativa können wohl in einem frühen Stadium
der Entzündung angewendet werden, sind jedoch kontraindiziert bei
Gangrän. In sehr zweifelhaften Fällen kann ein Purgans die Entwick¬
lung der Symptome beschleunigen und die Notwendigkeit der Operation
anzeigen. Die Entfernung des entzündeten Appendix schon bei der
ersten Attacke, noch bevor septische Stoffe dessen Wand durchdringen, sollte
unbedingt feststehen, denn die Schwierigkeit wird um so grösser, wenn
bereits alte Adhäsionen bestehen. Ohne Zweifel führt die grössere Zahl
von Fällen auch ohne Operation zur Heilung. Andererseits gibt es
Rille, in denen Entzündung und Gangrän in der Weise vereint Vor¬
kommen, dass die entzündlichen Symptome schwinden, wenn sich Gangrän
entwickelt; bei diesen Fällen beobachtet man eine sogenannte „Periode
der Ruhe 44 . Manchmal ist es besser, zwei Operationen zu machen, wenn
das erste Mal unter desperaten Verhältnissen gearbeitet werden muss.
8o wurde bei einem 18 Jahre alten Burschen während eines akuten An¬
falles operiert, der Appendix wurde jedoch wegen seiner innigen Ver¬
wachsungen mit den Eingeweiden und auch wegen des schweren Zu¬
standes des Patienten nicht entfernt. Auf blosse Tamponade trat Heilung
ohne Abscedierung ein. Als Patient sich völlig erholt hatte, wurde der
Appendix entfernt. Nahe demselben fanden sich 5—6 Lymphdrüsen,
durch welche vielleicht die Bakterien aufgehalten wurden. In solchen Fällen
ist das Wichtigste, sich zu vergewissern, dass keine Gangrän besteht,
dann ist auch die augenblickliche Entfernung des Appendix nicht absolut
dringend; in der Regel jedoch ist die Entfernung leicht und sofort
durchführbar. Herrnstadt (Wien).
Chronic appendicitis and the early diagnosis and treatment of
acute appendicitis in children. Von Auguste Broca. Lancet,
9. Juni 1906.
Appendicitis ist als Folgezustand, als schliessliche Lokalisation einer
vorher mehr ausgedehnten Enterocolitis anzusehen, doch scheinen nicht
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alle Formen von Enteritis die gleiche Tendenz zu späterer Appendicitis
zu zeigen, denn obwohl Gastroenteritis im Säuglingsalter eine sehr häufige
Erkrankung ist, wird Appendicitis in diesen Fällen fast nie beobachtet.
Das an Jahren jüngste operierte Kind hatte 20 Monate. Eine der Ur¬
sachen für diese Seltenheit sind zweifellos die zu überwindenden klinischen
Schwierigkeiten, da wir zur Sicherung der Diagnose einzig und allein
auf den Ausdruck der Schmerzempfindung angewiesen sind, welche unsere
Palpation hervorruft; dadurch entgehen unserer Kenntnis nicht nur die
chronischen Formen, sondern auch ein grosser Teil der akuten. Doch
auch in Nekropsiebefunden ist niemals Appendicitis erwähnt, wohl des¬
halb, weil Appendicitis eine gewisse Zeit zur Entwicklung und chirur¬
gischen Individualisierung bedarf.
Unter die prädisponierenden Arten von Enteritis gehört vor allem
die Enter, membranacea; dieses Faktum ist wichtig sowohl für die
Diagnose als auch für die Behandlung, da schon oft wiederholte Attacken
von Appendicitis nur deswegen nicht diagnostiziert wurden, weil sie mit
Enteritis kombiniert waren.
Die Entwicklung von Appendicitis aus Enteritis ist gewöhnlich
ein chronischer Prozess, der schliesslich mit akuter Krisis endigt.
Verf. zieht eine Parallele zwischen Appendicitis und Angina, denn
auch hier ist die initiale Läsion eine chronische Folliculitis ähnlich einer
Hypertrophie der Tonsille oder adenoiden Vegetationen; ebenso ist es
bekannt, dass die akute. Erkrankung des Proc. vermiform. variiert von
einer einfachen follikulären Hämorrhagie bis zur schwersten gangränösen
Lymphangitis, ein Prozess, wie wir ihn auch bei mehr oder weniger
schweren Attacken von Tonsillitis oder Adenitis finden. Obwohl in
beiden Fällen die chirurgische Behandlung die beste ist, möchte Autor
dennoch die ersten entzündlichen Erscheinungen vorübergehen lassen,
bevor er zum Messer greift.
Der Krankheitsverlauf ist folgender: In der Regel besteht gastro¬
intestinale Atonie, Obstipation abwechselnd mit Diarrhoe, verursacht durch
die eigentümliche Ernährung; bei solchen Patienten finden sich ferner
belegte Zunge, subikter. Colorit, Nausea, Gastralgien. Plötzlich kann
ein ziemlich heftiger, nicht völlig lokalisierter Schmerz im Abdomen auf-
treten, oft auch mit Bewusstseinsstörung, und es entwickelt sich im weiteren
Verlaufe eine schwere Kachexie. Solche Patienten werden oft lange
Zeit wegen Darmtuberkulose oder Kachexie behandelt, obwohl chronische
Appendicitis vorliegt; oft wird jedoch durch gewisse Umstände die Auf¬
merksamkeit auf die rechte Fossa iliaca gelenkt und dann findet man
wohl bei der Palpation in der Coecalgegend Verdickung, Ausdehnung
durch Gase und Gurren, manchmal auch einen Tumor. Tiefe Palpation
ist schmerzhaft. Dieses Symptomenbild spricht für Appendicitis sowohl
als auch für Tuberkulose des Coecums.
Daneben gibt es eine Reihe von Fällen, in denen die Symptome
bedeutend markierter sind, wobei das Erbrechen eine Hauptrolle spielt;
hierher gehören jene Kinder, welche nur des Morgens Erbrechen zeigen,
manchmal einhergehend mit Temperatursteigerung, Auftreibung des Ab¬
domens oder auch Eingezogensein desselben, Kopfschmerzen, Obstipation.
In einer anderen Reihe sind die initialen Symptome der Dyspepsie
nur sehr schwach und die Krankheit beginnt plötzlich unter den Er¬
scheinungen von gastrischem Fieber: Erbrechen, Temperatursteigerung
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auf 40 °C, bei der Palpation bestehen Schmerzen auf dem McBurney’s
Punkte; diese irregulär und wiederholt auftretenden Symptome müssen
den Verdacht auf bestehende chronische Appendicitis lenken. Die Dauer
dieser Attacken beträgt gewöhnlich 1—2 Tage und sie können sich durch
Jahre wiederholen, bis endlich die Entfernung des Appendix völlige
Heilung bringt.
Soll im akuten Stadium operiert werden? Der Beginn der Er¬
krankung ist gegeben durch eine mehr oder weniger schwere Folliculitis;
daraus kann sich eine diffuse, einfache oder gangränöse Lymphangitis
mit oder ohne Perforation entwickeln und Peritonitis oder allgemeine
Infektion entstehen. Der Appendix findet sich dann gewöhnlich gan¬
gränös entartet. Daraus geht die Notwendigkeit der sofortigen Operation
zur Genüge hervor, obwohl Verf. wohl selbst zugibt, dass die Operation
in der anfallsfreien Zeit leichter und für den Patienten gefahrloser ist,
ungefähr 10 °/ 0 im Vergleich zu 25 °/ 0 Mortalität. Wird während des
akuten Anfalles operiert, so ist es möglich, dass das noch nicht durch
Adhäsionen geschützte Peritoneum durch Inokulation von Eiter infiziert
wird und die Peritonitis also die Folge der Operation ist, und das führte
hauptsächlich zur Annahme der .Resolution, in den ersten 24 Stunden
nach Beginn des Anfalles wohl sofort zu operieren, nach Verstrichensein
dieses Zeitraumes jedoch die Operation von den individuellen Indika¬
tionen abhängig zu machen. Die sichere Diagnose ist jedoch namentlich
bei Kindern schwer und nur selten zu machen, da es sich häufig um
Pneumokokken- oder Gonokokkenperitonitis handelt; letztere im Gefolge
einer Vulvovaginitis; ein andermal mag ein plötzlicher Anfall mit Fieber
und Erbrechen beginnen und nach 1—2 Tagen mit der spontanen Ent¬
leerung von Askariden endigen, ebenso vermögen gewisse septische Be¬
dingungen im Verlaufe einer Pneumonie oder auch beginnender Typhus
abdomin. einen Anfall von Appendicitis vorzutäuschen.
Die interne Behandlung während eines akuten Anfalles besteht in
völliger Entziehung der Nahrung, nur wenige Löffel reinen Wassers und
ein Eisbeutel auf das Abdomen. Opium nur bei bedeutenden, kolik-
artigen Schmerzen. Milch oder Abführmittel sind zu vermeiden. Ueber-
haupt muss der Patient jeden Moment für die Operation parat sein,
nicht nur wenn die leichtesten Erscheinungen beginnender Peritonitis
sich zeigen, sondern auch wenn die lokale Schwellung fortschreitet und
das Fieber nicht rasch schwindet. Die grösste Schwierigkeit für die
Diagnose bieten gewisse Formen von gangränöser Appendicitis mit Er¬
brechen von grünen und schwarzen Massen ohne deutliche Zeichen im
Abdomen; bei der Operation finden sich dann rings um den gangränösen
Appendix nur wenig Eiter und wenig zarte Adhäsionen. Andererseits
gibt es Fälle von schwerem Icterus und Bluterbrechen, in denen gelbe
L«eberatrophie das Resultat einer appendikulären Folliculitis zu sein
scheint und in welchen die Operation keine Besserung bewirkt; in
diesen Fällen bleibt die Differentialdiagnose stets zweifelhaft.
Zum Schlüsse gibt Autor eine kurze Beschreibung der operativen
Technik :
Diffuse Peritonitis erfordert eine lange Inzision in der rechten Fossa
iliaca, um den Appendix zu entfernen; oft muss eine zweite Inzision in
der Medianlinie und eine 3. in der linken Fossa iliaca hinzugefügt werden.
Zeitweise Irrigation mit heissem Wasser oder physiologischer Kochsalzlösung.
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Zirkumskripte Peritonitis wird wie ein einfacher Abscess behandelt.
Absceese im kleinen Becken können eventuell durch Inzision vom Rektum
aus eröffnet werden. In diesen Fällen entfernt Verf. den Appendix nur
dann, wenn bei den bestehenden Verhältnissen die Entfernung leicht
ohne zu viele Zerreissungen von Adhäsionen mit Gefahr einer post-
operativen, diffusen Peritonitis möglich ist.
Bei Operation in der anfallsfreien Zeit ist die Indikation zur Ent¬
fernung des Appendix immer eine absolute, wenn auch nicht immer
leichte infolge seiner Adhäsionen oder seiner Lage oder der Ueberreete
von altem, eitrigem Material. Herrnstadt (Wien).
Appendix abscess with severe haemorrhage. Von J. D. Malcolm.
British medical Journal, 3. März 1906.
36 Jahre alte Frau, bei der ein Abscess am 9. Krankheitstage er¬
öffnet und drainiert wurde. Am 3. und 6. Tage nach der Operation
traten heftige Blutungen in der Abscesshöhle auf, wobei die zweite mit Ver¬
lust des Bewusstseins und Collaps einherging.
Nach Eröffnung der Wunde und Entfernung der Coagula trat keine
weitere Blutung mehr auf, doch wurde der Appendix nicht gefunden.
Der Hohlraum heilte mittels Granulationsbildung.
McSpencer glaubt, dass die Blutung durch die Anwesenheit des
Streptococcus haemorrhagicus Klein hervorgerufen wurde.
Herrnstadt (Wien).
A case of appendicitis. Von 0. W. Andrews. Brit. Med. Joura.,
3. Nov. 1906.
Patient erkrankte unter Schmerzen in der rechten Inguinalregion
und Fieber; einige Stunden später stellten sich Erbrechen und am
nächsten Tage auch Schmerzen in der rechten Fossa iliaca ein; in der
Nacht bestand mehrmaliges Erbrechen.
Nach 3 Tagen fühlte sich die rechte Bauchseite voller an und es
trat Urinretention ein. Die Diagnose lautete auf Appendicitis und eine
medizinische Behandlung wurde eingeleitet. Da nach weiteren 4 Tagen
sich der Zustand des Patienten neuerlich verschlimmerte, so entschied
man sich zur Operation. Sofort nach der Eröffnung entwich eine grosse
Quantität fötiden Eiters und bei digitaler Untersuchung wurde ein
Stercolith zutage gefördert, 8 / 4 Zoll lang, */ 4 Zoll im Durchmesser. Die
Wunde wurde partiell geschlossen und secernierte durch mehrere Tage
Eiter. Nach 8 Tagen stellten sich Erscheinungen von Colitis ein und
die Temperatur stieg neuerlich an, fiel jedoch auf Verabreichung von
01. ricini wieder ab; in der Nacht ging eine grosse Menge grünen Eiters
per rectum ab und ebenso am nächsten Tage. Nach weiteren 5 Tagen
erschien mit dem Stuhle ein Spulwurm in der Länge von 9 ö / 4 Zoll, von
da an schritt die Besserung ununterbrochen fort. Von Interesse in
diesem Falle sind a) Anwesenheit eines Stercoliths, b) Colitis mit Ab¬
gang von Eiter und Schleim per rectum, c) Abgang eines Spulwurmes
14 Tage nach der Operation. Herrnstadt (Wien).
A note on appendicitis as a cause of intussusception. Von Leslie
Rawes. Lancet, 15. Dez. 1906.
Ein 3 Jahre alter Knabe klagte seit 3 Monaten über Schmerzen
im Abdomen, welche zeitweise besonders heftig wurden; in den letzten
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6 Wochen trat öfter Erbrechen auf, im Stuhl manchmal streifenförmiges
Blut sichtbar; links und oberhalb vom Nabel am Aussenrande des linken
Bectus bestand ein rundlicher Tumor, der bei der Palpation unter den
Fingern verschwand; in Narkose liess sich ein freibeweglicher Tumor
von Nierengestalt konstatieren, dessen Masse in der einen Richtung
3 Zoll, in der anderen 1 / s Zoll betrugen; der rectale Befund war negativ.
Laparotomie in Chloroformnarkose ergab Intussusception; die Exponie¬
rung gelang bis auf einen Best von l*/ 2 Zoll, es war der ödematöse
Appendix, der mit der Wand des Coecums durch Adhäsionen fest ver¬
wachsen war; der Appendix selbst war chronisch entzündet und in der
Nähe der Basis perforiert. Nach Appendektomie wurde das Abdomen
geschlossen; die Heilung war eine vollkommene.
Herrnstadt (Wien).
A case in which acute appendicitis and a twisted ovarian pedicle
existed at the same time. Von John Cahill. Lancet, 8. De¬
zember 1906.
Bei der Patientin, 17 Jahre alt, traten plötzlich am 8. Juni 1905
heftige, abdominale Schmerzen und mehrmaliges Erbrechen von gallig ge¬
färbtem Schleim auf. Das Abdomen war massig ausgedehnt, über der
rechten Fossa iliaca massig resistent; eine Irrigation verschaffte aus¬
giebige Entleerung. Die Schmerzen hielten an, die Ausdehnung des Ab¬
domens nahm rapid zu, die ganze techte Hälfte war schmerzhaft. In
der rechten Lendengegend war eine Infiltration nachweisbar und die
Temperatur stieg stetig an. Am 13. Juni wurde die Operation gemacht.
Nach Entfernung fester Adhäsionen wurde der Appendix freigelegt und
reseciert;* derselbe hatte eine Einschnürung vor der Verbindung mit dem
Coecum Und eine zweite am distalen Ende; der dazwischenliegende Anteil
war mit Eiter erfüllt und hatte die Zeichen einer chronischen Erkran¬
kung. Der obere Anteil des Beckens war durch eine dunkle, feste Masse
ausgefüllt, welche an Rectum, Uterus und Blase adhärent war. Es war
eine Ovarialcyste von der Grösse einer Kokosnuss mit einem dicken Stiel,
der eine # 8 / 4 Drehung um die Achse durchgemacht hatte. Der Stiel
wurde ligiert und die Cyste entfernt. Herrnstadt (Wien).
Die Bedeutung des kranken Appendix für die Frau. Von R. Römer.
Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie,
Bd. XVI, 1906.
Störungen in der Genitalsphäre, die von einer Appendixerkrankung
herrühren, sind nach Verf. Erfahrung sehr vielseitig und keineswegs
selten, wie er an Beispielen zeigt. Die Entzündung kann sich direkt
vom Appendix auf Adnexe und Uterus fortsetzen (Pyosalpinx auch bei
Virgines, Endometritis), in anderen Fällen handelt es sich um die Wir¬
kung entzündlicher Adhäsionen und Spangen; bei vorhandener Sterilität,
Störungen der Menstruation und Gravidität sei stets der Appendix zu
berücksichtigen. Raubitschek (Wien).
Appendicitis: some points in diagnosis and treatment based over
600 operations. Von Herbert A. Bruce. Brit. Med. Journ.
15. Dezember 1906.
In allen Fällen von Appendicitis sollte die Operation in einem mög¬
lichst frühen Stadium unternommen werden. Die Erkrankungen, die
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häufig differentialdiagnostisch in Betracht kommen, sind: 1. eiterige Sal¬
pingitis, 2. akute Cholecystitis, Empyem oder Perforation der Gallen¬
blase, 3. tuberkulöse Peritonitis, 4. akute Indigestion, 5. maligne Er¬
krankung des Coecums, 6. Perforation des Magens oder Darmes mit all¬
gemeiner Peritonitis.
Bei Appendicitis ist der Beginn ein plötzlicher, Temperatur und
Puls sind im Anfang wenig verändert, es bestehen Uebelkeit, Erbrechen
und Spannung des Abdomens, der Schmerz wird erst in die Nabelgegend
lokalisiert, ist jedoch sehr bald auf die rechte Fossa iliaca beschrankt.
Behandlung. Morphin ist zu vermeiden, bevor eine sichere
Diagnose gestellt werden kann; gegen die Schmerzen wirken Eis- oder
heisse Umschläge; Purgativa verschlimmern die Bedingungen durch die
vermehrte Peristaltik. Die Inzision soll durch den rechten Musculus
rectus gemacht werden; findet man Eiter, so soll derselbe mittels
Gaze vorsichtig auf gesaugt werden, bei diffuser septischer Peritonitis
sind Auswaschungen mit Kochsalzlösung das Beste, sodann wird der
Appendix entfernt und die Höhle drainiert, ein zweites Drain kommt
in die Schambeingegend. Die Haltung des Patienten nach der Operation
soll eine halbsitzende sein, damit die Drainage nach abwärts gegen das
Becken gehe, da im diaphragmatischen Teile des Peritoneums die Ab¬
sorption eine raschere ist.
Bei lokalem Abscess in der Appendixgegend sollte durch 2—3 Tage
nach der Operation bloss rektale Eihährung vorgenommen werden, gleich¬
zeitig wird durch Morphin die Peristaltik herabgesetzt.
Der post-operative Heus lässt sich unterscheiden in einen mechani¬
schen, septischen und adynamischen. Der erstere ist charakterisiert
durch späteres Einsetzen, sichtbare Peristaltik, heftige Koliken’ schwache
Temperatursteigerung und asymmetrische Ausdehnung. Bei der septischen
Form ist das Bild durch die Allgemeininfektion getrübt, in den anderen
Fällen ist die adynamische Varietät anzunehmen. Die Ursache des Deus
ist hauptsächlich frühzeitige Obstruktion, seltener sind es entzündliche
Adhäsionen. Wenn hohe Irrigationen nicht bald wirken, so muss das
Abdomen geöffnet werden, lässt sich auch dann die Ursache der Ob¬
struktion nicht sicherstellen, so ist die ausgedehnte Darmschlinge zu er¬
öffnen und zu irrigieren. Die grosse Prostration bei Heus erklärt sich
nach Nesbitt und Ranzi im konstanten Vorkommen von Cholin und
Neurin im Darme, wo die Nahrung eine Quantität von Lecithin enthielt.
Neurin wirkt lähmend auf Herz- und Darmperistaltik. Auswaschungen
des Magens und Darmes können die Anhäufung toxischer Substanzen
vermindern.
Am Schlüsse des Artikels folgt die Beschreibung von 14 Fällen,
welche ein der Appendicitis ähnliches Symptomenbild gaben.
Herrnstadt (Wien).
Die Intermediäroperation bei akuter Appendicitis. Von Hagen.
Centralblatt f. d. ges. Medizin 1906.
H. warnt nach seinen Erfahrungen entschieden vor der Operation
im Intermediärstadium, d. i. in der Zeit vom 2.—5. Tage. Bei Operationen
in diesem Stadium hatte er 34,7 °/ 0 Mortalität zu verzeichnen. Hingegen
wurden im Laufe des letzten Jahres 14 Patienten exspektativ behandelt
und alle genasen. Wiemer (Aachen).
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Ueber die Indikationen zur Appendektomie beim Ueocoec&lschmerz.
Von Hochenegg. Wien. klin. Wochenschr. 1905, Nr. 51.
H. weist darauf hin, dass häufig die Untersuchung des heraus¬
genommenen Appendix keine Erklärung für die quälenden Symptome abgibt,
die den Eingriff bedingten. Sieht man sich dagegen den Proc. vermif.
in situ an, so gibt sein Verhalten zu den anderen Organen der Um¬
gebung die Erklärung für die heftigen Krankheitserscheinungen. So
fand Verf. den Processus in einigen Fällen seiner ganzen Länge nach
mit der Cöcalwand verwachsen. Wird nun das Coecum ausgedehnt, so
mußs der Proc. notwendigerweise mit in die Länge gezogen werden, was
heftige Schmerzen verursachen muss; wird dann das Coecum entleert, so
fühlen sich die Patienten wieder wohl. In anderen Fällen können da¬
durch Schmerzen hervorgerufen werden, dass der Proc. an seinem Ende
fixiert ist; da das leere Coecum in die Höhe tritt, so muss der Wurm¬
fortsatz ausgezogen werden und an dem fixierten Organ zerren; füllt sich
dann das Coecum und tritt es tiefer, so hören die Schmerzen auf. Es
kann ferner ein weites oder zu enges Ostium coeci bei langem Proc.
dadurch Schmerzen bedingen, dass sich der Wurmfortsatz prall füllt und
die Entleerung erschwert wird. In allen diesen Fällen wird die ana¬
tomische Veränderung am Wurmfortsatz unbedeutend sein und doch
werden die Schmerzen nach Entfernung des Appendix schwinden.
Statt des unpassenden Ausdrucks Pseudoappendicitis wünscht Verf.
die Bezeichnung Appendicitis dolorosa. W i e m e r (Aachen).
Aetiologie und Behandlung der Appendicitis. Von Lucas-Cham-
pionniäre. Deutsche med. Wochenschr., 1905, No. 40.
Verf. bezeichnet die Appendicitis als eine neue Krankheit, die
seiner Ansicht nach in epidemischer Steigerung vorkomme. Das haupt¬
sächlichste ätiologische Moment bilde die Influenza. In manchen
Gegenden jedoch, in denen Influenza nicht herrscht, tritt doch Appen¬
dicitis auf und hier sucht Verf. den Grund in der vorwiegenden Fleisch-
nahrung. Wie er sich den Zusammenhang denkt, geht aus den Aus¬
führungen nicht hervor, er verweist nur auf die Beobachtung, dass in
Gefängnissen, in Klöstern usw., wo das vegetarische Regime vorherrsche,
weniger häufig Appendicitis vorkomme. Ein weiteres ätiologisches Moment
gebe die mangelhafte Darmentleerung ab.
Verf. operiert sofort, sobald die Diagnose gestellt ist, nur diejenigen
Fälle nicht, die schon 8—10 Tage des Krankheitsprozesses hinter sich
haben. Wiemer (Aachen).
Resultate der FrQkoperation bei Appendicitis. Von Kümmel.
Deutsche med. Wochenschr. 1906, Nr. 33.
K. tritt warm für die Frühoperation bei Appendicitis ein. Er
operierte in den ersten 4 Monaten dieses Jahres 102 Patienten mit einer
Gesamtmortalität von 1 °/ 0 . Von diesen wurden 67 im anfallsfreien
Stadium, 33 Patienten innerhalb 48 Stunden nach Beginn der Er¬
krankung und 2 Patienten nach 48 Stunden operiert. Verf. rät auf
Grund seiner Erfahrung deswegen zur Frühoperation, weil man auch bei
scheinbar leichten Fällen nie wissen könne, wie weit der Erkrankungs¬
prozess schon vorgeschritten sei, wir also nicht imstande seien, eine
auch nur einigermassen sichere Prognose zu stellen.
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Da nach seiner Ansicht durch die interne Behandlung nur ein Still«
stand der Erscheinungen, aber keine definitive Heilung zu erzielen ist,
erblickt Verf. die einzig richtige Therapie in der operativen Behandlung.
Wieiner (Aachen).
One hundred consecutive cases of appendix Operation. Von H. W.
Carson. Brit. Med. Journ. 10. November 1906.
Verf. teilt die Fälle in 4 Gruppen: 1. solche, welche allmählich
einsetzen, 2. akuter Katarrh, 3. lokaler Abscess, 4. Peritonitis schon zur
Zeit der Operation.
Ad 1. Hierher gehören 30°/ o . Das Resultat war zufriedenstellend
mit Ausnahme von 2 Fällen, welche aus unbekannter Ursache nach einiger
Zeit starben.
Ad 2. Solche, welche ohne Operation sicher zur Bildung eines
Abscesses geführt hätten. Für verspätete Operation gelten in der Regel
2 Ursachen, 1. das Zaudern von seiten des Patienten, 2. die Schwierig¬
keit, in einem frühen Stadium zu entscheiden, ob Abscessbildung unver¬
meidlich ist.
Ad 3. Abscessfälle lassen sich gleichfalls in 2 Gruppen teilen:
a) lokalisierter Abscess, b) solche mit allgemeiner Peritonitis. In allen
Fällen wurde der Appendix entfernt, dadurch wird auch die Bildung
einer Fistel vermieden, welche bei blosser Eröffnung des Abscesses oft
zurückbleibt.
Was das Alter anbelangt, so lässt sich statistisch nachweisen, dass
vor dem 15. Lebensjahre 92,2 °/ 0 akut verlaufen, später bloss 56,4 °/ 0 .
Bei Kindern handelt es sich oft um akute Symptome ohne näheren Hin¬
weis auf das Abdomen, gleichzeitig wird durch die Spannung und das
Widerstreben der Kinder die Untersuchung wesentlich erschwert; Äbs-
cesse und Peritonitis sind viel häufiger als bei Erwachsenen und schon
deshalb ist die Frühoperation nicht dringend genug anzuraten.
Beim Erwachsenen sind die Anfälle in einem gewissen Prozentsatz
milde, doch kommt es in einer Reihe von Fällen zu Gangrän- und
Abscessbildung und damit eröffnen sich für den Patienten momentane
und entfernte Gefahren. Zu den ersteren gehören Peritonitis, Pyelophlebitis.
Empyem, Pleuritis, Pneum., subphren. Abscess und Fäcalfistel — zu den
letzteren: Ventralhernie, intestinale Obstruktion, Beschwerden durch den
Zug der Adhäsionen. Alle Abscessfälle haben einen Mortalitatssatz
von 25 °/ 0 .
Für die Frühoperation spricht folgendes: 1. die Operation ist leicht
wegen Mangels der Adhäsionen; 2. kurze Rekonvalescenz; 3. Verschluss
der Bauch wunde ohne Drainage.
Ein von Beginn an schwerer Fall, bei dem sofortige Operation au¬
gezeigt ist, zeigt folgendes Symptomenbild: 1. schwere Attacke ; 2. ab¬
dominale Facies; 3. trockene, belegte Zunge; 4. die Temperatur fällt
nach dem 1. Anfall, um dann wieder anzusteigen; es ist dies ein Zeichen
für Abscess oder Gangrän; 5. rascher Puls; 6. Diarrhöen; 7. Erbrechen:
8. Schmerzen, welche im Beginne schwinden, um später wiederzukehren:
9. lokale Empfindlichkeit und Rigidität der Abdominalwand ; 10. per¬
sistierender Tumor: 11. Ausdehnung des Abdomens; 12. Eeukocytose.
Herrnstadt ("Wien).
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B. Leber, Gallenwege.
Case of supplementary lobe of the liver causing Symptoms of
pylorie obstructions. Von James A. Adamus. The Glasgow
medical Journal, Dez. 1906.
Besondere Vergrösserung des linken Leberlappens ist eigentlich ein
seltenes Vorkommnis; macht aber dann die Symptome einer Pylorusstenose,
die einen operativen Eingriff verursachen. Durch den vergrösserten
Leberlappen, der als Tumor palpabel ist, kann leicht wegen der Pylorus¬
stenose ein Neoplasma vorgetäuscht werden, wofür folgender Fall be¬
weisend ist.
Ein 28 jähriger Mann, der vor 8 Jahren Schmerzen in der Magen¬
gegend verspürte, Blutbrechen hatte, 2 Jahre dann beschwerdelos war,
Herauf bald wieder Beschwerden nach dem Essen mit Blutbrechen hatte,
war dann wieder beschwerdefrei. Patient wurde in diesem Zeitpunkte genau
untersucht, und man konnte unterhalb des Proc. xiphoideus einen faust-
grossen schmerzlosen Tumor palpieren. Bei der Aufnahme ins Spital
unerträgliche Magenschmerzen mit Blutbrechen, das ca. 14 Wochen schon
dauerte. Die Schmerzen waren besonders beim Liegen sehr gross, es
war dem Patienten, „als ob ein Gewicht darauf drücke“. Die Leber
fand sich in normalen Grenzen; unterhalb des Proc. xiphoideus fand sich
der erwähnte faustgrosse Tumor; ausserdem deutliche Dilatation des
Magens und ziemlich starke Bauchdeckenspannung darüber. Operativer
Eingriff wird vorgeschlagen und auch gemacht. Eröffnung in der Mittel¬
linie. Da findet sich ein fussförmiger Fortsatz der Leber, der den
Jyiorus stark komprimierte (3 Zoll lang, 2 Zoll breit). Der Tumor wird
unterbunden und reseziert. Der Magen zeigt nirgends einen Tumor; da¬
gegen findet sich eine varicöse Erweiterung der Blutgefässe des Magens.
Am folgenden Tage Erbrechen von Blut durch ca. 24 Stunden, das
später völlig aufhörte. Keine Schmerzen mehr. Verf. erwähnt nun aus
der Literatur ähnliche Fälle, die ebenfalls auf die Seltenheit dieses Be¬
fundes aufmerksam machen. Leopold Isler (Wien).
Discussion on the surgical treatment of ascites secondary to
vascular cirrhosis of the liver. Brit. Med. Journ., 10. Nov. 1906.
I. Von Sinclar White. Opening Paper.
Nur die vaskuläre Cirrhose wird im Rahmen dieses Kapitels be¬
handelt. Die biliäre Cirrhose ist von der Besprechung ausgeschlossen.
Die Venen, welche die Anastomosen formen, lassen sich folgender-
massen einteilen: 1. jene, welche gegen das Ligam. suspensor. der Leber
ziehen, sie vereinigen die portalen mit den epigastr., den Mammar. int.
und den Zwerchfellsvenen; 2. die Anastom. zwischen gastrischen
und ösophagealen Venen; 3. jene zwischen den Mesenterial- und den
mittleren und unteren Hämorrhoidalvenen; 4. jenes Netz von Venen,
das im retroperiton. Gewebe liegt, namentlich hinter dem Pankreas, der
queren Portion des Duodenums und dem vertikalen Anteil des Colons.
Die Verbreiterung dieser anastomosierenden Venen tritt mit grosser
Konstanz bei Cirrhose auf und wird in einzelnen Fällen noch ergänzt
durch neue Venen innerhalb der Adhäsionen der Eingeweide, welche
durch die portalen Venen in die Abdominalwand ablaufen. Die opera-
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tive Behandlung bezweckt nun die Etablierung von Adhäsionen zwischen
Viscera und Abdominalwand und dazu schien das Omentum durch seinen
Gefäs8reichtum und seine Flexibilität besonders geeignet. Die ersten
Versuche Talma’s misslangen und erst Rutherford konnte 1895
einen Erfolg verzeichnen.
Pathologie. Die chronische Entzündung führt zur Degeneration
und Proliferation der Leberzellen mit Kontraktion des bindegewebigen
Qebälkes, welches mit der Blutbahn durch die Endäste der Portalvenen
in Verbindung steht; daneben entwickelt sich chronische Peritonitis
resp. Perihepatitis. lieber die Ursachen des Ascites sind die An¬
schauungen geteilt; die gewöhnliche ist die, dass es sich um passive
Effusion des Blutserums handle, dass die kollaterale Zirkulation nicht
mehr Schritt halten kann mit der wachsenden portalen Konstriktion, dass
es sich um zirkulatorische Systemdefekte handle, wie z. B. Klappenfehler.
Andere Autoren widersprechen dieser Ansicht und stützen sich darauf,
dass bei Hunden, welchen die Portalvenen unterbunden wurden, Ascites
nicht auftrat.
Der Wert der oben erwähnten Operation — Epiplopexie — liegt
in der Verhütung des Ascites durch Bildung supplementärer Anasto-
mosen; fernerhin wirkt unterstützend die Drainage, indem sie das obere
Abdomen trocken hält und die Vereinigung der Viscera mit der Ab¬
dominalwand erleichtert. Ascites jedoch bildet nur eine Teilerscheinung
der Krankheit und früher oder später muss durch die fortschreitende
Leberdegeneration eine Störung der vitalen Funktionen eintreten; dafür
spricht auch, dass 50 °/ 0 ohne Ascites sterben. Aus diesem Grunde soll
die Operation bei alten und schwachen Patienten unterbleiben, ferner ißt
sie kontraindiziert bei Morb. Brightii und bei Diabetes, bei organischen
Erkrankungen des Herzens und der Lungen, namentlich bei Tuberkulose.
Jeder Operation soll mehrfache Punktion vorausgehen, die gleichfalls oft
zu Heilung führt.
Die Fixation des Omentums ist der wichtigste Teil der Operation.
Die Bildung von Adhäsionen zwischen Darm und Abdominalwand wurde
mit Erfolg versucht, doch entsteht oft intestinale Obstruktion. Hepato«
pexie lässt sich leicht und rasch durch die Inzision zur Fixierung des
Omentums durchführen, doch erfordert Splenopexie besser eine unab¬
hängige Inzision. Für die Fixation des grossen Netzes kommen 2 Me¬
thoden in Betracht, eine, welche die vordere Fläche durch zahlreiche
kleine Nähte an das gegenüberliegende parietale Peritoneum fixiert, die
andere verlegt das Omentum zwischen Peritoneum pariet. und hintere
Fläche der abdominalen Muskeln. Auch die Fixierung des Omentums in
der Bauchwunde war von Erfolg begleitet. Die volle Entwicklung des
Effektes nach der Operation erfordert wenig Zeit und ist immer begleitet
von einer stetigen Zunahme der Urinmenge.
Die Implantierung der Portalvene in die Vena cava wurde von
V i d a 1 ohne Erfolg durchgeführt.
Was die Resultate der Operation anbelangt, so ist nach Prof. Mon-
profit der Mortalitätssatz 38°/ 0 , die Hauptursachen sind Peritonitis
und Shock. NachBunge’s Statistik sind es20,8°/ 0 . Hierher wurden
neben vaskulärer Cirrhose auch andere Krankheiten einbezogen; bei
Weglassung derselben resultiert eine Mortalität von 33 °/ 0 ; 37,3 °/ Q wurden
geheilt und 13 °/ 0 gebessert. Peritonitis trat in etwas mehr als 6 °/ 0
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auf. Die Dauer der Heilung ist folgende: in 7 Fällen zwischen 6 Mon.
und 1 Jahr, in 7 Fällen zwischen 1 und 2 Jahren, in 17 Fällen zwischen
2 und 3 Jahren, in ö Fällen über 3 Jahre.
Von den Komplikationen der Operation sind zu nennen: Ventral-
hernie, Entzündung der Lungen und der Pleura, intestinale Obstruktion.
Zn den schädlichen Folgen des kurzen Kreislaufes des portalen Blut¬
stromes gehören Aufregungs- und Depressionszustände.
II. The eure of ascites by Operation. Von Grey Turner.
Yerf. referiert 16 Fälle, in denen Omentopexie durchgeführt wurde
nnd yon denen 5 starben, 3 an Pneumonie, 1 an Urämie und Cholämie.
5 Patienten leben noch 12 'Jahre nach der Operation. Yon den 16 Pa¬
tienten erfüllten nur 6 die Bedingungen von Drummond und Morison,
nämlich das Fehlen von Komplikationen in anderen Organen, von diesen
6 sind 3 am Leben, 2 befanden sich dureh ö Jahre in guten Verhält¬
nissen; in beiden trat der Exitus durch interkurrierende Krankheiten
*nf. Die Indikationen für die Operation des Ascites bei Cirrhose sind:
die Ursache muss portale Obstruktion sein; rasches Zunehmen des Ascites.
Gelbsucht und Oedeme sind schlechte Anzeichen; Patient soll bereits
mehrere Punktionen überstanden haben; es dürfen keine Komplikationen
von seiten des Herzens, der Lunge und der Niere bestehen; Operation im
Stadium dee Prae-Ascites ist zu unterlassen. Der Alkoholgenuss muss
gänzlich gemieden werden.
HI. Von John Stewart.
Es ist möglich, dass in Fällen von Spontanheilung Thrombose die
Ursache der Obstruktion ist. Ausser der Obstruktion in der Porta¬
zirkulation besteht noch ein aktiver Prozess der peritonealen Zellen, eine
aseptische und plastische Entzündung, und darin liegt das Material für
die Adhäsionen und die kollaterale Zirkulation. Entfernung des Ascites
and die dadurch den entzündeten Flächen geschaffene Möglichkeit, sich
aneinander anzulegen, ist der Hauptfaktor in der chirurgischen Behänd-
lang des Ascites bei Cirrhose. Herrnstadt (Wien).
Letal gallg&ngsblödniog framkallad af sten. Von H. Allard.
Hygiea, Neue Folge, Nov. 1905, p. 1189.
Eine 66 jährige Frau, die seit mehr als 30 Jahren an Arthritis
deformans und seit 12 Jahren an Gallensteinkolikanfällen, mehrmals jedes
Jahr und oft recht lange dauernd, einmal sogar 9 Monate, mit Abgang
von Steinen gelitten hatte, bekam im März 1905 neue Kolikanfälle.
Nach abwechselnder Verbesserung und Verschlechterung plötzlich pro¬
fuses Erbrechen von hellem koaguliertem Blute und abends reichlicher
Stuhl mit hellen Koagulis. Nach erneutem Blutbrechen Exitus. Die
Sektion zeigte normale Schleimhaut des Magens und Darmes, die Leber
war von normaler Grösse, aber von zahlreichen Gasblasen durchsetzt, in
der Gallenblase klare, viscide, weissgelbe Flüssigkeit, aber keine Steine.
Medial von der Gallenblase lag der sackförmig erweiterte Ductus chole-
dochus, der zusammen mit dem Ductus hepaticus eine 2 Finger weite
Höhle mit dicken schwieligen Wänden bildete und von Gallensteinen er¬
füllt war, mit frischen Blutkoagulis. Auch in den erweiterten Zweigen
des Ductus hepaticus lagen Steine und Blut. Die Quelle der Blutung
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fand man im Hepaticus 2 cm oberhalb der Einmündung des Cysticus;
hier fand man ein an die Wand fest adharierendes Blutkoagulum, nach
dessen Entfernung eine Perforation sowohl der Wand des HepaticuB als
auch der Arteria hepatica zum Vorschein kam. Letztere war makrosko¬
pisch sonst unverändert. Die Perforationsöffnung hatte scharfe Bänder.
Ausser durch die Blutung und deren Ursache ist der Fall be¬
merkenswert durch das ausschliessliche Auftreten der Gallensteine in den
Gallengangen und durch das frühzeitige Auftreten der Gasblasen (die
Sektion wurde 20 Stunden nach dem Tode gemacht).
K ö 81 e r (Gothenburg).
De l’ätat des voies biliaires d&ns les obstructions. Von Delbet.
Bull, et mem. de la Soc. de Chir. de Paris. Sitzung vom 4. April
1906.
Delbet berichtet über einen weiteren Fall, der seine Behauptung
über die Beziehungen der Schrumpfung und Dilatation zu dem Sitz, der
Natur und dem Entzündungszustand der Gallenwege erhärtet. Solange die
Hindernisse, gleichgültig welcher Natur, den Gallenabfluss nicht total
verhindern, bewirken sie durch Ueberdruck Dilatation der Gallenwege;
kann die Galle nicht passieren, so kann auch keine Dilatation zustande
kommen.
Der Fall ist folgender: Gravida VT mens. Schwerer Icterus. Bei
der Laparotomie fanden sich ausgedehnte Adhäsionen mit dem Darm.
Cysticus dilatiert; hinter dem Duodenum tastet man ein Konkrement.
Bei Inzision entleert sich reichlichst Eiter; Entfernung des Steines.
Nachher Auf suchen der Gallenblase aus ihren Verwachsungen, Inzision;
allmählich in dem geschrumpften Gewebe weiter gehend, trifft man im
Hals der Gallenblase, bzw. am Anfang des Cysticus einen Stein. Zwischen
beiden Steinen war der Cysticus stark dilatiert. Drainage des Hepaticus.
Exitus nach 3 Tagen unter Anurie. Keine Peritonitis; die Leber durch
und durch vereitert. R. Paschkis (Wien).
Rupture traumatiqne dn cholödoqne. Guärison. Von Tuffier.
Bull, et m6m. de la Soc. de Chir. de Paris. Sitzung vom 7. Mai 1906.
Ein Mann wurde überfahren (Epigastrium) und 5 Tage nachher
fanden sich eine Dämpfung in der rechten Fossa iliaca sowie Abgang
acholischer Stühle. Diagnose: Choledochusruptur. Laparotomie ergab
mehrere Liter Galle sowie eine enorme retroperitoneale gallige Infiltra¬
tion. Der rupturierte Gang konnte nicht gefunden werden. Drainage,
Heilung nach 45 Tagen ohne Fistel und ohne Gallenretention.
Quönu sah etwas Aehnliches bei einem Steinkranken mit kompletter,
Wochen dauernder Retention. Bei der Operation fand sich atrophische
Sklerose der Gallenwege, die grossen Gänge zu finden war nicht mög¬
lich; aber er fand eine grosse Gallencyste nahe dem Coecum und eine
retroperitoneale. Drainage; durch mehrere Wochen reichlich Gallenabfluss;
nachher stellte sich die Durchgängigkeit der Gallenwege wieder her und
Patient genas. R. Paschkis (Wien).
Phlegmonous Cholecystitis. Von G. A. W right. Lancet, 22. Sept. 1906.
Die Erkrankung ist relativ selten und kombiniert mit Peritonitis
mit oder ohne Perforation oder mit Toxämie; selbst nach Operation ist
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die Mortalität ausserordentlich hoch. Phlegmonöse Cholecystitis wird oft
verwechselt mit intestinaler Obstruktion, akuter Pancreatitis und akuter
Appendicitis. Als gewöhnlichste Ursache der Erkrankung kommen Typhus
und Gallensteine in Betracht, danach Malaria, Sepsis und Puerperal¬
fieber, manchmal auch chronische Pancreatitis und vielleicht auch Appen¬
dicitis.
Die Symptome sind folgende: Im Beginne Schmerzen und Spannung
in der Gallenblasengegend sowie Erbrechen und Obstipation, Puls schwach,
Delirien, trockene Zunge, kleine Urinmenge, Urticaria, zeitweise Icterus
und Fieber. Die Gallenblase kann palpabel sein oder auch nicht. Nach
Eröffnung der Bauchhöhle zeigt sich eine Schicht von Lymphe, welche
die Oberfläche der Gallenblase und ihre Umgebung bekleidet, manchmal
ist die Gallenblase stellenweise gangränös; ihr Inhalt ist Galle oder Galle
mit Eiter und Blut, derselbe ist dünn oder viscid; Steine können vor¬
handen sein oder fehlen.
Beim geringsten Verdacht auf phlegmonöse Cholecystitis ist die
Blase zu inzidieren, ihr Inhalt zu entleeren und zu drainieren; bei
Gangrän Cholecystektomie. Die Hauptgefahren sind folgende: allgemeine
Toxämie oder Peritonitis mit oder ohne Perforation. Andere Kompli¬
kationen sind: Parotitis, Cholangitis und Störungen, die mit entzündlichen
Prozessen Zusammenhängen.
Verf. berichtet über die folgenden 3 Fälle:
Fall 1. Ein 31 Jahre alter Mann erkrankte unter plötzlichen
Schmerzen in der rechten Fossa iliaca. Temperatur 101 °F, markante
Schwellung der rechten Bauchseite. Am folgenden Tage war die Tem¬
peratur 105 °F, eine harte Masse rechts nahe dem Nabel fühlbar; im
Centrum der Schwellung ein weicher Herd. Bei Eröffnung des Ab¬
domens entwich eine Quantität gelblichen Serums und die Gewebe waren
ödematös; die Gallenblase war enorm erweitert und hart und reichte nach
abwärts bis zum Nabel; das Aussehen derselben war gangränös. Es wurden
10 Unzen schwarzer Galle entleert, die Blase fixiert und inzidiert; sie
enthielt 10 Steine und weitere 342 gingen in den nächsten 2 Monaten ab.
Fall 2. Ein 68 Jahre alter Mann erkrankte im Juli 1902 mit
Schmerzen und Schwellung im rechten Hypochondrium. Temperatur
103 0 F, leichte Gelbsucht, kein Erbrechen. Die Gallenblase war stark
dilatiert und von frischen Adhäsionen umgeben, stellenweise gangränös;
sie enthielt Galle und 5—6 Gallensteine. Patient starb am 5. Tage
an Collaps.
Fall 3. Ein 52 Jahfe alter Mann erkrankte an abdominalen
Schmerzen, 6 Jahre vorher hatte er angeblich Appendicitis, seither litt
er an Dyspepsie. Zurzeit bestanden Gelbsucht, geringe Temperatur¬
steigerung, lichte Stühle und dunkler Urin. Bald traten Delirien auf,
rascher Puls und Temperatursteigerang auf 102° sowie Urinretention.
Das Abdomen war ausgedehnt, in der Gegend der Gallenblase eine
Schwellung. Nach Eröffnung des Abdomens wurden durch Punktion
aus der Blase 3 Unzen einer dunkelgrünen, visciden Flüssigkeit entleert;
die Wände der Blase verdickt mit gangränösen Flecken. Keine Steine.
Leber vergrössert und grünlich. Die Gallenblase wurde fixiert und
drainiert. Am nächsten Tage Schwellung der linken Parotis, das Fieber
war geringer, Urin frei von Albumen, enthielt noch Gallenfarbstoff. Am
5. Tage Schwellung der rechten Parotis, eiteriger Ausfluss aus dem
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linken Ohre und Auftreten von weichen Herden in der linken Parotis.
Nach weiteren 3 Tagen allgemeine Urticaria. Der Parotiseiter enthielt
Staphylokokken, die Qalle Staphylokokken, Bacter. coli und einzelne
breite Diplokokken. Nach weiteren 8 Tagen Exitus letalis. Post mortem
zeigten sich Dilatation und Entzündung des Ductus. Keine Gallen¬
steine. Pankreaakopf vergrössert und Sitz einer chronischen Entzündung.
Verf. glaubt, dass Gangrän der Gallenblase als Resultat einer lokalen
Obstruktion ihrer Hauptblutgefässe anzusehen sei. Die Erkrankung ist
eine gefährliche, doch sollen nach Murphy alle vor dem 3. Tage ope¬
rierten Fälle mit dem Leben davonkommen.
Herrnstadt (Wien).
Cholecystectomy: its indications and techniqne. Von W. van Hook.
Surgery, gynecology and obstetrics, Juni 1906.
Da die operative Entfernung der Gallenblase nahezu keine un¬
angenehmen Folgen nach sich zieht, sind die Indikationen zu dieser
Operation ziemlich zahlreiche: Tumoren der Gallenblase, akute und
chronische Entzündungen, Steinbildung, Verengerung oder Missbildung
der Gallenwege. von Hofmann (Wien).
Zar Frage der idealen Cholecystektomie. Von Thorspeeken.
v. Bruns’ Beitr. z. klin. Chir., 1906, Bd. LI, Heft 3.
Die Erfahrungen der beschäftigten Operateure haben gezeigt, dass
bei Gallenblasenoperationen der pathologische Befund intra Operationen)
die Methode bestimmen soll, dass aber da, wo mehrere Methoden in
Betracht kommen, die Exstirpation der Gallenblase bezüglich der Dauer¬
resultate am meisten zu empfehlen ist. Der vorliegende Aufsatz be¬
handelt das Material der Heidelberger Klinik; Carcinome sind ausge¬
schlossen. Es ist kein Fall bekannt, bei dem die Entfernung der Gallen¬
blase irgendwelche Folgen von seiten der Verdauung oder seitens der
Leber durch Druck sich stauender Galle gezeitigt hätte. Vermutlich
bleibt der Austrittsmodus der Galle nach Entfernung der Gallenblase
unverändert, d. h. diskontinuierlich. Darauf, dass man früher nur bei
schwerer Veränderung der Gallenblase die Ektomie ausführte, ist es
jedenfalls z. T. zurückzuführen, dass die Resultate ungünstig waren.
Czerny hat die ideale Cystektomie, d. h. die Exstirpation mit so¬
fortigem Verschluss des Cysticusstumpfes ohne Drainage, immer mehr
ausgeführt, in den Jahren 1901—1905 42 mal gegenüber doppelt so
vielen Hepaticusdrainagen. Meist gab chronische Cholecystitis mit
Schrumpfung, Verdickung und Verhärtung der Gallenblasenwand die
Indikation zur Ektomie. Bei einer Anzahl derselben wurde im Blasen¬
hals ein eingeklemmter oder ventilartig schliessender Stein gefunden oder
der Cysticus war obliteriert; auch Griesinkrustationen und Divertikel
boten Anlass zur Ektomie. In zweiter Linie standen Empyeme mit
Veränderung der Wand und Hydrops mit meist hochgradiger Dilatation
der Blase. 4 mal wurde bei akuter und perakuter Cholecystitis ektomiert,
und zwar mit gutem Erfolg; 1 mal war die Blasenwand gangränös.
Sekundär wurde 5 mal operiert. Die Steine sassen in den Fällen von
Cholelithiasis 21 mal in der Gallenblase allein, 16 mal in Gallenblase und
Cysticus. Auch bei der idealen Cystektomie wurde tamponiert und gegen
den Cysticusstumpf drainiert. In 20 Fällen war die Heilung ganz glatt.
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Nach 3 Wochen worden die Kranken meist entlassen, wahrend bei der
Hepaticnsdrainage die Behandlung 4—6 Wochen bis zum Schluss der
Fistel dauert. Die direkten Operationsresultate waren durchaus be¬
friedigend. Von 25 verwertbaren Fällen ist das Dauerresultat bei 17
sehr gut oder gut, bei 8 zufriedenstellend oder bedeutend gebessert.
Ikterus, das sicherste Zeichen des Choledochusverschlusses, ist in keinem
Falle wieder aufgetreten, aber 4 mal stellten sich Koliken mit oder ohne
Fieber ein, wobei in 3 Fällen mit Wahrscheinlichkeit ein Steinrecidiv
vorliegt; in diesen 3 Fällen wäre die ideale Cystektomie nach dem
Operationsbefund besser unterblieben. Adhäsionskoliken, die ganz das
Bild von Steinkoliken bieten können, traten nur in einem Falle auf.
Die Adhäsionen bilden sich nach Entfernung der zur Entzündung
führenden Ursache zurück. Hernien bildeten sich 4 mal. In 26 Fällen
wurde die Gallensteinkrankheit geheilt, in 3 besteht Verdacht auf Reci-
dive. Eine richtige Auswahl der Fälle für die ideale Ektomie ist
möglich. Klink (Berlin).
Vösicule biliaire dilatöe et hypertrophiöe. Des conditions de la
r&raction et de la dilatation de la vösicule. Von Bazy. Bull,
et mem. de la Soc. de Chir. de Paris. Sitzung vom 28. März 1906.
Demonstration der exstirpierten Gallenblase einer 48 jährigen Frau,
die seit einigen Tagen Schmerzen in der rechten Seite hatte, die in die
rechte Schulter ausstrahlten; gleichzeitig entstand eine Anschwellung
rechts unter dem Rippenbogen. Kein Ikterus, keine acholischen Stühle.
Die Gallenblase war stark dilatiert, entzündet, enthielt 125 ccm Flüssig¬
keit; ihre Masse waren: Länge 15 cm, Durchmesser 5 cm, die Wand
war */ 4 cm dick; mikroskopisch starke Verdickung, chronische Ent-*
Zündung, Hämorrhagien.
Es fand sich kein Stein, kein Tumor.
Die Bedingungen zur Retraktion und Dilatation der Gallenblase sind
nach Ansicht des Verf. nicht die Sklerose der Blase, bzw. der Sitz
der Steine (Hartmann, bzw. Deibet), sondern er macht die Retraktion
davon abhängig, dass die Entzündung und Sklerose im Corpus der Gallen¬
blase beginnen, die Dilatation, dass die Veränderungen im Bereiche der
Ausführungsgänge beginnen. R. Paschkis (Wien).
Zar Pathologie und Therapie der Gallensteinkrankheit. Von
L. v. Aldor. Berliner klinische Wochenschrift, No. 38, 1906.
Verf. führt eine Reihe von pathologisch-anatomisch, klinisch und
bakteriologisch gewonnenen Tatsachen an, welche die alte Auffassung
widerlegen, die die bei Gallensteinanfällen auftretenden Prozesse aus
physikalischen Verhältnissen, aus der Wanderung des Steines erklärte;
Jetzt steht es fest, dass das Wesen der Krankheit in einem an der
Gallenblase zustande gekommenen Entzündungsprozess, in einer infolge
milderer oder schwerer Infektion hervorgerufenen Cholecystitis beruhe
und dass die Einklemmung der Steine bloss eine sekundäre Folge der
bereits vorausgegangenen Cholecystitis darstelle. Verf. glaubt, dass
wichtige, besonders klinische Beweise vorliegen, einen ätiologischen Zu¬
sammenhang der Cholelithiasis mit habitueller Konstipation und chronischem
2>armkat&rrh anzunehmen. Dies sei auch der Grund, warum die ver-
Centnlblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 18
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scbiedensten in Verkehr gebrachten Medikamente, wie Chologen, Ghole-
lysin usw., so leicht Anhänger gefunden haben, weil sie zum Teil aus
altbewährten Purgativa, wie Kalomel, Podophylün bestehen. Verf. nimmt
bezüglich der operativen Therapie eine mehr konservative Stellung ein:
eine absolute Indikation zur Operation ist für Verf. bei den ziemlich
seltenen Fällen der akuten Choledochitis, wo dieselbe mit schweren
cholangitischen Erscheinungen auftritt, und bei dem akuten und chroni¬
schen Empyem der Gallenblase. Relative Indikationen sind: die der
Monate hindurch in Ruhe fortgesetzten Karlsbader Kur trotzenden Frille
von chronisch recidivierender Cholecystitis und chronischer Choledochitis;
Hydrops der Gallenblase, wenn derselbe fortgesetzt den Patienten Be¬
schwerde macht, und dann sogenannte soziale Indikation: individuelle
oder äussere Umstände machen es dem Patienten unmöglich, durch
längere Zeit eine Karlsbader Kur zu gebrauchen. Einige Bemerkungen
über Karlsbader Kur beschliessen die Arbeit.
H. Raubitschek (Wien).
A case of gall-stones of large size passed by the rectum. Von
W. E. Carnegie Dickson. Lancet 28. Juli 1906.
Eine 60 Jahre alte Frau wurde am 30. Juli 1903 von plötzlichen
Schmerzen im Epigastrium überrascht; am nächsten Tag bestand ge¬
ringer Icterus. Am 3. Tage kamen Erbrechen und Uebelkeiten hinzu und
hielten ungefähr 1 Woche an, um dann wieder zu verschwinden. Im
September neuerliche Attacke, welche 7 Monate mit grösseren oder ge¬
ringeren Beschwerden wiederkehrte. Im November 1905 neuerlicher
Anfall bis Mitte Januar 1906, gleichzeitig bestand häufig Obstipation:
bei der rektalen Untersuchung fand sich eine grosse, harte, rundliche
Masse oberhalb der Analöffnung, der Kern derselben war ein Gallen¬
stein, 1,5 Zoll lang mit einer zirkulären einzigen Fazette, 1 1 / 2 Zoll im
Durchmesser und 14,5 g Gewicht. Pat. blieb sodann frei bis 6. April,
wo ein neuerlicher Anfall einsetzte; am 14. April fühlte man einen derben
Tumor in der 1. Regio iliaca, dessen oberer Rand in einer Linie mit
dem Nabel lag. Man nahm an, dass es sich um Gallensteine handle,
welche im Colon descend. und in der Flex. sigmoidea gelegen seien, und
gab Abführmittel und 01. olivar. per os. Am 10. # Mai fanden sich im
Rectum 2 Gallensteine, beide fazettiert, welche vereint mit dem ersten
einen vollständigen Abdruck der Innenfläche der Gallenblase gaben. Der
oben beschriebene lag offenbar im Fundus und ulcerierte zuerst in den
Darm, der mittlere war cylindrisch, 1 Zoll lang, 1 */ 2 Zoll im Diameter,
auf beiden Seiten flach fazettiert, der 3. war dem 1. an Gestalt ähnlich,
nur an einem Ende bulbusartig verbreitert und lag mit diesem Teile
offenbar im dilatierten Ende des Duct. cystic. Die Steine waren dunkel
braun, bestanden hauptsächlich aus Gallenpigment und Cholestearin, an
der Oberfläche mit einer Schicht weisser Kristalle von Cholestearin. Das
Hauptinteresse liegt darin, dass Gallensteine von solcher Grösse auf
natürlichem Wege abgingen und dass diese durch den Fundus der Gallen¬
blase in den Dickdarm ulcerierten, nachdem beide Organe durch Ad¬
häsionen verklebt waren. Es ist unwahrscheinlich, dass dieselben durch
den Duct. cystic. oder hepatic. passierten, da nur unbedeutender Ikterus
bestand, und ferner, da jener Stein, welcher einen Abdruck des Fundus
der Blase darstellte, als erster durchtrat. Ein kleiner ischio-rektaler
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Abscess entstand wenige Tage nach dem Abgang des 1. Steines. Nach
Inzision trat rasch Heilung ein. Pat. ist vollkommen gesund.
Herrnstadt (Wien).
C. Haut
Experiment* über die Resorption durch die Haut. Von Sutton.,
Dermatol. Centr&lbl. No. 8, 1906.
Ans den Untersuchungen des Verf. geht folgendes hervor:
Die grösste Resorptionsfähigkeit ist zu finden beim Gänseschmalz,
beim Olivenöl, beim Ichthyol in Verbindung mit Oliven- oder Cedemöl
und beim Sandelöl mit oder ohne Cedemöl.
Um genaue Untersuchungsresultate zu ermöglichen, ist die Zugabe
ton Färbemitteln zu den Prüfungsmitteln unentbehrlich.
Das Schneiden der mikroskopischen Präparate muss in der Weise
«rfolgen, dass kein Farbstoff durch die Mikrotomklinge in das Gewebe
bineingezogen wird, und die Nachbehandlung der Schnitte vor der Unter¬
suchung muss in solcher Weise ausgeführt werden, dass das gefärbte*
Gebiet nicht wieder entfärbt wird. von Hofmann (Wien).
Die Rolle der Konsanguinität der Eltern in der Aetiologie einiger
Dermatosen der Nachkommen. Von Adrian. Dermatol. Centralbl.
1906, Nr. 9.
Verf. sucht in seiner Arbeit die Frage zu beantworten, ob die;
Blutsverwandtschaft der Eltern in der Aetiologie von bestimmten Haut¬
krankheiten [Xeroderma pigmentosum, Ichthyosis congenita diffusa (Kera-
tosw universalis congenita), Albinismus universalis, Ichthyosis vulgaris,
8klerodermie, Epidermolysis bullosa] bei den Nachkommen wirklich
«ne Rolle zu spielen imstande ist. Nach den einschlägigen Unter¬
suchungen Adrian’s spielt die Konsanguinität der Eltern in der Der¬
matologie nicht dieselbe grosse Rolle wie z. B. in der Ophthalmologie
oder in der Psychiatrie und Neurologie. Von den angeführten Krank¬
heiten sind es aber lediglich die drei ersten, nämlich 1. das Xeroderma
pigmentosum, 2. die Ichthyosis congenita und 3. der Albinismus uni-
▼ersalis, bei welchen die Inzucht als ätiologisches Moment in Betracht
kommt. Adrian hat für das Xeroderma pigmentosum eine Kon-
sanguinitat der Eltern in ll,8°/ 0 , für die Ichthyosis congenita eine
solche in 12°/ 0 der Fälle festgestellt. Auch das häufige Auftreten der
Erkrankung bei mehreren Geschwistern ist geradezu typisch für beide
Erkrankungsformen: keine direkte, nur kollaterale Vererbung. Eine
Vererbung der Affektionen auf die Descendenz ist beim Xeroderma
pigmentosum nie beobachtet worden und bei der Ichthyosis congenita
ist eine solche Vererbung ausgeschlossen, weil die Erkrankten nie das
zeugungsfähige Alter erreichen. Für den Albinismus macht sich
die familiäre Natur der Affektion dadurch geltend, dass dieselbe gewöhn¬
lich bei mehreren Geschwistern auftritt.
Otto Sachs (Wien).
Die Erzielung von Analgesie auf endermatischem Wege. Von
L. Fürst. Dermat. Zeitschr. No. 11, 1905.
In sehr schwierigen und komplikationsreichen Fällen von Gelenks-
rheumatismus hat sich F. die endermatische Anwendung der Salicylsäure
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(Einreiben oder Einstreichen mit der Hand oder einem weichen Pinsel)
sehr bewährt. Als bestes Mittel zeigte sich eine Mischung von Methyl-
Salicylat und Menthol aa 10,0 und Lanolin 12,0, die unter dem Namen
Benguös Balsam bekannt ist. Auch weitere Versuche bei Muskel-
rheumatismus, verschiedenen Neuralgien, Ovarialgie, Coccygodynie und
bei schmerzhaftem Ulcus ventriculi haben F. sehr befriedigt.
von Hofmann (Wien).
Experimentelle Untersuchungen über den Verbrennungstod. Von
Eijkman u. von Hoogenhuyze. Virchow’s Archiv, Bd.CLXXXT1I,
3. Heft.
Der Tod kann infolge Ueberhitzung des Blutes durch Herzp&ralyse
ein treten, Zerstörung der roten Blutkörperchen ist jedenfalls nicht die
wichtigste Todesursache nach Verbrennungen. Dagegen entstehen in
der Haut bei Verbrennungen Gifte, die, ins Blut gelangt, den Tod
herbeiführen. Die Verbrühung des Muskelgewebes erzeugt nicht solche
Gifte wie die der Haut. Bernh. Fischer (Bonn).
Ueber das Schicksal subkutan injizierter Substanzen, insbesondere
des Paraffins. Von K. Sakurane. Arch. f. Denn. u. Sypb.
LXXX. Bd., 3. Heft, 1906.
1. Dem Patienten war wegen Sattelnase eine Injektion mit Paraffinum
solidum in den Nasenrücken gemacht worden. 2 Jahre später konnte
man in einem luetischen Infiltrat der Stirn Paraffinkügelchen nachweisen.
2. Der 25 jährige Patient hatte vor mehreren Jahren zahlreiche
Injektionen mit unlöslichen, in Paraffin, liqu. suspendierten Quecksilbet-
Präparaten erhalten. 2 Jahre später fand man in beiden N&tes harte
tiefsitzende Tumoren, welche aus schwieligem Bindegewebe und da¬
zwischen eingesprengten leichten Zellinfiltraten und mehreren Hohl¬
räumen bestanden. In den Hohlräumen fanden sich Beste von Paraffin,
liquidum. von Hofmann (Wien).
Beiträge zur Kenntnis der idiopathischen Hautatrophie. Von
P. Busch. Arch. f. Denn, und Syph. LXXX. Bd., 1.—3. Heft.
1906.
B. kommt zu folgenden Schlüssen:
1. Die unter dem Namen der diffusen und zirkumskripten Haut¬
atrophie, des Erythema paralyticum, der Erythromelie, der Acroderma¬
titis chronica atrophicans und der Erythrodermie pityriasique en plaque*
disseminöes beschriebenen Krankheitsbilder sind nosologisch zusammen¬
gehörig.
2. Ihrer Genese liegt ein Komplex chronisch-entzündlicher und
atrophisierender Vorgänge zugrunde.
3. Entzündung und Atrophie sind als koordinierte, bis zu gewissem
Grade voneinander unabhängig verlaufende Prozesse aufzufassen.
4. Vom klinischen Standpunkte lassen sich, je nachdem die atro¬
phischen oder die entzündlichen Vorgänge dominieren, zwei Formen unter¬
scheiden.
5. Das konstanteste Symptom aller dieser Formen bildet eine wohl
zum grössten Teil auf Gefässdilatation beruhende Hautrötung.
6. Die Erkrankung scheint in jedem Falle das ganze Lieben hin-
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durch zu persistieren, zeigt aber klinisch Remissionen und Exazer¬
bationen der atrophischen, bzw. der entzündlichen Veränderungen.
7. Es war bisher weder eine vollständige Rückbildung der einmal
entwickelten Krankheitserscheinungen, noch ein echtes Abheilungsstadium
(Karbe) mit Sicherheit festzustellen. von Hofmann (Wien).
lieber idiopathische Hautatrophie und Sklerodermie. Von P. Rusch.
Dermat. Zeitschr. Bd. XHL, Heft 11, 1906.
R. erörtert an der Hand einschlägiger Falle eine Reihe von Be¬
ziehungen, die zwischen idiopathischer Hautatrophie und Sklerodermie
bestehen. Im ersten Falle handelte es sich um eine 55 jährige Patientin,
bei welcher ausgedehnte idiopathische Hautatrophie bestand. Gleichzeitig
fanden sich rechts in der Gesässgegend ein grösserer und mehrere
kleinere Sklerodermieherde. Dieselben zeigten die Tendenz, langsam in
Hautatrophie überzugehen. Der zweite Patient, ein 44jähriger Mann,
zeigte an der rechten Hälfte des Stammes mehrere atrophische Haut¬
partien, welche streifenförmige Gestalt und scharfe Begrenzung zeigten
und auch auf Grund des anatomischen Befundes als atrophisches Stadium
zirkumskripter bandartiger Sklerodermie angesehen werden mussten.
von Hofmann (Wien).
Ein Fall von diffuser symmetrischer Fettgewebswucherung. Von
Koch. Deutsches Archiv für klinische Medizin, LXXXIV. Band.
Mitteilung eines Falles von Fettgewebswucherung am Oberarm,
Brust, Bauch und Rücken bei einem 38 jährigen Patienten, der 3 Jahre
vor seiner Erkrankung bei einem Neubau 3 Stockwerke tief herab¬
gefallen war und neben mehreren Frakturen auch eine starke Prellung
der Wirbelsäule erlitten hat. Verfasser führt die Entstehung der patho¬
logischen Fettgewebsentwicklung auf die Verletzung des Rückenmarks
zurück, da die auffallende Symmetrie der Verbreitung ihn direkt auf
eine zentrale Ursache hinzuweisen scheint. Raubitschek (Wien).
Ueber Nekrose des Bauch-Fettgewebes. Von Eugen Pölya.
Budapesti Orvosi Ujsäg, 1906, No. 29.
Im Anschluss an 7 bezügliche Fälle, die er in der Abteilung des
Prof. Herczel beobachtete und von denen bei 5 Fällen die Fett-
gewebsnekrose anatomisch bestätigt war (1 Fall war durch Operation
geheilt), bei 2 Fällen aber (spontane Heilung, einer durch Perforation
nach aussen, der andere durch Resorption) nur die klinischen Umstände
die Diagnose wahrscheinlich machten, befasst sich Verf. mit der Ana¬
tomie, Pathogenese, Symptomatologie und Therapie dieses Krankheits-
prozesses. Bezüglich des Wesens der Fettgewebenekrose erwies sich
die Langerhans’sche Auffassung als wahrscheinlich, der zufolge der
Prozess in einer Zersetzung des in den Fettzellen sich befindenden
Fettes besteht, wobei sich die Fettsäuren mit Kalksalzen verbinden.
Von den zahlreichen Theorien bezüglich der Genese des Prozesses
kommen bloss zwei ernstlich in Frage: die Bakterien- und die Ferment-
theorie. Für die Bakterientheorie sind weder positive noch negative
Beweise vorhanden. In positiver Richtung fehlen die Beweise, denn es
gelang einmal nur selten, Bakterien in den fettnekrotischen Herden nach-
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zuweisen, und dann waren es sehr verschiedene Arten, und zweitens war
es nicht möglich, die sekundäre Einwanderung dieser Bakterien vom
entzündeten Peritoneum aus oder das Auftreten derselben als Kadaver-
Symptom auszuschliessen. — In negativer Sichtung waren die Beweise
auch nicht massgebend; denn einmal wäre es annehmbar, dass gleich*
zeitig mit der Fettgewebsnekrose auch die eine Pankreaserkrankung
Jhervorrufenden Bakterien infolge des sekundären Austrittes des Pankress¬
saftes durch die allgemein bekannte bakterizide Wirkung derselben zu¬
grunde gehen; ferner sprechen auch dagegen der ständige Mangel der
Entzündungssymptome in der Mitte fettnekrotischer Herde und die evi¬
dent demarkierende, eliminierende Bedeutung der an den peripheren
Teilen sich zeigenden Entzündungsprozesse. Demgegenüber bekräftigen
die Pankreastheorie folgende Umstände: 1. jene Tierexperimente, die
beweisen: a) dass der Pankreassaft imstande ist, die für die Fettnekrose
charakteristischen Veränderungen hervorzurufen; b) dass diese Verände¬
rungen stets durch das lipolytische Ferment des Pankreassaftes hervor¬
gerufen werden; c) dass diese Veränderungen nur in jenen Fettgewebe-
partien entstehen, die mit dem lipolytischen Ferment des Pankreas direkt
in Kontakt geraten. 2. Das Nest der Krankheit ist immer um das
Pankreas herum. 3. Die Krankheit steht beinahe ständig mit Pankreas¬
verletzungen oder schweren Erkrankungen des Pankreas (Pankreasnekrose,
Blutung, akuter Pankreatitis) in erster Linie in Zusammenhang. 4. Auch
die Ausnahmsfälle, bei denen eine solche Erkrankung des Pankreas nicht
nachweisbar ist, sind mit der Fermenttheorie in Einklang zu bringen.
Zur lipolytischen Wirkung des Pankreassaftes ist es nötig, dass
derselbe zu dem Bauchfettgewebe in direktem Kontakt gelange, dies
kann bei Rupturen des Pankreas, bei Duodenumperforationen (ein solcher
Fall wurde beobachtet) und bei den obengenannten Erkrankungen des
Pankreas entstehen. Beim Zustandekommen spielt die Selbstverdauung
des Pankreas allerdings eine wesentliche Rolle; ein kaum gehörig ge¬
würdigtes, physiologisches Moment ist hierbei, dass der Pankreassaft im
Ductus Wirsungianus bloss das Proferment des Trypsins enthält, und es
ist möglich, dass der Schlüssel der dunklen Punkte der Pathogenese
eben darin liegt, dass der Pankreassaft innerhalb des Pankreas eiweiss¬
verdauungsfähig ist.
Prädisponierende Zustände und Erkrankungen zur Fettgewebsnekrose
bilden: Endarteriitis, Herzkrankheiten, Anämie, Oboesitas, Alkoholismus.
Geburt und Cholelithiasis.
Die Symptomatologie fällt anfangs mit den Symptomen der akuten
Pankreaserkrankungen, später mit denen einer Eiteransammlung in der
Bauchhöhle zusammen; in seinen Fällen beobachtete Verf. typische bur-
salen, ferner pericholecystitischen, lumbalen, appendikulären Eiterans&mm-
lungen entsprechende Exsudate. Die Therapie besteht in möglichst früh¬
zeitigem operativem Eingriff. J. Honig (Budapest).
Un cas de tumeur gazeuse sus- et sous-claviculaire. Von A. Chauf-
fard und L. Laederich. La semaine medicale 17. Mai 1905.
Nr. 20.
Im Verlaufe eines Falles von Lungentuberkulose mit Cavernenbildung
in der rechten Spitze beobachteten die Verf. das intermittierende, ins-
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279
besondere nach heftigem Husten und körperlicher Anstrengung deutliche
Auftreten zweier untereinander kommunizierender, lufthaltiger tumor¬
artiger Bildungen über und unter der rechten Clavicula. Sie geben eine
aemlich genaue Beschreibung der klinischen Verhältnisse, erörtern die
Differentialdiagnose zwischen Lungenhemie, Laryngo- und Tracheocele
and kommen schliesslich zu dem Resultate, dass es sich wahrscheinlich
um eine auf Grund der Tuberkulose entstandene Perforation an einer
schwer bestimmbaren Stelle des Respirationstraktes (unterster Tracheal¬
abschnitt oder Lungenspitze) handeln dürfte, die zur Bildung eines
encystierten Emphysems geführt hat. A. Götzl (Wien).
Chronische Eiterung an den Fingern mit Ablagerungen von kohlen-
s&urem Kalk. Von Dr. Th. Dun in. Mitteilungen aus den Grenz¬
gebieten der Medizin und Chirurgie. XIV. Bd., 4. Heft.
Veröffentlichung zweier fast identischer Fälle einer bisher nicht
beschriebenen pathologischen Veränderung an den Fingern. Sie beginnt
mit Stechen in den Fingerspitzen, worauf gelbe, mit Epidermis bedeckte
Stellen erscheinen, die oft zusammenfliessen und brettharte, auf Berührung
flicht schmerzhafte, stark glänzende Infiltrationen bilden. Entweder
bleiben die gelblichen Knötchen bestehen, oder es werden nach Platzen
der Epidermis kleine Steinchen frei. Die Konkremente wurden vom
Verf. erst für Harnsäure gehalten, eine später vorgenommene Unter¬
suchung ergab beim Einstich einer frischen Stelle Eiter, in dem zahl¬
reiche Kristalle von kohlensaurem und phosphorsaurem Kalk enthalten
waren. Die Krankheit dauert jahrelang und weist periodische Rückfälle
«rf. Ob die Eiterung das Primäre ist oder ob erst die Ablagerung der
Kalksalze eine reaktive Entzündung zur Folge hat, ist unsicher, doch
spricht für letztere Ansicht der Umstand, dass der im ersten Falle
untersuchte Eiter steril war. Victor Bunzl (Wien).
Ueber originäre Kuhpocken beim Menschen. Von E. Vollmer.
Arch. f. Derm. u. Syph., Bd. LXXXH, H. 1, 1906.
Bei der 18 jährigen Patientin, welche Kühe zu melken hatte und
an aufgesprungenen Händen litt, entwickelte sich am rechten Hand¬
rücken eine Anzahl typischer Vaccinepusteln. Das Allgemeinbefinden
war ungestört bis auf leichtes Frösteln. Rasche Heilung nach Ver¬
schorfung der einzelnen Pusteln mit dem Pacquelin, doch entwickelte
sich 8 Tage nach der Pacquelinisierung ohne Allgemeinerscheinungen
ein erythematöser Ausschlag der Brust und des Rückens.
von Hofmann (Wien).
Ueber den Zusammenhang von Hydroa aestivale und Hämatopor-
phyrinurie. Von P. Lins er. Arch. f. Derm. u. Syph., Bd. LXXIX,
1906.
Bei dem 44 jährigen an Hydroa aestivale leidenden Patienten liess
sich während des Spitalsaufenthaltes im Winter sowohl durch Röntgen¬
bestrahlung der Hände als auch durch Bestrahlung mit ultraviolettem
lacht Hämatoporphyrinurie bervorrufen, während heisse Luft und ge¬
wöhnliches rotblaues Licht keinen wesentlichen Einfluss hatten.
von Hof mann (Wien).
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280
Bin Fall von Elephantiasis. Von Heidenhain. Denn. Centr&lbL,
No. 12, 1906.
. •
Bei der 68jahrigen Patientin bestehen seit 12 Jahren zunehmende
Lähmungserscheinungen der Extremitäten und Atrophie derselben. Beide
sind elephantiastisch verdickt, mit je einer XJlceration von der Rückseite.
von Hofmann (Wien).
Sclerodermie diffuse. Traitement thyroldien. Garrison. Von
Menetrier. Bull, et m£m. de la Soc. m6d. des hop. de Paris,
No. 23, 1905, p. 605.
Eine 5 monatliche Behandlung mit 2 g frisoher, roher Hammels-
Schilddrüse hatte eine Besserung einer besonders die Oberextremitäten
betreffenden Sklerodermie zur Folge. Die früher eingeschränkte Bewegungs¬
freiheit der Arme kehrte zurück. Bemerkenswert ist es, dass ein be¬
stehendes organisches Herzleiden durch die Schilddrüsenverabreichung
keine Beeinträchtigung erfuhr und das Körpergewicht um 3 kg zunahm.
Fritz Tedesko (Wien).
Myxo&dema following exopbthalmic goitre. Von N. B. Foster.
Amer. Journ. of the Med. Sciences. April 1905.
Fälle von „Hyperthyrea u mit nachfolgender „Athyrea“ wurden von
Krafft-Ebing, Felin, Fauer und Osler berichtet. In dem vor¬
liegenden Falle handelte es sich um eine 57 jährige Frau, welche seit
7 Monaten an Basedowsymptomen, seit 6 Monaten an Gedächtnisschwäche,
Erbrechen und Appetitlosigkeit litt. Sie erbrach mehrmals täglich sehr
reichliche, stark übelriechende Massen, nach Angabe des Arztes eines
Tages 4 1 / a Liter. Die Schilddrüse ist nicht vergrössert, die Augen
normal, die Pulszahl 100. Leichtes Oedem der Füsse, Patellarreflexe
gesteigert. Nach Darreichung von Thyreoidextrakt Besserung und Ver¬
schwinden des stupiden Ausdruckes. Schwäche und geistige Depression,
Diarrhöen, Bauchschmerzen, leichte psychische Störungen.
Karl Fluss (Wien).
Exploration des fonctions rän&le, intestinale et häpatique che* un
myxcedömatenx. Von Marcel Garnier und Lehret. Bull, et
möm. de la Soc. m6d. des höp. de Paris, No. 29, 2* November 1905,
p. 797.
Obwohl die Nieren, Darm und Leber des 46 jährigen, seit 3 Jahren
an typischem Myxödem erkrankten Mannes bei oberflächlicher Prüfung
in ihren Funktionen keine Abweichung von der Norm darboten, traten
bei Anwendung spezieller Untersuchungsmethoden doch grobe Funktions¬
störungen zutage.
So wurde subkutan injizierte Methylenblaulösung verspätet und in
langer Dauer (48 Stunden nach der Injektion) im Harne ausgeschieden.
In gleichem Sinne erwies sich die Darmtätigkeit gestört. Die mangelnde
Leberfunktion bewirkte das Eintreten einer alimentären Glykosurie. Eine
spezifische Therapie hatte neben einer bedeutenden subjektiven Besserung
auch das Schwinden der funktionellen Insufficienz der genannten Organe
zur Folge.
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Fritz Tedesko (Wien).
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A case Of myxoedema. Von Thomas Fraser. Brit. Med. Journ.
з. Marz 1906.
42 Jahre alter Tagelöhner, das 6esicht kongestioniert, stumpfer
Gesichtsausdruck, gerunzelte Stirne, die Lippen aufgeworfen, breite
Zunge, Doppelkinn. Die Haut trocken, verdickt, schuppend. Der
Nacken massiv, Hände und Finger sowie Füsse und Zehen breit und
verdickt. Haare spärlich, doch reichlicher als im Beginne der Er¬
krankung. Herztätigkeit und Respiration verlangsamt, Gehimtätigkeit
träger, Temperatur herabgesetzt, zeitweise Krämpfe. Die Krankheit
bestand seit 8 Jahren. Die Behandlung wurde eingeleitet mit Thyreoidin-
tabletten. In wenigen Wochen verschwanden alle Symptome und das
Gewicht nahm bedeutend ab. Patient nahm die Tabletten durch mehrere
Jahre und befand sich nahezu in einem normalen Zustande. Infolge
hindernder Umstände setzte er sodann durch 3 Monate die Behandlung
aus und 14 Tage später schon zeigten sich neuerdings das Gefühl von
Kälte, erschwerte Sprache, Schwellung des Gesichtes und in weniger als
2 Wochen bestand das völlig ausgeprägte Bild des Myxödems.
Herrnstadt (Wien).
Gonococcie mötastatique de la pe&u (angiodermite suppurräe & gono-
coques). Von Ch. An dry. Ann. d. Denn, et Syph., No. 6, 1905.
Bei dem 19 jährigen Patienten stellten sich 8 Tage nach Beginn
eines Trippers Polyarthritis sowie ein scharlachartiges Exanthem ein,
welches nur die Hände und Füsse freiliess. Dieses Exanthem war unter
Behandlung mit Kaliumpermanganatspülungen nach 4 Tagen verschwunden,
doch zeigte sich jetzt ein polymorphes Erythem an einem Fusse, aus
welchem sich Eiterbläschen entwickelten, in welchen Gonokokken nach¬
weisbar waren. von Hofmann (Wien).
Heliotherapie der Psoriasis. Von M. Joseph. Dermat. Centralbl.
No. 12, 1906.
Bei einer 35 jährigen Dame, welche einen Sommer 5 Wochen in
einem Nordseebade verbracht hatte, stellte sich an den Stellen, welche
einer durchbrochenen Bluse entsprachen, ein Hautausschlag ein, der
zunächst für Erythema solare gehalten, von J. aber als Psoriasis er¬
kannt wurde. J. rät daher zur grössten Vorsicht in der Empfehlung
der Sonnenbäder bei Psoriasis. von Hofmann (Wien).
Ein Fall von Epidermolysis bullosa hereditaria und seine Reaktion
auf Röntgenbestrahlung. Von F. R. M. Berger. Arch. f. Denn.
и. Syph. 1906. Bd. LXXX, Heft 1.
Es handelte sich um einen 6 jährigen Knaben, bei welchem bald
nach der Geburt Blasen an verschiedenen Körperstellen aufgetreten
waren. Die Blasenbildung bestand seither imunterbrochen fort. Es ge¬
lang B., durch zweimaliges 7 Minuten dauerndes Bestrahlen der er¬
krankten Partien den Prozess zur Heilung zu bringen.
von Hofmann (Wien).
Ueber Tuberosis cutis pruriginosa. Von H. Hübner. Arch. f.
Derm. u. Syph. LXXXI. Bd., 2. u. 3. Heft 1906.
Bei einem 72 jährigen Pat., welcher seit 45 Jahren an Hautjucken
litt, das zur Bildung knotiger Exkrescenzen geführt hatte, fand sich
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ein grosses Geschwür am rechten Unterschenkel, welches, wie die Probe¬
exzision ergab, sich als Karzinom erwies. Die Amputation wurde ver¬
weigert. Das Krankheitsbild ist gegenüber der Urticaria perstans durch
den primären Pruritus mit sekundären Hautefflorescenzen vom Typus
entzündlicher Neubildungen genügend charakterisiert.
von Hofmann (Wien).
Urticaria depressa. Von H. Vorn er. Dermat. Zeitschr. Heft 10,
1906.
Bei dem Pat. hatte sich angeblich nach Genuss schlechten Käses
ein landkartenartig begrenztes intensiv rotes Exanthem eingestellt, welches
besonders an den Vorderarmen, am Hals und in der Gürtelgegend lokali¬
siert war. Charakteristisch war, dass die Krankheitsherde einige Milli¬
meter unterhalb des Niveaus der gesunden Haut lagen. Das Exanthem
verschwand in kurzer Zeit. von Hofmann (Wien).
A case of acute septic pemphigus. Von G. W. Crary. Journ.
of cut. diseas. Jan. 1906.
Bei einem Neugeborenen stieg die Temperatur plötzlich am 3. Tage
auf 104° Fahrenheit, um rasch wieder etwas unter die Norm abzusinkeu.
2 Tage später entwickelten sich Blasen in der Umgebung des Mundes,
welche sich später über das ganze Gesicht, Nacken, Brust und Arme
ausbreiteten. 18 Tage nach Auftreten der Hautläsion starb das Kind.
Bei der Sektion fand man beiderseitige Bronchopneumonie, fettige
Degeneration der Leber, parenchymatöse Degeneration der Nieren und
einen Abscess im Nabelstrang. Aus dem Blute und den erkrankten
Organen konnten Staphylokokken gezüchtet werden.
von Hofmann (Wien).
Zur Lehre des Lichen ruber pemphigoides. Von Trautmann.
Dermatol. Zeitschrift, Bd. XIII, Heft 5.
Verf. teilt einen Fall von Lichen ruber planus, der einen 26 Jahre
alten Gutsbesitzerssohn betrifft, mit. Der Ausschlag begann am linken
Handrücken in Form von polygonalen, wachsartig glänzenden, gedellten.
bläulichroten Knötchen, die sich dann auf den ganzen Körper mit Aus¬
nahme des Halses und Gesichtes, am stärksten auf der Brust und dem
Bücken ausbreiteten. 2 Monate später traten an beiden Unterschenkeln
pralle Blasen auf, die beim Einstechen ein dünnflüssiges, schwach gelb¬
liches Sekret entleerten. Auf der Haut der beiden Oberarme sowie, der
Unterschenkel waren verschiedene scharf umschriebene, geschwellte,
erythemartige Flecken. Auf der Schleimhaut der Lippen sowie der¬
jenigen der Nase zeigten sich ebenfalls Blasen.
Nach Besprechung der einschlägigen Literatur kommt der Verf. zu
dem Schlüsse, dass nach dem ganzen Beobachtungsfalle für das Zustande¬
kommen der atypischen Blasenform beim Lichen ruber planus eine
äussere Irritation, wie Kratzen, Beiben, Druck, chemischer äusserer
Beiz, bei der Steigerung der Entzündungsintensität eine ursächliche Bolle
spielen dürfte. Die Affektion geht mit Fieber und heftigem Jucken
einher, in therapeutischer Hinsicht bleibt Arsen das souveräne Mittel.
Otto Sach8 (Wien).
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HL Bücherbesprechungen.
Contribution k l’ätude des hernies ombilicales dites congenitales.
Hernies des nouveau-n£g et des enfants. Von Eobert Lacasse.
Thäse pour le doctorat en medecine, Paris, G. Steinheil 1906.
Autor kommt zu folgenden Schlüssen: Die sogenannte Nabelhernie
der Neugeborenen ist eine acquirierte Anomalie. Sie zeigt sich häufiger
bei Knaben als bei Mädchen. In der grössten Mehrzahl der Fälle tritt
sie innerhalb der ersten zwei Wochen nach Abfall der Nabelschnur auf.
Als häufigste, wenigstens prädisponierende Ursachen findet sich entweder
eine kongenitale Aplasie (frühzeitige Geburt) oder ein acquiriertes Moment
(schlechte Emährungsmethoden). Die Prognose ist im allgemeinen
günstig, doch abhängig vom allgemeinen Entwicklungszustand des Kindes.
Die Tendenz zur Spontanheilung gestattet den Versuch einer Nabel¬
bandage; je einfacher diese ist, desto besser. Eine interkurrente Kom¬
plikation indiziert jedoch chirurgisches Eingreifen, das in Radikaloperation
— nur im 3.—4. Jahr in Betracht kommend — zu bestehen hat.
Neurath (Wien).
Die Lehre von der Krebskrankheit von den ältesten Zeiten bis
zur Gegenwart. Von J. Wolff. Verlag von Gustav Fischer,
Jena 1907.
747 Seiten langes Werk, welches sehr ausführlich die Entwicklung
der Krebslehre von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart in interessanter
Weise behandelt, jedoch zu inhaltsreich ist, um hier in Kürze wieder¬
gegeben zu werden. — Der erste Abschnitt bespricht die Theorie der
„Atra bilis“ bis zur Zeit der Renaissance, der zweite die Lymphtheorie
(Ende des 17. und 18. Jahrhunderts), der dritte die Blastemtheorie und
den Einfius8 der Eindeckung der Zelle auf die Krebslehre, der vierte
die Bedeutung der Cellularpathologie für diese Lehre, der fünfte die
Bestrebungen zur Lösung des Problems der Aetiologie des Krebses
durch die Embryonaltheorien (Boll, Cohnheim, Bibbert), der
sechste die Zelltheorien (Hansemann), der siebente und letzte endlich
die parasitären Theorien.
Sehr vollkommene Literaturangaben.
Schrumpf (Strassburg).
Travaux de Chirurgie anatomo-clinique. Von Henry Hartmann.
3 me sörie. Chirurgie de Tintestin. 153 Fig. im Text. Paris, Stein¬
heil 1907.
Verf. behandelt vom chirurgisch-topographischen Standpunkt mit
Hilfe seiner Assistenten Lecene und Okinczyc die Eingeweidelehre
an der Hand seines grossen klinischen und poliklinischen Materials aus
der Zeit vom 1. März 1903 bis 1907. Er beginnt mit der Auf¬
zählung der ausgeführten Operationen am Urogenital - Apparat mit
4 Nephrotomien bei Pyonephrose, die alle zur Ausheilung gelangten,
2 Nephrektomien wegen Tuberkulose, 3 Cystostomien bei Prostatikern,
6 Cystotomien, teils wegen Blasensteinen, teils wegen Geschwülsten und einer
teilweisen Cystostomie wegen einer grösseren Geschwulst. Neben 5 Litho-
tripsien mögen noch 11 Prostatektomien und 46 interne Urethrotomien
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erwähnt sein. Der weibliche Urogenit&l&ppar&t gab zu 111 Operationen
mit 6 Todesfällen Veranlassung. Von 117 Operationen am Verdauungs-
traktus müssen 4 Gastrostomien (mit 2 Todesfällen) und 27 Gastro¬
enterostomien (mit 4 Todesfällen hervorgehoben werden. Demgegenüber
fällt die geringe Zahl von 12 Appendicektomien auf. Der genaueren Be¬
schreibung von 466 Operationen geht eine Mortalitätsstatistik von
30 Fällen voraus, unter welchen sich 2 hintere und 2 vordere Gastro¬
enterostomien, eine mit Circulus vitiosus am 6. Tage p. op. befindet.
Bei der Anastomosenbildung sowohl unter Darmschlingen als auch mit
dem Magen glaubt Verf. seine guten Resultate den jetzt allgemein an¬
erkannten Grundsätzen zu verdanken. Dazu rechnet Verf. in erster
Linie „das Operieren ausserhalb des Leibes“ auf einer Unterlage
von sterilisierten Kompressen; um dieses bei normal fixierten Darmteilen
(Rectum z. B.) ausführen zu können, geht er besonders vor (s. u.). Als
Hilfsmittel, den Austritt von Darminhalt zu vermeiden, führt Verf. in
9 Figuren die bekannten Darmkompressorien auf, darunter auch das
von Gussenbauer und Küster, er selbst benützt das Modell von
Doyen, er näht die Anastomosen mit zweireihiger Knopfnaht, eine
durch Serosa, Muscularis und Schleimhaut, dann Lembert-Naht, die als
Anfangsnaht auch fortlaufend angelegt wird. Die verschiedenen sonstigen
sehr komplizierten Nahtmethoden (z. B. Mannsell) siehe pag. 26 des
Originals; ebenso kommt der Murphy-Knopf zu seinem Recht, der
in Amerika und Deutschland noch die meisten Anhänger haben soll.
Zur Orientierung für die Isoperistaltik genügen nur die beiden festen
jederzeit anatomisch bestimmbaren Punkte: die Duodeno-Jejunalschlinge
und die letzte Ileumschlinge am Coecum. Die zirkuläre Darmnaht findet
in ausgezeichneten Bildern ihre Beschreibung, die Naht des Mesenteriums
ist dabei stets berücksichtigt. Für die Colo - Rektostomie, die man
schwer „ausserhalb des Leibes“ ausführen kann, empfiehlt er vom Anus
aus den einen Teil des Murphy-Knopfes auf einem von Lardennois
(Reims) dafür konstruierten „Knopfträger“ hoch herauf führen zu lassen,
da so die Ausführung der Anastomose bedeutend erleichtert würde.
Bei den Magen-Darmanastomosen werden die Methoden von K o e h n und
Sonnenburg an der Hand genauer Abbildungen (auch Querschnitten)
gebührend gewürdigt und an eigenen Resultaten erläutert, so auch der
eine Fall von Circulus vitiosus.
In dem Kapitel der DarmauBschaltung und ihrer Technik geben
13 Figuren über die verschiedenen Möglichkeiten des auszuführenden
Eingriffes schematisch Auskunft. Die Interposition eines Stückes des
Ileums an Stelle eines resezierten Colon descendens-Stückes verdient dabei
hervorgehoben zu werden. Die Resultate der Darmausschaltungen stehen
unter dem Drucke, dass es sich meist um krebsartige Erkrankungen
handelt, bei welchen die Kranken nicht mehr genügend Widerstands¬
kraft besitzen.
Okinczyc gibt in den folgenden Kapiteln eine ausführliche Mono¬
graphie des Colons (ascendens, transversum und descendens), die jedem,
welcher sich mit diesem Teile der Intestina chirurgisch beschäftigen
will, dringend zur Durchsicht im Original anempfohlen werden muss.
Nachdem der Verf. alles, was in bezug auf die Lage des Colons irgend¬
wie in Betracht kommt, die Aufhängebänder an Leber und Milz in
Varietäten beschrieben hat, geht er zur GefässVerteilung über und schil-
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dort diese in ihren Varianten. Dann folgen die Morphogenese des Colons
und Tierversuche zur Feststellung der Ernährungsverhältnisse des Colons
durch das Mesocolon, und zwar zunächst durch arterielle Unterbindung,
dann durch vollständige Durchtrennung. Er kommt zu dem Schlüsse,
dass intestinale Gefässe auf gewisse Strecken die Ernährung aufrecht
erhalten können, auch wenn die Arkadengefässe im Mesocolon sicher
getrennt sind. Die Besprechung der Venen und Lymphgefässe des
Öesamtcolons bildet den Schluss, an welchen sich aus gleicher Feder in
vollendeter Genauigkeit eine pathologisch-anatomische und eingehend die
gesamte Literatur berücksichtigende klinische Studie der Colon¬
geschwülste anreiht. Sie bildet eine Arbeit für sich und kann im
Sabinen eines Referates nicht die Würdigung finden, welche sie verdient.
Unter den funktionellen Störungen, die auf einen Colontumor
«bliessen lassen, hebt Verf. unregelmässige Stühle als Hauptsymptom
hervor, die er, wenn nicht in allen, so doch in fast allen Fällen beob¬
achtete. Diesem Symptom folgt entweder Obstipation, oder Obstipation
abwechselnd mit Diarrhöe, oder was seltener, nur die letztere, ohne dass
mit Opium irgendeine Aenderung herbeizuführen ist (vgl. Ewald, Berl.
Min. Woch. 1903, p. 1093 u. 1131). Blut im Stuhl bestärkt die
Diagnose, es braucht im Laufe der ganzen Erkrankung nur ein einziges
Mal aufgetreten zu sein. Schön erhaltene und plastisch gut wieder¬
gegebene Präparate, welche von Hartmann gewonnen sind, unter¬
brechen den mit genauen Krankengeschichten versehenen Text. Lange
Beobachtungen vor der Operation führen dem Leser eine wechselnde
8ymptomenreihe vor Augen, die auch tageweise palpatorisch sich ändern
kann, bis der Tumor als solcher an derselben Stelle persistiert und dort
«ntweder bimanuell oder mit Hilfe der Sigmoidoskopie, der Insufflation
oder nach Einlegung von Sonden mit Röntgenstrahlen in seinem Sitz
näher bestimmt wird. — In einem besonderen Kapitel fasst Hartmann
die chirurgische Behandlung des Colonkrebses zusammen und betont,
dass manche jetzt mit einzeitigen Operationen mehr erreichen als früher
in zwei und mehr Zeiten. Diese Wandlungen habe das Ausland ebenso
durchgemacht. Von präsumptiven Schutzmassregeln bei Beginn der
Operation, also Kochsalzlösung-Injektionen oder Pferdeserum zur Hyper-
leukocytose, macht er keinen Gebrauch, er meint, so ebensoweit zu
kommen. Die Ausführung des Anus praeternaturalis in Gestalt der
zweizeitigen Coecumpunktion nach ca. 10 Stunden und die Appendicostomie
finden als Voroperationen ihre Besprechung, sodann die Entero-Anasto-
mose mit Ausschluss des erkrankten Darmteils. Für die Exstirpation
eines Colontumors finden wir 4 grosse schematisch gehaltene Abbildungen,
welche die verschiedenen Stadien der Operation, wie Hartmann sie macht,
berücksichtigen: Weite Herauslagerung der Colonschlinge mit Tumor, Ver-
nahung des Mesocolons, geringe Rücklagerung und teilweise Bauchnaht,
Abtragung der Geschwulst und Stehenlassen eines längeren zuführenden
Endes zur Einlegung eines grossen Glasrohres, Verschluss des ab¬
führenden Colonstumpfes. Das Glasrohr fällt nach 5—6 Tagen ab, es
folgt dann in ca. 3 Wochen der Verschluss des arteficiellen Anus, was
genau beschrieben wird. Den Schluss des Werkes bildet eine ausführ¬
liche Abhandlung Lecöne’s über die Dünndarmsarkome mit guten
Abbildungen, die durch die Ausnahme die Regel bestätigen, dass Sar¬
kome nicht stenosieren. 4 Abbildungen zeigen den mikroskopischen
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Bau mit Einschluss der Mesenterialdrüsen. Ausser der chirurgischen
Behandlung, die nichts Neues bietet, folgen eigene Beobachtungsfalle mit
teilweiser Wiederholung derselben Abbildungen. Auch im übrigen Text
finden wir wiederholt dieselben eine halbe Seite einnehmenden Ab¬
bildungen; so sind Fig. 110 u. 119, Fig. 115 u. 129, Kg. 138 u. 149,
Fig. 136 u. 148, Fig. 142 u. 150 eine und dieselbe. Es zeigt, dass an
der Austattung nicht gespart ist, aber nicht jeder Herausgeber gestattet
sich diesen Luxus. A. v. Bardeleben (Bochum).
Handbuch neuerer Arzneimittel. Von Otto von Lengerken.
659 pag. Verlag von Johannes Alt, Frankfurt a. M. Preis 13,60 M.
Ein imponierendes Werk, das die ganz ausserordentliche Reich*
haltigkeit der zur Anwendung gelangenden Medikationen vor Augen
führt. Der Verf. hat sich durch diese Zusammenstellung unzweifelhaft
ein wesentliches Verdienst erworben.
Das Buch zerfällt in zwei Teile. Im ersten behandelt der Verf.
die neueren Arzneistoffe eingehender und ziemlich gleichartig unter be¬
sonderer Berücksichtigung medizinischer Gesichtspunkte.
Der zweite (umfangreichere) Teil bringt — alphabetisch geordnet
— alle anderen Arzneistoffe. Bei jedem Medikament sind ausser mög¬
lichst kurzen pharmakologischen Bemerkungen noch Preis, Dosis und
Anwendungsweise angegeben.
Trotz knappstem Drucke und grossem Format des Werkes umfasst
dieser Teil mehr als 550 Druckseiten. Dabei ist zu berücksichtigen,
dass auf ein Präparat nur einige Zeilen des Textes entfallen.
Hermahn Schlesinger (Wien).
Les parapsoriasis de Brocq. Von A. Civatte. Thöse de Paris,
G. Steinheil, 1906.
In einem 264 Seiten fassenden Buche geht Civatte von einem
historischen Ueberblicke der von Brocq unter dem Namen Parapso¬
riasis zusammengefassten Gruppe von Dermatosen aus und bespricht im
ersten Abschnitte desselben die einschlägigen Arbeiten deutscher, fran¬
zösischer, amerikanischer und englischer Autoren. In dem folgenden
2. Kapitel würdigt der Autor die klinischen Tatsachen der Parapsoriasis
en gouttes, Parapsoriasis en plaques, Parapsoriasis lichönoides an teils
eigenen, teils von Brocq gesammelten Fällen (im ganzen 15).
Das Krankheitsbild der Parapsoriasis ist ein buntes, aus kleinen,
roten, kaum schuppenden Plaques bestehend, die oft zart atrophisch sind,
mit einer bemerkenswerten Beständigkeit der Einzelefflorescenzen. Die
Lokalbehandlung ist ohne Einfluss auf die Affektion, manchmal wird sie
schlecht vertragen. Die Dauer der Erkrankung ist nicht genau be¬
grenzt und schwankt innerhalb sehr weiter Grenzen: von einigen Monaten
bis zu 15 Jahren und darüber hinaus.
Die folgenden Kapitel behandeln die pathologische Anatomie und
Diagnostik, die Aetiologie sowie die Therapie der in Bede stehenden
Krankheit.
Der 2. Abschnitt dieses Buches enthält eine genaue Wiedergabe
der von Civatte beobachteten einschlägigen Fälle und gibt seiner
Ansicht bezüglich der Aetiologie dieser Dermatose dahin Ausdruck, dass
die Parapsoriasis als eine atypische Tuberkulose der Haut anzu¬
sprechen sei.
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Im 3. und letzten Abschnitt würdigt der Autor das von den
deutschen Dermatologen gekennzeichnete Krankheitsbild der Dermatitis
nodularis psoriasiformis et Pityriasis lichenoides chronica, bespricht an¬
schliessend das von der englischen Schule beschriebene Bild der Para-
keratosis variegata und den Lichen variegatus, die Xantho-Erythrodermia
perstans Radcliffe Crocker’s, sowie die einschlägigen Arbeiten ameri¬
kanischer und italienischer Autoren.
Dem Buche sind 11 sehr gut ausgeführte Tafeln, teils Abbildungen
des Krankheitsbildes, teils histologische Details beigegeben, die den
Wert des mit ausserordentlicher Sachkenntnis und grossem Fleisse ge¬
schriebenen Buches erhöhen. Am Schlüsse desselben befindet sich ein
Literaturverzeichnis.
Civatte’s Arbeit stellt eine monographische Bearbeitung der
Parapsoriasis Brocq dar, deren Lektüre jedem Fachmanne auf das
wärmste empfohlen werden kann. Otto Sachs (Wien).
Inhalt.
I. Sammel-Referate.
T e d e s k o, F., Die neuropathischen Kno-
chenaffektionen (mit Ausschluss der tabi-
schen und syringomyelischen Arthro¬
pathien und Spontanfrakturen (Schluss),
p. 241—252.
II. Referate.
A. Appendicltis.
Klemm, P., Ueber die Aetiologie der
Appendidtis, p. 253.
Malcolm, J. D., Appendidtis and ab-
scess formation, p. 253.
Wette, Ueber Appendidtis, p. 254.
Beck, C., Ueber die Bewertung der Früh¬
symptome bei der Entzündung des Wurm¬
fortsatzes, p. 255.
Jezirski, P. V., Verhalten der Pupillen i
bei Erkrankungen des Wurmfortsatzes,
p. 255.
Klemm, P., Ueber die chronische an¬
fallsfreie Appendidtis, p. 256.
Karrenstein, Bdtrag zur Appendicitis-
firage mit besonderer Berücksichtigung
der Armeestatistik, p. 256.
Bennet, H. d., A case of appendidtis
complicated with acute obstruction of
the intestine, p. 257.
Malcol m, J. D., Appendidtis and gan-
grene of the vermiform appendiz con-
sidered as separates diseases, p. 258.
Broca, A., Chronic appendicitis and the
early diagnosis and treatment of acute
appendicitis in children, p. 259.
Malcolm, J. D., Appendiz abscess with
severe haemorrhage, p. 262.
Andrews, O. W., A case of appendicitis,
p. 262.
Ra wes, L., A note on appendicitis as a
cause of intussusception, p. 262.
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Hartmann, H., Travaux de Chirurgie
anatomo-clinique, p. 283.
Lengerken, Otto von, Handbuch
neuerer Arzneimittel, p. 286.
Civatte, A., Les parapsoriasis de Brocq,
p. 286.
Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Professor
Dr. HERMANN SCHLESINGER, Wien, I, Ebendorferstrasse 10, wird gebeten.
Man bittet, redaktioneile Zuschriften mit dem Adressensnsats „Für die Redaktion des
Centralblattes für die Grenigebiete“ versehen an wollen.
Lippert & Co. (G. Pätz’sche Buchdr.). Naumburg a. S.
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
390
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13) Bo ekel, Lumbalanästhesie mittels Stovain. Vortrag im Naturhistorischen
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17) Ders., Ueber Medullaranästhesie. Vortrag i. d. Leipz. med. Gesellschaft,
9. Mai 1905. Ref. Münchener med. Wochenschr. 1905, No. 24.
iS) Brehm, Petersburger med. Wochenschr. 1906, No. 26.
19) Brünner, Die Erfolge der Lumbalanästhesie bei gynäk. Operationen.
Vortrag L d. gynäk. Gesellschaft in München. Ref. Münchener med. Wochenschr.
1906, No. 23.
20) Busse, Die Verwendung der Morphin-Skopolamininjektionen mit Rücken¬
marksanästhesie bei gynäk. Operationen. Münchener med. Wochenschr. 1906, No. 38.
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22) Cathelin, La circulation du liquide cephalorachidien. Paris. C. Nand,
editeur 1903, No. 3.
23) Chaput, Bull, et mdm. de la Soc. de chir. de Paris I, XXVII, pag.
Ref. Centralbl. f. Chirurg. 1903, No. II.
24) Ders., ibidem pag. 451.
25) Ders., L’anaesthesie rachidienne ä la stovaine. Societe de Chirurg., 12.De¬
zember 1904.
26) C h i e n n e, Stovain als spinales und lokales Anästhetikum. Scott, med. and
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27) Colombani, Erfahrungen über Lumbalanästhesie mit Tropacocain. Wien,
klin. Wochenschr. 1905, No. 21.
28) Dandois, Ref. Centralbl. f. Chirurg. 1902, No. 9.
29) Dean, Lumbalanästhesie bei abdominellen Operationen. Brit. med. Journ.,
12. Mai 1906.
30) Deetz, Erfahrungen über 460 Lumbalanästhesien mit Stovain-Adrenalin
Münchener med. Wochenschr. 1906, No. 28.
31) Defranceschi, Erfahrungen über Spinalanalgesie. Vortrag auf der 77. Ver¬
sammlung deutscher Aerzte und Naturforscher in Meran. Ref. Münch, med. Wochen¬
schrift 1905, No. 43.
32) Ders., Weitere 200 Fälle von Lumbalanästhesie mit Tropacocain.
33) Dichiason, New York. med. Record, 7. Februar 1903.
34) Dönitz, Cocainisierung des Rückenmarkes unter Verwendung von Adrenalin.
Münchener med. Wochenschr. 1903, No. 34.
35) Ders., Vortrag am 33. Kongress der deutschen Gesellschaft für Chirurgie.
Ref. Münchener med. Wochenschr. 1905, No. 23.
36) Ders., Technik, Wirkung und spezielle Indikation der Rückenmarksanästbrsie.
Arch. f. klin. Chirurg., Bd. LXXVII.
37) Ders., Wie vermeidet man Misserfolge bei der Lumbalanästhesie ? Münchener
med. Wochenschr. 1906, No. 28.
38) Ders., Die Höbenausdehnung der Spinalanalgesie. Münchener med. Wochen¬
schrift 1906, No. 48.
39) Eden, Tierversuche über Rückenmarksanästhesie. Deutsche Zeitschr. für
Chirurg., Bd. LXVII.
40) Falkner, Experimentelle Studien über Spätfolgen der Lumbalanästhesie.
Centralbl. f. Gynäk. 1907, No. 3.
41) Feilchenfeld, Centralbl. f. Augenheilkunde 1906, pag. 118.
42) Finkelnburg, Neurologische Beobachtungen und Untersuchungen bei der
Rückenmarksanästhesie mit Cocain und Stovain. Münchener med. Wochenschr. 1906,
No. 9.
43) Freund, Weitere Erfahrungen über Rttckenmarksnarkose. Deutsche med.
Wochenschr. 1906, No. 28.
44) F ü s t e r, Erfahrungen über Spinalanalgesie. Arch. f. klin. Chirurg •, Bd. XCVU
1. Heft.
45) Goldmann, Eine ungünstige Folgeerscheinung der Lumbalanästhesie.
Centralbl. f. Chirurg, 1907, No. 2.
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291
46) Greiffenhagen, Respirationsstörung infolge medullärer Stovainanalgesie.
Centralbl. f. Chirurg. 1900, No. 14.
47) Guinard, Presse m£d. 1901, No. 91.
48) Hackenbruch, Rückenmarksanalgesie. Centralbl. f. Chirurg. 1906, No. 14.
49) Ders., Witzei, Wenzel, Hackenbruch: Die Schmerzverhütung in
der Chirurgie 1906.
50) Hahn, Ueber Cocainisierung des Rückenmarks. Centralbl. f. d. Grenz¬
gebiete d. int Medizin u. Chirurgie 1900, No. 9.
51) Ders., Ueber subarachnoidale Cocaininjektionen nach Bier. Centralbl. f.
d. Grenzgebiete d. int. Medizin u. Chirurgie 1901, No. 8 u. 9.
52) Hauber, Lumbalanästhesie. Arch. f. klin. Chirurg., Bd. LXXXI.
53) Haubold und Melzer, Spinalanästhesie durch Magnesiumsulfat Journ.
of Ainer. Assoc. 1906, No. 9.
(Fortsetzung der Literatur folgt.)
Seit den in den Jabren 1900 nnd 1901 in dieser Zeitschrift
erschienenen Sammelreferaten von Hahn Uber die Cocainisierung
des Rückenmarkes ist in den Ansichten über die Rückenmarks«
Anästhesie ein vollkommener Umschwung eingetreten. Damals war
sie eigentlich noch in ihren Anfängen, die mit der Cocainisiernng
des Rückenmarkes verbundene Gefahr war noch zu gross, als dass
die Methode allgemeinen Eingang hätte finden können. Bier selbst,
ihr Erfinder, erhob stets warnend seine Stimme, nnd nur die Fran¬
zosen nnd Amerikaner waren ihre Anhänger gewesen. Dass die
Spinalanästhesie hente unter den allgemein anerkannten Anästhe-
sierongsmethoden sich einen hervorragenden Platz geschaffen hat
and fast schon Allgemeingut der Chirurgie geworden ist, verdankt
sie zwei Gründen. Bekanntlich standen ja ihrer allgemeinen An¬
wendung immer die hohen Gefahren, die mit ihr verbunden waren,
im Wege, — das znr Erzielung einer Analgesie verwendete Cocain
hatte oft so schwere allgemeine Intoxikationserscheinungen zur Folge,
dass viele sich scheuten, das Risiko auf sich zu Dehmen, und des¬
halb von einer Spinalanalgesierung Abstand nahmen. Nun hat aber
Brann in Leipzig gezeigt, dass es gelingt, dem Cocain seine Ge¬
fährlichkeit zu nehmen, wenn man es mit Nebennierenpräparaten,
sei es Adrenalin, Suprarenin oder Paranephrin, zusammen gebraucht
and dass man in diesem Falle mit viel kleineren Cocaindosen viel
höhere Grade von Anästhesie erzielen kann, und auch in der Spinal-
analgesie zeigte sich, dass Cocain, in Verbindung mit Nebennieren¬
präparaten in den Arachnoidalsack injiziert, wesentlich ungefährlich
ist. Der andere Grund, warum die Spinalanästhesie in den letzten
Jahren so allgemeine Verbreitung fand, liegt darin, dass man auf
der Suche nach ungefährlicheren Ersatzmitteln für das Cocain
solche fand, und hier sind besonders das Stovain nnd Tropacocain
zu nennen, enteres mehr von den französischen und deutschen,
letzteres besonders von den österreichischen Aerzten in Gebrauch
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gezogen, ln letzter Zeit verwendete man auch Novocain und
Alypin, daneben wurde auch Eucainum hydrochloricum, Eucain ß und
anderes versucht. Ueber die mit diesem Präparat gewonnenen Re¬
sultate, ihre Neben- und Nachwirkung wird noch öfter näher
die Rede sein müssen. Die grosse Bedeutung, welche die Spinal¬
analgesie für die Chirurgen sowie für die operative Gynäkologie,
in letzter Zeit auch für Geburtshilfe, hier auch in Verbindung mit
dem Skopolamin-Morphin-Dämmerschlaf gewonnen batte, aber auch
die Perspektive, welche sich für die interne Medizin öffnet, mögen
es rechtfertigen, wenn hier wieder ein Sammelreferat über die seit
dem Erscheinen des Referates von Hahn gewonnenen Resultate
vorgelegt wird. Es soll in diesem nicht so sehr die chirurgische
Bedeutung der Spinalanalgesie betont, als vielmehr das Interesse
des internen Mediziners im Auge behalten werden; wurde ja schon
von verschiedenen Seiten versucht, die Anästhesierung des Rücken¬
markes auch therapeutisch in der modernen Medizin zu verwerten.
Vor allem werden also die Theorie, Gefahren, Neben-
und Nacherscheinungen der Spinalanalgesie, ihre
Indikation und Kontraindikation und der Wert der
verschiedenen Anästhetica betont werden müssen. Eine
grössere Anzahl von Arbeiten befasst sich mit der Spinalanästhesie
teils vom theoretischen, teils vom experimentellen Standpunkt aus.
Eden versuchte, durch Injektionen verschiedener Anästhetica in
den Duralsack von Katzen deren Wirkung zu erproben. Bei Cocain
erzielten noch sehr kleine Dosen (0,0005 in 1 ccm Wasser gelöst)
sehr gute Anästhesien. Cocain mit Eucain hatte öfters bei 0,0001
noch prompte Wirkung. Eucain allein ergab in bezug auf die
Lumbalanästhesie keinen Vorzug. Man brauchte wenigstens 0,005,
um eine gute Wirkung zu erzielen; physiologische Kochsalzlösung
ergab kein gutes Resultat; hingegen ergab eine 0,2 °/ 0 ige Kochsalz¬
lösung guten Erfolg. Karbollösung (1 ccm einer 5 % igen Lösung)
erzielte gute Anästhesien; Morphium ergab negatives Resultat.
Nirvanin hatte in der Dosis von 0,02 eine Wirkung, wäre aber
nicht zu empfehlen, da schon bei 0,05 plötzlicher Tod eintritt. Mit
Peronin erzielte Eden in der Dosis von 0,01 gute Resultate; ebenso
ergab Acoin in der Dosis von */, mg eine sehr gute Anästhesie,
Tropacocain in der Dosis von 0,025 befriedigende Anästhesie, Tine-
tura Opii simplex ähnlich dem Anästhesin zwar eine gute, aber nur
sehr kurze Zeit dauernde Anästhesie. Mit Aether konnte in kleinen
Dosen eine brauchbare Anästhesie erzeugt werden, wurde er aber
in grossen Dosen verwendet, so kam es zu bleibender Lähmung,
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Collaps, ev. auch zum Exitus; Alkohol in 10 %iger Lösung hatte
gute Resultate, allerdings traten manchmal rasch vorübergehende
Lähmungen auf. Chloroform erzeugte keine Anästhesie. Nahm man
von destilliertem Wasser 2—3 Spritzen, so hatte dies ein gutes Resultat
zur Folge, 1 Spritze blieb ohne Erfolg. Dönitz untersuchte im
Anschlüsse an die Arbeit von Eden ebenfalls an Katzen die Wir¬
kung des Cocains, wenn es mit Adrenalin zusammen injiziert wurde.
Nach den Untersuchungen von Eden betrug für Katzen die töd¬
liche Dosis Cocain 0,018; wurde nun Cocain mit Adrenalin gemengt
(3 Tropfen des letzteren) injiziert, so betrug die tödliche Dosis 0,06,
wurde vorher Adrenalin injiziert (0,5 ccm), so betrug dann die töd¬
liche Dosis des Cocains 0,11. Es wurde also bei gleichzeitigem
Adrenalin gebrauch die Giftigkeit des Cocains auf % bei früherem
Gebrauch von Adrenalin auf Vs der von Eden beobachteten Dosis
herabgedrückt. Das Adrenalin vermindert demnach die Giftigkeit
des Cocains und erhöht gleichzeitig seine anästhesierende Kraft nach
Zeit, Ausdehnung und Intensität. Klapp stellte ebenfalls aus¬
gedehnte experimentelle Studien über die Lumbalanästhesie an und
fand das intradural injizierte Gift viel toxischer wirkend als das sub¬
kutan injizierte, da die Resorption vom Duralsack aus viel schneller
vor sich geht. Er wies dies durch quantitative Harnuntersuchungen
an Hunden nach, welchen subkutan bzw. intradural 1 g Milchzucker
injiziert worden war. Hei der letzten Art der Einverleibung erfolgt
der grösste Teil der Resorption in den ersten Stunden, während
bei der subkutanen Methode dieselbe auf mehrere Stunden gleich-
massig verteilt war. Demnach ist nach Klapp anzunehmen, dass
bei der Lumbalanästhesie mit Cocain ein grosser Teil der Neben¬
erscheinungen auf Rechnung der raschen Resorption zu setzen wäre.
Ein Zusatz von Adrenalin zur Injektionsflüssigkeit vermag die Re¬
sorption vom Duralsack aus erheblich zu verlangsamen. Auch Zu¬
satz von schleimigen Stoffen, z. B. Gelatine, verlangsamt die Re¬
sorption, doch ist dieses Mittel bei Menschen wegen seiner schlechten
Sterilisierbarkeit nicht zu empfehlen. Ausser der schnellen Re¬
sorption der Cocainlösung vom Duralsack aus kommt auch eine
direkte Berührung des Cocains mit dem Rückenmark und Gehirn in
Betracht. Deshalb vermag auch eine Verlangsamung der Resorption
des intradural injizierten Cocains beim Menschen die schädliche
Nebenwirkung nicht ganz zu beseitigen. Dieser kann man aber
entgegenwirken, wenn man das Cocain in einer Flüssigkeit (z. B. Oel)
gelöst injiziert, die sich mit dem Liquor cerebrospinalis schlecht
vermischt. Cocainum hydrochloricum löst sich aber direkt in Oel
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nicht. Schliesslich gelang es Klapp aber doch, eine Oellösung w
bekommen, das Cocainum oleinicum, welche Lösung beim Menschen
auBsichtsroll zu sein scheint. Im Gegensätze zu Klapp fanden
Heineke und Läwen, dass der Verlauf der Intoxikation bei
intradaraler Verabreichung des Anästhetikums nicht durch die Re-
Sorptionsgeschwindigkeit, sondern durch die direkte Wirkung des
Giftes auf die Substanz des Centralnervensystems bestimmt wird.
Bei höherer Konzentration der Lösung der Grenzdosis des anästheti¬
schen Giftes tritt die Giftwirkung langsamer ein, wenn man in den
Duralsack injiziert. Der Grund hierfür liegt nach Heineke und
Läwen darin, dass der Kontakt mit den lebenswichtigen, den Blut¬
druck regulierenden Zellen verlangsamt wird. Heineke und
Läwen arbeiteten an Kaninchen mit Novocain und stellten Kontroll-
versuche mit Cocain an, die stets das gleiche Resultat ergaben.
Dass der Kontakt der Giftlösung mit dem Centralorgane die wesent¬
liche, wenn nicht einzige Ursache der Intoxikation bei subduraler
Injektion ist, bewiesen die Verfasser dadurch, dass sie den Dural¬
sack in der Höhe des Brustkorbes abschnürten und nun die Grenz¬
dosis von Novocain und Cocain injizierten. Während bei Dicht ab¬
geschnürtem Duralsacke bei intraduraler Anwendung der Blutdruck
sofort intensiv und lange absank, häufig auch der Tod eintrat, führte
dud, gleichgültig ob man hohe oder niedrige Konzentration der In¬
jektionsflüssigkeit anwandte, die Grenzdosis zu keiner Aenderung
des Blutdruckes. Oelige Lösungen wirkten nicht anders als wässerige.
Die Resorption spielt auch danach, die zur Anästhesie erforderlichen
Dosen vorausgesetzt, keine vergiftende Rolle, sondern ausschliesslich
die Berührung mit den Centralorganen.
Guinard fand, dass Wasser, allein in den Subarachnoidalraum
injiziert, wohl anästhesierend wirkt, aber äusserst schwere Nach¬
erscheinungen, vor allem in rasenden Kopfschmerzen, Erbrechet,
hohen Temperaturen bestehend, zur Folge hat. Da Wasser also
ein heftiges Gift für die Nerven und das Rückenmark bildet, so ist
jeder Zusatz von reinem Wasser zum Anästhesierungsmittel unzu¬
lässig. Auch die von manchem Chirurgen gebrauchte isotonische
Kochsalzlösung wirkt nicht milder als destilliertes Wasser. Gui-
n a r d benützte nun als erster den Liquor cerebrospinalis als Lösungs¬
mittel für das Cocain; er fügt dem abgelassenen Liquor einige
Tropfen Cocain hinzu und spritzt die Mischung wieder in den Dural¬
sack zurück. 70 Anästhesierungen, die Guinard nach seiner Me¬
thode ausführte, verliefen ohne die mindesten Neben- oder Nach-
erscheinungen. Auch Lazarus zeigte durch an 64 Kaninchen vor-
Go^ 'gle
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genommene Versnobe, dass eine Herabsetzung der molekularen
Konzentration der Cerebrospinalflüssigkeit durch Injektion mit de¬
stilliertem Wasser Schmerz hervorrief. Einspritzungen hoch kon¬
zentrierter Kochsalzlösungen führen den Tod herbei, während In¬
jektionen von 7—8 °/ 0 Kochsalzlösung oder isotonischer Bromkalium¬
oder Magnesiumlösung zur Anästhesie und Paralyse bei den Ver¬
suchstieren führten.
Cathelin will in seinen Untersuchungen über die Zirkulation
der Cerebrospinalflüssigkeit den Beweis bringen, dass diese ein be¬
sonderes Zirkulationssystem darstellt, ähnlich dem der Lymphgefässe.
Cat helin nimmt an, dass die perivaskulären Lymphstomata Mün¬
dungen des von ihm behaupteten Zirkulationssystemes darstellen, die
sich bis in das periphere Nervensystem fortsetzen. Er basiert seine
Theorie auf experimentelle Untersuchungen, welche die Plexus als Ent¬
stehungsort des Liquors infolge einer sekretorischen Tätigkeit dieser
Gebilde annehmen, und auf experimentellen Untersuchungen, welche
den Strom der Cerebrospinalflüssigkeit in allen Gängen des Körpers
nachwiesen, schliesslich auf der oft vom Chirurgen gemachten Be¬
obachtung des kontinuierlichen Abflusses von Liquor cerebrospinalis
nach Verletzungen.
Mori stellte Untersuchungen über das Verhalten des Blutdruckes
bei Lumbalanästhesie an, indem er den Blutdruck bei 50 mittels
Suprarenins und Cocains durchgeführten Anästhesierungen bestimmte.
Am häufigsten (in 16 Fällen) beobachtete er eine Erhöhung des
Blutdruckes im Beginne der Prozedur und darauf ein geringes
Sinken unter den normalen Druck. 12 mal blieb der Blutdruck
während der ganzen Zeit erhöht, 8 mal war überhaupt kein Einfluss
bemerkbar. 9 mal fiel der Blutdruck herab und hei diesen Kranken
trat leicht Collapszustand auf. Van Li er spritzte Kaninchen
’/t ccm Stovain und Suprarenin nach Billon in den Duralsack
und untersuchte dann mikroskopisch Stücke aus dem Rückenmark,
der Medulla oblongata und den Intervertebralganglien; in der Nähe
der Injektionsstelle bis zu einem gewissen Abstand von derselben
( landen sich hydropische Schwellung der Zellen und Veränderung ihrer
feineren Struktur. Im Rückenmark von Tieren, die 12—14 Stunden
nach der Injektion getötet wurden, fanden sich diese Veränderungen
nur noch in Spuren. Falkner stellte experimentelle Studien
über die späteren Folgen der Spinalanästhesie an. Der Versuchs¬
gedanke ging dahin, unter der Voraussetzung eines anatomischen
Substrates für die Lähmungen an Tieren festzustellen, ob die intra-
durale Einverleibung eines bestimmten Anästhetikums nach mehreren
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Monaten im centralen Nervensystem makroskopische oder mikro¬
skopische Veränderungen hervorrufen würde. Es wurden ausge-
wachsene Kaninchen für das Tierexperiment gebraucht und es wurde
mit Tropacocain gearbeitet. Durch verschieden lange Zeiten, bis zu
4 Monaten, wurden die Tiere am Leben gehalten und dann teils
durch Entbluten, teils durch Chloroform getötet. Bei allen wurde
das Rückenmark, bei zweien auch das Gehirn in stufenweisen Serien
untersucht. Das Resultat war ein vollständig negatives, indem weder
ein frischer noch alter Degenerationsvorgang gefunden wurde.
Finkelnburg hat bei 50 Spinalanalgesien mit Stovain und
Cocain den genauen Nervenstatus erhoben. Es wurden 0,04—0,06
Stovain mit Adrenalin gemischt mit Liquor injiziert. Bei gut ge¬
lungener Stovaininjektion hat der Kranke, abgesehen vom Hautstich,
während und nach der Einspritzung keine unangenehmen Empfin¬
dungen. Nur in vereinzelten Fällen wurde über einen kurzen
stechenden Schmerz in einem Bein geklagt und in solchen Fällen
war es auffallend, dass das vorübergehend schmerzhafte Glied früher
und in stärkerem Grade anästhetisch wurde als das andere Bein.
Der Gang der sich von seiten des Nervensystems entwickelnden
Funktionsstörung ist kurz folgender: 1. Neben Frühsymptomen der
unteren (3.—6.) Sakralnerven befindet sich als frühes Symptom eine
Herabsetzung bzw. ein Fehlen des Kniesehnen- und Achillessehnen¬
reflexes. 2. Die im Verlaufe weniger Minuten auf die unteren Ex¬
tremitäten und den Rumpf sich erstreckende Gefühlsstörung betrifft an¬
fangs nur die Schmerzempfindung; das Berührungs- und Temperatur¬
gefühl erlischt erst später, wenn es überhaupt schwindet. Das Lage¬
gefühl war stets noch deutlich erhalten, wenn schon alle anderen
Gefühlsqualitäten aufgehoben sind. 3. Abgesehen vom Hodenrefiex
verschwinden die Hautreflexe verhältnismässig besonders spät. 4. Zu¬
letzt, wohl hauptsächlich infolge der anatomischen Lage der motori¬
schen Wurzeln in der vorderen Hälfte des Rückenmarkes, setzen
Störungen der Motilität ein. 5. Die elektrische Prüfung ergibt weder
bei direkter noch indirekter Reizung für beide Stromarten quantita¬
tive und qualitative Aenderungen der Erregbarkeit. Die Wieder¬
kehr der einzelnen Funktionen erfolgte viel langsamer als das Ein¬
treten der Anästhesie. Die zeitliche Reihenfolge, in der die ein¬
zelnen Funktionen sich wieder einstellen, vollzieht sich mit einer
gewissen Gesetzmässigkeit, indem zunächst die Motilität, daun die
Sensibilität und als letzte die Reflexe wiederkehren. Bezüglich der
Reihenfolge, in der sich die Motilität wieder einstellt, ist eine ge¬
wisse Gesetzmässigkeit insofern zu erkennen, als in typischen Fällen
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diejenigen Muskelgruppen, die zuerst gelähmt werden, als letzte ihre
Gelenkigkeit wieder erlangen. Demnach bleiben Bauchmuskeln und
Fassbeuger am längsten paretisch. Die Wiederkehr der Sensibilität
setzt annähernd gleichzeitig ein wie die Motilität, nur vollzieht sie
sich langsamer, es zeigt sich hier ein sehr wechselndes Bild. Der
Ausfall der Sehnen* und Hautreflexe zieht sich am längsten hin.
Das Wiedererscheinen der Hautreflexe geht mit dem der Sehnen¬
phänomene zeitlich annähernd parallel. Cocain ergab ein in mancher
Beziehung wesentlich anderes Bild. Bei ausgesprochener Analgesie
vom Nabel abwärts fand Finkelnburg stets ein normales Ver¬
hältnis. Sehnen und Hautreflexe, das Berührungs- und Temperatur-
gefuhl waren nur in verhältnismässig geringem Grade gestört, das
Lagegefuhl und die Motilität blieben meist ungestört, die bisweilen
beobachteten Paresen sind viel weniger ausgedehnt als bei dem
Stovain. Jedlicka, der zahlreiche Untersuchungen an Tieren an¬
stellte, erkannte die Gefahr der Spinalanästhesie aus 4 Gründen:
1. durch die Toxizität der Gifte;
2. durch lokale spezielle Nebenwirkung der injizierten Sub¬
stanzen in Form einer Veränderung der Leitungsfähigkeit der Medulla
and der Nerven, und zwar zuerst der sensiblen, bei stärkeren Dosen
auch der motorischen, besonders im oberen Anteile des Bückenmarkes;
3. durch Störung des Flüssigkeitsdruckes im Lumbalkanal oder
durch Shock;
4. durch Veränderungen im Pioarachnoidalraum infolge der in¬
jizierten Fremdkörper. Dem 3. Grunde lässt sich Vorbeugen, wenn
man dem Kranken in sitzender Stellung die Injektion macht, und
zwar langsam, und die Flüssigkeit auf die entsprechende Temperatur
(38 °) und mit 0,6 % Kochsalz auf den kryoskopischen Punkt ge¬
hracht hat; dem 4. Punkte lässt sich entgegenwirken, wenn man
eine kleine Menge Liquors entleert.
Die Technik, welche Bier in seiner letzten diesbezüglichen
Publikation auf Grund seiner an über 1000 Fälleu von Lumbal¬
anästhesie gewonnenen Erfahrung empfiehlt, ist folgende: Der Kranke
sitzt quer auf dem Operationstisch, die Beine hängen seitlich herunter,
der Kopf ist vorn übergebeugt, die Wirbelsäule stark kyphotisch
gekrümmt; jetzt wird zwischen dem 1. und 2. oder 2. und 3. Lenden¬
wirbel mit einer Kanüle, die eine kurz abgeschrägte Spitze hat,
genau in der Medianlinie unter mehrfachem Ansaugen von Liquor¬
flüssigkeit das Anästhetikum langsam eingespritzt. Um eine hohe
Anästhesie zu erzielen, gibt es nach Bier zwei Mittel: entweder
die Lösung des Anästhetikums in viel Flüssigkeit (6—10 ccm) und
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Einspritzen der gesamten Menge, oder man bringt den Kranken
nach der Injektion sofort in Kader'sehe Beckenhochlagerung. Da
nach Verdünnung der Lösung mit Wasser heftige Nacherscheinungen
auftreten, so ist es besser, als Verdünnungsmittel Liquor cerebro¬
spinalis zu nehmen. Gefahren sind nach Bier in 3 Fällen möglich:
1. man wählt ein ungeeignetes Mittel, z. B. Cocain; 2. man über¬
schreitet die zulässige Dosis; 3. man macht eine fehlerhafte Punktion
und Einspritzung. Nie soll man das Anästhetikum einspritzen, bevor
nicht der Liquor in rascher Tropfenfolge oder im Strome hervor¬
quillt. Den richtigen Punkt zum Einstechen findet man am besten,
wenn man, nachdem der Kranke in der angegebenen Stellung sitzt,
eine die Höhe der Darmheinkämme verbindende Querlinie zieht,
welche hei kyphotischer Haltung der Wirbelsäule den 4. Lenden¬
wirbel schneidet. Der nächst höhere Zwischenwirbelraum (zwischen
3. und 4. Lendenwirbel) oder der darauffolgende (zwischen 2. und
3. Lendenwirbel) wird dann in der Regel zur Punktion gewählt.
Manche Chirurgen lassen den Kranken nicht sitzen, sondern in
stark gekrümmter Seitenlage liegen. Den Einstich machen viele
ohne jede Lokalanästhesie, manche unter Chloräthylspray oder
Schleich'scher Infiltration; einige machen sogar unter Lokal¬
anästhesie mit dem Skalpell eine kleine Inzision und stossen erst
durch diese die Nadel durch.
Läuft nach der Injektion kein Liquor ab oder erscheint er
rosarot, vielleicht gar blutig gefärbt, dann liegt die Nadel Dicht in
der Cysterna terminalis. Man versuche nun durch Drehen, vor¬
sichtiges Vorwärtsschieben und Zurückziehen der Nadel, ev. Er¬
neuerung des Einstiches einen kontinuierlichen Liquorabfluss zu er¬
zielen. Gelingt dies nicht, so versucht man, im nächst höheren Inter¬
vertebralraum zu punktieren. Auf keinen Fall darf man nach über¬
einstimmender Meinung aller Autoren das Anästhetikum injizieren,
bevor nicht klarer, absolut nicht blutig tingierter Liquor abtropft.
Um hohe Anästhesie zu erreichen, wurde nach Bier’s An¬
gabe auch die Kopfstauung, d. h. Anlegen der Stauungsbinde um
den Hals versucht. Nach Dönitz kann man sie in dreierlei Arten
gebrauchen:
a) nach der ursprünglichen Anwendungsweise nach Bier. An¬
legen der Binde und Liegenlassen nach der Injektion. Das An -
ästhetikum bleibt an Ort und Stelle; der absteigende Liquorstrom
soll lediglich die langsame Ausbreitung nach oben beschränken.
b) Anlegen der Binde, darnach Injektion und hierauf Abnahme
der Binde. Das Stovain verschiebt sich sofort in toto nach oben.
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Die Wirkung iet ähnlich, aber anscheinend geringer als bei der
fieckenbochlagerung.
c) Injektion, hierauf Anlegung der Binde. Das Stovain wird
wfort nach abwärts gedrückt. Doch ist die bisher gewonnene Er¬
fahrung eine zu geringe, als dass Dönitz schon ein Urteil fallen
könnte. Dann wird auch die Beckenhochlagerung, u. z. oft die
extreme, nach Kader angewandt, um höher hinaufreichende An¬
ästhesie zu erzielen. Ueber den Wert derselben sind die Meinungen
der einzelnen Beobachter noch verschieden. Manche sahen von ihr
üble Folgeerscheinungen und sind deshalb gegen sie, viele aber, be¬
sonders Gynäkologen, rühmen ihre guten Erfolge. Für .ihre Wirk¬
samkeit ist nach Dönitz unbedingt notwendig, dass das Anästheti-
kum in einem Teile der Liquorsäule eingespritzt wird, die auch
wirklich frei verschieblich am Duralsack liegt. Gelangt man bei
der Punktion in den zwischen beiden Caudahälften liegenden, mit
Liqnor gefüllten Spaltraum, was man stets am raschen, reichlichen
Liquorabfluss erkennt, so kann das injizierte Anästhetikum nach
allen Bichtungen hin sich frei verbreiten und durch Lagerung ver¬
schoben werden. Es werden sämtliche Nerven und das Rücken¬
mark umspült, so dass man eine gleichmässig hohe Anästhesie er¬
zielt. Verliert sich dagegen bei Abweichung von der Medianlinie
die Nadelspitze zwischen den Fasern der einen Caudahälfte, so kann
sich das injizierte Anästhetikum sehr schwer ausbreiten, da die
Nervenfaserbündel dicht nebeneinander liegen und zwischen sich
einen längs verlaufenden röhrenförmigen Hohlraum einschliessen.
Dönitz wies nach, dass Misserfolge bei der Spinalanästhesie,
halbseitige Ausbreitung der Anästhesie, ausbleibende oder unvoll¬
kommene Anästhesie, nicht von individuellen Dispositionen oder
von dem refraktären Verhalten gegenüber dem Anästhetikum, son¬
dern von der Ausbreitung der anästhesierenden Lösung abhängig
sind. Injizierte Dönitz an der Leiche in die eine Hälfte der Cauda
equina dicht unterhalb des Conus terminalis Tusche, so lief die¬
selbe zwischen den Nerven nach oben und färbte ausschliesslich diese
eine Seite des Rückenmarkes, während die andere Seite ungefärbt
blieb. Vorbedingungen für ein sicheres Eintreten hoher Anästhesien
ist, dass die Injektion in den Liquorraum an der hinteren Seite der
Cauda gemacht wird. Von Einfluss auf eine hohe Ausdehnung der
Anästhesien sind nach Dönitz:
1. Lageveränderungen.
2. Blutdruckverhältniss im Innern des Schädels.
3. Die Menge des Lösungsmittels für das Anästhetikum.
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Was die Lagerung anbetrifft, so gibt es drei Methoden.
a) Injektion des Anästhetikums im Liegen des Kranken, der
darauf auch liegen bleibt.
b) Die Injektion im Sitzen, darauf Horizontallagerung des
Kranken.
c) Injektion im Sitzen und darauf starke Beckenhochlagerung.
Dönitz erklärt dies in folgender Weise: Vertauscht man die
liegende Stellung mit einer sitzenden, so läuft der Liquor cerebro¬
spinalis aus der Schädelhöhle in den Spinalkanal hinein. Legt man
sich, so läuft er wieder in die Schädelhöhle zurück. Eine noch
grössere Menge fliesst kopfwärts bei der Trendelenburg’schen
Lagerung. Es handelt sich also um Verschiebung der Gleich¬
gewichtslage des Liquors, die im Augenblicke des Lagewechsels
eintritt. Im Falle a reicht die Anästhesie bis zum Leistenband,
im Falle b wohl fast stets über das Leistenband (aber doch
nicht stets für Hernien ausreichend), im Falle c bis zum Nabel;
von hier aufwärts wird die Anästhesie unsicher. Besonders wichtig
scheint nach Dönitz die Wechselbeziehung zwischen Venen¬
füllung und Liquordruck im Schädel zu sein. Der Schädel bildet
eine starre Kapsel; wird Blut in seine Bahnen und Sinus ge¬
bracht, so entweicht eine entsprechende Menge Liquors in den
Spinalkanal. Wird das Blut wieder ausgesaugt, so geht der
Liquor wieder schädelwärts. Als Beispiel hierfür führt Dönitz
Herzkranke mit venöser Stauung an. Einem schweren Herzkranken
wurde wegen Castration 0,04 Stovain injiziert, darauf Beckenhoch¬
lage. Dabei wird der Kranke ganz blau im Gesicht und die An¬
ästhesie reicht gegen sonstige Erfahrungen nur bis zum Leisten¬
band. Auch bei Gesunden scheint eine abnormale Füllung der
Scbädelvenen bei Tieflagerung die Höhenausbreitung der Anästhesie
zu beschränken und vielleicht kann die sichtbare blaue Färbung
des Gesichtes bei der Hochlagerung als Massstab der Venenerweite¬
rung im Schädelinnern angesehen werden.
Sollte dies richtig sein, so könnte man Kranke, welche bei ver¬
suchsweiser Beckenhochlagerung blau im Gesicht werden, als unge¬
eignet ausschalten. Ähnliche Vorgänge kann man bei Gesunden
durch Halsstauungen willkürlich erzeugen. Vermindert man den
Blutdruck in der Schädelhöhle, so fliesst der Liquor mehr körper-
wärts. Tritt also die Hirnanämie erst nach der Injektion ein, so
nimmt der aufsteigende Liquorstrom das Anästhetikum mit, was eine
erhöhte Anästhesie zur Folge hat. Legt man eine Stauungsbinde
an, so dass vor der Injektion Stauung entsteht, und entfernt sie dann.
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so fliesst das überflüssige Blut ab und der Liquor steigt dement¬
sprechend in die Höhe. Ferner kann man den Einfluss der Atmung
auf den venösen Blutdruck ausnützen. Jedes Einatmen wirkt näm¬
lich wie eine Säugpumpe auf die Schädelvenen. Am stärksten ist
der Einfluss, wenn man gewaltsam inspirieren lässt und dabei den
Zutritt der Luft durch gewaltsames Zuklemmen der Nasenflügel
erschwert, während man das Ausatmen frei lässt. Die hohen An¬
ästhesien geben auch Aufschluss über die Ursache der Begleit¬
erscheinungen (Erbrechen, Schweiss, Blässe). Die einen nehmen als
Erklärung hiefür eine direkte Intoxikation des Gehirnes und ver-
rerlängerten Rückenmarkes an. Die anderen halten sie für eine
Folge einer Aufnahme des Giftes in die Blutbahn, also für eine
allgemeine Intoxikation.
Da bei den hohen Anästhesien die Medulla geradezu vom ver-
vergifteten Liquor umspült wird, so müssten, wenn das Anästhetikum
direkt auf das Gehirn wirken würde, die schwersten Intoxikations-
erscheinungen die Folge sein. Da dies nicht der Fall ist, im Gegen¬
teil gerade hier won Dönitz nie Erbrechen beobachtet wurde, so
sind die Intoxikationserscheinungen als von seiten der Blutbahn aus¬
gehend zu betrachten.
Bach Kroner, der sich mit der Möglichkeit der Vermeidung
der schädlichen Nachwirkung bei der Spinalanalgesie beschäftigte,
geht bei dieser ein Teil der eingebrachten Flüssigkeit eine Verbin¬
dung mit der nervösen Substanz ein, während der Rest für eine
Anästhesie nicht verwendet wird.
Während sich das Stovain z. B. sicher nur sehr langsam ver¬
breitet, tritt die Anästhesie sehr schnell ein, daher schliesst Kroner,
dass schon die geringe, bald nach der Injektion in die Nerven ein¬
tretende Stovainmenge zum Hervorrufen der Anästhesie genügt
Die grossen Dosen, welche wir injizieren, dienen nur dazu, die
Spinalflüssigkeit zu verdrängen und einen Teil des Mittels in die
Nervenwurzel, die wir nicht direkt erreichen können, hineinzubringen.
Wenn also zum Hervorrufen der Anästhesie kleinere Mengen hin¬
reichen, so muss es auch möglich sein, den überschüssigen Rest zum
Teile wieder zurückzugewinnen. Gelingt dies, so ist ein Weg ge¬
geben, die Nachwirkungen auf ein Minimum zu beschränken. Kroner
suchte dies durch Ablassen der Flüssigkeit unmittelbar nach Eintritt
der Anästhesie zu erreichen. Nach Injektion der Flüssigkeit (0,08
Stovain) wurden die Nadeln und Spritzen in ihrer Lage gelassen, bis
nach 2— öMiouten die gewünschte Anästhesie eingetreten war; dann
wurde die Oeffnung der Nadel freigegeben und wurden 5—10 ccm
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Spinalflüssigkeit abgelassen. Es zeigt sich, dass die Ausbreitung,
Stärke und Dauer der Anästhesie durch dieses Verfahren nicht
gelitten hatten. Die Erfolge waren zufriedenstellend. Bei einer
hysterischen Kranken trat eine halbe Stunde nach der Injektion ein¬
maliges Erbrechen bei im übrigen sehr gutem Allgemeinbefinden auf,
in den beiden übrigen Fällen fehlten die Folgeerscheinungen gänz¬
lich. Hofmann zeigte, dass man mit viel geringerer Dosis als
bisher, aber in dünner Lösung verabreicht, die für eine Operation
notwendige Toleranz erzielen kann. Er findet, dass man mit einer
verhältnismässig kleineren Dosis eine mindest so gute wenn nicht
bessere Anästhesie erzielt wie früher mit einer grösseren Dosis.
Mit Herabsetzung der Konzentration steigt natürlich das Quantum
der einzuspritzenden Flüssigkeit, ein Vorgang, der für eine Spinal¬
anästhesie, besonders für eine Höhenwirkung günstig zu sein scheint
Im allgemeinen gibt Hofmann ein Drittel oder die Hälfte der
früheren Dosis.
Das ursprünglich von Bier zur Erzielung der Spinalanästhesien
angewendete Mittel war bekanntlich das Cocain. Es wurde so
ziemlich allgemein verlassen und nur eine kleine Anzahl von Autoren
erwähnt es noch als in reiner Form zur Lumbalanästhesie ange¬
wendet ; auch diese Arbeiten stammen fast alle noch aus den Zeiten
von 1902 und 1903. Tuffier gebrauchte es in 400 Fällen in
2°/ 0 Lösung. Schwächere Lösungen, ebenso Euoain oder Tropa-
cocain bewährten sich ihm nicht. Die schlimmen Erfahrungen
schiebt Tuffier auf die mangelnde Technik. Chaput wendete es
in 57 Fällen an und ist im wesentlichen ziemlich zufrieden. Vincent
sah bei 100 Fällen von Cocainisierung des Rückenmarkes keine be¬
drohlichen und wirklich beunruhigenden Störungen.
Villar äusserte sich bei 79 Fällen über den Erfolg sehr be¬
friedigend. Morton, der bereits den Liquor cerebrospinalis als
Lösungsmittel für das Cocain gebrauchte, erzielte in 673 Fällen
jedesmal vollkommene Schmerzlosigkeit. In 60 Fällen davon operierte
er an der oberen Körperhälfte. Schwere oder bedrohliche Er¬
scheinungen wurden nicht beobachtet. Dichiason hat in über
200 Fällen keine üblen Folgen zu verzeichnen.
Cocain mit dem Zusatz von Adrenalin, Suprarenin
oder Paranephrin wurde bereits von mehreren Autoren in Ver¬
wendung gezogen, und zwar im allgemeinen mit gutem Erfolge (Bier,
Braun, Dönitz, Kurzwelly, Martin, Mori, Müller,
Stumme). Prei ndelsberger versuchte Anästhesin, gab es ab«
wegen seiner zu geringen Löslichkeit ganz auf. Hauboldt und
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Mel zer empfehlen auf Grund von ihren Versuchen an Affen und
7 Beobachtungen an Menschen die Spinalanästhesie durch Magnesium¬
sulfat. 2 Stunden vor der Operation wird 1 ccm einer 25 °/ 0 Lösung
auf je 20 Pfund Körpergewicht eingespritzt, ausserdem eine kleine
Menge von Chloroform. Nachher waschen sie den Spinalkanal aus.
In fast allen Fällen treten einige Zeit nachher Erbrechen und
Temperatursteigerung auf. In einigen Fällen, in welchen der Spinal¬
kanal nicht ausgewaschen wurde, trat einige Stunden nachher Be¬
wusstlosigkeit mit dieselbe überdauernder Blässe und Darmlähmung
auf. Dauernde schädliche Folgen haben die Autoren nie beobachtet.
Trotzdem dürfte ihr Verfahren keine weitere Verbreitung finden.
Eucain, sowohl Eucainum lacticum als auch hydrochloricum
oder Eucainum ß , wurde, da es als ein viel weniger toxisches Ersatz¬
mittel des Cocains gerühmt wurde, von vielen Seiten erprobt, doch
wird es im allgemeinen nicht besonders gelobt. Silbermark
wendete in 7 Fällen Eucainum, in 131 Eucainum ß an, indem er
von einer 5 °/ 0 Lösung 2 ccm injizierte, und ist im allgemeinen ganz
zufrieden. Unter 200 Fällen waren 41 Störungen vorgekommen, die
Neben- und Nacherscheinungen waren im allgemeinen milde. Die
toxischen Erscheinungen standen unter dem Zeichen bulbärer Beiz¬
symptome, 5 Collapse, Erbrechen, Singultus, Muskelzittern 2 mal,
auffallend herabsetzende analgetische Periode 6 mal. Ueber Kopf¬
schmerzen wurde selten geklagt. Ferner gebraucht öfter Jed-
licka Eucain (400 Fälle ohne Neben- oder Nacherscheinungen).
Preleiter hatte unter 40 Fällen 33 Erfolge, 6 waren ungenügend,
so dass eine Narkose notwendig war; 2 Fälle versagten vollständig.
Gebraucht wurden von einer 3 °/o Lösung 0,03—0,06 Eucain ß. «In
der Hälfte der Fälle trat Brechreiz 10 Minuten nach der Injektion
als Folgeerscheinung auf (Zahradnicky 105 Fälle, Schnur-
pfeil 193 Fälle, Trzebicky 12 Fälle); Platonow empfiehlt auf
Grund der Erfahrungen von 283 Fällen, bei welchen teils mit */ a
bis 1 % Cocain, 2—5 °/ 0 Tropacocain und 4—6 °/o Eucain die Spinal¬
anästhesie durchgeführt wurde, das Eucain. Dönitz und Preindels-
b e r g e r haben keine besonders guten Erfahrungen mit dem Eucain
gemacht und es deshalb sehr rasch verlassen; Kopfstein gibt dem
Tropacocain vor dem Eucain den Vorzug.
Die am häufigsten gebrauchten und wichtigsten Anästhetica für
die Lumbalanästhesie sind Stovain und Tropacocain, in der
letzten Zeit auch Novocain und Alypin, alle mit und ohne den
Zusatz von Nebennierenpräparaten. Das Stovain, von dem französi¬
schen Chemiker Fournier dargestellt, wurde von Beclus zuerst
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304
als lokales Anästhetikum bei dem Menschen benützt und von Chapu't
zuerst für die Rückenmarkanästhesie angewendet. Seine pharma¬
kologischen Eigenschaften studierten zunächst Billon und Pouchet
am Tierversuch; sie fanden, dass bei Herbivoren nach Einverleibung
toxischer Dosen in einigen Fällen allgemeine Analgesie ohne andere
nervöse Störungen eintrat. Hingegen treten diese in Qestalt von
Lähmungen der Extremitäten, Inkoordination der Bewegungen, toni¬
schen und klonischen Krämpfen, die unmittelbar oder nach einem
comatösen Stadium durch Respirationslähmung zum Tode führen, bei
Hunden und Katzen in den Vordergrund. Nach Billon wirkt das
Mittel auf den Herzmuskel erregend, auf die Blutgefässe dilatierend.
Nach Pouchet machten die anfängliche Gefässerweiterung und Blut¬
druckveränderung aber bald wieder normalen Verhältnissen Platz.
In letzter Zeit erschien eine Arbeit von Läwen, die sich mit ver¬
gleichenden experimentellen Untersuchungen über die örtliche Wir¬
kung einiger neuer Lumbalanästhetica (Stovain, Novocain und Alypin)
auf motorische Nervenstämme befasst. Läwen stellte seine Unter¬
suchungen mit isotonischen Lösungen von den genannten 3 Präparaten
am Ischiadicus des Frosches an und fand, dass alle drei die Erreg¬
barkeit des Nerven im gleichen Grade auf ungefähr 40 °/ 0 herab¬
setzten. Die Wirkung blieb hinter der des Cocains etwas zurück,
was für das Stovain auch Billon fand. Gewöhnlich ist die nach
Injektion solcher Lösungen in den Duralsack des Menschen auf¬
tretende starke Wirkung auf motorische Nervenstämme nur eine
Folge davon, dass die Mittel in höherer Dosis und Konzentration
einverleibt werden, als dies bei Cocain zulässig ist. Die Wieder¬
herstellung der Erregbarkeit, das heisst also die Entgiftung tritt am
ehesten beim Novococain ein, bedeutend länger dauert es beim Alypin,
während beim Stovain die Erregbarkeit der Nerven nie ganz wieder¬
kehrte , weil wahrscheinlich durch die Anwesenheit dissociierter
Salzsäure eine materielle Nervenschädigung eintritt. Es sind also
beim Stovain materielle Nervenveränderungen am ehesten am An¬
wendungsort zu befürchten, wo die Substanz in verhältnismässig
hoher Konzentration die intraduralen Nervenbündel trifft. Diese
Nachteile aber haften dem Cocain, Tropacocain, Eucain und Novo¬
cain nicht an. Stovain wird sehr viel in Deutschland von den
Chirurgen zur Spinalanalgesie herangezogen, während Tropacocain
in grossem Massstabe zuerst von österreichischen Aerzten gebraucht
wurde.
(Fortsetzung folgt)
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305
n. Referate.
A. Peritoneum, Mesenterium.
Zur Kenntnis der peritonealen Resorption and ihrer Bedeutung
bei bakterieller Peritonitis. Von Peiser. v. Bruns’ Beitr. z.
kl. Chir., 1906, LI, 3.
Interessante experimentelle Untersuchungen, die mancherlei prak¬
tische Rückschlüsse zu ziehen gestatten, haben Peiser zu dem Ergebnis
geführt, dass bei bakterieller Peritonitis nur ein Teil der Bakterien durch
Resorption aus der Bauchhöhle in die Zirkulation übergeht, dass bald
eine starke Resorption eintritt, die aber schnell vorübergeht. Sobald
dieses Stadium der Resorptionshemmung eintrat, waren im Blute nur
wenig Bakterien nachzuweisen, wenn sie auch in der Bauchhöhle noch
reichlich vorhanden waren. Peiser unterscheidet diese beiden Stadien
als akute und chronische Resorption. Zu seinen Versuchen verwendete
er Bact. coli comm. und Bac. mesentericus. Bei der chronischen Re¬
sorption geht neben der allmählichen Resorption der Bakterien selbst
auch eine solche von Toxinen und nach der Bakteriolyse von Endo¬
toxinen einher. Während der chronischen Resorption handelt es sich
darum, ob der Körper die Infektion überwindet oder ihr erliegt. Bei
der peritonealen Sepsis tritt auch bald das Stadium der chronischen
Resorption ein, aber die Virulenz der Bakterien, die im akuten Stadium
resorbiert wurden, ist zu gross; es kommt zur Septikämie durch Ver¬
mehrung derselben im Blute. Für Bakterien und ihre Gifte gilt dasselbe
wie für Flüssigkeiten; ihre peritoneale Resorption ist ein von den che¬
mischen und physikalischen Verhältnissen des Organismus abhängiger,
vom Körper genau regulierter Vorgang. Flüssigkeit wird aus der Bauch¬
höhle vom Körper bis zu seiner völligen Sättigung resorbiert, danach
aber nur langsam weiter resorbiert, entsprechend der Ausscheidung durch
die Nieren. Die Resorption wird gesteigert durch grossen Blutverlust,
wird verlangsamt durch reichliche subkutane Kochsalzinfusionen. Die
intraperitoneale Infektion steht an Gefahr hinter der intravenösen zurück;
als tödlich erwies sich die gleichzeitige intraperitoneale und intravenöse
Infektion mit virulentem Material. Wurden eine Stunde nach der intra¬
peritonealen Infektion nur wenige ccm Kochsalzlösung in die Bauchhöhle
gebracht, so trat nach einigen Stunden der Tod ein, während dieselbe
Giftmenge von Kontrollieren ohne nachherige Kochsalzlösunginjektion
vertragen wurde; als Ursache ist wohl eine Störung der im Gleich¬
gewichte befindlichen Resorptionsverhältnisse des Organismus zu be¬
trachten. Frühzeitige Kochsalzspülungen der infizierten Bauchhöhle
hatten denselben schädlichen Erfolg; kurz nach der Injektion der Koch¬
salzlösung ist eine starke Vermehrung der Keime im Blut nachzuweisen.
Die Beobachtung mahnt zur Vorsicht bei frühzeitigen Operationen der
Peritonitis. In der chronischen Resorption haben wir ein selbständiges
Heilmittel des Körpers zu sehen, das zur Heilung führt, wenn die ganze
zu resorbierende Giftmenge nicht die für den Körper tödliche Menge
erreicht oder überschreitet; sie wird durch Fibrinausscheidung und
Adhäsionsbildung im Peritoneum unterstützt. Klink (Berlin).
Centralblfttt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 20
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30«
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Diplococcus peritonitis. Von M. A. Winternitz. Orvosi Hetilap,
1906, No. 16.
In den letzteren Jahren lenkten besonders französische Autoreu
die Aufmerksamkeit darauf, dass der Diplococcus Frankel bei Kindern
oft teils zirkumskripte, teils allgemeine Peritonitis hervorruft, die einen
typischen klinischen Verlauf besitzt. Charakteristisch ist der plötzliche
Beginn mit Erbrechen und Diarrhoe. Nach dem 8.—10. Tage beginnen
die Symptome nachzulassen, aber Exsudat tritt im Bauche auf, das
langsam bis zum Nabel reicht. Indessen magern die* Patienten ab.
Wenn ein operativer Eingriff oder spontane Perforation durch den Nabel
erfolgt, so geht der Prozess gewöhnlich in Heilung über. Einen dies¬
bezüglichen Fall beobachtete und operierte Verf. im Stefanie-Kinder¬
spital zu Budapest bei einem 10 jährigen Knaben. Bei der Laparotomie
fand er die Dünndärme verklebt und nach oben disloziert. Den Unter¬
leib und das kleine Becken füllten 2 1 dicken grünlichen fibrinösen Eiters
aus, in dem Diplococcus Frankel in Beinkultur nachweisbar war.
J. Honig (Budapest).
Pneumococcic peritonitis. Von L. Erasmus Ellis. Brit. Med.
Journ., 3. Nov. 1896.
Ein 6 Jahre altes Mädchen erkrankte plötzlich am 7. Mai mit Er¬
brechen und Diarrhoe, abdominalen Schmerzen und häufigen dunklen
Stuhlentleerungen. Nach einer Woche setzte Obstipation ein, die durch
Klysmen behoben werden musste. Am 18. Mai abermals Beginn von
Diarrhoen, die bis zum 21. Mai anhielten. Abdomen vom Beginn deT
Erkrankung geschwollen, in der linken Flanke gedämpft, sonst tympa-
nitisch; der Schmerz allgemein, am stärksten links. Temperatur massig
gesteigert. Am 16. Mai von der linken Scapula nach abwärts Dämpfung
und Zeichen von Pneumonie.
Operation. Nach Eröffnung des Abdomens wurde ungefähr */« 1
dicken, grünlich gelben Eiters mit Fibrinflocken entfernt. Eiter fand sich
über der unteren Partie des Abdomens, namentlich im kleinen Becken
und auf der linken Seite. Gleichzeitig bestand eine beträchtliche Blutung
in das Becken, die durch Tamponade gestillt wurde. Die bakteriologische
Untersuchung ergab Pneumococcus. Durch rectale Kochsalzeingiessungen,
Brandy und subkutane Strychnin-Injektionen besserte sich der Zustand
der Patientin, die Sekretion liess allmählich nach und die Wunde heilte.
Unter 45 Fällen von lokaler Pneumokokken-Peritonitis heilten nach
Dr. Annaud und Mr. Bo wen 37. Von 46 Fällen der diffusen Form
kamen nur 6 davon. Herrnstadt (Wien).
Ueber Pneumokokkenperitonitis. Von Böbbers. Deutsche med.
Wochenschr. 1906, No. 23.
B. operierte mit Erfolg 3 Fälle von Peritonitis, wo die bakterio¬
logische Untersuchung Pneumokokken in Beinkultur ergab. Nach K.
kommt diese Erkrankung 3—4 mal so häufig bei Kindern vor als bei
Erwachsenen, und zwar erkrankt fast ausschliesslich das weibliche Ge¬
schlecht, während in späteren Jahren beide Geschlechter annähernd gleich
häufig beteiligt sind. Charakteristisch ist bei der Pneumokokkenperito¬
nitis, dass die anfangs stürmischen Erscheinungen, der Bauchschmerz, das
Erbrechen, Durchfall und Fieber, bald nachlassen und die Flüssigkeits¬
ansammlung mit Durchbruch durch den Nabel (fehlt bei Erwachsenen*
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I
in den Vordergrund tritt. Die Erkrankung wird leicht mit Appendicitis
verwechselt, häufig ißt es ganz unmöglich, die genauere Diagnose zu
stellen; bei Pneumokokkenperitonitis fehlt jedoch die reflektorische Bauch¬
deckenspannung, die bei Appendicitis meist vorhanden ist. Differential¬
diagnostisch kommen ferner noch Typhus und Peritonitis aus anderen Ur¬
sachen in Betracht.
Da von den bis jetzt bekannten 58 Fällen von Pneumokokkenperi¬
tonitis 51 Mädchen erkrankt waren, glaubt man, den Schluss ziehen zu
dürfen, dass die weiblichen Genitalien als Eingangspforte für die Krank¬
heitserreger in Betracht kommen.
Verf. glaubt, dass die Pneumokokken vom Darm her auf bis jetzt un¬
bekanntem Wege in die Bauchhöhle überwandern, da sie ja im Munde nach¬
gewiesen sind und von da leicht in den Magen und Darm gelangen können.
Die Prognose ist nicht gerade ungünstig, doch darf man mit der
Eröffnung der Bauchhöhle nicht zu lange warten. Von 57 Kindern
wurden 50 laparotomiert, von diesen starben 10, während die nicht
operierten bis auf 2 alle starben. Nicht so günstig ist die Prognose
für Erwachsene. W i e m e r (Aachen).
Pneumocoecic peritonitis in children; a study. Von W. Fraser,
Annaud und H. Bo wen. Lancet, 9. Juni 1906.
Es finden sich in der Literatur 91 Falle von Pneumokokkenperito-
niti« beschrieben, betreffend Kinder unter 15 Jahren. Dieselben lassen
sich einteilen 1. in jene, welche auf eine in irgend einem Körperteile
bestandene Pneumokokkeninfektion folgen, 2. jene, in welchen das Peri¬
toneum der zuerst ergriffene Teil war, 3. jene, welche sich infolge der
rapiden, allgemeinen Ausbreitung in keine der früheren Gruppen ein-
^ellen lassen. Von den 91 Fällen gehören 30 in die 1. Gruppe, 47 in
die 2., 14 in die 3.
Aetiologie. Der Autor beurteilt separat die primären und sekun¬
dären Fälle.
Sekundäre Fälle. Die primäre Läsion ist in der weitaus
grössten Mehrzahl in den Lungen zu suchen, in seltenen Fällen ist die
Ursache eine Erkrankung des Nabels, phlegmonöse Angina oder Otitis
ffledia. Es wurde die Frage aufgeworfen, ob in diesen Fällen von pulmo-
narem oder pleuralem Ursprung die peritoneale Infektion auf dem Wege
der Zirkulation zustande kommt oder durch Penetrieren des Pneumo-
coccus durch das Diaphragma. Verf. teilt die erster© Ansicht und wird
durch die Versuche von Burckhart darin bestätigt.
Primäre Fälle. Der wahrscheinlichste Weg, auf welchem der
Organismus Zutritt zum Peritoneum erhält, ohne lokale Läsion zu setzen,
sind die Eingeweide, daneben der Canal. Fallopii, die Tonsillen und das
Mittelohr. Unter 45 Fällen begann die Erkrankung 35 mal mit plötz¬
lichem Schmerz im Abdomen, Erbrechen und Diarrhöe; dies spricht für
Enteritis, welche sehr rasch zu Peritonitis führt. Die Autopsie in diesen
Fallen ergab keinen genügenden Aufschluss, da nur in einem Falle von
geschwollenen und hämorrhagischen Payer ’schen Plaques Pneumokokken
io der Mucosa gefunden wurden; zweifellos finden sich dieselben gelegent¬
lich im Lumen der Eingeweide und werden normalerweise durch den
Magensaft abgetötet.
Wahrscheinlich ist in einer Reihe von Fällen Appendicitis die Ur-
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Sache der Peritonitis, doch häufiger bei Erwachsenen als bei Kindern;
auch das weibliche Genitale ist häufig die Eingangspforte für die Infektion.
Klinische Charaktere. Es lassen sich hier 2 Typen unter¬
scheiden: die zirkumskripte und die diffuse Peritonitis und diese wieder
werden eingeteilt in primäre und sekundäre Gruppen.
1. Die primäre zirkumskripte Pneumokokkenperitonitis hat 3 Phasen :
a) die meteoristische, b) exsudative, c) perforative. Die 1. Phase ist
charakterisiert durch akuten Beginn mit rasch über das ganze Abdomen
ausstrahlenden Schmerzen, Erbrechen in der Dauer von 12 Stunden bis
zu 6 Tagen, anhaltende Diarrhöe, Fieber, welches jedoch in der Kegel
nicht sehr hoch ist, zeitweise Albuminurie; diese 1. Phase dauert 10 bis
14 Tage. In der 2. Phase kommt es zur Exsudation und zur Bildung
eines lokalen Abscesses, wobei zunächst eine lokale Schwellung und
Resistenz auftreten. Die Lage des Abscesses ist gewöhnlich subumbiiical
und lateral; mit der Zeit kommt es zu einer kompletten Füllung des
Abdomens, doch bleibt im Epigastrium die Resonanz des Magens stets
erhalten. Die Temperatur ist leicht gesteigert, an Stelle der Diarrhoe
tritt Obstipation; Erbrechen ist selten. Die 3. Phase tritt ein, wenn
chirurgische Behandlung nicht Platz gegriffen hat; sie besteht in der
natürlichen Bemühung, den Abscess zu entleeren, und tritt gewöhnlich
1 Monat nach Beginn der Erkrankung ein. Die Durchbruchstelle ist
gewöhnlich die Nabelgegend, selten die Vagina oder die Blase. Nach
der spontanen Entleerung kann Heilung eintreten, öfter jedoch erfordert
die Retention von Eiter chirurgische Behandlung.
2. Sekundäre zirkumskripte Pneumokokkenperitonitis. Hier ist der
Symptomenkomplex verschieden, je nachdem die Peritonitis sofort auf
die primäre Manifestation folgt oder erst einige Tage später. Auch
hier lassen sich 3 Phasen unterscheiden, welche dem oben besprochenen
Bilde entsprechen. Die primäre Läsion ist in der Regel Pneumonie
oder Arthritis.
3. Die primäre diffuse Pneumokokkenperitonitis ist charakterisiert durch
den plötzlichen Beginn, die Schwere der Symptome, die rasche Prostra¬
tion des Patienten und einen frühen Tod. Die Symptome sind jene der
1. Phase der zirkumskripten Peritonitis, differieren jedoch durch grosse
Virulenz und Persistenz; sehr rasch bildet sich die abdominale Facies aus mit
trockener Zunge, Delirien, kalten Extremitäten und Cyanose. Die Tem¬
peratur schwankt zwischen 100 u. 102 0 F., der Puls zwischen 140 u. 160.
4. Sekundäre diffuse Pneumokokkenperitonitis. Hier treten viel
früher die Zeichen der Peritonitis ein als in der lokalisierten Form, häufig
associiert mit Pericarditis, Pneumonie oder Empyem; dabei kann es ge¬
schehen, dass in dieser septischen Form die lokale Manifestation so ver¬
borgen ist, dass die klinische Diagnose dadurch unmöglich war.
Pathologische Anatomie. Der Eiter ist geruchlos, der fibri¬
nöse Charakter ist gekennzeichnet durch eine Lymphschicht an den Wan¬
dungen der Cavität und durch die Anwesenheit von gallertartigen Massen
im Eiter, wodurch es zu einer innigen Mischung der purulenten und
fibrinösen Elemente kommt. Die fibrinöse Schicht ist grauweiss oder
bildet bei Anwesenheit von Eiter eine grünlichgelbe, gelatinöse Membran,
manchmal von hämorrhagischem Charakter. Wenn die Autopsie länger
als 24 Stunden nach dem Exitus gemacht wird, ist der Eiter übelriechend.
Die lokale Pneumokokkenperitonitis ist gewöhnlich subumbiiical und
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beruht auf früher Ablagerung von Lymphe, wodurch der grössere Teil
der Abdominalcavität abgeschlossen wird ; dabei können sich auch mehrere
Abscesse bilden.
Im Magen oder in den Oedärmen fand sich keine makroskopische
Läsion, in 2 Fällen Hypertrophie der Payer ’schen Plaques. Mikroskopisch
fanden sich in den Plaques sowie in der Milz Gram-positive Diplokokken,
morphologisch identisch mit dem Pneumococcus.
Diagnose. Zirkumskripte Peritonitis kann diagnostiziert werden,
während die diffuse Form in der grösseren Mehrzahl schwer, wenn nicht
unmöglich zu erkennen ist.
Die Kardinalsymptome für die zirkumskripte Form sind: Erbrechen,
Diarrhoe und abdominale Schmerzen mit gleichzeitiger plötzlicher Tem¬
peratursteigerung ; Herpes labialis ist nur zeitweise vorhanden. Bei der
Differentialdiagnose handelt es sich um die Unterscheidung von anderen
Formen von Peritonitis, Appendicitis, Typhus abdomin. und Tubercul.
peritonei. In den ersten beiden Fällen ist die Entscheidung nur schwer
zu treffen, wenn nicht der Schmerz hauptsächlich in der rechten Fossa
iliaca lokalisiert ist — Appendicitis. Gegenüber Typhus kommen in
Betracht das Fehlen der Roseola und Milzvergrösserung, die Anwesenheit
einer Leukocytose und negativer Widal. Für die Diagnose der Tubercul.
peritonei kommt die Vorgeschichte der Erkrankung in Betracht, ferner
die Entscheidung durch Punktion des Exsudates. Die diffuse Form der
Pneumokokkenperitonitis ist ebenfalls vom akuten Beginn eines Typhus
und von Perforationsperitonitis zu differenzieren. Die Diagnose kann nur
durch die Untersuchung des bei der Operation gewonnenen Eiters erfolgen.
Die Prognose hängt von 3 Faktoren ab: 1. ob die Peritonitis
lokal oder diffus ist, 2. ob die Operation zur richtigen Zeit ausgeführt
wurde, 3. ob Komplikationen schon früher bestanden haben oder bestehen.
Eine tabellarische Zusammenstellung ergibt Heilung in 86 °/ 0 bei der
zirkumskripten Form, nur in 14 °/ 0 bei der diffusen Form.
Behandlung. Laparotomie, womöglich bevor ein distinkter Abscess
sich bildet: der Charakter des Eiters ergibt die Diagnose. Zusammen¬
fassend lässt sich folgendes sagen: 1. Pneumokokkenperitonitis ist im
Kindesalter verhältnismässig selten. 2. Sie ist in einem Drittel der Fälle
die Folge einer entfernten Pneumokokkeninfektion, gewöhnlich der Lunge
oder Pleura, manchmal des Mittelohres; die Infektion erfolgt auf dem Blut¬
wege. 3. In den übrigen 2 / 8 geht die Infektion von den Eingeweiden
aus. 4. In der Hälfte der Fälle ist der Eiter abgesackt. 5. In der
anderen Hälfte besteht diffuse Peritonitis. 6. Es bestehen charakteristische
pathologische Erscheinungen.
Zum Schlüsse folgt die Beschreibung von 16 selbst beobachteten
Erkrankungen. Herrnstadt (Wien).
B. Milz.
Diagnostic des sptenomegalies chroniques. Von Dr. Emile Weil
und A. Clerc. Gazette des höpitaux, 1905, No. 137.
In einer ausführlichen Arbeit geben die Verff. eine Darstellung der
klinischen Symptomatologie der chronischen Milztumoren und deren
Aetiologie. Der besseren Uebersicht halber unterscheiden sie 1. das
Syndrome spläno-adänique, 2. das Syndrome häpato-splenique, 3. das
Syndrome splänique pur, wobei sie sich dessen bewusst sind, dass eine
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scharfe Trennung dieser 3 Typen nicht möglich ist. Innerhalb jeder
einzelnen der Qruppen können vor allem die Krankheiten des häm&to-
poetischen Apparates und die Infektionskrankheiten voneinander ge¬
schieden werden. Ueberdies gehört zur 2. Gruppe eine Reihe von
Lebererkrankungen, wie die verschiedenen Formen der Cirrhose, der
chronischen Angiocholitis und des chronischen Icterus. Die 3. Gruppe
teilen die Verff. nach dem Blutbilde ein in Splenomegalie mit Polyglobulie
und Splenomegalie mit Anämie; auch hier müssen die verschiedenen
Formen der Erkrankung des hämatopoetischen Apparates sowie Krank¬
heiten der Leber (z. B. Banti) und die Infektionskrankheiten unter¬
schieden werden. Schliesslich gehören hierher die Neubildungen der Milz.
Bezüglich der Therapie sei hier nur hervorgehoben, dass die Verff.
trotz mancher Erfolge der Splenektomie von der Operation im allge¬
meinen abraten. Ueber die Erfolge der Radiotherapie kann ein ab¬
schliessendes Urteil noch nicht gefällt werden. A. Götzl(Wien).
Wandering spieen; haemorrhage with in the capsule. splenectomy.
recovery. Von Charles P. Childe. British Medical Journal.
23. Dezember 1905.
54 Jahre alte Patientin, stets gesund, 2 Monate vor der Spitals¬
aufnahme am 5. November 1904 Influenza, während der Rekonvalescenz
plötzliches Auftreten von Schmerzen in der Unterbauchgegend und Er¬
brechen, palpatorisch ein Tumor in dieser Region nachweisbar, welcher
mehr die linke Seite einnahm, bis zu einem gewissen Grade seitlich be¬
weglich, nach oben unbeweglich, rundlich, von weicher Konsistenz. Vaginal
links vom Uterus eine Resistenz tastbar, Uterus retrovertiert. Die Diagnose
lautete: Ovarialcyste mit Stieldrehung, Blutung in die Cyste und Peritonitis.
Operation am 10. November 1904. Nach Eröffnung der
Peritonealhöhle zeigt sich ein cystischer Tumor, überall mit dem Netze
verwachsen, Punktion mit dem Troicar ergibt dunkles Blut. Nach
Erweiterung der Wunde zeigt eich der Tumor in der linken Fossa
iliaca fixiert und bei völliger Lösung der Adhäsionen wird dessen oberer
Teil als oberer Milzpol erkannt; es handelte sich um eine Wanderniere
mit einer ausgedehnten Cyste, wobei die äussere und hintere Oberfläche
der Milz deren untere Wand bildete. Beim Versuche, den Tumor her¬
auszuheben, reisst das Milzgewebe ein und es erfolgt Blutung in die freie
Bauchhöhle; nach Ligatur des Stieles kann der Tumor entfernt werden.
Die normale Lage der Milz ist schräg und sie ist gegen die Mittel¬
linie fixiert; infolge dieser Position muss beim Herabsinken der obere
Milzpol mehr gegen die Mittellinie zu liegen kommen, das ganze Organ
also mehr horizontal gelagert sein. In der weiteren Folge der Drehung
bildet sich schliesslich eine Schräglage heraus mit dem oberen Pol zu tiefst,
wobei der Stiel von links nach rechts und von oben nach unten gedreht
erscheint. Die langsame Stieldrehung kann symptomlos verlaufen, die plötz¬
lich eintretende jedoch macht Erscheinungen von Peritonitis und Blutung.
Die gefährlichen und dringenden Symptome sowie die zahlreichen
Adhäsionen Hessen die Splenektomie der Splenopexie vorziehen.
Die Cyste lag in obigem Falle zwischen Kapsel und Milzpulpa und
war durch plötzliche Blutung infolge Reissens eines Gefässes während
einer akuten Attacke entstanden; die wahrscheinliche Ursache ist Stiel¬
drehung mit folgender umschriebener Peritonitis.
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Nach Splenektomien beobachtet man eine gewisse Schwäche, Durst,
Schläfrigkeit, doch lassen sich diese Symptome durch Darreichung von
Schafmilz, rohem Knochenmark, Lebertran und Arsenik bekämpfen;
manchmal Hypertrophie der oberflächlichen Lymphdrüsen. Eine Blut-
untersuchung, die in obigem Falle 3 Monate nach der Operation gemacht
wurde, zeigte Verminderung der weissen Blutkörperchen (7000); patho¬
logische Symptome zeigte Patientin durchaus keine.
Herrnstadt (Wien).
A case of enlarged wandering spieen; splenectomy. Lancet, 14. Juli
1906.
Eine 21 Jahre alte Frau wurde am 24. März 1905 wegen Schmerzen
und Schwellung im Abdomen und gelegentlichen Erbrechens ins Spital
geschickt. Sie hatte die gewöhnlichen Kinderkrankheiten durchgemacht,
mit 12 Jahren bekam sie Icterus, mit 13 Jahren Ulcerationen an
beiden Beinen nach vorhergegangener Schwellung; mit 19 Jahren
eine Influenzaattacke. Menstruation begann mit 17 Jahren, unregel¬
mässig, gering, in der Dauer von 2 Tagen. 2 Jahre vor der Aufnahme
ins Spital wiederholte sich die Gelbsucht und Pat. bemerkte eine harte
•Schwellung in der linken Bauchseite, beweglich, in der Grösse variabel.
In der letzten Zeit bestanden gelegentlich Schwäche und Erbrechen, gleich¬
zeitig schien der Tumor grösser zu werden. Die Diagnose schwankte
zwischen vergrösserter linker Niere und linksseitigem Ovarialtumor. Am
1. April w r urde ein harter Tumor in der linken Lumbar-Umbilical- und
hypogastrischen Region gefühlt; bei der Untersuchung per vaginam lag
der untere Pol vor dem Uterus. Nach Eröffnung des Abdomens erwies
sich der Tumor als vergrösserte Milz, welche um die vertikale Achse
rotiert war, mit Torsion des Stieles. Nach Abbindung des Stieles wurde
Organ entfernt, es wog 47 Unzen.
Nach der Operation klagte Patientin über Schmerzen in der linken
Seite. Am 2. Tage geringe Ausdehnung des Abdomens; Puls 112,
Temperatur 101 0 F. Am 3. Tage war an der linken Basis leichtes
pleurales Reiben hörbar; nach vorübergehender Steigerung am 10. Tage
blieb die Temperatur vom 15. Tage an normal.
Die Blutuntersuchung am 18. April ergab folgendes Resultat: Ery-
fhrocyten 4 000 000, Hämoglobin 70°/ 0 , Leukocyten 10000, davon poly¬
morph o-nukleäre 68%, kleine Lymphocyten 23%, grosse Lymphocyten
5 %, eosinophile 8%. Die mikroskopische Untersuchung der Milz zeigte
keine Abweichung von der Norm. Herrnstadt (Wien).
Ober einen Fall von operativ geheiltem Milzabscess nach Typhus
abdominalis. Von Federmann. Deutsche med. Wochenschrift
1905, No. 15.
F. operierte mit gutem Erfolge einen Milzabscess, der sich im An¬
schluss an Typhus abdominalis entwickelt hatte. Verf. weist vor allem
auf die differentiell wichtige Hyperleukocytose hin. Während bei un¬
kompliziertem Typhus eine Hypoleukocytose vorhanden ist, trat hier in
der 2. Woche eine Vermehrung der weissen Blutkörperchen ein, die auf
eine Eiterung* im Körper schlieesen liess, wohingegen das vorhandene
Fieber den Gedanken eines Recidivs hätte hervorrufen können, zumal
die Patientin vorher fieberfrei *war. Die benachbarte Pleura war eben¬
falls entzündet (Exsudat).
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W i e m e r (Aachen).
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Bin operativ geheilter Milzabscess nach Typhus abdominalis. Von
Esan. Deutsche med. Wochenschr. 1905, No. 28;
Verf. beobachtete einen Fall von Milzabscess nach Typhus abdomi¬
nalis, der durch Operation geheilt wurde (im Eiter Typhusbazillen). E.
hat in der Literatur 20 ähnliche Fälle gefunden. Von diesen sind 13
ohne Operation gestorben; 5 wurden mit Erfolg operiert.
Wiemer (Aachen).
A case of haemorrhagic cyst of the spieen. Von W. L. Harnett.
Lancet, 19. Januar 1907.
Patient acquirierte 7 Wochen vor der Spitalsaufnahme eine Ge¬
schwulst am linken Oberschenkel oberhalb des Knies, die an Grösse
rasch zunahm und sich als pulsierende Schwellung vom Charakter eines
Poplitealaneurysmas präsentierte. Es bestanden allgemeine Arteriosklerose.
Vergrösserung der Leber und Milz, der Urin enthielt Spuren von Al-
bumen. Der Umfang des Beines über der Geschwulst wuchs innerhalb
dreier Tage von 14 x / 2 auf 15 8 / 4 Zoll. Am übrigen Körper war ein
pustulöses Ekzem. Am 28. November 1906 wurde die Femoralarterie
ligiert. In den folgenden Tagen stieg die Temperatur an, es entstand
Eiterung in der Umgebung des Aneurysmasackes und die Suppuration
der Pusteln am Beine wurde intensiver. Am 3. Dezember wurde über
dem Sack eine Inzision gemacht, ohne jedoch denselben zu eröffnen.
2 Tage später Exitus letalis.
Nekropsie. Der Sack war mit vereiterten Blutcoagula gefüllt,
die Femoral- und Poplitealarterie zeigten vorgeschrittenes Atherom. Mi¬
tral- und Aortenklappen verdickt ohne frische Auflagerungen. Die
Aorta atheromatös. Leber vergrössert, cirrhotisch, desgleichen die Nieren.
Die Milz war in eine enorme, unilokuläre Cyste umgewandelt, mass 10
zu 6 Zoll und war dunkelblau. Die Cyste enthielt x / a Liter dunkler,
bräunlicher Flüssigkeit, die als verändertes Blut erkannt wurde; die
Hauptsubstanz der Milz lag an der äusseren und hinteren Wand der
Cyste, an 2 Anteilen nahe dem Hilus und dazwischen verlief eine breite
Schicht, welche die Cyste in 2 Anteile, einen oberen und unteren, teilte.
Die Cystenwand hatte eine Dicke von x / 8 —*/ 4 Zoll und bestand grössten¬
teils aus fibrösem Gewebe. Mikroskopisch war zwischen Milz und Cyste
ein fibröses Gewebe ; die Malpighi’ sehen Körper waren gut entwickelt,
über dem ganzen Schnitt war reichliche Pigmentausstreuung. In den
dickeren Anteilen der Cyste liessen sich 3 Schichten unterscheiden, eine
äussere fibro-muskuläre, eine innere fibröse und eine innere, bestehend
aus den Besten des Milzgewebes mit fibrösen Veränderungen. In den
inneren Schichten war viel Pigment nachweisbar, dasselbe gab die Re¬
aktion des freien Eisens. Amyloide Degeneration bestand nicht. Die
Leber war cirrhotisch mit reichlicher Fettnekrose, die Lebergefässe zeigten
amyloide Degeneration; in den Nieren war interstitielle Nephritis.
Nach Heinricius unterscheidet man: a) seröse Cysten, gewöhnlich
multipel infolge von Dilatation der Lympligefässe; b) hämorrhagische
Cysten, unilokulär, entstanden durch Ruptur eines Milzgefässes mit Ein¬
kapselung der Blutextravasates. Hierher gehört auch der oben beschriebene
Fall. Patient hatte einmal auch Malaria durchgemacht, wodurch die
Resistenzfähigkeit des Organes ebenfalls herabgesetzt wird. Dies im
Verein mit Atheromatose und Amyloidose bewirkt selbst bei geringfügigen
Ursachen ausgedehnte Blutungen. Herrnstädt (Wien).
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Echinococco primitivo suppurato in milza malarica. Splenectomia.
Guarigione. Von Giannettasio. Riforma medica 1905, No. 25.
Eine 38 jährige Arbeiterin hat mit 12 Jahren zum ersten Male Malaria
dnrchgemacht; vor 5 Jahren abermals Malaria, durch 4 Jahre mit ge¬
ringen Remissionen andauernd, im vergangenen Jahre mit Chinin be¬
handelt; ziemlich beträchtlicher Milztumor wurde damals konstatiert.
Seit 1904 bemerkt Patientin einen kleinen Tumor in der Nabelgegend,
der in der letzten Zeit bedeutend gewachsen ist. Die Untersuchung
ergab neben grossem Milztumor in der Nabelgegend einen runden, glatten,
elastischen, etwas fluktuierenden, sehr beweglichen Tumor von mehr als
Faustgrösse, vom Milztumor durch eine tympanitische Zone getrennt.
Diagnose: Echinococcus juxtasplenicus. Bei der Laparotomie findet sich
diese Diagnose bestätigt, der Tumor hängt durch einen Stiel mit der
Milz zusammen: die Cyste enthält flüssigen, geruchlosen Eiter; bei dem
Versuch, sie abzutragen, zeigt es sich, dass sie mit einer zweiten, im
Innern der Milz befindlichen Cyste kommuniziert, die gegen 6 Liter
Eiters enthält. Darauf wurde sofort die Spienektomie gemacht, die
Wunde drainiert; nach 14 Tagen konnte Patientin das Bett, nach
ß Wochen das Spital verlassen. — Die histologische Untersuchung der
Milz ergab neben den Echinococcuscysten alle Zeichen des chronischen
malaiischen Milztumors.
Im Anschluss an diesen Fall bespricht Verf. die Häufigkeit, die
Diagnostik und operative Behandlung der Echinokokken der Milz.
H. F. Grünwald (Wien).
Contusion violente de l’abdomen chez un enfant de dix ans, laparo-
tomie 21 heitres apr&s l’accident, rnpture de la rate, splänectomie,
gulrison. Von Latouche. Bull, et möm. de la Societe de Chi¬
rurgie de Paris. Seance du 22 novembre 1905.
Sturz von 5 m Höhe, Anstossen der rechten Bauchseite an einen
Stein. Patient konnte gehen, klagte nur über Schmerzen im Bauch;
nachts erbrach er die nach dem Trauma genossene Milch. Am anderen
Tage Puls 130, Temperatur 37,2, Aussehen des Gesichts normal, Ab¬
domen im Bereich der Fossae iliacae empfindlich, leicht balloniert.
Mediane Laparotomie vom Schwertfortsatz bis zur Symphyse, reich¬
lichst schwarzes Blut, Darm gelähmt, stark ausgedehnt. Nach voll¬
ständiger Evisceration fand sich eine Ruptur der Milz von der Mitte
des vorderen Randes bis zum Hilus; Abbindung des Stieles, Entfernung
der Milz, sonst keine Verletzung zu konstatieren. Reposition der Därme,
die wegen der Blähung schwer gelingt, Schluss der Wunde mit Drainage
der Milzgegend. Nach der Operation an den nächsten Tagen Fieber und
Erbrechen; Abdomen aufgetrieben. Patient bekommt Infusionen und
Coffein. Allmählich Besserung, nach 3 Wochen geheilt entlassen. Blut¬
befund vor dem Abgang: Erythrocyten 4 800000, Leukocyten 3 809
(polynukleäre 74 °/ 0 , Lymphocyten 25°/ 0 , eosinophile 1 °/ 0 ), also zweifellos
Verminderung der Leukocyten, speziell der Lymphocyten. Besonders
interessant erscheint, dass die Milzruptur bei einem Trauma der rechten
Heite eintrat, offenbar dadurch, dass dem Contrecoup zwischen Rippen¬
bogen und grosser Curvatur des Magens die unbewegliche Milz nicht
aasweichen konnte. R. Paschkis (Wien).
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Eosinophilie consäcutive ä l’ablation de la rate chez Thomme.
Von Moynier de Villepoix. Comptes rendus de la Societe de
Biologie, 1905, No. 23.
Bei einem Patienten, bei dem eine totale Splenektomie vorgenommen
wurde, ergab die Blutuntersuchung unmittelbar vor der Operation: rote
Blutkörperchen 4 050000, weisse Blutkörperchen 147 000, und zwar poly¬
nukleäre 90 °/ 0 , mononukleäre 10 °/ 0 (8 % grosse» 2 % kleine), eosino¬
phile 0 °/ 0 . 2 Monate später verliess der Patient geheilt das Spital: der
Blutbefund war damals folgender: rote Blutkörperchen 3 260 000, weisse
Blutkörperchen 390 000, und zwar polynukleäre 60,2 °/ 0 , mononukleäre
34,6 °/ 0 (2,6 °/ 0 grosse, 32 °/ 0 kleine), eosinophile 5,2 °/ 0 . Diese Befunde
stehen im Einklänge mit den Ergebnissen der Versuche, die von Simon
und Spillmann am Meerschweinchen außgeführt wurden.
H. F. Grünwald (Wien).
C. Nebenniere.
Ein Fall von Morbus Addisonii infolge entzündlich-hyperplastischer
Wucherung beider Nebennieren auf traumatischer Grundlage.
Von R. Borrmann. Deutsches Archiv f. klin. Medizin, Bd. LXXX VI.
Ein 31 jähriger, kräftiger, robuster, stets gesunder Mann von 181 Pfund
Körpergewicht erleidet einen Unfall derart, dass er von einem hoch¬
beladenen Mistwagen herabfällt, und zwar mit der rechten Seite auf dir
Kante einer offenstehenden Kiste; schwere Kontusionen der rechten Seite.
Fraktur dreier Rippen rechts, lange dauerndes Krankheitslager. Ln
Verlauf der nächsten Jahre wird eine braune Verfärbung der Haut zum
erstenmal bemerkt, bald darauf dunkle Flecken in der Mundschleimhaut.
Später treten Abmagerung und Mattigkeit auf sowie gastrische Krisen
mit Erbrechen, Speichelfluss, Schwindelanfälle, PulsbeBchleunigung usw.
Auf Grund der drei Symptome: Pigmentierung der Haut und Schleim¬
haut, gastrische Krisen und Abmagerung wird die Diagnose Morbus
Addison gestellt. Die Sektion ergibt als Hauptbefund eine Umwandlung
beider Nebennieren in grosse derbe Knoten unter völligem Schwund der
Nebennierensubstanz. Die bindegewebige Wucherung strahlt in das
Zwerchfell und in das prävertebrale Gewebe aus, so dass auch die Sympa-
thicusganglien grösstenteils zugrunde gegangen sind. Yerf. glaubt auf
Grund seiner histologischen Untersuchung, dass es sich nicht um Neben¬
nierentumoren handelt, sondern um eine Vergrösserung beider Neben¬
nieren infolge chronischer hyperplastischer Bindegewebswucherung, die
dauernd im Fortschreiten begriffen war. Ueberdies hält Verf. seinen
Fall für den ersten veröffentlichten Morbus Addison mit sicher trauma¬
tischer Aetiologie. Leider ist der Fall sowohl klinisch als auch patho¬
logisch-histologisch nicht eingehend genug studiert worden, so dass sich
nach den Abbildungen und der Beschreibung andere Prozesse in den Neben¬
nieren nicht mit Sicherheit ausschliessen lassen. Völlig unklar bleibt
jedoch der Umstand, warum bei einem Trauma, das lediglich die rechte
Rumpfseite betraf, beide Nebennieren so übereinstimmende Veränderungen
aufweisen. Es ist deshalb mehr als fraglich, ob der vorliegende Fall
wirklich ein sicher traumatischer Addison ist und ob man nicht auch
hier an ein post hoc ergo propter hoc denken muss.
H. Raubitschek (Wien).
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Zar Diagnose der Nebennierengeschwfilste. Von Israel. Deutsche
med. Wochenschr. 1905, No. 44.
I. beobachtete 9 Fälle von Nebennierentumoren, die er betreffs der
Diagnose in 5 Kategorien teilt. Zur ersten Klasse rechnet er die Fälle,
bei denen kein Tumor zu fühlen ist, noch irgend ein Symptom auf die
Nebenniere hinweist, sondern nur Metastasen auf das Vorhandensein eines
malignen Tumors schliessen lassen. Bei den Fällen der 2. Kategorie ist
auch kein Tumor zu fühlen, aber es sind Erscheinungen vorhanden, die
auf eine Erkrankung der Nebenniere hin weisen: Hämaturie, schmerz¬
hafte Paroxysmen resp. Parästhesien im Ausbreitungsgebiet des Plexus
lumbalis. Zur Differentialdiagnose zwischen Nierensteinen oder anderen
Erkrankungen hilft uns das Röntgenbild. Die schmerzhaften Paroxysmen
im Gebiete des Lumbalplexus entstehen durch Uebergreifen der Geschwulst
auf die Nerven wurzeln. Während dieses bei Tumoren der Niere wegen
der starken fibrösen Kapsel erst relativ spät geschieht, erfolgt es bei
der Nebenniere schneller. Ein wichtiges Phänomen von diagnostischer
Bedeutung sind die Fieberbewegungen, die bei Nierentumoren sehr selten
auftreten, bei NebennierengeschWülsten jedoch relativ häufig (57 °/ 0 ).
Die 3. Klasse ist dadurch charakterisiert, dass ein Tumor gefühlt wird,
der von der Nebenniere stammt, während die unbeteiligte Niere un-
fühlbar ist. Am leichtesten ist die Diagnose bei der 4. Klasse, wo der
Tumor und die unveränderte Niere gefühlt werden. Bei der 5. Gruppe
sind Nebennierentumor und Niere so miteinander verwachsen, dass die
beiden palpatorisch nicht voneinander zu unterscheiden sind.
Da die Nebennierentumoren erst relativ spät erkannt werden, ist
die Prognose eine sehr schlechte; von den operierten Patienten überlebte
keiner den Eingriff länger als ein halbes Jahr.
Wiemer (Aachen).
Leber Struma suprarenalis cystica haemorrhagica. Von Henschen.
v. Bruns ? Beitr. z. klin. Chir. 1906, Bd. XLIX.
Die Blutcysten der Nebenniere kommen selten vor, sie können un¬
geheuer gross werden, können platzen und in die Bauchhöhle durch¬
brechen, können lebensgefährliche Störungen verursachen. Die unmittel¬
bare reelle Operationsmortalität ist unheimlich gross; namentlich die
malignen Epinephrome geben wenig Hoffnung auf eine auch nur kurz¬
dauernde Genesung. Histologisch-pathologisch kann man die heterogenen
Cysten folgendermassen ein teilen: 1. Fremdkörpercysten (parasitäre
Cysten): Echinococcus uni- et multilocularis; 2. echte Cysten (Cystome):
a.J epitheliale Cysten: Follicularcysten und Flimmerepithelcysten, b) endo¬
theliale Cysten: Lymphangiektasien und Lymphangiome; 3. falsche Cysten
(Cystoide): a) tuberkulöse, b) Erweichungscysten, c) Blutcysten, ent¬
standen durch hämorrhagischen Zerfall oder sekundäre Metamorphose
primärer echter Cysten. — Am häufigsten sind lymphatische Cysten 1 je¬
schrieben ; Echinokokken sind sehr selten. Die autoekthonen Epithel¬
cysten entstehen entsprechend der cystischen Follicularstruma der Schild¬
drüse aus den epithelialen Zellschläuchen. Die Erweichungscysten wurden
in den sogenannten aberrierten Nebennierenstrumen, besonders der Niere,
häufig beobachtet. Nebennierenhämatome entstehen oft durch Erweichung
oder hämorrhagischen Zerfall primär struinöser Nebennieren. Beim
Neugeborenen sind traumatische Nebennierenblutungen häufig, können
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wohl auch eine Verödung des Organes herbeiführen, verschwinden aber
gewöhnlich spurlos. Blutungen bei Erwachsenen, die seltener sind, können
folgende Ursachen haben: 1. Trauma, 2. hämorrhagische Diathese (Leu¬
kämie, Diabetes, Schrumpfniere, toxische Blutung), 3. Thrombose der
Nebennierenvenen, 4. bakterielle Kapillarembolien. — Nach dem klinischen
Bilde kann man folgende Einteilung machen: a) Peritonealtypus: das
Hämatom durchbricht die Kapsel extra- oder intraperitoneal, b) kapsu-
läre Insufficienz: Anämie, Muskelschwäche, Prostration, Abmagerung.
Diarrhoe, selten Melanodermie, c) Nebennierenapoplexie: Delirien, Kon¬
vulsionen, Coma, rascher Exitus im hypothermischen und synkopalen Zu¬
stand. — Grosse Blutcysten sind wohl nicht auf ein Trauma zurückzu¬
führen ; sie können eine cystoide Umwandlung erfahren. Bei den benignen
und cystischen suprarenalen Tumoren fanden sich nie Melanodermie, die
immer als sicherstes Zeichen der gestörten Nebennierenfunktionen galt,
und andere Pigmentanomalien. Diese Addison’schen Kardinalzeichen
treten erst bei einer Erkrankung aller chromophilen Zellen ein, die sich
in Nebennieren, Symphaticus und seinen Ganglien und den Paraganglien
finden; bei einer Geschwulst einer Nebenniere brauchen also nicht die
kompensatorische Hypertrophie der anderen Nebenniere, accessorische
Nebennieren und vikariierende Tätigkeit maligner Geschwulstzellen heran¬
gezogen zu werden, um das Fehlen der Melanodermie zu erklären. Die
grossen Cysten wachsen sehr langsam, ihre Entwicklung wurde bis
20 Jahre lang verfolgt. Gewöhnlich treten zuerst die Zeichen einer
Pleurodynie, d. h. unbestimmte, schmerzhafte Empfindungen in der Tiefe
des Hypochondriums auf, besonders nach der Nahrungsaufnahme. Dazu
gesellen sich sehr heftige, mit Unterbrechung auftretende paroxysmale
Schmerzanfälle und Krisen mit Uebelkeit und Erbrechen, wie sie aber auch
bei Pankreas- und Milzcysten ähnlich beobachtet werden. Sie entstehen
durch Volumszunahme der Cyste, infolge Blutung in dieselbe und sind
nicht zu verwechseln mit den Schmerzanfällen und Parästhesien im
Lumbalplexus, die durch Ueberwuchern maligner Epinephrome auf die
Nerven wurzeln entstehen. Allmählich gesellen sich schwere Zirkulations¬
und Respirationsstörungen, Ausweitung und Defiguration der kranken
Brustseite, Erscheinungen eines pleuralen Ergusses hinzu. Im Gegensatz
zu Pankreascysten, die gewöhnlich ausserordentlich beweglich sind, sind
die Nebennierencysten fast unbeweglich, machen keine Atmungsbewegungen
mit, liegen natürlich immer hinter dem Magen. Sie können mit fest¬
sitzenden Pankreascysten und Cysten der Wolff’schen oder Müll er¬
sehen Körper verwechselt werden. Sie wachsen auch über die Mittellinie
hinaus, während die Nierencysten sich gewöhnlich caudalwärts entwickeln.
Typisch ist ihr Sitz in der Zwerchfellkuppel. Eine starke Eosinophilie des
Blutes spricht für Echinococcus. Bei mehr als der Hälfte primärer Neben¬
nierentumoren wurden Temperatursteigerungen von sehr verschiedenem
Typus beobachtet. Ziemlich häufig sind sie von entzündlichen Gelenk¬
erscheinungen begleitet. Die Neigung zur Metastasierung ist sehr gross.
Die Operationsresultate sind beim malignen Lyphom schlecht. Die
einseitige solitäre Nebennieren tuberkulöse und die grossen hämorrhagischen
Cystome und Cystoide, die allerdings beide recht selten sind, bieten
bessere Operationsaussichten. Die transperitoneale Operation ist der
lumbalen vorzuziehen. Womöglich ist die Cyste radikal zu entfernen,
sonst wenigstens zu punktieren oder offen zu drainieren. Die Ent-
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fernang einer Nebenniere zieht keine Störung nach 8ich 7 da das zurück-
gelassene Organ eine kompensatorische Hypertrophie eingeht. Beide
Nebennieren dürfen wegen der Bedeutung derselben für die Bindung
und Entgiftung gewisser Körpertoxine nicht entfernt werden.
Klink (Berlin).
Contributo alla chirargia delle capsule surrenali; voluminöse flbro-
sarcoma, estirpazione, guarigione. Von Dr. Ant. De-Cortes.
Clinica chirurgica, 30. Nov. 1906.
Nach physiologischen Forschungen ist die komplette Entfernung der
Nebennieren mit dem Fortbestände des Lebens unvereinbar, wenn nicht
Xoduli succenturiati bestehen, die sich häufig abdominal längs des Sym¬
pathien finden. Die Nebennieren haben eine hervorragende antitoxische
Funktion für Bakteriengifte und speziell für die muskulären, die sich
sonst im Blute anhäufen und die muskuläre Erregbarkeit und Kontrak¬
tilität herabsetzen; sie haben ferner eine vasotonische Aktion und stehen
auch in Beziehung zu den sexuellen Funktionen. VonGrawitz stammt
die Idee, dass viele Nierentumoren in der Nebenniere ihren Ursprung haben ;
es wurde in zahlreichen Werken das Vorhandensein von accessorischen Neben¬
nieren nachgewiesen, sowohl im Abdomen als auch namentlich in der Um¬
gebung des Urogenitaltractes, und es gelang durch Einimpfen derselben
Nierenlipome und cystenähnliche Bildungen zu erzeugen. Die Diagnose und
Symptomatologie der Tumoren sind unsicher; die Hautpigmentierung findet
sich nur in einer beschränkten Anzahl von Erkrankungen, die anderen
Symptome sind allgemeiner Natur: Kräfte Verlust, Abmagerung, Magen-
dannstörungen. Die lokalen Zeichen sind jene eines Nierentumors, nur
scheint der Verlauf ein besonders rascher zu sein; im Anfänge findet
sich in der Regel ein Tiefertreten des unteren Nierenpols, der dadurch
palpabel wird. Der Tumor ist rundlich, von glatter Oberfläche, lässt
sich von der Leber perkutorisch nicht differenzieren und folgt oft den
respiratorischen Bewegungen. Die Behandlung besteht in der Total-
exstirpation des Organs; dabei findet sich der Tumor oft stark blutend,
innig verwachsen mit Gefässen und Eingeweiden und von starker Tendenz
zu früher Metastasenbildung. Für die Operation empfiehlt sich am besten
der extraperitoneale Weg.
In einem von Prof. Bondi operierten Falle ist der Abdominal-
befund folgender: Epi- und Mesogastrium prominent und durch eine Furche
voneinander getrennt. Bechts ist die Prominenz deutlicher und präsen¬
tiert sich palpatorisch als rundlicher Tumor, glatt und irregulär, der
sich unter den rechten Bippenbogen verfolgen lässt, nach abwärts bis
nahe an das Darmbein reicht, nach links bis an die Mittellinie; die
Konsistenz ist elastisch. Die Haut ist unverändert, der Tumor respira¬
torisch nicht verschieblich, ein geringer Druckschmerz besteht nur im
oberen Anteile. Perkussion allgemein dumpf, eine Differenzierung der
leberdämpfung nicht möglich. Milz normal. Es handelt sich um ein
Kbrosarkom. Trotz fester Adhäsionen gelang es, Niere und umliegende
Oigane zu schonen. Der Tumor hatte die Kopfgrösse eines Erwachsenen
und wog 3200 g. Der Operationsweg war der lumbare und das Besultat
ist jetzt nach Verlauf von 2 Jahren als gutes zu bezeichnen.
Herrnstadt (Wien).
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HI. Bücherbesprechnngen.
Des appendicites kystiques. Bactäriologie g6n£rale. Forme» steriles.
Von G. Dubos. Th&se de Paris. G. Steinheil 1905.
D. kommt zu folgenden Schlüssen:
1. In der Gruppe der Cysten des Appendix muss man die eigent¬
lichen Cysten von Appendicitis cystica unterscheiden.
2. Die cystischen Appendicitiden bestehen in einer Dilatation des
Appendix durch Flüssigkeit.
3. Die Ursache dieser Erweiterung bildet entzündliche Narben¬
bildung im Verlaufe chronischer Appendicitiden.
4. Die Flüssigkeit in der Cyste kann alle möglichen Stadien zwischen
eitriger und seröser Natur zeigen.
5. Man kann bei den cystischen Appendicitiden alle Sorten von Mikro¬
organismen finden, welche man bei Appendicitis im allgemeinen beobachtet.
6. Es gibt eine Form von sterilen Cysten, deren Inhalt häufig durch
Schleim aus den Drüsen gebildet ist. In anderen Fällen handelt es sich
um eine ursprünglich septische, steril gewordene Flüssigkeit, wie man
dies auch bei gewissen Formen von Pyosalpinx findet.
von Hofmann (Wien).
Aetiologie und Klinik der Bakterinrie. Von Kornfeld. Fr. Deuticke.
Leipzig und Wien, 1906.
Das Problem der Bakteriurie ist in ätiologischer und klinischer Be¬
ziehung noch zu wenig geklärt, so dass man jeden Versuch, mehr Klar¬
heit in dieses Krankheitsbild zu bringen, nur freudig begrüssen kann.
Der Inhalt der Monographie, die reges Interesse und fleissiges Arbeiten
bekundet, lässt sich ungefähr in folgende Sätze zusammen fassen:
1. Unter genuiner Bakteriurie verstehen wir die Entleerung eines
durch grosse Massen von Bacterium coli getrübten Harns von stets saurer
Reaktion, in dem sich zum Beweise des Fehlens jeglicher entzündlichen
Affektion der Harnwege nur äusserst spärliche Leukocyten finden.
2. Die genuine Bakteriurie unterscheidet sich wesentlich von der
Colicystitis, hat auch nichts gemein mit anderen Bakterienausscheidungen
mit dem Harn und darf nicht als Vorstufe oder Endausgang der Cvstitis
betrachtet werden.
3. Die Bakteriurie kommt sowohl als akut und auch als chronisch ver¬
laufende Erkrankung in allen Abstufungen vor. Viele Fälle von Bakteri¬
urie bleiben trotz jahrelangen Bestehens rein auf die Blase beschränkt.
4. Das Bacterium coli scheint vom Mastdarm her durch die Gewebe
zwischen Blase und Rectum in die Blase einzuwandern, namentlich bei
Männern mit überstandener Gonorrhoe. Bei Frauen ist während der
Gravidität oder bei Bestehen eines inneren Genitalleidens an eine In¬
fektion per contiguitatem zu denken. Wir brauchen somit nicht alle
Fälle durch Infektion der Harnblase auf dem Blutwege zu erklären.
5. Die Allgemeinerscheinungen bei schwerer chronischer Bakteriurie
sind durch die Erkrankung als solche hervorgerufen, ohne dass Cysto-
pyelitis oder Nephritis dabei im Spiele zu sein braucht.
6. Therapeutisch kommt vor allem die Installationsbehandlung der
Blase mit Sublimatlösung (1: 5000—1: 2000) in Betracht, die innerlichen
Harnantiseptica leisten dabei gute Dienste.
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Es folgen am Schluss des Buches noch 4 ausführliche Kranken¬
geschichten, die deutlich für den guten Erfolg der Sublimatinstillation
sprechen. Wiemer (Aachen).
Die Zuckerkrankheit, ihre Komplikationen and ihre Behandlung.
Von Lepine. Deutsche Bearbeitung von Dr. Ferdinand Kornfeld.
Franz Deuticke, Leipzig und Wien 1906.
Verf. hat es verstanden, in 151 Seiten das umfangreiche Thema
eingehend und gründlich abzuhandeln. Gerade die kurze und präzise
Darstellung, die aber niemals oberflächlich oder schematisch wird, bildet
einen Hauptvorzug des Werkes. Die Errungenschaften früherer Unter¬
suchungen wie die Ergebnisse der neuesten Forschungen und die mancherlei
Hypothesen über Art und Wesen des Diabetes werden angeführt und
mit kurzen Literaturnachweisen belegt. Etwas stiefmütterlich wird die
therapeutische Seite behandelt, bei der sich der Verf. zuweilen nur mit
kurzen Hinweisen begnügt. Trotzdem bietet das Werk soviel Vorzüge, zu
welchen nicht in letzter Linie die mustergültige Uebertragung ins Deutsche
zu rechnen ist. dass es jedem Arzte, der sich über die einschlägigen
Verhältnisse orientieren will, auf das angelegentlichste empfohlen werden
kann. Goldstücker (Breslau).
Dictionnaire de mädecine et de thärapeutique medicale et chirur-
gicale. Von E. Bouchet etA. Despres (Paris). Septteme ädition.
1575 pag. (sehr grosses Format) et 1097 figures dans le texte. Paris.
Felix Alcan 1907. 25 Francs.
Dieses grosse, schön ausgestattete Werk erfüllt seinen Zweck in
vorzüglicher Weise. In tausenden Einzelartikeln sind alle möglichen
medizinischen Fragen in prägnanter Kürze besprochen. Auf Diagnose,
wie auf Therapie von Erkrankungen wird in gleicher Weise Rücksicht
irenommen, ebenso auf Aetiologie und Klinik. Auch pharmakologische Ar¬
tikel, rein chirurgisch technische Erörterungen, physiologische und ana¬
tomische Ausführungen finden sich in grosser Zahl in diesem Handbuche.
Die grosse Menge von Abbildungen ist ein wesentlicher Vorzug
des Werkes, das sich durch erstaunlich billigen Preis auszeichnet. Das
Buch ist in Anlage wie Ausführung überaus gelungen.
Hermann Schlesinger (Wien).
Das Koch’sche Tuberkulin in der Gynäkologie und Geburtshilfe.
Von R. Birnbaum, Göttingen. Berlin, J. Springer, 1907.
Im allgemeinen, 39 Seiten umfassenden Teil bespricht Birnbaum
kurz die Geschichte der Tuberkulinanwendung im allgemeinen und bei
gynäkologischen Erkrankungen im besonderen; im speziellen Teil, der
zirka 100 Seiten umfasst, wird zuerst ausführlich die Methodik der
diagnostischen Injektion dargelegt. B. hält sich an Neisser’s Vor¬
schrift — 1, 3, 6 mg, ev. 1 cg — während der Menses darf nicht in¬
jiziert werden. Versuche, Tuberkulin per os diagnostisch zu geben, fielen
negativ aus. B. gibt dann eine Uebersicht der zu diagnostischen Zwecken
injizierten 55 Fälle und konstatiert, dass das Alttuberkulin unter Um¬
standen ein unentbehrliches, ja ausschlaggebendes Hifsmittel zur Siche¬
rung der Diagnose ist. Ferner beschreibt er kurz 17 Fälle von diagnosti¬
schen Injektionen bei zweifelhaften Lungenprozessen Schwangerer und
Wöchnerinnen, die er empfiehlt, wenn es sich darum handelt zu ent-
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scheiden, ob eine Frau stillen dürfe, deren Befund für Tuberkulose ver¬
dächtig ist. Dann geht er über zur Beschreibung der therapeutisch in¬
jizierten Fälle; er verlangt strikte, dass die Patientin noch bei gutem
Kräftezustand sei und nicht fiebere. Therapeutisch verw endet er Neu¬
tuberkulin, in gewissen Fällen auch Alttuberkulin. Es folgen nun kurze
Krankengeschichten der verschiedenen Gruppen: Peritonealtuberkulose
mit Ascites, trockene Form der Bauchfelltuberkulose, Adnextuberkulose
und Blasen tuberkulöse. Jedem, der sich über diese Frage informieren
will, sei das Büchlein zum eingehendsten Studium empfohlen.
W e i s s (Prag).
Inhalt.
I. Sammel-Referate.
Venus, E., Der gegenwärtige Stand der
Rückenmarksanästhesie, p. 289—304.
II. Referate.
A. Peritoneum, Mesenterium.
Peisser, Zur Kenntnis der peritonealen
Resorption und ihrer Bedeutung bei
bakterieller Peritonitis, p. 305.
Winternitz, M. A., Diplococcus perito-
nitis, p. 306.
Ellis, L. E., Pneumococcic peritonitis,
p. 306.
Robbers, lieber Pneumokokkenperito-
nitis, p. 306.
Fraser, W., Annand u. Bowcn, H.,
Pneumococcic peritonitis in children; a
study, p. 307.
B. Milz.
Weil, E. u. Clerc, A., Diagnostic des
splenomegalies chroniques, p. 309.
Childe, Ch. P., Wandering spieen;
haemorrhage with in the capsule,
splenectomy, recovery, p. 310.
A case of enlarged wandering spieen;
splenectomy, p. 311.
Federmann, Ueber einen Fall von
operativ geheiltem Milzabscess nach
Typhus abdominalis, p. 311.
Es an, Ein operativ geheilter Milzabscess
nach Typhus abdominalis, p. 312.
Harnett, W. L., A case of haemorrhagic
cyst of the spieen, p. 312.
Giannettasio, Echinococco primitivo
suppurato in milza malarica. Splenecto-
mia. Guarigione, p. 313.
Latouche, Contusion violente de l'ab-
domen chez un enfant de dix ans, laparo-
tomie 21 heures apres l’accident, rupturc
de la rate, splenectomie, guerison, p.313.
Villepoix, M. de, Eosinophilie const-
cutive ä l’ablation de la rate chez
Thommc, p. 314.
C. Nebenniere.
Borrmann, R., Ein Fall von Morbus
Addisonii infolge entztindlich-hyperpb-
stischer Wucherung beider Nebennieren
auf traumatischer Grundlage, p. 314-
Israel, Zur Diagnose der Nebennieren¬
geschwülste, p. 315.
Henschen, Ueber Struma suprarenaU>
cystica haemorrhagica, p. 315.
De-Cortes,A., Contributo alla chirurgu
delle capsule surrenali; voluminosohbro-
sarcoma, estirpazione, guarigione, p- 3 1 7-
III. Bücherbe8prechungen.
Dubos, G., Des appendicites kystique*.
Bacteriologie generale. Formes steriles,
P . 318.
Kornfeld, Aetiologie und Klinik de:
Bakteriurie, p. 318.
L e p i n e, Die Zuckerkrankheit, ihre Kom¬
plikationen und ihre Behandlung, p. 3*9
Bouchct, E. et Despres, A., Dictton-
naire de medecine et de therapeutique
medicale et chirurgicale, p. 320.
Birnbaum, R., Das Koch’sche Tube:
kulin in der Gynäkologie und Geburt
hilfe, p. 319.
Um Einsendung von Monographien nnd Büchern an den Redakteur Professor
Dr. HERMANN SCHLESINGER, Wien, I, Ebendorferstrasse 10, wird gebeten.
Man bittet, redaktionelle Zuschriften mit dem Adressenzusatz „Für die Redaktion dt*
Centralblattes für die Grenzgebiete“ versehen zn wollen.
Lippert & Co. (G. Pätz’sche Buchdr.), Naumburg a. 6.
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CENTRALBLATT
für die
Grenzgebiete der Medizin u. Chirurgie.
Herausgegeben von
Dr. Hermann Schlesinger)
Profnor an dar Cniranltftt Wian.
Verleg tob GUSTAV FISCHES in Jen*.
X. Band.
Jena, 18. Hai 1907.
Nr. ».
Du Centralblatt für die Grenzgebiete der Medizin and Chirurgie erscheint in
zwanglosen Heften im Umfange von etwa 3 Druckbogen, die zu einem Bande
Jerrinigt werden, dessen Umlang 60 Druckbogen betragen wird. Das Abonne¬
ment für das Centralblatt kostet 24 Mark für den Band. — Die Abnehmer
der KtteUungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, herausgegeben
ron A von Eieelsberg und B. Naunyn, erhalten das Centraiblatt
zum Vorzugspreise von 20 Mark.
L Sammel - Referate.
Der gegenwärtige Stand der Rückenmarks¬
anästhesie.
Von Dr. Ernst Venns,
Assistent der chirurgischen Abteilung der Wiener Poliklinik.
(Fortsetzung.)
Literatur.
54) H e i n e k e und L ä w e n, Erfahrungen über die Lumbalanästhesie mit Stovain
and Novocain mit Berücksichtigung der Neben- und Nacherscheinungen. Beitrag z.
Win. Chirurg., Bd. L, H. 2.
55) Dies., Experimentelle Untersuchungen über Lumbalanästhesie. Arch. f.
Win. Chirur., Bd. LXXXL, H. 1.
56) Henking, Erfahrungen über Lumbalanästhesie mit Novocain. Münchener
med. Wocbenschr. 1906, No. 50.
57) Herescu, Societe de Chir. in Bukarest, 3. März 1905. Ref. Centralbl. f.
Chirurg. 1905, No. 36.
58) Hermes, Weitere Erfahrungen über die Rückenmarksanästhesie mit Stovain
«ad Novocain. Med. Klinik 1906, No. 13.
59) Hildebrand, Lumbalanästhesie. Berl. klin. Wochenschr. 1905» No. 34.
60) Hofmann, Die Dosierung und Darreichungsform der analgesierenden Mittel
bei Lumbalanästhesie. Münchener med. Wochenschr. 1906, No. 52.
61) Hohmeier, Lumbalanästhesie. Deutsche Zeitschr. f. Chirurg., Bd. LXXXIV,
H-1—3.
6 2 ) Jedlicka, Ref. Centralbl. f. Chirurg. 1902, No. 11.
63) v. Karas, Ueber Rückenmarksanästhesie. Wiener med. Wochenschr. 1905,
No. 20—21.
64) Kindirdy und Burgand, 140 Fälle von Rachistovainisation. Press,
medicale 1905, No. 43.
65) Klapp, Experimentelle Studien über Lumbalanästhesie. Arch. f. klin.
Chirurg., Bd. LXXV, H. 1.
Centraiblatt f. <L Gr. d. Med. u. Chir. X. ^1
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66) Klemperer, Wann soll bei diabetischer Gangrän operiert werden ? Therapie
der Gegenwart 1907, H. I.
67) König, Bleibende Rückenmarkslähmung nach Lumbalanästhesie. Münch,
med. Wochenschr. 1906, No. 23.
68) Kopfstein, Postoperative parenchymatöse Blutung als ungünstige Folge¬
erscheinung der Lumbalanästhesie. Centralbl. f. Chirurg. 1907, No. 7.
69) Ders., Ref. Centralbl. f. Chir. 1902, No. xi.
70) Kozlovski, Bedeutung der Rückenmarksanästhesie für die Kriegschirurgie.
Wiener med. Wochenschr. 1901, No. 46.
71) Krecke, Ueber Spinalanästhesie. Vortr. i. d. Gyn. Gesellsch. in München.
Ref. Münchener med. Wochenschr. 1906, No. 6.
72) Krönig, Die Rückenmarksanästhesie bei Laparotomien im Skopolamin¬
dämmerschlaf. Vortrag am XXXV. Kongress f. Chirurg. Ref. Münch, med. Wochen¬
schrift 1906, No. 18.
73) Ders., Ueber Rückenmarksanästhesie im Skopolamindämmerschlaf. Vortrag
i. d. Aerztl. Gesellschaft in Freiburg i. Br. Ref. Deutsche med. Wochenschr. 1906, No. 26.
74) Ders., Weitere Erfahrungen über die Kombination des Skopolamin-Morphin¬
dämmerschlafes mit der Rückenmarksanästhesie bei Laparotomien. Vortrag auf der
78. Versammlung deutscher Aerzte und Naturforscher. Ref. Münchener med. Wochen¬
schrift 1906, No. 92.
75) Kroner, Zur Vermeidung der schädlichen Nachwirkungen bei der Rücken¬
marksanästhesie. Therapie der Gegenwart 1906, No. 7.
76) Kümmel, Stovain-Lumbalanästhesie. Vortrag im Aerzteverein in Hamburg.
Ref. Deutsche med. Wochenschr. 1906, No. 3.
77) Kurzwelly, Die Medullaranästhesie mittels Cocain-Suprarenin. Deutsche
Zeitschr. f. Chirurg., Bd. LXXVIII, H. 1.
78) Läwen, Vergleichende experimentelle Untersuchungen über örtliche Wir¬
kung einiger neuer Lokalanästhesien (Stovain, Novococain, Alypin) auf die motorischen
Nervenstämme. Beiträge z. klin. Chirurg., Bd. L, H. 2.
79) Lang, Erfahrungen nach Lumbalanästhesie mit Novocain und Stovain.
Deutsche med. Wochenschr. 1906, No. 45.
80) Landow, Doppelseitige Abducenslähmung, verbunden mit ausseibrdent-
liehen Nackenschmerzen nach Lumbalanästhesie. Münchener med. Wochenschr. 1900,
No. 3.
81) Lazarus, Lumbalanästhesie. Vortrag in der Berliner Gesellschaft Ref.
Deutsche med. Wochenschr. 1906, No. 11.
82) Ders., Die Rückenmarksanästhesie im Dienste der physikalischen Therapie.
Zeitschr. f. diät, und physik. Therapie, Bd. X, H. 12.
83) Legneu, Press, med. 1901, No. 90.
84) Liebl, Zur Frage der gebrauchsfertigen suprareninhaltigen Lösungen in der
Lokal- und Lumbalanästhesie. Beiträge z. klin. Chirurg., Bd. LII, H. I.
85) Lindenstein, Erfahrungen mit Lumbalanästhesie. Deutsche med. Wochen¬
schrift 1906, No. 45.
86) Löffler, Ueber Rückenmarksanästhesie. Vortrag in dem ärztl. Verein in
Frankfurt a. M. Ref. Münchener med. Wochenschr. 1906, No. 2.
87) Löhrer, Zur Behandlung hysterischer Kontrakturen der unteren Extremi¬
täten mit Lumbalanästhesie. Münchener med. Wochenschr. 1906, No. 32.
88) Loeser, Augenmuskellähmung nach Lumbalanästhesie. Med. Klinik 1900.
No. 10.
89) Martin, Die Rückenmarksanästhesie bei Gebärenden. Münchener med.
Wochenschr. 1906, No. 41.
90J Med. Klinik 1906, Umfrage über die Bewertung der Rückenmarksanästhesie
91) Michcli, Clinica chirurgica 1902, No. 3.
92) Molek, Lumbalanästhesie. Öasop. lek. Öesk. 1906. Ref. Deutsche med.
Wochenschr. 1906, No. 43.
93) Mori, Das Verhalten des Blutdruckes bei Lumbalanästhesie. Deutsche
Zeitschr. f. Chirurg., Bd. LXXIV, H. 2.
94I Morton, Journ. of the araeric. Assoc. 1902.
95) Mühsam, Augenmuskellähmung nach Rückenmarksanästhesie. Deutsche
med. Wochenschr. 1906, No. 35.
96) Müller, Ueber Lumbalanästhesie i. d. Geburtsh. und Gynäk. Monatsschr
f. Geburtsh. und Gynäk., Bd. XXI, H. 2.
(Schluss der Literatur folgt.)
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Die Urteile über das Stovain sind im allgemeinen sehr günstig.
Ueber seine Neben- und Nacherscheinungen sowie über die In¬
toxikationen und Todesfälle wird spater bei der allgemeinen Wir-,
kang dieser Tatsachen die Rede sein. Gebraucht wird das Stovain
jetzt in der Dosis von 0,04—0,06 cg; eine höhere Dosis wurde
zwar öfter in Anwendung gezogen, scheint aber doch nach dem ziem¬
lich übereinstimmenden Urteile der Autoren nicht ungefährlich zu
sein. C a p 1 e 8 c u sieht die Vorzüge des Stovains darin, dass es weniger
giftig ist und dabei bessere Resultate als andere Anästhetica gibt,
Lazarus darin, dass es weniger toxisch wirkt und keine Vasokon¬
striktion erzeugt. Dean zieht es wegen seiner die Gefässe erweitern¬
den und das Herz ionisierenden Wirkung vor. Tuffier führt das
Fehlen der Nebenerscheinungen bei Stovain (unter 80 Fällen nur einmal
etwas Kopfschmerzen und Erbrechen) auf eine geringe Diffusion des
Stovains zurück. Ueber gute Erfahrungen über Stovain bei der
Spinalanalgesie berichten ferner unter anderen auch Bier, Till¬
mann, Kümmel, Angelovici, Hackenbruch, Poch-
hammer, Ruschhaupt, Deetz, Becker, Kindirdy und
Burgand, Boekel, Hohmeier, Pforte, Steiner, Sax-
torph, Baisch, Hermes, Bonachi, Brehm, Varvaro etc.
Nach Dönitz ist das Stovain zwar ungiftig in seiner Wirkung,
diese dauert aber kürzer, doch kann eine längere Dauer durch
Zus&tz von Nebennierenpräparaten erlangt werden.
Urban verliess wegen mehrmals vorgekommenen Atemstörungen
das Stovain und ging zum Tropacocain über. Herescu wendete
das Stovain in 10 Fällen bei Operationen im Bereiche der Harn¬
organe an, ist aber mit dem Resultate nicht zufrieden. Preindels-
b e r g e r ist auch mit den mit Stovain erzielten Resultaten nicht zu¬
frieden. Das Tropacocain gilt jetzt ziemlich allgemein als das beste
Mittel, das uns derzeit für die Lumbalanästhesie zu Verfügung
steht. Wie bereits erwähnt, wurde das Tropacocain ursprünglich
besonders von österreichischen Ärzten in Anwendung gezogen, fängt
aber in letzter Zeit auch in Deutschland allmählich das Stovain zu
verdrängen an. Auch an der Bier’sehen Klinik wird nach Bier’s
eigener Mitteilung dem Tropacocain vor dem Stovain der Vorzug
gegeben; Bier wendete es in der Regel in der Dosis 0,05 in isoto¬
nischer Lösung ohne Zusatz von Nebennierenpräparaten an. Die
gewöhnliche Dosis, in welcher Tropacocain angewendet wird, ist
0,06—0,08. Die Vorzüge des Tropacocains gegenüber dem
Stovain bestehen nach Dönitz in folgendem: 1. wirkt es bedeutend
geringer auf die Atmungsmuskulatur, 2. fallen die Augenmuskellähmun-
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gen, welche bei Stovain und Noyocain beobachtet wurden, fort; 3. und
Begleit- und Nacherscheinungen viel geringer. Erbrechen während
der Operation gehört zu den grössten Seltenheiten. In der Geburts¬
hilfe wäre es noch besonders deshalb vorzuziehen, weil es durch den
geringen Einfluss auf die Muskelkräfte die Presswehen am geringsten
beeinflusst. Speziell auch in der Geburtshilfe wird seine Anwendung
von Stolz und Trautenroth empfohlen. Nach letzterem ist es
dem Stovain weitaus vorzuziehen. Trautenroth injizierte einmal
sogar 0,12 und einmal 0,21 Tropacocain, ohne Nebenerscheinungen
zu beobachten. Die ausgedehntesten Erfahrungen in der Anwendung
des Tropacocains besitzen wohl Schwarz und Slajmer. Schwarz
wandte es nach seiner letzten Publikation in 1000 Fällen mit den
günstigsten Erfolgen an, so dass er sagt: Die Erzielung der An¬
ästhesie ist nichts als eine Frage der Technik. Bei richtiger Technik
gibt es kein „Versagen“. Slajmer verfügt über 1200 Fälle mit
nur 54 versagten, Füster 235 Fälle: in 74,7 °/o vollständiges Ge¬
lingen , 5,6 °/o ©ine gerade ausreichende Anästhesie, 6,3 % mangel¬
hafte Anästhesie, 21 Fälle versagten vollständig, 25 % der Fälle
waren vollständig ohne jede Nachwirkung. Sehr günstig über ihre
Erfahrungen mit Tropacocain äusserten sich unter anderen Colom-
bani (100 Fälle), Preindelsberger (331 Fälle), Defranceschi
(420 Fälle), darunter zum Beispiel Gastroenterostomien mit sehr
guten Erfolgen, Neu geb au er (170 Fälle), Platanow (283 Fälle),
ferner v. Earas, Völker, Stumme, Müller, Zahradnicky,
Kopfstein, Bosse.
Ueber das Novocain sind die Meinungen noch sehr geteilt
Sonnenburg findet es dem Stovain ebenbürtig. Pantovic stellt
es dem Stovain an Wert gleich, ohne dass es dessen unangenehme
Nebenwirkungen sowohl im anästhetischen als auch postanästhetischen
Stadium mit sich bringt. Henking und Steine sind mit den Er¬
folgen des Novocains in der Lumbalanästhesie sehr zufrieden, ebenso
gibt ihm Hoffmann-Lindenstein gegenüber dem Stovain des¬
halb den Vorzug, weil es keinen Einfluss auf die Gewebe ausübt und
seine Nachwirkungen einerseits selten, andererseits sehr gering sind.
Ihm entgegen fand Hofmeier die gelindeste Nachwirkung gerade
bei dem Stovain. Brunner rühmt dem Novocain nach, dass es
6 mal weniger giftig sei als das Cocain und 2—3 mal weniger als die
anderen Ersatzmittel desselben. Diesen günstigen Aeusserungen über
das Novocain stehen aber andere gewichtige Stimmen gegenüber,
welche es nicht empfehlen. Vor allem nennt es Bier selbst unge¬
eignet, Heinecke und Läwen, welche vielleicht unter allen den
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sosgedehntesten Gebrauch von Novocain in der Lumbalanästhesie
machten (400 Fälle), finden, dass es 2 1 /, mal öfter Neben- und Nach¬
erscheinungen als das Stovain hervorruft und dass besonders die
Kreuz- und Nacken- sowie die Kopfschmerzen viel stärker seien.
Hohmeier fand, dass es gegenüber dem Stovain die stärksten Nach-
erscheinungen habe. Baisch empfiehlt das Novocain nicht, weil
man von ihm eine wesentlich grössere Dosis braucht, die Anästhesie
sehr langsam eintritt, dann aber sehr rasch ansteigt, so dass es
öfters zum Collaps kommt. Bei den experimentellen Untersuchungen
Ton Heineke und Läwen zeigte sich, dass der Unterschied in
der Toxicität zwischen Novocain und Cocain bei subduraler Injektion
ein sehr geringer ist. Die Grenzdosis beträgt für das Novocain 0,03,
für das Cocain 0,02 pro Kilogramm Kaninchen. Dagegen ist die
Dosis minima letalis bei subkutaner Injektion für Novocain 0,75,
für Cocain schon 0,1 pro Kilogramm Kaninchen. Subdural ist also
Novocain viel toxischer.
Auch über das Alypin, das noch von wenigen und da nicht
in sehr grosser Anzahl gebraucht wird und in der Spinalanästhesie
als Anästhetikum gebraucht wurde, sind die Ansichten geteilt.
Preindelsberger, der es am öftesten in Anwendung zog, empfiehlt
es. Nach seiner Erfahrung sind die Folgeerscheinungen eher leichter
denn schwerer als bei Gebrauch von Stovain, Eucain oder Tropa-
cocain. Baisch stellt es dem Stovain als ebenbürtig an die Seite.
Hingegen erklären es Bier und ebenso Heinecke und Läwen
als für eine Lumbalanästhesie für ungeeignet.
Da es von Kranken oft unangenehm empfunden wird, von der
Operation zwar gar keinen Schmerz zu empfinden, aber doch dem
ganzen Vorgang bei vollem Bewusstsein anzuwohnen, so versuchte
ssznnächstKrönig, die Lumbalanästhesie mit dem Scopo-
lamin-Morphin-Dämmerschlaf zu kombinieren, um dem
Kranken die unangenehme Erinnerung an die Vorgänge während seiner
Operation zu ersparen. 2 Stunden vor der Operation bekommt nach
der Vorschrift von Krönig die Patientin 0,0003 Scopolamin und
0,01 Morphin subkutan, nach einer Stunde wird eventuell dieselbe
Dosis noch einmal injiziert, wenn nötig, bekommt die Kranke nach
einer weiteren Stande nochmals 0,0015 Scopolamin. Bei herabge¬
kommenen Frauen wird dies als zweite Dosis allein gegeben. Gleich-
zeitig kommt die Kranke in ein dunkles Zimmer, in welchem alle
Geräusche ausgeschaltet sind, ausserdem bekommt sie Antiphone in
die Ohren, grüne Gläser vor die Augen usw. Nach der letzten
Injektion von Scopolamin wird sofort die Anästhesierung vom Rücken-
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mark aus vorgenommen. Zur Vermeidung von Atmungsstörangen
lässt Krönig nicht sofort die Beckenhochlagerung einnehmen, da¬
für aber wird eine grössere Dosis von Stovain bis zu 0,1—0,12 ge¬
nommen. Die Vorteile dieser Methode erblickt Krönig darin, dass
sie wohl die humanste Analgesie bildet, die Gefahren der postopera¬
tiven Bronchitiden verringert, dadurch die Sicherung des Lebens bei
Laparotomien erhöht, eine bessere Entspannung der Bauchdecken
herbeiführt, die Rekonvalescenz abkürzt, Nausea und Erbrechen
nach der Operation kaum beobachtet werden. Der Nachteil liegt in
dem Mangel einer langsamen Einverleibung des Mittels. Penk er t
arbeitete eine eigene Technik für die Anwendung des Scopolamin-
Morphin-Dämmerschlafes in Verbindung mit Lumbalanästhesie für
die Bauchchirurgie aus, durch welche starke Drackerscheinungen
vermieden werden und eine viel langsamere, allmähliche chemische
Bindung des Giftes an die Rückenmarksubstanz eintritt und ein
Aufsteigen des Stovains zum Atmungscentrum vermieden wird. Die
Einverleibung des Scopolamins und Morphins ist dieselbe wie bei
Krönig, nur nimmt P e n k e r t grössere Dosen des Stovains: 0,10 bei
vaginalen Operationen mit Oeffnung des Peritoneums, 0,12 Stovain
bei Laparotomien. Beckenhochlagerung wird prinzipiell vermieden.
Stovain empfiehlt Penkert als am besten geeignet, weil nur Stovain
die vollkommenste Entspannung der Bauchdecken, Ruhigstellung des
Darmes und vollkommenste Analgesie und Anästhesie erzeugt sowie
kein erheblicher Einfluss auf das Atmungscentrum konstatiert wird.
Unter 400 Fällen war nur 33 mal eine Narkose notwendig, und zwar
mehr auf Wunsch des Kranken oder des behandelnden Arztes.
B u s 8 e wandte ebenfalls den Scopolamin-Morphin-Dämmerschlaf und
die Spinalanalgesie zusammen an, nur gebrauchte er ausser in 10 Fallen,
wo Stovain in Anwendung gezogen wurde, in den übrigen 170 Fällen
Novocain. Der Erfolg war im allgemeinen befriedigend. Die Scopo-
laminwirkung äusserte sich beim Einschlafen in mehr oder weniger
starkem Erröten des Gesichtes, Pulsbeschleunigung, gelegentlicher
Unruhe und Verwirrung, die sich bis zu typischen Hallucinationen
steigerte. Einen grossen Vorteil erblickt Busse darin, dass oft am
1. oder 2. Tage nach der Operation die Darmtätigkeit von selbst
wieder einsetzt. Auszusetzen sind nach Busse von seiten der Lumbal¬
anästhesie die subtile Technik, die Unsicherheit des Erfolges, das
Auftreten einiger lästiger Begleiterscheinungen während der Opera¬
tion, von Seite des Scopolamins, die Unsicherheit seiner Wirkung
und seiner Nebenerscheinungen. Baisch zieht der reinen Lumbal¬
anästhesie als schonender für eine Kranke die vorherige Gabe von
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Scopolamin-Morphin yor und tritt warm für diese Methode ein. Die
Dauer der Anästhesie ist bei allen Mitteln so ziemlich die gleiche,
sie schwankt durchschnittlich zwischen einer halben und 3—4 Stunden.
Meistens hält sie 1—2 Stunden an.
Wichtig sind die Neben- und Nacherscheinungen bei
der Lumbalanästhesie. Unter Nebenerscheinungen verstehen
vir die während der Operation, unter Nacherscheinungen die nach
der Operation auftretenden unangenehmen Begleiterscheinungen der
Lumbalanästhesie. Wofern diese in jedem einzelnen Falle zu be¬
furchten sind, ist nicht immer klar und noch nicht aufgeklärt. Ge¬
wiss sind sie in den meisten Fällen Intoxikationserscheinungen, ver¬
ursacht durch das angewendete Mittel, manchmal werden sie von
dem betreffenden Autor direkt auf ein zu reichliches Ahfliessen von
Liquor cerebrospinalis zurückgefUhrt, auch ein verändertes Druck-
Verhältnis im Wirbelkanal wird beschuldigt. Auch technische Fehler,
speziell wie dies Dönitz in oben schon bereits citierter Arbeit nach¬
weist, spielen eine grosse Rolle. Wichtig ist, wie uns Liehl nach¬
weist, dass die suprareninhältigen Lösungen rein seien. Liebl
bezeichnet die Verwendung gebrauchsfertiger Ampullen in der Lumbal¬
anästhesie als unzulässig. Ebenso unzuverlässig ist es nach Liebl,
immer nur von Novocain- oder Stovainschädigungen zu sprechen und
das bezüglich der Nachwirkung sicher nicht harmlose Suprarenin so
vollständig zu vernachlässigen, wie es gewöhnlich geschieht. Nach
seinen Untersuchungen enthält eine farblose Lösung stets voll wirk¬
sames Suprarenin, gefärbte Lösungen zeigten in der Intensität
variablen Effekt, anämisierende Wirkung und setzten konstante Reiz-
erscheinungen. — Eine farblos wasserklare Lösung ist ein absolutes
Kriterium der Ungefährlichkeit.
Die gewöhnlich häufigen und nicht gefährlichen Nebenerschei¬
nungen sind Singultus, Erbrechen während der Operation, Muskel-
rittero, Schweissausbruch, die häufigen und nicht bedrohlichen
Nacherscheinungen, Singultus, Nausea, Erbrechen, Kopfschmerz,
ebenso Schmerzen im Nacken und leichtere Nackensteifheit, Kreuz¬
achmerzen , Temperatursteigerungen. Diese Erscheinungen treten
meistens am Tage der Operation selbst oder am Tage darauf, selten
in den 2 nächsten Tagen auf, dauerten wenige Stunden bis zu 1—2
Tagen und nehmen fast nie sehr grosse Dimensionen an. Das Er¬
brechen kann sehr stark werden und 1—2 Tage andauem. Chaput
sah 2 Fälle von sehr schwerem, unstillbarem Erbrechen, das 6 Tage
lang anhielt. Opitz beobachtete einen Fall nach Lumbalanästhesie
mit Novocain mit über 8 Tagen dauerndem sehr starkem Kopfschmerz.
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Opitz gibt hier einem zu reichlichen Abfluss von Liquor die Schuld.
Deetz beobachtete nach einer Stovain-Lumbalanästhesie einen Fall,
in dem 6 Wochen lang dauernder, sehr intensiver Kopfschmerz an¬
hielt. Temperatursteigerungen sind ebenfalls sehr häufig, vielleicht
am häufigsten unter den Nacherscheinungen der Spinalanalgesie.
Meistens bewegen sie sich zwischen 37,6 und 38,6, gehen aber auch
auf 39°, ja bis zu 40° empor. Sie sind in der Regel ganz unge¬
fährlich.
Zu den schweren Nebenerscheinungen gehören schwere Respi¬
rationslähmungen. Kopfstein beobachtete sie oft bei Eucain
und zieht schon aus diesem Grunde das Tropacocain vor. Die
anderen erwähnten schweren Respirationslähmungen kamen beim
Stovain vor. Greiffenhagen beobachtete sie unter ungefähr
30 Rückenmarksanästhesien mit Stovain zweimal. Einmal handelte
es sich um einen 46 jährigen Mann, dem ein Bassini gemacht wurde.
Unmittelbar nach Injektion von 0,10 Stovain trat ein schwerer
Collaps ein. Nach dem Erwachen aus der Ohnmacht war die
Atmung erschwert; bald darauf hörte die reine costale Atmung auf,
der Kranke wurde cyanotisch, der Puls klein, es trat vollkommene
Lähmung der unteren Extremitäten, des Zwerchfelles und der Inter-
costalmuskeln sowie eine komplette Anästhesie, bis zur 2. Rippe
reichend, eine Schwäche in den Armen und erschwertes Sprechen
auf, während das Bewusstsein erhalten blieb. Nach ungefähr
20 Minuten trat auf künstliche Atmung Besserung ein. Im 2. Falle
handelt es sich um einen 46 jährigen Mann mit einem Nierentumor.
Gleich nach der Injektion von 0,064 Stovain traten Atembesch werden
auf, die Sprache wurde ruckweise, der Puls klein und unter Aus¬
dehnung der Anästhesie bis zur Mammillarlinie schwand die Brust-
und Bauchatmung, um unter künstlicher Atmung nach 16 Minuten
wiederzukehren. Steiner beobachtete bei einer 37 jährigen Frau,
welche wegen einer freien Cruralhernie operiert werden sollte, 6 Mi¬
nuten nach Injektion von 0,6 Stovain Respirationsparalyse, die ent
nach 33 Minuten auf eingeleitete künstliche Atmung aufhörte. Die
Analgesie erstreckte sich bis zum Hals hinauf, die oberen Extremi¬
täten waren paraplegisch, das Sensorium blieb frei und der Puls
zeigte keine Veränderung, so dass Steiner annimmt, dass nicht das
medulläre Respirationscentrum getroffen war, sondern dieser Zustand
durch die Einwirkung des Stovains bis zum obersten Halssegmente
hervorgerufen war. Sandberg beobachtete in einem Falle von
unilateraler Nierentuberkulose nach der Injektion von 0,076 Stovain
eine 26 Minuten dauernde Atmungslähmung, welche durch künstliche
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Atmung wieder behoben werden konnte. Dönitz beobachtete an
der Klinik Bier nach 0,04 Stovain Atmungslähmung.
Eine zweite schwere Nebenerscheinung der Spinalanalgesie ist
derCollaps. Er tritt meist bald nach der Injektion, manchmal
im Anschluss an dieselbe auf, am häufigsten nach Injektion von
Stovain. Einen sehr schweren Collaps beobachtete Greiffen-
bagen, 2 sehr schwere Fälle Becker unter 137 Rückenmarks-
anästhesien mit Stovain, leichtere Collapse nach Rachistovainisation
beobachtete Kümmel unter 131 Fällen lmal, Freund unter 209
Fällen 4mal, Baisch unter 85 Fällen 2mal, Hermes unter 205
Fällen 5mal, Heinecke unter 70 Fällen 2mal. Bonachi be¬
obachtete bei einem Neurastheniker während der Operation Auf¬
treten von kaltem Schweiss, Erbrechen, Präcordialangst Bei Tropa-
cocainanwenduug wurde Collaps selten beobachtet. Schwarz sah
unter 1000 Fällen nur 5 mal Collaps, davon 2 mal bei sehr herab¬
gekommenen, ausgebluteten Frauen und 2 bei bereits längere Zeit
inkarzerierten Hernien. Freindelsberger beobachtete einen
schweren und 6 leichtere Collapserscheinungen unter 330 Fällen.
Füster sah nnter 235 Fällen 4mal im Anschlüsse an die Injektion
Collaps, 2 von diesen waren sehr schwerer Natur, doch scheint in
einem dieser Fälle, in welchem es sich um eine bereits mehrtägige
inkarzerierte Hernie handelte, diese mit eine Ursache gewesen zu sein.
Zahradnicky beobachtete unter 14 Fällen lmal einen Collaps.
Was das Eucainum anbelangt, so sah Silbermark 5mal
Collapszustände unter ungefähr 200 Fällen, Preleiter lmal nach
einer Gabe von 0,06 cg, Zahradnicky unter 88 Fällen 5mal. Bei
Gebrauch von Novocain beobachtete Hermes unter 160 Fällen
mehrere leichte Collapszustände, welche aber nie bedrohlichen Cha¬
rakter annahmen, Heinecke und Läwen unter 70 Fällen 4maL
Henking beobachtete unter 100 Fällen einen sehr schweren Collaps
bei einem jungen Mädchen, Krecke unter 10 Fällen 2 mal. Bei der
Verwendung von Alypin beobachtete Preindelsberger unter 96 Fällen
4 leichte Collapse, Baisch unter 37 Fällen 2 leichtere Collapse.
Stumme, welcher von Cocain 0,015 g einer 2°/ 0 Lösung ge¬
braucht, sah 2 mal Collaps, der jedesmal vom Peritoneum aus aus¬
gelöst worden war. Leichte Collapszustände nach Cocainanwendung
erwähnen auch Kurzwelly, Mori, Senni.
H ermes beobachtete bei der Anwendung von Stovain während der
Operation 2mal vorübergehende Amaurose, dio einmal mit starkem
Aufregungszustand, allerdings bei einem Neurastheniker, verbunden
war. In beiden Fällen reichte die Anästhesie bis zur Clavicula hinauf.
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Puls Verlangsamung wird öfters beobachtet. Colombani
beobachtete einmal Herabgehen der Pulsschläge auf 50 Schläge in
der Minute. Finkelnburg beobachtete in 20°/ 0 der Fälle eine
selten länger als 2 Stunden dauernde Pulsverlangsamung, einmal
bei einem 54jährigen Manne mit gesundem Herzen eine starke Ir*
regularität des Pulses.
Muskelzittern als Nebenerscheinung der Lumbalanästhesie
wurde öfters beobachtet. In 2 von Kümmel beobachteten Fällen
war es so stark, dass man nicht operieren konnte. Senni sah ein¬
mal nach einer Spinalanalgesie mittels Cocains tetanische Kontraktur
der gesamten Körpermuskulatur, welche durch eine Morphin¬
injektion zum Schwinden gebracht wurde, so dass man die Operation
fortsetzen und beendigen konnte.
Ausser den bereits erwähnten Nacherscheinungen, wie Kopf-,
Nieren- und Kreuzschmerzen, Nausea, Erbrechen, Temperatur¬
steigerung und noch einer ganzen Reihe anderer Beobachtungen, welche
einer näheren und genauen Beschreibung bedürfen, tritt in einer
Reihe von Fällen Incontinentia urinae et alvi auf (Pre-
leiter, Henking, Herescu), und zwar sowohl nach Stovain-als
auch nach Novocain- oder Alypinanästhesien. Die Inkontinenz dauert
meistens 2—3 Tage, nur in 2 Fällen von Henking dauert sie
8—10 Tage. Aber auch Harnverhaltung wurde einige Male
beobachtet (Bier und Dönitz, Becker, Herescu, Baisch),
aber auch diese ging meist bald vorüber und machte nur in sehr
wenigen Fällen den Katheterismus notwendig.
Starke Erektionen des Gliedes nach Rückenmarksanästhesien
während des Heilungsverlaufes beobachtete Urban. Nach U r b a n ’s
Ansicht handelt es sich offenbar um eine übermässige Reizung des
Goltz'sehen Erektionscentrums im Lendenmark resp. der Nervi
erigentes.
Hohmeier beschreibt 2 Fälle, in welchen nach der unter
Lumbalanästhesie mit Stovain-Adrenalin durchgeführten Operation
sehr schwer zu stillende Nachblutungen auftraten. Einmal
handelte es sich um einen doppelseitigen Bassini, bei dem es während
der Operation nur minimal blutete, das zweite Mal trat nach einer
bei einem 66 jährigen Manne ausgeführten handtellergrossen Exzision
eines Ulcus am Unterschenkel eine sehr schwere Nachblutung auf.
Hohmeier führt die geringen Blutungen während der Operation
auf die Wirkung des Adrenalins zurück, während die folgenden
schweren Nachblutungen auf Lähmung der Gefasse infolge der er¬
weiternden Wirkung des Stovains zurückzuführen sind. Kopfstein
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beschreibt einen Fall von postoperativer parenchymatöser
Blutung als ungünstige Folgeerscheinung nach Lumbalanästhesie.
Kopfstein wandte bei einem 54jährigen Fat. die Lumbalanästhesie
mit 0,05 Tropacocain an, um an einem Amputationsstumpf eine Re¬
sektion des Tibiaendes auszufiihren. 5 Minuten nach der Injektion
trat bei vollständiger Analgesie der unteren Extremitäten eine rasche
Hellrotfärbung beider Beine bis zu den Hüften hinauf ein, dauerte
3 Minuten an und verschwand wieder. Die Resektion des Tibia¬
endes wurde ohne nennenswerte Blutung durcbgeführt. 3 Stunden
nach der Operation trat schwere parenchymatöse Nachblutung auf,
die nur schwer beherrscht werden konnte. Während dieser Blutung
war die Haut geradeso rosarot gefärbt wie 3 Stunden vorher. Kopf¬
stein bringt diese parenchymatöse Blutung in einem zweifellosen
kausalen Zusammenhang mit der spinalen Injektion und sucht ihre
Erklärung in vasomotorischen Störungen, Erschlaffung oder Lähmung
der Vasokonstriktoren. Da der Kranke ein Epileptiker war, so ist
es nach Kopfstein nicht ausgeschlossen, dass dieser Zustand
unter dem Einflüsse der spinalen Injektion zur Entwicklung der
vasomotorischen Störung beigetragen hat.
Ueber ungünstigen Einfluss der Lumbalanästhesie auf den Dia¬
betes liegen 3 Mitteilungen vor. Becker führte bei einem 47-
jährigen Diabetiker nach Injektion von 0,06 Stovain in den Dural¬
sack und 10 Minuten dauernder Beckenhochlagerung die Operation
einer Fistel an einem Amputationsstumpf aus. Während und un¬
mittelbar nach der Operation fühlte sich der Kranke wohl, bis einige
Stunden nach der Operation Kopfschmerz, Nackenschmerz und -Steif¬
heit, Schwindelgefühl und Erbrechen auftraten, das jede Nahrungs¬
aufnahme durch 3 Tage hindurch unmöglich machte. Gleichzeitig
entstand Schlaflosigkeit. Zucker und Eiweiss war vor der Operation
nur in geringer Menge nachweisbar, jetzt stieg der Zuckergehalt
des Harnes auf 3,65 °/ 0 und der des Eiweisses auf 4,5 °/ 0 . Erst am
4. Tage trat Besserung ein. Becker gibt hierbei die Schuld, dass
der Kranke unmittelbar nach der Operation heimfuhr und nicht,
wie dies Bier verlangt, wenigstens 24 Stunden ruhig liegen blieb.
Hohmeier operierte bei einem Diabetiker unter Rückenmarks¬
anästhesie (0,006 Stovain) ein grosses Geschwür der linken grossen
Zehe. Am Tage nach der Operation trat schweres, 3 Tage anhaltendes
Erbrechen auf. Durch eine infolge des Erbrechens bedingte Unter¬
ernährung kam es zu einer schweren Acidosis. Der Kranke ent¬
rann nur mit Mühe dem Tode.
Nach Klemperer scheinen bei Diabetes sowohl die Chloroform-
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narkose wie die Lumbalanästhesie gleich schädlich zu wirken. Zwei*
mal wird berichtet, dass eine bestehende Nephritis nach der
Lumbalanästhesie eine Steigerung erfuhr. Hermes erwähnt einen
Fall (gebraucht wurde Stovain); ferner beobachtete Baisch einen
Kranken, der vor der Operation etwas Eiweiss im Harne hatte and
bei dem nach einer Lumbalanästhesie mit Alypin eine starke hämor¬
rhagische Nephritis aoftrat, welche aber nach wenigen Tagen
schwand.
Zweimal werden in der Folge Psychosen erwähnt. Dandoia
sah nach Cocainisierung des Bückenmarkes am 9. Tage eine kom¬
plette Paralyse der unteren Gliedmassen, Incontinentia alvi et urinae,
Schlaflosigkeit, maniakalische Zustände, wechselnd mit Dementia,
Bewusstlosigkeit. Nach 1 Monat trat Heilung ein. Ebenso beob¬
achtete Zahradnicky eine Psychose. Oefter wurde Schlaf¬
losigkeit nach der Lumbalanästhesie beobachtet
Epileptische Krämpfe beobachteten Löffler und Slajmer.
Löffler sah 2mal bei Kranken im Anschluss an Injektion von
0,06 Storain in den Bückenmarkskanal mit darauffolgender Becken¬
hochlagerung epileptische Krämpfe auftreten, Slajmer beobachtete
1 Stunde nach Injektion von 0,1 Tropacocain einen epileptiformen
Anfall. Finkelnburg konnte sehr oft eine pathologische
Steigerung der Sehnenreflexe nach StOYaininjizierung des
Bückenmarks beobachten, einmal sogar mit vorübergehendem leichtem
Fussklonus. Parästhesien nach Injektionen in den Duralsack wurden
manchmal beobachtet. Irritationserscheinungen in Form von Spinal-
neuralgie nach Stovainanalgesie beobachteten Chienne und Sax-
torph. Wichtig als Nacherscheinungen sind die Paresen, welche
einige Male Vorkommen. Füster sah nach Tropacocaingebrauch
2mal Paresen der oberen Extremitäten. Lang hatte Gelegenheit,
nach Gebrauch von Novocain ebenfalls in 2 Fällen das Auftreten von
Paresen zu konstatieren, in einem Falle eine linksseitige Peroneus¬
lähmung und Atrophie des rechten Thenar, im zweiten Falle eine
leichte Parese beider oberen Extremitäten. Auch Henking sah
nach Novocaingebrauch eine Parese des linken Beines. Die Paresen
waren leichter Natur und gingen immer in kurzer Zeit zurück. Der
Fall Daudois mit kompletter Paraplegie, erloschenen Sehnen¬
reflexen und erhaltener Sensibilität wurde bereits erwähnt
(Schloss folgt)
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n. Referate.
A. Thyreoidea, Epithelkörperchen.
Beitrag zur Pathologie der Basedowschen Krankheit. Von Prof.
H. Passler. Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und
Chirurgie, Bd. XIV, Heft 3.
Nach der Möbius’sehen Schilddrüsentheorie gelten die Symptome
der Basedow’schen Krankheit als Vergiftung mit dem durch abnorme
Tätigkeit der Schilddrüse erzeugten „Basedowgift 1 *. Es ist ein häufiges
Vorkommnis, dass Operationen an Basedowkröpfen eine sofort eintretende
Verschlimmerung zur Folge haben, weshalb man annimmt, dass das auf¬
gespeicherte Gift durch die Operation Gelegenheit findet, in grösserer
Menge in den Organismus zu gelangen. Da frühere Autoren bei der
Untersuchung dieser supponierten Giftwirkung durch Tierexperimente zu
verschiedenen Resultaten gelangt sind, hat Verf. folgenden Versuch an¬
gestellt: Die resezierte Schilddrüsensubstanz eines 9 Stunden nach der
Operation gestorbenen Basedowkranken wurde mit Kochsalzlösung ver¬
flüssigt und Versuchstieren intravenös injiziert. Trotz Injektion beträcht¬
licher Mengen von Basedowextrakt trat keine Pulsbeschleunigung auf.
Wenn auch dieses Versuchsresultat die bestehende Schilddrüsentheorie
nicht widerlegen kann, so beweist es doch nach Ansicht des Verf.,
dass das Basedowgift keine einfache direkte Giftwirkung auf den Kreis¬
lauf des Warmblütlers ausübt. Victor Bunzl (Wien).
Basedow - Symptome bei Tuberkulosen. Von Ludwig Lövy.
Beitrage zur Klinik der Tuberkulose, Bd. IV, Heft 1.
In der Hamburgischen Lungenheilstätte Edmundsthal bei Geesthacht
wurden unter 170 Frauen 13 mit ausgesprochener Basedowscher
Krankheit und andere 14 mit einzelnen auf Basedow’sche Erkrankung
verdächtigen Symptomen beobachtet. Der Kurerfolg wurde in leichten
Fällen durch das Zusammentreffen von M. B. und Lungentuberbulose
nicht wesentlich beeinträchtigt. In schweren Fällen von Tuberkulose
wirkte die Komplikation mit Basedow’scher Erkrankung ungünstig auf
den Verlauf der Lungenerkrankung ein.
Hermann Schlesinger (Wien).
Zar Thyreoidbehandlung des Morbus Basedowii und insbesondere
seiner Kombination mit Myxoedem. Von Holub. Wien. klin.
Wochenschr. 1906, Nr. 19.
H. behandelte 7 Mitglieder einer Familie, die an Morbus Basedowii
litten, mit Thyreoidtabletten. Namentlich bei 2 Mädchen, bei denen die
Symptome sehr ausgesprochen waren (bei einer bestand Myxoedem),
gingen die Struma und alle Erscheinungen zurück. Diese Besserung
der Erscheinungen erklärt Verf. als Folge einer Schonungstherapie, er
glaubt, „dass durch die Zufuhr von Thyreoid der sekretorische Reiz auf
die Schilddrüse vergrössert werde und dass durch die zeitweilige Ent¬
lastung sie die Fähigkeit zurückerlange, normales Sekret in normaler
Menge zu erzeugen.“ Eine strikte Indikation zur Thyreoidbehandlung
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334
sieht Verf. in den myxödematösen Erscheinungen. Tachycardie ist keine
Kontraindikation. Viemer (Aachen).
Beitrag zur Behandlung des Morbus Basedowii mit Antithyreoidin
Moebius. Von Heinz e. Deutsche med. Wochenschr. 1906, Nr. 19.
H. wandte in 6 Fällen von Morbus Basedowii das Moebius’sche
Serum an, doch blieb in 3 Fällen der Erfolg vollständig aus, in 2 Fällen
trat hauptsächlich nur Besserung des subjektiven Befindens ein und nur
bei einem Pat. konnte trotz Gewichtszunahme eine Abnahme des Hals¬
umfanges um 1 cm konstatiert werden. Verschlechterung des Allge¬
meinbefindens trat nicht ein. Verf. glaubt die Besserung, die bei zweien
seiner Kranken eintrat, nicht dem Serum, sondern der Sanatoriums-
behandlung zuschreiben zu müssen, die er für Basedow-Kranke von be¬
sonderer Bedeutung hält. Wiemer (Aachen).
Zur Behandlung des Morbus Basedowii mit Röntgenstrahlen. Von
Stegmann. Wiener klin. Wochenschr. 1906, Nr. 3.
Anschliessend an 2 Fälle von Morbus Basedowii, von denen der eine
5 Jahre bestand, der andere erst im Beginn war und welche durch
Röntgentherapie geheilt wurden, erwähnt Verf. einen neuen Fall, der
allen anderen therapeutischen Versuchen getrotzt hatte und durch Röntgen¬
bestrahlung bald geheilt wurde. Die Schilddrüse wurde 7 mal, jedesmal
10—15 Min., bestrahlt, hierdurch schwanden nicht nur sämtliche Sym¬
ptome, sondern die Pat., die früher sehr anämisch war, nahm während
der Zeit um 20 kg zu. W i e m er (Aachen).
Zur Chirurgie des Morbus Basedow. Von K. Schultz e. Mit¬
teilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, Bd. XVI.
2. Heft.
Verf. veröffentlicht in dieser breit angelegten Arbeit die Ergebnisse
der operativen Behandlung des Morbus Basedowii. Das Material um-
schliesst 50 operierte Fälle, die Beobachtungszeit beträgt 1—18 Jahre.
Es wurden nicht alle Fälle chirurgisch behandelt, sondern in leichten
Fällen wurden zunächst verschiedene interne Mittel versucht; in allen
Fällen jedoch war die operative Therapie eine einheitliche. Es wurde
nur die Resektion angewandt, und zwar wurde stets der grösste Teil
des Kropfes entfernt. Von den 50 Kranken sind 36 vollkommen ge¬
heilt, 6 wesentlich gebessert, 1 wurde ohne Erfolg operiert, 7 sind ge¬
storben. Nach einer ausführlichen Besprechung, speziell der 7 Todes¬
fälle, hebt Verf. bei der Aetiologie dieser Krankheit besonders hervor,
dass in 38 °/ 0 der Fälle Struma in der Ascendenz war. Was die Häufig¬
keit der einzelnen Symptome beim Morbus Basedowii neben der Struma
(100 °/ 0 ) anlangt, so wären Tachycardie (94 °/ 0 ), Herzpalpitationen (94°/ 0 ),
Exophthalmus (92 °/ 0 ), psychische Störungen (68 °/ 0 ), Tremor (66 °/ 0 ),
Kopfschmerzen (52 °/ 0 ) hervorzuheben, dagegen seltener Graefe’s Symptom
(30 %), Stellwag (22 °/ 0 ), Möbius (14 °/ 0 ). Die verschiedenen Symptome
werden eingehend besprochen, alle Therapien, besonders die Serumtherapie,
ausführlich behandelt. Schliesslich führt Verf. die Krankengeschichte
genau an.
Eine ausführliche Literaturangabe mit Angabe der Zahl der mitge¬
teilten Fälle beschliesst die Arbeit. H. Raubitschek (Wien).
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Carcinoma ossis frontalis, parietalis et cerebelli bei einem 17 jäh¬
rigen Mädchen, als Metastase eines Adenoma colloides glan-
dulae thyreoideae. Von E. Fl »tau und J. Kölichen. Deutsche
Zeitschr. f. Nervenheilkunde, Bd. XXXI, 3. u. 4. Heft.
Verff. beschreiben in sehr eingehender Weise einen Fall, bei dem
«cli im Anschluss an einen durchaus gutartigen Kolloidknoten in der
Schilddrüse Metastasen im Gehirn (Kleinhirnhälfte) entwickelten, die
durch ihr TJebergreifen auf fremdes Gewebe und Usur des Schädels als
maligne Geschwulstmassen bezeichnet werden mussten.
v. Rad (Nürnberg).
The snrgical relations of the parathyroid glands. Von W. G.
MacCallum. Brit. Med. Joum., 10. Nov. 1906.
Die Bedeutung der parathyroiden Drüse wurde erst in den letzten
Jahren erkannt, namentlich in bezug auf Tetanie aus digestiven Ursachen
und anderen Autointoxikationen. Im Beginn der Exstirpation der
Thyreoidea nahm man häufig wahr, dass nachher konvulsivische Zuckungen
auftraten, die nicht selten auch den Tod zur Folge hatten; man nannte
dies Tetania thyreopriva; oder es trat in einem späteren Stadium Kachexie
oder Myxödem auf, und so kam man zur partiellen Exstirpation. Spätere
Autoren fanden, dass die Tetanie auf der Entfernung der Gland. parathyr.
beruhe, was durch zahlreiche Tierversuche bewiesen wurde. Es handelt
sich dabei offenbar um eine Intoxikation durch Stoffe, welche bei nor¬
maler Funktion der Parathyreoidea neutralisiert werden; dafür spricht auch,
dass Blutung oder Verdünnung des Blutes durch Kochsalz die Erschei¬
nungen für kurze Zeit zum Schwinden bringen können. Die Natur
dieses Toxins ist ziemlich dunkel. In vielen Fällen handelt es sich um
Stagnation im Magen und die Parathyr. wird dann durch die Arbeit der
Neutralisation hypertrophisch, in anderen Fällen scheint die Quelle im
ganzen Darmtrakt zu liegen. Was immer die Ursache sei, durch das
Experiment lässt sich nachweisen, dass das Toxin nicht direkt auf die
Muskeln, sondern auf das Centralnervensystem einwirkt. Für die Wirkung
der Parathyr. braucht dieselbe nicht an ihrem anatomischen Platze zu
sein, auch Injektion des Drüsenextraktes kann die Symptome zeitweise
beheben wie auch Transplantation der Drüse das Leben der Versuchstiere
für Monate erhalten hat; die Emulsion oder das Extrakt der Drüse
muss in grossen Quantitäten intravenös zugeführt werden.
Solche Gland. parathyr. finden sich in der Regel 4 oder weniger
und man findet sie gewöhnlich in dem losen, fetthaltigen Gewebe ent¬
lang der hinteren Fläche der Thyreoidea; sie sind oft nur sehr schwer
xu erkennen, namentlich bei fetten Individuen und auch bei solchen, wo
infolge von Fettatrophie bräunliche, isolierte Massen sich bilden, die
leicht mit den Drüsen verschmelzen. Sie sind 1 cm lang, 4—5 mm
breit, doch oft auch viel kleiner, weich und abgeflacht im Gegensätze
xu accessorischer Thyreoidea oder Drüsen, welche eine härtere Kon¬
sistenz haben. Die Oberfläche ist glatt mit kleinen, netzförmigen Gefäss-
chen, die Farbe lichtbraun; sie liegen zu je 2 an der Thyreoidea, doch
gibt es in der Position viele Varietäten, oder 2 dieser Gland. parathyr.
finden sich oft an der lateralen Fläche der Thyreoidea oder an der vor¬
deren Flache der Trachea. Die unteren 2, welche gewöhnlich grösser
sind, liegen nahe der hinteren Fläche der Thyreoidea zwischen den
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Aesten der Art. thyreoid. inf., die oberen 2 dort, wo die Art. thyreoid.
sup. längs der hinteren Kante der Thyreoidea abweicht. Oft liegen sie
näher beisammen, oft wird die eine oder andere vollständig separiert
von der Thyreoidea angetroffen. Da die Thyreoidea eine eigene Kapsel
hat, so ist es möglich, sie zu entfernen, ohne gleichzeitig die Parathyr.
mitzunehmen oder ihren Blutzufluss abzuschneiden.
Herrnstadt (Wien).
Tetania parathyreopriva. Von J. Erdheim. Mitteilungen aus den
Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie 1906, Bd. XVI, 4./5. Heft.
Ausgedehnte Untersuchungen und experimentelle Versuche an Batten
berechtigen den Verf. zu folgendem Ergebnis.
Die Grundbedingung der Graviditätstetanie ist ein Hypoparathyreoi¬
dismus ; ein partiell parathyreoidektomiertes Tier bleibt nämlich zunächst
gesund und erkrankt dann in zwei aufeinanderfolgenden Graviditäten an
Tetanie. In zwei Fällen von Tetanie bei Magendilatation und einem bei
Enteritis fanden sich histologisch normale Epithelkörperchen, ebenso bei
einem Fall von Kleinhirncyste mit Tetanie. Bei zwei Fällen von Tetania
infantum fanden sich Blutungen beziehungsweise deren Residuen, die
jedoch nur die Bedeutung eines disponierenden Momentes zu haben
schienen. Bei vier Eklamptischen zeigten die Epithelkörperchen Hyperämie,
zweimal auch Gewebsschädigungen, die Verf. jedoch für sekundär hält.
Bei Epilepsie und Paralysis agitans waren die Befunde ungleichmässig;
dass Hyperfunktion der Eklamptischen zur Myasthenie führen soll, kann
Verf. nicht bestätigen. Unrichtig ist auch die Behauptung, die Thyreoid-
ektomie verursache bei Karnivoren Tetanie, bei Herbivoren Kachexie.
Bei beiden Tierarten bewirkt Parathyreoidektomie Tetanie, die aber
durch Exstirpation der Schilddrüse sich nicht erzeugen lässt. Auch die
Lehre, dass Tetanie in Kachexie übergehen könne, ist nach den neueren
Arbeiten über Epithelkörper nicht mehr haltbar.
Raubitschek (Wien).
B. Magen.
Ueber die Beziehungen zwischen Nährstoffresorption und den enzy¬
matischen Verhältnissen im Verdauungskanal. Von H. Lombroso.
Pflüger’s Archiv f. d. ges. Physiologie, Bd. CXH, p. 531.
Die Versuche beweisen, dass die innere Sekretion des Pankreas
auch für die Resorption der Nahrung im Darm von fundamentaler
Bedeutung ist. Wenn man in das Duodenum nach Pankreasexstirpation
Pankreassekret einführt, so ist doch die Resorption der Nahrung gestört.
Injektion von Bauchspeichel ins Blut veranlasst Sekretion pankreatischer
Enzyme durch die Galle. Bernh. Fischer (Bonn).
Muskelausschaltungen am Magen-Darmtrakt. Von A. Kr ei dl. Die
Folgeerscheinungen nach operativer Entfernung der Muskulatur
vom Magen und Dünndarm des Hundes. Von A. Müller. Pflügers
Archiv f. d. ges. Physiologie, Bd. CXVL
Am Magen führt die Operation zu bedeutenden Motilitätsstörungen;
am Dünndarm verläuft die Entfernung der Muskulatur
langer Strecken fast symptomlos. Die Lähmung eines
grösseren umschriebenen Darmstücks bedingt keinen
Ileus paralyticus. Bernh. Fischer (Bonn).
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Sindahrmagen. Von B. G. A. Moynihan (Leeds). Mitteilungen aus
den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, Bd. XVI, 1. Heft.
Als Sanduhrmagen bezeichnet man jene Veränderung, welche durch
die Einschnürung des Magens an irgend einer Stelle zwischen Cardia
and Pylorus zustande kommt. Die Formen des Sanduhrmagens sind
mannigfach. In der Segel liegt die Einschnürung näher dem Pylorus.
In den meisten Fällen ist die grosse Kurvatur zur kleinen hinauf gezogen.
Yerf. läugnet eine kongenitale Deformität als Aetiologie eines Teils
der vorkommenden Sanduhrmagen und nimmt als Ursachen des erworbenen
Sanduhrmagens perigastrische Adhäsionen, chronische TJlcera und maligne
Neoplasmen an. Von den Symptomen wären besonders folgende
hervorzuheben:
1. Wenn der Magenschlauch eingeführt und der Magen mit einer
bestimmten Menge Flüssigkeit ausgewaschen wird, kann das Fehlen einer
bestimmten Menge beobachtet werden. (Erstes Symptom von Wölfl er.)
2. Wenn der Magen so lange ausgewaschen wird, bis die Spül¬
flüssigkeit klar abfliesst, kann ein plötzlicher Erguss von fauler, übel¬
riechender Flüssigkeit erfolgen; oder wenn der Magenschlauch zurück¬
gezogen und wieder vorgeschoben wird, können einige Minuten später
geringe Mengen schmutziger stinkender Flüssigkeit entleert werden.
(Zweites Symptom von Wölfl er.)
3. Paradoxe Dilatation. Wenn der Magen bei der Palpation Plätscher-
gerausche gibt, der Magenschlauch eingeführt und der Magen völlig ent¬
leert wird, kann auch jetzt noch deutliches Plätschergeräusch beobachtet
werden.
4. Man kann beobachten, dass beim Aufblähen des Magens eine Vor¬
wölbung in der linken Seite des Epigastriums entsteht. Nach einigen
Minuten nimmt diese völlig ab und gleichzeitig entsteht eine allmählich
zunehmende Vorwölbung auf der rechten Seite. (Erstes Symptom von
Eiseisberg.)
5. Man kann einen gurgelnden, scharfen zischenden Ton hören,
wenn das Stethoskop nach Aufblähen des Magens mit C0 4 aufgesetzt
wird. (Zweites Symptom von Eiseisberg.)
6. Das Abdomen wird vorsichtig untersucht und die Magengrenze
perkutorisch festgestellt. Ein Seidlitzpulver wird dann in zwei Hälften
verabreicht. Ungefähr 20 oder 30 Sekunden später kann die Perkussion
über dem oberen Teil des Magens einen lauten Schall ergeben, während
der Schall über dem unteren Teil unverändert ist.
7. Manchmal kann man eine deutliche Furche zwischen den beiden
Anteilen beim Aufblähen mit C0 2 sehen.
8. Wird der Magen mit Wasser gefüllt und die Gastrodiaphanie
untersucht, so ist nur der kardiale Teil durchscheinend, der pylorische
bleibt dunkel.
9. Ein Gummiballon wird eingeführt und aufgebläht. Die dadurch
entstehende Vorwölbung ist begrenzt auf den cardialen Teil, welcher
links von der Mittellinie liegt.
Waa die Therapie betrifft, die ausschliesslich chirurgisch ist, so
können folgende Operationen zur Anwendung kommen: die einfache oder
doppelte Gastroenterostomie, die Gastroplastik, die Gastro-Gastrostomie
oder Gastroanastomose, die partielle Gastrektomie und schliesslich die
Centr&lblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 22
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Dilatation der Verengerung. Jede dieser Methoden wird genau und
kritisch besprochen und schliesslich eine Reihe von einschlägigen Krank¬
heitsgeschichten mitgeteilt. H. Raubitschek (Wien).
Three stomach cases from the physicians standpoint; a post gra-
duate clinic. Von William Russell. Lancet, 12. Januar 1907.
Fall 1. Verengerung des Pylorus; Magendilatation und Ptosis.
Der Patient, ein 34 Jahre alter Mann, litt seit 6 Wochen an 'Er¬
brechen und abdominalen Schmerzen, doch gab er zu, schon seit 18 Jahren
Beschwerden von seiten des Magens zu haben, die namentlich nach dem
Essen auftraten und durch Erbrechen erleichtert wurden, und während
der ganzen Zeit wurde er als mit Magenerweiterung behaftet behandelt
In der letzten Zeit verschlimmerte sich sein Zustand und es trat an¬
haltende Obstipation auf.
Verf. bestimmt die Magengrenzen auf folgende Art: durch Auflegen
der Hände lässt sich eine Sukkussion des Mageninhaltes erzeugen und
durch diese die untere Magengrenze bestimmen, desgleichen lässt sich
damit die grosse Kurvatur ermitteln, während durch Perkussion die
Lage des Fundus gefunden werden kann; Perkussion und Sukkussion
ergeben schliesslich auch die Linie der kleinen Kurvatur. Nach Ent¬
fernung des Mageninhaltes lassen sich Charakter und Quantität desselben
bestimmen, ferner die gesamte Acidität und freie Salzsäure.
In diesem Falle handelte es sich um Hyperacidität mit rekurrierender
Dilatation des Magens, doch muss wegen der Schwere der Symptome
ein mechanisches Hindernis am Pylorus angenommen werden, obwohl
weder für Ulcus noch für Carcinom sichere Anhaltspunkte vorhanden
sind. Verf. hält folgende Erklärung für richtig: durch einen schweren
Anfall von Hyperchlorhydrie wurde die folgende Dilatation grösser als
gewöhnlich und mit ihr die durch das Gewicht des Inhaltes hervorgerufene
Magensenkung; es bildete sich Ptosis aus und damit kann es zur For¬
mation von Adhäsionen am Pylorus kommen, die den Austritt des
Mageninhaltes hindern. Bei der Gastroenterostomie lag der Pylorus
hoch oben unterhalb der Leber. Adhäsionen fanden sich keine, doch
war der Pylorusring induriert. Die Lage des Pylorus, die Dilatation
und Ptosis des Magens sowie die Induration erklären zur Genüge die
Schwierigkeit der spontanen Magenentleerung.
Fall 2. Duodenalgeschwür.
Seit 4 Wochen klagte Patient über Schmerzen im Epigastr. und
im Rücken, die in den letzten Jahren attackenweise öfter aufgetreten
waren. Die Schmerzen begannen 1—Stunden nach der Mahlzeit
und nahmen allmählich zu, bis die nächste Nahrungsaufnahme Erleichte¬
rung verschaffte; die Schmerzen wurden als brennend beschrieben uod
in der Lebergegend lokalisiert. Der Stuhl war stets angehalten, in der
letzten Zeit trat mehrmals Erbrechen auf. Bluterbrechen bestand nicht,
doch waren in den letzten 10 Tagen die Stühle blutig gefärbt. 2 Monate
vorher hatte Pat. kaffeesatzartiges Material erbrochen. Der Magen war
nicht erweitert, es bestand reichlich freie Salzsäure. Bei der Gastro¬
enterostomie fand sich keine Ulceration des Magens, keine Pylorus*
Obstruktion.
Fall 3. Maligne Erkrankung des Pylorus.
Die Erkrankung begann mit Uebelkeiten nach der Nahrungsaufnahme
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und öfterem Regurgitieren, welches sich jede halbe Stunde nach der
Mahlzeit wiederholte. Später trat Erbrechen hinzu. Der Appetit war
gering, Zunge belegt. Patient bemerkte eine Geschwulst im oberen An¬
teile des Abdomens. Weder das Erbrochene, noch der Mageninhalt ent¬
hielten freie Salzsäure. Das untere Magenende reichte bis zum Nabel,
der Fundus bis an die 5. Rippe. Der Tumor im Epigastrium war mehr
nach rechts gelegen, hart und massig beweglich. Kein Blutbrechen,
keine blutigen Stühle. Es wurde Pylorektomie mit folgender Gastro¬
enterostomie gemacht. Der Pylorus war verdickt und kontrahiert, nahe
dem Lumen bestand eine zirkuläre Geschwulst mit fungusartigem Rande
und atrophischem Centrum. Lymphdrüsen und Leber waren frei. Die
mikroskopische Untersuchung ergab Carcinom.
In allen 3 Fällen trat von der 3.—4. Woche an die Heilung ein.
Herrnstadt (Wien).
Geheilter Fall yon spontan entstandener Magenflstel. Von Paul
Kuzmik. Orvosi Hetilap, 1906, 18.
Der Ursprung der Magenfistel ist sehr dunkel. Der Patient er¬
innert sich nicht, je einen Knochen oder einen anderen festen Gegen¬
stand geschluckt zu haben, bemerkte auch nach dem Entstehen der
Fistel nicht, dass durch die Fistelöffnung sich ein Fremdkörper entfernt
hätte. Es liegt weder für einen Tumor, noch für einen ulcerösen Prozess
oder für Bluterbrechen ein Anhaltspunkt vor. Auch keine ätzenden Ge¬
tränke gelangten in den Magen. Schmerzen traten nur dann auf, als
auf der kleinen Erhöhung in der linken Hälfte des Epigastriums die
Haut sich rot verfärbte. Neben der Fistel war die Haut exulceriert
and das Ulcus zeigte einen luetischen Charakter. Trotzdem sonstige
Zeichen der Lues fehlten und auch in der Anamnese Lues negiert wurde,
wurde — da das Ulcus den üblichen chirurgischen Behandlungen trotzte
— mit einer antiluetischen Kur begonnen, der zufolge dasselbe augen¬
scheinlich in Heilung überging, so dass die 1 Kronenstück-grosse Fistel-
offnung von ganz normaler, aber narbiger Haut umgeben war. Die
Schliessung der Fistel geschah intraperitoneal, hierdurch war zwar die
Operation gefährlicher nicht nur infolge der Eröffnung der Bauch¬
höhle, sondern auch infolge der eventuellen Insuffizienz der Magennähte,
aber die Heilung erfolgte dennoch ohne jede Störung seitens des Magens,
nur die Bauchwandwunden nahmen nochmals einen luetischen Charakter
an, wogegen durch eine neuere antiluetische Kur Abhilfe geschaffen
wurde.
Einen ähnlichen Fall fand Yerf. nirgends in der Literatur. Spon¬
tane Magenfisteln sind im allgemeinen überhaupt selten, kaum 70 Fälle
fand er in der Literatur angeführt (K r o n h e i m e r), aber keiner ist dem
angeführten Fall ähnlich. Die Annahme der Lues wurde teils durch
den luetischen Charakter des neben der Fistelöffnung bestehenden Ulcus,
teils durch den Erfolg der antiluetischen Kur bekräftigt. Aber ob der
luetische Prozess vom Magen ausging oder von der Magenwand auf den
Magen überging, lässt sich nicht entscheiden; w ahrscheinlicher ist der
erstere Weg. Chiari beschrieb 2 Formen der Magensyphilis, die diffuse
und die gummöse Form; in diesem Fall ist letztere die wahrscheinlichere.
B u d a y und N e u m a n n beschreiben auch einige Fälle von Magen-
eyphilis. Den Erfahrungen Neumann’s gemäss sind 20 °/ 0 der an
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Magengeschwür leidenden Menschen luetisch und er lenkt hierauf die Auf*
merksamkeit der Internisten; es würde auch interessant sein zu beob¬
achten, ob bei Magengeschwür, ja sogar bei hartnäckigen Fällen von
chronischem Magenkatarrh mit einer antiluetischen Kur keine schönen
Erfolge zu erreichen sein würden. J. Honig (Budapest).
Zur Klinik und Pathologie der Magengeschwftrsperforation. Von
Brentano. Arch. f. klin. Chir., Bd. LXXXI, 1. T.
In vorliegender Arbeit wird ein Material von 75 Magengeschwürs¬
perforationen aus dem Krankenhause am Urban zu Berlin nach klinischen
Gesichtspunkten besprochen. Die Krankengeschichten obiger Fälle sind
der Arbeit, die insbesondere Anamnese und Symptomatologie einer ein¬
gehenden Besprechung unterwirft, angegliedert.
Victor Bunzl (Wien).
Observation» on perforated gastric and duodenal ulcer based on
a personal experience of forty-six cases operated upon. Von
Alexander Mil es. The Edinbourgh medical Journal, August/Sep¬
tember 1906.
Verf. glaubt, die Behandlungsweise von Ulc. ventriculi et duodeni
vollständig den Internisten überlassen zu können, doch halt er es für
durchaus notwendig, über die Behandlung von perforierten Geschwüren
einiges mitzuteilen, da er persönlich über eine reiche Anzahl selbstbeob¬
achteter Fälle berichten kann.
Im allgemeinen kann Verf. nach seiner eigenen Erfahrung und nach
der Literatur die Behauptung aufstellen, dass Perforationen bei Frauen
öfters erfolgen als bei Männern, im Verhältnis 2:1. Auch das Alter
spielt eine gewisse Rolle; jüngere Individuen werden öfters als ältere
von Perforationen betroffen. Sein jüngster Fall war ein 15 jähriges
Mädchen, sein ältester eine 55 jährige Frau. Die meisten perforierten
Geschwüre (22) fanden sich im Alter von 30 Jahren, 14 perforierten
bei Patienten von höherem Alter. Von Männern war der jüngste ein
12 jähriger Knabe, der älteste ein 71 jähriger Mann. Anamnestisch gab
eine grosse Majorität der Patienten an, seit längerer oder kürzerer Zeit
an Verdauungsstörungen zu leiden, ohne sich weiter viel belästigt zn
fühlen. Bei einer erklecklichen Anzahl fehlen anamnestisch die obliga¬
torischen Beschwerden: heftige Schmerzen in der Magengegend, Vomitns,
Hämatemesis, Melaena. Die Perforation erfolgte in diesen Fällen, ohne
vorhergehend weitere Symptome zu machen. Bei Duodenalulcera war
die Anamnese verlässlicher. Die Patienten klagten über Schmerzen
hauptsächlich in der Umbilicalgegend, die 1—2 Stunden post coenam sich
steigerten. Bei einigen liessen sich anamnestisch Erbrechen, Hämatemesis.
ebenso Melaena nachweisen. So gibt es eine Reihe von Fällen, wo die
anamnestischen Angaben im Stiche liessen.
Als prämonitorische Symptome einer drohenden Perforation bei Ulc.
ventriculi fanden sich: sehr heftige Schmerzattacken, viel stärker als die
früheren anamnestisch eruierbaren „Indigestionen u , brennende Schmerzen
im Epigastrium, Erbrechen dunkelbrauner Massen, reines Blutbrechen
(in 1 Falle). Im allgemeinen kann man bei drohender Perforation ein
besonderes Hervortreten der üblichen Beschwerden konstatieren. Boi den
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Daodenalulcera äussern sich als Symptom brennend scharfe Schmerzen
auf der rechten Seite neben dem Nabel ohne gastrische Beschwerden.
Ferner ist von einer gewissen Wichtigkeit, zu eruieren, in welcher
Lage und Situation die Patienten von ihrer Perforation überrascht
wurden, in ruhiger Bückenlage, während ihrer Beschäftigung oder in
ihrer Arbeit; Leute, die in ihrer Arbeit von der Perforation überrascht
wurden, hatten eine viel schwerere und ausgedehntere Peritonitis als die
Leute, die in der Buhelage von ihr überrascht wurden. Für die Per¬
foration liessen sich Gelegenheitsursachen in jedem Falle finden, so ein
leichter Stoss in die Seite oder von rückwärts, ein Fall, einmal beim
Versuche einer Beposition einer Umbilicalhernie, ferner starker Husten
oder Erbrechen, nach Ansicht des Verf. Umstände, die als wesentliche
Faktoren zur Perforation zu betrachten sind. Ferner sind die Zeit der
Perforation nach der Mahlzeit, die Grösse der Mahlzeit zu beachten.
In 22 Fällen war der Magen im Momente der Perforation sehr stark
gefüllt, wiewohl die Patienten in diesen Fällen keine stärkere Muskel¬
anstrengung machten.
Die Perforationsöffnung fand sich in der Mehrzahl der Fälle an der
Vorderseite der Magenwand, die Minderzahl an der rückwärtigen Partie
des Magens, was Verf. aus der Möglichkeit, rückwärts leichter fixe Ad¬
häsionen bilden zu können, erklärt, während die Vorder wand leichter
den traumatischen Einflüssen ausgesetzt ist. Die Duodenalulcera brechen
alle nach vorn durch, nur in einem einzigen Falle nach hinten. Mul¬
tiple Perforationen fanden sich nur in einem einzigen Falle bei einem
20 jährigen Mädchen. Die Form der Geschwüre war rund oder oval
von Heller- bis Kronenstückgrösse, der Band der Perforation leicht in-
duriert anzufühlen, in einigen Fällen pergamentartig. In einem Falle
war der Band des perforierten Geschwüres so hart, dass man es ex-
zidieren musste, um die Perforationsöffnung schliessen zu können. Die
Perforationsöffnung selbst ist in der Majorität der Fälle punktförmig,
stets im Centrum eines Geschwüres. Die Geschwüre finden sich, wie
schon erwähnt, meist auf der Vorderseite des Magens. Die Duodenal¬
ulcera unterscheiden sich nicht viel in der Form von den Geschwüren
des Magens. In der grossen Anzahl von Fällen findet man so gut wie
keine Adhäsionen, durch die ev. ein Durchbruch hätte verhindert werden
können. Nur in 2 Fällen fand man Adhäsionen mit dem Omentum
majus, in 2 anderen Fällen zwischen der Leber und der kleinen Kurvatur
des Magens.
Klinische Symptome. Charakteristisch für die Perforation als
Symptom einer akuten Peritonitis überhaupt ist der Schmerz, der kon¬
stante bohrende charakteristische Schmerz bei der Perforation, der von
den verschiedenen Patienten aber verschieden beschrieben wird: bohrend,
stechend, reissend, schneidend usw. Die Lokalisation dieser Schmerzen
erfolgt stets in die Umbilicalgegend, nur in 2 Fällen konnte Verf. eine
Lokalisation nach hinten zwischen die Schulterblätter beobachten. In
einigen wenigen Fällen erfolgte auch eine Lokalisation in die rechte
Fos8a iliaca, dies kann zur Diagnose Peritonitis ex perforat. append.
verleiten. Ferner: Spannung über dem ganzen Abdomen. Nach Verf.
ist die Intensität der Spannung im deutlichsten über der Perforations¬
stelle. War die stärkste Spannung im linken Hypochondrium, so konnte
man sicher auf Perforation in der Cardiagegend stossen. War die Span-
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nung um die Nabelgegend, so war die Perforation in der vorderen Magen¬
wand; war eine Spannung im rechten Hypochondrium, so war Pylorus-
gegend oder Duodenum perforiert. So konstant war dieses Symptom,
dass Verf. danach die Stelle zur Laparotomie zur Aufsuchung der
Perforationsöffnung bestimmte.
Das Erbrechen ist kein sehr sicheres Symptom und ein wenig kon¬
stantes Anzeichen einer Perforation. In 8 Fällen fehlte Erbrechen voll¬
ständig. Brechreiz bestand in 18 Fällen. Ferner war das Erbrechen
in der geringeren Zahl weder profus noch persistierend.
Bauchdeckenspannung ist das früheste und konstanteste Symptom.
Diese Spannung beruht einerseits auf der reflektorischen Kontraktion
der Bauchdeckenmuskeln und des Diaphragmas zur Herabsetzung des
Schmerzes, andererseits treten mit dem sonstigen Mageninhalt auch gas¬
förmige Produkte in das Abdomen, die es ballonförmig auftreiben.
Die Perkussion ist nicht immer verlässlich. In frischen Fällen, wenn
viel freies Gas in der Bauchhöhle ist, ist der spezifische tympanitisch
helle Schall zu vernehmen, doch ist er oft von den übrigen ebenfalls
geblähten Darmschlingen nicht zu differenzieren. Eine grosse Bedeutung
wurde auch der Verkleinerung der Leberdämpfung von jeher zugeschrieben
und Verkleinerung der Leberdämpfung galt als wichtiges Symptom einer
Perforation. Doch konnte dieses Symptom in der grösseren Anzahl von
den selbst beobachteten Fällen nicht nachgewiesen werden, da der tym-
panitische Schall, wie schon erwähnt, von geblähten Darmschlingen, die
über die Leber sich geschoben haben, herrühren kann. Ein weiteres
sehr wichtiges Symptom aber ist der „initiale Shock“. In allen Fällen
wurde der Puls klein, niedrig, schnell (120—130), Temperatur normal.
Respiration schnell und mühsam, kostal wegen der Anspannung der
Bauchmuskulatur. Das Gesicht blass, verfallen, die Extremitäten kühl
und feucht. Darauf folgt sofort eine Periode der Reaktion. Bei vielen
Patienten bessert sich scheinbar der Zustand; sie fühlen den Schmers
nicht mehr so intensiv und sehen besser aus. Dies tritt 1—4 h p. perforat
ein. Gegen den plötzlich auftretenden Schmerz war es stets üblich,
Opium zu geben. Verf. ist absolut dagegen, da Opium nur die Shock-
wirkung erhöht. In 22 Fällen gab er kein Opium, 5 Patienten starben,
17 erholten sich; in 12 Fällen war Opium bereits gegeben, als die Pa¬
tienten ins Spital eingeliefert wurden; 10 starben, 2 erholten sich.
Anderweitige Symptome einer Perforationsperitonitis werden sich
rascher oder kürzer p. perforat. zeigen je nach dem Sitze des Ge¬
schwüres. Perforieren Geschwüre an der Vorderseite des Magens, so
wird rascher eine Peritonitis zustande kommen als bei solchen, die an
der Hinterseite des Magens durch Adhäsionen abgegrenzt sind.
Für die Behandlung gibt es nur eine Indikation: den operativen
Eingriff. Vertikalinzision auf der Höhe der stärksten Spannung und des
stärksten Schmerzes, wie schon erwähnt, darauf einen senkrechten Schnitt
in der Form eines liegenden H. Ist nach der Perforation schon längere
Zeit, 10—12 h , verstrichen, so findet sich bereits Bauchdeckenödem, das
Peritoneum leicht belegt. Das etwa frei in der Bauchhöhle sich befind¬
liche Gas riecht unangenehm, der charakteristische unangenehme Geruch
nach Bacterium coli. In der Bauchhöhle findet sich neben Mageninhalt
Flüssigkeit, die gelblich, gelblichgrün, dünn bis rahmähnlich ist, zuweilen
auch blutig tingiert.
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Bei Duodenalgeschwüren ist sie milchweiss bis orangefarben offenbar
herrührend von der Gallenflüssigkeit. Die Perfor&tionsöffnung zu Enden,
ist oft nicht leicht. Ist die Perforation gefunden, so wird sie nach der
Czerny-Lambert-Methode geschlossen und womöglich Netz darüber
genäht. Hierauf wird die Bauchhöhle mit in physiologischer Kochsalz¬
lösung getauchten Gazestücken ausgetupft; dies geschah in jenen Fällen,
die in extremis hereingebracht wurden; sonst vermied es Verf. und be¬
gnügte sich mit Ausspülung mittels physiologischer Kochsalzlösung. Hier¬
auf wird das Abdomen niemals geschlossen, sondern drainiert. Dann 25
bis 30 cm 8 Kochsalzlösung per Rectum jede Stunde oder zwei Stunden,
in besonders schweren Fällen werden intravenöse Kochsalzinjektionen
gemacht.
Die Prognose ist abhängig von dem verstrichenen Zeitraum zwischen
Btattgefundener Perforation und Operation. Je früher, um so günstiger.
Nachstehende Tabelle veranschaulicht dies am besten. Bis 12 h nach er¬
folgter Perforation sind die Chancen am günstigsten, nach dieser Zeit
stehen sie 1:1. Alles, was 36 h post perforationem ist, ist dem Tode
geweiht.
Operation
Zahl¬
totalität
Geheilt
Gestorben
Mortalität
iz h p. perforat
19
14
5
26,3 °/o
12h—24h p. perforat
9
5
4
44.4 °/o
24h—36** p. perforat.
6
3
3
50%
36h p. perforat.
12
1
11 !
9l.7°/o
Summe
46
1 23
23
50%
Verf. zieht aus seinen Beobachtungen folgende Schlüsse: „Die
Geschwürsperforationen Enden sich in der grossen Zahl bei Frauen eher
als bei Männern; je jünger das Individuum, um so günstiger die Pro¬
gnose; anamnestisch ist wichtig das Betonen der schon lang währen¬
den Indispositionen für das Bestehen eines Ulcus; oft fehlen sämt¬
liche prämonitorischen Symptome einer drohenden Perforation. Der Sitz
der Perforation ist meist vom, seltener (in 3 Fällen) auf der Rück¬
seite des Magens, ebenso bei den Ulc. duodeni, nämlich vom. Es gibt
nur eine Perforationsöffnung (in einem Falle multiple). Die Perforations¬
geschwüre sind stets rundlich. Oft fehlen die klinischen Symptome einer
Perforation. Die wichtigsten sind: plötzlich auftretende Schmerzen mit
brettharter Spannung der Bauchdeckenmuskulatur, schwerer Shock; Er¬
brechen ist kein konstantes Symptom, ebenso ist inkonstant der Befund
bei der Perkussion der Leberdämpfung. Die Stelle des grössten Schmerzes
und der stärksten Anspannung ist höchstwahrscheinlich der Ort der
Perforationsöffnung. Auf den Shock folgt eine Periode anscheinender
Besserung. Opium ist kontraindiziert. Die Peritonitis ist abhängig von
dem Sitze der Perforationsöffnung; darauf gründet sich die Prognose.
Bei sicher gestellter Diagnose ist das einzige Mittel zur Rettung die
Operation. Leopold Isler (Wien).
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Bericht über 52 operativ behandelte Fälle von Ulcus ventricnll
Von Hof mann. v. Bruns’ Beitr. z. klin. Chir., 1906, Bd. L, 3. Heft
An den 52 Fällen sind 9 Chirurgen, in erster Linie v. Hacker,
beteiligt. Ausgeschlossen sind in die freie Bauchhöhle durchgebrochene
TJlcera mit Perforationsperitonitis. Wegen akuter Verblutungsgefahr oder
häufiger Blutungen kam kein Fall zur Operation. Die Kranken standen
meist im 30.—60. Jahre. Der Beginn der Beschwerden lag bis zu
24 Jahren zurück. Schmerzen fehlten sehr selten. Bluterbrechen be¬
stand bei 13. Es scheinen in Steiermark relativ häufig schwere und
komplizierte TJlcera vorzukommen. — Die weitaus häufigste Ursache zu
chirurgischen Eingriffen geben die Fälle mit dem ausgesprochenen Bilde
der Pylorusstenose durch Narben oder offene oder teilweise vernarbte
TJlcera. Selbst bei der Operation lässt sich nicht immer mit Sicherheit
feststellen, ob ein Ulcus am Pylorus schon vernarbt oder noch teilweise
offen ist. Von 25 Gastroenterostomien starben 2 an Lungenkomplika¬
tionen ; ein Circulus vitiosus trat nur einmal ein. Der unmittelbare Er¬
folg der Gastroenterostomie war fast immer gut; die Dauererfolge waren
nach 2 und mehr Jahren sehr gut, die durchschnittliche Gewichtszunahme
betrug 25,5 kg. 3 Fälle mit Pyloroplastik und 1 mit Lo retta’scher
Divulsion gaben sehr gute Erfolge, 1 mit Pylorusresektion starb an
Gesichtserysipel. — Von 3 Sanduhrmagen durch Ulcus starb einer nach
der Operation, bei den beiden anderen waren die Erfolge gut. — Von
4 Kranken mit kallösem Ulcus der kleinen Kurvatur ohne grosse Ver¬
wachsung starb einer im Anschluss an die Operation, einer recidivierte,
einer erlag einer Perforationsperitonitis, einer wurde geheilt. — Von
penetrierenden kallösen Ulcustumoren wurden 15 operiert, und zwar
waren 4 in die Bauchwand perforiert, 4 in die Leber, 7 ins Pankreas.
Die Indikation zur Operation gaben Stenosenerscheinungen oder Carcinom-
verdacht oder hartnäckige Schmerzen und Verfall. Die Magen-B&uch-
wandgeschwüre werden exzidiert, bei zwei mit gutem Dauererfolg; bei
einem war das Ulcus an der Stelle einer Gastroenterostomie aufgetreten:
einer starb nach 8 Monaten an Perforationsperitonitis. Die Exzision
des Magen-Bauchwandgeschwürs pflegt einfach zu sein und gibt eine gute
Prognose; bei gleichzeitigem Pylorospasmus oder Pylorusstenose muss
eine Gastroenterostomie angelegt werden. Die Magen-Leber- und Magen-
Pankreaegeschwüre wurden mit Gastroenterostomie und einmal mit Re¬
sektion behandelt. Die Gastroenterostomie schützt nicht vor Blutungen
aus dem Geschwür, aber auch die Resektion schützt nicht vor Blutungen
aus Recidiven und die Gefahr der carcinomatösen Degeneration recht¬
fertigt nicht die weit eingreifendere Resektion. Massgebend für die Gastro¬
enterostomie ist, dass sehr oft subjektive Besserung und Heilung eintreten
und dass objektiv sichere Heilungen durch Schwinden des Geschwürs bei
Relaparotomien festgestellt wurden. Von den 3 Magen-Lebergeschwüren
starben 2 im Anschluss an die Operation, einer bald danach an Verblutung.
Von den Magen-Pankreasgeschwüren wurden ein Fall dauernd geheilt, einer
gebessert, einer starb infolge der Operation, einer bald danach, 2 andere
später. Innerhalb der ersten 30 Tage starben also von den k&llös-pene-
trierenden Geschwüren 33,3 °/ 0 , die Resultate sind also mit derselben
Operation hier viel schlechter als z. B. bei Pylorusstenosen durcb Narben
oder offene TJlcera. In einem Falle traten im 5. Jahre neue Beschwerden
durch ein neues Geschwür an der Gastroenterostomiefistel auf. Auch
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bei denjenigen, welche die Operation überstanden, waren die Danerresnltate
nicht befriedigend. — Die Unterscheidung zwischen Carcinom und Ulcus
ist während der Operation oft recht schwer; eine diffuse, oft in Strahlen
auslaufende Rötung der Serosa spricht für Ulcus. Bei beweglichem, gut
operierbarem Pylorustumor, wo man des gutartigen Charakters nicht
sicher ist, wird die Resektion ausgeführt, sonst ist die Gastroenterostomie
beim Ulcus die Operation der Wahl. Die Gastrolyse ist nur am Platze,
wenn durch Adhäsionsstränge Verengerungen am Magen verursacht
werden. Die Ulcusexzision käme bei progressiven Ulcera am Magen¬
körper in Betracht, wenn sie leicht ausfcuführen ist. Beim Sanduhr¬
magen ist womöglich eine Anastomose nach Narath herzustellen. Die
Jejunostomie ist eine Notoperation und kommt nur zur Ausführung,
wenn nach der Gastroenterostomie wegen schwerer Recidive der Magen
zeitweise völlig ausgeschaltet werden muss. Bei lebensgefährlichen Blu¬
tungen dürfte ausser palliativen Operationen künftig auch noch die direkte
Blutstillung in Anwendung kommen. Klink (Berlin).
The treatment of cancer of the stomach. Von Mayo Robson.
Lancet, 18. August 1906.
Die frühzeitige Diagnose des Carcinoma ventric. ist manchmal sehr
schwer, denn in 5 °/ 0 verläuft die Krankheit ohne irgendwelche lokale
Symptome. Doch wünscht Verf. die ausgedehntere Anwendung der
explorativen Inzision. Wenn immer ein Patient, der das 40. Jahr über¬
schritten hat, über Appetitverlust oder andere gastrische Symptome klagt,
namentlich Schmerzen und Erbrechen, Anämie und Gewichtsverlust, und
auf medizinische Behandlung nicht bald Besserung eintritt, so liegt der
Verdacht auf Ca. nahe; wenn die Digestionskraft des Magens verringert
ist, ferner bei Abwesenheit von freier Salzsäure und Anwesenheit von
Milchsäure ist die explorative Operation unbedingt nötig.
Wenn die Geschwulst den Magen betrifft und dabei die Orificien
freilässt, sind die lokalen Symptome sehr gering oder fehlen; es ist dies
ia 5 °/ 0 der Fall. Im Gegensatz dazu sind nach Prof. Osler 10°/ 0 ,
in denen das Ca. innerhalb dreier Monate zum Tode führt.
In 59,3 °/ 0 bestand ein langes Vorstadium schmerzvoller Dyspepsie,
entsprechend der Möglichkeit eines dem Ca. vorangegangenen Ulcus; in
eilen diesen Fällen ist Gastroenterostomie oder Exzision des Ulcus an¬
gezeigt, um die Entwicklung eines Ca. zu verhindern. Für eine gewisse
Spanne Zeit ist Ca. nur eine lokale Erkrankung und in diesem Stadium
der Heilerfolg ein ausgezeichneter; wenn auf medizinischem Wege eine
sichere Diagnose nicht zu machen ist, so empfiehlt Verf. eine kleine
Inzision unter Cocainanästhesie, um sich durch die digitale Untersuchung
grossere Sicherheit zu verschaffen; man mag dabei finden, dass eine
maligne Erkrankung überhaupt nicht besteht, oder es mag sich nur um
Trennung von Adhäsionen oder Behebung einer Stenose handeln, oder
es findet sich ein bereits inoperabler Tumor, die Resultate einer Gastro¬
enterostomie sind auch in diesen Fällen anerkennenswert. Heilerfolge
jedoch, welche dadurch erzielt wurden, beruhen wohl nur darauf, dass
es sich um einen entzündlichen Tumor, um ein chronisches Ulcus handelte.
Bei Vorhandensein von Ca. hängt die Behandlung von 4 Punkten
ab: 1. Lage des Tumors; 2. Ausdehnung desselben; 3. vorhandene
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Adhäsionen; 4. Beteiligung der regionären Drüsen oder Anwesenheit
von Metastasen.
Ad 1. Bei unbeweglicher Geschwulst, welche die Cardia und an¬
grenzende Partie des Magens betrifft, ist Gastrostomie oder Jejunostomie
zu machen. Die Operation ist einfach und kann in kurzer Zeit unter
Cocainanästhesie ausgeführt werden.
Ad 2. Wenn die Geschwulst am Pylorusende liegt und Stenosen¬
erscheinungen macht und wegen Adhäsionen oder Metastasen Pylorektomie
ausgeschlossen erscheint, dann ist Gastroenterostomie am Platze. Die
schmerzhafte Peristaltik schwindet sofort und Patient ist frei von der
Einwirkung retenierter Sekrete. In einzelnen Fällen kann zu einer
sekundären Radikaloperation geschritten werden.
Die 3. Klasse umfasst jene Fälle, in denen die Erkrankung auf
den Magen beschränkt ist und die Drüsen sowie umliegende Organe nur
wenig beteiligt sind. Die Entfernung eines selbst beträchtlichen Teiles
des Magens ist hier wohl mehr als eine palliative Operation.
Die 4. Klasse betrifft Erkrankungsformen eines grossen Anteiles
oder auch des ganzen Magens; die Geschwulst selbst ist unbeweglich,
Gastroenterostomie nicht vorteilhaft, jede Nahrungsaufnahme verursacht
Schmerzen und Erbrechen. Für diese Fälle ist Jejunostomie zu reser¬
vieren, welche das Leben für Monate, selbst Jahre zu verlängern vermag.
Was die Spätfolgen der Gastrektomie anbelangt, so lässt sich be¬
haupten, dass sämtliche Funktionen des Magens ersetzt werden, wobei
das obere Ende des Duodenum oder das untere Ende des Oesophagus
oder beide zusammen dilatiert werden, während die mechanischen Funk¬
tionen durch den Mund übernommen werden, unterstützt durch eine sorg¬
fältige Auswahl der Diät. Die digestiven Funktionen erfüllt die Pankreas-
und Darmsekretion, die Resorption findet im Dünndarm statt. Die
mittels Gastrektomie operierten Patienten überlebten die Operation bis
zu 8 Jahren, während bei partieller Gastrektomie die mittlere Lebens¬
dauer in recidivierenden Fällen 2 Jahre beträgt, in nicht recidivierenden
14% der operierten ausmacht.
Zusammenfassend kommt Autor zu folgenden Schlüssen:
1. Möglichst frühzeitige Diagnose. 2. Explorative Operation zur
Sicherung der Diagnose. 3. Dieser Eingriff ist im frühen Stadium völlig
ungefährlich. 4. Selbst bei palpablem Tumor ist dieselbe angezeigt, um
zwischen radikaler und palliativer Behandlung unterscheiden zu können.
5. Bei vorgeschrittenen Fällen ermöglicht die Gastroenterostomie eine
Verlängerung der Lebensdauer und bessere Lebensbedingungen. 6. Ein¬
zelne, fälschlich als Ca. diagnostizierte Fälle können nach Gastroentero¬
stomie völlig zur Heilung gelangen. 7. Beim cardialen Sitze der &-
krankung ist Gastrostomie zu machen. 8. Bei Unmöglichkeit jedes an¬
deren Eingriffes kann Jejunostomie noch von grossem Vorteile sein.
9. Wo radikale Operation möglich ist, bewirkt sie nicht nur bedeutende
Besserung für den Patienten, sondern manchmal sogar völlige Heilung.
Herrnstadt (Wien).
Three cases of gastro-jqjunostomy. Von Frederich C. Walli?.
Brit. Med. Journal, 14. Juli 1906.
Fall 1. Eine 91 Jahre alte Frau erkrankte im Beginne 1905
unter den Erscheinungen einer Magendilatation, erbrach grosse Mengen
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Flüssigkeit von kaffeesatzartigem Charakter, keine Kachexie, kein Ge¬
wichtsverlust ; im März wurde die Diagnose auf Pylorusstenose gemacht
and Operation empfohlen. Am 31. März Gastro-Je junostomia post. Es
bestanden Verdickung und Ulceration des Pylorus, der Magen dilatiert.
Patientin wurde geheilt.
Fall 2. Ein 57 Jahre alter Mann litt an Magenschmerzen, welche
von einem Punkte ausgingen und gegen das Abdomen ausstrahlten. Nach
der Nahrungsaufnahme und während der Nacht nahmen dieselben zu.
Kein Erbrechen, keine Uebelkeiten, Druckschmerz in der Magengegend,
Anämie. Bei der Operation fand sich eine grosse Geschwulst an der
kleinen Curvatur, die sich gegen den Pylorus zu erstreckte. Wegen des
Zustandes des Patienten wurde vorläufig Gastro-Je junostomie gemacht.
Patient verliess nach 3 Wochen das Spital.
Einen Monat später abermals Laparotomie: der Tumor war zum
grössten Teile geschwunden, im Omentum waren vergrösserte, aber nicht
charakteristische Drüsen; an der vorderen Wand war ein zirkuläres Ulcus,
adhärent an das Pankreas. Nach 12 Tagen wurde Patient entlassen,
nahm gewöhnliche Kost ohne Schmerzen und nahm an Gewicht zu.
Fall 3. Eine 39 Jahre alte Frau klagte über heftige, gegen den
Rücken ausstrahlende Leibschmerzen, welche nach der Nahrungsaufnahme
lieh besserten, im Erbrochenen war etwas Blut; daneben bestand Ob¬
stipation. Bei Palpation bestand Druckschmerz.
Bei der Laparotomie zeigte sich eine grosse Geschwulst von malignem
Charakter am cardialen Ende des Magens, deren Entfernung unmöglich
war. Es wurde Gastro-Jejunostomia post, gemacht. 3 Tage befand sich
Patientin wohl, sodann trat geringes Bluterbrechen auf. 12 Stunden
spater Exitus letalis. Der Tumor erwies sich als eine chronisch entzünd¬
liche Verdickung um ein grosses Ulcus an der hinteren Wand der kleinen
Corvatur nahe der Cardia. Der Tod trat infolge von Ruptur eines Ge¬
lasses ein, welches an der Oberfläche des Ulcus verlief.
Herrnstadt (Wien).
C. Niere, Ureter.
Floating kidney; its signiflcance and treatment, with special refe-
rence to a method of performing nephropexy. Von H. D. Beya.
TJniv. of Penna. Med. Bull., Oktober 1906.
Die Literatur über diesen seit 1841 gekannten Zustand umfasst
weit über 1000 Artikel. Verf. teilt die Schlussfolgerungen seiner zahl¬
reichen experimentellen und klinischen Erfahrungen mit. Die Wander¬
niere ist eine Krankheit der Frauen, nur 1—2 °/ 0 der Fälle betreffen
Männer. Die Häufigkeit wird verschieden angegeben (4—80 °j 0 aller
Patientinnen, nach Verf. etwa 10 °/ 0 ). Die rechte Niere ist bevorzugt.
Bit Patienten zeigen oft einen auffallenden Typus: nervös, schlank, ab-
gwnagert, mit schlaffen Bauchdecken, zuweilen auch fettreich. Die
8ymptome bestehen in chronischer Indigestion, Meteorismus, Enterocolitis,
Nausea, Erbrechen, ziehende Lendenschmerzen, ausstrahlend in Leiste und
B«in, Schmerzen und Druckempfindlichkeit in der Appendixgegend (nach
Edebohls infolge von Druck auf die V. mesenter. sup. und Kongestion
des Wurmfortsatzes). Das erste Anzeichen kann eine heftige Nieren¬
kolik sein, mit Nausea, Erbrechen, Druckempfindlichkeit, Collaps, Harn-
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verhaltung. Der Anfall kann durch manuelle Reposition gelindert werden.
Diese sog. D i e 11 ’ sehen Krisen entstehen durch Abknickung des Ureleta
infolge von Rotation oder grosser Beweglichkeit der Niere. Die weitere
Folge, eine vorübergehende Hydronephrose, bildet in etwa 10 °/ 0 der Falle
eine ernste Komplikation. In etwa 15 °/ 0 der Fälle sieht man Icterus
im Anfalle.
Die Diagnose kann oft erst nach wiederholter Untersuchung gestellt
werden, da die Palpation oft Schwierigkeiten bietet oder die Niere zu¬
fällig eine normale Lage einnehmen kann. Es ist zu diesem Zwecke
für vorherige Bettruhe, Stuhlgang, Vermeidung blähender Speisen zu
sorgen. Man palpiert, indem man den Patienten tief ein- und dann rasch
ausatmen lässt. Zur Erschlaffung der Bauchdecken während der Unter¬
suchung dienen 2 Lagen: Beugung der Beine mit erhöhtem Oberkörper
bei Rückenlage und Lagerung auf der der kranken entgegengesetzten Seite
mit Vorwärtsbeugung des unteren Rumpfteils bei gebeugten Hüften. Die
Niere rückt oft beim Husten, tiefen Atmen, aufrechter Stellung herab.
Bezüglich der Therapie muss man beachten, dass sich neben der Wander¬
niere gleichzeitig auch Hepatoptose, Enteroptose, Retroversion des Uterus,
Prolaps des Ovariums finden können. Verf. unterscheidet: bewegliche
Niere (ohne Beschwerden), Wanderniere (höherer Grad), Wanderniere mit
Enteroptose. Komplikationen sind: Albuminurie durch Zirkulations¬
störung, Harnverhaltung, vielleicht auch Nephritis; cyklische Albuminurie
(Southerland), Hämaturie (Newman), Hydronephrose, Inkarzeration
der Niere (Dietl), schwere Adhäsionen (Riedel).
Die Behandlung richtet sich nach dem Grade der Verlagerung, dem
Vorhandensein von Symptomen und der gleichzeitigen Verlagerung an¬
derer Organe. Oft beseitigt die blosse Rückenlage die Beschwerden.
Bei schweren und dauernden Symptomen ist eine interne, mechanische
oder chirurgische Behandlung einzuleiten. Bei Frauen der armen, ar¬
beitenden Klasse, bei Dietl’sehen Krisen, Albuminurie oder Hämaturie
macht Verf. die Nephropexie, ebenso bei gleichzeitiger Gastroptose in
Kombination mit der Verkürzung des Ligam. gastrohepaticum. Gleich¬
zeitig bestehende Retroversionen des Uterus müssen ebenfalls chirurgisch
behandelt werden. Die interne Behandlung besteht in Bettruhe, Mastkur,
Massage usw. Elastische Binden mit Polsterungen sind nutzlos, ja schäd¬
lich, da schon der manuelle Druck Albuminurie und Hämaturie hervor-
rufen kann. Nur ein geeignetes Mieder, welches die unteren 2 Drittel
des Abdomens bedeckt und den intraabdominellen Druck erhöht, erfüllt
den Zweck. Doch ist diese Behandlung nur palliativ und versagt oft
den Erfolg.
Von den behufs Nephropexie vorgeschlagenen Operationen sind fol¬
gende in Gebrauch: 1. Annähen der Niere und deren Kapsel an die
Umgebung; 2. Ablösung und Vernähung der Kapsel an die Umgebung
(Edebohls); 3. Verengerung des Nierenbettes durch Naht und An¬
nähen der perirenalen Fascie an die Umgebung (Harris); 4. Tampo¬
nade an der Aussenseite der Niere, um Adhäsionen zu bewerkstelligen;
5. dasselbe Verfahren mittels Drainröhren. Diese Methoden haben ihre
Nachteile (Durchschneiden der Nähte, Fistelbildung, Schädigung des
Nierenparenchyms). Durch die Dekapsulation und die Naht des Par¬
enchyms können Schädigungen der Niere entstehen, ohne dass der
klinische Nachweis möglich ist (interstitielle Nephritis mit Lntaktbleiben
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der ßlomeruli). Emerson dekapsulierte tierische Nieren und fand nach
5—339 Tagen interstitielle Nephritis leichten Grades bis zu ausgedehnter
Fibrose und Degeneration der Epithelien, selbst Atrophie und Zerstörung
der Glomeruli. Diese Veränderungen greifen mehr oder weniger in die
Tiefe ein, in einem Falle reichten sie bis zur Mitte des Nierendurch-
me&ers. Die neugebildete Kapsel ist 4—5 mal dicker als die normale.
Daher sollten die Dekapsulation und die Naht des Parenchyms nicht aus-
geführt werden, da die Schädigungen, wenn auch nicht nachweisbar,
doch latent fortbestehen können. Auch die Verdickung der Kapsel ist
wegen des von derselben ausgeübten Druckes nicht wünschenswert. Verf.
operiert daher auf folgende Weise: Schnitt durch die Fettkapsel der
Niere, stumpfe Perforation der perirenalen Fascie im Hilus nahe dem
oberen Pol, Durchstecken eines Drains durch diese Oeffnung, welches
ringB um die Nierenoberfläche verläuft und unter der Hautwunde sanft
geknöpft wird. Einfügung eines zweiten solchen Drains um den unteren
Pol derart, dass die Niere gleichzeitig dadurch in die normale Lage
gebracht wird. Bei Tieren, die so operiert wurden, findet man Adhä¬
sionen zwischen Kapsel und Quadratus lumborum, die Kapsel selbst an
die Niere nicht adhärent, das Nierengewebe normal. Nur in der Area
der Adhäsionen ist die Kapsel verdickt, sonst normal.
Die Operation wurde in 50 Fällen mit Erfolg vorgenommen. Zu
beachten ist aber, dass derartige Operationen besondere Uebung erfordern,
um die Niere nicht zu schädigen, das Spatium Garrottae nicht zu infi-
rieren, die Blutgefässe des Hilus nicht zu verletzen und die Peritoneal-
°der Pleuralhöhle nicht zu eröffnen. Karl Fluss (Wien).
Contribation ä l’ätude des accidents provoquäs par Fabaissement
du rein droit an 8 degrA Von P. Al gl ave. Ann. d. mal. d.
org. gön.-urin., No. 1, 1907.
A. hat die Symptome, welche sich bei rechtsseitiger Wanderniere
dritten Grades finden, am Lebenden, ebenso wie die anatomischen Ver¬
hältnisse am Kadaver genau studiert. Die Beschwerden intestinaler Art
werden hauptsächlich durch Knickung des Duodenums und Druck auf
dasselbe hervorgerufen. Nach seinen Ausführungen beseitigt die Nephro¬
pexie die meisten der bei schwerer Wanderniere sich findenden Symptome.
Nur in einzelnen Fällen erscheint noch eine zweite Operation behufs
I^sung von Adhäsionen des Duodenums oder des Colons angezeigt, ja
mitunter wird sich sogar die Notwendigkeit einer Anastomose heraus-
rtellen. von Hofmann (Wien).
Hydron^phrose droite. Von Jeannel und Ch. Morel. Ann. d.
mal. d. org. gön.-urin., No. 5, 1907.
Die Verf. berichten über einen Fall von Hydronephrose, welcher in
Winißch-diagnostischer und in pathologisch-anatomischer Beziehung ein
gewisses Interesse bietet.
Es handelte sich um einen 29 jährigen Mann, welcher sich wegen
zunehmender Anschwellung seines Bauches ins Spital aufnehmen liess.
Bei der Untersuchung zeigte sich das Abdomen imregelmässig vergrössert,
indem die Regio subumbilicalis und die rechte Bauchseite mehr vorge¬
wölbt waren. Die Palpation ergab das Vorhandensein eines halbmond¬
förmigen Tumors, welcher bis in die rechte Regio iliaca herabreichte.
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Derselbe war unbeweglich, fluktuierend. Perkutorisch war die Leber¬
dämpfung deutlich abgrenzbar. Operation: Es wurde transperitoneal
eingegangen und der Tumor blossgelegt, punktiert und etwa 10 Liter
Flüssigkeit entleert. Exstirpation des cystischen Tumors. Heilung.
von Hofmann (Wien).
Uronöpbrose en rötention aigue. Von R. Grögoire. Ann. d. mal.
d. org. gön.-urin., No. 20, 1906.
Die 33 jährige Patientin wurde wegen seit 2 Tagen bestehender
heftiger Schmerzen in der rechten Lendengegend aufgenommen. Vor
10 Jahren hatte sie ein Trauma der rechten Lendengegend erlitten,
5 Jahre später war eine rechtsseitige Wanderniere konstatiert worden.
Seit dieser Zeit bestanden unangenehme Sensationen in der rechten
Lendengegend. Vor 4 Jahren trat ein heftiger Schmerzanfall daselbst
auf. Bei der Untersuchung fand man einen Tumor in der rechten Lum-
balregion, welcher sich bei der Operation als Hydronephrose erwies.
Dieselbe war verursacht durch eine Verengerung der Beckenmündung
des Ureters. Nephrektomie. Heilung.
von Hofmann (Wien).
Congenital cystic kidney. Von F. B. Lund. Journ. Am. Med.
A8 soc., 18. August 1906.
Obwohl vom Chirurgen nicht häufig angetroffen, ist die angeborene
Cystenniere von grosser praktischer Bedeutung. Der Zustand bleibt oft
verborgen, Urämie und Apoplexie treten unversehens ein. Bei Neu¬
geborenen kann die Cystenniere ein Geburtshindernis bilden. Bei Er¬
wachsenen kann sich eine solche Niere allmählich vergrössern, ziehende
Schmerzen, einen fühlbaren Tumor oder Beweglichkeit der Niere ver¬
ursachen. Eine Verwechslung mit malignen Tumoren oder Hydro¬
nephrose ist möglich. Wichtig für den Operateur ist der Umstand, dass
die Cystenniere gewöhnlich bilateral ist, daher nicht exstirpiert werden
soll. Blossgelegte Cystennieren wurden zuweilen für Sarkome gehalten
und entfernt.
Kleine Cysten kommen bei interstitieller Nephritis und nach Re¬
sorption embolischer Infarkte vor. Die angeborene Cystenniere erscheint
mächtig vergrössert, selbst mehr als die Hälfte der Abdominalhöhle ein¬
nehmend und gleichmässig mit Cysten verschiedenster Grösse durchsetzt.
Die Oberfläche gewinnt durch die verschiedenartige Farbe und die Durch¬
sichtigkeit der Cysten ein eigenartiges Aussehen. Im Inhalt derselben
findet man Harnbestandteile, Blut usw., zwischen den Cysten Nieren¬
parenchym oder Bindegewebe. Die ausführenden Kanälchen sind teils
unverändert, teils verengt oder obliteriert.
Bei einseitiger Cystenniere erscheint die andere Niere hypertrophiert.
Bei Neugeborenen kann die Behinderung der Respiration oder der Mangel
an genügendem Nierenparenchym die Todesursache sein.
Für das embryonale Entstehen der Anomalie spricht das häufige
gleichzeitige Vorkommen von Cystenleber und anderen angeborenen Miss¬
bildungen. Nach der neuesten Theorie entsteht die Cystenniere durch
mangelhafte Vereinigung der primären Anlage der distalen Nierenpartien
(Tubuli recti usw.) mit den primitiven Glomerulusbläschen.
M i 1 w a r d, der die genaueste Beschreibung der Klinik der Cysten-
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niere gibt, unterscheidet folgende Stadien: 1. die progressive Vergrösse-
rung ohne subjektive Symptome; 2. Stadium der subjektiven und ob¬
jektiven Symptome; 3. das Stadium der abnehmenden Harnsekretion.
Die beiden ersten können Monate bis Jahre, das dritte höchstens wenige
Monate dauern. Der Tod erfolgt gewöhnlich entweder im 1. oder im
4.—6. Jahrzehnt.
Die Symptome bestehen in unaufhörlichen dumpfen Schmerzen in
der Nierengegend, zuweilen mit Paroxysmen, lokaler Druckempfindlich¬
keit, Kopfschmerz, Erbrechen usw. Der Harn hat oft wenig Charak¬
teristisches. Eiweiss und Cylinder fehlen meist. Eiterzellen sind häufig
vorhanden. Grössere Eiteransammlungen in den Cysten erfordern opera¬
tives Eingreifen. Blut ist in Spuren immer vorhanden, zuweilen auch
in profusen Mengen, selbst durch Monate. Die Harnstoffausscheidung
kann bis zum Ende des 2. Stadiums normal bleiben. R i t c h i e berichtet
über 88 Fälle. Diejenigen, welche den Chirurgen in die Hände kommen,
machen sich zuvor durch Schmerzen infolge des Gewichtes oder der Be¬
weglichkeit des Tumors bemerkbar.
Verschiedene Operateure haben die Cystenniere mit wechselndem
Erfolge entfernt. Sehr wichtig ist es, sich vor der Nephrektomie ent¬
weder durch Probeinzision oder IJreterenkatheterisierung von der Funk¬
tionsfähigkeit der anderen Niere zu überzeugen. Curtis, Kämmerer
und Verf. haben in Fällen, wo die Beschwerden unerträglich waren, die
andere Niere aber nicht funktionsfähig war, die grossen Cysten eröffnet
und tamponiert und die Niere fixiert. Durch Eröffnung der Cysten
wird überdies der Druck auf das noch erhaltene Parenchym beseitigt.
Verf. bringt einen Bericht über 8 selbst beobachtete Fädle, von denen
3 operiert wurden. Karl Fluss (Wien).
Gros reins polykystiques. Von E. Monod und E. Lomneau.
Ann. d. mal. d. org. gön.-urin., No. 17, 1906.
Bei der 32 jährigen Patientin zeigten sich seit 2—3 Jahren Ab¬
magerung und Kräfteverlust, seit einiger Zeit auch eine Schwellung
des Abdomens. Bei der Palpation fand man in beiden Lendengegenden
je einen harten, buckligen Tumor. Es bestand Polyurie. Der Urin
zeigte geringes spezifisches Gewicht und enthielt 1 / 2 °/ 00 Eiweiss. Ausser¬
dem bestanden Oedeme und Dyspnoe. Später stellte sich zeitweise An-
urie und schliesslich Urämie ein, welcher die Kranke erlag. Bei der
Autopsie fand man beide Nieren von massenhaften Cysten durchsetzt.
von Hofmann (Wien).
Beitrag zur Pathologie der Nierenkrankheiten nach klinischen
Beobachtungen bei totaler Harnsperre. Von H. Pässler. Deutsches
Archiv f. klin. Medizin, Bd. LXXXVII.
Eine 42 jährige Frau, die vor kurzer Zeit wegen Carcinoma cervicis
uteri eine Totalexstirpation durchmachen musste, wird wegen plötzlich
auftretenden Harnverhaltens am 5. Tage vollständiger Anurie im Spital
aufgenommen. Die vollständige Anurie dauert weitere 7 Tage und eine
höchst genaue klinische Beobachtung dieses Falles gibt Verf. Gelegenheit,
?ich mit fast sämtlichen grossen Problemen der Nierenpathologie, für
deren Lösung sich die Beobachtungen bei totaler Harnsperre nutzbar
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machen lassen, eingehend zu beschäftigen. Aus dem Decursus wäre zu
erwähnen, dass eigentlich nie Zuckungen oder Krämpfe auftraten; nie
konnte ein einigermassen stärkeres Oedem ausser geringem Knöchelödem
nachgewiesen werden; in den grossen Körperhöhlen waren nie Flüssig-
keitsansammlungen. Das Herz war nicht vergrössert, die Töne rein, der
2. Aortenton accentuiert und ausgesprochen klingend; der 2. Pulmonalton
normal. Atmung immer regelmässig, gegen das Ende ähnlich der grossen
Atmung des Coma diabeticum. Die Exspirationsluft riecht deutlich
nach Ham. Von einem mit Salzzäure benetzten Glasstab sieht man,
wenn er von Exspirationsluft bestrichen wird, deutliche Salmiaknebel
ausgehen. Vom 5. bis zum 11. Tage der Anurie nahm die Patientin
um 4 kg zu. Der Exitus erfolgte unversehens ohne Krämpfe unter
deutlichem Schweissausbruch. Die Obduktion ergab beiderseitigen Ureteren-
verschluss infolge Carcinoms. Das kleine Becken ist von derben Ge¬
schwulstmassen ausgefüllt, die beiderseits die Ureteren komprimieren.
Das erste Interesse nimmt die Urämiefrage in Anspruch und
Verf. glaubt, dass die Erscheinungen der Urämie nicht in allgemein¬
gültiger Weise auf eine Harnanhäufung im Organismus zurückgeführt
werden dürfen, dass vielmehr die eklamptisch-urämischen Erscheinungen
wahrscheinlich auf die Wirkungen einer besonders giftigen Substanz zu
beziehen sind, die im normalen Harn nicht enthalten ist.
Das 2. Kapitel der Nierenpathologie, für welche der vorliegende
Fall verwertbares Material liefert, ist die Frage nach der Bildung der
nephritischen Oedeme. Es ist noch nicht entschieden, ob bei
Nierenkrankheiten das Oedem eine Folge der verminderten Diurese ist
oder ob umgekehrt die Diurese abnimmt, weil der Körper ödematos
wird. Nach eingehender Berücksichtigung und kritischer Würdigung
der einschlägigen Theorien kommt Verf. zum Schluss, dass der Ein wand,
dass das Ausbleiben der Oedeme bei Harnsperre dadurch bedingt sein
könne, dass das Gleichgewicht der Wasserbilanz trotz aufgehobener
Diurese erhalten bliebe, hinfällig sei und dass auch die bei ausreichendem
Blutkreislauf auftretende Wassersucht der Nierenkranken nicht einheitlich
erklärt werden könnte. Während namentlich das bei manchen akuten
Nierenentzündungen rapid auftretende Anasarka unmöglich allein aus der
verminderten Eliminationsfähigkeit der Nieren hergeleitet werden kann,
müssen wir doch die Existenz eines echten nephrogenen Retentionsödems
anerkennen. Bei gleichem anatomischem Sitz einer Nierenläsion kann
die Diurese bald vermindert sein und bald nicht. Hydrämische Plethora
kann zwar ein Oedem bedingen, dieses Oedem unterscheidet sich aber
wesentlich von der sog. typischen Nieren Wassersucht bei akuter Nephritis.
Auch hydrämische Plethora plus Schlackenretention vermochte in dem
vorliegenden Falle nicht Oedem vom Typus Anasarka bei akuter Ne¬
phritis hervorzurufen. Die Genese des Oedems bei Nierenkrankheiten
kann keine einheitliche sein. Man muss bei Nephritis sowohl ein echte»
nephrogenes Retentionsödem, wie ein extrarenal bedingtes Oedem an¬
erkennen. Was schliesslich den Blutdruck in dem Falle anlangt, so
spricht die vorliegende Beobachtung der Blutdruckkurve bei Hamsperre
für die Richtigkeit derjenigen Theorien, welche die arterielle Blutdruck-
steigerung bei Nephritis auf die Retention harnfähiger Stoffe zurück¬
führen. Raubitschek (Wien).
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Sur une affection renale hömaturique rare. Von J. Taddei. Ann.
d. mal. d. org. gön.-orin., No. 1, 1907.
Die 23 jährige Patientin erkrankte vor 2 Jahren an Hämaturie,
welche 1 Monat dauerte. 1 Jahr später traten dieselben Erscheinungen
wieder auf. Cystoskopisch zeigte sich, dass das Blut aus der rechten
Niere stammte. Da die Patientin immer mehr herunterkam, wurde die
rechte Niere blossgelegt und gespalten. Da sich scheinbar Tuberkel-
inötchen an der Schleimhaut des Nierenbeckens fanden, wurde die Ex¬
stirpation der Niere vorgenommen. Die Untersuchung des Präparates
ergab, dass es sich nicht um Tuberkulose, sondern um eine chronische,
mit kleinzelliger Infiltration der Nierenrinde und Sklerosierung der Glome-
ruli y Auftreten von Cysten und Lymphfollikeln im Nierenbecken und
Ureter einhergehende Affektion handle.
von Hofmann (Wien).
Operationer fÖr nefrit. Von G. Ekehorn. Hygiea, Neue Folge,
November 1905, p. 1123.
Verf. berichtet zuerst über 2 Fälle von Operationen bei akuter
Nephritis. Fall 1 betraf eine 42 jährige Frau mit wahrscheinlich hämato¬
gener Infektion der rechten Niere, die bei der Operation, Spaltung der
Kapsel nebst Probeexzision, von zahlreichen kleinen Abscessen durchsetzt
befunden wurde, welche in Heilung begriffen zu sein schienen; die patho¬
logisch-anatomische Untersuchung zeigte eine Nephritis apostematosa
asceudens. 9,5 Monate später funktionierte die kranke Niere wieder
gut. Eben wegen der Heilungstendenz begnügte sich in diesem Falle Verf.
mH einer Spaltung der Kapsel, meint aber, dass die Operation kaum
von Bedeutung für die Heilung gewesen ist, sondern dass diese auch
ohne Operation eingetreten wäre. Fall 2 betraf eine 28 jährige Frau
mit einer durch Ureterenkatheterisation konstatierten rechtsseitigen akuten
Nierenentzündung. Da der Zustand sich besserte, wurde erst 3 Monate
später wegen fortwährender Eiterabsonderung die Niere blossgelegt und
eine Probeexzision sowie Spaltung der Niere und Dekapsulation gemacht.
Die mikroskopische Untersuchung zeigte eine chronische herdförmige
Glomerulitis mit sekundärer Atrophie sowie eine akute herdförmige in¬
fektiöse, nicht abscedierende interstitielle Nephritis mit Parenchymnekrose.
Nach der Operation ging vielleicht die Besserung rascher vorwärts als
vorher. 5 Wochen nach der Operation zeigte eine Funktionsprüfung
beider Nieren niedrigere Werte für die operierte als für die andere
Niere. Möglicherweise beruht dies nach Verf. auf der Kürze der nach
der Operation verflossenen Zeit, da er in anderen Fällen ebenso umfang¬
reiche Nephrotomien ohne Verminderung der Funktionsfähigkeit gemacht
hat. Beide Fälle zeigen nach Verf., dass akute infektiöse Nephritiden
mit zahlreichen Abscessen in der Niere auch ohne Operation heilen können.
Verf. berichtet weiter über 4 Fälle von renaler Hämaturie auf
Grund einer chronischen Nephritis, in denen wegen Blutungen operiert
wurde: in 1 Falle zuerst Nephrotomie, wegen schwerer Blutung später
Nephrektomie, in 1 primäre Nephrektomie und in 2 Nephrotomie. Die
anatomischen Veränderungen, welche die Blutungen bedingten, waren ver¬
schieden, im 1. Falle überwiegend chronische Veränderungen der Glome-
ruli, im 2. chronische parenchymatöse Nephritis mit disseminierten
Schrumpfungsherden, im 3. chronische Nephritis mit Schrumpfungsherden
Centralblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 23
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und Glomerulitis, im 4. endlich chronische Nephritis mit Glomeruiitis
und Periglomerulitis sowie Papillitis. In allen Fallen war das Resultat
in betreff der Blutungen günstig. Als Normalmethode in ähnlichen
Fällen ist die Nephrotomie anzusehen, inwiefern aber Folgen für die
Nieren durch eine solche Spaltung auftreten, darüber ist man sich noch
nicht klar, ebenso ist die Frage, wie die Nierenspaltung die Verände¬
rungen des Nierenparenchyms beeinflusst, noch nicht zufriedenstellend
beantwortet. Köster (Gothenburg).
Sur an c&s de näpbrite chronique unilaterale consöcutive a une
grosse cellnle v^sicale. Von P. Cuturi. Ann. d. mal. d. org.
gön.-urin., No. 17, 1906.
Der 54 jährige Patient litt seit längerer Zeit an Harnbeschwerden,
welche sich in der letzten Zeit gesteigert hatten. Seit 2 Jahren litt
der Patient auch an Hämaturie. Im Laufe des letzten Jahres war 4er
Urin eiterig geworden und waren heftige Schmerzen in der linken Seite
aufgetreten. In der allerletzten Zeit hatte sich eine linksseitige Orchitis
entwickelt. Bei der Cystoskopie konnte auf der linken Seite kein deut¬
liches Bild gewonnen werden. Linke Niere vergrössert. Nephrotomie.
Kein Eiterherd nachweisbar. Heilung bis auf geringe Eitermengen im
Urin. Bei einer zweiten Cystoskopie konnte das Bestehen eines grossen
Blasendivertikels nachgewiesen werden.
von Hofmann (Wien).
Ueber metastatische paranephritische Abscesse. Von Alb recht,
v. Bruns’ Beitr. z. klin. Chir. 1906, Bd. L, 1. H.
Bei 6 Kranken schloss sich ein paranephritischer Abscess an einen
Abscess in der Analgegend, 3 mal an einen Furunkel, 2 mal an ein
Panaritium an. Als Erreger wurden beobachtet: Staphylokokken, Strepto¬
kokken, Pneumokokken, Gonokokken und Bact. coli. Der metastatische
paranephritische Abscess entsteht auf dem Blutweg. Das Vorhandensein
von Kokken im Blute bei gewöhnlichen Karbunkeln kannte man schon
länger, doch ist zu ihrer Ansiedelung im pararenalen Gewebe eine Schä¬
digung desselben durch ein Trauma nötig. Die primäre Erkrankung
kann dann schon längst abgeheilt sein. Die Niere ist zweifellos meistens
mit beteiligt, auch ätiologisch, so zwar, dass der paranephritische Abscess
an eine Niereninfektion sich anschliesst, da eine Infektion der Niere
durch kreisende Mikroben viel leichter ohne Trauma zustande kommt.
Die Bakterien, die durch die Niere ausgeschieden werden sollen, können
dann leicht aus den Kapillaren in das Fettgewebe der Kapsel statt in
die Harnwege gelangen, was dadurch noch erleichtert wird, dass Arterien
und Venen der Fettkapsel vielfach ihren Weg durch das Nierenparenchym
nehmen. Aber auch eine Fortpflanzung der Infektion von der Niere
aus durch Lymphbahnen oder durch direkten Kontakt ist möglich. Das
Gewöhnliche ist wohl das Entstehen des paranephritischen Abscesses aus
einem primären metastatischen Nierenabscess. Einen sehr guten Boden
geben die Blutergüsse in das lockere perirenale Gewebe infolge eines
Traumas, die sehr langsam resorbiert werden und die noch nach Monaten,
scheinbar noch nach Jahren infiziert werden können. Die Eröffnung des
paranephritischen Abscesses heilt gewöhnlich auch den primären Nieren¬
herd aus, vorausgesetzt, dass er mit eröffnet worden ist. Eiter im Urin
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ist ein Beweis für einen Nierenabscess, findet sich aber nur bei offener Ver¬
bindung desselben mit dem Nierenbecken, was selten der Fall ist. Aber
bei genauer Untersuchung findet man im Urin auch bei miliaren meta-
statischen Nierenherden rote und weisse Blutkörperchen, Cylinder u. dgl.
Klink (Berlin).
I. The diagnosis and treatment of tuberculosis of the kidney.
Von A. D. Be van. Journ. Amer. Med. Assoc., 6. Oktob. 1906.
II. Diskassion. Ibidem.
I. Verf. gibt zunächst eine Uebersicht der Literatur. Das klinische
Bild wurde schon 1833 von Ammor beschrieben. Morris (1884)
empfahl die Nephrektomie bei einseitiger Erkrankung. Das cysto-
skopische Bild und die charakteristischen Veränderungen der Ureter-
mündung beschrieb zuerst W. Meyer. Auch dieser legte Wert auf
die frühzeitige Exstirpation der kranken Niere. Ramsey sammelte
304 Fälle mit verschiedenartiger operativer Behandlung und 191 primäre
Nephrektomien. Von Israel stammt eine grosse Monographie, weitere
Beiträge über chirurgische Behandlung sind von Kümmel und Kumpel
und von Krönlein. Heute weiss man, dass die Nierentuberkulose
eine häufige Erkrankung ist, auf der Infektion durch die Blutbahn be¬
ruht, dass mehr als 90 °/ 0 der Fälle unilateral sind und dass daher vom
praktischen Arzte eine frühe Diagnose gefordert werden müsse.
Die Tuberkulose des Urogenitaltrakts beginnt an: der Niere, der
Epididymis, den Tuben, der Prostata, an der letzteren am seltensten.
Doch ist die Erkrankung eigentlich als eine sekundäre aufzufassen, aus¬
gehend von einem unbedeutenden Herde in den Lyifiphdrüsen, Knochen,
Lungen. Eine Infektion von der Urethra oder Vagina ist wohl möglich,
doch gewiss ausserordentlich selten. Von den operativen Verfahren kommt
fast nur die Nephrektomie in Betracht, die Resektion der Niere ist zu
verwerfen, die Nephrotomie höchstens bei Abscessen als Palliativoperation
zu empfehlen.
Die Blasentuberkulose ist selten primär, gewöhnlich von der Niere,
Prostata oder Epididymis fortgeleitet. Die Behandlung ist wenig aus¬
sichtsvoll, höchstens bei Beschränkung einer sekundären Erkrankung auf
die Mucosa. Ascendierende Tuberkulose, von der Blase auf die Niere
fortschreitend, ist wahrscheinlich selten. Bei Tuberkulose der Epididymis
hat die Radikaloperation in 40 °/ 0 der Fälle zur Heilung geführt. In
allen Fällen von Tuberkulose des Urogenitaltraktes ist die Allgemein¬
behandlung wichtig mit Rücksicht auf einen verborgenen primären Herd,
der ja auch nach Exstirpationen fortbestehen bleibt. Die Statistiken
des Seziersaales sind andere als die der Klinik. Die ersteren zeigen
ein Ueberwiegen der doppelseitigen Nierenerkrankung gegenüber der ein¬
seitigen (62 °/ 0 gegen 37 °/ 0 ), die letzteren ergeben 92 °/ 0 von einseitigen
Erkrankungen gegenüber 8 °/ 0 der doppelseitigen. Nach Israel löst
sich dieser Widerspruch durch die frühzeitige klinische Diagnose. Die
Nierentuberkulose ist zuweilen kombiniert mit anderen Zuständen:
gonorrhoischer Invasion, Steinen, Hypernephrom.
Das häufigste Symptom ist der Harndrang. Eiter und Blut sind
wichtig© Kennzeichen. Blut ist in 25 °/ 0 der Fälle vorhanden und kann
zuweilen den Ureter verstopfen. Ausstrahlende Krämpfe oder anfalls-
wei«e Schmerzen entstehen durch Verstopfung des Ureters mit Blut oder
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Detritu8. Ferner kommen Fieber, Schwäche, lokale Schwellung (ver-
grösserte Niere oder Abscess) vor. Differentialdiagnostisch kommen in
Betracht: Pyelitis, Pyelonephritis, Steine, Neoplasmen, essentielle Blutungen
und Cystenniere. Tuberkulose der Niere kann auch nach einem lokalen
oder allgemeinen Infektionsprozesse entstehen; dann ist auch die Diffe¬
rentialdiagnose zwischen akuter Eiterung und Tuberkulose schwierig.
Zur Differentialdiagnose gegenüber den genannten Zuständen dienen:
Anamnese, allgemeiner und lokaler Befund, Röntgenuntersuchung, Unter¬
suchung des Harns auf Bazillen, Cystoskopie und Ureterenkatheterisraus,
Kryoskopie des Blutes. Yerf. glaubt, dass in Fällen von Hämaturie bei
doppelseitiger Erkrankung, zum Unterschiede von einseitiger, der Gefrier¬
punkt des Blutes erhöht ist. Bei negativem Röntgen- und Tuberkel¬
bazillenbefund und Bestehen eines Tumors ist Hypernephrom wahr¬
scheinlich.
II. Yan Buren Knott macht aufmerksam, dass vor der Ne¬
phrektomie die Inspektion der blossgelegten anderen Niere oft empfehlens¬
wert, doch auch nicht immer ganz verlässlich ist. Im cystoskopischen
Bilde sind charakteristisch die Kongestion einer Uretermündung und be¬
sonders die Dilatation derselben, in welchem Falle dann eine Katheteri-
sierung unnötig ist. K. legt ebenfalls einen Wert auf die frühzeitige
Diagnose und Nephrektomie.
H. A. Kelly sah 50 Fälle von Nierentuberkulose und hält die
Erkrankung für eine sehr häufige. Wichtig ist, die übrigen Organe und
bei Frauen besonders das Genitale zu untersuchen. Oft besteht gleich¬
zeitig Tuberkulose der Nieren und der Tuben. Auch Tuberkulose und
Stein kommen zusammen vor. Schmerzen und Nierentumor sind keine
verlässlichen Symptome, da beide auf der gesunden Seite Vorkommen
können. Tuberkelbazillen finden sich in manchen Fällen von Lungen¬
tuberkulose im Harn ohne Mitbeteiligung der Niere. Verf. hatte einen
Fall von primärer Tuberkulose der Blase mit Veränderungen beider
Ureteren ohne Nierenerkrankung. Häufig erzeugt die Tuberkulose
Strikturen des Ureters.
W. Meyer bezeichnet als wichtiges Symptom besonders den Harn¬
drang mit Tenesmus (oft in Anfällen auftretend). Die Blase ist öfters
kontrahiert und sehr reizbar, katarrhalisch verändert, so dass die Cysto¬
skopie schwer, erst nach Cocainanwendung und sorgfältiger Auswaschung,
ausführbar ist. Doch ist sie für die Diagnose (Veränderungen der
Uretermündung) sehr wichtig, da die schmerzhafte Seite manchmal die
gesunde ist. Die Katheterisierung der Ureteren kann meist entbehrt
werden. Die Ulceration der Ureterenmündungen spricht für descen-
dierende, das Fehlen einer solchen für ascendierende Tuberkulose. Nach
der Nephrektomie ist eine spezifische Allgemeinbehandlung einzuleiten.
J. Ransohoff sagt, dass die Tuberkulose in dem Sinne ascen-
dierend sein kann, als zuerst die Samenbläschen, die Prostata oder die
Testikel, dann erst die Nieren und sekundär die Blase ergriffen werden.
Die Nierentuberkulose ist nicht ascendierend und von der Genitaltuber¬
kulose zu sondern. R. führt stets die Laparotomie aus, um sich von
dem Zustande der anderen Niere zu überzeugen, ehe er die Nephrektomie
vornimmt.
E. W. Lee entfernte beide tuberkulös veränderte Soden eines
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Patienten, der gegenwärtig, nach 2 Jahren, Tuberkulose der Nieren
auf weist.
L. L. Mac Arthur warnt davor, bei Mischinfektion der Niere und
lang dauerndem Fieber die Niere zu entfernen. In solchen Fällen ist
zuerst die Drainage des Organs und erst später die Nephrektomie aus-
Zufuhren. Karl Fluss (Wien).
Ueber Nieren- und Blasentuberkulose. Frühdiagnose und Früh¬
operation. Von H. Kümmel. Arch. f. klin. Chir., LXXXI. Bd.,
1. Teil.
Während früher entsprechend dem Umstande, dass sich bei Nieren¬
tuberkulose meist die ersten subjektiven und objektiven Symptome in
der Blase abspielen, eine aufsteigende Infektion der Niere von der Blase
aus angenommen wurde, gilt es heute als sicher und ist durch experi¬
mentelle Untersuchungen festgestellt, dass fast ausnahmslos die Niere
primär erkrankt und dass von hier aus die Infektion weiterschreitet.
Die frühzeitige Erkennung der tuberkulösen Nierenerkrankung ist von
ausserordentlicher Wichtigkeit, jedoch bei dem meist latenten Verlauf
im ersten Stadium äusserst schwierig. Nach des Verfassers Ansicht muss
jeder Blasenkatarrh — speziell bei der Frau — der nicht auf Gonorrhoe-
infektion beruht, Verdacht erwecken, ja selbst letztere Aetiologie gibt
häufig die Basis für eine tuberkulöse Infektion ab, so dass auch an ein
gleichzeitiges Bestehen beider Erkrankungen gedacht werden muss. Oft
verweist der trübe Ham allein ohne andere subjektive Erscheinungen
des Blasenkatarrhs im Zusammenhalt mit auf Tuberkulose anderer Organe
verdächtigen Symptomen auf die richtige Spur, andererseits werden häufig
Blasenbeschwerden im Verlaufe von Erkrankungen des weiblichen Ge¬
schlechtsapparates als Folgen dieser aufgefasst, weshalb in allen derartigen
Fallen die genaue Harnuntersuchung dringend gefordert werden muss.
Verf. hat wiederholt in Fällen, wo nur Störungen des Allgemeinbefindens,
Abmagerung, Blässe usw. im Vordergründe des Krankheitsbildes Btanden
und die Untersuchung des trüben — ja in einem Fall sogar klaren — Harnes
durch Bazillennachweis die Diagnose sicherte, operiert und bereits fort¬
geschrittene Zerstörungen des Nierengewebes angetroffen. Hat die Er¬
krankung auf die Blase übergegriffen, so bildet auch hier die Exstirpation
der Niere — Intaktheit der anderen vorausgesetzt — die einzige Therapie,
niemals ist aber eine operative Behandlung der Blasentuberkulose selbst
zu empfehlen. Zur Feststellung der Seitendiagnostik dient die Ureteren-
cystoskopie in Verbindung mit den funktionellen Methoden. Unbedingt
tritt der Verf. auch für die Untersuchung der gesunden Niere ein und
will die oft erwähnte Infektionsgefahr bei diesem Vorgehen nicht aner¬
kennen.
Mit Rücksicht auf die einzuleitende operative Therapie teilt Verf.
seine Fälle in 3 Gruppen ein:
I. Im ersten Stadium erkannte Fälle, bei denen die Frühoperation
aasgeführt werden kann.
II. Die eine Niere ist schwer, die andere in geringerem Masse er¬
krankt. Die Blutkryoskopie gibt hier den Ausschlag; bei normalem
Gefrierpunkt —0,56—0,57 wird die schwer erkrankte Niere entfernt,
bei einem Gefrierpunkt von —0,6 wird Nephrotomie, Entfernung der
tuberkulösen Massen vorgenommen und erst nach einiger Zeit, falls die
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andere Niere besser funktioniert und der Gefrierpunkt normal wird, die
Nephrektomie angeschlossen.
m. Wenn infolge von starker Ulceration der Blase, von Schrumpf-
blase, jugendlicher Enge etc. der XJreterenkatheterismus unmöglich ist,
kann oft durch Palpation des Ureters ein Anhaltspunkt für die Seiten¬
diagnostik gefunden werden, worauf dann mit Hilfe der Blutkryoskopie
nach obigen Prinzipien vorgegangen wird.
Unter solchen Umständen hat Verf. unter 148 Nephrektomien keinen
Fall an Nierentod verloren. Zur Heilung der Ureterentuberkulose hat
Verf. in der letzten Zeit einen zu diesem Zwecke von ihm konstruierten
10 cm langen Platinbrenner verwendet, der nach vollendeter Nephrektomie
kalt in den Ureterstumpf eingeführt, hierauf bis zur Weissglut erhitzt
und wieder entfernt wird.
Die Resultate seiner Operationen, die Verf. mit Zahlen belegt, sind
äus8er8t günstige. Victor Bunzl (Wien).
Trois cas de plaies du rein par armes k feu. Von M. Masini.
Ann. d. org. gön.-urin., No. 4, 1907.
1. Der 23 jährige Patient hatte einen Revolverschuse in den 9.
linken Interkostalraum in der Mammillarlinie erhalten. Starke Collaps-
erscheinungen. Der Katheterismus lieferte normalen Urin. Erst nach
einigen Stunden zeigte sich Hämaturie, schon früher war in der Leber¬
gegend eine Dämpfung aufgetreten. Da die Collapserscheinungen *n-
nahmen, wurde die Laparotomie vorgenommen. Es zeigt sich, dass die
Blutung aus der linken Niere stammte, welche einen schief von oben
nach unten verlaufenden Schusskanal zeigte. Nephrektomie. Tod.
2. Ein 20 jähriger Mann hatte einen Revolverschuss links vom ersten
Lendenwirbel erhalten. Bei der Laparotomie zeigte sich, dass das Pro¬
jektil durch die Wirbelsäule, ohne das Rückenmark zu verletzen, und
ferner durch die rechte Niere, das Colon descendens, den vorderen Leber¬
rand gedrungen und im M. obliquus stecken geblieben war. Naht der
verletzten Organe. Heilung nach 18 Tagen.
3. Der Patient hatte einen Revolverschuss in den Rücken link»
unterhalb der letzten Rippe erhalten. Bei der Laparotomie fand man
eine starke Blutung ins Peritoneum, eine Wunde des vorderen Randes
des linken Leberlappens sowie der hinteren Magenwand und eine Zer¬
trümmerung der rechten Niere. Nephrektomie. Tod.
von Hofmann (Wien).
A case of rupture of kidney. Von H. Do dg so n. Brit. Med.
Journal, 28. April 1906.
Ein 21 Jahre alter Mann erlitt infolge eines Unfalles einen heftigen
Shock und klagte über Schmerzen auf der rechten Seite, namentlich
zwischen der letzten Rippe und der Crista ilei. P. 82, klein. Eine
Stunde später deutliche Hämaturie und Entleerung von Blutcoagula unter
heftigen Schmerzen. Die Diagnose lautete auf Ruptur der rechten Niere,
die Behandlung bestand in Ergotin intern und subkutanen Injektionen
von Morphin; auf eine erträgliche Nacht folgten Schmerzen am nächsten
Tage und abermals Abgang von Blutcoagula. T. 100 F, P. 72. Am
nächsten Abend wurde wieder Morphin subkutan verabreicht; am 3. und
4. Tage stieg die Temperatur auf 102 F, und es entwickelte sich all*
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gemeine Peritonitis, die jedoch in 8—10 Tagen allmählich zurückging.
Am 5. Tage war der Urin klar, mikroskopisch Blutzellen und Blut-
cylinder; als Nahrung bekam Patient nur Milch. Am 17. Tage nach
dem Unfall war die Temperatur normal. Puls niemals über 96.
Am 20. Tage wiederholte sich noch einmal Hämaturie für 24 Stunden
im Anschluss an einen Versuch, sich im Bette aufzurichten; nach 10 tägiger
weiterer Bettruhe konnte Pat. bereits zeitweilig sich aufsetzen, nach
einer Woche das Bett verlassen. Herrnstadt (Wien).
Bnptnre sons-cutan6e da rein: son mäcanisme. Von L. Suarez.
Ann. d. mal. d. org. gön.-urin., No. 18, 1906.
Der 21jährige Patient hatte einen Hufschlag auf die linke Thorax¬
seite erhalten. Er verlor das Bewusstsein. Kurz nach der Verletzung
traten heftige Schmerzen und Schwellung in der linken Lendengegend
und Blut im Urin auf. Da die Hämaturie nicht nachliess, legte S. die
linke Niere bloss. Es fand sich an ihrem unteren Pole ein 5 cm langer
Biss, welcher vernäht wurde. Heilung. An diese Krankengeschichte
knüpft S. Bemerkungen über den Mechanismus und die Behandlung der
Nierenruptur. von Hofmann (Wien).
Two cases of traumatlc rupture of the kidney, in one of which
a single kidney existed. Von James Grant Andren. Lancet,
26. Januar 1907.
Fall 1. Ein 14 Jahre alter Knabe klagte nach einem Sturz über
heftige abdominelle Schmerzen und erbrach mehrere Male mit Bei¬
mengung von Blut. Auch im Urin waren Blut und grössere Blutcoagula
enthalten, das Urinieren war schmerzhaft. Die rechte Bauchseite war
blau verfärbt und leicht vorgewölbt bis über die letzten 3 Intercostal-
raume und bis zur Mittellinie, nach abwärts bis fast an das Ligam.
Pouparti. Die Schwellung bot deutliche Fluktuation. Am Abend der
Spitalsaufnahme — am 5. Juni 1906 — nahmen die Schmerzen neuer¬
lich zu und es war der Stuhl mit Blut vermengt, das Erbrechen und
die Schwellung nahmen zu.
Bei der Operation fand sich die Nierenkapsel durch einen Blut¬
erguss enorm dÜatiert und aus einem schmalen Kapselrisse entleerte sich
Blut und Urin. Die Cavität wurde mit Jodoformgaze tamponiert und
ein Drain eingeführt. Der Urin, der sich durch das Drain entleerte,
enthielt Blut. Nach wenigen Tagen ging der Harn auf normalem Wege
ab und verlor bald den Blutgehalt, doch enthielt er in geringer Menge
Eiter. Mitte August stieg die Temperatur neuerlich an und es war
neuerlich eine rechtsseitige Schwellung sichtbar. Das Abdomen wurde
durch Medianschnitt eröffnet; links wurde keine Niere gefunden, die rechte
Niere erwies sich nach Entfernung der Blutcoagula als ziemlich stark ver¬
letzt. Der Hohlraum wurde neuerlich gereinigt und drainiert. Unter
Erbrechen und Abnahme der Urinmenge trat am 3. Oktober Exitus
letalis ein.
Die linke Niere fehlte, die rechte bestand aus 3 Lappen und wog
8 Unzen, die Masse waren 12 cm vertikal und horizontal, 4, 5 und 6 cm
an den Polen. Es bestanden 2 undeutlich begrenzte Hilus und das
Becken zeigte eine wenig deutliche Separierung. Es fanden sich 2 Ureteren,
ein kleinerer von jenem Teile, der das linke Organ repräsentierte und
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dessen Funktionsfähigkeit nicht entschieden werden konnte. Die Ruptur
bestand am TJebergang beider Teile und erstreckte sich durch die Nieren¬
substanz in das Nierenbecken.
Schon nach der 1. Operation entleerte sich durch l 1 /* Tage kein
Urin durch die Blase, andererseits war die durch das Drain abgehende
Urinmenge nicht wesentlich vermindert; der späterhin durch Katheten-
gieren gewonnene Harn unterschied sich in keiner Weise von jenem, der
aus dem Drain kam — schon dies führte auf den Gedanken, dass nur
eine Niere bestehe. Das Eintreten der 2. Blutung lässt sich nur schwer
erklären; die einzig mögliche Therapie — die Totalentfernung der Niere —
musste wegen Mangels der linken Niere unterbleiben. Der Tod erfolgte
offenbar durch Urämie.
Fall 2. Auch hier bestanden im Anschluss an einen Sturz
Schmerzen im Abdomen, Erbrechen und blutiger Urin. Das Abdomen
war rechts aufgetrieben; Fluktuation bestand nicht. Die Beschwerden
besserten sich ziemlich rasch, doch konnte man nach 3 Wochen eine
distinkte Schwellung in der rechten Lendengegend nachweisen, die deut¬
liche Fluktuation zeigte. Durch Punktion wurde klare, urinähnliche
Flüssigkeit entleert. Bei der Operation fand sich eine Zerreissung der
Niere, die bereits vernarbt war.
Beide Fälle sind in folgenden Punkten ähnlich: 1. Sturz auf die
Lendengegend. 2. Die Verletzung war in beiden Fällen eine direkte.
3. Der Urin enthielt Blut. 4. Die rupturierte Niere konnte palpiert
werden. 6. Die Schwellung lag retroperitoneal.
Herrnstadt (Wien).
Les tumeurs du rein chez l’enfant. Von A. Mouchet. Annal. d.
mal. d. organ. g^n.-urin., No. 5, 1907.
Nierentumoren bei Kindern entwickeln sich vor allem in den ersten
drei Lebensjahren. Sie sind embryonale Adenomyosarkome, ausgesprochen
maligne und zeigen rasches Fortschreiten. Das erste und oft auch das
einzige Zeichen der Erkrankung bildet das Auftreten des Tumors, welcher
gewöhnlich eine beträchtliche Grösse erreicht. Hämaturie ist selten.
Der Tod tritt ziemlich rasch nach einer Fieberperiode ein. Die Exstir¬
pation dieser Tumoren ist schwer und gefährlich. Der abdominale Weg
ist vorzuziehen. Wenn möglich, ist der Tumor mit der Fettkapsel und
den Drüsen zu entfernen. von Hofmann (Wien).
Notes upon flve cases of renal neoplasm. Von David Wallace.
Lancet, 14. Juli 1906.
Das Hauptgewicht für die Diagnose und Prognose ist auf folgende
Punkte zu legen:
1. Für beide Nieren: a) Untersuchung des Urins auf tägliche
Menge, spez. Gewicht und An- oder Abwesenheit abnormer Produkte,
b) Gefrierpunkt des Blutes, c) die Phloridzin- und Methylenblauprobe.
2. Für jede Niere: a) cystoskopische Untersuchung der Blase
namentlich in bezug auf Ureteröffnungen und den daselbst abgesonderten
Urin, Blut oder Eiter, b) Catheterisation der Ureteren, c) Luys* Separator
mit oder ohne subkutane Indigocarminreaktion.
Erwähnenswert ist, dass Hämaturie und andere Symptome ver¬
schiedener Erkrankungen und verschiedener Abschnitte des Urogenital-
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tractes auf die Blase bezogen werden können, obwohl die Ursache in
einer Nierenaffektion liegt, und umgekehrt; auch wenn die Niere einer
Seite vergrössert und palpabel ist, so kann diese Hypertrophie eine
kompensatorische sein oder eine beiderseitige Erkrankung bestehen. In
einem dritten Falle besteht eine vergröseerte Niere, doch auch die Prostata
ist hypertrophisch und die Blutung deutet auf eine Blasenaffektion; die
Entscheidung ist dann schwer.
Es gibt wohl bestimmte Anzeichen für das Vorhandensein eines
Nierenneoplasmas, doch ist es in den meisten Fällen notwendig, die Blase
cystoskopisch zu untersuchen und gleichzeitig damit den aus dem Ureter
«»tretenden Urin. Hämaturie ist häufig das erste Symptom bei Nieren-
und Blasentumoren; die Untersuchung des Urins gibt keinen Aufschluss
über die Quelle der Blutung, die Cystoskopie ist daher unerlässlich.
Nierentumoren werden bei beiden Geschlechtern in jedem Alter beob¬
achtet und sind nicht selten maligne; als Anfangssymptom tritt in der
Kegel Hämaturie auf, doch steht die Menge des Blutes in keinem Ver¬
hältnisse zur Grösse des Tumors; die Blase kann durch Blutcoagula
überfüllt sein, Urin dunkelrot.
Fall 1. 63 Jahre alter Mann, welcher seit 3 — 4 Monaten in Inter¬
vallen an geringen Blutungen aus der Urethra litt; Schmerzen oder
andere Symptome fehlten gänzlich; die linke Niere war vergrössert,
palpabel, an der Oberfläche irregulär, cystoskopisch sah man Blut aus
dem linken Ureter austreten. Bei der Operation erwies sich der Tumor
als Adenocarcinom.
Fall 2. Eine 30 Jahre alte Frau erkrankte plötzlich an Blutungen,
▼eiche in Intervallen von 3—4 Wochen auftraten und jedesmal 3 bis
4.Tage anhielten. Nach einigen Monaten Zunahme der Blutung und
Auftreten von Blutcoagula, gleichzeitig bestanden Schmerz in der rechten
Iendengegend sowie häufiger Urindrang. Nach weiteren 2 Monaten
wurde die rechte Niere palpiert; der Urin enthielt reichlich Blut, jedoch
keine Coagula; s = 1020, keine Cylinder. Die Menge betrug täglich
40 Unzen, die Blutung war kontinuierlich. Die Nephrektomie wurde
gemacht, der Tumor war ein Adenocarcinom (Nephrom).
Fall 3. Ein 50 Jahre alter Mann, der seit einer Woche blutigen
Urin hatte; nach einem grösseren Intervalle wiederholte sich die Blutung
mit Bildung von Blutcoagula. Es bestand häufiger Urindrang; keine
Schmerzen oder anderweitige Symptome. Die linke Niere vergrössert,
palpabel, irregulär und elastisch; die Blutung sistierte, bevor die Cysto-
ßkopie gemacht wurde. Nephrektomie: es fand sich eine Tumormasse,
welche die Renalgefässe ausfüllte und an die Vena cava infer. angepresst
war; sie wurde zusammen mit den Gefässen abgebunden. Die mikro¬
skopische Untersuchung ergab: Hundzellensarkom. Nach 8 Monaten
Becidive in der Lumbarregion.
Fall 4. Ein 52 Jahre alter Mann beobachtete in Intervallen durch
die letzten 6 Monate Blut im Urin, gelegentlich waren auch Blutcoagula
ächtbar. Die Blutung kam ohne jede Ursache, hier und da bestanden
Schmerzen in der Gegend des linken Ureters. Im Dezember 1903 trat
«ne profuse Blutung mit Schmerzen in der Blasengegend und häufigem
Urindrang ein; der Urin konnte nur mit dem Katheter entleert werden.
Die Blase war übermässig ausgedehnt und offenbar voll mit Blutcoagula.
Die Prostata war nicht vergrössert, die Nieren waren nicht palpabel. Die
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Blase wurde ausgespült, nach 4 Tagen war der Urin frei von Blut-
coagula und ging spontan und blutfrei ab. Die cystoskopische Unter¬
suchung zeigte eine normale Blase und die Ureterenmündüngen frei.
Bei der Operation erwies sich die linke Niere nur wenig an ihrem oberen
Pole vergrössert, sie wurde entfernt; bei der mikroskopischen Unter¬
suchung erwies sich der Tumor als Adenocarcinom (Nephrom).
Fall 5. Eine 35 Jahre alte Frau klagte über nagende Schmerzen
auf der rechten Seite; 5 Wochen vorher war der Urin öfter verfärbt;
der Arzt konstatierte eine ansehnliche Quantität von Eiter im Urin.
Blut wurde niemals gefunden. Die tägliche Urinmenge betrug 40 Unzen.
Das spez. Gew. 1020. Der Nachweis von Tuberkelbacillen war positiv;
die rechte Niere palpabel, von unregelmässiger Oberfläche. Die Diagnose
lautete auf Tuberkulose der Niere.
Bei Freilegung der rechten Niere fand sich ein Abscess, dessen
Wand an der rechten Niere adhärent war; die Niere wurde entfernt;
sie bildete eine polycystische Geschwulst, der Abscess kommunizierte mit
dem Nierenbecken.
4 Jahre später Exitus an allgemeiner Peritonitis, doch nie bestanden
Symptome von renaler Insufficienz.
Diese 5 Fälle illustrieren 4 Typen von Nierentumoren.
1. Adenocarcinom, die ganze Niere einnehmend; 2. Adenocarcinom
(Nephrom), von Grawitz als ausgehend von der Nebenniere beschrieben;
3. Sarkom; 4. polycystische Geschwulst.
In den ersten 3 Fällen war die Niere palpabel. Im Falle 3 bestand
Varicocele — nach Angabe des Patienten seit 3 Monaten. Leg neu
erklärt dieselbe durch Druck auf die Yenae spermat. von seiten der
vergrösserten Drüsen, Morris nimmt direkten Druck des Neoplasmas
auf die Venen an. In Fall 5 bestand polycystische Niere; Hämaturie
war nicht vorhanden; das bilaterale Vorkommen lässt uns einen opera¬
tiven Eingriff eher vermeiden, um so mehr als die Entfernung einer Niere
die Degeneration der anderen beschleunigt.
In allen Fällen war das 1. Symptom Hämaturie; 2. die Blutung
war in 3 Fällen profus und hatte den Charakter einer Blasenblutung;
3. im Falle 1 war nur geringe Blutung bei grossem Tumor; 4. nur in
2 Fällen bestanden Blutcoagula von wurmförmiger Gestalt; 5. in keinem
Falle fanden sich Tumorzellen oder Cylinder im Urin.
Herrnstadt (Wien).
A case of dermoid cyst of the kidney, malignant degeneration.
Von Alonzo G. Rider. Lancet, 8. Dezember 1906.
Patient litt seit 2 Jahren an Schmerzen in der linken Lendengegend,
welche oft bis in den linken Testikel ausstrahlten, gleichzeitig trat zeit¬
weise Hämaturie auf. Bei der Inspektion fand sich eine bedeutende
Schwellung in der linken Lende von derber Konsistenz, der gedämpfte
Perkussionsschall reichte in die linke Fossa iliaca hinab und bis zur
Mittellinie. Das Abdomen wurde eröffnet und durch Punktion eitriger
Inhalt entleert; nach Inzision entnahm man eine grosse Quantität einer
grünlichen Masse, ähnlich der Gehirnrindensubstanz, ausserdem fand man
noch feste Knoten und ein Stück Knochen von unregelmässiger Gestalt.
Alles zusammen wog 6 Pfund; die Enden des Sackes wurden wegen der
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zahlreichen Adhäsionen in die Bauchwunde eingenäht. Unter kontinuier¬
lichem Erbrechen trat 9 Tage nach der Operation Exitus letalis ein.
Nekropsie. Der Tumorsack war mit der hinteren Abdominal-
wand innig verwachsen; an der hinteren Wand des Sackes befanden sich
Reste von Niere, deren Rinde an der dicksten Stelle circa x / 2 Zoll breit
war; der Ausgangspunkt der Geschwulst war das vordere Nierenbecken.
Die Innenfläche des Sackes war unregelmässig, granuliert; die rechte
Niere zeigt kompensatorische Hypertrophie. Die mikroskopische Unter¬
suchung ergab: Cylinderepithelcarcinom. Herrnstadt (Wien).
Hypernephroma renis. Von Gäzalllyös (Budapest). Orvosi Hetilap,
1906, 61.
Bei einem 47 jährigen Mann konstatierte Verf. mittels des Cystoskops,
dass die bei ihm seit 2 Monaten bestehende Hämaturie vom rechten
Ureter stammt. Durch Feststellung der Nierenfunktion wurde konstatiert,
dass die rechte Niere zum grossen Teil zugrunde gegangen war. In¬
folgedessen wurde die Operation empfohlen, wobei am oberen Ende der
rechten Niere ein faustgrosser Tumor vorgefunden wurde, der mit der Niere
exstirpiert wurde. Der Tumor war histologisch ein bösartiges Hyper¬
nephrom, am übrigen Teil der Niere war Nephritis parench. chron.
Der Fall dient zum Beweise dessen, dass bei profuser spontaner Hämat¬
urie früh der Sitz der Blutung festgestellt werden soll und, wenn das
Blut aus der Niere stammt, sofort funktionelle Untersuchung ausgeführt
werden soll. Zeigt die Funktion der blutenden Niere eine bedeutende
Verschlimmerung im Vergleiche zur Funktion der anderen Niere, so
muss in dieser Niere ein ernster, das Nierengewebe destruierender Prozess
angenommen werden und in diesem Falle genügt dieser Faktor allein,
bei Mangel aller anderen Symptome sich durch Operation von der Ur¬
sache der Verminderung der Nierenfunktion zu überzeugen. Auf solche
Weise können wir den Nierentumor in einem solchen Frühstadium ent¬
fernen, wo ein Tumor noch nicht palpabel ist, wodurch wir die beste
Aussicht auf vollkommene Heilung haben, die auch im Falle des Verf.s
erfolgte. J. Honig (Budapest).
A propos de la lithiase renale chez les tuberculeux suralimentes.
Auto-observation. Von Marcou. Arch. gön. de m6d. 1906, H. 29.
Verf. hatte vor Jahren eine Anzahl von Hämoptoen, kam sehr
herunter und begann dann die Ueberernährungskur; diese dauerte in
toto 75 Tage.
Ca. 3 1 /* Monate nach Beginn der Kur plötzlich heftige Schmerzen
in der rechten Nierengegend, in der Glans, im rechten Nebenhoden;
Erbrechen. Nach einigen Tagen wiederholte sich die Attacke. Diagnose :
R. Nephrolithiasis. Späterhin traten fast einen Monat lang täglich die
Anfälle auf, bis unter Milchdiät, Bettruhe, Trinkkur die Sandmengen im
Ham geringer wurden und schliesslich alle Beschwerden definitiv sistierten.
R. Paschkis (Wien).
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HI. Bücherbesprechungen.
Die Koronararterien des menschlichen Herzens unter normalen und
pathologischen Verhältnissen. Von F. Jamin und H. Merkel.
Aus der medizinischen Klinik und dem pathologischen Institut in Er¬
langen. 30 Tafeln mit zugehörigem Text. Gustav Fischer, Jena, 1907.
Die vorzüglich gelungenen stereoskopischen Röntgenbilder sind von
Herzen angefertigt, deren Gefässe mit Mennige injiziert wurden. Die
Untersuchungen wurden an über 30 teils normalen, teils pathologischen
Herzen vorgenommen. Die Verf. gingen von der Voraussetzung aus,
dass auf diesem Wege die Darstellung der feinen Verzweigungen der
Koronargefässe gelingen müsse und dass systematische Untersuchungen
von Herzarterien auf diesem Wege neue Ergebnisse zutage fördern
würden. So lehren die Abbildungen manches Neue und es muss den
Autoren als besonderes Verdienst angerechnet werden, eine neue Unter¬
suchungsmethode für die anatomischen Veränderungen der Herzgefasse
eingeführt zu haben. Hermannn Schlesinger (Wien).
Etiologie et pathog^nie des hämorrhagies graves du nouveau-nA
Von M. P. Lequeux. Thöse de Paris 1906, G. Steinheil.
Die schweren Blutungen des Neugeborenen stellen kein Krankheita-
bild an und für sich dar, sondern werden durch mehrere pathologische
Zustände verursacht. Das ätiologische Moment ist die Infektion und die
Bildung von Toxinen. Es sind keine spezifischen Mikroorganismen, die
zu Hämorrhagien führen, vielmehr sind es Staphylo- und Streptobazillen,
Colibazillen usf. Diese Infektion kann vor, während oder nach der
Geburt geschehen. Kaupe (Bonn).
Sur la presence de tissu lymphoYde dans la paroi de certaius
kystes branchiaux du cou. Von A. Coltelloni. Thöse de Paris
1906, Steinheil.
Beschreibung von zwei Halscysten, in deren Wand sich unter dem
die Höhlung auskleidenden Plattenepithel reichliches Lymphdrüsengewebe,
sogar echte Lymphome mit deutlichem Keimcentrum vorfanden. —
Diese Art von branchiogenen Cysten wurde zuerst von Lücke (1861)
als im Innern einer Lymphdrüse entstandene Atheromcyste beschrieben;
dieselbe Ansicht teilte Albarran (1885). Gegen diese Auffassung
spricht das nicht zu erklärende Vorkommen von Plattenepithel in einer
Lymphdrüse, wenn es sich nicht um die Metastase eines malignen Neo¬
plasmas handelt. Verf. hält diese Cysten vielmehr für entodermalen Ur¬
sprungs, und zwar entwicklungsgeschichtlich mit dem Abschnitt der ur¬
sprünglichen Pharynxwand zusammenhängend, aus der die Rachentoneillen
später entstehen. Er schlägt folgende Einteilung der branchiogenen
Cysten vor:
1. Echte branchiogene Dermoidcyste. Ihre Höhlung ist
ausgekleidet mit geschichtetem Plattenepithel mit Verhornung und Eiai-
dinbildung, Haaren, Schweiss- und Talgdrüsen; sie stammen von der
äusseren, entodermalen Fläche der zweiten Kiemenspalte.
2. „Amygdaloide“ branchiogene Cysten, zu denen die
zwei beschriebenen Fälle gehören.
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3. Thyreogene branchiogene Cysten. Ihre Höhle ist bald
aasgekleidet mit geschichtetem Plattenepithel, bald mit flimmerndem
Cylinderepithel. In der Wand findet man Reste von Schilddrüsengewebe
(Hoeekel). Diese Cysten liegen immer median (über oder unter dem
Zungenbein) und entstehen aus Resten des Ductus thyreoglossus.
In der Wand dieser verschiedenen Cystenarten kommen ferner
manchmal Bruchstücke von Knorpelgewebe, glatten und sogar quer¬
gestreiften Muskelfasern vor. Schrumpf (Strassburg).
Handbuch der praktischen Chirurgie. Herausgegeben von Prof.
E. von Bergmann und Prof. P. von Bruns. Dritte umgearbeitete
Auflage. I. Band: Chirurgie des Kopfes. Stuttgart, Verlag von
Ferdinand Enke, 1907.
Verhältnismässig sehr kurze Zeit schon nach dem Erscheinen der
2. Auflage des Handbuches der praktischen Chirurgie ist die Ausgabe
einer 3. Auflage nötig geworden. Dieselbe erscheint statt in 4 in
5 Banden, da der die Chirurgie des Unterleibs enthaltende Teil in die
Chirurgie des Bauches und des Beckens geteilt wurde.
Der 1. Band beginnt mit einer Darstellung der Verletzungen und
Erkrankungen der Weichteile und der Knochen des Schädels von E.
v. Bergmann. Hieran schliesst sich der von E. v. Bergmann,
R. Krönlein, C. Schiatter und P. Wiesmann bearbeitete Ab¬
schnitt „Verletzungen und Krankheiten des Gehirns, seiner Hüllen und
Qefasae “, welcher in 14 Unterabteilungen zerfällt (1. angeborene chi¬
rurgische Krankheiten, 2. Gehirnerschütterung, 3. der Hirndruck und
die Operationen wegen Himdrucks, 4. Verletzungen der intrakraniellen
Gefasse, 5. Verletzungen der Hirnnerven während ihres Verlaufes in und
durch den Schädel, 6. Quetschungen und Verwundungen des Gehirns,
7. traumatische Meningitis, 8. Hirnausfluss und Hirnprolaps, 9. Hirn-
abscesse, 10. Thrombose der intrakraniellen Blutleiter, 11. Epilepsie nach
Kopfverletzungen und die chirurgische Behandlung der Epilepsie, 12.
Geisteskrankheiten nach Kopfverletzungen und die chirurgische Behand¬
lung von Geisteskrankheiten, 13. die chirurgische Behandlung von Hirn¬
geschwülsten, 14. Technik der Trepanation, Schädelresektion, Kranio-
tomie, Kraniektomie und Schädelosteoplastik). Der 3. Abschnitt aus
der Feder Prof. W. Kümmel’s in Heidelberg handelt von den Ver¬
letzungen und Erkrankungen des Ohres. Hieran schliessen sich „Die
angeborenen Missbildungen, Verletzungen und Erkrankungen des Ge¬
sichtes, plastische Operationen“ von Prof. E. Lexer in Königsberg.
Im 5. Abschnitt bespricht Prof. E. Krause (Berlin) die Neuralgien des
Kopfes, und zwar zunächst die Neuralgie des Trigeminus, dann die der
Occipitalnerven. Therapeutisch steht K. auf dem Standpunkte, dass,
wenn eine vernünftig durchgeführte Allgemeinbehandlung sich als nutzlos
erwiesen hat, der operative Eingriff in Frage kommt. Derselbe soll aber
nicht als Ultimum refugium betrachtet werden, da sonst viele Neuralgien,
die man im Beginne durch imbedeutende Eingriffe heilen könnte, durch
ihr langes Bestehen verschlimmert werden. Die Vornahme peripherer
Operationen ist auch dann berechtigt, wenn sich der Sitz des Leidens
nicht feststellen lässt, da die Erfahrung lehrt, dass auch in Fällen, wo
auf diesem Wege dauernde Heilung nicht zu erzielen ist, wenigstens für
einige oder längere Zeit die Schmerzen beseitigt werden. Der 6., von
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Prof. H. Küttner in Marburg bearbeitete Abschnitt führt den Titel
„Verletzungen und Erkrankungen der Speicheldrüsen u . Im 7. Abschnitt
besprechen Prof. C. Schiatter (Zürich) und Prof. 0. Römer (Straes-
burg) die Verletzungen und Krankheiten der Kiefer. Hieran schließt
sich der 8. Abschnitt: „Verletzungen und Erkrankungen der Nase und
ihrer Nebenhöhlen“ von Prof. W. Kümmel (1. Missbildungen der Nase
und des Nasen-Rachenraumes, 2. Verletzungen der Nase, 3. Hämatome
und Abscesse des Septum, 4. Verbiegungen und Auswüchse des Septum,
5. Fremdkörper und Rhinolithen, 6. Nasenblutungen, 7. entzündliche Er¬
krankungen der Nase, 8. Entzündungen der Nebenhöhlen der Nase,
9. Ulcerationen und infektiöse Granulationsgeschwülste, 10. die gutartigen
Geschwülste der Nase, 11. die bösartigen Geschwülste der Nase, 12. Vor¬
operationen zur Freilegung des Naseninnern). Nun folgen als 9. Ab¬
schnitt „Die Verletzungen und Erkrankungen der Mundhöhle“ von Prof.
E. v. Bergmann (1. Missbildungen und angeborene Krankheiten der
Mundhöhle und der Zunge, 2. Wunden, Verbrennungen, Verbrühungen
und Aetzungen der Mundschleimhaut, 3. Stomatitis ulcerosa und Stoma¬
titis gangraenosa [Noma], 4. Syphilis der Mundhöhle, 5. Tuberkulose der
Mundhöhle, 6. Aktinomykose, 7. Leukoplakia buccalis, lingualis, 8. Glossitia
phlegmonosa, 9. Hämangiome, Lymphangiome, Makroglossie, 10. cystische
Geschwülste des Mundes, 11. die soliden, nicht carcinomatösen Geschwülste
der Zunge, 12. Zungenkrebs). Bezüglich letzterer Erkrankung betont
v. B. das überwiegende Vorkommen des Zungencarcinoms beim Manne:
142 Männer, 36 Frauen. Den letzten Abschnitt des 1. Bandes bilden
die „Verletzungen und Erkrankungen des Pharynx“ von W. Kümmel
und E. v. Bergmann (1. Missbildungen des Pharynx, 2. entzündliche
Erkrankungen des Epipharynx, 3. entzündliche Erkrankungen der Gaumen¬
mandeln und des Mund-Rachenraumes, 4. Hypertrophie der Rachenmandeln,
5. Hypertrophie der Gaumenmandeln, 6. Syphilis, Tuberkulose, Lepra,
Sklerom und Rotz des Pharynx, 7. Verletzungen und Fremdkörper
des Pharynx, 8. Stenosen und Verwachsungen des Pharynx, 9. die gut¬
artigen Geschwülste des Meso- und Hypopharynx, 10. Fibrome und Sar¬
kome des Epipharynx, 11. Carcinome des Epi- und Hypopharynx, 12.
die Freilegung der Pharynxräume für Operationen in ihnen).
Der vorliegende 1. Band enthält 167 in den Text gedruckte gute
Abbildungen, wie denn überhaupt die Ausstattung eine vorzügliche zu
nennen ist. von Hofmann (Wien).
Rechtsschutz und Verbrecherbehandlung. Von Emil Lobedank.
J. F. Bergmann in Wiesbaden, 1907.
Diese Broschüre verfolgt die Tendenz, eine Reform des künftigen
Strafrechtes auf biologischer Grundlage herbeizuführen. Der Autor ver¬
gleicht die Tätigkeit des Strafrichters mit der des Arztes und findet,
es sei verfehlt, dass einerseits das Gesetz den Richter zwinge, über jede
Rechtsverletzung nach einem starren Sühnesystem „ohne Ansehen der
Person“ zu urteilen, und dass andererseits der Richter nur die Diagnose
stellen könne, die Behandlung des Falles aber einem anderen, nämlich
dem Strafanstaltsbeamten, überlassen müsse. Der Bankrott des heutigen
Systems mit seinen schädlichen kurzzeitigen Freiheitsstrafen zeige sich
darin, dass die Zahl der Verbrechen in steter Zunahme begriffen sei.
Eine Besserung dieser Zustände erwartet Lobedank, der sich als An-
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bänger des Determinismus, d. h. der Verneinung der Willensfreiheit, be¬
kennt, von einer Reform des juridischen Unterrichtes, in welchen die
Elemente der Psychologie und Psychiatrie einzubeziehen wären,
ferner von einer Umgestaltung des heutigen Strafsystems, das haupt¬
sächlich zu berücksichtigen hätte, ob der Rechtsbrecher sozial schäd¬
lich sei oder nicht, und schliesslich von einer Aenderung des Strafvoll¬
zuges. In letzterer Hinsicht befürwortet Lobedank in Anlehnung an
ausländische Gesetze die Einführung, dass der Richter bloss eine Minimal-
und Maximalstrafzeit zu diktieren habe, der Strafanstaltsbeamte
aber, welcher den Gefangenen weit eingehender beobachten könne, je nach
der Führung desselben innerhalb dieses Rahmens eine weitere Ent¬
scheidung zu treffen habe. Wie aus dem vorstehenden, in gedrängter
Kürze gehaltenen Resumö ersichtlich ist, behandelt der Autor zumeist
juridische Fragen. Das medizinische Gebiet betritt er erst wieder bei
der Behandlung geistig minderwertiger und geisteskranker Verbrecher.
Für letztere verlangt er eigene Anstalten und für erstere in Anlehnung
an die bekannte, auch vom Innsbrucker Juristentage acceptierte Forde¬
rung, dass sie nicht quantitativ milder bestraft werden als Vollsinnige,
sondern qualitativ anders behandelt und auf diese Weise entweder der
Heilung zugeführt oder aber, falls sie gemeingefährlich sind, dauernd
verwahrt werden, wodurch ebensosehr der Humanität wie der Rechts¬
sicherheit gedient wäre. Trotz des vorwiegend strafrechtlichen Inhaltes
kann die vorliegende Schrift als fesselnd geschriebene Einführung in die
bezüglichen Probleme auch das Interesse medizinischer Kreise, die der
Strafrechtsreform insbesondere als Gutachter und Gerichtsärzte nicht
ganz ferne stehen, beanspruchen. R. Imhofer (Prag).
Inhalt.
I. Sammel-Referate.
Venus, E., Der gegenwärtige Stand der
Rückenmarksanästhesie (Fortsetzung),
P- 321 — 332 .
II. Referate.
A. Thyreoidea, Epithelkörperchen.
Pässler, H., Beitrag zur Pathologie der
Basedow’schen Krankheit, p. 333.
hevy, L., Basedow-Symptome bei Tuber¬
kulösen, p. 333.
Holub, Zur Thyreoidbehandlung des
Morbus Basedowii und insbesondere
seiner Kombination mit Myxoedem, 1
P: 333.
«einzc, Beitrag zur Behandlung des
Morbus Basedowii mit Antithyreoidin
Moebius, p. 334.
Stegmann, Zur Behandlung des Morbus
Basedowii mit Röntgenstrahlen, p. 334.
Schultze, K., Zur Chirurgie des Morbus
Basedow, p. 334.
Fla tau, E. und Kölichen, J., Carci¬
noma ossis frontalis, parietalis et ccrc-
belli bei einem 17 jährigen Mädchen,
als Metastase eines Adenoma colloides
glandulae thyreoideae, p. 335.
Mac Callum, W. G., The surgical rela-
tions of the parathyroid glands, p. 335.
Erd heim, J., Tetania parathyreopriva,
P- 336 .
B. Magen.
Lombroso, H., Ueber die Beziehungen
zwischen Xährstoffresorption und den
enzymatischen Verhältnissen im Ver¬
dauungskanal, p. 336.
Kr ei dl, A., Muskelausschaltungen am
Magen-Darmtrakt; Müller, A., Die
Folgeerscheinungen nach operativer Ent-
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fcrnung der Muskulatur vom Magen und
Dünndarm des Hundes, p. 336.
Moynihan, B. G. A., Sanduhrmagen,
P* 337 .
Russell, W., Three stomach cases from
the physicians standpoint; a post gra-
duate clinic, p. 338.
Kuzmik, P., Geheilter Fall von spontan
entstandener Magenfistel« p. 339.
Brentano, Zur Klinik und Pathologie
der Magengeschwürsperforation, p. 340.
Miles, A., Observations on perforated
gastric and duodenal ulcer based on
a personal experience of forty-six cases
operated upon, p. 340.
Hofmann, Bericht über 52 operativ
behandelte Fälle von Ulcus vcntriculi,
P- 344 -
Robson, M., The treatment of cancer
of the stomach, p. 345.
Wallis, F. C., Three cases of gastro-
jejunostomy, p. 346.
C. Niere, Ureter.
Beya, H. D., Floating kidney; its signi-
ficance and treatment, with special refe-
rence to a method of performing ne-
phropexy, p. 347.
A 1 g 1 a v e, P., Contribution a l’etude des
acddents provoquds par l’abaissement
du rein droit au 3 degrd, p. 349.
Jeannel und Morel, Ch., Hydrone-
phrose droite, p. 349.
G r e g o i r e, R., Uronephrose en retention
aigue, P- 35 °-
Lund, F. B., Congenital cystic kidney,
P- 350 -
Monod, E. und Lomneau, E., Gros
reins polykystiques, p. 351.
Pässler, H., Beitrag zur Pathologie der
Nierenkrankheiten nach klinischen Be¬
obachtungen bei totaler Hamsperre,
P- 35 1 -
T a d d e i, J., Sur une affection renale
hematurique rare, p. 353.
Ekehorn, G., Operationer for nefrit,
P- 353 -
Cuturi, P., Sur un cas de nephrite chro-
nique unilaterale consecutive a une
grosse cellule vdsicale, p. 354.
Albrecht, Ueber metastatische paranc-
pbritische Abscesse, p. 354.
Be van, A. D., I. The diagnosis and
treatment of tuberculosis of the kidney;
II. Diskussion, p. 355.
Kümmel, H M Ueber Nieren- u. Blaseo-
tuberkulose. Frühdiagnose und Früh-
operation, p. 357.
Masini, M., Trois cas de plaies du rein
par armes ä feu, p. 358.
Dodgson, H., A case of rupture of the
kidney, p. 358.
Suarez, L. y Rupture sous-cutanee do
rein; son mdcanisme, p. 359.
Andren, J. G., Two cases of traumatie
rupture of the kidney, in one of which
a single kidney existed, p. 359.
M o u c b e t, A., Les tumeurs du rein che*
l’enfant, p. 360.
W a 11 a c e, D., Notes upon five cases of
renal neoplasm, p. 360.
Rider, A. G., A case of dermoid cyst
of the kidney, malignant degeneration,
p. 362.
1 11 y 6 s, G., Hypernephroma renis, p. 363.
M a r c o u, A propos de la lithiase renale
chez les tuberculeux suralimentes. Auto¬
observation, p. 363.
III. Bücherbesprechungen.
Jam in, F. und Merkel, H„ Die Ko¬
ronararterien des menschlichen Herzens
unter normalen und pathologischen Ver¬
hältnissen, p. 364.
L e q u e u x, M. P., Etiologie et pathogenie
des hömorrhagies graves du nouveau-ne,
p. 364.
Coltelloni, A., Sur la presence de
tissu lyraphoide dans la paroi de cer-
tains kystes branchiaux du cou, p. 364-
v. Bergmann, E. und v. Bruns’, P-,
Handbuch der praktischen Chirurgie,
P- 365-
Lobedank, E., Rechtsschutz und Ver¬
brecherbehandlung, p. 366.
Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Professor
Dr. HERMANN SCHLESINGER, Wien, I, Ebendorferstrasse 10, wird gebeten*
Man bittet, redaktionelle Zuschriften mit dem Adressensnsatx „Für die Redaktion de?
Centralblattes für die Grenzgebiete 44 versehen za wollen.
Lippert dt Co. (G. Pätz’sche Buchdr.), Naumburg a. S.
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CENTRALBLATT
für die
Grenzgebiete der Medizin u.Chirurgie.
Herauagegeben von
Dr. Hermann Schlesinger^
Pro f — or an dar Universität Wien.
Verlag von GUSTAV FISCHES in JenA»
X. Band.
Dm CentralbUtt für die Grenzgebiete der Medizin und Ghirurgie erscheint in
zwanglosen Heften im Umfange von etwa 3 Druckbogen, die zu einem Bande
Vereinigt werden, dessen Umfang 60 Druckbogen betragen wird. Das Abonne¬
ment für das Centralblatt kostet 24 Mark für den Band. — Die Abnehmer
der ■HMiungen aut den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, herausgegeben
von A von Eiseisberg und B. Naunyn, erhalten aas Centralblatt
zum Vorzugspreise von 20 Mark.
L Sammel - Referate.
Jena, Bl. Hai 1907.
Nr. 10.
Der gegenwärtige Stand der Rückenmarks¬
anästhesie.
Von Dr. Ernst Venns,
Assistent der chirurgischen Abteilung der Wiener Poliklinik.
. . (Schluss.)
Literatur.
97) D e r s., Die Rückenmarksanästhesie und deren Bedeutung für die praktischen
Amte. Wiener klin. Rundschau 1906, No. x8, 19 u. 21.
98) Neugebauer, Erfahrungen über Rückenmarksanästhesie. Centralbl. f.
Qünu-g. 1901, No. 46.
99) Ders., Ueber Rückenmarksanästhesie mit Tropacocain. Wiener klin.
Wochenschr. 1901, No. 50—52. . .
100) Ders., Die Bedeutung der Spinalanalgesie für die Diagnose und Therapie
d*r Erkrankungen des Anus und Rectum. Centralbl. f. Chirurg. 1905, No. 45.
101) Opitz, Ueber Lumbalanästhesie mit Novocain bei gynäk. Operationen.
Münchener mcd. Wochenschr. 1906, No. 18.
102) Pantovic, Novocain in der Lumbalanästhesie. Casop. 16 k. öesk. 1906.
Ref- Deutsche med. Wochenschr. 1906.
103) Peukert, Lumbalanästhesie im Morphin-Skopolamindämmerschlafe. Mün¬
chener med. Wochenschr. 1906, No. 14.
104) Ders., Zur Technik der Lumbalanästhesie im Morphin-Skopolamindämmer-
. schlafe lür die Bauchchircurgie und gynäk. Laparotomien. Münchener med. Wochen-
• fchrift 1907, No. 4.
105) Pforte, Medulläre Narkose bei gynäk. Operationen. Monatsschr. L Ge«
Wtsb. u. Gynäk., Bd. XXIV, H. 3.
106) Platonow, Ref. Centralbl. f. Chirurg. 1903, No. 9. ,
107) Pochhammer, Zur Technik und Indikationsstellung der Spinalanalgesie.
[Deutsche med. Wochenschr. 1906, No. 29,
108) Pouchet, Bull, de l’acad., 12. Juli 1904.
CentralbUtt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X.
Iied by GOOgk
Digr
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X09) Preindelsberger, Weitere Mitteilungen über Rücken marksanlsthesie.
Wiener klin. Wochenschr. 1905, No. 26.
Xlo) Ders., Rückenmarksanästhesie mit Alypin. Zeitschr. f. Heilkunde 1906,
Heft 9.
xnj Reelus, De la mlthode de Bier« Le Bulletin Mddical 1901, No. 22.
1x21 Ders., La mdthode de Bier. La Presse Mddicale 1901, No. 38.
113} Ders., Bull, de Pacad., 12. Juli 1904.
114) Röder, Zwei Fälle von linksseitiger Abducenslähmung nach Rückenmarks¬
anästhesie. Münchener med. Wochenschr. 1906, No. 24.
115) Ruschhaupt, Lumbalanästhesie mit Stovain. Vortrag i. d. Med.Gesell¬
schaft in Giessen. Ref. Deutsche med. Wochenschr. 1906, No. 28.
116) Sandberg, Med. Revue, Nov. 1905. Ref. Centralbl. f. Chirurg. 1906,
No. 16.
117J Ders., Med. Revue, Febr. 1906. Ref. Centralbl. f. Chirurg. 1906, No. 16.
118) Saztorph, Lumbalanästhesie mit Stovain. Ugeskrift for Läger 1906,
No. 39—40. Ref. Münchener med. Wochenschr. 1907, No. 5.
1x9) Schnurpfeil, Medullaranästhesie durch Kombination von Adrenalin und
Suprarenin. Öasop. 16 k. öesk. 1906. Ref. Deutsche med. Wochenschr. 1906, No. 18.
120) Schwarz, 1000 medulläre Tropacocainanalgesien. Wiener klin.Wochen¬
schrift 1906, No. 30.
121} Senni, Malpighi 1902, No. 17. Ref. Centralbl. f. Chirurg. 1902, No. 52.
122) Silbermark, Ueber Spinalanalgesie. Wiener klin. Wochenschr. 1904,
No. 46.
123) Slajmer, Erfahrungen über Lumbalanästhesie mit Tropacocain in 1200
Fällen. Wiener med. Presse 1906, No. 22.
124) Sonnenburg, Rückenmarksanästhesie mittels Stovain. Deutsche med.
Wochenschr. 1905, No. 9.
125) Ders., Rückenmarksanästhesie mittels Stovain und Novocain nach eigenen
Erfahrungen. Denkschrift für R. v. Leuthold, 1906, Bd. II.
126) Steiner, Unsere Erfahrungen über Novocain. Münchener med. Wochen¬
schrift 1906, No. 50.
127) Ders., Lumbalanästhesie mit Stovain. Orvosi hetilap 1906, No. 37.
128) Stolz, Spinalanalgesie in der Geburtshilfe und Gynäkologie. Vortrag am
X. Kongress d. deutsch. Gesellsch. f. Gynäk. Ref. Münchener med. Wochenschr.
1903, No. 28.
129) Ders., Die Spinalanalgesie mit besonderer Berücksichtigung ihrer Ver¬
wendung in der Geburtshilfe und Gynäkologie. Arch. f. Gynäk., Bd. LXXm, H. 3.
130) Stumme, Unsere Erfahrungen über die Cocainisierung des Rückenmarkes
nach Bier. Beitrag z. klin. Chirurg., Bd. XXXV, H. 2.
131) Tilmann, Lumbalanästhesie mit Stovain. Berliner klin. Wochenschr.
1905, No. 34.
132) Trautenroth, Ein Fall von schwerer Stovainvergiftung nach Lumbal¬
anästhesie nebst Bemerkungen über halbseitige Anästhesien. Deutsche med. Wochen¬
schrift 1906, No. 7.
133) Trzebicky, Zur Cocainisierung des Rückenmarkes nach Bier. Wiener
klin« Wochenschr. 1901, No. 22«
134} Tuffier, Ref. Centralbl. f. Chirurg. 1903, No. II.
135) Ders., Die Rückenmarksanästhesie mit Stovain. Wiener klin. therapeuL
Wochenschr. 1905, No. 15.
136) Urban, Ueber Lumbalanästhesie. Wiener med. Wochenschr. 1906, No. 52
und 1907, No. 1.
137) Van Lier, Rückenmarksanästhesie. Tijdsch. voor Geneesk. 1906, No. 21.
Ref. Deutsche med. Wochenschr. 1906, No. 41.
138) Varvaro, Ein Beitrag zur Wirkung des Stovain. II policlinico 1906,
August. Ref. Münchener med. Wochenschr. 1907, No. 6.
139) Villar, Ref. Centralbl. f. Chirurg. 1902, No. 9.
140I Vincenz, Ref. Centralbl. f. Chirurg. 1903, No. II.
141) Völker, Medulläre Analgesie mit Tropacocain. Monatsschr. f. Geburtsb.
u. Gynäk., Bd. XXII, H. 4.
142) Walther, Ref. Centralbl. f. Chirurg. 1905, No. 36.
143) Wilms, Heilung hysterischer Kontraktur durch Lumballähmung. Deutsche
med. Wochenschr. 1906, No. 28.
144) Zahradnicky, Ref. Centralbl. f. Chirurg. 1901, No. 11.
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Von grossem Interesse sind die mitgeteflten Fälle, in welchen
nach Lumbalanästhesie Meningitis spinalis und Querschnitts¬
myelitis beobachtet wurden.
Meningitis spinalis wurde von Hohmeier, Trauten-
roth nach Stovamisierung des Rttckenmarks gesehen, von Fttster
nach Tropacocainanwendung, von Henking nach Novocaingebrauch,
von Walther nach Cocainanwendung. In dem Falle von Hoh¬
meier handelte es sich um einen 31 jährigen Mann, dem 0,06 Sto-
Tain injiziert worden waren und dann ein doppelseitiger Hallux valgus
durch Osteotomie operiert wurde. 3 Tage nach der Operation trat
insserst heftiges Erbrechen auf, am 3. Tage bot Pat. bei leichter Be¬
nommenheit das Bild einer Meningitis spinalis. Die Symptome be¬
gannen am 9. Tage abzuklingen und 14 Tage nach der Operation
war der Kranke ziemlich beschwerdefrei, nur bestanden noch 10 Wochen
nach der Operation Kopfschmerz und leichte Ermüdung der Beine.
Tr&utenroth beobachtete eine 39jährige IV para, hei welcher
unter Lumbalanästhesie (0,06 Stovain) ein Forceps gemacht wurde.
Zunächst trat schon während der Operation Collaps ein, am fol¬
genden Tage bestand eine leichte Parese des rechten Beines, nach
14 Tagen traten die Zeichen lokaler Meningitis spinalis und Wurzel¬
neuritis auf. In dem Falle Henking dauerte die aseptische
Meningitis 4 Tage.
Eine bisher einzeln dastehende Folgeerscheinung nach Lumbal¬
anästhesie beschreibt Goldmann. Einem 23jährigen Manne, der
ausser Arteriosklerose mässigen Grades weiter keine abnormen Aen-
derungen zeigte, wurde unter Lumbalanästhesie (Novocain) eine
Hernie operiert. Die Anästhesie überdauerte die Operation um
5 Stunden, dann traten in den Füssen und Waden Schmerzen auf,
welche in den nächsten Tagen sehr heftig waren. Allmählich traten
dazu Schmerzen in den oberen Extremitäten, welche 14 Tage an¬
dauerten. Am 3. Tage nach der Operation trat schneeweisse Ver¬
färbung der Haut über den Fersen auf, welcher eine symmetrische
Gangrän der Fersenhaut folgte. Da jede andere allgemeine
oder lokale- Ursache fehlte, so führt Goldmann die Gangrän auf
trophische, durch die Lumbalanästhesie bedingte Störungen zurück
and fordert bei alten Leuten und Kranken, welche durch Gefass-
oder anderweitige Erkrankung zu Spontangangrän prädisponiert sind,
jenen Körperstellen besondere Aufmerksamkeit zu schenken, wo
Bruckgangrän am leichtesten zustande kommt.
Der schwerste Fall von Folgen der Lumbalanästhesie ist der
Ton König beschriebene. Einem 35jährigen Manne, der sich die
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Patella frakturiert hatte, wurde 7 Tage später behufe Nabt der
Fraktur die Lumbalanästhesie (0,06 Stovain) gemacht. Die er¬
loschenen Funktionen vom Nabel abwärts (d. h. Blase, Mastdarm
und Extremitäten) kehrten von der Stunde der Operation an nicht
mehr zurück. Der Kranke hatte eine komplette Lähmung, gleich-
massig für Mobilität und Sensibilität, Haut- und Sehnenreflexe waren
erloschen, für einige Tage rückte die Lähmung sogar bis zum Zwerch¬
fell empor und beeinträchtigte die Atmung, im übrigen blieb das
ganze Gefühl vom 7. Dorsalwirbel an tot wie bei einer Totallärion
des Rückenmarkes. Unter den gewöhnlichen Folgeerscheinungen er¬
folgte 4 Monate später der Tod. Hohmeier berichtet dann noch
näher über den Fall. Die Autopsie ergab folgenden Befund: Meningitis
spinalis, Myelitis diffusa lumbalis et dorsalis. Durch den Sturz hatte
sich der Kranke wahrscheinlich eine Rückenmarkserschütterung zu-
gezogen und dadurch hier einen Locus minoris resistentiae geschaffen.
Daher soll man nach Hohmeier, wenn Verdacht auf eine Rücken-
marksläsion besteht, die Lumbalanästhesie ganz unterlassen oder erst
dann vornehmen, wenn eine genaue neurologische Untersuchung
normale Verhältnisse ergeben hat.
Augenmuskellähmung wurde bereits verschiedene Male
nach Lumbalanästhesie beobachtet, und zwar von Adam, Baisch,
Bäcker, Deetz, Feilchenfeld, Hauber, Henking, Her¬
mes, Landow, Lang, Loeser, Mühsam, Röder. Betroffen
wurden von den Lähmungen die Nerven Abducens, T röchle-
aris und Oculomotorius. Zunächst war der Abducens allein
einseitig 15 mal gelähmt, doppelseitig 3 mal, der Abducens und Oculo¬
motorius zusammen 1 mal, der Trochlearis allein 1 mal. Bei Stovain-
gebrauch wurden 11 einseitige Abducenslähmungen und 1 mal die
Lähmung von Abducens und Oculomotorius beobachtet, bei Novo¬
caingebrauch 4 einseitige und 2 doppelseitige Abducenslähmungen,
die Lähmung des Trochlearis ist eine einseitige. Abducensläbmung
wurde nach Alypinanwendung gesehen. Die Lähmung trat einige
Tage, aber auch 2—3 Wochen nach der Lumbalänästhesie ein und
dauerte entweder nur 3—5 Tage oder auch mehrere Wochen hin¬
durch an. Sie ging regelmässig ohne eine besondere Therapie von
selbst wieder in Heilung über, so dass sie zwar eine unangenehme,
aber keine gefährliche Nachwirkung der Spinalanästhesie bildet.
Ueber ihr Zustandekommen ist man sich noch nicht im klaren.
Adams, von dem zuerst ein Fall beschrieben wurde, führt ihre
Aetiologie vielleicht auf eine Kontaktwirkung des Stovains auf
einen Nerven, ev. auf seinen Kern, wahrscheinlich aber auf kleine
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Bin taugen im Kerne des Abducens, etwa als Folgeerscheinungen
der Druckherabsetzung durch den Abfluss des Liquor cerebrospinalis,
zurück. Köder und andere aber sind gegen die Annahme von
Blutungen im Abducenskerne als Ausgang der Augenmuskellähmung.
Das späte Auftreten derselben nach Lumbalanästhesie spricht nach
Bö der mit viel mehr Wahrscheinlichkeit für eine toxische Wirkung
des Stovains. Aber auch Loeser fasst die Lähmung als eine
toxische Paralyse auf, ebenso gibt Lang für diese einer eigen¬
artigen toxischen Spätwirkung des Novocains die Schuld und weist
die Lähmung eher in das Gebiet der toxischen Neuritis, als dass
Blutungen im inneren Gebiete die Ursache seien. Auch Krön er
beschäftigt sich mit der theoretischen Erklärung der Aetiologie der
Augenmuskellähmungen und der Frage, wie das Stovain zu dem
Abducens gelangt. Nach ihm ist die erste Möglichkeit, dass der
Transport durch die Spinalflüssigkeit bis an den Nerven erfolgt ist.
Das ist aber unwahrscheinlich. Die zweite Möglichkeit wäre, dass
das unzersetzt oder gespalten in das Blut aufgenommene Mittel an
einem Locus minoris resistentiae der nervösen Substanz wieder aus-
geschieden wird und hier zu vorübergehenden oder bleibenden
Schädigungen fuhrt Dass gerade der Abducens getroffen wird, ist
nach der Ansicht mehrerer Autoren nicht auffallend, wenn man an
die Häufigkeit der Abducenslähmungen bei Lues denkt.
Im Anschluss an die Neben- und Nacherscheinungen an die
Lumbalanästhesie müssen noch die Todesfälle, welche bei ihrer
Anwendung vorgekoramen sind, besprochen werden.
Sonnenburg und Hermes beschreiben 2 Todesfälle nach
Lumbalanästhesie. In beiden Fällen handelt es sich um Operationen
an pyämischen Kranken, so dass die nach der Lumbalanästhesie
auftretende eitrige Meningitis wahrscheinlich mit der Pyämie in Zu¬
sammenhang zu bringen wäre. Nach S o n n e n b u r g ist die Infektion
beim Einstich eine unwahrscheinliche, sondern wahrscheinlich wurde
durch sie im Rückenmark beziehungsweise dessen Häuten ein Locus
minoris resistentiae geschaffen, an dem sich dann die Meningitis als
Teilerecheinung der Pyämie etablierte. Gebraucht wurde in diesen
beiden Fällen einmal Novocain, einmal Stovain. Chaput berichtet
über einen Todesfall nach Cocainisierung des Rückenmarks, den er
aber auf eine plötzliche Entleerung eines grossen Pleuraexsudates
zurückfuhrt. Freund beobachtete bei einer 73 jährigen asthmatischen
Frau 8 Minuten nach der Lumbalanästhesie mit Stovain unter
plötzlichem starkem Erbrechen und Atmungsstillstand den Tod.
Deetz sah einen 72jährigen elenden Mann 4 Minuten nach Ein-
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tritt der Anästhesie (Stovain 0,06) plötzlich unter dem Bilde der
Respirationslähmung sterben. Doch lässt Deetz die Frage offen,
ob hier der Tod durch das Stovain und Adrenalin oder durch die
bestehende Peritonitis herbeigeführt wurde, da dies auch durch die
Autopsie nicht festgestellt werden konnte. Kr ecke erlebte bei
einem 70 jährigen Manne einen Exitus. Es handelte sich um eine
nahezu mannskopfgrosse inkarzerierte Inguinalhernie mit ausge¬
sprochenen Ileuserscheinungen; Rückenmarksanästhesie mit 0,05
Stovain. Die Freilegung des Bruches ergab, dass schon ein grosser
Teil des Dünndarmes gangränös war. In dem Augenblicke, da die
Bauchpforte erweitert werden sollte, kollabierte der Kranke und der
Tod trat durch Herzstillstand ein. Da die Sektion nicht erlaubt
wurde, lässt sich kein bestimmtes Urteil fällen; bemerkenswert ist,
dass sich bei der Punktion des Wirbelkanals ziemlich stark blutige
Flüssigkeit entleerte. Da bei einem alten, schon kranken Manne
plötzlicher Tod eintreten kann, so ist nicht bestimmt der Rücken-
marksaoästhesie die Schuld beizumessen. Dönitz beschreibt den
ersten Todesfall durch Spinalanästhesie an der Klinik Bier. Es
handelte sich um einen 75jährigen Mann, dem wegen einer Operation
behufs Entfernung eines Carcinoma penis 0,13 Tropacocain, mit
10 ccm Liquor gemischt, in den Duralsack injiziert worden war.
Gleich darauf trat rapide Ausbreitung der Anästhesie bis zum Hals,
nach mehreren Minuten Aussetzen der Atmung und des Pulses und
dann der Tod ein. Die Sektion ergab Tod durch Ersticken. Urban
berichtet über 2 eventuell 3 Todesfälle, 2 nach Gebrauch von
Tropacocain, den 3. nach Stovaingebrauch. Im ersten Falle handelte
es sich um einen 31jährigen kräftigen Mann, doppelseitig nach
Bassini operiert. Am 3. Tage starb der Kranke unter dem Bilde
einer akuten Infektionskrankheit, dem auch der Obduktionsbefund
entsprach. Im Gehirn und Rückenmark war weder m&kro- noch
mikroskopisch etwas Pathologisches zu finden. Im 2. Falle wurde
ein 24jähriger Mann mit geringer Cystitis und Nephritis unter
Ijumbalanästhesie operiert; eine forcierte Dilatation einer narbigen
Harnröhrenstriktur. 4 Stunden nach der Operation traten Schüttelfrost,
Collaps, später Delirium, aber keine Konvulsionen auf und am Tage
nach der Operation starb der Kranke. Auch in diesem Falle ergab
die Sektion keine Veränderung im Gehirn und Rückenmark, sondern
chronische Pyelonephritis und akutes Lungenödem, so dass sich hier
der Tod eventuell mit Rücksicht auf eine bestehende Nephritis auf
eine akute, allerdings atypische Urämie (Fehlen der urämischen
Eklampsie) zurückführen liesse. Den ersten Fall erklärt sich U rbsn
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mit Rücksicht auf das klinische Bild und den Sektionsbefund
{starke Fragmentierung der Muskelfasern am Herzen als erstes
Stadium beginnender Verfettung der Leber und der Nieren) am
ungezwungensten durch toxische Wirkung des Anästhetikums analog
dem protrahierten Chloroformtode. Da die einzelnen Centren ge¬
lahmt werden können, könnte man sich auch eine kombinierte
Lähmung, und zwar des Atmungs- und Herzcentrums einerseits, der
T&somotorischen und trophischen Centren andererseits vorstellen. Der
3. Ton Urban beobachtete Todesfall ist, was seinen Zusammenhang
mit der Lumbalanästhesie anbelangt, sehr fraglich. Am 3. Tage trat
bei einem 33 jährigen sonst gesunden Manne, bei welchem wegen
eines Bassini 0,06 Stovain injiziert worden waren und dann wegen un¬
genügender Anästhesie die Operation unter Chloroform beendet worden
war, Temperatur bis auf 40 Grad, Collaps, am 24. Tag der Tod ein.
Die Sektion ergab einen ähnlichen Befund wie in den ersten Fällen.
Ob dieser Todesfall noch auf Kosten der Spinalanalgesie zu setzen
ist, ist wohl sehr fraglich. Legueu beobachtete bei 2 Kranken, die
schon in einem so üblen Zustande, dass man von einer Chloroform-
analgesie von vornherein absah, operiert worden, im Anschluss an
die Lumbalanästhesie mit Cocain plötzlichen Tod. Hildebrand
berichtet über den Todesfall einer Frau, bei welcher der vaginale
Kaiserschnitt unter Cocainisierung des Rückenmarks vorgenommen
wurde und welche mitten während der Operation plötzlich starb.
Schnurpfeil erlebte bei einem sehr herabgekommenen Menschen
»ach Anwendung von Eucainum ß zur Spinalanalgesie einen Todesfall.
Bei der Kombination der Lumbalanästhesie (Stovain gebraucht) und des
Skopolamin - Morphin - Dämmerschlafs erlebte Krönig einmal bei
einer 65 jährigen Frau, welche wegen Carcinoma uteri operiert wurde,
«inen Todesfall unter dem Bilde der Respirationslähmung. Micheli
erwähnt einen Todesfall, von dem es aber zweifelhaft ist, ob er der
Cocainisierung des Rückenmarks zuzuschreiben ist oder nicht. Nach
einer Bruchoperation trat am 3. Tage unter starker Temperatur¬
steigerung und unter Auftreten eines Erythem um die Einstichstelle
der Exitus ein. Da an der Leiche keine objektive Veränderung
vom Obduzenten gefunden werden konnte, so wurde der Tod einer
beginnenden Infektionskrankheit zugeschrieben.
Es liegen also Mitteilungen über 16 Todesfälle vor. Bei diesen
wurde die Lumbalanästhesie ausgeführt: 5mal mit Cocain, 6mal
mit Stovain, lmal mit Stovain und Skopolamin-Morphin, 3 mal mit
Tropocain, 1 mal mit Eucain ß, 1 mal mit Novocain.
Der plötzliche Tod erfolgte unter dem Bilde der Respirations-
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lähmung und des Qollapses (dabei wäre es bei einem Falle fraglich,
ob dieser nicht von der Peritonitis ausgelöst wurde) 8 mal (3 mal Sto-
vain, 1 mal Tropacocain, 3 mal Cocain, 1 mal Stovain und Skopolamin*
Morphin), 2 mal war die Todesursache eine sich an die Lumbal*
anästhesie anschliessende eitrige Meningitis bei schon bestehender
Pyämie, 3 mal war der Obduktionsbefund ähnlich dem einer akuten
Infektionskrankheit, doch handelt es sich hier wahrscheinlich um
eine toxische Wirkung des jeweilig gebrauchten Anästhetikums. Der
Fall König muss ebenfalls unter die Todesfälle nach Lumbal¬
anästhesie gerechnet werden, da hier ja der Tod als Folge der nach
der Anästhesierung aufgetretenen Querschnittsmyelitis eintrat Sehr
fraglich, ob sie der Lumbalanästhesie zuzusprechen sind, sind 4 Fälle
(Chaput, der 2. und 3. Fall von Urban und der Fall Michelis).
In den Fällen von Deetz, Freund, Legueu handelt es sich um
sehr herabgekommene Individuen, bei welchen es fraglich ist, ob sie
nicht auch unter Narkose auf dem Operationstische geblieben wären.
Nimmt man auf Grund der Publikationen an, dass ungefähr
10000 Lumbalanästhesien ausgeführt wurden, so kommen auf diese
9 Todesfälle während der Operation, die übrigen 7, von denen es
in 4 überhaupt fraglich ist, ob die Lumbalanästhesie an ihnen schuld
war, traten erst in den nächsten Tagen als Folge derselben ein. Viel
günstiger ist es noch, wenn man nur die nach Anwendung des
Stovains und Tropacocains eingetretenen Todesfälle in Betracht zieht
Es kommen auf ungefähr 3000 Lumbalanästhesien mit Stovain und
4000 mit Tropacocain 5 Todesfälle bei Stovaingebrauch und 3 bei
TropacocainanWendung. Von den 4 Todesfällen nach Stovaingebrauch
sind 3 plötzliche Exitus unter dem Bilde der Atmungslähmung bei
alten herabgekommenen Leuten, in einem der Fälle ist es auch frag*
lieh, ob diese Atmungslähmung nicht durch eine Peritonitis ausgelöst
wurde, im 2. Falle (Krecke) kann auch nicht bestimmt die
Bückenmarksanästhesie als Ursache beschuldigt werden, 1 Todesfall
(Sonnenburg) mit eitriger Meningitis und 1 Fall (Chaput), bei
dem es fraglich wäre, ob er der Lumbalanästhesie zuzuachreiben
ist. Bei den 3 Todesfällen nach Tropacocainanwendung handelt es
sich um den Fall Dönitz, der plötzlich während der Operation
starb. Wahrscheinlich wurde hier eine für den Kranken zu hohe
Tropacocaindosis genommen (0,13 g). Dann sind die 2 Fälle von
Urban, welche vielleicht gar nicht der Lumbalanästhesie zur Last
zu legen sind.
Wenn auch die unmittelbare Mortalität der Spinalanalgesie
vielleicht noch eine höhere ist als bei der Narkose, so sind doch die
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Todesfälle, welche nach der Operation als Folge der Analgesie auf-
treten, viel geringer als nach der Narkose. Vor allem fehlen bei
der fiöckenmarksanästhesie vollständig die Todesfälle der post¬
operativen Bronchitiden und Pneumonien. Wenn es auch heute
kaum mehr in den Statistiken erwähnt wird, so weiss eigentlich jeder
Arzt, welcher Gelegenheit hatte, eine grosse Anzahl von Kranken
nach Narkose zu beobachten, dass der späteren Wirkung der Narkose
auf das Herz von seiten des Chloroforms und seiner Mischungen
immerhin noch eine ganze Anzahl von Kranken zum Opfer fällig
eine Zahl, der gegenflber die genau verzeichneten und berichteten
Todesfälle nach Spinalanalgesie wohl verschwindend klein sind.
Was die sogenannten „Versager“ anbelangt, so ereignen sich diese,
wie von den meisten Autoren offen zugestanden wurde, am häufigsten
am Beginn bei der Einführung der Lumbalanästhesie, solange der be¬
treffende Operateur mit ihrer Technik noch nicht recht vertraut ist.
Wer einmal die Technik beherrscht, bei dem sind die „Versager“ auch
sehr selten. Und selbst wenn man dann zur Narkose greifen muss,
so wird allgemein angegeben, dass dann der Gebrauch des Nar-
coticums ein auffallend geringer ist.
Ein grosser Vorteil der Lumbalanästhesie ist, dass sie besonders
gut von alten und schwachen, ja geradezu dekrepiden Menschen er¬
tragen wird, von Leuten, auf welche erfabrungsgemäss eine Narkose
sehr schlecht einwirkt und wo diese mit grosser Gefahr verbunden ist.
Das Alter, in welchem Kranke unter Spinalanalgesie operiert
worden, war sehr wechselnd. Im allgemeinen geht die Ansicht da¬
hin, dass 14 oder 16 Jahre die untere Altersgrenze bilden, unter
welche man mit der Anwendung der Spinalanalgesie nicht herab¬
gehen soll, wenn auch von manchen Fällen berichtet worden ist, in
denen sie mit gutem Erfolge auch bei 7—10 jährigen Kindern ange¬
wendet wurde. Nach oben hin ist keine Altersgrenze festgesetzt,
da ja, wie schon erwähnt, gerade alte Leute im allgemeinen die
Bfickenmarksanästhesie besonders gut ertragen. Als Indikation
für eine Lumbalanästhesie gilt allgemein: höheres Alter oder be¬
sonderes Herabgekommensein, Herz- und Lungenkrankheiten, die ja
die Narkose entweder direkt kontraindizieren oder jedenfalls eine
schwere Gefahr bei der Narkose bilden, Arteriosklerose, Nieren-
eikrankungen. Nach Kurzwelly ist sie auch anzuwenden bei
Menschen mit lokaler oder allgemeiner Tuberkulose, mit latenter
oder okkulter Tuberkulose, welche durch eine Narkose wieder auf¬
flackern könnte. AlsKontraindikationen gelten kindliches Alter,
akute septische oder pyämische Erkrankungen, überhaupt Infektions-
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krankheiten, schlechte Pulsfiihlung (Busse), am Körper vorhandene
Eiterungen, Lues im 1. oder 2. Stadium (Lindenstein), Erknn-
kungen des zentralen Nervensystems (Jedlizka), Verdacht anf
Bückenmarkläsion (Hohmeier), grosse Fettleibigkeit wegen tech¬
nischer Schwierigkeiten (Busse).
Bezüglich des Diabetes, der Potatoren, der Hysterie
und Neurasthenie gehen die Ansichten für eine Indikation
und Kontraindikation noch auseinander. Braun, Steiner
erblicken in einem vorhandenen Diabetes eine Indikation zur
Lumbalanästhesie, während Hohmeier bei Diabetes für eine mög¬
lichste Anwendung von Lokalanästhesie, eventuell eines Aether-
rausches wäre. Potus bildet für die meisten eine Indikation
(Braun, Tilmann, Hildebrand, Fttster), während z. B.
Silbermark diesen für eine Kontraindikation hält. Bei Hysterie,
aber auch bei sehr harmlos aufgeregten ängstlichen Personen hält
man die Lumbalanästhesie für kontraindiziert (Braun, Baisch,
Pforte, Henking, Stein, Schwarz), während nach Füster
und Sandberg die Hysterie keine Kontraindikation bildet.
In der Chirurgie findet die Lumbalanästhesie ausgedehnte
Anwendung. Alle Operationen an den unteren Extremitäten, am
Damm, an den äusseren Genitalien, Hernien, Nierenoperationen, aber
auch Laparotomien, sowohl gynäkologische als auch chirurgische
Laparotomien (Appendicitiden, Gastroenterostomien, Totalexstirpation
wegen Carcinoma oder Myoma uteri etc.) sind ganz schmerzlos ver¬
laufen. Auch in der Geburtshilfe wurde Lumbalanästhesie
allein (Müller, Martin, Stolz, Trautenroth, Baisch,
Dönitz) oder mit dem Skopolamin-Morphin kombiniert (Henking,
Krönig, Busse, Baisch) angewendet. Die hier erzielten Resul¬
tate sind im allgemeinen recht günstig. Nachteile werden keine
wesentlichen erwähnt, nur wird von mehreren Seiten beanstandet, dass
die Austreibungsperiode länger dauert, weil infolge der Lähmung
der Bauchmuskulatur die Presswehen wegfallen. Deshalb empfiehlt
Dönitz, für diesen Fall das Tropacocain anzuwenden, weil ob nur
geringen Einfluss auf die Muskelkraft nimmt.
Neugebauer empfiehlt die Anwendung der Spinalanästhesie
für die Diagnose und Therapie am Anus und Rectum. Der Anus
klafft in der. Regel so weit, dass man ohne weiteres die unteren
Teile des Mastdarmes besichtigen kann. Ist aber auch die Lähmung
keine so weitgehende, so erleichtert doch eine solche Parese des
Sphinkters das Sehen und Arbeiten innerhalb des Muskelringes.
Neugebauer beobachtete auch 3mal bei inkarzerierten Hernien,
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bei welchen für die Herniotomie die Lumbalanästhesie vorgenommen
wurde, ein spontanes Zuriickgehen der inkarzerierten Hernien.
In der internen Medizin wurde die Lumbalanästhesie bisher
noch wenig angewendet. Tillmann wandte sie in 5 Fällen yon
Ischias an, in denen er die Lumbalanästhesie ausf&hrte, dann unter
dieser bei vollkommener Schmerzlosigkeit die unblutige Dehnung des
Ischiadicus machte. Ein Fall von diesen heilte vollständig, drei
waren bedeutend gebessert, während in einem Falle die Schmerzen
wiederkehrten. Lazarus wandte die Spinalanalgesie an zur Mobili¬
sierung eines versteiften gonorrhoischen Kniegelenkes, zur unblutigen
Dehnung des Ischiadicus, ferner zur Schmerzbetäubung bei hoch¬
gradigen motorischen und sensiblen Reizzuständen, bei welchen die
Lokalanästhesie oder die übrigen Analgetica nicht hinreichten und
Narkose bedenklich war, wie bei den qualvollen Krisen der Tabiker,
bei multipler Sklerose, in einem Falle von Paraplegia dolorosa (Rücken¬
markskompression durch ein Wirbelcarcinom). Auch für die Dia¬
gnostik empfiehlt Lazarus die Lumbalanästhesie, weil sie durch
eine Erschlaffung der Bauchmuskeln die genaue Palpation der Bauch¬
organe gestattet. Lindenstein wandte Lumbalanästhesie in einem
Falle von tabischen Krisen an und erzielte eine schmerzfreie Pause
von 4—5 Stunden. A c h a r d und L a u b e r g versuchten die Cocaini-
sierung des Rückenmarkes bei folgenden Erkrankungen: chronischer
Lumbago, Ischias, Herpes zoster in allen Partien unterhalb des
Zwerchfelles, Tabes und Bleikolik. Speziell in einzelnen Fällen von
Herpes zoster abdominalis mit qualvollen Schmerzen, welche
selbst 0,06 cg Morphin nicht beseitigen konnten, konnten die Autoren
einen auffallenden Erfolg konstatieren. Wilms und L Öhr er
heilten mit Lumbalanästhesie hysterische Kontrakturen,
Wilms eine sehr schwere hysterische Kontraktur des Beines, Löhrer
einen hysterischen Pes equino-varus.
Gewiss ist die Lumbalanästhesie berufen, noch weiter einen
grossen und immer ausgedehnteren Wirkungskreis in der Medizin
überhaupt sich zu verschaffen, und wenn ihr auch heute noch viele
skeptisch gegenüberstehen, so gewinnt sie doch stets neue Anhänger
und ist dazu bestimmt, die allgemeine Narkose immer mehr in den
Hintergrund zu drängen. Wenn es auch immer Fälle geben wird,
in denen man die allgemeine Narkose nicht entbehren kann, so
schränkt doch die Lumbalanästhesie den Gebrauch derselben wesent¬
lich ein. Auch die Lumbalanästhesie ist kein indifferentes Mittel
der Schmerzbetäubung und ein gewisses Risiko muss man auch bei
ihrer Anwendung mit in den Kauf nehmen, aber es ist immerhin
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zu erwarten, dass ihre Gefahren, ihre Neben- and Nacherscheinangen,
je mehr die Technik ausgebildet wird and je ungefährlichere Ersatz¬
mittel die Chemiker bringen, desto mehr auch eingeschränkt werden,
so dass sie nicht nar eine Konkurrentin der Narkose bildet, sondern
dieser auch immer mehr überlegen wird.
n. Referate.
A. Darm.
L’ileo gastrico acnto arterio-mesenteriale. Von G. Serafini. La
clinica chirnrgica 1906, No. 7.
Verf. liefert zwei ausführliche kasuistische Beiträge zu dem seltenen
Befund des Ileus gastricus. Es handelte sich einmal um dessen Auf¬
treten nach operativer. Entfernung einer Ovarialcyste. Tod 7 Tage nach
der Operation. Der andere Fall betraf ein Empyem der Pleura auf
tuberkulöser Basis, bei welchem 12 Tage nach der Operation der Tod
eintrat. Im Anschluss an diese beiden Fälle erklärt Serafini die
Entstehungsmöglichkeiten des Heus gastr., wobei er die anatomischen Ver¬
hältnisse einer genauen Darlegung würdigt und auch die bisher vor¬
liegende Kasuistik einer kritischen Besprechung unterzieht.
A. Götzl (Wien).
Beiträge zur Pathologie nnd Therapie des akuten Darmverschlusses.
Von Rubritius. v. Bruns’ Beitr. z. klin. Chir. 1906, LH, 2.
Der akute Darmverschluss wird immer zu den schwersten und
interessantesten Krankheiten gehören. 91 derartige Fälle aus der Prager
Klinik teilt Rubritius mit; ausgeschlossen sind stenosierende Rectum-
carcinome und incarcierte äussere Hernien. Der mechanische Ileus lässt
sich in zwei Gruppen teilen: 1. Strangulationsileus: neben einer Ab¬
schnürung des Darmlumens ist gleichzeitig das zugehörige Mesenterium
alteriert; 2. Obturationsileus: nur das Darmlumen ist verlegt. Zur
ersten Gruppe gehören die Fälle von Incarceration in inneren Hernien,
die Strangulationen im engeren Sinne, bedingt durch abnorme Stränge
und Divertikel, der Volvulus und die Invagination; zur zweiten Gruppe
gehören die Fälle von Abknickung infolge von Adhäsionen, die Steno-
sierungen durch Narben oder Tumoren, die Verlegung des Darmlumens
durch Kotmassen, die Kompression durch Tumoren der Nachbarschaft
und die spastischen Darmkontrakturen. Unter 20 Fällen von Darm¬
abschnürung infolge abnormer Stränge musste 5 mal eine chronische
Appendicitis als ätiologisches Moment der Strangbildung betrachtet
werden. Weiter fanden sich als Aetiologie abgelaufene Peritonitis, lange
bestehende freie Hernien, vorangegangene Laparotomien (ohne Tamponade),
Netzstränge. Ist der Darm länger als 24 Stunden stranguliert, so hat
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die Laparotomie sehr wenig Aussicht auf Erfolg. . Bei den Achsen-
drebungen um die Mesenterialachse handelte es sich 2 mal um eine
Drehung des ganzen Beums, 2 mal des ganzen Dünndarms und 1 mal
bestand ein Yolvulus des ganzen Ileums, des Coecums und des Colon
ascendens. Ein Volvulus des Coecums kann nur zustande kommen, wenn
das Coecum infolge ein^ß vorhandenen Mesenterium ileocoeci commune
abnorm beweglich ist, das auf eine Störung in der embryonalen Entwick¬
lung zurückzuführen ist. Von den Yolvulusfallen wurden unter 7, die
in den ersten 48 Stunden operiert wurden, 4 geheilt, von 6 später
operierten nur 2. Die Intussusceptionen nehmen eine Mittelstellung
zwischen Strangulations- und Obturationsileus ein, d. h. sind grössere
Darmstücke invaginiert und infolgedessen auch das Mesenterium abge¬
schnürt, so kommt das Bild des Strangulationsileus zustande; kurze In-
vaginationen, wie sie oft durch Polypen des Darms hervorgerufen werden,
schädigen das Mesenterium fast gar nicht und bedingen nur eine Ob-
turation des Darmlumens. Unter 27 carcinomatösen Strikturen sass die
erkrankte Stelle nur einmal am Dünndarm, sonst immer am Dickdarm.
Die Resultate der Operation hierbei waren schlecht. Von 12 radikal
Operierten genasen 10, bekamen aber fast alle ein Recidiv; 2 starben
sofort. In einem Falle führte ein Kotballen eine vollständige Obturation
herbei, die eine Operation nötig machte; die chronische Obstipation, die
zugrunde lag, war durch eine abnorm lange Flexura sigmoidea bedingt
und wurde erst durch operative Ausschaltung der Flexur beseitigt. In
einem Falle wurde der Darmverschluss durch eine spastische Darm¬
kontraktur herbeigeführt, die auch nach dem Tode noch weiter bestand
und wahrscheinlich durch akute Gastroenteritis auf toxischem Wege aus¬
gelöst war. In 2 Fällen führte eine spastische Darmkontraktur auf
hysterischer Basis zum Darmverschluss. Unter 37 Fällen von Strangulations¬
ileus wurden 15 geheilt, unter 54 Fällen von Obturationsileus 33, mithin
im ganzen 53 °/ 0 . Ist die Diagnose „Darmverschluss“ gestellt, wenn
auch ohne genauere Kenntnis der Art und des Sitzes, so ist natürlich
nur die Operation am Platze. Auch ein Obturationsileus kann schnell
zu schwerer Schädigung der Darmwand führen und ist deshalb sofort
zu operieren. Für die Operation ist nur die Allgemeinnarkose zu
empfehlen. Klink (Berlin).
Zur Frage der Recidive nach Blinddarmentzündungen. Von
Karrenstein. Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin
und Chirurgie, XVI. Bd., 3. Heft.
Auf Grund sehr zahlreicher eigener Untersuchungen und Erfahrungen
und unter Hinweis auf die gesamte einschlägige Literatur kommt Verf.
in der Frage der Recidive der Appendicitiden zu folgenden Schluss¬
sätzen : Die Blinddarmentzündung kann spontan ausheilen; die Hälfte
aller Blinddarmentzündungen recidiviert, die Behandlungsart während des
ersten Anfalles ist ohne wesentlichen Einfluss auf den Eintritt eines
Recidive. Fälle mit kurzer Behandlungsdauer der ersten Erkrankung
reddivieren am häufigsten, ebenso fieberlose Ersterkrankungen und
die mit mittelhohem Fieber, solche mit sehr hohem Fieber am seltensten.
Das Recidiv verlief in 58 °/ 0 leichter, in 28 °/ 0 schwerer, in 14 °/ 0 der
Falle ebenso wie der erste Anfall, Das Recidiv setzt zu 60 °/ 0 inner¬
halb des 1. Jahres, zu 20 °/ 0 innerhalb des 2. Jahres ein. Mit der
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Zahl der Rückfälle sinkt die Anssicht anf Dauerheilung. Die Intervall¬
operation sollte mit Rücksicht anf die Häufigkeit der Recidive und die
durch sie bedingten Komplikationen häufiger als bisher gemacht werden
und mit jedem Rückfall sollte der Arzt dringender zur Operation raten.
H. Raubitschek (Wien).
Case of haemorrhagie typhoid with Perforation in the ascending
Colon. YonEchlind. Molyneux. Brit. Med. Journ. 27. Okt. 1906.
Patient erkrankte plötzlich unter Erbrechen und Schüttelfrost mit
Hinzutritt von Dyspnoe. An der rechten Lungenbasis hörte man Crepitieren.
T. betrug 103,6 F. Am nächsten Morgen bestand Crepitieren an der
Basis beiderseits mit oberflächlicher, abdominaler Atmung. TJeber beiden
Basen geringe Dämpfung. Zunge trocken und dick belegt. Milz nicht
palpabel, Leberdämpfung nicht nachweisbar. P. 114 klein, T. 1040, kein
Exanthem. Operation wegen Darmperforation wurde nicht zugegeben.
Zunächst nahm die Dyspnoe zu und die Milz wurde palpabel. P. 150,
R. 48, bedeutende Ausdehnung des Abdomens und Tod am 6. Tage.
Autopsie. Beiderseits Bronchopneumonie; in den Flanken und
im Becken blutig verfärbte Flüssigkeit von fäkalem Gerüche; die
Payer’schen Plaques geschwollen, im Colon ascendens fand man eine
kleine, runde Perforation in der Nähe der Flexura hepatica; in der
Wand des Dünndarms zahlreiche Hämorrhagien, unter dem oberen An¬
teile des linken Rectus lag ein grosses extraperitoneales Hämatom, im
rechten Rectus waren kleinere Hämorrhagien.
In diesem Falle zeigte das Abdomen trotz Peritonitis bis wenige
Stunden vor dem Tode keine wesentlichen Veränderungen, noch be¬
standen subjektive Schmerzen. Herrnstadt (Wien).
A clinic&l lecture on acute duodenal Perforation. Von D’Arcy
Power. Lancet, 3. November 1906.
Ein 24 Jahre alter Mann litt an gelegentlicher Indigestion durch
3 oder 4 Monate mit ein- oder zweimaligem Erbrechen. Am 20. Januar
1906 trat im Anschluss an eine forcierte Bicycletour am Abend plötzlich
heftiger abdominaler Schmerz auf und Patient kam in collabiertem Zu¬
stande und pulslos ins Spital. T. 97,6. Nachdem Pat. sich einigermassen
erholt hatte, erzählte er von Schmerzen im oberen Anteile des Abdomens
schon in den vorhergehenden Tagen; dasselbe war im ganzen ziemlich
gespannt. Am nächsten Tage war der rechte Rectus abdominis stärker
gespannt als der linke, die Diagnose lautete auf eine Perforation nahe dem
Pylorua, wahrscheinlich im Duodenum. Dieselbe fand sich auch 1 / i Zoll
vom Pylorus entfernt und secemierte eine kleine Quantität dunkelbrauner
Flüssigkeit. Die Oeffnung wurde geschlossen und eine 2. Oeffnung ins
Peritoneum oberhalb des Appendix gemacht und beiderseits drainiert.
Am 23. und 24. Januar wurden die Drains entfernt.
Das Symptomenbild erinnert an jenes der Kolik. In beiden Fällen
traten heftige Magenschmerzen auf, begleitet von Erbrechen. In unserem
Falle kommt für die Diagnose folgendes in Betracht: Patient litt früher
nie an Verdauungsstörungen und hatte bei leerem Magen eine anstrengende
Tour zurückgelegt; renale Koliken waren durch den negativen Urin¬
befund widerlegt, die Schmerzen waren hauptsächlich auf die rechte
Seite des Abdomens lokalisiert; auch biliäre Koliken konnten aus-
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geschlossen werden. Die Erscheinungen der peritonealen Beizung mussten
bei Mangel aller äusseren Momente auf die peritoneale Cavität bezogen
werden und dafür kommen in Erwägung: Perforation, Appendicitis, In-
tussusception und Incarceration. Die Schmerzen sowie die Spannung
im oberen Anteile des Abdomen Hessen eine retro-peritoneale Hernie
und Intussusception ausschliessen; auch per rectum war nichts zu fühlen;
die Schmerzen in der Heocoecalgegend sprechen für Appendicitis sowohl
als auch für Duodenalgeschwür, doch auch neben dem Pylorus fand sich ein
schmerzhafter Punkt und der letztere Umstand führte auch zur richtigen
Diagnose. Da Patient sich nach dem 1. Collapse sofort erholte, liess
sich im vorhinein eine kleine Oeffnung annehmen; das rasche Erholen
vom Collaps ist erklärt durch den sonst gesunden Zustand des Patienten
durch die Alkalescenz des duodenalen Inhalts, der nicht sehr septisch
und frei von teilweise verdauten Massen ist.
Der Verlauf des Prozesses, wenn die Operation unterlassen wird,
kann durch folgenden Fall veranschaulicht werden: Ein 41 Jahre alter
Mann erkrankte am 23. März 1901 mit heftigen Schmerzen im Epi-
gastrium und mehrmaligem Erbrechen; die Schmerzen waren mehr auf
die linke Seite lokalisiert. Palpatorisch war nichts nachzuweisen. Um
Mitternacht trat plötzlich Collaps ein, so dass die Operation augenblick¬
lich vorgenommen werden musste; nach der Inzision entleerte sich flüssiger
Inhalt und bei genauer Inspektion fand sich eine Perforation an der
hinteren Magenwand. Während die Nähte angelegt wurden, ergoss sich
eine reichliche Menge klarer, dünner Flüssigkeit aus dem Duodenum.
Nach 5 x I 2 Stunden Exitus letalis. Das Peritoneum war post mortem
akut entzündet und von einer Schichte fibrinös-eitriger Lymphe bedeckt,
desgleichen fand sich Eiter auch an anderen Stellen. An der rück¬
wärtigen Wand des Duodenums fand sich eine Perforation; die Nähte
hatten nicht gehalten, da Wasser und Darminhalt durch die Perforation
hindurchtraten.
Die Prognose ist im allgemeinen schlecht; der Exitus ist eine Folge
von Shock, Peritonitis oder Pneumonie, nur bei momentaner Operation
ist ein Erfolg zu erwarten. Duodenalperforation ist 4 mal häufiger bei
Männern als bei Frauen. Herrnstadt (Wien).
The office tre&tment of anal flssure* Von S. G. Gant» Med. Becord.
28. April 1906.
Die echten Fissuren sind mit heftigen und häufigen Sphinkteralgien
verbunden. Sie verlaufen parallel mit der Längsachse des Darms, sind
fast immer vereinzelt, meist an der hinteren Kommissur und durch¬
trennen teilweise oder vollständig die Schleimhaut. Sie entstehen ent¬
weder durch ein Trauma (durch Skybala, nach Dilatationen, nach schlecht
behandelten Läsionen) oder durch Ablösung einer halbmondförmigen
Klappe, wobei dann die Fissur oft inmitten einer entzündeten Haut zu
finden ist.
Während bei frischen Fissuren die Blutung häufig, die Schmerzen
aber gering sind, sind die letzteren bei chronischer (wahrer) Fissur heftig,
die Untersuchung wegen des Sphinkterspasmus schwer, der Band des
Einrisses verdickt, abgerundet und entzündet. Während und nach dem
Stuhlgang entstehen quälende Schmerzen in der Kreuz- und Steissbein-
gegend. Oft treten reflektorisch Harnbeschwerden auf. Die Blutung
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ist gering, die leicht eitrige Sekretion kann Pruritus verursachen, die
Patienten halten willkürlich den Stuhl an.
Eine frische Fissur kann ohne chirurgischen Eingriff durch leichten
Stuhlgang, Betupfen mit medikamentösen Lösungen (Höllensteinlösung,
Ichthyol, Perubalsam usw.) geheilt werden. Bei chronischen Fissuren
oder bei Sphinkteralgie ist ein chirurgischer Eingriff notwendig. Die
Medikamente sollen in starker Konzentration gewählt, Caustica in fester
Form jedoch vermieden werden, da sie lang anhaltende Schmerzen ver¬
ursachen. Die Kauterisation kann bei Lokalanästhesie völlig schmerzlos
ausgeführt werden.
Die operative Behandlung nimmt Verf. ambulatorisch und mit Lokal¬
anästhesie vor, sei es die Inzision des Sphinkters, Dehnung oder Exzision
der Fissur. Die Sphinkterdehnung genügt nicht immer, da der Muskel
oft seine Tätigkeit wieder erlangt, bevor die Wunde geheilt ist. Daher
ist die Inzision desselben vorzuziehen. Die Inzision des Sphincter
extemus allein ist ungenügend, schon weil sie schwer auszuführen • und
die Drainage der Wunde nicht gut möglich ist. Verf. hat in 300 Fällen
mit ausnahmslosem Erfolge eine von ihm angegebene Operation ange¬
wendet. Dieselbe hat den Vorteil, dass der postoperative Schmerz ge¬
ringer ist, die Art und Ausdehnung des Schnittes sichern die Inaktivität
des Muskels und gestatten genügende Drainage der Wunde. Die Methode
besteht darin, dass an der hinteren Umrandung des Afters Haut und
Schleimhaut infiltriert und dann mit einem Scherenschlage durchtrennt
werden. Die tamponierte Wunde wird täglich nach dem Stuhl gereinigt
und wieder frisch tamponiert. Die Patienten können herumgehen und
sollen für täglichen Stuhlgang sorgen.
Auch die Sphinkterdehnung kann unter Lokalanästhesie der hinteren
Kommissur und der Seitenpartien des Anus ausgeführt werden. Die
Exzision der Fissur ist wegen der Infektionsgefahr zu vermeiden. Verf.
wendet nur die oben beschriebene Methode an, welche ohne Narkose
und ohne Krankenlager sicher und schmerzlos zum Ziele führt.
Karl Fluss (Wien).
Perforation intestinale avec adenopathie suppuräe du mäsentöre
au cours de la flivre typhoide. Von Toussaint. Bull, et möm.
de la Soc. de chir. de Paris, Sitzung vom 23. Mai 1906.
T. wurde zu einem Typhusfall gerufen (Beginn vor 10 Tagen), der
alle Symptome einer Perforationsperitonitis bot (seit 24 St.), zudem jedoch
noch Blasentenesmus (Katheterismus — kein Urin) und eine leichte
Dämpfung parallel zum Pouparti’schen Bande bis 1 Finger unterhalb
desselben. Laparotomie: Mehr als 2 Liter schmutziger Flüssigkeit mit
Fetzen von Eiter und Stuhl im Abdomen, eine grosse Perforation in
einer Peyergehen Plaque (Naht derselben) und zwei über walnussgrosse
Mesenterialdrüsen, die fluktuierten. Kontrainzision der linken Fossa iliaca,
gründliche Auswaschung des Bauches: nachher Erleichterung; trotzdem
36 St. später Exitus an Herzcollaps. Obduktion: Nähte haben fest ge¬
halten ; die Drüsen kleiner, mandelgross, flüssigen Eiter enthaltend. Bei
solchen Drüsen besteht die Indikation, sie zu exstirpieren; je früher
nach der Perforation operiert wird, desto geringer ist die Drüsen¬
schwellung, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass sie vereitert sind.
Verschiedene Autoren haben schon behauptet, falls man keine Perforation
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finde, solle man die Mesenterialdrüsen inspizieren, deren Ukeration und
Vereiterung gleichfalls den Ausgangspunkt einer Peritonitis bilden können,
ln den Fällen von Entzündung der Mesenterialdrüsen soll man also je
nach dem Fall die Drüsen punktieren oder exstirpieren.
R. Paschkis (Wien).
Two cases of ruptured duodenal ulcer. Von John Clay. Brit.
Medic. Journal, 7. Juni 1906.
Die 2 folgenden Fälle sind Beispiele für Perforation des Duodenum
ohne Erbrechen oder Meteorismus.
1. Fall. 32 Jahre alter Maler wurde am 9. Oktober 1905 wegen
akuten Schmerzanfalles im Abdomen ins Spital aufgenommen; Patient litt
schon seit 9 Jahren an Schmerzen in der Regio epigastrica, welche
manchmal sofort nach der Nahrungsaufnahme, manchmal l 1 /. Stunde
später auftraten; die Schmerzen waren kombiniert mit abdominaler Auf¬
treibung und Herzklopfen. Am Tage der Aufnahme kam der Anfall so
plötzlich, dass Patient auf der Strasse zusammenstürzte; kein Erbrechen,
kein Abgang von Stuhl oder Winden. Bei der Aufnahme bestand kein
Collaps. P. 120, T. 101 0 F. Zunge feucht und schwach belegt, Ab¬
domen schmerzhaft, eingezogen und hart. Keine abnorme Dämpfung.
Operation: Um 9 p. m. Inzision in der Medianlinie. Bei der
Eröffnung des Peritoneums entwichen Gase. Im Duodenum wurde ein
Geschwür gefunden, ca. 1 Zoll vom Pylorus entfernt. Das Geschwür
wurde durch Catgutnähte vernäht und darüber eine Lembert-Naht an¬
gelegt, die Peritonealhöhle irrigiert, drainiert und geschlossen. Voll¬
ständige Heilung.
Fall 2. Ein 58 Jahre alter Mann fühlte am 26. Januar 1906 einen
plötzlichen Schmerz im unteren Anteil des Abdomens, der rasch zunahm
und in den rechten Testikel ausstrahlte. Erbrechen bestand nicht; kein
Stuhl, kein Abgang von Winden. Bei der Aufnahme ist Patient collabiert,
Puls klein und irregulär, 135, T. 99 °F. Abdomen eingezogen und fest,
in der linken Flanke gedämpft. Die Leberdämpfung war nicht nach¬
weisbar. Im Urin Albumen, kein Eiter oder Blut.
Operation: Der Eingriff und Befund derselbe wie im ersten
Falle. 24 Stunden nach der Operation trat Exitus ein.
Nekropsie: Im Duodenum 2 Geschwüre, eines davon perforiert.
Herrnstadt (Wien).
Plaie pönötrante de l’&bdomen par balle de revolver de huit
millim&res, plaie de l’estomac et du cölon descendant, laparo-
tomie; guörison. Von Estor. Bull, et möm. de la Soc. de Chir.
de Paris. Sitzung vom 23. April 1906.
3 Verletzungen: zwei am Thorax, die nicht perforierend waren, eine
perforierende am Abdomen: Einschuss median im Epigastrium, Aus¬
schuss in der linken Fossa iliaca bei einem 18jährigen Mädchen.
7 b nach der Verletzung ist Patientin blass, aber ruhig, klagt über starke
Bauchschmerzen, Temp. 38,5, Puls 120.
Mediane Laparotomie: Man findet eine oberflächliche, nicht blutende
Leberwunde, eine ovale l l j 2 cm lange, durch ein Coagulum verschlossene
Wunde median an der Vorderfläche des stark dilatierten Magens; Naht
der Wunde ohne Untersuchung, ob sie perforierend ist. Der Richtung
der Kugel entsprechend fand sich in der linken Fossa iliaca im oberen Teil
Centralbl&tt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 25
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des leeren Colon descendens eine l 1 /* cm grosse Perforation, aus der
reichlich Gas herauskommt. Naht. Absuchen des Bauches. Schichtennaht,
Drainage. Nachher Puls 170, schlecht, an den 3 folgenden Tagen reich¬
liches Blutbrechen (also war die Magenwunde perforierend). Puls zwischen
130 und 140, Temp. um 38 °. Am 3. Tag gehen Winde ab, allmählich
gehen Puls und Temp. herunter; Patientin wurde geheilt.
R. Paschkis (Wien).
Kasuistischer Beitrag zur chirurgischen Behandlung der durch
stumpfe Gewalt verursachten Unterleibsverletzungen. Von A.
Stern und Th. Dolau. Berl. klin. Wochenschr. No. 51, 1906.
Verf. führt zwei Fälle von subkutaner Darmzerreissung an, um zu
zeigen, dass in diesen Fällen nur von einem chirurgischen Eingriff etwas
zu erwarten ist, und um auf den Vorteil einer frühzeitigen Operation
hinzuweisen. In einem Falle handelte es sich um eine stumpfe Gewalt,
die das Abdomen traf, im anderen Falle um einen Sturz aus einer Höhe
von ca. 25 Fuss. Als wichtigstes diagnostisches Moment ist auf die
Rigidität besonders der Rectusmuskulatur hinzuweisen, während die
Schmerzen im Anfang nicht so erheblich zu sein brauchen. Es ist nicht
nötig, dass die Gewalt das Abdomen selbst trifft. Die Operation ist
unbedingt nötig, wenn ausser der Muskelrigidität Schmerz, Erbrechen,
Shok oder andere intraabdominelle Symptome vorhanden sind. Schliess¬
lich hebt Verf. noch hervor, dass es gefährlich ist, auf das Verschwinden
der Leberdämpfung zu warten, denn dann ist der Patient auch bei der
Operation verloren. Raubitschek (Wien).
Primary malignant disease of the vermiform appendix. Von
H. D. Rolleston, M. D. Cantale, F. Lond. Lancet, 2. Juni 1906.
Die Verf. waren in der Lage, 62 Fälle von primärer, maligner Er¬
krankung des Proc. vermiformis zusammenzustellen, von denen nach Aus¬
schluss der durch das Mikroskop nicht bestätigten Fälle und jener, welche
primär das Coecum betrafen, ungefähr noch 42 resultierten; 37 mal
handelte es sich um Carcinom, 3 mal um Endotheliom, 2 mal um Sarkom;
bei der grösseren Mehrzahl wurde die Diagnose während der Operation
gestellt und 9 mal bei der Nekropsie. Das jüngste Erkrankungsalter
war 12 Jahre, dann kamen 2 weitere mit 14 und 15 Jahren; die Alters¬
grenze war 81 Jahre, das mittlere Alter 30,8 Jahre. Im Vergleiche zu
dem Auftreten des Ca. in anderen Darmabschnitten erscheint das durch¬
schnittliche Erkrankungsalter für den Appendix um 17 Jahre niedriger.
Nur in 5 von den oben angeführten 42 Fällen waren Metastasen
beschrieben, in 3 Fällen Beteiligung der abdominalen Lymphdrüsen, in
2 Fällen multiple Tumoren des Peritoneums und in 1 Falle Tumor der
Leber und des rechten Ovariums. Die Lage der Geschwulst war in
33 Fällen beschrieben; sie betraf die ganze Länge des Appendix in
4 Fällen, an der Spitze war sie 7 mal gelegen, nahe dem Ende 9 mal,
in 4 Fällen in der Mitte und 8 mal an der Basis.
Die Grösse variierte zwischen einem Taubenei und mikroskopischen
Dimensionen, die Oberfläche war weise, die Struktur derb, das Lumen
des Appendix war komplett oder teilweise verschlossen.
Mikroskopisch erwiesen sich 37 Fälle als Carcinom, darunter nament¬
lich Cylinder-Epithel- und Platten-Epithelkrebs.
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Der Bau der Geschwulst ist alveolar und die Zellen füllen unter¬
einander in einigem Kontakt die Alveoli und nur in einzelnen Alveolen
findet sich ein leerer Raum, offenbar infolge von Degeneration der um¬
gebenden Zellen, oder es finden sich an diesen Stellen spindelförmige
Zellen. Diese Art der Struktur (vacuolated appearance) ist charakte¬
ristisch für die Neubildung.
Ein klinisches Bild zu zeichnen, welches geeignet wäre, eine
Diagnose zu stellen, ist nicht möglich, da das Symptomenbild sich fast
stets mit dem der Appendicitis deckt. Die Indikationen für die Operation
waren in 33 Fällen folgende: 4 mal wegen Beschwerden, die auf Uterus
oder Adnexe bezogen wurden, 2 mal wegen bestehender Fistel nach einem
Abeceese in der Regio iliaca, 1 mal wegen angenommener Tuberkulose
des Coecums, in den übrigen 27 Fällen wegen Verdachtes auf Appendicitis.
In 3 von den operierten Fällen wurde ein Stück des Coecums,
welches die Basis des Appendix umgab, mit exzidiert, einmal Mesenterial-
dnkeen; zweimal mussten das Coecum sowie ein Teil des Colons und
Dennis mit in die Operation einbezogen werden.
Die Resultate der Operation waren überraschend gute: 4 Todesfälle
innerhalb der ersten 2 Wochen, darunter jene mit persistierender Fistel
sowie jene 2 Fälle, in denen Coecum und Colon mit entfernt werden
mussten. In allen anderen operierten FäUen trat Heilung ein, ohne dass
Jahre nachher sich Recidive hätten nachweisen lassen, mit einer einzigen
Ausnahme, wobei nach dem Symptomenbilde ein Recidiv sich nicht
ansschliessen liess. Herrnstadt (Wien).
fall af härsvulst i tarmen. Von E. S. Perman. Hygiea, N. F.,
Juni 1906, p. 576.
Ein 17 jähriges Mädchen, das seit Kindheit Haar zu kauen pflegte,
litt vor 3 Jahren an Schmerzen rechts im Leibe, Erbrechen und Ver¬
stopfung, wurde aber durch Laxantien gebessert. Seitdem zeitweilig
Schmerzen im Epigastrium. Bei der Aufnahme blass und mager, ober¬
kalb des rechten Lig. Poupartii eine faustgrosse, harte, etwas empfind¬
liche Geschwulst. Infolge des tuberkulösen Habitus der Patientin wurde
eine tuberkulöse Peritonitis angenommen. Bei der Laparotomie fand
man, dass der Tumor durch eine morsche Darmschlinge nahe dem Coecum
gebildet wurde, die „von mit Fäkalien durchtränkten Haarmassen erfüllt war.
Der Darm war an mehreren Stellen perforiert und Haar lag frei im
Bauche. Resektion, Heilung. Verf. betont die Seltenheit von Haar-
geechWülsten im Darme. Wahrscheinlich ist die Geschwulst primär im
Magen entstanden und hat sich weiter im Darme ausgebildet.
Köster (Gothenburg).
Ueber den primären Krebs des Appendix nebst Bemerkungen über
die Revision des Appendix bei jedweder Laparotomie. Von
Th. Landau. Berl. klin. Wochenschrift, No. 49 u. 50, 1906.
Eine 33 jährige Frau wird mit der Diagnose Myoma intramurale,
Perimetritis, Salpingo-Oophoritis zwecks Enucleation der Uterustumoren
und Entfernung der erkrankten Adnexe laparotomiert. Bei der Operation
wird der Appendix steif, geschlängelt, mehrfach geknickt, an der Spitze
kopfförmig verdickt gefunden und entfernt. Die histologische Unter¬
suchung des Wurmfortsatzes ergab ein typisches Carcinoma simplex.
Verf. berichtet anschliessend an diesen Fall über die bekannten Fälle
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von primärem Carcinom des Appendix. Die Form ist wie bei den Darm-
'carcinomen überhaupt eine knotige oder mehr diffuse, von schiefergraner
oder weissgelber Farbe. Die meisten Tumoren sind erbsen- bis höhnen-
gross. Die Reaktion des Gewebes in der Umgehung ist entzündlicher
Natur. Fast regelmässig werden Adhäsionen gefunden. Eine typische
Feriappendicitis ist jedoch nicht in allen Fällen vorhanden. Die Schleim¬
haut zeigt sieh bald in ihrer Totalität im Zustand einer akuten Ent¬
zündung, bald ist sie streckenweise ganz gesund oder es finden sich im
Appendix totale oder partielle Strukturen und Obliterationen, die für sich
lokale Cystenbildungen bewirken können. Von fast allen Beobachtern
wird als bemerkenswertes Faktum bezüglich des Sitzes des Tumors her¬
vorgehoben, dass die Spitze oder wenigstens das distale Drittel des
Wurmfortsatzes eine Prädilektionsstelle abgibt. Metastasen sind selten,
und zwar in den abdominalen Lymphdrüsen, in den Ovarien und im Peri¬
toneum. Was die Histologie des Carcinoms anlangt, so handelt es eich
fast ausschliesslich um Ca. simplex, seltener um Adenocarcinome. Das
Alter und das Geschlecht des betreffenden Patienten schwanken, ohne irgend
eine Regel erkennen zu lassen.
Was die Symptomatologie der Erkrankung anlangt, so kann das
primär im Appendix entstehende Carcinom für sich keine Erscheinungen
hervorrufen und darum ist eine pathognomonische Semiologie des primären
noch jungen unkomplizierten Appendixcarcinoms nicht zu erwarten. Jede
maligne Neubildung des Appendix führt früher oder später zu einer
Entzündung des Organs und damit ergibt sich die Tatsache, dass das
klinische Bild des Appendixcarcinoms mit dem der Appendicitis identisch
ist. Die Therapie besteht selbstverständlich in der möglichst frühzeitigen
Appendektomie. Verf. stellt schliesslich neuerdings die Forderung auf,
dass bei jeder Laparotomie der Zustand des Appendix zu kontrollieren
und letzterer in jedem Falle, in welchem er makroskopische oder palpa-
torische Zeichen von Veränderung zeigt oder in welchem die Anamnese
auch nur im entferntesten auf eine vorangegangene Erkrankung hinweist,
ohne Zögern zu exstirpieren ist. Raubitschek (Wien).
The diagnosis of rectal cancer. Von P. Lackhart Mummery.
The Edinbourgh med. Journ., Februar 1907.
In einer grossen Anzahl von Fällen wird eine Untersuchung per rectum
verabsäumt und so frühzeitig die Diagnose auf Tumor übersehen, bis
erst später, wenn bereits Fixation eingetreten ist, diese Untersuchung
und damit die Diagnose gemacht wird. — Die wichtigsten Symptome
sind folgende: Drängen zum Stuhl oder Diarrhoen sind eines der frühesten
Symptome. Patient hat Drang zum Stuhl, es geht etwas ab, was sich
öfters am Tage wiederholt, so dass Patient wegen der unaufhörlichen
Diarrhoen zum Arzt kommt. Später kommen die Klagen über an¬
dauernde Obstipation, der kolikartige Schmerzen vorhergehen, Auf¬
treibung des Abdomens, Gefühl der Völle und Spannung. Blut im
Stuhl ist kein sicheres Symptom des Carcinoma recti; dieses tritt erst bei
Ulceration des Tumors auf, also in den späteren Stadien. Ferner dumpfe
Schmerzen in der Lumbalgegend und ein Gefühl des Drängens beim
Gehen oder Stehen im Perineum. — Das häufigste und wichtigste
Symptom ist ferner der Tenesmus, Drang zum Stuhl, wobei der Stahl
nicht abgehen kann. In diesen Fällen ist es bei solchen Symptomen un-
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erlisslich, eine Digitaluntersuchung vorzunehmen, und es ist nach des Vert.
eigenen Worten besser, „50 unnötige Untersuchungen gemacht zu haben,
als einmal ein Carcinom zu übersehen a . Findet man digital nichts, so
ist mit Hilfe des Rektoskopes zu untersuchen und man ist oft über¬
rascht, ziemlich hoch oben, unerreichbar dem Finger, ein Neoplasma zu
finden. Bei der Untersuchung muss ferner festgestellt werden, ob der
Tumor beweglich, ob er mit der Umgebung bereits verwachsen ist, ob
Metastasen bereits da sind. — Eine Fixation an das Kreuzbein recht¬
fertigt noch einen operativen Eingriff, dagegen ist Fixation an den Uterus
oder Blase eine Kontraindikation. Fixation an die Prostata bereitet
ziemlich grosse Schwierigkeit zur Exstirpation wegen der Verletzung der
Urethra, doch ist auch dies keine Kontraindikation. Die meisten Methoden
gehen dahin: Exstirpation des Tumors mit Erhaltung des Sphincters. Ist
eine Radikaloperation nicht möglich, dann greift man zur Kolostomie.
Leopold Isler (Wien).
I. Neoplasmas of the Colon. Von A. F. Jonas. Journ. Amer. Med.
Assoc. 15. Sept. 1906.
EL The surgical conception of sigmoid pathology. Von H. D. N i 1 e s.
Ibidem.
HI. Diskussion.
I. Die Lage der Neoplasmen eines so beweglichen Organs wie des
Colons ist für die Diagnose desselben nicht massgebend. Diese Neoplasmen
können bei ihrem Wachstum an einer beliebigen Stelle des Abdomens
fixiert werden. Zuweilen können sie selbst bei beträchtlicher Grösse
und bei schon komplettem Darmverschluss nicht palpiert werden. Sie
entstehen im Colon, Mesenterium, Appendix, Uterus, in den Adnexen.
Anamnese und funktionelle Störungen sind für die Diagnose wichtiger
als der physikalische Befund.
Die Tumoren sind benigner oder maligner Natur. Sarkome (primär
oder sekundär) Bind sehr selten. Die malignen Tumoren sind meist
epithelialen Ursprungs (Carcinom, Adenom, entzündliches Papillom). Aus
chronischen Entzündungen entwickeln sich häufig Papillome. Adenome
können blumenkohlartige oder flache Bildungen darstellen und neigen zu
Exulceration und Blutung. Sie finden sich meist im Rektum, die Car¬
cinoma meist im Rectum und Colon. Oberhalb des Carcinoms kommt
es zur Dehnung, selbst zur Ruptur, unterhalb zur Kontraktur und Ver¬
dünnung der Wand. Ein Sechstel der Darmcarcinome kommt zwischen
dem 30. und 40. Lebensjahre vor (Maydl). Komplizierte Adhäsionen
können bei der Operation grosse Schwierigkeiten schaffen. Durch Erosion
von Gefässen können schwere Blutungen, durch raschen Durchbruch
Peritonitis entstehen.
Symptome können lange Zeit fehlen. Oft treten nur Kachexie und
Obstipation, zuweilen letztere allein als Spätsymptom auf. Die gewöhn¬
lichen Frühsymptome sind: Kolikartige Schmerzen, Druckempfindlichkeit
einer Stelle, Meteorismus, abwechselnd Obstipation und Diarrhoe. Eine
sichere Diagnose kann man nur dann machen, wenn ein direkter Zu¬
sammenhang des Tumors mit dem Darm nachweisbar ist (besonders Hörbar¬
keit von Darmgeräuschen durch den Tumor). Der Stuhl ist oft eigen¬
artig geformt, oder eitrig, schleimig - blutig, selten Geschwulstpartikel
enthaltend. Die Untersuchung muss oft und in verschiedenen Stellungen,
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— 390
selbst in Narkose vorgenommen werden. Notwendig ist rectale und
vaginale Untersuchung. Dickdarmneoplasmen sind in der Regel beweg¬
lich und unterhalb des Nabels gelegen, können sich aber zeitweise der
Palpation entziehen. Verwechslungen mit Kotmassen sind möglich.
Sichtbare Peristaltik ist ein wichtiges Symptom. Verf. gibt einen Be¬
richt über 16 von ihm operierte Fälle. Die Mortalität der Operierten
ist heute noch ziemlich gross, die Recidive häufig.
£E. Die Flexura sigmoidea ist wahrscheinlich sehr häufig der Sitz
chirurgisch zu behandelnder Krankheiten, von denen das Carcinom und
der komplette Darmverschluss nur einen kleinen Teil bilden. Dieser
sehr bewegliche Darmteil ist Knickungen und Drehungen sehr ausgesetzt,
besonders an seinen beiden fixierten Enden, ohne dass man den Sach¬
verhalt diagnostiziert. Hier sind auch die günstigsten Bedingungen für
Geschwürsbildungen infolge des Durchtrittes harter Kotmassen durch
eine oft sich knickende Darmpartie oder infolge von Zirkulationsstörung
im geknickten Mesosigmoideum. Wenn Geschwüre und Knickungen oft
gemeinsam im S romanum Vorkommen, so kommt es wegen des offenen
Abflusses doch nicht zu Abscessen, wenn nicht gerade eine Perforation
der Darm wand stattfindet. Das Vorherrschen des Carcinoms an gewissen
engen Stellen des Darmkanals führt Verf. auf frühere Ulcera zurück.
Da aber diese häufiger sind als Carcinome, welche, wie besonders die
Pathologie des Magens lehrt, relativ selten sind, so schliesst Verf., dass
die Geschwüre des S romanum häufige Vorkommnisse sein müssen.
Den Geschwüren an Häufigkeit zunächst stehen inkomplette, nicht
maligne Strikturen (Knickungen oder Narbenstrikturen nach Ulcus). Die
grosse Rolle, welche das Ulcus hier spielt, erhellt aus den genannten
anatomischen Verhältnissen, aus Ergebnissen des Experimentes, den
sonstigen Beziehungen zwischen Ulcus und Carcinom (Magen), der Häufig¬
keit des Krebses an der Flexur, den Fällen von akuter, nicht maligner
Obstruktion. Man beachte also in Zukunft die Möglichkeit der Ge¬
schwüre im Sromanum, welche sich keineswegs immer durch die Schwere
der Symptome kenntlich machen (Anamnese, Ausschliessung anderer Er¬
krankungen, Druckempfindlichkeit, Blähung des Colons, Koliken, Eiter
und Blut im Stuhl, Obstipation oder Darm Verschluss).
Zur Untersuchung dienten vornehmlich die Inspektion, Palpation und
Perkussion vor und nach der Aufblähung des Darms mit Luft oder
Wasser. Die Behandlung wird eine chirurgische sein, wenn die Ulceration
oder Nekrose auf das Peritoneum übergeht, wenn Darm Verschluss ein-
tritt oder lokale Peritonitis, sofern diese Zustände nicht in kürzester
Zeit von selbst verschwinden. Das erste Erfordernis ist Ruhe. Zu er¬
wägen wären ferner Enthaltung von Nahrung, Irrigationen des Darms,
Flüssigkeitseinfuhr von oben oder durch eine Colonöffnung, weiter die
Heosigmoidostomie, Exzision des Ulcus, Darmresektion.
HL W. W. Wathen bemerkt, dass der Murphy-Knopf in der Patho
logie der Enteroanastomose viel zur Aufklärung getan habe, dass aber
die Naht das bei weitem sicherste Vereinigungsmittel sei. Einfachheit
und rasche Technik sind der wesentlichste Faktor der Abdominalchirurgie.
R. H. M. Dawbarn hält für die beste Technik eine rasch aus¬
geführte fortlaufende (Lembert-)Naht mit unmittelbarer Darreichung
von Morphin, um den Darm für einige Stunden ruhigzustellen. Den
Murphy-Knopf verwirft er.
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F. A. Dunemoor benützt den Murphy-Knopf bei Anastomoeen im
oberen Dünndarmtrakt. Er hat bei malignen Geschwülsten grosse Teile
des Colons reseziert. Lane in London entfernt bei hartnäckiger chro¬
nischer Obstipation das ganze Colon.
E. W. Andrews spricht sich für die von Connell angegebene
Technik der Naht aus.
F. G. Connell bemerkt, der Vorteil der von ihm angegebenen
perforierenden Naht sei deren Sicherheit, ihr Nachteil die Kapillarität.
L. Freemann bemerkt, dass die Prognose der Carcinome der
Flexura sigmoidea relativ günstig sei. Er entfernte ein solches auf
Blase und Peritoneum übergreifendes Carcinom mit gutem Erfolge vor
1 */* Jahren.
A. McGlannan betont die Wichtigkeit der intermittierenden Darm-
Obstruktion als Symptom des Carcinoms, besonders wenn kein Tumor
palpabel ist.
C. Stoltz berichtet über einen Fall, welcher die Schwierigkeit in
der Diagnose der Natur der Obstruktion darlegt.
J. B. Boucher zieht die Indikationen für die Darmresektion sehr
weit, er hat gute Erfolge beobachtet. Er glaubt bemerkt zu haben, dass
diese Patienten oft eine auffallende Widerstandskraft besitzen.
J. A. MacMillan hält die Darmresektion bei Ulceration und
Entzündungsprozessen für einen zu radikalen Eingriff und empfiehlt in
solchen Fällen die temporäre Kolostomie.
H. D. Nil es hat ebenfalls gute Resultate nach Resektion von
malignen Tumoren des Dickdarms, im Gegensatz zu jenen des Dünn¬
darms, gesehen.
A. F. Jonas betont die Wichtigkeit der Frühdiagnose, sei es auch
nur einer Wahrscheinlichkeitsdiagnose, und empfiehlt für die Darmnaht
die Methode ConnelTs. Karl Fluss (Wien).
B. Pleura,
Ueber den intraplenralen Druck. Von Johannes Rath. Aus der
medizin. Univ.-Poliklinik zu Marburg (Prof. Brauer). Beiträge zur
Klinik der Tuberkulose. Bd. IV, H. 4.
Nach eingehender Darlegung und kritischer Sichtung des Materials
gelangt Autor zu der Annahme, dass alle Beweise für die Donders’sche
Lehre vom negativen Drucke in der Pleuraspalte nicht ganz einwandsfrei
Bind. R. weist nach, dass die Adhäsionen der beiden Pleurablätter für
die Druckverhältnisse im Pleuraraume von grosser Bedeutung sind. —
Versuche an frisch getöteten Tieren zeigen, dass der Zug der elastischen
Fasern der Lunge keineswegs — wie dies auch Sahli-Tendeloo an¬
nehmen — an allen Teilen der Lungenoberfläche denselben Wert hat.
— Tierversuche (unter dem Recipienten der Luftpumpe angestellt) zeigten,
dass ein Zusammenhalten der beiden Pleurablätter durch Adhäsion ange¬
nommen werden musste und recht wichtig sei. Die bisher geltende An¬
nahme, zwischen den Pleurablättern bestände ein Druck, der um die
Kraft des Zuges der Lungen geringer ist als der atmophärische
Druck, beruht auf einem Irrtum. Der Autor ist der Ansicht, dass nor¬
malerweise zwischen den Pleurablättern ein negativer Druck nicht existiere.
Nur bei tiefsten Inspirationen könnte er vielleicht entstehen, ist aber
dann weit geringer, als früher angenommen wurde.
Hermann Schlesinger (Wien).
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392
Heber die psravertebrale Dämpfung auf der gesunden Brustseite
bei Pleuraergüssen. Von R&uchfuss. Deutsches Arch. f. klm.
Medizin 1906, LXXXIX. Bd.
Verf. konnte schon vor einiger Zeit auf gewisse Dämpfungserschei¬
nungen hinweisen, welche sich auf der gesunden Brustseite neben der
Wirbelsäule bei Pleuraergüssen wahrnehmen lassen. Der klinische Be¬
fund, um den es sich handelt, ist der konstante, durch Perkussion und
Abtasten (Tastperkussion) nachweisbare, dreieckige Dämpfungsbezirk, der
sich je nach der Höhe des Pleuraergusses auf der gesunden Seite längs
der Wirbelsäule mehr oder weniger hoch, oft bis zum Niveau des Er¬
gusses hinaufzieht und an seiner der unteren Lungengrenze entsprechen¬
den Basis eine Entfernung der Hypotenuse vom Dornfortsatz von 2 bis
8 cm aufweist (Kindesalter). Jeder freie der Wirbelsäule anliegende
Erguss, der bis zum 8. Wirbel hinaufreicht, also noch vor Eintritt
positiven Druckes in der Pleurahöhle, gibt einen deutlichen, dem Tast¬
gefühl durch vermehrte Resistenz und dem Gehör durch Perkussion
wahrnehmbaren paravertebralen dreieckigen Dämpfungsbezirk auf der
gesunden Seite, dessen Grösse mit dem Erguss zu- und abnimmt. Be¬
sonders auffällig ist die Zu- und Abnahme der Höhe des Dreiecks.
Diese Schwankungen seiner Grösse folgen den Niveauschwankungen des
Ergusses in einer weit mehr feinfühligen auffälligen und mit grösserer
Sicherheit eruierbaren Weise als die an der vorderen Brustfläche.
Verf. führt eingehend eine Reihe von Krankengeschichten an, welche
diese Verhältnisse und sein gefundenes Symptom erläutern, und kommt
schliesslich nach einer ausführlichen Besprechung zur Deutung des
Phänomens. Es handelt sich um eine Verschiebung des Gesamtmedia¬
stinums, wobei der Anteil des Spatium mediast. post, durch eine pralle
Füllung des paravertebralen Pleurarecessus und dessen Verdrängen vor die
Wirbelsäule kein geringer ist. Neben dieser Belastung des hinteren
Mediastinums spielt zweifellos die Flüssigkeitsansammlung eine Rolle bei
der Hemmung der perkutorischen Erschütterung der Wirbelsäule und
der Rippen der gesunden Seite.
Eine kurze Ausführung über die Technik der Perkussion und den
Wert der leisen Tastperkussion sowie der „Schwellenwertperkussion“
beschliesst die Arbeit. H. Raubitschek (Wien).
A case of pnlsating empyema. Von Collin M’Dowall. Brit.
Med. Journal, 20. Okt. 1906.
Ein 18 Jahre alter Arbeiter, bisher stets gesund, wurde am 31. März
1906 mit Schmerzen in der Bru 9 t und Dyspnoe ins Spital aufgenommen;
die Erkrankung hatte vor einer Woche mit stechenden Schmerzen in
der linken Brustseite, mit erschwerter, tiefer Inspiration und Husten
begonnen. P. 128, kaum fühlbar, Resp. 62, Temp. 103 0 F. An der
linken Lungenbasis bestanden Zeichen von Konsolidierung und pleurales
Reiben. Pat. erholte sich zusehends, klagte jedoch am 4. Tage über
Schmerzen auf der rechten Seite, gleichzeitig stieg die Temperatur aber¬
mals in die Höhe und an der Basis hörte man lautes pleurales Reiben.
Am 7. Tage zeigte sich rechts neben dem Sternum in der Ausdehnung
von 2 Zoll die Gegend vorgewölbt und synchronisch mit der Herzaktion
pulsierend; darüber war der Perkussionsschall gedämpft. Gleichzeitig
wurde an der Basis der linken Lunge Exsudat nachgewiesen; die Probe-
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panktion ergab Eiter. Unter Euo&in wurde die linke Seite eröffnet und
wurden 4 Unsen Eiter entleert, desgleichen wurde in der pulsierenden
Begion Eiter nachgewiesen und in der Menge eines Viertel Liters ent¬
fernt. Eine 'Woche später trat Exsudat an der Basis der rechten Lunge
auf, auch hier wurde ca. */ 4 Liter Eiters entleert. Nach weiteren 4 Tagen
wiederholte sich die Pulsation auf der rechten Seite und es ergab sich
die Notwendigkeit einer abermaligen Operation. Temperatur und Puls
waren stets variierend und nach einem neuerlich einsetzenden Schüttel¬
frost entschloss man sich, eine Rippe der rechten Seite zu resezieren,
worauf wieder eitriges Exsudat zum Vorschein kam. Danach erholte
sieh Patient vollständig und wurde am 10. Juni entlassen. In diesem
Falle war wohl jedes Empyem für sich umschrieben und separiert und
jedes wurde zu einer anderen Zeit gebildet, mit gleichzeitigem Anstieg
der Temperatur. Herrnstadt (Wien).
Un caso di pneumotorace subfrenico. Von Gasparini. Gazetta
degli ospedaü No. 124, 1905.
Bei einem 23 jährigen Mädchen, das aus tuberkulöser Familie stammt;
bestehen seit 3 Jahren Magenbeschwerden derart, dass Pat. nach dem
Essen brennende Schmerzen, saures Aufstossen und Erbrechen, niemals
aber Hämatemesis bekommt. Nach einem grösseren Excess im Essen
stellen sich plötzlich nach vorangegangenem heftigem Erbrechen sehr be¬
deutende Schmerzen im linken Hypogastrium mit stärkster Dyspnoe ein.
Die Untersuchung ergibt auf der linken Seite vom Angulus scapulae nach
abwärts tympanitischen Schall mit amphorischem Atmen und fehlen¬
dem Stimmfremitus, daneben metallischen Klang. Das Herz zeigt eine
sehr bedeutende Dislokation nach rechts oben, die linke Seite bleibt bei
der Atmung fast unbeweglich. Probepunktion im 9. Intercostalraum
fördert eine etwas blutig tingierte, fötid riechende Flüssigkeit zutage;
nach einigen Tagen ist auch sehr lautes pleuritisches Reiben zu hören,
das die übrigen auscultatorischen Phänomene fast völlig verdeckt. Die
Dyspnoe besteht fort, die Pulszahl ist im Verhältnis zum geringen Fieber
sehr hoch.
Nach etwa 3 Monaten sind die Erscheinungen zum grossen Teil
zurückgegangen und Patientin vermag das Bett zu verlassen. Während
der ganzen Erkrankung und auch in der Rekonvalescenz tritt häufig
Erbrechen auf, nach dem sich die Patientin stets sehr geschwächt fühlt.
Verf. hatte die Diagnose auf subphrenischen Pneumothorax gestellt
und meint, dass es sich wohl um den Durchbruch eines Magengeschwürs
gehandelt habe.
Trotz der hereditären phthisischen Belastung des Mädchens wird ein
gewöhnlicher Pneumothorax nach Perforation einer Caverne wohl aus-
zuschliessen sein, besonders mit Rücksicht auf das Fehlen aller pneumo-
thoracischen Symptome in den oberen Partien und den sonst normalen
Lungenbefund. H. Fr. Grünwald (Wien).
Zur Chirurgie des Pneumothorax. Von L. Spengler, v. Bruns’
Beitr. zur klin. Chir., XTJX. Bd., 1906.
Der Aufsatz bespricht den tuberkulösen Pneumothorax, der wohl
4 / tt aller Fälle von Pneumothorax betrifft. Die Heilung beträgt unter
461 bei den einzelnen Autoren —30 °/ 0 ; die besten Resultate, 33 Fälle
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mit 10 Heilungen = 30 °/ 0 , hatte Spengler, darunter 6mal gleich¬
zeitige Heilung der Lungentuberkulose, 2—10 Jahre beobachtet. Die
Kranken waren 17—32 Jahre alt; der Pneumothorax sass 6mal rechts,
5mal links; bei 6 Kranken war die Erkrankung einseitig, bei 5 beider¬
seitig; 8 Kranke unter 10 wurden durch das Auftreten des Pneumo¬
thorax mit Exsudat von dem bestehenden, z. T. hohen Fieber völlig be¬
freit, 4 davon dauernd; bei den letzteren bestand das pleuritische
Exsudat monate-, ja jahrelang und es kam zur Heilung mit völliger Ent¬
faltung der Lunge. In allen 10 Fällen trat zum Pneumothorax ein
Exsudat, 5 mal rein serös, 4 mal eiterig-serös. Für die Heilung des
Pneumothorax, ob tuberkulös oder anderer Natur, ist die Heilung der
Lungenfistel erste Bedingung; dies geschieht bei dem tuberkulösen viel
langsamer, als bei dem traumatischen. Begünstigt wird die Heilung der
Fistel durch die Kompression der Lunge von seiten des Pneumothorax.
Nach Schluss der Lungenfistel dehnt sich die Lunge zugleich mit der
Resorption der Luft im Pleuraraum wieder aus; dies geschieht seltener
bei Tuberkulose. Geschieht die Resorption der Luft zu rasch, so kann
sich, besonders bei vorgeschrittener Tuberkulose, die Fistel wieder öffnen
und ein offener Pneumothorax entstehen, der über ein Jahr bestehen
kann. Tritt aber ein Exsudat hinzu, so steigt dadurch der intrapleurale
Druck und die Fistel schliesst sich leichter. Ein grösseres Exsudat kann
bald zum Pneumothorax treten, es kann aber .auch 3—5 Monate bis da¬
hin dauern. Die Entstehung eines grösseren Exsudats ist wohl auf
Reinfektion der Pleura zurückzuführen. Mit dem Auftreten des Exsu¬
dates, mit oder ohne Fieber, gehört der Kranke dauernd ins Bett. Bei
weiterem fieberfreien Verlauf oder ganz leichtem Fieber soll man auch
einen eiterigen Erguss nicht operieren; vorher soll man möglichst den
Schluss der Lungenfistel ab warten und versuchen, auch ein eiteriges, be¬
sonders ein steriles, Exsudat durch wiederholte Punktionen zu heilen.
Bei dauerndem hohem Fieber ist nur, wenn das Fieber nicht von der
Lungenerkrankung kommt und wenn eine schwere purulente Infektion
der Pleura vorliegt, die breite Eröffnung der Pleura vor Schluss der
Lungenfistel erlaubt. Wo keine hochgradige Verdrängung besteht, soll
man erst 2—3 Wochen nach vollständiger Resorption der Luft punktieren,
aber vorsichtig, das erste Mal etwa 500 ccm. Die Kompression der
Lunge durch den Pneumothorax ist für den tuberkulösen Prozess sehr
heilsam; 2 unter den 10 Geheilten haben ihre Heilung wohl nur dem
Hinzutreten des Pneumothorax zu verdanken; die Kompression muss
vollständig sein und genügend lange dauern, besonders in fiebernden
Fällen; der offene Pneumothorax reicht dazu nicht aus. Auf dieser Er¬
fahrung fussend hat man durch Einbringung von Stickstoff einen Pneumo¬
thorax zu erzeugen gesucht. Selbst nach jahrelanger Kompression dehnt
sich die Lunge wieder sehr gut aus. Ein Pneumothorax, der durch
gasbildende Bakterien in Exsudaten hervorgerufen wird, muss radikal
operiert werden. Bei traumatischem Pneumothorax soll nach Garrö’s
Vorschlag die Lungenwunde primär genäht und die Pleurahöhle drainiert
werden,* wo Gefahr innerer Verblutung oder ein Spannungspneumothorax
besteht. Beim Pneumothorax infolge Platzens von Emphysembläschen,
von embolischem Infarkt der Lunge, septischer Pneumonie, Lungen¬
gangrän, fötider Bronchitis, Bronchiektasien, Tumoren der Pleura oder
Lunge oder deren Umgebung, von Lungenabscess, Echinococcus, Aorten-
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aneuryama, subphrenischem Abscess müssen Allgemeinzustand und Grund*
leiden das operative oder konservative Verfahren entscheiden. Der
Pneumothorax bei Empyema necessitatis, nach innen oder aussen, er¬
fordert wohl immer ausgedehnte Rippenresektion oder Thoracoplastik.
Je geringer die Ausdehnungsfähigkeit der Lunge eingeschätzt werden
muss, desto ausgedehnter muss der operative Eingriff sein und eventuell
zugleich die Lungenfistel durch Anfrischung und Naht geschlossen werden.
Der Pneumothorax kann ohne nennenswerte Erscheinungen eintreten, er
kann auch 1—2 Wochen hohes Fieber bringen, das oft wieder schwindet,
ohne dass ein eitriges oder gar jauchiges Exsudat sich bildet. Bei
mehr oder weniger schwer doppelseitig erkrankten Phthisikern soll man
den Pneumothorax symptomatisch behandeln, doch soll man die Luft ex
indic. vitali mit einer nicht zu dünnen Nadel punktieren, nicht aspirieren;
das gilt auch, wenn die Lunge ganz oder fast ganz gesund ist. Eine
dauernde äussere Thoraxfistel soll nur bei fieberhaft eitrigen oder
jauchigen Exsudaten angelegt werden. Können wir eine schwere In¬
fektion der Pleura ausschliessen, so verhalten wir uns passiv. Als
Operation genügen bei den serösen, serös-eiterigen und fieberlosen sterilen
eiterigen Exsudaten Punktion und Aspiration; bei schwerer Infektion der
Pleura und fieberhaftem, kokkenhaltigem eiterigem oder jauchigem Exsudat
ist die breite Eröffnung der Pleura, wo nötig Thoracoplastik und Schluss
der Lungenfistel am Platz. Tritt nach 3—6 Monaten zu dem Pneumo¬
thorax kein Exsudat, so ist zu empfehlen, bei gutem Allgemeinzustand
durch Injektion einer schwachen Höllensteinlösung ein Exsudat hervor¬
zurufen. Klink (Berlin).
C. Harnblase.
Some cases illustrating cystoscopic diagnosis. Von A. L. Chute.
Boston med. and surg. journ., 22. März 1906.
Fall I. Angeborenes Blasendivertikel bei einem 21jährigen Manne.
Plötzlich auftretender Harndrang mit Schmerzen, trüber und gelegent¬
lich blutiger Harn. Spur von Albumen, im Sediment Blut, Eiter und
viele Blasenepithelien. Die Blase schwer reinzuwaschen, doch gut
dehnbar. Cystoskopisch erschien eine elliptische, 2 cm lange Oeffnung
an der hinteren Blasenwand, an welcher man bei tiefer Inspiration eine
eiter- und schleimhältige Flüssigkeit sich hin- und herbewegen sah. Dabei
wurden auch die hintere Divertikelwand und die erweiterten Gefässe des
abgrenzenden Septum sichtbar. Ein Eingriff wurde verweigert. Da
Trauma und Hindernisse in der Harnröhre auszuschliessen waren, so
wurde ein angeborener Defekt der Blasenmuskulatur mit konsekutiver
Ausbuchtung der Schleimhaut angenommen. Durch Einwanderung von
Organismen (von den Nieren oder Lymphwegen) kam es zur Entzündung.
Bei Wiederholung der letzteren und Festerwerden der Adhäsionen kann
sich ein späterer Eingriff schwierig gestalten.
Fall II. Divertikel bei einem 79 jährigen Patienten. Vor 5 Jahren
partielle Prostatektomie, seither trüber Harn, Harndrang, Schmerzen.
Cystoskopisch sah man entsprechend der Operationsnarbe eine längliche
Oeffnung, in welcher sich bei der Respiration trüber, eitriger Urin auf-
und abbewegte. Das Divertikel klaffte während der Tätigkeit der Bauch¬
presse. Es entstand ähnlich wie im vorigen Falle infolge eines Muskel-
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defekte nach der Operation und bildete eine Brutstätte für Organismen,
trotzdem kein Residualharn vorhanden war.
Fall IQ. Rechtsseitige Wanderniere bei einer 38jährigen Frau.
Schmerzen in der rechten Niere bei längerem Stehen. Urin trübe, eine
Spur von Eiweiss, Leukocyten und Epithelien enthaltend. Das Blasenbild
normal. Der Harn aus dem linken Ureter normal, jener aus dem rechten
Eiweiss, granulierte Zellen und Leukocyten enthaltend; geringfügige
aseptische Harnretention im rechten Nierenbecken, welche bei Unter¬
suchung in der Bettruhe nicht nachzuweisen ist. Der Schmerz steigert
sich bei Füllung des Nierenbeckens mit steriler Flüssigkeit. Nephropexie
mit vorläufig gutem Erfolge. Die renale Betenüon hatte offenbar Ver¬
änderungen im Nierenbecken, Maceration und Desquamation des Epithels
zur Folge, somit eine Neigung zur Infektion. Dies ist eine besondere
Indikation für die Nephropexie als eine Erleichterung der Nierenbecken¬
drainage.
Fall IV. Septische Retention im linken Nierenbecken bei einem
43 jährigen Manne. Vor 11 Jahren Urethritis mit Schmerzen im Rücken,
in der Blasen- und Leistengegend. Seit 5 Jahren trüber Harn und nächt¬
liche Polyurie. Prostatitis und Vesiculitis. Cystoskopisch zeigt sich eine
basale CyBtitis, aus der linken Uretermündung tritt etwas schleimiger
Eiter. Links geringe Sekretion, erst bei Katheterisation des Nieren¬
beckens selbst entleeren sich 60 g trüben Harns, welcher etwas Eiweiss,
0,5 °/ 0 Harnstoff, etwas Blut, Epithelien und reichlich Eiter und Bakterien
enthielt. Keine Tuberkelbazillen. Im klaren Harn der rechten Niere
eine Spur Eiweiss, 2 l / 4 °/ 0 Harnstoff, reichliche Sekretion. Dem Patienten
wurde Nierendrainage oder Nephrektomie empfohlen. Er war 2 Jahre
erfolglos wegen CyBtitis behandelt worden, ohne dass irgendwelche Sym¬
ptome auf die Niereneiterung schliessen Hessen.
Fall V. Bei einer 39jährigen Frau zeigte sich unmittelbar nach
einer Geburt in der rechten Lendengegend ein anfangs schmerzhafter,
nierenförmig gestalteter und sich vergrössernder Tumor, sechs Wochen
später Erblindung des linken Auges durch Netzhautblutung. Der trübe
Ham enthielt neben EpitheHen und wenigen Leukocyten Tuberkelbazillen.
Die Blase tolerant, am linken Ureter leichte Rötung. In den rechten
Ureter drang der Katheter nur 4 cm tief ein, ohne dass sich Ham ent¬
leerte. Aus dem linken Ureter erhielt man 15 g eines Harns von der
Beschaffenheit des Blasenurins, Tuberkelbazillen enthaltend. Derselbe
Befund wurde 3 Wochen später erhalten. Die Ureterenkatheterisation
zeigte in diesem Falle, dass die scheinbar gesunde Niere krank war und
dass deren Funktionsfähigkeit nur als eine vorläufige betrachtet werden
musste. Die Ursache des Verschlusses des rechten Harnleiters war viel¬
leicht ein Stein mit nachfolgender Hydronephrose. Ein Eingriff wurde
verweigert.
Fall VI. Eine 30jährige Frau mit Rückenschmerzen, Dysurie,
starker Retroversio uteri, der Ham zeigt die Merkmale der chronischen
Oystitis. Ventrale Fixation des Uterus, um die Cystitis zu bekämpfen.
Danach einige Tage profuse Hämaturie. In der Folge Schmerzen, Harn¬
drang, mikroskopisch Blut. Die Blase schwer zu reinigen, intolerant,
nur 90 g Flüssigkeit fassend. Die Basis der Blase entzündet, verdickt,
mit Schleim und Eiter bedeckt; massig grosser Stein sichtbar. Lithola-
paxie. Der Ham wurde klar, Schmerzen und Harndrang verschwanden.
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Fall VH. Carcinom der linken Niere bei einer 57 jährigen Fmu.
Vor 4 Wochen blutiger Harn, seit 2 Wochen Hämaturie ohne Schmerlen.
Früher geringer Schmerz und Empfindlichkeit in der linken Lende/ sonst
keine lokalen Symptome. Mikroskopisch nur dichtes Blut sichtbar. Die
Blasenschleimhaut sehr blass, aus dem linken Ureter entleert sich Blut,
aus dem rechten Harn, welcher eine Spur von Albumen, 1,4 °/ 0 Harnstoff,
wenige Leukocyten und Epithelzellen enthielt. Radiogramm negativ.
Die Schmerzlosigkeit, das Fehlen von Cylindem und von Eiter liesaen
an eine maligne Geschwulst denken. An der exstirpierten linken Niere
zeigte sich eine pflaumengrosse maligne Masse, welche sich am unteren
Pole von der Rinde bis zum Nierenbecken erstreckte. Heilung.
Fall VJLLI zeigt eine schmerzlose Hämaturie aus anderer Ursache
bei einem 43 jährigen Chinesen. Seit 3 Monaten blutiger Harn, meist
keine Schmerzen, zeitweise Harndrang. Bei Nacht oft keine Blutung.
TJrin hellrot, Blutklumpen und Erythrocyten enthaltend. Cystoskopisch
zeigt sich eine wogende Masse mit hämorrhagischen Flocken im rechten
Blasenanteil nahe der Uretermündung (Papillom).
Besonders bei der schmerzlosen renalen Hämaturie ist der cysto-
skopische Befund von grosser Wichtigkeit, um vor dem Auftreten lokaler
Symptome entscheiden zu können, welche Seite die kranke ist.
Karl Fluss (Wien).
in. Bücherbesprechungen.
Der Schmerz. Eine Untersuchung der psychologischen nnd physio¬
logischen Bedingungen des Schinerzvorganges. Von SemiMeyer.
Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1906.
Die vorliegende Monographie, die in den Von Loewenfeld und
Kurella herausgegebenen „Grenzfragen des Nerven- und Seelenlebens 44
erschienen ist, zerfällt in zwei Teile, in deren erstem der Verfasser die
Psychologie des Schmerzes erörtert, um im zweiten die Physiologie des
Schmerzes einer gründlichen Untersuchung zu unterziehen.
Er fasst die Ergebnisse seiner Arbeit in folgenden Sätzen zusammen:
I. Der Schmerz als Bewusstseinsvorgang ist ein Gefühl. In ihm
wird, wie in jedem Gefühl, ein bestimmter Trieb, der Abwehrtrieb, be¬
wusst. Als primitive Funktion ist das Schmerzgefühl aber auch mit
der Empfindung fest verknüpft. — Der Schmerz ist deswegen ein so
starkes Gefühl, weil der Schutz des Körpers seiner Obhut anvertraut
ist, indem er die Aufmerksamkeit auf die Gefahr zu lenken hat. Das
Gefühl richtet die Aufmerksamkeit.
Unser Gefühlsgedächtnis ist genau so beschaffen wie das für Empfin¬
dungen, es werden vornehmlich die Beziehungen der verschiedenen Be¬
wusstseinsinhalte zueinander aufbewahrt.
II. Physiologisch betrachtet hat der Schmerz den Zweck, den Orga¬
nismus auf starke Reize anders antworten zu lassen als auf schwache.
Hierzu bedarf es einer Einrichtung, vermöge deren die Erregungen bei
starken Reizen einen eigenen Weg im Gentrainervensystem einschlagen.
Eia solcher Mechanismus ist vorhanden: Der Schmerz bat keine Sinnes¬
organe, er entsteht durch Reizung der Nervenfasern selbet, und zwar
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nur der dem mechanischen Sinn dienenden Fasern. Diese gehen hei
ihren) Eintritt ins Kückenmark einen feinen Seitenast ab, der die Schmerz¬
vermittlung übernimmt. Dieses Verhalten erklärt die verschiedene Höhe
der Schmerzschwelle, es erklärt die Möglichkeit des Schmerzausfalles bei
erhaltener Empfindung und auch die Tatsache der Herabsetzung der
Schmerzschwelle bei Kückenmarksverletzungen wird erklärt, indem in
allen Fällen, wo sie beobachtet ist, der Hauptast der Nervenfasern
durchschnitten ist, wodurch in dem schmerzvermittelnden Seitenast eine
Verstärkung der Erregung eintreten muss.
Der Schmerz ist demnach eine an einen komplizierten nervösen
Mechanismus gebundene Funktion und entwickelt sich dementsprechend
erst spät in der Tierreihe. Kud. Pollak (Prag).
Nierenchirurgie. Ein Handbuch für Praktiker. Von 0. Garrö und
0. Ehrhardt. Mit 90 Abbildungen. Berlin 1907. Verlag von S. Karger.
Wie die Verff. im Vorworte erwähnen, soll das vorliegende Hand¬
buch der Nierenchirurgie dem beschäftigten Praktiker eine TJebersicht
über den heutigen Stand der behandelten Fragen geben, weshalb auch
die beiden Autoren hauptsächlich auf die einheitliche Darstellung jener
Verfahren Gewicht gelegt haben, welche sich ihnen in der Praxis be¬
währt haben. Aus diesem Grunde stehen auch die beiden Verfasser der
funktionellen Nierendiagnostik in ihrer jetzigen Form ziemlich ablehnend
gegenüber, wenn sie auch der Ansicht sind, dass der einmal betretene
Weg der richtige ist und dass die funktionelle Nierendiagnostik nicht
mehr aus dem diagnostischen Küstzeug des Chirurgen verschwinden wird,
mögen ihre heutigen Methoden auch noch unvollkommen sein. Ebenso
skeptisch beurteilen die Verff. die chirurgische Behandlung der Nephritis
nach Edebohls. Hingegen treten sie warm für die Frühoperation
bei Nierentuberkulose ein. Es soll operiert werden, sobald die Diagnose
feststeht. Die Operation der Wahl ist die extraperitoneale Nephrektomie.
In seltenen Fällen kann man mit einer partiellen Nephrektomie aus-
kommen. Die Nephrotomie stellt nur einen palliativen Eingriff dar.
Bei Nephrolithiasis empfehlen die Verff. im allgemeinen eine chirur¬
gische Behandlung. Nicht zu operieren sind jene Fälle, bei denen unter
oft wiederholten Koliken stets kleine Konkremente entleert werden, bei
denen dabei der Ham aseptisch ist und die Köntgenphotographie einen
grösseren Stein nicht erkennen lässt. Als Operation der Wahl bei
Nephrolithiasis ist die Nephrolithotomie mit dem Sektionsschnitt in der
Zondek’schen Ebene zu betrachten.
Bezüglich der Wanderniere sind die Autoren der Ansicht, dass die
Indikation zur operativen Behandlung der Wanderniere nicht eng genug
gesteckt werden kann. Sie operieren: 1. Wenn häufige Kolikanfälle
durch Zerrung und Abknickung des Ureters entstehen. 2. Wenn kom¬
plizierende Erkrankungen (Tuberkulose, Hydronephrose usw.) an und für
sich einen Eingriff erforderlich erscheinen lassen. 3. Wenn die ortho¬
pädisch-diätetischen Massnahmen ausnahmsweise nicht zum Ziele führen
und Hysterie sicher auszuschliessen ist. von Hof mann (Wien).
Action des rayons X sur les glandes genitales. Von Koalier,
Thöse de Paris 1906.
Sehr inhaltsreiche Abhandlung zwecks Entscheidung der Frage der
Möglichkeit der Sterilisation der Ovarien bei der Frau durch Köntgen-
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beleuchtung. Yerf. hält letzteres für unmöglich, weil die Ovarien nicht
oberflächlich genug liegen. Ferner haben Versuche bei Frauen, einen
Abortus durch X-Strahlen einzuleiten, ein negatives Resultat ergeben,
dagegen gelang dies bei kleinen Tieren. — Die Wirkung der Röntgen-
strahlen auf die Hoden ist dagegen eine sehr evidente. Auch kurz
dauernde Beleuchtung kann eine — wenn auch vorübergehende — Azoo¬
spermie hervorrufen. Fortgesetzte Einwirkung auch geringer Dosen von
Strahlen führt zur definitiven Atrophie der Hoden.
Schrumpf (Strassburg).
Studie* from the Departement of Pathology of the College of
Physicians and Snrgeons. Columbia University, New York, 1906.
Es ist der 10. Band der Studien, welche in den Jahren 1904 bis
1905 bereits in verschiedenen Journalen veröffentlicht wurden und
welche nun in einem Buche übersichtlich zusammengefasst erscheinen.
Reichhaltiges Material und Vielseitigkeit charakterisieren in erster Linie
dieses Werk, welches bestrebt ist, durch eine grosse Anzahl von Ab¬
bildungen die Anschaulichkeit und Klarheit des Textes zu erhöhen. Wir
finden hier Arbeiten über die physiologische Differenzierung des Pneumo-
und Streptococcus, Differenzierung anderer seltenerer Bazillenformen,
daneben Arbeiten über perniciöse Anämie, über „Dry Jodine Catgut a ;
ausserdem über die elektrische Leitungsfähigkeit des Blutes während
der Coagulation, endlich über Chorionepitheliomatose, Wucherungen in
Teratomen.
Am Schlüsse ist ein Inhaltsverzeichnis über sämtliche bisher er¬
schienenen Bände und die in denselben enthaltenen Werke beigefügt.
Herrnstadt (Wien).
Abb&zia als Kurort. Festschrift zum 60. Geburtstage des Prof. Dr.
Glax. Herausgegeben von der Kurkommission, 1906.
Das im Verlage der Kurkommission erschienene, 238 Seiten um¬
fassende Büchlein ist vom Aerzteverein Abbazia dem 60. Geburtstage
des Prof. Glax gewidmet. Auf eine kurze Einleitung über den Lebens¬
lauf des Jubilars und die Entstehung des Kurortes Abbazia folgen Be¬
schreibungen von der Hand der dem Aerztevereine angehörigen Mit¬
glieder, welche die hygienisch-sanitären und klimatischen Verhältnisse des
Kurortes beleuchten, wobei zahlreiche in den Text eingestreute Abbil¬
dungen die Anschaulichkeit der gegebenen Schilderungen unterstützen,
desgleichen zwei Pläne über die Wasserleitungs- und Kanalisations¬
anlage. Besonders hervorzuheben wären die Kapitel über „die interne
Anwendung des Meerwassers“ von Doc. Dr. Geza Fodor und die von
Dr. Koloman Szegö verfasste Skizze: Beurteilung kindlicher Cha¬
raktere vom medizinischen Standpunkte, die gewiss geeignet sind, vielen
Aerzten als nützlicher Wegweiser zu dienen, besonders jenen, welche in
ihrer Eigenschaft als Hausärzte neben streng medizinischer Tätigkeit
auch ethische und moralische Einflüsse zur Geltung bringen mögen. Die
Kapitel über „Behandlung von Herzkranken im Sanatorium“ und „das
medico-mechanische Zanderinstitut und die physikalische Heilanstalt“ be¬
lehren uns darüber, welche schöne Erfolge auf diesem Wege unter ärzt¬
licher Kontrolle zu erzielen sind.
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400
Am Schlüsse des kleinen Werkes findet sieh eine kurze Angabe
über die Ueberwachung dee Lebensmittelverkehres, über Isolierung und
Desinfektion und endlich über die Kurort-Statistik.
Herrnstadt (Wien).
Inhalt.
I. Semmel-Referate.
Venus, E., Der gegenwärtige Stand der
Rückemmarksanästhesie (Schluss), p. 369
bis 380.
II. Referate.
A. Darm.
Serafini, G., L’ileo gastrico acuto ar-
terio-mesenteriale, p. 380.
Rubritius, Beiträge zur Pathologie und
Therapie des akuten Darmverschlusses,
p. 380-
Karrenstein, Zur Frage der Recidive
nach Blinddarmentzündung, p. 381.
Molyneux, E. d., Case of haemorrhagie
typhoid with Perforation in the ascen-
ding colon, p. 382.
Power, D’Arcy, A clinical lecture on
acute duodenal Perforation, p. 382.
Gant, S. G., The oföce treatment of
anal fissure, p. 383.
Toussaint, Perforation intestinale avec
ädenopathie suppur^e du mesentere au
cours de la ftevre typhoide, p. 384.
C 1 a y, J., Two cases of ruptured duodenal
ulcer, p. 385.
E s t ot , Plaie p£n£trante de Tabdomen par
balle de revolver de huit millim&tres,
plaie de l’estomac et du colon descen-
dant, laparotomie; guerison, p. 385.
Stern, A. u. Do lau, Th., Kasuistischer
Beitrag zur chirurgischen Behandlung der
durch stumpfe Gewalt verursachten Un¬
terleibsverletzungen, p. 386.
Roll es ton, H. D., Cantale, M. D.
u. Lond, F f) Primary malignant disease
of the vermiform appendix, p. 386.
P e r m a n, E. S., Fall af harsvulst i tarmen,
p. 3 ^ 7 -
Landau, Th., Ueber den primären Krebs
des Appendix nebst Bemerkungen Über
die Revision des Appendix bei jedweder
Laparotomie, p. 387. .
Mummery, P. L., The diagnosis of
rectal cancer, p. 388.
J o n as, A. F., I. Neoplasmas of the colon ;
N i 1 e s, H. D., II. The surgical coacep-
tion of sigmoid pathology; III. Dis¬
kussion, p. 389.
B. Pleura.
R a t h, J., Ueber den intrapleuralen Druck,
P- 391 .
Rauchfuss, Ueber die paravertebrale
Dämpfung auf der gesunden Brustseite
bei Pleuraergüssen, p. 392.
M* Do wall, C., A case of pulsating
empyema, p. 392.
Casparini, Un caso di pneumotorace
subfrenico, p. 393.
Spengler, L., Zur Chirurgie des Pneumo¬
thorax, p. 393.
C. Harnblase.
Chute, A. L., Some cases illustrating
cystoscopic diagnosis, p. 395.
III. Bücherbesprechungen.
Meyer, S., Der Schmerz. Eine Unter¬
suchung der psychologischen u. physio¬
logischen Bedingungen des Schmerz¬
vorganges, p. 397.
Garr6, C. u. Ehrhardt, (X, Nieren¬
chirurgie. Ein Handbuch für Praktiker,
p - 398.
Roulier, Action des rayons X sur les
glandes genitales, p. 398.
Studies from the Departement of Patho¬
logy of the College of Physicians and
j Surgeons, p. 399.
t Abbazia als Kurort, p. 399.
Um Einsendung ▼on Monographien und Bichern an den Redakteur Professor
Dr. HERMANN SCHLESINGER, Wien, I, Ebendorferstrasse 10» wird gebeten.
Man bittet, redaktionelle Zuschriften mit dem Adressensusats „Für die Redaktion des
Centralblattes für die Grenzgebiete 41 versehen zn wollen.
Lippert & Co. (G. Pätz’sche Buehdr.), Naumburg a. S.
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CENTRALBLATT
für die
Grenzgebiete der Medizin u. Ghirurgie.
Herausgegeben von
Dr. Hermann Schlesinger,
Professor an der UnireraiUtt Wien.
Verlag von GUSTAV FISCHES in Jena.
X. Band. Jena, 20. Juni 1907. Nr. 11.
Das Centralblatt für die Grenzgebiete der Medizin und Chirurgie erscheint in
zwanglosen Heften im Umfange von etwa 3 Druckbogen, die zu einem Bande
vereinigt werden, dessen Umfang 60 Druckbogen betragen wird. Das Abonne¬
ment für das Centralblatt kostet 24 31ark für den Band. — Die Abnehmer
der Mftteihmgtm aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, herausgegeben
von A. von Eiseisberg und B. Naunyn, erhalten das Centralblatt
zum Vorzugspreise von 20 Mark.
L Sammel - Referate.
Die Rolle der Epithelkörperchen in der
Pathologie.
Kritischer Sammelbericht von Karl Hermann Schirmer (Wien).
Literatur.
1) Adler und Thal er, Vorläufige Mitteilung. K. k. Ges. der Aerzte Wien.
15. Juni 1906. Wiener klin. Wochenschr. 1906, p. 779.
2) Al q ui er, L., Glandules paratbyroidiennes et convulsions. Gazette des hop.
1906, No. 128, p. 1527.
3) Ders., Recherches sur le nombre et sur la Situation des parathyroides
chez le chien. Compt rend. Soc. de Biologie, 20. Oktober 1906, p. 302.
4) Andersson, O. A., Zur Kenntnis der Morphologie der Schilddrüse. Arch.
f. Anat. u. Phys., Anat. Abt. 1894, P- I 77 -
5) Askanazy, M., Ueber Ostitis deformans ohne osteoides Gewebe. Arbeiten
aus dem patholog. Institut Tübingen 1904, Bd. IV, Heft 3, p. 398.
6) B ab er, E. C., Contributions to the minute anatomy of the thyroid gland
of the dog. Phil. Trans, of the Royal Soc. of London 1876. Vol. 166. Part II.
7) Ders., Researches of the minute structure of the thyroid gland. Phil. Trans,
of the Royal Soc. of London 1881, No. 209, p. 279.
7*) Bayon, P. G., Erneute Versuche über den Einfluss des Schilddrüsen Ver¬
lustes und der Schilddrüsenfütterung auf die Heilung von Knochenbrüchen. Würz¬
burg 1903.
8) Benjamins, C. E., Ueber die Glandulae parathyreoideae (Epithelkörper¬
chen). Ziegler’s Beiträge, Bd. XXXI, 1902, p. 143.
9) Berkeley, Relation of parathyroids to paralysis agitans. Med. News.
2. Dezember 1905, ref. Treatment 1906, p. 118.
10) Biedl, A., Innere Sekretion (Vorlesungen im Sommersemester 1902). Wiener
Klinik 1903, p. 281. Ä
10^) Ders., K. k. Ges. der Aerzte in Wien, 10. Mai 1907. Wiener klinische
Wochenschr. 1907, p. 615.
Centralblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 26
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402
ix) Blum, F., Neues und Altes zur Physiologie und Pathologie der Schilddrüse.
XXIII. Kongress f. innere Medizin, München 1906, p. 183.
12) Blumreich, L. und Jacoby, M., Experimentelle Untersuchungen über
die Bedeutung der Schilddrüse und ihrer Nebendrüsen für den Organismus. Vor¬
läufige Mitteilung. Berl. klin. Wochenschr. 1896, No. 15, p. 327.
13) Dies., Experimentelle Untersuchungen über die Bedeutung der Schilddrüse
und ihrer Nebendrtisen für den Organismus. Pflüger’s Archiv 1896, Bd. LXIV, p. 1.
14) Cad£ac, C. et Guinard, L., Quelques faites relatifs aux accidents de
la tbyreoYdectoraie. Compt. rend. de la Soc. de Biologie 1894, 2 * Juin, p. 468.
15) Dies., Quelques remarques sur le r 61 e du thymus chez les sujets atteints
d’une sdtlration du corps thyroide ou £thyroides. Compt. rend. de la Soc. de Bio¬
logie 1894, *6 Juni, p. 508.
16) Dies., Contribution ä l’etude de quelques modifications fonctionnelles
relevöes chez les animaux 6thyroid6s. Compt. rend. de la Soc. de Biologie 1894,
16 Juin, p. 509.
17) McCallum, On the production of specific cytologic sera for thyroid and
parathyroid, with observations on the physiology and pathology of the parathyroid
gl and. Med. News, 31. Oktober 1903.
18) Ders., Tumor of the parathyroid gland. John Hopkins Hosp. Bull. XI,
1905.
19) Ders., Die Beziehung der Parathyroiddrtisen zu Tetanie. Centralbl. für
allgem. Path. u. path. Anat. 1905, Bd. LXXVI, p. 385.
20) Ders., The surgical relations of the parathyroid glands. Brit. Med. Journ.,
10. November 1906, p. 1282. Diskussion: V. Horsley.
.21) Ders., Further notes on the function of the parathyroid glands. Med.
News, 8. April 1905.
22) McCallum and Davidson, Further notes on the function of the para¬
thyroid glands. Med. News 1905, p. 18.
23) Capobianco, Fr., Ricerche microscopiche e sperimentali sugli effetti
della tiroidectomia. Riforma Medica 1895 und Internat. Monatsschr. f. Anat u. Physio¬
logie 1894, P- S I 5 -
24) Caro, L., Schilddrüsenresektionen und Schwangerschaft in ihren Beziehungen
zur Tetanie und Nephritis. Experimentelle und kritische Beiträge zur Frage der Epithel¬
körperfunktion. Mitteilungen aus den Grenzgeb. der Medizin und Chir. 1907, Heft 4.
25) Chantemesse et Marie, Les glandes parathyroidiennes de Thomme.
Soc. m6d. des h6p. 1893, Bd. X, p. 202. Semaine med. 1893, P- I 3 °-
26) Christens, D., Ueber die Ursachen der Tetania strumipriva. Hospitals-
tidende 1904, No. 39.
27) Chvostek, Bemerkungen zur Aetiologie der Tetanie. Wiener klinische
Wochenschr. 1905, p. 969.
28) Ders., Beiträge zur Lehre von der Tetanie. I. Die mechanische Ueber-
erregbarkeit der motorischen Nerven bei Tetanie und ihre Beziehung zu den Epithel-
körpern. Wiener klin. Wochenschr. 1907, p. 487.
28*) Ders., Beiträge zur Lehre von der Tetanie. II. Das kausale und die aus¬
lösenden Momente. Der akute Anfall von Tetanie nach Tuberkulininjektion. Wiener
klin. Wochenschr. 1907, p. 625.
28 b ) Civalleri, A., Sülle glandulae parathyreoideae delP uomo. Policlinico
1902, No. 3.
29) Conradi et Marchetti, Riv. di patol. nerv, e ment. 1904, p. 255.
30) Cristiani, H., Sur les glandules thyroidiennes chez le rat Compt rend.
de la Soc. de biologie 1892, p. 798, 22 Octobre.
31) Ders., De la thyreoidectomie chez le rat. Arch. de physiol. norm, et
pathol. 1893, P» 39-
32) Ders., Remarques sur l’anatomie et la physiologie des glandes et glandules
thyroidiennes chez le rat. Arch. de physiol. norm, et path. 1893, P- 164.
33) Ders., Des glandules thyroidiennes accessoires chez la souris et la cara-
pagnol. Arch. de physiol. norm, et path. 1893, p. 279.
34) Ders., Etüde histologique de la greffe thyroidienne. Compt. rend. de la
Soc. de biolog., 10. Nov. 1894, P* 716.
35) Ders., Evolution histologique de greffes faites avec du tissu thyreoYdien
conserv6. Journ. de physiol. et de path. gen. 1905, Bd. VII, p. 261.
36) Cristiani, H. et Ferrari, E., De la nature des glandules parathyroY-
diennes. Compt rend. de la Soc. de Biologie, Oktober 1897.
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403
37) v. Ebner, V., Von den Beischilddrüsen. Koelliker's Handb. der Ge¬
webelehre des Menschen 1902, Bd. III, p. 325.
38) Edmunds, W., Journal of Physiology 1895 un< * Journ. of Path. and
Bacteriol. 1896.
39) Ders., The patology of exophthalmic goitre. Brit. Med. Journ. 1901,
Bd. II, p. 773.
40) Ders., Journ. of Pathologie 1902.
41) v. Eiseisberg, Die Krankheiten der Schilddrüse. Deutsche Chirurgie
1901, No. 38.
42) Ders., Ueber physiologische Funktion einer im Sternum zur Entwicklung
gekommenen krebsigenSchilddrüsenmetastase. Langenbeck’s Arch. 1894,Bd.XLVIII,
p. 489.
43) Enderlen, Untersuchungen über die Transplantation der Schilddrüse in
die Bauchhöhle von Katzen und Hunden. Mitteilungen aus den Grenzgeb. der Med.
ü. Chir. 1898, Bd. III, p. 474.
44) Erdheim, Beitrag zur Kenntnis der branchiogenen Organe des Menschen.
Wiener klin. Wochenscbr. 1901, No. 41.
45) Ders., Zur normalen und pathologischen Histologie der Glandula thyreoidea,
parathyreoidea und Hypophysis. Ziegler’s Beiträge 1903, Bd. XXXIII, p. 158.
46) Ders., I. Ueber Schilddrüsenaplasie. II. Geschwülste des Ductus thyreo-
glossus. III. Ueber einige menschliche Kiemenderivate. Ziegler’s Beiträge 1903,
Bd. XXXV, p. 366.
47) Ders., Beiträge zur pathologischen Anatomie der menschlichen Epithel¬
körperchen. Zeitschrift f. Heilkunde 1904, Bd. XXV.
48) Ders., Tetania parathyreopriva. Kongress f. innere Med. München,
April 1906.
49) Ders., Tetania parathyreopriva. K. k. Ges. der Aerzte Wien, 1. Juni 1906.
Wiener klin. Wochenschr. 1906, p. 716 u. 817. Diskussion: Paltauf, v. Eiseis¬
berg, Kassowitz, Weichselbaum, Frommer, Escherich, Biedl, Clair-
mont, Pineies.
50) Ders., Tetania parathyreopriva. Mitteilungen aus den Grenzgebieten der
Med. u. Chir. 1906, Bd. XVI, 4. u. 5. Heft.
51) Ders., Zur Anatomie der Kiemenderivate bei Ratte, Kaninchen und Igel.
Anatomischer Anzeiger 1906, Bd. XXIX, p. 609 u. dgl.
52) Escherich, Mitteilungen der Ges. für innere Medizin u. Kinderheilkunde,
22. Nov. 1906. Diskussion: Erdheim, Hochsinger.
52*) Ders., K. k. Ges. der Aerzte in Wien, 10. Mai 1907. Wiener klinische
Wochenschr. 1907, p. 614.
53) Forsyth, D., A fatal case of myxoedema with changes in the parathyroid
glands. Lancet 1907, p. 154. (Diskussion zu diesem Vortrage in der Clin. Soc. of
London: Harnett, Edmunds, Brit. Med. Journ. 1907, p. 141.)
54) Ders., Öbservations on the parathyroids and accessory thyroids in man.
Brit Med. Journ. 1907, p. 372. Diskussion: Harnett, Bayon, p. 439.
54*) Ders., The structure and secretion of the parathyroid glands. Brit. Med.
Journ., 18. May 1907, p. 1177.
55) v. Frankl-Hochwart, Die Tetanie, Nothnagel’s Spez. Path. u. Ther. 1891.
56) Ders., Die Tetanie der Erwachsenen, Deutsche Klinik 1905, 151. Lieferung,
P- 933 -
57) Ders., Die Schicksale der Tetaniekranken, Wiener med. Wochenschr. 1906,
P- 309 .
58) Ders., Die Schicksale der Tetaniekranken. Neurolog. Centralbl. 1906,
No. 14 u. 15.
59) Fraina, Beitrag zur patholog. Anatomie der Glandula thyreoidea und der
Glandulae parathyreoideae. Pavia 1905, zitiert nach Guizzetti.
60) Frommer, V., Diskussion zum Vortrage Erdheim’s, Ges. der Aerzte
Wien, 22. Juni 1906. Wiener klin. Wochenschr. 1906, p. 818.
61) Ders., Experimentelle Versuche zur parathyreoidealen Insufficienz in bezug
auf Eklampsie und Tetanie, mit besonderer Berücksichtigung der antitoxischen Funk-
üon der Parathyreoideae. Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gyn. 1906, Bd. XXIV, Heft 6.
62) Gley, E. A., Note sur les fonctions de la glande thyroide chez le lapin
et chez le chien. Corapt. rend. de la Soc. de Biologie, 19. Dez. 1891, p. 843.
63) Ders., Des troubles tardifs, consecutifs ä la thyroidectomie chez le lapin.
Compt. rend. de la Soc. de Biologie, 16. Juli 1892, p. 666.
(Fortsetzung der Literatur folgt.)
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404
Die im Jahre 1880 von Ivar Sandström beschriebenen
Epithelkörperchen, deren physiologische Bedeutung erst ein volles
Dezennium später näher gewürdigt wurde, haben in den letzten
Jahren das steigende Interesse der pathologischen Anatomen, Inter*
nisten, Chirurgen, Neurologen und Gynäkologen wacbgerufen, indem
ihnen bei einer ganzen Reihe von pathologischen Zuständen eine
wichtige Rolle zugeschrieben wurde. Anfangs als eine anatomische
Merkwürdigkeit angesehen, ist das unscheinbare Organ zum Aus¬
gangspunkt eingehender experimenteller und biologischer Forschungen
geworden, deren Ergebnisse sowohl auf dem Gebiete der Physiologie
als auch der praktischen Chirurgie einen grossen Umschwung der
Meinungen hervorriefen. Ausgehend von den wichtigsten, namentlich
neueren anatomischen Arbeiten sollen im folgenden die experi¬
mentellen Studien, die Beziehungen zu pathologischen
Zuständen und endlich die organotherapeutischen Ver¬
suche zusammenfassend besprochen werden.
Die Nomenclatur des Organes war lange keine einheitliche.
Sandström nannte es Glandnlae parathyreoideae, analog den
Parovarien und Paradidymides, da er sie als embryonale Schilddrüse auf¬
fasste. Von Gley wurden die Drüsen „Glandule thyroi'dienne“,
von Hofmeister „Nebenschilddrüsen“, von Zielinska
„Acceseorieche Schilddrüsen“, von Jacoby und B1 um-
reich „Nebendrüsen“, von Tourneux und Verdun „Glan¬
dule thymique“, von Groschuff „Parathymussystem“ ge¬
nannt. Alle diese Bezeichnungen haben sich als unzutreffend erwiesen,
da sie einen nicht existierenden engen Zusammenhang mit der Schild¬
drüse voraussetzen oder wie die letzt angeführten Benennungen direkt
irreführend sind. In der letzten Zeit hat sich der von A. Kohn ein¬
geführte Name „Epithelkörperchen“, der nach dem histologischen
Typus des Organes gewählt ist und im übrigen nichts präjudiziert, fast
allgemein eingebürgert, v. Vereböly gibt ihnen den Beinamen bran-
chiale Epithelkörperchen. Von einzelnen Autoren wird auch die Sub¬
stanz aller Epithelkörperchen zusammen als der Epithelkörper schlecht¬
weg bezeichnet.
Anatomisches.
Sandström, dessen Arbeit aus dem erschöpfenden Referate
Walter Berger’s 154 ) bald allgemein bekannt wurde, beschrieb die
„Glandulae parathyreoideae“ als paarige Drüsen, die er bei 50 mensch¬
lichen Leichen konstant fand; er studierte sie ferner bei Hund,
Ratze, Kaninchen, Ochs und Pferd. Beide Drüsen liegen stets in
der unmittelbaren Nähe der Schilddrüse an der hinteren Fläche des
seitlichen Lappens oder in der Nähe des unteren Randes derselben.
Die Grösse beträgt meist 6 mm, kann aber auch bis 15 mm aus¬
machen. Die Drüsen präsentieren sich als mehr oder weniger platt-
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405
gedrückte Gebilde von rotbrauner Farbe mit einem Stich ins Gelbliche.
Die histologische Beschaffenheit der Drüse variiert nach drei Typen:
Sie erscheint 1. als eine einzige zusammenhängende Zellenmasse,
durchzogen von einem ziemlich dichten Kapillarnetz; 2. das Drüsen¬
parenchym besteht aus netzartig miteinander zusammenhängenden
Zellbalken, deren Maschen von den Blutgefässen und dem diese
umgebenden Bindegewebe ausgefüllt sind; 3. die Drüsenzellen sind
zu mehr oder weniger zahlreichen runden Klümpchen vereinigt, die
Sandström Follikel nennt. Er betont die Aehnlichkeit des histo¬
logischen Baues mit dem der Glandula pituitaria.
Die Glandulae parathyreoideae sind nach Sandström embryo¬
nale Schilddrüsen, die in verschiedenen Entwicklungsstadien stehen,
mehr oder weniger weit vom Schlusspunkte der Entwicklung (dem
Schilddrüsengewebe) entfernt sind. Die Frage ihrer physiologischen
Bedeutung lässt er offen, ist aber geneigt, ihnen eine pathologische
Bolle beizumessen. „Schon in ihrer Eigenschaft als embryonale
Bildungen liegt ein ätiologisches Moment für die Entstehung krank¬
hafter Neubildungen und, wenn man bedeokt, dass oft Geschwülste
am Halse Vorkommen, deren Aetiologie in Dunkel gehüllt ist, so
dürften diese Drüsen vielleicht Aufmerksamkeit von pathologisch
anatomischer Seite verdienen, wie sie die Glandulae thyreoideae
accessoriae bereits erlangt haben.“
Nicht zu verwechseln mit den Sandström’schen epithelialen
Zellgruppen, den echten Glandulae parathyreoideae, sind die meist
oberhalb der Schilddrüse gelegenen kleinen Lymphdrüsen, die eben¬
falls häufig als Glandulae parathyreoideae bezeichnet wurden. Beim
Hunde stellen sie (nach Blum) ca. bohnengrosse längsovale, weiss-
liche, oberhalb der eigentlichen Schilddrüsen gelegene Drüsen mit
lymphatischer Gewebsstruktur dar.
Sandström beobachtete bereits pathologische Veränderungen
des Organes, und zwar Cysten an der Oberfläche und innerhalb
desselben sowie Amyloidentartung der Gefässwände und Mem¬
brana propria der Drüsen.
Zweifelsohne wurden die Epithelkörperchen schon vor Sand-
ström gesehen, ohne dass jedoch ihre histologische Differenzierung
vom Scbilddrüsengewebe klar erkannt worden wäre. So hat sie
vielleicht schon Baber 6 ) beim Hunde als „Parenchym“ beschrieben.
In einer späteren Arbeit fasst derselbe Autor die Epithelkörperchen
als embryonales Schilddrüsengewebe auf (uach Forsyth unabhängig
von Sandström). Sandström selbst gibt an, dass wahrscheinlich
schon Bemak (Untersuchungen über die Entwicklung der Wirbel-
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tiere, Berlin 1868, S. 191) und Virchow (Die krankhaften Ge¬
schwülste, Bd. III1, S. 13) diese Gebilde beschrieben haben.
Unmittelbar nach Sandström hat Wölfler 18 *) eine analoge
Beschreibung unter demselben Namen (Glandulae parathyreoideae)
gegeben und sie gleichfalls als embryonale Entwicklungsstadien früh¬
zeitig abgelöster Schilddrüsenkeime aufgefasst. Auch Rogowitsch 14 *),
der die Epithelkörperchen von Hunden untersuchte, teilt diese An¬
sicht, glaubt, dass sie in ihrer weiteren Entwicklung in Schilddrüsen¬
gewebe übergehen können und unter Umständen für den Ausfall des
letzteren kompensatorisch eintreten. Hürthle 88 ) beschreibt bei
seinen histologischen Untersuchungen des Schilddrüsengewebes ein
„interfollikuläres Epithel", das sind Epithelzellen, welche sich nicht
an dem Aufbau der Follikel beteiligen und keine Colloidsubstanz
zwischen sieb führen; er fand sie in den peripheren Anteilen der
Schilddrüse und fasst sie wie seine Vorgänger als unentwickeltes
Drüsengewebe, als Reservematerial für die Neubildung von folliku¬
lärem Drüsengewebe auf.
L. R. Müller 126 ) wies die scharfe Trennung auch des inneren
Epithelkörperchens von der Schilddrüsensubstanz nach; wie dies
schon Sandström für das äussere Epithelkörperchen gezeigt, er¬
folge die Scheidung auch hier meist durch eine Bindegewebskapsel.
Im übrigen beobachtete er in höherem Alter fettige Degeneration
des Epithelkörpers.
A. Kohn 98-100 ) hat das Verdienst, zuerst die histologische und
genetische Sonderstellung der Epithelkörperchen, die strenge Ab¬
grenzung des Epithelkörperchen- vom Schilddrüsengewebe sichergestellt
zu haben. Er unterschied nunmehr genau zwischen Glandulae thyreoi-
deae accessoriae und Glandulae parathyreoideae; erstere sind inkon¬
stant, in ihrer Struktur dem Schilddrüsengewebe analog, letztere
kommen konstant paarig vor und enthalten niemals colloides
Gewebe. Kohn gibt ferner eine eingehende Trennung von inneren
und äusseren Epithelkörperchen und erwähnt, dass die letzteren in¬
folge ihrer scharfen Abgrenzung den Eindruck eines von der Schild¬
drüse funktionell unabhängigen Gebildes machen, v. Ebner 87 ) gibt
das histologische Bild der Beischilddrüse eines 8 jährigen Kindes
(Pikrin-Sublimat). Im übrigen seien von älteren Arbeiten die von
Chantemesse und Marie 26 ), Kollmann 101 ) und Welsh 181 )
erwähnt. Ein grosses Material hat Petersen 186 ) untersucht; er
fand unter 100 Fällen 25 mal parenchymatöse Schwellung, 15 mal
Colloidbildung, 6 mal Cystenbildung, 21 mal Fettdurchwachsung.
Benjamins 8 ) betont bei seinen histologischen Untersuchungen
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das konstante Vorkommen von Colloid in kleinen Quantitäten, „das
immer den Eindruck macht, nebensächlich zu sein.“ „Die Zelle
des Organs zeigt in Grösse, Form und Verhalten gegen Färbemittel
Bilder, wie wir sie bei anderen funktionierenden Organen sehen, deren
verschiedene Zellen sich im Zustande der Ruhe und Funktion befinden.“
An 105 Leichen jeden Lebensalters hat Civalleri ,8b ) festge-
stellt, dass die oberen Glandulae parathyreoideae dorsal von der Art.
tbyreoidea inf. und vom Nervus laryng. inf. an der hinteren Fläche
des Seitenlappens, die unteren ventral von dem Gefässnervenstrang
liegen, öfter in der Mehrzahl Vorkommen und sich in der ganzen
Gegend zwischen dem unteren Teil der Schilddrüse und dem retro¬
sternalen Fett finden, in welches letztere sie durch die schrumpfende
Thymus hineingezogen werden können.
Erd he im 46 ) hat bei seinen eingehenden histologischen Unter¬
suchungen an menschlichen Epithelkörperchen gefunden, dass der
Bau derselben beim Neugeborenen ein solider ist, im 2. Lebens¬
jahre aber durch Zerklüftung des Parenchyms in einen trabekulären
übergeht. Die von Welsh beschriebenen oxyphilen Zellen finden
sich in stets wechselnder Menge erst vom 10. Lebensjahre an. Im
5. Lebensjahre beginnen Fettzellen im bindegewebigen Teil des
Epithelkörperchens aufzutreten, nehmen an Menge zu, bis sie in
späterem Alter das Parenchym an Masse übertreffen. Zuweilen finden
sich Hämorrhagien mit eigentümlichem Abkapselungsverlauf.
Cysten sind beim Menschen im unteren Epithelkörperchen häufiger
als im oberen, zeigen aber hier wie dort den gleichen histologischen Bau.
H. Königstein® 6 ) hat zum Nachweise für die Sekretion
der Epithelkörperchen im Verlaufe von 3 Jahren 200 in Serien zer¬
legte Epithelkörper histologisch untersucht und die Präparate in
der Wiener Gesellschaft der Aerzte demonstriert. Es fanden sich
in lückenloser Reihe Uebergänge von einer Zellart des Epithelkörpers
(grosse polygonale, stark eosinophile, scharf begrenzte Zellen) zur
anderen (kleinere, geschrumpfte Zellen, welche die Eosinfärbung
weniger annehmen); es handelt sich daher nur um eine Zellart, die
je nach dem Stadium ihrer Funktion in verschiedener Form er¬
scheint, die nach der Füllung mit Sekret wechselnde Gestalt und
die follikuläre Anordnung der Zellen sowie der im Lumen befindliche,
deutlich färbbare Tropfen rufen den Eindruck eines typischen Sekre¬
tionsbildes hervor. Anatomische Veränderungen in den Epithel¬
körperchen, die mit klinischen Erscheinungen in Parallele gebracht
werden konnten, hat Königstein nicht beobachtet. Miliare Tuberkel¬
knötchen daselbst verliefen symptomenlos.
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t. Verebely 17 ®) hat die normale und pathologische Anatomie
der Epithelkörperchen auf Grund eines grossen Materiales studiert.
Er fand unter 138 Fällen nie mehr als 2 Epithelkörperchen auf
einer Seite, 108 mal waren 4, in nur 6 °/ 0 waren sie makroskopisch
gar nicht oder in niederer Zahl nachweisbar. Das obere liegt ent¬
weder am Stamm der zur Thyreoidea gehenden Arterie oder gerade
an ihrer Verästelung, eventuell hinter dem aufsteigenden Aste, nie
am Ramus descendens; das untere liegt stets in inniger Beziehung
zur oberen Spitze der Thymus, wie dies schon Kür st ein er 10 *) am
Fötus nachgewiesen hat. Meist liegt es einem kleineren Aste der
Arteria thyreoidea inferior oder den Stämmen der Venae inferiores
an. Bei der histologischen Untersuchung hebt v. Vereböly die
Anwesenheit leerer Lumina hervor, die er in 61 °/ 0 der Fälle kon¬
statierte. Es handelte sich stets — konform den Befunden Erd-
heim’s — um Individuen über 20 Jahre.
In einer vorläufigen Mitteilung berichtet Forsyth 64 ) über
anatomische Untersuchungen an ca. 60 menschlichen Objekten sowie
70 verschiedenen Tierarten. Die menschlichen Präparate wurden
möglichst bald nach dem Tode entnommen, es wurde die ganze
Schilddrüse samt ihrem umgebenden Gewebe herauspräpariert. Die
Zahl der Epithelkörperchen ist zunächst sehr variabel. An einer
Seite des Halses wurden in weniger als der Hälfte der Fälle 1 Epithel¬
körperchen, in ca. 1 / i der Fälle 2 Epithelkörperchen, manchmal
auch 3, in je 2 Fällen 4 und 5, in 1 Fall 6 Epithelkörperchen ge¬
funden. Sie liegen selten symmetrisch, ihre häufigste Position ist
die laterale Fläche der Schilddrüse, bei oder neben dem hinteren
Rande unter der Arteria thyreoidea inferior am Uebergang vom
mittleren zum unteren Drittel der Schilddrüse; an dieser Stelle
fanden sie sich in mehr als einem Drittel der Fälle. Die nächst
häufige Lage war am Uebergang vom oberen zum mittleren Drittel
der Schilddrüse in der Gegend der Arteria thyreoidea inferior (über
i j i der Fälle). In anderen Fällen lagen sie an dem unteren Pole
der Schilddrüse oder im benachbarten Gewebe oder in der Schild¬
drüsensubstanz selbst, ohne an der Oberfläche kenntlich zu sein,
seltener an der trachealen Oberfläche der Schilddrüse, in einem
Falle versteckt hinter dem oberen Teil des Sternums, niemals vor
der Schilddrüse. Die Epithelkörperchen können nur durch die
histologische Untersuchung als solche agnosziert werden. Meist
haben sie eine länglich-ovoide, leicht abgeplattete Form, die Ober¬
fläche ist glatt mit mehreren verästelten Gefässen. Die Farbe ist
gelblich-weiss, manchmal bräunlich, die Grösse schwankt zwischen
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der eines Stecknadelkopfes und fast 2 */ 2 cm. In bezug auf das
Alter finden sich die meisten Epithelkörperchen im jugendlichen
Alter und nehmen später progressiv an Zahl ab. Unter 1 Jahr
wurden 4—6, zwischen 1—10 Jahren meist 3—4, über 10 Jahren
nie mehr als 2 gefunden. Bei Individuen unter 20 Jahren wurden
sie immer gefunden, bei älteren manchmal nicht. Gerade das gegen¬
teilige Verhalten zeigten die accessorischen Schilddrüsen: unter
1 Jahre wurden sie nur selten, zwischen dem 30.—60. Lebensjahr
am zahlreichsten gefunden. Dieser Antagonismus in dem Auftreten
der beiden Organe in verschiedenen Lebensepochen weist nach
Forsyth auf eine enge physiologische Beziehung hin.
In einer weiteren Arbeit fasst Forsyth 64 *) seine Unter¬
suchungen über die Struktur und Sekretion der Epithel¬
körperchen (mit Ignorierung der Ergebnisse seit Sandström
und Welsh!) in folgende Sätze zusammen:
Die Glandula parathyreoidea zeigt, gleich anderen Drüsen, histo¬
logische Unterschiede der Tätigkeit und Buhe. Die sogenannten oxy-
philen Zellen sind durch körnige Sekretion ausgedehnte Zellen und die
sogenannten Hauptzellen repräsentieren das Erschöpfungsstadium. Ueber-
gangsformen sind häufig.
Die körnige Sekretion der Zellen ergiesst sich in die umgebenden
Lymphräume und oft fiiesst das Produkt mancher Zellen in Tropfen¬
form zusammen. Es kann entweder in einem irregulären Baum zwischen
den Zellen liegen oder eine zentrale Stellung einnehmen, um welche sich
die Zellen in Form eines Bläschens gruppieren. In beiden Fällen ge¬
langt das Sekret in das Innere der kleineren LymphgefäsBe und fiiesst
allmählich längs der grösseren Gefässe gegen die Oberfläche zu, wo es
von der Drüse weggeschwemmt wird.
Die Sekretion der Parathyreoidea erscheint sowohl in ihren physi¬
kalischen Charakteren als auch in ihren mikrochemischen Beaktionen
nicht unterscheidbar von der Kolloidsekretion der
Schilddrüse.
Während der ersten paar Monate des Lebens zeigen die Glandulae
parathyreoideae nur geringe, wenn überhaupt, Zeichen ihrer Tätigkeit.
Spätestens Ende des dritten Monates kann kolloide Sekretion gefunden
werden, obgleich der infantile Typus durch einige Jahre anhalten kann.
Genauere topographisch anatomische Untersuchungen
über die Epithelkörperchen beim Menschen mit vorzüglicher Berück¬
sichtigung der praktischen Bedürfnisse des Chirurgen
wurden in neuester Zeit von Rogers und Beebe sowie von
MacCallum 80 ) angestellt. Die ersteren Autoren glauben kon¬
statieren zu können, dass die Zahl der Epithelkörperchen in der
Begel kleiner als 4 ist und ihr Aufsuchen auf solche Schwierigkeiten
stösst, dass es förmlich ein Werk der Vorsehung sei, wenn man
ihnen answeicht. Auch Erd heim meint, dass das Präparieren
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der Epithelkörperchen, beziehungsweise der sie versorgenden G-efässe
bei Kropfoperationen ein unbilliges, ja oft unmögliches Verlangen
an den Chirurgen wäre, doch decke sich das Gebiet des
Rekurrens grossenteils mit dem, in welchem die Epithel¬
körperchen zu liegen pflegen (hintere Fläche der Seitenlappen,
medial an die Trachea grenzend, etwa 4 cm breit).
Nach MacCallum liegen die Epithelkörperchen, wenn man
von der hinteren Oesophaguswand aus präpariert, in dem lockeren,
fetthaltigen Gewebe entlang der hinteren Kante der Schilddrüsen¬
lappen. Sie können bei sorgfältiger Präparierung in jedem Falle
zur Ansicht gebracht werden. Sie sind durchschnittlich 6—8 mm
lang, 3 mm breit, 1—2 mm dick, abgeplattet, elliptisch, von weicher
Konsistenz, lichtbrauner Farbe, glatt und glänzend (im Gegensatz
zu den opaken Lymphdrüsen). Unter 64 Fällen wurden 36 mal 4,
10 mal 3, 15 mal 2, und 3 mal nur 1 Epithelkörperchen gefunden
(gemeinsam mit Dr. Whipple). Ihre Lage ist eine sehr inkon¬
stante, der Rekurrensverlauf kein sicherer Anhalts¬
punkt für sie. Man spricht am besten von einem oberen und
unteren (nicht inneren und äusseren) Epithelkörperchen. Das häufigste
Arrangement (19—20 Fälle) ist das folgende: Das untere Epithel¬
körperchen, das meist das grössere ist, liegt nahe der hinteren Kante
der Schilddrüse in dem lockeren Gewebe, das die runde Einkerbung
des unteren Schilddrüsenlappens ausfüllt, gerade über der Eintritts¬
stelle der Arteria thyreoidea inferior, das obere Epithelkörperchen
an der Hinterseite der Schilddrüse gegen den Oesophagus zu an
der Stelle, wo die Arteria thyreoidea superior absteigt; gewöhnlich
liegen sie symmetrisch.
Nach Erdheim 60 ) liegt das obere, meist kleinere, der Schild¬
drüse etwas inniger anhaftende ungefähr entsprechend der Mitte der
Lappenhöhe, das untere, grössere, mehr locker der Schilddrüse an¬
liegende tiefer gegen den unteren Pol zu. Neben dieser Anordnung
gibt es zahlreiche Ausnahmen; auch die Blutgefässversorgung ist
keine ganz konstante. So fand Erdheim z. B. nach Unterbindung
der Arteria thyreoidea inferior, die gewöhnlich das obere Epithel¬
körperchen versorgt, das letztere in einem Falle intakt.
Über das anatomische Verhalten der Epithelkörperchen bei den
einzelnen Tierspezies, die dann zu Experimenten herangezogen
wurden, liegen zahlreiche Angaben vor.
Bei der Batte finden sich meist 2 Epithelkörperchen, die
symmetrisch den beiden Schilddrüsenlappen eingelagert sind (Cri-
stiani 80-82 ) und von denen nach Freipräparierung an der Seiten-
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kante des Schilddrüsenlappens nur die obere Fläche als ein hellerer
Fleck im Schilddrüsengewebe sichtbar ist. Nach Erd heim kann
das Epithelkörperchen ausnahmsweise auch ausserhalb der Schild*
drüse, oft zwischen Trachea und Oesophagus eingezwängt liegen. Nach
demselben Autor ist die Zahl der accessorischen Epithelkörperchen in
jedem Falle eine wechselnde. Dieselben sind sehr klein, scheinen für
die Funktion gar nicht in Betracht zu kommen und liegen am häufigsten
um die Thymusspitze herum oder in ihr. Accessorische Epithelkörper*
chen fanden sich in allen Fällen mit grosser Regelmässigkeit.
Bei der Hausmaus ragt nach Cristiani 88 ) das linke Epi¬
thelkörperchen mehr aus der Schilddrüse hervor als das rechte,
während bei der Feldmaus das linke Epithelkörperchen ausserhalb
der Schilddrüse liegt und das rechte eben im Begriffe ist, die Drüse
zu verlassen.
Beim Affen sind nach Pineies 18# ) 4 Epithelkörperchen vor¬
handen, je 2 an der Innen- und AuBsenseite der beiden Schild¬
drüsenlappen, welche mit dem Schilddrüsengewebe sehr fest Zusammen¬
hängen und teilweise in dasselbe eingelagert sind, so dass eine
Herausnahme der Epithelkörperchen ohne gleichzeitige Beschädigung
des Schilddrüsengewebes sehr schwierig ist.
Erd heim 81 ) hat an verschiedenen Tierspezies die Anatomie
der Epithelkörperchen eingehend studiert (Affe, Pferd, Hund, Katze,
Kaninchen, Meerschweinchen, weisse Maus, in neuester Zeit
auch Ratte und Igel). In bezug auf das Auftreten der Fett¬
körner ergaben sich grosse Verschiedenheiten. Beim Affen sind
sie drüsig oder granulär, beim Pferde ringförmig oder vakuolär, beim
Kaninchen follikulär; bei Hund und Katze sehr kleiD, beim Kanin¬
chen übertreffen sie den Zellkern an Größe; bei der Katze treten
sie später, heim Kaninchen früher als in der Schilddrüse auf.
Grossen Wert misstErdheim mit Recht den accessorischen
Epithelkörperchen zu, die er bei Kaninchen und, wie erwähnt,
bei Ratten mit großer Regelmässigkeit fand. Unter den 9 accessori¬
schen Epithelkörperchen eines Kaninchens fand sich sogar 1, das
grösser war als das innere Haupt-Epithelkörperchen des Tieres.
Durch den Nachweis, dass beim Kaninchen in der Thymus zahl¬
reiche accessorische Epithelkörperchen Vorkommen, hat Erdheim
die widerspruchsvollen Ergebnisse früherer experimenteller Arbeiten
in befriedigender Weise erklärt, beziehungsweise die Hinfälligkeit
der aus diesen Experimenten gezogenen Schlüsse dargetan.
Anderson 4 ) hat bei Mus decumanus in „auf einer niedrigeren
Stufe stehen gebliebenen Schilddrüsenpartien“ Nerven gefunden, die
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wie in der Schilddrüse den Gefässen entlang ziehen, aber auch sich
in das Drüsengewebe einsenken. Anderson glaubt, daß hier
wirkliche intraepitheliale Endigungen vorliegen, und erklärt den Be¬
fund dadurch, daß während der Entwicklung der Drüse die Nerven
früher als das Bindegewebe in das Epithel hineinwachsen und gleich¬
sam die'Follikeleinteilung präformieren.
Forsyth, der an einen Uebergang des Epithelkörperchen¬
gewebes in Schilddrüsensubstanz (auch beim Menschen) glaubt, will
bei verschiedenen Tieren Schilddrüsen von mehr paratbyreoidaler
Struktur gefunden haben, wobei die Schilddrüsencharaktere an der
Oberfläche prädominierten, um weiter tiefer der parathyreoidalen
Struktur Platz zu machen (Wüstenmaus, Beatrix-Antilope, Vogel¬
arten u. a.). Bei einer jungen vierhörnigen Antilope fand er
ein Epithelkörperchen, bei dem die ganze Binde schon definitiv
in Schilddrüsengewebe umgewandelt war und diese Veränderung
sich deutlich in die Tiefe fortsetzte. (Fussnote zu seiner neuesten
Arbeit ® 4 *).)
Von den übrigen anatomischen Untersuchungen seien nur noch
die von Alquier*) (Hunde) erwähnt. Natürlich wurden auch an¬
lässlich der experimentellen Forschung die anatomischen Verhältnisse
bei einer ganzen Reihe von Tierarten klargestellt. Eingehende
Kenntnis der Zahl und Lage der Epithelkörperchen hei jeder der
genannten Tierspezies bildete eine notwendige Vorbedingung zur
Ausführung beweiskräftiger Experimente.
Embryologisches.
Das embryologische Verhalten der Epithelkörperchen
ist sowohl an Tieren (Kaninchen, Schweinen, Schafen, Maulwurf)
wie am Menschen studiert worden, doch sind die diesbezüglichen
Befunde noch nicht abgeschlossen. Stieda 164 ) entdeckte in den
Halsorganen eines Schweineembryos ausser der Thymus, Schilddrüse
und Glandula carotica noch eine vierte Epithelanlage, die später von
Schreiber 1119 ) als Glandula parathyreoidea gedeutet wurde. Nach
Prenant 142-144 ) entsteht dieses Organ aus der vierten Kiemen¬
tasche zusammen mit den lateralen Schilddrüsenanlagen (Studien an
Schafsembryonen). Simon 1#0_161 ) will bei Kaninchenembryonen
von 36 mm Länge ein Atrophieren und völliges Schwinden der
Epithelkörperchen beobachtet haben. Nach Untersuchungen am
Maulwurf schlägt Groschuff ,7 ) vor, das Gebilde Parathymus¬
system zu nennen, da es zwar aus der vierten Kiementasche stammt,
aber den aus der dritten Kiementasche stammeuden Organen (Thymus)
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ähnlich ist. S o u 1 i e und Verdun la2 ) unterscheiden beim Kanin¬
chen bereits 2 äußere und 2 innere Epithelkörperchen, von
denen die inneren (Glandules thyröoi'diennes) in der vierten Kiemen¬
tasche, die äusseren (Glandules thymiques) aus der dritten Kiemen¬
tasche entstehen. Beim Maulwurfsembryo fanden sie das innere
Epithelkörperchen atrophisch.
Beim Menschen gelangten Tourneux und Verdun 1 * 9 ) zu
dem Schlüsse, dass die Epithelkörperchen aus der Dorsalpartie der
vierten Kiementasche entstehen und stets paarig Vorkommen. Letztere
Annahme wird von Schreiber bestritten, welcher meint, dass die
Epithelkörperchen nur aus einer einzigen symmetrischen Anlage
hervorgehen und eine grössere Zahl derselben erst sekundär durch
Abschnürung von Epithelmassen zustande kommt. Bei den genannten
Untersuchungen am Menschen wurden nur die äusseren Epithel¬
körperchen studiert. Benjamins fasst die bisherigen embryologi¬
schen Befunde und seine eigenen dahin zusammen, dass das äussere
Epithelkörperchen eine selbständige Anlage hat, die in der vierten
Kiementasche zu suchen ist, und dass bei einigen Tieren konstant
ein inneres Epithelkörperchen gefunden wird, dessen Ursprung viel¬
leicht in der dritten Kiementasche gesucht werden müsse. Beim
Menschen komme ein inneres Epithelkörperchen so selten zur Be¬
obachtung, „dass man zweifeln kann, ob überhaupt ein solches in
der Kegel besteht oder aber die bisherigen Befunde auf Entwicklungs-
anomalien beruhen“.
Nach Zuckerkandl 187 ) stammen die Epithelkörperchen, wie
die Thymus, aus der dritten Schlundtasche, während die vierte keine
Epithelkörperchen hervorbringt.
Experimentelles.
Gley stellte die ersten Tierexperimente zur Erforschung der
physiologischen Funktion der Epithelkörperchen an. Er exstirpierte
Kaninchen sowohl die Schilddrüse als auch die beiden ausserhalb der¬
selben gelegenen Epithelkörperchen, und zwar entweder gleichzeitig
oder nur eines der beiden Organe. Wenn er die Schilddrüse und
die Epithelkörperchen entfernte, trat Tetanie auf, die bei isolierter
Exstirpation der beiden Epithelkörperchen oder der Schilddrüse aus¬
blieb. Gley schreibt auf Grund dieser Versuche den Epithel¬
körperchen die Fähigkeit zu, vikariierend für die Schilddrüse ein-
treten und so das Auftreten der Tetanie verhindern zu können. Da
aber, wie die späteren anatomischen Untersuchungen (namentlich
von Kohn) ergeben haben, das Kaninchen ausserdem noch 2 intra-
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thyreoidale Epithelkörperchen besitzt, wurde nur bei der gleich-
zeitigen Schilddrüsenexstirpation ein totaler Ausfall der Epithel¬
körperchen erzielt Gley hat daher über die Folgen des Epithel¬
körperchenausfalles an sich nicht ins klare kommen können.
Gley beobachtete ferner, dass nach einseitiger Exstirpation
das restierende Epithelkörperchen manchmal kompensatorisch hyper-
trophiert.
Durch die Experimente Gley’s wurde die alte Lehre, dass die
Entfernung der Schilddrüse bei Nagern ein ungefährlicher Eingriff
sei, während sie bei den Fleischfressern zum Tode führe, endgültig
widerlegt, indem er zeigte, dass auch bei den Nagetieren die Schild¬
drüsenoperation eine deletäre Operation ist, wenn man nur die
Epithelkörperchen mit entfernt
Die Ergebnisse der Experimente Gley’s sind in einer so grossen
Zahl kurzer Mitteilungen, die in der Sociötö de Biologie erstattet
wurden, niedergelegt, dass die Uebersicht und Zusammenfassung der¬
selben ein sehr mühevolles Unternehmen ist.®* -76 )
Hofmeister 88-8 *) unterzog die Untersuchungen Gley’s bald
einer Nachprüfung und bestätigte sie insofern, als er schwere Aus¬
fallserscheinungen nach Exstirpation der Epithelkörperchen kon¬
statierte, während er eine kompensatorische Hypertrophie des Organs
nach isolierter Exstirpation der Schilddrüse nicht beobachten konnte.
Er fand weiter, dass junge Kaninchen hierin eine Ausnahme
machen, da bei ihnen das Zurücklassen einer Glandula parathyreoidea
nicht genügt, um sie am Leben zu erhalten, wie dies Gley bei den
übrigen Tieren feststellte; Hofmeister meinte, dass die Drüsen
in diesem Alter, wo das Tier eine größere Menge von Schilddrüsen¬
substanz zu ihrer Wachstumsentwicklung nötig hat, noch nicht im¬
stande sind, den Verlust der Schilddrüsenfunktion zu ersetzen.
In einer Reihe von Arbeiten (Experimente an Kaninchen und
Katzen) sucht Moussu 118-1S4 ) den Nachweis zu liefern, dass der
Schilddrüse und den Epithelkörperchen je eine distinkte Funktion
zukomme, die in den verschiedenen Ausfallserscheinungen nach Ex¬
stirpation eines der beiden Organe zum Ausdrucke gelangt: der
Ausfall der Schilddrüse führt zu chronischen Erscheinungen, trophi-
schen Störungen, Myxödem, fortschreitender Kachexie, bei jungen
Tieren zu Kretinismus, die Exstirpation aller Epithelkörperchen führt
unter akuten Krampfanfällen rasch zum Tode, die partielle Exstirpation
ergebe ein an Morbus Basedowii erinnerndes Bild. Diese Lehre,
welche eine strenge Trennung des thyreopriven von dem para-
tbyreopriven Symptomenkomplex involviert, blieb lange die herrschende,
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bis spätere Untersuchungen ergaben, dass diese scharfe Grenze
zwischen akuten and chronischen Symptomen bei beiden Komplexen
eine unhaltbare ist, indem auch dem parathyreopriven Komplex
chronische (dystrophische) Symptome zukommen.
Cristiani 81-88 ), der die topographisch-anatomischen Verhält¬
nisse der Halsorgane der Batte studiert hat, exstirpierte diesen
Tieren die Schilddrüse samt den Epithelkörperchen und beobachtete
mit grosser Begelmässigkeit wenige Tage nach der Operation das
Einsetzen einer zum Tode führenden Tetanie. Auf eine mögliche
physiologische Bolle der Epithelkörperchen hat Cristiani bei
seinen Versuchen keine Rücksicht genommen. Bei seinen Schild¬
drüsentransplantationsversuchen bat der Autor zusammen mit
Ferrari 88 ) gleichzeitig die Epithelkörperchen mittransplantiert
Dieselben erwiesen sich sogar in Kochsalzlösung haltbarer als das
früher nekrotisch werdende Schilddrüsengewebe. Die Schilddrüse
und die Epithelkörperchen degenerieren zuerst, erholen sich dann
aber wieder, und zwar entwickelt sich jede Drüsensubstanz wieder
in ihrer ursprünglichen Struktur, woraus die beiden Autoren mit Recht
schliessen, dass die Epithelkörperchen keine embryonalen Schilddrüsen¬
anteile sind. Eine ähnliche Beobachtung hat Enderlen 48 ) gemacht,
der gleichfalls Schilddrüsen plus Epithelkörperchen transplantierte.
In der jüngsten Zeit berichtet Biedl 10 *), dass ihm die Trans¬
plantation der Epithelkörperchen, und zwar nach dem
Payr’schen Verfahren (Implantation in die Milz), gelungen sei.
Er hat 2 Hunden je 2 eigene Epithelkörperchen in die Milz ver¬
pflanzt. Bei dem einen Tiere wurde 13 Tage später die Totalexstir¬
pation der Schilddrüse und der anderen 2 Epithelkörperchen vor¬
genommen ; es traten keine Ausfallserscheinungen auf. Der 2. Hund
erkrankte 4 Tage nach Exstirpation der Schilddrüse an schwerer
Tetanie, nach Einführung von 30 Stück Schilddrüsentabletten mittels
Schlundsonde erholte sich der Hund über Nacht vollständig. Biedl
betrachtet die bei dem 2. Hunde aufgetretene vorübergehende
Tetanie als ein Zeichen der funktionellen Insufficienz der in der
Milz eingeheilten Epithelkörperchen gegenüber den erhöhten An¬
forderungen, welche an ihre Tätigkeit durch die Entfernung der 2
anderen Epithelkörperchen plötzlich gestellt wurden. Ausserdem hat
Biedl 1 Hund und 1 Katze je 2 Epithelkörperchen von anderen
Tieren in die Milz implantiert, die Tiere zeigten keine Störungen.
Auch Leischner 106 *) hat Epithelkörperchen erfolgreich trans¬
plantiert. Er verwendete als Versuchstiere — wie Erdheim —
Ratten und wählte als Implantationsstelle einen Raum zwischen
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Musculus rectus abdominis und Peritoneum oder eine Rectustasche;
wegen der Unmöglichkeit der vollständigen Isolierung der Epithel¬
körperchen wurde stets etwas Schilddrüsengewebe mit verpflanzt.
Wurden die Epithelkörperchen nacheinander transplantiert, trat
niemals Tetanie auf, bei gleichzeitiger Verpflanzung beider Epithel¬
körperchen in die Bauchwand entstand vorübergehende typische
Tetanie; nach Exstirpation der Epithelkörperchen aus der Bauch¬
wand gingen die Ratten an Tetanie zugrunde. Mehrere Tiere mit
fremden, artgleichen transplantierten Epithelkörperchen (nach Ent¬
fernung der eigenen) blieben nach zweimonatlicher Beobachtung frei
von tetanischen Symptomen.
De Quervain 14 *), Paladino 180 ), CadSac u. Guinard 14-14 ),
Capobianco* 8 ), Edmunds 88-10 ) und Rouxeau 181-188 ) haben
die Befunde Gley’s, „des Vaters der Tbyreoidektomie“, wie er von
manchen Autoren genannt wird, grösstenteils bestätigt. Rouxeau
konstatierte ausserdem bei Kaninchen nach inkompleter Thyreoid-
ektomie eine deutliche Gewichtszunahme der Glandula parathyreoidea.
Lusena 108 ) konnte an 19 Hunden durch totale Parathyreoidektomie
stets prompt Tetanie hervorrufen.
Im Jahre 1896 haben Vassale und Generali 174 ) durch ihre
Versuche an Katzen und Kaninchen die hochwichtige, anfangs aber
völlig unbeachtet bleibende Tatsache festgestellt, dass beim Versuchs¬
tiere die Exstirpation aller vier Epithelkörperchen von tödlicher
Tetanie gefolgt ist, während dieser Effekt bei Totalexstirpation der
Schilddrüse mit Erhaltung der Epithelkörperchen ausbleibt. Die
beiden Autoren stellten ferner fest, dass die Schwere der post¬
operativen Tetanie ungefähr proportional der ausgefallenen Epithel¬
körperchensubstanz zu sein pflegt.
Welsh 181 ) hat isolierte Epithelkörperchenexstirpationen mit
Belassung der ganzen Schilddrüse an Katzen vorgenommen. Die
auftretenden Ausfallserscheinungen entsprachen in ihrer Intensität
ungefähr der Zahl der entfernten Epithelkörperchen, indem nach
Verlust von 4 Epithelkörperchen die Tiere sämtlich unter akuten
Erscheinungen starben, nach Exstirpation von 3 Epithelkörperchen
nur ein Teil der Tiere zugrunde ging, während der Ausfall von
2 Epithelkörperchen anstandslos vertragen wird.
Walbaum 170 ) suchte durch Experimente an Kaninchen die
Bedeutung der Glandulae paratbyreoideae zu erforschen, indem er
jedes der vier Epithelkörperchen teilweise oder vollständig exstirpierte,
bzw. auf die Serosa des Magens transplantierte. Die Ausfalls¬
erscheinungen bestanden in tetanischen Erscheinungen, Krämpfen
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und zunehmender Kachexie, die Tiere wurden stumpfsinnig und
struppig. Wal bäum glaubt, aus einigen Versuchen schliessen zu
können, dass die äusseren Epithelkörperchen eine andere Funktion
haben als die inneren. Den Epithelkörperchen kommt eine lebens¬
wichtige, von jener der Schilddrüse verschiedene Funktion zu. Bei
den Transplantationsversuchen ergab sich, dass die Epithelkörperchen
iu der Magenserosa zwar einheilten, jedoch bald degenerierten. Total
p&r&thyreoidektomierte Kaninchen können durch diese Art der Trans¬
plantation nicht am Leben erhalten werden.
Biedl 10 ) hat die Befunde von Vassale und Generali durch
seine eingehenden Studien über „innere Sekretion“ der Schilddrüse
und der Epithelkörperchen auf eine breitere Basis gestellt und klar
betont, dass die alleinige Entfernung aller 4 Epithelkörperchen
beim Versuchstiere zur tödlichen Tetanie führt, wobei die Entfernung
oder Belassung der Schilddrüse oder eines Teiles derselben irre¬
levant ist. In der Kritik der bisherigen experimentellen Unter¬
suchungen wies Biedl darauf hin, dass bei den Schilddrüsenexstir¬
pationen und -Transplantationen früherer Autoren auf die Epithel¬
körperchen keine Rücksicht genommen wurde. Biedl hat an Affen,
Hunden und einem jungen Fuchse experimentiert. „Exstirpierte ich
einem Affen die Epithelkörperchen, welche, wie beim Menschen,
ausserhalb der Schilddrüsenkapsel liegen, aber nicht leicht zu finden
sind, so trat eine typische Tetanie auf, welcher das Tier nach kurzer
Zeit erlag. Exstirpierte ich aber die Schilddrüse, was beim Affen
spielend leicht gelingt, wenn man auch nicht im vorhinein sicher
ist, ob nicht die kleinen Epithelkörperchen mitexstirpiert werden,
dann blieb das Tier scheinbar gesund, konnte aber nur relativ kurze
Zeit (1—2 Monate) am Leben erhalten werden. Hierbei ist aller¬
dings zu berücksichtigen, dass die Affen unter so ungünstigen Ver¬
hältnissen wie in unseren Laboratorien meist ohnehin nicht lange
ausdauem.“ Biedl empfiehlt den Chirurgen die Schonung der
Epithelkörperchen bei Strumektomien. Bei partieller Parathyreoid-
ektomie trat bei den Tieren keine oder nur vorübergehende Tetanie
auf. Letztere Folgeerscheinung konstatierte Biedl auch bei einem
jungen Fuchse, der 24 Stunden nach totaler Schilddrüsenexstirpation
typische Tetanie zeigte. Nach subkutanen Injektionen von Schild-
drüsensaft verschwanden die tetanischen Erscheinungen am nächsten
Tage; das Tier starb nach einigen Monaten an Kachexie. Biedl
meint, dass die initiale vorübergehende Tetanie durch eine bei der
Operation erzeugte Störung der Blutversorgung der Epithelkörperchen
bedingt war.
Centrmlblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 27
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418
Pineies 157 ) hat zur Klarstellung der Funktion der Epithel*
körperchen eine Reihe von Versuchen an Affen, Katzen und Kaninchen
angestellt. Letztere Tiergattung lieferte keine klaren Versuchs¬
resultate. Affen schienen deshalb besonders geeignet, weil bei ihnen
die Ausfallserscheinungen nach Schilddrüsenexstirpation einen mehr
chronischen Charakter haben, während sie bei den anderen Tieren
rasch zum Tode führen. Die Versuche wurden grösstenteils in der
Weise vorgenommen, dass in 2—3 Sitzungen nach und nach alle
4 Epithelkörperchen entfernt wurden; erst nach Verlust aller Epithel¬
körperchen traten schwere, zum Tode führende tetanische Symptome
ein, während der Verlust von 3 Epithelkörperchen zuweilen ohne
merkliche Störungen vertragen wurde. Bei 2 Affen, bei denen alle
4 Epithelkörperchen exstirpiert worden waren, entwickelte sich eine
progressive Tetanie mit schlaffen Lähmungen und Kontrakturen,
endlich traten Apathie, Krämpfe und Exitus ein. Affen, denen neben
sämtlichen Epithelkörperchen die ganze Schilddrüse exstirpiert wurde,
zeigten ausserdem trophische Störungen, wie Haarausfall, Anämie,
Hautgeschwüre, Oedem der oberen Augenlider. Katzen, denen alle
4 Epithelkörperchen exstirpiert worden waren, starben in durch¬
schnittlich 5 7a Tagen an akuter Tetanie mit einfachen und spastischen
Lähmungen. Wurde den Katzen die ganze Schilddrüse und nur ein
Teil der Epithelkörperchen entfernt, so zeigten sie zunehmende
Apathie und trophische Störungen (Cachexia strumipriva), aber keine
Muskelspasmen. Auf Grund dieser Versuche hält es Pineies für
sehr wahrscheinlich, dass die letale Tetanie der Exstirpation der
Epithelkörperchen, die trophischen Störungen dem Ausfall der Schild¬
drüsensubstanz zuzuschreiben seien.
In einer weiteren Arbeit hat Pineies 158 ) das Krankheitsbild
der Thyreoaplasie aus allen jenen Symptomen hervorgehoben,
die man früher unter der Bezeichnung sporadischer Kretinismus zu¬
sammenwarf. Die regelmässigen klinischen Erscheinungen bestehen
in Zwergwuchs, kretinenhafter Gesichtsbildung, myxomatöser Haut¬
beschaffenheit, Anämie, Stuhlverstopfung, Nabelhernie, Genitalatrophie
und hochgradiger Idiotie. Der charakteristische pathologisch-ana¬
tomische Befund besteht hierbei in einem vollkommenen Defekt der
Schilddrüse und normalem Verhalten der Epithelkörperchen. Da
P i n e 1 e s bei thyreoaplasischen Kindern niemals tetanische Symptome
fand, so gelangte er zu der Ueberzeugung, dass das Fehlen der Tetanie
bei der Thyreoaplasie mit dem vollkommen normalen Verhalten der
Epithelkörperchen zusammenhängt. In 2 Fällen von kongenitalem
Defekt der Schilddrüse wurden die Epithelkörperchen normal ge-
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fanden (Maresch 111 ), Peucker 188 )). Pineies bringt ferner die
menschliche strnmiprive Tetanie mit dem Epithel¬
körperchenaasfall in Zusammenhang, indem er darauf
hinweist, dass nach Entfernung ron Zungenstrumen Tetanie immer
▼ermisst wird, während sie nach Exstirpation beider Seitenlappen
der Schilddrüse auffallend häufig auftritt. Die menschliche und die
bei Tieren experimentell erzeugte Tetanie bieten analoge Merkmale:
Erhöhung der galvanischen und mechanischen Erregbarkeit, tetanische
Anfälle, Muskelspasmen (die P i n e 1 e s besonders bei Affen beobachtet
hat), schlaffe Paresen, „Intentionskrämpfe“.
Manca 10 *) konnte nach vollständiger Thyreoparathyreoidektomie
konstant bei verschiedenen Tieren Nieren Veränderungen beobachten,
die nichts Spezifisches haben, sondern bald in mehr parenchymatösen,
bald in mehr interstitiellen Veränderungen bestehen.
Christens 28 ) hat die ätiologische Bolle des Epithelkörperchen¬
ausfalles bei der Tetanie durch Experimente an Katzen und Ziegen neuer¬
dings bestätigt und gelangte ausserdem zu der Ansicht, dass die Parathy-
reoidektomie kaum einen Gewichtsverlust der Tiere hervorrufen könnte.
In der jüngsten Zeit hat Alquier 2 ) an Hunden die experi¬
mentellen Folgen der totalen Entfernung der Epithelkörperchen
neuerdings bestätigt; er konnte bei allen Hunden klassische Er¬
scheinungen der Tetanie beobachten, die am 3.—5. Tage nach der
Operation auftraten. Die totale Entfernung der Epithelkörperchen
wurde durch histologische Nachuntersuchung verifiziert! Alquier
gibt gleichzeitig eine Uebersicht über die experimentellen Ergebnisse
der früheren Autoren.
Auf die von mehreren Autoren gegen die bisherigen Ergebnisse
der Experimentalpathologie erhobenen Einwendungen kommen wir
später im Abschnitt: „Gegner der Lehre von der Tetania
parathyreopriva“ zu sprechen.
Beziehungen der Epithelkörperchen zn pathologischen
Zuständen.
Tetania parathyreopriva.
Der grosse Umschwung, der sich auf Grund der skizzierten
experimentellen Forschungen namentlich auf chirurgischem Gebiete
vollzog, bestand darin, dass die nach ausgedehnten Strumektomien
auftretenden tetanischen Ausfallserscheinungen nunmehr nicht auf
den Schilddrüsenverlust, sondern auf den Epithelkörperchenausfall
bezogen wurden; aus dem Symptomenkomplex der Tetania thyreo-
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priva wurde ein teilweise noch nicht streng abgegrenzter neuer
Symptomenkomplex, der der Tetania parathyreopriva, herausgehoben.
Wenngleich die Differenzierung der beiden Symptomenkomplexe
noch keineswegs einstimmig gebilligt und sogar die funktionelle Be¬
deutung der Epithelkörperchen von einzelnen Autoren noch völlig
geleugnet wird, steht doch ein grosser Teil der Chirurgen bereits
auf den! Boden der neuen Lehre und zieht, wie im folgenden er¬
sichtlich, auch die praktischen Konsequenzen. An dem Ausbau der
Lehre ist namentlich die Wiener Schule (Biedl, v. Eiseisberg,
Erdheim, Faltauf, Pineies) hervorragend beteiligt.
Um die Pathologie der Epithelkörperchen, besonders ihre even¬
tuelle Beteiligung bei Strumen, zu studieren, hat Benjamins 8 )
20 Fälle von chirurgisch entfernten Kröpfen histologisch untersucht
(8 colloide Strumen, 6 parenchymatöse, 2 proliferierende Strumen,
1 Struma maligna, 3 Strumen bei Morbus Basedowii). Er konnte
mit grosser Regelmässigkeit konstatieren: „Keine der Parathyreoideae
hatte eine Grösse, die als übermässig qualifiziert werden könnte,
viele waren sogar klein. Auch mikroskopisch waren keine progressiven
und aussernormalen, dagegen öfter regressive Erscheinungen zu sehen.“
(Hydropische Degeneration, Atrophie, besonders der Randpartien,
Verfettung, Oedem des Stromas, Zirkulationsstörungen, die er auf
den Druck durch die anwachsende Schilddrüse zurückführt). Ben¬
jamins konnte die Aufgabe, die Erdheim später mit vollem Er¬
folg gelöst hat, nicht zu Ende führen, nämlich in den histologisch
untersuchten Fällen nachzuprüfen, ob die klinischen Erscheinungen
sich in eine Beziehung zu den Befunden an den Epithelkörperchen,
bzw. zu dem Fehlen derselben bringen Hessen. Benjamins konnte
von den 20 Fällen nur 9 Krankengeschichten erhalten, 5, bei denen
die Drüsen gefunden wurden, 4, bei denen sie zu fehlen schienen.
Bei den 5 Patienten der ersteren Art blieben nur einmal tetanische
Folgeerscheinungen aus, während sie in den 4 Fällen, wo
die Drüsen geschont worden waren, niemals zu be¬
obachten waren. Benjamins, der aus seinen zum Teil un¬
vollständigen Befunden keine weiteren Schlüsse ziehen will, findet
dieses differente Verhalten sehr beachtenswert. Auch die Schwere
der Tetanie entsprach ungefähr dem Epithelkörperchenverluste; unter
den 5 Fällen war die Tetanie zweimal eine länger dauernde, in beiden
Fällen wurden im exstirpierten Präparat 3 Epithelkörperchen ge¬
funden. Es fand sich übrigens kein letal endigender Tetaniefall.
(Ein Patient starb 24 Stunden post operationem an Blutung im
Mediastinum.) ( Fortsetzung folgt.)
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n. Referate.
A. Tumoren.
Further experimental investigations into the growth of tumors.
Yon Leo Loeb. Univ. of Pennsylvania, Bd. XIX, p. 113.
Verf. impfte japanische Mäuse mit Bruchstücken eines drüsigen
Tumors der Submaxillargegend einer Maus und erzeugte bei denselben
Tumoren identischen Baues. Bei der Uebertragung auf eine andere
Serie von Mäusen zeigten die sich bildenden Neoplasmen neben drüsigen
Elementen auch noch spindlige Sarkomzellen. Daraus folgert Verf., dass
es einen Mikroorganismus geben muss, der in Drüsengewebe Carcinom,
in Bindegewebe dagegen Sarkom zu erzeugen imstande ist.
Schrumpf (Strassburg).
Uebertragung von Tumoren bei Hunden durch den Geschlechtsakt.
Von A. Sticker. Berl. klin. Wochenschrift 1906, No. 49.
Um die Frage prinzipiell zu lösen, ob Tumorzellen, welche sich
durch Ulceration von den Muttergeschwülsten losgelöst haben, noch
intakt sein können und nicht durch vorhandene Entzündung und Ver¬
jauchung so geschädigt werden, dass ihre Wachstumfähigkeit verloren
gegangen ist, hat Verf. an Hunden Versuche angestellt, die dahin ent¬
schieden, dass auch aus ulcerierenden Tumoren lebende, zu progressivem
Wachstum befähigte Geschwulstelemente in die Aussenwelt gelangen
können. Ulcerierende Vaginaltumoren boten Verf. Material, um die
Frage zur Entscheidung zu bringen, ob nicht durch Kontakt spontane
Tumoren bei anderen Tieren entstehen können. Verf. liess eine Hündin,
die in der Vagina Sarkomknoten besass, von 4 Hunden decken. Bei
allen entwickelten sich nach einer Latenzzeit von ca. 3 1 / 9 Monaten hirse¬
korngrosse Sarkome, die als Kontakttumoren aufzufassen sind. Verf.
glaubt, dass die erhobenen Befunde geeignet sind, über gewisse Er¬
scheinungen in der Pathologie der Geschwülste des Menschen zum Nach¬
denken anzuregen. Raubitschek (Wien).
Beitrag zur Operabilität des Lymphosarkoms. Von Kraft. Wien.
klin. Wochenschr. 1906, No. 18.
Verf. erwähnt 2 Fälle von Lymphosarkom des Darmes, die durch
Resektion des erkrankten Darmteiles geheilt wurden. Im ersten Falle
handelte es sich um ein 11 jähriges Mädchen, bei dem 180 cm Dünn¬
darms reseziert wurden, im zweiten um ein 16 jähriges Mädchen, bei
dem ebenfalls ein Stück des lleums von etwa 20 cm Länge reseziert
wurde. Beide Patientinnen überstanden den Eingriff gut und sind jetzt
nach l J / 2 und 1 / 2 Jahr noch völlig beschwerde- und recidivfrei.
Wiemer (Aachen).
Rückbildung des Lymphosarkoms auf nicht operativem Wege.
Von Ruff. Wiener klin. Wochenschr. 1906, No. 18.
Anknüpfend an die Beobachtung verschiedener Autoren, die Lympho¬
sarkome ohne operativen Eingriff, wenigstens ohne Radikaloperation, ver¬
schwinden sahen, berichtet Verf. über zwei von ihm beobachtete Fälle.
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Bei einem 29 jährigen Manne handelte es sich um ein Lympho¬
sarkom der linken Tonsille. Trotz radikaler Entfernung bildete sich
nach kurzer Zeit ein Recidiv (Probeexzision), das jedoch wider Erwarten
nach Gebrauch von Arsen bald zurückging. Eineinhalb Jahr später trat
auf der rechten Seite ebenfalls ein Lymphosarkom auf, das vom Hals
aus Umschnitten wurde. Wieder bildete sich wie auf der linken Seite
ein Recidiv, das auch bei Arsenbehandlung verschwand. Jetzt ist
Patient schon 4 Jahre recidivfrei.
Bei einem zweiten Patienten handelte es sich um einen inoperablen
Abdominaltumor, ausgehend von retroperitonealen Drüsen. Da alles
andere auszuschliessen war, stellte man die Diagnose Lymphosarkom.
Eine Probeexzision konnte leider nicht gemacht werden. Als sich Patient
einige Wochen nach seiner Entlassung wieder vorstellte, war von dem
vor der Operation (Probelaparotomie) sehr deutlich palpablen Tumor
nichts mehr als eine strangförmige Resistenz zu fühlen.
Durch die erschöpfenden Literaturangaben ist der Wert der Arbeit
nicht unbedeutend. Wiemer (Aachen).
The prevention of cancer regarded &s a practical question ripe
for solution. Von C. B. Keetley. Lancet, 13. Oktober 1906.
Gibt es eine Prophylaxe des Ulc. rotund. und des Ca. ventriculi?
Alles hängt davon ab, ob die Ursache der Erkrankung auf ein lebendes
Wesen zurückzuführen ist, welches von aussen in den Organismus ein¬
dringt. Es besteht viel Grund für die Annahme, dass die Entwicklung
des Ca. auf der Einwirkung eines lebenden Organismus beruht und auch
die einander so sehr wiedersprechenden histologischen Befunde können
diese Annahme nicht zurückweisen.
Verf. fragt sich: Was hat die Nahrungsaufnahme zu tun mit der
Entstehung einer chronischen Gastritis oder einer Magendilatation ? Oder
der Alkohol? Ist nicht Gastrit. chron. eine prädisponierende Ursache
für Ca.? und nicht ebenso alte gastrische Geschwüre und Narben?
Folgende Regeln sollen zur Verhinderung der Ca.-Bildung dienen:
1. Die Nahrung ist zu sterilisieren; denn die Majorität der Ca.
ergreift den Ernährungskanal und namentlich jene Teile, wo Nahrung
und Fäces einige Zeit verweilen.
2. Die reguläre und sorgfältige Reinhaltung von Brustwarze und
Genitale. Diese Organe werden oft durch die Sekretion benässt, nament¬
lich während der Zeit der Laktation, wo Brustwarze und kindlicher Mund
die peinlichste Reinlichkeit und Trockenheit erheischen.
3. Pflege von Mund und Zähnen.
4. Die Verbandstoffe maligner, secernierender Ulcerationen sind vor¬
sichtig zu vernichten, ohne dass die Finger oder andere Wäschestücke
mit ihnen in Berührung kommen.
5. Nicht maligne Geschwüre und Tumoren sind zu behandeln, da
sie oft der Ausgangspunkt für Ca. sind.
6. Carcinomatöse sowie suspekte Tumoren und Geschwüre sind
radikal zu entfernen, wobei die beste Gewähr einer vollständigen Heilung
geleistet wird.
7. Abstinenz von Alkohol, Tabak und jenen Nahrungsmitteln,
welche Stoffe produzieren, die durch Nieren, Eingeweide und Haut nicht
leicht ausgeschieden werden können und welche chronische Entzündungs-
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prozesse und Qeschwüre verursachen, die oft Ca. im Gefolge haben.
Warnung vor exzessivem Essen und Trinken.
8. Die grösste Zahl der Erkrankungen wird direkt oder indirekt
Ton einem Menschen auf den anderen übertragen; daher möglichste Zurück¬
haltung im Verkehr geboten.
9. Die Sorgfalt des Dienstpersonals im allgemeinen Dienst und be¬
sonders in der Küche. Das erste Erfordernis ist ausgiebige Menge
heissen Wassers, ferner reine Kleidung und Wäsche, Seife, Soda, ge¬
nügend Licht. Ungekochte Nahrung ist sorgfältigst zu behandeln, der
Gesundheitszustand des Dienstpersonals zu überwachen.
Herrnstadt (Wien).
On spontaneous eure of cancer. Von H. R. Gaylord und G. H.
A. Clo wes. Surgery, Gynecology and Obstetrics. June 1906.
Die Verff., denen die Ueberimpfung von Krebs auf Mäuse in einer
grossen Anzahl von Fällen gelungen ist, haben die Beobachtung ge¬
macht, dass ein nicht geringer Prozentsatz derartiger experimentell über¬
tragener Tumoren spontan heilte. Sie gelangen auf Grund ihrer Ver¬
suche zu folgenden Schlüssen:
1. Bei mit Krebs geimpften Mäusen tritt in etwa 23 °/ 0 der Fälle
Spontanheilung des Carcinoms ein.
2. Die Wahrscheinlichkeit einer Spontanheilung steht im umge¬
kehrten Verhältnis zur Grösse des Tumors.
3. Das Vorkommen spontaner Heilungen weist auf die Existenz
von Immunkörpern hin, so dass man das Carcinom nicht für eine ab¬
solut unheilbare Krankheit halten darf und weitere Untersuchungen an¬
stellen sollte, um eine serotherapeutische Behandlung zu entdecken.
von Hof mann (Wien).
A case of cancer in the male breast. Von Ernest Peachell.
Lancet, 15. Dezember 1906.
Es handelt sich um einen 58 Jahre alten Mann, der wegen Melan¬
cholie ins Spital aufgenommen war; beide Brüste waren mehr als normal
entwickelt, links unterhalb der Brustwarze war ein kleiner, unregel¬
mässiger, weicher Tumor, der weder an der Haut noch den Muskeln adhärent
war: die regionären Drüsen waren nicht vergrössert. Diese Geschwulst
war vor 2 Jahren entstanden und nahm allmählich an Grösse zu, wurde
schliesslich hart und an Haut und Muskeln adhärent; bei Druck auf
die Brustwarze entleerte sich etwas Blut. Brust und Teil des Musculus
pectoralis wurden entfernt, nach kurzer Erholung starb Patient an Fett¬
herz und Synkope. Bei der Nekropsie fanden sich keine Metastasen in
den anderen Organen, die Geschwulst hatte den Musculus pectoralis
durchsetzt und war mikroskopisch ein Scirrhus; die axillaren Drüsen
waren nicht erkrankt. Herrnstadt (Wien).
X rays in the treatment of Carcinoma and sarcoma. Von Chisholm
Williams. Lancet, 26. Januar 1907.
Die ersten 16 Fälle, welche mit X-Strahlen behandelt wurden,
starben innerhalb 8 Monaten vom Beginn der Behandlung, in allen
liess sich jedoch ein Nachlassen der Schmerzen beobachten. Im April
1900 entfernte Autor einen kleinen Tumor in der linken Parotisgegend,
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es handelte sich um ein Fibrosarkom; 4 Monate später bildete sich ein
etwa walnuBsgrosses Recidiv. Patient bekam 13 Applikationen durch
je 5 Minuten mit einer weichen Röhre und der Tumor ging unter einer
leichten Dermatitis rapid zurück. Im Jahre 1899 wurden einer Frau
wegen Ca. die linke Brust und die regionären Drüsen entfernt; ein
Recidiv wurde ebenfalls operativ entfernt, doch bildete sich nach weiteren
8 Monaten eine ulcerierte Geschwulst in der Axilla, die durch tägliche
Bestrahlung von 10 Minuten mit mittelharter Röhre in einer Distanz
von 4 Zoll behandelt wurde. Nach 16 Bestrahlungen wurden wegen
Dermatitis unterbrochen und nach 5 Wochen noch 12 mal bestrahlt.
Es trat keine Recidiv mehr auf.
Die Wirkung der X-Strahlen liegt in einer Leukocytose, die in
oder um den Tumor herum produziert wird. Die Zellkerne schwellen
an, lassen sich schlecht färben, ihre Konturen werden undeutlich, das
irreguläre Protoplasma wird von Leukocyten absorbiert und es entsteht
ein Netzwerk von dichtem Bindegewebe, dessen Gefässwände infolge der
Strahlenwirkung durch Endo- und Periarteriitis verdickt sind.
Eine geringe Reaktion muss unter der Behandlung immer entstehen,
Rötung, Schwellung oder Härte des Tumors, manchmal auch vermehrte
Schmerzen und Hitzegefühl; oft sind die Erscheinungen allgemeiner
Natur; Nachtschweisse, Kopfschmerzen, Durst und Appetitverlust, dann
muss die Behandlung unterbrochen werden.
Die Bestrahlung soll präoperativ vorgenommen werden mit An¬
wendung der mildesten Dosen und postoperativ, sobald die Narbe geheilt
ist oder schon früher, wenn sich Anzeichen eines Recidivs bilden.
Misserfolge liegen gewöhnlich in zu milder oder zu energischer
Behandlung oder es ist die Erkrankung zu weit vorgeschritten. Die
Schmerzen werden in der Regel gemildert, nur bei Erweichung des
Centrums werden sie gesteigert, in diesen Fällen sind heisse Umschläge
angezeigt.
Bei der Dosierung spielt die individuelle Idiosynkrasie eine grosse
Rolle; blonde Leute erleiden rascher Verbrennungen als dunkle; die
Erfahrung des Operateurs spielt hier die grösste Rolle. Schmerzen, die
infolge der Behandlung entstehen, müssen wohl getrennt werden von
den Schmerzen, welche die Geschwulst verursacht; bei Uterinfällen dürfen
die Menstruationsbeschwerden nicht ausser Acht gelassen werden.
Die Drüsen werden unter der Bestrahlung steinhart, bevor sie
schwinden; sie sind oft bloss entzündet und nicht wirklich infiziert.
Herrnstadt (Wien).
Hydatid cyst of the neck, with Cellulitis caused by rupture and
escape of hydatid fluid. Von Edm. C. Bevers. Brit. Med.
Journ., 19. Januar 1907.
Patient litt seit dem 18. Jahre an einer kleinen Schwellung der
linken Halsseite, die allmählich bis zur Grösse eines Cricketballes an-
wuchs, ohne Beschwerden zu verursachen. In Anschluss an eine an¬
strengende Arbeit vergrösserte sich diese Schwellung plötzlich, nahm
den Raum zwischen Unterkiefer und Schlüsselbein ein und erstreckte
sich von der vorderen bis zur hinteren Mittellinie. Die Haut über ihr
war rot, entzündet und ödematös, der Tumor fluktuierend, aber nicht
schmerzhaft; Schlingbeschwerden bestanden nicht. Am nächsten Tage
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nahm die Schwellung bis auf Doppelfaustgrösse ab, war weich, beweg¬
lich und durchscheinend; auch das Oedem ging allmählich zurück.
Operation. Der Tumor wuchs hinter dem Sterno-cleido-mastoi-
deus hervor und occupierte das rückwärtige und supraclaviculäre Dreieck,
war adhärent an der Innenseite der Clavicula und Yena jugular. int.
und lag nach innen und hinten von der Carotis. Nach Eröffnung der
Cyste entwichen Hydatidenflüssigkeit und gelatinöse Massen; nach
Trennung der Adhäsionen wurde die Cystenwand entfernt und der Hohl¬
raum drainiert.
Der erste Gedanke war, dass das plötzliche Wachstum auf Hämorrhagie
in der Cyste zurückzuführen sei, dagegen sprach, dass die Cyste durch¬
scheinend war; die Hydatidenflüssigkeit drang in das subkutane Gewebe
und gleichzeitig erfolgte offenbar eine Exsudation in den Cystenraum.
Der Austritt von Flüssigkeit erfolgte durch Ruptur der Cyste infolge
von körperlicher Ueberanstrengung. Herrnstadt (Wien).
Echinococcuscyste am Zwerchfell. Von Johann Seyfried. Orvosi
Hetilap 1906, No. 23.
Bei einer 26 jährigen Frau trat in der linken Bauchhälfte plötzlich
ein Tumor auf, der zwar keine Schmerzen verursachte, jedoch durch
das rasche Wachstum zu Befürchtungen Anlass bot. Bei der Unter¬
suchung war ein kindskopfgrosser, gleichförmiger, elastischer Tumor
unter dem linken Rippenbogen palpabel, der nach unten bis zum Nabel,
nach rechts bis zur Mittellinie reichte, nach links mit der Milzdämpfung
zusammenfloss, nach oben die normale Höhe des Zwerchfells nicht über¬
ragte. Bei plötzlichem Druck auf den Tumor ist jenes charakteristische
8ymptom bemerkbar, da9 unter dem Namen von Hydatidenschwirren be¬
kannt ist. Da die Leber und Milz frei waren, konnte der Ausgangspunkt
des Tumors nicht festgestellt werden. Bei der Feststellung der Opera-
tionsindikation bot die Wahl der Operationsmethode Schwierigkeit, da
eben bei der Echinococcusoperation ein solches Labyrinth von gegen¬
seitigen Ansichten vorherrscht, dass ein Zurechtfinden darin schwer fällt.
Von der einfachen Punktion bis zur Radikalexstirpation sind die An¬
sichten und Erfahrungen bezüglich der operativen Behandlung der Echino¬
coccuscysten höchst verschiedenartig, dies erschwert aber die Wahl der
Operation. Zwei Hauptgruppen sind aber dennoch zu unterscheiden: Nach
der einen ist es nicht erlaubt oder wenigstens nicht angezeigt, tiefere
Eingriffe zu vollführen als die Punktion (Bacelli, Beret, Bokay,
Cavassani, Hanot, Franke, Bendix): bei den empfohlenen In¬
jektionen kamen sie u. a. soweit, das9 die Sublimatinjektionen direkt in
die Venen gegeben wurden. Hingegen warnen Vertreter der anderen
Gruppe ernstlich vor der Punktion (Gneim, Champenois, Chauffard,
Broca, Jonnesen, Steiner) und bemerkenswert ist bezüglich dieser
Ansicht der Fall, bei welchem 25 Minuten nach der Pravazpunktion der letale
Exitus eintrat. Unter diesen Umständen ist der Standpunkt von Llobet
acceptabler, der bis zum Jahre 1888 punkierte, 2 Jahre das Ausnähen
versuchte, dann versenkte Nähte anwendete, aber dennoch zu keinem
endgültigen Entschluss gelangen konnte, sondern den obwaltenden Um¬
standen gemäss die Operationsmethode in jedem einzelnen Falle wählte.
In dem vorliegenden Falle, wo der Sitz des Tumors nicht feststellbar
war, wurde die Bauchhöhle in der Mittellinie eröffnet und mit Vertikal-
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schnitt die Oeffnung bis zur Axillarlinie erweitert, wobei die letzten zwei
linken Kippen reseziert wurden.
Bei Aushöhlung der Cyste waren die Verwachsungen dem Zwerch¬
fell zu stets vermehrt und fanden ihre Wurzel im rückwärtigen Viertel
der Zwerchfellskonkavität. Die Heilung erfolgte ungestört; nach 3 Wochen
konnte der Patient bereits das Spital verlassen. Die exstirpierte Echino¬
coccuscyste war polycellular, mit zahlreichen Tochtercysten versehen, das
Gewicht betrug 650 g. In der Literatur fand sich bisher bloss 1 Fall
vor, wo die Echinococcuscyste aus dem Zwerchfell hervorging, aber über
den operativen Eingriff und den Erfolg bestehen keine Daten.
J. Honig (Budapest).
Vereiterter Echinococcus der Bauchhöhle. Von Kein ecke. Deutsche
med. Wochenschr. 1906, No. 18.
K. operierte eine 36 jährige Frau wegen eines Echinococcus der
Bauchhöhle. Die Diagnose war nicht gestellt worden, man hatte an ein
Myom des Uterus gedacht. Der Inhalt war vollständig vereitert, erst
die pathologische Untersuchung der inneren Membran des Sackes ergab
Chitinlamellen, die zur Diagnose des Echinococcus berechtigten. Wegen
der zahlreichen Verwachsungen wurde der Sack nicht vollständig exstir-
piert, sondern in der Bauchwunde festgenäht und drainiert. Glatte
Heilung. Wie mer (Aachen).
B. Gehirn, Meningen.
Zur Kenntnis der tuberösen Sklerose des Gehirns. Von F. Geitlin.
Arb. a. d. Path. Inst. d. Univ. Helsingfors, I, 3, p. 436.
Die 1880 von Bourneville zuerst beschriebene „Sclörose tube-
reuse“ ist eine Cerebralaffektion, die sich durch das Auftreten multipler,
begrenzter lokaler Verhärtungen in der Hirnrinde auszeichnet. Einen
solchen Fall bei einem 15 jährigen Knaben hat Verf. genau histologisch
untersucht. Die Ursache dieser Erkrankung sucht Verf. in einer Ent¬
wicklungshemmung eines Teiles der Neuroblasten. Er betrachtet die
Herde in der Hirnsubstanz als echte Tumoren, und zwar als Neuro-
gliome. Ein Zusammenhang der Eirankheit mit Lues kann nicht nach¬
gewiesen werden. Schrumpf (Strassburg).
Ein Fall von Lues hereditaria tarda des Nervensystems mit Sektion.
Von A. de laChapelle. Arb. a. d. Path. Inst. d. Univ. Helsingfors,
I, 3, p. 425.
Besprechung des klinischen Verlaufes eines Falles von Lues heredi¬
taria tarda, der in 13 Jahren zur Sektion kam und vom Verf. patho¬
logisch-anatomisch näher untersucht wurde. Es wurde nachgewiesen: ein
chronischer, von bedeutenden degenerativen und destruktiven Verände¬
rungen begleiteter entzündlicher Prozess in grossen Teilen der Pia mater
und der Cortikalsubstanz des Gehirns, besonders der zentralen Windungen,
und als Folge hiervon sekundäre Degeneration des Rückenmarkes.
Schrumpf (Strassburg).
Hirnchirurgische Mitteilungen. Von Krönlein. Arch. f. klin.
Chir., Bd. LXXXI, 1. T.
I. Zur Diagnose und Therapie der subduralen Häma¬
tome wird folgende Krankengeschichte mitgeteilt: Ein junger Mann
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fiel von einer Leiter und es traten im Anschluss an diesen Unfall heftige
Schmerzen in der rechten Schläfengegend auf. Am 6. Tage stellten
sich epileptiforme Anfälle ein, welche die Ueberführung auf die chirurgische
Klinik veranlassten. Am Schädel findet sich kein Trauma, Lähmungen
bestehen nicht, Patient ist soporös, am 2. Tage nach der Spitalsaufnahme
sistieren die Anfälle. Auf Grund der Anamnese wird eine endokranielle
Blutung entsprechend der rechten motorischen Region vermutet. Da das
vorliegende Krankheitsbild, insbesondere das plötzliche Auftreten von
Jackson’scher Epilepsie sowie das Fehlen von Lähmungssymptomen, mit
den Beobachtungen bei supraduralem Hämatom nicht im Einklang steht, wird
an die Möglichkeit eines subduralen Hämatoms gedacht, hervorgegangen
aus den Gefässen der Hirnrinde sowie der weichen Hirnhäute. Die am
folgenden Tage entsprechend der Mitte der vorderen Centralwindung
vorgenommene Eröffnung des Schädels ergibt das Vorhandensein einer
Blutung des Subduralraumes. Die Contusion der Hirnrinde hatte im
vorliegenden Falle ursprünglich nur zu einer leichten Blutung geführt
und erst die nach 6 Tagen erfolgte Nachblutung hatte das schwere
Krankheitsbild — epileptiforme Anfälle, konstant wachsenden Him-
druck usw. — zur Folge. Der vorgenommene, auf richtiger Diagnose
basierte Eingriff führte zur vollständigen Heilung des Patienten.
II. Erfolgreiche Exstirpation eines malignen Glioms
desGroeshirns. Mitteilung einer sehr ausführlichen und interessanten
Krankengeschichte eines vom Verf. beobachteten und mit Erfolg operierten
Falles. Victor Bunzl (Wien).
Sexual infantilism with optic atrophy in cases of tumor affecting
the hypophysis cerebri. Von H. Cushing. Journ. of nervous
and mental diseases, Nov. 1906.
Störungen der Menstruation kommen bei gewissen Hirntumoren vor,
möglicherweise infolge von Funktionsstörung der Glandula pituitaria.
Es gibt Fälle von Amenorrhoe durch direkte anatomische Läsion dieses
Organs und Menstruationsstörungen durch anderswo gelegene Hirn¬
tumoren. Verf. kommt nur auf die erstere Gruppe zurück. Auch bei
Männern wurde Hypoplasie des Genitales aus der gleichen Ursache be¬
schrieben. Der Zustand wurde mit Akromegalie und Amenorrhoe bei
Vergrösserung der Hypophyse verglichen. In einem Falle war Hypo¬
plasie des Genitales mit Atrophie des Optikus verbunden (Axenfeld).
Andere Fälle wurden von Abelsdorff und Müller veröffentlicht.
Verf. sah eine Patientin, welche seit ihrem 16. Jahre blind war, mit
Optikusatrophie, nie menstruiert, Beckenorgane und Brüste unentwickelt,
Spasmus und Schwund der Extremitätenmuskulatur. Verf. beschreibt
2 Fälle. In dem ersten hat ein die Hypophysis komprimierender Tumor
jahrelang fast keine Symptome verursacht und war mit einer Entwick¬
lungshemmung des Genitales verbunden. Die plötzlich einsetzenden Sym¬
ptome (Stauungspapille usw.) lassen auf Entwicklung eines Hydrocephalus
infolge Kompression des dritten Ventrikels schliessen. Der zweite Fall
ist dem ersten klinisch ähnlich und daher die Diagnose einer ähnlichen
anatomischen Läsion sehr wahrscheinlich. Die primäre beiderseitige
Optikusatrophie in diesem Falle weist auf eine Erkrankung des Chiasma
bin. Die lange Dauer deutet wie im ersten Falle auf eine gutartige
Geschwulst (kongenitale Anlage). Die Amenorrhoe spricht für eine Be-
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teiligung der Hypophysis. Verf. meint, dass Amenorrhoe (und sexueller
Infantilismus, wenn die Erkrankung in früher Jugend begonnen hat),
verbunden mit Optikusatrophie, die Diagnose sichert. Gleichzeitig findet
man eigentümliche Ernährungsstörungen mit reichlicher Bildung von sub¬
kutanem Fett. Karl Fluss (Wien).
Cases of spontaneous intracranial hemorrhage Associated with
trigeminal nevi. Von H. Cushing. Journ. of the Amer. Med.
Assoc. 1906, 21. Juli.
Zwischen der Lokalisation der im Gesichte vorkommenden Naevi
vasculosi und dem Verteilungsgebiet der Trigeminusäste bestehen enge
topographische Beziehungen, wenn auch die Abgrenzung diesbezüglich
ebenso wenig scharf ist wie die eines nach Verletzung des Ganglion Gasseri
auftretenden Herpes. Diese Beziehungen deuten auf eine fötale Läsion
des Ganglions. Verf. berichtet über 3 Fälle, aus welchen ersichtlich ist,
dass die Dura mater der Hautpartie analoge Gefäßabnormitäten gezeigt
hat und von demselben Nerven versorgt ist.
Fall I. Naevi vasculosi im ganzen rechten und teilweise linken
Trigeminusgebiete bei einem 4 jährigen Kinde. Blötzlich auf tretende
Konvulsionen der linken Körperhälfte mit Fieber, linksseitiger Lähmung
und Spasmen (intrakranielle Hämorrhagie). Das rechte Auge grösser
als das linke, die Iris breiter, die Farbe wie die eines Puppenauges,
Grössendifferenz der beiderseitigen Extremitäten. Bei einem Versuche,
den Schädel zu trepanieren, um etwaige Adhäsionen zu lösen, erwiesen
sich die Kopfschwarte und der Schädelknochen so gefässreich, dass die
Blutung kaum zu stillen war und die Operation unterbrochen werden
musste. Nach einem Monat Tod durch eine fieberhafte Erkrankung.
Bei der Autopsie zeigten sich die rechte Hemisphäre und Diploe sehr
gefässreich, der Schädelknochen rechts weich und schwammig. Gehirn¬
windungen rechts atrophisch, durch Adhäsionen an die Dura fixiert.
Kleinhirn asymmetrisch. Ganglion Gasseri rechts auffallend klein, kaum
entwickelt.
Fall EL 5 jähriger Knabe, nach operativer Entbindung asphyktisch
zur Welt gekommen. Naevus vasculosus im Bereich des 1. Astes des
Trigeminus. Im 10. Lebensmonat plötzlicher Anfall von epileptiformen
Konvulsionen mit Fieber (intrakranielle Hämorrhagie) und häufiger Wieder¬
holung der Konvulsionen. Das rechte Auge grösser als das linke, die
rechte Iris breiter, die Farbe wie die eines Puppenauges. Zur Ver¬
meidung einer Hämorrhagie wie im Falle I wurde die Carotis externa
unterbunden und erst dann die Trepanation über dem motorischen Cen¬
trum vorgenommen. Der der Begrenzung des Hautnävus entsprechende
Teil der Dura erschien ungewöhnlich gefässreich, von einem mächtigen
Venennetz bedeckt, welches mit den Gefässen der Diploe in Ver¬
bindung gestanden war. Lösung von Adhäsionen zwischen Dura und
Pia. Die Konvulsionen verschwenden in der Folgezeit. Obwohl der
nach der Ligatur der Carotis abgeblasste Naevus wieder in die Erschei¬
nung trat, ist es dennoch möglich, dass eine verringerte koilaterale
Verbindung der Meningealgefässe die Wiederholung einer Hämorrhagie
hintanhält.
Fall III. 8 jähriger Patient mit ausgebreitetem rechtsseitigem Naevus
vasculosus des Kopfes, Gesichtes, Thorax und Arms. Plötzlich auftretende
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Bewusstlosigkeit und Konvulsionen mit nachfolgender spastischer Hemi¬
plegie (intrakranielle Hämorrhagie) und wiederholten epileptiformen An¬
fallen. Augenveränderungen wie in den obigen Fällen. Mit Rücksicht
auf die physischen und geistigen Defekte des Kindes wurde in diesem
Falle von einer Operation Abstand genommen. Ohne den Befund des
Naevus hätte man diesen Fall für spastische Hemiplegie infolge von
Encephalitis gehalten, welche Fälle übrigens nach des Verf.’s Erfahrungen
ebenfalls auf intrakraniellen Hämorrhagien beruhen.
Im Falle I war auf der Seite des Gesichtsnävus ein in der Ent¬
wicklung zurückgebliebener Naevus trigeminus, ein Naevus an der Dura
und teilweise kortikale Atrophie mit Adhäsionen (wie auch sonst bei
kortikalen Hämorrhagien) vorhanden (Autopsiebefund). Im Falle II
konnten ein Naevus der Dura und Anzeichen einer früherer Hämorrhagie
intra vitam konstatiert werden. Vermutlich hat auch im Falle m eine
ausgebreitete Hämorrhagie stattgefunden.
Analoge Fälle wurden auch von einzelnen anderen Autoren be¬
schrieben. Bemerkenswert ist die oft beobachtete Hypertrophie der
unter dem Naevus liegenden Gewebe. Karl Fluss (Wien).
Zur Kenntnis der primären Epithelgeschwttlste der Adergeflechte
des Gehirns. Von Max Bielschowsky und E. Unger. Ajrch.
f. klin. Chir., Bd. LXXXI, 1. H.
Bei einer nach klinischer, auch durch Probepunktion gestützter
Diagnose eines Hirntumors vorgenommenen Operation wurde vom Verf.
entsprechend dem Gyrus paracentr. eine unter der Rinde sitzende, etwa
walnussgrosse Geschwulst entfernt, wobei in der Tiefe ein derber, gegen
die Seitenkammer ziehender Strang zu tasten war. Bei einer zweiten
nach mehreren Monaten vorgenommenen Operation gelangte man nach
Einschneiden an der alten Operationsstelle in mit klarem Liquor ge¬
füllte Cysten und stiess — bereits in der Tiefe — wie bei der 1. Opera¬
tion auf einen aus Gefässen des Plex. chorioid. gebildeten Strang. Der
Versuch, diesen zu entfernen, führte zü einer starken Blutung und Zer¬
trümmerung von Gehirnsubstanz und in der Folge zum Exitus letalis.
Die Autopsie ergab das Vorhandensein eines Tumors an der Basis
cerebri, der mit dem Plexus chorioid. cerebelli lat. verwachsen und in
das Kleinhirnmark vorgedrungen war. Die weitere Untersuchung des
Gehirns im Frontalschnitt ergab auch eine grosse Zahl kleinerer Ge¬
schwülste, über die ganze Rinde der Hemisphären zerstreut und obigem
Tumor gleichend. Dieselben waren allenthalben von der benachbarten
Himsubstanz scharf abgetrennt und bei allen liess sich ein Zusammen¬
bang mit der Pia mater feststellen. Mikroskopisch setzten sich die
Tumoren aus zahlreichen Gefässen zusammen, deren Wandungen einen
stark gewucherten Epithelmantel auf wiesen. Eine bindegewebige Zwischen¬
substanz war vorhanden und der Aufbau ähnelte im wesentlichen dem
des Plexus chorioideus. Gegen die aus Obigem resultierende Annahme
von Geschwülsten des Plexus chorioideus spricht die Multiplizität der
Tumoren und ihr infiltratives Wachstum. Diese Zeichen von hoch¬
gradiger Malignität stehen im Gegensatz zu den bisher beschriebenen
Merkmalen der Adergeflechtsgeschwülste und wrürden die vorliegenden
Tumoren eher in die Klasse der Peritheliome der Hirngefässe verweisen.
Trotz dieser Schwierigkeit in der Diflerentialdiagnose tritt Verf. für eine
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430
Trennung obiger Tumoren ein, und zwar deshalb, weil die Peritheliome
mesodermalen, die Epitheliome sicher ektodermalen Ursprung haben. In
vorliegendem Falle müsste man den exstirpierten Tumor als den primären
betrachten, von dem aus durch Verschleppung von Keimen mittels Liquor
cerebrospin. eine Aussaat von Metastasen gesetzt wurde. Der Fall lehrt
also, dass die Epithelgeschwülste des Plexus chorioid. gelegentlich einen
malignen Charakter annehmen können. Victor Bunzl (Wien).
Ueber Cysticerken im 4. Ventrikel. Von Arthur Stern. Zeitschr.
für klin. Med., Bd. LXI, 1. u. 2. H.
Es werden 4 Fälle von Cysticerkus mitgeteilt, die klinisch ziemlich
differente Symptome boten.
1. Angeblich im Zusammenhänge mit einem Trauma traten folgende
klinischen Symptome auf: Erbrechen, Schlafsucht, Unbesinnlichkeit, Nacken¬
steifigkeit, Schwindel; Taumeln beim Gehen, beiderseitige Abducens- und
partielle Oculomotoriuslähmung, Nystagmus, träge Pupillenreaktion, Ver¬
langsamung von Puls und Respiration. Keine Stauungspapille. Keine
Kopfschmerzen. Starker Wechsel dieser Symptome. — Fehlen sicherer
organischer Zeichen Hessen anfänglich an Hysterie denken. Die Lumbal¬
punktion ergibt anfangs stark erhöhten Druck, beeinflusst den Zustand
auffallend günstig, geringer Druck später ohne jeden Einfluss. Nach
mehreren Wochen erfolgt unter zunehmendem Stupor, hohem Fieber,
Schlucklähmung, Atmungslähmung Exitus letalis. Die Sektion ergab Cysti¬
cercus racemosus im 4. Ventr. (soHtär), Hydrocephalus intern, et extern.
2. Bei einem vorher ganz gesunden jungen Mann traten plötzUch
folgende Symptome auf: Kopfschmerzen, speziell beim Beugen und Drehen
desKopfes; Supraorbitalneuralgie, Nackensteifigkeit, beiderseitige Stauungs¬
papille, Doppelbilder; unsicherer Gang. Die Heftigkeit der Schmerzen
wechselte stark. Diagnose: Tumor cerebri. Die |1. Lumbalpunktion
ergibt erhöhten Druck (35 ccm werden abgelassen), Zustand unverändert.
2. Lumbalpunktion (14 Tage später) ergibt normalen Druck (5 ccm ab¬
gelassen). Am Abend desselben Tages tritt plötzlich Exitus ein. Die
Sektion ergibt einen im 4. Ventrikel eingebetteten Cysticerkus. Hydro¬
cephalus intern, et extern.
3. 40 jährige Frau, sonst vollkommen gesund, erkrankt in längeren
Zeitintervallen mehreremal (2 mal im Anschluss an Partus) mit heftigen
cerebralen Erscheinungen: Bewusstlosigkeit, Erbrechen. Der Anfall
dauerte das erstemal etwa 2 Tage, das zweitemal 10 Minuten und ging
vorüber, ohne irgendwelche körperliche Veränderungen zu hinterlassen.
In der Zwischenzeit viel Kopfschmerzen, Erbrechen, auch Schwindel.
Im 3. Anfall plötzlich Exitus. Das rasche Kommen und Schwinden der
Anfälle ohne schwereren organischen Befund werden als hysterisch ge¬
deutet, zumal bei dem sonst nervösen Habitus der Patientin. Die Sektion
ergibt: Cysticercus des 4. Ventrikels. Nebenbefund: Cysticerken der
Leber. Patientin Htt an Tänie und soll kurz vor dem Tode einen 2 cm
langen Bandwurm erbrochen haben.
4. 30 jähriger Bauer, sonst gesund, leidet seit 1 / 4 Jahr an fort¬
währendem Erbrechen, Nacken- und Kopfschmerzen, Schwindel (oft
beim Bücken), Schmerzen beim Drehen des Kopfes. Stauungspapille,
Depression und Apathie. Kechtseitige Abducens- und Facialisparese.
Wechsel in der Intensität der Symptome. Diagnose: Tumor cerebri
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event. Lues. Patient stirbt plötzlich unter Atemlähmung. Die Sektion
ergibt 2 Cysticerken im linken Seitenventrikel und 4. Ventrikel.
Verf. gibt in einer Tabelle eine Uebersicht über die Fälle dieser Art
nach klinischen und pathologisch-anatomischen Gesichtspunkten. Es sind
mit seinen 4 Fällen 68 Fälle.
Verf. bespricht den Infektionsmodus: 1. Autoinfektion, indem der
mit Cysticerkus behaftete selbst Träger eines Bandwurmes ist; 2. durch
Genuss von Tänieneier. Ueber die Wanderung des Cysticerkus in das
Gehirn, speziell den 4. Ventrikel, werden als Ursache die Enge der Gefässe,
die Endgefässe, bzw. die Verlangsamung des Blutstromes angegeben.
Weiter wird eine aktive Wanderung des Cysticerkus selbst angenommen. Im
4. Ventrikel ist die günstigste Lage für den Parasiten: gute Ernährungs¬
bedingungen, freie Beweglichkeit, geschützte und ruhige Lage. Beim
Wachstum im 4. Ventrikel findet sich als Begleiterscheinung stets der
Hydrocephalus internus 1. durch Verlegung der Subarachnoidalräume und
Verlegung des Aquaed. Sylv., 2. durch chronische entzündliche Beizungszu¬
stande, speziell des Ependyms, dadurch Vermehrung des Liquor cerebro¬
spinalis. — Zur Symptomatologie wird bemerkt, dass ein Unterschied
gemacht werden muss zwischen lokalem Herd und allgemeinen Hirndruck¬
symptomen. Zu den allgemeinen Erscheinungen gehören: Kopfschmerz,
Schwindel, Erbrechen. Charakteristisch sind der stete Wechsel dieser
8ymptome, ihre Sprunghaftigkeit, Auftreten und Verschwinden in einer Art
von Intermittenz, so dass die Diagnose Hysterie wegen Mangels eines
jeden pathologisch-anatomischen Befundes in vivo nicht selten ist. Kopf¬
schmerz ist konstanter; doch hängt er offenbar von dem Wechsel des
Hirndruckes ab. Die Nackensteifigkeit ist nicht immer Begleitsymptom,
doch sehr häufig. Erbrechen ist konstant, stets ebenso Schwindel.
Taumelnder, unsicherer Gang findet sich in der Hälfte der beobachteten
Fälle, so dass fast stets Tumor cerebelli diagnostiziert wird. Ferner tritt
regelmässig das Bruns’sche Symptom auf: Beim Bücken, bei schnellen seit¬
lichen Kopfbewegungen Auftreten von Schwindel und Erbrechen, so dass
die Patienten oft jäh zu Boden stürzen. Charakteristisch für Cysticerkus
ißt der akute Tod, der das Symptomenbild beschliesst. Urplötzlich, wie
aus heiterem Himmel tritt der Tod auf, offenbar durch plötzlichen Ver¬
schluss des Duct. Sylvii Lähmung des Atmungszentrums. Die Leute
werden cyanotisch, das Herz schlägt aber weiter. — Es wird noch
eine Reihe anderer Symptome erwähnt, die zeitweilig aufzutreten pflegen,
wie Glykosurie, Diabetes insipidus, Acetonurie, Pulsverlangsamung; zu¬
weilen Stauungspapille; Trägheit der Pupillenreaktion; selten Pupillen-
etarre; Abducenslähmung; Ohrensausen. Sehr selten Facialisläsion, häu¬
figer Hypoglossusaffektion. Psychisch finden sich: Somnolenz, Apathie,
Unbesinnlichkeit, Verwirrtheit, Abnahme des Gedächtnisses, zuweilen
paralytische Symptome (Grössenwahn, Verfolgungsideen), so dass pro¬
gressive Paralyse diagnostiziert wird. Viel mehr ausgeprägt ist oft der
neurasthenische oder hysterische Charakter, namentlich bei Frauen eben
wegen des Wechsels der Symptome. Die Diagnose ist daher zu stellen
in Berücksichtigung der früher erwähnten Symptome, des Bruns’schen
Symptoms, speziell der Intermittenz der Erscheinungen und des plötz¬
lichen Todes. Prognose sehr ungünstig. Therapeutisch nur Prophylaxe.
Operativer Eingriff sehr fraglich.
Leopold Isler (Wien).
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Cerebrospinal fever. Von William Osler. The Edinbourgh med.
Journ. März 1907.
Verf. betont zunächst die Verschiedenheit in der Intensität im
Auftreten dieser Krankheit, dass sie periodenweise erscheint, dass sie
8prungartig bald in diesen, bald in jenen Ländern auftaucht, ohne
dass sich irgendwie eine Verschleppung sicher nachweisen liesse. Am
gefährlichsten scheint das Auftreten im Herbste zu sein. — Es wird
zunächst die Periode 1805 erwähnt mit Beginn der Erkrankung in
Amerika, dann in den Binnenländern Europas, hierauf 1837 wieder in
Amerika und teilweise in Europa. Dann Ruhe bis 1850 zur Zeit des
Bürgerkrieges in Amerika, dann 1871 durch 5 Jahre und endlich 1901 eine
grössere Epidemie mit 4000 Erkrankungen, unter diesen 3000 Todesfälle.
Gleichzeitig eine grössere Epidemie in Schlesien (Europa). — Der spezi¬
fische Erreger ist der bekannte Diplococcus intracellularis meningitidis,
der im Sekret der Nase und auch des Mundes gefunden wird. Bei allen
Epidemien ist die wichtige Frage, ob eine Infektion von Person zu
Person erfolgt, dies ist entschieden nach eigener Beobachtung des Ver¬
fassers zu bejahen. — Er betont nochmals die auffällige Verschiedenheit in
der Intensität der Krankheitserscheinungen. Ueber die Symptome der
Erkrankung geht Verf. rasch hinweg, die er als bekannt voraussetzt.
Doch als auffällig erwähnt er eine Hautaffektion. Es tritt öfters eine Art
von Erythem auf, zuweilen in bullösen Eruptionen, die sich bei einigen
Epidemien finden. Taubheit und Erblindung sind die gewöhnlichen End¬
ergebnisse bei etwaiger Gesundung. — Zur Prophylaxe wird bemerkt,
dass es eigentlich gar kein Mittel gibt. Gewöhnlich tritt diese Erkrankung
im Frühjahr auf, man soll daher sorgfältig Nase, Mund, Rachenhöhle
schützen, da die Bakterien in ihnen gefunden werden. Therapeutisch ist
die Lumbalpunktion die bekannteste und am meisten angewendete Methode.
Ausserdem existiert von Flexner und Wassermann ein Serum, das,
injiziert, nach den Untersuchungen dieser Entdecker Wirkung haben soll.
Leopold Isler (Wien).
Septicämie streptococcique consäcutive k une amygdalite phlegmo-
nense avec meningite söro-purulente. Traitement par les in-
jections intrarachidiennes et intraveineuses d’argent colloYdal.
Guerison. Hypertrophie muscnlaire a forme hämipl£gique de 1&
face et du membre supörieur gauche consecutive. Von Oettinger
und Malloizel. Bull, et möm. de la Soc. medic. des höp. de Paris.
No. 7, 1906, p. 201.
Da die Ueberschrift referierend der interessierenden Momente der
Beobachtung Erwähnung tut, seien noch zwei Punkte ausführlicher
erläutert:
1. Im ganzen wurden 27 Silberinjektionen an aufeinanderfolgenden
Tagen (1 cg pro die) verabreicht, am 1. und 7. Tage je 1 cg intra¬
dural, die übrigen 25 Male 1—3 cg intravenös (im ganzen 55 cg).
2. Die echte Hypertrophie der funktionell normalen Muskeln der
linken Gesichtshälfte und der linken Oberextremität will der Autor
mangels fehlender Gefässalterationen auf eine hypertrophische postin¬
fektiöse Myositis zurückgeführt wissen (?).
Fritz Tedesko (Wien).
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Case of otitic extra-dural abscess, associated with paralysis of
gixth cranial nerve and double optic neuritis — with remarks.
Von J. Stoddart Bar. The Glasgow medical Journal, August 1906.
17 jähriger junger Bursche, der seit 16 Monaten an chronischem
eitrigem Ohrenausfluss litt. Plötzlich auftretende Kopfschmerzen, stirn-
w&rts bis zum Hinterhaupte von grösserer oder geringerer Konstanz, Gefühl
von Stumpfheit, Schüttelfrost, Erbrechen, Doppelsehen. Kein Schwindel.
Patient war auffallend blass. Temperatur 37,5. Puls 72. Patellarreflexe
positiv, kein Fussklonus. Zunge rein, keine Geschmackssinnstörung. Die
Untersuchung des rechten Ohres ergab: Zerstörung des Trommelfelles, reich¬
liche Mengen von Cholestearinmassen im Meatus auditorius; keine beson¬
deren Schmerzen beim Beklopfen des rechten Proc. mastoid. Das Ticken
einer Uhr wird in einer Entfernung von J / 2 Zoll gehört. Linkes Ohr voll¬
kommen normal. Augenuntersuchung: Paralyse des Beet. lat. des rechten
Auges. Dies ist die Ursache des Doppelsehens. Pupillen reagieren auf
Licht und auf Accommodation gleich gut. Linke Pupille etwas weiter als
rechts. Augenhintergrunduntersuchung ergibt beginnende Neuritis optica
mit reichlich gefüllten Blutgefässen, links ebenfalls mehr ausgeprägt
als rechts. Man macht die Badikaloperation: Proc. mostoid. wird auf¬
gemacht, das Antrum eröffnet, das vollständig mit Cholesteatommassen
erfüllt ist. Hierauf wird oberhalb des Sinus mit einer horizontalen In¬
zision eingegangen, der Sinus sigmoideus aufgesucht und zwischen ihm
und Dura wird Eiter gefunden. Doch lokalisiert er sich nur hier, die
Sinus erscheinen frei; die Höhle wird mit 2 °/ 0 Carbollösung bespült
und mit Jodoformgaze tamponiert.
Bald darauf sank die Temperatur; Puls, Temperatur blieben nor¬
mal. Kopfschmerzen Hessen nach. Die Pupillen wurden gleich und die
Parese des 6. Hirnnerven (N. abducens) begann sich zu heben. Die
Neuritis optica nahm aber ihren Fortgang; 4 Wochen später findet man
anscheinend eine Betinitis albuminurica. Die Harnuntersuchung ergab
weder Albumen, noch Saccharum. Die Wundhöhle heilte ohne Zwischen¬
falle zu. — 6 Monate später wurde Patient wieder ophthalmoskopisch
untersucht. Da findet sich: Augenmuskeln intakt, kein Strabismus, kein
Doppeltsehen. Pupillen reagieren auf Licht und Accommodation normal,
gleich gut. Augenhintergrund rechts zeigt eine alte abgelaufene Neuritis
optica mit kleinen geschrumpften Blutgefässen, Begio maculae normal.
Links ähnHcher Befund wie rechts, doch nicht so ausgeprägt.
Der Fall ist deshalb bemerkenswert, weil die Anwesenheit bestimmter
Symptome, die den Sitz einer Eiterung lokalisieren konnten, fehlten.
Die Neuritis optica, Paralyse eines Hirnnerven (N. abduc.), Kopf¬
schmerzen mit Dumpfheit, doch begleitet von nicht allzuhoher Tempe¬
ratur und normaler Pulsfrequenz sprachen für abgesackten Abscess.
Gegen Himabscess sprachen: das erhaltene Bewusstsein, die geringe Be¬
teiligung der anderen Himnerven; gegen Leptomeningitis oder eiterige
Sinusthrombose sprach die niedere Temperatur. Abwesenheit der Schmerzen
oberhalb des Proc. mastoid. und die Temperatur sprachen eher für eine
Suppuration zwischen oder über dem Sinus sigmoid. mit Einbruch in seine
Wandungen, also zwischen Dura und Knochen. Eine Erklärung für die
gleichzeitig mit der Paralyse des 6. Hirnnerven einhergehende Neuritis
bei der räumHchen Entfernung vom Eiterherd zu geben, fällt Verf.
schwer. Er meint, dass entweder eine zirkumskripte Leptomeningitis
CentriQblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 28
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434
sich doch etabliert habe and basalwärts gekrochen sei oder eine Throm¬
bose, die sich im untersten Teil des Sinns sigmoidens befanden habe,
noch weiter basalwärts fortgeschritten sei and eine Kompreesion auf
das Chiasma und Opticus sowie N. abducens ausgeübt habe.
Leopold Isler (Wien).
C. Pankreas.
Funktionelle Pankreasachylie. Von A. Schmidt. Deutsches Archiv
für klinische Medizin. Bd. LXXXVTL
Die Schwierigkeit der Erkennung pankreatischer Sekretionsstörungen
wird nicht bloss durch die Unzugänglichkeit des Organs und die Mangel¬
haftigkeit unserer Methoden bedingt, sondern zu einem nicht geringen
Teil auch durch den weitgehenden funktionellen Ausgleich ungenügender
Bauchspeichelabsonderung in den Darm. Hier kommt die vikariierende
Tätigkeit der übrigen Verdauungssekrete in Betracht. Sodann gehört
hierher die oft sehr weitgehende kompensatorische Leistung kleiner er¬
halten gebliebener Drüsenreste resp. von accessorischem Pankreasgewebe.
Endlich gehört unter die Ausgleichsvorrichtungen die durch experimentelle
Untersuchung der jüngsten Zeit gestützte Möglichkeit, dass die ver¬
dauenden Fermente des Pankreas, wenn der Zufluss seines Sekretes zum
Darm aufgehoben ist, noch auf dem Umweg durch die Zirkulation an
die Stelle ihrer Wirksamkeit gelangen können, dass also gewissennassen
die äussere Sekretion des Organs in eine innere verwandelt werden kann.
Die hier aufgezählten Möglichkeiten erklären es, warum wir bei klinisch
und anatomisch sichergestellten Erkrankungen des Pankreasgewebes gar
nicht selten Ausfallserscheinungen hinsichtlich der Verdauung vollkommen
vermissen. Von den Methoden, die wir besitzen, um Pankreasstörungen
nachzuweisen, steht oben an die aus der Beschaffenheit des Faeces zu
erschliessende Besorptionsbehinderung, über die wir durch zahlreiche tier¬
experimentelle und klinische Studien ziemlich gut unterrichtet sind. Aua
mehreren Gründen jedoch, die im Original nachgelesen werden müssen,
sind sie keineswegs immer von ausschlaggebendem Wert. Verf. ging
zur Lösung seines Problems von der bei Gelegenheit früherer Versuche
gemachten Erfahrung aus, dass der Pankreassaft das einzige Sekret des
Verdauungskanals ist, welches die Kernsubstanzen verdaut. Bei seinem
Wegfall kann höchstens längere Zeit ein wirkende starke Darmfäulnis die
Kerne frischer Gewebsstücke zum Schwinden bringen. Auf Grund dieser
Bearbeitung hat Verf. eine „Säckchenprobe“ ausgearbeitet, die im wesent¬
lichen darin besteht, dass in Alkohol fixierte und aufbewahrte Würfel
von Ochsenfleisch in Gazebeuteln durch den Darmkanal der Patienten
geschickt, in den Faeces aufgesucht und in gefärbten Schnittpräparaten
auf die Anwesenheit von Muskelkemen untersucht werden.
Eine Beihe von einschlägigen Krankengeschichten gibt schliesslich
Verf. Gelegenheit, die Brauchbarkeit seines diagnostischen Hilfsmittels zu
erläutern. Baubitschek (Wien).
Observations on several cases of acute pancreatitis. Von W. S.
Thayer. Johns Hopkins Hosp. Bull. 1905. Nov.
Verf. berichtet über vier gangränöse und einen suppurativen Fall
von Pankreatitis, welche in bezug auf Diagnose und chirurgisches Ein-
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greifen von Interesse sind. Fall I. Eine 51jährige Frau hatte vor
10 Jahren einige Anfälle von Schmerzen im Epigastrium und rechten
Hypochondrium, zuweilen mit Nausea und Erbrechen. In letzter Zeit
zwei ähnliche Schmerzanfälle mit Ikterus, der letztere besonders im linken
Epigastrium lokalisiert, mit Fieber, Nausea und Erbrechen verbunden.
Temperatur 43,3. Im Epigastrium, besonders links, ein tiefliegender
Tumor tastbar, bis zur Höhe der Spina ant. und in die linke mittlere
Axillarlinie reichend, unter dem Darm liegend. Nach der vorangegangenen
Gallenkolik wurde ein parapankreatischer Abscess vermutet. Der Tumor
erscheint nach 8 Tagen etwas weniger prominent, links hinten eine
Dämpfung, bis zum Angulus scapulae hinaufreichend, mit abgeschwächter
Atmung und Stimmfremitus. Nach weiteren zwei Tagen prominierte der
Tumor stärker und zeigte Fluktuation; über dem Darmbeinkamm Haut¬
ödem. Bei der Operation wurde eine von der Flanke gegen das Pankreas
sich erstreckende Höhle gefunden, aus welcher sich Eiter, nekrotisches
Fett und nekrotische Massen entleerten. Nach einigen kritischen Wochen
mit Fieber, Erbrechen, Nausea, Delirien erholte sich die Patientin.
Grosse, aus der Wunde (Abscesshöhle) sich entleerende Oewebsmassen
erwiesen sich als nekrotisches, hämorrhagisches Fett.
Fall II. 34 jähriger Mann. Seit 2 Jahren Anfälle von Nausea mit
Erbrechen sowie krampfartigen Schmerzen im Epigastrium und um den
Nabel, welche sehr heftig waren. Vor 10 Tagen Gefühl von Schwere
im Epigastrium, Unbehagen, Erbrechen, dann heftige, kontinuierliche
Schmerzen. Schwellung oberhalb des Nabels, Obstipation, Fieber,
Delirien. Oberhalb des Nabels eine tiefsitzende Masse tastbar, über
welcher der Schall tympanitisch ist. Keine Druckempfindlichkeit. Der
Tumor reicht links bis zur Rippengegend. Diagnose: akute Pankreatitis
mit disseminierter Fettnekrose und möglicher Sequestration des Pankreas.
Bei der Operation wurde in der Mittellinie eine Fettmasse, an Magen,
Leber und Colon adhärent, gefunden. Im Innern der Fettmasse fanden
sich Eiter und nekrotisches Fettgewebe. Der Finger konnte tief, schein¬
bar in eine Höhle im Pankreas, eindringen. Aus der Wunde entleerte
sich Eiter mit Fettkristallen und nekrotischem Fett. Vollständige Heilung.
Fall IH. 47 jähriger Patient. Vor 6 Monaten Ikterus, Schmerzen
im Abdomen, Nausea und leichtes Fieber. Vor 18 Tagen plötzlicher
Anfall von Nausea mit Erbrechen und Bauchkrämpfen, Collaps, Meteo-
rismus, der Zustand war von fünftägiger Dauer. Am siebenten Tage
wurde eine Schwellung im rechten Hypochondrium gefunden. Unregel¬
mässiges Fieber, Schüttelfröste, Obstipation. Die Schmerzen Hessen nach,
die DruckempfindHchkeit im rechten Hypochondrium blieb bestehen, der
Meteorismus wuchs. Patient lag meist auf der rechten Seite mit ge¬
beugten Beinen. Hypochondrium, Epigastrium und Lendengegend rechter-
ßeits vorgewölbt, resistent. Atmung rechts weniger deutlich, Pulsation
im Epigastrium. Der Rand des Tumors ist 10 cm unterhalb des rechten
Rippenbogens tastbar, der Tumor respiratorisch verschieblich, oben, unten
und nach links abgrenzbar, die Oberfläche unregelmässig. In der Flanke
geht die Dämpfung in diejenige der Leber über. In den Stühlen Fett¬
kristalle. In den folgenden Tagen der Zustand imverändert, Fieber bis
40°. Diagnose: Suppurative Pankreatitis. Bei der Operation zeigten
sich in der Peritonealhöhle zahlreiche Stellen von Fettnekrose, zwischen
den verklebten Netzpartien eine braunschwarze Flüssigkeit. Tod am
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Tage der Operation. Die Autopsie ergab Cholelithiasis, einen Stein im
D. choledochus, eine alte Hämorrhagie im Pankreas und neben demselben
lokale und Fettnekrose des Pankreas, chronische interstitielle Pankreatitis,
Abscess neben dem Pankreas.
Fall IV. 49 jährige Patientin. Vor 4 Jahren heftige Magen¬
schmerzen, verbunden mit Frost und Schweissausbruch. Seither ähnliche
Anfälle, welche stets am folgenden Tage verschwanden. Vor vier Wochen
neuerdings sehr heftiger Schmerz in der Magengrube mit Frost und
Schweiss, Obstipation, seither konstante dumpfe Schmerzen im Epigastrium,
zeitweise Erbrechen. Seit 3 Wochen bemerkt Pat. einen Tumor im Ab¬
domen. Im Epigastrium und in der rechten Mittelbauchgegend ein harter,
druckempfindlicher Tumor tastbar, welcher respiratorisch verschieblich
und nicht scharf begrenzt ist und dessen relative Dämpfung in die
Lebergegend übergeht. Leichtes Fieber. Diagnose: Pankreatitis. Bei
der Operation fand man eine 10 cm tiefe Abscesshöhle mit dickem,
gelbem, nekrotisch aussehende Massen einschliessendem Inhalt. Die in
der Tiefe durch eine harte Masse begrenzte Abscesshöhle wurde tam¬
poniert. Heilung.
Fall V. 37 jähriger Mann. Vor 7 Monaten plötzliche, heftige
Magenschmerzen mit Erbrechen und Diarrhöen, Schmerzen intermittierend
durch 2 Monate. Vor 3 Wochen neuerdings Magenschmerzen mit Schweiss
und Erbrechen, Obstipation, Gewichtsverlust. Gleichzeitig bemerkte Pat.
einen pulsierenden Tumor in der Gallenblasengegend. Resistenz im
Epigastrium, besonders rechts. Puls 116, kollabierter Zustand. Epigastrische
Pulsation. Oberhalb des Nabels und im Epigastrium andauernde Re¬
sistenz, Druckempfindlichkeit und willkürliche Muskelspannung. Gegen
den linken Rippenbogen hin ein anscheinend unter dem Magen liegender
Tumor tastbar. Temperatur normal. Leukocytose. Diagnose: Akute
Pankreatitis. Bei der Operation fand man die Gallenblase verdickt, das
Netz induriert, an einer Stelle anscheinend nekrotisch. Aehnlich aus¬
sehende Stellen am Mesocolon. Verdickung des Pankreas, besonders
am Schwänze. Nach der Operation Fieber, Erbrechen, nach 6 Monaten
blutige Diarrhöen und Tod. Nekropsie: Akute gangränöse Pankreatitis,
Fettnekrose, Magen, Duodenum und Colon perforiert, Erosion der Art.
splenica mit Hämorrhagien im Pankreas und Quercolon. Cholelithiasis,
Cor onarsklerose.
Experimentelle Forschungen haben ergeben, dass akute Pankreatitis
nach mechanischen und chemischen Läsionen des Organs eintreten kann.
Erwiesen ist die direkte Beziehung zwischen dem Austritt von Pankreas¬
saft in das umliegende Gewebe und der Entwicklung von Fettnekrose
(durch Einwirkung des fettspaltenden Fermentes). Beobachtungen und
Experimente haben gezeigt, dass akute Pankreatitis auch durch den Rück¬
fluss von Galle bei vorhandenem Hindernis (Stein) im Diverticulum
Vateri entstehen kann. Nach Opie und Halsted tritt die Erkrankung
tatsächlich häufig nach Cholelithiasis auf. In einem Falle des Verf. ent¬
wickelte sich akute, hämorrhagische Entzündung des Pankreas unmittelbar
nach der Passage eines im gemeinsamen Ausführungsgang gefundenen
Steines. Peiser machte auf das Vorkommen der Erkrankung im
Puerperium aufmerksam. Er nimmt hierbei einen toxischen Ursprung,
Münzer eine Embolie durch Placentazellen an.
Nur bei den subakuten, in Eiterung übergehenden Formen ist an
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eine chirurgische Behandlung zu denken. Der Beginn ist ähnlich wie
bei der hämorrhagischen Form, aber der Verlauf ein milderer. Aus
den nekrotischen und den sekundären Infektionsherden entstehen Abscesse,
in welchen nekrotische Pankreasteile enthalten sind. Hinsichtlich eines
raschen Eingreifens ist die Frühdiagnose wichtig. Zu beachten ist hierbei
folgendes: Zuweilen entsteht nach einer Gallenkolik ein plötzlicher heftiger
Abdominalschmerz, seltener im Epigastrium lokalisiert, mit hartnäckigem
Erbrechen und Collaps. Das Fieber ist mässig, Icterus kann vorhanden
sein. Nach einigen Tagen bleiben zurück: Empfindlichkeit im Epigastrium,
Fieber oder Schüttelfrost, Schweisse, Zeichen eines tiefen Abscesses, oft
hartnäckiges Erbrechen. Der fühlbare Tumor kann über die normalen
Grenzen des Pankreas hinausgehen, so dass man an einen paracholecysti-
tischen (Fall TV) oder paranephritischen (Fall I) Abscess denken könnte.
Eine Verwechslung mit Perforation von Abdominalorganen ist möglich.
Kann man diese ausschliessen, so muss man an eitrige Pankreatitis
denken, besonders wenn Gallenkolik voranging. Von einigem Nutzen
kann die Untersuchung der Faeces sein. Nach Ury und Alexander
ist der Abgang grosser Fettmengen nach festen Stuhlmassen charakte¬
ristisch. Bei ausgebreiteter Erkrankung erfährt die normale Fettspaltung
Veränderungen, indem sie bei vermehrtem oder normalem Fettgehalt der
Stühl vermindert oder normal sein kann. Nach Os er ist die Menge
der festen Stühle gewöhnlich gross. Opie hat in einem Falle auf das
Vorhandensein von fettspaltendem Ferment im Harn hingewiesen. Nach
ihm und Hewlett wäre auch auf das Vorkommen von Lipase im Harn
zu achten. In drei der vom Verf. beschriebenen Fälle war Cholelithiasis
nachgewiesen, die richtige Diagnose wurde in allen gestellt. Von den
vier operierten Fällen genasen drei. Verf. betont besonders die Be¬
ziehungen zwischen Cholelithiasis und Pankreatitis und die Wichtigkeit
der Frühdiagnose und Frühoperation. Karl Fluss (Wien).
Ueber die sogenannte akute Pankreatitis und die Ursachen des
schweren, oft tätlichen Verlaufes derselben. Von Doberauer.
v. Bruns’ Beitr. z. klin. Chir. 1906, XLXEH, 2.
Die abdominelle Fettgewebsnekrose entsteht durch die proteolytischen
Fermente und das Fettferment des Pankreassaftes; seine Wirkung auf
die Zellen des Pankreas und der übrigen Bauchorgane tritt bei allen
Erkrankungen des Pankreas ein, von der sogenannten akuten Pankrea¬
titis bis zur Abscessbildung und der vollständigen Nekrose, ebenso bei
Verletzungen desselben. Bei der Pancreatitis haemorrhagica acuta ist
in vielen Fällen die abdominelle Fettgewebsnekrose der einzige positive
Befund; erliegt ihr der Mensch nicht, so können echte und Pseudo¬
cysten, Abscesse und Nekrose entstehen. Die Diagnose ist schwer. An
der W ö 1 f 1 e r ’schen Klinik wurden 6 Fälle beobachtet, die alle operiert
wurden, doch wurde nur einer gerettet, und zwar durch Drainage nach
aussen. * Die Patienten erkrankten alle plötzlich unter heftigen Erschei¬
nungen: Leibschmerz, Erscheinung von Darmverschluss, raschem Verfall;
bei 3 bestanden schon einige Zeit Leibschmerzen. Gegenwärtig ist eine
Differentialdiagnose gegen akuten Darm Verschluss wohl nicht möglich.
Typisch sind allerdings die Schmerzen und die Druckschmerzhaftigkeit
un Epigastrium, während der übrige Leib ganz oder fast ganz schmerzlos
ist. Man muss auch an ein perforiertes Magengeschwür denken. Gegen
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Darmverschluss spricht der Umstand, dass, wenn der initiale Shock
etwas abgeklungen ist, nicht selten die aufgehobene Darmtätigkeit sich
wieder einstellt. Oft werden klumpige Verdickungen des Netzes als un¬
klare Resistenz in der Oberbauchgegend gefühlt. Fast immer besteht
grosse Fettleibigkeit; Arteriosklerose und Alkoholismus scheinen zu prä¬
disponieren. Von der Lähmung werden besonders Magen, Duodenum
und Quercolon, d. h. die Organe in der Nachbarschaft des Pankreas,
betroffen. Zucker im Harn tritt erst auf, wenn das ganze oder fast
ganze Pankreas ausgeschaltet ist; das Gleiche gilt für die mangelhafte
Fett- und Fleischverdauung. Die Operation soll möglichst früh vorge¬
nommen werden und soll in Entfernung der krankhaften Produkte aus
der Bauchhöhle und Drainage bestehen. Eine Lokalisation im Epi-
gastrium durch peritoneale Verklebungen kommt nur selten vor, deshalb
darf man nicht darauf warten. Beim chronischen Pankreas- oder Bursa-
abscess soll man lumbal incidieren und drainieren, bei der akuten Pan¬
kreatitis aber per laparotomiam. Stumpfe Verletzungen des Pankreas
sind viel gefährlicher als scharfe wegen der grösseren Menge von unter¬
gegangenem Gewebe. Die Krankheit ist besonders häufig bei Leuten,
die durch Alter und Konstitution zu Gefässerkrankungen besondere ver¬
anlagt sind. Neuerdings sucht man nicht in Veränderungen der Drüse,
sondern in solchen des Sekretes derselben die Ursache zur Autodigestion,
denn etwas anderes ist die sogenannte Pankreatitis nicht. Jedenfalls
wird in der Drüse kein fertiges Trypsin, sondern nur ein Proferment
gebildet, das durch Hinzutreten von Darmsaft, Galle, Bakterien oder
Blut zu Trypsin wird; vielleicht aber ist auch das Trypsin fertig in der
Drüse vorhanden und die Zellen werden durch Schutzstoffe gegen Ver¬
dauung geschützt, welcher Schutz bei Schädigung der Zellen verloren
geht. Die Fettgewebsnekrose des Pankreas kann bestehen, ohne Er¬
scheinungen zu machen, sie kann spontan auch ausheilen. Um die
Todesursache bei Pankreatitis festzustellen, hat D. bei Hunden folgende
Versuche gemacht: Durch die doppelte Ligatur und Durchtrennung des
Pankreas kann man bei Hunden regelmässig eine schwere, fast immer
tötliche Krankheit erzeugen, die unter Collapstemperaturen und raschem
Verfall der Tiere verläuft und bei der hämorrhagisches Exsudat im
Bauchraum, subseröse Blutungen und Fettgewebsnekrosen sich bilden, aber
keine Peritonitis im anatomischen Sinne. Im Exsudat finden sich meist,
selten auch im Blut verschiedenartige Mikroben, deren Uebertragung
auf gesunde Tiere aber nicht schädigend wirkte. Der Tod der operierten
Tiere erfolgt nicht durch bakterielle Infektion. Die Einverleibung des
Pankreas krankgemachter Tiere tötet Hunde immer unter denselben Er¬
scheinungen, wie sie die operierten Hunde zeigten, während Einverleibung
von gesundem Pankreas gut vertragen wird. Es entsteht also wohl in
dem unterbundenen Pankreas eine Schädlichkeit, ein Zerfallsprodukt durch
die Autodigestion des Pankreas, die durch das chemisch gereizte Peri¬
toneum schnell resorbiert wird und giftig wirkt und die schwere Krank¬
heit und den Tod der Versuchstiere verursacht. Im Blut ist dieses
Pankreastoxin nicht nachweisbar, doch scheint man durch Einführung
kleinerer Mengen von krankem Pankreas Hunde imempfindlich machen
zu können. Die Ergebnisse des Tierversuches können auf den Menschen
übertragen werden.
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Klink (Berlin).
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A case of acute haemorrhagic pancreatitis. Von Dr. L. Durno.
Lancet 10. November 1906.
Ein 32 jähriger alter Mann erkrankte plötzlich des Morgens unter
starken abdominalen Schmerzen und Erbrechen; trotzdem unternahm er
eine Reise von 20 Meilen. Bei der Untersuchung zeigte er die Facies
abdominalis, war stark collabiert und klagte über erhebliche Schmerzen
im Epigastrium; der Stuhl war seit 2 Tagen angehalten. Nach 30 Stunden
trat Exitus letalis ein. Die Diagnose lautete: Akute hämorrhagische
Pankreatitis, die Peritonealhöhle enthielt eine beträchtliche Menge brauner
Flüssigkeit, und in der Pankreasregion war eine dunkle Masse ca. 3 mal
so gross als das Pankreas, dieselbe schien ein blosses Blutcoagulum ohne
Pankreasgewebe zu sein. Im Magen bestand neben katarrhalischen Er¬
scheinungen ein chronischer Ulcus. Herrnstadt (Wien).
Zur Pathogenese der akuten Pankreasblutung und Pankreasnekrose.
Von E. A. Polya. Berl. klin. Wochenschrift No. 49, 1906.
Yerf. konnte in der vorläufigen Mitteilung auf Grund seiner Experi¬
mente schliessen, dass das Hineingelangen von Duodenalinhalt in den
Ansführungsgang des Pankreas schon in geringen Mengen eine in kürzester
Zeit zum Tode führende Erkrankung bei Hunden erzeugt, welche mit
den schweren Formen der menschlichen Fettgewebsnekrose sowohl im
Verlauf wie auch im pathologisch anatomischen Bild vollkommen über¬
einstimmt. Hineingelangen von Trypsin in den Ausführungsgang des
Pankreas erzeugt in demselben schwere Degenerationen, Nekrose und
Blutungen, welche meist mit Fettgewebsnekrose einhergehen und letal
endigen. Auch bei schweren, vom Pankreas ausgehenden Fettgewebs-
nekrosen können auffallende makroskopische Veränderung am Pankreas
selbst vollständig fehlen. Raubitschek (Wien).
Some affections of the pancreas. Von Sidney P. Phillips. Brit.
Med. Journ., 19. Januar 1907.
Viele Fälle von Ca. des Pankreas wurden bisher als Ca. der Leber
gedeutet. Das Hauptsymptom besteht in Icterus, Ascites ist bei un¬
komplizierten Fällen nur selten nachweisbar; in den Fäces finden sich
nach Bobson Fett und unverdaute Muskelfasern. Die chronische inter¬
stitielle Pankreatitis macht fast die gleichen Symptome wie eine maligne Er¬
krankung und das nämliche gilt vom Carcinom der Gallenwege. Selbst
bei der Operation ist die Differentialdiagnose zwischen einfach entzünd¬
licher und maligner Erkrankung schwer zu machen; im allgemeinen
findet sich der katharrhalische Icterus häufiger bei entzündlichen Schwel¬
lungen des Pankreaskopfes, die ihren Ursprung in einem Duodenal¬
katarrh haben. Der Icterus kann durch Drainage der Gallenblase be¬
handelt werden.
Mr. Mayo Robson glaubt, dass, wenn die Diagnose einer malignen
PankreaBerkrankung feststeht, die Operation nicht anzuraten ist, bis auf
jene Fälle, wo das Carcinom den Körper oder den Schweif des Pankreas
ergriffen hat. Herrnstadt (Wien).
D. Männliches Genitale.
The Operation treatment of acute gonorrheal epididymitis. Von
F. R. Hagner. Med. Record, 13. Okt. 1906, p. 565.
Verf. hat 6 Fälle von akuter gonorrhoischer Nebenhodenentzündung
nfit bestem Erfolg operativ behandelt; die Operation wird in Narkose
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ausgeführt; es wird die Tunica vaginalis propria gespalten und die Epi¬
didymis an den Stellen, wo sie am stärksten geschwollen ist, reichlich
skarifiziert. Die Schwellung des Nebenhodens nimmt sehr rasch ab,
die Schmerzen hören sofort auf. Die Gefahr einer dauernden Schädi¬
gung des Hodens und Nebenhodens wird auf diese Weise stark ver¬
mindert, ferner werden so die Gonokokken am besten durch Drainage
und Irrigation beseitigt. Schrumpf (Strassburg).
Traitement de la tuberculose du testicule. Von L. Batut. Ann.
d. mal. d. org. gön.-urin. 1906, No. 16.
B. bespricht zunächst die verschiedenen Behandlungsmethoden der
tuberkulösen Epididymitis von den radikalsten Eingriffen bis zu den
rein symptomatischen Methoden. Er ist kein Freund allzu radikaler
Operationsverfahren und bevorzugt die totale oder partielle Epididyra-
ektomie und das Kurettement. Nur in Ausnahmsfällen führt er die
Kastration aus. Den Schluss der Arbeit bilden 10 Krankengeschichten
von Patienten, welche B. operierte. von Hofmann (Wien).
Zur Kastration bei Hodentaberkulose. YonBeck. Deutsche Zeitschr.
f. Chir. Bd. LXXXIV, Sept.
Im Hinblick darauf, dass über die Frage, ob bei Hodentuberkulose
konservativ oder radikal vorgegangen werden soll, noch keine endgültige
Entscheidung gefällt ist und besonders in letzterer Zeit wieder die
Kastration warm empfohlen wird, sieht sich der Verf. veranlasst, die am
Kantonspital St. Gallen wegen Hodentuberkulose operierten Fälle be¬
züglich ihrer Dauerresultate zu untersuchen. Das Ergebnis ist ira wesent¬
lichen folgendes: Nach Kastration bei einseitiger Hodentuberkulose wurde
in 45 °/ 0 Dauerheilung, in 27 Recidiv auf der anderen Seite beobachtet.
Die in der Statistik enthaltenen Fälle sind in der Mehrzahl mit Tbc.
der Prostata und Samenblasen oder der Harnwege kombiniert, wobei die
letztgenannte Komplikation die schlechteste Prognose bietet. Die sowohl
experimentell als auch klinisch gewonnene Anschauung von dem ascen-
dierenden Verlauf der Genitaltuberkulose würde bei Epididymitis für
die partielle Entfernung de9 Nebenhodens sprechen, doch kann selbst
die diagnostische Spaltung des Hodens keinen sicheren Aufschluss über
eventuelle mikroskopische Veränderungen geben, weshalb obiger Konser¬
vativismus nur für ganz beginnende Fälle reserviert bleiben muss. Anderer¬
seits muss der Wert ausgedehnter Exstirpation der erkrankten Prostata
und der Samenblasen als zweifelhaft bezeichnet werden, da erstens auch
bei blosser Kastration die Erkrankung obiger Organe sich häufig zurück¬
bildet, andererseits bei schwererem Ergriffensein derselben auch die Total¬
exstirpation keine sichere Gewähr für die Dauerheilung bietet.
Victor Bunzl (Wien).
Etnde snr les kystes Wolfflens du cordon. Von Vantrin und
Apffel. Ann. d. mal. d. org. gön.-urin. 15. November 1906.
Bei dem 40 jährigen Patienten fand sich neben einer linksseitigen
Inguinalhernie ein orangengrosser, mit dem Samenstrang im Zusammen¬
hänge stehender Tumor. Derselbe bestand seit 3 Jahren. Bei der
Operation fand man, dass es sich um eine Cyste handelte, welche mit
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dem Vas deferens nicht in Verbindung stand, aber massenhaft Sperma-
tozoen enthielt. von Hofmann (Wien).
Conseryatism in the treatment of senile hypertrophy of the pro-
state. Von J. Van der Poehl. Med. Record, 26. Mai 1906.
Es gibt zuweilen Fälle, welche durch die Prostatektomie nicht gebessert
werden, indem der Harndrang nicht aufhört, der Katheterismus weiter
fortgesetzt werden muss oder eine Inkontinenz oder eine Fistel zurück¬
bleibt. Wo der Katheterismus auf die Dauer nicht aseptisch ausgeführt
werden kann und die Operation sonst indiziert ist, muss die Wahl
zwischen beiden Behandlungen dem Patienten anheimgestellt werden.
Zu den mit Unrecht operierten Fällen zählt Verf. jene mit über¬
dehnten atonischen Blasen, deren mangelhafte Kontraktionsfähigkeit man
Mi der geringen Kraft des aus dem Katheter hervortretenden Strahles
bemessen kann. Solche Patienten müssen auch nach der Operation
weiter katheterisiert werden. Auch bei den kleinen reizbaren Blasen
mit chronischer Cystitis, bei kleinen Trabekelblasen mit partieller Reten¬
tion (sklerotische Blasen) dürfte der Erfolg der Prostatektomie sehr
zweifelhaft sein, da hier die Blasenmuskulatur fast geschwunden ist.
Bei einer dritten Gruppe von Patienten findet man eine mässige Ver-
gröBBerung der Prostata mit leicht gesteigerter Harnfrequenz und einer
geringen Menge von Residualharn. Bei diesen kommt es oft auch nach
Jahren nicht zu vollständiger Retention; hier ist nicht nur die Operation,
sondern auch der Katheter kontraindiziert. Man begnüge sich mit
hygienischen Massnahmen und Harnantisepsis.
In septischen (toxischen) Fällen kann der Katheter noch eher zu
einem fatalen Ende führen, als wenn eine Radikaloperation ausgeführt
worden wäre. Für die verschiedenen Phasen in den verschiedenen
Krankheitstypen lassen sich allerdings keine Regeln aufstellen.
Da viele Patienten erst zur Zeit der gastrointestinalen Störungen
des dritten Stadiums ärztliche Hilfe aufsuchen, wenn die Lokalerschei-
nungen nicht mehr das Bild beherrschen, so ist es wichtig, die drei
Krankheitsstadien gut zu unterscheiden.
1. Stadium: Die Blase ist vollständig entleerbar, aber es besteht
Harndrang, später erschwertes Harnlassen, auch nächtliche Polyurie,
manchmal auch ein schwacher, senkrecht herabfallender Harnstrahl. Es
handelt sich um Hyperämie der Prostata und des submukösen Gewebes.
In allen Stadien sind die prostatischen, vesikalen und rektalen Venen
mit Blut überfüllt; hiermit steht die Exacerbation der Symptome bei
dauerndem Liegen, Sitzen, bei Obstipation in einer Wechselbeziehung,
daher auch die Verkleinerung der Prostata nach systematischem Kathe¬
terismus als eine „Dekongestion“ bezeichnet wird. Nach v. Frisch
folgen auf die Kongestion die Reizung und der Spasmus des Sphinkters,
Retention und, wenn diese zu lange anhält, Blasenlähmung durch Ueber-
dehnung (zweites Stadium). Die Kongestion muss also durch ent¬
sprechende Lebensweise verhütet werden. Von inneren Mitteln sind nur
Cathartica und Antiseptica anzuraten (letztere auch bei reiner Blase).
Bei der glandulären (nicht der fibrösen) Form der Hypertrophie sollte
Prostatamassage zur Verminderung der Kongestion, Entleerung der
Follikel und Anregung von Kontraktionen geübt werden. Aehnlich und
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auch die Blasenmündung erweiternd wirkt die Sondenbehandlung. Eine
Tatsache ist es, dass auch Bauchmassage den Harndrang und das schmerz¬
hafte Harnlassen günstig beeinflusst. Bei Retention ist der Katheter
temporär oder permanent anzuwenden. In Anbetracht der Gefahr des
Katheterismus führt man prophylaktische Operationen aus. Es gibt Fälle
von akuter Retention (infolge akuter Kongestion), wo durch Katheteris¬
mus der frühere Zustand wieder hergestellt werden kann. Daher hält
Yerf. die prophylaktische Operation in solchen Fällen nicht für gerecht¬
fertigt. Der Katheterismus kann bei kompletter Retention oft durch
eine Cocain-Adrenalininstillation in die Pars prostatica erleichtert werden.
Ist die Einführung des Katheters unmöglich, so soll man die Blasen¬
punktion nicht zu lange aufschieben, da sonst leicht eine Blasenlähmung
entsteht.
Das zweite Stadium kennzeichnet sich durch Blaseninsufficienz und
Residualharn. Erreicht die Menge des letzteren etwa 150 g, so ist die
Katheterbehandlung angezeigt, durch welche zuweilen eine Rückkehr
zum ersten Stadium erzielt wird. Soll nun im zweiten Stadium die
Prostata exstirpiert werden? Ist der Katheterismus ausführbar und der
Blasenmuskel noch nicht paretisch, so kann nach einiger Zeit eine voll¬
ständig spontane Entleerung der Blase bewerkstelligt werden, selbst bei
hohem Alter und grosser Prostata. Bei Prostataabscess, bei unerträg¬
lichem Harndrang mit heftiger Cystitis ist nach v. Frisch die Opera¬
tion angezeigt. In Anbetracht der Komplikationen und Todesfälle nach
der Prostatektomie ist Yerf. der Ansicht, dass zunächst immer eine
Katheterbehandlung versucht werden solle, ehe man sich zur Operation
entschliesst.
Mit Erfolg wurde die Sectio alta ausgeführt, wo der Katheterismus
unmöglich war oder zur Verhütung von falschen Wegen, von Hämor-
rhagien und Infektionen vermieden wurde. Aber sobald mit der Abnahme
der Schwellung der Prostata der Harn per urethram abfloss, kam es
dann gewöhnlich zur Infektion der Blase von der Fistel aus. Daher ist
die Anlegung der suprapubischen Fistel nur ausnahmsweise (bei schwäch¬
lichen Leuten, bei Blasenlähmung, bei Unmöglichkeit des Katheterismus)
zu empfehlen.
Das dritte Stadium (Inkontinenz infolge von Blasenlähmung) ist
wegen der Strangurie, der Schädigung der Nieren, der Toxämie mit
Fieber wegen der Mastdarmstörungen und der Kachexie das gefährlichste.
Auch hier kann der Katheterismus eine Rückkehr zum zweiten Stadium
bewirken. Allerdings können bei schwächlichen Leuten durch unvor¬
sichtige Manipulationen an der Urethra die septischen Symptome ge¬
steigert werden. Anderseits werden durch ganz allmähliche und nur
teilweise Entleerung der Blase Hämorrhagien, Shock und Infektion der
wenig resistenten Blasenschleimhaut vermieden. In reinen Fällen soll
daher zur Vermeidung der Infektion anfangs nur selten katheterisiert
werden, bis sich die Blase an den Eingriff sozusagen gewöhnt hat.
Bei chronischer Retention ist die Unterscheidung der reinen und
der infizierten Fälle wichtig. In den reinen Fällen möchte Yerf. den
vorsichtigen Katheterismus der Operation vorziehen. Andrerseits kann
durch Katheterisieren eine später zu operierende Blase infiziert werden,
während doch die Operation vor Toxämie, septischer Infektion, Prostatitis,
Pyelonephritis zu schützen berufen ist. Die Chancen für beide Be-
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h&ndlungsmethoden sind besser bei inkompleter Retention. Bei septischen
Fällen nützt selbst der Verweilkatheter in der Regel wenig und es bleibt
das sicherste Verfahren die Operation, wenn der Allgemeinzustand es
gestattet, besonders bei gleichzeitiger Hämaturie.
Die Grösse der Prostata ist für die Wahl der Behandlung nicht
immer massgebend, obwohl heftigere Symptome bei geringer Vergrösserung
des Organes nur durch eine geringe Kontraktilität der Blase bedingt
sein können. Mit zunehmendem Alter ist die Chance der Operation
geringer, wenngleich eine plötzliche Indikation für dieselbe eintreten,
andrerseits die Fortsetzung des Katheterismus bei Urosepsis zu raschem
Tode führen kann. Nach Rovsing soll immer zuerst ein Versuch mit
dem Katheterismus gemacht werden, während im übrigen ein gelähmter
Blasenmuskel eine konservative, ein noch funktionierender eine operative
Behandlung indiziert. Eine sehr häufige Todesursache nach der Operation
ist Urämie, doch bilden Nierenerkrankungen leichten Grades keine Kontra¬
indikation. Karl F1 u88 (Wien).
Discnssion on enlargement of the prostate and its treatment.
Von A. Bingham und J. Lynn Thomas. Brit. med. Journ.
10. November 1906.
Anatomie: Verf. bespricht hier die Entstehungsart und die ana¬
tomische Beschaffenheit der Prostata.
Hypertrophie. Dieselbe kann sich auf einen oder auf alle Teile
der Drüse erstrecken und so entstehen eine reine Hypertrophie oder
Myome, Fibrome, Adenome oder auch ein maligner Tumor; in der
grössten Mehrzahl der Fälle sehen wir Adenome. Durch das kontinuier¬
liche Wachstum werden die normalen oder weniger affizierten Teile
gegen die Peripherie verdrängt, bis endlich der neue Tumor durch eine
dünne fibromuskuläre Schicht nur bedeckt wird, innerhalb deren sich
dünne Schichten ungestreifter Muskelfasern und fibrösen Stromas be¬
finden. Der chirurgische Mittellappen entsteht entweder durch Aus¬
dehnung eines lateralen Tumors nach rückwärts oder hat seinen Ursprung
in den Drüsen oder dem Stroma des anatomischen Mittellappens. Die
Frage der richtigen Behandlung erfordert eine dreifache Teilung der
Fälle: 1. jene, in denen der Abfluss des Urins erschwert ist; 2. jene,
wo gleichzeitig Cystitis oder Pyelitis besteht; bei den letzteren ist die
Operation nach Bottini angezeigt, da die sklerosierten Gefässe und
der allgemeine Zustand gewöhnlich die Prostatektomie ausschliessen.
Hierher gehören auch jene Fälle, wo sich Steine finden. Verf. empfiehlt,
dieselben durch Cystotomia suprapubica zu entfernen und dann die
Operation nach Bottini anzuschliessen; 3. jene, die zwischen den beiden
genannten liegen und deren Allgemeinzustand eine Radikaloperation zu¬
lässt. Wenn der Mittellappen allein oder hauptsächlich vergrössert ist,
dann ist die Cystotomia suprapubica zu empfehlen; wenn die Hyper¬
trophie gegen Perineum und Rektum sich ausdehnt, ist der perineale
Weg vorzuziehen, doch müssen vorerst immer die septischen Verhältnisse
der Blase gebessert werden.
Enukleation der Prostata. Für die Praxis gibt es zwei Mittel
der Untersuchung: 1. Elongation der Urethra, 2. Palpation per rectum.
In Fällen ohne Elongation unterstützt auch das Cystoskop den Befund.
Enukleation der Prostata ist ausgeschlossen bei Kontraktur des Orif.
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urethr. int. und bei harter, fibroider Prostata; dagegen ist sie am Platze,
wenn die Notwendigkeit eines kontinuierlichen Kathetergebrauches sich
einstellt. Bei akuter oder subakuter Cystitis ist es ratsam, zweizeitige
Prostatektomie zu machen. Was die suprapubische oder perineale Ope¬
ration anbelangt, so ist der Mortalitätssatz im ersteren Falle 7,7 °/ 0 , im
letzteren 6,8 °/ 0 , doch gibt die suprapubische einen besseren Ausblick
auf völlige Heilung.
Die Gefahren der Operation bestehen in folgendem: 1. Anästhesie;
2. Länge der Operation und der mit ihr verbundene Shock; 3. Sepsis;
4. Verletzung des Perineums; 5. Verletzung des Rectums; 6. perineale
Fistel. Der perineale Weg ist zweifellos geeigneter zur Drainage der
Höhle nach Prostatektomie, während bei septischer Blase durch Cystot.
suprapubica die Drainage erleichtert wird.
Operationstechnik. Transversaler Schnitt durch Haut und
subkutanes Gewebe mit Durchtrennung der Muskeln; Einführung eines
Katheters und Belassen desselben, bis die Prostata völlig freigelegt ist.
Nach Eröffnung der Blase wird ein löffelförmiges Instrument (Spoon
elevator) in das Rectum geschoben, welches gleichsam die eigenen Finger
zu ersetzen hat. Nach Entfernung der Prostata wird die muskuläre
Wand der Blase an die Rectumscheide angenäht, um sie vor dem Kontakt
mit Urin zu schützen und accidentelle Blutungen vom prävesikalen Raum
der Blase zu vermeiden. In der Blase wird ein 1 Zoll langes Drain be¬
lassen, bis die Blutung völlig steht, und wird sodann durch einen Katheter
ersetzt, bis die Wunde nahezu geschlossen ist.
Schlussfolgerungen. 1. Sowohl bei suprapubischer als auch bei
perinealer Operation ist der Prozentsatz der Mortalität fast der gleiche.
2. Die Resultate sind oft enttäuschend, es bilden sich Strikturen, Fisteln
und die Aussicht auf völlige Heilung besteht nur in ca. 14°/ 0 . 3. In
septischen Fällen soll die Enukleation zweizeitig gemacht werden. 4. Der
suprapubische Weg eignet sich für Tumoren des Mittellappens, für Ent¬
fernung von Steinen und zur Kontrolle der Blutung. 5. Sie ist nicht
zu empfehlen für Chirurgen mit kurzen Fingern und biegsamen, dünnen
Nägeln. 6. Es kann kaum jemals die Prostata in toto entfernt werden.
7. Anatomisch müsste, um die Prostata als Ganzes zu entfernen, auch
die Pars prostatica der Urethra mitgenommen werden.
Herrnstadt (Wien).
m. Bücherbesprechnngen.
Chirurgie du foie et des voies biliaires. Von F. Terrier und
M. Auvray. Paris, Felix Alcan, 1907. Mit 47 Abbildungen im Text,
p. 361.
Nachdem im ersten Teil die Verletzungen der Leber und der Gallen¬
wege, die Lageveränderungen und die Geschwülste der Gallenwege be¬
handelt sind (in Revue de Chirurgie 1897 No. 1 u. 1906 No. 2 u. 3)
folgt jetzt die Besprechung des Leber-Echinococcus, der Cysten, der
intrahepatischen Eiterungen und der Aktinomykose der Leber. Wie im
ersten Teile wird zunächst ein historischer Ueberblick gegeben, dann
folgen in jedem Kapitel die Aetiologie, pathologische Anatomie und die
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Symptome der einzelnen Erkrankungen sowie die Aufzählung der ver¬
schiedenen Operationsmethoden und ihrer Resultate.
Die ersten 191 Seiten befassen sich mit dem Echinococcus, dessen
Taenie in der Leukart ’schen und dessen Scolices in Krabbe ’schen
Abbildungen sich im Text befinden; über die in der Flüssigkeit vor¬
handenen Ptomaine oder Toxine, die durch Austritt z. B. in der Bauch¬
höhle schwerere allgemeine Intoxikationszustände verursachen, erfahren
wir, dass Viron (Arch. d. möd. experim. Paris 1892 p. 136) beim
Hammelleber-Echinococcus eine besondere eiweissähnliche Substanz ge¬
funden hat, die chemisch und physiologisch die Ursache der Intoxikation
abgeben soll. Demgegenüber werden die Kirmisson’schen Versuche
erwähnt, welche bei Intoxikationsversuchen negativ ausfielen. Die
schematische Darstellung der Echinococcusblasen mit Tochterblasen (nach
Dövö und Blanchard) geben ein klares Bild der verschiedenartigen
Entwicklung und deren einzelner Stadien. Sehr genau sind aus der
Literatur viele Fälle von Echinococcen zusammengestellt, darunter 196
Fälle von Madelung (aus seiner Rostocker Zeit, Ref.), unter welchen
132 Leberechinococcen aufgezählt werden, und 900 Ne iss er’sehe Be¬
obachtungen mit 451. Die verschiedenen Abschnitte der Leber, in
welchen sich die EchinococcuscyBte befinden kann, sind durch 4 Rumpf¬
schnitte (Schwartz) schematisch klargelegt. Sie geben die Grundlage
für die im weiteren ausserordentlich ausführlich beschriebenen einzelnen
Methoden des operativen Eingriffs; die Verfasser setzen dabei voraus,
dass die Diagnose sicher vorher gestellt wird, in welchem Teile der
Leber der Echinococcussack sitzt. Welche Lageveränderungen aber vor¬
liegen können und auf welche Schwierigkeiten man selbst bei geöffnetem
Leib noch stossen kann, beweist die aus Frerich’s Leberkrankheiten
beigefügte Abbildung (Fig. 15): Deplacement des Organes thoraeiques
par un kyste du foie. Dass hier aber die Radiographie hilfreich zur
Hand gehen kann, darf nach den klaren beigefügten Bildern nicht be¬
stritten werden. Für jeden, der sich mit dem Thema der Leberechino¬
coccen beschäftigen will, kann die Lektüre dieser alles bisher Erschienene
zus&mmenfassenden Arbeit nur dringend empfohlen werden.
Das 2. Kapitel handelt von den Alveolarcysten der Leber (Echino-
coccose Bavaro-Tyrolienne) unter besonderem Hinweis auf die Arbeit
Posselt’s (Stuttgart 1900) und die in ihr angeführten örtlichen Grenzen
ihres Vorkommens auf der Basis des von Virchow 1855 festgelegten
Begriffes. Operativ kommt hier nur die Hepatektomie in Frage.
Eine Monographie über Lebereiterungen und den Leberabscess bildet
das 3. Kapitel. „Jedem Leberabscess liegt eine Mikrobeninfektion zu¬
grunde“, es wird dabei auf das bei den stumpfen und scharfen Ver¬
letzungen der Leber Gesagte hingewiesen. Vier Eingangspforten gibt
es für die Infektion der Leber: durch die Galle, das arterielle, das venöse
Blut und durch die Lymphgefässe. Der arterielle Weg ist scheinbar der
bevorzugte; um die Capillaren herum treten die Embolien auf, die den
Kern für die Entstehung des Abscesses abgeben. Puerperale Infektionen
gehen auf dem Wege der Venen zur Leber. Im übrigen muss auf das
Original verwiesen werden, da genaueres Eingehen den Rahmen eines
Referates überschreiten würde.
Dabei muss aber auf die gesonderte Abhandlung über die intra¬
hepatischen tuberkulösen Abscesse und die perihepatische Tuberkulose
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im 4. Kapitel hingewiesen werden, zumal es ein ausgedehntes Literatur¬
verzeichnis am Schlüsse enthält, welches nur 6 deutsche Autoren zählt.
Ueber die Aktinomykose der Leber handelt das letzte Kapitel, dem eben¬
falls die Literatur beigefügt ist. Eine Schlusstafel fuhrt sieben Fälle
von Aktinomykose speziell auf, wir entnehmen, dass alle sieben Fälle, und
zwar in einem Zeitraum von 14 Tagen bis 6 Monaten nach dem Ein¬
griff, der in Punktion oder Abscesseröffnung bestand, gestorben sind.
Sie standen in einem Alter von 22—60 Jahren.
Die Ausstattung des Werkes, der Druck und die Zeichnungen ver¬
dienen besondere Anerkennung. v. Bardeleben (Bochum).
Handbuch der praktischen Chirurgie. Herausgegeben von Prof. E.
v. Bergmann und Prof. P. v. Bruns. Dritte umgearbeitete Auf¬
lage. H. Band. Chirurgie des Halses, der Brust und der Wirbel¬
säule. Mit 256 in den Text gedruckten Abbildungen. Stuttgart.
Verlag von Ferdinand Enke 1907.
Den Anfang des zweiten Bandes bildet ein Artikel „die angeborenen
Missbildungen, Verletzungen und Erkrankungen des Halses“ von Prof.
M. Jordan in Heidelberg. Im zweiten Abschnitt besprechen Prof.
P. v. Brun8 und Prof. Hofmeister „die angeborenen Missbildungen,
Verletzungen und Erkrankungen des Kehlkopfes und der Luftröhre“.
Es folgt nun der dritte Abschnitt „die Krankheiten und Verletzungen
der Schilddrüse“ von Prof. A. v. Eiseisberg, v. E. schildert zunächst
die chirurgischen Erkrankungen der Schilddrüse und deren Behandlung
und geht sodann auf den Zusammenhang zwischen Kropf und Kretinismus
über. Letzterer zeichnet sich durch drei charakteristische Merkmale aus:
1. Wachstumsstörungen, spezifische Veränderung der Haut und mangel¬
hafte Entwicklung der Genitalien. 2. Idiotie. 3. Kropfige Entartung
der Schilddrüse oder völliges Fehlen derselben. Weiterhin bespricht
v. E. das spontane Myxödem der Erwachsenen, die durch den Schild¬
drüsenausfall bedingten Krankheitsbilder und den Morbus Basedowii. Im
vierten „Angeborene Missbildungen, Verletzungen und Erkrankungen der
Speiseröhre“ betitelten Abschnitt schildert zunächst v. Hacker (Graz)
die Untersuchungsmethoden der Speiseröhre, dann die Verletzungen und
entzündlichen Erkrankungen dieses Organs, während G. Lotheissen
(Wien) die angeborenen Missbildungen und die Erweiterungen und
Divertikel sowie die Neubildungen des Oesophagus bespricht. Der fünfte
Abschnitt führt den Titel „die Verletzungen und chirurgischen Er¬
krankungen des Thorax und seines Inhaltes“ und ist von Prof. F. Rie-
dinger (Würzburg) und H. Kümrtiel (Hamburg) bearbeitet. Am
interessantesten sind die Kapitel über Herznaht und Lungenchirurgie,
welche von den grossen Fortschritte^ Zeugnis geben, welche in den
letzten Jahren auf diesem Gebiete gemacht wurden. Im sechsten Ab¬
schnitt bespricht Prof. 0. v. Anger er die „Erkrankungen und Ver¬
letzungen der Brustdrüse“. Bezüglich des Mammacarcinoms hebt v. A.
hervor, dass die definitiven Heilungen nach der Operation sich von Jahr
zu Jahr dank der verbesserten Operationsmethode zu mehren scheinen.
Den Schluss des zweiten Bandes bilden „die Verletzungen und Er¬
krankungen des Rückenmarks und der Wirbelsäule“ von Prof. A.
He nie (Dortmund). Derselbe beginnt mit einigen sehr lehrreichen
diagnostischen Vorbemerkungen und schildert sodann eingehend die Patho-
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logie und Therapie der einzelnen Erkrankungen. Ein grosser Teil dieses
Abschnittes ist der Orthopädie gewidmet, wo die Arbeiten H o f f a * s ,
Lorenz’ u. a. entsprechend berücksichtigt werden.
v. Hofmann (Wien).
Britema da micrococco tetrageno simnlante l’eritromelalgia. Von
F. Fedrazzini. Mailand, Verlag Vallardi, 1906.
Kasuistischer Beitrag zur Klinik eines durch den Micrococcus tetra-
genus erzeugten Erythems, das durch seinen Sitz an beiden unteren
Extremitäten und die übrigen Symptome (brennenden Schmerz, ödematöse
Schwellung, fleckige Röte) lebhaft an Erythromelalgie erinnerte, die der
Autor insbesondere wegen des Fehlens jeglicher sonstiger neuropathischer
Anlage ausschloss. Die bakteriologische Untersuchung des aus den
Erythemflecken entnommenen Blutes ergab die Anwesenheit des oben
genannten Micrococcus, dessen Pathogenität durch die vorgenommenen
Impfversuche bestätigt wurde. Der durch die Schwere der Erkrankung
erzeugte Verdacht, dass es sich vielleicht um eine Mischinfektion mit
Tuberkulose handle, wurde durch den weiteren Verlauf — die Kranke
genas — glücklicherweise nicht bestätigt. Verf. warnt zum Schlüsse
vor einem zu ausgedehnten Gebrauch des Wortes Erythromelalgie, das
er auschliesslich für die Gefässneurosen reserviert wissen will, und gibt
endlich einige biologische Daten über den von ihm gezüchteten Micro¬
coccus. A. Götzl (Wien).
Tumeurs du testicule. Von M. C h e V a s s u. These de Paris.
G. Steinheil. 1906.
Ch. hat 128 Fälle von Hodentumoren zusammengestellt, und zwar
fand er in der Mehrzahl der Fälle von den Samenkanälchen ausgehende
Epitheliome; häufig waren auch Mischgeschwülste und Teratome. Sar¬
kome und Fibrome fanden sich nur je einmal. Anschliessend an die
Schilderung der einzelnen Geschwulstformen bespricht Ch. sodann im
allgemeinen die Aetiologie, Symptomatologie und Therapie der Hoden¬
tumoren. Das vom Jahre 1889 an beginnende Literaturverzeichnis am
Ende des Buches umfasst 243 Nummern. v. Hofmann (Wien).
Inhalt.
I. Sammel-Referate. j
Schirmer, K. H., Die Rolle der Epithel- j
körperchen in der Pathologie, p. 401 j
bis 420.
II. Referate.
A. Tumoren.
Loeb, L., Further experimental investi-
gations into the growth of tumors, p. 421.
Sticker, A., Uebertragung von Tumoren
bei Hunden durch den Geschlechtsakt,
p. 421.
Kraft, Beitrag zur Operabilität des
Lymphosarkoms, p. 421.
Ruff, Rückbildung des Lymphosarkoms
auf nicht operativem Wege, p. 421.
K e e 1 1 e y, C. B., The prevention of cancer
regarded as a practical question ripe
for solution, p. 422.
Gaylord, H. R. und Glowes, G. H. A.,
On spontaneous eure of cancer, p. 423.
Peachell, E., A case of cancer in the
male breast, p. 423.
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Qrigiral from
UMIVERSITY OF CÄLIFORNIA
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Williams, Ch., X rays in the treatment
of carcinoma and sarcoma, p. 423.
Bevers, E. C., Hydatid cyst of thc neck,
with cellulitis caused by rupture and
escape of hydatid fluid, p. 424.
Seyfried, J., Echinococcuscyste am
Zwerchfell, p. 425.
Reinecke, Vereiterter Echinococcus der
Bauchhöhle, p. 426.
B. Gehirn, Meningen.
G e i 1 1 i n, F., Zur Kenntnis der tuberösen
Sklerose des Gehirns, p. 426.
Chapelle, A. de la, Ein Fall von Lues
hereditaria tarda des Nervensystems mit
Sektion, p. 426.
K r ö n 1 e i n, Himchirurgische Mitteilungen,
p. 426.
Cushing, H., Sexual infantilism with
optic atrophy in cases of tumor aflec-
ting the hypophysis cerebri, p. 427.
D e r s., Cases of spontaneous intracranial
hemorrhage associated with trigemin&l
nevi, p. 428.
Bielschowsky, M. und Unger, E.,
Zur Kenntnis der primären Epithelge¬
schwülste der Adergeflechte des Gehirns,
p. 429.
Stern, A., Ueber Cysticerken im 4. Ven¬
trikel, p. 430.
Osler, W., Cerebrospinal fever, p. 432.
Oettinger und Malloizel, Septicemie
streptococcique consecutive ä une amyg-
dalite phlegmoneuse avec meningite sero-
purulente. Traitement par les injec-
tions intrarachidiennes et intraveineuses
d’argent colloidal. Guerison. Hyper¬
trophie musculaire ä forme h^miplegique
de la face et du membre superieur
gauche consecutive, p. 432.
Stoddart, J., Case of otitic extra-dural
abscess, associated with paralysis of
sixth cranial nerve and double optic
neuritis — with remarks, p. 433.
C. Pankreas.
Schmidt, A., Funktionelle Pankreas-
achylie, p. 434.
T h a y e r, W. S., Observations on several
cases of acute pancreatitis, p. 434.
j Doberauer, Ueber die sogenannte akute
' Pankreatitis und die Ursachen des
schweren, oft tötlichen Verlaufes der¬
selben, p. 437.
D u r n o, L., A case of acute baemorrhagic
pancreatitis, p. 439.
Polya, E. A., Zur Pathogenese der
akuten Pankreasblutung und Pankreas¬
nekrose, p. 439.
Phillips, S. P., Some affections of the
pancreas, p. 439.
D. Männliches Genitale.
Hagner, F. R., The Operation treat¬
ment of acute gonorrheal epididymitis,
P- 439 *
Batut, L., Traitement de la tuberculose
du testicule, p. 440.
Beck, Zur Kastration bei Hodentuber¬
kulose, p. 440.
Vantrin und Apffel, Etüde sur les
kystes Wolffiens du cordon, p. 440.
Van der Poehl, J., Conservatism in
the treatment of senile hypertrophy of
the prostate, p. 441.
Bingham, A., und Thomas, J. L.,
Discussion on enlargement of the pro¬
state and its treatment, p. 443.
III. Bücherbesprechungen.
Terrier, F. und Auvray, M., Chirurgie
du foie et des voies biliaires, p. 444.
v. Bergmann, E. und v. Bruns, P.,
Handbuch der praktischen Chirurgie,
p. 446.
Pedrazzini, F. f Eritema da micrococco
tetrageno simulante reritromelalgia,
p. 447.
Chevassu, M., Tumeurs du testicule,
P- 447 *
Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Professor
Dr. HERMANN SCHLESINGER, Wien, I, Ebendorferstrasse 10, wird gebeten.
Man bittet, redaktionelle Zuschriften mit dem Adressenzusatz „Für die Redaktion des
Centralblattes für die Grenzgebiete* 4 versehen zu wollen.
Lippert & Co. (G. Pätz’sche Buchdr.), Naumburg a. S.
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CENTRALBLATT
für die
Grenzgebiete der Medizin u. Ghirurgie.
Herausgegeben von
Ol*. Hermann Schlesinger,
Professor an dar Universität Wlan.
Verlag von GUSTAV FISCHEB in Jena.
X. Band. Jena, 3. Jnli 1907. Nr. 12.
Das Centralblatt für die Grenzgebiete der Medizin und Chirurgie erscheint in
zwanglosen Heften im Umfange von etwa 3 Druckbogen, die zu einem Bande
vereinigt werden, dessen Umfang 60 Druckbogen betragen wird. Das Abonne¬
ment für das Centralblatt kostet 24 Mark für den Band. — Die Abnehmer
der Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, herausgegeben
von A. von Eiseisberg und B. Naunyn, erhalten das Centralblatt
zum Vorzugspreise von 20 Mark.
L Sammel - Referat«.
Die Rolle der Epithelkörperchen in der
Pathologie.
Kritischer Sammelbericht von Karl Hermann Schirmer (Wien).
(Fortsetzung.)
Literatur.
64) Gley, E. A., Gland et glandules thyroides du chien. Compt rend. de
la Soc. de Biologie, 25. Febr. 1893, P* 21 7 -
65) Ders., Nouvelle note sur les effets de la thyroYdectomie chez le lapin.
Compt. rend. de la Soc. de Biologie, 1. Juli 1893, P* 691.
66) Ders., Des effets de l’exstirpation des glandules parathyroiides chez le
chien et chez le lapin. Compt rend. de la Soc. de Biologie, 9. Januar 1897, p. 18.
67) Ders., Sur la fonction des glandules parathyroides. Compt. rend. de la
Soc. de Biologie, 16. Januar 1897, p. 46.
68) Ders., Effets de la thyrdoidectomie. chez le lapin. Archiv de Phys. norm,
ct path. 1892.
69) Ders., Recherches sur la fonction de la gland thyrdoide, ibidem 1892.
70) Ders., Nouvelles recherches sur 1 ’effet de la thyr. chez le lapin, ibidem 1892.
71) Ders., Expose critique des recherches relatives ä la physiologie de la
glande thyreoide, ibidem 1892.
72) Ders., Contributions h. l’etude des effets de la thyrdoidectomie chez le
chien, ibidem 1892.
73) Ders., Recherches sur le röle des glandules thyreoidiennes chez le chien,
ibidem 1893.
74) Ders., Les resultats de la thyr6o'idectomie chez le lapin, ibidem 1893.
75) Gley, E. et Nicolas, A., Premiers resultats de recherches sur les modi-
fications histologiques des glandules thyroidiennes aprfcs la thyroidectomie. Compt.
rend. de la Soc. de Biologie 1895, S. 216.
76) Gley, E. etPhisalix, C., Sur la nature des glandules thyroidiennes du
chien. Compt rend. de la Soc. de Biologie, 25. Febr. 1893, p. 219.
Centralblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 29
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450
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77) Groschuff, K., Bemerkungen zur vorläufigen Mitteilung von Jacoby:
Ueber die Entwicklung der Nebendrüsen der Schilddrüse und der Karotidendrüse.
Anatom. Anzeiger 1896, Bd. XII, p. 497.
78) Gross, E., Ueber die Beziehungen der Tetanie zum weiblichen Sexual¬
apparat. Münchener med. Wochenschr. 1906, p. 1616.
79) Guizzetti, P., Veränderungen der Glandulae parathyreoideae in 3 Fällen
von Tetanus traumaticus. Centralbl. f. Allgem. Path. u. pathol. Anat. 1907, No. 3.
80) Halsted, An experimental study of the thyreoid gland of dogs. Balti¬
more. 1896.
81) HaSkovec, L., Die Basedowsche Krankheit als Krankheit und Syndrom.
Casopis lökafrfi öeskjch 1906, p. 751, ref. Schmidt*s Jahrbücher, Bd. CCXCII, p. 161.
82) Hecker, Zur Pathologie der Schilddrüse und der Nebenschilddrüsen. Ges. f.
Natur- und Heilkunde zu Dresden, 15. Dezember 1906, ref. Münchener Med. Wochen¬
schrift 1907, p. 493. Diskussion: Schmor 1 .
83) Hofmeister, Zur Physiologie der Thyreoidea. Fortschritte der Med. 1892.
84) Ders., Experimentelle Untersuchungen über die Folge des Schilddrüsen-
verlustes. Bruns’ Beiträge zur klin. Chir. 1894, Bd. XI.
85) Ders., Zur Frage nach den Folgezuständen der Schilddrüsenexstirpation.
Deutsche Med. Wochenschr. 1896.
86) Hürthle, K., Beiträge zur Kenntnis des Sekretionsvorganges in der Schild¬
drüse. Archiv f. d. ges. Physiologie 1894, Bd. LVI, p. I.
87) Hu Ist, J. P. L., Ein Tumor der Glandula parathyreoidea. Centralbl. f.
allgem. Pathol. und pathol. Anat. 1905, Bd. XVI, p. 103.
88) Hutchison, R., Further observation on the chemistry and action of the
thyroid gland. Journ. of Physiology 1898.
89) Jacoby, M., Studien zur Entwicklungsgeschichte der Halsorgane der Säuge¬
tiere und des Menschen. Inaug.-Diss., Berlin 1895.
90) Ders., Ueber die Entwicklung der Nebendrüsen der Schilddrüse. Anat.
Anzeiger 1896, Bd. XII, p. 152.
91) Jeandelize, P., Insuffisance thyroidi'enne et parathyroidi'enne. Etüde ex¬
perimental et clinique. Nancy 1902.
92) Kishi, K., Beiträge zur Physiologie der Schilddrüse. Virchow’s Arch. 1904,
Bd. CLXXV 1 , p. 260.
93) Kocher-Kraus, Ueber die Pathologie der Schilddrüse. XXIII. Kongress
für innere Medizin, April 1906. Münchener Med. Wochenschr. 1906, No. 18.
94) Königstein, H., K. k. Ges. der Aerzte Wien, 27. Mai 1904. Wiener
klin. Wochenschr. 1904, S. 636.
95) Ders., H., Demonstration von Sekretbildem im Epithelkörper. K. k. Ges.
der Aerzte Wien, 15. Juni 1906. Wiener klin. Wochenschr. 1906, p. 778.
96) Ders., K. k. Ges. der Aerzte Wien, 7. Dez. 1906. Wiener klin. Wochen¬
schrift 1906, p. 1532.
97) Königstein, R., Mitteilungen der Ges. f. innere Medizin u. Kinderheilk.,
6. Dez. 1906, p. 191.
98) Kohn, A., Studien Über die Schilddrüse, Archiv f. mikroskop. Anat. 189;,
Bd. XLIV.
99) Ders., Studien über die Schilddrüse, Archiv f. mikroskop. Anat. 1897,
Bd. XLVIII.
100) Kohn, Die Epithelkörperchen. Sammelreferat. Ergebnisse der Anat u.
Entwicklungsgesch. 1899, Bd. IX.
101) Kollmann, J., Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen 1S9S.
102) Kürsteiner, Die Epithelkörperchen des Menschen und ihre Beziehungen
zur Thyreoidea und Thymus. Anat Hefte von Merkel und Bonnet 1898, Bd. IX»
3. Heft und 1899, Bd. XI.
103) Lange, M., Die Beziehungen der Schilddrüse zur Schwangerschaft. Zeit¬
schrift f. Geburtsh. u. Gyn. 1899, Bd. XL, p. 34.
104) Lanz, Volkmann’s Vorträge 1894, No. 87.
105) Ders., Beiträge zur Schilddrüsenfrage. Mitteilungen a. d. Klinik u. med.
Institut, Schweiz 1895.
105*) Lei sehn er, K. k. Ges. der Aerzte in Wien. 17. Mai 1907. Wiener
klin. Wochenschr. 1907, p. 645. Diskussion: v. Eiseisberg.
106) Loewenthal u. Wiebrecht, Ueber Behandlung der Tetanie mittels
Nebenschilddrüsenpräparaten. Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk. 1906, Bd. XXXI»
5. Heft, p. 415.
(Schluss der Literatur folgt.)
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451
Jeandelize 91 ) dürfte zuerst für die strenge Trennung der
chronischen (trophischen) Störungen nach Schilddrüsenverlust von den
konvulsivischen, dem Epithelkörperverlust entsprechenden auf Grund
eigener Experimente und der bisherigen Forschungsergebnisse
plaidiert haben. Ihm folgten Eiedl und Pineies. Kocher 98 )
unterscheidet in seinem jüngsten Referate thyreoprive und thyreo¬
toxische Erkrankungen. Erstere sind Folge teilweisen oder totalen
Ausfalles der Schilddrüsenfunktion. Zu .unterscheiden ist der Aus¬
fall der eigentlichen Thyreoidea unter dem Bilde einer chronischen
Stoffwechselkrankheit und der Ausfall der Parathyreoidea unter dem
Bilde einer Intoxikation, auftretend als Tetania parathyreopriva.
Diese beiden zusammen bilden die Gruppe der Hypothyreosen.
v. Eiseisberg, der in seinem bekannten Schilddrüsenbuche 4 *)
die Frage noch offen lässt („jedenfalls sind weitere Beobachtungen
zur Aufklärung der physiologischen Rolle der Nebendrüsen nötig“),
erklärt in der Diskussion zu dem Vorträge Erdheim’s in der
Gesellschaft der Aerzte in Wien, 49 ) es bestehe kaum ein Zweifel
mehr, dass die Tetanie heim Versuchstier durch den Ausfall des
Epithelkörperchens bedingt ist. Die Experimente von Biedl,
Pineies und Erdheim geben ihm auch eine Erklärung für die
seinerzeit angestellten Versuche, hei denen Katzen %, 7 / 8 und mehr
der Schilddrüse exstirpiert wurden und der Verlauf der Tetanie ein
verschiedener war, je nachdem der kleine zurückgelassene Rest dem
oberen oder unteren Pol entsprach. Wenn ein Epithelkörperchen
zurückgelassen wurde, so blieb eben die tödliche Tetanie aus. Während
also daB Tierexperiment in diesem Punkte nach v. Eiseisberg
eindeutig ist, so sind die klinischen Tatsachen bei der menschlichen
Tetanie nicht alle durch den Ausfall der Epithelkörperchenfunktion
ungezwungen zu erklären. Er beanständet die Erklärung von Pineies
für das synchronische Auftreten der Tetanie mit dem eines Kropf¬
rezidivs, dass nämlich der wachsende Kropfrest einen Druck auf
den Epithelkörper ausübt „Wie soll man sich aber diesen Druck
vorstellen? Wenn das Epithelkörperchen in Hunderten von Fällen
anstandslos das Wachsen des Kropfes als solchen verträgt — die
Fälle von spontaner Tetanie bei wachsendem Kropfe sind ja äusserst
selten — wie soll man sich vorstellen, dass nun auf einmal ein
kleiner wachsender Kropfrest das Epithelkörperchen schädige! . . .
Man muss eben dann annehmen, dass auch ein Epithelkörperchen
hypertrophiert.“ Erdheim hat demgegenüber auf die Befunde
Benjamins hingewiesen, denen zufolge die Epithelkörperchen bei
vorhandenem Kropf atrophisch werden können; allerdings beruht
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dies nicht auf Druckwirkung, sondern auf Dehnung des Organes,
das mit der Kropfkapsel primär verwächst. Es handelt sich also
nur um den Modus der Schädigung, nicht um die Existenz der
letzteren überhaupt.
Auch ein von v. Eiseisberg beobachteter und 1894 48 ) publi¬
zierter Fall stimmt nach seiner Anschauung nicht mit einer gänz¬
lichen Trennung der Funktion der Schilddrüse von der des Epithel¬
körperchens. Eine 38 jährige Frau wurde nach totaler Exstirpation
des Kropfes wegen Adenomknoten tetaniach, später entwickelte sich
das Bild leichter chronischer Kachexie. Nach 2 Jahren entstand
ein metastatiscber Tumor im Brustbein, mit dessen Wachstum die
kachektischen Beschwerden nachliessen. Wegen starker Schmerzen
wurde das Manubrium sterni reseziert: 9 Tage nach der Operation
trat deutliche Tetanie mit späterer Kachexie ein. Nach v. Eiseis¬
berg müsste als Erklärung dieses Falles das hinter dem Brustbein
liegende accessorische Epithelkörperchen, welches nach der ersten
Operation vikariierend hypertrophisch wurde, bei der zweiten Ope¬
ration mitexstirpiert worden sein. Erdheim erklärt diesen Fall
dadurch, dass hei der ersten Operation ein Teil der Epithelkörperchen
mitentfemt wurde, bei dem zweiten Eingriff aber die im Bereiche
der Thymusspitzen liegenden unteren Hauptepithelkörperchen direkt
oder indirekt geschädigt wurden. Auch dieser Fall beweist also
nicht die thyreoprive Herkunft der Tetanie.
Paltauf erklärt, seit Jahren an der Lehre festzuhalten, dass
die sogenannten akuten Ausfallserscheinungen (Tetanie) nach Ent¬
fernung der Schilddrüse auf dem Fehlen der Epithelkörperchen, die
chronischen (WachstumBstörungen, Marasmus, Cachexia strumipriva)
auf dem Ausfall der Schilddrüse selbst beruhen.
Die in jüngster Zeit erschienene fundamentale Arbeit Erd¬
heim ’ s 60 ) gibt die Resultate einer grossen Zahl von Tierexperimenten
sowie die Befunde bei 3 an Tetanie nach Kropfoperation verstorbenen
Patienten wieder, Resultate, die infolge der übereinstimmenden Er¬
gebnisse der klinischen und histologischen Beobachtung und der
minutiösen technischen Ausführung (Zerlegung der Halsorgane in
lückenlose Serien) wohl einwandsfrei sind und die ganze Frage zar
Entscheidung gebracht haben.
Erdheim hat an zahmen Ratten partielle und totale Thyreoid-
ektomien in grosser Zahl vorgenommen (50 Tiere); die Epithel¬
körperchen wurden mit einem feinen galvanokaustischen Spitzbrenner
zerstört. Beim Studium der Rattentetanie ergab sich, dass die
tetanischen Erscheinungen verschiedene Grade zeigen: Tremor und
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453
Zuckungen, kontinuierliches Schwirren der gesamten Körper*
muskulatur, Zittern und Zuckungen, ferner auch tonische Krämpfe,
Laufen auf gehallten Pfoten und selbst Status epilepticus. Meist
traten diese Erscheinungen in den ersten 24—36 Stunden auf. Die
Tiere zeigten auch auffallende Aufregungszustände. Die histologische
Nachuntersuchung ergab zunächst, dass in den allermeisten Fällen
ein bei der Operation stehen gelassener Rest eines Epithelkörperchens
nachträglich nekrotisiert und resorbiert wird. Bei 29 Ratten wurden
beide Epithelkörperchen exstirpiert, in allen bis auf 2 Fälle, die
nur kurze Zeit (7 und 3 Tage) beobachtet werden konnten, trat
Tetanie auf. Es ergab sich, dass die Mitentfernung der accessorischen
Epithelkörperchen — es wurde bei 3 Tieren gleichzeitig auch die
Spitze der Thymus, der häufigste Sitz der accessorischen Epithel¬
körperchen bei der Ratte — keinen Einfluss auf den Verlauf der
Tetanie ausübt.
In 12 von diesen total parathyreoidektomierten Fällen wurde der
Tod des Tieres abgewartet, der nach 54—162 Tagen eintrat; die Tetanie
zeigte einen ausgesprochen chronischen Charakter. Diese 12 Tiere
zeigten ferner eigentümliche trophische Störungen an den Nage¬
zähnen: es treten auf den normalerweise gelblich gefärbten Zähnen
opake weisse Flecken auf (Schmelzdefekte), der Zahn wird brüchig
und verursacht, wenn der Bruch innerhalb der Alveole sitzt, heftige
Schmerzen, es kommt bei Lokalisation an den unteren Zähnen zu
gangränöser Stomatitis mit Durchbruch der Zahnstümpfe am Unter¬
kiefer, während die oberen Nagezäbne übermässig lang werden.
E r d h e i m fasst diese tropbischen Störungen als absolut konstantes
Symptom der Tetanie auf, das in mangelhafter Kalkablagerung im
wachsenden Gewebe besteht (histologische Untersuchungen). Auch
Kataraktbildung wurde analog der menschlichen Tetanie bei den
Ratten beobachtet.*) Bei der Exstirpation von P/ a Epithelkörperchen
trat die Tetanie entweder gar nicht oder ungewöhnlich milde auf.
In 8 Fällen war nur das eine Epithelkörperchen exstirpiert worden,
meist weil das andere wegen seiner atypischen Lage bei der Operation
verfehlt wurde; es trat nur in 1 / 8 der Fälle Tetanie flüchtiger Natur
ein. Eine kompensatorische Hypertrophie des Testierenden Epithel¬
körperchens, wie sie Paltauf bei der Ziege und Gley beim
Kaninchen beobachteten, konnte Erdheim nicht mit Sicherheit
konstatieren. Bei 8 Ratten wurde eine partielle Schilddrüsen¬
exstirpation mit Schonung beider Epithelkörper vorgenommen, in
*) Siehe auch A. Peters, Tetanie und Starbildung. Inaug.-Diss. Bonn 1898.
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454
keinem dieser Fälle trat Tetanie (auch keine Kachexie) ein. Die
Tetanie kann daher keineswegs mit dem bei der Parathyreoidektomie
unvermeidlichen Schilddrüsen verlost in Zusammenhang gebracht
werden.
Erdheim schliesst aus seinen Tierexperimenten, dass dem
parathyreopriven Symptomenkomplex auch trophische Störungen
eigen sind. Die letzteren haben auch insoferne eine grosse Bedeutung,
als zwei Autoren, Stoeltzner (Jahrb. f. Kinderheilk. XEH, 1906,
p. 661) und Quest (Wiener klin. Wochenschr. 1906, p. 830), die
Tetanie mit Anomalien des Kalkstoffwechsels in Zusammenhang
bringen.
Um die praktisch eminent wichtige Frage zu beantworten, ob
die Tetanie nach partieller Kropfexstirpation beim Menschen eine
thyreoprive oder parathyreoprive sei, hat Erd heim drei letal
endigende Fälle histologisch untersucht (Zerlegung in Serienschnitte).
ln allen drei Fällen fand sich ein genügender und wohlerhaltener
Schilddrüsenrest, es fehlten die 4 Epithelkörperchen, im Falle 1 fanden
sich 2 winzige accessorische Epithelkörperchen. Aus diesen unzwei¬
deutigen Befunden folgert Erdheim, dass es für den Chirurgen
die unabweisbare Pflicht sei, künftighin die Epithelkörperchen zu
schonen. Deshalb empfiehlt er die Resektionsenukleation Kocher’s
oder die Keilresektion Mikulicz’ gegenüber der Billroth'sehen
Methode. Aus den anatomischen Verhältnissen ergibt sich nämlich,
dass die Epithelkörperchen am besten geschont werden, wenn das
Gebiet des Nervus recurrens vermieden wird; bei der Billrotb-
schen Methode wird der Recurrens direkt präpariert.
Gegenüber diesen an die Chirurgen gerichteten Vorschlägen er¬
klärte v. Eiseisberg, es sei nach den guten Resultaten in bezug
auf die postoperative Tetanie kein Grund vorhanden, nach neuen
Methoden zu suchen, sondern man könne je nach der Eignung des
Falles eine der drei genannten Methoden wählen. Unter 366 Kropf¬
operationen wegen gutartiger Prozesse fand sich kein einziger Fall
von tödlicher Tetanie, meist verlief sie vollkommen harmlos. Nur in
einem Falle war die Tetanie eine schwerere, besserte sich aber nach
Implantation eines bei einer Kropfoperation frisch gewonnenen Stückes
Schilddrüse und gleichzeitiger Thyreoideafütterung. „Hier müsste
man annehmen, dass die Tabletten eben nebst getrockneten Schild¬
drüsen auch getrocknete Epithelkörper enthielten.“ v. Eiseisberg
achtet übrigens seit Jahren bei Kropfoperationen nach Tunlichkeit
auf die Epithelkörperchen.
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Dieser Standpunkt scheint sich unter den Chirurgen in der
letzten Zeit immer mehr Bahn zu brechen; so hebt auch E. Payr 181 )
im Lehrbuch der speziellen Chirurgie (herausgegeben von Ho chenegg)
hervor, dass die Epithelkörperchen bei der operativen Behandlung
des Kropfes Beachtung verdienen. Nach einer brieflichen Mitteilung
an Weichselbaum hat Kocher bei seinen letzten 1000 Kropf*
Operationen nur 5 mal Tetanie beobachtet (= 0,5 °/ 0 ). In diesen
5 Fällen handelte es sich um Rezidivoperationen, bei denen Kocher
wegen der oft starken Adhäsionen seine Methode nicht in der ge¬
wohnten Weise ausfiihren konnte. Die jüngsten anatomischen Studien
Mac Callum’s 20 ) (November 1906) beschäftigen Bich mit der für
den modernen Chirurgen obligaten Schonung der Epithelkörperchen,
wobei eine genaue Kenntnis ihrer Lage und der Art ihrer Blut¬
versorgung unerlässlich ist. Seiner Befunde, die sich mit denen
Erdheim’s nicht ganz decken, wurde schon oben gedacht. Mac
Call um schliesst aus seinen Befunden, dass es immer möglich ist,
einen oberen oder unteren Schilddrüsenlappen zu entfernen, ohne
die Epithelkörperchen zu verletzen oder mit den sie versorgenden
Blutgefässen in Konflikt zu kommen.
Mit Rücksicht auf die Forderung Erdheim’s, dass bei Strum-
ektomien der Verlauf des N. recurrens möglichst vermieden werden
soll, ist es nicht uninteressant, dass M. Grossmann schon 1898
(Pflüger’s Archiv Bd. 73, p. 184) bei seinen Versuchen zur Re¬
sektion der Trachea die weitestgehende Schonung der Nn. recur-
rentes empfohlen hat.
Leischner 106 *) rät auf Grund seiner schon erwähnten Ver¬
suche an Ratten, „bei den schwierigen Kropfoperationen, die für
ein Zurücklassen von genügend Epithelkörperchengewebe nicht bürgen
können, die exstirpierten Strumenstücke sofort im sterilen Zustande
anf anhaftende Epithelkörperchen zu untersuchen, um dieselben zu
reimplantieren“. Bei einfachen einseitigen intrakapsulären Cysten¬
enukleationen hält es Leischner für erlaubt, ein Epithelkörper¬
chen zu entnehmen, um es einem Tetaniekranken —
am besten zwischen Peritoneum und Fascie — einzu¬
pflanzen. v. Eiseisberg 105 *) hat dieses Verfahren bereits bei
einer Frau angewendet, die nach einer vor 27 Jahren ausgeführten
Totalexstirpation der Schilddrüse an ziemlich schwerer Tetanie litt,
„anscheinend mit Erfolg“. Die Patientin, der das zur Transplan¬
tation nötige Epithelkörperchen entnommen wurde, zeigte bei ge¬
nauester Beobachtung keinerlei Erscheinungen von Tetanie.
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Gegner der Lehre von der Tetania parathyreopriva.
„... Es besteht zwischen der geringen Grösse der Epithelkörper
und dem schweren, oft tödlichen Krankheitsverlauf nach ihrer Ent¬
fernung ein so auffälliger Kontrast, dass die Wirkung der Paratby-
reoidektomie geradezu ans Wunderbare streift, und darum auch mit
einiger Skepsis aufgenommen wurde“ (E r d h e i m). Mehrere Autoren
versuchten teils durch Kritik der früheren Experimente, teils durch
eigene Versuche zu beweisen, dass die funktionelle Rolle der Epithel¬
körperchen, namentlich bei der Entstehung der postoperativen Tetanie,
zumindest stark überschätzt werde.
Bei ihren Experimenten an Kaninchen sind Blumenreich
und Jacoby 1 * -18 ) zu einer völligen Negation des Einflusses der
Parathyreoidektomie auf die von anderen Autoren beobachteten
Ausfallserscheinungen gelangt. Sie exstirpierten 12 Tieren beide
Schilddrüsenlappen und beide Epithelkörperchen (nur die äusseren!),
5 Tieren die Schilddrüse und 1 Epithelkörperchen, 4 Tieren nur
die Schilddrüse. Sie fanden, dass die Zurücklassung oder Mitent¬
fernung der Epithelkörperchen bei der Thyreoidektomie keinen Ein¬
fluss auf die Lebensprognose der Kaninchen habe. Bei ihren histo¬
logischen Untersuchungen fanden sie weder eine Hypertrophie der
zurückgelassenen Epithelkörperchen noch einen abnormalen Gefäss-
reichtum; die Epithelkörperchen könnten nicht für die Schilddrüse
vikariierend eintreten. Bezüglich der Tetanie schlossen die beiden
Autoren, dass sie erstens keine regelmässige, zweitens aber nicht ein¬
mal eine häufige Folge der totalen Thyreoidektomie (Entfernung der
Schilddrüse plus 2 äusseren Epithelkörperchen) sei.
F. Blum ]1 ), der eine grössere Zahl von Arbeiten über die Physio¬
logie und Pathologie der Schilddrüse veröffentlicht hat, nimmt in der
Frage der Glandulae parathyreoideae eine vollständig ablehnende Hal¬
tung ein. In seiner letzten Arbeit erklärt er ausdrücklich, die Bei¬
schilddrüsen seien nichts anderes als „jugendliches Schilddrüsengewebe
ohne jegliche eigenartige Verpflichtung und Verrichtung im Körper.“
Als Beweis für diese Ablehnung in Bausch und Bogen citiert
Blum zunächst die Arbeit Kishi’s 9 *), wo sich auch die ein¬
schlägige Literatur finden soll. Dieser Hinweis ist kein glücklicher;
denn schon Erd heim hat die Arbeit Kishi’s mit dem harten,
aber gerechten Urteil charakterisiert: „Die ebenfalls ablehnende
Arbeit Kishi’s verrät ihre Unverlässlichkeit schon durch die
souveräne Ignorierung der nach mühsamer Arbeit zahlreicher Forscher
nun endlich klargestellten embryologischen und anatomischen Stellung
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des Epithelkörperchens und durch völligen Mangel der Literatur¬
kenntnis.“
Neben diesen literarischen Mängeln ist die Fassung der Thesen
Kishi’s keine glückliche, sie enthalten a priori einige vielleicht
anf die unklare Fassung zurückzuführende Widersprüche, wie wohl
ans der einfachen Anführung hervorgeht: „Hund und Katze können
oft sterben, obgleich die Glandulae parathyreoideae zurückgelassen
sind. Wenn die Schilddrüsen normal sind, üben die Glandulae
parathyreoideae keine Funktion aus. Ihre Funktion ist
nicht so wirksam, wie Gley und andere behaupten. Sie tritt
nur dann ein, wenn die Schilddrüse mit entfernt wurde oder wenn
die Menge der zurückgelassenen Schilddrüse ungenügend ist, um das
Leben zu erhalten. Wenn die Menge der Glandulae parathyreoideae
der Menge der Schilddrüse, welche zur Lebenserhaltung der be¬
treffenden Tiere nötig ist, gleich oder über ist, dann bleibt das Tier
am Leben.“ Kishi schliesst sich im übrigen der Ansicht älterer
Autoren an und fasst das Organ wie diese als embryonale Schild-
drösenkeime auf.
Als weiteres Beweismittel für seine Ansicht erwähnt Blum,
dass es ihm gelungen sei, bei einer Reihe von Hunden durch Zu¬
rücklassung kleiner Schilddrüsenteile bei sorgsamer Entfernung der
Epithelkörperchen die Tiere lebend und gesund zu erhalten. Er
teilt 4 kurze Auszüge von Experimenten an Hunden mit, aus denen
kervorgeht, dass 3 Hunde nach Thyreoektomie bis auf einen einzigen
Schilddrüsenrest von der Grösse einer halben Erbse 7 Monate, bzw.
3 und 6 Jahre ohne Tetanieerscheinungen weiterlebten; der 4. Hund,
bei dem ein Knötchen von nur ca. 2 mm Höhe und 1—2 mm Dicke
zurückgelassen wurde, starb am 28. Tage an Tetanie. Bei 2 Hunden
wurden 1 Monat nach der ersten Exstirpation die beiderseits zurück¬
gelassenen Drüsenreste exstirpiert, beide Tiere erkrankten an Tetanie,
das eine erlag derselben nach 2 Monaten. Die zurückgebliebenen
Schilddrüsenreste zeigten bei der histologischen Untersuchung eine
ausserordentliche Zellenvermehrung, wodurch sie in ihrem Bau den
Epithelkörperchen ähnlich wurden, und völliges Fehlen der Colloid-
substanz. Blum meint, dass die kleinen Drüsenreste nunmehr die
Aufgabe des gesamten Schilddrüsensystems, der Glandula thyreoidea
und parathyreoidea, verrichten; nimmt man auch diese Drüsenreste
fort, so kann Tetanie eintreten. Er gelangt zu dem Schlüsse: „Die
vermeintlichen Sonderfunktionen der Glandula parathyreoidea sind
nur Verrichtungen, wie sie jeder überlebende Schilddrüsenrest in
gleicher Weise versieht.“
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Ueber die Technik der „sorgsamen Entfernung“ der Epithel¬
körperchen beim Hunde ist den Angaben Bl um’s nichts Näheres
zu entnehmen. Namentlich scheint aber das von Erd heim mit
voller Berechtigung aufgestellte Postulat nicht erfüllt zu sein, dass
nämlioh die gesamten Halsorgane in eine komplette Serie zerlegt
werden sollen.
H. Munk 137 ) fasst die Tetanie als Folge von Nebenverletzuogen
von Nerven bei der Operation auf.
Bayon’*) hat anlässlich seiner Versuche über den Einfluss des
Schilddrüsenverlustes auf die Heilung von Knochenbrüchen festge¬
stellt, dass die vollständige Exstirpation der Schilddrüse einschliess¬
lich der Glandulae parathyreoideae für Kaninchen kein tödlicher
Eingriff ist, falls die Operation mit der nötigen Vorsicht unter
möglichster Vermeidung der Antiseptika, welche die Kaninchen nicht
vertragen, ausgeführt wird. Hierbei wurden die accessorischen
Epithelkörperchen nicht berücksichtigt.
In jüngster Zeit hat Caro 24 ) die von Pineies und Erdheim
vertretenen Anschauungen bekämpft und gegen die Versuchsresultate
dieser Autoren eine Reihe von Einwendungen erhoben, welche er
durch eigene Versuche an Hunden und Katzen noch zu verstärken
suchte. Er bekämpft in seiner Arbeit zunächst das Theoretische in
den Ausführungen von Pineies; auf Grund seiner Ansicht, dass
lediglich der Schilddrüsenverlust für die Ausfallserscheinungen, so¬
wohl die tetanischen als die kachektischen, verantwortlich zu machen
sei, weist er darauf hin, dass in einem Versuche von Pineies am
Affen ein kleiner Rest reinen Schilddrüsengewebes offenbar den Tod
an Tetanie verhindert habe. Man müsste ferner, wenn die Tetanie
an die Schädigung der Epithelkörperchen gebunden wäre, die leicht
durch eine wachsende Struma eine Kompression erleiden könnten,
häufig Tetanie bei endemischem Kropf sehen, während bekanntlich
diese beiden Affektionen fast nie nebeneinander Vorkommen.
Hiergegen wäre allerdings in erster Linie einzuwenden, dass
bisher von keinem Autor behauptet wurde, durch einfache Kompression
der Epithelkörperchen Hessen sich parathyreoprive Symptome her-
vorrufen, sondern dass die letzteren eben immer nur als Folgen des
Substanzverlustes der Epithelkörperchen aufgefasst wurden. Ob und
in welcher Weise die Epithelkörperchen durch eine wachsende Struma
geschädigt werden, ist bisher noch nicht völüg geklärt. Auch die
erwähnten Untersuchungen von Benjamins haben ja hierin eine
definitive Entscheidung nicht gebracht und weisen nur wieder anf
die deletären Folgen des totalen Epithelkörperchenverlustes hin.
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Caro glaubt, wie dies auch die meisten älteren Autoren meinten,
dass sich die Ausfallserscheinungen von seite der Schilddrüse von
jenen seitens der Epithelkörperchen nicht abgrenzen lassen. Seine
eigenen Versuche an Hunden führten ihn zu dem Schlüsse, dass
nach ausgedehnter Schilddrüsenresektion ein bestimmtes Minimum
von Drüsenrest die Tetanie, bzw. den Tod an Tetanie verhindern
kann und dass regelmässig die Exstirpation dieses Restes ohne die
geringste Entfernung anderer Gewebsteile den Tod des Tieres an
Tetanie zur Folge hatte. Der Schilddrüsenrest erwies sich als reines
Schilddrüsengewebe ohne Epithelkörperchen. Caro sieht die bei
den Hunden konstatierte Nephritis, die Tetanie und den Exitus
als nur durch den Schilddrüsenverlust bedingt an.
Bei trächtigen Hunden hatte Caro inkonstante Resultate; bei
manchen dieser Tiere ergab sich die völlige Einflusslosigkeit sehr
ausgedehnter Schilddrüsenresektion, in anderen Fällen traten nach
minder grossen Resektionen vorübergehende Krämpfe auf. Auch
bei trächtigen Katzen waren die Resultate nicht uniform. „Aller¬
dings scheinen diese Beziehungen der Schwangerschaft zur grösseren
Empfindlichkeit der Tiere gegen Substanzverluste der Schilddrüse
bei Katzen schärfer in die Erscheinung zu treten als bei Hunden.“
Gegen die Ergebnisse Erdheim’s wendet Caro hauptsächlich
ein, dass Erdheim die tetanieartigen Symptome nicht scharf von
den tetaniseben trenne, und erinnert neuerdings an die von Erd¬
heim selbst zugegebene (und genau studierte) starke nervöse Er¬
regbarkeit der Ratten und ihre Neigung zu Krämpfen. Ferner
findet es Caro bemerkenswert, dass die trophischen Störungen an
den Rattenzähnen der Schwere der Tetanie nicht parallel gehen, wie
be8ondersErdheim’sFall28 beweise. Den Experimenten Cristiani’s,
der bei derselben Tiergattung zu dem Ergebnisse kam, dass nur der
zurückgebliebene Schilddrüsenrest die Ursache für das Amleben¬
bleiben der Ratten sei, misst Caro neuerdings grosse Bedeutung
bei, obwohl Erdheim’s Kritik den Wert dieser Experimente schon
stark erschüttert hat. Schliesslich weist Caro darauf hin, dass
Erdheim niemals kompensatorische Hypertrophie der zurückge¬
bliebenen Epithelkörperchen oder deren Reste beobachten konnte.
Wenn man die auf einem grossen, mit seltenem Fleisse bear¬
beiteten und ausgenützten Materiale beruhende Arbeit Erdheim’s,
in der die technischen und histologischen Details mit minutiöser
Genauigkeit klargelegt werden, der Arbeit Caro’s gegenüberstellt,
der sich in manchen Punkten sehr kurz fasst und recht wichtige
Details mit Fussnoten abtut (beispielsweise: „Diese zurückgebliebene
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Hälfte des Schilddrüsenlappens auf Epithelkörperchen zu untersuchen,
ist verabsäumt worden“), so wird man wohl zu der Ueberzeugung
gelangen, dass Caro bisher nicht imstande war, das reiche Beweis*
material Erdheim’s zu entkräften.
Tetanie der Erwachsenen, Tetania gastrica.
Neben der postoperativen wurden bald auch andere Tetanie¬
formen mit der Epithelkörperchenfunktion in Zusammenhang ge¬
bracht. „Wir sehen, es beginnt sich auf dem Gebiete der Epithel¬
körperchen etwas Aehnliches abzuspielen, wie seinerzeit auf dem der
Schilddrüse. Es werden dem Epithelkörperchen allerhand Eirank¬
heiten, deren Aetiologie uns unbekannt ist, in die Schuhe geschoben,
in der Hoffnung, nun endlich die ersehnte Lösung gefunden zu haben.
Wie viele dieser Hoffnungen werden sich wohl als trügerisch er¬
weisen?“ (Erdheim).
Jeandelize® 1 ) brachte zuerst die Tetanie der Erwachsenen
mit dem Ausfall der Epithelkörperchenfunktion in Zusammenhang.
Lund borg 107 ) fasst die Tetanie (zusammen mit der Myotonie,
Myoklonie und Paralysis agitans) als durch Hypofunktion der Epi¬
thelkörperchen bedingt auf.
Pin eie s 180-140 ) weist auf die übereinstimmenden Merkmale
der Tetania strumipriva bei Menschen und Tieren einerseits und bei
den verschiedenen Formen der idiopathischen Tetanie andererseits
hin: tetanische Anfälle, Paresen, Kontrakturen, myotonieähnliche
Muskelspannungen mit Nachdauer der Reaktion, Geburtshelferstellung
usw. Die TJebereinstimmung spricht nachPineles für die elektive
Wirkung eines Giftes und die Zusammengehörigkeit aller dieser
Tetanieformen. „Es liegt deshalb die Annahme nahe, dass allen
Formen der idiopathischen Tetanie — analog der Tetania struny-
priva — dieselbe pathologisch-physiologische Basis zugrunde liegt:
die Insufficienz der Epithelkörperchen. Die in vielen Fällen von
idiopathischer Tetanie beobachteten Magen-Darmstörungen und das
epidemische Auftreten aller Formen der idiopathischen Tetanie in
den Monaten März und April lassen vermuten, dass eine Schädlich¬
keit die Funktionsstörung der Epithelkörperchen hervorrufe.“
In einer weiteren Arbeit führt Pin eie s 141 ) aus, dass bei allen
Typen der menschlichen Tetanie (Tetania strumipriva, Arbeitertetanie,
Tetanie der Schwangeren, Kindertetanie und Magentetanie) Star¬
bildung beobachtet wird, dass dieses Symptom also ein wichtiges
unterstützendes Moment für die pathogenetische Zusammengehörigkeit
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aller dieser Typen bildet. Da zwischen Schilddrüsenausfall und Star¬
bildung keine engeren Beziehungen vorhanden sind — sowohl bei
Thyreoaplasie und Myxödem als auch beim endemischen Kretinismus
wird Starbildung sehr selten beobachtet —, so weist nach Fineles
die relativ häufige Kombination von Tetanie und Kataraktbildung
auf eine ursächliche Beziehung zwischen dem Ausfall der Epithel¬
körperchenfunktion (also dem supponierten „Tetaniegift“ und der
Starbildung hin. Der Tetaniestar wäre also eine Starform, die dem
Ausfall einer Blutdrüse, einer Drüse mit innerer Sekretion, ihre
Entstehung verdankt. Fineles weist hier nochmals darauf hin,
dass bei der menschlichen Tetanie die entwicklungsgeschichtlich zu¬
sammengehörigen, ektodermalen Gebilde, Zentralnervensystem, Haare,
Nägel und Linse erkranken.
Diese klinischen Befunde bei der menschlichen Tetanie werden ja
auch durch Erd he im’s Tierexperimente erhärtet, der neben anderen
trophischen Störungen auch solche an den Nagezähnen bei Batten
nach Exstirpation beider Epithelkörperchen beobachtete. E r d h e i m
erwähnt (1. c. S. 673) besonders einen Fall, bei dem 4 Monate nach
Exstirpation beider Epithelkörperchen und der Thymusspitzen eine
beiderseitige Linsentrübung, die sicher nicht traumatischen Ursprunges
war, auftrat. Der Kataraktbildung waren zwei Tetanieanfälle, zuerst
ein leichterer, dann ein schwererer mit Verlust aller Nagezähne voran¬
gegangen.
F. Chvostek* 7 ) acceptiert die Anschauungen von Fineles
über die generelle Identität aller Tetanieformen. Er führt aus, dass
die Variabilität der Erscheinungen im Krankheitsbilde, das intensive
Schwanken derselben und der negative anatomische Befund für eine
funktionelle Erkrankung sprechen, während die meist typische Be¬
schaffenheit der Krämpfe und die mechanischen und elektrischen
Veränderungen an Muskeln und Nerven gegen die Annahme einer
rein funktionellen Erkrankung sprechen, so dass die Tetanie eine
Mittelstellung zwischen organischen Läsionen des Nervensystems und
rein funktionellen Erkrankungen einnehme. Daher wurde vielfach
nach einer toxischen Genese der Erkrankung gesucht. Das typische
Krankheitsbild kann auf zweifache Art entstehen: entweder durch
einen bestimmten Giftstoff oder aber die Individuen besitzen eine
spezifische tetanische Reaktion, welche bewirkt, dass Schädigungen
oder Einflüsse, die bei anderen Personen ohne Tetanie verlaufen, bei
ihnen tetanische Krankheitserscheinungen auslösen. Da das Suchen
nach einer toxischen Substanz bei Tetaniekranken (Chvostek er¬
innert hier auch an die Untersuchungen Schlesinger’s) ver-
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geblich blieb, muss von den beiden oben genannten Möglichkeiten
auf die zweite, auf eine spezifische tetanische Reaktion
der Individuen rekurriert werden; diese liegt eben in einer
Funktionsstörung der Glandulae parathyreoideae. Dieselbe kann man
sich angeboren vorstellen, wie in Fällen, wo die Tetanie bei mehreren
Mitgliedern derselben Familie beobachtet wurde (H. Schlesinger 1# ’),
oder sie kann erworben sein. Sie braucht keine nennenswerten Er¬
scheinungen zu setzen, bis ein accidentellea äusseres Moment (hei
Schustern etwa die gesenkte Kopfhaltung und die da¬
durch bedingte Zirkulationsstörung in den Hals-
organen) die Tetanieerscheinungen auslöst. Chvostek glaubt
ferner, dass die Tetanie bei Magendilatation, welche nach
Magenausspülung und Erbrechen auftritt, vielleicht durch die Zir¬
kulationsstörungen an den Halsorganen infolge des
Würgaktes bedingt ist.
Chvostek hebt Bchliesslich hervor, dass die Tetanie ganz ähn¬
lich wie der Kropf an bestimmte Orte gebunden erscheint und vor¬
wiegend zu bestimmten Zeiten auftritt. Nach v. Frankl-Hoch-
wart ist die Tetanie gegenwärtig nur in Wien und Heidelberg
endemisch, während sie in Paris früher häufig war und jetzt selten
geworden ist. Nach Matt au sc hek existieren ausser in Wien auch
in Mähren und Galizien Tetanieherde. Das Maximum der Tetanie¬
fälle in Wien wird in den Monaten März und April beobachtet;
das Hauptkontingent stellen eingewanderte slavische Schuster und
Schneider. Es besteht nach Chvostek zwischen Tetanie und
Kropf ein gewisser Antagonismus, da Tetanie in
Kropfgegenden selten, endemischer Kropf inTetanie-
gegenden ebenso selten vorkommt, ferner der Kropf
in Wien ständig zu-, die Tetanie aber abnimmt. Nach
Mattauschek’s Statistik sind Tirol und Steiermark, wo der Kropf
endemisch ist, auffallend tetaniearm. Die Art dieser geographischen
Einflüsse bleibt vorläufig ebenso wie beim Kropf völlig dunkeL Das
gehäufte Auftreten zu bestimmten Jahreszeiten erklärt Chvostek
dadurch, dass beim Uebergang von der kalten zur wärmeren Jahres¬
zeit mit den Temperaturschwankungen, Stürmen, Niederschlägen usw.
auch im menschlichen Organismus irgendwelche bisher unbekannte
Vorgänge ablaufen, wie sich ja auch bei nervösen Personen zu dieser
Zeit schwere Störungen fühlbar machen und auch andere Er¬
krankungen im Frühjahr gehäuft auftreten.
In einer weiteren Arbeit erörtert Chvostek 28 ) speziell die
mechanische Uebererregbarkeit der motorischen Nerven bei Tetanie,
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in erster Linie das Facialisphänomen, welches das konstanteste und
in den meisten Fällen das einzige Symptom der latenten Tetanie
sei. Es findet sich sowohl heim Tierexperiment wie bei der mensch¬
lichen Tetanie. „Die Zugehörigkeit auch jener Fälle mit nur
isoliertem Facialisphänomen zur Tetanie erweist die Abnahme der
Häufigkeit dieser Fälle gleichzeitig mit der Abnahme der Tetanie
in Wien und das gleichsinnige Schwanken der Häufigkeit in Monaten,
in welchen Tetanie häufiger oder seltener angetroffen wird.“ Chvostek
hält das Facialisphänomen für ein leicht nachweisbares
und gewichtiges Symptom der Erkrankung der Epi¬
thelkörper, für ein feines Reagens, welches uns eine
Funktionsstörung dieser Organe anzeigt. Er verweist
auf die Häufigkeit des Facialisphänomens bei Tuberkulose, worauf
zuerst H. Schlesinger 158 ) aufmerksam gemacht hat. Während
der letztere Autor zur Erklärung des Zusammenhangs Veränderungen
im Nerven oder in der Umgehung des Nerven heranzieht, glaubt
Chvostek, dass durch die vorwiegende Lokalisation des Prozesses
in den Lungenspitzen die Epithelkörper ungemein leicht in Mit¬
leidenschaft gezogen werden können. Schliesslich erinnert Chvostek
an Fälle, hei denen klinisch nur das Facialisphänomen bestand und
histologisch Veränderungen an den Epithelkörperchen nachgewiesen
werden konnten. So seien bei einem an der Klinik von Hochenegg
beobachteten Falle von Morbus Basedowii mit ausgesprochenem
Facialisphänomen ohne sonstige Tetanieerscheinungen bei der histo¬
logischen Untersuchung der bei der Strumektomie mitexstirpierten
Epithelkörperchen tuberkulöse Veränderungen in denselben nach¬
gewiesen worden.
Im zweiten Teile seiner Arbeit 28 *) rekapituliert Chvostek
noch einmal alle jene Tatsachen, welche dafür sprechen, dass der
Tetanie des Menschen eine Funktionsstörung der Epithelkörperchen
zugrunde liegt, und betont, dass ein konstitutionelles Moment und
nicht ein spezifischer Erreger die Ursache ist, dass die verschiedensten
auslösenden Faktoren eine spezifische tetanische Reaktion der so
beschaffenen Individuen bedingen. Um neue Beweise für diese Auf¬
fassung beizubringen, verfolgte Chvostek den Gedanken, ob bei
Menschen mit insufficienten Epithelkörpern nicht durch Einwirkung
toxischer Substanzen ein Tetanieanfall ausgelöst werden könne, in
analoger Weise wie dies durch eine febril verlaufende Attacke von
Cholelithiasis oder Angina beobachtet werde. Chvostek experi¬
mentierte nun in der Weise, dass er Kranken, „bei welchen das
Vorhandensein einer Tetanie festgestellt worden war, nach dem Ab-
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klingen der Erscheinungen, oder solchen Personen, die ein oder das
andere Symptom der Tetanie aufwiesen, ohne dass die Diagnose
Tetanie mit Sicherheit festgestellt werden konnte,“ Koch’sches
Alttuberkulin (0,001—0,005) injizierte. Es gelang, wie die
Auszüge aus den Krankengeschichten beweisen, hei 6 derartigen
Patienten (5 Fällen von Arbeitertetanie und einer Schwangerschafts¬
tetanie) durch die Injektionen typische tetanische Erscheinungen
hervorrufen, was wohl dafür spricht, dass das Auftreten der Anfälle
nicht an die schädigende Noxe als solche gebunden ist, sondern in
der spezifischen Reaktionsfähigkeit des Individuums begründet sein
muss. In zwei weiteren Fällen konnte Chvostek beobachten, das
neue Tetanieanfalle durch das Eintreten des Menses, bzw. durch
eine febril verlaufende Angina ausgelöst wurden.
(Schluss folgt)
n. Referate.
A. Knochen, Gelenke.
A case of ankylosis of the spine. Von Walter K. Hunter. The
Glasgow med. Journ., März 1907.
Der folgende Fall ist bemerkenswert durch Steifheit und Unbeweg¬
lichkeit der ganzen Wirbelsäule, verbunden mit generalisierter Muskel¬
atrophie und Muskelkontrakturen.
48 jähriger ehemaliger Matrose, der vor 10 Monaten Schmerzen in
der Hüfte, Lenden, Nacken und Schultern hatte, dass er kaum sich be¬
wegen konnte. Seit dieser Zeit blieb ihm der Hals steif, das Gehen
und Bücken wurde ihm schwer und bereitete ihm grosse Schmerzen.
Anamnestisch Gonorrhoe, Typhus, keine Lues, kein Rheumatismus. —
Die Untersuchung ergibt eine Atrophie fast aller Brust- und Rücken¬
muskeln. Die Atmung ist flach ohne Hilfe der Brustmuskeln. Patient
ist nicht imstande, sie anzuwenden. Die Wirbelsäule ist steif und rigid*
Nirgends wird ein Vorsprung oder eine Exostose gefunden. Die Schultern
können nicht bewegt werden, dagegen ganz gut die oberen Extremitäten.
Der Muskeltonus ist herabgesetzt; sehr geringe fibrilläre Muskelzuckung
auf mechanische Reize. Reflexe der unteren Extremitäten nicht ans¬
lösbar, dagegen schwach an den oberen Extremitäten. Die Haut der
Brust und des Rückens ist dünn und atrophisch. Reine Dyspnoe. Puh
gut und voll. Sonst nichts Abnormes am Herzen und anderen inneren
Organen.
Diese Steifigkeit der Wirbelsäule wurde unter den folgenden Nanwn
beschrieben: Arthritis ossificans, Stifness of the spine, Spondylosis, Spon¬
dylose rhizomölique, Osteoarthritis columnae vertebralis, Arthritis defor-
m&ns, Arthritis rheumatica, chron. Rheumatismus, heredit. traumat.
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Kyphosis, Bechterew-Krankheit, Kümmel’sche Krankheit, Marie-Strümpell-
Erkrankung.
Diesen Fall hält Yerf. doch für eine rheumatische Arthritis, die
sich in der Wirbelsäule lokalisierte, weil bei keiner anderen Erkrankung
diese Symptome gemeinsam auftreten: generalisierte Muskelatrophie,
fibrilläre Muskelzuckungen auf mechanische Beize, Muskelkontrakturen,
dünne pergamentartige Haut. Yerf. erörtert nun eingehend die früher
erwähnten Krankheitsformen, die einen angeblichen Unterschied unter¬
einander zeigen. Leopold Isler (Wien),
Heber die Ablösung von Gelenkteilen und yerwandte Prozesse.
Von Dr. Konr. Büdinger. Deutsche Zeitschr. f. Ch., Bd.LXXXIY,
p. 311.
Yerf. hatte besonders häufig Gelegenheit, bei posttraumatischen Ge¬
lenkerkrankungen mit Incarcerationserscheinungen breite Eröffnung des
Gelenkes vorzunehmen, welche Methode er kleineren Inzisionen, für
die seltener eine Indikation besteht, meist vorzieht. In der Nach¬
behandlung legt Yerf. Wert auf möglichste Einschränkung der Bettruhe
und Bewegung des Gelenkes meist schon vom 3.—5. Tage an. In der
ersten Gruppe der 20 hier besonders berücksichtigten Arthrotomien be¬
handelt Yerf. die „Knorpelrisse,“ welche bisher noch nicht als Ursache
von incarcerationsähnlichen Erscheinungen beschrieben wurden. Es handelt
sich hier um ein entweder direkt an das Trauma anschliessendes oder
nach einem Stadium der Beschwerdefreiheit einsetzendes Krankheitsbild,
das dem durch- kleine incarcerierte Arthrophyten hervorgerufenen ähnelt.
Die erkrankten Knorpel weisen Bisswunden auf, die zur Loslösung von
Knorpelanteilen führen können. Die Behandlung dieser Yerletzungen,
welche das Kniegelenk betrafen, bestand in Exzision des verletzten Knorpel¬
anteiles und führte zu überaus guten Besultaten. Im weiteren bespricht
Verf. seine Beobachtungen über traumatische Arthrophyten. Der klassische
Sitz dieser ist die Kuppe der Femurcondylen, und zwar finden sich hier
die sogenannten Flächenarthrophyten, aus abgesprengten Knorpeln her-
vorgegangen; jedoch ist der Beweis nicht erbracht, dass die Entstehung
derselben durch primäre Ablösung erfolgt, vielmehr ist es wahrscheinlich,
dass die traumatischen Flächenarthrophyten langsam entstehen. Die durch
Kantenbruch hervorgerufenen Arthrophyten, zu deren Illustration auch
2 Fälle des Ellenbogengelenkes angeführt werden, können naturgemäss
sofort frei sein, können jedoch auch vorübergehend oder dauernd fixiert
bleiben.
Yon den Formen der traumatischen Arthritis sind die übrigen
Arthritiden häufig nicht zu unterscheiden und kommt es auch bei letzteren
oft zur Ablösung von Gelenkteilen. Ueber den Anfang der Gelenksver-
änderungen bei nicht traumatischen Arthritiden liegen noch keine ge¬
nügenden Erfahrungen vor. Victor Bunzl (Wien).
Le rheumatisme blennorrhagique et son traitement. Yon A. B o b i n.
Ann. d. mal. d. org. g6n.-urin., No. 2, 1907.
Im Anschluss an die Vorstellung dreier an gonorrhoischem Gelenks¬
rheumatismus leidender Patienten bespricht Bobin die Therapie dieses
Leidens, wobei er besonders auf die Notwendigkeit einer individuali¬
sierenden Behandlung aufmerksam macht. Bei akuter Polyarthritis emp-
Centralbl&tt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 30
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fiehlt er das salicylsaure Natron, welches zum mindesten die 8chmerzen
lindert. Bestehen Zeichen von Nierenreizung, so ist die Salicylbehandlung*
kontraindiziert und man gibt in solchen Fällen Urotropin bei gleich-
zeitiger Milchdiät. Lokal empfiehlt R o b i n salicylhaltige Linimente und
Ruhigstellung der erkrankten Gelenke. Von der Bier’schen Stauungs¬
behandlung, welche er allerdings nur in 2 Fällen angewendet hat, hat
R obin keine guten Erfolge gesehen. Gute Resultate geben Metall-
cölloide, und zwar besonders das Palladium colloidale in Form von sub¬
kutanen Injektionen zu 3 mg und das Collargol, als Salbe angewendet.
In einem Falle zeigten Bestrahlungen mit Radium sehr gute Wirkung.
Bei chronischer Arthritis gonorrhoica ist eines der wichtigsten Heilver¬
fahren die Massage. Auch elektrische, und zwar besonders faradische
Behandlung gibt gute Resultate. Gute Dienste leisten oft Revulsiva
(Jodtinktur, Terpentin, Points de feu etc.), ferner heisse Sandbäder,
Heissluftapparate, Bäder. Die Gonorrhoe ist in der Regel weiter zu
behandeln. In manchen Fällen erscheint eine Arsen-, Jod- oder Eisen-
behandlung angezeigt. In schweren Fällen kann man das erkrankte Ge¬
lenk punktieren und antiseptische Flüssigkeiten einspritzen. Die Arthro-
tomie hält Robin nur bei Vereiterung des Gelenkes für gestattet.
von Hofmann (Wien).
Erfahrungen über Beckenosteomyelitis. Von Dr. A. Bergmann.
Arch. f. klin. Chir., Bd. LXXXI, 1. H.
Mitteilung von 71 Fällen mit Wiedergabe der Krankengeschichten.
Das vorliegende Material wird vom Verf. in folgende 3 Gruppen geteilt:
I. PartielleResektionen: a) bei lokalisierter Osteomyelitis des
Darm-, Scham- und Sitzbeines kein letal verlaufener Fall; b) bei diffuser
Erkrankung von 21 Fällen sind nur 3 Heilungen zu verzeichnen.
II. Bei 28 Fällen von diffuser Erkrankung führt die Totalresektion
7 mal zu letalem Ausgang.
in. 3 Fälle (1 Todesfall) mit Exartikulation der unteren Extremität
und Exstirpation des Os innominatum.
Aus dem Studium des behandelten Materiales ergibt sich, dass nur
eine ausgiebige Resektion der erkrankten Beckenknochen zu einer Besse¬
rung der bisher überaus ungünstigen Prognose dieser Erkrankung führen
kann. Victor Bunzl (Wien).
Fractura vertebrae lumb. II, Paraplegia motorica, Laminectomia
et Resectio partis corporis vertebrae. Von Manninger, Buda¬
pest. Budapesti Orvosi Ujsäg, 1907, No. 2.
Verfasser teilt einen Fall bei einem 24 jährigen Ackerbauer mit, der
einen Unfall erlitten hat, indem er von einem mit Fässern beladenen
Wagen in einen Strassengraben fiel, so dass sich sein Rumpf stark nach
vorwärts beugte. Er fühlte heftige Schmerzen im Kreuz und konnte
sich nicht mehr auf die Füsse stellen: die Beweglichkeit in den unteren
Extremitäten war ganz unmöglich. Mastdarm und Blase zeigen keine
Anomalie. Ausser der totalen Lähmung der unteren Extremitäten war
in der Sensibilität derselben keine besondere Anomalie; die elektrische
Untersuchung zeigte eine partielle Entartungsreaktion, an den Muskeln
war die Atrophie ausgesprochen. Es wurde beim Patienten an dem 1.,
2. und 3. Lumbalwirbel eine Laminektomie ausgeführt. Der Duralsack
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wa t dem 2. Wirbel entsprechend spindelförmig erweitert, nach Eröffnung
des Sackes war an den Wurzeln makroskopisch keine Veränderung nach¬
weisbar. In der Höhe des 2. Wirbels war ein transversal verlaufender*
Splitter fühlbar, an welchem in Form gespannter Saiten einige Nerven wurzeln
sichtbar waren. Nach Schliessung der Durawunde wurde der abgespaltene
Teil des Wirbels reseziert, so dass die Dura jetzt ohne Knickung im
Wirbelkanal lag. Die ersten Zeichen der Bewegung zeigten sich nach
ca. 5 Wochen an den grossen Zehen, 5 Wochen danach schon an sämt¬
lichen Muskeln. Elektrisieren, Massage und Bäder brachten den Patienten
auch zum Gehen, erst mit Krücken, dann auch ohne Stock. — Der
Fall dient zum Beweise dessen, dass bei entsprechenden Indikationen diö
Laminektomie und die Entfernung der das Rückenmark drückenden
Knochensplitter einen günstigen Erfolg aufweisen. Schliessen wir aus deti
Laminektomie diese Fälle aus, wo eine transversale Quetschung oder Ver¬
letzung des Rückenmarks angenommen werden muss, so sind die Resultate
der Laminektomie viel günstiger, als dies aus der Statistik Chipault’s
gefolgert werden könnte. J. Honig (Budapest).
fcnr Kasuistik der knöchernen Tumoren des Schädeldaches. Von
Prof. Freih. von Eiseisberg. Arch. f. klin. Chir., Bd. LXXXI, 1. T.
Fall I. Ein wahrscheinlich vom Periost des Sinus frontalis aus«»
gehendes Osteom; wegen Auftretens von Hirnreizsymptomen wird an die
Exstirpation des Tumors geschritten, wobei ein Teil des Siebbeins mit¬
entfernt wird. In einer 2. Sitzung wird der Defekt des Schädeldaches
durch Einlegen einer Celluloidplatte gedeckt. 7 Wochen nach erfolgter
Heilung geht Patient an einer durch einen Schnupfen hervorgerufenen
eitrigen Meningitis zugrunde.
Fall II. Multiple Exostosen des Schädels, die bereits von früher
Jugend an bestanden und nach einem im 12. Lebensjahre erfolgten
Trauma an Grösse Zunahmen. Entfernung mächtiger Knochenmassen in
mehreren Sitzungen. In einer folgenden Operation wurde wegen fort¬
gesetzt bestehender Protrusio bulbi sin. ein orbitaler Tumor, der sich
als alveoläres Sarkom erwies, entfernt. Es handelt sich hier wohl nicht
um gleichzeitiges, voneinander unabhängiges Auftreten zweier differenter
Tumoren, sondern eher um Entwicklung des malignen Tumors auf Basis
der Exostosen. Nach einem Jahre, während welchem Patient fast be-
schwerdefrei war, trat Recidiv des retrobulbären Tumors auf.
Im Anschluss an diese beiden Fälle wird noch ein dritter mitgeteilt,
in welchem es sich um einen von der hinteren Partie des Jochbeines,
wahrscheinlich auch vom Os petrosum ausgehenden Tumor handelt, der
im Anschluss an ein Trauma entstanden war. Trotz ihrer histologischen
Malignität — Knochencyste, zum Teil aus Spindelzellensarkom bestehend —
zeichnete sich die Geschwulst durch langsames Wachstum aus; Druckerschei¬
nungen auf das Auge veranlassen die Operation, bei welcher eine aller¬
dings nicht radikale Entfernung des Tumors vorgenommen wird. 14 Monate
nach der Operation ist Patient recidiv- und beschwerdefrei.
Victor Bunzl (Wien).
A case of dermoid cyst in the ramns of the jaw. Von N. Vazif dar.
Lancet, 12. Januar 1907.
Patient, 22 Jahre alt, wurde wegen Tumors des rechten Unterkiefers
ins Spital aufgenommen; derselbe begann am Kiefergelenke 4 Jahre vor-
30*
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her als kleine, harte, rundliche Masse, völlig schmerzlos und hinderte
nicht die Bewegungen des Kiefers; durch allmähliches Wachstum erreichte
derselbe einen Durchmesser von 3 Zoll. Erst in den letzten 6 Monaten
konnte der Mund nicht ganz geöffnet werden, gleichzeitig traten geringe
Schmerzen auf; der Tumor erstreckte sich vom Jochbein bis an den
unteren Kieferrand, reichte nach vom bis an den vorderen Band des
Muse, masseter, nach hinten bis zum hinteren Band des Unterkiefers.
Er war am Knochen fixiert, die Haut über ihm beweglich. Die Drüsen
waren nicht vergrössert. Die Diagnose lautete auf Myeloidsarkom.
Nach Inzision und Aufmeisselung der oberflächlichen Knochenschicht
fand sich eine Cyste, die mit weichen, epithelialartigen Flocken gefüllt
war. Die die Knochen ausdehnende Cyste wurde entfernt, die Kavität
gereinigt und mit Jodoformgaze ausgefüllt. Die Heilung trat durch
Granulation ein.
Bei der Geburt ist der Unterkiefer eine Knochenschale, welche die
Alveolen der Mahlzähne enthält, die durch die muköse Membran des
Zahnfleisches gedeckt sind. Durch irgend ein Accidens kann ein Teil
der Schleimhaut in diese Knochenschale gelangen, dort verbleiben und
zu cystischer Degeneration führen. Herrnstadt (Wien).
A case of periarthritis with anaemia and enlarged spieen. Von
Dr. J. Gordon Sharp. Lancet, 19. Januar 1907.
Ein 9 Jahre alter Knabe klagte nach einem Stoss in den Bauch
über Schmerzen namentlich in der Cöcalregion, die nach einer Woche
unter Bettruhe verschwanden. Nach weiteren 3 Wochen bildete sich eine
Schwellung des Hand- und Fussgelenkes, Patient wurde anämisch und
dyspnoisch. In der Mammillargegend war ein deutliches präsystolisches
Geräusch hörbar; die Milz war vergrössert. Die Behandlung war folgende:
1. Bettruhe. 2. Steigende Dosen von Eisen. 3. Die affizierten Gelenke
wurden durch Salbeneinreibungen behandelt. Nach 3 Monaten waren
Anämie und Dyspnoe geschwunden, desgleichen das Geräusch über dem
Herzen. Die Milz blieb noch ein wenig vergrössert. Entlang der Musculi
steraocleidomastoidei waren kleine, harte Drüsen fühlbar. Die Ver¬
dickung der Gelenksgegend war nicht die Folge von Knochen Verdickung,
sondern auf Sehnen und periartikuläres Gewebe zu beziehen.
Herrnstadt (Wien).
B. Periphere Nerven.
Ueber das Fehlen von Funktionsstörungen nach der Resektion von
peripheren Nerven. Von Goldmann. Bruns’ Beitr. z. klin. Chir.
1906, Bd. LI, 1. H.
Es sind schon früher Fälle mitgeteilt worden, wo Durchschneidung
eines Nerven keine Funktionsstörungen zur Folge hatte. Einen solchen
Fall beschreibt Goldmann: Bei einer Frau hatte sich im Sulcus ulnaris
am Ellenbogen ein Neurom des N. ulnaris gebildet, das wegen der
Parästhesien und ausstrahlenden Schmerzen reseziert werden musste. Durch
plastische Methode wurden die beiden Nervenstümpfe, die 5 cm vonein¬
ander abstanden, wieder miteinander verbunden. Danach stellte sich
keinerlei Motilitätsstörung, sondern nur eine Sensibilitätsstörung des kleinen
Fingers ein; dieser Befund blieb bestehen, doch traten vorübergehend
trophische Störungen im Gebiete der sensiblen Lähmung auf. Die vom
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469
N. ulnaris versorgten Muskeln und der periphere Teil des N. nlnaris sind
3 Wochen nach der Operation elektrisch normal erregbar. Nach 3 Monaten
ist der N. ulnaris allerdings weder am Oberarm noch an den 2 oberen
Dritteln des Unterarmes, wohl aber oberhalb des Handgelenkes erregbar.
Medianus und Radialis ergaben nur die für sie typische Reaktion, ver¬
sorgten also die Ulnarismuskulatur nicht. Gegen eine hohe Teilung des
Ulnaris sprach der Umstand, dass die Ulnarismuskulatur nur von der
Ulnarisstelle oberhalb des Handgelenkes aus erregbar war. In einem
anderen Falle wurde der N. ulnaris oberhalb des Handgelenkes wegen
eines Neurofibroms auf eine Strecke von 6 cm reseziert, dann durch
Lappenplastik wieder verbunden. Auch hiernach trat keine typische
Lähmung ein, sondern es trat nur eine verminderte Aktion der Ulnaris¬
muskulatur auf, die sich auch nach 2 Jahren noch nicht gebessert hat.
Eine sensible Lähmung zeigte sich nur auf der ulnaren Seite des kleinen
Fingers, sie blieb bestehen. Die schwächeren Muskeln zeigten nach
2 Jahren auch leichte Atrophie. — Von anderer Seite ist zur Erklärung
derartiger Erscheinungen gesagt worden, dass doch wohl eine hohe
Teilung des Nerven bestand oder dass bei der allmählich eintretenden
Leitungsstörung infolge der Geschwulstentwicklung sich kollaterale Lei¬
tungen entwickeln. Goldmann lässt die Sache unentschieden.
Klink (Berlin).
On preservation of the nerve supply to the brow, in the operative
approach to the Gasserian ganglion. Von H. Cushing. Annals
of surgery, 1906, Jan.
Infolge der Durchtrennung des oberen Zweiges des N. facialis folgt
der Operation am Ganglion Gasseri fast immer eine Lähmung des
Stirnmuskels und zuweilen auch des M. orbicularis palpebrae. Verf.
legt daher den Hautschnitt etwas höher unter der behaarten Kopfhaut
an und gelangt unter Zurückschiebung der Weich teile, auf diese Weise
den Nervenast umgehend, zum Ganglion. In 5 derart operierten Fällen
zeigte sich auch der erwartete Erfolg, den Yerf. durch die entsprechenden
Illustrationen veranschaulicht. Karl Fluss (Wien).
Der Plexus coeliacus und mesentericus und ihre Rolle beim Ab-
domiualshock. Von L. Buerger und Churchmann. Mit¬
teilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, Bd. XVI,
4. u. 5. Heft, 1906.
Verf. haben zahlreiche Versuche an Hunden angestellt, denen sie
die Hauptganglien des Bauchsympathicus exstirpierten. Die Tiere
zeigten nach dem Eingriff weder unmittelbaren Shock noch irgend¬
welche dauernde physiologische Störungen. Ebenso wenig konnten Verf.
durch galvanische oder faradiscbe Reizung der freigelegten Ganglien
oder der grossen Nervenstämme (Splanchnicus) Shock erzeugen, sondern
nur deutlichen Schmerz. Wurden jedoch die Ganglien elektrisch gereizt
und gleichzeitig experimentell durch Terpentin eine Peritonitis erzeugt,
so zeigten die Tiere Shockwirkungen; Verf. nehmen daher an, dass
beim klinisch beobachteten Abdominalcollaps die zur Erschöpfung führende
fortwährende Reizung vonseiten des entzündeten Peritoneums durch den
Sympathicus eine wichtigere Rolle spielen könne als die sogenannte Reflex¬
hemmung und die Intoxikationen. Raubitschek (Wien).
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470
Ueber chirurgische Behandlung der Ischias. Von Pers. Deutsche
med. Wochenschr., 1906, No. 15.
Verf. legte den N. ichiadicus eine grosse Strecke am Oberschenkel
bloss und fand, dass der Nerv in ein Netzwerk feiner roter Adhärenzen
eingebettet lag, die er für die Erkrankung verantwortlich macht. Diese
löste er ab, bis der Nerv wieder weiss, glänzend aussah, und schloss
dann die Wunde. In 2 Fällen, in denen Verf. diese Operation aus¬
führte, trat völlige Heilung ein und sind die Patienten nach 1 resp.
2 Jahren noch völlig recidivfrei. Wiemer (Aachen).
Two cases illustrating sciatica of abdominal origin; laparatomy.
Von Forbess Ross. Lancet, 13. Jan. 1906.
Verf. behandelte 2 Fälle von Ischias, in welchen die Ursache des
Leidens innerhalb der Abdominalhöhle gelegen war.
1. Fall. Eine 43 Jahre alte Frau, verheiratet, multipara, welche
eeit einem Jahre mit Menorrhagien und profusen Leukorrhöen in Be¬
handlung stand; gleichzeitig litt sie seit 5—6 Jahren an konstanten
Schmerzen im Bereiche des 10. Brustwirbels und häufigen Attacken von
Ischias. Bei der Untersuchung fanden sich ein kleines Cervixpapillom, eine
Erosion und eine unbestimmte Resistenz in der linken Bauchseite. Das
Papillom und ein breiter Keil des Cervicalgewebes wurden entfernt, die
mikroskopische Untersuchung ergab, dass es sich um einen benignen
Tumor handle; gleichzeitig fand sich ein kleiner Tumor im Becken
links, frei beweglich, wahrscheinlich in Beziehung zum Ovarium. Auch
dieser Tumor wurde nach 3 Wochen entfernt; er war massig derb, im
Centrum cystisch, von der Grösse einer kleinen Orange und gehörte
dem Ovarium an. Nach der Operation schwanden die Schmerzen im
Rücken und die Ischias vollkommen.
2. Fall. Es ist der Typus von Druckerscheinungen auf beide
Nervi ischiadici; die Ursache war ein Myom an der vorderen Cervixwand
von 4 1 / 2 Pfund Gewicht. Die Patientin, 47 Jahre alt, multipara, litt an
kontinuierlichen Metrorrhagien, seit 4 Jahren an heftigen Schmerzen in
beiden Beinen und Wadenkrämpfen. Bei der Untersuchung erwies sich
der Uterus von einer Grösse entsprechend dem 5. Schwangerschafts¬
monate ; derselbe wurde total exstirpiert, nachdem die Adhäsionen nach
allen Richtungen hin gelöst waren. Infolge der schon vorher bestandenen
Schwäche und des Blutverlustes starb die Patientin.
In diesem Falle war die Ischias wohl nur die Folge der mechanischen
Kompression. Herrnstadt (Wien).
Elephantiasis nervornm of the scalp; a manifeStation of von
Recklinghansen’s disease. Von H. F. Helm holz u. H. Cushing.
Amer. Journ. of Med. Sciences, 1906, Sept.
Der von den Verff. beobachtete Tumor war an der Seite des Kopfes
gelegen, der häufigsten Lokalisation der Erkrankung. Der 19 jährige
Patient hat seit jeher Pigmentationen und kleine Tumoren am ganzen
Körper. Ein Jahr nach einem im 7. Lebensjahr erlittenen Trauma be¬
gann sich die Geschwulst über dem linken Ohr zu entwickeln. An der
linken Schädelseite sieht man einen weichen, schlaffen Tumor, welcher
das Ohr tief herabdrängt und den Augenwinkel herabzieht; die Haut
darüber verdickt, pigmentiert. Im Verlauf des zweiten Astes des Trige-
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471
minus mehrere gegen den grossen Tumor in einer Reihe sich erstreckende
kleinere Geschwülste, welche aus dem gelatinösen, sehr gefässreichen
Grandgewebe exzidiert werden. Auch bei der Entfernung des grossen
Tumors trat profuse Hämorrhagie auf. Das exzidierte 3 cm lange Neuro¬
fibrom lag im Verlaufe des verdickten zweiten Astes des Trigeminus
und bestand aus einem feinen bindegewebigen, stellenweise zellreichen
Netzwerke. Mitten im Tumor verläuft ein bindegewebiger Strang, in
welchem Nervenfasern erkennbar sind. Der grosse Tumor der Kopfhaut
bestand aus ödematösem Bindegewebe, unter der Haut desselben fanden
sich zahlreiche kleine Neurofibrome im Verlaufe der Nerven.
Diese Tumoren wurden unter verschiedenen Namen beschrieben:
Elephantiasis mollis, Neuroma plexiforme, Rankenneurom usw. Verf. gibt
eine Zusammenstellung der bisher publizierten Fälle und eine Reihe von
Abbildungen des besonders auffallenden unter ihnen.
Karl Fluss (Wien).
Resezione periferica totale del nervo mascellare snperiore per
nevralgia facciale. Von F. Crosti. La clinica chirurg., anno
xm, No. 12.
Im Anschluss an einen selbst beobachteten Fall von Neuralgie des
2. Trigeminusastes, der, jeder internen Medikation trotzend, zur totalen
Resektion führte, bespricht der Autor die Aetiologie derartiger Erkran¬
kungen sowie die Operationsmethoden, die insbesondere von deutschen
und französischen Autoren angegeben wurden. Er selbst bediente sich
der Methode von G u i n a r d, kombiniert mit der Kauterisation des cen¬
tralen Stumpfes nach Tansini. Heilung p. p.; 2 1 / 2 Jahre nach der
Operation war Patient anhaltend schmerzfrei. A. Götzl (Wien).
Contributo alla cura delle paralisi traumatiche inveterate mediante
il trapi&nto tendineo. Von B. Förmiggini. La clinica chirurgica,
1906, No. 4.
Um eine etwa 7 Jahre andauernde, durch die Durchtrennung des
N. peroneus bei einer Kniegelenksresektion entstandene traumatische
Paralyse zu korrigieren, wurde mit Erfolg nach vorausgegangener
Skelettkorrektur nach Phelps eine Sehnentransplantation zwischen M.
tibial. post, und M. extensor commun. einerseits und der halben Achilles¬
sehne und M. peron. long. andererseits ausgeführt. Daran schloss sich
eine Verbindung der verkürzten Sehne des M. peron. brev. mit dem
transplantierten Teile der Achillessehne; der unverändert gebliebene Teil
der Achillessehne wurde durch einen Z-schnitt verlängert. Heilung per
primam; nach 8 Monaten beträchtliche Funktionstüchtigkeit der be¬
troffenen Extremität. A. Götzl (Wien).
Sur les sutures nerveuses. Bull, et mem. de la Soc. de Chir. de
Paris. Seance du 31. I. 1906. Diskussion.
Reynier fügt zu den von Chaput erwähnten Möglichkeiten bei
der Xervennaht hinzu, dass der Erfolg dadurch hinfällig werden kann,
dass eine Entzündung an der Nahtstelle mit Bildung fibröser Massen
das bewirken kann. Er berichtet über 2 solcher Fälle. In einem glaubte
man den Radialis komprimiert durch einen Callus nach Humerusfraktur,
resezierte den Callus und, da die Lähmung trotzdem persistierte, machte
man nochmals auf und fand den Nerven eingebettet in dickes fibröses Ge-
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472
webe, nach dessen Entfernung der Nerv normal funktionierte. Im
zweiten Falle war es Narbengewebe nach Nervennaht, welches den Nerven
behinderte.
Chaput erwähnt, dass nicht immer Lähmung nach Durchtrennung
des Nerven eintreten muss; die Nervenwunde kann unvollständig sein
oder die Stümpfe können sich spontan vereinigt haben.
R. Paschkis (Wien).
Paralysie cubitale par section du nerf cubital. Suture du nerf.
Retablissement de la sensibilitä et de la motilitä. Von Potherat.
Bull, et möm. de la Sociötö de Chir. de Paris. Söance du 17. I. 1906.
Vor 20 Jahren Fraktur des rechten Olekranon, Ausreissung des
kleinen Fingers; Naht des Olekranon; elektrische Therapie. Nach
14 Monaten völlige Heilung. Vor 3 Monaten Sturz auf den rechten
Elbogen, Schwellung, Crepitation, Parästhesien am Ulnarrand der Hand
und des Vorderarmes; allmähliche Muskelatrophie; völlige Lähmung von
Ulnaris und Radialis. Atrophie am Hypothenar, Thenar, der Interossei;
Finger flektiert; Extension unmöglich, ebenso Adduktion und Abduktion
der Finger. Pronation ausführbar, Supination erschwert. Haut cyanotisch,
kühl. Anästhesie im Ulnarisgebiet. Die Ulnarismuskeln elektrisch nicht
erregbar, die Streckmuskeln kontrahieren sich.
Objektiv: Deformation des Eibogengelenkes (Valgussteilung, Callus);
Flexion erhalten, Extension nur bis 45 °. Palpation empfindlich.
Operation: Es fand sich Durchtrennung des Ulnaris; Anfrischung
der Enden, Naht. An demselben Abend noch war die Sensibilität in der
anästhetischen Zone zurückgekehrt, am anderen Tage waren Streckung
und Beugung der Hand, des Armes, der Finger möglich, nur konnten
die Finger noch nicht adduziert und abduziert werden. 15 Tage post
op. fast geheilt entlassen. Vortr. glaubt, dass die Radialislähmung nur
durch traumatische Hysterie erklärbar ist, und konstatiert die Schwierig¬
keit der Erklärung der raschen Wiederherstellung der Sensibilität so
kurz nach der Nervennaht. R. Paschkis (Wien).
Eine Operation bei motorischen Lähmungen. Von Qersuny. Wien,
klin. Wochenschr., 1906, No. 10.
Anstatt den Nerven des gesunden Muskels mit dem des gelähmten
zu verbinden, versuchte Gersuny, den gelähmten Muskel direkt an
einen gesunden anzuschliessen, um so die motorische Leitung wieder
herzustellen. In dem einen der raitgeteilten Fälle handelte es sich um
eine Faciaiislähmung, hier wurde die gesunde Hälfte des Musculus or-
bicul. oris mit der kranken verbunden, im anderen Falle der gelähmte
Deltoideus mit dem Muse, cucullaris. Der Erfolg war in beiden Fällen
zufriedenstellend, so dass die Mitteilung wohl zu weiteren Versuchen
anregen dürfte. Wiemer (Aachen).
Contributo allo Studio delle lesioni traumatiche dei nervi periferici.
Von Medea Eugenio und Rossi Baldo. La clinica chirurgica,
anno XIH, No. 2 u. 3.
An 17 Fällen, deren Krankengeschichten wiedergegeben werden,
studierten die Verff. sowohl die Physiologie und Histologie als auch
die Symptomatologie der Läsion peripherer Nerven und deren Heilungs¬
vorgänge nach den entsprechenden operativen Eingriffen, ohne zu wesent¬
lich neuen Resultaten zu gelangen. A. Götzl (Wien).
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473
Operierter Tumor des Ganglion Gasseri. Von Hofmeister und
E. Meyer. Deutsche Zeitschrift für Nervenhlkde., Bd. XXX, 3. u.
4. Heft.
Die bei dem 26 Jahre alten Patienten vorhandenen Symptome
(Schwäche der rechten Kaumuskulatur, Hypästhesie und Hypalgesie in
der rechten Gesichtshälfte, daselbst auch sehr heftige Schmerzen sowie
rechtsseitige Stauungspapille) sprachen für eine Geschwulst im Ganglion
Gasseri. Bei der Operation fand sich ein kirschgrosser Tumor, der die
Stelle des Ganglion Gasseri einnahm, und sich mikroskopisch als ein mit
der Neubildung von Plasmazellen beginnendes Sarkom erwies. Durch
die Operation wurde Patient auf 3 Monate von seinen Schmerzen befreit,
dann verschlimmerte sich der Zustand wieder und nach 5 Monaten trat
der Tod ein.
Eine Sektion wurde nicht gemacht. v. Bad (Nürnberg).
C. Qesophagus.
Om kongenitala oesophagusstenoser. Von S. Linclqvist. Upsala
Lakarefören. Förh., N. F., Bd. X, p. 322.
Ein 21 jähriger Mann hatte seit der frühesten Kindheit an Schluck¬
beschwerden gelitten und sich nur unvollständig ernähren können. Irgend
eine Ursache war nicht vorhanden, wie Trauma, Aetzung mit Lauge, Syphilis,
Tuberkulose. Bei der Aufnahme schlecht entwickelter Mann, mehr einem
10—12 jährigen Knaben ähnelnd, besonders die Genitalien pueril. Magen¬
sonde von 5 mm nur mit Schwierigkeit in den Magen zu führen, das
Hindernis sitzt 15 cm von den Zähnen entfernt. Unter regelmässiger
Sondierung Erweiterung der Stenose, so dass eine 1 cm dicke Sonde
passieren konnte.
Eine Literaturübersicht der bisher bekannten Fälle von kongenitaler
Oesophagusstenose ist der Krankengeschichte angefügt.
Köster (Gothenburg).
A cage of abnormal development of the oesophagus. Von J. E.
Spie er. Lancet, 19. Januar 1907.
Die Abnormität besteht in einer Missbildung des tracheo-ösopha-
gealen Septums im vorderen Anteile des primitiven Oesophagus. Der obere
Teil des Oesophagus endet als blinder Sack, während der untere Anteil
oberhalb der Bifurkation direkt in die hintere Wand der Trachea mündet.
Das Kind wurde nach der Geburt wegen Atresia ani ins Spital ge¬
bracht. Bei der Operation wurde das Rectum nicht gefunden und das
Kind starb 22 Stunden nach der Geburt. Ein anderes Kind derselben
Mutter war nach wenigen Stunden gestorben; die Mutter sagte von ihm:
-Es war ein blaues Kind mit einem Loch im Herzen . u Die Eitom
sind vollkommen normal.
Bei der Nekropsie fand sich folgender Befund: Das rechte Herz
bypertrophiert und dilatiert, im Foramen ovale keine Spur eines Septums.
Die Venen der rechten Lunge gingen in dem linken Vorhof so nahe an
das Foramen ovale, dass das Blut wahrscheinlich direkt in den rechten
Vorhof eindrang. Kein Aortenbogen. Der linke Ureter zeigte deut¬
liche Einschnürung. Der Anus war nicht perforiert, die Flexura sigm.
jedoch gut entwickelt. Lunge, Darm und andere Organe normal.
Herrnstadt (Wien).
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474
Ua cas d’anemie pernicieuse avec ap&sme de l’oeaophage. Von
Tolot. Revue de mSdecine, 1906, Heft 2.
Ausführliche Besprechung eines Falles von perniciöser Anämie, der
mit Schluckbeschwerden und Schmerzen längs des Sternums beim Schluckakt
begann; die Dysphagie nahm bis zur Unmöglichkeit des Schluckens zu;
nach einmaliger Bougierung alles wieder in Ordnung. Bei der Obduk¬
tion fand sich kein Carcinom, keine Tuberkulose, sondern nur ein
kleines submuköses Myom des Magens.
Vielleicht war das die Ursache des reflektorischen Spasmus, viel¬
leicht war dabei der Alkoholismus im Spiel, der eine höhere Erregbarkeit
der Magenschleimhaut verursacht haben könnte. Die Oesophagusspasmen
kommen hei diversen Erkrankungen vor: hei Neurosen, bei Magencarci-
nom (auch Pyloruscarcinom), reflektorisch bei Larynxulceration, Metritis,
Gravidität usw., bei Dyspepsie, Ulcus ventriculi. Im vorliegenden Fall
dürften der Alkoholismus mit dem Myom des Magens die Ursache ge¬
wesen sein. * R. Paschkis (Wien).
Mit retrograder Erweiterung geheilter Fall von schwerer narbiger
Oesophagusstriktur. Von Borszeky. Orvosi Hetilap, 1906, No. 15.
Bei einem 16 jährigen Patienten trat nach Laugen Vergiftung eine
solche Oesophagusstriktur auf, dass er nicht einmal Flüssigkeit hinunter¬
bringen konnte, infolgedessen eine retrograde Erweiterung ausgeführt
werden musste. Nach der Gastrostomie aber gelang die Sondierung auch
auf retrogradem Wege sehr schwer und bloss mit einer sehr dünnen
Sonde; dieselbe blieb 24 Stunden lang liegen, dann konnte schon eine
dickere Sonde eingeführt werden. Der Kranke wurde selbstverständlich
nur durch die Magenfistel ernährt. Nach einer Woche war die Striktur
schon erweitert, so dass täglich nur auf einige Stunden die Bougie einge¬
führt wurde; nach 3 Wochen war schon die normale Weite der Speise¬
röhre erreicht, worauf die Magenfistel geschlossen wurde. Seitdem kann
der Patient ganz gut schlucken und er nahm rapid zu. — Dieser Fall
beweist also, dass bei undurchdringlichen Strikturen im günstigen Fall
auch durch die Oeffnung einer einfachen Magenfistel die Einführung der
Sonde gelingen kann, und es ist nicht nötig, am Magen eine die ganze
Wand umfassende Oeffnung anzulegen, wie dies Hacker empfohlen
hat. Die Erweiterung selbst geschieht am richtigsten nach Analogie
der Harnröhrenstrikturen durch ständiges Liegenlassen der Sonde.
Durch das einige Tage lang oder höchstens eine Woche lang fortgesetzte
Liegenlassen der Sonde kann die Striktur am raschesten und sichersten
behoben werden. Mit diesem Verfahren kann die Striktur rascher er¬
weitert werden als durch die Einführung der vorher angewendeten
Hacker’schen elastischen Draintuben. J. Honig (Budapest).
Myoma of the esophagus. Von J. Bryant. Joum. of the Amer.
Med. Assoc., 30. Dez. 1905.
Verf. berichtet über 2 Fälle von Oesophagusmyom bei Patienten
im Alter von 60 und 62 Jahren. Im zweiten Falle bestanden multiple
Tumoren und Symptome von Obstruktion der Speiseröhre in den letzten
Lebenstagen infolge von Erweiterung oberhalb des Tumors. Verf. fand
in der Literatur 9 Fälle von Leiomyom der Speiseröhre, welche in
Kürze zusammengestellt sind. Karl Fluss (Wien).
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476
Suc gastrique et clmcer de Foesophage, Von Marco u. Arch.
göner. de mödecine, 1906, Heft 27.
Die ersten Symptome des Oesophaguscarcinoms sind Dysphagie, bei
genauerem Zusehen findet man jedoch Angaben über Störungen bloss
vom Magen aus (Appetitlosigkeit, Aufstossen, Druckgefühl, Erbrechen),
so dass man an ein Carcinom des Magens denken muss. Erst die
Sondenuntersuchung ergibt die Stenose des Oesophagus. Jedoch ist die
Unpassierbarkeit dieser Stenosen sehr selten bloss auf das Carcinom
zurückzuführen, sondern die Ursache ist teilweise auch der Spasmus;
der Beweis dafür ist, dass die Kranken nach Bettruhe, Diät, Bella¬
donna usw. besser schlucken können.
Auf Grund der Untersuchungen des Mageninhaltes und des Magens
zweier obduzierter Patienten schliesst M., dass im Laufe des Oesophagus¬
carcinoms die Magenmucosa erkrankt infolge der atrophischen, degene¬
rierenden Gastritis, und dass diese letztere die bekannten dyspeptischen
Symptome verursacht. Der Magensaft enthält keine HCl, keine Peptone;
viel Schleim, oft altes Blut; zuweilen Spirillen. Die chronische Gastritis
ißt auch die Ursache für die Kachexie wie das Carcinom und vermehrt
den Speiseröhrenspasmus; die Besserung der Gastritis vermindert die
Dysphagie. R. Paschkis (Wien).
Dentier arrete dans Foesophage k 30 cm des arcades dentaires.
Extraction manuelle par lacardia apr&s gastrotomie. Von Bluysen.
Bericht von Chaput. Bull, et mem. de la Soc. de Chir. de Paris.
Seance du 10. I. 1906.
Das Gebiss wurde nach Gastrotomie durch Eingehen mit der ganzen
Hand in den Magen mit dem Zeigefinger längs einer per os eingeführten
Schlundbougie aus dem untersten Teil des Oesophagus entfernt. Magen-
und Hautnaht, Heilung. Chaput bemerkt, dass Bluysen mit Recht
sowohl das Instrument von Gräfe als auch die Oesophagotomia externa
thoracica nicht an wandte; bezüglich der Vorzüge der Gastrotomie oder
der Oesophagotomia cervicalis lässt er die Frage offen und sagt nur,
dass es noch nicht erwiesen ist, ob die Gastrotomie den ungefährlicheren
Eingriff darstellt. Bis zu dieser Entscheidung würde er zuerst einen
Oesophagoskopieversuch, dann eine cervicale Oesophagotomie und erst
bei Fehlschlagen dieser Methoden die Gastrotomie machen.
R. Paschkis (Wien).
Oesophagotomie externe pour dentier arrötö au niveau de la portion
cervicale infßrieure de Foesophage. Von Mauclaire. Bull, et
mem. de la Soc. de Chir. de Paris. Seance du 17. I. 1906.
Mauclaire zeigt ein Gebiss, das durch cervicale Oesophagotomie
entfernt wurde; 7—8 Monate bestand nachher eine Fistel, jedoch keine
Striktur.
Mauclaire zeigt ferner das Röntgenbild eines Falles, in dem ein
Kind ein metallisches Spielzeug schluckte; es sitzt quer in der Ampulle
und wurde digital leicht entfernt.
Dubet erzielte in einem Falle von Oesophagotomie Heilung ohne
Fistel.
Tuffier operierte eine Frau mit einer eitrigen lokalen Peritonitis
in der rechten Fossa iliaca als Appendicitis. Es fand sich 20 cm über
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dem Coecum eine quere Perforation des Darmes durch einen 8 cm langen
Fremdkörper, der sich bei histologischer Untersuchung als vegetabilisch
erwies; nachher erfuhr man, dass die Frau Rhabarberblätter zu kauen
pflegte und dabei einige Wochen vorher einen Blattnerven schluckte.
R. Paschkis (Wien).
Sur un cas d’oesophagotomie externe pour corps ätranger de roeso-
phage. Von Richelot. Bull, et möm. de la Soc. de Chir. de
Paris. Sitzung vom 2. Mai 1906.
Ein 65 jähriger Mann, der sein Gebiss Tag und Nacht trug, schluckte
es nachts während eines Erstickungsanfalles; heftige Schmerzen. Am
nächsten Tage und an den 2 folgenden Tagen mehrfach Extraktionsver¬
suche mit verschiedenen Instrumenten ohne Erfolg. Schlucken unmög¬
lich. Daher Oesophagotomie, Extraktion des Fremdkörpers, der quer
im Oesophagus steckte, ihn aber nicht perforiert hatte. Vorher hatte
R., um der Verweilsonde im Oesophagus auszuweichen, eine Gastrostomie
angelegt. Patient befand sich völlig wohl nach der Operation, starb
aber 3 Tage nachher an Pneumonie. R. schiebt die Schuld auf die —
allerdings durch die äusseren Umstände bedingte — zu späte Operation.
Sebileau sagt, er hätte in dem Falle sofort die Oesophagotomie
ausgeführt, und bemerkt, dass die Gastrostomie überflüssig war, da er
sogar bei Kindern durch Naht des Oesophagus oft eine Primaheilung
erzielt.
P o z z i meint, die Extraktion sei bei unregelmässigen Körpern
kontraindiziert; man müsse sofort operieren; er ist gleichfalls ein Gegner
der Gastrostomie und macht immer die exakte Naht. Die Schlundsonde
wendet man nur bei nicht tadelloser Naht an.
Picque frägt, warum vor der Operation nicht eine Röntgenauf¬
nahme gemacht wurde. Auch er näht den Oesophagus prinzipiell.
Tuffier, Kirmisson, Delbet, Quönu sprechen sich gleich¬
falls für sofortige Oesophagotomie aus.
Richelot sagt im Schlusswort, dass die ungünstigen äusseren Um¬
stände schuld an der Verzögerung seien, dass ohne die Pneumonie Patient
nicht davongekommen wäre, dass zwar eine Röntgenaufnahme gemacht
wurde, die aber schlecht war; er verwahrt sich entschieden dagegen,
dass die kaum 10 Minuten dauernde Gastrostomie eine Komplikation
darstellt. R. Paschkis (Wien).
Oesophagotomie externe pour extraire un dentier avale depuis vingt-
trois jours. Von Mauclaire. Bull, et möm. de la Soc. de chir.
de Paris. Sitzung vom 16. Mai 1906.
Eine 33 jähr. Frau verschluckte ein Metallgebiss (2 Zähne). Es wurden
sofort Extraktionsversuche mit dem Gräfe-Korb gemacht, jedoch umsonst.
Das Röntgenbild zeigte das Gebiss in der Höhe des zweiten Brustwirbels;
da Patientin eine starke Bronchitis hatte und flüssige Nahrung schlucken
konnte, wartete man. Patientin hält den Kopf steif nach vorn geneigt,
daher Palpation schwierig; sie gibt an, einen konstanten Schmerz hinter
dem Manubrium sterni zu spüren, und dass das Gebiss seinen Platz ver¬
ändert. Daher wollte man ösophagoskopieren, was aber aus äusseren
Gründen unterblieb. Daher Oesophagotomie; man fand mit der einge¬
führten Schlundsonde das Gebiss im Bereich der Wunde, wo es früher
nicht war. Heilung. M. glaubt, dass man das Gebiss hätte ösophago-
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skopisch entfernen können; ihm sind nur 2 Fälle bisher bekannt. In¬
teressant ist das lange, beschwerdefreie Verweilen des Gebisses.
B. Paschkis (Wien).
Der praktische Wert der Oesophagoskopie. Von M. Arnold
Winternitz. Orvosi Hetilap, 1906, No. 6.
Das Wesen der Oesophagoskopie ebenso wie das der Bronchoskopie
besteht in Einführung gerader Metalltuben, mit deren Hilfe jedwede
Partie der Speiseröhre der direkten Betrachtung und den Instrumenten
zugänglich gemacht werden kann. Die Technik der Oesophagoskopie ist
leichter und einfacher als die der Bronchoskopie, da einesteils der Oeso¬
phagus reflektorisch weniger empfindlich ist, anderenteils ein weiteres
Kaliber als die Bespirationswege besitzt. Bei Erwachsenen gelingt die
Tubuseinführung nach energischer Cocainisierung des Pharynx und des
Kehlkopfeinganges ohne Narkose, Künder müssen narkotisiert werden,
und zwar genügend tief. Der Sicherheit halber können der Kehlkopf-
eingang und die Bachengebilde noch mit einer 5 °/ 0 igen Cocain-Antipyrin-
lösung äa gepinselt werden. Die Einführung der Tuben vollzieht Vortr.
bei linksseitiger Lagerung des narkotisierenden Patienten am Operations¬
tisch, so dass der Kopf, den ein geübter Gehilfe hält, über den Opera¬
tionstisch reicht. Jetzt zieht er mit dem linken Zeigefinger die Zungen¬
wurzel und Epiglottis vor und führt das Oesophagoskop am Bande seines
Fingers in den Eingang des Oesophagus. Nun beugt der den Kopf
haltende Assistent den Kopf des Patienten langsam nach rückwärts, wobei
der Tubus vorgeschoben wird und, das in der Gegend der Cartilago
cricoidea stets fühlbare kleine Hindernis überwindend, in den Oesophagus
gelangt. Die Weiterführung stösst auf keinerlei Hindernisse, und wird der
Kopf gut gehalten, so geht sie ganz leicht und unbehindert. Wenn man in die
thorakale Partie gelangt, entsteht im Tubus ein eigentümliches Plätschern,
das dadurch verursacht wird, dass die thorakale Oesophaguspartie offen
steht und die Wände bei den Inspirationen undulieren. Da die thora¬
kale Partie des Oesophagus der massigen Wirbelsäulenbiegung folgt,
muss der Kopf, wenn wir mit dem Tubus hierher gelangt sind, ein
wenig nach vorwärts gebeugt werden. Allgemeine Begel ist, dass, sobald
die Cartilago cricoidea überschritten ist, sofort ins Instrument einge¬
leuchtet und dasselbe unter Kontrolle der Augen weitergeführt werde,
wobei sich das Lumen der Speiseröhre vor dem Instrument ausbreitet
und auch die Wände sichtbar werden. Bei dem geringsten Widerstand
muss stillgehalten und das Lumen durchsucht werden. Mit Gewalt darf
das Instrument keinesfalls vorgeschoben werden. Wollen wir eingekeilte
Fremdkörper entfernen, so muss die Höhe der Einkeilung durch vorher¬
gegangene Bougierungen, von der Zahnreihe an in Zentimetern berechnet,
genau festgestellt werden. Die Oesophagoskope müssen ebenfalls mit
einer Zentimetereinteilung versehen sein. 4 Fremdkörper entfernte Vortr.
uach diesem Verfahren bei einem l a / 2 jährigen Knaben, und zwar einen
grösseren Glasknopf, der in der Höhe der Cartilago cricoidea eingekeilt
war, 2 Zweihellerstücke, die in der Höhe des Manubrium stemi stecken
blieben, und eine seit Wochen eingekeilte Hosenschnalle, die er aus der
Höhe der Bifurkation hervorbrachte. Guten Nutzen sah er von der
Oesophagoskopie in solchen Fällen von Oesophagusstrikturen, wo die
Sondierung durch den Mund teils infolge der excentrischen Lage der
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Stenose, teils infolge der tiefen Lage derselben nicht einmal mit fili¬
formen Bougies gelang. In solchen Fällen gelang es mehrere Male, mit
Hilfe des Oesophagoskops die Striktur einzustellen, eine filiforme Bougie
durchzuführen und nach der Gastrostomie die retrograde Erweiterung
zu beginnen. Bei Entfernung von Fremdkörpern ist die Oesophagoskopitf
ein hochzuschätzendes Verfahren, da dieselbe bei Kontrolle der Aügen
ausführbar ist. Spitzige Fremdkörper, wie Knochenstücke, Nadeln,
Nägel usw., dürfen überhaupt nicht auf andere Weise entfernt werden
als mittels Oesophogoskops, da bei den blindlings vollführten Entfernungs-
Versuchen fatale Verletzungen entstehen können.
J. Honig (Budapest).
m. Bncherbespredrangen.
Priels de coprologie clinique. Von R. Gaultier. Paris 1907,
J. B. Bailliere. in-8 °, 350 Seiten mit 65 Mikrophotogrammen und
einer farbigen Tafel.
Das Buch ist in 2 Teile eingeteilt. Der erste umfasst eine theore¬
tische Besprechung der Zusammensetzung der Fäkalmassen und d et
Methoden, dieselbe zu bestimmen, ferner der Zusammenhänge zwischen
ihr und dem Ernährungsmodus und der Funktion des Digestionsapparates.
Der zweite Teil ist rein praktisch und stellt eine Anleitung zur
Untersuchung der Fäkalien dar, ferner zur Bestimmung des Ausnutzungs¬
koeffizienten der Ingesta usw. Schrumpf (Strassburg).
Chirurgie des praktischen Arztes mit Einschluss der Augen-,
Ohren- und Zahnkrankheiten. H. Hälfte. Mit 96 Abbildungen.
Zugleich Ergänzungsband zum Handbuch der praktischen Medizin.
Zweite Auflage. Herausgegeben von W. Ebstein und J. Schwalbe.
Stuttgart, Verlag von Ferdinand Enke, 1907.
Der vorliegende zweite Teil bringt zunächst den Schluss von Gar re’s
Abhandlung über die Chirurgie des Halses usw., in welchem er haupt¬
sächlich die Operationen an den Lungen bespricht. Daran schliesst sich
ein Artikel F. König’s, die „Chirurgie des Gefässsystems 44 , in welchem
er zunächst die Symptome und die Behandlung der chirurgischen Er¬
krankungen des Herzens bespricht. Bei Verletzungen des Herzens steht
er nicht mehr auf dem nihilistischen Standpunkte früherer Chirurgen,
sondern befürwortet die Blosslegung des Herzens und die Naht der Wunde.
Nach der neuesten Statistik (Goebell) wurden bis jetzt 86 Fälle von Herz¬
verletzung operiert und von ihnen 27 geheilt. Auch bei Verletzungen
von Arterien wäre die Gefässnaht das ideale Verfahren, doch sind in
dieser Hinsicht noch keine besonders günstigen Resultate zu verzeichnen,
während die Venennaht bessere Erfolge ergeben hat. Der nächste Ab¬
schnitt von G. Ledderhose gibt eine Darstellung der „Chirurgie der
Blutdrüsen 44 und der „Chirurgie der Brustdrüse 44 . Es folgt nun die
„Chirurgie der Speiseröhre, des Magens, des Darms, der Leber, des
Pankreas, des Bauchfells und der Bauchdecken 44 von H. Häckel in
Stettin. Während H. betont, dass das unkomplizierte Ulcus ventriculi
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nur selten Gegenstand eines operativen Eingriffs ist, befürwortet er bei
Perforationen die Naht des Geschwürs, bei Blutungen die Gastro¬
enterostomie. Bezüglich der Appendicitisbehandlung scheint H. ein An-
hänger der Frühoperation zu sein. Bei Cholelithiasis ist die Operation
indiziert: 1. Bei Hydrops und Empyem der Gallenblase. 2. Bei chro¬
nischer recidivierender Cholelithiasis. 3. Bei chronischem Choledochus-
verschluss. Den nächsten Abschnitt bildet die „Chirurgie der männ¬
lichen Harn- und Geschlechtsorgane“ von H. Kümmel. Bei der
operativen Behandlung der Nephrolithiasis hält K. die Spaltung der
Niere für das richtigere Verfahren. Bei Nierentuberkulose befürwortet
er die möglichst frühzeitige Operation.
Bei Prostatahypertrophie rät K. zur Operation, wenn chronische
Retention den Patienten zum dauernden Gebrauch des Katheters nötigt,
der Allgemeinzustand es gestattet und Komplikationen bestehen. Wenn
möglich, ist die Prostatektomie auszuführen. Den Schluss des Bandes
bildet die „Chirurgie der Extremitäten“ von W. Müller in Rostock»
von Hofmann (Wien).
De Tintervention chirurgicale dass VulcAre non perforä de l’estomac.
Indications-choix da procädö. Von Charles Gaudemat. Thöse
de Paris 1906.
An der Hand der in der Klinik des Prof. Ricard gesammelten
Erfahrungen bespricht der Verf. die dort übliche Indikationsstellung
zum operativen Eingreifen bei dem nicht perforierten Magenulcus.
Irgend welche bemerkenswerte Unterschiede gegenüber den in Deutschland
gebräuchlichen Prinzipien finden sich nicht. Als Operation der Wahl
gilt die hintere Gastroenterostomie mit senkrechter Fixierung der zur
Anastomose benützten Darmschlinge. 40 Krankengeschichten illustrieren
durch die in ihnen niedergelegten Operationserfolge den hohen Wert
der beschriebenen Methode. Goldstücker (Breslau).
La septic£mie gonococcique. Von Faure-Beaulieu. These de
Paris 1906.
Genaue Angaben über die Technik des Nachweises von Gonokokken
im Blute. Sie befinden sich daselbst in Fällen von gonorrhoischer Ar¬
thritis, Pneumonie, Meningitis, Endocarditis und sogar manchmal, wenn
jede metastatische Komplikation der Urethritis ausbleibt. Es sind dies
die Fälle von unkomplizierter Urethritis, welche fieberhaft und mit sep¬
tischen Allgemeinerscheinungen einhergehen; das Fieber ist dann meist
intermittierend, seltener remittierend oder kontinuierlich. Ein Drittel
der Fälle, bei denen Verf. im Blute Gonokokken nachgewiesen hat, ist
tötlich verlaufen. Schrumpf (Strassburg).
Le reflexe cremasterien chez les hernieux. Von E. Bottemer.
Thöse de Lyon 1906.
Verf. machte die interessante und unter Umständen klinisch bedeut¬
same Beobachtung, dass nach der Radikaloperation einer Inguinalhernie
des Cremasterreflex für die Dauer von 10—12 Monaten verschwindet,
nach dieser Zeit sich aber wieder, wenn auch schwächer als normal,
einstellt. Schrumpf (Strassburg).
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Inhalt.
I. Sammel-Referate. |
Schirmer, K. H., Die Rolle der Epithel- j
körperchen in der Pathologie (Fort- !
Setzung), p. 449—464. >
II. Referate. |
A. Knochen, Gelenke. !
Hunter, W. K., A case of ankylosis of
the spine, p. 464. |
B ü d i n g e r, K., Ueber die Ablösung von Ge- |
lenkteilen u. verwandte Prozesse, p. 465.
Robin, A., Le rheumatisme blennorrha-
gique et son traiteraent, p. 465.
Bergmann, A., Erfahrungen über Becken¬
osteomyelitis, p. 466.
Manninger, Fractura vertebrae lumb. II,
Paraplegia motorica, Laminectomia et
Resectio partis corporis vertebrae, p. 466.
v. Eiseisberg, Zur Kasuistik der knö¬
chernen Tumoren des Schädeldaches,
p. 467.
Vazifdar, N., A case of dermoid cyst
in the ramus of the jaw, p. 467.
Sharp, J. G., A case of periarthritis with
anaemia and enlarged spieen, p. 468.
B. Periphere Nerven.
Goldmann, lieber das Fehlen von Funk¬
tionsstörungen nach der Resektion von
peripheren Nerven, p. 468.
Cushing, H., On preservation of the
nerve supply to the brow, in the ope¬
rative approach to the Gasserian gang-
lion, p. 469.
Buerger, L. und Churchmann, Der
Plexus coeliacus und mesentericus und
ihre Rolle beim Abdominalshock, p. 469.
Pers, Ueber chirurgische Behandlung der
Ischias, p. 470.
Ross, F., Two cases illustrating sciatica
of abdominal origin; laparatomy, p. 470.
Helmholz, H. F. und Cushing, H.,
Elephantiasis nervorum of the scalp; a
manifestation of von Recklinghausen’s
disease, p. 470.
Crosti, F., Resezione periferica totale
del nervo mascellare superiore per nev-
ralgia facciale, p. 471.
Formiggini, B., Contributo alla cura
delle paralisi traumatiche inveterate
mediante il trapianto tendineo, p. 471.
Sur les suturcs nerveuses; Diskussion,
p. 471.
Potherat, Paralysie cubitale par section
du nerf cubital. Suture du nerf. Re¬
tablissement de la sensibilite et de la
motilite, p. 472.
Gersuny, Eine Operation bei motori¬
schen Lähmungen, p. 472.
Eugenio, M. und Baldo, R., Contri¬
buto allo Studio delle lesioni traumatiche
dei nervi periferici, p. 472.
Hofmeister u. Meyer, E., Operierter
Tumor des Ganglion Gasseri, p. 473.
C. Oesophagus.
Lindqvist, S., Om kongenitala oeso-
phagusstenoser, p. 473.
S p i c e r, J. E., A case of abnormal deve¬
lopment of the oesophagus, p. 473.
Tolot, Un cas d’anemie pernicieuse avec
spasme de Toesophage, p. 474.
Borszeky, Mit retrograder Erweiterung
geheilter Fall von schwerer narbiger
Oesophagusstriktur, p. 474.
Bryant, J., Myoma of the esopbagus,
p. 474.
Marcou, Suc gastrique et cancer de
l’oesophage, p. 475.
B1 u y s e n, Dentier arr£te dans Toesophage
ä 30 cm des arcades dentaires. Extrac¬
tion manuelle par la cardia aprfcs gastro-
tomie, p. 475.
Mauclaire, Oesophagotomie externe pour
dentier arr£te au niveau de la portion
cervicale inferieure de Toesophage, p. 47 5.
R i c h e 1 o t, Sur un cas d’oesophagotomie
externe pour corps etranger de Toeso-
phage, p. 476.
Mauclaire, Oesophagotomie externe
pour extraire un dentier avalö depuis
vingt trois jours, p. 476.
W i n t e r n i t z, M. A., Der praktische Wert
der Oesophagoskopie, p. 477.
III. Bücherbesprechungen.
Gaultier, R., Prdcis de coprologie
clinique, p. 478.
Ebstein, W. und Schwalbe, J., Chi¬
rurgie des praktischen Arztes mit Ein¬
schluss der Augen-, Ohren- und Zahn¬
krankheiten, p. 478.
Gaudemat, Ch., De l’intervention chi-
rurgicale dans l’ulc&re non perfore de
l’estomac. Indications-choix du procede,
P- 479-
Faure-Beaulieu, La septicemie gono-
coccique, p. 479.
Bottemer, Le reflexe cremasterien chez
les hemieux, p. 479.
Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Professor
Dr. HERMANN SCHLESINGER, Wien, I, Ebendorferstrasse 10, wird gebeten.
Man bittet, redaktionelle Zuschriften mit dem Adressenzusatz „Für die Redaktion des
Centralblattes für die Grenzgebiete“ versehen zu wollen.
Lippert & Co. (G. Pätz’sche Buchdr.), Naumburg a. S.
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CENTRALBLATT
für die
Grenzgebiete der Medizin u. Ghirargie.
Her&usgegeben von
Dn Hermann Schlesinger,
Professor an der Universität Wien.
Verlag von GUSTAV FISCHES in Jena#
X. Band.
Jena, 22. Juli 1907.
Nr. 13.
Dm Centralblatt für die Grenzgebiete der Medizin und Chirurgie erscheint in
zwanglosen Heften im Umfange von etwa 3 Druckbogen, die zu einem Bande
vereinigt werden, dessen Umfang 60 Druckbogen betragen wird. Das Abonne¬
ment für das Centralblatt kostet 24 Mark für den Band. — Die Abnehmer
der Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, herausgegeben
von A von Eiseisberg und B. Naunyn, erhalten das Centralblatt
zum Vorzugspreise von 20 Mark.
I. Sammel-Referate.
Die Rolle der Epithelkörperchen in der
Pathologie.
Kritischer Sammelbericht von Karl Hermann Schirmer (Wien).
(Schluss.)
Literatur.
107) Lundborg, Spielen die Glandulae parathyreoideae in der menschlichen
Pathologie eine Rolle? Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk. 1904, Bd. XXVII, p. 217.
108) Lusena, Fisiopatologia deir apparecchio tiro-paratiroideo, Firenze 1899.
109) Man ca, P., II rene del cane dopo l’ablazione completa dell’ apparecchio
tiro-paratiroideo. Lo Sperimentale 1905, p. 835, Fase VI.
11 o) Marinesco, G., Tetanie d’origine parathyroidienne. Semaine medicale
1905, p. 289.
111) Maresh, Kongenitaler Defekt der Schilddrüse bei einem 11 jährigen Mäd¬
chen mit vorhandenen Epithelkörperchen. Zeitschr. f. Heilkunde 1898.
112) Mattauschek, E., Zur Epidemiologie der Tetanie. Ges. für innere Med.
u. Kinderheilk. in Wien, 14. Februar 1907, ferner Wiener klin. Wochenschr. 1907,
No. 16.
113) Meuron de, P., Recherches sur le developpement du thvmus et de la
glande thyreoide. Dissert. Gen&ve 1886.
114) Michelazzi, Fortschritte der Therapie im Jahre 1906. Italienischer
Kongress für innere Medizin. Ref. Münchener med. Wochenschr. 1907, p. 397.
115) Mossaglia, A., L’influenza della fatica nei cani parzialmente spara-
tiroidati. Gazetta degli osped. 1906, No. 105, 2. Sept.
116) Moussu, G., Sur la fonction thyroidienne. Cretinisrae experimental sous
ses deux formes typiques. Compt. rend. de la Soc. de Biologie, 17. Dezember 1892.
p . 972 .
117) Ders., Sur la fonction thyroidienne. Compt. rend. de la Soc. de Biologie,
II. März 1893, P- 280.
Centralblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 31
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482
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118) Moussu, G., Sur Ia fonctlon thyro'idienne. Compt. rend. de la Soc. de
Biologie, 15. April 1893, p. 394.
119) Ders., Fonction parathyroidienne. Compt. rend. de la Soc. de Biologie,
16. Januar 1897, P* 44 -
120) Ders., Sur la fonction parathyroidienne. Compt rend. de la Soc. de
Biologie, 30. Juli 1898, p. 867.
121) Ders., De la medication parathyroidienne. Compt. rend. de la Soc. de
Biologie, 25. März 1899, S. 242.
122) Ders., Effets de la thyreoidectomie. Memoires de la Soc. de Biologie
tome IV.
123) Ders., Recherches sur les fonctions thyreo idiennes et parathyreoidiennes.
Paris 1897.
124) Ders., Internat. Physiologenkongress. Cambridge 1898.
125) Müller, L. R., Beiträge zur Histologie der normalen und erkrankten
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f. Medizin und Naturwissenschaft 1891, Bd. VI.
127) Munk, H., Sitzungsbericht der königi. preuss. Akademie der Wissen¬
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128) Nicolas, A., Glande et glandules thyroides (parathyreoides) chez les
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129) Ders., Recherches sur les v£sicules ä epithelium cilie annexies aux derives
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handlg. d. ital. Patholog. Ges. 1905, ref. Centralbl. f. Path. 1906, p. 313.
134) Ders., Le chiandole paratiroidee. Turin 1906, Union.
135) Petersen, Anatomische Studie über die Glandulae parathyreoideae des
Menschen. Virchow’s Archiv 1903, Bd. CLXXIV, p. 413.
136) Peucker, H., Ueber einen neuen Fall von kongenitalem Defekte der
Schilddrüse mit vorhandenem „Epithelkörperchen“. Zeitschr. f. Heilk., Bd. XX, 1899-
137) Pineies, Fr., Ueber die Funktion der Epithelkörperchen. Sitzgber. der
Kais. Akad. der Wissensch., Wien 1904, Bd. CXIII, p. 199.
138) Ders., Zur Physiologie und Pathologie der Schilddrüse und der Epithel¬
körperchen beim Menschen. K. k. Ges. d. Aerzte Wien, 29. April 1904, Wiener
klin. Wochenschr. 1904, p. 517. Diskussion: Escherich, Jonas, S. Loebl,
Redlich, v. Frankl-Hochwart, ebendort p. 636.
139) Ders., Klinische und experimentelle Beiträge zur Physiologie der Schild¬
drüse und der Epithelkörperchen. Mitteilg. aus d. Grenzgeb. der Med. u. Chir.
1904, Bd. XIV, p. 120.
140) Ders., Zur Pathogenese der Tetanie. Archiv f. klin. Med. 1906, Bd. LXXXV,
p. 491.
141) Ders., Tetaniestar — Zuckerstar — Altersstar. Wiener klin. Wochenschr.
1906, p. 691.
142) Prenant, A., Recherches sur le developpement organique et histologiquc
des derives branchiaux. Compt. rend. de la Soc. de Biologie, 27. Mai 1893, P- 54^-
143) Ders., Contributions ä l’etude du developpement organique et histologique
du thymus, de la glande thyro’ide et de la glande carotidienne. La Cellule, tome
X, 1. 1894.
144) Ders., Elements d’embryologie de l’homme et des vert^bres. Livre
deuxieme. Paris 1896.
145) Quadri, G., Sulla funzione antitossica delle paratiroidi, Gazz. med. ital.
1906, No. 7.
146) Quervain de, F., Ueber die Veränderungen des Centralnervensystemes
bei experimenteller Cachexia thyreopriva der Tiere. Virchow’s Arch. 1893, Bd. CXXXIII.
147) Rens bürg u. Rey, Bericht über die 24. Sitzung der Vereinigung nieder-
rheinisch-westphälischer Kinderärzte zu Cöln, 4. Februar 1906, ref. Jahrbuch für
Kinderheilkunde 1906, Bd. LXIII, p. 759.
148) Rogers and Beebe, zitiert nach McCallum.
149) Rogowitsch, Sur les effets de l’ablation du corps thyroide chez les
animaux. Archives de physiologie norm, et pathol. 1888.
Original from
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483
152) Rouzeau, A., Note sur toixante-cinq operations de thyroidectomie chez
le lapin. Compt. rend. de la Soc. de Biologie, 27. Juli 1895, p. 638.
152) Ders., De l’influence de l'ablation du corps thyroide sur le d£veloppement
en poids des glandules parathyroTdes. Compt. rend. de la Soc. de Biologie, 28. No¬
vember 1896, p. 970.
153) Ders., Relation de cent-troi operations de thyroidectomie. Arch. de
Physiologie. Tome XXIX, 1897, p. 136.
154) Sandström, J., Om em ny Körtel hos menniskan och ats Kllliga dogg
djur., Upsala, Läkare forenings Förhandlingar 1880, ref. Schmidt’s Jahrbücher 1880,
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155) De Santi, Parathyreoidgeschwulst. Laryngolog. Ges., London. Internat.
Centralbl. f. Laryngol. u. Rbinologie 1900, p. 546.
156) Sch aper, A., Ueber die sog. Epithelkörper (Glandulae parathyreoideae)
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Säuger und des Menschen. Archiv f. mikrosk. Anat. u. Entwicklgsg. 1895, ®d* XLVI*
157) Schlesinger, H M Versuch einer Theorie der Tetanie. Neurologisches
Centralblatt 1892, S. 66.
158) Ders., Ueber einige Symptome der Tetanie. Zeitschrift für klin. Medizin
1S91, Bd. XIX, p. 468. 9
159) Schreiber, L., Beiträge zur Kenntnis der Entwicklung und des Baues
der Glandulae parathyreoideae (Epithelkörperchen) des Menschen. In&ug.-Diss. und
Archiv für mikroskop. Anatomie 1898, Bd. LII.
160) Simon, Thyroide laterale et glandule thyroidienne chez lea mammiferes.
These de Nancy 1895.
161) Ders., Contribution ä l’£tude du d£veloppement organique de la gland
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162) Soulie, A. et Verdun, P., Sur les premiers developpements de la
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163) Spieler, Fr., Mitteilungen der Gesellsch. f. innere Med. u. Kinderheilk.
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166) Stradivari, zitiert nach Vassale.
167) Swale Vincent, Journal of Physiologie 1904, No. I.
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269) Tourneuz, F. et Verdun, P., Sur les premiers developpements de la
thyroide, du thymus et des glandules parathyreoidiennes chez l’homme. Journal de
l’Anat. et de la Physiol. norm, et path. 1897, Bd. XXX.
270) Vassale, G., Tetania da allatamento in una cagna parzialmente para-
tiroidectomizzata. Rivista experim. di freniatria 1897, Bd. XXIII, p. 915.
171) Ders., Tetanie provoquee par Tallaitement chez une chienne partiellement
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172) Ders., Ueber Behandlung der Eclampsia gravidarum mit Parathyreoidin.
Soc. med.-chir. di Modena, ref. Wiener med. Presse 2906, p. 364.
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174) Vassale et Generali, Suggli effeti dell’ estirpazione delle ghiandole
paratiroidee. Riv. di patol. nerv, et mentale 1896 u. Arch. ital. de Biol. 1896.
175) Dies., Mitteilungen in der Med.-Chir. Ges. zu Modena. Münchener med.
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176) v. Verebely, Beiträge zur Pathologie der branchialen Epithelkörperchen.
Virchow’s Archiv 1906, Bd. CLXXXVII, p. 80.
177) Verstraeten et van der Linden, Memoires de l’acad. de med. de
Bclgique 1894.
178) Vincent and Jolly, Joum. of Physiologie. Vol. XXXII, 1905.
179) Walbaum, Untersuchungen über die Bedeutung der Epithelkörperchen
beim Kaninchen. Mitteilungen aus den Grenzgeb. der Med. u. Chir. 2903, Bd. XII,
p. 298.
280) Weichselbaum, Vers, deutscher Naturf. u. Aerzte. Stuttgart. Sep¬
tember 1906.
31*
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and Physiology 1898, Bd. XXXII.
182) Wölfl er, A., Ueber die Entwicklung und den Bau der Schilddrüse mit
Rücksicht auf die Entwicklung der Kröpfe, Berlin 1880.
183) Zanfrognini, Insufficenza paratiroidea e gravidanza. Bolletino della R.
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della R. U. di Genova 1905.
185) Ders., La paratiroidina Vassale nel trattamento dell* eclampsia puerperale.
Clinica ostetrica 1905.
186) Zielinska, M., Beiträge zur Kenntnis der normalen und strumösen Schild¬
drüse des Menschen und des Hundes. Virchow’s Archiv 1894, Bd. CXXXVI, p. 170.
187) Zuckerkandl, E., Die Epithelkörperchen bei Didelphys azara nebst
Bemerkungen über die Epithelkörperchen des Menschen. Anat. Hefte 1902, 1. Abt.,
Bd. XIX.
Die histologischen Befunde der Epithelkörperchen bei der Tetanie
der Erwachsenen sind bisher äusserst spärlich. Bei Tetania
gas (rica (Pylorusstenose nach Ulcus ventriculi) fand Mac Callum 17 )
in den 5 Epithelkörperchen grosse Gruppen eosinophiler Zellen und
reichliche Mitosen, welchen Befund er als Hyperplasie auffasst. Die
Tetanie kam nach Mac Callum in diesem Falle dadurch zustande,
dass autochthon entstandene Toxine auf das Centraineryensystem
wirken und eine Insufficienz der Epithelkörperchen hervorrufen.
Dagegen fand E r d h e i m bei zwei Fällen yon Tetania gastrica histo¬
logisch vollkommen normale Epithelkörperchen. Derselbe Autor
fand bei Tetanie in einem Falle von Hirntumor (Elleinhirncyste) alle
4 Epithelkörperchen normal.
Jonas 188 ) hält speziell für die Magendilatationstetanie
die bisherigen ätiologischen Theorien (Bluteindickung, Autointoxikation)
für nicht ausreichend. „Magendilatationstetanie ist nichts anderes
als Tetanie bei Magendilatation, nach der Annahme des Dozenten
Pineies also: Insufficienz der Epithelkörperchen bei — nicht
durch — Magenerweiterung.“
Gegen diese Auffassung wendet S. Loebl ein, dass bestimmte
klinische Symptome für einen kausalen Zusammenhang der Dilatatio
ventriculi und Tetanie sprechen; er hat an der Abteilung Prof
H. Schlesinger’s (Wien) bei allen schwereren Gastroenteritiden
das Chvostek’sche, Erb’sche und Hofmann’sche, in2—3 Fällen
auch das Trousseau’sche Phänomen beobachtet; diese Symptome
schwanden mit dem Abklingen der Magen-Darmsymptome. Nach
Loebl könnte die von italienischen Autoren experimentell festgelegte
Tatsache, dass nach Exstirpation des Plexus coeliacus beim Tiere
tetanieähnliche Zustände entstehen, gegen die Insufficienztheorie ver¬
wertet, mit der Autointoxikationstheorie aber wohl in Einklang ge¬
bracht werden. H. Königstein* 6 ) fand bei der mikroskopischen
Untersuchung der Epithelkörperchen eines klassischen Falles von
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Tetanie bei einer 47jährigen Frau, die auf der Abteilung Prof.
H. Schlesinger’s beobachtet wurde und an einem Pankreas*
carcinom starb, keine Blutungen und Residuen von solchen. Es
zeigte sich aber bei der Jodreaktion und bei der Glykogenfärbung
nach Best ein charakteristisches tinktorielles Verhalten, das in
normalen Epithelkörperchen fehlt oder nur angedeutet ist: eine über¬
raschend grosse Anzahl roter Körnchen und Schollen in den Zellen,
und zwar viel zahlreicher in den oxyphilen Zellen. Die genannten
Reaktionen fielen im Pankreas und in der Schilddrüse desselben
Falles negativ aus. Ob die Gegenwart einer Substanz in den Zellen,
die sich tinktoriell wie Glykogen verhält, in der Pathogenese der
Tetanie eine Rolle spielt, müssen weitere Untersuchungen lehren.
Kindertetanie.
In 2 Fällen von Kindertetanie konnte Erd he im Hämorrhagien
und Residuen von solchen in den Epithelkörperchen nachweisen,
doch waren die letzteren keineswegs zerstört, sondern vielleicht nur
etwas in ihrer Funktion behindert. Die Epithelkörperchenhämorrhagien
stellen nach Erdheim nur ein disponierendes, aber nicht auslösendes
Moment bei der Tetania infantum dar. Das kindliche Epithel¬
körperchen scheint leicht zu Blutungen zu neigen, welche meist durch
intrauterine Asphyxie hervorgerufen werden. Diese letztere An¬
schauung hält v. Verebely 17 ®) für unbewiesen, der selbst in
3 Fällen Blutungen in den Epithelkörperchen gefunden hat, bei
einem Erwachsenen (mit Cysten in der Nachbarschaft der Epithel¬
körperchen) und 2 Kindern (19 Monate altes Mädchen und 50 Tage
alter Knabe); die klinischen Befunde fehlen.
Neuerlich hat Erdheim 6 *) in einem dritten Falle, bei einem
5 Monate alten Kinde, das an typischer Tetanie litt und in einem
Anfalle von exspiratorischer Apnoe starb, in allen 4 Epithelkörper¬
chen Hämorrhagien konstatiert. Die Blutungen schienen älteren
Datums zu sein, so dass sie jedenfalls nicht durch die Laryngo-
spasmusanfalle hervorgerufen wurden. In der Diskussion zu dieser
Demonstration in der Gesellschaft für innere Medizin und Kinder¬
heilkunde in Wien erklärt Erdheim auf eine Anfrage Hoch-
singer’s, dass sich gleichzeitig auch in anderen Organen, Thymus,
Epikard, Pleura, Blutungen oder Pigmenthaufen als Residuen von
solchen nachweisen lassen.
R. Königstein 97 ) untersuchte die Epithelkörperchen sowohl
in einem typischen Falle von Kindertetanie als auch bei einem an
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Gastroenteritis und beiderseitiger Lobulärpneumonie verstorbenen
1% Monate alten Kinde. Während in dem ersteren Falle die
Epithelkörperchen nur relativ gross, sonst aber normal waren, zeigten
im zweiten Falle die beiden oberen Epithelkörperchen die Zeichen
frischer Blutung. H. Königstein ••) hat bei der Nachuntersuchung
des ersten Falles (wohlausgebildete Tetanie bei einem 9 Monate alten
Kinde) die gleichen tinktoriellen Unterschiede bei der Jod- und
Glykogenfärbung wie in dem oben erwähnten Falle desselben Autors
konstatieren können.
T hie misch m ) hat die Epithelkörperchen dreier an Tetanie
leidender Kinder und ferner zur Kontrolle jene von 6 an ander¬
weitigen Erkrankungen verstorbenen Kindern untersucht; er fand in
allen 9 Fällen einen völlig gleichen normalen histologischen Aufbau.
Allerdings halten die von Thiemisch beschriebenen Fälle von
klinischer Seite einer strengeren Kritik nicht stand, indem die Dia¬
gnose Tetanie keineswegs über jeden Zweifel erhaben war. In zwei
von den drei Fällen wird sogar ausdrücklich nur von „pathologischer
Spasmophilie“ gesprochen, womit natürlich die Echtheit der tetanischen
Symptome keineswegs genügend charakterisiert ist.
In bezug auf die Kindertetanie erklärt sich Kassowitz 4 *) ent¬
schieden gegen die Annahme, dieselbe als eine Insufficienz der
Epithelkörperchen aufzufassen. Die Kindertetanie tritt nach diesem
Autor fast ausschliesslich in dem Alter, das die Rachitis bevorzugt,
und fast immer gleichzeitig mit sicheren Zeichen florider Rachitis
auf. Fälle ohne Rachitis sind viel seltener als die Arbeiter- und
Magentetanien der Erwachsenen. Die Kindertetanie reagiert auch
prompt auf spezifische antirachitische Behandlung mit Phosphor¬
lebertran. Man müsste nach Kassowitz annehmen, dass zwar in
allen Fällen von Tetanie die dabei in Frage kommenden Krampf-
centren durch toxisch wirkende Substanzen in krankhafte Erregung
versetzt werden, dass diese Stoffe aber verschiedenen Ursprung
haben. Bei der operativen Parathyreoprivie wären es endogene
toxische Reize, die durch das innere Sekret der Epithelkörperchen
nicht mehr neutralisiert werden, in den nicht operativen Fällen von
aussen eindringende chemisch reizende Substanzen, „respiratorische
Noxen,“ die durch den bekannten Armeleutegeruch repräsentiert
werden, welcher den Proletariern anhaftet. Dadurch erkläre sich auch
das Auftreten der Tetanie zu bestimmten Jahreszeiten und bei an
geschlossene Räume gebundenen Berufen.
Auch Escherich glaubt nicht, dass die Epithelkörperchen,
speziell die Hämorrhagien in denselben, bei der Tetanie eine regel-
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massige Rolle spielen. Die Tetanie als eine in der Regel funktionelle
Erkrankung setzt eine reparable, vorübergehende Störung voraus.
Blutungen und Degeneration der Epithelkörperchen können die Menge
des funktionstüchtigen Gewebes verringern und auf diese Weise zu
funktionellen Störungen disponieren. Bei anderer Gelegenheit er*
klärt Escherich 68 ), dass er die idiopathischen Tetanien für durch
Stoffwechselstörungen entstandene Autointoxikationen halte. „Es
fehlt mir aber die Brücke, wieso diese den ganzen Organismus
treffenden Momente zu einer isolierten und primären Funktions¬
störung der Epithelkörperchen Veranlassung geben können.“
Escherich 68a ) hat bei einem 7 jährigen Knaben eine sympto¬
matische Tetanie im Verlaufe einer Meningitis tuber-
culosa beobachtet. Neben Muskelkrämpfen, leichter Nackenstarre,
Opisthotonus und leichtem Fieber waren das Chvostek’sche, das
Erb'sehe und Trousseau’sche Phänomen auf das deutlichste
nachweisbar. Zunehmender Sopor und Exitus nach 8 Tagen, während
welcher Zeit die elektrische Uebererregbarkeit bestehen blieb. Die
Sektion ergab typische tnberkulöse Meningitis. „In den an¬
scheinend intakten Epithelkörperchen finden sich
nach der von Dr. Janasse vorgenommenen Unter¬
suchung deutliche Anzeichen einer abgelaufenen Er¬
krankung, die sehr wohl zu einer Funktionsschwäche
Veranlassung gegeben haben kann.“
Schwangerschaftstetanie, Eklampsie.
Eine der ersten Affektionen, die mit der Epithelkörperchen¬
funktion in Zusammenhang gebracht wurden, ist die Schwanger¬
schaftstetanie. Vassale und Generali 174 ) haben hervor¬
gehoben, dass bei partiell parathyreoidektomierten Tieren, welche
gewöhnlich nur leichte und vorübergehende Tetanieerscheinungen
zeigen, nach Hinzutreten besonderer Faktoren, wie Schwangerschaft
und Puerperium, schwere Tetanie entsteht, die sie als Folge der
Epithelkörpercheninsufficienz auffassen. Schon L anz 104—l05 ) stellte
fest, dass trächtige Katzen zur Erhaltung der Gesundheit und des
Lebens eine grössere Masse von Schilddrüsensubstanz brauchen als
nicht trächtige, wobei er auf die Epithelkörperchen noch keine Rück¬
sicht nahm. Er sah nach ausgedehnten Schilddrüsenresektionen
(-j- Epithelkörperchen) bei trächtigen Katzen schwere Tetanie auftreten.
Das gleiche konnte Halsted 80 ) bei Hunden beobachten.
Zum Beweise der Theorie, dass die Schwangerschaftstetanie auf
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einer Insufficienz der Epithelkörperchen beruhe, haben Adler und
Tha 1 er *) über AnregungErdheim’s systematische Untersuchungen
an 40 Hatten vorgenommen, die bis zu 200 Tage beobachtet wurden.
Zunächst wurden hei mehreren graviden Tieren teilweise die Epithel¬
körperchen zerstört, worauf alle Tiere sofort an schwerer Tetanie
erkrankten, während nicht gravide Tiere nach der gleichen Operation
keine oder leichtere Tetaniesymptome zeigten. In einer weiteren
Versuchsreihe wurden nicht gravide Hatten parathyreoidektomiert
und der Eintritt der späteren Gravidität abgewartet. Von 4 Tieren,
denen ein ganzes Epithelkörperchen belassen wurde, wurden 3 später
gravid, 2 von ihnen erkrankten an Tetanie. Von 20 Tieren mit nur
einem halben Epithelkörperchen wurden 14 später gravid und er¬
krankten ausnahmslos an typischer Tetanie. 8 Hatten zeigten keine
postoperativen Symptome, sondern eine reine Schwangerschaftstetanie.
Konstant liess sich einige Tage vor Ausbruch der Tetanie starker
Haarausfall beobachten.
Schon vorher hat Erdheim einer Hatte beide Epithelkörperchen
exstirpiert (es blieb ein ungewöhnlich grosses accessorisches Epithel¬
körperchen zurück); das Tier blieb frei von Tetanie, doch, als es
gravid wurde, kam es zur typischen Tetanie und Frühgeburt. In
der darauffolgenden Gravidität recidivierte die Tetanie und sistierte
nach erfolgter Geburt. Interessant ist, dass der zweite Tetanieanfall
sich bei diesem Tiere durch Farästhesien anzukündigen schien, wie
dies auch beim Menschen vorkommt: das Tier kratzte sich krampf¬
haft an der Schnauze und Kopfhaut, auch mit Hilfe der hinteren
Extremitäten. Auch Rouxeau 152 ) hat bei Kaninchen, denen er
die Schilddrüse und 4 Epithelkörperchen exstirpiert hatte, heftiges
Schnauzenkratzen, Vassale 17 °) bei einer Hündin nach Exstirpation
dreier Epithelkörperchen während der Laktation stetanie Pruritus der
Käse beobachtet. Erdheim schliesst aus seinem Versuche, dass
die Graviditätstetanie; die eine Unterart der idiopathischen Tetanie
ist, auf einem Hypoparathyreoidismus beruht. Durch die Experimente
Adler’s und Thaler’s sieht Erdheim seine Beobachtung zum
Gesetze erhoben.
Die Versuche, die an bereits graviden Tieren angestellt wurden
(Moussu 123 ), Pineies 182 ), Gross 78 ), Zanfrognini 188 ), sind
natürlich für die Beurteilung einer echten Schwangerschaftstetanie
wertlos, da nach Epithelkörperchenexstirpationen auch ausserhalb der
Gravidität Tetanie auftritt.
F r o m m e r 8 °- #1 ) hat parathyreoidektomierten Kaninchen 5—12 g
zerstückelter menschlicher Placenta unter antiseptischen Kautelen
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in die Bauchhöhle implantiert. Die Kaninchen, die vorher keine
Tetanieerscheinungen gezeigt hatten, gingen sämtlich unter Ver-
giftungssymptomen ein, der Sektionsbefund war negativ. Frommer
hat ferner einer trächtigen fiündin 3 Epithelkörperchen exstirpiert,
das Tier zeigte in den nächsten beiden Tagen Zuckungen am
Facialis, Masseter, Rücken und krampfartige Kontraktionen an den
hinteren Extremitäten. 5 Tage nach der Operation wurden dem
Tiere 12 g menschlicher Placenta intraperitoneal einverleibt; es
traten 4 Tage später während des Werfens ausgesprochen tetanische
Anfalle auf, später erholte sich das Tier. Die 3 ausgetragenen
Jungen gingen ein. Frommer fasst diese letztere Erscheinung als
toxische Reaktion auf und meint, dass die Epithelkörperchen eine
antitoxische Funktion haben, welche bei ungestörtem Stoffwechsel
die toxischen Substanzen der menschlichen Placenta neutralisieren
könne, während bei Störungen der Epitbelkörperchenfunktion die
toxische Reaktion frei werde.
E. Gross 78 ) konnte bei einer Frau sowohl vom puerperalen
als auch vom nicht schwangeren Uterus aus durch Erregung von
Kontraktionen tetanische Anfälle auslösen. Er stellt diese Erreg¬
barkeit in Analogie mit dem Trousseau’sehen Phänomen. Um
der Frage einer eventuellen Funktionsstörung der Epithelkörperchen
näher zu kommen, stellte er 2 Experimente an Katzen an, die in
einem Nachträge zu seiner Arbeit ziemlich aphoristisch mitgeteilt
werden. Er entfernte den 2 trächtigen Katzen auf der einen Seite
das äussere, auf der anderen das äussere und innere Epithelkörper¬
chen. Bei der ersten Katze traten 25 Tage nach der Operation
Muskelzuckungen im Facialisgebiet auf; 12 Tage später erfolgte der
Wurf lebender Jungen, es traten keine Krämpfe mehr auf. Das
zweite Tier bekam überhaupt keine Krämpfe und blieb bei längerer
Nachbeobachtung gesund.
Die Eklampsie wurde schon mehrfach mit einer Schädigung
der Epithelkörperchen in Zusammenhang gebracht, zuerst von
Vassale und Generali auf Grund ihres Experimentes an der
trächtigen Hündin. Auch Jeandelize hat dies in hypothetischer
Form ausgesprochen. Anatomische Untersuchungen liegen von
Pepere 182-184 ), Zanfrognini 18# — 186 ) und Erdheim vor. Pepere
fand unter 4 Fällen von Eklampsie 3 mal Fehlen von 2 Epithelkörper¬
chen, im 4. Falle cystische Entartung eines Epithelkörperchens,
Zanfrognini in 1 Falle nur 2 (bei der histologischen Unter¬
suchung unveränderte) Epithelkörperchen. Beide Autoren fassen
die Eklampsie als eine Insufficienz der restierenden Epithelkörperchen
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auf, welche dureh Parathyreoidinfütterung gebessert werden könne,
welcher letzteren Ansicht auch V a s s a 1 e beipflichtet. E r d h e i m hat
in 4 Fällen von sicher diagnostizierter Eklampsie bei meist jungen
Individuen die Epithelkörperchen an Zahl und Grösse normal ge¬
funden. Bei der histologischen Untersuchung fand sich in allen
4 Fällen eine Hyperämie, 2 mal in je 1 Epithelkörperchen eine
kleine zirkumskripte Stelle, die auf eine Schädigung des Parenchyms
schliessen liess, einmal eine kleine Hämorrhagie. Erdheim fasst
die in allen 4 Fällen konstant beobachtete Hyperämie als eine Folge
und nicht als die Ursache der Eklampsie auf. Auf Grund der stets
vollzähligen Anwesenheit aller 4 Epithelkörperchen hält Erd heim
die Hypothese der genannten italienischen Autoren für unzutreffend
und weist auf die grossen klinischen Unterschiede der Eklampsie und
Tetanie hin. Frommer konnte bei seinem Versuche an einer
trächtigen Hündin die Symptome nicht mit eklamptischen Anfällen
identifizieren: die Pupillen reagierten prompt auf Lichtreize, die
Hündin verlor nie das Bewusstsein.
Vassale berichtet in jüngster Zeit (4. Juli 1906) 173 ) überS
neuerliche Experimente an graviden Hündinnen, denen er 3 Epithel¬
körperchen exstirpiert hatte; 2 Tage vor der Entbindung traten bei
den Tieren, die früher keine Störungen zeigten, Krämpfe auf. Zwei
der Tiere erhielten Parathyreoidin eingeflösst, das dritte der operierten
Tiere blieb unbehandelt. Die beiden ersteren Hündinnen gebaren
ohne weitere Krampfanfalle lebende Junge und blieben gesund,
während das dritte Tier innerhalb 48 Stunden an Krämpfen zugrunde
ging, ohne geboren zu haben. Während der Schwangerschaft ent¬
hielt der Harn der Hündinnen 0,6-1,0 •/„ Eiweiss; der Eiweiss¬
gebalt nahm mit fortschreitender Schwangerschaft zu und ging nach
erfolgter Entbindung wieder zurück. Ausserdem zeigten die Tiere
vor Eintritt der Krämpfe ausgesprochene Oligurie oder Anurie,
boten also der menschlichen Eklampsie sehr ähnliche Symptome
dar. Vassale meint, dass diese Nierenfunktionsstörung nicht nur
autotoxischen sondern auch mechanischen Ursprunges war, indem der
gravide Uterus die Ureteren komprimiert habe.
Vassale weist darauf hin, dass bei Erstgebärenden, bei denen
die Kompression der Ureteren leichter zustande kommt, Eklampsie
häufiger ist; er konnte bei Hündinnen, denen die Epithelkörperchen
(partiell) exstirpiert worden waren, experimentell feststellen, dass
Ureterocclusion ein sorfortiges Auftreten von Krämpfen herbeiführt.
Genauere Mitteilungen über die Details dieser Experimente, denen
eine grosse prinzipielle Bedeutung zukäme, wären sehr erwünscht.
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Ledder beschränken sich die Publikation Vassale’s und die anderer
italienischer Antoren über dieses Thema nur auf sehr kurz gehaltene
vorläufige Mitteilungen. Die Theorie Vassale’s wird auch insofeme
auf Schwierigkeiten stossen, als die Mehrzahl der neueren Gynä¬
kologen die Ursache der Eklampsie in das Schwangerschaftsprodukt
verlegt (nach erfolgter Entbindung sistieren die Anfälle!) und die
älteren Theorien, welche die Ursache der Eklampsie in Anomalien
des mütterlichen Organismus (Ureterocclusion usw.) sahen, grössten¬
teils verlassen sind.
Mossaglia 116 ) stellte an einseitig parathyreoidektomierten
Hunden fest, dass sie auf eine mehr oder weniger starke Ermüdung
durch konvulsivische Anfälle, begleitet von Albuminurie, antworten.
Er deutet diesen Befund im Sinne der Theorien V a s s a 1 e ’s als
Folge der mangelnden Funktion der Epithelkörperchen (Hypopara¬
thyreoidismus), wie eine solche ja auch bei der Eklampsie vorliege,
bei der ebenfalls Albuminurie vorkommt. Da die Ermüdung durch
physische Arbeit an sich nicht imstande ist, den Eiweissgehalt im
Urin bedeutend zu erhöhen, spricht das experimentelle Ergebnis für
die Existenz eines funktionellen Zusammenhanges zwischen Epithel¬
körperchen und Niere. Hierfür spricht nach Mossaglia auch die
Tatsache, dass die Erscheinungen von Seite der Niere nach Auf¬
hören der eklamptischen Anfälle verschwunden sind.
Auch Quadri 146 ) nimmt einen Zusammenhang zwischen Niere
und Epithelkörperchen an; er konnte bei Kaninchen nach Anlegung
einer doppelseitigen Ligatur der Ureteren durch Injektion von Para-
thyreoidinextrakt das Leben um viele Stunden verlängern.
Epilepsie, Paralysis agitans.
Auch Epilepsie wurde mehrfach mit Epithel Veränderungen
in Zusammenhang gebracht (Jeandelize, Vassale), zumal die¬
selbe manchmal mit Tetanie kombiniert auftritt. Erdheim hat
bei einem 56 jährigen an Morbus Basedowii, periodischer Geistes¬
störung und Status epilepticus leidenden Manne die Epithelkörperchen
vollkommen normal gefunden; der zweite Fall betraf einen 23 jährigen
Mann, der im Status epilepticus verstorben war, die Obduktion er¬
gab chronische Tuberkulose der Lungen und beider Nebennieren
(Morbus Addisonii), Hirnödem, chronische Leptomeningitis, Osteom
des Schädeldaches. Bei der histologischen Untersuchung des letzten
Falles zeigte sich das Stroma aller 4 Epithelkörperchen in ganz
ungewöhnlicher "Weise vermehrt, so dass das Parenchym stellenweise
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zurücktritt. Im Stroma fanden sich nur ganz vereinzelte Fett* und
oxyphile Zellen.
Nach Lundborg 107 ) obliegt den Epithelkörperchen die Auf¬
gabe, für eine reguläre Muskeltätigkeit zu sorgen; die Hypoplasie
derselben habe Tetanie, Myotonia congenita, Myoklonie und Para¬
lysis agitans zufolge, während die Hyperplasie der Epithel¬
körperchen zu Myastenia gravis pseudoparalytica führt. Auch Ber¬
keley 0 ) glaubt an einen Zusammenhang der Epithelkörperchen¬
funktion mit Paralysis agitans. Auch Alquier*) erwägt theoretisch
diese Möglichkeit. Erdheim hat zunächst die Hypothese Lund¬
bor g’s durch seine histologischen Untersuchungen in 3 Fällen von
Paralysis agitans widerlegt, indem er niemals eine Hypoplasie der
Epithelkörperchen, sondern in einem Falle sogar eine Hyperplasie
derselben konstatieren konnte. In diesem letzteren Falle, einen
68 jährigen Mann betreffend, der an Paralysis agitaDS, Dementia
senilis und Encephalomalacia multiplex gestorben war, war das
rechte untere Epithelkörperchen abnorm vergrössert (33:10:5).
Diese Vergrösserung erwies sich bei der histologischen Untersuchung
als Folge einer ganz ungewöhnlichen Vermehrung der oxyphilen
Zellen. Die übrigen 3 Epithelkörperchen waren normal. Im rechten
Schilddrüsenlappen fand sich ein grosses Adenom. In den beiden
anderen Fällen Erdheim’s waren die Epithelkörperchen normal
(Fall II: 64 jähriger Mann, Paralysis agitans, kombiniert mit Dia¬
betes; Obduktion: ausgedehnte Lungentuberkulose, Acetonämie,
5 Epithelkörperchen. Fall III: 30 jährige Frau, Paralysis agitans (?);
Obduktion: Hirnsklerose, bloss mässige Erweiterung der Hirnven¬
trikel, leichtes Oedem und Anämie des Gehirns, Emphysem, Lobulär¬
pneumonie, Myodegeneratio, Dekubitus).
Morbus Basedowii, Myxödem.
Auch Psychosen sowie Morbus Basedowii wurden mit
dem Ausfall der Epithelkörperchenfunktion in Beziehung gebracht
Vassale 172 ) und Moussu haben gegen diese Affektionen das
Parathyreoidin und das Parathyreoantitoxin empfohlen. In dem be¬
reits erwähnten Falle Erdheim’s 80 ) war der Morbus Basedowii
mit Epilepsie kombiniert; die Epithelkörperchen erwiesen sich bei
der histologischen Untersuchung als normal. Alle vier waren stark
fettdurchwachsen, was physiologischen Vorgängen entspricht (53jähriger
Mann). Benjamins 8 ) fand in einem Falle von Morbus Basedowii,
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d«r mit Lebercirrhose kombiniert war, nach der Stromektomie die
Epithelkörperchen ziemlich unverändert.
Haskovec 81 ) gelangt bei seinen experimentellen Untersuchungen
über die Wirkung des in der Schilddrüse vorhandenen und im Blute
zirkulierenden Stoffes zu dem Schlüsse, dass der Morbus Base-
dowii thyreogenen Ursprungs sei, gibt aber eine Mitbeteiligung der
parathyreoidalen Drüsen zu.
Mit Rücksicht auf die oben erwähnte Theorie Lundborg's
ist die Tatsache nicht ohne Interesse, dass bei Myxödem Stö¬
rungen von seite des Muskelsystems Vorkommen. Einen
derartigen Fall hat H. Schlesinger beobachtet (Ges. f. innere
Med. u. Kinderheilk. in Wien, Sitzung vom 16. November 1905):
einen Knaben mit typischer Fseudatropbia musculorum und gleich¬
zeitigen myxödematösen Veränderungen im Gesicht, hochgradiger
Apathie. Auf Verabreichung von Thyreoidtabletten (1 pro Tag)
wurde der Knabe sehr lebhaft, nach Aussetzen dieser Therapie
kehrte die Apathie zurück. Die Muskelveränderungen blieben durch
die Therapie unbeeinflusst. An gleicher Stelle teilt W. Rosenberg
mit, einen Fall von Myxödem mit schweren dystrophischen Erschei¬
nungen beobachtet zu haben; während das Myxödem durch Thyreoi¬
deabehandlung günstig beeinflusst wurde, blieb die Dystrophie un¬
verändert.
Edmunds, 8# ) der die Hundeversuche Gley’s nachprüfte,
sprach die Ansicht aus, dass der Morbus Basedowii durch
Ap&rathyreoidie, das Myxödem aber durch Athyreoidie be¬
dingt sei.
Forsyth 58 ) hat in jüngster Zeit die Epithelkörperchen bei
einem zur Sektion gekommenen Fall von Myxödem untersucht.
Es handelte sich um eine 58 jährige verheiratete Frau, die wegen
»allgemeiner Schwäche“ ins Spital aufgenommen wurde. Die Erkran¬
kung begann bei der hereditär nicht belasteten Patientin vor 4 Jahren
schleichend mit einer Unlust, ins Freie zu gehen, bis sie endlich völlig
inaktiv wurde und nicht allein das Bett verlassen konnte. Alle Haare
fielen in kurzer Zeit aus. In den letzten 2—3 Monaten wurde sie
völlig kindisch, klagte über ständige Schmerzen in der hinteren Nacken¬
gegend und liess den Urin und Kot ins Bett. Sie zeigte bei der Unter¬
suchung einen gelblichen Teint, ähnlich wie bei pemiciöser Anämie. Die
Haut war über allen Knochen auf leiseste Berührung äusserst empfind¬
lich, besonders an den Sohlen beider Füsse. Die Schilddrüse schien
atrophisch. Die Patientin starb 2 Tage nach der Aufnahme; die
12 Stunden nach dem Tode vorgenommene Obduktion ergab linksseitige
hypostatische Pneumonie, fettige Degeneration des Myokards, Hyper¬
trophie des linken Ventrikels, Atheromatose der grossen Arterien, fettige
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Degeneration der Leber, interstitielle Nephritis. Es wurden die g&nzeh
Halsorgane von der Zunge bis zum oberen Mediastinum entnommen.
Jede aufgefundene Drüse wurde für die mikroskopische Untersuchung
aufbewahrt (Zerlegung der ganzen Hegion in Serien nach dem Vorgänge
Erdheim’s scheint nicht vorgenommen worden zu sein). Die Schild*
drüse war an der richtigen Stelle, deutlich blässer und klein und ging
unmerklich in das umgebende Gewebe über. Das ganze Organ erwies
sich aus fibrösem Gewebe bestehend. In innigem Zusammenhang mit
dem rechten Lappen fanden sich 2 Epithelkörperchen, eines an der
Unterseite der lateralen Fläche, das andere ein Stück unterhalb der
Drüse. Auf der linken Seite lagen vier Epithelkörperchen, zwei grosse
und zwei kleine. Von den ersteren lag das eine an der lateralen Fläche
der Drüse, das andere gerade an der Eintrittsstelle der Arteria thyreoidea
inferior. Dicht daran lagen die kleinen Epithelkörperchen. Alle 6 Drüsen
waren in viel Fett eingebettet und erlitten bei ihrer Entfernung keine
Depression an der Oberfläche. Die vier grössten w r aren längliche Ovoide
von 0,5—1 cm Länge, die kleinsten stecknadelkopfgross. Alle waren
von weicher Konsistenz und gelbbrauner Farbe.
Die histologische Untersuchung ergab in der Thyreoidea die be¬
kannten charakteristischen Veränderungen des Myxödems, fast völligen
Schwund des Drüsengewebes und Ersatz desselben durch fibröses Ge¬
webe, deutliche Verdickung der Drüsenarterien.
Der Befund an den Epithelkörperchen wurde mit zahlreichen Prä¬
paraten von normalen Fällen verglichen und es ergaben sich charak¬
teristische Unterschiede in drei Punkten: in der Anordnung der Zellen,
in der Quantität ihrer Sekretion und im geringsten Grade am Stroma
und an den Gefässwänden. Die Anordnung der Zellen zeigte die deutliche
Tendenz, kleine Bläschen zu bilden, so dass sie sich dem acinösen Baue
näherten und das Gewebe dem der Schilddrüse ähnlich wurde. Das
Epithel jedes Bläschen bestand aus kubischen Zellen. Es bestand eine
kopiöse kolloide Sekretion fast in allen Bläschen, wie sie sich sonst in
Epithelkörperchen nicht nachw r eisen lässt. Ausserdem fanden sich leichte
Veränderungen im Stroma, Vermehrung des Bindegewebes, Verdickung
einiger Trabekel, einmal auch leichte Verdickung der Wände der
Arteriolen.
Forsyth meint, dass die geänderte Zellenanordnung und Ver¬
mehrung der Sekretion nicht als pathologische Veränderungen sondern
als Ausdruck einer exzessiven Drüsentätigkeit anzusprechen sind.
Die Beurteilung der abnormalen colloiden Sekretion hängt davon ab,
ob man die Epithelkörperchen als Drüsen sui generis betrachtet oder
als Drüsen, die eine echte thyreoidale Funktion besitzen. Acceptiert
man die letztere, wahrscheinlichere Hypothese, so sind diese Ver¬
änderungen als ein Versuch der Epithelkörperchen aufzufassen, für
die atrophisch gewordene Schilddrüse selbst in der colloiden Funktion
einzutreten. Die wenn auch nicht exzessive Vermehrung der fibrösen
Gewebe, die sich sonst bei keinem Säugetier (mit Ausnahme des
malayischen Bären) normalerweise in den Epithelkörperchen findet,
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ist als das Pathologische, als ein frühes Stadium der Fibrose zu be¬
trachten, welche in der Schilddrüse schon so weit vorgeschritten war.
In der Diskussion zu diesem Vorträge Forsyth’s erwähnt
W. L. Harnett, der mehrere Epithelkörperchen untersucht hat,
dass nach seiner Ansicht gleichfalls die Anwesenheit colloider Sub¬
stanz auf eine Termehrte Aktivität der Drüse hinweise. W. Edmunds
betont, dass die Experimente an niederen Tieren widersprechende
Besultate ergeben haben. Vielleicht seien die sekretorischen Nerven
beteiligt; er fragt an, ob nicht Tuberkulose vorlag. Forsyth er¬
widert, dass keine'Zeichen von Tuberkulose zu konstatieren waren
bis auf einen verkalkten Herd in der linken Lungenspitze; Ex¬
perimente haben ergeben, dass die Durchschneidung der sekretori¬
schen Nerven von keinerlei Folgen begleitet ist.
Zu dem Falle von Forsyth ist zu bemerken, dass das Vor¬
kommen colloider Substanz in den Epithelkörperchen nach Erd¬
heim eine physiologische Alterserscheinung ist. Hiermit
sind die aus diesem Befunde gezogenen Schlüsse hinfällig. Uebrigens
hat schon Bayon bei einer späteren Diskussion in der Pathological
Society of London 64 ) diese Deutung der Forsyth’sehen Befunde
bestritten.
Osteomalacie, Rachitis.
In einem zur Obduktion gelangten Fall von Osteomalacie konnte
Erdheim 50 ) einen gewissen Grad von Hyperplasie der Epithel¬
körperchen nachweisen. Dass dieser Befund wohl ein zufälliger war,
beweise die Kontrolluntersuchung bei einem zweiten (mit Diabetes
kombinierten) Fall von Osteomalacie, bei welchem die Epithel¬
körperchen normal waren.
Hecker 82 ) meint unter Hinweis auf die von Erdheim be¬
obachteten trophischen Störungen an den Zähnen total parathyreoid-
ektomierter Ratten, dass die Nebenschilddrüse analog wie die
Schilddrüse auf das Skelett eine Wirkung auszuüben vermag. Er
selbst beobachtete eine Kranke, welche früher an idiopathischer Tetanie
litt und später an Osteomalacie erkrankte. Vielleicht bestehe zwischen
Nebenschilddrüsenausfall und Osteomalacie ein Zusammenhang, ev.
auch mit Rachitis. Hecker erinnert daran, dass sich Tetanie
und Spasmophilie bei rachitischen Kindern findet, ferner dass so¬
wohl Laryngospasmus wie Schichtstar (wie er auch bei den Ratten
Erd he im’s auftrat) der Tetanie und Rachitis gemeinsam sind.
Man könnte sich nach Hecker den Zusammenhang so vorstellen,
dass giftige Stoffwechselprodukte, welche eine schädliche Wirkung
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auf das Knochensystem ausüben, unter normalen Verhältnissen durch
die Epithelkörperchen entgiftet werden. Entsprechend der Angabe
Stoeltzner’s, dass eine überreiche Menge von Calcium im Or¬
ganismus zur Tetanie führt, könne man vielleicht einen Einfluss der
Nebenschilddrüsen auf den Calciumstoffwechsel annehmen. Wie
oben erwähnt, hat auch Quest einen Zusammenhang der Tetanie
mit dem Kalkstoffwechsel angenommen.
Schmor 1 hat in mehreren Fällen von Rachitis und Osteo-
malacie die Epithelkörperchen histologisch untersucht; er fand in
4 Fällen von Rachitis und 2 Fällen von Rachitis tarda keine Ver¬
änderungen. In 3 von 4 Osteomalaciefallen ergaben sich an den
Epithelkörperchen vollständig normale Verhältnisse, bei dem vierten
Falle waren die beiden unteren normal, das rechte obere fehlte, das
linke obere war auf das Vierfache vergrössert, hyperplastisch. Mit
dem von Askanazy beschriebenen Falle von Ostitis deformans
ohne Bildung von kalklosem Knochengewebe und einem höchst¬
wahrscheinlich von den Epithelkörperchen ausgehenden Tumor sowie
mit dem soeben erwähnten Falle Erdheim’s sei dies der dritte
Fall, der für einen eventuellen Zusammenhang der Osteomalacie
mit der Parathyreoidea spräche. Esser bemerkt zu der Ansicht
Hecker’ s (in seinem Vortrage „Die Aetiologie der Rachitis“,
Münchn. Med. Wochenschr. 1907 Nr. 17): „Ob nun zum Zustande¬
kommen der Kindertetanie usw. noch eine besondere Schädignng
der Epithelkörperchen angenommen werden muss (Pineies u. a.)
oder nicht (Stoeltzner), was zur Entscheidung wohl noch weiteren
Untersuchungen Vorbehalten ist, so scheint doch eine gemeinsame
Ursache für Rachitis und die genannten nervösen Störungen eine
Ueberfüllung zu sein.“
Tetanus traumaticus.
G u i z e 11 i 7# ) untersuchte die Epithelkörperchen in drei Fällen
von Tetanus traumaticus (I. Fall 24ständige, II. siebentägige,
III. viertägige Krankheitsdauer); er fand im ersten Falle starkes
akutes Oedem, im zweiten eine Anhäufung von körniger Substanz um
die grossen Blutgefässe herum, wahrscheinlich das Residuum einer
Hämorrhagie, in allen vier entzündliche Herde von Lymphocyten.
Das Glykogen war in allen Fällen nur sehr spärlich vorhanden,
Guizetti fasst dies als durch den Tetanus selbst bedingt auf, analog
der Glykogenverminderung, wie sie bei Tetanus in den Muskeln nach
andauernder Kontraktion eintritt. Die histologische Untersuchung
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eines vierten nachträglich beobachteten Falles blieb negativ. Erd¬
heim 60 ) konstatierte in zwei Fällen von Tetanus traumaticus normale
Zahl, Grösse und Struktur der Epithelkörperchen.
Tumoren der Epithelkörperchen.
Entsprechend der experimentell festgestellten Tatsache, dass der
Ausfall oder die Schädigung der Epithelkörperchensubstanz zu
schweren klinischen Erscheinungen führt, könnte man vielleicht er¬
warten, dass in den seltenen Fällen von Tumoren der Epithel¬
körperchen tetanische Symptome oder — nach der bereits er¬
wähnten Theorie Lundborg’s — Myasthenie auftritt. Erst kürzlick
hat Horsley 20 ) dazu aufgefordert, auf die Adenome des Epithel¬
körpers, besonders bei Operationen von Schilddrüsenadenomen, genau
zu achten. Die diesbezüglichen Erwartungen haben sich nicht er¬
füllt. Die bisher publizierten Fälle sind folgende:
De Santi 1## ) (Adenom des Epithelkörpers; bei dem 58jährigen)
Manne, der an starken Phonationsbeschwerden litt, wurde nach In¬
zision in der rechten Halsgegend der Tumor entfernt; Heilung).
Benjamins 8 ) (kindskopfgrosser Tumor des rechten Epithel¬
körpers bei einem 57jährigen Manne; Operation, Heilung).
M ac Callum 18 ) (Nephritis, Tumor des Epithelkörpers).
Askanazy 6 ) (Tumor des Epithelkörperchens, Ostitis deformans
ohne osteoides Gewebe).
Hulst 87 ) (sehr alte Frau, Dementia senilis, Commotio cerebri
nach Sturz aus dem Fenster, Hypertrophie und Hyperplasie oder
Adenom der Epithelkörperchen).
Weichselbaum 180 ) (Tumor des linken oberen Epithel¬
körperchens, der Epithelkörperstruktur hatte).
Erdheim 40 ) 4 *) 80 ) 1. 18jähriges Mädchen, Epithelkörperchen¬
tumor (Adenom). 2. 56jährige Frau, perniciöse Anämie, „fötales
Adenom“ des linken unteren Epithelkörperchens. 3. 34 jähriges In¬
dividuum, Syphilis maligna, Adenom des Epithelkörperchens. 4. Frau,
Himembolie nach Ligatur der Carotis bei Exstirpation eines rezi¬
divierenden Schilddrüsencarcinoms, kleine herdförmige Wucherung
in einem Epithelkörperchen. 5. 44jährige Frau, Osteomalacie,
Tuberkulose der Lungen, Nephritis, Uterus puerperalis, Struma col-
loides, Hyperplasie der Epithelkörperchen).
v. Vereböly 176 ) (42jährige Frau, Struma colloides, „diffuse
Hyperplasie“ des rechten unteren Epithelkörperchens). In keinem
Centr&lblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 32
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dieser Fälle finden sich klinisch Symptome von'Tetanie oder Mya¬
sthenie verzeichnet.
H. Königstein 94 ) hat in einem Falle von Bronchialcarcinom
mit mächtigen Metastasen in der Schilddrüse, welche die ganze
Drüse und 3 Epithelkörperchen infiltrierten, während das vierte
intakt blieb, keine Tetanie beobachtet. Dies stimmt mit den Ver¬
suchen von Pineies überein, bei welchen Katzen nach Entfernung
von 3 Epithelkörperchen mit Bela9eung eines inneren Epithel¬
körperchens am Leben blieben. Nach Pineies macht dieses eine
innere Epithelkörperchen weniger als den vierten Teil des gesamten
Epithelkörpergewebes aus.
Therapeutische "Versuche.
Die logische Folgerung aus der Voraussetzung einer inneren
Sekretion und entgiftenden Funktion der Epithelkörperchen war der
Versuch, Parathyroidextrakt zur Neutralisation der Tetania para-
thyreopriva anzuwenden, sowohl bei der experimentellen Tetanie der
Versuchstiere als auch zu therapeutischen Zwecken bei den
verschiedenen Formen der menschlichen Tetanie.
Schon Gley und Vassale haben bei ihren Versuchstieren mit
Schilddrüsenemulsionen, in denen sich auch Epithelkörperchen be¬
fanden, gute Resultate erzielt. Edmunds 40 ) konnte allerdings
selbst durch grosse Quantitäten von Epithelkörperchen ein tetanisches
Tier nicht retten. Lusena 108 ) hatte sowohl durch transplantierte
Epithelkörperchen wie durch subkutane Injektion einer Emulsion
derselben geradezu brillante Erfolge: durch subkutane Injektionen
der Emulsion durch 8 Tage und hierauf Transplantation eines Epithel¬
körperchens konnten Hunde durch mehr als 4 Monate, durch die
blosse Implantation durch mehr als 2 Monate am Leben erhalten
werden. Mit Recht vermisst MacCallum 20 ) bei den Versuchen
Lusena’s eine Angabe über die anatomische Beschaffenheit dieser
implantierten Epithelkörperchen nach dem Tode der Tiere, da sie
doch gewöhnlich rasch degenerieren. MacCallum stellte selbst
zusammen mit Davidson 22 ) derartige Versuche an Hunden an
und erhielt viel schlechtere Resultate; er hat intravenöse Injektionen
mit 2 1 /, cm 8 einer Emulsion der Epithelkörperchen von 20 Hunden,
die in steriler Bouillon aufgelöst und durch einen Gazestreifen ge¬
seiht wurden, vorgenommen. Nach MacCallum gelingt es nach
vollständiger Parathyroidektomie nur mit der grössten Schwierigkeit,
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durch intravenöse Injektion relativ grosser Quantitäten von Epithel¬
körperchenmaterial das Tier am Leben zu erhalten. Jene auffallend
günstigen Erfolge anderer Autoren sind offenbar darauf zurück-
zuführen, dass die Exstirpation der Epithelkörperchen keine voll¬
ständige war und nur eine Epithelkörperinsufficienz bestand. Daher
empfiehlt sich die Behandlung mit Parathyreoidsubstanz nach Mac
Call um vorwiegend bei solchen Formen der menschlichen Tetanie,
die auf dieser Insufficienz beruhen.
In dem von H a 1 s t e d beobachteten Falle, der als parathyreoidale
Insufficienz aufgefasst werden kann, wurde einer Frau zuerst ein
stark vergrösserter Schilddrüsenlappen, der die Trachea komprimierte,
exstirpiert, wobei den Epithelkörperchen keine Aufmerksamkeit ge¬
schenkt wurde. Mehrere Jahre später vergrösserte sich der zweite
Schilddrüsenlappen und komprimierte die Trachea von der anderen
Seite. Bei der Operation dieser zweiten Struma wurde auf die
Epithelkörperchen sorgfältig geachtet, trotzdem zeigte sich an dem
Präparat, dass ein Epithelkörperchen mitgenommen worden war.
Die Patientin erhielt sofort frisch aus dem Schlachthaus geholte
Ochsenepithelkörperchen und erlitt in der Folge nur leichte, abortive
Tetanieanfälle, die durch das gleiche Medikament prompt beseitigt
wurden.
Biedl 4 ®) kann „aus eigener Erfahrung versichern, dass die Ein¬
verleibung von Schaf- oder frischer Schweinsschilddrüse bei der
Tetanie insofern einen Erfolg hat, als die akuten Erscheinungen
rapid sistieren. Man kann auf diese Weise den Verlauf der Tetanie
mildern, ich konnte allerdings niemals ein Tier, dem alle 4 Epithel¬
körper entfernt waren, definitiv retten, die Tetanie ist schliesslich
doch stets tödlich .... Die Tatsache, dass man durch sehr grosse
Dosen von Schilddrüsensubstanz die Tetanie vorübergehend bessern
kann, halte ich für sichergestellt, wenn uns auch heute noch eine
Erklärung hierfür fehlt.“ Die neueren therapeutischen Erfolge
Vassale’s an zwei von seinen partiell parathyreoidektomierten
Hündinnen wurden schon oben erwähnt.
Hutchison 88 ) konnte bei Myxödem und Cachexia
strumipriva mit der Fütterung von Glandulae parathyreoideae,
selbst in grossen Mengen, keine Besserung erzielen, während die
Schilddrüsenfütterung in denselben Fällen von Erfolg begleitet war.
Auch Moussau 148 ) hatte bei den genannten Affektionen negative
Kesultate, es trat eher eine Verschlimmerung auf. Er konnte
beobachten, dass nach totaler Thyreoidektomie (Schilddrüse plus Epithel¬
körperchen) bei alleiniger Parathyreoideafütterung nur die tetanischen
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Krämpfe ausblieben, die Kachexie aber fortschritt Bei einem
Basedowkranken erzielte Moussu mit Epithelkörperchenrer-
abreichung einen eklatanten Erfolg, die Besserung der Symptome
liess nach Aussetzen des Präparates sofort nach, mit Wiederauf¬
nahme der Behandlung besserte sich der Zustand neuerdings.
Berkeley 9 ) gibt an, in 11 Fällen von Paralysis agitans
mit Parathyreoidin in Dosen von 0,004 2 —4 mal täglich gute Erfolge
erzielt zu haben. Grössere Dosen erwiesen sich als schädlich, sie
riefen Steigerung der Krankheitssymptome, Obstipation und Schwäche¬
zustände hervor. Vassale 178 ) will sowohl mit Parathyreoidin als
auch mit einem aus Ochsenepithelkörperchen dargestellten Parathyreo-
antitoxin bei allen Tetanieformen, ferner bei M. Basedowii, Eklampsie,
Epilepsie, und Psychosen Erfolge erzielt haben. Zanfrognini 1 “)
hat das Vassale’sche Parathyreoidin in 5 Fällen von Eklampsie
nachgeprüft und Schwinden der Krämpfe, Steigerung der Diurese,
Besserung des Allgemeinbefindens beobachtet. Nach Michelazzi 114 )
erwies sich in den Kliniken von Modena, Genua und dem Gebär¬
hause in Cremona das Parathyreoidin bei Eclampsia gravidarum
wirksam. Rensburg und Rey 147 ) berichten über völlig negatm
Versuche mit Epithelkörperchensubstanz bei kindlicher Tetanie; die
Anfälle verschlimmerten sich sogar während der Behandlung. Auch
Spieler 168 ) hatte mit Parathyreoidintabletten bei kindlicher Tetanie
keinen Erfolg.
Dagegen haben Loewenthal und Wiebrecht 106 ) in vielen,
wenn auch nicht allen Fällen von Tetanie durch Nebenschilddrüsen-
futterung eine günstige Beeinflussung gesehen. Da die Epithelkörper¬
chen sehr klein und schwer zu präparieren sind, wurden dieselben
in den meisten Fällen samt den sie beherbergenden Schilddrüsen
verabreicht. Es trat nie Thyreoidismus oder Abnahme des Körper¬
gewichtes ein (im Gegensatz zu Versuchen an Gesunden). Sie be¬
handelten im ganzen 4 Fälle, von denen besonders der erste sehr
genau und lange beobachtet ist; in demselben fand sich die seltene
Kombination von Morbus Basedowii und Tetanie. Mit Schilddrüsen¬
tabletten sind bekanntlich schon seit längerer Zeit therapeutische
Versuche bei Tetanie gemacht worden (Literatur bei Loewenthal
und Wie brecht), ohne dass auf die Beigabe der Epithelkörperchen
besonders geachtet worden wäre. Marinesco ll# ) hat durch Ver¬
abreichung von Ochsenbeischilddrüsen bei einem 17 jährigen Mädchen
Verschwinden der tetanischen Symptome erzielt.
* *
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Ueberblickt man die grosse Reihe von Tatsachen und die noch
grössere von Theorien, die bisher für die normale und pathologische
Physiologie der Epithelkörperchen herangezogen wurden, so ergibt
sieb, dass wir auf diesem Gebiete über die Anfänge der Erkenntnis
nicht hinaus sind. Zahlreiche hochwichtige Fragen harren noch ihrer
endgültigen Lösung; hierher gehört in erster Linie die genauere
histologische Ergründung der Sekretion der Epithelkörperchen, der
Ausbau der experimentellen Forschung namentlich in bezug auf das
zum ungestörten Wohlbefinden unbedingt nötige Quantum, bzw.
Minimum der Epithelkörperchensubstanz, zumal die bisherigen Ex¬
perimente in dieser Frage keine Klarheit gebracht haben, endlich
der stringente Nachweis der ätiologischen Rolle der Epithelkörperchen¬
funktion bei pathologischen Zuständen. Wenn auch dieser Nachweis
für die postoperative Tetanie in ziemlich überzeugender Weise er¬
bracht zu sein scheint, für alle übrigen Tetanieformen, für Eklampsie,
Myxödem usw. ist der Zusammenhang mit einer Schädigung der
Epithelkörperchen bisher völlig hypothetisch. Hier müssen erst be¬
weisende pathologisch-anatomische Befunde beigebracht werden. Das
dunkelste Kapitel bleibt vorläufig die Nebenschilddrüsentherapie, ob
sie nun als antitoxische oder als Organotherapie gedacht ist.
Vielleicht könnten als neuer experimenteller Weg auch die
Röntgenstrahlen herangezogen werden, deren Wirkung auf die
Schilddrüse durch die neueren therapeutischen Versuche bei Strumen
und Morbus Basedowii bekannt wurde. Ein derartiges unfreiwilliges
Experiment ist ja beispielsweise in dem von Kienböck und
v. Decastello (III. Kongress der deutschen Röntgengesellschaft
Berlin 1907) beschriebenen Falle angestellt worden, in dem nach
Röntgenbehandlung und Schrumpfung der Struma Erscheinungen
von Tbyreoidismus auftraten. Wahrscheinlich könnte man auch die
Epithelkörperchen durch Röntgenstrahlen beeinflussen und derart in
unblutiger und schonender Weise Tierversuche anstellen. Die
histologische Beschaffenheit des Organs spräche a priori für eine
Empfindlichkeit gegen Röntgenstrahlen. Derartige Versuche sind
allerdings unseres Wissens bisher nicht unternommen worden.
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n. Referate.
A. Lymphgefässsystem.
Ueber Sondenpalpation der Bronchialdrüsen bei gewissen leichtesten
Formen der Tuberkulose. Von E. Ne iss er. Deutsches Archiv
f. klin. Medizin, Bd. LXXXVT, 1.—3. Heft.
Verf. untersuchte eine grosse Zahl von jugendlichen Personen mit
spezifischem Habitus, die unter minderwertigen hygienischen und Er-
nährungsbedingungen standen, mehrmals auf Lungentuberkulose, ohne
irgendwelchen objektiven Befund zu erhalten. In vielen Fällen fand er
einen recht charakteristischen stechenden Schmerz zwischen Schultern und
Brustbein, den er auf Schwellungszustände der Bronchialdrusen zurück¬
führt. Da sich diese Annahme als allererstes Zeichen der Tuberkulose
mit den betreffenden pathologisch anatomischen Kenntnissen deckt, ging
Verf. daran, die eventuelle Druckschmerzhaftigkeit tuberkulös geschwellter
Bronchialdrüsen exakt klinisch nachzuweisen. Neben der Spinalgie
(Petruschky) gelang es ihm, durch folgende Art der Oesophagus-
sondierung befriedigende Resultate zu erzielen. An einer gewöhnlichen
mittelstarken Schlundsonde, deren Oeffnungen mit Paraffin zugeschmolzen
sind, wird etwa 10 cm unterhalb der Spitze ein längliches Fenster ange¬
bracht. Dann wird an einer ganz feinen, starren, hohlen Sonde in gleicher
Höhe ein ganz kleines Loch eingeschnitten und darüber ein Condom¬
gummi angebracht, derart, dass derselbe nach Einführung dieses Appa¬
rates in den Oesophagus mittels einer guten Spritze aufgeblasen werden
kann. Wird nun die dünne Sonde in die dicke eingeschoben, so wird
sich die Gummiblase durch das Fenster der dickeren Schlundsonde auf-
blähen lassen. Es wird auf diese Weise erreicht, dass der Druck im
wesentlichen nur nach einer Richtung hin wirken kann, und zwar bei
richtiger Einführung nach vorne, dem Sitz der Bronchialdrüsen (22—28 cm
unterhalb der Zahnreihe etwa). Verf. glaubt, mit Hilfe dieser Methode
eine Druckschmerzhaftigkeit geschwellter Bronchialdrüsen sicher erkennen
zu können und auf diese Weise Personen, die bereits eine tuberkulöse Drüsen¬
infektion, aber noch keine Lungentuberkulose haben („tuberkulosoide“),
sogar von inzipienten tuberkulösen Individuen trennen zu können. Verf.
glaubt, dass eine tuberkulöse Infektion in der Brust bestehen k an n und
häufig besteht, auch bis zu einem gewissen Grade nachweislich wird,
ohne dass es zu einer ausgesprochenen Krankheit kommt. Derartige
Fälle will Verf. durch Sondenpalpation der Bronchialdrüsen rechtzeitig
und relativ sicher diagnostizieren. Raubitschek (Wien).
Zur Lehre der Tuberkulose im Kindesalter mit besonderer Be¬
rücksichtigung der primären Darm-Mesenterialdrüsen-Tuberkulose.
Von H. Brüning (Leipzig). Beiträge zur Klinik der Tuberkulose,
Bd. m, Heft 4.
Unter 400 Autopsien im Kinderkrankenhause fand B. in 44 Fällen
(11 °/ 0 ) tuberkulöse Organveränderungen. Am häufigsten waren Bron¬
chialdrüsen (77 °/ 0 ), Milz- und Mesenterialdrüsen (57 °/ 0 ) erkrankt. In
der Mehrzahl der Fälle waren mehrere Körperorgane gleichzeitig an
Tuberkulose erkrankt. Unter 44 Fällen waren 8 mal (18 °/ 0 ) Ver-
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Änderungen am Darme und an den Mesenterialdrüsen vorhanden, die als
primäre Infektionen angesprochen werden mussten. In sämtlichen Fällen
konnte eine hereditäre Belastung ausgeschlossen werden.
Hermann Schlesinger (Wien).
lieber einen mit Röntgenstrahlen behandelten Fall von v. Miku¬
liczscher Krankheit. Von E. Ranzi. Mitteilungen aus den Grenz¬
gebieten der Medizin und Chirurgie, 1906, Bd. XVI, 4. u. 5. Heft.
Auch bei dieser Krankheit bewährte sich die elektive Wirkung der
Röntgenbestrahlung auf lymphatisches Gewebe. Die doppelseitig ge¬
schwellte Parotis ging wiederholt nach entsprechender Behandlung zurück,
von einer dauernden Heilung kann allerdings noch nicht gesprochen
werden. Raubitschek (Wien).
Un cas de lymphadänie lymphatique aleucemique soignäe par la
radiothärapie. Von E. Weil et Noirö. Bull, et Möm. de la Soc.
möd. des Höp. de Paris, 22. annöe.
Bei einer 52 jährigen Frau mit pseudoleukämischen Lymphdrüsen-
tumoren wurde nach erfolgloser Arsenmedikation die Röntgenbehandlung
eingeleitet. In 15, über 3 Monate ausgedehnten Sitzungen, die bis auf
ein leichtes Erythem keine üblen Nachwirkungen hervorriefen, schwanden
die mächtig intumeszierten Abdominal- und Inguinaldrüsen und die
Kranke fühlte sich subjektiv vollkommen geheilt.
Im Blutbilde ging eine massige Verminderung der Erythrocyten
(4,080000—3,670000) mit einer starken Abnahme sämtlicher Mono¬
nukleären einher (von 61 °/ 0 auf 33 °/ 0 ).
Die Autoren raten, die Röntgenbestrahlung rechtzeitig einzuleiten,
bevor die Krankheit einen progressiv-perniciösen Charakter zeigt.
Fritz Tedesko (Wien).
Ueber die Hodgkin’sche Krankheit. Von F. Warn ecke. Mit¬
teilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, Bd. XIV,
3. Heft.
Auf Grund klinischer und anatomischer Untersuchungen einer
grösseren Anzahl von Fällen pseudoleukämischer Erkrankungen kommt
Verf. übereinstimmend mit früheren Autoren zu dem Resultate, dass
sich aus der grossen Gruppe der Pseudoleukämie das Krankheitsbild der
Hodgkin’schen Krankheit scharf abgrenzen lässt. Charakteristisch ist
folgender pathologisch anatomischer Befund: Makroskopisch finden sich
Schwellung des gesamten lymphatischen Apparates und Knotenbildung
in dem adenoiden Gewebe der Organe, mikroskopisch fällt die grosse
Variabilität der Zellformen auf. Neben verschieden grossen Lympho-
cyten findet man reichlich Epitheloidzellen, Fibroblasten und Riesen¬
zellen, deren Kerne z. T. an diejenigen der Knochenmarkriesenzellen
erinnern, aber niemals den Langhans’schen Riesenzellen gleichen. Eosino¬
phile Leukocyten sind stets vorhanden. Das häufige Zusammentreffen der
Hodgkin’schen Krankheit mit Tuberkulose scheint nur eine zufällige
Kombination zu sein. Absolut unwahrscheinlich ist es, dass es sich bei
obiger Krankheit um eine typische Tuberkulose mit virulenten Erregern
handelt, es bleibt nur die Möglichkeit, dass wir es mit einer abge¬
schwächten Form der Tuberkulose zu tun haben. Sicherlich können
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jedoch auch andere JEteize toxischer oder bakterieller Natur in Frage
kommen. Victor Bunzl (Wien).
A case of Hodgkin 9 » disease with bat slight enlargement of the
superficial lymphglands. Von H. F. St oll. Medical Record,
Vol. 67, 20. Mai.
Die Diagnose des beschriebenen Falles wurde aus dem histologischen
Befund an den supraklavikulären Lymphdrüsen gemacht. Folgende Punkte
aus der vorliegenden Krankengeschichte sind von Interesse: Entwicklung
acuter Symptome fast 4 Jahre nach Beginn der Erkrankung, die geringe
Beteiligung der superfiziellen Drüsen, wechselnde Perioden von Fieber
und Fieberlosigkeit, hochgradige Anämie und schliesslich das Verschwinden
der Drüsen durch Röntgenbestrahlung. Patient starb unter dem Bilde
einer Peritonitis, die Sektion wurde — bis auf obige Untersuchung —
verweigert. Victor Bunzl (Wien).
An adress of carcfnoma of the breast and its spread into the
lymphatics. Von Charles Barrett Lockwood. Brit. Med.
Journal, 27. Januar 1906.
Die Raschheit, mit der sich das Carcinom in die Lymphwege verbreitet,
hängt zum grossen Teil vom Sitz der primären Neubildung ab; bei musku¬
lärem Sitz kann es Monate, selbst Jahre isoliert bleiben, bei Ergriffensein
der Mamma, der Zunge oder des Pharynx besteht kaum ein Zeitinter¬
vall zwischen Beginn der Neubildung und Uebergreifen auf die Lymph¬
wege, wie Verf. in einer Reihe von Fällen trotz Operation im frühesten
Stadium nach weisen konnte. Es können sogar schon in den frühesten
Stadien des Carcinoma mammae die ergriffenen Lymphdrüsen einen
grösseren Tumor bilden, als das primäre Carcinom repräsentiert; daher
ist selbst bei kleiner und unschuldig erscheinender Neubildung in der
Brust die mikroskopische Untersuchung unerlässlich.
Im ersten Stadium des Ergriffenseins der Drüsen finden sich die¬
selben vergrössert, lassen jedoch häufig auch mikroskopisch die Struktur
des Carcinoms nicht erkennen. Wenn wir erwägen, dass das Carcinom eine
Art von Drüse ohne Ausführungsgang ist, frei geöffnet in die Lymph¬
wege, dann müssen wir die letzteren als fortleitende Organe ansprechen.
In welcher Reihenfolge zeigt sich die Carcinomdegeneration der
Drüsen ?
Wir müssen zunächst annehmen, dass die Carcinompartikelchen
entlang der Lymphkanäle in der Richtung des Lymphstromes fortgeführt
werden; nun besteht aber nach klinischen Untersuchungen zweifellos eine
Kommunikation der Lymphwege quer durch das Sternum, ein Umstand,
der vielleicht die Erklärung für folgenden Fall bietet: Ein Carcinom
der linken Mamma wurde mit Muskel, Fascien, Drüsen und Fettgewebe
entfernt, 9 Monate später zeigte sich ein kleiner Knoten rechterseits von
genau derselben histologischen Struktur wie links. Doch gibt es auch
Fälle, in denen der histologische Befund different ist, was die obige
Annahme weniger wahrscheinlich macht, z. B. Carcinom rechte, Cyst-
adenom links.
Die Invasion der axillären Drüsen erfolgt in der Weise, dass zu¬
nächst die Pektoralgruppe ergriffen wird, es folgen sodann jene der
Axillar- und Subclaviaregion und späterhin die subscapular und brachial
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gelegenen; selten aber befolgt die Invasion so reguläre Wege, denn neben
diesen Hauptgruppen gibt es noch zahlreiche Kanäle durch den Muse,
pectoralis oder zwischen Sternum und Clavicula, welche sich in die axil¬
lären und Subclaviadrüsen entleeren. Yergrösserte Carcinomdrüsen können
sich auch ganz unerwartet vorfinden, z. B. an der Aussenseite des Proc.
coracoid. zwischen Muscul. pector. und deltoideus; ferner liegt eine
kleine Gruppe von Drüsen am Ende der axillären und Beginn der
Brachialgefässe, die bei Badikaloperation nicht übersehen werden dürfen.
In einem späten Stadium der Erkrankung kommt es zur Invasion
der Halsdrüsen; der gewöhnliche Weg dabei ist die Ausbreitung in der
Cl&vicularregion von den äussersten axillären Lymphwegen in jene der
Subclaviagegend; möglicherweise aber findet sich auch ein kürzerer Weg
entlang einer morphologisch interessanten Vene, der Vena jugulo-cephalica.
Wenn wir überlegen, dass einzelne mammäre Lymphgefässe direkt gegen
die Clavicula verlaufen, und ferner, dass zahlreiche Kommunikationen
zwischen benachbarten Lymphwegen bestehen, dann ist es nicht schwer
einzusehen, dass manchmal einzelne dieser Lymphgefässe auf kurzem
Wege in die Cervicaldrüsen gelangen, indem sie die Clavicula kreuzen;
ohne Entfernung dieser Drüsengruppe ist eine Heilung nicht zu erwarten.
Herrnstadt (Wien).
Ein Fall von Lymphangiektasie mit Lymphorrhoe. Von 0. Müller.
Arch. f. Denn. u. Syph., 1906, Bd. LXXXII, 1. Heft.
Bei dem 20 jährigen Patienten hatten sich im Laufe von 3 Jahren
zahlreiche Bläschen am Skrotum und am linken Oberschenkel entwickelt.
Die Haut des Skrotums und Oberschenkels war verdickt. Den Inhalt
der Bläschen bildete eine wasserhelle Flüssigkeit. Mikroskopisch fanden
sich in der verdickten Haut zahlreiche Lymphektasien. Die Behandlung
hatte keinen wesentlichen Erfolg. von Hofmann (Wien).
Eine besondere Art von Schmerzen an Unterschenkel und Fass
(Lymphangitis rhenm. ehr.). Von Wilms. v. Bruns’ Beitr. z.
klin. Chir., 1906, Bd. L, 2. Heft.
Eine acute Lymphangitis kommt bei der uratischen Arthritis, aber
nicht bei dem acuten Gelenkrheumatismus vor. Eine chronische Lymph¬
angitis schliesst sich verhältnismässig oft an einen acuten Gelenkrheuma¬
tismus an, teils unmittelbar, teils nach einem freien Zwischenraum. Die
Hauptbeschwerden bei dieser Krankheit sind Schmerzen, die meist in
die Gegend des FusBgelenks, der Ferse oder des Fusses im allgemeinen,
seltener in den Unterschenkel verlegt werden. In vielen Fällen ist keine
objektive Veränderung zu erkennen. Die Schmerzen lassen sich scharf
lokalisieren, und zwar entspricht der Sitz des Schmerzes dem Verlauf
der A. tibial. post, hinter dem Malleolus internus bis zur Kniekehle;
auch die Gegend des Canalis Hunteri ist schmerzhaft, in einzelnen Fällen
zeigt sich auch die Zone des Verlaufes der A. und V. tibial. ant.
schmerzhaft. Man muss aber einen Druck in die Tiefe ausüben. Die
Schmerzen sind sehr hartnäckig und lassen sich oft nicht beseitigen.
Manchmal ist ein Zusammenhang mit dem Wetter festzustellen. Am
besten wirkt Anwendung von Wärme, eventuell mit Sandbädern und
Einreibungen, und Buhe mit Hochlagerung der Füsse. Von Myositis
unterscheidet sich die Erkrankung durch die fehlende Schmerzhaftigkeit
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der Muskulatur, von PlattfuBsbeschwerden durch die Verschiedenheit der
Schmerzpunkte; Schwierigkeit kann die Unterscheidung von Sehnen*
Scheidenentzündung, speziell des Tibialis post, und der Zehenbeuger,
machen. Das Vorkommen von tiefen Varicen bezweifelt W. stark, so
dass er die Differentialdiagnose gegen die Lymphangitis nicht in Betracht
zu ziehen braucht. Eine Neuritis der in Betracht kommenden Nerven-
stämme glaubt W. durch das Fehlen von Störungen der Sensibilität und
Motilität sowie das Fehlen der Druckschmerzhaftigkeit des N. peroneus
ausschliessen zu können. Möglich wäre aber eine gleichzeitige Affektion
der Nerven, wie sie ja auch beim acuten Gelenkrheumatismus vorkommt
Veränderungen im Bereich der tiefen Venen, z. T. Thrombosen, können
mit ihren Zirkulationsstörungen dasselbe Krankheitsbild hervorrufen.
Ein wesentlicher Faktor für die Beschwerden ist eine Stauung im Lymph-
gefässgebiet und z. T. wohl auch in den Venen; die kleinen Nerven,
welche die grossen Gefässe und wohl auch die Lymphgefässe begleiten,
übermitteln die Schmerzen. Klink (Berlin).
B. Darm.
Anatomisches und Chirurgisches über die Flexura coli sinistra.
Von 0. Madelung. Arch. f. klin. Chir., LXXXI. Bd., 1. Heft
Verf. hat auf Grund eigener Erfahrungen und mit Berücksichtigung
der in der Literatur mitgeteilten Fälle die Chirurgie der Flexura coli
sinistra eingehend studiert und berichtet hierüber in vorliegender Arbeit
Von anatomischen Bemerkungen ist die im Verhältnis zu anderen Dann¬
abschnitten geringe Entwicklung des zugehörigen Lymphdrüsenapparatee,
die ein Hindernis für die Weiterverbreitung des Krebses abgibt, hervor¬
zuheben. Während Verletzungen, Entzündungsprozesse, Strikturen nach
Geschwüren nur verhältnismässig selten chirurgisches Interesse gewinnen,
ist das Carcinom eine ziemlich häufig angetroffene Erkrankung und
basieren die Mitteilungen des Verf. auf ca. 100 in der Literatur ent¬
haltenen Fällen.
Es handelt sich immer um Cylinderzellencarcinome, die im allge¬
meinen Cirrhuscharakter haben und nur ausnahmsweise Gallertkrebee
darstellen. Während von vielen Autoren auf die typische geringe Gröese
des linksseitigen Flexurcarcinoms hingewiesen wird, stellt Verf. fest, dass
die Geschwulst sehr häufig bedeutende Dimensionen, bis zu Kindskopf¬
grösse, erreichen kann. Fast stets breitet sich das Carcinom ringförmig
aus; die durch dasselbe bedingte Striktur ist verschiedenartig und hat, wm
hervorgehoben wird, häufig bei nur geringgradiger Verengerung zum Tod«
führende Ileuserscheinungen im Gefolge. Der Grund hierfür liegt u. a.
in der Vermehrung der Abknickung an der Flexurstelle, was durch ver¬
schiedene Umstände bedingt wird. Auffallend klein ist die Zahl der
beobachteten Metastasen, die überhaupt nur in der Leber und im Magen-
Darmtrakt, niemals in Lunge und Niere beobachtet wurden.
Bezüglich der Häufigkeit des Auftretens rangieren die linksseitigen
Flexurcarcinome nach denen des Coecums und der Flexura aigm. Di«
klinische Diagnose wurde nur in seltenen Fällen gestellt, wohl deshalb, weil
die Symptome die Lokalisation des Tumors nicht ermöglichen, auffallend
ist jedoch die verhältnismässig grosse Zahl von scheinbar unmotiviertem,
völligem Darmverschluss bei Fällen von Carcinom der Flexura sin. und
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dieser Umstand wäre in der Folge für die Diagnostik zu beachten. Die
Palpation führt meistens nur bei sehr grossen, schon inoperablen Carci-
nomen zu einem Resultate. Dasselbe gilt für die zur Diagnose etwa ver¬
wertbaren Schmerzen. Auch die Darmsteifung, Aufblähungsversuche,
Abgang von Blut und Schleim können in der Diagnose keine Rolle
spielen, ja selbst die Probelaparotomie hat in dieser Hinsicht vielfach
versagt. Unter 83 Eingriffen (die Probelaparotomien nicht gerechnet)
wurden 34 mal Darmresektionen ausgeführt, in 6 Fällen wurde Dauer¬
heilung (über 3 Jahre) erzielt, eine im Verhältnis zum Carcinom anderer
Darm&nteile günstige Ziffer. Victor Bunzl (Wien).
Die Radikalheilung de» Nabelbruches nach Pfannenstiel-Menge. Von
Hültl (Budapest). Orvosi Hetilap, 1906, No. 49.
Bei Schenkel- und Leistenbrüchen kann das gut verfertigte Bruch¬
band ausgezeichnete Dienste leisten, aber beim Nabelbruch entspricht es
selten, da es schwer ist, eine entsprechende Pelotte zu verfertigen. Die
konvexe Pelotte senkt sich in den Nabelring ein und erweitert, indem
sie denselben durch den Druck atrophisiert, den Ring noch mehr. Die
Pelotte muss unförmig gross sein, damit sie sich überall der Bauch wand
anpasse; ist der Bruchinhalt nicht reponibel, so ist auch die ausge¬
höhlte Pelotte nicht gut. Aber zu allen diesen Mängeln kommt noch, dass
die Pelotte nicht recht fixierbar ist. Der Kranke sollte das Bruchband
Tag und Nacht tragen, da er aber dies nicht tut, wächst der Bruch
weiter und infolgedessen entspricht schon das Band nicht, da die aus¬
gehöhlte Pelotte den vergrösserten fixierten Bruch nicht auf nehmen kann.
Ein bei vollkommen nicht reponiblem Bruchinhalt applizierte Pelotte zwickt
die Gedärme ein, der Druck derselben verursacht die verschiedensten
Verwachsungen im Bruch. Infolge aller dieser Misslichkeiten lassen sich
die Frauen in letzterer Zeit die Nabelbrüche operieren. Die Aufgabe
der Operation ist, die Oeffnung des Nabelringes durch ein widerstands¬
fähiges Gewebe zu schliessen. Aber das erste und grösste Hindernis
der Schliessung ist der Nabelring selbst, der infolge des vielen Druckes,
der Erweiterung und Entzündung aus schlecht genährtem fibrösem Binde¬
gewebe besteht. Dieses Gewebe kann auf beliebige Weise, mit irgend¬
welchem Nähmaterial vernäht werden, die entstandene gefässarme Narbe
erweitert sich und der Bruch erneuert sich wieder. Von wahren Er¬
folgen kann erst seit Einführung der Omphalektomie (Ausschneiden des
Nabelringes) gesprochen werden. Maydl, Condamin, Oster¬
meyer usw. vereinigten in mehreren Schichten die durch das Aus¬
schneiden entstandene Bauch wandwunde, separat das Bauchfell, die rück¬
wärtige Wand der Rectusscheide, die Recti, die vordere Wand der Scheide
und die Haut. Die Statistik weist 45 °/ 0 Recidiven auf, die Ursache
derselben liegt in folgendem: 1. mehrfache Nahtschichten liegen überein¬
ander; 2. die massenhaften Nähte — oft über 100 — vereitern häufig;
3. die auseinanderstehenden Recti werden in der Nabelgegend vereinigt
und bekommen einen nach aussen konkaven Verlauf. Nimmt nun der
Patient die Bauchpresse in Anspruch, so suchen sich die Mm. recti aus¬
zugleichen, wodurch die genähten Teile auseinandergezogen werden.
Eine bessere Methode ist die Pf annen stiel-Men ge’sche, die aus
folgenden Phasen besteht: 1. Querschnitt an der grössten Konvexität
des Bauches; 2. an beiden Seiten der Bruchpforte ein sämtliche Gebilde
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der Bauch wand durchdringender Schnitt, um den Nabelring auszuschneiden:
3. beide vordere Rectushüllen werden quer durchschnitten und die vordere
Aponeurosisiläche nach oben und unten abgezogen; 4. die Mm. recti
werden an der vorderen und hinteren Fläche womöglich stumpf prä¬
pariert; 5. in vertikaler Richtung werden Peritoneum und rückwärtige
Hülle vereinigt, ebenso vertikal die beiden Recti vernäht, die Aponeu-
rosisflächen aber in transversaler Richtung, und zwar ausschliesslich mit
dichter Knopf naht. Die Operation geht mit grosser Verwundung ein¬
her, das Resultat ist aber den bisherigen Erfahrungen gemäss glänzend.
Das Geheimnis des Erfolges liegt in der Prima Reunio und der exakten
Naht, also sind die genaueste extravulnäre Antisepsis mit Handschuhen
und Larve, rasche Operation und schonungsvolles Verfahren mit den
Geweben sowie genaue Blutstillung Bedingung. Verf. hat bisher 8 Fälle
mit Erfolg operiert, sämtliche sind sehr dick, multiparae, bei einer
Frau (160 kg) war die Wunde der Laparotomie 56 cm lang. Die Falle
heilten alle ideal per primam, die Schliessung des Bruches ist voll¬
kommen. J. Honig (Budapest).
Ett fall af intraabdominelt bräck genom en öppning i mesocolon
transversum och omentnm minus. Von E. S. Per man. Hygiea,
N. F., 1906, Mai, p. 467.
Eine 22 jährige Frau litt seit 1—2 Jahren an Schmerzen im Magen
gleich nach dem Essen sowie Kopfschmerzen und Erbrechen. Diagnose:
Dilatatio et Ptosis ventriculi (Stenosis pylori ex ulcere ventriculi?).
Untere Grenze des Magens 8 cm unterhalb des Nabels, die obere ein paar
cm oberhalb desselben. Bei der Operation fand Verf., dass das ganze
Jejuno-Heum durch ein 4 Finger breites Loch im Mesocolon transversum
und ein ähnliches im Omentum minus gedrungen war und über die
Curvatura minor des Magens und auf der Vorderseite des Magens und
Colon transversum hinunterhing. Nach Reposition Gastro-enterostomia
posterior. Patient starb eine Woche später an einer acuten Pneumonie;
keine Peritonitis, Lage der Eingeweide normal.
Die Ursache der in diesem Falle vorhandenen ausschliesslichen Magen¬
symptome war in der durch die Senkung des Magens verursachten Zer¬
rung des Pylorus und des Duodenums mit folgender verhinderter Passage
zu suchen. Köster (Gothenburg).
Stricturae multiplices intestini tenuis tuberculosae. Von G. Nau¬
mann. Hygiea, N. F., 1906, April, p. 17 in Göteborgs Läkaresall-
skaps Förhandlingar.
Bei einem 11jährigen Mädchen, das seit 5 Jahren an zeitweisen
Schmerzen im Leibe litt, besonders nach dem Essen, und in der letzten
Zeit ausserdem erbrach, entfernte Verf. bei der Operation 3 tuberkulöse
Strikturen des Darmes mit günstigem Resultate.
Köster (Gothenburg).
Intestinale obstrnction with or foilowing disease of the vermifon
appendix. Von N. A. Po well. Brit. Med. Joum., 10. Nov. 1906.
R. Z., ein 17 Jahre alter Student, erkrankte das dritte Mal an
Appendicitis mit Schmerzen, Erbrechen und Fieber. Bei der Operation
war der Appendix infiltriert, dilatiert und aufs äusserste verdünnt; nach
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der Entfernung desselben trat bei der Untersuchung spontan eine Ruptur
ein und es entwich grüner Eiter. Am 5. Tage nach der Operation
setzten abermals Schmerzen ein, welche links neben dem Nabel lokalisiert
waren, und der linke Rectus war rigid; das obere Abdomen war ausge¬
dehnt und es bestand häufiges Erbrechen. Bei Eröffnung des Abdomena
traten stark ausgedehnte Dünndarmschlingen hervor, dieselben waren
schwarz und glänzend, links bestand eine alte, derbe Adhäsion, die in
Form eines Ringes den Darm nach abwärts zog, das dahinterliegende
Heum mächtig dilatiert. Die erkrankte Darmpartie wurde entfernt und
die Darm enden wurden durch Anastomose geschlossen.
Die Mortalität, welche bei acuter Obstruktion 50 °/ 0 erreicht, kann
durch frühzeitige Operation auf 5—10 °/ 0 herabgesetzt werden.
Die Inzision soll median und lang angelegt werden, die Eingeweide
sind mit heissen Kompressen zu bedecken, sodann muss eine systematische
Untersuchung des Darmes vorgenommen, die eitrigen Stellen ober¬
halb der Obstruktion rasch drainiert werden. Während der Operation
werden die Eingeweide mit warmer physiologischer Kochsalzlösung irri*
giert. In Fällen, wo die Operation rasch beendigt werden muss, leistet
der Murphy-Knopf gute Dienste, sonst ist eine Anastomose zu machen r
erst in letzter Linie kann Enterostomie in Frage kommen. Bei Resektion
muss an der proximalen Seite immer ein Anteil von gesundem Gewebe
belassen werden; man kann ausgedehnte Darmpartien ohne besonderes
Risiko resezieren, doch kann eine einzige Naht durch erkranktes Ge¬
webe gefahrbringend wirken. Herrnstadt (Wien).
The treatment of chronic constipation. Von W. KnowsleySibley.
Brit. Med. Joura., 1. Dez. 1906.
Im Dickdarm ist den Exkreten der Nahrungsstoffe Gelegenheit ge¬
geben, viel länger zu verweilen, als es wünschenswert wäre. Weiss man
erst, welcher Teil des digestiven Apparates hauptsächlich zur Obstipation
beiträgt, dann muss die Behandlung ihr Augenmerk auf die Gewohn¬
heiten und die Diät des Individuums richten und dieselbe durch ange¬
messene medizinische Medikation unterstützen. Die grösste Mehrzahl
der Menschen isst mehr und öfter als notwendig und die Nahrung be¬
steht mehr aus weichen Stoffen, während gerade harte Körper geeignet
wären, durch mechanische Irritation die Peristaltik anzuregen; durch
lang dauernde Ueberlastung der digestiven Organe entsteht zuerst
Schwäche, dann Atonie der muskulären Wand und es kommt dadurch
zu verschiedenen Graden von Obstipation. Zur Behebung derselben ist
regelmässige Evakuation in erster Linie erforderlich, am besten direkt
nach einer Nahrungsaufnahme und nach dem Schlafe; dabei wäre die
Lage auf der linken Seite anzuraten, um den Inhalt das Colon transvers.
leichter in das Colon descend. gelangen zu lassen und gleichzeitig das
Colon ascendens zu entlasten. Die aktive Behandlung zerfällt in eine
interne und externe. Die externe besteht in aktiven und passiven
muskulären Uebungen, die passive wiederum in allgemeiner und lokaler
Massage. Es ist wichtig zu wissen, dass bei länger dauernder Obstipation
namentlich das Colon ascend. und transvers. sich in einer veränderten
Lage befinden. Die Handmassage lässt sich unterstützen durch Elek¬
trizität, Vibration oder auch Succussion. Die interne Behandlung be¬
steht in Diätregelung, Verabreichung von Medikamenten und Klysmen.
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Zu vermeiden sind Tannin als Bestandteil von Tee und roten Weinen,
ferner cellulosearme Speisen, wie Erdäpfel, Reis, Sago, Tapioca, weiter
Milch und hartes Wasser.
Dagegen sind zu verordnen die diversen cellulosereichen Gemüse,
süsses Obst, Honig, Marmelade, Salate und Fette. Ferner muss die
Flüssigkeitsaufnahme reguliert werden.
Von Medikamenten unterscheidet man: 1. Laxativa; 2. Sekretion
anregende, Leber- und Gallenstimulantien; 3. solche, welche Peristaltik
erzeugen, wie Strychnin und Nux vomica; 4. Sedativa, wie Brom, Bella¬
donna, Valeriana; 5. Nervino-Tonica, wie Arsen, Silbernitrat usw.
Von allen Mitteln werden Calomel, Ehe um, Magnes. und Senna am
meisten bevorzugt, doch soll das gleiche Medikament nicht durch lange
Zeit fortgebraucht werden. Einem gewöhnlichen Laxativum soll immer
ein Tonicum beigegeben werden, wobei mit der Zeit die Dosis deB
ersteren zu vermindern, jene des letzteren zu steigern wäre; nebenbei
sind auch Mineralwässer zu verwenden.
Klysmen verordnen wir als Wasser- und Seifenklysmen mit Zusatz
von Oliven- oder Ricinusöl. Die Lage dabei ist Rücken- oder Knie¬
ellbogenlage, die Temperatur nahezu jene des menschlichen Körpers.
Aehnlich wirken bei harten Massen im Rectum Mikroklysmen von Glycerin
oder Suppositorien. Herrnstadt (Wien).
Ueber acuten, mechanischen Ilens. Von Ringel. Mitteilungen aus
den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, Bd. XVI, 2. Heft.
Bei der Betrachtung jenes Symptomenkomplexes, den wir als Ileus
bezeichnen, haben wir zunächst die beiden vollkommen voneinander ver¬
schiedenen Arten des dynamischen und mechanischen Ileus zu trennen.
Bei der ersteren Form unterscheiden wir wiederum die seltenere des
dynamischen Heus im engeren Sinne, den wir auch spastischen nennen,
und den adynamischen oder paralytischen, wie er sich namentlich im
Gefolge entzündlicher Vorgänge in der Bauchhöhle abspielt. Auch bei
dem mechanischen Heus kann man zwei in ihrer Entstehung und Art
verschiedene Gruppen einander gegenüberstellen, und zwar den Obtura-
tionsileus und den Strangulationsileus. Der Obturationsileus wird haupt¬
sächlich hervorgerufen durch stenosierende Tumoren, durch Geschwürs¬
bildung im Innern des Darmlumens oder in seltenen Fällen durch
Fremdkörper (Gallensteinileus). Das erste und wichtigste Symptom,
welches in keinem Falle von acutem mechanischem Ileus fehlt, ist der
ganz plötzlich aus voller Gesundheit heraus auftretende intensive Schmerz
in der Bauchhöhle. Gleichzeitig treten Collaps und nicht fäkulentes Er¬
brechen ein; der Puls wird klein und frequent, die Gesichtszüge ver¬
fallen mehr und mehr. Der acute mechanische Heus unterscheidet sich
von allen anderen acuten Erkrankungen der Bauchhöhle darin, dass das
Stadium, in welchem sich die Erkrankung befindet, bis zum gewissen
Grad unabhängig ist von der Zeitdauer, die seit ihrem Beginn verflossen
ist. Eine Heilung ist nur durch eine Laparotomie zu erwarten. Die
Technik der einschlägigen Operation wird genau besprochen. Eine Reihe
von kasuistischen Krankengeschichten vervollständigt diese Zusammen¬
stellung. H. Raubitschek (Wien).
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Ueber die Pathogenese der merkuriellen Colitis und Stomatitis.
Von J. Almkvist. Dermat. Zeitschr., Dez. 1906.
Nach A. entsteht die Quecksilberstomatitis und -Colitis in der Weise,
dass durch Fäulnisprozesse in der Mundhöhle und im Dickdarm die
Schleimhaut etwas aufgelockert oder erodiert und das von den Fäulnis¬
prozessen gebildete H 2 S-Gas teilweise resorbiert wird. Enthält nun
das Blut Quecksilber, so entsteht dabei in den oberflächlichen Kapillar-
schlingen ein Niederschlag von Schwefelquecksilber, welches sich in den
Endothelzellen der Gefässwand niederschlägt und so zu Störungen der
Zirkulation und der Ernährung des Gewebes führt. Der Organismus
hat das Bestreben, durch die Leukocyten den Quecksilberniederschlag
wieder aus der Gefässwand fortzuschaffen, weshalb wir in älteren Fällen
in den Leukocyten reichlich Quecksilberkörnchen finden. Ist der Nieder¬
schlag zu gross, um von den Leukocyten weggeschafft werden zu können,
so kommt es zur Nekrose des Gewebes.
von Hofmann (Wien).
The surgic&l treatment of duodenal ulcer. Von William J. Mayo.
Brit. Med. Journ., 10. Nov. 1906.
Ca. 40 °/ 0 der Fälle sind im Duodenum primär gelegen, doch lautet
in 90 °/ 0 die Diagnose auf Magengeschwür. Verf. weist statistisch nach,
dass unter 635 Fällen von Magen- und Duodenalgeschwüren 188 als duo¬
denale beschrieben wurden; von den letzten 200 Fällen waren 86 duo¬
denal, von diesen wieder erstreckten sich 27 in den Pylorusring, in
9 Fällen bestanden in beiden Teilen unabhängige Geschwüre. Nur
11 mal erstreckte sich ein primäres Magengeschwür ins Duodenum. Die
Inzision muss durch den rechten Rectus 8 / 4 Zoll von der Medianlinie
gemacht werden und die Gefässe geben den Anhaltspunkt für die Lage
des Pylorus. Die grössere Anzahl der Magengeschwüre ist präpylorisch
und häufiger an der hinteren Wand gelegen. Das Ulcus rotund. kommt
bei Männern und Frauen annähernd im gleichen Perzentsatz vor, das
Duodenalgeschwür in 73 % bei Frauen; die Ursachen sind in beiden
Fällen veränderte Magensekretion, besonders Hyperacidität. Normaler¬
weise wird die Selbstverdauung verhindert durch Entwicklung von Anti¬
fermenten in den Geweben und durch das Sekret des oberflächlichen
Epithels. Mechanische Schädigung und Anämie gehören zu den primären
Ursachen des Geschwüres; die Diagnose des Duodenalgeschwüres ist fast
immer schon vor der Operation möglich; für eine Beteiligung des Peritoneums
sprechen lokaler Schmerz und muskuläre Rigidität im Epigastrium. In
der grösseren Mehrzahl der Fälle fand man Induration und viele Ad¬
häsionen an den umgebenden Darm, welche für alte chronische Perforation
sprachen; solche rekurrierende Attacken von lokaler Peritonitis sind
ähnlich prolongierten Gallensteinkoliken.
Sowohl bei Duodenal- als auch bei Magengeschwür ist Blutung das
gewöhnlichste Symptom, entweder finden wir das Blut im Erbrochenen
oder im Stuhl, oder es ist eine occulte Blutung. Die Basis des Ge¬
schwüres ist gewöhnlich rein und mit Narbengewebe durchsetzt. Stö¬
rungen der Motilität, wie Stagnation oder Retention, sind für die Diagnose
von grosser Bedeutung. 8chon in der Jugend finden sich in der Regel
Störungen von seiten des Magens, daneben wieder wochen- und monate¬
lange Perioden der Ruhe, reduzierte Diät mindert die Beschwerden.
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Acute Perforation in die freie Bauchhöhle tritt plötzlich ein, wobei die
Flüssigkeit gegen die Appendixregion gravitiert, so dass die Möglichkeit
einer bestehenden Appendicitis oft schwer auszuschliessen ist. Die Haupt¬
indikation für die Operation sind die Schmerzen mit der chronischen
Unterernährung und die Wege, die uns offen stehen, sind zweifacher
Art: 1. Exzision der Läsion; 2. Ablenkung des irritierenden Materials.
In allen Fällen muss eine genaue Untersuchung auch der Qallenwege
und des Pankreas gemacht werden, Gallensteine sind zu entfernen, und
wenn kein Ulcus gefunden wird, so sind diese oft als die Ursache der
Erkrankung zu betrachten. Wir unterscheiden 2 Klassen von Geschwüren:
a) indurierte von milch-ähnlicher Farbe, mit Adhäsionen und peritonealen
Exsudaten; b) nichtindurierte, mucöse Geschwüre, speziell im Magen, die
oft nicht auffindbar sind. Gastrojejunostomie ist die übliche Operations¬
methode bei chronischen Duodenalgeschwüren. Unter 1112 Fällen von
Magen- und Duodenalgeschwüren sah man nur 2 mal Entwicklung von
Carcinom des Duodenums auf Basis eines Ulcus; 3 mal bestand Carcinom
auf der gastrischen Seite des duodenalen Ulcus; dagegen fand sich unter
100 Fällen 50 mal Carcinom auf Grund eines präpylorischen Ulcus. Bei
rekurrierender Blutung kann man das Ulcus ganz exzidieren oder die
blutende Fläche vernähen; bei acuter duodenaler Perforation ist neben
der Naht die Gastrojejunostomie angezeigt. Nach der Operation soll
die Lage des Patienten eine fast sitzende sein; das vom Becken absor¬
bierte Material geht durch die Lymphwege oder durch die Leber, bevor
es in die allgemeine Zirkulation ein tritt, und ein Teil der Bakterien
wird in der Leber durch die Galle zerstört oder eliminiert. Von 188
duodenalen Fällen wurden 175 wegen chronischen Geschwüres operiert,
10 wegen acuter Perforation und 3 wegen wiederholter Blutungen.
Herrnstadt (Wien).
Appendix vermiformis in relation to pelvic inflammation. Von
T. Arthur Helme. Brit. Med. Joum., 15. Dez. 1906.
Die Association von Appendix- und Beckenaffektionen ist den
Gynäkologen schon lange bekannt, doch wurde das häufige Vorkommen
erst in letzter Zeit hervorgehoben.
Die Position des Appendix ist häufiger nach innen als nach
aussen. Lockwood fand denselben in 17 °/ 0 im Becken liegend,
Hawkins in 19 °/ 0 und Robinson in 40 °/ 0 ; dadurch kommt der
Appendix in nahe Beziehung zum weiblichen Genitale und kann in zwei¬
facher Weise erkranken: a) sekundär vonseiten des Genitales, besonders
der Tuba Fallopiae; b) primär mit sekundärer Infektion der Becken¬
strukturen. Ferner gibt der Appendix durch seine Position leicht Ver¬
anlassung zur Adhäsionsbildung. Vom Mesoappendix zum Lig. infundibulo-
pelvic. verläuft das Clado’sche Ligament und durch diese Lymphbahnen
vom basilaren Lymphsinus des Appendix zum Ligam. lat., zum Becken¬
bindegewebe und zu den Gland. iliac. int. Es erhält also der Appendix
eine vaskuläre Zufuhr von den Ovarialarterien der rechten Seite; dadurch
erklärt sich der Zusammenhang zwischen Appendicitis und Becken¬
erkrankung. Oft aber fehlt das Clado’sche Ligament oder ist nur
rudimentär entwickelt, auch besteht entwicklungsgeschichtlich keine Be¬
ziehung zwischen Appendix und rechtem Ovarium und so bleiben nur
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513
die kleinen Lymph- und Blutkapillaren des Periton. pariet., welche die
Kommunikation besorgen.
Association von Appendix* und Beckenerkrankung.
1. Primäre Appendixerkrankung. Acute Appendicitis ist
häufig kombiniert mit periappendie. Abscese, der sich bei IVauen oft im
kleinen Becken findet, er kann den Douglas völlig füllen und sich in
verschiedenen Bichtungen ausbreiten; er perforiert in Rectum, Blase,
Uterus, Ureter oder Vagina und wird oft mit Pyosalpinx, Ovarialabscess
oder vereiterter Ovarialcyste verwechselt.
In milderen Formen führt er zu Peritonitis des kleinen Beckens
ohne Abscess und der Appendix wird an die Beckenorgane durch Ad¬
häsionen fixiert oder die Appendicitis heilt aus und führt zu Adhäsionen,
welche Tuben, Ovarien, Uterus mit bleibender Dislokation und Sterilität
fixieren. Appendicitis verursacht ferner Tuboovarialabscess oder Pyo-
salpinx, in 7 Fällen wurde auch Ovarialcystom beobachtet.
2. Primäre Erkrankung der Beckenorgane. Die Ent¬
zündung betrifft in der Regel beide Adnexe und die Uebertragung auf
den Appendix erfolgt direkt oder indirekt, im ersteren Falle durch die
Kontiguität, im letzteren entstehen zirkulatorische oder nutritive Störungen,
welche zum Verschluss des Lumens führen, oder es bilden sich Adhäsionen,
welche die Peristaltik hindern und die Drainage mangelhaft machen.
Häufig ist der Appendix beteiligt bei Tuberkulose oder maligner Er¬
krankung der Beckenorgane oder bei Stieldrehung oder bei extrauteriner
Gravidität. Diese Associationen kommen in ca. 5 °/ 0 vor.
3. Postoperative Appendicitis, wobei der Appendix am
Narbengewebe adhärent ist.
4. Appendicitis, eine Beckenerkrankung vortäuschend
oder umgekehrt. Oft findet sich bei Operation wegen Appendicitis
der Appendix normal, dagegen strangulierte Ovarialcyste, Tuboovarial¬
abscess oder ektopische Schwangerschaft. Appendicitis ist jedoch oft
auch die Ursache menstrualer Schmerzen, offenbar durch gegenseitige
Innervation des Appendix und der Beckenorgane. Auch Dysmenorrhoe
und mucöse Colitis können durch Appendicitis verursacht werden.
5. Beziehung von Appendicitis zu Schwangerschaft
und Puerperium. Die Operation der Appendicitis hat keine nach¬
teiligen Folgen für die Gravidität; durch die Gravidität wird oft eine
Becidive der Appendicitis prädisponiert; eine nicht operierte Appendicitis
kann Peritonitis im Puerperium hervorrufen.
6. Gleichzeitige, jedoch unabhängige Erkrankung
des Appendix und der Beckenorgane. Bei Operation wegen
Erkrankung der Beckenorgane fand man oft Veränderungen am Appendix,
auch ohne dass dieselben klinische Symptome machten; auch in diesen
Fällen sollte man eine systematische Entfernung des Wurmfortsatzes
vornehmen. Auch post mortem findet man oft einen kranken Appendix
oder alte Adhäsionen, ohne dass intra vitam wirkliche Symptome be¬
standen. Doch hebt Verf. ausdrücklich hervor, dass nach seiner eigenen
Erfahrung die Nichtentfernung des Appendix bei Erkrankung der weib¬
lichen Beckenorgane fast niemals zu späteren Störungen geführt hat.
Histologie. Nach J. A. Berry ist bei warmblütigen Tieren
und den höheren Wirbeltieren das Coecum der Sitz von lymphoidem
Gewebe. Bei den Menschen repräsentiert der Proc. vermiform. die
Centr&lbl&tt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 33
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Spitze des Coecums und für den normalen Appendix ist lymphoides Ge*
webe charakteristisch.
Physiologie. Nach William Macewen hat der Appendix
eine wahre Funktion im Prozess der intestinalen Digestion. Er beob¬
achtete peristaltische Bewegung des Coecums und des Appendix, fand,
dass eine Sekretion vom Appendix in das Coecum stattfinde und dass sie
in einer Weise ähnlich der Speichelsekretion beeinflusst wird. In einem
Falle, wo die vordere Wand des Coecums entfernt war, das Heocöcal-
und Appendixorificium freilagen, konnte er beobachten, dass, nach¬
dem Nahrung in den Magen gelangt war, ein beträchtlicher Zufluss
von Schleim vom Appendix ins Coecum stattfand, kurz bevor die
Nahrung die Heocöcalklappe passierte. Diese Flüssigkeit ist stete
alkalisch. Der Darminhalt tritt am Orificium des Appendix in Kontakt
mit dessen Sekretiohsinhalt. Die saure Sekretion des Heums wird durch
nervöse Einflüsse so reguliert, dass sie durch die alkalische Sekretion
des Coecums und Appendix neutralisiert wird. Ferner glaubt der Autor,
dass erst durch die Bewegungen des Appendix die Peristaltik des Coecums
eingeleitet wird, dass durch dieselbe Energie die Exsudation des Appendix
reguliert wird, und dies wiederum in Vebereinstimmung mit einem Im¬
pulse, der vom Dünndarm ausgeht.
Aus dem Gesagten geht folgendes hervor:
1. Die Association zwischen Appendix und Beckenerkrankung liegt
mehr in der Kontiguität als in der Kontinuität der Struktur.
2. Der Hauptfaktor der Association liegt in der nach innen ge¬
richteten Position des Appendix.
3. Appendix und Beckenorgane können gleichmässig primär erkranken.
4. Appendicitis ist oft die Ursache von Dysmenorrhoe und Colitis
mucosa.
5. Die Association von Appendix und Beckenerkrankung ist eher
Ausnahme als Kegel.
6. Der Appendix spielt eine bedeutende Bolle in der intestinalen
Digestion.
7. Die systematische Entfernung des Appendix bei Laparotomie
wegen Erkrankung der Beckenorgane ist nicht gerechtfertigt.
Herrnstadt (Wien).
Gall-stones in the appendix. Von H. A. Lediard. Lancet, 12. Jan.
1907.
Patient litt seit 2 Jahren an gelegentlichen, abdominalen Schmerzen
nach der Nahrungsaufnahme und Schmerzen in der Lumbarregion, in
der letzten Zeit bestand Obstipation; vor der Aufnahme ins Spital hatte
er 2 Attacken, die als Appendicitis diagnostiziert wurden. Einen Monat
vorher klagte er über Schmerzen im ganzen Abdomen, erbrach und hatte
dunklen Urin; die Beschwerden waren am stärksten in der Begio iliaca
dextra. Niemals bestand Icterus.
Der Appendix fand sich bei der Operation lang, seine Wandung
verdickt und enthielt 11 Gallensteine von verschiedener Grösse; sie be¬
standen aus Cholesterin und enthielten Gallenpigment.
In der Begel sind Gallensteine zu gross, um in den Kanal des
Appendix eintreten zu können, dasselbe gilt für Fruchtkerne, wobei es
sich gewöhnlich um Stercolithen handelt; die chemische Analyse schafft
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immer eine sichere Aufklärung. Konkretionen im Appendix lassen sich
manchmal ohne Narkose durch die Abdominal wand bei dünnen Bauch¬
decken und völlig entspannten Muskeln palpieren, auch bei obigem
Patienten war dies der Fall. Herrnstadt (Wien).
Resektion af 2 m 15 cm tarm. Hftlsa. Von A. Karlow. Hygiea,
N. F., 1906, p. 267.
Als Beitrag zur Frage, wie grosse Strecken des Darmes ohne schäd¬
liche Folgen entfernt werden können, berichtet Verf. über einen 33 jäh¬
rigen Mann, der nach Entfernung von 2 m 15 cm des Dünndarms sich
vollkommen wohl befand. Köster (Qothenburg).
C. Haut.
Ueber einige Tropenkrankheiten der Haut. Von 0. Henggeier.
Monatsh. f. prakt. Denn., 1. Oktober 1906.
H. bespricht in diesem Artikel die Tinea imbricata, eine durch
einen bestimmten Filz hervorgerufene, kontagiöse, juckende, mit reich¬
licher Schuppenbildung einhergehende Oberhauterkrankung, die sich durch
das Auftreten von Effloreszenzen auszeichnet, die in regelmässigen kon¬
zentrischen Bingen angeordnet sind. Die Krankheit findet sich in den
tropischen Gegenden Ostasiens und Polynesiens. Der Erreger ist ein
Trichophytonpilz. von Hofmann (Wien).
A case of ainhum. Von D. Moore Alexander und Robert
Donaldson. Lancet, 29. Sept. 1906.
Diese seltene Erkrankung betraf einen 44 Jahre alten Seemann.
Als derselbe 24 Jahre alt war, bildete sich eine kleine Excrescenz an
der Innenseite der kleinen Zehe des rechten Fusses, welche vom Patienten
als Hühnerauge angesehen und behandelt wurde. Die Geschwulst nahm
nur langsam an Grösse zu und die kleine Zehe hatte das Aussehen, als
ob ein Haar oder eine feine Ligatur fest um das distale Gelenksende
zusammengezogen wäre, umsomehr, als der jenseits liegende Anteil der
Zehe mächtig hypertrophiert war. Die Zehe war frei beweglich, die
Bewegung jedoch schmerzhaft; der hypertrophische Anteil war straff
gespannt. Der Anteil, welcher jenseits der abgeschnürten Partie lag,
wurde ohne die geringste Blutung des harten abschnürenden Gewebes
entfernt.
Eine Beschreibung dieser Erkrankung findet sich bloss in Patrik
Mansons „Tropical Diseases“. Sie betrifft in der Regel nur die
dunklen Rassen und beginnt gewöhnlich an der kleinen Zehe; am
häufigsten kommt sie bei männlichen Individuen vor. Es handelt sich
um eine Hypertrophie des Fettgewebes in dem jenseits der Abschnürung
gelegenen Teile, welches den Knochen infiltriert. Als Ursache werden
trophische Störungen angenommen; Lepra, Sklerodermie, das Tragen von
Zehenringen wurden zur Erklärung herangezogen. Patrik Manson
führt die Krankheit auf kontinuierliche, kleine Verletzungen zurück,
welche durch das Passieren von Gräsern und Dickicht erfolgen, wobei
die kleine Zehe der am meisten exponierte Anteil des Fusses ist. Manchmal
kombiniert sich die Erkrankung mit Schmerzen in der Lendengegend,
auch hereditäres Auftreten wurde manchmal beobachtet.
Herrnstadt (Wien).
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Herpes zoster mit generalisierter Lokalisation. Von Beyer. Arch.
f. Denn. u. Syph., 1906, Bd. LXXV3H, Heft 2.
Bei dem 45 jährigen Patienten hatte sich 8 Tage nach einer Er*
kältung ein typischer Interkostalzoster entwickelt. Ausserdem fanden
eich an verschiedenen Stellen des Körpers vereinzelt stehende Bläschen,
von denen einzelne gangräneszierten. Die Heilung erfolgte innerhalb
eines Monats. von Hofmann (Wien).
Heber Arsenzoster. Von B. Solger. Dermatol. Centralblatt, Okt.
1906.
Der 34 jährige Patient hatte wegen Ekzems im ganzen 0,375
Acid. arsenicos. genommen, worauf sich Vergiftungserscheinungen em¬
steilten, weshalb die Arsentherapie ausgesetzt wurde. 3 Tage später
zeigte sich ein ausgedehnter Herpes zoster, welcher in erster Linie die
linke, teilweise aber auch die rechte Körperhalfte befallen hatte. Die
Affektion heilte unter indifferenter Behandlung.
von Hofmann (Wien).
Ueber Pellagra mit besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse
in Ungarn. Von F. v. Veress. Arch. f. Denn. u. Syph., 1906.
Bd. LXXXI, 2. u. 3. Heft.
Die Pellagra beschränkt sich in der ungarischen Reichshälfte Oester¬
reichs nahezu ausschliesslich auf Siebenbürgen und tritt hauptsächlich
bei den walachischen Bauern auf, deren Hauptnahrung der Kukuruzbrei
bildet. Aber auch in rein magyarischen Komi taten, wo Mais erst in
zweiter Linie konsumiert wird, ist Pellagra häufig. Verf. richtet an die
Regierung die Aufforderung, durch Volksaufklärung und Prüfung des
Maises in pellagrösen Gegenden die Weiterverbreitung dieser Krankheit
hintanzuhalten. von Hofmann (Wien).
Beitrag zur Klinik, Histologie und Pathogenese der Pityriasis
rubra (Hebra). VonH.Kanitz. Arch. f. Denn. n. Syph. Bd.LXXXI.
2. u. 3. Heft, 1906.
Kanitz beschreibt genau einen an Marschalko’s Klinik in Klausen¬
burg beobachteten Fall von Pityriasis rubra. Auf Grund genauer Unter¬
suchungen kommt er zur Ansicht, dass ein Teil der in die Klasse der
Pityriasis rubra eingereihten Krankheitsprozesse mit grösster Wahrschein¬
lichkeit auf tuberkulöser Basis zustande kommt und dass das relativ
häufige Zusammentreffen exfoliativer Erythrodermien und tuberkulöser
Erkrankungen (insbesondere Lymphdrüsentuberkulose) kein zufälliges sei.
von Hof mann (Wien).
The use of nitroglycerin in the treatment of erysipelas. Von
J. W. Wherry. Journal of the Amer. Med. Association. No. 19.
5. November 1906.
Verf. gelangt auf Grund der Beobachtung von 4 EryBipelfillen, bei
denen er 4 stündlich */ 2 mg Nitroglycerin darreichte, zum dem Schlüsse,
dass dieses Mittel eine Herabsetzung der Temperatur und der Pulszahl
schon nach dem ersten Tage und ein rasches Verschwinden des Bat-
Zündungsprozesses bei relativ gutem Allgemeinbefinden bewirkt.
Karl Fluss (Wien).
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A study of fifteen cases of erysipelag treated by injections of
antigtreptococcus gerum. Von J. 0. Ayer. Med. Record. 4. Marz.
Yol. LXVn. Nr. 9.
Der Erfolg der Serumbehandlung hängt von der Zeit ab, die zwischen
dem Beginn der Erkrankung und dem der Behandlung verstrichen ist.
Je später die Kur beginnt, desto mehr Serum ist notwendig. Oft, doch
nicht immer, ist die Injektion von 10—20 ccm von einem auffallenden
Erfolge begleitet, von plötzlichem Temperaturabfall, ruhigem Schlaf,
Euphorie, Desquamation nach wenigen Stunden. Das Serum hat ferner
einen günstigen Einfluss auf die Albuminurie, die Leukocytose, die Ent¬
wicklung von Eiterungen und Drüsenschwellungen. 4 wöchentliche In¬
jektionen zu 10 ccm schützen angeblich vor Rezidiven. Ein Todesfall
kam unter den 15 mit Serum behandelten Fällen des Verf. nicht vor.
Fast immer sank die Temperatur schon unmittelbar nach der ersten In¬
jektion ab. Das Serum wurde nach einer der Marmorek’schen ähn¬
lichen Methode hergestellt. Unangenehme oder schädliche Nebenwirkungen
kommen nicht vor. Karl Fluss (Wien).
Ueber die Therapie des Erysipels. YonJ. Kaczvinszky. Monatsh.
f. prakt. Denn. No. 4, 1906.
Kaczvinszky’s Verfahren, welches er an zahlreichen Fällen er¬
probt hat, besteht darin, dass man den Patienten 0,25 Chininsalz sechs¬
stündlich per os eingibt, oder subkutan einspritzt, solange nicht zwei
bis drei fieberfreie Tage zu verzeichnen sind. Kaczvinszky erklärt
den Erfolg dieser Behandlung durch die antiseptische Wirkung der chinin¬
haltigen Lymphflüssigkeit auf den Streptococcus erysipelatis. Aeusserlich
gibt er nur kalte oder Bleiwasserumschläge.
von Hof mann (Wien).
Ein Fall von Folliculitis cutis gonorrhoica. Von C. Cronquist.
Arch. f. Derm. u. Syph. 1906. Bd. LXXX, H. 1.
Bei dem 21 jährigen, an akuter Qonorrhoe leidenden Patienten fand
sich 3 cm unterhalb des Nabels ein kaum erbsengrosses, entzündliches
Knötchen mit stark infiltrierter Umgebung, welches Eiter sezernierte,
in welchem Gonokokken nachweisbar waren. Exstirpation des Knötchens.
Bei der mikroskopischen Untersuchung erwies sich dasselbe als entzündeter
Follikel. von Hof mann (Wien).
Zum Nachweis der bazillären Aetiologie der Folliklis. Von Lein er
und Spieler. Archiv für Dermatologie und Syphilis. Bd. LXXXI,
2. u. 3. Heft.
Verf. berichten aus dem Wiener Karoünen-Kinderspitale über Versuche,
welche sich mit der Frage beschäftigen, ob die zuerst von Darier
unter dem Namen „Tuberkulide“ zusammengefassten Dermatosen auf
bazilläre Aetiologie oder Toxinwirkung zu beziehen seien.
Die Ansichten der Autoren sind in dieser Frage geteilt. Während
Darier, Neisser, Jadassohn, Philippsohn u. a. für die bazilläre
Aetiologie eintreten, halten Hallopeau, Klingmüller, Stern¬
berg, Alexander an der Toxintheorie auf Grund von experimentell
erbrachten Beweisen fest.
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Lein er und Spieler gingen in der Weise vor, dass sie von
2 Fällen ausgedehnter Follikliseruption nach Masern, beziehungs¬
weise nach Scharlach, eine grössere Zahl (12—15) von Folliklisknötchen
nach vorausgegangener gründlicher Hautdesinfektion mit dem scharfen
Löffel möglichst tief aus dem subkutanen Gewebe heraushoben, steril
mit Bouillon verrieben und von der so entstandenen feinen Emulsion je
2 bzw. 1 vollkommen gesunden Meerschweinchen 1—2 ccm subkutan
oder teils subkutan, teils intraperitonal injizierten.
Nach der Obduktion der Tiere wurde die makroskopisch konstatierte
Drüsen- bzw. Organtuberkulose derselben jedesmal noch durch die histo¬
logische Untersuchung und den Bazillennachweis im Gewebe sicher¬
gestellt.
Den beiden Autoren ist es gelungen, bei allen drei Tieren sowohl
lokal an der Impfstelle als auch allgemeine Drüsen- und Organtuberkulose
zu erzeugen. Aus dem positiven Ausfall dieser 3 einwandfreien In-
okulationsversuche auf Meerschweinchen sehen die Autoren die bazilläre
Aetiologie der Folliklis als unzweifelhaft sichergestellt an.
Otto Sachs (Wien).
Blastomykösis of the skin in man. Von A. Primoose. The Edin-
bourgh medical Journal. September 1906.
Die Haut, als äusseres Deckblatt, ist der mannigfache Sitz von
Krankheitserregern. Als eine eigentümliche Erkrankung, erst seit kurzem
näher gekannt, ist die Blastomykosis, in Deutschland zuerst von Buschke
und Busse, gleichzeitig von Gilchrist in Baltimore erkannt und
beschrieben.
Die Affektion äussert sich in papillomatösen Efflorescenzen, die nach
dem Abheben eine serös blutige Fläche zeigen; es bilden sich dann grössere
Krusten. Die Diagnose kann nur auf mikroskopischem Wege gestellt
werden; das ganze Krankheitsbild hat sehr grosse Aehnlichkeit mit
Tuberculosis verrucosa cutis. Doch nicht bloss die Haut wird affiziert,
sondern auch, was sogar viel häufiger ist, Larynx, Trachea, Lunge,
Pleura, Myocardium, Leber, Milz, Pankreas, Nebennieren. Es wird nun
eine Serie von Krankheitsgeschichten aus der Literatur kurz mitgeteilt,
die in vivo zu allen möglichen Vermutungsdiagnosen — meist Pyämie
und miliare Tuberkulose — Veranlassung gegeben haben.
Die Krankheitsgeschichte dieses Falles ist folgende: Ein 28jähr. Mann be¬
merkt das Auftreten multipler Tumoren im Gesichte, an Schultern und Nacken
im Laufe von 6 Monaten. Zuerst war ein Tumor auf der rechten Schulter,
zuletzt hatten sich Tumoren in der Begio glut., poplit., am Bauche ge¬
bildet. Anamnestisch kann Pat. nichts Besonderes angeben. Lues negiert.
Keine Tuberkulose in der Ascendenz. Diese Tumoren sind umschriebene
Knoten von gelblich-grüner Farbe, untersetzt mit Ekchymosen. Das Gewebe
ist eigentümlich matsch, am Grunde der Basis nicht induriert. Geringe
Sekretion aus dem Zentrum auf Druck gegen die Peripherie in Form
von gelblichen Körnern. Eine mikroskopische Untersuchung ergibt so¬
fort die charakteristischen Blastomycesgebilde. Es werden nun in Chloro¬
formnarkose die Tumoren mit dem scharfen Löffel ausgekratzt, der Grund
mit dem Pacquelin verschorft, hierauf noch mit Tct. jodi ausgetupft.
Das ganze Krankheitsbild hat eine ziemlich grosse Aehnlichkeit mit dem
der Aktinomykose, doch ist ersteres häufiger als Aktinomykose.
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Die Blastomyceten sind kleine, bimförmige Gebilde, die eine Kapsel
besitzen. Meist sind sie von Biesenzellen oder Lymphocyten einge¬
schlossen. Sie besitzen ein sehr starkes Lichtbrechungsvermögen. Ueber
die Art der Infektion gibt Verf. nichts an.
Leopold Isler (Wien).
Weitere Mitteilungen Uber den Wert der statischen Elektrizität
für die Behandlung parasitärer Dermatosen. Von Suchier.
Dermat. Zeitschr. No. 11, 1906.
Suchier hat durch elektrostatische Behandlung bei Lupus vulg.
und Erythem, bei chronischem Ekzem, bei Mycosis fung. und bei malignen
Tumoren günstige Erfolge erzielt und zwar bei den letzteren in Ver¬
bindung mit kleinen operativen Eingriffen (Kurettement). Anschliessend
an die mit statischer Elektrizität erzielten Heilerfolge bei malignen
Tumoren entwickelt Suchier seine Ansichten über die Aetiologie der
letzteren. Er glaubt, dass der Erreger derselben ein Parasit — ob Protozoon
oder Bakterium, muss vorderhand noch dahingestellt bleiben — sei.
von Hofmann (Wien).
Ueber koitfugale, familiäre Lepra und erblich lepröse Entartung
(Paraleprose). Von Mathias Hirschberg. Dermat. Zeitschrift,
Bd. XIH, 4. Heft.
Die einzelnen Prägen, welche hier in Betracht kommen, sucht Verf.
an der Hand des statistischen Materiales aus dem Biga’schen Lepro-
8orium zu beantworten. Seit Oktober 1891 bis zum Mai 1905 haben
389 Neuaufnahmen stattgefunden. 210 Individuen waren verheiratet.
Im Biga’schen Leprosorium bekam man nur 2 ausgetragene Geburten
zu Gesicht. Aborte konnten mehrmals verfolgt werden. Kinder, welche
schon bei der Geburt leprös waren, wurden in Riga nicht beobachtet.
Meist verschonte die Lepra mit wenigen Ausnahmen die ersten 3 bis
5 Lebensjahre. Konjugale Lepra konnte an 6 Paaren beobachtet werden.
Bei diesen zwölf ist aber, abgesehen von zweien, nur zu konstatieren,
dass die konjugale Lepra zur Zeit der Ehe entstanden ist, nicht aber
sicher im Austausch unter den Eheleuten durch direkte Uebertragung
aufeinander.
An der Hand von Familientafeln weist Hirschberg nach, dass
unter 32 Familien im ganzen 90 verwandte Leprakranke sich befanden,
bei denen
lmal 12 Familienmitglieder (?)
1*6
2 * 5
6 * 3 n
22 „ 2
krank waren.
Diese Zahlen reden deutlich genug für die auffallende Häufigkeit
familiärer Lepra. Aehnlich wie bei der Tuberkulose kommt auch
für die Lepra die Disposition zur Erkrankung in Frage. Selbst bei
der direkten Einwirkung (Uebertragung der Bazillen auf Individuen)
sind Verhältnisse vorhanden, welche einmal die bazilläre Krankheit auf-
kommen lassen, ein anderes Mal schwach oder gar nicht. Für die
direkte Uebertragung der Lepra von einem Familienmitgliede auf das
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afcdere wird auch der Umstand angeführt, dass jüngere Geschwister vor
den älteren, Sander vor den Eltern an Lepra erkranken können. Also
auch hier kann die familiäre Disposition nicht von der Hand ge¬
wiesen werden, die erst durch den Hansen’echen Bacillus zur Aus¬
lösung kommt.
Die familiäre Disposition führt uns auf die erbliche Entartung
hei Kindern, die von leprösen Eltern stammen (Paraleprose). Die
Prädisposition der Abkömmlinge zur Lepra ist durch ererbte verminderte
Widerstandsfähigkeit bedingt, nicht durch typische Stigmata wie bei der
Tuberkulose.
Von der angeborenen Lepra (Zambaco, Babes, Kaliendero,
Reschetillo, Novarro, Head, Ferrari, Azovedo-Lima) ist
die Paraleprose durchaus zu scheiden. Die Paraleprose ist nicht die
uterin übertragene Infektionskrankheit Lepra, welche als solche, wie die
Infektionskrankheiten überhaupt, nicht vererbt werden kann, sondern ein
Krankheitsbild, das durch Keimschädigung der Nachfolger infolge elter¬
liche Lepra entstanden zu denken ist. Die Paraleprose ist somit eine
Form der Abortiv- oder Erschöpfungslepra.
Die Symptome der erblichen leprösen Entartung oder
Paraleprose waren: I. Allgemeine Ernährungs- und Wachstums-
Störungen. II. Hautkeratosen (squamöse, Lichen pilaris, Ekzemata
chronica). III. Nervenverdickungen (Ulnaris, Auricularis). IV. Zahn-
und Nagelveränderungen. V. Anästhesien (Hypästhesien). VI. Form-
veränderungen der Nase, auf welche bis jetzt von den Autoren bei der
Lepra familiaris noch nicht hingewiesen ist.
Otto Sachs (Wien).
Ueber die Pathologie und Therapie der Lepra. Von P. G. Unna.
Monatsschr. f. prakt. Dermat., 1906, No. 12.
Nach U. haben wir es bei der Lepra mit einer sehr schwierig zu
heilenden Krankheit zu tun, für welche wir kein einheitliches und be- f
quemes Spezifikum, wie das Quecksilber bei Syphilis, besitzen. Nichts¬
destoweniger ist man gerade bei dieser Krankheit durch sachgemäße
Behandlung imstande, Besserungen, vielleicht auch Heilungen zu erzielen.
Zu diesem Zwecke dienen ausser mechanischen Behandlungsmethoden:
Bäder, Massage, Verätzung der Knoten usw., verschiedene spezifische
äusserlich brauchbare Lepramittel, in erster Linie Pyrogallol, Resorcin,
Carbol, Chrysarobin, Schwefel und Ichthyol. Von inneren Mitteln be¬
währt sich am meisten das Oleum gynocardii in Dosen von ca. 5,0 g
pro die, am besten in keratinierten Pillen.
von Hofmann (Wien).
Ein schmerzhaftes Knötchen ungewöhnlicher Art. Von Alfred
Fuchs. Neurol. Centralblatt, 24. Jahrg., No. 18.
Es handelt sich um einen 48 jährigen Mann, bei dem seit 5 Jahnen
ein sehr heftiger, brennender, von einem bestimmten Punkte ausgehender
Schmerz bestand. An dieser Stelle fand sich ein Knötchen, das exzidiert
und als Neurofibrom gedeutet wurde. Die histologische Untersuchung
ergab jedoch, dass das Knötchen als eine Drüse ohne Ausführungsgaag,
am ehesten ein Epithelkörperchen, oder als ein einem Nebennierenadenom
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ähnliches Gebilde aufgefasst werden musste. Es bleibt unerklärlich, auf
welchem Wege ein solches Gebilde in bzw. unter die Haut gelangen
und so heftige Schmerzen sowohl spontan als auch auf Druck hervor-
rufen konnte. Nach der Exstirpation verschwanden alle Beschwerden.
v. Rad (Nürnberg).
Zur Radiumbehandlung des Lupus. Von P. Wich mann. Monatsh.
f. prakt. Derm. No. 12, 1906.
IJm bei tief sitzenden Lupusherden die oberflächlichen Strahlen
möglichst auszuschalten, umgibt Wichmann die Radiumkapsel mit dem
üblichen Glimmerverschluss, einer Lage starken Kondomgummis und einer
Lage starken Papiers. Auf diese Weise wird ein Filter hergestellt,
welches in der Regel genügt, um unangenehme Nebenwirkungen auszu-
Bchliessen. von Hofmann (Wien).
Ueber tumorbildenden Lupus. Von W. Heuck. Arch. f. Derm. u.
Syph. Bd. LXXXH, H. 1, 1906.
Heuck kommt zu folgenden Schlüssen:
1. Die klinische Eigenart des tumorbildenden Lupus besteht neben
der Grösse und der polsterartigen Konsistenz in seiner bei makrosko¬
pischer Betrachtung scharfen Abgrenzung gegen die Umgebung bei auf¬
fallend geringer Tendenz zum Weitergreifen auf das benachbarte Gewebe
und zur degenerativen Metamorphose.
2. Die histologische Struktur zeigt das charakteristische Bild des
tuberkulösen Gewebes mit ausserordentlich grossen und zahlreichen Riesen¬
zellen. Tuberkelbazillen wurden in mehreren Fällen in nur ganz ver¬
einzelter Zahl, in anderen nicht gefunden.
3. Ueber die Art der Infektion lässt sich keine allgemein gültige
Theorie aufstellen, ln einigen Fällen finden sich Gefässtuberkel ausser
Zusammenhang mit den Tumormassen, die eine metastatische Verschleppung
von einem entfernt gelegenen Herd aus Vortäuschen können, die aber
durch örtliche Verschleppung innerhalb arrodierter Venen erklärbar sind.
von Hofmann (Wien).
Bericht des Kreisarztes Medizinalrat Dr. Urbanowicz über Ver¬
suche mit der Behandlung Leprakranker mit Rttntgenstrahlen.
Angestellt durch 0. Lassar, A. Siegfried und Urbanowicz.
Dermat. Zeitschr. H. 10, 1906.
Es wurden 9 Patienten mit vorwiegend tuberöser Lepra der Röntgen¬
behandlung unterzogen. In allen Fällen kam es zu einer Reaktion der
bestrahlten Partien. Das Dauerresultat der bisherigen Bestrahlungen bei
weit vorgeschrittenen Krankheitsfällen ist gleich Null. Hingegen sind
lokale Wirkungen unverkennbar, so dass die bisherigen Beobachtungen
zu weiteren Versuchen bei Initialfällen mit zerstreuten isolierten Knoten
und Knotenhaufen sowie bei Infiltrationen anspornen.
von Hof mann (Wien).
Beitrag zur Kenntnis des Xeroderma pigmentosum (Kaposi). Von
0. Löw. Dermatol. Zeitschr., Juli 1906.
L. hat an der Klinik Finger 2 Brüder im Alter von 3% und 1 Jahr
beobachtet, deren Krankengeschichten er ausführlich wiedergibt. Auf-
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fallend ißt wie in vielen anderen Fällen auch hier die Blutsverwandt¬
schaft der Eltern; Vater und Mutter sind Geschwisterkinder, ferner
besteht Neigung zu Pigmentanomalien bei der Mutter.
von Hofmann (Wien).
Leprosy simulating syringomyelia. Von Herbert u. C. Moffilt.
The journal of nervous and mental diseases. April 1906.
Ein 11 jähriger Knabe, dessen Leiden vor 5 bis 6 Jahren be¬
gann. An der linken Hand vor 3 Jahren eine Congelatio. Die
Haut ist von irregulären grünlich - braunen Flecken bedeckt, haupt¬
sächlich Nacken, Stamm, Hände und Füsse. Zahlreiche kleine harte
Drüsen am 'Halse, in axilla; Ohr nicht deformiert. Zähne normal.
Keine Symptome von Lues. Funktion der Hirnnerven normal. Die
beiden Nervi ulnar, über dem Ellbogen deutlich verdickt. Keine Scoliosis
vertebralis. Die linke Hand ist eine typische Klauenhand, Atrophie der
linken Handmuskeln; die Haut verdünnt; kleine, nicht spezifisch charakte¬
ristische Geschwüre; die Hand tiefpurpurfarben. Die Finger können nur
in der 1. Phalange bewegt werden. Die Reflexe normal. Die rechte
Hand beginnt Veränderungen zu zeigen, keine Muskelatrophie. — Der
rechte Fuss ist in Equinovarusstellung; zwei perforierte Geschwüre an
der Aussenseite des Fusses, angeblich verursacht durch Schuhnägel. Die
Nägel verkümmert und verdickt wie an der Hand. Die Reflexe normal.
Keine Ataxie; kein Romberg-Phänomen. — Temperatursinnsstörung am
linken Ohr. Thermoanästhesie am linken Arm, hauptsächlich im Ver¬
laufe des Nerv, ulnaris, daselbst Analgesie, Hypaesthesie; ebenso am
rechten Arme in derselben Weise. Tiefenempfindung ist normal. Keine
Sensibilitätsstörungen am Stamme. Am rechten Fuss sindThermoanaesthesie,
Analgesie, Anaesthesie, ebenso an der unteren Hälfte des linken Beines,
über der Sohle und an der 4. und 5. Zehe. Röntgendurchleuchtung ergibt
keine pathologische Veränderung des Knochens. Es handelt sich also
um die Diflerentialdiagnose zwischen Syringomyelie und Lepra. — Gegen
Syringomyelie sprechen: 1. die Abwesenheit sichtbarer Zeichen der sym¬
metrischen Atrophie der kleinen Handmuskeln. 2. Die Abwesenheit einer
Skoliose. 3. Abwesenheit der Steigerung der Reflexe; sogar ein Fehlen
der Reflexe der unteren Extremitäten. 4. Die Verteilung der Lähmung:
linke Hand und rechter Fuss. 5. Abwesenheit von Ataxie und Sphinkter¬
störung. 6. Geringe Temperaturstörung am linken Ohr und geringe
Sensibilitätsstörung am rechten Arm, hauptsächlich im Verlaufe des Nerv,
ulnar., 7. ausgedehnte Sensibilitätsstörung an den unteren Extremi¬
täten. 8. Die Verdickung der peripheren Nerven und 9. die Verände¬
rung der Haut, die alle für Diagnose Lepra sprechen.
Leopold Isler (Wien).
Zur Kenntnis der multiplen Dermatomyome« Von C. Gutmann.
Dermat. Zeitschr., Juli 1906.
Bei dem 42 jährigen Manne waren vor 23 Jahren die ersten Ge¬
schwulstbildungen an der linken oberen Brusthälfte aufgetreten. Seither
entwickelten sich Tumoren an den verschiedensten Teilen des Körpers.
Ln Laufe der Jahre traten spontane, an Intensität zunehmende Schmerz-
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Attacken auf, auch wurden die Knoten mit zunehmender Grösse auf
Druck empfindlich. Die histologische Untersuchung ergab, dass es sich
um multiple Dermatomyome handelte, eine Erkrankung, von welcher in
der Literatur höchstens 21 Fälle beschrieben sind.
von Hof mann (Wien).
Ueber einen seltenen Fall von Paget’scher Krankheit. Von C.
Yignolo-Lutati. Monatsh. f. prakt. Dermat., No. 5, 1906.
Bei der jetzt 40 jährigen Patientin hatte sich vor 20 Jahren an
der linken Brustwarze eine kleine rötliche Plaque entwickelt, welche
nach mehrfacher Salbenbehandlung operativ entfernt wurde, aber bald
recidivierte, im Laufe der Jahre exulcerierte und eine enorme Grösse
erreichte. Die Beschwerden waren gering. V. beschreibt genau die
Resultate der histologischen Untersuchung. Auffallend sind in diesem
Falle das rasch ein tretende Recidiv nach der Operation, die ungeheure
Ausdehnung der Erkrankung über Brust und Rücken sowie das makro¬
skopisch und mikroskopisch nachweisbare Fortbestehen der sogenannten
„Periode d’ötat“ noch mehr als 20 Jahre nach dem Beginne der Krankheit.
von Hof mann (Wien).
Beitrag zur Pathologie und Therapie der Mycosis fungoides. Von
L. v. Zumbusch. Arch. f. Denn. u. Syph., 1906, Bd. LXXVHI,
Heft 1 u. 2.
v. Z. berichtet über 5 Fälle von Mycosis fungoides, 3 Frauen und
2 Männer, von denen 3 tödlich endeten, 2 nicht bis zum Ablauf des
Prozesses verfolgt wurden. Nach v. Z. ist die Mycosis fungoides eine
Eirankheit, welche der Leukämie und Pseudoleukämie bis zu einem ge¬
wissen Grade verwandt erscheint, da man bei ihr Veränderungen des
Blutes beobachtet, welche allerdings andere sind als bei jenen besser
bekannten Blutkrankheiten. Ausserdem ist die Mycosis fungoides fähig,
sich ihrer Natur nach einem Sarkom ähnlich zu gestalten, wobei Blut¬
veränderungen ausbleiben können. Therapeutisch kommen Arsenik und
Röntgenbehandlung in Betracht. Besonders die letztere stellt ein wert¬
volles Mittel für die Therapie dar, da sie das Allgemeinbefinden der
Patienten hebt und deren Beschwerden verringert, wenn sie auch den
Tod nur etwas verzögert. von Hofmann (Wien).
10 Fälle von Mycosis fungoides mit Bemerkungen über die Histo¬
logie und Röntgentherapie dieser Krankheit. Von K. Herx-
heimer u. H. Hübner. Arch. f. Denn. u. Syph., Bd. LXXXIV.
Wenn auch Erfahrungen über Dauererfolge der kombinierten Arsen-
Röntgentherapie noch nicht vorliegen, so glauben doch die Verfasser
sagen zu können, dass dieselbe einen grossen Fortschritt in der Behand¬
lung der Mycosis fungoides bedeutet, und resümieren dahin, dass wir
jetzt eine Behandlungsweise der Mycosis fungoides kennen, die, recht¬
zeitig angewandt, oft heilend und das Umsichgreifen des Prozesses
kupierend wirkt und die gestattet, eine bedeutend günstigere Prognose
zu stellen, als das bisher möglich war.
von Hof mann (Wien).
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Ein Fall von Mycosis fungoides mit Berücksichtigung der Röntgen*
therapie. Von Schourpu. Freund, Dermat.Centralbl., 1906,No.6.
Der 58 jährige Patient war vor einigen Monaten unter dem Bilde
einer universellen Psoriasis in Behandlung gekommen. Unter Arsen¬
behandlung verschwanden die Erscheinungen fast vollständig. 2 Monate
später traten am ganzen Körper und am Kopfe zahlreiche verschieden
grosse, zu Exulceration geneigte Tumoren auf, welche bei mikroskopischer
Untersuchung das bekannte, an Sarkom erinnernde Bild ergeben. Es
wurde eine Röntgenkur eingeleitet und nach 20 Sitzungen waren sämt¬
liche Geschwüre überhäutet und die Tumoren nahezu vollständig ver¬
schwunden. Die Rückbildung hatte sich von dem Momente, als der
Patient noch Arsenik erhielt, beschleunigt.
von Hofmann (Wien).
Mycosis fnngoides oder Pseudoleukaemia cutanea. Von F. Radäeli.
Arch. f. Dermat. u. Syph., 1906, Bd. LXXX, Heft 3.
Der von R. beobachtete Fall bot das klinische Bild einer Mykosis
fungoides d’emblöe dar; die Struktur der Hautgeschwülste entsprach den
Angaben, welche uns verschiedene Autoren bezüglich typischer Fälle von
Mycosis fungoides liefern. Als Komplikation der Hautaffektion trat eine
Pseudoleukämie auf; die histologische Untersuchung der lymphatischen
Organe ergab, dass es sich nicht um eine Hyperplasie, sondern um eine
Neoplasie handelte. Das neugebildete Gewebe der Lymphdrüsen, Ton¬
sillen, der Milz und des Knochenmarkes erinnerte an die Struktur der
Hautgeschwülste. von Hofmann (Wien).
Multiple Endotheliome der Kopfhaut. Von P. Haslund. Arch. f.
Dermat. u. Syph., 1906, Bd. LXXXII, Heft 3.
Im Anschluss an die Krankengeschichte eines von ihm beobachteten
Falles bespricht H. die unter dem Namen Endotheliom zusammengefassten
Erkrankungen. Er erkennt ihnen nur eine bedingte Benignität zu, da
sie lokal sehr häufig recidivieren und unter Umständen Metastasen bildea
können. von Hofmann (Wien).
Ueber Leukonychia totalis. Von S. Bettmann. Dermat. Zeitschr.,
Juli 1906.
Bei einer 23 jährigen nervösen Patientin hatte sich unter parästhe-
tischen Erscheinungen von Seite der Finger, welche sich in 4 Anfällen
innerhalb 3 Jahren wiederholten, eine eigenartige, porzellanartige Ver¬
färbung des proximalen Nagelanteils eingestellt. Ausserdem bestand eine
typische Vitiligo. Neben den Parästhesien waren einige Male auch epi-
leptiforme Konvulsionen aufgetreten. von Hofmann (Wien).
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m. Bücherbesprechimgen.
La care de dechloration chez les cardiaqnes. Von Jean Digne.
Paris, G. Steinheil. 1905.
Die Retention der Chloride ist ein konstant zu beobachtendes
Phänomen im Verlaufe von schweren Kompensationsstörungen. Die
Einführung von Kochsalz während dieser Periode vermehrt die Oedeme
sowie auch alle anderen Störungen. Bei Herzkranken, welche vor
kurzem eine schwere Kompensationsstörung überwunden haben, vermag
die Einführung von Kochsalz Oedeme wieder hervorzurufen. Die Re¬
tention der Chloride scheint also in pathogenetischer Beziehung für die
Kompensationsstörung von grosser Bedeutung zu sein.
Bei einer grossen Anzahl von Herzkranken ohne funktionelle
Störungen ist die Ausscheidung der Chloride normal. In jenen Fällen,
bei welchen bereits leichte subjektive Störungen vorhanden sind, wie
leichte Dyspnoe, abends Malleolarödem usw., ist die Ausscheidung der
Chloride verlangsamt und intermittierend. Bei stärkerer Kompensations-
Störung fehlt die Ausscheidung der Chloride vollständig.
Die Untersuchung auf Chloride ist also in prognostischer und thera¬
peutischer Beziehung von Bedeutung. Die Verfütterung mit Chloriden
und die Messung der Ausscheidung derselben bei dem zu untersuchenden
Individuum gestatten einen genauen Einblick in den funktionellen Zu¬
stand des cardiovaskulären Systems.
„Die Ausscheidung der zurückgehaltenen Chloride ist die Basis
aller Herztherapie.“ Bei Herzkranken mit geringen funktionellen Stö¬
rungen empfiehlt sich neben sonstigen therapeutischen Massnahmen eine
Verminderung der Aufnahme von Chloriden. In manchen Fällen kann
dieses Regime auch ohne Medikamente, nur mit Ruhelage kombiniert, die
Heilung herbeiführen. Wilhelm Neutra (Wien-Gainfarn).
Heber einige neuere Gesichtspunkte für die Diagnose und Therapie
der Nierenkrankheiten. Von Gerhardt. Würzburger Abhand¬
lungen, Stüber, Bd. VII, 1. Heft.
Verf. bespricht die Resultate, welche die physiologische Forschungs-
methode der letzten Jahre bei der Nephritis und ihren Hauptsymptomen,
der Albuminurie und den Kreislaufsstörungen, gezeitigt hat. Er be¬
schäftigt sich mit der Frage der orthostatischen Albuminurie und kommt
ra der Schlussfolgerung, dass es sich hierbei wohl in der Mehrzahl der
Rdle nicht um Nephritis handelt, wenn auch häufig allerhand andere
Störungen des Organismus mit im Spiele sind. Grosse Bedeutung für
die Diagnostik misst Verf. der Messung des arteriellen Blutdruckes bei,
die auch für die Prognose nutzbringend zu verwerten ist. Durch das
Studium des Salzstoffwechsels ist man in den Erklärungsversuchen der
Oedeme bedeutend weiter gekommen, und zwar in dem Sinne, dass die
Salzretention von Wichtigkeit für die Flüssigkeitsretention und somit
für die Entstehung der Oedeme ist. Weniger fruchtbringend sind die
Untersuchungen für die Frage der Urämie gewesen. Therapeutisch
gd>en die Forschungsresultate eine wissenschaftliche Grundlage für die
schon lange empirisch angewandte Milchkost und die Schwitzprozeduren.
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Salzarme Diät und nicht allzu reichliche Flüssigkeitsmengen in Ver¬
bindung mit vorsichtiger Anwendung von Diureticis vervollständigen das
therapeutische Rüstzeug. Goldstücker (Breslau).
Relation de la choräe de Sydenham avec la tubercnlose. Von
Toutann. Thöse de Paris. Steinheil 1906.
Verf. sucht auf Grund von 20 Beobachtungen, einen Zusammenhang
zwischen der Chorea und der Tuberkulose aufzustellen. Die Lumbal¬
punktion wies häufig eine Lymphocytose der Cerebrospinalflüssigkeit nach.
Verf. glaubt, dass das Choreasyndrom durch das Entstehen von Miliar¬
tuberkeln in der Pia mater im Bereich der motorischen Zone ausgelöst
werde; in anderen Fällen wurden solche längs der Gefässe in der Nähe
der Zonula Rolandi entstehen! Schrumpf (Strassburg).
Recherches snr Pinvolution ntdrine. Von Martin Camacho.
These de Paris. G. Steinheil. 1906.
Der Autor hat mittels eines von B u d i n angegebenen Instrumentes
äussere und mittels eines Hysterometer genannten Sondenapparates innere
Messungen des Uterus im Wochenbette vorgenommen und die so ge¬
wonnenen Erfahrungen in der vorliegenden, von fleissiger Lektüre zeu¬
genden Dissertation niedergelegt.
Von den Ergebnissen seiner Studien seien die wichtigsten wieder¬
gegeben: Die Rückbildung der Gebärmutter, ein natürliches und von
keinerlei pathologischen Symptomen, insbesondere einer Temperatur¬
steigerung, begleitetes Phänomen, beginnt unmittelbar nach der Nach¬
geburtsperiode und nimmt eine Reihe von Tagen in Anspruch, derart,
dass in der Mehrzahl der Fälle zwischen dem 9. und 12. Tage post
partum die Gebärmutter hinter der Symphyse verschwindet. Das ist
der eine Typus der Rückbildung, der andere bedarf längere Zeit, bis
15 Tage, zum Verschwinden des Gebärmuttergrundes hinter dem Scham¬
beine.
Die Rückbildung vollzieht sich rascher bei Mehrgebärenden (durch¬
schnittlich in 11 Tagen) als bei Erstgebärenden (durchschnittlich in
12 Tagen).
Die Involution ist ebenso regelmässig bei Fehl-, wie bei Termin¬
geburten, es scheint sogar im Gegensätze zur früher herrschenden Meinung
die Rückbildung bei Fehlgeburten sich in kürzerer Zeit zu vollziehen
als bei Geburten am normalen Ende. — Ebenso unabhängig wie von
der Einstellung des Kindes zur Geburt ist die Rückbildung der Gebär¬
mutter von der Dauer der Geburtsarbeit, vom Gewichte des Kindes
und der Nachgeburt, vom Quantum der Lochien und von geburtshilf¬
lichen Operationen.
Eine im Endometrium lokalisierte Puerperalinfektion ist die einzige
Ursache der Verzögerung der Rückbildung.
Der Zustand der Gebärmutter, welcher mit dem Ausdruck Subin-
volution bezeichnet wird, ist nach Ansicht des Verf. eine Verzögerung
der Rückbildung, hervorgerufen durch eine latente Infektion, und sollte
logischerweise Subinfektion genannt werden. Fälle von Superinvolution
hat er nie gesehen und ist daher nicht in der Lage, über diesen Zu¬
stand sich auszusprechen. Rudolf Pollak (Prag).
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Second animal report of the Henry Phipps Institute for the study,
treatment and prevention of tuberculosis. (450 Seiten.)
Daß im Jahre 1903 von Henry Phipps (Philadelphia) gegründete
Institut liefert in seinem zweiten Jahresbericht einen stattlichen Band.
Im Jahre 1904—1905 wurden im Ambulatorium 1382, im Hospital
294 Kranke behandelt. Lawrence Flick bearbeitet das Material
statistisch von verschiedenen Gesichtspunkten; dabei fallen interessante
Streiflichter auf die trostlosen Wohnungsverhältnisse. Die deutschen
Verhältnisse in bezug auf Krankengesetzgebung und Heilstätten sollten
jedem zivilisierten Lande vorbildlich sein. Weitere Kapitel bearbeiten
die Sektionen, dann spezialistisch einzelne Symptome und Organe (Nerven,
Larynx, Leber, Nieren usw.). Hecht interessant sind die Ausführungen
▼on Carncross über die Psyche der Tuberkulösen. Er leugnet im
allgemeinen eine spezifische Psychose, hält auch die Lungenkranken nicht
für Optimisten. Weiter bearbeitet Pearson historisch die Immuni¬
sierung von Tieren gegen Tuberkulose. Der Bericht über die Behand¬
lung mit Maragliano’s Serum im Institut stützt sich wohl auf eine
zu geringe Zahl von Fällen um einen grossen Wert zu besitzen (Ver¬
gleich von 2 Serumfällen mit 3 nicht mit Serum behandelten Fällen).
Baer (Sanatorium Wienerwald).
Inhalt.
I. Sammel-Referate.
Schirmer, K. H. f Die Rolle der Epithel¬
körperchen in der Pathologie (Schluss),
p. 481—501.
II. Referate.
A. Lym ph gef&>ssy stem.
Neisser, E., Ueber Sondenpalpation der
Bronchialdrüsem bei gewissen leichtesten
Formen der Tuberkulose, p. 502.
Brüning, H., Zur Lehre der Tuberkulose
im Kindesalter mit besonderer Berück¬
sichtigung der primären Darm-Mesen-
terialdrüsen-Tuberkulose, p. 502.
Ranzi, E., Ueber einen mit Röntgen¬
strahlen behandelten Fall von v. Miku¬
liczscher Krankheit, p. 503.
Weil, E. et Noirö, Un cas de lympha-
dlnie lymphatique aleucömique soignöe
par la radiotherapie, p. 503.
Warnecke, F., Ueber die Hodgkin’sche
Krankheit, p. 503.
St oll, H. F., A case of Hodgkin’s di¬
sease with but slight enlargement of
the superficial lymphglands, p. 504.
Lockw00d, Ch. B., An adress of car-
cmorna of the breast and its spread
into the lymphatics, p. 504.
Müller, O., Ein Fall von Lymphangi-
ektasie mit Lymphorrhoe, p. 505.
W i 1 m s, Eine besondere Art von Schmerzen
an Unterschenkel und Fuss (Lymphan-
gitis rheum. ehr.), p. 505.
B. Darm.
Madelung, O., Anatomisches und Chi¬
rurgisches Über die Flexura coli sinistra,
p. 506.
Hültl, Die Radikalheilung des Nabel¬
bruches nach Pfannenstiel-Menge, p. 507.
P e r m a n, E. S., Ett fall af intraabdominelt
brack genom en öppning i mesocolon
transversum och omentum minus, p. 508.
Naumann, G., Stricturae multiplices in-
testini tenuis tuberculosae, p. 508.
Po well, N. A., Intestinale obstruction
with or following disease of the ver-
miform appendix, p. 508.
Sibley, W. K., The treatment of chronic
constipation, p. 509.
Ringel, Ueber acuten, mechanischen
Ileus, p. 510.
Almkvist, J., Ueber die Pathogenese
der merkuriellen Colitis und Stomatitis,
p. 511.
Mayo, W. J., The surgical treatment of
duodenal ulcer, p. 511.
Helme, T. A., Appendix vermiformis in
relation to pelvic inflammation, p. 512.
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L e d i a r d, H. A., Gall-stones in tbe appen-
dix, p. 514.
Karlow, A., Resektion af 2 m 15 cm
tarm. Hälsa, p. 515.
C. Haut.
Henggeier, O., lieber einige Tropen¬
krankheiten der Haut, p. 515.
Alexander, D. M. und Donaldson,
R., A case of ainhum, p. 515.
Beyer, Herpes zoster mit generalisierter
Lokalisation, p. 516.
Solger, B., Ueber Arsenzoster, p. 516.
v. V e r e s s, F., Ueber Pellagra, mit be¬
sonderer Berücksichtigung der Verhält¬
nisse in Ungarn, p. 516.
K a n i t z, H., Beitrag zur Klinik, Histologie
und Pathogenese der Pityriasis rubra
(Hebra), p. 516.
W h e r r y, J. W., The use of nitroglycerin
in the treatment of erysipelas, p. 516.
Ayer, J. C., A study of fifteen cases of
erysipelas treated by injections of anti-
streptococcus serum, p. 517.
Kaczvinszky, J., Ueber die Therapie
des Erysipels, p. 517.
Cronquist, C., Ein Fall von Folliculitis
cutis gonorrhoica, p. 517.
Lein er und Spieler, Zum Nachweis
der bazillären Aetiologie der Folliklis,
P- 517 .
Primoose, A., Blastomykosis of the
skin in man, p. 518.
Suchier, Weitere Mitteilungen über den
Wert der statischen Elektrizität für die
Behandlung parasitärer Dermatosen,
p. 519.
Hirschberg, M., Ueber konjugale, fami¬
liäre Lepra und erblich lepröse Ent¬
artung (Paraleprose), p. 519.
Unna, P. G., Ueber die Pathologie und
Therapie der Lepra, p. 520.
Fuchs, A., Ein schmerzhaftes Knötchen
ungewöhnlicher Art, p. 520.
W i c h m a n n, P., Zur Radiurobehandlung
des Lupus, p. 521.
H e u c k, W., Ueber tumorbild enden Lupus,
p. 521.
Lassar, O., Siegfried, A. und Ur¬
ban o w i c z, Bericht des Kreisarztes
Medizinalrat Dr. Urbanowicz über Ver¬
suche mit der Behandlung Leprakranker
mit Röntgenstrahlen, p. 521.
Löw, O., Beitrag zur Kenntnis des Xero¬
derma pigmentosum (Kaposi), p. 521.
Herbert und Moffilt, C., Leprosy
simulating syringomyelia, p. 522.
Gut mann, C., Zur Kenntnis der mul¬
tiplen Dermatomyome, p. 522.
Vignolo-Lutati, C., Ueber einen
seltenen Fall von Paget f scher Krank¬
heit, p. 523.
v.Zumbusch, L., Beitrag zur Pathologie
und Therapie der Mycosis fungoides,
P- 5 * 3 -
Herxheimer, K. und Hübner, H.,
10 Fälle von Mycosis fungoides mit
Bemerkungen Über die Histologie und
Röntgentherapie dieser Krankheit, p. 523.
Schorup und Freund, Ein Fall von
Mycosis fungoides mit Berücksichtigung
der Röntgentherapie, p. 524.
Radäeli, F., Mycosis fungoides oder
Pseudoleukaemia cutanea, p. 524.
Haslund, P., Multiple Endotheliome
der Kopfhaut, p. 524.
Bettmann, S., Ueber Leukonychia to-
talis, p. 524.
III. Bücherbesprechungen.
Digne, J., La eure de dechloration eher
les cardiaques, p. 525.
Gerhardt, Ueber einige neuere Gesichts¬
punkte für die Diagnose und Therapie
der Nierenkrankheiten, p. 525.
Toutann, Relation de la choree de
Sydenham avec la tuberculose, p. 526.
Camacho, M., Recherches sur Finvo-
lution uterine, p. 526.
Second annual report of the Henry Phipps
Institute for the study, treatment and
prevention of tuberculosis, p. 527.
Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Professor
Dr. HERMANN SCHLESINGER, Wien, I, Ebendorferstrasse 10, wird gebeten.
Man bittet, redaktioneile Zuschriften mit dem Adressenzusatz „Für die Redaktion des
Centralblattes für die Grenzgebiete 14 versehen zu wollen.
Lippert & Co. (O. Patz’sche Buchdr.), Naumburg a. S.
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CENTRALBLATT
für die
Qrenzgebiete der (Medizin u. Chirurgie.
Herausgegeben von
Dr. Hermann Schlesinger,
Professor an der Universität Wien.
Verlag von GUSTAV FISCHES in Jena«
X. Band. Jena, S. August 1907. Nr. 14.
Das Centralblatt für die Grenzgebiete der Medizin nnd Chirurgie erscheint in
zwanglosen Heften im Umfange von etwa 3 Druckbogen, die zu einem Bande
vereinigt werden, dessen Umfang 60 Druckbogen betragen wird. Das Abonne¬
ment für das Centralblatt kostet 24 Mark für den Band. — Die Abnehmer
der MfttaJhngen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, herausgegeben
von A. von Eiseisberg und B. Naunyn, erhalten das Centralblatt
zum Vorzugspreise von 20 Mark.
L Referate.
A. Rückenmark.
Die Röntgenbehandlung der Syringomyelie. Von G. Bauzoni.
Gazzetta Med. Ital., 15. Nov. 1906.
In einem Falle von Syringomyelie wurde durch eine 6 Wochen
dauernde Röntgenbehandlung vollständige Remission erzielt. Es handelte
sich um einen Patienten, bei dem, als er ins stellungspflichtige Alter
kam, eine Kyphoskoliose entdeckt wurde. Im Alter von 22 Jahren be¬
gann die Erkrankung allmählich und ohne Schmerzen einige Monate
nach einer Influenzaattacke. Pat. merkte zuerst ein rasches Ermüden bei
der Arbeit, dann ein Prickeln und andere Parästhesien sowie Schwäche¬
gefühl in den Beinen. Er konnte nicht gehen, ohne in Schweiss zu
geraten und Schmerzen in den Beinen zu empfinden. Es traten häufig
Geschwüre auf, die nur langsam heilten und deutliche Narben hinter-
liessen. Im weiteren Verlaufe bemerkte Patient eine Verminderung der
thermischen Empfindung. Im Jahre 1904 kam er, 30 Jahre alt, in Be¬
handlung. Es zeigte sich ausgesprochene Kyphoskoliose mit der Kon¬
vexität nach rechts vom 7. Hals- bis zum 8. Brustwirbel. Wirbelsäule
nirgends schmerzhaft, weich oder geschwollen. An den Handgelenken
Arthritis deformans, die Nägel zeigen trophische Störungen, die Hand
ist klauenförmig, ödematös. Die Muskeln der Arme atrophisch, besonders
rechts und hier wieder besonders an der distalen Partie des Armes.
Es besteht muskuläre Parese mit fibrillären Zuckungen. Tiefe Reflexe
erhöht, Plantarreflex ersetzt durch das Babinski’sche Phänomen.
Taktile Sensibilität durchaus normal. Es bestehen absolute Analgesie und
Thermoanästhesie an der Innenseite der Oberarme von der Axilla bis
zu den Fingerwurzeln, an der Vorderseite des Rumpfes vom Angulus
Centralblatt f. d. Gr. d. Mel u. Chir. X. 34
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Ludovici bis zur Inguinalgegend und am Rücken vom 7. Halswirbel bis
zum Kreuzbein. An den Unterarmen, an der Aussenseite der Vorder¬
arme und am oberen Teile der Brustwand bestand eine diffuse und
wechselnde Hypästhesie sowohl für Hitze als auch für Schmerz. Die
elektrische Untersuchung zeigte Unerregbarkeit des Thenar, Hypothenar,
der Interos8ei und Lumbricales beiderseits. An den anderen Muskel¬
gruppen der oberen Extremität bestand keine Entartungsreaktion, aber
eine deutliche Verminderung der Erregbarkeit, speziell an der rechten
Seite. Auf Grund dieser Symptome wurde die Diagnose Syringomyelia
vera mit anatomischen Läsionen der Medulla, des Halsmarkes und oberen
Brustmarkes, die speziell die gekreuzten Fasern für die Leitung der
spezifischen Sensibilität und die spinalen Zellen des Ursprungs des Plexus
brachialis betreffen, gestellt. Im Februar 1906 wurde auf Grund der
Mitteilung Raymond’s, der zwei Fälle von Syringomyelie auf gleiche
Weise behandelt hatte, mit der Radiotherapie begonnen. Es wurden
15 Sitzungen, zuerst zweimal, dann dreimal wöchentlich abgehalten.
Jede Sitzung dauerte zuerst 6 Minuten, später wurde sie allmählich, auf
12 Minuten verlängert. Es wurde die ganze Wirbelsäule, besonders der
Halsteil, bestrahlt. Entfernung der Röhre von der Haut 10—16 cm.
Ausserdem täglich Massage und jeden 2. Tag galvanische und faradische
Stimulation der motorischen Fasern an den Oberextremitäten. Ferner
15 Jodipininjektionen an aufeinanderfolgenden Tagen. Im April verliess
der Patient gebessert das Spital. Die Circumferenz des mittleren Drittels
des rechten Vorderarms hatte um 3 cm zugenommen (lS 1 /^—18*/ 2 ), die
des linken ebenfalls um 3 cm (lö 1 ^—19^), die des rechten Armes um
l l l 2 cm (24*/ 2 —26), die des linken um */ 2 cm (26 1 / a —27). Dynamo¬
meter wurde vor der Behandlung nicht bestimmt, nachher betrug er 16
links und 10 rechts. Babinski’sches Symptom nunmehr bedeutend
schwächer. Die Regionen der absoluten Analgesie und Thermoanästhesie
blieben unverändert, die Hypästhesie an den anderen Stellen sehr ver¬
mindert. Der Zustand der Unerregbarkeit der kurzen Handmuskeln
blieb unverändert, die anderen Muskelgruppen jedoch antworteten viel
prompter auf elektrische Erregung als vor der Behandlung. Ranzoni
erklärt diese Besserung in seinem Falle sowie die guten Erfolge in den
2 Fällen Raymond’s (eine Besserung, eine Heilung) als die Folge der
günstigen Wirkung der Röntgenstrahlen auf Neugebilde, fasst also die
Syringomyelie als eine durch ein Neoplasma des Halsmarkes bedingte
Erkrankung auf. K. H. Schirmer (Wien).
Die spontane Rückenmarksblutung. Von Carl Dörr. Deutsche
Zeitschrift f. Nervenheilkunde, Bd. XXXII, 1. Heft.
Verf. bringt hier in einer grösseren Arbeit eine monographische
Darstellung unserer Kenntnisse über die spontane Hämatomyelie. Seine
Ausführungen stützen sich auf 4 eigene Fälle und eine eingehende Ver¬
wertung der gesamten Literatur. Blutungen im Rückenmark sind un-
gemein selten. Ausser traumatischen Einwirkungen ist über die Aetio-
logie nicht viel bekannt. Herzhypertrophie, chronische Nephritis und
Arteriosklerose scheinen hier im Gegensatz zu den Gehirnblutungen keine
begünstigende Rolle zu spielen. Die Haematomyelia spontanea tritt meist
schon in jungen Jahren, hauptsächlich im 2. und 3. Dezennium auf.
Aehnlich wie die Apoplexia cerebri kann auch die Hämatomyelie zu
einer Höhlenbildung führen.
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Die Symptomatologie ist natürlich von der Höhenlokalisation der
Blutung abhängig. Die Lähmung tritt in der Hegel plötzlich ohne alle
Prodromalerscheinongen ein, und zwar unter heftigen Schmerzen im
Bucken und auf der Brust. Die motorischen Lähmungserscheinungen
steigern sich sehr rasch zu einer völligen oder imvollständigen Paraplegie.
In selteneren Fällen kann es auch zu einer spinalen Hemiplegie kommen.
Storungen vonseiten der Sensibilität sind nicht stets nachweisbar, sie ent¬
sprechen im allgemeinen den motorischen Ausfallserscheinungen, doch kftnn
es ausnahmsweise zur Entwicklung des Brown-Sequard’schen Symptomen-
komplexes und zu einer syringomyelischen Empfindungslähmung kommen.
Blasen- und Mastdarmstörungen sind ungemein häufig und natürlich
in der Art ihres Auftretens vom Sitze der Blutung abhängig. Oculo-
pupiUäre Symptome sind in einzelnen Fällen von spontaner Hämatomyelie
des Halsmarks beobachtet worden. Decubitus entwickelt sich oft er¬
staunlich schnell und kann rasch eine enorme Ausdehnung erreichen.
Das in manchen Fällen auftretende Fieber ist als Lokalsymptom
aufzufassen (Halsmark). Die Diagnose bietet bei genauer Berücksichtigung
der Anamnese und der Symptome, namentlich wenn der Tod nicht all¬
zurasch erfolgt, keine allzugrossen Schwierigkeiten. Der plötzliche Be¬
ginn, das Fehlen ausgeprägter Prodrome und jeglicher peripherer Beiz¬
erscheinungen, der heftige, mit dem Eintritt der Lähmung meist ver¬
schwindende Bückenschmerz, das Erhaltensein des Sensoriums und das
normale Verhalten der Gehimnerven sprechen für Hämatomyelie. Die
Prognose ist insofern schlecht, als völlige Heilung kaum vorkommt. Je
höher aber im Bückenmark die Blutung stattfand, desto ungünstiger
liegen die Verhältnisse. v. Bad (Nürnberg).
Ein Beitrag zur Klinik und zur operativen Behandlung der Rücken-
marksgeschwttlste. Von L. Bregmann. Deutsche Zeitschrift f.
Nervenheilkunde, Bd. XXXI, 1. u. 2. Heft.
Der ganze Verlauf des Falles sprach für einen extramedullären
Tumor im Bereich der letzten 2 dorsalen sowie der obersten Lenden¬
wurzeln. Bei der Operation fand sich ein 2 1 / 2 cm grosses Fibromyom,
das leicht aus dem Arachnoidealgewebe herauszuschälen war. Am 6. Tage
nach der Operation ging Patient infolge Meningitis cerebrospinalis zu¬
grunde. Im 2. Falle, der auch letal endete, wurde die Diagnose auf
einen extramedullären Tumor in der Höhe des obersten Dorsalmarks ge¬
stellt und es wurde bei der Operation auch an der diagnostizierten Stelle
eine Geschwulstmasse gefunden, die mit dem Rückenmark fest verwachsen
war und sich nicht exstirpieren liess. Bei der Sektion fand sich eine
diffuse Sarkomatose, die das ganze Bückenmark mit einem cylinder-
förmigen Geschwulstmantel umgab. An der Stelle, wo der Tumor vermutet
worden war, fand sich eine knotenförmige Wucherung der Geschwulst,
welche ganz unzweifelhaft selbständige klinische Erscheinungen bedingt
hatte. Der Fall ist bemerkenswert durch die Kombination von diffuser und
nodoser Form der Sarkomatose der Häute. v. Rad (Nürnberg).
Ueber einen Fall von Solitärtuberkel im Rückenmark mit Neben-
befund von sogenannter arteflzieller Heterotopie desselben. Von
G. Bystedt. Zeitschrift f. klin. Med., Bd. LXIH, 1.—4. Heft.
Ein 25 jähriger Arbeiter, früher vollkommen gesund, konnte das
rechte Bein nicht mehr so gut gebrauchen wie früher. Bald stellte sich
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vollkommene Parese desselben mit Empfindungslosigkeit ein. Pat. wird
in diesem Zustande aufgenommen. Im Spitale entwickelt sich Heiserkeit,
als deren Grund eine laryngoskopische Untersuchung Ulcus tbo. des
Stimmbandes erg ! ht. Die Wirbelsäule ergibt nichts Auffälliges. Voll¬
kommene Parese der rechten unteren Extremität mit vollkommener Be¬
rührungsanästhesie, teilweiser Thermoanästhesie und Analgesie. Gleich¬
zeitig entwickelt sich in der Beobachtungszeit eine ausgesprochene In¬
filtration der rechten Lungenspitze, die rasch progredient wird und zum
Exitus führt. — Wegen der spastischen Parese des Beines, dann der
später aufgetretenen Parese der Bauchmuskulatur, Sensibilitätsstörung,
die sich über die ganze Extremität und über einen umschriebenen Teil
des Abdomens und Rückens erstreckt, wurde eine herdförmige Erkrankung
des Rückenmarkes angenommen. Man dachte wegen der raschen Zu¬
nahme der Parese zuerst an Gliom; wegen der anderen auftretenden
Symptome wurde die richtige Diagnose dann gestellt: Solitärtuberkel
des Rückenmarkes. — Es wird nun ziemlich ausführlich der wahrschein¬
liche Sitz des Tumors durch die gegebenen 'pathologischen Erscheinungen
bestimmt, wobei sich, wie fast immer bei intramedullären Veränderungen,
dasselbe ereignet, dass der Sitz des Tumors zu niedrig diagnostiziert
wird. Nach den Störungen erwartete man 7. Brustwirbelsegment, bei der
Obduktion fand sich der Tumor (Solitärtuberkel) im 5. Brustwirbel¬
segment. Das wird damit erklärt, dass eine Schädigung nicht nur des
betreffende Segment trifft, sondern höchstwahrscheinlich auch die nächst
gelegenen Segmente getroffen oder mindestens in Mitleidenschaft gezogen
werden, was sich eben durch Sensibilitätsstörungen kundgibt.
Leopold Isler (Wien).
Abdominaltumor. Von Miller. Brit. Med. Joum., 10. Nov. 1906.
Ein 38 Jahre alter Mann klagt über Schmerzen und eine Geschwulst
in der linken Scrotalhälfte; der linke Testikel war stets grösser als der
rechte. Bei der Operation am 29. April wurde der linke Hode entfernt. Im
März des folgenden Jahres traten Schmerzen im Abdomen und rechten
Oberschenkel auf und im Epigastrium war ein ca. faustgrosser, pulsierender,
schmerzloser Tumor von unregelmässiger Oberfläche; kurz vor dem Tode
zeigte sich ein 2. Tumor in der linken Fossa iliaca; es entstanden Cystitis
und Inkontinenz, Paraplegie und Verlust der Sensibilität bis 3 Zoll über
der Nabellinie. Patient starb am 2. Oktober 1906. Bei der Autopsie
fand sich im Becken reichlich grüner Eiter, die Ureteren verdickt und
entzündet, die Blase ulceriert; auf den lumbalen Wirbeln lag ein Tumor,
der durch die Foramina vertebralia in den Spinalkanal vordrang und die
Cauda equina komprimierte. Der Tumor war von weicher Konsistenz
und blasser Farbe und war mikroskopisch ein Rundzellensarkom. Die
gleichen Eigenschaften zeigte der 2 1 / 2 Jahre vorher entfernte Hoden¬
tumor. Herrnstadt (Wien).
A case of carcinoma of the spinal cord. Von C. L. Allen. Joum-
of the Amer. Med. Assoc., 1907, 9. März.
Das Carcinom des Rückenmarks ist äusserst selten, nach Schlesinger
immer sekundär und in der Regel von den Meningen ausgehend.
In dem berichteten Falle handelte es sich um eine 65 jährige Pa¬
tientin mit terminaler Demenz, kompletter Anästhesie und Blasenlähmung.
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Die Autopsie ergab Verdickung der Dura mater spinalis, Entzündung
und Erweichung der unteren Teile des Rückenmarks. In Lunge, Leber
und Nieren zahlreiche Krebsknoten. Die mikroskopische Untersuchung
ergab Verdickung der Pia der unteren Rückenmarksab*$mitt e, im ersten
Segment der oberen Lumbalgegend des Rückenmarks eine scheinbar von
der Pia aus in die vordere Fissur einwachsende Krebsmasse, welche die
Pyramiden komprimierte, die vorderen Nervenwurzeln ergriff und von
welcher Zellnester in die Vorderstränge und ein Vorderhorn eindrangen.
Die Nervenzellen hier und tiefer unten erschienen geschwollen und zeigten
Chromatolyse und Kernschwund. Degeneration der Hinterstränge, vor*
nehmlich des Lumbalmarks. Der Krebsknoten war, wie der primäre
Tumor in der Brust, ein Adenocarcinom. Die primäre Paraplegie war
durch das Wachsen und den Druck des Tumors entstanden, die Myelitis
der Lumbosakralgegend durch Ausbreitung der Entzündung von einem
bis auf den Knochen reichenden Decubitus, der auch die Ursache der
aufsteigenden Degeneration bildete. Karl Fluss (Wien).
Zwei Fälle von diagnostizierten und operierten Tumoren der
Rttckenmarkshäute. Von Köster. Zeitschr. f. klin. Med., Bd. LXIII.
Die Diagnostik der Rückenmarkstumoren hat in den letzten Jahren
immer mehr an Sicherheit gewonnen. Wenn man sich bloss auf die
Symptome, Wurzelreizung mit folgender Rückenmarkskompression ver¬
lässt, ist man oft Täuschungen ausgesetzt, weil Meningomyelitis ebenfalls
Wurzelreizungssymptome mit folgender Markläsion mit sich bringt. Des¬
halb sind die 2 folgenden Fälle bemerkenswert wegen der sicher gestellten
Diagnose, die der operativen Behandlung zugeführt wurden.
1. Bei einer 58 jährigen, früher stets gesunden Frau traten vor
1 Jahr Schmerzen im linken Knie auf, es folgten dann: Eingeschlafen¬
sein des rechten Oberschenkels mit Schwächegefühl im Bein mit immer
stärkerer Zunahme dieses Zustandes; später krampfartige Zuckungen.
Deutliches Gürtelgefühl um den Nabel. Schwierigkeit, Urin zu lassen.
Diese Symptome nahmen an Intensität zu. Bei Aufnahme das typische
Bild einer spastischen Paralyse der unteren Extremitäten mit schmerz¬
haften Zuckungen, besonders beim Versuche, sie zu gebrauchen. —
Anästhesie der unteren Extremitäten, Hypästhesie der unteren Rumpf¬
hälfte bis zur Nabelhöhe auf der Vorderseite und bis zum 8. Wirbeldom
auf der Rückseite. Hochgradig gesteigerte Reflexe. Schmerzen bald im
Kreuz, bald in den Extremitäten neben Parästhesien. Während der
Beobachtungszeit trat vollständige Lähmung der unteren Extremitäten
ein. Die Sensibilitätsstörungen gingen weiter in die Höhe bis zum
unteren Rand der Mammilla und nach rückwärts bis zum 4. Brustwirbel.
Incontinentia urinae et alvi. Druckempfindlichkeit der Wirbeldome; sie
nahm gleichmässig mit der beobachteten nach oben gewanderten Sensi¬
bilitätsstörung vom 8., 9., 10. Brustwirbel bis zum 4. Brustwirbel zu.
Das stete, konstante Zunehmen der Symptome sprach für einen das
Rückenmark komprimierenden, wahrscheinlich extramedullären Tumor, da
dauernde motorische Wurzelsymptome (Muskelkrämpfe, die an Ausdehnung
Zunahmen) vorhergingen; ferner Fehlen partieller Sensibilitätsstörungen,
wie Temperatursinnsstörung, Fehlen jedweder Atrophie der Muskulatur
(nach Herrn. Schlesinger ein sicheres Symptom eines intramedullär
gelegenen Tumors); Abwesenheit jedweder Veränderung der Form der
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Wirbelsäule, wechselndes Resultat der Empfindlichkeit bei der Perkussion
der Wirbelsäule machten es wahrscheinlich, dass der Tumor im Rücken*
markskanale sass und nicht von dem Wirbelkörper seinen Ausgang nahm.
Der Tumorsitz wurde daher entsprechend dem 5. Dorsalsegment diagnosti¬
ziert und auch operiert; es zeigte sich ein typisches Psammosarkom der
Rückenmarkshüllen. Resultat: Befreiung der Patientin von den unerträg¬
lichen Schmerzen und krampfartigen Kontraktionen der unteren Extremi¬
täten; sonst Zustand unverändert.
2. Ein 38 jähriger Maurer, der seit 2 Jahren über Sensationen im
linken Bein mit folgender Schwäche und Steifigkeit klagte. Ein Jahr
später Auftreten dieser Symptome auf dem rechten Beine. In letzter
Zeit Incontinentia urinae. Bei der Aufnahme zeigte sich spastische atak¬
tische Parese beider unterer Extremitäten mit hochgradiger Rigidität;
gesteigerte Reflexe; starke Schmerzen in den Beinen, Herabsetzung der
Sensibilität, successiv nach oben zunehmend. Sehr geringe Algesie. In¬
continentia urinae et alvi. Decubitus ossis sacralis. Wirbelsäule zeigt
nichts Abnormes. Während der Beobachtungszeit Auftreten von Atrophie
der Oberschenkel-, Unterschenkelmuskulatur und Beckengürtelmuskulatur.
Die langsame Zunahme der Symptome sprach für eine langsam fort¬
schreitende Kompression des Rückenmarkes (2 Jahre lang); keine Ver¬
änderung der Wirbelsäule in dieser Zeit. Annahme eines intravertebral
gelegenen Tumors, wahrscheinlich im Lumbalmark zum Unterschiede von
Caudatumoren, die stets doppelseitige Symptome von allem Anfang machen.
Die gesteigerten Reflexe sprachen für Ergriffensein des 1. Lumbalseg¬
mentes. Es wurde auch tatsächlich ein extramedullärer Tumor daselbst ge¬
funden (Hämangiosarkom). Subjektive Erleichterung p. operat, Aufhören
der lanzinierenden Schmerzen; Aufheben der Incontinenz. Patient starb
schliesslich aber an Sepsis. Leopold Isler (Wien).
Surgery of the spinal cord. Von J. B. Murphy. Journ. of the
Amer. Med. Assoc., 1907, 2. März.
1. Kontusionen. Diese können bloss oberflächliche Verletzungen,
Bluterguss in den Kanal oder das Mark oder Entzündungen mit
Lähmung verursachen. Die Symptome variieren sehr, können fehlen
oder erst einige Zeit nach dem Trauma sich bemerkbar machen. Zu¬
weilen tritt nach Monaten Heilung ohne chirurgische Hilfe auf. Verf.
glaubt nicht, dass hier Regeneration nach Zerstörung Platz greife, sondern
dass es sich um entzündliche Lähmungen handle, welche nach Auf¬
saugung der Entzündungsprodukte zurückgehen. Auch nach Lamin-
ektomien sieht man öfters komplette Paraplegie mit Wiederherstellung.
2. Erschütterungen. Darunter versteht man Funktionsstörungen
ohne grobe traumatische Läsionen. Man zählt dazu Fälle mit segmen-
t&ler Hyper- oder Anästhesie und verminderten Reflexen oder mit
Lähmungen. Ein gleiches klinisches Bild bietet allerdings die Hämor-
rhagie in den Rückenmarkskanal. Das Verschwinden der Lähmungen
spricht für Erschütterung, andererseits hat man bei ausgesprochenen Läh¬
mungen anatomische Veränderungen post mortem vermisst.
3. Stichwunden des Rückenmarks. Von Wagner-Stolper wurden
86 solche Fälle zusammengestellt, welche das Hals- und obere Brust¬
mark betrafen (Angriffe gegen den Kopf, geräumige Wirbelinterstitien).
Meist wird nur die eine Hälfte des Markes lädiert. 44 Fälle boten das
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Bild der Halbseitenlähmung. 20 °/ 0 starben, die meisten wurden ge¬
bessert, der Verlauf war aseptisch. Eingriffe sind nicht angezeigt, ausser
bei Infektion oder Kompression infolge von Hämorrhagie. Kurz nach
dem Trauma kann ein Bluterguss durch Lumbalpunktion mit dicker
Nadel entfernt werden. Auch Nahtvereinigungen sind zwecklos, daher
Eingriffe im allgemeinen verboten.
4. Hämorrhagien der Dura und des Rückenmarks (Hämatorrhachis,
Hämatomyelie), meist auf traumatischer Grundlage. Die Symptome be¬
stehen gewöhnlich in Schmerzen, Spasmen, Opisthotonus, Konvulsionen
und endlich Paraplegie, welche letztere zum Unterschiede von Rücken-
marksverletzungen bei der Hämatorrhachis in allmählicher Steigerung
eintritt und nach 4—6 Wochen verschwindet. Allerdings gibt es auch
Fälle von plötzlicher und kompletter Paraplegie. Den besten Nachweis
bildet die Spinalpunktion. Die Hämorrhagie ist entweder extra- oder
intr&dural, bei Zerreissung der Dura gewöhnlich venös und bei höher
gelegenen Läsionen ausgebreiteter wegen der Senkung des Blutes.
Janeway berichtet über einen Fall von spontaner, subarachnoidealer
Blutung am Halsmark, welche bei einem Bluter nach Influenza auf¬
getreten und von plötzlichem Tode gefolgt war. Hämatomyelie, meist
die Gegend des 4. bis 6. Halswirbels befallend, entsteht durch Hyper¬
flexion der Wirbelsäule. Muskelschwund mit Anästhesie deutet auf Er¬
guss in der grauen, Paraplegie auf Erguss in der weissen Substanz.
Auch Gliosis spinalis kann zu Hämatomyelie führen. Die Prognose ist
zweifelhaft, zumindest bleibt eine Muskelschwäche zurück.
5. Dislokationen und Frakturen. Erstere sind immer eine Folge
der letzteren, die seltenen Luxationen abgerechnet. Die Symptome sind
die der Kompression und gehen bei Intaktheit der Medulla bald zurück.
Frakturen entstehen durch direkte oder indirekte Gewalt (forcierte
Beugung), in der Regel fehlt eine Dislokation der Fragmente, welche
in seltenen Fällen in das Rückenmark eingetrieben werden. Zu den
indirekten Gewalten gehören der Fall auf die Fersen und Schultern,
extreme Beugungen oder Streckungen, wobei die Fraktur gewöhnlich in
der dorsolumbaren Verbindung sitzt. Chirurgische Hilfe ist nur bei
blosser Kompression des Rückenmarks möglich. Bei kompletter Durch¬
trennung (motorische und sensible Lähmung, Schmerzen und Fehlen der
Beflexe) ist jede Hilfe ausgeschlossen. Die inkompletten Kompressions-
labmungen treten nicht unmittelbar nach dem Trauma auf, vorher ent¬
stehen hyperästhetische Zonen, in welchen dann die Reflexe verschwinden«
Eine Differentialdiagnose zwischen Kontusion und fortdauernder Kom¬
pression ist nicht immer möglich. Dagegen stellt die Laminektomie an
sich eine Steigerung des Traumas dar, darf also nicht wahllos vorge¬
nommen, in suspekten Fällen aber nicht aufgeschoben werden. Bei
Durchtrennung des Rückenmarks in der Dorsal- und Cervicalgegend
sind Operationen zwecklos. Anders sind die Verhältnisse unterhalb des
12. Rückenwirbels. Die motorischen und sensorischen Fasern der Cauda
sind regenerationsfähig und können durch exakte Naht vereinigt werden.
Bis zum 7. Tag nach dem Trauma kann man durch elektrische Reizung
der Faserbündel der Cauda die rechtsseitigen und die linksseitigen der¬
selben unterscheiden, wenn der Reiz unterhalb des Traumas einwirkt,
wobei man periphere Muskelzuckungen erhält.
6. Schusswunden. Previtt sammelte 49 Fälle und rät zur so-
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fortigen Operation, wenn die Wunde erreichbar und in den hinteren
oder seitlichen Rückenmarksanteilen gelegen ist. Wenn ein Geschoss
im Rückenmarke oder Knochenfragmente das Rückenmark komprimieren,
was sich radiologisch feststellen lasst, so müssen diese Fremdkörper ent¬
fernt werden. Innerhalb der Meningen angesammeltes Blut ist mittels
Lumbalpunktion zu entfernen, da es in der Spinalflüssigkeit nicht gerinnt.
Der Tod kann nach Frakturen der Halswirbelsäule durch direkte Schädi¬
gung der Centren erfolgen, die Temperatur bis zu 42° und 44° C steigen
(Wärmecentrum), die Respiration geschädigt werden. Bei Frakturen der
oberen Dorsalregion treten Darmlähmung, Tympanie, Respirationsstörung
durch Druck auf das Diaphragma ein, bei Frakturen über dem 2. Lumbal¬
wirbel Sphinkterenlähmung. Zu den sekundären Todesursachen gehören
Infektion der Blase und der oberen Harnwege und Infektion von einem
Decubitus aus. Man vermeidet den Katheter durch rektale Massage zur Er¬
schlaffung des Sphinkters. Die nicht oder spät operierten Fälle von Frakturen
und Dislokationen haben eine günstigere Statistik als die sofort operierten.
7. Indikationen und Zeitpunkt der Operation. Verf. verhält sich
abwartend, bis die Diagnose feststeht, dass das Rückenmark nicht voll¬
ständig durchtrennt ist. Sofortige komplette bilaterale (motorische und
sensible) Lähmung beweist eine vollständige Durchtrennung.
8. Tuberkulöse Wirbelkaries. Das Tuberkulom ist ein extraduraler,
vor dem Rückenmark gelegener Tumor. Die ersten Symptome sind
daher motorische Störungen. Die Lokalisation des Tumors wird leicht
zu tief geschätzt. Die Topographie der Rückenmarkssegmente mit Be¬
zug auf ihre Lage zu den Wirbelkörpem ist von V. Horsley gründlich
studiert und beschrieben worden. Da die Prognose davon abhängt,
in welcher Ausdehnung das Rückenmark geschädigt ist, so ist ein ope¬
rativer Eingriff möglichst frühzeitig auszuführen. Die Operation besteht
in der Laminektomie, Entfernung der tuberkulösen Massen und Ein¬
legung einer Knochenplombe ohne Eröffnung der Meningen. Die Para¬
plegie kann dann zurückgehen, wenn sie nicht zu lange bestanden hat,
doch kann andererseits durch eine Wundinfektion das Rückenmark zer¬
stört werden. Verf. beschreibt die Technik der Operation und die
Nachbehandlung. Der Erfolg dieser Eingriffe tritt erst nach 6 Monaten
bis 2 Jahren auf.
Spina bifida. Diese zeigt die verschiedensten Formen bis zur totalen
Rhachischisis. Bei der umschriebenen Form findet man einen gewöhn¬
lich nach hinten vorragenden Tumor. In seltenen Fällen erscheint dieser
infolge eines Defekts der Wirbelkörper vorn, so in 2 Fällen, wo der
mit Spinalflüssigkeit gefüllte Sack sich ins Becken (Willard, Emmet),
und in einem 3. (Robinson), wo er sich gegen die vordere Bauch¬
wand erstreckte. Man unterscheidet nach Dana Meningocele, Meningo-
myelocele und Syringomyelocele, wozu noch Spina bifida occulta hinzu¬
zufügen wäre. Die Behandlung besteht in der kaum zweckdienlichen
und nicht gefahrlosen Injektion von Jodglycerin und in der Exzision
des Meningealsackes. Die Exzision nim mt man von der Seite aus vor,
da die Rückenmarksfasem gewöhnlich an der hinteren Wand des Sackes
angehaftet sind. Bei kompletter Syringomyelie soll man das Rücken¬
mark oben und unten an der Grenze der normalen Zone amputieren, und
wenn es sich um die Cauda handelt, die Fasern wieder sorgfältig vernähen.
10. Schlussfolgerungen. Die weisse und graue Substanz des Rücken-
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marke und des verlängerten Marks können sich nach ihrer Durch¬
trennung nicht mehr regenerieren. Nur der caudale Anteil des Bücken¬
marks, dessen Achsencylinder ein Neurilemm besitzen, ist regenerations¬
fähig, ebenso wie die Nervenwurzeln innerhalb des Craniums und des
Bückenmarkskanals, ferner die peripheren Nerven und die sympathischen
Nervenstränge. Hämorrhagien, Erschütterungen und Kontusionen ohne
Zerreissung können dasselbe klinis che Bild geben. Zwischen der Schwere
des Traumas und dem Grade der Verletzung besteht kein direkter Zu¬
sammenhang. Wichtig sind das zeitliche Auftreten der Symptome und
deren zeitliche Beihenfolge. Lähmungen können sich noch nach Tagen
und Wochen einstellen. Komplette Lähmungen infolge von Hämator-
rhachis nach Schuss- und Stichwunden, welche eine Durchtrennung
des Bückenmarks Vortäuschen können, können durch Spinalpunktion be¬
hoben werden. Die Mehrzahl der Lähmungen nach Frakturen heilt
ohne operativen Eingriff, ein Zeichen, dass eine Durchtrennung des
Bückenmarks gewöhnlich nicht vorhanden ist. Ein Eingriff ist nur
vorzunehmen, wenn die Durchtrennung keine komplette ist, ausgenommen
in der caudalen Zone. Ein unmittelbarer Eingriff ist von Nutzen bei
Kompression oberhalb der Cauda oder Kompression und Durchtrennung
in der Cauda. Ist eine Operation indiziert, so soll sie nicht aufgeschoben
werden, da sonst degenerative Veränderungen eintreten. Bei Frakturen
ohne Dislokation ist eine Operation zwecklos und daher kontraindiziert.
In solchen Fällen sind etwaige Lähmungen auf Zerreissung oder Kon¬
tusion zurückzuführen und ist daher von einem Eingriffe nichts zu er¬
warten. Bei Zerreissungen der Nerven in der caudalen Zone (Stich-
und Schusswunden) ist die Nervennaht angezeigt. Bei nicht malignen
Tumoren des Bückenmarks ist eine Operation bei den ersten Zeichen
von Parese vorzunehmen. Spätoperationen sind kontraindiziert, was in
gleicher Weise von der Kompression durch Tuberkulome gilt. Im allge¬
meinen muss in der Chirurgie des Bückenmarks das Prinzip des früh¬
zeitigen Handelns aufrechtgehalten werden. Karl Fluss (Wien).
Erfahrungen über Lumbalanästhesie mit Stovain, Alypin und Novo¬
cain. Von Baisch. v. Bruns’ Beitr. z. klin. Chir., 1906, Bd. LH, 1. H.
B. teilt 130 Lumbalanästhesien der Czerny'sehen Klinik mit.
Als Anästheticum dienten Stovain, Alypin und Novocain, das letztere nur
8 mal. Die Injektion erfolgte mit einer mit einem Mandrin bewaffneten
Nadel im Sitzen unterhalb des 2. oder 3. Lendenwirbels. Nach der Injektion
wurde der Kranke in Horizontallage oder auch massige Beckenhochlage
gebracht. Die Lösung wurde in der Spritze mit dem Liquor cerebro¬
spinalis vermischt. Stovain wurde in 10 °/ 0 Lösung, immer ohne Neben¬
nierenpräparat, verwendet, Alypin in 5 °/ 0 und 10 °/ 0 Lösung, mit und
ohne Nebennierenpräparat, auch in Form der Tabletten zu 0,02 Alypin
und 0,00013 Suprarenin boric. (Firma G. Pohl in Schönbaum); Novocain
wurde in frischer Lösung oder in Ampullen (Höchst) oder in Tabletten
(C. Höchst) angewandt. Die Altersgrenze wurde nach unten mit
16—17 Jahren, nach oben unbegrenzt gezogen. Bei alten Leuten hat
sich die Lumbalanästhesie sehr bewährt. Im ganzen betrachtet, finden
sich aber viele Fälle, wo die Methode ganz versagte; z. T. mag dies
auf Fehler der Technik zurückzuführen sein, z. T. hatten wohl die
Nerven des Operationsgebietes einen höheren Ursprung, als die anästhe-
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sierende Wirkung der Injektion reichte, z. B. bei Oberschenkelampu¬
tationen, wo die Anästhesie des Ischiadicus unvollständig war, bei Pro¬
statektomie, wobei das Herunterziehen der Blase schmerzhaft war, und
bei Herniotomien. Wurde bei Stovain die Dosis von 0,06 nicht über¬
schritten, so zeigte es keine Nebenwirkungen, wohl aber bei einem Viertel
der Fälle Nachwirkungen, bisweilen in Gestalt von TJrinretention oder
Blasenstörung, die bisweilen bis 14 Tage anhielt. Bei Alypin hingegen
waren die Nebenwirkungen häufig, ebenso die Nachwirkungen, auch bei
Adrenalinzusatz. Einmal rief es bei einem alten Manne doppelseitige
Abducenslähmung hervor, eine leichte Albuminurie wurde vorübergehend
zu schwerer hämorrhagischer Nephritis gesteigert, es traten Blasen-
störungen auf. Das Novocain-Adrenalin erforderte viel grössere Dosen
als Stovain und Alypin, auch waren die Neben- und Nachwirkungen bei
seiner Anwendung schwer und häufig. Stovain und Alypin erwiesen
sich als gleichwertige Präparate; sie wirkten ohne Zusatz eines Neben¬
nierenpräparates sehr gut und zeigten viel weniger Neben- und Nach¬
wirkungen als mit einem solchen zusammen. Vielleicht spielt hierbei
die Wirkung der Nebennierenpräparate selbst eine Bolle, jedenfalls aber
die Verlängerung der Wirkung des Anästheticums durch das Neben¬
nierenpräparat. Klink (Berlin).
Spinal anaesthesia, its advantages and disadvantages. Von J. W.
Struthers. The Edinbourgh medical Journal, Nov. 1906.
In den letzten Jahren hat die Spinalanästhesie eine ziemlich ver¬
breitete Anwendung gefunden, weil sie weniger riskant erscheint als die
Anwendung der allgemeinen Anästhesierungsmittel Chloroform und Aether.
Ueber die Technik wird folgendes gesagt: Zur Anästhesierung wird gewöhn¬
lich zwischen den Lumbal wirbeln eingespritzt. Dönitz (Bier’s Klinik)
verlangt für Abdominaloperationen die Injektion zwischen 1. und 3.
Lumbalwirbel, genau so wie die Quincke’sche Lumbalpunktion. Der
Bücken des Patienten muss vollkommen gekrümmt sein. Als An¬
ästhesierungsmittel verwendet man Stovain mit Hinzufügung eines Adre¬
nalinpräparates. Es hat geringere toxische Wirkung als das Cocain,
grösseren Effekt auf die motorische Zone, lähmt vollkommen die glatte
Muskulatur des Anus (Maximaldosis 0,06 g Dönitz, 0,08 g Chaput).
In einigen Fällen versagte die Wirkung des Stovains auf das motorische
ErregungBcentrum. Verwendung von Tropacocain (Chaput nimmt 1 Teil
Cocain, 3 Teile Stovain); dieses ist etwas schwächer als Stovain und ist
vorzuziehen, wenn höher gelegene Teile der Medulla spinalis anästhesiert
werden Bollen (Schwarz in circa 1000 Fällen; Maximaldosis 0,06g).
Ein anderes Mittel ist Novocain. Heinecke und Läwen beobachteten
nach demselben Auftreten von Kopfschmerzen. Maximaldosis 0,15.
Das Besultat ist in der Mehrzahl der Fälle eine komplete sensible
und motorische Paralyse des Sacral- und Lumbalmarkes und ein ope¬
rativer Eingriff ist in diesem Gebiete völlig möglich. Die Anästhesie
dauert 1%—2 Stunden. In 60—70 °/ 0 der Fälle ist die Anästhesie
ohne jegliche Komplikation, einige Todesfälle sind jedoch schon be¬
kannt.
1. (König) 36 jähriger Mann mit Patellarfraktur. Lumbalanästhesie
mit Stovain 0,06 im 3. Lumbalz wischen wirbelraum. Komplete Anästhesie
mit motorischer Paralyse der Extremitäten, der Blase und des Bectoma
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Die Paralyse ging aber nicht zurück; Patient starb an Cystitis und auf¬
steigender Pyelonephritis. Die Dura fand sich etwas adhärent, doch
sprach nichts für eine Infektion vom Stichkanal aus. Die Cerebrospinal¬
flüssigkeit war steril.
2. (Dönitz) 75jähriger Mann mit Peniscarcinom. Exitus einige
Momente nach Injektion von Tropacocain (0,13 g). Eine etwas grössere
Dosis wegen der länger andauernden Operation (Ausräumung der In-
ginualdrüsen).
3. (Chaput) 30jähriger Patient mit Empyem der Pleurahöhle.
Injektion von Cocain 0,02 g und Stovain 0,06 g. Nach Entleerung des
Empyems Collaps und Exitus.
4. (Schwarz) 60jähriger Mann mit Hernia inguinalis incarcerata.
Exitus während der Operation.
Autor meint, dass im Falle König ein solches Resultat unerwartet
war, in den übrigen 3 Fällen es alte oder heruntergekommene Individuen
waren, bei denen Allgemeinnarkose auch gefährlich gewesen wäre.
Paralyse der Respiration wurde in 4 Fällen beobachtet. Dönitz
sah nach Stovaininjektion (0,04 g) Asphyxie; künstliche Atmung durch
5 Minuten.
Greiffenhagen sah 2mal nach Stovaininjektion (0,08 g und
0,10 g) Asphyxie, künstliche Atmung durch 25 Minuten.
Sandberg sah nach Stovaininjektion (0,07 g) Respirationslähmung,
durch 25 Minuten künstliche Atmung.
Collaps wurde in einer grossen Zahl von Fällen gleich nach der
Injektion von Tropacocain oder Stovain beobachtet. Allgemeine Schwäche,
Erbrechen, Necessitas involuntaria sind häufige Begleiterscheinungen.
Unvollkommene Anästhesie sah Deetz 4mal in 126 Fällen an den
unteren Extremitäten, 23 mal bei 228 Abdominal- und Beckenoperationen.
Becker sah sie 10mal bei 87 Abdominaloperationen, 2mal unter 34 Ope¬
rationen der unteren Extremitäten, keine Anästhesie bei 20 Rektal¬
operationen.
Chaput hatte 19mal Misserfolge unter 309 Fällen. An Sonnen-
burg’s Klinik gab es 18 wirkungslose Anästhesien in 114 Fällen mit
Stovaininjektion, 8mal in 78 Fällen mit Stovain, Adrenalin; kein Ver¬
sagen in 82 Fällen mit Novain-Adrenalin. Dönitz hatte nur 4 Miss¬
erfolge bei über 300 Fällen.
Andere Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen, die sehr intensiv und
heftig zu sein pflegen. Schwarz beobachtete sie in 5 °/ 0 von 300 Fällen,
Deetz 50mal unter 360 Fällen; in einem Falle hielten sie mehr als
6 Wochen an. Chaput beobachtete sie in 10°/ 0 seiner Fälle, oft be¬
gleitet von Schmerzen neuralgischen Charakters in den Füssen. — Er¬
brechen, Fieber wurden gelegentlich beobachtet, aber ohne dass sie von
langer Dauer waren. Dönitz sah Paraplegie in 2 Fällen nach vorher¬
gegangener Spinalanästhesie. Nach diesen Erfahrungen, meint Verf., ist
es schwer, der Spinalanästhesie den Vorzug vor der Allgemeinanästhesie
zu geben. Leopold Isler (Wien).
Experimentelle Untersuchungen Aber Lumbalanästhesie. Von H.
Heineke und A. Laewen. Arch. f. klin. Chir., Bd. LXXXI, 1 T.
Die Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, welchen Umständen
die gefährlichen Nebenwirkungen bei der Lumbalanästhesie — Erbrechen,
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Sinken des Blutdruckes usw. — zuzuschreiben sind, ob sie als Folge
des durch Aufsteigen der injizierten Lösung im Duralsacke bedingten
direkten Contacts mit den lebenswichtigen Centren des Nervensystems
oder durch Resorption in den Kreislauf hervorgerufen werden. Während
Klapp für ein Vorwiegen der Resorptionswirkung eintritt, gipfeln die
Untersuchungen des Verfassers darin, dass die giftige Wirkung in erster
Linie durch direkten Einfluss der Injektionsflüssigkeit auf die Substanz
des Centralnervensystems bestimmt wird, während die Resorption hierbei
keine wesentliche Rolle zu spielen vermag.
Victor Bunzl (Wien).
Ueber Lumbalanästhesien. Von Ha über. Arch. f. klin. Chir.,
Bd. LXXXI, n. T.
Verf. teilt in vorliegender Arbeit seine Erfahrungen über Lumbal¬
anästhesie mit. Von 200 Fällen war bei 160 die Anästhesie vollständig.
Bei 26 Patienten war die Schmerzempfindung stark herabgesetzt und
es konnte ohne Narkose ausgekommen werden, während in den übrigen
14 Fällen Allgemeinnarkose verwendet werden musste. Schwere Folge¬
erscheinungen wurden nicht beobachtet. Am häufigsten traten Kopf-
und Kreuzschmerzen, daneben auch Erbrechen, Singultus, Appetitlosigkeit
und Nackenschmerzen auf. Hervorzuheben wären 3 Fälle von Ab-
ducensparese, die aber ohne Therapie zur Heilung kamen. — Verf. ist
ein unbedingter Anhänger der Lumbalanästhesie und rät nur von ihrer
Verwendung bei jungen, nervösen Leuten sowie bei blossen Unter¬
suchungen wie Cystoskopie usw. ab, während er im übrigen nicht nur
bei kleineren Eingriffen, sondern auch bei grösseren intraabdominalen
Operationen für sie eintritt, insbesondere bei Leuten mit Herzfehlern,
Lungenleiden und bei Patienten im höheren Alter sowie überall dort,
wo der Körper durch die Allgemeinnarkose gefährdet wird.
Victor Bunzl (Wien).
B. Hagen.
Beitrag zur Operation des perforierten Magengeschwürs. Von
N. Körte. Arch f. klin. Chirurg. Bd. LXXXI, 1. Teil.
Verf. berichtet über Erfahrungen, die er an 18 operierten Fällen
von perforiertem Magengeschwür gesammelt hat, wovon folgendes er¬
wähnt werden soll: 13 mal erzielte er Heilung, d. i. gegenüber der
bisher beobachteten Mortalität ein besonders günstiges Resultat. Im
Gegensätze zur relativen Häufigkeit von Ulcus ventriculi bei Weibern
gehörten 14 von den citierten Fällen dem männlichen und nur 5 dem
weiblichen Geschlechte an, die Mehrzahl der Patienten stand zwischen
dem 20. und 40. Lebensjahre und die Chancen der Operation waren in
diesem Alter am günstigsten. Sehr auffallend und bemerkenswert ist
die Tatsache, dass unter 19 Perforationen viermal solche nach voraus¬
gegangener Gastroenterostomie beobachtet wurden, welcher Umstand den
obigen Eingriff in seiner therapeutischen Bedeutung herabzusetzen ge¬
eignet ist. Die Wahl der Methode war dabei gewiss nicht von be¬
stimmendem Einfluss, da die verschiedensten Methoden zur Anwendung
gelangt waren. Das wichtigste objektive Symptom der eingetretenen
Perforation ist die abnorme Spannung der Bauchmuskulatur, welche be-
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sonders im Epigastrium, wo auch die Druckempfindlichkeit am stärksten
ist, am deutlichsten hervortritt. Die „freie Gasblase u im Bauch sowie
das Schwinden der Leberdämpfung sind kein sicheres Symptom und häufig
zur Zeit der Indikationsstellung für die Operation noch nicht entwickelt.
Die Operation muss möglichst früh nach erfolgter Perforation erfolgen,
von welchem Umstand die Prognose in erster Linie abhängt. Der Sitz
der Perforation fand sich 8 mal in der Gegend des Pylorus, 8 mal in
der Mitte der kleinen Kurvatur, 2 mal mehr cardialwärts, 2 mal ferner
an Stelle der früheren Gastroenterostomie, je einmal im Jejunum und
Duodenum; in einem Falle führte ein 2. Ulcus, das bei der Operation
nicht bemerkt worden war, zum Exitus.
Die Resektion des Geschwürs ist nur in jenen Fällen ratsam, wo
der Allgemeinzustand des Patienten diesen längeren Eingriff gestattet,
empfehlenswert hingegen ist die Umschneidung der Ränder, weil dies
zu einer sicheren Vereinigung derselben führt. Zur Entlastung des
Magens, resp. der genähten Partie ist ferner die Hinzufügung der Gastro¬
enterostomie anzuraten, welcher Eingriff vom Verf. 9 mal vorgenommen
wurde.
Die Spülung des Bauches mit warmer Kochsalzlösung ist stets vor¬
zunehmen, der Wert der Drainage hingegen ist ein geringer und ist es
am besten, in geeigneten Fällen den Bauch völlig zu schliessen. Die
Krankengeschichten obigen Materials sind am Schlüsse der Arbeit an¬
gefügt. Victor Bunzl (Wien).
Rupture of gastric ulcer into the posterior mediastinum. Von
Francis Haswell. Brit. Med. Journ. 23. Febr. 1907.
J. A. litt seit 6 Jahren an Magendilatation, seit 18 Monaten be¬
standen Erscheinungen einer Ulceration. Im Januar 1907 traten
Schmerzen im Epigastrium sowie braunfarbiges, flüssiges Erbrechen auf,
der Darm war konstipiert; die Beschwerden gingen auf medizinische
Behandlung zurück. Am 4. Januar plötzlicher Rückenschmerz in der
Höhe des 6. Dorsalwirbels, der von Erbrechen brauner, krümlicher
Flüssigkeit begleitet war. Die Bauchmuskeln waren stark gespannt ohne
Druckschmerz. Am Nachmittag bildete sich eine Geschwulst am Halse
und in kurzer Zeit zeigt sich beiderseits ein beträchtliches Emphysem.
Um 3 Uhr a. m. Exit. let. Das Magenulcus hatte das hintere Mediasti¬
num perforiert. Herrnstadt (Wien).
Lymphosarcoma of the stomach and abdominal glands. Von
Dr. Norman Dalton. Lancet, 15. Dez. 1906.
Ein 15 jähriger Bursche litt an abdominalen Schmerzen und
Schwellung seit circa 4 Monaten. Bei der Nekropsie waren mediastinale
und retroperitoneale Drüsen vergrössert und weich, am Zwerchfell sah
man kleine, weisse Tumoren und eine grössere Geschwulst betraf den
Magen und das Omentum; auch in Leber und Nieren waren kleine
Knötchen. Der Magentumor begann an der grossen Kurvatur 3 Zoll
vom Pylorus entfernt und war an der inneren Seite ulceriert; eng ver¬
bunden mit ihr war die Geschwulst des Omentums, so dass sich der
Ausgangspunkt nicht feststellen liess. Mikroskopisch sah man kleine,
runde Zellen mit starkem Stroma und wenig Blutgefässen; es bestand
die Aehnlichkeit mit den Zellen des Rundzellensarkoms. Verf. verlegt
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den Beg inn in die abdominalen Lymphdrösen ans folgenden Gründen:
1. da die Ausbreitung wahrscheinlich auf dem Wege der Lymphgefässe
stattfand, 2. die Drüsen auf dem Wege vom Magen zum Ductus tho-
racicus waren nicht affiziert, 3. die affizierten Drusen waren gleich gross
und weise, wie sie bei Lymphadenomen gefunden werden.
Herrnstadt (Wien).
C. Milz.
Ein Beitrag zur Beleuchtung der sogenannten Bantischen Krank¬
heit. Von J. H e d e n i u s. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. LXITI, 1.—4. H.
Der Begriff Bantische Eirankheit ist seit 10 Jahren etwa bekannt.
Sie entwickelt sich schleichend, hat 3 Stadien ohne jede nachweisbare
Aetiologie; sie tritt in den 3 Stadien auf: das anämische dauert 3—&
Jahre, bisweilen 10—12 Jahre, wird schliesslich durch einen grossen
Milztumor begleitet. Bemerkenswert ist das Auftreten von Nasenbluten.
Urin normal; keine Digestionsstörungen, kein Fieber. Im 2. Stadium
von nur einigen Monaten Auftreten eines leichten Icterus, lieber etwas
vergröBsert; Magen-, Dannfunktion etwas gestört. Hammenge verringert,
Auftreten von Gallenfarbstoff. — Das 3. Stadium führt zur Verkleinerung
der Leber, Auftreten von Ascites; zunehmende ausgeprägte anämische
Kachexie. Hammenge wird sehr klein. Abends können Temperatur¬
steigerungen auftreten, nach &—7 Monaten Exitus. Das Blut zeigt eine
dem Grade der Anämie entsprechende Verminderung der roten Blut¬
körperchen, Poikilocytose, spärliche Normoblasten; weisse Blutkörperchen
etwas vermindert; Lymphocyten percentuel etwas vermehrt. Ausserdem
bemerkenswert die hämorrhagische Diathese.
Ein genau beobachteter Krankheitsfall illustriert diese Krankheit mit
ihrem Symptomenkomplex. Bei einem 71 jährigen Manne ohne erklärende
anamnestische Angaben tritt ein Milztumor auf, der den Patienten jetzt
belästigte, aber schon vor 6 Jahren ihm aufgefallen war. — Eine damalige
Untersuchung hatte Milztumor ohne Lebervergrösserung gezeigt. Blut:
rote Blutkörperchen 4 200 000, 58 °/ 0 Hämoglobingehalt, weisse Blut¬
körperchen 3500, Verhältnis der weissen zu den roten wie 1:2100. —
Dann nach 3 jähriger Beobachtung Auftreten von Oedemen an den Füssen
und Händen, Digestionsbeschwerden mit Erbrechen. Kein Ascites. 1 Jahr
später Auftreten von Ascites, Verkleinerung der Leberdämpfung, Ab¬
nahme der Urinmenge. Blutbefund blieb stationär. Temperatursteige-
rung gegen Abend, Blutbrechen gegen das Ende der Krankheit. Unter
zunehmender Kachexie Exitus letalis, 9 Jahre nach der ersten Beobach¬
tung. — Die pathologisch-anatomische Untersuchung ergab Milzschwel¬
lung sowohl des bindegewebigen Anteiles wie der Follikel, ferner
Blutpigmentzellen neben Kiesenzellen. Das ganze Bild kann als chro¬
nisch entzündliche Hyperplasie der Milz gedeutet werden. Die Leber
zeigt deutlich einer cirrhotischen Entzündungsprozess und eine mantel¬
artige Bindegewebsproüferation um die Portalgefäsae. Ausserdem wurde
eine offenbar von entzündlichen Prozessen herrührende Verdickung der
mesenterialen Blutgefässe gefunden, was leider mikroskopisch nicht
weiter untersucht wurde.
Verf. kommt nach eingehenden Betrachtungen über die von Banti
selbst aufgestellten charakteristischen Merkmale, die aber hier nicht ganz
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eindeutig so gefunden wurden, und über die von anderen Autoren ge¬
machten Beobachtungen zu folgenden Schlussfolgerungen:
1. Die Bantischen Krankheitsstadien und das ganze nach Banti
von Osler, Senator u. a. modifizierte, als charakteristisch hervor¬
gehobene Symptomenbild wird bisweilen in Fällen getroffen, die den
von Banti geschilderten pathologisch-anatomischen Befund nicht zeigen.
2. Die klinischen Merkmale des Blutes bei Morbus Banti können
auch in anderen Krankheiten mit Splenomegalie Vorkommen.
3. In gewissen Fällen von Lebercirrhose sind wahrscheinlich Um¬
stände begünstigend für das Auftreten und das Krankheitsbild be¬
herrschende Erscheinen eines Milztumors, der dadurch als primäres
Symptom imponiert. Leopold Isler (Wien).
Beitrag zur operativen Behandlung der Bantischen Krankheit.
Von A. Thiel, Deutsche Zeitschr. f. Chir., 1906, p. 576.
Verf. berichtet über einen Fall von Bantischer Krankheit, welcher
von ihm im dritten Stadium operiert wurde. Die Milzexstirpation hatte
in vorliegendem Fall einen ausserordentlich günstigen Einfluss, weshalb
Verf. auch bei vorgeschrittenem Stadium obiger Erkrankung die Ope¬
ration empfiehlt. Victor Bunzl (Wien).
Splenectomie and Banti’s disease. Von G. E. Armstrong. Brit.
Med. Joum., 10. Nov. 1906.
Unter dem Namen Banti’s disease ist folgender Symptomen-
komplex zu verstehen: Die Milz vergrössert sich aus unbekannten Ur¬
sachen, wird härter, behält jedoch ihre normale Kontur bei. Später
entwickelt sich progressive Anämie mit Perioden von Remission, es
entstehen Pigmentierung der Haut und leichter Icterus der Konjunktiven.
Dieses Stadium dauert bis zu mehreren Jahren. Im 2. Stadium finden
sich im Urin reichlich Urate und Urobilin, im 3. Stadium die Erschei¬
nungen der Laennec’schen Cirrhose. In der Milz bestehen Sklerose
der Kapsel und des Reticulums, Atrophie der Malpighischen Körper und
der Pulpa. Im Blute finden sich Oligocythämie, Leukopenie und ver¬
minderter Hämoglobingehalt.
Verf. beschreibt einen Fall von oben erwähnter Krankheit, in
welchem die Milz die folgenden Dimensionen angenommen hatte: sie
reichte nach abwärts bis an die Crista ilei — 8 Zoll — nach rechts
2 Zoll über die Medianlinie, Oberfläche glatt, linksseitige Varicocele,
die Venen des linken Beines dilatiert. Augen und Haut icterisch,
Leukocyten 2,96°/ 0 , polymorph-nucleäre 79°/ 0 , mononucleäre 3°/ 0 , Lympho-
cyten 11,5 °/ 0 , eosinophile 2 , 5 "/., basophile 1 °/ 0 . Kein Albumen. Am
2. Jan. 1906 wurde die Milz enfernt. Dieselbe war allseits frei, nur
am unteren Ende waren enorme Venen, welche gegen den Hilus zu ver¬
liefen ; zahlreiche kleine Venen verliefen zum Mesocolon transvers. Nach
der Operation traten häufige Anfälle von Tetanie auf, die durch sub¬
kutane Morphiuminj. bekämpft wurden. Das Gewicht der Milz war 1 kg,
die Masse 22 und 13 cm. Kapsel verdickt, die Schnittfläche dunkelrot
und blutend, das Reticulum hyperplastisch; Pulpa leicht abstreifbar.
Mikroskopisch ist das Bindegewebe vermehrt, die Blutsinus erweitert
und mit phagocytischen Endothelien gefüllt, nur wenige lymphatische
Zellen sichtbar. Die Malpighischen Körperchen sind klein und von
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geringer Zahl, im Centrum sind kleine, hyaline Massen, die Gefaase
derselben zeigen einen diffusen, sklerotischen Prozess.
Am 16. Juli präsentierte sieh Patient als völlig geheilt, alle lokalen
Erscheinungen waren geschwunden. Rote Blutkörperchen: 5200000,
weisse 14600, Hämoglobin 95 °/ 0 .
Unter 32 Fällen beträgt die Mortalität 28 °/ 0 ; die Erkrankung fällt
zwischen das 10. und 40. Lebensjahr. Das Gewicht der Milz schwankt
zwischen 790,0 und 5670 g. Die erhaltenen Resultate sprechen dafür,
dass in der Milz irgend ein Toxin gebildet wird, welches die Anämie
und später die Veränderungen in der Leber hervorruft. In vielen Iftlkn
besteht eine extreme Dilatation der Milzvenen und ihrer Aeste, welche
manchmal Plaques enthalten, manchmal klappenartig konstringiert sind.
Das Blut ist oft durch Jahre nicht wesentlich verändert, die Dilatation
der Vasa brevia verursacht eine Stockung der Zirkulation in den Mih*
gefä88en und infolge dessen Anämie. Es ist möglich, dass die primäre
Ursache in den Venen liegt, die Vergrösserung der Milz durch die
langdauernde, passive Hyperämie hervorgerufen wird und dass das Toxin,
welches die Veränderungen im Blut und in der Leber erzeugt, ak
Resultat der alterierten Milzzirkulation anzusehen ist. Der Ascites ist
wohl eine Folge der Obturation des Blutstromes gegen die Vena mesenter.
Behandlung: 3 Punkte müssen hier in Betracht gezogen werden:
1. Die Krankheit ist progressiv und führt zum Exitus. 2. Nur die
Splenektomie kann auf die Anämie und die Entwicklung der Lebercirrhose
günstig wirken. 3. Nach der Operation tritt eine sofortige und oft auch
permanente Besserung ein. Je früher die Operation vorgenommen wird,
desto günstiger stellt sich die Prognose. Man legt eine vertikale In¬
zision am äusseren Rande des linken Rectus vom Rippenrande in die
linke Lendengegend an und kann dann leicht alle Adhäsionen lösen.
Spezielle Sorgfalt ist der Hämorrhagie aus den Vasa brevia zuzuwend».
Herrnstadt (Wien).
Zar Frage der chirurgischen Eingriffe bei lienaler Leukämie.
Von H. Lindner. Deutsches Archiv für klin. Medizin, Bd. LXXXV,
1.—2. Heft.
Da es durch vielfältige Erfahrung sichergestellt ist, dass die Exstir¬
pation der Milz als solche gut vertragen werden kann, so sieht Verf.
den Grund der relativ ungünstigen Erfolge der Milzexstirpation bei
lienaler Leukämie weniger in dem Eingriff selbst als in der za weit¬
gehenden Indikationsstellung. Fortgeschritteneres Stadium der Leukämie,
hochgradige Anämie, ausgedehnte Adhäsionen kontraindizieren den Ein¬
griff; alle Todesfälle sind auf Blutungen oder Collaps zurückzuführen.
Die Gefahr steigert sich, je mehr Adhäsionen zu trennen und j«
flächenhafter diese sind, denn sie bluten wie aus einem Schwamm.
Handelt es sich dagegen um leichte Fälle, Patienten von gutem Kräfte¬
zustand, Milztumoren ohne ausgedehnte Adhäsionen und werden durch
dieselben peinliche lokale Störungen ausgelöst, so wird man aus sym¬
ptomatischer Indikation operieren. Ein solcher Fall wird mitgeteilt
Eine 44 jährige Patientin mit allen Symptomen einer Leukämie und
starken Milzschmerzen wird operiert. Die exzidierte enorm vergrösserte
Milz erweist sich bei der histologischen Untersuchung als wahrscheinlich
leukämisch. Der Verlauf nach der Operation war gut, die Zahl der
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Leukocyten ging rapid herunter und zwei Jahre nach der Operation
fühlte sich Patientin völlig wohl und war frei von allen Beschwerden
im Abdomen. Eine völlige Heilung bringt die Operation natürlich
nicht, aber alle verhängnisvollen Folgen des rasch wachsenden Milztumors,
die Druck- und Verschiebungseffekte für die Magen- und Darmverdauung
eind abgewendet und immerhin der Krankheitsprozess durch die Ver¬
minderung der Leukocytenzahl im günstigen Sinne beeinflusst.
Raubitschek (Wien).
Rupture of the spieen; splenectomy; recovery. Von W. Alexander.
Lancet, 12. Jan. 1907.
Im Anschluss an ein Trauma traten bei einem 34 Jahre alten
Manne Schmerzen in der linken Abdominalseite und Erbrechen auf. Die
Temperatur war normal, keine Rippenfraktur. Am nächsten Abend
verschlimmerte sich der Zustand plötzlich, das Erbrechen wiederholte
sich 3 mal, die Atmung wurde frequent und oberflächlich, Puls klein,
Temperatur: 97,6 F. Das Abdomen war eingezogen. Nach Incision
zeigte sich das linke Hypochondrium voll mit Blutcoagula und die Milz
rupturiert, das Colon ausgedehnt. Die Milz wurde mit den Blutcoagula
entfernt, der eintretende Collaps mit Kochsalzinfusionen bekämpft, nach¬
her die Wunde drainiert und geschlossen. 2 Tage später wurden die
Drains durch schmale Qazestreifen ersetzt. Das anfängliche Erbrechen
sistierte, doch traten Bronchitis und Reiben an der rechten Lungen¬
basis auf. In der Milz fanden sich 2 Risse.
Die Milz war durch Adhäsionen an dem Diaphragma fixiert und
war durch die Bewegungslosigkeit der Wirkung des Traumas mehr aus¬
gesetzt. Die Blutung war im Beginne intra-capsulär, und der Kapselriss
trat erst später hinzu; dadurch war es dem Patienten möglich, nach
erfolgter Verletzung noch kurze Zeit zu arbeiten. Nach der Operation
wurden der Blutverlust und der schwere Collaps durch intravenöse In¬
jektion von physiol. Kochsalzlösung und Adrenalin behoben; die Wirkung
trat sofort ein. An einer Stelle, wo Nachblutung erfolgte, genügte das
Anpressen eines in Adrenalin getauchten Gazestreifens, um die Blutung
zum Stehen zu bringen. Herrnstadt (Wien).
A successfull case of splenectomy for rupture of the spieen. Von
Graham v. Simpson. Lancet, 11. Aug. 1906.
Ein 27 Jahre alter Mann fiel bei einem Bau von einem 20 Fuss hohen
Gerüste herab und wurde mit Fraktur des linken Oberschenkels ins
Spital aufgenommen. 4 Stunden nach dem Unfälle klagte Patient über
heftige Schmerzen im Abdomen. P.: 140, T.: 100 F., Resp.:50. Er¬
brechen bestand nicht; seit der Aufnahme kein Abgang von Stuhl und
Urin; das Abdomen im oberen Anteile hart, ging bei der Respiration
nicht mit, die Perkussion ergab im Epigastrium gedämpften Schall.
5 8 / 4 Stunden nach dem Unfälle wurde die Laparotomie gemacht; es fand
sich im oberen Anteile des Abdomens eine bedeutende Quantität dunkel¬
roten Blutes. Die Leber war intakt, in der Milz dagegen fand sich ein
breiter, querer Riss, ausgehend vom Hilus und nahezu 2 Drittel des Organes
durchsetzend. Nach Anlegen von Klemmen am Stiele stand die Blutung.
Die Milz wurde in toto entfernt und die Bauchhöhle vom Blut ge¬
reinigt, worauf eine Kochsalzinfusion gemacht wurde. In der folgenden
Centr&Iblatt f. d. Gr. d. Med. n. Chir. X. 35
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Nacht erbrach Patient einmal und klagte über Leibschmerzen. Wegen
Urinretention wurde katheterisiert. 5 Tage nachher wurden die Schmerzen
wieder heftiger. P.: 120, T.: 101° F. Pulsation im Epigastrium. Die
Pulsation wurde auf den rechten Ventrikel bezogen. Die Schmerzen
liessen bald nach und die Besserung war von nun an eine kontinuier¬
liche. Die Fractura femor. brauchte 12 Wochen zur Heilung. Während
des Spitalsaufenthaltes wurde das Blut öfter untersucht. Im An¬
fang bestand Verminderung der Erythrocyten, nach 4 Wochen normale
Anzahl. Leukocyten, im Beginn 44,000, waren nach 3 Wochen gleich¬
falls normal. Die Zunahme der Leukocytenzahl lässt sich durch eine
Wundeiterung erklären. Eine Zeit lang bestand Vergrösserung der linken
Axillar- und Inguinaldrüsen, niemals Knochenschmerzen. Der Puls war
nach den ersten 14 Tagen stets normal. Verf. hat 70 Fälle von Milzruptur
zusammengestellt, darunter 4 / 6 bei Männern. In bezug auf die Diagnose
kommen 3 Punkte in Betracht: 1. Die Anamnese. Die gewöhnliche
Ursache ist Schlag oder Fall auf das Abdomen oder die Seite; dann
kommen an Häufigkeit Stoss oder Quetschung, eine geringe Anzahl ist
auf plötzliche Bewegung zurückzuführen, dabei handelt es sich gewöhn¬
lich um grosse, weiche Malariamilzen. 2. Zeichen der inneren
Blutung. Blässe, Durstgefühl, Unruhe, Urinretention, Shock. 3. Die
lokalen Symptome. Schmerzen im Abdomen, namentlich links,
Spannung der abdominalen Wand, Flankendämpfung, wobei bei Lage¬
wechsel die Dämpfung der rechten Seite schwindet, die der linken je¬
doch nicht; es findet sich dieses Zeichen nur bei Ruptur der Milz oder
der linken Niere.
Was die Behandlung anbelangt, so kommen 4 Gruppen in Betracht:
1. Patient stirbt Bofort oder innerhalb weniger Minuten nach dem Un¬
fälle. 2. Die Symptome treten erst später auf, nach 24 Stunden bis
25 Tagen; in (Uesen Fällen kann die Blutung temporär aufhören oder
sie ist im Beginn subkapsulär und bricht erst später durch die Kapsel.
3. Patient übersteht den Shock und die ersten Symptome der Blutung
zeigen sich nach 1—24 Stunden. 4. Wenige Fälle, in denen sich die
Symptome der Milzruptur spontan rückbilden.
Alle diese 4 Gruppen erfordern operative Behandlung: In der
1. Gruppe sofortige Laparotomie, es bestehen jedoch nur geringe Chancen
für die Heilung. In der 2. Gruppe ist eine explorative Laparotomie
zu machen, sobald sich die Zeichen einer intraabdominalen Blutung ein¬
stellen; in der letzten Gruppe endüch sind es 2 Gründe, welche für
Laparotomie sprechen: eine Autoinfektion des ergossenen Blutes oder
Bildung eines subphrenischen Abscesses.
Die Mortalität bei Milzruptur ist folgende: Unter 70 Fällen wurden
42 operiert, von diesen starben 15 (36 °/ 0 ). Die Ursachen der hohen Mor¬
talität sind: 1. Peritonitis, 2. Komplikationen, wie Rupturen von Ein-
geweiden, besonders der linken Niere, oder Frakturen der Schädelbasis,
3. zu spät durchgeführte Operation.
Folgen der Splenektomie. Die grösste Zahl der Fälle zeigt
nur vorübergehende Anämie und Leukocytose, die in einem Monat zu¬
rückgeht, Vergrösserung der linken Axillar- und Inguinaldrüsen. In
einem Falle bildete sich eine Ventralhernie, ein anderer erkrankte nach
der Operation an Typhus abdominalis; in 6 Fällen traten Spätsymptome
auf: epigastr. Schmerzen, Durstgefühl, Puls- und Respirationbeschleunigung,
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Kopfschmerzen und Schwindel. Nach Mr. Balance ist dies daranf
znrückznführen, dass es einige Zeit erfordert, bis die anderen Organe
die Funktionen der Milz übernehmen. Der Blutbefund ist nach Ehrlich
folgender: Ein Zunehmen der Lymphocyten im 1. Jahre nach der
Operation und massige Eosinophilie nach dem ersten Jahre.
Herrnstadt (Wien).
Ett fall af mjältruptur. Von Leo Klemperer. Hygiea, N. F.,
Okt. 1906, S. 1056.
Ein 51 jähriger Mann, der vor 12 Jahren an leichter Malaria ge¬
litten hatte und seitdem gesund gewesen war, bekam 2—3 Monate vor
seiner jetzigen Eirankheit eine Glykosurie mit 4—5 °/ 0 Zucker, die nach
Diät und Karlsbader Kur wieder verschwand. Vor 4 Wochen nach
einem Diätfehler Urticaria, seitdem fühlte er sich matt und unwohl, der
Appetit verschwand, Uebelkeit und Schmerzen im Magen blieben be¬
stehen ; bald Icterus, Leberschwellung und Milzvergrösserung ohne Fieber
oder Frösteln mit dunklem aber eiweiss- und zuckerfreiem Harn; Dia¬
gnose : atypische Lebercirrhose oder Neubildung des Pankreas, letztere
auf Grund der früheren Glykosurie. Bei der Untersuchung in Karlsbad
durch Yerf. dieselben Symptome, am 4. Tage nach einem Bade ver¬
mehrte Spannung im Bauche und Aufstossen und in der Nacht beim
Aufsuchen des Klosetts plötzlich Ohnmacht. Bei der Untersuchung
Bauch sehr aufgetrieben und schmerzhaft, besonders links bei Injek¬
tionen, Tod 2 Stunden später. Bei der Sektion reichlich Blut im Leibe,
teilweise koaguliert, die Oberfläche der Milz von Koagulis bedeckt,
nach deren Entfernung ein 10—13 cm langer Riss in der vorderen Milz¬
kapsel zum Vorschein kam, durch den man in eine faustgrosse, von
Koagulis und Müzznasse erfüllte Höhle kam. Die ungefähr 8 mal ver-
grösserte Milz war sehr weich, mürbe und zeigte an der Schnittfläche
mehrere frischere und ältere Blutungen. Die Leber war vergrössert,
weich, das Pankreas normal. Im retroperitone&len Gewebe um die Porta
hepatis eine diffuse Eiteransammlung und im untersten Teil des Ileums
nahe der Valvula Bauhini ein nagelgrosses scharfkantiges, nach Ansicht
des Obducenten möglicherweise ein typhöses Geschwür; die Mesenterial¬
drüsen markig geschwollen.
Eine vom Darmkanale ausgehende Infektion ist nach Yerf. mit
Sicherheit anzunehmen. Köster (Gothenburg).
Zur Diagnose und Behandlung der snbcntanen traumatischen Milz¬
rupturen. Von Borelius. Zeitsch. f. klin. Mediz., Bd. LXIII,
1—4. Heft.
Im Verhältnis zur Verletzung des Darmtractus und der Leber scheint
isolierte Milzverletzung relativ selten Folge einer schweren Bauchkontusion
zu sein.
Gesunder 36 jähriger Bauer wird, von einer Lokomotive nieder-
gestossen, circa 1 1 / s h p. trauma eingeliefert, zeigt nur Zeichen eines
schweren Shockzustandes. Bauch nicht besonders schmerzhaft. Keine
Flankendämpfong. Kein Blut im Urin. Guter, voller, kräftiger Puls. —
In den folgenden 2 Stunden zeigten sich ausgesprochene Anämie, kleiner
niedriger Puls. Dämpfung in beiden abhängigen Partien des Abdomens.
Diagnose: Ruptur der Milz oder Leber oder beider gleichzeitig. Auch
jetzt im Harn kein Blüt. Laparotomie. Die Leber zeigt sich unversehrt,
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die Milz ist von ihren Verbindungen losgelöst, an zahlreichen Stellen ist die
Kapsel eingerissen. Reichliche Menge von Blutflüssigkeit im Abdomen.
Unterbindung der zuführenden Gefasse der Milz und Exstirpation der
Milz. Heilung. — Die Diagnose war ziemlich leicht auf Grund der
Symptome zu machen. Möglichkeit einer Heilung bietet nur der operative
Weg; dabei ist folgendes zu erwägen:
1. Tamponade, 2. Naht der Ruptur, 3. Unterbindung der Milz-
gefasse und Reposition der Milz, 4. Ausräumung des Hämatoms (die Milz
bleibt unberührt), 5. Milzexstirpation. — Tamponade und Naht ist nicht
sicher für Hämostase. — Bei Unterbindung ist gleichzeitig auch Nekrose
der Milz die Folge. Daher ist am besten und sichersten die Exstirpation
der Milz, die offenbar ohne Schaden für den menschlichen Organismus ver¬
tragen wird. Ausfallserscheinungen ergaben sich keine. — Die Blutunter¬
suchung ergibt in den ersten Tagen Herabsetzung der roten Blutkörperchen
(2,800.000), sie steigen dann im Laufe der nächsten Monate auf normale
Zahl (5,500.000). Von weissen Blutkörperchen finden sich alle Formen
ohne Vermehrung, nur Lymphocyten, eosinophile Lymphocyten etwas
vermehrt. Leopold Isler (Wien).
D. Peritoneum, Mesenterium.
Kasuistische Beiträge zur Kenntnis der von Enteritis ausgegangenen
Peritonitis. Von G. K. Lennander und G. Nyström. Zeitschr.
f. klin. Med., Bd. LXIH, 1—4. Heft.
In 10 sehr ausführlich mitgeteilten Krankengeschichten kommen
Verf. zu folgenden Resultaten:
Es gibt keine acuten Infektionskatarrhe im Coecum oder im Heum,
die nicht auch gleichzeitig die Schleimhaut das Proc. vermiformis
angreifen. Die Bedingungen für eine vollständige Genesung sind weit
schlechter im Proc. vermiformis als im Coecum und im Ueum. Viele
Patienten mit Ueotyphlitis genesen daher, ohne dass Peritonitissymptome
auf den Proc. vermiformis hinweisen. Es geht dann die Krankheit im Proc.
vermiformis in ein chronisches Stadium über, sie wird noch mehr ge¬
steigert durch Fäcalsteine, Narben, Abknickungen. Es kann aber in wenigen
Fällen der Prozess im Proc. vermiformis auch Fortschritte machen,
nachdem eine Enterotyphlitis bereits abgeklungen ist.
Betreffs der Aetiologie fand man in den untersuchten Fällen nur in
3 Fällen Streptococcenenteritis. In den übrigen Fällen fand sich bei der
Operation reichlich seröse oder seröspurulente Flüssigkeit in der freien
Bauchhöhle, wo die bakteriologische Untersuchung entweder gar keine oder
nur eine sehr geringe Anzahl von Bakterien nach wies; auch Kulturen
waren negativ. Stets fand sich kolossale Gefässinjection der Serosa
der dünnen Därme, daneben Lymphdrüsenschwellungen im Mesenterium.
Es fiel auch auf, dass bei grösster Schmerzhaftigkeit und Bauchdecken¬
spannung für die untersuchende Hand stets starke Schwellung der me¬
senterialen Lymphdrüsen vorhanden war.
Verf. fassen die als Appendicitis beschriebenen Fälle als eine nur
einen relativ kleinen Teil des Darmtraktes befallende Erkrankung auf,
die mit Lymphangitis, Lymphadenitis, mit Secretion eines rein serösen
oder eitrigen, aber sterilen oder sehr wenig bakterienhältigen Exsudates
in die freie Bauchhöhle einhergeht; sie zögern daher nicht, die Ver-
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änderung in der Darmwand (Hyperämie, Blutungen, Anschwellungen) als
eine Enteritis, begleitet von Lymphangitis, Lymphadenitis und acuter
Peritonitis, aufzufassen, während der Kern des Krankheitsprozesses —
der Proc. vermiformis — im Centrum liegt.
Leopold Isler (Wien).
Seven c&ses of general peritonitis treated by Operation, with flve
recoveries. Von B. Meyhew Bone. Lancet, 27. April 1907.
Fall 1. Eine 52 Jahre alte Frau war seit 6 Tagen mit leichter
Gelbsucht erkrankt; die Schmerzen begannen in der rechten Fossa iliaca
und dehnten sich allmählich über das ganze Abdomen aus, doch konnte
ein Tumor nicht palpiert werden. Nach Eröffnung des Peritoneums ent¬
leerte sich Eiter, der Appendix war zum Teile gangränös und perforiert
und an die Blase adhärent; im Douglas bestand ein Abscess, der sich
in die Peritonealhöhle geöffnet hatte; der Hohlraum wurde drainiert und
geschlossen. Patientin wurde nach 1 Monat geheilt entlassen.
Fall 2. Auch hier bestanden die Erscheinungen allgemeiner Peri¬
tonitis nach Appendicitis. Der Appendix war in übelriechenden Eiter
eingebettet, am distalen Ende gangränös und perforiert. Auch in diesem
Falle heilte die drainierte Wunde, doch blieb eine enge Fistel zurück,
durch welche nach 6 Wochen 2 kleine Konkretionen abgingen; nach
einer weiteren Woche war die Wunde geschlossen.
Fall 3. Symptome und Verlauf wie im Falle 1. Im Cavum peri¬
toneale fand sich Eiter ohne irgendwelche Adhäsionsbildung, der Appendix
war an der Basis ulceriert und wurde entfernt. Die drainierte Wunde
schloss sich im Laufe eines Monates.
Fall 4. Der Patient, 48 Jahre alt, war am 4. Erkrankungstage.
P.: 140. Abdomen mächtig diktiert, Zunge trocken, Erbrechen. In
der Bauchhöhle war Eiter, der Appendix war gangränös mit Konkre¬
tionen, welche die Spitze perforierten. Patient kollabierte und starb am
nächsten Morgen.
Fall 5. Eine 36 Jahre alte Frau klagte über Schmerzen in der
rechten Heg. iliaca. Das Abdomen war diktiert und enthielt freien
Eiter; auch in der rechten Tube fand sich Eiter, dieselbe war rupturiert.
Appendix normal. Tube und Ovarium der rechten Seite wurden ent¬
fernt. Mittels Drainage trat Heilung in 3 Wochen ein.
Fall 6. Es handelte sich um ein 3 Tage altes Kind, bei dem
per rectum in der rechten Bauchseite ein Tumor gefühlt wurde. Das
Abdomen enthielt seropurulente Flüssigkeit, der entzündete Appendix
war zur Hälfte an das Coecum adhärent und wurde entfernt. Am
nächsten Tage trat Exit. letal, ein.
Fall 7. Eine 24Jährige Primipara erkrankte an Appendicitis. Auf
heisse Kataplasmen trat Frühgeburt ein. Das Abdomen war diktiert,
der Uterus nicht zu fühlen, aus der Vagina bestand freie Blutung. Der
Appendix war injiziert und an der Basis perforiert, in der Bauchhöhle
fand sich übelriechender Eiter; auch hier trat nach Drainage Heilung ein.
Das Hauptgewicht in der Behandlung dieser Fälle liegt in folgenden
Punkten: 1. Entfernung der Ursache; 2. Entfernung des Eiters durch
trockene, aseptische Gaze; 3. Drainage mittels Drains und Gaze; 4. grösst-
mögliche Schonung der Gewebe; 5. Vermeidung von Shock. Bei Er¬
brechen ist Magenspülung vor und nach der Operation angezeigt. Die
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Ernährung unmittelbar nach der Operation ist hauptsächlich rectal; Ab¬
führmittel und Klysmen begünstigen den Abgang von Winden und ver¬
hindern die Dilatation des Abdomens. Herrnstadt (Wien).
Chronic peritonitis causing elephantiasis. Von Jul. Bernstein
und Frederick W. Price. Brit. Med. Journ., 16. März 1907.
Die Patientin, eine 43 Jahre alte Frau, litt seit März 1904 an
Dyspnoe, Mattigkeit und Kräfteverfall, dazu kamen Erbrechen, Protrusio
bulbi und Schwellung der Gland. thyreoid., die Hautfarbe wurde dunkler,
das Abdomen nahm an Umfang zu, doch bestand kein Ascites; auch
die unteren Extremitäten schwollen mächtig an und waren braun ge¬
fleckt, im Urin kein Albumen.
Im Februar und März 1905 bestanden Diarrhoeen, Puls klein,
irregulär, systolisches Geräusch an der Mitralis, an der Lungenbasis
beiderseits freie Flüssigkeit, das Oedem der unteren Extremitäten und
des Abdomens reichte allmählich bis in die Höhe der Axilla und es ent¬
stand ALScites. Der Umfang der Waden betrug 20 Zoll, die äussere
Haut wurde bronzefarbig, Schleimhäute waren nicht pigmentiert.
Am 25. September wurden 12 Liter freier Flüssigkeit durch Punktion
entfernt, sie enthielt rote Blutkörperchen, Lymphocyten, wenige polymorphe
Leukocyten. Am 10. Oktober trat Oedem der Anne auf, der Puls wurde
links kleiner. Am 12. Oktober wurden 9 Liter entfernt und Adrenalin¬
lösung injiziert, über beiden Lungenbasen bestand Bronchialatmen. Am
26. Oktober plötzlicher Exitus. Die Diagnose lautete auf Graves* Er¬
krankung und Lebercirrhose, kombiniert mit chronischer Peritonitis, die
Schwellung der Beine wurde durch Druck auf den Duct. thorac. erklärt.
Autopsie. Untere Extremitäten und Abdominalwand sind der Sitz
von braunem Oedem, die Haut induriert, Wadenumfang 19 Zoll, Ober¬
schenkel 28 Zoll, Abdomen 46 Zoll; die Abdominalwand hatte eine Dicke
von 3 Zoll, sie verdünnte sich gegen den Nabel zu bis zu x / 9 Zoll.
Thyreoidea hypertrophiert, Augen prominent. Im Abdomen und in der
rechten Thoraxhälfte gelbliche, seröse Flüssigkeit. Peritoneum verdickt mit
Adhäsionen in der Lebergegend, zwischen Colon transvers. und Duodenum
und um das Pankreas herum. Duct. thorac. im Beginne involviert in eine
prävertebrale Fibrose, weiter oben bis zum Eintritt in die Vena subclav.
stark dilatiert. Nebenniere und Ureter waren gleichfalls von fibrösem
Gewebe umgeben, aber nicht dilatiert. Perihepatitis, Perisplenitis; die
Leber am Durchschnitt fein granuliert und etwas derber. Die ausge¬
dehnte Gallenblase enthielt einige Steine. Das Herz war hypertrophiert.
Mikroskopischer Befund. Die Fibrose im Beginne des Duct.
thorac. enthielt Lymphdrüsen mit varicösen Hohlräumen, die von Endothel
und Lymphkanälen begrenzt waren, ebenso verhielt sich das Bindegewebe
um die Drüsen herum. In der Haut waren die Lymphgefässe dilatiert
und umgeben und gefüllt mit kleinen, runden Zellen, das Bindegewebe
hyperplastisch. Die Leberkapsel verdickt, zwischen den feinen Granu¬
lationen Rundzelleninfiltration. Keine ausgesprochene Cirrhose. Nieren
hyperämisch, in der Rinde an einzelnen Stellen zellige Infiltration. Das
subendotheliale Bindegewebe des Mesenteriums war verdickt mit An¬
häufung von Rundzellen um die Gefässe. In der Thyreoidea fand sich
nur wenig colloide Masse, die Lumina der Acini waren mit sphäroi-
dalen Zellen gefüllt.
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Es handelte sich also um chronische Peritonitis und prävertebrale
Fibrose, die Ursache war vielleicht Alkoholismus.
Herrnstadt (Wien).
Beobachtungen über tuberkulöse Peritonitis an Hand von teils
operativ, teils intern behandelten Fällen. Von Gelpke. Deutsche
Zeitschr. f. Chir., Bd. LXXXIY, S. 512.
Bei Besprechung der Beobachtungen, die Gelpke an 64 Fällen
obiger Erkrankung gemacht hat, kommt derselbe zu interessanten Schluss¬
folgerungen über die Bedeutung der Ascitesflüssigkeit, die er auf Grund
von Tierversuchen und klinischer Beobachtung nicht als schädliches Pro¬
dukt, sondern als ein für die Selbstheilung äusserst nützliches, antitoxisches
Agens ansieht. Dieser Anschauung gemäss darf ein Exsudat erst nach
längerer Wirksamkeit entfernt werden, und zwar dann, bis es durch
einige Zeit stationär bleibt, worauf wieder durch Platzschaffung für
neues wirkungsvolles Serum an Stelle des verbrauchten der Heilungs-
prozess befördert wird. Die Drainage ist hierbei zu vermeiden, weil
sie zu Fisteln führt und dem Körper fortwährend nützliche, zur Heilung
nötige Produkte entzieht. Ueberhaupt soll sich der operative Eingriff
auf Ablassung des Exsudates beschränken, während Kochsalzspülungen,
Jodoformstäubungen sowie Auskratzungen, Adhäsionslösungen usw. —
letztere wegen Gefahr von Kotfisteln — zu unterlassen sind. Aus obigem
geht auch hervor, dass bei den trockenen Formen der tuberkulösen
Peritonitis ein Eingriff keinen Erfolg versprechen kann. Miterkrankte
Tuben dürfen nur dann entfernt werden, wenn sie leicht zugänglich und
hochgradig afficiert sind. Victor Bunzl (Wien).
Lap&rotomy in tnbercnlar peritonitis. Von Duncan Macartney.
The Glasgow medical Journal, Mai 1906.
Verf. berichtet zunächst, dass er eine Beihe von Fällen von Abdominal¬
tuberkulose durch Laporotomie geheilt oder mindestens Besserung in
den nächsten Jahren gesehen habe, und teilt jetzt wieder 3 Fälle mit,
die nicht bloss Tub. peritonei, sondern allgemeine Drüsenschwellungen
tuberkulöser Natur hatten. Merkwürdigerweise gingen nach Laporotomie,
nachdem früher alle andern Behandlungen (diätetischer, physikalischer,
interner medicamentöser Natur) nichts gefruchtet hatten, die Drüsen¬
schwellungen in 2 Fällen zurück; im 3. Falle sank zwar dann das Ab¬
domen ein, die Drüsen blieben aber weiter bestehen, ohne eine Rück¬
bildung zu zeigen. Leopold Isler (Wien).
A fatal case of peritonitis and septicaemia, probably pneumococcie
in origin. Von H. C. Lecky. Brit. Med. Journal, 6. Oktober 1906.
Ein 29 Jahre alter Mann wurde am 22. November 1905 ins Spital
mit der Angabe auf genommen, er leide seit 4 Wochen an Magen¬
schmerzen, welche in letzter Zeit schlechter würden. Am 22. Oktober
war er unter Schüttelfrost erkrankt und hatte seither Schmerzen in der
rechten Flanke sowie Husten, beides bestand seither fast kontinuierlich
fort; vor der Spitalsaufnahme hatte er 4 Schüttelfröste. T : 101 °, P : 100,
B: 28, am Thorax bestanden keine Zeichen einer inneren Erkrankung
ausser einem leichten systolischen Geräusche; auch das Abdomen schien
normal, es bestanden nur geringe Spannung in der rechten Flanke und
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Schmerzhaftigkeit in der rechten Nierenregion. Im Urin Spuren von
Albumen. In den nächsten Tagen variierte die Temperatur zwischen
100,5 und 103 °, der Puls zwischen 80 und 100. Respiration zwischen
28 und 36. Während der Nacht bestanden starke Schweisse, das (Besicht
war stark cyanotisch. Am 28. November war das Abdomen leicht ge¬
spannt und unter dem linken Rippenbogen war eine Resistenz tastbar;
am 30. bestanden an der rechten Basis eine Dämpfung und Abschwächung
des StimmfremituB. Im Blute fand man 23480 Leukocyten, 7320000
Erythrocyten. Widal war negativ. Im Dezember wurde der Stuhl, der
bisher flüssig und licht war, dunkel, fast braun; zwischen mittlerer
Axillar- und Medianlinie war am linken Rippenrande eine umschriebene
Masse palpabel, welche in den nächsten Tagen rasch an wuchs und nach
Incision eine grosse Quantität übelriechenden Eiters enthielt; nach der
retroperitonalen Lage des Abscesses hielt man ihn für einen perinephri-
tißchen, der vom Darme aus inficiert war. Vom 1.—7. Januar blieb
die Temperatur normal, erhob sich jedoch dann neuerlich und es erschien
eine fluktuierende Schwellung in der Gegend der rechten Synchondrosis
sacroiliaca, welche nur eine geringe Quantität eitriger Flüssigkeit ent¬
hielt; mit der Sonde gelangte man auf rauhen Knochen. Bald darauf
begannen Schmerzen im rechten Beine und Ende Januar wurde über
dem Poupartischen Bande ein Abscess eröffnet, welcher nach abwärts in
das Bein Bich verfolgen liess und Mengen von Eiter enthielt. Bald nach
der Operation folgten Collaps und Exitus.
Die Autopsie wurde verweigert und man beschränkte sich auf Er¬
weiterung der Operationswunde und Untersuchung des Inhaltes. Der
Dünndarm war durch alte und frische Adhäsionen an der Wand des
kleinen Beckens adhärent und am Rande war auch das Colon descend.
mit einbezogen. Im obem Anteile des Abdomens war der Darm frei.
Freie Flüssigkeit bestand nicht. Im übrigen Anteil des Darmes keine
wesentlichen Veränderungen. Mikroskopisch wurde in den Adhäsionen
Diplococcus pneumoniae nachgewiesen. Herrnstadt (Wien).
A discussion on acute septic peritonitis. Von C. J. Bond. Brit.
Med. Joum., 15. Dez. 1906.
Der diaphragmatische Anteil des Peritoneums ist die aktive Area
der Absorption von Flüssigkeit und soliden Partikeln; hier geht die
Phagocytose am raschesten vor sich, und wenn dies infolge eines Reizes
des Staphyloc. alb., der häufig der Invasion anderer pathogener Orga¬
nismen vorausgeht, mit ausreichender Schnelligkeit geschieht, dann ver-
grössert sich die Chance der Heilung. Weiter wird durch die septische
Infektion am meisten diejenige Portion des Peritoneums in Anspruch ge¬
nommen, welche den Dünndarm auskleidet.
Wir wissen, dass bei nicht zu virulenter Infektion die Endothel¬
zellen des Peritoneums durch eine fibrinöse Exsudation geschützt werden,
welche die Oberfläche der Eingeweide bedeckt, wodurch der Austritt
von Organismen aus dem Darme gehemmt und die Ausbreitung der In¬
fektion gehindert wird. Von der Erhaltung oder Zerstörung der Endo¬
thelialzellen hängt auch die Bildung von Adhäsionen ab.
Peritonitis nach Hämorrhagien, sei sie auch von sehr geringer
Virulenz, hängt stets von der Anwesenheit von Organismen ab; Ent¬
fernung eines Fremdkörpers oder des Blutes durch Irrigation und Ver-
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Schluss der Wunde ohne Drainage vermag die Entzündung zum Heilen
zu bringen. Ebenso verhält es sich bei Eintritt von Blut oder öalle in
die Peritonealhöhle; es entsteht jenes Bild der Entzündung, welches der
Infektion des intestinalen Kanales entspricht. Von grösserer Virulenz
ist die septische Peritonitis nach Erkrankung der weiblichen Becken¬
organe und namentlich bei gonorrhoischer Infektion, noch mehr der
durch Bacc. coli verursachte, diffuse Form nach Ruptur einer vereiterten
Ovarialcyßte. Bei Peritonitis nach Perforation eines Magen- oder Duo¬
denalgeschwüres ist die Kokkenvirulenz weniger gefahrdrohend als der
Austritt von fremden Partikeln oder Darmsaft, welcher das Endothel
schädigt. Jene Formen von diffuser Peritonitis nach Appendicitis mit
oder ohne Perforation, nach Perforation eines. Ulcus oder maligner Neu¬
bildung, nach Traumen, typhoider Perforation oder Perforation der Qallen-,
Pankreas- oder Urinwege haben gewisse gemeinsame Züge. Auch ohne
Perforation kann die Infektion erfolgen, indem Organismen durch die
entzündeten Schichten der affizierten Darmpartie durchtreten; dazu gehören
eine Ausdehnung der Darmwand mit ungenügender Blutzufuhr und die
Anwesenheit virulenter Organismen, wie sie stets bei Darmobstruktion
oder Parese gefunden werden. Den Beginn macht in diesen Fällen der
Staphylococc. alb., er gibt Anlass zur Phagocytose und bereitet gleich¬
sam die Wege für die nachfolgende virulentere Invasion des Bacc. coli
vor. Daneben gibt es eine Gruppe von Erkrankungen, wo die Invasion
des Bacc. coli vorangeht, sei es allein oder mit anderen Organismen, wie
namentlich Streptoc. pyogenes. Es bleibt noch zu erwähnen die diffuse
pneumokokkale Form, die hauptsächlich bei Kindern und da wieder
mehr beim weiblichen Geschlechte beobachtet wird; der Invasionsherd
scheint in diesen Fällen häufig das weibliche Genitale zu sein. Laparo¬
tomie mit lokaler Irrigation und Drainage gibt gute Resultate.
Behandlung. Morphium ist in mehrfacher Beziehung schädlich:
es maskiert die Symptome und verzögert dadurch die Operation, es hat
einen hemmenden Einfluss auf die Leukocytose, es vermehrt die Darm¬
parese und befördert dadurch die Accumulation von toxischem Materiale
im Darm. Nur ganz im Beginne mag es in einmaliger, ausreichender
Dosis gestattet sein, um eventuell die Ausbreitung der Infektion durch
vermehrte Darmperistaltik zu vermeiden. Purgantien, per ob gegeben,
bewirken Erbrechen und intestinale Störungen, per rectum können die¬
selben stets verabreicht werden; hierher gehören in 1. Linie Kalomel, so¬
dann Kochsalzklysmen. Nach der Operation kommen in Betracht Koch-
salzinfusionen oder reichliche Kochsalzklysmen; sie bewirken peritonitische
Exsudation und vermehren die Leukocytose. Bei Anwesenheit von Bacc.
coli ist die Serumtherapie am Platze.
Der grösste Spielraum bleibt der operativen Behandlung Vorbehalten;
bei jener Form von diffuser Peritonitis, bei der sich Bacc. coli und Staphylo-
coccus finden, ist der obere Teil der Peritonealhöhle der Hauptsitz der
Infektion; jede stärkere Irrigation würde die serösen Exsudate entfernen
und die aktive Phagocytose verhindern. Fernerhin ist es eine Regel,
den primären Herd zuerst anzugehen i lokale Abscesse Bind zu drainieren,
der perforierte oder gangränöse Appendix zu entfernen, desgleichen eit¬
rige Exsudate; perforierte Därme werden durch die Naht verschlossen.
Nur in jenen schweren, allgemeinen Infektionen, hervorgerufen durch
Streptoc. pyog. und Bacc. pyocyan., müssen reichliche Irrigationen mit
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Drainage des Beckens vorgenommen werden. Doch ist auch hier die
diaphragmatische Area möglichst zu schonen; dasselbe gilt für intraperi-
tone&le Blutung, für perforiertes Magen- oder Darmgeschwür, für Gono¬
kokkeninfektion und Pneumokokken-Peritonitis. Bei Typhusperforation
ist das wichtigste die Naht. Bei lokalen Abscessen sind Drainage und
Tamponade unerlässlich, dagegen sind sie schädlich, wenn die obere ab¬
dominale Partie primär infiziert ist; in der mittleren Zone oder im
Dünndarme ist sie von geringem Nutzen, bietet aber grössere Vorteile
in der Lendengegend und den abhängigen Beckenpartien.
Herrnstadt (Wien).
Ueber Hydrops toxicus. Von H. Quincke. Berl. klin. Wochen¬
schrift, No. 40, 1906.
Verf. zeigt an der Hand von mehreren Krankengeschichten die
Möglichkeit, dass auch für den Hydrops des Menschen Giftwirkungen
eine Bolle spielen können. Verf. glaubt, dass für die Entstehung der
arzneilichen wie der toxischen lokalen Oedeme folgende Entstehungs¬
möglichkeiten in Betracht kommen: 1. Durch örtliche Wirkung des
Giftes a) auf die Gefässwandungen, b) auf das Gewebe selbst, c) auf
beide; 2. durch Giftwirkung auf die Nerven des betreffenden Gebietes
(central oder im Verlauf). Dies können sein a) Gefässnerven, und zwar
solche, die nicht nur die Weite, sondern auch die Wanddurchlässigkeit
beeinflussen (trophische Gefässnerven); b) „trophische“ Nerven, welche
auf das Gewebe selbst ein wirken; c) beide. Wahrscheinlich wird in der
Natur manchmal der eine, manchmal der andere Weg beschritten. Die
neurogene Entstehung würde in denjenigen Fällen manches für sich
haben, welche zugleich mit Aenderung der Gefässfüllung einhergehen;
mit ihr würde der Anschluss an die Oedeme bei Lähmungen gegeben
sein. Eine derartige Entstehung würde auch das Wandern und Springen
der lokalen Oedeme leichter verständlich machen.
H. Baubitschek (Wien).
Ett fall af empyema bursae omentalis; ett bidrag tili kännedomen
om den yariga peritoniten och dess behandling. Von W. F o r s e e 11.
Upsala Läkareförening8 Förhandlingar, N. F., Bd. XI, S. 210.
Verf. lenkt die Aufmerksamkeit auf eine seiner Ansicht nach viel¬
leicht oft übersehene Sache, nämlich Eiterbildung in der Bursa omentalis
als Komplikation einer diffusen Peritonitis oder einer Peritonitis in un¬
mittelbarer Nachbarschaft der Bursa. Er führt als Stütze für diese
Ansicht einen Fall von begrenzter Peritonitis mit Totalnekrose des
Omentum majus und Empyem in der Bursa omentalis an; letzteres
wurde erst bei der Sektion entdeckt. Das Nichtvorhandensein subjektiver
und objektiver, auf Empyem in der Bursa deutender Symptome macht
es nach dem Verf. wahrscheinlich, dass dieses stets übersehen wird,
wenn man nicht bei einer Operation wegen Peritonitis in der Umgebung
der Bursa beständig die Möglichkeit einer Infektion der Bursa im Auge
behält. Endlich wird darauf aufmerksam gemacht, dass man oft mit
Erfolg Bauchabscesse mit Paraffingflüssigkeit füllen kann, anstatt sie zu
tamponieren, während man bei letzterer Behandlung häufig Eiterreten¬
tion erhält. Auf Grund von Versuchen an Kaninchen, bei welchen
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Paraffinflüssigkeit in die Bauchhöhle eingespritzt worden war und bei
der 17 Tage nachher vorgenommenen Sektion sich gezeigt hatte, dass
sich dieselbe nicht an tiefliegenden Stellen gesammelt hatte, sondern
mit der serösen Flüssigkeit eine feine Emulsion bildete, die sämtliche
Serosaflächen in der Peritonealhöhle bekleidete, glaubt Verf., dass Paraffin,
liqu. auch bei diffuser Peritonitis verwendb&r ist, um eine Verwachsung
zu verhindern und dadurch eine effektive Drainage zu ermöglichen,
ebenso bei anderen Operationen, wo die Entstehung peritonealer Ver¬
wachsungen zu befürchten steht. Köster (Gothenburg).
Ueber die Ascaridenerkrankung der Bauchhöhle. Von Sehrt,
v. Bruns’ Beitr. z. klin. Chir., 1906, Bd. XI, Heft 3.
Der Ascaris lumbricoides gehört zu den medizinisch wichtigsten
Parasiten des Menschen. Im vorliegenden Falle handelte es sich um eine
49 jährige Frau, die plötzlich mit heftigen Leibschmerzen und hohem
Fieber erkrankte. Dabei Erbrechen, wobei sich Ascariden entleerten.
Nach Abklingen der Erscheinungen schmerzhafter Tumor im Epigastrium.
Diagnose: Magencarcinom. Laparotomie: Tumorartige, apfelgrosse, teil¬
weise &b8cedierte, entzündliche Veränderung des kleinen Netzes ohne
Verbindung mit Darm oder Magen. In den Abscesshöhlen fand sich
ein Hohlgebilde, das einem nekrotischen, stark verdickten Wurmfortsatz
nicht unähnlich war und das den Best eines weiblichen Ascaris dar¬
stellte. Die Serosa des Magens, die Oberfläche des Tumors, Leber¬
oberfläche waren mit ungezählten miliaren und submiliaren weisslichen
Knötchen bedeckt. Mikroskopisch fanden sich Ascariseier in grosser
Menge im Eiter, in dem Granulationsgewebe, in der Wand des Abscesses
und in der Wand des Ascarisrestes sogar in Furchung übergegangene
Ovula. Die miliaren Knötchen zeigen in ihrem Centrum ein Ascarisei.
Es ist anzunehmen, dass ein Ascaris aus dem Darm ausgewandert war,
in der Bauchhöhle Eier entleerte und sich am kleinen Netz festsetzte,
wo er dann abgekapselt wurde. Die Eier enthaltenden Knötchen konnten
beim Meerschweinchen durch Injektion einer Aufschwemmung von As-
cariseiem erzeugt werden. Sehr interessant ist im vorliegenden Falle
auch, dass die eingekapselten Eier sich im Zustande der Furchung be¬
fanden. Ausgewandert war der Parasit wohl bei einer Wurmfortsatz¬
entzündung, welche die Frau allem Anschein nach früher überstanden hatte.
Klink (Berlin).
A case of subcutaneous rupture of Pouparti-ligament and lace-
ration of peritoneum* Von B. H. Luce. Lancet, 24. Nov. 1906.
Ein junger Mann wurde plötzlich von Schwindel ergriffen und fiel
über eine Höhe von 60 Fuss. Bei der Untersuchung war Patient kolla¬
biert, klagte über Schmerzen im unteren Abdomen, die Haut fühlte sich
kalt an, Puls kaum fühlbar. Das Abdomen war hart und unbeweglich,
die Perkussion normal. Eine Stunde später entstand eine Schwellung
in der rechten Fossa iliaca über dem Poupartischen Bande, welche all¬
mählich zunahm und sich bei der Inzision als breites Hämatom er¬
wies; das Ligam. Pouparti und die Aponeurose des Muse, obliqu. ext.
waren l&ceriert, es bestand leichte Blutung. Am Grunde des Hämatoms
war ein peritonealer Biss sichtbar, durch welchen Blut in die peritoneale
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Höhle sickerte. Das Peritoneum wurde vernäht, die Haut wurde am
inneren Winkel für die Drainage offen gelassen. Völlige Heilung.
Herrnstadt (Wien).
Exstirpation einer mesenterialen Chylnscyste durch Darmresektion.
VonEugenPölya (Budapest). Budapesti Orvosi Ujsäg, 1906, No. 40.
Bei einem 5 jährigen Mädchen schwoll der Bauch innerhalb eines
Jahres dermassen an, dass der Umfang um den Nabel herum 74 cm
betrug. Etwas unter dem Nabel zeigt der Bauch eine nach oben konkave,
auffallende Furche, die den Respirationsbewegungen deutlich folgt; Per¬
kussionsschall über dem Bauch dumpf, nirgends eine Resistenz palpabel,
ausgesprochene Fluktuation über dem ganzen Bauch. Trotzdem hieraus
auf einen Ascites gefolgert werden konnte, stellte sich bei der Operation
nach Eröffnung der Bauchhöhle heraus, dass hier eine riesige Cyste vor¬
liegt, die vor den Gedärmen liegt und den ganzen Bauch vom Epi-
ga8trium bis zum Becken ausfüllt, die Furche aber einer Darmschlinge
entspricht, wo die Cyste stark eingezogen ist. Nach Punktion der Cyste
ergossen sich aus ihr unter hohem Drucke 1 A / a Liter einer zinnoberroten
Flüssigkeit, wonach der Ursprung der CyBte aus dem Mesenterium sich
herausstellte. Die Cyste konnte nur zusammen mit der anhaftenden Darm¬
partie exstirpiert werden. Nach der Operation genas bald die kleine
Patientin und nimmt seitdem ständig zu. — Der exstirpierte Tumor
zeigte (nach Ausstopfen mit Watte sowie nach Härtung nach dem Kayser-
ling’schen Verfahren und ziemlicher Schrumpfung) folgende Masse: Länge
29 cm, Breite 26 cm, anteroposteriorer Durchmesser 12 cm, grösste
Zirkumferenz 76 cm. An der vorderen Fläche des Tumors war die
23 cm lange, mitresezierte Darmschlinge sichtbar. Die Masse des Tumors
bilden Cysten, deren Wandungen durchscheinend, cigarettenpapierdünn
und mit vielen verästeten Gefässchen versehen sind. Von den Cysten
waren zwei grössere, eine gut faustgrosse und eine kindskopfsgrosse
in der Gegend des Epigastriums, eine mannskopfgrosse und l 1 /^ faust-
grosse Cyste sassen im Becken. Der Inhalt der Cyste betrug 3 8 / 4 Liter;
die Flüssigkeit ist zinnoberrot, etwas alkalisch, schon nach kurzem Stehen
bildet sich an der Oberfläche eine ziemlich hohe, rahmdicke, weissliche
Schichte. Spez. Gewicht war 1019, Trockensubstanz 5,71 °/ 0 , Asche
2,06 °/ 0 , Albumen 4,07 °/ 0 , Fette 0,56 °/ 0 . Mikroskopisch waren ausser
zahlreichen roten Blutzellen viele kleine Fettröpfchen nachweisbar.
Die histologische Untersuchung der Cystenwand ergab, dass der grösste
Teil derselben aus faserigem Bindegewebe besteht, das im ailgem einen
zellenarm ist und genug zahlreiche dünnwandige Gefässe enthält, um die
herum sich stellenweise eine rundzeilige Infiltration zeigt. An der einen
Fläche der Cystenwand ist eine zellige Bindegewebsschicht vorhanden,
die nur wenige Fasern enthält, an der anderen Fläche sind aus glatten
Muskelzellen bestehende, hauptsächlich eine Richtung befolgende Fascikeln
sichtbar, zwischen denen wenig faseriges Bindegewebe sich befindet. Eine
ausgesprochene Endothelschicht ist weder an der einen noch an der
anderen Seite sichtbar. , J. Honig (Budapest).
o
Om mesenterialcystor. Von J. Akerman. Hygiea, N. F., 1906,
S. 386.
Im Zusammenhang mit einem Berichte über 3 Fälle von operierten
Mesenterialcysten, der erste bei einem 43 jährigen Manne mit einer Cyste
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mit gleichzeitigem alveolaren, gefässreichen Sarkom, der 2. bei einem
39j&hrigen Manne mit einem Lymphangioma cysticum und der 3. bei
einer 63 jährigen Frau mit einer retroperitonealen Cyste, die jedoch von
der Nebenniere ausging, gibt Verf. eine ausführliche Darstellung der
Klinik dieser Cysten. In allen diesen Fällen war das Resultat günstig
wie auch in den 3 anderen in Schweden von Sjövall (Hygiea 1898),
v. TJnge (Hygiea 1899) und Wennerström (Hygiea 1902) veröffent¬
lichten Fällen. Köster (Gothenburg).
Mesenterial cyst causing intestinal obstruction. Von Francis
Colby. Brit. Medic. Joum., 13. November 1906.
Diese Fälle sind selten und machen gewöhnlich die Erscheinungen
acuter Incarceration. Folgender Fall wurde als Intussusception dia-
gnosticiert. Bei Eröffnung des Abdomens fand sich eine Cyste von der
Grosse einer Orange, welche zwischen den Schichten des Mesenteriums
gelegen war, und oberhalb der Circumferenz der Cystenwand lag der
Darm. Die Cyste wurde ausgeschält, sie enthielt Cholesterin und der
Patient — ein 12 Jahre alter Knabe — wurde vollständig geheilt ent¬
lassen. Herrnstadt (Wien).
Solitäre Echinococcuscyste des Mesenterium. Von Riese. Deutsche
med. Wochenschr., 1906, No. 22.
Der Tumor machte anfangs den Eindruck eines Ovarialdermoids,
doch als in Beckenhochlagerung die Operation gemacht werden sollte,
war der Tumor aus dem kleinen Becken verschwanden und bis unter
den Magen ausgewichen. Er gehörte dem Mesocolon an und wurde nach
sorgfältiger Abstopfung der Bauchhöhle excidiert. Glatte Heilung. Nach
Verf. sind die solitären Cysten sehr selten. Seit der Infektion waren
etwa 20 Jahre vergangen. Wiemer (Aachen).
n. Bücherbespreclmngen.
Beiträge zur Diagnostik und Therapie der Geschwülste im Bereich
des centralen Nervensystems. Von H. Oppenheim. Berlin 1907.
S. Kärger.
Wenn auch durch die zahlreichen zusammenfassenden und kasuisti¬
schen Arbeiten der letzten Jahre die Diagnose der Gehirn- und Rücken-
markstumoren sehr an Sicherheit gewonnen hat, so sind doch im Interesse
eines weiteren Ausbaues und einer Verfeinerung der Diagnostik noch
weitere Veröffentlichungen auf diesem Gebiete erwünscht. Um so mehr
trifft das zu, wenn eine so gewichtige Autorität auf diesem Gebiete wie
Oppenheim seine Beobachtungen und Erfahrungen mitteilt. Diese
dürfen von vornherein des lebhaften Interesses der Fachgenossen sicher sein.
In der Ernst v. Bergmann, dem Führer der modernen Gehirn¬
chirurgie, zu seinem 70. Geburtstage gewidmeten Monographie verwertet
Verf. aus seinem erstaunlich reichen und vielseitigen Materiale nur solche
Fälle, die einer operativen Behandlung unterzogen wurden. Es handelt
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sich um Tumoren aus den verschiedensten Gehirnabschnitten. Erstaunlich
ist die Sicherheit der Lokaldiagnose, von 27 Hirntumoren wurden 23
richtig diagnostiziert. Die Resultate der chirurgischen Behandlung sind
nicht sehr günstig, wirkliche Heilung trat nur in 10°/ 0 der Fälle,
Besserung in 22 °/ 0 und absolute Misserfolge in 55 °/ 0 ein. Von 10 oder 9
für die chirurgische Therapie sorgfältig ausgewählten und grösstenteils
richtig diagnostizierten Fällen von Tumor cerebri hat also nur einer
Aussicht auf vollen Erfolg der operativen Behandlung.
Bei der Beurteilung dieses Ergebnisses ist allerdings zu berück¬
sichtigen, dass unter Oppenheim’s Material das starke TJeberwiegen
von Neubildungen der hinteren Schädelgrube in Anschlag zu bringen
ist. Weit günstiger sind die Resultate der chirurgischen Behandlung
bei Rückenmarksgeschwülsten. Hier ist die Operation dringend indiziert
und in ca. 50 °/ 0 auf einen Heilerfolg zu rechnen. Die Diagnose bat
hier allerdings auch oft mit fast unüberwindlichen Schwierigkeiten zu
kämpfen. Das geht nur zu klar aus den einzelnen Beobachtungen hervor.
Alle Krankengeschichten und Epikrisen zeichnen sich durch Feinheit
und Exaktheit der Beobachtung und grosse Klarheit der Darstellung
aus. Die Differentialdiagnose erfährt nach allen Richtungen hin ein¬
geh enste Würdigung. Das Studium dieser Mitteilungen kann allen Fach¬
genossen auf das wärmste empfohlen werden. Keiner wird das Buch
aus der Hand legen, ohne reiche Belehrung und Anregung aus ihm
empfangen zu haben. v. Rad (Nürnberg).
Ueber Cystitis. Von Felix Schlagintweit. (Würzburger Abhand¬
lungen aus dem Gesamtgebiet der praktischen Medizin. Bd. VH.
4. Heft.). Würzburg. A. Stuber’s Verlag. 1907.
Sch. unterscheidet 1. Cystitiden, die durch spontanes oder instru-
mentelles Fortleiten von der Nachbarschaft entstehen; 2. die Cystitis
durch Erkältungen, scharfe Speisen, heftige Getränke, Medikamente (idio¬
pathische Cystitis); 3. die Cystitis traumatica; 4. die RetentionscystitiB;
5. die Cystitis bei Blasentumoren; 6. die tuberkulöse Cystitis; 7. die
symptomatische Cystitis bei Typhus, Pyämie usw.
In der Therapie spielen bei Sch. Instillationen (1 : 1000) oder
Spülungen (1 : 3000) mit Hydrargyrum oxycyanatum eine grosse Rolle.
Ferner verwendet Sch. zu Spülungen und Instillationen noch das Ar¬
gentum nitricum. Das souveränste Mittel in der Cystitisbehandlung ist,
wenn er von der Harnröhre vertragen wird, der Verweilkatheter. Bei
tuberkulöser Cystitis bewährt sich ebenfalls das Hydrargyrum oxycyana¬
tum. Von anderen Eingriffen bei dieser Erkrankung hält Sch. nicht viel.
von Hofmann (Wien).
Liebe nod Psychose. Von Georg Lomer. Grenzfragen des Nerven-
und Seelenlebens, Heft 49. Wiesbaden, 1907, Verlag von J. F.
Bergmann.
Eine anziehend geschriebene Abhandlung. Verf. sucht das Liebes-
problem gewissermassen von der biochemisch-physikalischen Seite her zu
erfassen; er vergleicht die in der Sexualattraktion sich manifestierenden
Vorgänge mit denen auf Grund der Polaritats- und Affinitätsgesetze: In
der Liebe und den mit ihr in Verbindung stehenden, reep. durch sie
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bedingten Vorgängen würde sieb wesentlich die Tendenz zweier im Sinne
analoger Gesetze einander attrahierender komplementärer Keimplasmen
zur Verbindung resp. Verschmelzung manifestieren. In dieser Weise
erklärte sich auch das Mächtige, Zwingende des das ganze psychische
Leben beherrschenden Triebes zur Paarung zweier einander liebender
Wesen. Wenig glücklich erscheint dem Bef. der Vergleich des Liebenden
mit dem Paranoiker; Bef. möchte da der Kürze halber nur auf die
Auseinandersetzungen Ne iss er’s in seinem Vortrage „Individualität und
Psychose 4 über die grundsätzlichen Schwierigkeiten hinweisen, die der
Vergleich zwischen physiologischen und krankhaften Geisteszuständen —
nicht auch blosser Einzelsymptome — an sich hat.
Erwin Stransky (Wien).
Lehrbuch der Hygiene. Von Max Bubner. Mit 295 Abbildungen.
8. Aufl. Franz Deuticke, Leipzig-Wien, 1907. Preis 25 Mk.
Ein Beweis für die Beliebtheit des Bubner'sehen Lehrbuches ist
schon der Umstand, dass seit der ersten Auflage erst 16 Jahre ver¬
gangen sind; die Beliebtheit ist aber auch eine berechtigte, denn das
Buch erfüllt seinen Zweck als Lehrbuch in fast einwandfreier Weise.
Dass einzelne Kapitel, die dem Verf. besonders wert sind, in Sorgfalt
und Umfang bevorzugt wurden — z. B. Ernährung — darf man kaum
als einen Nachteil ansehen. Sehr zu loben ist die kurze und präzis ge¬
haltene Einleitung, die einen Abriss der Geschichte der Gesundheits¬
pflege bringt. Nicht einverstanden kann sich Bef. mit dem Kapitel
Alkoholismus erklären! Der Standpunkt, dass durch Steuererleichterungen
für „leichte Biere 4 als „Ersatz 4 für Branntwein eine Bekämpfung des
Alkoholismus möglich sei, ist doch heute wohl als ganz falsch anerkannt,
und sollte in einem Lehrbuch der Hygiene nicht mehr anzutreffen sein.
Eine besondere Erwähnung verdient aber das Kapitel über Gewerbe¬
hygiene ; ebenso anerkennenswert ist die strikte Forderung nach radikaler
Wohnungsreform als wirksamstes Mittel im Kampfe gegen die Tuber¬
kulose. Die Ausstattung des 1029 Seiten starken Buches ist eine muster¬
hafte. Weiss (Prag).
Inh
I. Referate.
A. Bücken mark.
Ranzoni, G., Die Röntgenbehandlung
der Syringomyelie, p. 529.
Dörr, C, Die spontane Rückenmarks-
blutung, p. 530.
Bregmann, L., Ein Beitrag zur Klinik
und zur operativen Behandlung der
Rückenmarksgeschwülste, p. 531.
Rystedt, G., Ueber einen Fall von Soli¬
tärtuberkel im Rückenmark mit Neben¬
befund von . sogenannter arteüzieller
Heterotopie desselben, p. 531.
alt.
Miller, Abdominaltumor, p. 532.
Allen, C. L., A case of carcinoma of
the spinal cord, p. 532.
Köster, Zwei Fälle von diagnostizierten
und operierten Tumoren der Rücken¬
markshäute, p. 533.
Murphy, J. B., Surgery of the spinal
cord, p. 534.
B a i s c h, Erfahrungen über Lumbal¬
anästhesie mit Stovain, Alypin und Novo¬
cain, p. 537.
Struthers, J. W., Spinal anaesthesia,
its advantages and disadvantages, p. 538.
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560
Heinecke, H. und Laewen, A^ Ex¬
perimentelle Untersuchungen Über Lum¬
balanästhesie, p. 539.
Hauber, Ueber Lumbalanästhesien,
P- 540 .
B. Magen.
Körte, N., Beitrag zur Operation des
perforierten Magengeschwürs, p. 540.
Haswell, F., Rupture of gastric ulcer
into the posterior mediastinum, p. 541.
Dalton, N., Lymphosarcoma of the
stomach and abdominal glands, p. 541*
C. Mil*.
H e d e n i u s, J., Ein Beitrag zur Beleuch¬
tung der sogenannten Bantischen Krank¬
heit, p. 542.
Thiel, A., Beitrag zur operativen Be¬
handlung der Bantischen Krankheit,
P- 543 -
Armstrong, G. E., Splenectomie and
Banti’s disease, p. 543.
L i n d n e r, H., Zur Frage der chirurgischen
Eingrifte bei lienaler Leukämie, p. 544.
Alexander, W., Rupture of the spieen;
splenectomy; recovery, p. 545.
Simpson, G. v., A successfull case of
splenectomy for rupture of the spieen,
P- 545 -
Klemperer, L., Ett fall af mjältruptur,
P- 547 .
Borelius, Zur Diagnose und Behand¬
lung der subcutanen traumatischen Milz¬
rupturen, p. 547.
D. Peritoneum, Mesenterium.
Lennander, G. K. und Nyström, G.,
Kasuistische Beiträge zur Kenntnis der
von Enteritis ausgegangenen Peritonitis,
p. 548.
Bone, B. M., Seven cases of general
peritonitis treated by Operation, with
five recoveries, p. 549.
Bernstein, J. und Price, F. W.,
Chronic peritonitis causing elephantiasis,
p. 550.
Gelpke, Beobachtungen Über tuberku¬
löse Peritonitis an Hand von teils ope-
rativ, teils intern behandelten Fällen,
p. 551.
Macartney, D., Laparotomy in tuber-
cular peritonitis, p. 551.
Lecky, H. C., A fatal case of peritonitis
and septicaemia, probably pneumococde
in origin, p. 55X.
Bond, C. J., A discussion on acute septic
peritonitis, p. 552.
Quincke, H., Ueber Hydrops toxicns,
P- 554 -
Forssell, W., Ett fall af empyema
bursae omentalis; ett bidrag tili känne-
domen om den variga peritoniten och
dess behandling, p. 554.
Sehrt, Ueber die Ascaridenerkrankung
der Bauchhöhle, p. 555.
Luce, R. H., A case of subcutaneous
rupture of Pouparti-ligament and lace-
ration of peritoneum, p. 555.
P 6 1 y a, E., Exstirpation einer mesen¬
terialen Chyluscyste durch Darmresek¬
tion, p. 556.
erman, J., Om mesenterialcystor,
P . 556.
Colby, F., Mesenterial cyst causing in¬
testinal obstruction, p. 557.
Riese, Solitäre Echinococcuscyste des
Mesenterium, p. 557.
II. Bacherbesprechungen.
Oppenheim, H., Beiträge zur Diagnostik
und Therapie der Geschwülste im Be¬
reich des centralen Nervensystems,
P- 557 -
Schlagintweit, F., Ueber Cystitis,
P . 558.
Lomer, G., Liebe und Psychose, p. 558.
Rubner, M., Lehrbuch der Hygiene,
P- 559 .
Um Einsendung tob Monographien nnd Büchern an den Redakteur Professor
Dr. HERMANN SCHLESINGER, Wien, I, Ebendorferstrasse 10, wird gebeten.
Man bittet, redaktionelle Zuschriften mit dem Adressenxnsatx „Für die Redaktion des
Centralblattes für die Grenzgebiete“ versehen zu wollen.
CENTRALBUTT
fttr die
Qrenzgebiete der Medizin u. Chirurgie.
Heransgegeben tob
Dr. Hermann Schlesinger,
Prof—o r an dar Univenitlt Wien.
Verlag ron GUSTAV FISCHER in Jen*.
X. Band
Jena, 20. August 1907.
Nr. 15.
Dm Centralblatt für die Grenzgebiete der Medizin and Chirurgie erscheint in
zwanglosen Heften im Umfange von etwa 3 Druckbogen, die zu einem Bande
vereinigt werden, dessen Umfang 60 Druckbogen betragen wird. Das Abonne¬
ment für das Centralblatt kostet 24 Mark für den Band. — Die Abnehmer
der Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, herausgegeben
von A. von Eiseisberg und B. Naunyn, erhalten das Centralblatt
zum Vorzugspreise von 20 Mark.
L Referate.
A. Gefässe, Blut.
Ueber peripheren Gefässtonus im Splanchnicusgebiet. Von R.
Magna 8. Pflüger’s Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. CXV.
Nachweis, dass auch nach Trennung sämtlicher Nerven Verbindungen
sich der Gefässtonus durch die in der Gefässwand selbst liegenden
Nervenapparate wiederherstellt. Bernh. Fischer (Bonn).
Die Circulationsstttruiigen im Mesenterialgebiet. Eine experimentelle
Studie von Niederstein nebst klinischen Schlussbemerkungen von
Sprengel. Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. LXXXV.
Den bei thrombotischem resp. embolischem Verschluss von Gefässen
des Darmtraktes auftretenden verschiedenartigen Krankheitsbildern legte
Sprengel folgende hypothetische Deutung zugrunde: Er unterscheidet
einerseits den blutigen Infarkt als Folge der Verstopfung eines arteriellen
oder venösen Bezirkes, andererseits die anämische Gangrän bei Ver¬
stopfung eines arteriellen Bezirkes ohne nachfolgenden rückläufigen Blut-
strom. Der ersteren anatomischen Grundlage würde das klinische Bild
der Darmblutung mit später auftretendem Darmverschluss und Spät¬
peritonitis, dem letzteren ein schnell einsetzender Heus sowie Früh¬
peritonitis entsprechen. Zur TJeberprüfung dieser Anschauungen unter¬
nommene sehr zahlreiche und eingehende experimentelle Versuche des
Verf. haben ergeben, dass die 2 angeführten Gruppen wohl zu Recht
bestehen, dass aber daneben auch 2 weitere Formen, ein anämischer
Infarkt sowie eine hämorrhagische Gangrän, zur Beobachtung kommen.
Ferner wird durch die Versuche richtiggestellt, dass die anämische
Gangrän nicht, wie Sprengel meint, durch rückläufige venöse Ver-
Centr&lbiatt f. d. Or. d. Med. u. Chir. X. 36
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sorgung, sondern nur durch kollateral zasammenfliessendes arterielles
Blut verhindert werden und dass die hämorrhagische Infarcierung bei
Verschluss der Arterie stets nur durch arterielle Blutzufuhr zustande
kommen kann. Diesen komplizierten anatomischen Verhältnissen ent¬
sprechend, gestaltet sich, wie Sprengel in seinen Schlussbemerkungen
ausführt, auch die klinische Beurteilung sehr schwierig, indem im Gegen¬
satz zu seiner ursprünglichen Annahme Infarcierung auch ohne Blutung,
andererseits Gangrän des Darmes mit Blutung einhergehen kann. Im
allgemeinen glaubt er, dass die schwereren Krankheitsbilder mit diffuser
Ausbreitung öfter auf Infarkt, die mehr lokalisierten Erscheinungen auf
Gangrän des Darmes hinweisen. Victor Bunzl (Wien).
Ueber die septische Thrombose der Wurzeln der Vena portae
und über Pylephlebitis mit einigen Bemerkungen zur Bauchfell-
Sepsis. Von Gerster. Orvosi Hetilap, 1907, 10.
Septische Pylephlebitis entsteht dann, wenn in den Wurzeln der
Vena portae sich ein Thrombus bildet und derselbe sich ablöst. Die
häufigste Ursache ist die Appendicitis. Von 1189 Appendicitisoperationen,
die Verf. von 1892—1902 ausführte, kam Pylephlebitis nur in 9 Fällen vor,
diese Komplikation ist also genug selten, vom therapeutischen Standpunkte
aber kaum beeinflussbar und verspricht kaum ein Resultat. Pathologisch¬
anatomisch zeigt sie sich entweder als ein sich fortsetzender Thrombus oder
als Embolus. Bildet sich in der Vene infolge der Infektion eine sehr
flüssige Jauche, so gelangt dieselbe durch die Venen der Leber direkt
in den grossen Kreislauf, und ist die Jauche von grosser Quantität und
genug infektiös, so stirbt der Kranke rasch unter den Symptomen der
vehementesten Intoxikation. In solchen Fällen wird der Tod irrtümlich
oft dem chirurgischen Shock zugeschrieben, obzwar der Kranke weder
einem grösseren Trauma angesetzt war, noch aber Blut in grösserer
Menge verlor. Ist der sich ablösende Thrombus fester, so bleiben die
Partikeln in der Leber stecken und führen zur Abscessbildung. Pyle¬
phlebitis kann entstehen, auch wenn die Appendicitis im intermediären
Stadium von einem geübten Operateur mit gut geübtem Personal und in
einem reinen Operationssaal operiert wird. In diesen Fällen ist wohl
nicht anzunehmen, dass eine solche Menge von septischer Substanz in
die Bauchhöhle eingeführt wurde, dass sie eine vehement auftretende Sepsis
bewirken könnte, sondern nach der Ansicht des Verf. war in solchen Fällen
schon vor der Operation eine septische Phlebitis oder Thrombose um
den Appendix herum vorhanden, die infolge des Operationstraumas mit
ihrer septischen Substanz eine Toxämie bewirkte. Die Prognose der
Krankheit ist infaust, der Erfolg der Therapie ist bloss vom raschen
operativen Eingriff zu erwarten. Wo Nekrose gefunden wird, wäre es
angezeigt, nach thrombosierten Venen zu forschen, aber die anatomischen
Verhältnisse erschweren sehr den Eingriff. Die Entleerung von septischen
Substanzen aus der Vena jugularis ging bei den Jugularisphlebitiden
nach Erkrankungen des Processus mastoideus mit so ausgezeichnetem
Erfolg einher, dass die Anwendung dieses Verfahrens auch bei den
Aesten der Vena portae sehr natürlich erscheint; aber wie günstig die
anatomischen Verhältnisse dort liegen, ebenso ungünstig sind sie bei
dieser Erkrankung, da die Phlebotomie des Portalstammes im Ligamentum
duodeno-hepaticum zwar nicht unmöglich ist, aber die Entfernung der
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Thromben dennoch sehr riskiert erscheint, die technischen Schwierig¬
keiten, mit denen die Schliessung der Vene einhergehen kann, gar nicht
erwähnt. Die Leberahscesse sind gewöhnlich multipel, eben deshalb
sind die Inzision und Drainierung von 1—2 Abscessen ganz wertlos. Bei
fulminanter Toxämie ist es der Mühe wert, mit grossen Injektionen
von Salzlösung Versuche zu machen. In einem Fall wendete Verf.
Marmorek’s Antistreptococcusserum an, aber ohne Erfolg.
J. Honig (Budapest).
Die postoperative Thrombo - Embolie. Von 0. Witzei. Deutsche
Zeitschr. f. Chir., Bd. LXXXV.
Verf. schildert die Gefahren der progressiven Thrombose und der
Embolie und macht auf die Wichtigkeit der frühzeitigen Erkennung
thrombotischer Vorgänge sowie deren Prophylaxe aufmerksam. Eine
sogenannte Thrombosis insensibilis gehört zur Heilung jeder Wunde und
verläuft ohne irgendwelche klinische Erscheinungen. Während nun im
Arteriensystem ein zentripetales Fortschreiten des Thrombus bis über
die nächste Abzweigung zu den Seltenheiten gehört, bildet im Venen¬
system die progressive Thrombose mit eventueller Embolie eine der
grössten und gefürchtetsten postoperativen Gefahren. — Die Erscheinungen
der fortschreitenden Venenverstopfung werden häufig übersehen und
anderen Ursachen zugeschrieben, so dass oft erst durch embolische
Lungeninfarcierung die Diagnose gemacht wird. Von Bedeutung ist
hier das selten versagende Mahler’sche Symptom des staffelförmigen
Ansteigens des Pulses bei normaler Temperatur. Sicherlich wird eine
genauere Beobachtung auch eine grosse Zahl von postoperativen Lungen¬
störungen auf Rechnung embolischer Vorgänge stellen, die heute auf
Narkose und andere accessorische Ursachen zurückgeführt werden. Bei
der Aussichtslosigkeit therapeutischen Handelns gegenüber den Folgen
der Thrombo-Embolie ist der Prophylaxe das grösste Augenmerk zuzu¬
wenden. Sie besteht darin, vor der Operation die Stromkraft des Blutes
zu heben, was durch längere Darreichung von Cardiacis sowie syste¬
matische Atemgymnastik erreicht wird, daneben ist durch die ver¬
schiedensten Massnahmen eine allgemeine Kräftigung des Organismus
vorzubereiten. Die Operation selbst muss durch möglichste Verhinderung
von Wärme- und Blutverlust, durch Schmerzverhütung, Vermeidung von
Hämatombildung, vorsichtiges Hantieren an den Venenstämmen usw.
obigem Prinzips Rechnung tragen. Den Hauptpunkt in der Prophylaxe
der progressiven Thrombose bildet jedoch der Grundsatz, nach der
Operation die Funktionen sämtlicher Organe zu fördern und die Ruhe
des Körpers nach Möglichkeit einzuschränken. Wo es nicht angeht, den
Kranken nach der Operation aufsitzen oder aufstehen zu lassen, muss
durch Atembewegungen, aktive und passive Bewegungen, durch Massage
usw. Ersatz geschaffen, die Herzaktion durch Kampferinjektion oder
andere Mittel auf voller Höhe erhalten werden; kurz es ist in jeder
Weise die Nichtbeschränkung natürlicher Funktion anzustreben. Bei
bereits eingetretener progredienter Thrombose muss man sich darauf be¬
schränken, den Blutstrom zu kräftigen, wobei natürlich wegen Gefahr
einer Embolie gröbere mechanische Eingriffe zu vermeiden sind.
Victor Bunzl (Wien).
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Kote on a case of simultaneous rnpture of a carotid aneuryam
aad an atheromatous aorta. Von E. L. Sandiland. Lancet
1. Dez. 1906.
Eine 77 Jahre alte Frau litt an Dementia alcoholica. Bei der Unter¬
suchung fand sich der 2. Aortenton accentuiert, die Arterien waren hart
und verdickt. Im Laufe eines Jahres traten mehrere Ohnmachtsanfalle
auf, wobei schliesslich plötzlicher Exitus letalis eintrat.
Nekropsie: Im Pericard etwas Blut und Serum, der rechte Ven¬
trikel erschlafft. Aortenklappen verdickt, Coronargefässe atheromatös;
der Arcus aortae dilatiert. Im Verlaufe der Aorta fanden sich noch zahl¬
reiche atheromatö8e Flecke. Unterhalb der Wurzel der grossen Gefässe
war an der hinteren Wand eine V-förmige Ruptur und das Gewebe war
daselbst hämorrhagisch infiltriert. Desgleichen war eine ausgedehnte
Blutung an der Gehirnbasis. An der linken Carotis int. zwischen dem
Ort des Eintrittes in die Schädelhöhle und der Teilung in vordere und
mittlere Hirnäste bestand ein Aneurysma; dasselbe mass 3 / 4 Zoll im
Durchmesser und war von länglicher Gestalt; durch die Ruptur desselben
entstand die basale Hämorrhagie. In den Nieren war vorgeschrittene
Cirrhose, die Leber und Milz waren vergrössert.
Herrnstadt (Wien).
An adress on thoracic aneurysm. Von Thomas Oliver. Brit.
Med. Journ. 16. März 1907.
Die Erkrankung tritt gewöhnlich im mittleren Alter auf, und zwar
häufiger bei Männern als bei Frauen; das Verhältnis ist ungefähr 9:1.
Das Aneurysma lässt sich unterscheiden in ein Aneur. fusiforme und
sacculat.; im ersten Falle ist die Arterie in ihrer ganzen Circumferenz
dilatiert und spindelförmig, im zweiten nur ein Teil der Wand, nicht
unähnlich einem Darmdivertikel; die mittlere Schicht ist dabei stark
verdünnt, die äusseren Schichten blass, während sich innen rote und
weiche Blutcoagula finden. Manchmal bildet sich ein Riss in der Intima,
der sich in der Media fortsetzt und dadurch 2 Schichten bildet, zwischen
denen das Blut wie in einen Kanal eindringt, man nennt dies „Dissecting
form“ des Aneurysmas.
In wenigstens 50 °/ 0 ist Lues die Ursache der Erkrankung, dazu
kommen noch harte Arbeit und der Einfluss des Alkohols. In kleineren
Arterien ist häufig ein Embolus die erste Veranlassung, andererseits
wird auch dem Adrenalin atheromatöse Veränderung der Gefässe zuge¬
schrieben.
Zu den ersten Symptomen gehört Brustschmerz, der durch körper¬
liche Anstrengung und während der Nacht zunimmt, und der 2. Aorten¬
ton ist laut und klingend; die aufgelegte Hand fühlt eine leise Vibration.
Die Schmerzen können herrühren von Druck auf die Umgebung, von
vermehrter Spannung, von Dehnung der Nerven, die in der Aorten wand
verlaufen, oder von Neuritis; durch Digitalis werden die Schmerzen ge¬
steigert, da die arterielle Spannung zunimmt, Jodkali verringert dieselben.
Zu den physikalischen Zeichen gehören Dämpfung und Pulsation sowie
Gefässgeräusche. Durch das Einströmen des Blutes und Vibration der
Aortenwand entsteht ein systolisches Geräusch, während das diastolische
Geräusch durch Kontraktion des Sackes oder durch Regurgitation des
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Blutetromes hervorgerufen wird, was gleichzeitig die Hypertrophie des
linken Ventrikels erzeugt.
Der Aortenbogen wird in 3 Partien geteilt: einen auf steigenden,
transversalen und absteigenden. Aneurysmen direkt oberhalb der Aorten*
klappen sind gewöhnlich klein und entziehen sich der Untersuchung,
wogegen jene, die aus der konvexen Seite des 1. Anteiles des Bogens
entspringen, in der Hegel beträchtliche Grösse erreichen, ohne jedoch
schwere Störungen zu verursachen. Diese Aneurysmen machen Pulsation
im 2. und 3. rechten Intercostalraum oder wachsen nach hinten gegen
die rechte Lunge, indem sie dieselbe komprimieren und respiratorische
• Geräusche verursachen; sie können sich gegen die Cava sup. zu er¬
strecken, in dieselbe sich öffnen und ein arteriovenöses Aneurysma mit
einem kontinuierlichen blasenden Geräusch bilden ; bei Druck auf die rechte
Subclavia entsteht Oedem des Armes, bei Kompression des rechten Nerv,
recurrens Lähmung des rechten Stimmbandes. Liegt der Ursprung an
der konkaven Seite des Bogens, so präsentiert sich derselbe am linken
Sternalrande und bewirkt Verlagerung des Herzens.
Aneurysmen des transversalen Anteiles sind ernster infolge von
Kompression der Trachea und des Oesophagus. Die ersten Symptome
sind paroxysmaler Husten und Stridor; die Dämpfung zeigt sich über
oder neben dem Sternum oder im Jugulum, durch Druck auf den linken
Becurrens entsteht Lähmung des linken Stimmbandes, ferner können der
Duct. thoracicus oder die sympathischen Ganglien komprimiert werden.
Aneurysmen des absteigenden Anteiles erzeugen durch den Kontakt
mit dem Perioste der Wirbel Erosion des Knochens und in weiterer
Folge Kompression des Rückenmarkes. Manchmal sieht man links von
der Wirbelsäule eine pulsierende Geschwulst.
Inequalität von Radial- und Temporalpuls wird oft beobachtet; bei
Ergriffenheit der Art. innominata ist gewöhnlich der rechte Radialpuls
schwächer, bei Aneurysma des Aortenbogens zwischen Innominata und
linker Subclavia ist der linke Radialpuls schwächer; oft sind auch fest¬
haftende Blutcoagula, die das Lumen eines grossen Gefässes verschliessen,
die Ursache der Pulsdifferenz.
Die Ruptur eines Aneurysmas kann plötzlich sein und der Tod durch
die Blutung oder bei Ruptur in die Trachea durch Asphyxie erfolgen,
oder es öffnet sich der Sack an einer zirkumskripten Stelle, wobei nur
wenig Blut entweicht.
Behandlung. Die Hauptbedingungen sind Bettruhe und restrin¬
gierte Diät. Jodkali vermag oft die Schmerzen und die paroxysmale
Dyspnoe zu vermindern; von der Verabreichung von Calciumsalzen sah
Autor weniger Erfolg, desgleichen von der Durchstechung mit einer
Silbernadel. Durch subkutane Gelatineinjektionen kam es in einzelnen
Fällen zu Schrumpfung, doch abgesehen von den Schmerzen, welche
diese Injektionen erzeugen, wurde in der Folge einigemal das Auftreten
von Tetanus beobachtet. Herrnstadt (Wien).
Aneurysma art. coronariae ventriculi sinistri. Von E. Herczel.
Budapeeti Orvosi Ujsäg 1906, 24.
Die Aneurysmen der Abdominalaorta sind höchst selten. Schrötter
fand unter 19300 Nekroskopien bloss 7 diesbezügliche Fälle, aber in
keinem der Fälle ging das Aneurysma von der Coronararterie des Magens
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aus, wie dies Verfasser in einem Falle zu beobachten Gelegenheit hatte.
Die 32 jährige Patientin beklagte sich über häufiges Erbrechen und
Schmerzen in der Magengegend; bei der Untersuchung konnte im Epi-
gastrium eine starke Pulsation beobachtet und ein pulsierender Tumor
palpiert werden, über dem bei der Systole ein lautes, bei Diastole ein
schwächeres Geräusch hörbar war. Die Diagnose schwankte zwischen
einem Tumor an der kleinen Curvatur des Magens und zwischen einem
Aneurysma der Art. coeliaca oder eines Zweiges derselben. Bei der
Laparotomie stellte es sich heraus, dass ein durch die Coronaria sin. ge¬
bildetes Aneurysma vorhanden war; da dasselbe aber bloss mit einer
gleichzeitigen Exstirpation des grössten Teils des Magens hätte entfernt •
werden können, zu einem so grossen Eingriff aber der relativ gute Zustand
der Patientin nicht berechtigte, sah Verfasser davon ab und vereinigte
die Bauchwand. Nach einem Jahr hatte Verfasser Gelegenheit, die
Patientin wieder zu sehen, das Erbrechen stellte sich wieder 2—3 mal
täglich ein, aber das Allgemeinbefinden ist gut, der Zustand ver¬
schlimmerte sich nicht wesentlich, infolge dessen ist ein operativer Ein¬
griff nicht indiziert. J. Honig (Budapest).
Arteriovenous aneuryam of the occipit&l vessels. Von H« Cus-
hing. New York Med. Journ. Vol. LXXXEL
Verfasser berichtet über den Fall eines Patienten, der nach einem
Trauma ein pulsierendes Aneurysma am Hinterhaupt bekam. Trotz
Unterbindung der Art. occipit. und lokaler Kompression der betreffenden
Seite trat das Aneurysma bald wieder in seiner früheren Grösse auf.
Von demselben gingen zahlreiche dilatierte Venen aus, welche in tiefen
Dellen des Knochens eingebettet waren. Darüber ist ein vibrierendes
systolisches Geräusch fühlbar und hörbar. Die linke Carotis ext. wurde
ligiert und der Varix aneurysmaticus exzidiert. Dabei gestaltete sich
die Unterbindung der erweiterten Gefasse sehr schwierig. Zwischen
Arterie und Vene bestand eine direkte Ko mmunik ation (ohne aneurys¬
matische Erweiterung).
In der Literatur finden sich einige Fälle von arteriovenösen Aneurys¬
men an der Kopfschwarte verzeichnet, und zwar der Temporalgefässe,
ein einziger Fall betrifft die Occipitalarterie. Es gibt auch intrakranielle
Kommunikationen zwischen Sinus cavernosus und Carotis, mit Exophthal¬
mus verbunden, gewöhnlich als Folge von Frakturen der Schädelbasis.
Die subjektiven Geräuschempfindungen sind viel bedeutender als bei
extrakraniellen Aneurysmen. Es gibt folgende Formen: 1. tangentiale
Fistel (Varix aneurysmaticus), oft mit Sackbildung verbunden. 2. Kom¬
munikation durch einen intermediären Sack (Aneurysma varicosum),
welcher in der Regel aus einem traumatischen Hämatom entsteht, seltener
ein arterielles Aneurysma darstellt. In dem beschriebenen Falle handelt
es sich um eine einfache tangentiale Fistel, mit welcher gewöhnlich eine
starke Venenerweiterung verbunden ist, und zwar an einer Stelle, wo
die Venenwand die schwächste Stütze hat. In einem von Osler mit¬
geteilten Falle war die Kommunikation unten am Bein, der pulsierende
venöse Sack im Hypogastrium. Gewöhnlich jedoch passt sich die Venen¬
wand dem gesteigerten Druck an, was auch experimentell von Carrel
nachgewiesen wurde.
Die Ursache dieser Aneurysmen sind gewöhnlich aseptische Stich-
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(Aderlass) oder Schusswunden. In einzelnen Fällen, so auch dem hier
beschriebenen, handelt es sich um eine auf Grund einer Kontusion durch
Nekrose sekundär entstandene Kommunikation der Gefässe.
Neuere Experimentatoren haben Anastomosen zwischen Cava inf.
und Pfortader sowie zwischen Arterien ohne Thrombenbildung angelegt
und Carrel ist dies sogar bei kleinen Gefässen gelungen. Carrel
verlagerte eine Niere in den Hals eines Hundes, indem er die Nieren-
und Halsgefässe verband, wobei die Harnsekretion ungestört vonstatten
ging, und in derselben Weise verfuhr er mit dem Herzen eines Tieres,
so dass es wieder zu pulsieren begann. Er verpflanzte Venenstücke in
Arteriendefekte und setzte die exstirpierte Schilddrüse in der Weise
wieder ein, dass, er durch arteriovenöse Anastomose die Zirkulations¬
richtung ohne Funktionsstörung der Drüse verändern konnte. Wie weit-
tragend diese Experimente für die Praxis sein werden, lässt sich noch
nicht absehen. Auch für die schweren Extremitätenverletzungen ist die
Tatsache wichtig, dass man an amputierten Gliedern Gefässe wieder ein¬
gesetzt und vernäht und so die Zirkulation wieder hergestellt hat. Die
Methoden der Kompression, Galvanopunktur und Ligatur des Haupt¬
stammes zur Beeinflussung Von Aneurysmen sind verlassen und es ist zu
hoffen, dass diese und andere Gefässläsionen durch erfolgreichere Ein¬
griffe werden behandelt werden können. Die komplette Exstirpation
kann, wie im beschriebenen Falle, an der Kopfschwarte ohne Gefahr
ausgeführt werden. Karl Fluss (Wien).
Large arterio-venous aneurysm of the neck treated by excision.
Von James Berry. Lancet, 22. Dez. 1906.
Die Patientin, 39 Jahre alt, bemerkte vor 20 Jahren eine kleine
Schwellung im unteren Teile der rechten Halsseite, die zwar allmählich
an Grösse zunahm, jedoch keine wesentlichen Beschwerden verursachte;
erst im August 1895 traten im Anschluss an ein Trauma Dyspnoe und
Herzklopfen, Schmerzen im Halse, im Arme und in der Hand und klopfende
Schmerzen in der Geschwulst auf; die Stimme wurde heiser. Bei der Auf¬
nahme ins Spital sah man einen prominenten, irregulären Tumor der rechten
Halsseite von der Grösse einer männlichen Faust zwischen der Mittellinie
und der Mitte der rechten Clavicula; der untere Anteil lag hinter dem
Sternum und der Clavicula, nach oben war die Grenze der oberste Punkt
der C&rtil. thyreoidea. Der Tumor wurde durch den Muse, sterao-
eleido-mastoid. in 2 Portionen geteilt, eine grössere vordere und kleinere
hintere. Der ganze Tumor war weich, kompressibel und überall mächtig
pulsierend; durch konstant zunehmenden Druck liess er sich fast völlig
zum Schwinden bringen; ein lautes, rauhes, systolisches Geräusch konnte
bei der Palpation und Auskultation wahrgenommen werden; die rechte
Carotis war durch den Tumor gedeckt, die Trachea nach hinten gedrängt,
beim Atmen ein schwacher Stridor hörbar.
Operation: Längs des vorderen Bandes des rechten Stem.-cleid.-
mastoideus bis zum Sternum wurde eine Inzision gemacht und eine zweite
vom unteren Ende der ersteren nach auswärts längs der Clavicula, der
Muskel selbst oberhalb des Ansatzes quer durchtrennt; die dilatierte
Vena jugul. int. lag nach innen und unten vom Tumor, die Carotis
kommunizierte nicht direkt mit der Geschwulst, doch verlief von dieser
nach abwärts unter dem Schlüsselbeine eine grosse Vene in den Thorax.
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Dieselbe wurde gefasst und durchtrennt, desgleichen die Thyreoid., Lingual,
und Facial. und l 1 /, Zoll der Carotis ext., welche mit dem mit ihr innig
verwachsenen Tumor entfernt wurde.
Der durchtrennte Muskel wurde sodann vernäht und im vorderen
und hinteren Anteile je ein Drain belassen.
Der Tumor bestand aus einer Menge gewundener 9 erweiterter Venen
von den durchschnittlichen Dimensionen des kleinen Fingers.
Am 1. und 2. Tage nach der Operation wurden die Drains ent¬
fernt, die Temperatur erreichte am 3. Tage 100,4 F. 5 Wochen nachher
konnte Patientin das Spital geheilt entlassen, der Muscul. stemo-cleido-
mastoid. funktionierte völlig normal.
Der Tumor präsentierte sich in seiner geschrumpften Form als
aneurysmatischer Varix, bestehend aus erweiterten und geschlängelten
Venen mit eigener, arterieller Pulsation, ähnlich dem Angioma racemosum,
welches nach der Ansicht des Verfassers eher aus dilatierten Venen als
aus Arterien zusammengesetzt ist. Herrnstadt (Wien).
A case of femoral aneurysm; excision; eure. Von Mr. Bilton
Pollard. Lancet, 27. April 1907.
Der Patient, 37 Jahre alt, klagte über Schwäche und Schwellung
des linken Beines sowie über einen pulsierenden Tumor in der linken
Leistengegend. Nach Ligatur der Art. iliac. ext. schwand die Pulsation,
trat jedoch nach 14 Tagen neuerlich auf. 5 Jahre später, im Jahre
1906, war der Befund folgender: Die Schwellung war walnussgross und
lag direkt unterhalb des Ligam. Pouparti. Die Haut über ihr war nor¬
mal, in der oberflächlichen Prominenz bestand sichtbare Pulsation; der
Arterienpuls war links schwächer und etwas verzögert, durch Druck
auf die Art. iliac. ext. liess sich die Pulsation vermindern, doch nicht
völlig aufheben. An der Herzspitze waren 2 Geräusche hörbar, der
2. Ton war wesentlich accentuiert. Digitale Kompression der Arterie
durch 8 1 /* Stunden blieb ohne Effekt. Nachdem die Haut über dem
Tumor gespalten war, zeigte sich, dass die pulsierende Prominenz eine
sekundäre Dilatation des eigentlichen Tumors bildete, der selbst tiefer
lag. Es wurden die Art. iliac. sowie epigastrica ligiert, desgleichen die
oberflächlichen Art. femoral., trotzdem dauerte die Pulsation fort, da die
Femoralvene an der Innenseite mit dem Aneurysma zusammenhing; der
adhärente Anteil wurde getrennt und das Aneurysma entfernt. Nach
Ligatur der getrennten Gefässe wurde ein Drain in die Wunde eingelegt.
Die Wunde heilte mit Ausnahme einer kleinen nekrotischen Hautpartie.
Das Aneurysma hatte einen Durchmesser von 3 x / a Zoll.
Herrnstadt (Wien).
A case of traumatic popliteal aneurysm. Von C. B. Kays er.
Lancet, 19. Januar 1907.
Patient wurde am 1. März 1905 durch eine Schusswunde im rechten
Kniegelenke verletzt und die Wunde heilte in 3 Monaten per secund.
intentionem. Infolge einer schmerzhaften Schwellung konnte Patient das
Bein nicht gebrauchen. Diese Schwellung nahm in den letzten 9 Wochen
noch an Grösse zu, ausserdem bildete sich an der Unterfläche der grossen
Zehe ein kleines Geschwür mit eitriger Sekretion. Das Bein war öde-
matös und abgemagert, die Haut verdickt und dunkelrot-braun, auch die
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Haut der Zehe war dorsal mächtig verdickt. TJnter der Haut fühlte
man 2 kleine Schrote, das eine über dem Köpfchen der Fibula, das
andere an der Aussenseite oberhalb der Patella. In der Kniekehle be¬
stand eine derbe, an Haut und Fascie adhärente Narbe und im Centrum
sowie der Aussenseite eine orangegrosse Schwellung mit sichtbarer Pul¬
sation. Uber der dorsalen Fläche des Beines, des Fusses und der Zehen
mit Ausnahme der kleinen Zehe bestand Verlust der Sensibilität, Sprung-
und Zehengelenke waren aktiv und passiv unbeweglich. Am 27. No¬
vember wurde eine 6 Zoll lange Inzision in die Poplitea gemacht und
durch Trennung der Adhäsionen der Sack freigelegt. Der innere Po-
plitealnerv wurde so weit als möglich von dem Sacke getrennt, desgleichen
der äussere sowie Arterien und Venen. Die Arterie wurde sodann
distal und proximal mit Catgut ligiert und nach Einführung eines Drains
die Wunde geschlossen. Die Zirkulation im Beine blieb eine gute, nur
an der grossen Zehe entstand ein gangränöser Fleck, der langsam aus¬
trocknete. Durch Massage wurde die Beweglichkeit des Beines wieder¬
hergestellt und am 9. Dezember konnte Patient das Spital geheilt ver¬
lassen. Die Beweglichkeit im Sprunggelenke sowie die Sensibilität kehrten
bald zurück, nur an der gangränösen Stelle kam es manchmal zum Auf¬
bruch und zu seropurulenter Secretion. Herrnstadt (Wien).
Operierter Fall von Aneurysma art. dorsalis pedis. Von Karl
Borszöky. Orvosi Hetilap, 1906, 44.
Bei einem 32 jährigen Fleischhauer wurde am rechten Fussrücken
über dem Talocruralgelenk ein kleinapfelgrosser pulsierender Tumor
bemerkt; die Pulsation folgte den einzelnen Herzstössen verspätet und ver¬
schwand auf Druck auf die Art. tib. antica. Nachdem durch Kom¬
pression der Art. tib. antica nach 3 tägiger Anwendung des Kompressors
das Aneurysma sich sogar vergrösserte, wurde dasselbe nach Antillus
exstirpiert. Das exstirpierte circa männerfaustgrosse Aneurysma war
mit halbflüssigem Blut gefüllt; unter dem Mikroskop erwies sich die
Wand desselben als Qefässwand. Es war also ein Aneurysma verum
sacciforme vorhanden. Die Aetiologie ist ganz dunkel. Stich, Schuss
oder ein anderes Trauma erlitt der Fuss nicht an dieser Stelle, Lues
wird negiert und es fehlen auch Zeichen derselben, Atheromatose ist
ebenfalls nicht nachweisbar. Das An tyllus’sche Verfahren gelang in
diesem Falle vollkommen und 2 Wochen nach der Operation war der
Patient vollkommen geheilt, er kann den Fuss gut flektieren und exten¬
dieren. Dies ist das einzige Radikalverfahren, mit dem die Recidiven
bestimmt verhütet werden können. Körte nähte in einem Falle von
Aneurysma popliteum die Oeffnung der Arterie zu. Le Fort beob¬
achtete in einem in solcher Weise operierten Falle eine Recidive, welche
die Exstirpation des Aneurysmas nötig machte. Sollte die Exstirpation
aus welcher Ursache immer unmöglich sein, so ist das Hof fmann ’sche
Verfahren das beste, das darin besteht, dass über dem Aneurysma die
Arterie abgebunden wird; nach einigen Wochen wird der Sack, wenn
er schon eingeschrumpft ist, auf geschlitzt. Auf diese Weise behandelte
Verf. ein durch Stich entstandenes Aneurysma an der Art. brachialis.
Das Extremitätenabsterben, das nach solchen Aneurysmaexstirpationen
aufzutreten pflegt, motiviert die Bestrebung, das im Aneurysma zirku¬
lierende Blut zu coagulieren. Diese Verfahren sind nicht neu, nur die
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Gelatine als die Coagulation beförderndes Mittel ist neu. Man machte Ge¬
latineinjektionen in den Sack, zo heilte Zaragosa ein Aneor. popli-
teum, aber die direkte Injektion ist gefährlich; ebenfalls ein gutes Resultat
ergibt die subkutane Injektion in Verbindung mit der systematischen
Kompression der zufuhrenden Arterie. Auf solche Weise erzielte Verf!
bei einem Aneur. poplit. eine entschiedene Verkleinerung des Sackes und
Aufhören der Pulsation nach 3 monatlicher Behandlung.
J. Honig (Budapest).
Notes on two cases: rupture of the aorta and rupture of the
left ventricle. Von Reginald A. Förster. Lancet, 2. April 1907.
Der 1. Fall betrifft eine 79 Jahre alte Frau, die ohne voraus¬
gegangene Erkrankung plötzlich starb. Beide Lungen waren emphyse¬
matos, das Pericardium ausgedehnt, enthielt Blutcoagula und 4 Unzen
Serum. Herz breit, Aorta dilatiert, an der hinteren Wand des Bogens
ein breiter Riss, der ca. 3 Zoll lang war und 8 / 4 der Circumferenz um¬
fasste. Das Gewebe zwischen Aorta und Pulmonalarterie war mit Blut
getränkt, die Aortenwand verdickt und atheromatös.
Der 2. Fall betrifft einen 67 Jahre alten Mann, der an Atheromatose
und Marasmus litt; auch hier trat der Tod plötzlich ein. Die linke Lunge
war total collabiert, die rechte wenig emphysematos. Im Pericard
6 Unzen Serum und ö 1 /, Unzen weicher Blutcoagula. An der vorderen
Wand des linken Ventrikels zwischen dessen Spitze und Basis bestand
eine x j % Zoll lange Ruptur. Die Aorta war atheromatös. Die linke
Coronararterie war durch Atheromatose völlig Btenosiert, die Konsistenz
steinhart; es bestand deutliche Myomalacia cordis.
Herrnstadt (Wien).
Late phlebitis following clean abdominal operations. Von W. W.
Grant. Journ. of the Amer. Med. Assoc., 1907, 16. Februar.
Die etwa 2 Wochen nach aseptischen Abdominaloperationen mit
primärer Wundheilung auftretenden Phlebitiden der Vena iliaca und
femoralis sind eine auffallende Erscheinung, ohne vorangehende Puls¬
beschleunigung, Temperaturerhöhung oder sonst ein warnendes Symptom
auftretend und wohl zu unterscheiden von der acuten septischen Phle¬
bitis. Cor di er sammelte 232 Fälle, davon 200 nach Abdominalope¬
rationen aufgetretene. Die Lungenembolien, die mit Vorliebe nach
Hysterektomien wegen grosser Fibrome auftreten, haben wohl keinen
Zusammenhang mit der Phlebitis femoralis, in deren Gefolge sie äusserst
selten entstehen. Ha ward fand unter etwa 3300 Appendicitisoperationen
29 Fälle von Phlebitis und 8 Lungenembolien. Verf. beschreibt 2 von
ihm nach Appendektomien beobachtete Fälle. Das Operationsfeld war
rein, die epigastriBchen Gefässe wurden nicht verletzt, kein Trauma
konnte beschuldigt werden. Verf. sah diese Zufälle gewöhnlich bei
anämischen Leuten mit schwacher Zirkulation und sieht in dieser ein
prädisponierendes Moment. In der Mehrzahl der Fälle tritt die Phlebitis
im linken Beine auf und dies ist besonders auffallend bei reinen Ope¬
rationen im rechten Hypogastrium. Die Erklärung liegt in der ana¬
tomischen Anordnung der Gefässe. K e e n erklärt die linksseitigen
Phlebitiden beim Typhus durch die Herzschwäche und die Kreuzung
der linken Vena iliaca comm. mit der rechten Art. iliaca comm. Verf.
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zitiert die Meinungen zahlreicher Autoren über diesen Gegenstand. Nach
Wright neigt das an Kohlensäure reichere Blut der Femoralvenen eher
zur Koagulation. Daher empfehlen viele Chirurgen die Beckenhoch¬
lagerung, ausserdem Zartheit der Manipulationen und Vermeidung von
Traumen beim chirurgischen Eingriff als Präventivmittel. Verf. glaubt,
dass diese Thrombosen keinen septischen Ursprung haben und dass syste¬
matische Blutuntersuchungen vor und nach Operationen einiges Licht in
die Sache bringen könnten. Karl Fluss (Wien).
An nnnsnal case of Raynauds disease. Von J. A. Milne. Brit.
Med. Journal, 8. Dez. 1906.
Patient befand sich schon im Alter von 10 Jahren wegen Bing¬
wurms in Spitalsbehandlung; schon während dieser Zeit bemerkte man,
dass die Finger der rechten Hand, die Nasenspitze und die Ohrläppchen
blau und kalt wurden; nach 6—7 Wochen traten ähnliche Veränderungen
am rechten Knöchel auf, die Haut barst und es blieb eine offene Wunde
zurück; nach einiger Zeit fand man bei genauer Untersuchung, dass der
Knochen gebrochen war und es wurden Teile von totem, weichem Ge¬
webe von Zeit zu Zeit entfernt, wonach ein granulierender Stumpf
zurückblieb, der rasch heilte. Nach einem Jahre wiederholte sich der¬
selbe Prozess mit denselben Konsequenzen am anderen Beine; von da
an litt Patient ununterbrochen durch 6 Jahre und bekam stets Morphin
wegen bestehender grosser Schmerzen. Die lokale Asphyxie verschlimmerte
sich bei kaltem Wetter und wurde mit Bettruhe, Wärme und Opium
behandelt. Es bestand nie Hämoglobinurie, nie periphere Neuritis.
Im 14. Jahre war der Status folgender: Ueber der Spitze ein
systolisches Geräusch, keine wesentliche Verbreiterung des Herzens. Der
linke Stumpf war konisch, die Tibia 8 l j % Zoll lang und auf Druck
schmerzhaft, der rechte war gleichfalls konisch, die Länge der Tibia 8*/ 4 Zoll,
an der Spitze war ein Ulcus von Guldengrösse. Beiderseits war reichlich
Narbengewebe. Die Fingerspitzen der rechten Hand waren atrophisch,
zur besseren Gebrauchsfähigkeit der Hand wurden dieselben operiert.
Einen Monat später konnte man im Spital die 1. Attacke von lokaler
Asphyxie an den Ohren beobachten, von da an wiederholten sich die¬
selben öfter. Nach einem weiteren Monate traten Temperaturerhöhung
und leichter Husten hinzu, an der Basis der rechten Lunge war fein¬
blasiges Bassein hörbar. Gegen die Asphyxien wurden elektrische Bäder,
jedoch ohne Erfolg angewendet; besser wirkten warme Bäder und Massage.
In der Folgezeit machte Patient eine Pneumonie und Endocarditis durch.
Ueber der Spitze war ein blasendes, lautes, systolisches Geräusch hörbar,
desgleichen am Bücken, Spitzenstoss diffus, die Herzdämpfung reichte bis
zur Mammillarlinie; über der rechten Lunge waren Dämpfung an der Basis
und gelegentlich Krepitieren. Einen Monat später waren Nase und linker
Ellenbogen purpurrot, rechte Hand und Finger bis zum Handgelenke
geschwollen und intensiv gerötet sowie schmerzhaft; nach kurzer Besserung
häuften sich die Attacken und endeten mit trockener Gangrän und Sub-
stanzverluflt an Ohren und Nasenspitze; dazu kamen Dyspnoe, Husten und
Schmerzen auf der rechten Brustseite sowie Temperatursteigerung. Kurz
vor dem Exitus wurde das Gesicht an Augen, Kinn und Wangen pur¬
purrot, desgleichen Arme, Hände, beide Kniee und die Spitze des rechten
Stumpfes.
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Bei der Nekropsie war die Rötung unverändert; das Herz war
wesentlich verbreitert, die Mitralklappe z. T. kartilaginös und stenosiert.
Die rechte Pleura adhärent, die Lunge an der Basis verdichtet. Leber
vergrössert, desgleichen Milz und Nieren, der Magen war unter den
Nabel verlagert.
Der Fall ist interessant wegen der Kombination von Raynaud’schem
Symptomenkomplex und Herzaffektion. Herrnstadt (Wien).
Bin schwerer Fall von Morbus Raynaud. Von E. Arning. Arch.
f. Denn. u. Syph., Bd, LXXXIV, 1. Heft.
Die 33 jährige Patientin litt seit ihrem 3. Lebensjahre an Frost¬
beulen an Händen und Füssen. Vor 10 Jahren hatten sich die ersten
Spuren symmetrischer Gangrän an den Fingerspitzen eingestellt, welche
seither allmählich zugenommen hatten, so dass die Finger und die Zehen
bis auf Reste verloren gegangen waren. Durch energische Behandlung
der Koprostase und systematische Anwendung der Bier ’schen Stauungs¬
hyperämie konnte der Krankheitsprozees zum Stillstand gebracht werden.
Eine Schwester der Patientin, welche aus einer sonst gesunden
Familie stammt, hatte an der gleichen Krankheit gelitten. Schliesslich
teilt A. zwei weitere von R e n n e r t und von Nonne beobachtete
Fälle von Morbus Raynaud mit, bei denen die Stauungshyperämie mit
bestem Erfolge angewendet worden war.
von Hofmann (Wien).
Klinisches und Kasuistisches von den syphilitischen Erscheinungen
an den Schlagadern der Extremitäten. Von L. Merk. Arch. f.
Derm. u. Syph., Bd. LXXXIV, 1907.
Der 47 jährige Patient kam mit den Erscheinungen einer Phlegmone
der linken Hand und des Unterarmes zur Aufnahme. Das Leiden hatte
mit Verlust des Gefühls in den Fingern, welchem Parästhesien voraus¬
gegangen waren, vor 8 Tagen begonnen. Abgesehen von den phlegmone¬
ähnlichen Erscheinungen fanden sich asphyktische Partien an den Finger¬
spitzen. Der Puls war erst in der Subclavia und im proximalen Teile
der Axillaris zu fühlen. Da die Anamnese ergab, dass der Patient vor
8 Jahren an Lues gelitten hatte, wurde neben lokaler Behandlung mit
Eis usw. eine antiluetische Kur vorgenommen, worauf der Patient nach
AbBtossung, respektive chirurgischer Entfernung der gangränösen Finger-
partien geheilt wurde. von Hofmann (Wien).
Ueber die Einwirkung des Lichts auf das Blut. Von Oe rum.
Pflüger's Arch. f. d. ges. Physiol., Bd. CXIV. Aus Finsen’s Licht¬
institut.
Eingehende Untersuchungen über den Einfluss des Lichtes auf Blut¬
druck, Blutmenge, Hämoglobingehalt usw. Einige der wichtigsten Be-
sultate seien hier wiedergegeben:
Die Grösse der Blutmenge ist vom Lichte abhängig, indem die
Dunkelheit die Blutmenge im Laufe von 1—2 Monaten um 3—4 % des
Körpergewichts herabsetzt. Dunkelheit ergibt Verminderung des Gesamt¬
hämoglobins.
Rotes Licht übt ungefähr dieselbe Wirkung auf die
Blutmenge wie die Dunkelheit aus, blaues Licht dagegen
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vermag eine Plethora vera und eine Vermehrung des
Gesamthämoglobins zu geben.
Das Lichtbad kann die Blutmenge im Laufe von
4 Stunden um ca. 2 5 °/ 0 vermehren.
Die Dunkelheit ruft einen vermehrten Blutdruck, intensives Licht
einen verminderten Blutdruck durch direkte Einwirkung auf die Haut
hervor. Aufenthalt im Dunkeln beim Aderlass unter */ 4 der Blut¬
menge kann eine augenblickliche Verdünnung des Blutes hindern. Tiere,
geboren im Dunkeln und roten Licht, haben ein grösseres Gewicht,
aber eine Blutmenge von ca. der Hälfte der normalen.
Bernh. Fischer (Bonn).
The surgical aspects of haemophilia with especial reference to
two cases of Volkmanns contracture resnlting from this disease.
Von Ernest W. Hey Groves. Brit. Med. Joum., 16. März 1907.
W. W. litt schon in zartester Kindheit an zahlreichen und ver¬
schiedensten Blutungen; schon durch 4 Generationen seiner Familie
bestand Hämophilie, an welcher fast ausschliesslich die männlichen
Glieder litten und z. T. starben, während die weiblichen Glieder frei
blieben. Mit 11 Jahren fiel Patient auf das rechte Ellbogengelenk und
es entstand eine breite Schwellung, die gegen den Arm zu verlief; einige
Tage später trat eine Flexion des Fingers hinzu und es bildeten sich
Blasen. Ein Arzt machte einen Verband, der durch 4 Wochen liegen
blieb; nach dieser Zeit war der Vorderarm abgemagert und konnte nicht
supiniert werden. Mit der Zeit Hessen sich die Finger wieder strecken,
nur der Zeigefinger verblieb in geringer Flexionsstellung und die Supi¬
nationsbewegung bHeb unmöglich. Mit 13 Jahren wurde Pat. durch einen
Steinwurf am Unken Knie verletzt; die Schwellung schwand zwar, trat
jedoch oft ohne äussere Ursache wieder auf und auch das andere Knie
war nicht völHg frei. Mit 15 und 16 Jahren hatte Pat. schwere Attacken
von Hämaturie. In der letzten Zeit erHtt er beim Verlassen des
Bycicles eine Distorsion des Beines und im Anschluss daran eine harte
Schwellung an der Vorderfläche des Oberschenkels, offenbar infolge der
starken muskulären Kontraktion, um den Sturz zu verhüten; in den
Knien und Knöcheln bestanden Schmerzen und beiderseits neben der
Achillessehne war Fluktuation.
Der nächste Fall betrifft 2 Brüder, in deren FamUie gleichfalls
durch 4 Generationen zahlreiche männUche MitgUeder an Hämophilie
litten. Von 10 Geschwistern sind 6 weibliche GHeder völlig frei, während
von 4 Söhnen 3 erkrankt sind. Der ältere von ihnen Utt an häufigen
Blutungen und Störungen in den Kniegelenken; in der Gegend der
Gelenksknorpel bestehen knotige Verdickungen und bei Bewegungen ist
Reiben fühlbar, offenbar die Folge einer Osteoarthritis.
Der 3. Fall ist der 14 jährige Cleophas H. Unter vielen Blutungen
war die stärkste nach einem Biss in die Lippen, die ihn durch 3 Wochen
im Spital ans Bett fesselte. Mit 7 Jahren bekam Pat. nach einer Zerrung
am linken Arm Schwellung und Steifheit im Ellbogen- und Handgelenke,
nach einiger Zeit war der Arm schwächer und konnte nicht supiniert
werden. Auch später liess sich noch in beiden Ellbogengelenken Flüssig¬
keit nachweisen, neben der Tricepssehne bestand beiderseits Fluktuation.
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Im linken Kniegelenk verspürte man bei Bewegungen Reiben, im rechten
flüssiges Exsudat und Ballotement der Patella, offenbar als Folge eines
Ergusses von Blut.
In beiden oben beschriebenen Fallen stand die Hand in fast kom¬
pletter Pronationsstellung, doch waren geringe Bewegungen im Radio¬
ulnargelenke möglich. Ferner bestand muskulärer Schwund, im 1. Fall
auch leichte Flexion des Zeigefingers, der jedoch bei gebeugtem Hand¬
gelenke gestreckt werden konnte. Die Sensibilität und elektrische Erreg¬
barkeit war ungestört. Neben der Abmagerung konnte auch Verkürzung
der Knochen konstatiert werden. Dieser Symptomenkomplex wird unter
dem Namen Volkmann’s Kontraktur beschrieben. Nach Dudgeon
findet sich diese Affektion hauptsächlich nach Frakturen, die mit lang
liegenden Verbänden behandelt wurden, in einem Falle entstand sie,
nachdem die Essmarch’sche Binde eine Stunde lang gelegen war, in
einem anderen Falle war sie das Resultat einer Thrombose der Axillar¬
arterie. Durch Druck auf die Muskeln kommt es zum Absterben ein¬
zelner Fasern, die durch Bindegewebe oder manchmal durch Knochen
ersetzt werden.
Die Verkürzung der Knochen lässt sich dadurch erklären, dass
durch verminderte Blutzufuhr infolge der Atrophie der Muskeln auch
die wachsenden Knochenenden weniger Blut erhalten, weil die zu ihnen
führenden Gefässe Aeste der Muskelgefässe sind.
In den obigen Fällen handelt es sich um schwere Hämorrhagien
ins Bindegewebe des Vorderarmes, welche die Muskeln komprimierten
und die Zirkulation beeinflussten.
Die Behandlung dieser Formen von Hämophilie besteht in Ruhe
und Druckverband. Die Blutungen nach aussen erfordern ebenfalls
Bettruhe. Lokale oder allgemeine Mittel bleiben in der Regel ohne
Effekt. Herrnstadt (Wien).
Amylnitrite in haemoptysis. Von George A. Crace-Calvert.
Lancet, 6. April 1907.
Die bisher gegen Hämoptoe angewandten Mittel — Ergotin, Adre¬
nalin, Morphin, Chlorcalcium — haben sich nicht als sehr wirksam er¬
wiesen. Morphin speziell beruhigt wohl und setzt den Blutdruck herab,
doch beeinflusst es auch das respiratorische Centrum und unterdrückt
den Husten, was bei Ueberfüllung der Bronchien mit Blut oft von nach¬
teiliger Wirkung ist, da das sich leicht zersetzende Blut einen günstigen
Boden zur Entwicklung septischer Organismen abgibt und zu septischer
Pneumonie sowie zu Tuberkulose führen kann. Von Medikamenten
scheint das verlässlichste das Amylnitrit zu sein; durch Herabsetzung
des Blutdruckes und Coagulation kommt die Blutung fast immer sofort
zum Stillstand; da der Husten nicht unterdrückt wird, so kann das
einmal ausgetretene Blut leicht aus den Bronchien entfernt werden. Um
die Wirkung zu erzielen, genügt Inhalation mit 3 Tropfen, die Blutung
steht, obwohl auch einige Zeit noch coaguliertes Blut ausgeführt wird.
Bei sehr erregten Patienten kann nachher eine Morphiuminjektion ge¬
macht werden. Verf. wendete das Medikament in 22 Attacken an und
war mit dem prompten Erfolg stets zufrieden.
Herrnstadt (Wien).
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Amyluitrite in haemoptysis and in other haemorrhages; recent
results. Von Francis Hare. Lancet, 24. Nov. 1906.
Verfasser publizierte bereite einmal 7 Fälle von Hämoptoe, die durch
Inhalation von Amylnitrit zum Stillstand gebracht wurden, desgleichen
beschreibt Georges Bourland 13 Fälle mit gleich gutem Erfolge.
Die Dosis ist zwischen 3 und 9 Tropfen. Dasselbe wurde im Tier¬
experiment bewiesen: Bei Hunden wurde der Thorax eröffnet und
künstliche Respiration eingeleitet; in die Femoralvene wurde Amylnitrit
injiziert. Innerhalb weniger Sekunden bildeten sich in der Lunge anä¬
mische Flecke, die sich rasch verbreiteten, bis in 2—3 Minuten das
Lungenparenchym blutleer war; bei Einschnitten mit der Schere ins
Lungengewebe entwich kaum ein Tropfen Blut. Es handelt sich hier
um aktive Vasokonstriktion der Lungengefässe und Vasodilatation des
peripheren Systems.
Die gleich gute Wirkung wurde beobachtet bei Menorrhagien, bei
Blutung nach Entfernung von Ovarialcysten und bei Ruptur einer extra¬
uterinen Gravidität, desgleichen häufig bei Blutungen post partum.
Herrnstadt (Wien).
Weitere Beobachtungen über die Verwertbarkeit der Leukocyten-
zählungen bei der acuten Appendicitis. Von E. Sonnenburg.
Arch. f. klin. Chir. 81. Bd. II. Teil.
Verfasser weist auf die Wichtigkeit der Leukocytenzählung für die
Diagnose und Prognose der Appendicitis hin und erläutert das Verhalten
der Leukocytose an der Hand von Kurven, die er der Besprechung der
in Gruppen zusammengestellten Erkrankungsformen beifügt. Es ist
wichtig, durch richtige Technik der Zählung Fehlerquellen möglichst zu
vermeiden und die Verwertung der Leukocytenkurve nur im Zusammen¬
halte mit den übrigen Symptomen vorzunehmen. Hauptsächlich von
2 Faktoren ist die Leukocytenvermehrung abhängig: von der Virulenz
der Bakterien sowie von der Widerstandsfähigkeit des Organismus;
dabei zeigt es sich oft, dass manche Leute mit einer besonders hohen
Leukocytenvermehrung reagieren, ohne dass diese in der Schwere des
objektiven Befundes begründet wäre. Verfasser weist im Gegensatz zu
anderen Autoren darauf hin, dass nicht hohe Leukocytenzahlen die
Schwere des Falles beweisen, sondern dass vielmehr oft gerade die
niedrigen Zahlen auf die durch Toxinwirkung eingetretene Erlahmung
des Organismus hinweisen. Verfasser ist ein Gegner der Frühoperation
und empfiehlt den Eingriff nur dort, wo die natürlichen Kräfte des
Organismus nicht ausreichen. Victor Bunzl (Wien).
A study of the blood in Dengue fever with particular reference
to the differential conut of the leucocytes in the diagnosis of
the disease. Von E. R. Stitt. Philippine Journ. of Sc. I 1906
p. 513.
Da die klinischen Symptome des Denguefiebers nicht charakteristisch
genug sind, um die Diagnose dieser Erkrankung sicher zu stellen, so
kann dies oft durch die Untersuchung des Verhaltens der Leukocyten
geschehen. Die Zahl der polymorphkernigen Leukocyten ist herabgesetzt
(40 °/ 0 ), die der kleinen Lymphocyten im Beginn der Krankheit gesteigert
(40 °/ 0 ), sinkt aber bald auf 10 °/ 0 ; die Anzahl der grossen Lymphocyten
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steigt am 3. und 4. Tag auf 30 °/ 0 , ebenso die der grossen mono¬
nukleären Leukocyten (40 °/ 0 ). Charakteristisch ist also, dass die
graphischen Kurven der kleinen Lymphocyten und der grossen mono¬
nukleären sich X-förmig kreuzen.
Verfasser hat nie im Blut den beschriebenen Micrococcus, ebenso
auch kein Protozoon nachweisen können. Er ist der Ansicht, dass die
Krankheit durch Mücken übertragen wird; in Canaco, wo solche nicht
Vorkommen, ist eine Ansteckung Eingeborener durch dorthin gebrachte
Denguekranke immer ausgeblieben, dagegen nicht in Cavite, wo die
Moskitos sehr zahlreich sind. Von 24 Matrosen der „Baltimore“, die
in Cavite an das Land stiegen, erkrankten 20, während die an Bord
zurückgebliebenen gesund blieben. Schrumpf (Strassburg).
Observation» upon malaria; latent infection in natives of the
Philippine Islands. — Intracorpnscular conjugation. Von C. F.
Praig. Philippine Journ. of Sc. I p. 523.
In 5 Monaten wurden in Stotzenberg (Philippinen) 386 Fälle von
Malaria beobachtet, von denen 98 von benigner Tertiana, 8 von Quartana
und 272 von maligner Tertiana, ferner 8 mixte Fälle von benigner und
maligner Tertiana.
Von 225 untersuchten, beliebig gewählten und anscheinend gesunden
Eingeborenen waren 115 = 51,1 °/ 0 infiziert. Von untersuchten Kindern
waren im 1.—5. Jahr 72,5 °/ 0 , im 5.—10. Jahr 37 °/ 0 , im 10.—15. Jahr
25,5 °/ 0 Träger von Malariaerregern.
Verfasser betont den lokalen, familialen Charakter der Malaria,
ferner das häufige Vorkommen einer „intraglobulären Conjugation“ der
jugendlichen, ringförmigen, hyalinen, noch nicht pigmentierten Parasiten¬
formen; letztere sollen sexuell nicht differenziert sein, ferner morpho¬
logisch nicht unterschieden werden können. Verf. scheint sich daher
durch die theoretische Auffassung leiten zu lassen, dass diese Con¬
jugation durch Verjüngung der Keime das Zustandekommen von
Degenerationserscheinungen verhindere. Doch könnte es sich nach der
Beschreibung des Prozesses ebenso gut um eine einfache Teilung wie um
eine Conjugation handeln. Schrumpf (Strassburg).
Dicromia del micrococco tetrageno in un caso di setticopiemia.
Von T. Boni. Gaz. d. osped. et d. cliniche 1906 No. 72.
Ein junger Mann bekam im Anschluss an eine infizierte Hautwunde
am Vorderarm multiple Hautabscesse, dann eine Osteomyelitis des
Femur, nach deren chirurgischen Behandlung die Heilung eintrat. Aus
der Wunde am Vorderarm wurde ein Tetragenus aureus, aus dem Blut
und dem Femurmarke ein Tetragenus albus gezüchtet. Trotzdem glaubt
Verf., es hier mit derselben Art von Bakterien zu tun zu haben, denn
1. das Serum des Kranken agglutinierte beide Tetragenus in derselben
Verdünnung (1 : 600), ebenso auch Meerschweinchenserum;
2. wurde der Tetragenus aureus Meerschweinchen beigebracht und
erlagen dieselben rasch, so besass der aus dem Herzblut des Versuchs¬
tieres isolierte Tetragenus noch sein volles Pigmentationsvermögen. Trat
der Tod dagegen erst nach einigen Tagen ein (bei resistenteren Tieren
oder bei Versuchen mit älteren Kulturen), so erschien die Gelbfärbung
erst nach mehrtägigem Verweilen der Kulturen im Brutschränke, ja sie
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blieb manchmal ganz aus. Es scheint also der Tetragenus aureus sein
Chromogenvermögen einzubüssen, wenn er weniger virulent wird.
Schrumpf (Strassburg).
Ueber die durch Friedländer’sches Bactorium pneumoniae ver¬
ursachten allgemeinen septischen Erkrankungen. Von Karl
Schiller. Ojwosi Hetilap, 1906, 51.
Das Bacterium pneumoniae Friedländer gehört zu den Bakterien,
die nur selten septische Erkrankungen hervorrufen. Lenhartz be¬
richtet in seiner Monographie bloss über 67 bezügliche Fälle, zu denen
er eine eigene Beobachtung hinzufügt. Verf. fand in der Literatur als
bakteriologisch zweifellos erwiesen bisher bloss 54 Fälle, denen er nur
einen Fall aus seinem Beobachtungsmateriale anschliesst. Der Fall bezieht
sich auf eine 30 jährige Frau mit septischer Erkrankung, die aus einem
eingekapselten perimetritischen Abscess hervorging. Es gelang bei der
Operation sowohl aus dem Abscess wie euch aus dem Blute der Lebenden
und den Organen der Leiche bei Tieren sehr virulente Bact. pneum.
Friedländer zu kultivieren. Ein solcher Ausgangspunkt der allge¬
meinen Sepsis ist im Falle des Verf. zum erstenmal beobachtet worden.
Am häufigsten gesellte sich die Sepsis zur Pneumonie, dann ist auch die
aus den Gallenwegen entstehende Sepsis sehr häufig, wie auch eine solche
unbekannten Ursprungs ohne Metastase, dann die Endocarditis septica,
die otogene Sepsis, die das Ulcus duodeni perforans begleitende Sepsis,
aus den Tonsillen hervorgehende Sepsis, nach Appendicitis zur Thrombose
der Vena portae sich gesellende Sepsis, die die Osteomyelitis, Perime¬
tritis und das Trauma begleitende und schliesslich die puerperale Sepsis.
Nach Lenhartz’ Einteilung entstand die Sepsis 3mal nach Infektion
durch die Haut, 1 mal durch die Leber und Nasen-Bachenhöhle, von der
Nase 2 mal, vom Ohr 4 mal, von den Luftwegen 17 mal, aus dem Magen-
Darmtrakt 8 mal, von den Harnwegen 3 mal, aus den Frauengenitalien
2 mal, kryptogenetische Sepsis war 11 mal vorhanden. Von den 55
Friedländer’schen Sepsisfällen war 18mal Sepsis ohne allgemeine
Metastasen vorhanden, 37 mal metastatische Sepsis. Die vorigen Fälle
sind patholog.-anatomisch von den übrigen septischen Erkrankungen nicht
zu unterscheiden. In 9 Fällen war hämorrhagische Sepsis vorhanden. —
Die metastatische Sepsis gesellt sich am häufigsten zur Pneumonie. Die
Metastasen lokalisieren sich mit Vorliebe an den serösen Häuten, und
zwar am häufigsten an der Gehirnhaut und am Bauchfell. Endocarditis
ulcerosa war in 18 °/ 0 vorhanden. Selten erkrankten die Haut, die Gelenke
und die Knochenhaut. In 32 °/ 4) der Tierfälle sind metastatische Nieren-
abscesse vorhanden. Die vom Friedländer’schen Bakterium hervor¬
gerufene Pneumonie ist als charakteristisch anzusehen. Eine Spezialität
dieses Prozesses besteht nach Stühlern und Moisejew darin, dass
die Lungeninfiltration nicht zellig ist und nicht aus zeiligfibrinösem
Exsudat besteht, sondern eher aus Bakterien und sich schlecht färbenden
Schleimmassen. Die pathologisch-histologischen Veränderungen der Niere
bestehen in ausgedehnter Nekrose und hyaliner Degeneration, in den
Gefassen sind Bakterien mit grossen Kapseln vorhanden. Der klinische
Verlauf entspricht dem anderer septischer Erkrankungen.
In den bisherigen 55 beobachteten Fällen waren in s / 8 der Fälle
Metastasen vorhanden, in 1 / 8 war die Sepsis ohne Metastasen. Hämor-
Centralblatt f. d. Gr. d. Med. a. Chir. X. 37
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rhagische Sepsis war in 7 Fällen zu beobachten. Vom pathologisch-
histologischen Standpunkte sind in einzelnen Fallen nebst der Entzündung
der serösen Häute auch die Nierenveränderungen in Form von eitrigen
multiplen Abscessen charakteristisch, die Diagnose ist bloss bakteriologisch
feststellbar. % J. Honig (Budapest).
La septicdmie gonococciqne. Von M. Faure-Beaulieu. These
de Paris. G. Steinheil. 1906.
Verf. gelangt zu folgenden Schlüssen: Die Menge der Fälle von
Gonokokkämie, welche durch den Nachweis von Gonokokken im lebenden
Blute konstatiert sind, hat eine solche Zahl erreicht, dass der Moment
gekommen ist, um ein Gesamtbild der Gonokokkenseptikämie aufzustellen.
Der Gonococcus gelangt durch die Venen in den Blutkreislauf, und
zwar besonders dann, wenn die primäre Erkrankung nicht mehr auf die
vordere Harnröhre beschränkt ist. Die Gonokokkenbakteriämie zeigt sich
nur ausnahmsweise als reine Septikämie ohne sekundäre Lokalisationen.
Fast alle Fälle von Gonokokkenseptikopyämie sind von Gelenks-
erscheinungen begleitet. Die gonorrhoische Natur zahlreicher ungewöhn¬
licher Lokalisationen der Blennorrhoe wird durch das Studium von
Fällen sicherer Gonokokkämie bewiesen. Die Gonokokkenseptikämie
geht in 70 °/ 0 in Genesung aus. In fast allen tödlichen Fällen besteht
Endocarditis. Die Diagnose kann nur durch den Nachweis von Gono¬
kokken im Blute sichergestellt werden.
Die Gonokokkämie scheint nichts Konstantes zu sein, sondern es
dürfte sich um zeitweise Einfälle von Gonokokken in den Kreislauf
handeln, welche sich durch intermittierendes oder remittierendes Fieber
verraten. von Hofmann (Wien).
Der Pseudoleukämie ähnliche Hauterkrankung bei schwerer Anämie
mit Leukopenie des Blutes (apiastische Anämie Ehrlich’»?). Von
K. Touton. Arch. f. Denn. u. Syph., Bd. LXXXV, 1907.
Bei der 29 jährigen Patientin war im Anschluss an eine Entbindung
eine knötchenförmige Hautaffektion aufgetreten, welche besonders die
oberen Extremitäten, die unteren Partien des Kückens und die Brust
einnahm. Starke Anämie, heftiges Jucken, Cervikal- und Axillar- sowie
Inguinal- und Schenkeldrüsen deutlich vergrössert. Gelenkschmerzen
und -Schwellungen. Abnahme der Kräfte. Bei der Blutuntersuchung
fand man mit Ausnahme starker Grössendifferenzen keine wesentliche
Veränderung der roten Blutkörperchen und des Hämoglobingehaltes, aber
Verringerung der weissen Blutkörperchen auf etwa 1 / B der Norm. Durch
Arsenbehandlung konnte der Zustand gebessert werden.
von Hofmann (Wien).
Ett fall af pseudoleukemi behandladt med Röntgensträlar jämte
nägra ord om Röntgenljusets inverkan pä blodet. Von Ernst
Wikner. Hygiea N. F., August 1906, S. 757.
Ein 56 jähriger Mann bekam vor 3 Jahren geschwollene Drüsen in
der linken Axilla, bald von ähnlichen der rechten gefolgt, ohne Schmerzen
oder Empfindlichkeit; später auch Anschwellung der Inguinal- und 1905
endlich auch der Halsdrüsen. Husten und Fieber die drei ersten Monate
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1906 und Pleuritis rechts. Nach und nach Verschlechterung des All-
gemeinbefindens, Kraftlosigkeit und Atemnot. Der Bauch wurde auf¬
getrieben und zeitweilig waren auch die Beine geschwollen. Bei der
Aufnahme auch die Kubitaldrüsen geschwollen, die Hautvenen des Brust¬
korbes erweitert, der Bauch aufgetrieben, rechts Pleuritis, rote Blut¬
körperchen 4162000, weisse 14000, Hämoglobin 68 °/ 0 ; die Zahl der
polynukleären Leukocyten 61—64 °/ 0 , die der kleinen Lymphocyten
31—35,5 °/ 0 , der Best grosse einkernige Leukocyten und sogenannte
Uebergangszellen, also eine relative Vermehrung der Lymphocyten und
der grossen einkernigen Zellen. Leber und Milz vergrössert. Röntgen¬
behandlung vom 3. November 1905 bis 5. Januar 1906, täglich 2—3
der ergriffenen Partien durch 20—30 Minuten. Schon nach 2—3 Seancen
wurden die Halsdrüsen weicher und auch nach beendeter Bestrahlung
einer Partie setzte sich die Verkleinerung der Drüsen fort. Bemerkens¬
wert war, dass im Beginne der Behandlung die Anzahl der weissen
Blutkörperchen von 14000 auf 1000 zurückging, bei diesem niedrigen
Werte durch 3 Wochen bestehen blieb und erst nach und nach die
Leukocytenzahl normale Werte erreichte. Bei der Entlassung die Drüsen¬
geschwülste noch palpabel aber nicht mehr sichtbar, das Allgemein¬
befinden abgesehen von einer geringen Kraftlosigkeit und Atemnot besser.
Verf. bespricht die Möglichkeit einer Lymphdrüsentuberkulose in diesem
Falle; gegen dieselbe sprechen das Resultat der Behandlung, die Abwesen¬
heit aller tuberkulösen Veränderungen in einer exstirpierten Drüse und
negative Uebertragungsversuche auf Tiere sowie die Abwesenheit von
Fieber. Die Pleuritis ist wahrscheinlich durch Druck der mediastinalen
Drüsen entstanden. Zuletzt bespricht Verf. den Einfluss der Röntgen¬
strahlen auf die weissen und roten Blutkörperchen unter Betonung, dass
in seinem Falle keine wesentliche Veränderung der Zusammensetzung
des Blutes eingetreten ist, da die Zahl der weissen Blutkörperchen zu
Anfang und am Schluss der Behandlung innerhalb der normalen Grenzen
lag; nur die anfängliche Verminderung deutet auf eine solche Einwirkung,
wenigstens im Beginne der Behandlung.
In einer Nachschrift teilt Verf. mit, dass 5 Monate später eine
Anschwellung der Brustdrüsen eintrat, die nach 20 Behandlungen fast
verschwand; Patient war im übrigen gesund.
Köster (Gothenburg).
B. Mundhöhle, Pharynx.
Zur Statistik der Schleimhautcarcinome des Mondes und Rachens«
Von A. Meller. Deutsche Zeitschr. f. Chirurg., Bd. LXXXIV»
Sept. 1906.
Verf. bespricht in vorliegender Arbeit die Ergebnisse der Statistik
von 207 Fällen von Carcinomen der Mund- und Rachenhöhle, die auf der
II. chirurgischen Klinik in Wien während der Jahre 1894—1904 in
Beobachtung standen. Von den Schlussfolgerungen seien folgende er¬
wähnt: Die Krankheit tritt bei Männern 15 mal häufiger auf als bei
Weibern, was als Folge der mit dem Gasthausbesuch verbundenen
Schädlichkeit aufgefasst wird; Lues und Pfeifenrauchen hingegen tragen
nicht nachweisbar zur Aetiologie bei. Die Dauer der Erkrankung be-
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trügt bei nicht Operierten bis zu 2 Jahren. Der Erfolg der Operation
ist in erster Linie von der Grösse und dem Sitze des Tumors abhängig,
ihre Mortalität beträgt durchschnittlich 13 °/ 0 , Badikalheilung wird in
14,6 °/ 0 erreicht. Becidive tritt bei operierten Fällen in 79 °/ 0 auf.
Eine Lebensverlängerung, die im Durchschnitt 13,4 Monate beträgt, wird
in 57 °/ 0 aller Fälle beobachtet. Victor Bunzl (Wien).
La macroglossia; contributo di clinica e di istologia. Von F. Bin di
und F. Faldi. La clinica chirurgica, 13. Jahrg., No. 10.
Ein kasuistischer Beitrag zur Klinik und Pathologie der Makro-
glossie, der in folgenden Schlusssätzen gipfelt:
1. Die pathologisch-anatomische Grundlage der Makroglossie kann
von Fall zu Fall eine verschiedene sein.
2. Wir unterscheiden eine lymphatische, muskuläre, lymphangiomatöse
und fibroneuromatöse Form der Makroglossie.
3. Im vorliegenden Falle handelte es sich um eine Mischform von
Lymphangiom und Angiom der Zunge mit Bindegewebshypertrophie und
deutlichem Schwund der Muskulatur.
4. Bezüglich des elastischen Gewebes besteht kein Unterschied
zwischen den Lymph- und Blutgefässen der Neubildung.
5. Die Lymph- und Bluträume der Neubildung besitzen keine eigene
elastische Wandung; diese wird vielmehr von den vereinzelten elastischen
Fasern der bindegewebigen Grundsubstanz gebildet.
6. Im interpapillären Stratum ist das elastische Gewebe dicht und
sendet von hier seine Verästelungen in die Intercellularräume und an
die in den Epithelzwischenräumen gelegenen Gefässe.
7. Das die Zunge durchsetzende Infiltrat zeigt auch aus den Nachbar-
geweben stammende elastische Fasern.
8. Feine elastische Fasern finden sich schliesslich manchmal in
grösserer oder geringerer Anhäufung im neugebildeten Bindegewebe, das
oft deutlich sklerosiert und mitunter die spärlichen Muskelfasern einhüUt.
A. Götzl (Wien).
A case of lingual goitre. Von G. H. Maki ns. Lancet, 8. Dez. 1906.
Die Patientin, eine 31 Jahre alte Frau, gibt an, dass sie schon
3 Wochen vor der Spitalsaufnahme Schlingebeschwerden gehabt habe,
gleichzeitig bemerkte sie im Halse eine Schwellung. Die Aufnahme er¬
folgte wegen Dyspnoe und Dysphagie, beide verschwanden sehr bald und
Patientin selbst glaubte, dass die Schwellung von Zeit zu Zeit an Grösse
variiere. Bei der Inspektion fand sich eine Schwellung von Walnuss¬
grösse an der Zungenbasis, die nach aufwärts gegen den Eingang des
ßchlundes vorragte, an der Oberfläche glatt und blass war; der grössere
Anteil lag central und linkerseits, der kleinere Anteil rechts; die Kon¬
sistenz war derb, teilweise elastisch, die mucöse Membran überall er¬
halten. Durch 15 Tage liesßen sich leichte Grössendifferenzen des Tumors
konstatieren, am 16. Tage wurde derselbe enucleiert, der dabei entstandene
Zungendefekt wurde durch 3 Catgutnähte geschlossen.
Linguale Thyreoidea wurde schon in jedem Alter gefunden, im
ganzen sind es etwa 30—40 Fälle, den ersten beschrieb Chamisso;
in der Zeit der Pubertät tritt gewöhnlich die Hypertrophie ein und
findet sich ungleich häufiger bei Frauen, während unter 300 Fällen von
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cervicaler acceesorischer Thyreoidea 260 das männliche Oeschlecht be¬
trafen. In unserem Falle handelt es sich um eine colloide Struma, doch
sind auch cystische Degenerationen und Adenome beobachtet worden.
Acute Erkrankungen bewirken oft rapides Wachstum, oft kommt es zu
oberflächlicher TJlceration. Accessorische Thyreoidea lingualis liegt frei
in der Zunge oder steht durch fibröses Oewebe im Zusammenhang mit
dem Zungenbein; sie ist manchmal der einzige Repräsentant des normalen
Organs und Entfernung desselben ist dann von Myxödem gefolgt.
Gewöhnlich besteht durch Jahre hindurch eine Schwellung, bis
schwerere Störungen auftreten; es kommt dann zu Schling- und Atem¬
beschwerden, manchmal durch oberflächliche TJlceration zu Blutungen;
die Schwellung ist glatt und enthält zahlreiche, ramifizierte Blutgefässe,
liegt median und ist von derber Konsistenz.
Prognose und Behandlung. Vorerst muss die An- oder Ab¬
wesenheit einer normalen Thyreoidea festgestellt werden. Wenn Dysphagie
oder Dyspnoe auftritt, muss die Geschwulst entfernt werden, um so
mehr, als dann in einer Anzahl von Fällen degenerative Prozesse im
Drüsengewebe auftreten; dabei kann ein Teil des Thyreoideagewebes
belassen werden, eventuell ist eine Behandlung mit Extract. thyreoideae
zu machen. Auch zurückgelassene Reste können später zur Hypertrophie
führen und eine neuerliche Operation bedingen.
Die beste Entfernung ist vom Munde aus bei seitlich geneigtem
Kopfe und vorgezogener Zunge; der Zungendefekt heilt nach Naht;
einleitende Tracheotomie ist selten erforderlich.
Herrnstadt (Wien).
Sulla tuberculosi della lingua. Von Prof. Dr. Angilotti. La
clinica chirurgica 1906 No. 5.
Ein histologisch genau untersuchter Fall von primärer Tuberkulose
der Zunge in Form einer etwa nussgrossen, in der Mitte des linken
Zungenrandes auf infiltrierter Basis sitzenden, nicht ulcerierten Geschwulst
ohne entsprechende Drüsenschwellung, die durch Keilexzision (die klinische
Diagnose war auf ein in Care in om übergehendes Papillom gestellt
worden) radikal entfernt wurde. Bei der histologischen Untersuchung
fanden sich sowohl subepithelial wie auch im intermuskulären Binde¬
gewebe Epitheloid- und Riesenzellentuberkel, in denen die Bazillen nach¬
gewiesen werden konnten; die Epithelschicht war durch Wucherung des
Epithels bedeutend verdickt. Bezüglich des Infektionsweges hält der
Verf. die direkte Infektion durch eine Epithelläsion für wahrscheinlicher
als die hämatogene und bespricht schliesslich die Schwierigkeiten der
Diagnose und die Therapie. A. Götzl (Wien).
Zur Behandlung des Zungenkrebses und die Unterbindung der
Carotis externa* Von Küster. Arch. f. klin. Chir., Bd. LXXXI,
I. Teil.
Verf. kommt in seiner Arbeit zu folgendem Ergebnis: Knochen¬
operationen sollen beim Zungenkrebs nach Möglichkeit vermieden werden.
Die Unterbindung der A. lingualis ist nur für kleine Knoten in der
vorderen Hälfte der Zunge, hingegen die einseitige oder doppelseitige
Unterbindung der Carotis externa für vorgeschrittenere Fälle zu empfehlen;
die doppelseitige Unterbindung der C. externa kann in Verbindung mit
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Röntgenstrahlenbehandlung in anscheinend inoperablen Fällen eine der¬
artige Besserang der Verhältnisse zur Folge haben, dass die Radikal-
operation möglich wird, Victor Banzl (Wien).
Systemic infection through the tonsils. J. L. Ooodale. The
Boston Med. a. Surg. Joum. CLV, 11, p. 278.
Verf. hält es für sicher, dass in vielen Fällen von Cervicaldrüsen-
tuberkulose die Tonsillen die Eintrittspforte für die Tuberkelbazillen
dargestellt haben. Auffällig ist dabei, dass die Tonsillen oft anscheinend
anatomisch normal sind, dass sie aber, zerrieben und Meerschweinchen
injiciert, Tuberkulose hervorrufen.
In der Mehrzahl der Fälle von akutem Gelenkrheumatismus dringen
die Entzündungserreger auf dem Wege der Tonsillen in den Organis¬
mus ein. Schrumpf (Strassburg).
I. The signiflcance of tuberculous deposits in the tonsils. Von
G. B. Woods. Journ. of the Amer. Med. Assoc., Vol. XXXV, No. 18.
II. Diskussion. Ibidem.
I. Der Verf. wirft 3 Fragen auf: 1. Werden tuberkulöse Schädigungen
in den Tonsillen leichter als an anderen Stellen des Intestinaltraktes
hervorgerufen? 2. Geht die tuberkulöse Adenitis des Halses von den
Tonsillen aus? 3. Welche Bedeutung hat die tuberkulöse Halsdrüsen¬
entzündung in der Aetiologie der allgemeinen oder Lungeninfektion?
Bei Lungenphthise tritt eine sekundäre Infektion in den Tonsillen
häufiger auf als anderswo in den Luftwegen. Infektiöses Sputum setzt
sich nach Seifert leicht in den Krypten des Organs fest. Nach
Fiera können virulente Keime durch das Tonsillenepithel absorbiert
und von da in alle Teile des Körpers verschleppt werden.
1. Sekundäre Beteiligung der Tonsillen. Schlenker fand in 15
von 22 Fällen von Lungenphthise die Tonsillen erkrankt. Aehnliche
Resultate finden Schlesinger, Walsham u. a. Unter 136 von ver¬
schiedenen Autoren untersuchten Lungenphthisen wurden die Tonsillen
94 mal (in 69 °/ 0 ) erkrankt gefunden. Die sekundäre Infektion findet
nur durch Vermittlung des Sputums statt. Seltener ist die sekundäre
Tuberkulose des Pharynx und Larynx. Unter 1671 von verschiedenen
Forschem untersuchten Tonsillen fanden sich 88 Fälle (5 °/ 0 ) von pri¬
märer Tuberkulose, bei den meisten nur mikroskopisch erhärtet, ein
nach W. jedoch vollständig genügender Beweis. W. fand an den
Gaumentonsillen von 50 scheinbar gesunden Kindern einmal zweifellose
Tuberkulose, unter 30 Rachentonsillen 3 mal. Nach den Statistiken ist
die primäre Tuberkulose der letzteren häufiger (Luftinfektion), bei den
ersteren die sekundäre (Sputuminfektion).
2. Der Verf. glaubt, dass in 90 °/ 0 von Tuberkulose der Nacken¬
drüsen die Tonsillen die Eintrittspforte bilden. Auf Meerschweinchen,
welche keine Tonsillen besitzen, konnte er durch den Schlund Tuberkulose
nicht überimpfen.
3. Aus den vom Verf. vorgenommenen Tierexperimenten geht her¬
vor, dass nach der Einimpfung zuerst die Tonsillen, dann die Unter¬
kiefer- und Halsdrüsen erkrankten und nach der Einschmelzung der
letzteren sich Miliartuberkulose entwickelte. Die Tonsillen schienen
gegen den Prozess widerstandsfähiger als die Habdrüsen zu sein, im
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übrigen bilden sie wie andere Drüsen für die Bazillen eine Art Filter.
Alle Lymphgefässe des Kopfes und Halses kommunizieren mit den Drüsen
an der Jugularis int., aus denen ein Lymphstamm hervorgeht und in
die Venen einmündet, welche direkt zu den Lungen führen. Daher
müsste die erste von der Tuberkulose der Halsdrüsen ausgehende All¬
gemeininfektion eine Miliartuberkulose der Lungen sein, was auch tat¬
sächlich bei fast allen Versuchstieren der Fall war. Direkte Infektion
der Blutbahn oder direktes Uebergreifen auf andere Organe gehört
gewiss zu den Seltenheiten. Während in der Mehrzahl der Tuberkulose¬
falle die Tonsillen befallen werden, erkranken die Halsdrüsen relativ
selten und noch viel seltener wird auch diese zweite Station in der
oben angegebenen Weise durchbrochen.
H. Nach H. L. Swain ist die tuberkulöse Infektion der Tonsillen
nicht folgenschwerer als die der Halslymphdrüsen. Die Tonsillen sind
durch die von ihnen beherbergten Phagocyten gegen die Infektion wider¬
standsfähiger als die Schleimhaut der Nase und des Larynx. Durch das
Lymphgewebe zwischen den Lungenläppchen (Miller) wird die Lunge
za einem Locus minoris resistentiae für die Ansiedlung des Tuberkel¬
bacillus.
J. J. Kyle hofft, dass man künftig in den meisten Fällen von
Lungentuberkulose die Tonsillen entfernen werde. In einer Reihe von
Fällen von Hyperämie der Tonsillen und des Pharynx mit tuberkulöser
Infiltration tritt nach der Entfernung der Tonsillen allgemeine Besse¬
rang ein.
C. M. C o b b hält besonders W o o d ’ s Mitteilung, dass auch die
Eintrittspforte der Keime selbst erkranken kann, für bedeutungsvoll.
Nach E. Mayer ist es von praktischem Werte, dass die primäre
Tuberkulose der Pharynxtonsillen beizeiten erkannt wird, besonders wenn
andere Organe noch nicht ergriffen sind.
N. H. Pieree glaubt, dass die Tonsillen weder auf Grund einer
mikroskopischen Untersuchung noch auf Grund eines Impfresultates,
welche beide nicht beweisend sind, entfernt werden dürfen, um so mehr
als die ja nur verstümmelte Tonsille noch leichter infiziert werden kann.
E. Pynchon glaubt, dass krankhaft sezemierende Tonsillen ent¬
fernt werden sollen. Nach seiner Methode gelingt es, die Tonsillen ohne
zurückbleibende Reste zu entfernen. Er hatte so die besten Erfolge bei
Tuberkulösen, welche sonst einer frischen Infektion ausgesetzt sind.
G. V. Wo ollen steht seit 1888 auf dem Standpunkte, dass die
Tonsillen pathologische Gebilde seien. Er glaubt, dass nur 25 °/ 0 aller
untersuchten Patienten Tonsillen besitzen und dass diese daher selten die
Eintrittspforte für die Tuberkelbazillen bilden.
Woods glaubt, dass pathogene Organismen durch normales Lymph-
gewebes nicht hindurch gelangen können, ohne dieses zu schädigen. Es
wirkt so lange als Filter, bis seine Widerstandskraft überwunden ist.
Die Tonsillen müssen also geschädigt sein, bevor die Halsdrüsen er¬
kranken. Die Exstirpation der tuberkulös erkrankten Tonsillen ist aber
ebensowenig angezeigt wie die Amputation eines tuberkulös infizierten
Fingers. Woods glaubt vorläufig, dass die Lunge meist durch die
Luft, nicht durch die Blutbahn infiziert werde. Auf dem letzteren
Wege entsteht vielmehr die miliare Tuberkulose der Lunge.
Karl Fluss (Wien).
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Tuoenr de l’amygdale eengöcutive k une liefen appendlculaire.
Von R o u t i e r. Bull, et mtm. de la Sociötä de Chirurgie. Tome XXVI.
Eine Patientin, bei der vor einigen Monaten ein sehr grosser
Appendix entfernt wurde, welcher histologisch eine lymphoide Infiltration
darbot, kommt mit einem grossen Tumor der Tonsille mit entsprechenden
Drüsenschwellungen wieder; gleichzeitig bestanden ein Milztumor und ein
leukämieähnlicher Blutbefund.
Sebileau hat mehrere gleiche Fälle beobachtet; die Tumoren sind
wahrscheinlich Lymphosarkome und machen ebensowenig wie die Druden
den Eindruck maligner Geschwülste. Sie scheinen lose in der Tonsillen¬
nische zu liegen, sind leicht ohne grosse Blutung zu entfernen und —
recidivieren trotzdem sehr rasch, wachsen sehr schnell, machen dann
Tracheotomie nötig und die Patienten sterben bald.
Del bet berichtet über einen ähnlichen Fall, bei dem es jedoch zu
keinem Recidiv kam. Die Drüsen in dem vorgestellten Falle könnten
auch infektiöser Natur durch die Ulceration des Tumors sein.
Sebileau bemerkt, dass im Gegensatz zu den epithelialen Ton-
Sillentumoren die Sarkome Drüsentumoren bedingen, wo die Drusen be¬
weglich und elastisch, von benignem Aussehen bleiben.
Routier frägt, ob man operieren soll.
Sebileau bejaht diese Frage.
Kirmisson schlägt als Methode die Pharyngotomie vor.
Deibet befürwortet gleichfalls die möglichst radikale Operation,
um so mehr, als man vorher nicht weise, ob der Tumor nicht doch
ein benigner ist. R. Paschkis (Wien).
Om ett fall af parotitis syphilitica. Von Gerda Kjellberg.
Hygiea, N. F., Dez. 1906, S. 1307.
Kurze Mitteilung eines Falles von Parotitis syphilitica bei einer
56 jährigen Witwe, die vor 2 Jahren eine Verdickung in der Unter¬
kiefergegend bemerkte; bis vor 4 Monaten blieb dieselbe unverändert,
im Laufe eines Monates wuchs sie aber schnell ohne Fieber oder
Schmerzen und breitete sich nach oben hin aus, bis sie Apfelgrösse er¬
reichte; die Haut über derselben war gerötet und warm, keine Druck¬
empfindlichkeit, die Geschwulst fühlte sich glatt und hart an. Unter
Jodkali schnelle Heilung.
Auf Grund anamnestischer Daten, der Abwesenheit aller Reizsym¬
ptome und der schnellen Jodkaliwirkung nimmt Verf. eine syphilitische
Natur des Leidens an. Köster (Gothenburg).
Ein Protosoenbefnnd in einer erkrankten Parotis. Von Alexander
Tietze. Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und
Chirurgie, Bd. XIV, 3. Heft.
Ein 4 monatlicher Säugling litt an einer schmerzlosen Anschwellung
der rechten Parotis. Obwohl die Natur des Tumors nicht festgestellt
werden konnte, wurde doch die erkrankte Parotis entfernt, deren mikro¬
skopische Untersuchung folgenden interessanten Befund ergab: Teil weiser
Untergang der Drüsenelemente und Ersatz derselben durch Bindegewebe.
Starke Ausdehnung der Gefässe, insbesondere der Kapillaren, die stellen¬
weise zu grösseren Hohlräumen konfiuieren. In den Drüsengängen finden
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sich eigentümliche rundliche Gebilde, die sowohl vom Verf. als auch von
Schaudinn als Protozoen erkannt wurden. Da derartige Protozoen
häufig in der Mundhöhle angetroffen werden, so ist es wahrscheinlich,
dass dieselben in vorliegendem Falle nach Einwanderung durch den
Ductus Stenonianus und Ueberschwemmung der Drüse den beschriebenen
chronisch entzündlichen, indurativen Prozess hervorgerufen haben. Verf.
wirft die Frage auf, ob nicht vielleicht auch bei der v. Mikulicz’schen
Krankheit und anderen entzündlichen Erkrankungen der Speicheldrüsen
an eine ähnliche Aetiologie zu denken wäre.
Victor Bunzl (Wien).
Ueber Tumorbildung in versprengten Parotiskeimen. Von N.
Guleke. Arch. f. kl. Chir., Bd. LXXXI, II. Teil.
4 Fälle aus der v. Bergmännischen Klinik, und zwar handelt es
sich bei 3 um Mischtumoren der Parotis, bzw. Wange und des Nasenrückens,
im 4. Falle um einen der Stirne aufsitzenden, wegen seines verwandten
Aufbaues ebenfalls in diese Gruppe zu rechnenden Tumor. In den
Mischtumoren findet sich ein bindegewebiges Stroma mit myxomatösen,
knorpeligen und osteoiden Einlagerungen, die Verf. als Beste von im
embryonalen Leben verlagerten mesodermalen Elementen ansieht, die
zelligen Bestandteile sind epithelialer Natur, wie sich durch den sicheren
Uebergang dieser Zellformationen zu typischen Drüsengängen nachweisen
läset. Verf. ist im Gegensatz zu früheren Autoren, die für den endo¬
thelialen Charakter obiger Geschwulstformen eintraten, der Ansicht, dass
es sich hier um Abschnürung und Verlagerung embryonaler Organ¬
anlagen handelt, dass die epithelialen Elemente der Speichel- resp.
Tränendrüsenanlage, die bindegewebigen dem Mesoderm entstammen, wobei
der Zeitpunkt, an welchem die Abschnürung erfolgte, für die Differenzierung
und Entwicklung des betreffenden Gewebes massgebend ist. Wahrschein¬
lich sind derartige Geschwülste im Bereiche von Wange, Nase, Lippen
und Gaumen usw. sehr häufig, werden aber in der Annahme übersehen,
dass es sich um Atherome, Fibrome oder Lipome handelt. Der Umstand,
dass in demselben Tumor cystische und harte Konsistenz nebeneinander
bestehen sowie ein eventuelles Weiterwachsen nach jahrzehntelangem
Stillstand können auf den wirklichen Charakter der Geschwulst hinweisen.
Victor Bunzl (Wien).
Diphtherie auf der chirurgischen Abteilung des Kantonspitals
St. Gallen von 1881 bis Ende 1906. Von 0. Wenn er. Deutsche
Zeitschr. f. Chir., Bd. LXXXIV, Sept. 1906.
In vorliegender Arbeit soll ein Vergleich zwischen dem Krankheits¬
verlaufe der Diphtherie vor und nach Einführung der Serumtherapie ge¬
zogen werden. Demnach teilt Verf. mit, dass die Mortalität der auf
obiger Abteilung operierten Fälle (Tracheotomie und Intubation) seit
Einführung der Heilserumbehandlung von 53,4 °/ 0 auf 24,3 °/ 0 gesunken
ist. Die Mortalität der Nichtoperierten betrug 15,15 °/ 0 gegen 26,19 °/ 0
in der Vorserumzeit, doch muss bei Beurteilung dieser absolut genommen
hohen Ziffern berücksichtigt werden, dass nur schwerere Fälle, bei denen
eine chirurgische Behandlung in Frage kam, dem statistischen Materiale
angehören und dass bei Kombinierung obiger Zahlen mit denen der eben¬
dort befindlichen medizinischen Abteilung die Mortalität der nichtoperierten
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Falle auf 5,3 °/ 0 während der Seramzeit gegenüber 18,8 • Ä vor der
Serumzeit herabsinkt. Von den übrigen Ergebnissen der Arbeit sei noch
erwähnt, dass an 8telle der Bronchialdiphtherie, die bei rechtzeitiger In¬
jektion überhaupt nicht mehr beobachtet wurde, die Bronchopneumonie
seit Einführung der Serumtherapie als häufigere Todesursache aufge¬
treten ist. Victor Bunzl (Wien).
A lecture on pharyngeal abscesses. Von George E. Waugh.
Lancet, 29. Nov. 1906.
Fharyngealabscesse sind von Interesse wegen der Schwierigkeit, ihre
Anwesenheit in einem frühen Stadium des Entstehens zu erkennen. Die
Mutter, welche in der Regel die exakteste Beobachterin der Krankheits-
Symptome ihrer Kinder ist, spricht von Erbrechen, Appetitverlust, Husten,
Bronchitis und anderen gewöhnlichen Storungen; bei so unbestimmten
Angaben darf eine Untersuchung des Pharynx nie verabsäumt werden,
da im Beginne das Entstehen des Abscesses verhindert werden kann.
Wir unterscheiden tuberkulöse und nichttuberkulöse Pharyngeal-
abscesse, die letzteren wieder als Intra- und Extrapharyngealabeceese je
nach dem Sitze des primären Infektionsherdes.
1. Tuberkulöse Pharyngealabscesse. Sie entstehen in der
Mitte der hinteren Pharynxwand als Folge von Erkrankung der Wirbel¬
säule. Um sie nicht zu übersehen, muss neben der Inspektion häufig der
palpatorische Befund erhoben werden, da die charakteristischen Sym¬
ptome oft erst bei beträchtlicher Grösse des Abscesses auftreten, darunter
aber wohl als entes die Schlingbeschwerden. Die Behandlung ist eine
chirurgische und besteht in Eröffnung des Abscesses durch Incision am
Halse, vergrös8erte Drüsen sind zu entfernen, in der Wunde bleibt
durch 24 Stunden ein Drainrohr; manchmal gelingt es, einen Sequester
vom Wirbelknochen zu finden.
2. Nichttuberkulöse Abscesse. a) Intrapharyngealabscesse,
wobei der primäre Sitz der Läsion an der Innenfläche des Pharynx infolge einer
entzündlichen Affektion der Tonsillen liegt. Sie entstehen an der Seiten¬
wand des Pharynx und breiten sich nach rückwärts längs der lateralen
Wand gegen die hintere Wand aus oder gegen die Mittellinie, dieselbe
kreuzend, längs der entgegengesetzten lateralen Wand bis fast zur anderen
Tonsille.
Nur selten wölbt sich ein derartiger Abecess äusserlich am Halse
vor, in diesem Falle handelt es sich gewöhnlich um einen Extrapharyngeal-
abscess, ausgehend von vereiternden Halsdrüsen.
Die Abscesse lassen sich je nach den Symptomen einteilen, welche
sie verursachen: Im Beginne sind es kleine, harte, rundliche Schwellungen
in der Seitenwand des Pharynx: sie sind leicht zu fühlen und oft auch zu
sehen. Die Tonsille ist ein wenig vorspringend, gewöhnlich hypertrophiert
und ulceriert, zwischen ihr und der Schwellung besteht kein Zwischen¬
raum. In einem weiteren Stadium bestehen schon Schlingbeschwerden:
das Kind hält den Kopf nach rückwärts gebeugt, um die Larynxöffnung
nicht durch den Abscess zu verschliessen. Die Drüsen am Halse sind
wenig oder gar nicht vergrössert; der Abscess selbst ist als elastische
Schwellung fühlbar und sichtbar. Das 3. Stadium ist charakterisiert
durch die Symptome der Dyspnoe; nur die digitale Untersuchung kann
vor Verwechslung mit Diphtherie bewahren.
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b) Extrapharyngealabscesse. Wenn die tiefen Lymphdrüsen am Halse
vergrössert sind, so drängen sie oft die Seiten wand des Pharynx nach
innen und es bildet sich bei Erweichung der dem Pharynx zunächst
gelegenen Drüse eine rundliche, elastische Schwellung, welche sich in
den gegen die Mundhöhle gelegenen Teil des Pharynx vorwölbt.
Die Behandlung muss in 1. Linie die Bildung des Abscesses zu ver¬
hindern suchen; dies geschieht durch Bespülen des Pharynx mit alko¬
holischen Lösungen und durch Bepinselungen der ulcerierten Oberfläche
mit einer Lösung von Salol in Glycerin oder Tct. benzoes.
Zur Reinigung von Mund und Hals eignet sich eine Mischung von
Chlorkali und Natr. salicylicum. Die Diät muss eine absolut flüssige sein.
Durch diese Massnahmen werden die Erscheinungen oft in 5—7 Tagen
zum Schwinden gebracht; nachher ist es nötig, die Tonsillen zu enu-
cleieren.
Wenn ein Abscess bereits besteht, ist sofortige Operation unerlässlich,
und zwar vom Halse oder vom Mund aus, je nachdem der Abscess intra-
öder extrapharyngealen Ursprung hat. Nach der Eröffnung ist Aus¬
spülung mit alkoholischen Lösungen angezeigt, ferner flüssige Diät und
eine Mischung von Chlorkali mit Natr. saücyl. intern. Bei Extra-
pharyngealabscessen müssen alle vergrösserten Drüsen entfernt werden.
Nach Eröffnung des Abscesses ist eine Bespülung mit steriler Kochsalz¬
lösung zu machen und ein kleiner Drain durch 24 Stunden zu belassen.
Herrnstadt (Wien).
C. Lunge, Pleura.
Some points in the surgery of the lang. Von William Macewen.
Brit. Med. Joum., 7. Juli 1906.
Der Eintritt von Luft in den Pleuraraum und dessen Folgen waren
bisher stets das grösste Hindernis in der Lungenchirurgie; einzelne Fälle,
welche Verf. beobachtete, erweckten Zweifel darüber, ob der Lungen-
collaps unter allen Umständen unvermeidlich sei, und die Resultate der
Beobachtungen werden durch folgende Fälle klargelegt: Ein Mann fiel
über eine in Bewegung befindliche Zirkularsäge und erhielt an der
Aussenseite der rechten Thoraxseite eine Schnittwunde, welche Haut,
Rippen und parietale Pleura durchsetzte, die viscerale Pleura war in
Handflächenausdehnung freigelegt. Die Respiration war dabei nicht
wesentlich alteriert, die Thoraxwunde mit Blut gefüllt, es bestanden
keine Zeichen von Pneumothorax. Nach Ligatur der Gefässe und Ent¬
fernung der Blutgerinnsel war die viscerale Pleura freigelegt, die Lunge
voll ausgedehnt, kein Collaps. Ein noch blutendes Intercostalgefäss
hatte sich unter den Wundrand zurückgezogen, beim Aufsuchen des¬
selben löste sich das Blutcoagulum an der Peripherie der Wunde, wodurch
die beiden Pleuraschichten separiert wurden und Luft in den Pleura¬
raum eintrat. Die Lunge wich gerade nur soweit von der Thoraxwand
ab, um einen Finger einzuführen, das Gefäss wurde ligiert und der osteo¬
plastische Lappen wieder auf die Wunde gelegt. Nach Wiedereröffnung
erwies sich die Lunge als völlig ausgedehnt, die beiden serösen Schichten
vereinigt, der Lappen mit der ganzen Thoraxwand ein wenig nach innen
gepresst. Der in der Wunde exponierte Teil der Lunge war bei Rücken¬
lage in Kontakt mit der Brustwand, beim Husten jedoch drang Luft in
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den Pleuraraum ein und die Lunge zog sich von der Thoraxwand zurück.
Die Wunde wurde durch einen Kompressionsverband geschlossen, die
Respiration blieb völlig ruhig.
Fall 2. Ein 12 Jahre alter Knabe hatte durch einen Stich eine
*/ 3 Zoll lange Wunde zwischen der 5. und 6. Rippe an der hinteren
Wand der rechten Thoraxseite erhalten; Bluthusten. Es bestand Ver¬
dacht, dass ein Fremdkörper in der Lunge zurückgeblieben sei.
Die Sonde glitt durch einen Muskelschlitz in den Pleuraraum, was von
einem hörbaren Geräusch der eintretenden Luft begleitet war; die Lunge
retrahierte sich ein wenig von der Brustwand. Im Lungengewebe fand
sich eine harte Substanz von rauher Oberfläche. Die parietale Wunde
wurde erweitert — die Luft hatte jetzt freien Eintritt in den Pleura¬
raum — und ein Teil einer Messerklinge entfernt. Auch hier wurde
ein Kompressionsverband angelegt und es trat rasch Heilung ein. Während
der Operation bestand nur wenig Druck auf die Aussenwand des Thorax.
Druck auf den Thorax brachte die Pleura pariet. in Kontakt mit
der Pleura visceral., wodurch die Luft zwischen den beiden Schichten
ausgetrieben wurde, nachher blieb der Kontakt erhalten und die ausge¬
dehnte Lunge verblieb in der Höhe der Thoraxapertur in direktem
Kontakt mit der äusseren Atmosphäre. Die normale Flüssigkeit im
Pleurasack war in beiden Fällen vermehrt durch eine dünne Schicht
flüssigen Blutes, wodurch vielleicht die Vereinigung der serösen Flächen
unterstützt wurde.
Traumatischer Pneumothorax. Im Anschluss an das Trauma
trat sofort Ohnmacht ein, späterhin Cyanose und schwache Herzaktion.
Aspiration brachte für kurze Zeit Besserung. Man entschloss sich dazu,
eine Oeffnung in der Brustwand gegenüber der Lungenwtmde anzulegen.
Nach der Inzision sah man, dass die Lunge schwer collabiert, der Thorax
an die kontrahierte Lunge angepresst war. Die Luft wurde durch
die Oeffnung ausgetrieben, die beiden serösen Flächen in Kontakt ge¬
bracht und Druck auf die Brustwand wirken gelassen, während die Ver¬
letzung genauer examiniert wurde. Ein Teil der visceralen Pleura war
in die zerrissene Lunge invaginiert und das Blut floss in die Pleura¬
höhle. Durch Druck stand die Blutung, sodann wurde die invaginierte
Pleura herausgezogen und vernäht; in die Thoraxwunde wurde ein
Stückchen antiseptischer Gaze locker eingelegt und ober- und unterhalb
der Wunde mittels Adhäsivpflasters ein Druckverband angelegt; darüber
eine feste Binde. Die Heilung war eine vorzügliche.
Wenn Pneumothorax absoluten und bleibenden Collaps erzeugt,
dann folgt Konsolidierung der Lunge. Je länger Luft im Pleurasack
verweilt, desto trockener werden die serösen Oberflächen und desto mehr
wird die kohäsive Kraft der natürlichen, durch hinzugetretene Flüssigkeit
veränderten Sekretion. In solchen Fällen muss durch teilweise Rippen¬
resektion der Pleuraraum nahe der Lungenwunde eröffnet und diese
durch Vernähung der visceralen Pleura geschlossen werden. Durch
Druck auf Thorax und Diaphragma wird sodann das viscerale Blatt mit
dem parietalen in Kontakt gebracht, wodurch der Pneumthorax schwindet.
Die Wunde in der kostalen Pleura soll offen bleiben, bis die Lungen¬
wunde geheilt oder durch feste Exsudation geschlossen ist.
Die Ursache der Lungenausdehnung. Der atmosphärische
Druck ist, obwohl der Hauptfaktor, doch nicht die einzige Ursache der
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Lungenspannung. Dieselbe wird ausserdem erhalten durch molekulare
Kohäsion zwischen den Pleuraschichten und kapilläre Attraktion, hervor¬
gerufen durch eine dünne Schicht seröser Flüssigkeit zwischen den beiden
Membranen. Beim Fehlen dieser molekularen Kohäsion tritt infolge der
Elastizität des Lungengewebes Collaps ein. Totaler Collaps hängt noch
von einer Reihe modifizierender Umstände ab, so von der Art der Er¬
öffnung und von der Thoraxpartie, die eröffnet wurde; die äussere Kon¬
vexität der Lunge ist geeigneter für die Eröffnung wegen des geringsten
Collapses und weil die molekuläre Kohäsion leichter wiederhergestellt
wird. Der Effekt des Lufteintrittes auf die Respiration hängt auch von
dem Zustande der anderen Lunge ab; ist diese gesund, so wird die respira¬
torische und zirkulatorische Funktion weniger geschädigt; auch die Position
des Patienten spielt dabei eine Rolle, da je nach der Lage auf der
affizierten oder der anderen Seite die Apposition der Lunge durch die
Schwerkraft erleichtert oder erschwert wird; ebenso ist die Fixierung
dee Mediastinums für die Lungenexpansion von Einfluss.
Die Pleura unter pathologischen Bedingungen. Wenn
die pleuralen Flächen mit plastischem Exsudat oder Fibrin bedeckt sind,
so wird die molekuläre Kohäsion vermindert oder ganz aufgehoben. Wenn
unter solchen Verhältnissen die Pleurahöhle eröffnet wird, zeigt eich die
Lunge oft beträchtlich retrahiert, das Lungengewebe ist weniger elastisch,
neigt daher weniger zum Collaps und auch zur Expansion. Werden die
Pleuraflächen in Kontakt gebracht, so entsteht nicht sofort Obliteration
wie in normalen Fällen.
Pneumothorax und Emphysem bei Rippenfraktur.
Manche Autoren glauben, dass es bei Rippenfraktur leichter zu Em¬
physem kommt, nach anderen zu Pneumothorax. Als Erklärung für die
1. Theorie dient rasche Resorption der Luft aus dem Pleuraraum, für
die 2. Theorie, dass die Resistenz der Coalescenz der Pleurablätter
grosser ist als die des subkutanen, cellulären Gewebes. Der Haupt¬
unterschied liegt jedoch in dem Zustand der verschiedenen Wundschichten
als Folge der Läsion. Wenn die Spitze der Rippe bloss die Pleura
pariet. spiesst und diese ringsherum fest anliegt, so entsteht eher Pneumo¬
thorax, dagegen, wenn die Pleura pariet. und das subkutane Zellgewebe
zerrissen werden, so dass Luft von der Lunge aus eintreten kann, bildet
sich ein Emphysem. Ebenso kann extravasiertes und coaguliertes Blut
beide Zustände herbeiführen.
Kompressive Adhäsion zwischen den Pleuraschichten.
Verf. versteht unter ihr die sofortige Adhäsion nach einem heftigen
Trauma, wie sie ähnlich bei visceralem und parietalem Blatte des Peri¬
toneums erfolgt, wobei es oft zu organischer Vereinigung kommt. In
diesen Fällen kommt es auch bei Rippenfraktur weder zu Emphysem
noch zu Pneumothorax.
Ursache des primären Shocks bei Lufteintritt in
den Pleuraraum. Als solcher galt der Einfluss der Luft auf die
Pleura oder auf die pneumogastrischen Fasern. Wichtiger als beides
sind Kompression der Lunge und Verschlechterung des respiratorischen
Gaswechsels sowie die Verlagerung des Mediastinums, wodurch die Ex-
pansionskraft der Lunge vermindert wird. Nach Ansicht des Verf. liegt
die Ursache in der direkten Wirkung auf das Herz. Herz und Gefässe
werden durch die elastische Lunge suspendiert erhalten; diese Stütze
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geht zum Teil verloren, wenn eine Lunge collabiert, die Bewegungen
des Herzens müssen sistieren. Wenn mit Eintritt von Luft in die
Pleura die Lunge sich kontrahiert, so tritt auch Verkleinerung des
Kalibers der peripheren Gefässe ein, wodurch der Blutfluss für diese sowie
für die Lungenarterien und -Venen gehindert oder aufgehoben wird
und eine Stockung in der Herztätigkeit eintritt. Bei unilateraler Affek¬
tion wird die Herzfunktion sehr bald wiederhergestellt.
Die Pleura im vorderen Mediastinum. Hier begegnen
sich die Schichten der parietalen Pleura beider Lungen und sind sehr
verdünnt, so dass durch plötzlichen Lufteintritt und rasche Verlagerung
des Mediastinums Ruptur der entgegengesetzten Pleura und Collaps der
Lunge eintreten können. Die mediastinale Pleura hängt mit dem Peri¬
kard, Trachea, Oesophagus, Vagus und Nerv, phrenic. zusammen, so dass
auch diese Gebilde der Schädigung anheimfallen. Die Pleura der
Lungenspitzen steht in Verbindung mit der Vena innominata, der Art.
subclav. und manchmal dem Plexus brachial., deshalb soll hier die Pleura
womöglich intakt belassen werden.
Schonung der Verbindungen des Diaphragmas. Hierher
gehören die Sippen, an denen das Zwerchfell adhärent ist, da sonst die
Funktion desselben ungenügend wird.
Die Vorteile des chirurgischen Eingriffes schildert folgender Fall
von Lungentuberkulose. Patient hatte rasche Respiration, intensive
Schweisse und Schmerzen auf der linken Seite; auf der rechten Seite
konnte Patient nicht liegen. Die linke Thoraxhälfte war fixiert. Im
3., 4. und 5. Intercostalraum der rechten Seite war diffuse Pulsation;
über der ganzen linken Lunge absolute Dämpfung. T : 100° F. Keine
Expektoration. Ueber der 7. und 8. Rippe der hinteren Axillarlinie wurde
eine Inzision gemacht und einige Zoll jeder Rippe entfernt. Nach
Durchbohrung von verdickter Pleura und Lungengewebe wurden 160 Unzen
Eiters mit LungenreBten entfernt, welche zahllose Tuberkelbazillen ent¬
hielten. Die Höhle wurde evacuiert, irrigiert und drainiert. Die Operation
verschaffte wohl momentane Erleichterung, doch zeigte sich nach einigen
Wochen eitrige Sekretion der Höhle, so dass zu einem zweiten Eingriff
geschritten werden musste. Es wurden Teile der 4., 5., 6. und 7. Rippe
exzidiert und man sah, was von der linken Lunge übrig geblieben war:
• Lungenreste, adhärent an der Brustwand, ein Teil der Spitze und ein
Stumpf des grossen Bronchus mit den entsprechenden Gefässen, alles
von Granulationsgewebe bedeckt. Hinter dem Stumpf die Aorta descend.,
vorne lag das Pericard frei und war leicht verdickt. Die freie Beweg¬
lichkeit des Herzens verursachte Schmerzen bei jeder Bewegung. Um
die Verlagerung des Herzens zu verhindern und die Adhäsionen zwischen
dem Pericardium, Mediastinum und Diaphragma zu beschleunigen, wurde
die Höhle mit Gaze ausgefüllt. Das geschah sehr bald, so dass die
Schwingungen des Herzens verhindert wurden. Bald darauf wurde das
Pericard an dem vorderen Mediastinum und später an der vorderen Brust¬
wand und dem Bronchusstumpfe adhärent; alles war von Granulations¬
gewebe bedeckt. Zur Erleichterung der Kontraktion wurden später
Teile der 3., 8. und 9. Rippe reseziert. Seit der Operation sind
11 Jahre vergangen und Patient erfreut sich eines relativen Wohlbefindens.
Die objektive Untersuchung ergibt folgenden Befund: Kein Atmungs¬
geräusch auf der linken Seite, die rechte Lunge erscheint normal. Herz-
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töne gut. Patient kann ohne wesentliche Mühe Treppen steigen und
einem leichten Berufe nachgehen. Seit der Operation war er stets ge¬
sund. Herrnstadt (Wien).
Note on a case of rupture of the root of the lang without injury
to the ehest wall. Von Helen Chambers. Lancet, 6. Jan. 1907.
Ein 5 Jahre altes Mädchen wurde durch Ueberfahren getötet und
zeigte bei der Autopsie folgende Veränderungen: Neben leichten äusseren
Verletzungen fanden sich ca. 8 Unzen Blut in der linken Pleurahöhle; die
Wurzel der linken Lunge war durchrissen, der Biss ging durch Haupt¬
bronchus und Gefässe, einschliesslich der Strukturen der Wurzel. Die
Lunge lag frei in der Pleur&cavität und zeigte eine Laceration des oberen
Lappens, die Zerreissung ging durch die ganze Lungensubstanz, so dass
die Pleura der hinteren Fläche exponiert war. Die rechte Pleurahöhle
enthielt 3*/ 2 Unzen Blut, die Wurzel der rechten Lunge war nicht be¬
schädigt , dagegen die Lungenspitze völlig weggerissen. Die Trachea
enthielt blutig gefärbte Flüssigkeit, auch im hinteren Mediastinum leichter
Bluterguss. Pericard normal; linker Ventrikel an der Vorderfläche ge¬
quetscht und oberflächlich laceriert. Die Abdominalorgane normal. Keine
Bippenfractur. Herrnstadt (Wien).
Pulmonary abscess caused by a tooth. Von John D. Davies.
Lancet, 22. Nov. 1906.
A. C., eine junge Dame, litt seit 7 Monaten an Schmerzen der
rechten Brustseite mit heftigem Husten und reichlicher Expektoration;
desgleichen bestand Dyspnoe. Pat. wurde mit der Diagnose Tbc. pulm.
behandelt. Bei der Untersuchung betrug die Temp. 101 0 F, reichliche
Expektoration von fötidem Eiter, die Bewegungen der rechten Thorax¬
seite herabgesetzt, Stimmfremitus rechts verringert, von der rechten
Glavicula bis zur 4. Bippe intensive Dämpfung. Der Herzspitzenstoss war
nach links und abwärts um l 1 /* Zoll verlagert. Die Diagnose lautete
auf Lungenabscess. 3 Tage später fand man im Sputum einen Zahn,
der vor 7 Monaten durch einen Dentisten extrahiert worden war; der
Zahn musste während der Narkose in den Larynx gelangt sein und
verblieb sodann an der Teilungsstelle des rechten Bronchus, wo er
den Abscess verursachte.
Nach Expektoration des Zahnes besserte sich der Lungenprozess
kontinuierlich. Infolge von Kontraktion des Lungengewebes wurde das
Herz beträchtlich nach rechts hin verzogen, so dass der Spitzenstoss
*/ 2 Zoll innerhalb der Mammillarlinie zu liegen kam.
Herrnstadt (Wien).
Durch Pneumotomie geheilter Fall von primärem Lungenechino¬
coccus. Von Emanuel Herczel. Budapesti Orvosi Ujsäg,
1907, 2.
Der Lungenechinococcus ist der häufigste von sämtlichen Echino¬
coccusfällen nach den Leberechinokokken und ergibt 3—16 °/ 0 der ge¬
samten Echinococcusfälle. Die Diagnose ist infolge der Aehnlichkeit
mit den Symptomen anderer Krankheiten sehr schwer, die physikalischen
Zeichen z. B. sind beinahe vollkommen identisch mit denen der ein¬
gekapselten Brustfellexsudate. Obzwar nach einigen Autoren die
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Lokalisation des Schmerzes, die Dyspnoe, die ungleichmäesige Er¬
weiterung des Thorax, die Gestalt der Dämpfung, die Atmungs¬
geräusche, das Vorhandensein des Fiebers, der rasche Verlauf der Krank¬
heit die Differentialdiagnose ermöglichen, gibt es dennoch Fälle, wo
auch bei genauester Untersuchung keine richtige Diagnose gestellt
werden kann. In einem Falle des Verf., der sich auf einen 9 jährigen
Knaben bezog und bei dem in erster Reihe ein eingekapseltes Empyem
angenommen werden musste, ergab die Röntgenuntersuchung einen gleioh-
mässigen, scharf abgegrenzten Schatten von der 7. bis zur 10. Rippe;
zwischen dem Zwerchfell und diesem Schatten ist eine fingerbreite helle
Zone. Dieses Röntgenbild ist zur Differentialdiagnose des Echinococcus
dem Exsudat gegenüber zu verwenden, denn bei der Punktion stellte es
sich heraus, dass im Falle des Verf. Lungenechinococcus vorlag, gegen
den er die Pneumotomie ausführte. Der Patient genas, nachdem er
3 Wochen lang eine schwere Urticaria durchgemacht hatte, die mit der
Infektion der Pleura mit Echinococcusflüssigkeit durch die Punktion in
Zusammenhang steht. Infolgedessen ist die Punktion bei Lungenechino-
coccen ganz zu verwerfen, da sie gefährlich ist. Hingegen ist die chi¬
rurgische Behandlung des Echinococcus pulmonis um so wichtiger, da
2 / s der nicht operierten Fälle mit dem Tode enden, hingegen von den
mit Pneumotomie behandelten Fällen 90 °/ 0 endgültig genasen.
J. Honig (Budapest).
Ein Fall von Zwerchfellhernie mit Röntgenuntersuchung. Von R.
Kienböck. Zeitschr. f. klin. Med., Bd. LXH.
Unter Zwerchfellhernie versteht man die Verlagerung der Abdo¬
minalorgane in den Thorax; sie kommt angeboren oder erworben vor.
Intra vitam wird die Diagnose bei acuten Fällen — meist traumatischen
Ursprunges — leicht sein (Incarcerationserscheinungen), bei chronischem
Bestände schwieriger und wird meist nicht gestellt werden können.
In der anfallsfreien Zeit weisen mehrere Symptome auf Zwerchfellheruie
hin: Schmerzen oder Gefühl von Druck und Völle in der Brustseite,
meist links, nach starker Nahrungsaufnahme mit Dyspnoe, Cyanose, Be¬
klemmung, Herzklopfen, Verdrängung des Herzens, hoch hinauf reichende
nachweisbare Plätschergeräusche ohne Auftreibung des Abdomens. Es
finden sich dann tympanitischer Perkussionsschall, Plätschern, Gurren,
das nach Art und Ausdehnung oft wechselt mit Dämpfung, zuweilen das
Litten’sche Phänomen. Die physikalischen Erscheinungen der Zwerch¬
fellhernie sind aber oft, da es sich um grosse Hohlräume handelt, denen
des Pneumothorax ähnlich, doch lässt die Anamnese usw. leicht differen¬
zieren. Verf. teilt eine eigene Beobachtung mit: Ein 54jähriger Mann
stürzte vor 6 Jahren von einem Wagen auf die rechte Seite und lag
wegen heftiger Schmerzen beim Atmen und bei Bewegungen 4 Wochen
zu Bett. Die Untersuchung ergab Verlagerung des Herzens nach rechts,
keine Vergrösserung der Leberdämpfung. Milz und Nieren palpabel, Ab¬
domen eingezogen; kein Meteorismus. Eiweiss im Harne. Klinische
Diagnose: Dextrocardia congenita, Pyelitis.
Die Röntgenuntersuchung ergab aber einen abnormen Schall auf
der linken Seite, der respiratorisch gute Verschieblichkeit zeigte, doch
keine Pulsation, sondern blosse Mitbewegung mit dem Zwerchfell, während
die anderen Organe des Brustraumes — Speiseröhre, Trachea, Herz —
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eine Verschiebung nach rechts zeigten. Ausserdem ist der linksseitige
Schall viel höher als rechts. Es handelt sich daher um eine links¬
seitige Zwerchfellhemie von grosser Ausdehnung mit Verlagerung des
Magens und Darmes in den linken Thoraxraum und Verschiebung der
Mediastinalorgane nach rechts.
Verf. erörtert noch den wesentlichen Unterschied zwischen angeborener
Dextrocardie und der erworbenen, wie im vorliegenden Fall, die sich
ungezwungen aus der Verschiebung durch den Darm erklären lässt, und
fuhrt im übrigen aus der Literatur noch eine Reihe von ähnlichen
Fällen an. Leopold Isler (Wien).
A case of rupture of the diaphragma. Von J. Paul Roughton.
Lancet, 22. Dezember 1906.
Ein 49 Jahre alter Mann kam zwischen die Puffer eines Eisenbahn-
zuges und klagte über Schmerzen im Rücken sowie Herzgegend ohne
jedoch Zeichen äusserer Verletzung darzubieten. Die linke Thoraxseite
blieb bei der Respiration zurück, die Herzdämpfung fehlte und die
linke Brustseite bot tympanitischen Perkussionsschall.
Bei Eröffnung des Abdomens reichte der Magen hoch hinauf in den
Thorax, derselbe wurde nach abwärts gedrängt und die Wunde des
Diaphragmas vernäht; während der Operation floss Blut aus dem Thorax¬
raum ins Abdomen. Am nächsten Tage trat Exitus letalis ein. Bei der
Nekropsie fand sich die Milz im Thoraxraum, das Zwerchfell war
zwischen Proc. xiphoid. und 9. Rippe von seiner Insertion losgetrennt
und bildete bloss einen Vorsprung zwischen Thorax und Abdomen. Der
Fall ist lehrreich wegen der Abwesenheit ernster Symptome im Beginne
und wegen der günstigen Prognose, die deshalb für die Operation ge¬
stellt wurde. Herrnstadt (Wien).
Der therapeutische Pneumothorax. Von Brauer. Deutsche med.
Wochenschr., 1906, No. 17.
Verf. wandte bei einem 18 jährigen Mädchen, das auf der linken
Lungenseite tuberkulöse Cavernen hatte, das von Murphy zuerst
praktisch durchgeführte Verfahren der Anlegung eines künstlichen Pneu¬
mothorax an. Innerhalb 4 Monaten wurden 4 Stickstoffeinblasungen
gemacht, die bewirkten, dass unter dem Einfluss des Lungencollapses eine
prompte und längere Zeit anhaltende Beeinflussung des Fiebers eintrat.
Wiemer (Aachen).
Pneumothorax due to muscular exertion in a healthy lad. Von
W. Gifford Nash. Lancet, 17. Februar 1906.
Am 8. November spielte ein 18 Jahre alter kräftiger Bursche
Fussball. Beim Bücken verspürte er plötzlich einen krampfartigen
Schmerz in der rechten Brustseite unterhalb der Mammilla. Zu Bett
gebracht, klagte er über heftige Schmerzen und Dyspnoe. Resp. 60,
P. 72. Unterhalb der rechten Mammilla war Reiben hörbar. Keine
Rippenfraktur nachweisbar. Am nächsten Tage leichte Temperatur¬
steigerung und geringer Husten. Am 12. November traten die typischen
Symptome des Pneumothorax auf, die rechte Seite vorgetrieben und
bewegungslos, das Herz nach links verdrängt, Leberdämpfung ge¬
schwunden, Perkussionsschall tympanitisch, amphorisches Atmen. Resp. 24.
Centralblatt f. d. Gr. d. Med. a. Chir. X. 38
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13 Tage später wurde die Luft instrumentell aspiriert und nach einer
Woche waren die obigen Symptome geschwunden. Bei der Punktion
und Aspiration kein Flüssigkeitsnachweis.
Nach Stephen Paget mag eine heftige Anstrengung Einrisse an
der Oberfläche der Lunge und Pneumothorax zur Folge haben. Für
Tuberkulose war in diesem Falle kein Anhaltspunkt. Schwierig ist es
zu erklären, warum es zu keiner Hämorrhagie in den Pleuraraum kam.
Herrnstadt (Wien).
Acuter Pyopneumothorax infolge subphrenischen Abscesses. Von
Karl Schiller. Budapesti Orvosi Ujsäg, 1906, 36.
Der subphrenische Abscess kann durch das Diaphragma und durch
die Pleura diaphragmatica in die freie Pleurahöhle eindringen, wenn die
beiden Flächen nicht zusammengewachsen sind. In solchen Fällen er*
folgen in vivo die Symptome des Pyothorax oder Pyopneumothorax, je
nachdem der Abscess bloss Eiter oder auch Gas enthält. In der Mehjv
zahl der Fälle entsteht der Durchbruch langsam, dies ist klinisch nicht
zu beobachten. Seltener erfolgt der plötzliche Durchbruch in die Pleura¬
höhle, wo die Entstehung des acuten Pyo- oder Pyopneumothorax durch
lebhafte Dyspnoe und Collaps gekennzeichnet wird. May dl beobachtete
4 bezügliche Falle, seitdem beobachteten Schlesinger und Reizen-
stein je einen Fall, wo acuter Pyopneumothorax als erstes Zeichen
des bis dahin verborgenen subphrenischen Abscesses entstand. Auch
Verf. hatte Gelegenheit, einen Fall bei einem 44 jährigen Mann zu beob¬
achten, bei dem rechtsseitiger Pyopneumothorax subphrenicus vorhanden
war. Er überstand eine Pneumonie und mehreremal Pleuritisanfälle;
Tuberkelbazillen waren nicht nachweisbar. Plötzlich bekam er einen
starken Hustenanfall, wobei er ®/ 4 Liter Eiters durch den Mund entleerte.
Die Diagnose lautete auf Pyopneumothorax subphrenicus apertus dexter.
Ausser den physikalischen Symptomen des Pyopneumothorax war das
Litten-, Neusser-, Jaffö- und Leyden’sche Symptom vor¬
handen. Die Röntgendurchleuchtung ergab einen bis zur IH. Rippe
reichenden konischen intensiven Schatten in der rechten Brusthälfte.
Nach einem starken Hustenanfall entleerte sich wieder 1 Liter Eitere
aus dem Mund, Pat. collabierte plötzlich, es entstand ein auf die ganze
rechte Brusthälfte sich ausbreitender geschlossener Pneumothorax und
in einigen Stunden war der Patient tot.
Der Fall ist infolge seines thorakalen Ursprungs interessant. In
der Literatur sind 24 aus thorakalen Organen entstandene subphrenische
Abscessfälle beschrieben. Küttner bewies, dass das Lymphsystem der
Pleura und des Peritoneums durch das Zwerchfell in beiden Richtungen
miteinander kommuniziert. Dies erklärt die Häufigkeit der Pleuritiden
bei subphrenischem Abscess, deshalb kann bei entzündlichen Thorax-
erkrangungen Peritonitis entstehen und aus diesem Grunde entsteht die
Pleuresie appendiculaire. Inwiefern die Pneumonie im Falle des Verf.
bei der Entstehung des subphrenischen Abscesses mitwirkte, war nicht
festzustellen. Es ist möglich, dass die während der Bronchitis beob¬
achtete Perihepatitis das erste Zeichen des subphrenischen Abscesses
war. Derselbe war erst dann manifest, als er in den Bronchus perforierte,
d. h. als ein Pyopneumothorax subphren. apertus entstand; nach achtmonat¬
lichem Bestand entleerte sich der Abscess bei der vierten Retention zum
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Teil durch den Bronchus, aber er perforierte auch in die Pleurahöhle und
bewirkte einen acuten Pyopneumothorax. May dl beschrieb 4 ähnliche
Falle. Da im Falle von Reizenstein kein acuter Pyopneumothorax
vorhanden war, sondern sub- und supraphrenischer Pyopneumothorax mit
coneecutiver beiderseitiger pleuritischer Exsudation, ist ausser den Maydl-
schen Fällen bloss im Falle von Schlesinger auch durch Sektion der
acute Pyopneumothorax erwiesen. Im Falle des Verf. blieb die Sektion
aus, aber die physikalischen Symptome waren so manifest, dass die
Diagnose auch ohne dieselbe feststellbar war. Ausser dem thorakalen
Ursprung beansprucht der Fall auch deshalb ein besonderes Interesse,
weil er der 6. in der Literatur ist und weil der subphrenische Abscess
erat in den Bronchus und erst 8 Monate später in die Pleurahöhle
perforierte. J. Hönig (Budapest).
Zwischenfälle bei der Thorakocentese, speziell über das Wesen
der albuminOsen Expektoration. Von Waldvogel. Deutsches
Archiv für klin. Medizin, Bd. LXXXIX, 1906.
Eingangs kommt Verf. auf einen relativ selteneren Zwischenfall bei
der Thorakocentese zu sprechen, auf eine starke Blutung aus einer
Intercostalarterie, die infolge ihres abnormen Verlaufes am oberen Band
der Bippe durch den Trokar verletzt wurde. Der zweite Fall betrifft
eine Expectoration albumineuse. Nach einer kurzen Mitteilung einer
Krankengeschichte beschreibt Verf. eine Beihe von Tierversuchen, die
eine Erklärung für die Genese der albuminösen Expektoration abgeben
sollen. Verf. glaubt infolge der klinischen Erwägungen, welche ergaben,
dass die ausgehustete Flüssigkeit wohl Pleuraexsudat ist, dass zum Zu¬
standekommen der serösen Expektoration langer, intensiver Druck auf
die Lungen, eventuell Schwäche des rechten Ventrikels notwendig ist,
dass ein grosser Teil der Erklärungsversuche für dieses seltenere Phänomen
der Kritik nicht standhält, und meint, durch die Ergebnisse seiner Tierver¬
suche, welche zeigen, dass sich Pleuraflüssigkeit unter gewissen, den aus
klinischen Beobachtungen abgeleiteten sehr ähnlichen Bedingungen durch
die Lunge aus den oberen Luftwegen entleeren lässt, dem Verständnis vom
Wesen der Expectoration albumineuse wesentlich näher gekommen zu
sein. Für die Verhütung derselben kämen Frühpunktion, Unterdrückung
des Hustens durch Narcotica vor der Punktion und Excitation des Herzens
in Betracht. H. Baubitschek (Wien).
Die Heilungsaussichten der Lungentuberkulose bei spontanem und
künstlichem Pneumothorax« Von K. Mosheim, Beiträge zur
Klinik der Tuberkulose. Bd. HE, H. 5.
Die Arbeit stützt sich auf das Material der Heidelberger Klinik
und umfasst die Beobachtungen von 60 Fällen, von denen 42 tuber¬
kulöser Natur waren. In einem Falle, bei welchem ein geringfügiges
Brusttra uma eingewirkt hatte, trat ein später spontan ausheilender
Pneumothorax auf, der als Frühsymptom der Tuberkulose zu betrachten
war. Einer operativen Behandlung wurden 6 Fälle von tuberkulösem
Pneumothorax unterworfen, und zwar wurden dreimal eine Thorakoplastik,
zweimal Bülau’sche Heberdrainage, einmal Thorakotomie mit nach¬
folgender Bippenresektion vorgenommen. In einem ausführlich mitge-
38*
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teilten Falle, bei dem erst 4 Jahre nach Entstehung des Pneumothorax die
Thorakoplastik vorgenommen wurde, dauerte die Krankheit 9 Jahre lang.
M. meint, dass ein chirurgischer Eingriff unbedingt bei Pneumo¬
thorax acutissimus geboten sei, der trotz Punktionen bedrohliche Er¬
scheinungen hervorrufe. Weiter sind Operationen bei Pyopneumothorax
vorzunehmen, wenn im Exsudate Kokken gefunden wurden.
Umfangreiche Literaturübersicht.
Hermann Schlesinger (Wien).
Subphrenic abscess complicating empyema; resection of ribs; care.
Von Edward W. Archibald. Brit. Medical Journ. 19. Mai 1906.
Subphrenischer Abscess als Komplikation einer intrathorakalen
Infektion ist äusserst selten. Unter 447 Fällen, zusammengestellt von
May dl 1894, von Orüneisen und Perutz, verdankten nur 21 ihre
Entstehung diesem Ursprung, darunter 6 mal Empyem nach Pneumonie,
7 mal aus unbestimmter Infektionsquelle, 1 mal Lungenabscess, 2 mal
Lungengangrän und 1 mal Tuberkulose. In den vor 1894 von May dl
zusammengestellten Fällen fand sich durchwegs mit einer einzigen Aus¬
nahme Perforation des Diaphragmas, welche in den späteren durch
Operation behandelten nicht zu konstatieren war, woraus hervorgeht,
dass erst später als Besultat des prolongierten Kontaktes mit Eiter das
Diaphragma allmählich an einem oder mehreren Punkten zerstört wird.
Die Mortalitätsziffer bildet ein starkes Argument zugunsten der Operation.
Der Abscess wird in der Regel erst während der Operation wegen ein¬
fachen Empyems entdeckt oder erst Wochen nach Drainage des Empyems
wegen neuerlicher septischer Symptome, kombiniert mit Resistenz und
Vortreibung des Hypochondriums.
Verfasser beobachtete folgenden Erkrankungsfall:
J. B., 17 Jahre alt, wurde am 11. April 1904 mit Klagen über
Husten ins Spital aufgenommen, nachdem er circa 14 Tage vorher
Influenza überstanden hatte und eine geringe Quantität Blut expektoriert
worden war. Es bestanden konstantes Fieber und Dyspnoe. Die rechte
Thoraxseite war im unteren Anteile etwas vorgetrieben. Ueber der
rechten Spitze verstärkter Stimmfremitus, in der rechten Axillargegend
war derselbe vermindert. Vorn war der Perkussionsschall von der
2. Rippe nach abwärts gedämpft. Die Dämpfung geht in die Herz¬
dämpfung über. Rechts wird die Dämpfung unterhalb der Axilla absolut.
Rückwärts beginnt der gedämpfte Schall in der Höhe der Spina scapulae
und geht sehr bald in absolute Dämpfung über. Der lufthaltige Anteil ist
beschränkt auf die Spitze, die Suprascapularregion und den Raum zwischen
innerem Rand der Scapula und Wirbelsäule. Das Atmungsgeräusch
fehlt oberhalb der absoluten Dämpfung, sonst ist es vermindert. Ueber
der Spitze ist die Atmung verstärkt, rechts einige feuchte Rasselgeräusche
hörbar.
Puls regulär, gut gespannt, das Herz ein wenig nach links verdrängt,
Spitzenstoss im 5. Intercostalraum 1 / s cm ausserhalb der Mammillarlinie.
Herztöne rein. In den ersten 8 Tagen der Beobachtung schwankt die
Temperatur zwischen 97,4 F und 100,3 F, Puls zwischen 80 und 100.
Die Probepunktion fiel die ersten 2 Male negativ aus, das 3. Mal wurde
Eiter nachgewiesen.
Operation: Resektion der 8. Rippe in der Ausdehnung von
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wenig mehr als 1 Zoll in der hinteren Axillarlinie. Bei der Incision
der Plenra war dieselbe dicker als gewöhnlich bei Empyem.
Eine geringe Quantität von blutigem Eiter wurde entfernt, worauf
man mit dem Finger eine beschränkte Abscesshöhle palpierte, welche
sich nach rückwärts gegen die Wirbelsäule zu und nur wenig nach vor¬
wärts erstreckte, oben und unten schien dieselbe durch festes Gewebe be¬
grenzt zu sein. Dieses Gewebe wurde nach den klinischen Zeichen für
das Diaphragma gehalten und die Möglichkeit eines subphrenischen Abscesses
angenommen; daneben blieb es offen, dass es sich um einen eingekapselten,
kleineren Abscess im Thorax handeln könne. Probepunktion oberhalb
der 5. Rippe in der hinteren Axillarlinie ergab klare, seröse Flüssigkeit,
gefolgt von Eiter. Die 5. Rippe wurde an dieser Stelle reseziert und
eine grosse Menge von Eiter entleert; mit dem Finger konnte man die
Lunge fühlen, welche an die Wirbelsäule angepresst war, in den anderen
Richtungen Hessen sich die Wände der Höhle nicht nachweisen, ausser
nach unten, wo das Diaphragma zu palpieren war; der Befund liess sich
durch die Einführung eines Fingers in je eine der gemachten Oeffnungen
sicherstellen. Eine Perforation Hess sich nicht nachweisen.
Innerhalb der nächsten 24 Tage sank das Fieber allmählich bis zur
normalen Temperatur; 12 Tage nach der Operation wurde die Drainage
des subphrenischen Abscesses entfernt, nach weiteren 8 Tagen jene des
Empyems. Bakteriologisch fanden sich im Eiter nur Pneumokokken.
Die Diagnose eines subphrenischen Abscesses in Zusammenhang mit
einem Empyem mag fast immer vor der Operation unmögHch sein, denn
für beide FäUe gelten ziemüch die gleichen Symptome. In einem von
Beck berichteten Falle, in welchem es sich um Empyem und sub¬
phrenischen Abscess handelte, fand sich bei der Autopsie ein 2. Abscess
unter dem Diaphragma, welcher übersehen worden war.
Interessant ist der Transport der Infektion von der pleuralen zur
subphrenischen Cavität; Küttner sucht die Erklärung im Verlauf des
Lymphstromes und erweist dieselbe durch sorgfältige experimentelle
Injektionen: die Lymphwege der parietalen, pleuralen und peritonealen
Serösen sind in Kommunikation mit jener des Diaphragmas und im Dia¬
phragma selbst existieren zahlreiche perforierende Lymphgefässe nicht
nur in der Richtung vom Peritoneum zur Pleura, sondern auch entgegen¬
gesetzt. Nach Burkhart durchdringt das Bakterium Membranen und
Muskeln durch aktives Wachstum und nicht durch passiven Transport.
Vielleicht wird die Metastase auf beiden Wegen hervorgerufen.
Herrnstadt (Wien).
Some cases of intrathoracic tumour. Von J. Hill Abram. Brit.
Med. Joum. 1. Dez. 1906.
Fall 1. P. H., 30 Jahre alt, überstand 1 Monat vor der Spitals¬
aufnahme eine Pleuropneumonie; er litt an schwachem Husten und ge¬
ringem, eitrigem Auswurf ohne Tuberkelbazillen; über dem linken oberen
Lungenlappen war Dämpfung, die linke Brustseite bHeb bei der Re¬
spiration zurück, der Stimmfremitus fehlte, die Atmung war bronchial;
bei der Probepunktion zeigte sich ein wenig Blut. 2 Monate später
trat Heiserkeit hinzn, das linke Stimmband war gelähmt. Bald darauf
trat Exitus letal, ein; es bestand ein Lymphosarkom, das den Bronchus
komprimierte, mit sekundärer Pneumonie.
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Fall 2. M. G., 15 Jahre alt, war an Erbrechen und Pneumonie
erkrankt. Wegen Empyems wurde Patient ins Spital geschickt. Die
Blutuntersuchung ergab beträchtliche Leukocytose — 26000; die linke
Lidspalte war enger, die linke Pupille kleiner; nach einigen Tagen
fand man Drüsen über dem rechten Schlüsselbein und die Stimmbänder
wurden gelähmt. Bei der Autopsie fand sich ein ausgedehnter Tumor,
der den Bronchus komprimierte und zum Teile infiltrierte, daneben be¬
stand Bronchopneumonie der linken Lunge. Der Verlust des Stimm-
fremitus sowie die Dämpfung gehörten zu den frühesten Zeichen von
Kompression des Bronchus. Die radiographische Untersuchung kann
die Diagnose eines Tumors stützen.
Fall 3. S. S., 64 Jahre alt, litt an Bronchitis und DyBpnoe.
Temp.: 98. Puls: 100. Resp.: 28. Rechts bestand Pleuritis, die Probe¬
punktion ergab klare, gelbe Flüssigkeit, kein Stirnmfremitus. Eine weisse,
weiche Geschwulst war an der Basis der Lunge.
Fall 4. W. M., 28 Jahre alt, litt seit Monaten an Husten und
Dyspnoe sowie irregulärem Fieber. Im Urin waren Spuren von Albumen.
Beiderseits waren physikalische Zeichen von Pleuritis. Die Probe¬
punktion ergab blutige Flüssigkeit. Dieses sowie der Befund von Knöt¬
chen unter der Haut über dem Sternum und 2. Rippenknorpel machten
die Diagnose auf Tumor wahrscheinlich.
Fall 5. F. W., 40 Jahre alt, litt an Schmerzen im rechten Arm;
die oberflächlichen Venen waren dilatiert. Es bestand ein Sarkom, das
von der Wirbelsäule ausging.
Fall 6. J. 0., 46 Jahre alt, klagte über Schmerzen auf der
rechten Brustseite, die in die rechte Schulter und Arm ausstrahlten.
Rechte Pupille und rechte Lidspalte waren verengt. Es handelte sich
um Sarkom, ausgehend von der Wirbelsäule.
Fall 7. Hier waren besondere Zeichen von Kompression des linken
Bronchus, des Oesophagus und des Nerv, recurrens. Am 2. Intercostal-
raum links war Pulsation. Ueber der linken Clavicula war eine ver-
grösserte Drüse, welche die Differentialdiagnose zwischen Neoplasma und
Aneurysma zugunsten der ersteren entschied. Der Befund von Drüsen
über der Clavicula ist immer von Bedeutung.
Fall 8. Seit 4 Monaten bestand Dyspepsie; seit 6 Wochen Vomttus.
Unter dem linken Sterno-cleido-mastoideus nahe der Clavicula war eine
kleine Drüse. Nach Monaten fand sich bei der Autopsie ein maligner
Tumor in der Wand eines chronischen Magengeschwüres. In Abdominal¬
fällen müssen die Drüsen in der linken Fossa supraclavicul. gesucht
werden, in Fällen, welche das Mediastinum betreffen, sind gewöhnlich
beiderseits Drüsen nachweisbar. Herrnstadt (Wien).
Contributo allo Studio clinico ed istologico dell T endotelioma pl*u-
rico primario. VonSiragusa. Giomale internazionale delle scienze
mediche. 1905 No. 18, 19.
Die umfangreiche Arbeit aus der Klinik Cardarelli ist iu
6 Kapitel eingeteilt; 1. Geschichtliches, 2. Eigene klinische Beob¬
achtungen, 3. Klinisch-diagnostische Betrachtungen, 4. Anatomisch¬
histologische Untersuchungen, 5. Zusammenfassung und 6. Bibliographie*
Im ersten vom Verf. beobachteten Falle handelt es sich um eine
55 jährige, früher stets gesunde Bäuerin, die vor 14 Monaten eine Ab*
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nähme ihrer Körperkräfte bei diffuser Schmerzhaftigkeit der linken
Thoraxseite bemerkte; dann trat Atemnot hinzu, gleichzeitig wurden die
Schmerzen sehr bedeutend, von stechendem und klopfendem Charakter;
Liegen auf der linken Seite unmöglich. Der behandelnde Arzt macht
mehrmalige Punktionen, nach denen sich die Kranke nur vorübergehend
erleichtert fühlt; es treten weiter abendliche Fiebersteigerungen auf,
Patientin kann nur sitzend die Nacht verbringen. Bei ihrer jetzt er¬
folgten Aufnahme auf die Klinik ergibt die Untersuchung: sehr stark
abgemagertes blasses Individuum; in der linken Fossa supraclavicularis,
in der linken Axilla und in inguine kleine, harte, runde schmerzlose
Drüsen. Die linke Thoraxseite erscheint weiter als die rechte, die Inter-
costalräume dagegen verengt. Von der 2. Kippe abwärts ist die ganze
Seite vorne intensiv gedämpft, hinten ebenfalls Dämpfung, aber weniger
intensiv. Stimmfremitus aufgehoben, Bronchialatmen. Rechts heller
Schall mit verschärftem Vesiculäratmen. Der Traube’sche Raum ist
nicht gedämpft. Bei der Punktion wird 1 Liter kaffeebrauner Flüssig¬
keit entleert, die deutlich die Blutreaktion gibt; im Sediment zahlreiche
ausgelaugte Erythrocyten. — Nach der Punktion sinkt die Dämpfung
um einen Interkostalraum, tritt aber baldigst wieder im früheren Umfang
auf. Die Patientin verlässt bald darauf auf eigenen Wunsch die Klinik.
Der zweite Fall betrifft eine 50jährige Frau; die Erkrankung ist
hier im Anschluss an eine Erkältung aufgetreten und hat die rechte
Seite ergriffen; Befund ähnlich wie beim ersten Fall. Die Punktions¬
flüssigkeit ist hier zitronengelb, doch sind sehr zahlreiche Erythrocyten
und Blutschatten im Sediment nachweisbar. Im Laufe der Erkrankung
tritt eine Phlegmasia alba dolens hinzu und Patientin stirbt unter zu¬
nehmender Dyspnoe. Bei der Obduktion findet sich eine kolossale Ver¬
dickung der Pleura, die von Knötchen durchsetzt ist, welche letztere aber
nirgends erweicht und verkäst sind; die Lunge ist durch das Exsudat
komprimiert und auch die Pleura pulmonalis von solchen Knötchen be¬
deckt. Die histologische Untersuchung bestätigt die in vivo gestellte
Diagnose eines Endothelioms. — Verfasser sucht nun aus seinen zwei
Fällen und den aus der Literatur bekannten die für diese Erkrankung
charakteristischen Symptome abzuleiten. Die wichtigsten derselben sind
etwa folgende: Metastasen in den Lymphdrüsen, besonders der Supra- und
Infraclaviculargrube derselben Seite; ungleichmässige Ausdehnung des
Thorax, besonders in seiner oberen Hälfte, Verengung der Intercostalräume,
Venennetze auf der erkrankten Seite; sehr bedeutende Resistenz des
Thorax, absolute Dämpfung, vorne noch intensiver und höher hinauf
reichend als hinten (im Gegensatz zur Pleuritis); fehlende oder sehr
geringe Verlagerung des Mediastinums; Erhaltensein des Tr au begehen
Raumes bei linksseitiger Affektion und endlich die hämorrhagische Be¬
schaffenheit der Punktionsflüssigkeit.
H. Fr. Grünwald (Wien).
D. Leber, Gallenwege«
Beiträge zur Kenntnis der Topographie der normalen A. hepatica
und ihrer Varietäten sowie der Blut Versorgung der Leber. Von
Budde. Deutsche Zeitschr. f. Chir., Bd. LXXXVT, 1. Heft.
Verf. hat die topographischen Verhältnisse der das Lebergebiet ver¬
sorgenden GefäBse, insbesondere der Arteria hepatica, mit besonderer
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Berücksichtigung der vorkommenden Variationen der Ramifikation sowie
im Hinblick auf eine eventuelle Bildung collateraler Bahnen an 100
menschlichen Leichen studiert und teilt als wesentliches Resultat dieser
Untersuchungen folgende Punkte mit: Die Aa. phrenicae entspringen
normalerweise aus der A. coeliaca. Die normale Lage der A. hepatica
schützt dieselbe bei Operationen an den Gallen wegen vor Verletzung,
als Varietät wird die Ueberkreuzung des Ductus hepaticus durch die A.
cystica oder den ganzen Ramus dexter a. hepat. beobachtet. Als häufiger
Befund wurde der teilweise Ersatz der A. hepat. durch einen Ast der
A. mesenterica super, festgestellt. Während eine Unterbindung der A.
hepatica communis bei schon vorausgegangener Thrombose oder Aneu¬
rysmabildung erlaubt ist, dürfte dies bei normaler Art. hepatica gewagt
erscheinen, da der auf der Bahn der A. phrenica. und A. gas tri ca sin.
sich bildende Collateralkreislauf einige Zeit zu seiner Entwicklung be¬
ansprucht; hingegen kann die Unterbindung des Kam. sin. oder dexter
in jedem Falle ohne Schaden ausgeführt werden.
Victor Bunzl (Wien).
Portal cirrhosis of the liver. Von SirDyceDuckworth. Lancet,
9. Februar 1907.
Die neuere Anschauung über Lebercirrhose betrachtet dieselbe als
Resultat eines toxischen Prozesses, der gewöhnlich vom Darmkanal aus¬
geht und durch die Portalvenen sich in der Leber fortsetzt. Vom
Alkohol glaubte man, dass er direkt auf die Zellen und das Binde¬
gewebe der Leber einwirke und fettige Degeneration sowie sklerogene-
tische Veränderungen verursache; nach neueren Anschauungen wirkt
Alkohol nur indirekt, indem er vor allem die Ursache einer Gastro¬
enteritis wird; dadurch werden spezifische Gifte erzeugt, welche in der
Leber die entsprechenden Veränderungen produzieren.
Die Portalcirrhose gehört dem mittleren Alter an und lässt 2 Stadien
unterscheiden: ein hypertrophisches mit Erbrechen und Diarrhoe, später¬
hin mit Hämatemesis oder Epistaxis, während das 2. Stadium mit dem
Auftreten von Ascites einsetzt. Dabei ist die Milz gewöhnlich vergrössert,
durch Bersten ausgedehnter Capillaren kommt es oft zu Blutungen, die
Abdominalvenen sind verbreitert, der Urin dunkel, sauer, enthält selten
Albumen, die Herzaktion ist schwach, der Blutdruck niedrig. Die
Wirkung des Alkohols auf die Leber kann sehr rasch oder erst nach
vielen Jahren eintreten, entsprechend der individuellen Widerstandsfähig¬
keit. Ascites und Hämatemesis sind sicheres Zeichen für Lebercirrhose,
bei Anwesenheit von Icterus muss an Carcinom der Leber gedacht
werden; auch tuberkulöse Peritonitis ist nicht zu übersehen, wie auch,
dass Lues der Leber Ascites verursachen kann.
Die Behandlung besteht im 2. Stadium in öfteren Punktionen des
Abdomens, Diuretica haben nur geringen Wert. Nach der Punktion muss
durch einige Tage eine Binde getragen werden.
In neuester Zeit wurde die Operation nach Talma empfohlen, wo¬
durch adhäsive Entzündung zwischen der peritonealen Oberfläche der
Leber und dem Zwerchfell gesetzt wird; auch ein Stück Omentum wird
zwischen Diaphragma und Leberoberfläche verlagert oder es wird das
grosse Netz an der vorderen Abdominalwand angenäht — Epiplopexie.
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Die Operationsresultate sind bisher nicht sehr ermutigend, nur in 10°/ 0
aller Falle trat Besserung ein.
Bei Trinkern findet sich häufig auch chronische Lungentuberkulose,
offenbar haben wir es mit einer allgemein verminderten Resistenzfähigkeit
des Organismus zu tun. Herrnstadt (Wien).
Veber intermittierendes Fieber bei visceraler Syphilis, namentlich
bei Lebersyphilis. Von Mannaberg. Zeitschr. f. klin. Med.,
Bd. LXH.
Die Kenntnis von dem Vorkommen intermittierenden Fiebers ist
noch ganz jungen Datums und ist noch nicht recht gewürdigt worden,
weshalb Verf. es sich angelegen sein lässt, durch Mitteilungen ausführ¬
licher Krankengeschichten (7) auf dieses Vorkommen aufmerksam zu
machen.
In den mitgeteilten Fällen handelt es sich um Auftreten von Schüttel¬
frösten (38,5—39,8) hauptsächlich gegen Abend, oft regelmässig in Inter¬
vallen von 2—3 Tagen, mit folgenden heftigen Schweissausbrüchen, ein¬
hergehend mit Kachexie. Deutliche Milz- und Leberschwellung, wobei
an der Leber mehr oder minder deutlich Tumoren ohne besondere Druck¬
empfindlichkeit zu tasten waren. Die Untersuchung des Blutes auf
Malariaparasiten, auch kurz nach Fieberanfällen, stets negativ. Chinin-
Arsenkur erfolglos. Jodkali innerlich in ziemlich grossen Dosen, Schmier¬
kur, Ung. cinereum bei lokaler Anwendung in der Lebergegend verur¬
sachten fast eine zauberhafte zunehmende Besserung des Zustandes. Kein
Fieber. Der Allgemeinzustand hob sich sofort. Nach 3—4 Wochen
konnte ein Zurückgehen des Leber- und Milztumors konstatiert werden.
Nur in einem Falle konnte Verf. keine Besserung sehen, sondern stete
Verschlimmerung. Die Autopsie ergab Lues hepatis. Einmal konnte
Verf. auch Lues pulm. diagnostizieren, wo wegen des abendlichen Fiebers
und Kachexie Apicitis pulm. angenommen wurde. Graues Pflaster, Jodkali
intern liessen das Fieber vollständig verschwinden. Verf. mahnt, in allen
dunklen Fällen, wo Malaria, Sepsis, Tuberkulose ausgeschlossen sind,
Btets an Lues zu denken. Leopold Isler (Wien).
Two cases of strangulated ovarian tumour with Symptoms sug¬
gestive of other conditions. Von James Weis. The Glasgow
med. Joura., April 1907.
Es wird über 2 Fälle von Ovarialtumoren berichtet, die einiges
Interesse durch die Schwierigkeit in der Diagnose beanspruchen. Der
eine Fall bot die Erscheinungen eines Volvulus, der andere die Symptome
einer acuten Appendicitis, unter welchen Bezeichnungen beide Fälle zur
operativen Behandlung gesandt wurden.
1. Fall: 19jährige8 Mädchen, das Verf. 2 Tage vorher gesehen
hatte. Es bot damals ausser krampfartigen Schmerzen im Abdomen
und einigem Erbrechen nichts Besonderes. Keine Temperaturerhöhung,
keine Pulsbeschleunigung. Die Untersuchung ergab einen faustgrossen
Tumor in der linken Fossa iliaca mit geringer Bauchdeckenspannung
darüber. Der Zustand änderte sich nicht am nächsten Tage; am folgenden
Tage, also am 2. Tage, nachdem Verf. das Mädchen zuerst gesehen hatte,
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trat plötzlich heftiges Erbrechen auf, kein Abgang von Stuhl oder Winden.
Seit 4 Wochen Schwellung des Abdomens.
Die Untersuchung zeigte etwas aufgetriebenes Abdomen, deutlicher
den Tumor in der linken Unterb&uchgegend mit Bauchdeckenspannung.
Die Vaginaluntersuchung ergab retrovertierten Uterus; der Tumor drängt
den Douglas stark herab, hauptsächlich links. Wegen der Heuserechei-
nungen operativer Eingriff. Es flieset reichlich blutig gefärbte seröse
Flüssigkeit aus der Bauchhöhle. Als Tumor findet sich eine Ovarialcyste,
deren Stiel sich gedreht hatte; dabei war eine Dünndarmschlinge mit
eingeklemmt worden. Nach Unterbindung des Stieles Exstirpation des
Tumors. Heilung nach 4 Wochen.
2. Fall: 57 jährige Frau, die unter den Symptomen einer subacuten
Appendicitis eingesandt wurde. Seit 7 Tagen Schmerzen in der rechten
Unterbauchgegend, Pat. erkrankte unter Schüttelfrost, Fieber, Erbrechen.
Die Schmerzen Hessen bald nach, das Erbrechen dauerte weiter, T. 38,5,
P. 106. Das Erbrochene waren dünnflüssige grünüchgelbe Massen. Herz,
Lunge normal. Rechte Unterbauchgegend stark druckempfindHch, grosse
Bauchdeckenspannung. Ausserdem finden sich leichtes Oedem der Extre¬
mitäten, geringer aber nachweisbarer Flüssigkeitserguss in der freien
Bauchhöhle. Doch Hess sich ein ca. faustgrosser Tumor mit Fluktuation
nach geringem Nachlassen der Schmerzen ganz gut palpieren. Die
Vaginaluntersuchung ergab Freisein des Uterus. Der operative Eingriff
zeigt eine kleinere und grössere Ovarialcyste der linken Seite; die kleinere
Cyste war mit dem Netz verwachsen, nach rechts verzogen und hatte
offenbar die Heuserecheinungen ausgelöst. Durch das Hinüberziehen der
Ovarien konnte man auch vaginal den Tumor nicht feststellen. Der
Tumor wird exstirpiert. Leopold Isler (Wien).
Traumatische Leberrupturen mit sp&terer Ausstossung grosser
Lebersequester. Von Dr. J. Fertig. Deutsch. Zeitschr. f. Chir.,
Bd. LXXXVn, Heft 1-3.
Zwei Fälle von subkutaner Leberverletzung, welche vom Verf. operiert
wurden und bei welchen sich wochenlang nach erfolgter Operation aus
der Bauch wunde sequestrierte Leberteile abstiessen. — Im ersten Falle,
der erst 14 Tage nach der Verletzung zur Operation kam und bei dem
sich grosse Mengen von Galle in die freie Bauchhöhle entleert hatten,
zeigte sich die relative UnschädUchkeit der Galle für das Peritoneum,
das nur mit einer zu Verwachsungen führenden serofibrinösen Reizung,
nicht aber mit eitriger Entzündung reagiert hatte.
Victor Bunzl (Wien).
A case of primary sarcoma of the liver in a child aged four
months. Von E. W. Scott Carmichael und Henry Wade.
Lancet, 4. Mai 1907.
Das Kind Htt seit 14 Tagen an einer SchweUung des Abdomens,
welche in den letzten Tagen rapid zunahm und am meisten im linken
Hypochondrium zum Ausdruck kam. Die Circumferenz um den Nabel
war &2 1 l 2 cm. Erythrocyten 4000,000, Leukocyten 24,000. Innerhalb
dreier Tage nahm der Umfang des Abdomens um 5 cm zu, es bestand
ausgesprochene Dyspnoe, die Leber reichte bis in die rechte Fossa iliaca
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hinab und nach links bis unterhalb des Nabels. Bei einer explorativen
Laparotomie erwies sich die Leber dunkelrot, weich und elastisch und
durchaus homogen. 12 Stunden später trat Exitus letalis ein.
Nekropsie. Der grösste Teil des Abdomens war durch einen
Lebertumor eingenommen, der 5% Zoll unter die Spitze des Proc.
xiphoid. reichte, ferner bis 1 1 / J Zoll über die Symphyse und in die rechte
Mammillarlinie 6 Zoll über den Rippenrand. Die Grenze zwischen
rechtem und linkem Leberlappen lag in der linken Mammillarlinie. Der
seröse Ueberzug der Oberfläche des rechten Lappens war rupturiert, das
ganze Organ dunkel verfärbt, an einzelnen Stellen um die dunklen Flecke
gelbgefärbtes Gewebe als Ausdruck der fettigen Degeneration sichtbar.
Die Konsistenz war derb. Die dunklen Flecke waren zahlreiche Knöt¬
chen von diverser Grösse, die im Centrum weich waren, an der Peripherie
hell mit zahlreichen vaskulären Punkten. Der Rest der Lebersubstanz
war fettig degeneriert. Mikroskopisch bestanden die Knötchen aus einem
Stroma von Gefässen und Bindegewebe und einzelnen degenerierten Leber¬
zellen. Zahlreiche kleine Zellen erfüllten die Zwischenräume; sie waren
in der Gestalt irregulär, mit einem dunklen, fast die ganze Zelle aus¬
füllenden Kerne, zwischen den einzelnen Zellen war eine zarte, fibrilläre
Substanz sichtbar. In den Zwischenräumen waren zahlreiche, rote
Blutkörperchen mit einzelnen polymorpho-nudeären Leukocyten und
Lymphocyten.
Trotz zahlreicher Tumorzellen in den Lebercapillaren bestand nirgends
eine Metastase. Der Tumor selbst war ein Sarkom.
Nur 2 Fälle sind beschrieben, wo die Erkrankung noch jüngere
Individuen betraf, in dem einen von 8 Wochen, in dem anderen von
14 Wochen, welche beide durch die Autopsie bestätigt wurden. Zwei
weitere Fälle betrafen Kinder im Alter von 4 Monaten, die anderen alle
höheren Lebensalter. Das Charakteristische liegt hauptsächlich in dem
rapiden Wachstum, nur in einem Falle bestand Ascites, in einem anderen
Spuren von Icterus. In 5 Fällen war die Erkrankung rein auf die
Leber beschränkt. Herrnstadt (Wien).
An adress on cholelithiasis. Von E. Stanmore Bishop. Brit.
Med. Journ., 23. März 1907.
Nur 5 °/ 0 aller mit Gallensteinen behafteten Menschen zeigen während
des Lebens die charakteristischen Symptome, während in anderen grossen
Zahlen wieder die Diagnose auf Magenstörung, Indigestion, Neurose usw.
lautet, bis nach Jahren die Krankheit erkannt und der chirurgischen Be¬
handlung zugeführt wird. In allen Fällen handelt es sich um Entzündung
der Gallenwege, hervorgerufen namentlich durch den Bac. typhosus
und Bac. coli commune, wobei die Infektion auf 4 Wegen erfolgen
kann: 1. Durch die duodenale Oeffnung, 2. durch die portale Zirku¬
lation, 3. auf dem Wege der allgemeinen Zirkulation, 4. durch die
Lymphwege. Der erste Weg wäre um so leichter, als eine kontinuierliche
Mucosa zwischen Duodenum und Duct. choledochus besteht und der Darm
auch Sitz der beiden genannten Mikroorganismen ist; doch spricht da¬
gegen folgendes: 1. Virulente Darm Organismen verursachen eher Ent¬
zündung, Gangrän oder TJlceration der Gallen wege als Gallensteine.
2. Das Duodenum ist gewöhnlich frei von den genannten Organismen.
3. Durch den freien Fluss der Galle vom Ductus ins Duodenum würden
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die Organismen eher von den Gallenwegen weg gegen den Darm getrieben
werden. 4. Es spricht dagegen die seltene Infektion des Pankreas. Wahr¬
scheinlicher ist die Infektion auf dem Wege zur Pfortader. Durch die
Aktion der Leber werden die zahlreichen Toxine, die in der Nahrung
und im Dünndarme enthalten sind, neutralisiert und die Wirkung der
Bakterien wird aufgehoben oder wesentlich geschwächt, daher enthält die
von den Leberzellen secernierte Galle temporär abgeschwächte Toxine, die
fähig sind, Entzündung mit Bildung von Steinen zu verursachen. Nach
einer Weile, wenn die Leber wieder toxinfreie Galle secerniert, werden
die Gallenwege wieder ausgewaschen, oder es ist die neue Galle nicht
imstande, das bereits deponierte Cholesterin zu lösen, dann schreitet die
Bildung von Steinen fort. Praktisch kommen in Betracht: 1. der Unter¬
schied zwischen biliären Attacken und einigen sogenannten Magenstörungen;
2. das Verhältnis zu Gallensteinen; 3. frühzeitige Operation.
Die Veränderungen, welche in den Gallenwegen und um dieselben
erfolgen und welche die Diagnose der Gallensteine erleichtern, sind fol¬
gende: 1. Dilatation der Gallenblase und des Duct. cystic., während die
Farbe allmählich jene des Dünndarmes annimmt. 2. In einem vorge¬
schrittenen Stadium zeigt sich Infiltration der Wand mit Eiter, welche
im Fundus der Blase beginnt; weiterhin kommt es am Uebergang des
Fundus in den Körper zu vorspringenden Schleimhautfalten, welche,
wenn sie sich von beiden Seiten entgegenkommen, eine cystenförmige
Höhle bilden, die durch eine Oeffnung mit dem übrigen Anteile kom¬
muniziert. 3. Die Eiter und Calculi enthaltende Blase wird adhärent
und es sammelt sich auch ausserhalb der Blasenwand Eiter, der jedoch
durch die Adhäsionen von der Peritonealhöhle abgeschlossen ist. 4. In
einigen Fällen findet man nach Eröffnung des Peritoneums die untere
Fläche der Leber konvex, weich und fluktuierend, die Gallenblase ist
nicht zu sehen und beim Einschneiden entweicht Eiter, mit Galle ge¬
mischt; nachher wird die Gallenblase wieder sichtbar. Der häufigste
Befund ist der einer kleinen, kontrahierten Blase, die tief in die Leber
verlagert erscheint.
Die Symptome sind in erster Linie Schmerzen im rechten Hypo-
chondrium, die gegen die rechte Schulter und Scapula ausstrahlen, Gelb¬
sucht, ein mit der Respiration mitgehender Tumor unterhalb der Leber,
farblose Stühle, der Nachweis von Galle im Urin und der Befund von
Steinen in den Fäces. Ferner besteht oft Druckschmerz der Gallenkanäle,
nicht nur während einer Attacke, sondern noch einige Zeit nachher,
ein Symptom, welches namentlich für die Differentialdignose gegenüber
renalen Calculi in Betracht kommt. Die Untersuchungsmethode nach
Murphy ist folgende: Der Patient befindet sich in sitzender Stellung
mit dem Rücken gegen den Untersuchenden, der letztere legt beide
Hände auf das Abdomen unmittelbar unterhalb des Rippenrandes, während
der Patient sich nach vorwärts neigt und die eigenen Hände auf die
Kniee stützt. Bei tiefer Respiration sinkt die Hand des Untersuchenden
mit jeder Exspiration tiefer ein, wobei sie zugleich in der Weise rotiert
wird, dass die ulnare Seite tiefer als die radiale liegt und die taktile
Fingerfläche nach aufwärts gerichtet ist. Sehr bald erreichen die Hände
die untere Fläche des Magens auf der linken und die der Leber auf der
rechten Seite; sowie die Gallenblase der komprimierenden rechten Hand
während der Inspiration sich nähert, wird durch den Schmerz die
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Respiration plötzlich unterbrochen. Bleibt der Schmerz aus, so kann
in an mit Sicherheit Gallensteine ausschliessen. Sonst findet sich dieses
Symptom nur noch bei unkomplizierter Entzündung der Gallenwege.
Herrnstadt (Wien).
n. Bücherfoesprechungen.
Die Zuckerkrankheit, ihre Komplikationen und ihre Behandlung.
Yon R. Lepine. Autor, deutsche Bearbeitung von Dr. F. Kornfeld,
Leipzig u. Wien, Fr. Deuticke, 1906. /
Als Vorläufer eines ausführlicheren Werkes soll das Büchlein eine
knappe Darstellung aller praktisch-wichtigen Tatsachen der Aetiologie,
Symptomatologie, Diagnostik und Behandlung der Zuckerkrankheit bringen.
Dieser Aufgabe wird es so vollkommen gerecht, als es bei dem Umfange
des Heftes möglich ist; in beiden Teilen, deren erster den unkomplizierten
Diabetes, der zweite die Komplikationen behandelt, wird auf die neueren
theoretischen Anschauungen und praktischen Erfahrungen besonderes Ge¬
wicht gelegt. So wird die Bedeutung des Pankreas gewürdigt, der An¬
teil der Nieren am Zustandekommen des Diabetes erörtert und ein aus¬
führliches Kapitel der Ernährung des Diabetikers gewidmet. Auch dort,
wo die Darstellung gar zu knapp ausfiel, wie bei Besprechung der
Fehlerquellen der Zuckerreagentien, wird der Leser durch das durchaus
moderne Büchlein zur weiteren Speziallektüre angeregt.
G. Salus (Prag).
Stereoskopbilder zur Lehre von den Hernien. Yon End er len
und Gasser. Jena, Gustav Fischer, 1906.
Ein selten schönes Ergebnis jahrelanger zielbewusster Beobachtung
liegt uns in diesem Werke vor. Die Arbeit ist um so freudiger zu be-
grüssen, da sie eine gediegene hochentwickelte Vertreterin einer For¬
schungsrichtung darstellt, welche in Deutschland von jeher etwas stief¬
mütterlich behandelt worden ist. Chirurgische Anatomie wird bei uns
im Vergleich zu Frankreich oder England merkwürdig wenig getrieben.
Wie viel diese Forschungsrichtung in sachkundiger Hand zu leisten ver¬
mag, ersehen wir aus dem vorliegenden Buche.
In 72 vorzüglichen stereoskopischen Bildern sind die Beiträge beider
Verfasser zur Lehre von den Hernien niedergelegt. Nach einer kurzen
Einleitung, welche Entstehung, Zweck und Einteilung des Werkes zu¬
sammenfasst, gehen die Verfasser an die Behandlung des Stoffes, indem
sie mit der stereoskopischen Wiedergabe des Descensus testiculorum und
der Topographie der Leistengegend die Entstehung der Leistenbrüche
dem Verständnis näher rücken. Hierauf folgt die Behandlung der äusseren
und inneren Leistenbrüche in 13 Figuren. Regio subinguinalis und
Schenkelbrüche werden in 12, Regio und Heraia obturatoria in 6 Figuren
vorgeführt. Der Beschreibung und Illustration der Regio lumbalis und
glutaea folgen die interessanten Kapitel über mehrfache Hernien, schliess¬
lich über Zwerchfellhernien und innere Hernien. Jedem Abschnitte
geht eine recht kurz gehaltene Beschreibung voraus, in welcher mehr
die in Betracht kommenden allgemeinen chirurgisch-pathologischen Ge-
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sichtspunkte berührt werden. Ausserordentlich wertvoll smd die Hin¬
weise auf die Art der Entstehung der verschiedensten Brüche, wobei
die verschiedenen Möglichkeiten mit klaren morphologischen Befunden
belegt werden.
Die Figuren sind von einer tadellosen Plastizität, einzelne, wie
z. B. die über Begio und Hernia obturatoria, sogar etwas zu plastisch.
Einige topographisch wichtige Gebilde an den Figuren sind in der aus
den anatomischen Atlanten bekannten Weise gefärbt. Eine Umrisszeich¬
nung mit Bezeichnungen liess die Anbringung der unter Umständen
störenden Hinweisungen im stereoskopischen Bilde selbst vermeiden.
Die einzelnen Bilder können aus dem Atlas herausgenommen und in
jedem der gebräuchlichen Stereoskope betrachtet werden, somit eignen
sie sich auch zu Demonstrationszwecken.
Die Ausstattung des Werkes ist sehr gut, die Reproduktionen von
grosser Vollkommenheit. Somit kann die schöne Arbeit sowohl Stu¬
dierenden wie Aerzten, ja sogar dem Fachchirurgen und für klinische
Zwecke am allerbesten empfohlen werden.
v. Lichtenberg (Heidelberg).
Handbuch der orthopädischen Chirurgie. Von JoachimsthaL
Jena, Gustav Fischer, 1906/7.
Die letzten Lieferungen des umfassenden Werkes liegen nunmehr
vor und Bchliessen sich würdig den wertvollen Arbeiten in den bisher
erschienenen Heften an. Besonders bemerkenswert für jeden Arzt ist
der Abschnitt über Prophylaxe der Rückgratsverkrümmungen von Sc hui t-
hess. „Der Kampf gegen die Skoliose ist der Kampf gegen die Rhachitis
und der Kampf um die Gesundheit und Kraft der heranwachsenden
Jugend . u Verf. fordert Spezialklassen, ärztlich geleitete unentgeltliche
Unterrichtsgelegenheit. Wesentlich ist die Bekleidungsfrage, deren Lösung
gerade jetzt wieder in den Vordergrund gerückt ist. Die von Dollinger
bearbeitete tuberkulöse Hüfterkrankung und ihre Folgen und die von
Lorenz und Reiner gelieferten Beiträge über Hüftverrenkung sind
mustergültig.
Hofmeister’s Ausführungen über Coxa vara und Schanz’s über
Deformitäten im Bereich des Kniegelenkes mit Einschluss der Ver¬
krümmungen der Ober- und Unterschenkel enthalten alles Wissenswerte bis
in die neueste Zeit, ebenso Joachimsthal’s Aufsatz über den Fuss.
Das Kapitel von Heusner, Ersatz verloren gegangener Glieder durch
Prothesen, wird bei Kranken und Aerzten als schätzbare Bereicherung der
einschlägigen Literatur willkommen sein. Muskat (Berlin).
Die Einbildung als Krankheitauraache. Von Dubois. Grenzfragen
des Nerven- und Seelenlebens, Heft 48. Wiesbaden 1907, Verlag von
J. F. Bergmann.
Wie schon die Titel- und Ueberschrift besagt, bringt die an sich
fasslich geschriebene Abhandlung nichts grundsätzlich Neues, könnte es
auch nicht. Was Verf. über die Aufgabe des Arztes gegenüber den
auf Einbildung (wohl im weitesten Sinne) beruhenden resp. zurück¬
geführten Krankheitsphänomenen spricht, möchte Ref. nicht in jedem
Detail unterschreiben: So meint Verf. (S. 28), er könne sich des Ge¬
dankens nicht erwehren, dass ein vernünftiger Zuspruch auch in der
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607
Entwicklung und auf der Höhe einer Melancholie gewisse Wirkungen haben
könne, wenn auch geringe; wenn da Verf. an therapeutische Wirkungen
durch TJeberredung denkt, werden ihm wohl viele Psychiater keineswegs
beipflichten. Auch möchte Bef. es dahingestellt sein lassen, ob Verf«
nicht allzu optimistisch ist, wenn er an die Möglichkeit denkt (vide
S. 43), einer beginnenden Paranoia — dahin glaubt ihn Bef. verstanden
zu haben — durch psychotherapeutische Prozeduren beizukommen. So¬
weit Psychotherapie als Prophylakticum empfohlen wird, kann man
dieser Empfehlung sicher in gewissem Sinne beipflichten.
Erwin Stransky (Wien).
Inhalt.
I. Referate.
A. Gefiiae, Blut.
Magnus, R., Ueber peripheren Geföss-
tonus im Splanchnicusgebiet, p. 561.
Nierenstein und Sprengel, Die Cir-
culationsstörungen im Mesenterialgebiet,
p. 561.
Ger st er, Ueber die septische Thrombose
der Wurzeln der Vena portae und über
Pylephlebitis mit einigen Bemerkungen
zur Bauchfellsepsis, p. 563.
W i t z e 1 , O., Die postoperative Thrombo-
Embolie, p. 563.
Sandiland, E. L., Note on a case of
simultaneous rupture of a carotid aneu-
rysm and an atheromatous aorta, p. 564.
Oliver, Th., An adress on thoracic
aneurysm, p. 564.
Herczel, E., Aneurysma art. coronariae
ventriculi sinistri, p. 565.
Cushing, H., Arteriovenous aneurysm
of the occipital vessels, p. 566.
Berry, J., Large arterio-venous aneurysm
of the neck treated by ezcision, p. 567.
Pollard,B., A case of femoral aneurysm;
ezcision; eure, p. 568.
Kaiser, C. R., A case of traumatic
popliteal aneurysm, p. 568.
Borsz6ky, K., Operierter Fall von Aneu¬
rysma art. dorsalis pedis, p. 569.
Förster, R. A., Notes on two cases:
rupture of the aorta and rupture of
the left ventricle, p. 570.
Grant, W. W n Late phlebitis following
clean abdominal operations, p. 570.
Milne, J. A., An unusual case of Ray¬
nauds disease, p. 571.
Arning, E., Ein schwerer Fall von
Morbus Raynaud, p. 572.
Merk, L., Klinisches und Kasuistisches
von den syphilitischen Erscheinungen
an den Schlagadern der Extremitäten,
p. 572.
O e r u m, Ueber die Einwirkung des Lichts
auf das Blut, p. 572.
G r o v e s, E. W. H., The surgical aspects
of haemophilia with especial reference
to two cases of Volkmanns contracture
resulting from this disease, p. 573.
Crace-Calvert, G. A., Amylnitrite in
haemoptysis, p. 574.
Hare, F., Amylnitrite in haemoptysis and
in other haemorrhages; recent results,
P- 575 -
Sonnenburg, E., Weitere Beobachtun¬
gen über die Verwertbarkeit der Leuko-
cytenzählungen bei der acuten Appen-
dicitis, p. 575.
Stitt, E. R., A stude of the blood in
Dengue fever with particular reference
to the differential count of the leuco-
cytes in the diagnosis of the disease,
P- 575 *
Praig, C. F., Observations upon malaria;
laient infection in natives of the Phi¬
lip pine Islands. — Intracorpuscular con-
jugation, p. 576.
Boni, T., Dicromia del micrococco
tetrageno in un caso di setticopiemia,
p. 576.
Schiller, K., Ueber die durch Fried-
länder’sches Bacterium pneumoniae ver¬
ursachten allgemeinen septischen Er¬
krankungen, p. 577.
Faure-Beaulieu, M., La septicemie
gonococcique, p. 578.
Touton, K., Der Pseudoleukämie ähn¬
liche Hauterkrankung bei schwerer
Anämie mit Leukopenie des Blutes
(apiastische Anämie Ehrlich’s?), p. 578.
Wikner, E., Ett fall af pseudoleukemi
behandladt med Röntgensträlar jämte
nagra ord om Röntgenljusets inverkan
pä blodet, p. 578.
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608
B. Mundhöhle, Pharynx.
Meller, A., Zur Statistik der Scbleim-
hautcarcinome des Mundes und Rachens,
P- 579 -
Bin di, F., La macroglossia; contributo
di clinica e di istologia, p. 580.
M a k i n s, G. H., A case of lingual goitre,
p, 5^0*
Angilotti, Sulla tuberculosi della lin-
gua, p. 581.
Küster, Zur Behandlung des Zungen¬
krebses und die Unterbindung der
Carotis externa, p. 581.
Goodale, J. L., Systemic infection
through the tonsils, p. 582.
Woods, G. B., I. The significance of
tuberculous deposits in the tonsils;
II. Diskussion, p. 582.
Routier, Tumeur de l’amygdale cons£-
cutive k une lösion appendiculaire,
P* 5 ^ 4 -
Tietze, A., Ein Protozoenbefund in einer
erkrankten Parotis, p. 594.
Kjellberg, G., Om ett fall afparotitis
syphilitica, p. 584.
Guleke, N., Ueber Tumorbildung in
versprengten Par otiskeimen, p. 585.
Wenner, O., Diphtherie auf der chirur¬
gischen Abteilung des Kantonspitals
St Gallen, p. 585.
W a u g h, G. E., A lecture on pharyngeal
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C. Lunge, Pleura.
Macewen, W., Some points in the sur-
gery of the lung, p. 587.
Chambers, H., Note on a case of rup-
ture of the root of the lung without
injury to the ehest wall, p. 591.
D a v i e s, J. D., Pulmonary abscess caused
by a tooth, p. 591.
Herczel, E., Durch Pneumotomie ge¬
heilter Fall von primärem Lungenechino¬
coccus, p. 591.
Kienböck, Ein Fall von Zwerchfell¬
hernie mit Röntgenuntersuchung, p. 592.
Roughton, J. P., A case of rupture of
the diaphragma, p. 593.
Brauer, Der therapeutische Pneumo¬
thorax, p. 593.
Nash, W. G., Pneumothorax due to
muscular exertion in a healthy lad, p. 593.
Schiller, K., Acuter Pyopneumothorax
infolge subphrenischen Abscesses, p. 594.
Waldvogel, Zwischenfalle bei der
Thorakocentese, speziell über das Wesen
der albuminösen Expektoration, p. 595.
Mosheim, K., Die Heilungsaussichten
der Lungentuberkulose bei spontanem
und künstlichem Pneumothorax, p. 595.
Archibald, E. W., Subphrenic abscess
complicating empyema; resection of
ribs; eure, p. 596.
Abram, J. H., Some cases of intra-
thoracic tumour, p. 597.
S i r a g u s a, Contributo allo Studio clinico
ed istologico dell* endotelioma pleurico
primario, p. 598.
D. Leber, Gallenwege.
Budde, Beiträge zur Kenntnis der Topo¬
graphie der normalen A. hepatica und
ihrer Varietäten sowie der Blutversorgung
der Leber, p. 599.
Duckworth, S. D., Portal cirrhosis of
the liver, p. 600.
Mannaberg, Ueber intermittierendes
Fieber bei visceraler Syphilis, nament¬
lich bei Lebersyphilis, p. 601.
Weis, J., Two cases of strangulated
ovarian tumour with Symptoms suggestive
of other conditions, p. 601.
Fertig, J., Traumatische Leberrupturen
mit späterer Ausstossung grosser Leber¬
sequester, p. 602.
Carmichael, E. W. S. und Wade, IL,
A case of primary sarcoma of the liver
in a child aged four months, p. 602.
Bishop, E. St., An adress on choleli-
thiasis, p. 603.
II. Bücherbesprechungen.
Lupine, R., Die Zuckerkrankheit, ihre
Komplikationen und ihre Behandlung,
p. 605.
Enderlen und Gasser, Stereoskop¬
bilder zur Lehre von den Hernien, p.605.
Joachimsthal, Handbuch der ortho¬
pädischen Chirurgie, p. 606.
D u b o i s, Die Einbildung als Krankheits¬
ursache, p. 606.
Um Einsendung ▼on Monographien und Büchern an den Redakteur Professor
Dr. HERMANN SCHLESINGER, Wien, I, Ebendorferstrasse 10, wird gebeten.
Man bittet, redaktionelle Zuschriften mit dem Adressenxusatx „Für die Redaktion des
Centralblattes für die Grenzgebiete* 1 versehen zu wollen.
Lippert 4 Co. (G. Pätz’sche Buchdr.), Naumburg a. S.
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CENTRALBLATT
für die
Grenzgebiete der Medizin u. Chirurgie.
Heraasgegeben von
Dr. Hermann Schlesinger,
Profaoor an dar Universität Wien.
Verlag von GUSTAV FISCHER in Jen«.
X. Band.
Jena, 5. September 1907
Nr. 16.
Das Centralblatt für die Grenzgebiete der Medizin und Chirurgie erscheint in
zwanglosen Heften im Umfange von etwa 3 Druckbogen, die zu einem Bande
vereinigt werden, dessen Umfang 60 Druckbogen betragen wird. Das Abonne¬
ment für das Centralblatt kostet 24 Mark für den Band. — Die Abnehmer
der Mitteilung«!! aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurg lecher ausgegeben
von A. von Eiseisberg und B. Naunyn, erhalten das Centralblatt
zum Vorzugspreise von 20 Mark.
L Sammel - Referate.
Achondroplasie (Chondrodystrophia foetalis,
Mikromelie).
Kritischer Sammelbericht von Karl Hermann Schirmer (Wien).
Literatur.
1) Apert, E., Anatom. Gesellschaft zu Paris, 20. Dezember 1895. Bull- de la
Soc. anat. de Paris 1895, No. 18.
2) Bailly, Citiert nach Keyser’s 51 ) Tabelle.
3) Baldwin, Foetal rachitis. Medical News 1890.
4) Ballantyne, Antenatal pathology and hygiene 1902.
5) Balme, H. and Reid, A., Notes on achondroplasia (Chondrodystrophia
foetalis). Practitioner 1904, p. 780.
6) Barlow, Th., Patholog. Soc. Transact. 1884, Bd. XXXV, p. 459.
7) B a y o n, P. G., Ueber angebliche verfrühte Synostose bei Kretinen und die
hypothetischen Beziehungen der Chondrodystrophia foetalis zur Athyreosis. Ziegler’s
Beiträge zur patholog. Anatomie 1904, Bd. XXXVI, Heft I.
8) Berger, CI., Ueber Knochenwachstumsstörungen. I. Chondrodystrophia
foetalis und Osteogenesis imperfecta. Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgen¬
strahlen 1907, Bd. XI, p. 12.
9) Birrenbach, H. J., Ueber Mikromelie bei kongenitaler Syphilis. Dissert.
Greifswald 1901.
10) Bode, E., Ueber sogenannte fötale Rachitis. Virchow’s Archiv 1883,
Bd. XCIII, p. 421.
11) Boeckh, G., Ueber Zwergbecken. Archiv für Gynäkologie 1893, Bd* XLIII,
P- 347 *
12) Bossi, P., Sopra un acondroplasia vivente. Arch. di ortop. 1901» No. 3.
Ref. Centralbl. f. Chir. 1902, p. 371.
13) Breus, C. und Kolisko, A., Die pathologischen Beckenformen, Bd. I.
Wien-Leipzig 1904, p. 267 fr.
Centralblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 39
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610
14) Brissaud, Ueber medizinisch-artistische Studien. Münchener med. Wochen¬
schrift 1904, No. 18, p. 802.
15) Cantiie, J., Achondroplasie. Polyclinic. Münchener Med. Wochenschr.
1902, p. 979.
16) Canton, E., Sobre tres fetos acondropläsicos y tus radiograitas respectivas.
Semana med. Buenos Aires 1903, Bd. X, p. 489.
17) Ces tan, Nouvelle Iconographie de la Salp6tri£re 1901, Juli-August.
18) Charcot et Richet, P., Les difformes et les malades dans 1 ’art. Lecros-
nier. Paris 1889.
19) Charpentier, Citiert nach Porak. 8 *)
20) Collmann, B., Beitrag zur Kenntnis der Cbondrodystrophia foetaiis.
Virchow’s Archiv 1901, Bd. CLXVI, p. 1.
21) Combry, J., Rickets and achondroplasia. Brit. Med. Journ. 1902, Bd. II»
P- 955 -
22) Courtin, Gazette hebdomadaire 1901, No. 4.
23) Crimail, Citiert nach Kayser’s 61 ) Tabelle.
24) Cox, J. J., Manchester Med. Soc. I. March. 1905. Lancet 1905, 18. March.»
p. 720.
25) Darwin, Ch., The variations of animals and plants under domestication.
New York 1897.
26) Dawe, F. Sh., Pathological Society of London, 6. Nov. 1906. Lancet,
io. Nov. 1906, p. 1286.
27) Dieter la, Die Athyreosis, unter besonderer Berücksichtigung der dabei
auftretenden Skeletweränderungen sowie der differentialdiagnostisch vornehmlich in
Betracht kommenden Störungen des Knochen Wachstums. Virchow's Archiv 1906,
Bd. CLXXXIV, p. 56.
28) Eberth, Die fötale Rachitis und ihre Beziehungen zu dem Cretinismus.
Correspondenzblatt für Schweizer Aerzte 1879, Bd. IX, p. 465; ferner Festschrift zu
der I oojährigen Stiftungsfeier der Tierarzneiscbule in Hannover. Leipzig 1878.
29) Ely, J. S., Micromelus. Proc. New York Path. Soc. (1888) 1889, p. 146.
30) Emanuel, Achondroplasia. Birmingham Patholog. and Clin. Section»
26. Okt. 1906. Brit Med. Journ., 10. Nov. 1906, p. 1305.
31) Escherich, Verein der Aerzte in Steiermark, 3. Dez. 1900. Wiener klin.
Wochenschr. 1901, p. 277.
(Fortsetzung der Literatur folgt.)
„Ein Zwerg mit grossem Schädel, Mopsnase, kurzen
und oft krummeu Gliedern, so dass die Beine im Ver¬
hältnis zum Stamme stets zu kurz sind und die Finger¬
spitzen die Ebene des Hüftgelenkes nicht erreichen,
Torgetriebenem Bauch, deutlicher Krümmung der
Lendenwirbelsäule," so charakteristisch und klinisch voll¬
kommen eindeutig das Krankheitsbild erscheint, wie es von älteren
und neueren Autoren als keineswegs seltener Befund beschrieben
wurde, so schwankend und vielfach missdeutet ist seit jeher seine
Stellung in der Pathologie und seine Beziehung zu anderen Skelett¬
veränderungen.
Obwohl die achondroplastische Skelettveränderung zu den am
längsten bekannten Krankheitsformen überhaupt gehört und nament¬
lich den alten Geburtshelfern bereits ein wohlbekannter geläufiger
Befund war, ist die klinische Seite der Affektion, die Nachbeob-
aebtung der überlebenden Achondroplasten, bis in die neueste Zeit
in der Literatur (besonders in der deutschen) sehr stiefmütterlich
behandelt.
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Die medizinisch-historische Forschung, wie sie auf diesem Ge¬
biete namentlich you der französischen Schule unter der Aegide
Charcot’s gepflegt wird und neuerdingB von Brissaud 14 ) emp¬
fohlen wurde, hat bereits verschiedene Anhaltspunkte dafür zutage
gefördert, dass das in Bede stehende Krankheitsbild seit alters her
wohlbekannt war.
Pernet 60 ) hat darauf aufmerksam gemacht, dass verschiedene
altägyptische Statuen des British Museum, besonders eine, die den
alten Gott Pthah vorstellt, diese Deformität zeigen (dagegen soll die
Figur des Gottes Bes, die Keyser 51 ) abbildet, einen Kretin vor¬
stellen). Charcot und Bichet 18 ) haben gezeigt, dass einige
Zwerge am Hofe Philipps IV., wie sie Yelasquez auf seinen
Gemälden verewigte, offenbar Mikromelen waren.
Noch weiter gehen Poncet und Leriche 81 ); sie behaupten,
dass ein Teil der Mikromelen die Spuren einer ausgestorbenen Pyg¬
mäenrasse repräsentiert, indem sie zwischen einer echten Achonr
droplasie und einer „Achondroplasie ethnique“ unterscheiden,
die letzteren Fälle wären also als atavistischer Bückschlag aufzufassen.
Die Autoren nennen die Akkas und Obongas als Typen von „physio¬
logischer hereditärer Rassen • Achondroplasie“. Dagegen wendet
Keyser mit Recht ein, dass diese Volksstämme zwar Zwerge, aber
vollständig proportioniert gebaute Zwerge sind.
Skelette von achondroplastischen Zwergen finden sich fast iq
allen anatomischen Museen. Auch das Wiener pathologisch-ana¬
tomische Museum besitzt zwei derartige Exemplare, die Kundrat
als Osteosclerosis und Osteoporosis congenita bezeichnet« (sie werden
auch Ton Breus und Kolisko besprochen).
Mehrere Autoren (Ballantyne 4 ), Poncet und Leriche u. a.)
haben das Vorkommen der Achondroplasie bei Tieren behauptet,
und zwar besonders beim Dachshund, Jagdhund und Ankonaschaf.
Die Abbildungen von Dachshunden mit allen den charakteristischen
Zügen ihrer Basse wurden schon auf ägyptischen Monumenten
(3400—2000 vor Christus) und auch auf altassyrischen Skulpturen
gefunden (Lovell 81 ), Darwin* 4 )). Die Auffassung der Dachs¬
hunde als Achondroplasten (missratene Jagdhunde) ist aber unhaltbar.
Man kann, wie Keyser ausfuhrt, nicht annehmen, dass in den
letzten 3000 Jahren alle Dachshunde mit einer Missbildung geboren
wurden. Bei der Untersuchung des Skelettes von Dachshunden
findet man keine Spur einer Knochenerkrankung. Auch das so¬
genannte Bulldog-Kalb, das immer tot zur Welt kommt, ist nicht
als Achondroplasie, sondern als eine Monstrosität aufzufassen. Bulldog-
39*
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ähnliche Missbildungen finden sich auch bei Fischen (Karpfen, Sahnen)
■und Reptilien.
Ein anderer Teil von Beobachtungen über angeblichen chondro-
dystrophischen Zwergwuchs bei Tieren beruht auf augenfälliger Ver¬
wechslung mit Kretinismus. Hierher gehört wahrscheinlich
die von Gurlt 88 ) an 4 Kälbern und einem Lamm beobachtete Miss¬
bildung, der „katzenköpfige Zwerg“, ferner die von Schütz 98 ) an
Skeletten neugeborener Kälber beschriebenen Veränderungen und
endlich die von H. Müller 68 ) und Eberth 88 ) gleichfalls an Kälbern
erhobenen, als kongenitale Rachitis bezeichnten Deformitäten, die
zum Ausgangspunkte für die Konfundierung des achondroplastischen
Prozesses mit den Prozessen der Athyreosis wurden. Uebrigens be¬
zeichnet Eberth selbst das eine der von ihm beschriebenen Kälber
als „Cretin“.
Die erste klare wissenschaftliche Beschreibung der Affektion
beim Menschen rührt aller Wahrscheinlichkeit nach von Somme-
ring") (1791) her.*) Ihm folgten Liston (1840), Virchow
(1862), H. Müller (1860), Scharlau (1867), Winkler (1871),
Kehrer, Urtel (1873), Fischer (1876) und Eberth (1879).
Die letztgenannten Autoren stellten bereits eingehende anatomische
Untersuchungen an, beschrieben die Affektion jedoch unter der irre¬
führenden Bezeichnung „kongenitale Rachitis“. Die meisten
der unter diesem Namen beschriebenen Fälle sind, wie spätere
Autoren gezeigt haben, als Achondroplasie aufzufassen, vielleicht mit
Ausnahme der Beobachtung von Barlow 6 ), bei der es sich um
fötalen Kretinismus gehandelt haben soll (Rankin und Mackay 88 )).
Die irrtümliche Bezeichnung und Auffassung verschwand erst all¬
mählich nach den Publikationen von Parrot, Kirchberg und
Marchand, Porak und Kaufmann (sie befindet sich noch
bei Scholz 1892). Bahnbrechend waren in dieser Richtung die
anatomischen Untersuchungen der beiden letztgenannten Autoren.
Erst seit Pierre Marie’s 64 ) Arbeit (1900) über Achondroplasie
beim Erwachsenen hat man auch der Klinik der Affektion grössere
Aufmerksamkeit zugewendet. Auf einem reichen Materiale basieren
die Arbeiten von Kassowitz 46 ) und Breus-Kolisko **).
Die Affektion wurde zuerst, wie erwähnt, als Rachitis
foetalis beschrieben, Eberth nannte sie Pseudorachitis¬
mus, Horsley fötalen Kretinismus, Schnchardt gleich-
*) Angaben über „fötale Rachitis 4 * finden sich freilich schon bei F. Glisson:
De rachitide sive morbo puerili, qui vulgo „thc rickets“ dicitur, tractatus. London.
II. Edition. 1660.
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613
falls fötalen Kretinismus mit Hemmung des Längen¬
wachstums, Kirchberg und Marchand Micromelia chon-
dromalacica, seit Parrot (Mitteilung an die anatomische Ge¬
sellschaft in Paris 1878) und Kaufmann werden allgemein die
Namen Achondroplasie und Chondrodystrophia foetalis
promiscue gebraucht. Kassowitz wählt den Ausdruck Mikro-
melie, weil „damit der auffallendste und konstanteste Charakter
der ganzen Affektion bezeichnet ist".
In der Mehrzahl der Fälle wurden die Kinder mit der in Rede
stehenden Skelettveränderung totgeboren oder lebten nur einige
Stunden oder Tage, doch ist, wie aus der neueren Literatur ersicht¬
lich, auch die Zahl der überlebenden Mikromelen eine nicht un¬
beträchtliche. Den ersten derartigen Fall scheint Parrot beob¬
achtet zu haben (7 1 /, jähriges Mädchen). Keys er hat in seiner
Tabelle 34 Fälle zusammengestellt, wir konnten diese Liste noch
um die Beobachtungen von Es che rieh 81 ), Bossi 12 ), Courtin 88 ),
Silberstein 97 ), Cantlie 18 ), Kassowitz 46 ) (7), Peln&f 77-78 ) (2),
Heveroch 41 ), Breus und Kolisko 18 ) (6), Cox 88 ), Melville
Dunlop 86 ), Swoboda 100 ), Fuchs 88 ), Rankin, Mackay,
Lunn*) und Cranke 86 ) (zusammen 3), Porter 84 ) (3), Emanuel 80 ),
Hay 87 ), Parhon und Marbe 74 )(2), Schüller und Berger 8 )
vermehren, so dass die folgende klinische Besprechung auf 71 der¬
artigen Fällen beruht. Die meisten Autoren berichten nur über
einen einzelnen Fall. Ausser den soeben speziell bezeichneten Beob¬
achtern verfügen noch über ein grösseres Material: Thomson (3),
Peloquin(4), "Wood und Hewlett (4), Marie, Poncet und
Leriche, Keyser (je 2).
Die Fälle sind also keineswegs extrem selten. So ist bei Zwergen,
welche sich öffentlich produzieren, manchmal der achondroplastische
Typus zu beobachten. Vor kurzem waren zwei derartige Zwerge —
offenbar Brüder — in einem Wiener Zirkus zu sehen; sie vollführten
athletische Kunststücke, wobei die ansehnliche Körperkraft seltsam
gegen die mangelnde Behendigkeit (kurze Beine) abstach. Fuchs
hat vor kurzem einen 26 jährigen mikromelen Athleten beobachtet
und darauf hingewiesen, dass diese Zwerge zur Athletik besonders
geeignet zu sein scheinen.
Unter den 71 zusammengestellten Fällen fanden sich 33 Männer
und 38 Frauen. Das häufigere Vorkommen der Affektion beim
weiblichen Geschlechte, das allerdings in dieser Zusammenstellung
*) Der Fall Lunn’s ist auch separat kurz mitgeteilt 68 ).
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614
nicht sehr deutlich ist, wurde von zahlreichen Autoren hervorgehoben.
Die 7 Fälle von Kassowitz hetrafen alle Mädchen im Kindesalter
(das jüngste war 4 Monate, das älteste 12 Jahre alt).
Der älteste Patient ist der von Porter (über 80 Jahre). Zwei
weitere Patienten desselben Autors (die Söhne des ersteren), ferner
die Patienten von Pelnär, Heveroch und Lunn waren über 50,
je ein Patient von Marie und Wood-Hewlett sowie die Patientin
von Pauly-Teissier über 40 Jahre alt. Unter den Patienten,
die ein höheres Alter erreichten, überwiegen also die
Männer bedeutend. Am zahlreichsten sind die kleinen Mädchen
vertreten; die jüngsten waren 5 Wochen (Silherstein), 2 Monate
(Morse), 4 Monate (Kassowitz), 5 Monate (Thomson) and
6 Monate (Escherich).
Keyser zählte 18 Fälle über 17, 7 über 30 und nur 2 über
40 Jahre. Unter den von uns zusammengestellten 71 Fällen waren
27 über 10 Jahre, 21 über 16 Jahre, 20 über 20 Jahre, 11 über 30,
6 über 40 und 6 über 60 Jahre alt.
Das grösste Material an lebenden Achondroplasten besitzt
Kassowitz, der eine Reihe von Kindern jahrelang beobachtet
und das Wachstum ihres Skelettes genau kontrolliert hat. Keyser
hat einen Fall durch ein Jahr beobachtet.
Bei ihrer mustergültigen klinischen Schilderung haben Rank in
und Mackay 85 ) die Symptome der Achondroplasie in
folgende 16 Punkte zusammengefasst: 1. kongenitaler Ur¬
sprung, 2. abnorme Wölbung des Schädels, 3. Depres¬
sion der Nasenwurzel, 4. Prognathie, 6. gestörte Ent¬
wicklung der langen Extremitätenknochen mit Ver¬
stärkung ihrer normalen Krümmung, 6. Rumpf normal
entwickelt, 7. verdickte Enden der Rippen und der
langen Knochen durch diaphysale und epiphysale
Veränderungen, 8. Verlagerung des Mittelpunktes
des Körpers über den Nabel, 9. charakteristische
Radspeichenform der Hände, „main en trident“,
10. Ueberschuss an Fettgewebe, 11. vorgetriebenes
Abdomen, 12. Lordose, 13. glatte geschmeidige Haut
und reichliche Haare an den gewöhnlichen Stellen,
14. normale Intelligenz, 16. Neigung zu anderen kon¬
genitalen Missbildungen.
Nach dem Schema dieser 15 Punkte sei im folgenden die
Klinik der Achondroplasie auf Grund der zusammengestellten
71 Fälle besprochen.
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615
ad 1) Die Affektion tritt stet9 kongenital auf, wodurch
sie sich wesentlich von der Rachitis unterscheidet. Nach den später
zu besprechenden anatomischen Untersuchungen entwickelt sie sich
gewöhnlich im dritten Monate des Fötallebens. Das Kind bringt
die Missbildung in voller Entwicklung mit zur Welt; bis auf die
relative Verkürzung der unteren Körperhälfte, die erst bei aufrechter
Körperhaltung deutlich zur Geltung kommt, zeigt der achondro-
plastdsche Säugling bereits alle charakteristischen Merkmale und be¬
hält dieselben zeitlebens, wenn ihm überhaupt eine längere Lebens¬
dauer beschieden ist. Niemals wurde im höheren Alter ein Zurück¬
geben der Erscheinungen, ein völliger Ausgleich der Skelettdeformi¬
täten beobachtet. Wenn man die Abbildungen des von Porter
beobachteten 80 jährigen Patienten und seiner beiden Söhne, daneben
irgend eine der zahlreichen Abbildungen von chondrodystrophischen
Kindern betrachtet, so zeigt sich eine förmliche Familienähnlichkeit
aller dieser Zwerge: der Gesichtsausdruck, die Stellung, die sie mit
Vorliebe einnehmen, verstärken noch die durch die Gleichartigkeit
der Skelettbaues bedingte Aehnlichkeit des Gesamteindruckes.
In zahlreichen Fällen wird ausdrücklich betont, dass die Geburt
vollständig normal vor sich ging; in den Fällen von Herzfeld 90 )
und Dawe 90 ) erfolgte eine Fraktur der unteren Extremitäten. Der
hydrocephalische Schädel scheint also hier nur selten eine Geburts¬
behinderung zu bedingen. Im Falle Salvetti’s 89 ) musste bei einer
33 jährigen Frau mit Hydramnios wegen Schmerzen die Frühgeburt
im achten Monate eingeleitet werden; das Kind war achondroplastisch.
Bode 10 ) hat schon daraufhingewiesen, dass die Ausstossung
achondroplastischer Früchte auffallend häufig vor dem normalen
Schwangerschaftsende stattfinde. Unter 17 Fällen, bei denen er
hierüber Angaben fand, betrug das Alter der Frucht 2 mal IV,
5mal VII, 3mal VIII, 2mal IX Monate; nur 3mal waren die
Früchte ausgetragen (2 mal findet sich nur die Bemerkung „nicht
ausgetragen“ ohne Bezeichnung des Monates).
Das häufige Auftreten von Abortus oder Frühgeburt zusammen
mit Hydramnios, grosser Placenta und anderen für Lues verdächtigen
Zeichen könnte die Annahme eines kongenital-syphilitischen Ur¬
sprungs der Knochen-Knorpelaffektion nahelegen, wenn nicht die
pathologisch-anatomischen Befunde in dieser Richtung völlig negativ
geblieben wären. Allerdings wurde Mikromelie auch zusammen mit
hereditärer Lues beobachtet (Birrenbach 9 )).
In den ersten Lebensjahren scheint die Gesundheit der Mikro-
melen eine sehr labile zu sein, viele gehen an interkurrenten
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Krankheiten zugrunde (Bronchopneumonie (Silberstein), kapillärer
Bronchitis (Es eher ich). Erreichen sie aber ein höheres Alter,
dann sind sie von ihrem Leiden bis auf die Entstellung fast gar
nicht belästigt, meist völlig gesund und imstande, ihrem Berufe
nachzugehen.
In relativ zahlreichen Fällen ist Heredität zu beobachten,
die Affektion betrifft mehr als ein Mitglied der Familie. Solche
Beobachtungen stammen von Feloquin (4 Geschwister, 2 Brüder,
2 Schwestern), Poncet und Leriche (Bruder und Schwester,
117 und 120 cm hoch), Porak und Boeckh. Lepage und
G u 6 n i o t° 9 ) sahen Achondroplasie bei 2 Müttern und deren Kindern;
letztere wurden durch Sectio caesarea entwickelt.
Einen interessanten Beitrag für das familiäre Vorkommen liefert
Porter 84 ). Er konnte die Affektion bei 6 Gliedern einer Familie
in 3 Generationen feststellen, sie trat nur heim männlichen Ge¬
schlechts auf; in diesen 3 Generationen wurde kein Mädchen er¬
zeugt Die von Porter abgebildeten Fälle betreffen einen 80jäh¬
rigen Bootsmann und seine beiden, über 50 Jahre alten Söhne. Der
3. Sohn, der ertrunken war, hatte die gleiche Deformität. Der alte
Mann hatte eine normale Frau, keine Töchter und einen Bruder,
der auch Mikromeie war, keine Schwestern. Auch der Vater des
alten Mannes hatte Achondroplasie, seine Frau war von normaler
Gestalt. Der 80jährige Mann und seine 3 Söhne hatten sich zeit¬
lebens als Bootsleute bei harter Arbeit ihr Brot verdient.
In einigen Fällen waren eines oder beide Eltern, ohne Miss¬
bildungen zu zeigen, sehr klein (2 Fälle von Poncet und Leriche 81 ),
1 Fall von K e y s e r). Andererseits wurden auch Mikromelen unter
mehreren normalen Geschwistern geboren (Fall II der von Bankin,
Mackay, Lunn und Cranke 80 ) beobachteten Fälle). Heredität
wird ja bekanntlich bei jeder Form des Zwergwuchses — auch bei
den echten proportionierten Zwergen — beobachtet. Im Falle
Boeckh’s war die Frau achondroplastisch, der Mann ein echter
Zwerg, es wurde durch künstliche Einleitung der Frühgeburt ein
achondroplastischer Fötus entwickelt.
Andrerseits wird in vielen Fällen — und es dürfte dies wohl
die Mehrzahl sein — ausdrücklich betont, dass die Ascendenz völlig
normalen Körperbau hatte. Von Interesse ist vielleicht die Tat¬
sache, dass hereditäre Momente gerade hei den überlebenden Achon-
droplasten weit häufiger eruiert werden konnten, während bei den
frühzeitig abgestorbenen achondroplastischen Föten dies ungleich sel¬
tener der Fall war.
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ad 2—4) Die 3 Symptome des Schädeskelettes: ab¬
norme Wölbung von hydrocephalischem Typus, Ein¬
senkung der Nasenwurzel und Prognathie sind einheitlich
bedingt durch eine frühzeitige Verknöcherung des Os
sphenoidale und der Schädelbasis, durch welche eine Ab¬
nahme in der Länge der Schädelbasis bewirkt wird. Der Processus
basilaris des Hinterhauptbeines und die beiden Partien des Körpers
des Os sphenoidale bilden zusammen den Teil der Schädelbasis, den
Sömmering (1791), „Grundbein“, Virchow Os tribasilare
genannt hat. im fötalen Leben sind diese 3 Partien durch Syn-
chondrosen getrennt, welche bei der Geburt nur teilweise ossifiziert
sind (Kaufmann). Die Synchondrosis interspbenoidalis ist bei
der Geburt oder bald darauf verknöchert, die Synchondrosis spheno-
occipitalis jedoch bleibt bis ungefähr zum 13. Lebensjahre offen,
vollständige Synostose tritt nicht vor dem 18.—20. Jahre ein.
Kaufmann konstatierte die tribasilare Synostose in 6 von seinen
13 Pällen.
Durch die abnorme Wölbung ist der Schädel disproportioniert
gebaut. Der Umfang des Schädels in toto ist meist nicht exzessiv
vergrössert, jedoch der Querdurchmesser gewöhnlich deutlich ver-
grössert; so betrug er im Falle von Hank in und Mackay, von
der Spitze des einen Processus mastoideus bis zum anderen ge¬
messen, 38 cm (gegenüber 36,8 cm bei dem gleichaltrigen normalen
Kinde). Im späteren Lebensalter scheint ein geringgradiger Aus¬
gleich der Disproportionalität des Schädels Platz zu greifen.
Auch die Einsenkung der Nasenbasis beruht also auf der
prämaturen Synostose an der Schädelbasis und nicht, wie bei kon¬
genitaler Syphilis, auf einer Knochen-Knorpelerkrankung.
Neben der tribasilaren Synostose konstatierten Breus und
Kolisko an dem Skelett eines mit Achondroplasie behafteten In¬
dividuums auch eine Synostose der Knochenkerne der Wirbelkörper
mit den Bögen.
Die Bildung der Knochenkerne und die Verknöcherung der
Knorpelfugen sind nach Kassowitz niemals verzögert, wohl aber
in manchen Fällen entschieden verfrüht; es wurden verknöcherte
Synchondrosen an der Schädelbasis selbst bei Neu- und Frühgeborenen
gefunden.
ad 5) Die Veränderungen an den langen Böhren¬
knochen äussern sich in Verkürzungen und Verbiegungen
derselben. Besonders Humerus, Badius und Ulna sind sehr kurz
und dick (die Clavicula fast immer normal); die Krümmung der
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618
Extremitätenknochen ist häufiger an den oberen als an den unteren
Extremitäten, sie ist überhaupt kein sehr konstantes Symptom und
gewöhnlich nur eine leichte (Turner, Keyser). Immerhin ist
der Gang der achondroplastischen Zwerge häufig ein unbeholfener,
watschelnder.
In den meisten Fällen ist das normale Verhältnis der Länge
des Oberarmes zu der des Vorderarmes umgekehrt: der Vorderarm
ist länger als der Oberarm. Nach Keyser ändert sich dieses Ver¬
hältnis jedoch mit dem Alter. Unter 26 Fällen seiner Tabelle war
der Vorderarm 13 mal länger, 4 mal gleich lang wie der Oberarm.
Nach dem Alter ergaben sich folgende Differenzen (in Centimetern):
Fälle unter 20, Fälle über 20 Jahre
Vorderarm länger als Oberarm 8 5
„ kürzer „ „ 5 4
beide gleich lang 3 1
Für die unteren Extremitäten stellte Keyser in 23 Fällen
folgende Verhältnisse fest:
Fälle unt. 20, Fälle üb. 20 Jahre
Unterschenkel kürzer als Oberschenkel 9 5
„ länger „ „ 5 4
Genaue Messungen des Skelettes in den Fällen von Rankin
und Mackay und Porter, die mit den Massen gleichaltriger
Individuen verglichen wurden, ergaben folgende Längendiffe¬
renzen gegenüber der Norm (in Centimetern):
6jähr. Knabe üb. 50jähr. Mann
Acromion bis z. Condylus externus
8,89
6,1
Radius
6,03
7,97
Spina anterior superior bis zum
Malleolus internus
38
34,31
Im Falle von Fuchs 88 ) (26jähriger Athlet) betrug die Ver¬
kürzung der Beine gegenüber der Norm 44 cm, die der Arme 27 cm.
(Fortsetzung folgt.)
n. Referate.
A. Gehirn, Meningen.
Ueber den elementaren Bau des Nervensystems. Von Eduard
Pflüger. Pflüger’s Archiv f . d. gesamte Physiologie, Bd. CXII, 1. Heft.
Der bekannte Physiologe unterzieht in dieser sehr lesenswerten Arbeit
die Neuronentheorie einer scharfen Kritik und kommt zu dem
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Schlosse, dass das gesamte Nervensystem mit den unter seiner Herrschaft
stehenden Organen ein unteilbares System, ein Individuum darstellt und
nicht aus einer Vielheit getrennter Einzelwesen besteht.
Bernh. Fischer (Bonn).
Ueber explorative Hirnpunktionen nach Schädelbobrung zur Dia¬
gnose von Hirntumoren. Von B. Pfeifer. Archiv f. Psychiatrie,
Bd. XLE, 2. Heft.
Die zu diagnostischen Zwecken ausgeführten Hirnpunktionen, die
N ei ss er und Po Hack zuerst in systematischer Weise an einem
grosseren und vielgestaltigen Krankenmaterial vorgenommen hatten, ver¬
sprechen zweifellos eine erhebliche Förderung der Diagnostik und Therapie
auf dem Gebiete der Hirnkrankheiten. Verf. hat diese Versuche an dem
reichen Material der Hallenser psychiatrischen Klinik fortgesetzt und ist
dabei zu höchst bemerkenswerten und interessanten Resultaten gekommen.
Bezüglich der Technik der Hirnpunktion und der kranio-cerebralen Topo¬
graphie und der Wahl der Punktionsstellen für die einzelnen Gehirn¬
abschnitte muss auf die Arbeit selbst verwiesen werden. Hier sei nur
hervorgehoben, dass die Punktionen in der Regel eine allgemeine Nar¬
kose nicht erforderlich machen und stets sehr gut vertragen wurden.
Nur in einem Falle wurde die durch einen vom Siebbeine ausgehenden
Tumor hochgedrängte Arteria corporis callosi verletzt, was den Exitus
zur Folge hatte. An 20 Fällen wurden 89 Hirnpunktionen ausgeführt.
Die Punktion ergab in 6 Fällen Flüssigkeit, unter ihnen 2 mal aus cystisch
degenerierten Tumoren. Ein durch Tumoren bedingter abnormer Wider¬
stand beim Einführen der Punktionsnadel wurde in 5 Fällen beobachtet.
In 10 Fällen wurde durch die mikroskopische Untersuchung des bei
der Punktion gewonnenen Materials die Diagnose Hirntumor gesichert
und in ö Fällen durch die Operation, in 4 Fällen durch die Obduktion
noch bestätigt. Die Diagnose der Art des Tumors liess sich aus dem
Punktat 7 mal stellen. Bezüglich der Ausdehnung und Tiefe des Sitzes
der Geschwülste wurden wertvolle Aufschlüsse gewonnen. Ein Vergleich
der durch die klinische Untersuchung und der durch die Hirnpunktion
erhaltenen diagnostischen Resultate ergab, dass mittels der letzteren
eine weit exaktere Diagnose der Lokalisation, der Geschwulstart sowie
der Ausdehnung und Tiefe des Sitzes der Hirntumoren ermöglicht wird.
Mehrere Fälle beweisen ferner noch, dass durch die Punktionen und
darauf folgende Entleerungen von Cysten und Ventrikelflüssigkeit günstige
therapeutische Resultate erzielt wurden.
Die grosse Bedeutung dieser Himpunktionen geht daraus hervor,
dass es in den zur Operation gekommenen Fällen nicht nur gelang, eine
richtige Lokaldiagnose zu stellen, sondern auch in den meisten Fällen
über die Geschwulstart sowie über die Ausdehnung und Tiefe des Sitzes
der Tumoren schon vor der Operation ein Urteil zu gewinnen, was auf
dem Wege der klinischen Untersuchung allein niemals möglich gewesen
wäre. Ein Vergleich der erzielten Resultate sowohl mit den zusammen¬
fassenden grossen Statistiken der bisher operierten Fälle von Hirntumoren
als auch mit den Einzelerfahrungen der berühmtesten Autoren auf diesem
Gebiete ergibt demnach, dass die mit Hilfe der Hirnpunktion erzielten
Erfolge alle früheren beiweitem übertreffen.
v. Rad (Nürnberg).
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620
Zwei Fälle von Hirntumor, Von Tilman. Deutsche Zeitschr. f.
Chir., Bd. LXXXV.
Verf. tritt für eine häufigere operative Therapie bei Hirngeschwülsten
ein, einerseits mit Rücksicht auf die bei sogenannten Palliativtrepanationen
auch ohne Entfernung des Tumors beobachtete Besserung, andererseits
auch deshalb, weil oft die Probetrepanation die Operabilität eines für
inoperabel gehaltenen Tumors erweist. Letzteres beweist ein vom Verf.
beobachteter und mitgeteilter Fall, bei welchem die palliative Trepanation
die Radikalentfernung eines Stirnhirnglioms im Gefolge hatte. In. dem
2. angeführten Falle handelte es sich um einen Kleinhirntumor mit Ver¬
legung des Einganges des IV. Ventrikels, bei welchem Kraniektomie mit
Punktion des Ventrikels mit Erfolg ausgeführt wurde.
Victor Bunzl (Wien).
Ueber Operationen in der hinteren Schädelgrube incl. der Operationen
der Tnmoren am Kleinhirn-BrttckenWinkel, Von M. Borchardt.
Arch. f. kl. Chir., Bd. LXXXI, II. Teil.
Die bisher bei Kleinhirnoperationen beobachteten Resultate sind
recht unbefriedigend und gründen sich hauptsächlich auf 2 Momente:
Schwierige Lokaldiagnose und mangelhafte Technik. Verf. gibt eine
eingehende Schilderung der von ihm geübten Methode zur Freilegung
der Kleinhimhemisphären. Sehr schwierig gestaltet es sich oft, die
Blutung aus den Knochenemissarien zu stillen, zu welchem Zwecke
unter Umständen Elfenbeinnägel verwendet wurden. Der Knochen wird
in möglichst grosser Ausdehnung zwischen den Sinus entfernt, die Dura
inzidiert und in Form eines viereckigen Lappens zurückgeschlagen. Zur
Freilegung beider Hemisphären wird beiderseits eine Knochenpartie ent¬
fernt und schliesslich nach Ablösung des Sinus longitudinalis von der
in der Mitte Testierenden Knochenspange auch diese durchtrennt. Nach
Eröffnung der Dura wird durch Probepunktion, eventuell durch Sektions¬
schnitt der Befund festgestellt und der entsprechende Eingriff vorge¬
nommen. — Prolaps des Gehirnes zwingt oft zur Abtragung einzelner
Stücke desselben, welche Methode der Ventrikelpunktion vorzuziehen
ist. Verf. hält natürlich unter gewissen Voraussetzungen, die er ein¬
gehend erörtert, sowohl Gummata als auch Tuberkel des Kleinhirns für
operabel; sehr günstig sind seine Resultate bei der Behandlung von
Kleinhirncysten. Ferner berichtet Verf. über ein Material von 101
echten Tumoren, Gliomen, Gliosarkomen usw., das 12 Heilungen auf¬
weist, sowie über die Geschwülste des Kleinhirn-Brückenwinkels, deren
Entfernung sehr grosse technische Schwierigkeiten bietet. Meist vom
Acusticus ausgehend, bilden sie verhältnismässig gutartige Geschwülste,
die aber doch wegen Gefahr der Erblindung operative Entfernung er¬
heischen. — Die grösste Gefahr dieser Operation liegt in der unmittel¬
baren Nähe des Vagus und der Medulla oblongata, eine grosse Schwierig¬
keit ferner in der schweren Zugänglichkeit des Operationsgebietes. Zur
Erleichterung dieser Operation ist es unter Umständen erlaubt, Stücke
des Kleinhirns abzutragen, doch darf nur im äussersten Notfälle bis zur
Entfernung einer ganzen Hemisphäre geschritten werden. Schliesslich
erwähnt Verf. den Wert der sogenannten dekompressiven Trepanation
mit Inzision der Dura, die insbesondere bei Meningitis serosa schöne
Heilerfolge aufweist. Victor Bunzl (Wien).
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621
On the elinical aspects of metaatases to the central nervous System
and other parts in malignant disease of the yiscera. Von C. 0.
Hawthorne. Lancet, 11. Mai 1907.
ln vielen Fällen von Metastasen infolge Carcinoma der Lungen ist
der Symptomenkomplex ein wenig deutlicher; die klinischen Schwierig¬
keiten fuhrt Osler auf folgende Ursachen zurück: 1. macht die primäre
Geschwulst wegen ihrer geringen Grösse oft keine oder nur unbestimmte
Symptome; 2. wenn auch der primäre Tumor diagnostiziert und entfernt
wurde, so kann das Intervall zwischen diesem und den Metastasen so
gross sein, dass die gegenseitige Beziehung übersehen wird; 3. werden
die Symptome namentlich beim Sitz der Metastasen im Bückenmark oft
als funktionelle Störungen angenommen. Oft geschieht es bei sekun¬
därem Carcinom der Leber, dass weder Anamnese noch physikalische
Zeichen für die Existenz eines primären Tumors sprechen. Oft kommt
es auch vor, dass die primäre Geschwulst in den Lungen, der Pleura
oder der Harnblase liegt, die sekundäre im Centralnervensystem oder
im Knochen; dann ist die primäre Geschwulst beim Fehlen sicherer Sym¬
ptome leicht zu übersehen, während die Folgen der Metastasen falsch
gedeutet werden.
Andauernde Schmerzen im Bücken oder im Verlauf eines oder
mehrerer Spinalnerven müssen bei längerem Bestände immer Verdacht
erregen, denn der sichere Nachweis einer Metastase im Nervensystem
lässt sich in der Begel erst kurze Zeit vor dem Exitus erbringen.
Fall 1. Die Patientin, eine 37 Jahre alte Frau, erkrankte im
Juli 1905 an Pleuritis der linken Seite. Während das Exsudat sich
langsam zurückbildete, traten Schmerzen in den unteren Extremitäten
auf, die oft nur durch Morphin gemildert werden konnten; im Dezember
traten Sprach- und Intellektstörungen hinzu und es entwickelte sich
beiderseitige Neuritis optica. Exitus am 8. Januar 1906. Es bestanden
Carcinom im unteren Drittel der linken Lunge und einzelne, zerstreute
Knötchen in der Leber; in den weichen Hirnhäuten waren einzelne,
lokalisierte Hämorrhagien, die grösste über der rechten Bolandischen
Windung, die sich in den Sulcus und z. T. in die Gehirnmasse fort¬
setzte, eine kleinere war über dem linken Scheitellappen. Das Bücken¬
mark konnte nicht untersucht werden, doch lässt sich aus den Schmerzen
auf eine Metastase in diesem oder in den hinteren Wurzeln schliessen,
obwohl die Sehnenreflexe stets normal waren. Die Neuritis optica mag
durch Drucksteigerung infolge der Blutung entstanden sein.
Fall 2. Eine 39 Jahre alte Frau litt seit 2—3 Monaten an hef¬
tigen Kopfschmerzen, zu denen Sehstörungen hinzutraten. Anamnestisch
gab sie an, dass sie seit Jahren alle 2 Monate blutigen Urin entleere.
Es bestand Diplopie, nach 14 Tagen Funktionsstörung im Bectus ext.
beider Augen sowie beiderseitige Neuritis optica; der Urin enthielt
Blut, doch keine Cylinder noch Nierenelemente. Unter zunehmenden
Kopfschmerzen und Erbrechen starb Patientin nach 4 wöchentlicher Be¬
handlung. Am Fundus der Blase bestand ein maligner Tumor, des¬
gleichen in der Binde des linken Scheitellappens und kleine Knötchen
in der Bindensubstanz beider Hemisphären sowie in beiden Lungen.
Die Parese des 6. Hirnnerven war offenbar die Folge der allgemeinen
Drucksteigerung.
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622
Fall 3. Patient hatte bereits eine Operation wegen maligner Er¬
krankung des Darmes überstanden und klagte kurz darauf, nach der
rechten Seite nicht blicken zu können, offenbar infolge von Metastase
in der linken Hälfte des Gesichtscentrums im Occipitallappen. Es be¬
stand keine Neuritis optica.
Fall 4. Die Diagnose lautete auf maligne Erkrankung an der
linken Lungenbasis. Nach einiger Zeit traten ein plötzlicher, heftiger
Schmerz in der linken Hüfte und Druckschmerz gegen den Femurhals
ohne nachweislichen Tumor auf. Nach 3 Monaten Exitus letalis. Die
Diagnose auf maligne Erkrankung der Lunge wurde durch das Auftreten
der Metastase gefestigt. Herrnstadt (Wien).
Ein Fall von Hefeinfektion (Saccharomykose) der Meningen. Von
W. Türk. Deutsches Archiv f. klin. Medizin, Bd. XC, 3./4. Heft.
Der klinisch und pathologisch - anatomisch eingehend beobachtete
Fall verlief völlig unter dem Bilde einer tuberkulösen Meningitis, bis
auf den Umstand, dass die Patientin volle 4 Wochen mit den wohlaus-
gebildeten Symptomen einer Meningitis krank lag und sich trotzdem
relativ gut befand. Die mehrfach intra vitam ausgeführte Lumbal¬
punktion ergab immer reichliche Sprosspilze, die sich in allen ihren
Einzelheiten als typische Hefe darstellten. Die Sektion ergab keinerlei
charakteristische Veränderungen: dünne glatte Dura, weiches Gehirn
mit leichtem, etwas getrübtem Hydrocephalus, etwas trübem Oedem in
den Meningen der Sylvi’schen Spalte. Die bei der Sektion steril ent¬
nommene Ventrikelflüssigkeit ergab denselben mikroskopischen Befund
wie die Lumbalpunktate. Kulturell stimmte die Hefe mit den bekannten
pathogenen wilden Hefen überein, bis auf ihre Unfähigkeit, Trauben¬
zucker zu vergären. Verf. ist überzeugt, dass nur die ausschliessliche
Lokalisation in den Meningen die Ursache des Fehlens von Tumoren in
dem vorliegenden Falle ist. Verf. betrachtet als Eingangspforte die
Mund-Bachenhöhle, in der bei der Sektion trockene gelbweisse Auflage¬
rungen bis hinunter an die Cardia gefunden wurden, welche als Sprosspilz¬
verbände erkannt wurden und mikroskopisch und kulturell identisch mit
den in der Cerebrospinalflüssigkeit gefundenen Hefen waren.
Baubitschek (Wien).
B. Magen.
Acute dilatatlon of the stomach and intestines in a case of mul¬
tiple peripheral neuritis. Von F. Parkes Weber. The Edin-
bourgh med. Journ., April 1907.
Ein 60 jähriger Wachmann, der plötzlich unter heftigen Schmerzen
und Schwellungen der Extremitäten erkrankt war, hatte Gefühl von Ameisen¬
laufen und spitzen Nadeln in den Fingern, Händen und Füssen. Potus in
grossem Masse zugegeben. Herz-und Lungenbefund normal. Abdomen stark
aufgetrieben. Die oberen Extremitäten zeigen Parese geringen Grades, An¬
ästhesie. Die unteren Extremitäten sind ebenfalls paretisch; die Poplitaal-
muskulatur zeigt Paralyse. Patellarreflexe fehlen. Der Blasen- und Darm-
sphinkter nicht affiziert. Pat. erhält Strychnininjektionen. Der Zustand
bessert sich nicht. Eine Woche später Auftreten von Schmerzen in der Um-
bilikalgegend, Erbrechen. Im Erbrochenen nachweisbares Blut. Das Ab-
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domen schwillt mehr auf. Per rectum kein abnormer Befund. Er¬
brechen sistiert nicht. Man denkt an acute Pankreatitis. Unter plötz¬
lichem Collaps Exitus vor einem operativen Eingriff. Bei der Obduktion
finden sich enorm dilatierte Dünndarmschlingen und der Magen erfüllt
mit Gasen. Die Magenschleimhaut anämisch, pigmentiert, verdickt, zeigt
chronischen Magenkatarrh. Als Ursache der Blutung findet sich Vari-
cositas oesophagi et pharyngis. Pankreas, Nieren, Milz, Nebenniere
zeigen keine besonderen Veränderungen. Die Leber zeigt cirrhotische Ver¬
änderung. Verf. erscheint es nun sehr wahrscheinlich, dass eine Neuritis
n. vagi auch Vorgelegen ist, die zur Paralyse des Intestinaltraktes ge¬
führt hatte, wahrscheinlich auch zur Herzparalyse und so zu diesem plötz¬
lichen Exitus geführt hatte. Leopold Isler (Wien).
A case of congenital diyerticulum of the stomach and duodenum
in a physiological honr glass stomach. Von W. A. Horrocks.
Lancet, 11. Mai 1907.
Die Patientin war infolge einer Schusswunde in den Kopf, die sie sich
in selbstmörderischer Absicht beigebracht hatte, innerhalb weniger Minuten
gestorben. Der Magen lag quer gegen die rechte Seite, der Pylorus
war völlig unter der Leber verborgen. In der Mitte der grossen Curvatur
war eine Einschnürung, die den Magen in 2 fast gleiche Hälften teilte,
an dieser Stelle bestand eine ca. 2 x / a Zoll lange Falte, welche dicker
war als die Wand des Magens. Ferner fanden sich an der grossen Cur-
vatur, ausgehend vom Pyloruskanal, ein 1 / 2 Zoll langes Divertikel und
ein ähnliches etwas kleineres an der oberen Duodenalwand. Nach Er¬
öffnung des Magens konnte gerade der Daumen die Stelle der Konstrik¬
tion passieren, während der Pylorus bloss für die Spitze des kleinen
Fingers durchgängig war. Die Mündung des Magendivertikels hatte den
Umfang des Zeigefingers; das Duodenaldivertikel liess an seiner Mündung
einen verdickten Gewebsring erkennen, der s / 4 Zoll im Durchmesser und
8 / 4 Zoll in der Lauge mass. Es bestanden weder Adhäsionen noch
Zeichen von Entzündung; beide Divertikel waren von mucöser Membran
&u8gekleidet, die Mucosa des Magens war leicht injiziert und im Bereiche
der Konstriktion in zahlreiche, dicke Längsfalten gelegt, desgleichen war
die muskuläre Schichte am Eingang beider Divertikel stark verdickt.
Diese Divertikel unterscheiden sich von den erworbenen dadurch,
dass sie sämtliche Schichten des Magens erkennen lassen und manchmal
noch glanduläres Gewebe enthalten. Weichselbaum fand in einem
Falle am Boden des Divertikels ein hanfkomgrosses Knötchen mit der
Struktur des Pankreas und an der vorderen Duodenalwand eine acces-
aorische Pankreasdrüse, die durch Serosa gedeckt war. Die Konstriktion
entsteht nach Cunningham durch lokale spastische Kontraktion der
Muscularis, welche an der physiologischen Grenze des Magens in die
cardiale und pylorische Portion sich bildet.
Herrnstadt (Wien).
Klinisch - experimentelle Untersuchungen zur Frage der acuten
Magenerweiterung. Von W. Braun und H. Seidel. Mi tteilungen
aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, Bd. XVII, 5. Heft.
Auf Grund der einschlägigen Literatur, einer Reihe von Selbst¬
beobachtungen am Eirankenbette und experimentellen Untersuchungen
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kommen Verf. zu dem Schlüsse, dass die acute Magenerweiterung ein
Ausdruck und Folgezustand der acuten Mageninsufficienz sei, die eben¬
sowohl einen bis dahin gesunden, wie einen chronisch kranken oder ge¬
schwächten Magen betreffen kann. Die acute motorische Insufficienz
eines bis dahin gesunden Magens ist in der überwiegenden Mehrzahl der
Fälle von funktioneller, nicht mechanischer Natur, wobei hauptsächlich
Innervationsstörungen in Betracht kommen. Die Insufficienz und Dila¬
tation können auch ohne Vorhandensein eines disponierenden Momentes
bei gesundem Magen durch brüske Diätfehler oder durch abnorme Zer¬
setzungen der Ingesta bedingt sein. Während bei den leichteren Formen
das Allgemeinbefinden kaum gestört ist, machen die Patienten bei
schwereren Formen einen äusserst kranken Eindruck, verfallen rasch,
sind unruhig, aufgeregt, die Atmung ist dyspnoisch und oberflächlich, der
Puls häufig beschleunigt und klein. Quälender, unstillbarer Durst neben
Ueblichkeiten und Druckgefühl in der Oberbauchgegend. Häufig besteht
heftiges Erbrechen. Die Prognose ist recht ernst.
Der Schwerpunkt aller Bestrebungen soll nicht in der Behandlung,
sondern in der Verhütung extremer Grade liegen.
H. Raubitschek (Wien).
Fall af bnkkontusion direkt förorsakande ventrikelhernia. Von
J. Borelius. Hygiea, N. F., Sept. Lunds läkaresällskaps förhand-
lingar, S. 101.
Ein 32 jähriger Mann bekam einen heftigen Schlag durch einen Karren¬
arm auf den Bauch. Er wurde nicht ohnmächtig, aber verspürte heftige
Schmerzen und wurde völlig kraftlos. Bei der Aufnahme war er kolla¬
biert, ohne Erbrechen und bei vollem Bewusstsein. Als er nach einigen
Tagen sich erholt hatte und auf stand, beobachtete man rechts und unter¬
halb des Nabels eine gänseeigrosse reponible Geschwulst; da dieselbe
nicht verschwand, Operation, bei der Verf. in einer subkutanen Höhle
teilweise festgewachsenes Omentum fand, das durch eine Ruptur des Peri¬
toneums, des Rectus und dessen Scheiden in einer Ausdehnung von
4 cm hervorgetreten war. Nach Verf. ist eine so scharf begrenzte Ruptur
eines vorher völlig gesunden Rectus sehr ungewöhnlich.
Köster (Gothenburg).
Die chirurgische Therapie des Magenulcus. Von v. Eiseisberg.
Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie. Bd. XVI,
1. Heft.
Strittig in der Behandlung der benignen Magenaffektionen (gutartiger
Prozesse des Pylorus) ist die Frage, ob und wann beim blutenden Ulcus
sowie beim callösen Magengeschwür operiert werden soll und welcher
Eingriff im gegebenen Falle je nach der Lage des Ulcus der zweck-
mässigste ist. Verf. beantwortet alle diese Fragen auf Grund seiner
überreichen Erfahrung und empfiehlt bei der Perforation sofortige La-
paratomie und Versorgung der Perforationsöffnung. Bei Hämorrhagien
mässigen Grades seien blutstillende Mittel angezeigt (Gelatine), aber auch
während einer schweren Blutung wäre es angezeigt, mit inneren Mitteln
gegen dieselbe anzukämpfen. Anders steht es, wenn die schwere Blutung
vorbei ist oder wiederholt einsetzende alarmierende Blutungen den
Patienten immer mehr und mehr heruntergebracht haben, so dass von
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einer exspektativen Therapie nichts mehr zu erwarten ist. Hier heisst
es operativ Vorgehen. Nach einer kritischen Sichtung der einschlägigen
Methoden unter Anführung mehrerer Krankengeschichten spricht Verf.
von dem sog. Pylorospasmus. Klinisch handelt es sich um Schmerzen,
Gefühl von Völle, Aufstossen, Erbrechen, Retention usw., so dass diese
Kranken meist lange Zeit hindurch vergeblich behandelt werden, bis
sie zum operativen Eingriff drängen. Die Operation ergibt entweder
vollkommen normale Verhältnisse am Magen oder höchstens einen etwas
derberen, im übrigen aber gesund erscheinenden Pylorus. Verf. erachtet
zur Behandlung solcher Fälle die Gastroenterostomia retrocolica posterior
als die zweckmässigste Methode. H. Raubitschek (Wien).
lieber die Operation der perforierten Magengeschwüre. Von
Noetzel, v. Bruns Beitr. z. klin. Chir., Bd. LI, 2. Heft.
Die Beobachtung umfasst 16 Fälle, von denen 9 geheilt und 7 ge¬
storben sind. In allen Fällen handelte es sich um Perforation in die
freie Bauchhöhle. Bei 2 Fällen zeigte sich 3, bzw. 3 1 / 2 Stunden nach
der Perforation noch keine Peritonitis; einer von ihnen starb trotz Operation
im Perforationscollaps; die anderen 4 in den ersten 10 Stunden Ope¬
rierten wurden geheilt. Von 3 Kranken, die etwa 24 Stunden nach
der Perforation operiert wurden, lauter junge Leute, starben 2, einer
wurde geheilt. 3 Kranke, die etwa 40 bzw. 53 Stunden nach der Per¬
foration operiert wurden, wurden geheilt. Die nach 3 mal 24 Stunden
oder später Operierten starben alle. Einen Fall ausgenommen, war die
Todesursache stets Peritonitis. Die Magennaht löste sich in einem Fall.
Sitz des Geschwürs war 5 mal die kleine Kurvatur, 6 mal die Vorder¬
wand, 3 mal Pylorus, niemals die Hinterwand. In 9 Fällen war die
Perforation bis linsengross, 5 mal bis markstückgross. 8 mal wurde die
Diagnose richtig, 3 mal unsicher, 3 mal falsch gestellt. Das Ulcus wurde
2 mal übernäht, die übrigen Male exzidiert; 3 mal wurde beim Sitz des
Geschwürs am Pylorus Gastroenterostomie hinzugefügt. Das wichtigste
Moment für die Prognose ist der Zeitraum zwischen Perforation und
Operation und der Gesamtzustand des Kranken. Nach der Operation
kommen prognostisch in Betracht der Perforationscollaps, die Infektion
der Bauchhöhle und das etwaige Auf gehen der Nähte des Geschwürs.
Die Diagnose der Ulcusperforation beweist den nach N.’s Ansicht
richtigen Satz, dass alle Bauchdiagnosen unsicher sind. Sehr wichtig
für die Diagnose ist eine gute Anamnese. Das peritoneale Reibegeräusch
ist natürlich bei brettharten Bauchdecken nicht festzustellen und bei
stärkerer Auftreibung wertlos. Es ist keineswegs für die erste Zeit
nach der Perforation charakteristisch, dass die Bauchdecken lokal über
dem Magen oder allgemein gespannt sind und dass der Puls eher ver¬
langsamt, jedenfalls nicht beschleunigt ist. Auch hier werden nur die¬
jenigen Chirurgen dauernd vor Unterschätzung der Fälle und vor ver¬
säumten Operationen bewahrt, die grundsätzlich in acuten Fällen mit
peritonitischen Symptomen auch bei unsicherer Diagnose und zweifel¬
hafter Sachlage die Verantwortung einer therapeutisch unnötigen, aber
unschädlichen Probelaparotomie der Verantwortung des Abwartens und
längerer Beobachtung vorziehen. Deutlichen Symptomen von seiten des
Peritoneums liegt immer eine Erkrankung zugrunde, die der operativen
Behandlung bedarf. Eine Spontanheilung des perforierten Geschwürs
Centralblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 40
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ist sehr selten. Sie erfolgt höchstens durch Verklebungen, ohne dass
das Geschwür selbst heilt, und macht oft Nachoperationen nötig. Thera¬
peutisch kommt nur die sofortige Operation in Betracht. Wer das
Abklingen des Shocks abwarten will, soll wenigstens operieren, wenn
die Erscheinungen zunehmen. Wenn irgend möglich, soll das Ulcus
nicht einfach übemäht, sondern exzidiert werden. Man darf freilich
nicht den ganzen infiltrierten Teil der Magenwand exzidieren wollen,
weil dann das entstehende Loch zu gross ist. Muss man die Naht in
sehr morschem Gewebe ausführen, so ist es zu empfehlen, die Jejuno-
stomie zur völligen Entlastung des Magens hinzuzufügen. Die Bauch¬
höhle wird gründlich gespült, drainiert und tamponiert. Die Perforationen
erfolgen nur in alten Geschwüren, die in der Ausheilung sind und sich
verkleinert haben; daher sind sie meist klein. Sind sie grösser, so
waren gewöhnlich vorher Verklebungen mit Nachbarorganen vorhanden.
Die Perforation ist von einer Infiltrationszone von runder oder ovaler
Form, von Fünfmarkstück- bis Handtellergrösse und mehr umgeben.
Bösartiger als die Magenperforationsperitonitis ist nur die nach Dünn¬
darmperforation. Sie ist bösartiger als die meisten Fälle von Pyosal-
pinx- und Blinddarmperitonitis. Ihre schleichende Entwicklung macht
die Diagnose und Indikation viel schwieriger als bei fast allen anderen
Peritonitiden. Nach 7 Stunden schon fand sich eine ausgebildete Peri¬
tonitis mit Fibrinbelägen und serös-eitrigem flüssigem Exsudat; es scheint
für diese Peritonitiden charakteristisch zu sein, dass sich ein reichliches
flüssiges Exsudat bildet. Vom 2. Tag ab ist das Exsudat dick eitrig.
In den ersten 24 Stunden pflegt es sauer zu riechen, später ist es ge¬
ruchlos. Nach 48 Stunden pflegt kein Gas mehr in der Bauchhöhle zu
sein, auch lässt sich dann gewöhnlich kein Mageninhalt mehr in der
Flüssigkeit erkennen. Durch die chemische Einwirkung des Magensaftes
wird das Peritoneum schneller geschädigt als z. B. bei Dünndarm- oder
Wurmfortsatzperforation und infolgedessen sitzen die Infektionsträger
viel fester. Durch die Menge des ausgetretenen Stoffes wird die Bauch¬
höhle schnell überschwemmt und es kommt leicht zu Senkungen. Die
häufig angegebenen Schmerzen in der Heocökalgegend, die gerne zu Fehl¬
diagnosen führen, sind wohl auch auf Senkung des Mageninhalts nach
dieser Stelle zurückzuführen. Fester und breiiger Mageninhalt tritt
weniger leicht aus, infiziert die Bauchhöhle nicht so schnell und ist
leichter zu entfernen als flüssiger. Der Salzsäuregehalt spielt für die
Infektiosität keine grosse Rolle. Kleine Perforationen werden häufiger
gerettet als grosse, weil die letzteren nur in alten Geschwüren Vor¬
kommen und die Kranken dann zu sehr geschwächt sind. Die Dauer¬
erfolge waren bei den Geretteten durchwegs gut. In einem Falle zeigte
die spätere Sektion eine lineare Narbe nach der Exzision und Naht.
Somit beseitigt die Operation die Recidivgefahr (was schon mehrfach
widerlegt ist) und die Gefahr der Carcinomentwicklung (wogegen die
grosse Erfahrung Krönlein’s spricht). Bei Narbenstenose des Pylorus
ist die Pylorusresektion auszuführen, weil man ein Carcinom nie sicher
ausschliessen kann. Ist aber die Infiltration ausgedehnt, wie immer bei
perforierten Geschwüren, so muss man sich mit Exzision, Naht und
Gastroenterostomie begnügen. Sonst ist es nicht zu empfehlen, bei per¬
forierten und nicht perforierten Geschwüren imm er die Gastroentero¬
stomie auszuführen. Die Pyloroplastik ist nie zu empfehlen. Bei Sand-
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uhrmagen ist stete Gastroenterostomie statt Gastroplastik auszuführen.
Bei acuten Magenblutungen sind wohl Exzision und Naht am Platz, wo
sie möglich und nötig sind. Die grosse Mortalität nach Perforation legt
es uns nahe, das Magengeschwür öfter und früher zu operieren, als
dies bisher geschah. Dazu fordern auch die schwierigeren anatomischen
Verhältnisse auf, die sich bei langem Bestehen des Ulcus entwickeln
und die Operation erschweren. Wenn keine acuten Anfälle auftreten,
aber chronische Ulcusbeschwerden andauernd fortbestehen, so sollte 1 Jahr
die längste Wartezeit sein. Eine lebensgefährliche Blutung indiziert die
Operation, und zwar so bald sie möglich ist. Klink (Berlin).
On adress on the borderl&nd of medicine and snrgery as exhibited
in the stomach. Von G. A. Gibson. Brit. Med. Journal, 28. Juli 1906.
Autor schildert seine Erfahrungen über Diagnose und Behandlung
des chronischen Magengeschwürs und der malignen Magenerkrankungen
auf Grund von 25 Fällen, welche chirurgische Behandlung erheischten.
Was die allgemeinen Gesichtspunkte anbelangt, so bestehen sowohl beim
gewöhnlichen Magenulcus als auch bei maligner Erkrankung Abmagerung
und Gewichtsverlust, in malignen Fällen meist Kachexie und häufig
Rückenschmerzen, besonders während der Nacht, nach Osler und Mc Crae
in 86,6 °/ 0 aller Fälle. Erbrechen ist häufiger bei maligner Erkrankung,
in gutartigeren Fällen findet sich eine geringere Menge organischer Säuren
und ferner Sarcine, während der Opler-Boas-Bacillus fehlt. Hämatemesis
findet sich bei beiden Erkrankungsformen, bei der malignen zeitweise
mikroskopische charakteristische Zellgruppen; desgleichen bestehen oft
Melaena und fast regelmässig Obstipation. Vergrösserung der Supra-
clavicular- und Axillardrüsen spricht bei Anwesenheit von Magensymptomen
für Magencarcinom, das Fehlen dieser Drüsen spricht nicht gegen dasselbe.
Die Anwesenheit von Ascites bei Erkrankung des Magens spricht für
maligne Invasion des Peritoneums.
Die Inspektion des Abdomens zeigt manchmal lokale Anschwellung,
zeitweise leichte Bewegungen. Atonie des Magens ist häufiger bei Car-
cinom zu finden als bei Ulcus oder Narbenkontraktion, in beiden Fällen
ist jedoch der Magen dilatiert und hypertrophiert, manchmal ein Kon¬
traktionsring in der Mitte der ausgedehnten Partie und charakteristische,
schleichende Bewegungen im Bereiche derselben von links nach rechts,
welche oft an der Stelle der Kontraktion endigen, um jenseits derselben
sich wieder fortzusetzen. Verschieden davon sind die Verhältnisse beim
Dünndarm; hier liegt die Schwellung in der Regel etwas tiefer in der
Gegend des Nabels und ist immer schärfer begrenzt als bei Beteiligung
des Magens; zur Feststellung der Grenzen verwendet man Na. bicarb.
Und Acid. tartar., bei der Palpation des Magens fühlen wir das Plätschern,
manchmal auch einen harten Tumor. Die Perkussion des Magens gibt
untrügliche Resultate und macht nur einige Schwierigkeit bei der Sonderung
der grossen Kurvatur vom Colon transversum, welche jedoch durch die
Kombination von Perkussion und Auskultation leicht zu überwinden ist.
Durch Kombination von Palpation und Auskultation lässt sich das Vor¬
handensein von Plätschern oder von Fluktuation deutlich nachweisen.
Was Form und Grösse des Magens anbelangt, so bestehen bedeutende
Differenzen zwischen dem gesunden und dem kranken Organ. Dilatation
des Magens kann hervorgerufen werden infolge von Atonie bei Erschlaffung
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des Nervencentrums, durch chronischen Katarrh oder durch atrophische
Zustände bei malignen Affektionen, abgesehen von jenen, welche die
Orificien betreffen; in diesen Fällen handelt es sich nicht um Obstruktion
und die muskuläre Wand ist gewöhnlich nicht hypertrophiert. Ferner
kann Dilatation verursacht werden durch funktionelle Spasmen, ähnlich
jenen des Darmes, weiterhin durch organische Obstruktion des Pylorus,
wie Narbenkontraktion nach Ulcus, endlich durch malignen Tumor. Die
Differentialdiagnose stützt sich meistens auf chemische und mikroskopische
Untersuchung und manchmal auch auf den Blutbefund.
In der Regel tut man gut, die katarrhalische Atonie von der neuro¬
tischen zu trennen, wenn die letztere durch Hyperchlorhydrie verursacht
ist, weniger nützlich jedoch ist die Differenzierung der anderen gastrischen
Erkrankungen. Beim Vergleiche maligner Obstruktion mit Narbenkon¬
traktion des Pylorus findet sich wohl in beiden Fällen Mageninhalt noch
viele Stunden nach der Nahrungsaufnahme vor, doch schreitet der Pro¬
zess der Dilatation bei maligner Erkrankung nicht so weit vor wie bei
narbiger Striktur und der Mageninhalt ist deshalb variabel. Die Unter¬
scheidung ist durch Verabreichung eines Probefrühstücks und Unter¬
suchung auf freie Salzsäure gegeben. Osler und Mc Crae fanden unter
343 Fällen in 89,7 °/ 0 die Abwesenheit von freier Salzsäure bei Ca.
ventriculi. Scliff fand Milchsäure in 73,5 °/ 0 von Ca. Die digestive
Kraft des Magens lässt sich durch Vergleich der Contenta beim er¬
krankten Magen mit jenen eines gesunden Individuums oder durch künstlich
präparierten Magensaft beurteilen, die Beurteilung bezieht sich auf die
Gegenwart nicht verdauter Nahrung und auf Vorhandensein von Blut,
-das sich oft nur spektroskopisch nachweisen lässt. Das Mikroskop unter¬
richtet über den Befund von Sarcinen und anderen Organismen, wie Oppler-
Boas-Bazillen, manchmal finden sich für Carcinom charakteristische Zell¬
gruppen. Die Blutuntersuchung richtet sich auf folgende Punkte: Bei ge¬
wöhnlicher katarrhalischer Affektion besteht eine Verringerung der gewöhn¬
lichen Leukocytose 1—2 Stunden nach der Mahlzeit; bei maligner Erkrankung
besteht in der Regel Leukocytose mit polymorphnucleären Zellen, die
Verdauungsleukocytose ist stark herabgesetzt oder fehlt vollständig, manch¬
mal finden sich auch eosinophile Zellen und Myelocyten sowie Normo-
blasten. Ferner ist zu beachten, dass bei schwerer Strukturalteration
des Magens die Absorptionsfähigkeit verringert ist; dies lässt sich nach
Ewald durch Darreichung von Salol nachweisen.
Dilatation infolge von einfachem Pylorusspasmus ergibt keinen Katarrh,
keinen Wechsel in der Totalacidität oder freier Salzsäure; die Verdauung
scheint durch Retention verlängert zu sein, im Blutbefund ist keine
Veränderung. Dilatation durch Atonie infolge von Magenkatarrh macht
katarrhalische Symptome, die Totalacidität ist reduziert, freie Salzsäure
vermindert, die Verdauung prolongiert, ausser Verdauungsleukocytose
keine Veränderung im Blute. Dilatation bei Atonie durch nervöse Ein¬
flüsse zeigt 2 diverse Typen, ohne jedoch katarrhalische Symptome zu
machen; in einem Falle sind die Totalacidität und freie Salzsäure redu¬
ziert, die Verdauung verlangsamt ohne Veränderung des Blutbefundee;
im 2. Falle hohe Totalacidität und Vermehrung der freien Salzsäure,
Verdauung verlangsamt, Leukocytose nach der Nahrungsaufnahme. Dila¬
tation durch einfache Pylorusstenose macht gewöhnlich katarrhalische
Symptome, es bestehen ein hoher Grad der Totalacidität und der freien
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Salzsäure, Retention des Mageninhaltes, keine Blutveränderung ausser
Anämie. Dilatation bei maligner Pylorusstenose zeigt Reduktion der
Totalacidität, wenig oder gar keine freie Salzsäure, ferner polynucleäre
Leukocytose, eosinophile Zellen, Myelocyten und Normoblasten.
Unter 25 Fällen, auf welche sich die obigen Auseinandersetzungen
beziehen, waren 4 Todesfälle; 2 von ihnen, die an einfacher Pylorusstriktur
litten, starben an den Folge nder Operation; ein Fall — Ca. ventriculi —
ebenfalls direkt nach der Operation, während der letzte noch 2—3 Wochen
nach der Operation wegen Carcinoms starb. Unter den übrigen Fällen war
namentlich einer von Interesse, wobei bei einem Sanduhrmagen die
Kommunikationsöffnung gerade nur den Durchtritt des kleinen Fingers
gestattete; nach einer plastischen Operation trat völlige Heilung ein. In
einem anderen Falle wurde wegen Narbenstriktur Gastroenterostomie mit
gutem Erfolge gemacht.
Wird durch die Gastroenterostomie die Hyperchlorhydrie verringert?
Nach den Erfahrungen von Mayo Robson und Moynihan scheint
dies der Fall zu sein, nach den eigenen Beobachtungen des Autors trat
in einer Reihe von Fällen keine Verminderung ein.
In allen Fällen von Magenerkrankungen, wo die medizinische Be¬
handlung resultatloB ist, soll zur explorativen Operation geschritten werden;
die Operation selbst kann sich beziehen auf die Entfernung eines Ge¬
schwüres oder auf Plastik wegen Sanduhrmagens, bei Obstruktion des
Pylorus auf Pyloroplastik oder Gastroenterostomie, bei maligner Er¬
krankung auf Pylorektomie oder Entfernung eines Teiles des Magens.
Bei Untersuchungen mit dem Magenspiegel nach Cunningham
zeigte sich, dass der Magen unter dem Einflüsse seiner muskulären Schicht
und seines nervösen Apparates, wie unter pathologischen Bedingungen
verschiedene Formen annimmt. Einige von ihnen lassen sich schon bei
klinischer Untersuchung nachweisen; so zeigt die grosse Kurvatur oft
eine distinkte Einkerbung als Resultat von Spasmus oder Narbenstriktur.
Auch Pylorusspasmus ist keine Seltenheit und die Folgen desselben sind
beträchtliche Dilatation und leichte peristaltische Bewegungen; durch
häufige Spasmen bildet sich Hypertrophie aus und in weiterer Folge
Dilatation und Hypertrophie des Magens.
Die Ursache abnormer Magenformen scheint durch die Experimente
von Cannon geklärt zu sein; er zeigte, dass der Magen aus 2 physio¬
logisch getrennten Teilen besteht, entsprechend dem Fundus und Pylorus.
Der Fundus ist ein Reservoir für die Nahrung, er schiebt den Inhalt
langsam gegen den Pylorus und hier besteht eine wellenförmige Bewegung
von der Mitte des Magens gegen den Pylorus. In dieser Art der nor¬
malen Funktion des Magens ist wohl auch die Erklärung für den spasti¬
schen Typus des Sanduhrmagens zu suchen. Herrnstadt (Wien).
Sqnamons-celled Carcinoma of the stomach and oesophagns imi-
tating tuberculous ulceration of the intestine. Von H. Rolle-
ston und F. W. Higgs. Brit. Med. Journ. 1. Juni 1907.
Der Fall ist durch 2 Punkte interessant: Es bestanden ein ausge¬
dehntes Carcinom des Magens von dem Aussehen einer primären Geschwulst
und ein zweiter mehr recenter Tumor im Oesophagus; ferner intestinale
Hämorrhagien ohne Hämatemesis, die im Zusammenhang mit tuberkel-
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bazillenhältigem Sputum die Diagnose auf tuberkulöse Darmulcerationen
wahrscheinlich machten.
Ein 40 Jahre alter Maler erkrankte mit Entleerung von ca. 1 / i Liter
Blut per anum; weder im Abdomen noch im Rectum konnte etwas nach¬
gewiesen werden, Schlingbeschwerden bestanden niemals. Die Temperatur
stieg allm ählich auf 102 0 F und 11 Tage später trat eine zweite stärkere
Blutung auf. Eine Untersuchung des Sputums, die nach weiteren 4 Tagen
gemacht wurde, ergab den Befund von Tuberkelbazillen. Obwohl der
Lungenbefund normal war, wurde die Diagnose auf Tbc. intestini ge¬
macht; Patient starb nach 3 Wochen.
Nekropsie. Am Magenfundus ein ausgedehnter, irregulärer Tumor
mit einem Durchmesser von 3 zu 4 Zoll, fast zur Gänze links von der
Oesophagusmündung gelegen. Die Bandpartien derb, erhaben und in¬
filtriert, das Centrum ulceriert und nekrotisch. Der Magen an der
unteren Fläche des linken Leberlappens adhärent, dieser ist selbst von
Tumormasse infiltriert und enthält einen nekrotischen Hohlraum, der mit
dem Magen durch das ulcerierte Centrum des Tumors kommuniziert. Die
Drüsen an der Cardia und kleinen Kurvatur sind gleichfalls infiltriert,
an der unteren Leberfläche und dem Duct. venosus sind metastatische
Knötchen von derber Konsistenz. Am unteren Ende des Oesophagus
ist eine ovale, polypoide Masse, das Lumen fast völlig ausfüllend, und
v 2 Zoll höher ein zweiter kleiner Knoten. Zwischen Oesophagus- und
Magentumor ist die Mucosa anscheinend normal. Die Milz ist vergrössert,
Leber und Nieren zeigen trübe Schwellung.
Die mikroskopische Untersuchung ergibt: „Squamous-celled carci-
noma“. Diese Form des Carcinoma kommt als primärer Tumor für ge¬
wöhnlich im Magen nicht vor, dagegen häufig in der Gallenblase und
auch im Uterus. Die Formation im Magen lässt sich entweder durch
Metaplasie oder durch einen Best von squamösem Epithel erklären, der
durch eine Entwicklungsanomalie zurückgeblieben ist; doch hat Fütterer
gezeigt, dass derartige Formen auch durch Irritation entstehen können.
Die für Tuberkulose gehaltenen Stäbchen in der per os ausgeworfenen
Masse waren gewöhnlich lang, sinuös, färbten sich intensiv rot und
blieben in absolutem Alkohol 2 Stunden resistent. Dieselben Stäbchen
fanden sich auf der ulcerierten Fläche des Tumors und an Schnitten des
nicht ulcerierten Anteiles. Die Versuche, sie zu kultivieren, misslangen.
Herrnstadt (Wien).
C, Männliche Genitalorgane.
Sterility in the male; its operative treatment when due to bilateral
epididymitis. Von W. C. Quinby. Boston Med. and Surg. Journ.
1906. 8. Nov.
Sterile Ehen beruhen in 17 bis 30 °/ 0 der Fälle auf Erkrankungen
des Mannes. Der Mann ist daher immer zu untersuchen. Oft fehlen
Spermatozoen im Sekret der Samenbläschen. Azoospermie hat zuweilen
ihren Grund in Erkrankungen des Hodens (Lues oder Tuberkulose), meist
aber in einer beiderseitigen gonorrhoischen Epididymitis. Die entzünd¬
lichen Produkte der Gonokokken werden selten vollständig absorbiert, in
der Begel findet man im Nebenhoden narbige Knoten. Sind diese aus*
gedehnt und in der Cauda des Nebenhodens gelagert, so ist die Obli-
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teration eine vollständige. Der operativen Behandlung wurde bisher wenig
Aufmerksamkeit geschenkt, obwohl die Herstellung einer Anastomose
zwischen Vas deferens und Nebenhoden möglich ist (Martin). Die
Schwierigkeit derselben liegt in der minutiösen Technik. Verf. ver¬
wendete daher zu seinen Experimenten kleine Tiere (Meerschweinchen)
und fand, dass der Erfolg einer Anastomose abhängt vom Nähmaterial,
der Operationsmethode und der Zartheit der Ausführung. Verf. gibt
die genaue Beschreibung einer an einem Meerschweinchen mit gutem
anatomischen und funktionellen Erfolge ausgeführten Anastomose. Das
anatomische Ergebnis wurde durch Serienschnitte, das funktionelle durch
die künstliche (elektrische) Erregung der Ejakulation nach vorheriger
Laparotomie erwiesen. Auch am menschlichen Leichnam hat Verf. diese
Operation ausgeführt, wie schon vor ihm Martin u. a. Zunächst ist
der Sitz der Stenose festzustellen, sodann der Ort für die Anastomose
zu bestimmen, indem man mit einer Spritze einen Tropfen Sekrets ansaugt
und unter dem Mikroskop bewegliche Spermatozoon nachweist. Der Patient
hat eine doppelte Chance, da das Gelingen auf einer Seite für die
Zeugungsfähigkeit hinreicht. Karl Fluss (Wien).
Action des poisons de la tnberculose sur le parenchyme da testicale.
Von V. Marcozzi. Ann. d. mal. d. org. gön.-urin. No. 13. 1907.
Während die Tuberkelbazillen, wenn sie ins Gewebe gelangen, da¬
selbst nekrotische Erscheinungen erzeugen, rufen ihre Gifte bloss Ent¬
zündung hervor. Marcozzi hat diese Veränderungen am Hoden genau
studiert und gefunden, dass auch in diesem Organe Entzündungs- und
Degenerationserscheinungen auftreten, welche sich nur durch die Wirkung
des Giftes der Tuberkelbazillen erklären lassen.
von Hofmann (Wien).
Abdominal tomoors associated with disease of the testicle. Von
William Osler. Lancet, 25. Mai 1907.
Der folgende Fall zeigt, wie die Diagnose einer obscuren, abdomi¬
nalen Affektion durch Untersuchung der Testikeln gesichert werden kann.
Der 22 jährige Patient erlitt durch Sturz im Alter von 7 Jahren
eine Verletzung des linken Testikels, ohne dass ausser einer leichten
Vergrösserung Beschwerden bestanden. Erst in den letzten 6 Monaten
nahm die Schwellung zu, wurde schmerzhaft und auch im Abdomen
bildete sich seit einigen Wochen eine Schwellung aus. Der Testikel
hatte die Grösse einer kleinen Orange, war derb und rundlich, des¬
gleichen die Epididymis vergrössert; in inguine waren beiserseits derbe
Drüsen tastbar. Der linke obere Abdominalanteil war durch einen
prominenten Tumor eingenommen, der die 8., 9. und 10. Hippe hob,
nach abwärts bis an den Nabel, nach rechts bis an die Linea alba
reichte; die ganze Masse pulsierte und ging bei der Respiration langsam
mit, die Konsistenz war derb, bei der Palpation schmerzlos. Neben den
Inguinaldrüsen sind die linken Claviculardrüsen vergrössert.
Die Uebertragung solcher Tumoren erfolgt auf dem Wege der
Lymphgefässe. Die Charaktere eines Abdominaltumors bei maligner Er¬
krankung der Testikel zerfallen in 2 Gruppen: 1. Die sekundäre Be¬
teiligung der Lymphdrüsen. 2. Primäre Erkrankung eines retinierten
Testikels.
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Da die Lymphgefässe des Testikels hoch oben in die Lumbaldrüsen
einmünden, so liegt der sekundäre Tumor gewöhnlich im oberen Ab¬
dominalquadranten auf der Seite des erkrankten Hodens. Diese Tumoren
sind derb, wenig beweglich und lassen sich bimanuell nicht umgreifen,
die Nähe der Aorta verleiht ihnen den Charakter einer pulsierenden
Geschwulst. Weiterhin können erkranken: die Cervicaldrüsen derselben
Seite, Lunge, Herz, Leber und andere Organe. Oft auch entwickelt
sich der sekundäre Tumor erst viele Jahre nach Entfernung eines er¬
krankten Testikels; ebenso ist der im Inguinalkanal zurückgebliebene
Testikel häufig der Sitz maligner Erkrankung. Verf. führt dafür
3 Fälle an:
Fall 1. Abdominaltumor bei Kryptorchismus. Bei der Operation
fand sich ein Tumor, der von dem enorm vergrösserten und sarkomatös
entarteten rechten Testikel ausging. Die Gestalt des Organes war er¬
halten, die Farbe weissgrünlich, die Konsistenz stellenweise derb, sonst
weich und cystisch.
Fall 2. Fehlen des linken Testikels bei normalem rechten. In
der linken Abdominalhälfte bildete sich ein derber Tumor, der auf
Druck schmerzhaft war; gleichzeitig bestand hartnäckige Obstipation.
Die Drüsen waren nicht vergrössert. Nach einiger Zeit palpierte man
im unteren Anteil des Abdomens 2 Tumoren, einen in der rechten In¬
guinalregion, einen 2. links etwas höher oben. Rechts in Nabelhöhe
war eine derbe, irreguläre Tumormasse, die auf Druck schmerzhaft war
und keine Bewegung zuliess. Reichlicher Ascites. Die Operation wurde
verweigert.
Fall 3. Testikel im Inguinalkanal der rechten Seite. Ein derber
Tumor des rechten Testikels stellte sich bei der Operation wegen seiner
Verwachsung mit Gefässen als inoperabel heraus.
Im Gegensatz zur 1. Gruppe sind diese letztgenannten Tumoren
im unteren Anteil des Abdomens und gewöhnlich mit Ascites kombiniert.
Die Gestalt des Testikels und der Epididymis bleibt erhalten.
Herrnstadt (Wien).
La cnre de l’hydrocäle par la transposition extra-säreuse du testi-
cule, aprös incision, retournement et suture rätro-funiculaire de
la vaginale. Von L. Genouville und M. Pöraire. Ann. d.
mal. d. org. gön.-urin. 1907, No. 7.
Dieses von Longuet angegebene Operationsverfahren hat sich den
beiden Verfassern sehr bewährt. Es ist ungefährlich, leicht, selbst ohne
Assistenz auszuführen. Recidiven haben G. und P. niemals beobachtet.
Die Haut wird mittels Cocains, die Vaginalis mittels Antipyrins anästhesiert.
Die Verfasser haben diese Operation in 45 Fällen ausgeführt.
von Hofmann (Wien).
Cellulitis of the spermatic cord. Von Frank Cole Madden.
Lancet, 23. Februar 1907.
Die Symptome erinnern an jene der incarcerierten Hernie. Di©
Patienten klagen über heftigen Schmerz im Scrotum und Abdomen der
afficierten Seite mit Obstipation und zeitweiligem Erbrechen bei ge¬
steigerter Temperatur; das Scrotum ist erfüllt von einer rundlichen
Schwellung, die direkt in die Region des Leistenringes verläuft. Die
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Haut ist ödematös, die Schwellung hart und irreponibel, der Perkussions-
schall gedämpft, beim Husten kein Anprall. Nach Inzision findet sich
kein Darm vor, an Stelle dessen ein entzündetes, strangförmiges Gebilde,
welches sich direkt durch den inneren Leistenring ins Abdomen ver¬
folgen lässt ; das Ganze besteht aus infiltriertem Samenstrang, die Venen
sind thrombosiert und mit vereiterten Blutcoagulis gefüllt, kleine Abs-
cesse sind in einer Art schwammigen Gewebes zerstreut. Manchmal
findet man bei der Entfernung einen verlängerten Hemiensack von ver¬
dicktem, entzündetem Peritoneum, dessen seröse Flächen durch Lymphe
adhärent sind. Die Testikel sind in der Regel nicht affiziert. Die
Prognose ist bei operativer Behandlung günstig, in einem Falle trat Tod
durch septische Resorption ein, in einem anderen Falle lokale Peritonitis
nach Operation.
Vielleicht handelt es sich primär um Phlebitis mit septischer
Thrombosierung der Samenstrangvenen. Herrnstadt (Wien).
Cylinder im Prostatasekret. Von B. Goldberg. Dermat. Central¬
blatt, No. 8, 1907.
G. konnte in einer Anzahl von Fällen in dem aus der Prostata ex-
primierten Sekret Cylinder nachweisen. Es handelte Bich entweder um
Lecithincylinder oder um Ausgüsse der Drüsenkanäle. Es könnte also
geschehen, dass sich eine Cylinder enthaltende Prostata selbständig aus¬
presst, so dass ihre Absonderung in den Harn gelangt und so eine
Pyelonephritis oder Nephritis vorgetäuscht wird, die gar nicht besteht.
von Hofmann (Wien).
I. Indications for prostatectomy and the resnlts of the Operation.
Von A. H. Ferguson. Journ. of the Amer. Med. Assoc., 13. Okt.
1906.
II. Diskussion. Ibidem.
1. Verf. teilt die Indikationen der Prostatektomie in klinische und
pathologische. Zu den klinischen Symptomen der Hypertrophie gehören:
Harndrang, erschwertes Urinieren, Abschwächung und Unterbrechung
des Harnstrahls, Harnträufeln, Schmerzen, Cystitis (Prostatismus). Verf.
unterscheidet: 1. Fäille mit funktionellen Störungen, sich äussernd in der
Harnentleerung, sexueller Reizbarkeit, verzögertem Orgasmus, ohne
Residualham, ohne objektiv wahrnehmbare Vergrösserung der Drüse,
aber Empfindlichkeit der Blase und Prostata bei der Indagation, sicht¬
barer Kongestion an der Uretermündung bei cystoskopischer Untersuchung.
Solange aber der Harnabfluss nicht behindert ist, ist keine Indikation
für die Prostatektomie vorhanden. Doch soll operiert werden, ehe Resi¬
dualharn auftritt oder eine Infektion entsteht, wenn Lokalbehandlung
nicht zum Ziel geführt hat.
2. Fädle mit partieller Retention, und zwar acuter und chronischer.
Bei ersterer ist der Pat. auf die Gefahren des Katheterismus (selbst des
kunstgerechten) aufmerksam zu machen. Die Lebensdauer beträgt bei
Anwendung des Katheters nach verschiedenen Autoren 4—5 Jahre. Die
oft gefährlichen Blasenblutungen indizieren die Prostatektomie. Auch
heilen die durch den Katheter gesetzten Erosionen schlecht infolge der
Kongestion. Ist eine Cystitis aufgetreten, so soll diese vor der Operation
behandelt werden. Chronische Cystitis heilt erst nach Entfernung der
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Prostata. Weitere Gefahren der Hypertrophie der Drüse sind Bildung
von Trabekeln, Divertikeln und Steinen der Blase, endlich ascendierende
Infektion. Bei der chronischen partiellen Retention dehnt der wachsende
Inhalt allmählich die Blase, bis Inkontinenz entsteht.
3. Die komplette Retention ist mit Inkontinenz verbunden. Dazu
kommt Atonie oder Kontraktion der Blase. Hier ist die Prostatektomie
angezeigt, wenn der Allgemeinzustand es erlaubt, ohne Rücksicht auf
das Alter und die Grösse der Prostata.
4. Zu den Fällen mit absoluter Inkontinenz ohne Residualham (oft
fälschlich als Paralyse behandelt) gehören jene mit Yergrösserung eines
Vorderlappens, der in die Blase vorragt und den Sphinkterverschluss
hindert. Ein solcher Lappen kann auch die Mündung verschliessen und
Retention hervorrufen. Der Lappen ist oft von oben her tastbar, ohne
dass die Prostata vom Rectum aus vergrössert erscheint.
Die pathologische Indikation für die Prostatektomie besteht, wenn
erhebliche oder gefahrdrohende Störungen der Harnentleerung vorhanden
sind, a) Die Störungen können die Funktion des Schliessmuskels be¬
treffen: Vorragen der Prostata über den Blasenboden mit Verhinderung
des Abflusses, Offenhalten des Orificiums mit Inkontinenz, Retention auf
entzündlicher Basis, durch Deformität des Orificium, gestielte Lappen
und klappenförmige Verschlüsse, b) Verlegung des Orificiums durch
diffuse Hypertrophie, Kompression desselben durch einen oder beide
Seitenlappen. Die Grösse der Prostata und der Grad der Miktionsstörung
stehen nicht immer in gleichem Verhältnisse, c) Eine dritte Indikation
bilden die Schrumpfung und Vernarbung der Prostata infolge von
chronischer Entzündung, d) Endlich ist die Prostatektomie indiziert bei
schädlichen Einwirkungen der Harnverhaltung auf Blase, Niere und
Rectum.
Die besten Reproduktionen hypertrophischer Prostaten stammen von
Machise (1856), von denen der Verf. einige wiedergibt.
Literatur über Prostatektomie. Young (50 Fälle, 2 Todesfälle,
bei 22 Erhaltenbleiben der Geschlechtsfunktion, 4mal Zurückbleiben
einer Rektalfistel, lmal Inkontinenz), Whiteside (Sammlung von
238 Fällen, absolut gute Resultate in 30 %, sonst mannigfache Folge¬
zustände, wie Fisteln, Strikturen, Inkontinenz, Cystitis, Tuberkulose usw.) f
Thomas. Moore macht auf die Gefahren der Operation, besonders
der suprapubischen, sowie auf die Verletzung der Samenleiter und die
verschiedenen Folgezustände aufmerksam. Walker (Sammlung von
111 Fällen mit 20 Todesfällen), Frey er (60 Fälle mit 5 Todesfällen),
Johnson, MacLaren, Philipps (199 Fälle), Watson, welcher
auf die Bottini’sche Operation 30% Heilungen, 84% Besserungen
berechnet, Oabot, Chute, Escat (410) Fälle), Proust (813 Fälle
mit 7% Mortalität). Albarran (66 Fälle mit 3% Mortalität) hebt
die Vorteile der suprapubischen Methode hervor (keine narbigen Strik¬
turen des Blasenhalses, keine Fisteln, keine Verletzungen des Rectums,
kein Verlust der Potenz) gegenüber der höheren Mortalität. Frey er
(195 Fälle) und viele andere Autoren.
Die Mortalität der Prostatektomie beträgt nach Tuffier 6%, die der
perinealen etwa 4%. Das Alter und lokale Störungen sind keine Kontra¬
indikation, eine solche bildet aber die Niereninsufficienz. Nach Ten ne y
und Chase beträgt die Sterblichkeit bei der perinealen Methode 7,9%,
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bei der suprapubischen 13,2 °/ 0 . Permanente Fisteln sah Yerf. niemals
nach der Operation. Sekundäre Rektalfisteln entstehen meist durch un¬
zarte Nachbehandlung während profuser Granulationsbildung.
Yerf. gibt eine durch Abbildungen illustrierte Beschreibung der von
ihm geübten perinealen Operationsmethode, bei welcher er die Pars prostatica
urethrae und die Ductus ejaculatorii zu schonen sucht. Nach der Ope¬
ration kommen Zufälle vor, welche durch geeignete Behandlung oft zu
beseitigen sind: Fieber durch Blasenspülungen, Spasmen des Blasenhalses
durch Katheterismus, vorübergehende Melancholie. Nach der Operation
soll der Patient 3 Monate unter Aufsicht stehen. Strikturen sind durch
wöchentlich vorzunehmenden Katheterismus zu vermeiden. Schliesslich
ist zu beachten, dass die Prostatahypertrophie gewöhnlich bei Individuen
von pathologischer Konstitution angetroffen wird.
II. H. H. Young stimmt mit Ferguson bezüglich der Opera¬
tionstechnik nicht überein. Young hat 150 Fälle operiert, von denen
7 starben.
J. B. Deaver hält die Mortalität der suprapubischen und infra-
pubißchen Operation für gleich und gibt der ersteren Methode den Vor-
zug. Die Gefahr der Zerstörung des Blasenhalses hält er bei derselben
für geringer. Dass die Urethra prostatica überhaupt geschont werden
könne, ist nach Deaver nicht möglich. Üble Folgen, wie Inkontinenz,
Verletzungen des Darmes, perineale Fisteln, setzt Deaver nur auf
Rechnung der perinealen Methode.
J. E. Moore glaubt, dass es an der Zeit wäre, die praktischen
Aerzte allgemein über die Indikationen der Prostatektomie zu unter¬
richten. Die anfängliche Behandlung der Hypertrophie ist sehr wichtig,
um die später zu operierenden Fälle nicht zu infizieren und um so die
Mortalität der Operation herabzusetzen. Der Katheterismus ist gefähr¬
licher als die Operation. Obwohl die perineale Methode jene der Wahl
ist, gibt es doch genug Fälle, wo der suprapubischen der Vorzug gebührt.
A. H. Ferguson sah das Zurückbleiben einer Fistel längstens 1*/ a Jahre
nach der Operation, nie dauernd. Im übrigen sind gewisse Folgezustände
der Operation dem sonst ohne Operation sicheren Tode vorzuziehen.
Karl Fluss (Wien).
Die Anzeigen zur Radikaloperation der Prostatiker. Von Gold-
berg. Deutsche med. Wochenschr., 1906, No. 32.
Da die Mitteilungen über operative Behandlung der Prostatahyper¬
trophie täglich sich mehren und die Chirurgen nur noch darüber streiten,
welche die gefahrlosere Operation sei, ob nach Bottini, ob perineal,
hält es Goldberg für wichtig, Klarheit über die Indikationen zur
Operation überhaupt zu schaffen. Er stellt folgende Sätze auf:
1. Besteht keine Harnverhaltung, so ist jede Operation kontraindiziert.
2. Bei Prostatikern mit akuter Retention sind bei event. Komplika¬
tionen, Unmöglichkeit des Katheterismus, gefährlicher Blutung usw., die
palliativen Operationen eher am Platze als die Radikaloperation. Die
Prognose ist jedenfalls bei den Radikaloperierten schlechter als bei den¬
jenigen Patienten, bei denen nur palliative Eingriffe gemacht werden.
3. Bei Prostatikern mit chronischer inkompleter Retention ohne
Distension ist die Radikaloperation bei dauernder und hochgradiger
Erschwerung des Katheterismus durch anatomische Verhältnisse indiziert.
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Sie ist es ferner bei einer trotz sachkundiger Palliativtherapie fort¬
schreitenden Retention und Infektion.
4. Prostatiker mit chronischer inkompleter Retention und Distension
können unter günstigen Umständen, falls keine Komplikationen bestehen,
durch eine Operation gebessert event. geheilt werden. Zur Zeit einer
bestehenden Infektion hat jede Operation zu unterbleiben.
Wiemer (Aachen).
Die chirurgische Behandlung der Prostatahypertrophie. Von A.
Freudenberg (Berlin). Wiener Klinik, Jan. 1907.
Die vorliegende Arbeit stellt den „Rapport 44 dar, den Verf. auf
Einladung des Komitees für den Internationalen medizinischen Kongress
zu Lissabon erstattet hat. Sie ist durch einige Zusätze vermehrt, die
den inzwischen gewonnenen Ergebnissen der Wissenschaft in dieser Frage
Rechnung tragen.
Verf. weist in der Einleitung zunächst auf den gewaltigen Fort¬
schritt hin, den die chirurgische Therapie der Prostatahypertrophie in
den letzten Jahrzehnten gemacht hat und der bewirkt, dass nicht mehr wie
früher der Selbetkatheterismus des Patienten das Um und Auf in der
Behandlung dieser Krankheit darstellen darf. Er warnt aber gleichzeitig
davor, sich dadurch nun dazu verleiten zu lassen, auch da zu operieren,
wo eine Operation nicht erforderlich ist.
Verf. bespricht sodann die verschiedenen für die chirurgische Be¬
handlung der Prostatahypertrophie in Betracht kommenden Methoden,
die er in „palliative 44 und „radikale 44 einteilt und der Reihe nach je
nach der Wichtigkeit kürzer oder ausführlicher erörtert. Zu der ersten
Gruppe gehören Katheterismus, Punktion der Blase, Cystotomie resp.
Anlegung der Blasenfistel. Von den radikalen Operationen, die man in
indirekte (Unterbindung der Aa. iliacae und sexuelle Operationen) und
direkte einteilen kann, kommen — abgesehen von Ausnahmsfällen —
jetzt nur noch Vasektomie, Bottini’sche Operation und Prostatektomie
in Betracht, die Vasektomie eigentlich auch nur als Voroperation, die
den Patienten vor der sowohl ohne Operation wie besonders bei den
eigentlichen Prostataoperationen so häufig eintretenden — eventuell auch
abscedierenden — Epididymitis und Orchitis sicherstellen soll. Verf.
stellt bei der Erörterung dieser Methoden die Statistik derselben zu¬
sammen, darunter bei der Bottini’schen Operation ausführlicher auch
die eigene, zur Zeit des Abschlusses der Arbeit 152 Patienten umfassende,
wobei auch genaue Zahlenangaben über die Häufigkeit von Recidiven ge¬
macht werden. Unter seinen letzten 52 Fällen (Fall 101 —152) fanden
sich 47 (= 90,4 °/ 0 ) gute Resultate, 3 (= 5,8 °/ 0 ) Misserfolge, 2 (= 3,8 °/ G )
Todesfälle (nach Abschluss der Arbeit sind noch 6 weitere Fälle ohne
Todesfälle dazu gekommen).
Bezüglich der Prostatektomie empfiehlt Verf. für die perineale
Operation die Albarran’sche Technik, für die suprapubische (trans-
vesicale) die Full er-Frey er ’sche und ist der Ansicht, dass, wenn
man eine Prostatektomie ausführt, man in der Regel die Prostata nicht
nur partiell, sondern total entfernen soll.
Verf. bespricht sodann die Frage, wann man dem Patienten eine
radikale Operation vorschlagen soll, wobei er dafür eintritt, dass man
bei noch klarem Urin lieber operieren als dem Patienten den Katheter
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zu dauerndem Selbstgebrauch in die Hand geben soll, da der Selbst-
katheterismus fast sicher früher oder später zur Cystitis führt, deren
etwaige Konsequenzen (Pyelitis, Pyelonephritis, Urosepsis) sich nicht be¬
herrschen lassen.
Yerf. erörtert endlich die Vorzüge und Nachteile der verschiedenen
Operationsmethoden und ihre differentiellen Indikationen. Er hält es für
falsch, trotz der Verschiedenheit der einzelnen Fälle der Krankheit
immer nur eine Operationsmethode für berechtigt zu halten und aus¬
zuüben. Vielmehr wird derjenige am meisten im Interesse der Patienten
handeln, der die verschiedenen Methoden beherrscht und je nach der
Lage des Falles die Wahl trifft. „Operieren, da wo es notwendig oder
angebracht ist, nicht operieren, wo es für den vorliegenden Fall nicht
zweckmässig ist, und unter den verschiedenen Operationen diejenige
auswählen, die für den betreffenden Patienten die geeignetste ist,“ —
das hält Verf. für den Standpunkt, den wir in Zukunft einnehmen müssen
und der allein dem Wohle des Patienten entspricht.
Was die Frage betrifft, ob die perineale oder suprapubische Prostat¬
ektomie vorzuziehen ist, so haben Verf. die eigenen diesbezüglichen
operativen Erfahrungen immer mehr dazu geführt, die suprapubische
Operation vorzuziehen. Nur die Fälle, die auf Carcinom verdächtig
sind, eignen sich nicht für letztere Methode. Autoreferat.
Le traitement radiothärapeutique de l’hypertrophie de la prostate.
Von A. Tansard und G. Fleig. Ann. d. mal. d. org. gön.-urin.,
No. 24, 1906.
Die Hypertrophie der Prostata wird durch die Badiotherapie günstig
beeinflusst, da es zur Atrophie kommt. Die Bestrahlungen werden auf
perinealem Wege vorgenommen und sollen niemals 5 Holzknecht'sehe
Einheiten überschreiten. Auch sollen zwischen den einzelnen Sitzungen
Intervalle von 2—3 Wochen liegen. Die Badiotherapie erscheint be¬
sonders angezeigt:
1. Bei Prostatikern, bei denen noch keine Betention eingetreten ist.
2. Bei jungen Prostatikern.
3. Bei Prostatikern, welche ohne Katheter nicht urinieren können,
wenn die nötige Zeit zur Verfügung steht.
4. Bei Kranken mit infizierter Blase.
5. Bei sehr alten Prostatikern.
6. Beim Bestehen von Nierenläsionen.
von Hofmann (Wien).
HI. Bücherbesprechungen.
Handbuch der praktischen Chirurgie. Herausgegeben von E. von
Bergmann und P. von Bruns. Dritte umgearbeitete Auflage,
ni. Band. Chirurgie des Bauches. Stuttgart. Verlag von Ferdinand
Enke. 1907.
Der erste Abschnitt „Verletzungen und Erkrankungen der Bauch¬
decken“ ist von C. F. Steinthal in Stuttgart bearbeitet und umfasst
die Verletzungen und Erkrankungen der Bauchdecken im allgemeinen
und die Erkrankungen des Nabels. Der zweite von W. Körte in Berlin
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verfasste Abschnitt behandelt die „Erkrankungen und Verletzungen des
Peritoneums“.
Von demselben Autor stammt auch das dritte Kapitel „Allgemeines
über Bauchoperationen“.
Im vierten Abschnitt schildert W. Kausch in Schöneberg-Berlin
die „Verletzungen und Erkrankungen des Magens und Darmes“. Der
Beginn dieses über 200 Seiten umfassenden Abschnittes bildet die Dar¬
stellung der Technik der Operationen am Magen-Darmkanal. Aus
K.’s Ausführungen sei nur hervorgehoben, dass er die Darmnaht immer
noch als das Normalverfahren ansieht und wie die meisten übrigen
Chirurgen den Murphy-Knopf nur für besondere Fälle reserviert wissen
will. Ein eigenes Kapitel dieses Abschnittes bringt diagnostisch wichtige
Bemerkungen. Mit grosser Sorgfalt ist das Kapitel über das Ulcus
ventriculi behandelt. Bezüglich der Therapie desselben steht K. auf
folgendem Standpunkte: „Das frische unkomplizierte Magengeschwür ge¬
hört dem Internisten; auch das frisch blutende soll intern behandelt
werden, das Messer aber dabei zur Operation gerüstet sein. Das sonst
komplizierte Magengeschwür gehört dem Chirurgen; beim chronischen
unkomplizierten entscheiden es die sozialen Verhältnisse und die Geduld
des Kranken, wann die chirurgische Behandlung die interne ablöst.“ Die
Indikationen zur Operation des Magenkrebses fasst K. in folgende Satze
zusammen:
1. Bei begründetem Verdacht auf Magencarcinom besteht auch ohne
sichere Symptome die — relative — Indikation zur Probelaparotomie.
2. Eine Pylorusstenose mit schwerer motorischer Störung indiziert
die Operation auf jeden Fall.
3. Ein palpables Magencarcinom, welches ohne schwere motorische
Störung einhergeht, erheischt die Laparotomie nur dann, wenn die Re¬
sektion aussichtsvoll erscheint.
4. Beim Fehlen eines palpatorischen Befundes und beim Fehlen von
motorischen Störungen wird man, selbst wenn alle anderen Symptome
auf ein Carcinom unzweideutig hinweisen, von einer Operation, zurzeit
wenigstens, in der Regel ganz absehen.
5. Die Operation ist in jedem Falle vorerst eine Probelaparotomie.
Der sechste von H. Schlange in Hannover bearbeitete Ab¬
schnitt führt den Titel „Die Entzündung des Wurmfortsatzes“. Sch.
ist ein Anhänger der Frühoperation. Eine exspektative Behandlung ist
nur in milden Fällen angezeigt. Einen weiteren grossen Abschnitt bildet
der siebente „Die Lehre von den Hernien“ von E. Graser in
Erlangen. Aus seinen Ausführungen geht hervor, dass die Mortalität
bei der Radikaloperation unter 1 °/ 0 gesunken ist und dass im Durch¬
schnitt nicht mehr als 5 bis höchstens 10 °/ 0 Recidive zustande kommen.
Es folgt nun der achte Abschnitt: „Die Verletzungen und chirur¬
gischen Erkrankungen der Leber, der Gallenwege und der Milz“ von
H. Kehr in Halberstadt. Es seien hier die Indikationen K.’s zur
operativen Behandlung der Cholelithiasis hervorgehoben:
1. Für die Fälle, bei denen eine innere Behandlung von vornherein
aussichtslos oder unrichtig ist.
2. Für die Fälle, bei denen eine interne Behandlung vergeblich
angewendet wurde, bei immer wiederkehrenden, die Erwerbsfähigkeit
herabsetzenden Koliken.
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3. Für die Fälle, bei denen der Verdacht auf Carcinom und die
Annahme einer Perforation, einer Eiterung in der Umgebung der Gallen¬
wege naheliegt.
Im neunten Abschnitt bespricht W. Körte (Berlin) „Die Chirurgie
des Pankreas“, im zehnten J. Bott er (Berlin) „Die Krankheiten des
Mastdarms und des Afters. von Hofmann (Wien).
Die allgemeine Lehre von den Frakturen und Luxationen. Von
Bardenheuer. Mit 11 Tafeln und 39 Textabbildungen. Stuttgart,
Verlag von F. Enke, 1907. Preis 11 Mk.
Das Buch, eine Festgabe für E. v. Bergmann, ist das Ergebnis
25 jähriger intensiver Arbeit auf dem Gebiet der Frakturbehandlung, welche
letztere dem Verf. die grösste Förderung durch die Entwicklung des
Extensionsverfahrens zu verdanken hat. Letzteres findet demgemäss eine
übersichtliche Darstellung hinsichtlich seiner Technik und seiner Vorzüge
sowohl als auch hinsichtlich der erhobenen Einwände gegen die Methode.
Die einzelnen Kapitel des Buches befassen sich mit der Mechanik
der Entstehung der Knochenbrüche, mit ihrer Anatomie, mit den Dis¬
lokationen, den Komplikationen, Symptomen, dem klinischen Verlauf der
Frakturen, mit der Theorie der Kallusbildung, mit der Therapie in ver¬
schiedenen Formen.
In der Vorrede schlägt B. die Errichtung von speziellen Fraktur-
abteilungen an den Kliniken vor, die in Verbindung mit dem Röntgen¬
laboratorium stehen sollen. Vulpius (Heidelberg).
Des amputations öconomiques du pied. Von Charles Mougenc
de Saint-Avid. Thdse de Paris. G. Steinheil. 1904.
Empfehlung eines von Ricard (Bull, de la Sociötö de Chir. 1897)
angegebenen Operationsverfahrens, welches in der Exstirpation des Talus
und Verlagerung des Calcaneus an seine Stelle besteht, wodurch in
vielen Fällen die Vereinigung der Weichteillappen ermöglicht werden
soll, wenn der Plantarlappen für die Ausführung der Chopart 'sehen
Operation zu klein wird. Laspeyres (Bonn).
Ueber die Desinfektion von Büchern, Drucksachen und dergl. mittels
feuchterheisser Luft* Von Franz Ballner. Wien-Leipzig, Deuticke
1907. Preis 1*50 Mk.
Ballner empfiehlt auf Grund eingehender — im hygienischen In¬
stitute der Universität Innsbruck — ausgeführter Untersuchungen zur
Desinfektion von Büchern, die seit den einwandfreien Untersuchungen
Mitulescu’s über das Vorkommen von virulenten Tuberkelbazillen als
Infektionsträgern nicht mehr unbeachtet bleiben dürfen, die Anwendung
feuchter heisser Luft; die Technik muss im Original nachgelesen werden.
W e i s s (Prag).
Brust von Bergmann in der königlich chirurgischen Universitäts¬
klinik zu Berlin. Photogravure nach einem Bilde von Franz Skarbina.
Berlin, Rieh. Bong’s Kunstverlag.
Die hervorragend gelungene Reproduktion des interessanten und
künstlerisch wertvollen Bildes wird gewiss in Bälde in allen Kranken¬
anstalten und in den Sprechzimmern der Aerzte zu finden sein. Der
Preis der Reproduktion ist mässig (20 Mk.). H. Schlesinger.
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Inhalt.
I. Sammel-Referate.
Schirmer, K. H. t Achondroplasie
(Chondrodystrophia foetalis, Mikro-
raelie), p. 609—618.
II. Referate.
A. Gehirn, Meningen.
Pflüger, E., Ueber den elementaren Bau
des Nervensystems, p. 618.
Pfeifer, B., Ueber explorative Hirn¬
punktionen nach Schädelbohrung zur
Diagnose von Hirntumoren, p. 619.
T i 1 m a n, Zwei Fälle von Hirntumor,
p. 620.
Borchardt, M., Ueber Operationen in
der hinteren Schädelgrube incl. der Ope¬
rationen der Tumoren am Kleinhirn¬
brückenwinkel, p. 620.
Hawthorne, C. O., On the clinical
aspects of metastases to the central ner-
vous System and other parts in raalig-
nant disease of the viscera, p. 621.
Türk, W., Ein Fall von Hefeinfektion
(Saccharomykose) der Meningen, p. 622.
B. Magen.
Parkes Weber, F., Acute dilatation of
the stomach and intestines in a case
of multiple peripheral neuritis, p. 622.
Horrocks, W. A., A case of congenital
diverticulum of the stomach and duo-
denum in a physiological hour glass
stomach, p. 623.
Braun, W. und Seidel, H., Klinisch¬
experimentelle Untersuchungen zur Frage
der acuten Magenerweiterung p. O23.
B o r e 1 i u s , J., Fall af bukkontusion direkt
förorsakande ventrikelhernia, p. 624.
v. Eiseisberg, Die chirurgische The¬
rapie des Magenulcus, p. 624.
Noetzel, Ueber die Operation der per¬
forierten Magengeschwüre, p. 625.
G i b s o n, G. A., On adress on the border-
land of medicine and surgery as exhi-
bited in the stomach, p. 627.
Rolleston, H. und Higgs, F. W.,
Squamous-celled carcinoma of the sto¬
mach and oesophagus imitating tuber-
culous ulceration of the intestine, p. 629.
C. Männliche Genitalorgane.
Quinby, W. C., Sterility in the male ;
its operative treatment when due to
bilateral epididymitis, p. 630.
Marcozzi, V., Action des poisons de
la tuberculose sur le parenchyme du
testicule, p. 631.
Osler, W., Abdominal tumours associated
with disease of the testicle, p. 631.
Genouville, L. und Peraire, M., La
eure de Thydrocfcle par la transposition
extra-sereuse du testicule, apr&s incision,
retournement et suture retro-funiculaire
de la vaginale, p. 632.
Frank Cole Madden, Cellulitis of the
spermatic cord, p. 632.
Goldberg, B., Cylinder im Prostata¬
sekret, p. 633.
Ferguson, A. H., I. Indications for pro-
statectomy and the results of the Ope¬
ration ; II. Diskussion, p. 633.
Goldberg, Die Anzeigen zur Radikal¬
operation der Prostatiker, p. 635.
Freudenberg, A., Die chirurgische
Behandlung der Prostatahypertrophie,
p. 636.
Tansard, A. und F 1 eig, G., Le traite-
ment radiotherapeutique de Phyper-
trophie de la prostate, p. 637.
III. Bücherbesprechungen.
Bergmann, E. v. und Bruns, P. v.,
Handbuch der praktischen Chirurgie,
p- 637.
Bardenheuer, Die allgemeine Lehre von
den Frakturen und Luxationen, p. 639.
Mougenc, Ch. de Saint-Avid, Des
amputations economiques du pied, p. 639.
Ballner, F., Ueber die Desinfektion von
Büchern, Drucksachen und dergl. mittels
feuchter heisser Luft, p. 639.
Skarbina, F., Ernst von Bergmann in
der königlich chirurgischen Universitäts¬
klinik zu Berlin, p. 639.
Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Professor
Dr. HERMANN SCHLESINGER, Wien, I, Ebendorferstranse 10, wird gebeten.
Man bittet, redaktionelle Zuschriften mit dem Adreesenzusatx „Für die Redaktion des
Centralblatten für die Grenzgebiete“ versehen zu wollen.
Lippert & Co. (G. Pätz’sche Buchdr.), Naumburg &. S.
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CENTRALBLATT
für die
Grenzgebiete der fledizin u. Chirurgie.
Herausgegeben toq
Dt. Hermann Schlesinger f
PrWiaMor an der UnhrarsitAt Wien.
Yariag tüh GUSTAV FISCHES in J«UL
X* Band, i
Jena, 12. September 1907.
Nr. 17.
Das Centralblatt für die Grenzgebiete der Medizin ond Chirurgie erscheint in
zwanglosen Heften im Umfange von etwa 3 Druckbogen, die zu einem Bande
Tereinigt werden, dessen Umfang 60 Druckbogen betragen wird. Das Abonne¬
ment für das Centralblatt kostet 24 Mark für den Band. — Die Abnehmer
der MHteUungeu aas den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, herausgegeben
yon A. Ton Eiseisberg und B. Naunyn, erhalten das Centralblatt
zum Vorzugspreise von 20 Mark.
L Sammel - Referate.
Achondroplasie (Chondrodystrophia foetalis,
Mikromelie).
Kritischer Sammelbericht von Karl Hermann Schirmer (Wien).
(Fortsetzung.)
i Literatur.
32) Fischer, A, Ucber einen Fall von Rachitis congenita. Archiv f. Gynä¬
kologie 1875, Bd. VH, p. 46.
33) Fuchs, E., Ein Beitrag zur Kasuistik der Mikromelie. Archiv für Kinder¬
heilkunde 1905, Bd. XLII, p. 380.
34) Garrod, A, A case of achondroplasia. Clin. Soc. Transact 1898,
Bd. XXXI, p. 294.
35) Gheorgio, N., Foetus achondroplasique, presentant aux mains et aux
pieds de la polydactylie avec syndactylie; bec de lievre. Bullet et mem. de la Soc.
de Bucarest 1902—1903, Bd. V, p. 13.
36) Gurlt, E. F., Ueber tierische Missgeburten, Berlin. Ein Beitrag zur patho¬
logischen Anatomie und Entwicklungsgeschichte 1877, P- * 3 *
37) Hay, K. R., Society for the study of diseases in children, 16. März 1906.
Lancet, 31. März 1906, p. 907.
38) Herrmann, C., A case of achondroplasia (micromelia). Archives of
Pediatrics. Jänner 1903, Bd. XX, p. 18.
39) Ders., Zwei Fälle von Mikromelie. Jahrb. d. schles. Ges. f. Vaterland.
Kultur 1900, 1901, Bd. LXXVIII, p. 132.
40) Herzfeld, K. A., Geburtsh.-Gynäk. Ges., Wien, 13. Febr. 1894. Central¬
blatt für Gynäkologie 1894, p. 432.
41) Heveroch, A., Kasuistischer Beitrag zur Achondroplasie. Casopis lekaM.
Sesk^ch 1903, No. 24, p. 651.
42) Hobhouse, A case of achondroplasia. Brit. Med. Assoc. Brighton,
12. Juni 1907. Brit Med. Joum. 1907, Bd. II, p. 85.
43 ) Joachimsthal, Zwergwuchs und verwandte Wachstumsstörungen. Deutsche
Med. Wochenschr. 1899, p. 269.
OentnlbUtt f. d. Gr. d. Med. n. Chir. X. 41
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642
44) Johanessen, A., Chondrodystrophia hyperplastica. Ziegler 1 s Beiträge
1898, Bd. XXIII, p. 351.
45 ) Joseph, H. M., Chondrodystrophia foetalis or achondroplasia. Lancet,
22. Juli 1905, p. 217.
46) Kassowitz, M., Infantiles Myxödem, Mongolismus und Mikromelie. 74. Ver¬
sammlung Deutscher Naturf. u. Aerzte. Karlsbad 1902. Ferner Wiener Med. Wochen¬
schrift 1902, No. 22—30.
47) Ders., Diskussion zu dem Vortrage von Pineies. K. k. Gesellschaft der
Aerzte in Wien, 21. Nov. 1902. Wiener klin. Wocbenschr. 1902, No. 48, p. 1285.
48) Kaufmann, E., Untersuchungen über die sogenannte fötale Rachitis
(Chondrodystrophia foetalis). Berlin 1892.
49) Ders., Die Chondrodystrophia hyperplastica. Ziegleris Beiträge zur patholog.
Anatomie, Bd. XIII, p. 32.
50) Kehrer, Zur Entwicklungsgeschichte des rachitischen Beckens. Archiv f.
Gynäk. 1873, Bd. V.
51) Keyser, Ch. R., Achondroplasia: its occurence in man and in animals.
Lancet, 9. Juni 1906, p. 1598.
52) Kienböck, R., Zur radiologischen Anatomie und Klinik der chondralen
Dysplasie der Knochen mit multiplen cartilaginären Exostosen. Wiener Med. Wochen¬
schrift 1903, No. 47 ff.
53) Kirchberg, A. und Marchand, F., Ueber die sogenannte fötale Rachitis
(Mikromelie, Chondromalacie). Ziegler’s Beiträge zur pathol. Anat. u. allgem. Patho¬
logie 1889, Bd. V, p. 183.
54) Kubinyi, P., Rachitis oder Mikromelie? Kaiserschnitt. Orvosi hetilap
1900, No. 23. Ref. Centralblatt f. Gynäkologie 1901, p. 1064.
55) Lampe, R., Ueber zwei Fälle von sogenannter fötaler Rachitis. Marburg 1895.
56) Ders., Die sogenannte fötale Rachitis. Ost- u. westpreussische Ges. f.
Gynäkologie, 3. Juni 1905. Deutsche Med. Wochenschr. 1905, p. 1582.
57) Langenbach, E., Ein Fall von Chondrodystrophia foetalis mit Asymmetrie
des Schädels. Virchow's Archiv 1907, Bd. CLXXXIX, Heft I, p. 12.
58) Liston, Elements of Surgery II. Edition 1840.
59) Lepage, Sockte d’obsktrique, de gyndcologie et de paediatrie de Paris-
Paris 1904. Sitzung vom 14. November.
60) Leriche, R., Gazette des höp. 1904, No. 21 u. 24.
61) Lovell, Book of the dog, by Vero Shaw, citiert nach Keyser.
62) Ludwig, H., Geburtsh.-gynäkolog. Ges., Wien, 14. Juni 1898. Central¬
blatt für Gynäkologie 1898, p. 1367.
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Brit. Med. Journal 1907, Bd. I, p. 261.
64) Marie, P., L'achondroplasie dans l’adolescence et l*äge adulte. Presse
medicale 1900, No. 56.
65) Melville Dunlop, G. H., Edinburgh Med.-Chir. Soc., 17. Juni 1903.
Lancet 1903, Bd. II, p. 32.
66) Möry et Labbö, Soc. nkd. des höp., 13. Juni 1902. Diskussion Comby.
67) Morse, Archives of Pediatrics. August 1902.
68) Müller, H., Ueber die sogenannte fötale Rachitis als eigentümliche Ab¬
weichung der Skelettbildung und über ihre Beziehungen zu dem Cretinismus bei
Tieren sowie zu der Bildung von Varietäten. Würzburger med. Zeitschr. 1860, Bd. I,
p. 221.
69) Murray Cairns, Liverpool Medical Institution, io. November 1904. Brit.
Med. Journal 1904, p. 1464. Diskussion: H. Armstrong.
70) Nathan, P. W., Chondrodystrophia foetalis. Americ. Journ. of Med.
Sciences 1904, vol. II, p. 690.
71) Nob6courtetPaisseau, Un cas d'achondroplasie fruste. Bullet. Soc.
de p£diat. de Paris 1905, Bd. VII, p. 109.
72) Pal tauf, R., Ueber den Zwergwuchs in anatomischer und gerichtsärztlicher
Bedeutung. Wien 1891.
73) Ders., Diskussion zum Vortrage von Pineies in der k. k. Gesellschaft
der Aerzte in Wien, 21. November 1902. Wiener klin. Wochenschr. 1902, No. 48,
p. 1286.
74) Parhon, C. und Marbe, S., Die Achondroplasie (mit zwei neueren Be¬
obachtungen von Achondroplasie beim Erwachsenen). Revista stiintelor 1906, No. 7.
Münchener Med. Wochenschr. 1906, p. 1540.
(Schluss der Literatur folgt.)
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643
ad 6) Der Rumpf der Mikromelen ist normal entwickelt.
Charakteristische Veränderungen in Form einer auffallenden 'Wachs¬
tumsstörung finden sich jedoch nach Breus und Eolisko 18 ) an
den Wirbelbögen, während die Wirbelkörper normal sind. Die
Wirbelbögen zeigen sehr kurze Wurzelstücke, so dass die Ge¬
lenksfortsätze sehr nahe an den Wirbelkörper herantreten, und ent¬
springen in so kurzer Distanz voneinander aus den Wirbelkörpern
dass eine beträchtliche Verengerung des Wirbelkanales resultiert. Die
Verengerung betrifft meist nur den frontalen Durchmesser.
Eine besonders in geburtshilflicher Beziehung wichtige Defor¬
mität zeigt das Becken. Wie die Untersuchungen von Kehrer 50 ),
Porak 88 ), Breus und Eolisko u. a. ergeben haben, ist das
Becken ein allgemein verengtes, was sich bei äusserer und innerer
Untersuchung nachweisen lässt. Die relativ kleinste Masse ergibt
der Sagittaldurchmesser des Beckeneinganges.
Diese Beckenverengerung bot infolge des räumlichen Missverhält¬
nisses in zahlreichen Fällen ein schweres Geburtshindernis. Porak
hat mehrere derartige Beobachtungen mitgeteilt, in denen die Sectio
caesarea vorgenommen werden musste. Im Falle von Boeckh,
der den kleinsten von allen Achondroplasten betraf, wurde im sechsten
Monate der Abortus eingeleitet. Eine 27jährige von Breus und
Eolisko beobachtete Frau starb nach Sectio caesarea. Her-
mann 88-80 ) führte die Sectio bei einer 24jährigen Frau mit Achon-
droplasie erfolgreich aus. Auch H. Ludwig 82 ) hat in einem Falle
wegen absoluter Verengerung des Becken ausganges, kompliziert mit
Kyphoskoliose, die Sectio vorgenommen. Lepage 50 ) entband eine
mit Achondroplasie behaftete Primipara durch Sectio caesarea; das
Kind wies die gleiche Abnormität auf. An der gleichen Stelle be¬
richtet Potocki über einen Fall, bei dem Guöniot aus der gleichen
Indikation dreimal den Kaiserschnitt ausführte. Die zwei ersten
Kinder hatten ebenfalls die gleiche Abnormität wie die Mutter, das
dritte dagegen nicht.
ad 7) Die Knochenverdickungen, welche, wie die ana¬
tomischen Untersuchungen ergeben haben, durch eine primäre Ver¬
änderung des Knorpels entstanden sind, werden klinisch am besten
durch die Röntgenuntersuchung studiert. Derartige Radio¬
gramme sind bereits in ansehnlicher Zahl von Joachimsthal 48 ),
Simmonds 08 ), Bossi 12 ), M6ry und Labb6 8# ), Swoboda 100 ),
Lampe 88 ), Canton 18 ), Pelnäf ”), Heveroch 41 ), Fuchs 88 ),
Rankin und Mackay 85 ), Berger 8 ), Schüller 94 ), Langen¬
bach 57 ) u. a. mitgeteilt worden.
41*
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Berger erhob in seinem Falle (6jähriges Mädchen) beim Ver¬
gleich mit Radiogrammen eines normalen gleichaltrigen Mädchens
im wesentlichen folgenden Befund: Die Diapbysen sind in der Mitte
verschmälert, an den Enden verbreitert, am ausgesprochensten am
Humerus. Die epiphysären Enden der Diapbysen laufen in ihren
seitlichen Partien zum Teile auffällig spitz zu. Die Knochenkerne
der Epiphysen sind in normaler Weise angelegt. Handwurzelknochen
sind beim achondroplastiscben Kinde nur vier, beim normalen bereits
6 vorhanden. Die Metacarpi und Phalangen auffällig kurz und
plump, die Corticalis ebenso wie an den langen Röhrenknochen
beträchtlich verdickt Gegen ihre Epiphysen setzen sich die Phalangen
nicht geradlinig, sondern zackig ab. Aehnliche Veränderungen an
den unteren Extremitäten.
Aehnlich lautet der Röntgenbefund im Falle Swoboda’s (djähr.
Mädchen: Vollkommen normales Verhalten der Epiphysengrenzen und
Knochenkerne, abnorm kompakte Knochensubstanz, keine Ver¬
krümmung der Diaphysen, Epiphysen unförmig plump, wodurch die
Verdickung der Gelenke bedingt ist.
ad 8) Die Verkürzung der Körperlänge betrifft aus¬
schliesslich die untere Körperbälfte, so dass diese Fotm des Zwerg¬
wuchses nur im Stehen erkenntlich ist, nicht beim Sitzen, worauf
zuerst Nathan 70 ) hingewiesen hat. Die Verkürzung ist meist eine
sehr beträchtliche. Beim Vergleich mit normalen Personen des gleichen
Alters ergaben sich im Falle von Porter (über 50 Jahre alter Mann)
mehr als 40 cm*), im Falle von Fuchs (26jähriger Mann) 41 cm,
im Falle von Rankin und Mackay (9jähriger Knabe) ungefähr
30 cm. Dagegen betrug die Differenz im Sitzen beim Fall Porter
nur 5 cm, beim Fall Rankin nur 3,8 cm.
Die kleinsten von den erwachsenen Mikromelen waren: Fall
Boeckh, 23jährige Frau 97 cm, Fall Peloquin, 26jährige Frau
100 cm, Fall Bail ly, 27 jährige Frau 103 cm, Fall He v er och,
59jähriger Mann 114 cm, und Fall Charpentier, 30jährige Frau
116 cm. Der grösste Mikromeie, eine 45 jährige Frau, war 148 cm
hoch (Fall Pauly und Teissier), ihm folgt ein über 50jähriger
Mann mit 132 cm (Porter), dann eine 22jährige Frau mit 130 cm
(Crimail) und endlich der von Fuchs beobachtete 26jährige
Athlet mit 127 cm.
Kassowitz hat an einem Kinde, das durch ca. 5 Jahre be¬
obachtet werden konnte, fortlaufende Messungen der Länge des Ober-
*) Die englischen Masse wurden hier wie bei den anderen L&ngenbestimmungen
in Centimeter umgerechnet (i inch = 2,54 cm).
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and Unterkörpers (mit der Spina ilei als Grenze) vorgenommen und
dabei folgende Masse gefunden:
Alter Körperlänge
Oberkörper
Unterkörper
1 Jahr
64
40
24
2 1 /, Jahre
76
42
34
83
46
37
5 8 /* „
91
61
40
Aus diesen Zahlen geht deutlich hervor, dass der Unter¬
körper im Wachstum stark zurückbleibt.
ad 9) Wie Urtel 10# ) zuerst nachgewiesen hat, ist die Epiphyse
oft durch ein vom Periost herstammendes Bindegewebe von der
Diaphyse getrennt. Dies ist gerade an den Knochen der Phalangeal-
gelenke häufig deutlich zu konstatieren, namentlich am Mittel- und
Bingfinger (Turner 108 )). Die charakteristische Radspeichenform
der Hände, von Pierre Marie „Main en trident“, von eng¬
lischen Autoren „Trident hand“ genannt, ist dadurch bedingt, dass
die Finger der Hand fast alle die gleiche Länge zeigen, plumper
cylindrisch geformt sind und von den Handwnrzelknochen in regel¬
mässig radiärer Anordnung ausgehen. Ein sehr instruktives Bild
einer solchen Radspeichenhand findet sich bei B a 1 m e und R e i d *).
ad 10) und 13) Die Haut der Mikromelen ist nach Kasso-
witz an den Streckseiten der Extremitäten, namentlich der unteren,
infolge Hypertrophie des subkutanen Zellgewebes eigentümlich ge¬
faltet. Diese Faltung schwindet nach einigen Jahren und macht
einer Veränderung Platz, welche durch die an Athleten erinnernde
Verdickung der Muskelbäuche bedingt ist. Myxomatöse Verände¬
rungen fehlen stets.
Die Behaarung ist in allen Fällen eine normale; die Crines
pubis sind stets im entsprechenden Alter aufgetreten. An den Geni¬
talien finden sich keine Abnormitäten.
Der von Heveroch 41 ) beschriebene und abgebildete Fall
(59jähriger Mann) zeigt bereits völlig weisses Haupt- und Barthaar.
ad 11) und 12) Lordose der Lendenwirbelsäule ist eine
häufige Begleiterscheinung der Achondroplasie. Tooth 88 ) hat vor
kurzem die Meinung ausgesprochen, dass diese Lordose keine echte,
sondern durch starkes Hervortreten der Hinterbacken bedingt sei,
unter welchen sich unmittelbar eine Höhlung findet. Diese Meinung
ist für alle Fälle kaum aufrecht zu erhalten, da zweifellos echte
Lordose bei Mikromelen vorkommt, die auch durch die Röntgen¬
untersuchung verifiziert wurde (Berger *)). In einem Falle Keyser’a
bestand deutliche Kyphose wie bei Rachitis. Swoboda hebt her-
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646
vor, dass Kyphoskoliose «eben Lordose bei Achondroplasie relativ
häufig ist; er selbst hat zwei derartige Fälle beobachtet.
Nach J. W. H awar d entsteht die Lordose duich zwei Faktoren:
1. durch die schräge Lage des Beckens, 2. durch das rorgetriebene
Abdomen, bedingt durch die Schlaffheit der Muskeln. Nach diesem
Autor würde es sich um eine rachitische Erscheinung handeln, die
zu der kongenitalen Deformität hinzutritt. Cox 85 ) beobachtete in
einem Falle enorme Entwicklung der Glutaeal-, Lenden- und Waden¬
muskulatur.
ad 14) Die Intelligenz der achondroplastischen Zwerge ist
stets vollkommen intakt, ja manchmal sogar auffallend gut entwickelt
So heisst es von einer Patientin, die Breus und Kolisko be¬
obachteten: „Ein vernünftiges, gebildetes, ja witziges Wesen, welches
im Häuslichen so bewandert war, dass sie die feinste Köchin hätte
abgeben können, und auch in vorzüglicher Weise alle möglichen
weiblichen Handarbeiten auszuführen verstand.“
Von einer Patientin Kassowitz’ (bei der ersten Beobachtung
4jähriges Mä.dchen) wird berichtet: „Sie war in allen Klassen die
beste Schülerin, hatte schon sehr früh ein ausgezeichnetes musika¬
lisches Gehör, so dass sie mit 6 Jahren bei der GartenmuBik W agner
sofort erkannte, nach wenigen Lektionen eine der geschicktesten auf
der Eisbahn war.“
ad 15) Das gleichzeitige Vorkommen anderer kon¬
genitaler Missbildungen (hochgewölbter Gaumen, Inguinal¬
hernie u. a), das von vielen Autoren als charakteristisch angesehen
wird, ist eigentlich nur in einer relativ kleinen Zahl von Fällen ver¬
zeichnet. Kaufmann (2 Fälle), Kirchberg und Simmonds
beobachteten kongenitale Hüftgelenksluxation bzw. -Subluxation, G he-
orgio Polydaktylie und Syndaktylie an Händen und Füssen sowie
Hasenscharte, Virchow, Bode und Kaufmann Polydaktylie;
der Patient Lunn’s, ein 53 jähriger Mann, hatte adenoide Vegetationen,
ebenso der von Bai me und Beid beobachtete 12jährige Knabe
„adenoide Vegetationen in Abundanz“.
Kassowitz, der auf diese Missbildungen viel Gewicht zu legen
scheint, beobachtete in 2 Fällen Nabelhernie, mehrmals hochgewölbten
Gaumen und Subluxation im Hüftgelenk.
In differentialdiagnostischer Hinsicht dürften sich in¬
folge der sehr charakteristischen Symptome nur selten Schwierigkeiten
ergeben. Höchstens könnte die andere Form der fötalen Skelett¬
erkrankung, die Osteogenesis imperfecta, die gleichfalls unter
dem klinischen Bilde des mikromelischen Zwergwuchses auftritt, in
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647
Frage kommen. Trotz der analogen klinischen Symptome ist das
anatomische Substrat der beiden Affektionen ein grundverschiedenes;
bei Achondroplasie handelt es sich um primäre Veränderung des
Knorpels, bei der Osteogenesis imperfecta um Funktionsstörungen
des Periosts und Knochengewebes.*) In zweifelhaften Fällen wird
die Röntgenuntersuchung Aufklärung bringen (Berger).
Von der Rachitis ist die Achondroplasie, die, wie erwähnt,
zuerst als fötale Rachitis beschrieben wurde, sowohl in den klinischen
Erscheinungen als auch in dem Wesen des anatomischen Prozesses
(verzögerte Ossifikation auf der einen und prämature Synostose auf der
anderen Seite) leicht zu unterscheiden. Gleichwohl kommen beide
Affektionen häufig nebeneinander vor. Derartige Beobachtungen
sind besonders von Kassowitz, Silberstein mitgeteilt worden.
Von Apert stammt das Wort: „Man wird achondroplastiach ge¬
boren und bleibt achondroplastisch, aber man wird rachitisch und
kann wieder aufhören, es zu sein.“
So scharf sich die Chondrodystrophie durch das Erhaltensein
der Intelligenz — kein einziger aller bisher beschriebenen
Fälle zeigte den geringsten intellektuellen Defekt —
und durch den Mangel tbyreoplastischer Zeichen vom Kretinismus
unterscheidet, für so nahe verwandt wurden die beiden Affektionen
von allen älteren Autoren gehalten. Selbst Kassowitz sucht noch,
die Grenzen zwischen Mikromelie, Myxödem und Mongoloid zu ver¬
wischen.
In therapeutischer Beziehung wurden vielfach Schild¬
drüsenpräparate versucht, stets mit vollem Misserfolg. Hierin liegt
ja ein weiteres wesentliches Unterscheidungsmerkmal gegenüber dem
Kretinismus. Über solche Misserfolge berichten neben zahlreichen
älteren Autoren Kassowitz und Berger. Kassowitz hat diese
Versuche mit grosser Geduld Monate hindurch fortgesetzt und da¬
bei fortlaufende Bestimmungen der Körpermasse vorgenommen, ohne
jemals einen merklichen Einfluss zu sehen. Nach Kassowitz hat
Cestan 17 ) bei einem 10jährigen mikromelischen Mädchen nach
einer durch 8 Monate fortgesetzten Behandlung mit Schilddrüsen¬
pastillen nur eine Zunahme von 3 cm gesehen. Courtin 29 ), der
ein djähriges chondrodystrophisches Kind mit einer Verkürzung des
rechten Beines (linker Oberschenkel 24,9 cm, rechter 24 cm) und
leichtem Hinken behandelte, entschloss sich zu einem aktiven chirur¬
gischen Vorgehen. Er durchschnitt die Weichteile und das Periost
*) Näheres Über Osteogenesis imperfecta bei F. Harbiti, Ziegler’s Beiträge
1901, Bd. XXX, p. 605.
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an der äusseren Seite des Oberschenkels zwischen unterem und mitt¬
lerem Drittel und durchbohrte den Knochen mittels eines Trepans
bis zum Mark. In dem durchbohrten Knochen wurde ein Stahlnagel
befestigt, dessen Spitze bis in die Markhöhle drang. Hierauf wurde
die Beinhaut über den Fremdkörper zurückgeschlagen und vernäht.
Ein anderer Stahlnagel wurde auf dieselbe Weise' zwischen oberem
und mittlerem Drittel des Oberschenkels eiugeführt. Nach 12 Tagen
konnte das Kind ohne Anstrengung gehen. Eine Messung 1 Monat
nach der Operation ergab eine Längenzunahme um 7 mm. In
7 Monaten ist in der Folge das linke Bein um 1 mm, das rechte
um 1 cm 2 mm gewachsen. Der eingeführte Stahlnagel hat daher
zweifellos das Wachstum gefordert. Die Radioskopie bestätigte die
Lage der Stahlnägel im Markkanale. Courtin empfiehlt das Ver¬
fahren auch bei kindlichen Knochenbrüchen.
Anatomische Untersuchungen liegen in überaus grosser
Zahl vor. Nach der klassischen Schilderung des Knochenprozesses
durch Virchow 104 ), die sich vorwiegend auf die schon erwähnten
Veränderungen an der Schädelbasis bezog, waren es hauptsächlich
Gynäkologen, die über „fötale Rachitis“ bei uuausgetragenen Föten
berichteten. H. Müller 68 ) hat einen der Virchow’schen Standard¬
falle nachuntersucht und ausserdem die Veränderungen an neuge¬
borenen Kälbern studiert, die er mit der in Rede stehenden Affektion
zu identifizieren geneigt war, während es sich augenscheinlich, wie
schon einleitend erwähnt, um kretinistische Veränderungen gehandelt
haben dürfte.
Von der umfangreichen anatomischen Literatur seien nur die
wichtigsten Arbeiten kurz referiert; hierbei und bei den folgenden
Erörterungen über die Beziehung der Achondroplasie zur Athyreosis
werden die leitenden Sätze jener älteren Autoren, deren Arbeiten
schon schwer zugänglich sind, möglichst wörtlich wiedergegeben.
Scharlau (1867) 90 ) beschrieb an zwei Föten die charakteristi¬
schen Skelettveränderungen der „fötalen Rachitis“; die chemische
Untersuchung ergab: Organische Substanz 46,26 %, anorganische
53,75 %, also ungefähr normale Verhältnisse, bei der mikroskopischen
Untersuchung fand sich keine Sklerosierung.
An einem männlichen Fötus mit typischer Achondroplasie kon¬
statierte Winkler (1871) 107 ): „Aus der Verbiegung und Kürze
der Extremitätenknochen ergibt sich, dass die Krankheit in einem
Stillstand der Ossifikation bestand, dass der Knoohen, während einer¬
seits das Periost stark wucherte, weich blieb, Verbiegungen ent¬
sprechend der Richtung des Muskelzuges zuliess, in der Folge aber
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sklerosierte Randschichten von besonderer Mächtigkeit, zumal an
der konvexen Seite der Knickung, auf Kosten der Marksubstanz pro¬
duzierte, selber aber für eine Dauer in einem verdickten Zustand
znrückblieb. Hiermit im Zusammenhang wurde das Längenwachstum
der Diaphysen sehr intensiv beeinträchtigt, dagegen wucherten die
Epiphysenknorpel ganz ausserordentlich, stellenweise sogar Vasku¬
larisation annehmend.“
Die folgenden anatomischen Untersuchungen von Kehrer 50 )
(ein 8- und ein 9monatlicher Fötus mit „Rachitis congenita“) und
Urtel (1873) lü# ) förderten weitere Details zutage, ohne über das
Wesen und die systematische Stellung der Affektion Klarheit zu
bringen. Urtel schreibt: „Eis liegt also eine Erkrankung des Primor¬
dialknorpels, und zwar eine solche vor, die sich darin äussert, dass
sie denselben absolut unfähig macht zu dem die Verknöcherung vor¬
bereitenden Akte der reihenförmigen Zellanreihung, statt dessen aber
ein allseitiges Zell Wachstum einleitet.“
Nachdem Fischer (1875) * 9 ) an dem Skelett eines ausgetragenen
Fötus typische achondroplastische Veränderungen beschrieben hatte,
gelangte Eberth (1878) 28 ) auf Grund seiner Untersuchungen an
zwei Kälbern mit angeblich „fötal-rachitischen“, offenbar aber kre-
tinistischen Veränderungen sowie unter Zugrundelegung der Befunde
H. Müll er’s zu folgendem Ergebnis. „Vergleichen wir den mikro¬
skopischen Befund bei dem oben beschriebenen Kalb mit dem einer
kongenitalen Rachitis, so finden wir als das einzig Uebereinstimmeode
die Unregelmässigkeit der Ossifikationslinie und den Ersatz des Markes
durch faseriges Gewebe. Auch ein Vordringen der Markräume, das
heisst der Gefässe, über den Verknöcherungsrand hinaus ist, wenn
auch in geringem Grade, wie bei Rachitis zu konstatieren. Wir ver¬
missen dagegen die Vergrösserung der präparatorischen Wucherungs¬
zone des Knorpels und die Umwandlung desselben in Osteoidgewebe.
Dafür bieten sich wieder Veränderungen, welche der Rachitis nicht
zukommen, der Knorpel zeigt mehr ein allseitiges Wachstum und
besteht fast nur aus hypertrophischen Knorpelzellen mit reichlicher
Grundsubstanz und an der Diaphyse ist die enchondrale Ossifikation
ersetzt durch eine reichliche periostale.“ .. . „Ich glaube auch Be¬
weise gebracht zu haben, dass einige der zur fötalen Rachitis ge¬
rechneten Fälle die ausgesprochensten dem Kretinismus zukommenden
Veränderungen bieten.“
Kirchberg und Marchand (1889) M ) berichten über die ein¬
gehende anatomische Untersuchung eines Falles, bei dem, wie in
deu Beobachtungen von Eberth und H. Müller, die gallertartige
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Erweichung des Knorpels in den Vordergrund trat. Sie schlugen
für die Affektion den Namen Micromelia chondromalacica vor. Kauf*
mann hat in der Folge für diese seltenen Fälle den Typus der
Chondrodystrophia foetalis malacica aufgestellt.
Porak 88 ) hat durch seine Untersuchungen zuerst den Unter¬
schied zwischen chondrodystrophischen und echten Zwergen hervor-
gehoben und die Becken Veränderungen bei Achondroplasie vorwiegend
vom geburtshilflichen Standpunkte geschildert Unter Mitteilung
mehrerer Fälle von Achondroplasie beim Erwachsenen gibt er eine
eingehende Beschreibung des Skelettes und betont besonders die Ver¬
kürzung und Krümmung der Extremitätenknochen, den Hydro-
cephalus, die Lordose, die Verkürzung der unteren Körperhälfte,
namentlich aber die allseitige Verengerung des Beckeneinganges.
Scholz (1892)•*) hat in emer fieissigen, den bisherigen Stand
der Frage übersichtlich rekapitulierenden Dissertation drei weitere
Fälle mitgeteilt, deren Untersuchung aber infolge der heterogenen
Beschaffenheit der drei Fälle die Sachlage eher zu verwirren als
aufzuklären geeignet erschien. Der erste dieser Fälle ist nämlich
der bereits von Winkler beschriebene, der zweite betrifft eine
Osteogenesis imperfecta und der dritte ein zweifelloses Myxödem
(starke Verdickung der Haut und des subkutanen Gewebes, reich¬
liche Fettansammluug, stellenweise Oedeme, auffallend vergrösserte
Schilddrüse).
Volle Klarheit über das Wesen des der Achondroplasie zugrunde
liegenden anatomischen Prozesses brachten die an einem grösseren
Materiale (13 Fälle) angestellten Untersuchungen von Kaufmann
(1892) 48 ). Nach diesem Autor ist das Wesen des Prozesses die Ver¬
änderung an den knorpeligen Teilen des Skelettes, eine Wachstums*
Störung, Dystrophie des Knorpels (daher der Name Chondrodystro¬
phia foetalis). Diese Wachstumsstörung könne zu verschiedenen
Zeiten des fötalen Lebens einsetzen; je früher sie auftritt, desto
kürzer bleiben die Knochen.
Kaufmann stellte die drei folgenden Typen der chondrodystro¬
phischen Skelettveränderungen auf: I. Chondrodystrophia foe¬
talis hypoplastica, wobei die Epiphyse von normaler Gestalt
und Konsistenz ist und eine Behinderung in der Proliferation der
Knorpelzellen besteht, II. Chondrodystrophia foetalis hyper-
plastica, wobei die Epiphysen deutlich verlängert, von wechseluder
Konsistenz sind und eine vermehrte Proliferation von Knorpelzellen
besteht, und III. Chondrodystrophia foetalis malacica,
wobei der Knorpel erweicht, die Intercellularsubstanz gelatinös und
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sehr gefassreich ist. Nach Kaufmann können alle drei Typen
bei einem Individuum Vorkommen, aber gewöhnlich herrscht dann
einer derselben vor.
Nach den Ergebnissen aller späteren Beobachter sind diese
3 Typen in Behr verschiedener Häufigkeit zu beobachten: die grosse
Mehrzahl der Fälle betrifft die hypoplastische Form,
viel seltener ist die malacische Form (Fall von Kircb-
berg und Marchand 58 )), am seltensten die hyperplasti¬
sche. Von letzterer hat Kaufmann selbst nur einen Fall ge¬
sehen, weitere Beobachtungen stammen von Johanessen 44 ),
Simmonds 98 ) und vielleicht, wie Berger 8 ) meint, auch von
Joachimsthal 48 ). Über den von Dawe“) unter der Wahr¬
scheinlich keitsdiagnose Chondrodystrophia foetalis hyperplastica mit¬
geteilten Fall fehlen genauere Angaben. Die Knochenverdickungen
an den Trochanteren, Krümmung der Fibulae und Tibien, Ver¬
dickungen der Rippenenden bestanden seit der Geburt. Das Kind
lebte 17 Tage. Während der Geburt war Fraktur der unteren
Extremitäten eingetreten.
Salvetti (1894)"), der bereits eine Literaturübersicht von
82 Nummern über die Frage der sogenannten fötalen Rachitis gibt,
untersuchte einen Fötus, der klinisch und makroskopisch rachitische
Symptome darzubieten schien, während histologisch deutliche chondro-
dystrophische Veränderungen (nach dem Typus I des Kaufmann-
sehen Schemas) gefunden wurden.
Turner 10 *) fand an der Epiphysen-Diaphysengrenze die Knorpel¬
zellen abnormal in bezug auf ihre Grösse, Form und Anordnung. Die
primären knöchernen Areolen, welche gewöhnlich in der Achse des
Knochens liegen, fehlen. Die Diaphyse ist dadurch nicht länger
geworden. Es besteht eine Zunahme des Periosts zwischen der Epi-
und Diaphyse, so dass die Ossifikation der Knorpelzellen in den pri¬
mären Areolen verhindert ist. Gelegentlich bleiben Epi- und Diaphyse
unvereinigt, das Periost verdickt sich an den Knochen entlang des
Schaftes, manchmal finden sich exostosenähnlicbe Buckel.
Simmonds 98 ) hat einen Fall von Chondrodystrophia foetalis
hypertrophica histologisch untersucht (neben einem Falle der
typischen hypoplastischen Form). Es handelte sich um ein aus¬
getragenes Kind weiblichen Geschlechts, das nur eine Viertelstunde
lebte und neben den charakteristischen Skelettdeformitäten eine
exquisite kongenitale Hüftgelenksluxation aufwies. „Im zweiten Falle
zeigen die histologischen Bilder manche Abweichungen. Auch hier
fehlt die Knorpelzellenreihenbildung au der Ossifikationsgrenze; die
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auffallend grossen, blasenförmig aufgetriebenen Knorpelzellen liegen
völlig «irr durcheinander. Im Gegensatz zum ersten Fall vermisst
man indes mehrfach eine scharfe Abgrenzung zwischen Knorpel
und Knochen. Der Knochen ist in der Nähe der Epiphyse reich
an kleinen Randzellen, vielfach lassen sich auch Riesenzellen er¬
kennen. Weiter entfernt nimmt dieser Zeilreichtum ab, um dann
völlig normalen Bildern zu «eichen. Auch das Verhalten des
Knorpels «eicht von dem im ersten Falle ab. Er ist im ganzen
«eit reicher an Gefassen, an manchen Stellen durchsetzt von kleineren
und grösseren Höhlungen, die vielfach mit sternförmigen Zellen
erfüllt sind und bisweilen ganz an myxomatöse Herde erinnern. Wo
derartige Lücken sehr dicht gelagert sind, nur noch getrennt von¬
einander durch schmale Septa, tritt eine völlig bienenwabenartige
Struktur hervor.“ (Auch dieser Autor verwahrt sich gegen die
Annahme von Beziehungen der Chondrodystrophie zum Kretinismus.)
Ziegler 110 ) bildet in seinem Lehrbuche das histologische Bild
einer enchondralen Ossifikation bei einem Neugeborenen mit abnorm
kurzen Extremitäten ab. Beim Vergleich mit der normalen enchon¬
dralen Ossifikation ergibt sich, dass die steheobleibenden Reste der
verkalkten Knorpelgrundsubstanz eine andere Anordnung und Kon¬
figuration besitzen wie in der Norm, es ändert sich deutlich die
Architektur der enchondral entstandenen Spongiosa.
(Schluss folgt)
n. Referate.
A. Bakteriologie, Serumtherapie.
Experimentelle Untersuchung über die Infektion and die Bakterien¬
resorption 1. der Gelenke, 2. des Subduralraumes, sowie über
den Unterschied in der Resistenz der verschiedenen Gewebe
und Körperhöhlen. Von W. Nöltzel. Arch. f. klm. Chir. 81. Bd.
1. Teil.
Die Tatsache, dass nach wie vor den Gelenken eine leichte Infizier-
barkeit, eine im Vergleich zu anderen Geweben weit höhere Empfäng¬
lichkeit für bakterielle Prozesse zugeschrieben wird, hat den Verf. bewogen,
diese Umstände einer experimentellen Prüfung zu unterziehen. Die zu
diesem Zwecke am Kniegelenk hauptsächlich mit Staphylo- und Strepto¬
kokken vorgenommenen Versuche brachten das Ergebnis, dass tatsächlich
die Gelenke die für Infektionen empfänglichsten Teile des Organismus
sind. Die Ursache für diese Tatsache findet Verf. gegeben in der die
Gelenkhöhle ausfüllenden, schleimigen Synovia, welche bei Gelenksinfek-
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tionen, auf welchem Wege immer, den Infektionsträger abgibt, den
Kontakt der Gewebe und deren Einfluss auf die Bakterien verhindert
und als schützendes Medium die Vermehrung der letzteren begünstigt.
In 2. Linie wirkt die Beschaffenheit der Flüssigkeit mit, die durch
ihren schleimigen Charakter die Einwirkung abtötender Substanzen fernhält.
Eine 2. Versuchsreihe über die entsprechenden Verhältnisse im Sub¬
duralraum liegt nicht abgeschlossen vor, ergibt aber jedenfalls eine ge¬
ringere Empfänglichkeit für infektiöse Prozesse, wobei darauf hingewiesen
wird, dass an der Konvexität der Hemisphären, wo die Impfungen aus¬
geführt wurden, ein ziemlich enger Kontakt zwischen Dura und Pia
vorhanden ist und die Cerebrospinalflüssigkeit hier also die Einwirkung
des baktericiden Gewebes nicht hindern kann; dazu kommen mitwirkend
die Grösse des infizierten Baumes und die Verteilung und Verdünnung
des Infektionsmateriales.
Vergleichende Impfungen haben Verf. zur folgenden Skala der Emp¬
fänglichkeit geführt: Peritoneum, Pleura, Hautwunden, Muskelwunden,
Gelenke.
Eine spezifische Empfänglichkeit resp. Resistenz gegen verschiedene
Bakterien gibt es nicht, dieselbe ist stets abhängig von anatomischen,
bzw. physikalischen Bedingungen, Grösse und Beschaffenheit der infizierten
Flächen, der schleimigen Flüssigkeit im Gelenke usw. Die so häufige
Lokalisation aller hämatogenen Infektionen in den Gelenken, ja selbst
des für Wunden und Peritoneum unschädlichen Gonococcus ist nur ein
Symptom der überaus grossen Empfänglichkeit der Gelenke und nicht
einer spezifischen Affinität zu letzterem.
Ueber die BesorptionsVerhältnisse wäre noch nachzutragen, dass
einerseits die Grösse derselben keineswegs für die Bakterienvernichtung
von wesentlicher Bedeutung ist, andrerseits aber die Bakterienresorption
von den Gelenken aus — das Gleiche gilt auch für den Subduralraum —
der Resorption anderer Gewebe nicht nachsteht, was durch Experimente
des Verf. sicher nachgewiesen wurde. Victor Bunzl (Wien).
Le röle de la vaisselle dang la transmission des germes infectieux.
Von Christiani und de Michelis. Rev. möd. de la Suisse romande
1907. Nr. 1.
Eingehende Untersuchung über die Möglichkeit der Uebertragung
infektiöser Keime durch Trinkgeräte, Küchengefässe usw., mit spezieller
Berücksichtigung der Frage der Gefahr des gemeinsamen Abendmahl¬
kelches. (Schon in der Mitte des 16. Jahrhunderts sind berühmte Theo¬
logen wie Zanchius und Budinger, später (1783) Christian Gott¬
fried Grüner und Johann Daniel Metzger gegen den Gebrauch
eines gemeinsamen Abendmahlkelches mit Erfolg aufgetreten.) Verff.
haben in dem Speichel, welcher Trinkgefässen anhaftete, die von an
florider Lungentuberkulose leidenden Patienten benützt wurden, virulente
Tuberkelbazillen nachgewiesen.
Interessant ist folgender Versuch:
1. 5 Gläser wurden nach Benützung ohne vorheriges Abspülen mit
einem sterilen trockenen Tuch einfach abgewischt.
2. Andere Gläser wurden in kaltem Wasser abgespült, dann ober¬
flächlich abgetrocknet, „wie dies in der Küche geschieht u .
3. Wiederum andere Gläser wurden mit lauwarmem Wasser ge-
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reinigt, dann mit frischem kaltem Wasser abgespült nnd endlich sorgfältig
abgetrocknet, „wie dies im Laboratorium getan wird“.
ln den zwei ersten Fällen fanden sich stets Keime, im dritten dagegen
nur ausnahmsweise und in sehr geringen Mengen. Daraus folgern Verff.,
entgegen Esmarch, dass ein sorgfältiges Abspülen und vor allen
Dingen ein gründliches Abtrocknen von beschmutzten Essgefässen die¬
selben im allgemeinen von schädlichen Keimen hinreichend befreien.
Schrumpf (Strassburg).
A study of the nature of the micro-organisms found in the mouths
and thronte of healthy persons. Von J. B. Bucker. Univ. of
Pennsylvania. Med. Bull. XIX, 8 p. 207.
Verf. hat in dem Bachenschleim gesunder Personen regelmässig Strepto¬
kokken und Diplokokken nachgewiesen; in 70 °/ 0 der untersuchten Fälle
fand er den Streptococcus mucosus, in 60 °/ 0 atypische Pneumokokken,
typische Pneumokokken in 26 °/ 0 der Fälle.
Schrumpf (Strassburg).
The Streptococci from scarlatinal and normal throats and from
other sources. Von G. F. Buediger. The Journ. of Inf. Dis. HI,
6 p. 765.
Verf. hat in 154 Fällen den Bachenschleim auf seinen Bakterien¬
gehalt untersucht, teils bei gesunden, teils bei an Scharlach, Masern,
Angina, Pneumonie erkrankten Individuen. In allen Fällen von Scharlach
und Tonsilitis fand sich Strept. pyogenes in grosser Zahl; er ver¬
schwand meist mit dem Aufhören der klinischen Symptome. Der Strept.
pyogenes kann nicht als normal in jedem gesunden Bachen vorkommend
angesehen werden; er wurde bei 49 °/ 0 gesunder Individuen vermisst.
Begelmässig und in reichlicher Menge fand sich dagegen eine Bakterien¬
art, welche zwischen dem gewöhnlichen Strept. pyogenes und dem
Pneumococcus liegt und als normaler Befund anzusprechen ist. Diese
Mikroorganismen sind für Kaninchen nur wenig virulent.
Schrumpf (Strassburg).
Amoebiasis; ite association with other diseases, its complications
and its after effects. Von W. S. Nusgrave. Philippin. Joum. of
Sc. I No. 5 p. 547.
Interessante Abhandlung über das Vorkommen von Mischinfektionen
von Amöben und anderen Mikroorganismen mit besonderer Berück¬
sichtigung der im Verlauf von Amöbenenteritis enstandenen Leberabs-
cesse, der Amöbengastritis und der Amöbenappendicitis.
Schrumpf (Strassburg).
Mouth desinfection in the prophylaxis and treatment of pnenmonia»
Von H. Wadsworth. The Joum. of Inf. Dis. HI, 5 p. 774.
Eine vollkommene Desinfektion der Mundhöhle ist unmöglich. Pneumo¬
kokken sind jedoch in höchstem Grade empfindlich gegen die plasmo¬
lytische Wirkung von alkalischen Salzlösungen. In Bouillon werden
Pneumokokken leicht zerstört, schwerer in Exsudatflüssigkeiten, noch
schwerer im Sputum, wenn dünne Lösungen von Desinfektionsflüssigkeit
angewandt werden.
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Von allen untersuchten und allgemein als Mundwasser bräuchlichen
antiseptischen Lösungen scheint der Alkohol am zweckmässigsten zu sein. —
Es rät nun Verf., zur Desinfektion des Mundes bei Pneumonie eine alko¬
holische Lösung von Chlornatrium und Natronbikarbonat unter Zusatz
von Glycerin anzuwenden (Formel angegeben).
Schrumpf (Strassburg).
Spirilles, spirochaites et autres microorganismes 4 forme spirillaire.
Von ft. Blanchard. Revue Vötörinaire 1906; The Journ. of Yet.
Trop. Sc. I, 3 p. 320.
Verf. schlägt folgende Einteilung für die spirillenartigen Mikro¬
organismen vor:
I. Spirobakterien (Cohn 1875) = Spirillaceae (Migula 1890).
1. Genus Spirosoma (Migula 1900)
a) Sp. nasale (Weibel 1887),
b) Sp. linguale (Weibel 1888);
2. Genus Vibrio (Ehrenberg 1838) = Microspira (Schröter 1886)
a) V. comma (Schröter 1886) (asiatische Cholera),
b) V. Metschnikovi (Gamalöia 1888) (Hühner-Enteritis);
3. Genus Spirobacillus (Metschnikoff 1889)
a) Sp. Cienkovskyi (Metschnikoff 1899) (Blutparasit von Daphnia
magna),
b) Sp. gigas (Cutes 1899) (in Quellwasser gefunden);
4. Genus Spirillum (Ehrenberg 1838) (Saprophyten).
II. Trypanosomidae (Doflein 1901).
1. Genus Spirochaeta (Ehrenberg 1838) = Spirochäte (Cohn 1875)
a) Sp. plicatilis (Ehrenberg 1838) (in stehendem Wasser vor¬
kommend),
b) Sp. buccalis (Cohn 1875) (in kariösen Zähnen häufig),
c) Sp. Obermeieri (Cohn 1875) (Zeckenfieber),
d) Sp. Eberthi (Kent 1880) (in den Lieb erkühn’schen Drüsen
der Vögel lebend),
e) Sp. anserina (Sakharov 1891) (verursacht Septikämie bei
Gänsen),
f) Sp. gallinarum (ft. Blanchard) (verursacht Septikämie bei
Hühnern),
g) Sp. Theileri (L ave ran 1903) (Texasfieber),
h) Sp. vaccinae (Bonhoff 1905) (in den Impfpusteln des Kalbes
gefunden),
i) Sp. ovina (R. Blanchard) (im Schafblut lebend),
j) die im Magen vorkommenden Spirochäten (Bizzozero).
2. Genus Treponema (Schaudinn 26. X. 1905) = Spirochaetae =
Spironema (Vuillemin 5. VI. 1905) = Microspironema (W.
Stiler u. Pfender 2. X II . 1905)
a) Tr. pallidum (Schaudinn) (Syphilis);
3. Genus Trypanosoma (G r u b y 1884) = Trypanomonas (D a n i -
lewsky 1885)
a) Tr. gambiense (Dutton) (Schlafkrankheit),
b) Tr. Brucei (Plimmer u. Brasford) (Nagana),
c) Tr. Evansi (Steel) (Surra),
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d) Tr. Lewisi (K e n t) \ (nicht pathogen, bei Hatten und
e) Tr. cuniculi (B. Blanchard) / Kaninchen vorkommend),
f) Tr. equiperdum.
4. Genua Trypanoplasma (L averan u. Mesnil 1901) = Trypano-
monas (Lubbö 1891) = Tfypanophis (Keysselitz 1904) (imBlut
und Magen von Fischen). Schrumpf (Strassburg).
Ueber Spirochätenerkrankungen. Von G. Scherber. Dermatol.
Zeitschr., 2. Heft, 1907.
Lokalerkrankungen, bei welchen Spirochäten eine grosse Bolle zu
spielen scheinen, gehen fast ausschliesslich von der Genitalregion und
von der Mundhöhle aus. Die bei diesen Mund- und Genitalprozessen
vorkommenden Spirochäten färben sich mit den gewöhnlichen Anilin¬
farben bereits in der Kälte leicht nach den gewöhnlichen Methoden und
zeigen ein gramnegatives Verhalten. Von Allgemeinerkrankungen sind
vor allem die Syphilis, die Becurrens und die Framboesia tropica durch
Spirochäten bedingt. von Hofmann (Wien).
Generalized blastomycosis. Von E. Irons und E. A. Graham.
The Joura. of Inf. Dis., IH, 4, p. 666.
Klinische, bakteriologische und pathologisch-anatomische Besprechung
eines Falles von generalisierter Blastomycosis (B. dermatidis) mit
miliaren Knoten in Lunge und Milz, Phthise der Oberlappen, multiplen
Hautabscessen, Betropharyngealabscess. Blastomyceten wurden intra vitam
aus dem Eiter der Hautabscesse und dem Sputum gezüchtet und durch
Impfung mit denselben die Krankheit auf Tiere übertragen.
Das klinische Bild war dem einer tuberkulösen Affektion sehr ähnlich.
Schrumpf (Strassburg).
Ueber Methylenblau. Von Franz Nagelschmidt. Arch. f. Denn,
und Syph. Bd. LXXXIV, 1907.
Nach N.’s Untersuchungen wirkt das Methylenblau austrocknend
und sekretionsbeschränkend sowie auch antibakteriell auf Wunden, Ge¬
schwüren und Schleimhäuten. Geradezu spezifisch ist seine Wirkung bei
Ulcus molle. Bei Gonorrhoe ist das Methylenblau überall da anzuwenden,
wo starke subjektive Beschwerden oder reichlicher Ausfluss vorhanden
sind. Doch muss man sich konzentrierter Lösungen (5—10 °/ 0 ) und
dreimaliger täglicher Anwendung neben der üblichen Behandlung be¬
dienen. von Hofmann (Wien).
Studie» on phagocytosis. Von F. B. Bergey. Univ. of Pennsyl¬
vania. Med. Bull., XIX, 7 p. 177.
Die polymorphonukleären Leukocyten besitzen deutlichst manchen
Bakterienarten gegenüber viel energischere phagocytäre Eigenschaften
als gegenüber anderen; ganz besonders ausgezeichnet ist die Phagocytose
bei den verschiedenen Septikämien. Ferner wirken die grossen Lympho-
cyten und die von dem Peritonealüberzug stammenden Endothelzellen
weit stärker phagocytär als die polymorphonukleären Leukocyten; letzteres
tritt besonders deutlich bei Infektionen durch Spirillen zutage.
Schrumpf (Strassburg).
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A study of the cause of sudden death following the injection of
horse Serum. YonH. J. Rosenau und J. F. Andersen. Hygienic
Laborat. Bull., No. 29, Washington.
Wird normales oder Antitoxinserum des Pferdes subkutan oder intra¬
peritoneal injiziert, so ist es unschädlich; wird es aber einem Meer¬
schweinchen beigebracht, das schon mit demselben Serum vorbehandelt
worden ist, so wirkt es toxisch und ruft Dyspnoe, Lähmungen, Krämpfe
hervor. Es scheinen vorzugsweise die respiratorischen Centren betroffen
zu sein; der Tod tritt oft sehr rasch ein. Hierbei ist die Giftigkeit
des Pferdeserums völlig unabhängig von seinem Gehalt an Diphtherie-
Antitoxin ; ferner hat sie nichts zu tun mit der Hämolyse, auch
nicht mit spezifischen Präcipitinen. Das giftige Agens passiert jedes
Filter, wird durch Ammonsulfatfällung nicht mitgerissen, verträgt eine
Erhitzung auf 60 °, wird bei 100 0 zerstört. sogar ccm
Serum genügen, um ein Meerschweinchen 160 Tage gegen fernere Serum¬
dosen empfindlich zu machen; diese Eigenschaft ist auf die Jungen über¬
tragbar. Schrumpf (Strassburg).
The oral administration of antitoxin for prevention of diphtherie,
tetanus and possibly sepsis, with some observations on the in-
fluence of certain drugs in preventing digestion and promoting
absorption from the alimentary canal. Von C. F. MacClintock
und W. E. King. The Journ. of Inf. Dis., IH, 5, p. 701.
Diphtherie- und Tetanusantitoxin, Meerschweinchen, Kaninchen oder
Hunden per os beigebracht, werden vom Magen aus nicht in nennens¬
werter Menge resorbiert; werden sie hingegen mittels Jejunalfistel direkt
in den Darm gebracht, so ist ihre Resorption sehr deutlich. Werden
sie nun mit Substanzen vermischt, welche einerseits ihre Verdauung ver¬
hindern, andererseits ihre Resorption begünstigen, so mit Trikresol, Salol,
Chloroform, Opium, Strychnin, Kaüumbicarbonat, so gelangen sie auch
bei Zufuhr per os in reichlicher Menge in das Blut, ganz besonders
wenn die Versuchstiere sich in massigem Hungerzustande befinden. Die
sich einstellende Immunität ist dieselbe wie bei subkutaner Zufuhr des
Antitoxins und stellt sich in derselben Zeit ein wie letztere. Versuche
an Menschen ergaben dasselbe Resultat.
Die nach Aufnahme von verdorbenen Speisen eintretende Toxikämie
dürfte sich daraus erklären, dass in diesen Fällen die Verdauung auf¬
gehoben und daher die Resorption der schädlichen Produkte ermöglicht ist.
Schrumpf (Strassburg).
Zur Behandlung der Tuberkulose mit Antituberkuloseserum Mar-
morek. Von A. van Huellen. Deutsche Zeitschr. f. Chirurgie,
Bd. LXXXIV, Sept. 1906.
Verf. ist auf Grund seiner therapeutischen Versuche mit dem
Marmorek’schen Serum zur TJeberzeugung gelangt, dass dieses als ein
spezifisches Heilmittel gegen die Tuberkulose anerkannt werden müsse.
Die Versuche erstrecken sich auf die Behandlung von tuberkulösen Fisteln,
tuberkulösen Drüsen, Gelenkerkrankungen und einer Peritonitis. Mit Aus¬
nahme der Arthritiden, bei deren Behandlung kein sicherer günstiger
Einfluss zu konstatieren war, hat Verf. meistens auffällige Besserung des
Centralblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 42
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Original frern
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658
Verlaufes und Heilung auch in solchen Fällen beobachtet, wo chirurgische
und andere Behandlungsmethoden bereits vollständig versagt hatten. In
einzelnen Fällen allerdings zeigte sich keinerlei Beeinflussung durch das
Serum, in anderen wieder wurde das Serum nicht vertragen, wie denn
überhaupt den durch die Injektion hervorgerufenen Nebenerscheinungen,
die in lokalen Infiltrationen und Abscessen sowie in öfters auftretenden
ödematösen Anschwellungen und Exanthemen bestehen, Rechnung ge¬
tragen werden muss; doch sieht Verf. in diesen Nebenerscheinungen
nicht wie Stadelmann eine Kontraindikation gegen die obige Be¬
handlungsmethode, sondern empfiehlt in derartigen Fällen die Applikation
im Klysma.
Vorwiegend eignen sich natürlich frische Fälle von Tuberkulose,
wenig, wie bereits erwähnt, Fälle von Gelenkstuberkulose, doch glaubt
Verf., auch hier bei länger fortgesetzter Serumbehandlung Erfolge ver¬
sprechen zu dürfen. Victor Bunzl (Wien).
B. Dann.
Notes on a case of enterospasm. Von E. Oliver Ashe. Brit.
Med. Journ., 2. März 1907.
Die Patientin, eine 22 Jahre alte Frau, litt seit Dezember 1905
an Obstipation und Schmerzen in der Magengegend, die beim Gehen
Zunahmen. Am 1. Februar 1906 traten die Beschwerden besonders
heftig auf und trotz reichlicher Abführmittel war durch 3 Tage kein
Stuhl zu erzielen; nach der Defäkation hörten die Schmerzen auf. Auch
bei Untersuchung in Chloroformnarkose konnte keine Ursache für die
Obstipation gefunden werden, das Abdomen war stets druckschmerzhaft,
mehr noch nach Einnahme von Purgativa, schon beim Auflegen der
Hände entstanden Spasmus der Abdominalmuskeln und Schmerzen in der
Tiefe, die durch Belladonna und Opium nicht beeinflusst wurden. Irri¬
gation erzeugte bedeutende Schmerzen, ohne Stuhl zu erzeugen. Er¬
brechen und Ausdehnung des Abdomens bestanden nie.
Operation. Nach Eröffnung des Abdomens fand sich links vom
Nabel ein Stück verengten Dünndarmes, ca. fingerdick und 7 Zoll lang;
der Uebergang in den angrenzenden Darm erfolgte nicht allmählich,
sondern plötzlich. Drehung, Kongestion oder Peritonitis bestand nicht,
Flatus liessen sich durch Druck durchpressen, Fäkalmassen jedoch nicht.
Nach einiger Zeit, während welcher die Partie durch warme Kompressen
bedeckt wurde, hatte dieselbe plötzlich normale Gestalt und normales
Aussehen angenommen. Von da an fühlte sich Patientin wohl bis zum
8. Mai, wo Schmerzen und blutig-schleimige Stuhlentleerungen mit an¬
schliessender Obstipation auftraten, die durch Glycerinklysmen bekämpft
wurde, gleichzeitig nahm die Frau intern Belladonna.
Pathognomonisch für die Erkrankung scheinen die bedeutende Irri¬
tabilität der Abdominalmuskeln und die Tendenz zu schmerzhaften
Spasmen in den Muskeln und Därmen zu sein.
Herrnstadt (Wien).
A case of multiple strictures of the small intestine, probably of
tuberculous origin. Von Mr. Charters J. Symonds. Lancet,
17. November 1906.
Patient war ein 43 jähriger Mann, der seit der Kindheit an Schmerzen
im Bauche litt; seit dem 20. Jahre hatte er jährlich 1—2 Attacken,
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gewöhnlich des Nachts, in den letzten Jahren waren dieselben häufiger
aufgetreten und durch 3 Monate fast konstant. Das Abdomen war ge¬
schwollen, Wülste von Dünndarm sichtbar, lautes Gurren, ein Geräusch
der Flüssigkeit wie beim Passieren eines engen Orificiums war links und
unterhalb vom Nabel hörbar. Am 5. September 1899 wurde ein 15 Zoll
langes Darmstück reseziert, dasselbe war verdickt, dilatiert und an beiden
Enden strikturiert; der dilatierte Anteil allein war ca. 12 Zoll lang.
Seither fühlt sich Patient völlig wohl. Herrnstadt (Wien).
Idiopathic dilatation of the colon. Von Herbert P. Hawkins.
Brit. Med. Journ., 2. März 1907.
Das Symptomenbild ist folgendes: 1. Obstipation seit Geburt oder
von der frühesten Kindheit an. 2. Es können abwechselnd Obstipation
und Diarrhoe eintreten. 3. Verbreiterung des Abdomens mit Prominenz
der linken Reg. iliaca. 4. Geringe Formveränderung der linken Reg.
ili&ca, ähnlich schwachen, peristaltischen Bewegungen. 5. Abwesenheit
von Schmerzen und Erbrechen.
Die Erkrankung beginnt fast immer am untersten Teile der Flex.
sigmoidea (Colon pelvicum) an der Stelle, wo es das Mesenterium verliert
und weniger beweglich ist und wo es in das Rectum übergeht. Es be¬
steht keine strukturelle Verengerung, die Passage bis zum Anus ist
weit und frei und dies führt zur Annahme eines nervösen Einflusses,
welcher nach White als congenital inertness of the colon be¬
zeichnet wird. Im späteren Alter wird die Darmtätigkeit gewöhnlich
eine normale und nur in wenigen Fällen war auch später eine wenn
auch geringere Dilatation nachweisbar. Der primäre nervöse Defekt
mag oft schon in utero Colondilatation produzieren, das Individuum so¬
dann die Entwicklungsperiode überstehen und erst in späterer Zeit, wenn
der Einfluss des Alters hinzukommt, der Krankheit unterliegen.
Anatomie. In einzelnen Fällen ist Analspasmus die einzige Ur¬
sache für Colondilatation. Fast immer findet sich eine trichterförmige
Verbreitung des Rectum oder der Flex. sigmoidea oder es bleiben Rectum
und unterster Anteil des S romanum frei und die Erweiterung beginnt
erst weiter oben, wobei die Länge der Dilatation 3—4 Zoll beträgt,
doch wurden auch 8 Zoll gemessen. Dabei ist die Gestalt des S romanum
erhalten, es kann jedoch bis zum Nabel oder sogar bis zum rechten
Rippenrande reichen und durch die Bauchdecken sichtbar sein. Das
oberste Ende der dilatierten Partien gleicht dem unteren und geht dann
in normales Colon über, nur selten ist auch das Ende des Col. desc.
in die Erweiterung noch einbegriffen. Eine Dilatation des ganzen Colons
bis zum Blinddarm ist ausserordentlich selten. Der Dünndarm ist eng,
collabiert, leer, grau gefärbt.
Die Dilatation erfordert zur Entwicklung längere Zeit und ist kom¬
biniert mit Hypertrophie der Muskeln, welche gewiss eine Zeit lang
dem paretischen oder spastischen Darmanteil die Wagschale hält, bis
relative Insufficienz eintritt; dabei ist die zirkuläre Mulkelschichte 3 mal
dicker als die longitudinale und die ganze Dicke beträgt ca. */ 4 Zoll.
Das Mesenterium des S romanum ist gleichfalls verdickt; Adhäsionen
bestehen nicht, Ulcerationen sind nur selten beobachtet. Die Fäkalmassen
sind halbflüssig, gelb-grünlich, von mässigem Geruch, der Hauptanteil des
Darminhaltes ist gasförmig und bewirkt durch den Druck die Dilatation.
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Der vollentwickelte Zustand bei Kindern wird durch 2 Fälle illustriert:
1. Fall. Ein 12 Monate alter Knabe, der seit Geburt an Obstipation
mit gelegentlicher Diarrhoe litt. Vor der Spitalsaufnahme war er durch
5 Tage ohne Schmerzen und Erbrechen konstipiert, doch sah man einen
Tumor, der sich zu bewegen schien. Patient starb, nachdem eine Colo-
tomie gemacht worden war. 3 Zoll über dem Rectum begannen Hyper¬
trophie und Dilatation des Darmes, der in einer Höhe von 4 Zoll einen
Durchmesser von 6 Zoll hatte, das ungeheure S romanum füllt die
untere Hälfte des Abdomens aus. Die Dilatation erstreckte sich auf das
Col. descendens und transvers. und ging allmählich in das Col. ascendens
über. Der Inhalt bestand aus weichen, gelben Fäkalmassen.
Fall 2 zeigt dieselben Symptome, doch trat der Exitus weniger
plötzlich ein. Es war ein 10 monatlicher Knabe, Brustkind, mit aus¬
gedehntem Abdomen, in dem 2 breite Darmschlingen sichtbar waren,
die von der linken Fossa iliaca zum rechten Rippenrand verliefen.
Nachdem durch 10 Tage auch durch Purgativa fast kein Stuhl zu er¬
zielen war, trat Exitus letalis ein.
In Fall 3 handelt es sich um einen 7 Jahre alten Knaben, der
wegen Rippenbruches ins Spital aufgenommen wurde. Das Abdomen war
mächtig dilatiert, peristaltische Bewegungen waren sichtbar, links unten
war eine derbe, rundliche Geschwulst palpabel. Innerhalb 14 Tagen
wurden durch Purgativa nur 3 Entleerungen erzielt, das Allgemein¬
befinden war dabei ein gutes. Nach Laparotomie sah man das S romanum
sich sackartig bis zum Nabel erstrecken. Durch laterale Anastomose
wurde die dilatierte Partie ausgeschaltet. Im Beginne mussten häufig
Abführmittel verabreicht werden und erst nach 2 Monaten besserten
sich die Verhältnisse, unterstützt durch Massage und Elektrizität. Das
Abdomen blieb jedoch ausgedehnt. Nach 4 Jahren bestand die sack¬
förmig ausgedehnte Partie noch immer und war, wenn mit Gas gefüllt,
in ihren Umrissen sichtbar, ohne jedoch Beschwerden zu verursachen.
Ein ganz frühes Stadium zeigt Fall 4. Ein 3 Wochen altes Kind,
früh geboren, das Abdomen sofort stark aufgetrieben, Nahrungsaufnahme
unwillig, häufiges Erbrechen. Es bestanden Obstipation und nach Abführ¬
mitteln flüssige Entleerungen. Ausgedehnte Darmschlingen waren sichtbar,
und zwar schienen es hauptsächlich Coecum und Col. asc. zu sein, weniger
Col. transvers. Das bestätigte sich auch bei der Operation, die Dilatation
hörte an der Flex. lienalis plötzlich auf; die übrigen Teile waren normal.
Ein Tag nach der Operation Exitus. Das Colon hatte bei der Autopsie
normales Aussehen und normale Dimensionen, im Dünndarm war eine
breite Intussusception, die offenbar vor dem Tode entstanden war. Hier
scheint es sich um eine Darmparalyse gehandelt zu haben. In einem
von Dodd of Hove beobachteten Falle persistierte die Dilatation
nach dem Tode. Auch hier bestanden ein Defekt der Darmaktion seit
der Geburt, Ausdehnung und Spasmus, Obstipation, Schmerzen, Erbrechen.
In einem weiteren Falle befand sich der Darm in einem hauptsächlich
paralytischen Zustande und zwischen den einzelnen Anfällen trat wesent¬
liche Besserung ein, so dass Patient ein Alter von 5 Jahren erreichte.
Bei Erwachsenen finden sich im grossen und ganzen die nämlichen
Verhältnisse: Darmträgheit seit frühester Kindheit, Dilatation des Colons,
hauptsächlich des S romanum, dabei kann das Allgemeinbefinden ungestört
sein, bis ein plötzlicher Collaps zum Tode führt. Die Colonwand findet
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Bich hypertrophiert oder auch nicht und bleibt selbst nach Exzision der
dilatierten Partie ausgedehnt. Nach der Operation kann es zu neuer¬
licher Dilatation eines Colonanteiles kommen, wie Verf. an einem Falle
beschreibt. Der Volvulus wurde reponiert und fixiert, worauf Patient
sich erholte.
Der letzte Fall ist charakterisiert durch muskuläre Hypertrophie des
Col. desc. und S romanum ohne Dilatation, wobei das letztere kurz,
starr und schwach verengt war. Das übrige Colon war dilatiert ohne
Hypertrophie. Die Hypertrophie basiert auf einem lang dauernden
Spasmus. Herrnstadt (Wien).
A case of idiopathic dilatation of the rectum and colon as far as
the hepatic flexure. Von H. Morley und Mr. H. Betham
Bobinson. Lancet, 16. Februar 1907.
Der Patient, ein 12 Jahr alter Knabe, klagte über Yergrösserung
Beines Abdomens mit Obstipation ohne Erbrechen oder Blutabgang per
rectum. Der Perkussionsschall war tympanitisch, bei der Palpation fühlte
man in der Gegend des Colon transversum irreguläre Massen, das Rectum
war stark dilatiert; Purgativa blieben durch 14 Tage ohne Erfolg. Nach
Eröffnung des Abdomens fand man eine enorme Dilatation des Rectums und
des Colons bis zur Flexura hepatica; durch Druck wurden massenhafte
Fäces aus dem Darm entleert, die Darmwand war mächtig hypertrophiert.
Die Drüsen waren nicht vergrössert und es bestanden keine Zeichen
von Peritonitis. Seither funktionierten die Eingeweide völlig normal
und ohne Purgativa, die rektale Untersuchung zeigte eine geringe,
ballonartige Auftreibung des Darmes. Nach mehreren Monaten traten
wieder Schmerzen, Ausdehnung des Abdomens und Diarrhoe ein und
Patient starb sehr bald in comatösem Zustande. Das hypertrophierte
und dilatierte Colon mass 16 Zoll in der Circumferenz gegenüber 19 Zoll,
die bei der Operation gemessen wurden. Die wichtigsten Punkte in
diesem Falle waren: 1. die bedeutende Besserung, die auf die mechanische
Entleerung des Darmes folgte; 2. die lange Dauer der Besserung; 3. der
rasche Exitus ohne genügende Erklärung. Die Ursache der Dilatation
war völlig dunkel, möglicherweise ein Volvulus in der Flexura sigmoidea.
Nach H. Clutton wäre in diesem Falle eine Colotomie mit langdauern¬
der Drainage angezeigt. Herrnstadt (Wien).
Multiple internal diverticula (iuvaginations?) of the small intestine.
Von A. Scot Skirving. Brit. Med. Journ. 2. Februar 1907.
Während der Operation einer rechtsseitigen, incarcerierten Inguinal-
heraie fand der Autor an der Konvexität der Darmschlinge 6 Depressionen,
die in gleichen Distanzen voneinander lagen; sie repräsentierten die
Mündung von Divertikeln, die in das Lumen des Darmes projiziert waren
und eine Länge von 1 — 2 Zoll hatten; alle endeten blind und waren
offenbar lokale Invaginationen der ganzen Darmwand, vielleicht hervor¬
gerufen durch irreguläre Darmperistaltik, doch liess sich keines derselben
reponieren. Sämtliche Divertikel lagen in jenem Darmabschnitte, der
der Incarceration entsprach, und zwischen den einzelnen Depressionen
bestand geringe Verdickung der Darm wand, wahrscheinlich entzündlichen
Charakters. Am Hals der Hernie waren einzelne, nicht sehr feste Ad¬
häsionen sichtbar. Patient überstand die Radikaloperation der Hernie
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gut und klagte später nur über zeitweilige stechende Schmerzen des
Abends in der rechten Inguinalgegend. Nach eigenen Angaben litt er
schon 4—5 Jahre vorher an denselben Schmerzen, ohne dass damals
schon eine Hernie bestand. Es bleibt die Frage offen, ob diese Schmerzen
mit den Divertikeln in Zusammenhang gebracht werden könnten oder nicht.
Herrnstadt (Wien).
Hernia epigastrica vom Standpunkte der internen Medizin auf
Grund von 50 Fällen. VonWilhelmFriedrich. Orvosi Hetilap,
1907, No. 9.
Unter den Begriff der Hernia epigastrica gruppiert Yerf. alle
Magen, Darm, Omentum, Fett oder sonstigen Inhalt besitzenden Aus¬
buchtungen, die sich an der Bauchwand im Verlaufe der Linea alba
zeigen. Er beobachtete die Häufigkeit der Hernia epigastrica an seinem
grösstenteils schwere Arbeit verrichtenden Krankenmaterial und fand,
dass dieselbe von 12744 Männern in 62 Fällen, also in 0,48% nach¬
weisbar war (gegenüber der bisher angenommenen Küttner-Bohlant-
schen Zahl von 0,6 %); von 2557 Frauen fand er in 2 Fidlen, d. h.
in 0,08 % die Hernie vor; bei Frauen und Männern zusammen beträgt
die Häufigkeit 0,35%. Die Hernia epigastrica ist bei Männern also
viel häufiger als bei Frauen und kommt in den verschiedensten Altern
vor. Im allgemeinen zeigen sich die Hernien an der rechten oder linken
Seite der Linea alba, dennoch ist die Lokalisierung ausserhalb der
Mittellinie viel seltener; das linksseitige Vorkommen ist häufiger als
das rechtsseitige. Die linsen- bis kinderfaustgrossen Hernien treten oft
ohne jede nachweisbare Ursache auf, aber oft bildet die indirekte Ur¬
sache das Trauma, das Heben schwerer Gegenstände, das Heben bei
rückwärts gebeugter Körperhaltung. Diese Hernien verlaufen manch¬
mal ohne Symptome, in 49,1 % der Fälle gaben sie zu keinen Klagen
Veranlassung, in anderen Fällen wieder sind sie Ursache eines ver¬
schiedenen Symptomenkomplexes, so dass sie oft nicht erkannt oder
verkannt werden. Diese Symptome sind: saures Aufstossen, Blähung des
Magens, Erbrechen, Sodbrennen, Schmerzen in der Magengegend, Kopf¬
schmerzen, Obstipation und Schwindel. Seltener vorkommende Symptome
sind: sich steigernde Schmerzen nach dem Essen, beim Gehen oder Rück-
wärtsbeugen des Rumpfes, einen Gallensteinanfall nachahmende Krämpfe,
ausstrahlende Schmerzen in die Blase, den Hoden und Mastdarm, Hyper¬
acidität, Herzklopfen und nervöse Depression. Infolge dieses Symptomen¬
komplexes ist die Krankheit mit Magenkatarrh, Magengeschwür, Magen¬
erweiterung, Magenneurose, Enteroptose, Kolik, nervösem Herzklopfen,
Hypochondrie oder Hysterie zu verwechseln. Trotz der bruchartigen
Ausbuchtungen kann die Differentialdiagnose oft Schwierigkeiten ver¬
ursachen, Verf. hatte einen Fall, wo auch Tabes vorhanden und nicht
festzustellen war, ob die Ursache der Magenbeschwerden der Bruch
oder die Tabes ist. Die Ursache der verschiedenen Symptome ist in
einem Reflex der Nerven des Bauchfells zu suchen.
Aus der äusserlichen Untersuchung lässt sich nicht feststellen, ob
der Inhalt der Hernie Fett ist oder ob eine vollkommene anatomische
Hernie vorhanden ist. Dies ist aber in der Praxis auch nicht wichtig,
da zur Operation unter allen Umständen so geschritten werden muss,
als ob eine wahre Hernie zugegen wäre. Verf. verurteilt den Gebrauch
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des Bruchbandes oder der Gummipelotte bei diesen Hernien und
empfiehlt in allen diesen Fällen, wo die Krankheit schwer, das Leben
verbittert und die Arbeit behindert ist, die Operation, da nach derselben
seinen Erfahrungen gemäss die Symptome verschwinden und Becidive
höchst selten sind. Solche Hernien, die keine grösseren Störungen ver¬
ursachen, operiert er nicht, ebensowenig diejenigen, die bei solchen In¬
dividuen auftreten, die eine ruhige, nicht anstrengende Beschäftigung
haben. J. Honig (Budapest).
A case of rupture of the diaphragma, with hernia of the viscera
through the rent. Von J am es Berry. Lancet, 22. Dezember 1906.
Der Unfall erfolgte durch Einquetschen zwischen 2 Puffern. Es be¬
standen schwerer Collaps sowie physikalische Anzeichen einer Buptur der
linken Lunge mit Austritt von Blut und Luft in die linke Pleurahöhle;
auch Buptur des Zwerchfells wurde angenommen. In den nächsten
3 Tagen wurde das Herz immer mehr nach rechts verdrängt und der
Pneumohämothorax nahm zu; gleichzeitig nahm der Umfang des Ab¬
domens um 4 Zoll ab. Am 4. Tage setzte heftiges, wiederholtes Er¬
brechen ein, dasselbe war kaffeesatzartig verfärbt und enthielt verändertes
Blut. Die Diagnose lautete auf diaphragmatische Magenhemie mit
Strangulation. Nach Eröffnung des Abdomens präsentierte sich ein
breiter Biss im linken hinteren Anteile des Zwerchfelles, durch welchen
der grösste Teil des Magens und Colon tr&nsversum sowie das ganze
grosse Netz, die Hälfte der Milz, die in 2 Teile geteilt war, und das
obere Ende der linken Niere durchgetreten waren. Der Biss wurde
teilweise durch Naht, teilweise durch Fixierung des linken Leberlappens
geschlossen, um den hinteren Teil der Oeffnung, die sich nicht vernähen
liess, zu blockieren. Bald nach der Operation trat Exit. letalis ein.
Die Diagnose auf Magenhemie liess sich aus der verminderten
Circumferenz des Abdomens und der Art des Erbrochenen machen.
Herrnstadt (Wien).
Rupture of ulcerated abdominal wall over an umbilical hernia, with
protrusion of gut untreated for 7 x / ? hours; uninterupted recovery.
Von Arthur H. William. Brit. Med. Journ., 23. März 1907.
Am 8. Dezember 1906 wurde eine 30 Jahre alte Frau ins Spital
aufgenommen, bei der an Stelle des Nabels ein etwa 3 Fuss langes Darm¬
stück durch eine schmale Oeffnung in der vorderen Abdominalwand her¬
vorgedrängt war. Vorher bestand eine kindskopfgrosse Nabelhemie,
an deren Spitze die Haut dunkel verfärbt war; 2 Tage vor der Spitals¬
aufnahme trat Buptur ein und unter heftigen Schmerzen und Erbrechen
drängte sich ein Darmstück vor, dem späterhin noch ein grösserer Anteil
folgte. In diesem Zustand verblieb die Frau ohne jeden Schutz vom
Morgen bis Nachmittag, wo sie ins Spital transportiert wurde. Pat. war
collabiert, der Darm rot und ödematös. Er wurde mit sterilen Kom¬
pressen bedeckt und irrigiert, sodann die Oeffnung erweitert, der Darm
reponiert; nach Exzision des Ulcus wurde die Abdominalwand geschlossen.
Schmerzen und Erbrechen sistierten, die Temperatur, im Beginne 101,5 F,
erreichte am 4. Tage die Norm. Ein leichter Anstieg am 5. Tage in¬
folge Eiterung eines Stichkanales ging nach Entfernung der Naht zurück,
worauf rasch Heilung eintrat. Herrnstadt (Wien).
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Notes of a case of strangulated hernia associated with acute
haemorrhagic pancreatitis. Von Walter H. Brown. Lancet,
23. März 1907.
Der Patient, ein 60 Jahre alter Mann, wurde von heftigen abdomi-
nalen Schmerzen, namentlich zwischen Nabel und Schambein, ergriffen
und erbrach mehrere Male. Das Abdomen war massig ausgedehnt; links
bestand eine Hydrocele, rechts Hydrocele und Hernie, die irreponibel
und gespannt war. Sie bestand aus einem Konvolut von dunkelrot ver¬
färbtem Dünndarm. Trotz Operation dauerte das Erbrechen fort und
Patient starb am nächsten Tage. Bei der Nekropsie war der Pankreaskopf
dunkel gefärbt, während der Körper zum Teil mit einer grünlichen Haut
bedeckt war. Das Foramen Winslovii war geschlossen, es bestand aus¬
gedehnte Fettnekrose des grossen Netzes und Mesenteriums. Die Gallen¬
blase war voll kleiner Steine.
Patient bot ausser den plötzlichen Schmerzen und Erbrechen keine
Symptome dar, die irgendwie für Erkrankung des Pankreas gesprochen
hätten. Herrnstadt (Wien).
Hernia of ileum presenting over the thoracic wall. Von Hercules
H. Mac Donell. Lancet, 22. Juli 1907.
Ein 28 Jahre alter Mann klagte im Anschluss an ein Trauma über
Schmerzen in der Brust und es zeigte sich ein kleiner Tumor über der
6. und 7. Rippe der linken Seite */ 2 Zoll neben dem Sternum, der bei
Berührung schmerzhaft war; die Haut darüber war bläulich verfärbt.
Am 4. Tage bestanden Rötung und Fluktuation, bei der Inzision entleerten
sich Gas und fäkulentes Material, in der Wunde lag ein daumendickes,
gangränöses Darmstück. Der Darm wurde vorgezogen, durchtrennt und
das eine Ende in die Haut eingenäht, wodurch eine permeable Fistel
etabliert wurde; der gangränöse Anteil wurde entfernt. Die Ernährung
wurde rektal durchgeführt, während durch die Thoraxwunde Kochsalz¬
klysmen ins Rectum geleitet wurden. Nach einiger Zeit wurde der Darm
mittels Murphy-Knopfes vereinigt und schon nach 8 Stunden gingen Flatus
und Faeces per anum ab. Trotzdem trat nach 24 Stunden Exit. let*
ein. Die Hernie bestand aus einem Anteile des Heums.
Herrnstadt (Wien).
Strangulation of the appendix vermiformis in hernial sacs. Von
H. S. Clogg. Lancet, 20. Oktober 1906.
Nach Statistiken von Hoffmann, Colzi, Wassiljew, Coley
und Bundschuh fand sich unter 3054 Fällen von Inguinal- und
Femoralhernie 53 mal der Appendix in derselben. TJnter 200 Fällen
fand man beim Erwachsenen im Charing Cross Hospital den Appendix
nur 4mal; Verf. fand in 100 Fällen von Radikaloperation bei Kindern
den Wurmfortsatz 8 mal vorhanden. Wenn der Appendix sich im Hemi&l-
sacke befindet, so können 2 Möglichkeiten eintreten, die häufigere ist die
Entzündung, die seltenere die Abschnürung im Hernialring. Die erster«
wird häufiger in Inguinalhemien als in Femoralhernien beobachtet. Der
Appendix kann im Bruchsacke allein liegen oder mit anderen Eingeweiden,
und zwar kommt beides in proportionalem Verhältnisse mit Appendicitis
in Inguinalhemien vor, während in Femoralhernien der Appendix öfter
erscheint als die übrigen Eingeweide; der eingeklemmte Appendix bildet
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gewöhnlich den alleinigen Inhalt eines Bruchsackes. Es ist oft schwer,
zwischen Entzündung und Incarceration des Appendix die Differential¬
diagnose zu machen; beide beginnen plötzlich mit Schmerzen in der Bauch¬
region oder unterem Abdomen und mit Erbrechen. Bei Appendicitis ist die
Temperatur vom Beginne erhöht, bei Incarceration im Anfang subnormal
und erhebt sich erst mit dem Beginne entzündlicher Erscheinungen; bei
entzündlichem Prozess ist die Haut gerötet und ödematös, bei Incarcera¬
tion erst viel später. Pathologisch findet sich bei abgeschnürtem Appendix
im Hernialsacke klare oder blutig verfärbte Flüssigkeit. Der Appendix
ist hyperämisch und frei von Adhäsionen. Der incarcerierte Appendix
lässt sich gleich jedem anderen Bruchinhalte reponieren. Er gelangt in
den Bruchsack durch seine freie Beweglichkeit und seine Lage in der
Bauchhöhle, doch ist in der Regel nur ein Teil desselben im Bruchsacke;
auf dem Wege passiert er den Bruchring und zwar so, dass die Spitze
den meist vorgeschobenen Anteil bildet; im Bruchsack ist er frei ohne
Adhäsionen, der Mesoappendix nimmt Anteil an der Abschnürung und
ist oft sehr fettreich.
Unter den eingangs erwähnten 53 Fällen sind nur 3 männliche Indi¬
viduen, von diesen 2 Kinder, während 50 Fälle auf weibliche Indivi¬
duen kommen; in jedem Falle war der Appendix in einer Femoralhernie
incarceriert, die Hernie selbst hatte nur selten schon vorher Störungen
verursacht. Sie sind gewöhnlich klein, reponibel und treten nur gelegent¬
lich vor. Der Hernialsack ist gewöhnlich durch abdominalen Druck und
Schlaffheit der Gewebe um den Femoralring herum entstanden, die In¬
carceration jedoch tritt eher bei bereits präformiertem Sacke auf, wo
sich ein gut entwickelter sehniger Ring befindet.
Symptome: Abdominale Schmerzen, Uebelkeiten, Erbrechen; die
Schmerzen sind diffus, in der Nabelgegend oder im unteren Abdomen
oft von kolikartigem Charakter, das Abdomen ausgedehnt, doch nicht
hart. In der Regel besteht durch einige Tage Obstipation. Lokal be¬
stehen die Zeichen der incarcerierten Hernie. Die Diagnose des incarce-
rierten Appendix wird gewöhnlich nicht sicher gemacht, in einzelnen
Fällen bestand kein Zeichen, welches für die Beteiligung irgend eines
Darmabschnittes sprach. Diese Fälle betrachtet man in der Regel als
Netzincarceration. In ganz akuten Fällen bestehen die allgemeinen In-
carcerationssymptome des Darmes. Eine sichere Differentialdiagnose ist
nicht zu machen.
Prognose und Behandlung: Was die Abschnürung des Appendix
betrifft, ist die Prognose eine zufriedenstellende. Von 38 Fällen wurden
2 nach 12 Stunden operiert, 4 nach 24 Stunden usw. bis zu 1 Monat
und sogar 5 Wochen nach Beginn der Initialsymptome. In vielen Fällen
wurde der Appendix während der Operation reponiert. Alle diese Fälle
heilten ohne Komplikationen. In einzelnen Fällen wurde der abgeschnürte
Anteil des Appendix entfernt, der Stumpf wieder in die Bauchhöhle
versenkt. Die ideale Behandlung bleibt die völlige Entfernung des ganzen
Organes, was gewöhnlich durch die herniale Inzision erfolgen kann;
wenn es nicht möglich ist, auf diesem Wege das cökale Ende zu er¬
reichen, so muss die Bauchhöhle geöffnet werden.
Es folgt noch die Beschreibung von 3 einschlägigen Fällen.
Herrnstadt (Wien).
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A case of strangulated femoral hernta; herniotomy followed by
resection of bowel and circular enterorrhaphy. Von Mr. Gilbert
J. Arnold. Lancet, 27. April 1907.
Bei der Patientin bestand seit einigen Jahren in der rechten Leisten¬
gegend eine kleine schmerzlose Geschwulst; erst am Tage vor der Opera¬
tion setzten Schmerzen und heftiges Erbrechen ein, der Tumor selbst
war orangengross und nahm den rechten Schenkelkanal ein. Operation
unter Lokalanästhesie: Der Sack enthielt eine Dünndarmschlinge und
adhärentes Omentum, der Darm war kongestioniert, aber nicht gangränös.
Nach Durchtrennung des einschnürenden Ringes fand sich eine kleine
Nekrose an der Stelle, wo der Darm an das Lig. Gimbernati angepresst
war, die durch Lembert-Nähte geschlossen wurde. 2 Tage später wurden
ca. 8 Zoll Dünndarm reseziert und die Enden durch Anastomose vereinigt.
Herrnstadt (Wien).
Case of strangulated Littr£’s hernia with gangrene and Perforation
of the Meckel’s diverticulum; resection of the gut, recovery.
Von H. Brunton Angus und M. S. Durham. Brit. Med. Joura.,
16. März 1907.
M. F., 14 Jahre alt, litt 6eit seiner Kindheit an einer rechtsseitigen
Inguinalhernie. Am 21. Februar 1906 traten plötzlicher Schmerz in der
rechten Scrotalseite und Erbrechen sowie absolute Obstipation auf. Das
Erbrochene war gallig. T. 100, P. 110. Eine wurstartige Geschwulst reichte
bis ins Scrotum herab und verschwand nach oben im äusseren Leisten¬
ring; die Perkussion war gedämpft. Nach Eröffnung des Sackes fand
man im Innern Fäkalmassen und unter einem Stück gangränösen Omen¬
tums lag ein 3—4 Zoll langes Meckel’sches Divertikel mit einem Stück
Dünndarms. Zur Freilegung des Darmes mussten die Fasern des Obliqu.
int. und Transvers. durchtrennt werden, dabei erwies sich der Dünndarm
an der Einschnürungsstelle gleichfalls als gangränös und wurde in der Länge
von 3 Zoll mit dem Divertikel und Omentum reseziert. Die Vereinigung
erfolgte durch Murphy-Knopf und Lembert-Nähte. Am 6. Tage ging
der Murphy-Knopf ab und es trat rasche Heilung ein.
Herrnstadt (Wien).
Two cases of intestinal obstruction In children. Von E. P. Bau¬
mann. Lancet, 2. März 1907.
Fall 1. Ein 9 Jahre altes Mädchen erkrankte plötzlich unter
heftigen abdominalen Schmerzen und verfiel bald in einen Zustand von
Collaps; unterhalb des Nabels war im Abdomen ein Tumor fühlbar,
cylindrisch und von elastischer Konsistenz, die rektale Untersuchung
ergab einen blutig gefärbten Schleim. Da anzunehmen war, dass die
Intussusception erst 3—4 Stunden bestand und noch keine Adhäsionen
sich gebildet hatten, so wurde die Taxis versucht. Der Tumor liess sich
äusserlich mit der linken Hand umfassen; indem gleichzeitig der Zeige¬
finger der rechten Hand ins Rectum eingeführt wurde, wurde eine Art
bimanueller Reposition gemacht, indem der Druck der einen oder an¬
deren Hand abwechselnd erhöht und verringert wurde; unter gurgelndem
Geräusche verschwand allmählich der Tumor, wonach durch ein Klysma
ausgiebige Defäkation bewirkt wurde. Die nächsten Stühle enthielten
ein wenig blutigen Schleim und Patient erbrach mehrmals. Eine Recidive
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trat nicht mehr ein. Ein kurz vorher überstandener Keuchhusten und ein
leichteres Trauma mögen die Ursachen der Intussusception gewesen sein.
Pall2, Ein 15 Monate altes Kind litt seit 72 Stunden an Diarrhoen
mit blutig-schleimigen Stühlen; Schmerzen traten nur in Intervallen auf.
In der linken Regio iliaca fühlte man einen kleinen Tumor, der ca.
1 1 / 2 Zoll lang war. Es schien sich um Intussusception zu handeln,
doch konnte er ebensogut als Drüse oder als Fäkalmasse gedeutet
werden. Medizinische Behandlung brachte einige Erleichterung, der
Tumor war zeitweise bei der Palpation nicht fühlbar, die rektale Unter¬
suchung ergab ein negatives Resultat. Am 9. Tage der Erkrankung wurde
Laparotomie gemacht; nach der Inzision drängten sich sofort ausgedehnte
Darmschlingen vor, gegen das Ueum zu wurde der Darm allmählich
enger und verfärbt und im oberen Drittel des Ueums bestand eine kleine
Intussusception. Die Reposition gelang leicht, doch starb das Kind in¬
folge schweren Collapses nach 2 Stunden.
Es handelt sich hier um inkomplette Intussusception mit wenig ge¬
hindertem Stuhlgang, ohne Erbrechen; der Zustand kann durch Wochen,
Monate und Jahre bestehen, bis der Exitus durch Erschöpfung eintritt.
Die Blutung ist gewöhnlich keine sehr intensive und das ganze Bild
erinnert an Dysenterie. Die Lage der Intussusception im Ileum ist als
eine seltene Form zu betrachten. Herrnstadt (Wien).
Two cases of acute obstruction, intestinal and pyloric, in the
same-subject, caused by hair-balls. Von A. Scott Turner.
Brit. Med. Journ. 27. Oktober 1906.
Es handelt sich um ein Mädchen, das schon vor Jahren an wieder¬
holten Attacken von Kolik litt, von denen eine als Perityphlitis dia¬
gnostiziert wurde. Derzeit bestanden Symptome intestinaler Obstruktion,
doch wurde per rectum der Appendix völlig normal befunden. Auch
nach Eröffnung des Abdomens zeigte derselbe keine Zeichen einer über¬
standenen Entzündung, doch fand sich ein harter Tumor, der dem Dünn¬
darm angehörte; nach Inzision auf denselben konnte ein Knäuel von
Haaren entfernt werden. Pat. erholte sich vollkommen. Nach 3 bis
4 Wochen setzte abermals Erbrechen ein, im Erbrochenen fanden sich
Haare und eine harte Masse in der Regio epigastrica. Durch Gastro-
tomie wurde ein zweiter Haarklumpen entfernt. Auch diesmal trat rasch
völlige Heilung ein.
Pat. leugnete entschieden, jemals Haare verschluckt zu haben, doch
litt sie zeitweise an einer unwiderstehlichen Gier nach Stimulantien, trank
Brandy und Whisky, selbst Eau de Cologne. Wahrscheinlich hatte sie
als Kind die Untugend, Haare zu nagen und zu verschlucken, und so
verblieben dieselben 25 Jahre im Magen, woraus sich die vorhergehenden
Attacken und vielleicht auch die Gier nach Alkohol erklären lassen.
Ein kleiner Anteil der ganzen Masse mag sich losgelöst haben und in
den Dünndarm gelangt sein. Herrnstadt (Wien).
Two cases of multiple intestinal obstruction. YonRobertRamsey.
Brit. Med. Journ. 1. Juni 1907.
Pat., 81 Jahre alt, wurde von plötzlichen, heftigen, abdominalen
Schmerzen befallen, die mit Erbrechen einhergingen, das Abdomen war
ausgedehnt und derb; links bestand eine schmerzhafte, irreponible Hernie,
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die beim Husten keinen Anprall zeigte. Nach Spaltung des Sackes ent¬
wich eine grosse Menge klarer, seröser Flüssigkeit, der Darm war massig
dilatiert und gerötet ohne Strangulationszeichen; es wurde also das Ab¬
domen mittels Medianschnittes eröffnet und eine Schlinge des Heums vor¬
gezogen, die hinter dem Coecum fixiert war, offenbar eine interne Hernie.
Da das fäkale Erbrechen anhielt, wurde das Abdomen ein zweitesmal ge¬
öffnet und eine zweite innere Hernie in der Region der Flexura lienalis
gefunden. Das Erbrechen sistierte und schon nach 6 Stunden trat
Stuhlentleerung ein. Pat. starb am 4. Tage an beiderseitiger hyposta-
tischer Pneumonie.
Der 2. Fall betrifft einen 18 Jahre alten Burschen, der gleichfalls
unter abdominalen Schmerzen und Erbrechen erkrankte, das bald fakulent
wurde. Stuhl trat nur auf KLlysmen ein; das Abdomen war dilatiert,
ein lokaler Tumor nicht tastbar. Im Foramen Winslowii fanden sich
ca. 3 Fuss Dünndarm, der an einer Stelle leicht eingeschnürt war;
ausserdem fand sich ein entzündeter Appendix, der um eine Dünndarm¬
schlinge fest geschlungen war und dieselbe völlig konstringierte. Pat.
starb 6 Stunden nach der Operation. Bei der Autopsie fand sich be¬
deutende Kongestion des unteren Jejunum ohne Peritonitis oder Ulcera-
tion. Derselbe Befund bestand in der Appendixregion und in den
Payer’schen Plaques.
Das Erbrechen und die Peristaltik als Folge der primären Obstruktion
waren wohl in beiden Fällen wiederum die Ursache für das Entstehen
einer sekundären Hernie. Herrnstadt (Wien).
Intestinal obstrnction in association with the vermiform appendix.
Von G. Grey Turner. Brit. medic. Joum. 15. Dezember 1906.
Heus und Obstruktion sind häufige Vorkommnisse bei Appendicitis,
und zwar kann man unterscheiden: Obstruktion als Folge von Appen¬
dicitis a) während einer akuten Attacke, b) während der Rekonv&lescenz
oder nach der Operation, c) in rekurrierenden Fällen, d) in einem ent¬
fernteren Stadium. Obstruktion kann ferner durch den Appendix auch
ohne Appendicitis hervorgerufen werden. Verf. sah unter 2500 Fällen
von Blinddarmentzündung 47 mal Obstruktion, davon gehören 3 Fälle
zur Gruppe a, 23 zur Gruppe b, 2 zur Gruppe c und 19 zur Gruppe d.
Wenn intestinale Obstruktion nach einer intraabdominalen Operation
auftritt, dann ist sie durch frühere pathologische Bedingungen, durch
entzündliche Veränderungen oder durch Sepsis verursacht; es können
allgemeine Adhäsionen vorhanden sein oder eine Verklebung der Därme
über einem Abscess oder Adhäsionen zwischen der Konvexität der Darm¬
schlingen und dem anliegenden Mesenterium oder Peritoneum parietale
oder bandförmige Abschnürung durch das Omentum. Doch gibt es auch
universelle Adhäsionen ohne Obstruktion, namentlich bei tuberkulöser
Peritonitis; bei den anderen Formen bilden sich Abknickungen und Ab¬
schnürungen. Jene Faktoren, welche die Ausbreitung einer Peritonitis
beeinflussen, unterstützen gleichzeitig die Bildung von Adhäsionen. Peri¬
tonitis, vom Coecum ausgehend, breitet sich im kleinen Becken aus, längs
des Colon bis in die linke Lendengegend und nach aufwärts bis zur
Milz, andererseits vom Becken aus über den Dünndarm und nach rechts
entlang des rechten Colons zur Leber. Dort, wo peristaltische Bewegung
ist, wird die Adhäsionsbildung gehemmt, in anderen Verhältnissen per-
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sistiert sie und ist am stärksten in den Flanken, in der Oegend der
Flexura sigmoidea, Leber, Milz und in einem kurzen Anteile des Ileums.
Symptome der differenten Gruppen:
a) Während der akuten Attacke. Es besteht oft Obstruktion,
doch ist dieselbe nur selten eine mechanische; selbst wenn dies der Fall
ist, handelt es sich hauptsächlich um Entzündung und lokale Peritonitis,
das Ende des Ileums betreffend und Spasmus der Valvula verursachend.
b) Während der Rekonvalescenz oder nach Operation
einer akuten Appendicitis. Die Inkubationsdauer ist hier durchschnitt¬
lich 12 Tage. Die Obstruktion wird hervorgerufen durch Schrumpfung eines
Abscesses oder durch Adhäsionen an die Basis des Beckens. Bei Appen-
dikularabscess kann eine geringe Quantität von Eiter in das Becken ge¬
langen und hier Adhäsionen hervorrufen, desgleichen kann es am Boden
des Douglas zur Adhäsionsbildung kommen. Milde Attacken von Obstruktion
nach Appendicitis oder nach Operation sind nicht selten, wobei es zu
Bildungen von Residualabscessen kommt, welche in den Darm durch¬
brechen und spontan ausheilen. Manchmal ist auch die Gaze, welche zur
Tamponade dient, die Ursache der Obstruktion.
c) In rekurrierenden Fällen. Hier sind die Verhältnisse
ähnlich wie in der Gruppe d; die Bänder oder Adhäsionen rühren eher
von einer vorausgegangenen Attacke als von der Operation her.
d) In einem von der akuten Attacke entfernten Sta¬
dium. Die Intervalle schwanken zwischen 4 Monaten und 7 Jahren.
Oft sind anamnestisch keine Angaben über Appendicitis zu erheben, in
2 Fällen war Operation wegen Psoasabscess vorausgegangen.
Obstruktion durch den Appendix ohne Appendicitis.
Der Appendix wird leicht adhärent, wenn in der Umgebung ein ent¬
zündlicher Prozess besteht; es kommt zur Bildung eines Stranges, unter
welchem der Darm abgeschnürt wird.
Diagnose: Sie entspricht jener der allgemeinen Incarcerationen.
In unklaren Fällen verabreicht man am besten zuerst ein Purgans, wenn
dieses keine Erleichterung verschafft, muss die Operation gemacht werden.
Behandlung: Nach der Operation ist es nötig, die Bildung von
Adhäsionen zu verhindern; dies geschieht am besten durch regelmässige
Stuhlentleerungen in der Rekonvalescenz und durch Vermeidung schwer
verdaulicher Nahrung. Wenn die Appendixwunde nicht völlig geheilt
ist, muss das Abdomen nochmals geöffnet werden, dabei ist Evisceration
nach Tunlichkeit zu vermeiden. Adhäsionen werden mit den Fingern
getrennt, wobei es manchmal zu leichten Blutungen kommt. Enterostomie
ist oft die einzige, rettende Operation, wenn es sich um lang dauernde
Obstruktion und enorm diktierte Därme handelt.
Herrnstadt (Wien).
A case of aberrant functional chronic intestinal obstruction. Von
G. S. Thompson. Lancet, 25. Mai 1907.
Ein 5 Jahre alter Knabe litt seit Geburt an chronischer Obstipation.
Vor der Operation bestand seit 3 Wochen absolute Verstopfung. Bei
der Operation war das S romanum bedeutend diktiert, die Wand ver¬
dickt und gerötet. Das Rectum war ein schmales, hartes Rohr. Nach
Fixierung in der Wunde wurde in die Flex. sigm. ein Drain eingeführt;
daraufhin entleerten sich ungeheure Quantitäten halbflüssigen, sand-
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ähnlichen Materials, worauf die Ausdehnung zurückging und das Ab«
domen wieder weich wurde. Späterhin wurden die Fäces an der Stelle
der Operation kompakt und bildeten einen für das Auge sichtbaren
Tumor. 19 Tage nachher wurde der Darm mittels Lembert-Nähten ge¬
schlossen und versenkt; eine äusserliche Untersuchung blieb erfolglos
und es wurde auch die abdominale Wunde bis auf eine kleine Stelle
für das Drain vernäht. Die Dilatation trat neuerlich auf, dazu kam
Erbrechen; Tod am 24. Tage nach der Operation.
Bei der Nekropsie war das Peritoneum mit extravasiertem, intesti¬
nalem Material bedeckt und die Nähte hatten nachgegeben; die Därme
waren stellenweise adhärent. Nirgends bestand Obstruktion.
Herrnstadt (Wien).
Acute pelvic abscess followed by acute obstruction. Von Ernest
Leach. Brit. Med. Journ., 4. April 1907.
Bei der 53 Jahre alten Patientin bestand seit 4 Monaten Ob¬
stipation mit Schmerzen in der linken Flanke. Schon in den letzten
2 Jahren waren ähnliche Beschwerden gelegentlich aufgetreten. Eine
Schwellung oder Druckschmerz bestand nicht, der rektale Befund war
negativ; der Schmerz war hauptsächlich auf die untere Hälfte des Ab¬
domens konzentriert, daneben waren Erbrechen sowie Temperatursteige¬
rung vorhanden. Auf warme Klysmen, Umschläge und vaginale Spülungen
besserten sich die Beschwerden wesentlich, doch verblieb ein Druck¬
schmerz auf der linken Abdominalseite und eine bandartige Verdickung
oberhalb und parallel zum Poupart’schen Bande war fühlbar. Der
Uterus wurde allmählich fixiert und im Douglas’schen Baum bildete sich
eine umschriebene Schwellung aus. 14 Tage nach der 1. Untersuchung
— am 29. August 1906 — entleerte sich mit der Defäkation 1 / 2 Liter
stinkenden Eiters und in den folgenden 24 Stunden noch 5 mal kleinere
Quantitäten; daraufhin schwand die Verdickung über dem Ligam.
Pouparti und auch der Tumor im Douglas wurde kleiner, am 11. Sep¬
tember war nur eine unbestimmte bandartige Verdickung hoch oben im
Douglas mehr nach links palpabel. In den folgenden Tagen stellten
sich gelegentlich geringe Beschwerden ein, die mittels Klysmen und
Abführmitteln behoben wurden. Am 23. September neuerliche, heftige
Attacke mit Erbrechen, das Abdomen war ausgedehnt, die Temperatur
erhöht, daneben häufige Buctus.
Bei der Eröffnung des Abdomens fand sich ein derber Tumor
(Carcinom?), ausgehend vom linken Ovarium, an zahlreichen Stellen an
dem Darm adhärent, wodurch die Obstruktion entstand. Am nächsten
Tage Exitus letalis. Herrnstadt (Wien).
C. Niere, Ureter.
Mobility of the kidney. Von Hector Mackenzie. Lancet, 18.Mai 1907.
Die Befunde ergeben sich aus nahezu 4000 Untersuchungen, wobei
jene Niere als abnorm beweglich bezeichnet wird, bei der das obere
Ende mit der Hand völlig erreichbar ist und die 6ich ganz palpieren lässt.
Als palpabel bezeichnet Autor jene Niere, die wohl zum grösseren Teil
tastbar ist, die Palpation des oberen Endes aber nicht zulässt. Unter
2801 weiblichen Fällen war die Niere 449 mal palpabel und 515 mal
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beweglich, unter 1067 männlichen Fallen 25 mal palpabel und lltnal
beweglich; das macht für das weibliche Geschlecht 18,4 °/ 0 , für das
männliche 1 °/ 0 . Unter den 526 beweglichen Nieren war nur 1 Fall,
wo die Beweglichkeit bloss auf die linke Seite beschränkt war; in
49 Fällen waren beide Nieren beweglich, in 476 bloss die rechte. In
411 Fällen wusste Patient nichts von seinem Zustande und gab nur
ziehende Schmerzen in der Kreuzgegend an, die bei Buhelage schwanden.
Chirurgische Behandlung war nur in 57 °/ 0 von Erfolg begleitet.
Nach Victor Bonny ist es nötig, den Patienten in aufrechter
Stellung zu untersuchen; bei schlaffen Abdominalwänden sinkt die Niere
bei der Inspiration herab und kehrt bei der Exspiration wieder an ihren
Platz zurück. Viel hängt auch von der Spannung des neurovaskulären
Stieles ab, wobei die Niere oft in eine oblique Position gelangt und
dann bei der Exspiration ihre Lage nicht verändert.
Nach L. B. Kawling genügt es, bei der Operation die Nierenkapsel
zu eröffnen und das Fett an der hinteren Fläche zu entfernen; die Niere
muss möglichst hoch hinauf in der Höhe des oberen Bandes der
12. Bippe genäht werden. Herrnstadt (Wien).
Ein eigentümlicher Fall von renaler Massenblutung. (Nephrektomie
ans vitaler Indikation mit glücklichem Ansgange.) Von F. L ö w e n -
har dt. Arch. f. Denn. u. Syph., Bd. LXXXIV, 1907.
Die 33 jährige Patientin, welche eine nicht sichergestellte luetische
Infektion durchgemacht hatte, litt seit Jahren an Urinbeschwerden. Vor
etwa s / 4 Jahren war eine Hämaturie aufgetreten, welche durch 2—3 Tage
anhielt, sich nach einem halben Jahre wiederholte und durch 3 Wochen
dauerte. Einen Monat später setzte sie wieder ein und die Patientin
wurde auf Löwenhardt’s Klinik aufgenommen. Das Blut stammte,
wie der Ureterenkatheterismus ergab, aus der rechten Niere. Da sich
sehr schwere Erscheinungen von Anämie einstellten, musste die Nephrek¬
tomie vorgenommen werden, worauf Heilung eintrat. Bei der mikro¬
skopischen Untersuchung der exstirpierten Niere fanden sich eine aszen-
dierende subakute Pyelopapillitis und eine interstitielle disseminierte
Nephritis. von Hof mann (Wien).
Note on a case of hydronephrosis with urethral septum causing
obstruction to urinary outflow. Von G. S. Thompson. Lancet,
23. Februar 1907.
Der Patient, ein 14 Monate alter Knabe, litt seit 3 Monaten an
Obstipation, beim Urinieren wurde unter Schmerzen die Bektalschleimhaut
vorgedrängt; im Urin zeigte sich in der letzten Zeit Eiter. Ueber der
Begio pubica war eine rundliche, glatte Schwellung fühlbar, die Tempe¬
ratur zeitweise gesteigert. Nach Inzision fand man in der Blasengegend
eine elastische, leicht fluktuierende Masse, die Probepunktion blieb resul¬
tatlos, nach Durchtrennung der ca. x / 4 Zoll dicken Wand kam man auf
einen Hohlraum, der das Innere der Blase repräsentierte. Die Wunde
wurde drainiert; am nächsten Tage Exitus. Nekropsie: Nieren be¬
deutend vergrö8sert durch Hydronephrose, Ureteren enorm dilatiert, vom
Aussehen des Dünndarmes. Die Blasenöffnung der Ureteren normal, die
Blasenwand mächtig hypertrophiert. Bei Eröffnung der Urethra fand
sich ein membranöses Septum, das nahezu komplett das Lumen abschloss.
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Offenbar handelt es sich um eine Vereinigung des kloakalen Hypoblastes
mit invaginiertem, perinealem Epiblast. Herrnstadt (Wien).
Nierentuberkulose und arterielle Hypotension, ein differentialdia¬
gnostisches Symptom von praktischer Bedeutung. Von Beitter.
Zeitschr. f. klin. Med., Bd. LXII.
Es wurde schon früher vor der Entdeckung des Tuberkelbacillus
auf den niedrigen Blutdruck bei Tuberculosis pulmonum aufmerksam gemacht,
was aber bald in Vergessenheit geriet; doch war dies nicht ein Früh¬
symptom, sondern stellte sich erst bei stark vorgeschrittenen Fällen ein. Es
war daher interessant, den Blutdruck bei primärer Nierentuberkulose zu
prüfen. Da ergab eine Beihe von Beobachtungsfällen (10), dass in
6 Fällen deutlich eine Hypotonie bei klinisch ausgesprochener Nephritis
mit hohem Albumengehalt (5—8 °/ 00 ) nachweisbar war. Die Untersuchung
steril auf gefangenen Urins auf Tuberkelbazillen war positiv, während in
den übrigen Fällen das Symptom fehlte. Doch war es auffallend, dass
bei deutlich ausgesprochener Nierenaffektion der sonst so hohe Blutdruck
ausblieb. Auch hier wurde die Nierentuberkulose durch weitere Beob¬
achtung bestätigt. Leopold Isler (Wien).
Contribution k l’ätude de la guärison spontanöe de la tubercnlose
du rein. Von M. Deschamps. Ann. d. mal. d. org. gen.-urin.,
Nr. 8, 1907.
D. hat 2 Fälle von Nierentuberkulose beobachtet, von denen der
eine, eine 25 jährige Frau, ganz spontan, der andere, ein 24 jähriger
Mann, nach Nephrotomie ausheilten, und stellt auf Grund dieser Er¬
fahrungen folgende Schlüsse auf:
1. Die Nierentuberkulose kann spontan ausheilen.
2. Die Nephrektomie darf wegen Nierentuberkulose nur unter be¬
stimmten Indikationen vorgenommen werden.
von Hofmann (Wien).
Om den primära njurtuberkulosen, säskildt med afseende pa dia-
gnos och symtom. Von G. Ekehorn. Hygiea, N. F. f 1906,
Sept.-Okt., S. 850 und 979.
Auf Grund von ca. 50 Fällen von primärer Nierentuberkulose be¬
spricht Verf. die Diagnose und Symptomatologie dieses Leidens. Nach
seiner Erfahrung kann die Auffassung, dass die im Harn nachgewiesenen
Tuberkelbazillen öfter von der sekundär erkrankten Blase als von den
Nieren selbst stammen, nicht richtig sein, da es ihm geglückt ist, in
allen Fällen, in denen er den Ureter der kranken Niere katheterisieren
konnte, Tuberkelbazillen nachzuweisen; in Fällen, in denen die Blase frei
von Symptomen und der Ureter bei der Nephrektomie gesund war, ist
ihm dieser Nachweis geglückt und andererseits waren die Bazillen nach
der Nephrektomie verschwunden, obgleich der Ureter angegriffen war
und die Blasensymptome bestehen blieben. Nach Verf. ist der Nachweis
von Bazillen bei primärer Nierentuberkulose leicht; am besten wendet
man zur Untersuchung die zuletzt gelassene Harnportion an, einige
Kubikzentimeter sind genügend, aber die Untersuchung muss unmittelbar
nach der Entleerung geschehen, nicht erst nach längerem Stehen des
Harns. In manchen Fällen kommt man ohne Ureterkatheterisierung nicht
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zum Ziele. Cystoskopie ohne erstere ist nicht genügend zur sicheren
Beurteilung der Fälle. Dieselbe ist allerdings oft schwierig und sogar
unmöglich, so bei einer Blase, die so verändert ist, dass sogar einfache
Cystoskopie unmöglich ist; auch Injektion der Blase und andere Ver¬
änderungen können das Auffinden der Uretermündung erschweren; end¬
lich kann man in dem kranken Ureter einen unüberwindbaren Widerstand
finden, der das genügend weite Einführen des Katheters verhindert.
Wenn man bei der Katheterisierung eines Ureters die entsprechende Niere
krank findet, muss auch der andere katheterisiert werden, die Gefahr einer
Infektion des anderen Ureters ist nach Verf. minimal; nur falls bei der
Katheterisierung der erhaltene Harn klar, frei von Eiweiss und Bazillen
ist, darf man sich mit einer einseitigen Katheterisierung begnügen. Alle
übrigen Methoden sind für die Diagnose von sekundärer Bedeutung.
In betreff der molekularen Konzentration des Blutes betont Verf., dass ein
normaler Gefrierpunkt des Blutes bei relativ fortgeschrittener Tuberkulose
beider Nieren vorhanden sein kann, und er hat beobachtet, dass der
Gefrierpunkt sich im Laufe einiger Tage hinauf und zurück ändern kann,
ohne dass der Zustand der Nieren sich verändert hat. Auch in betreff
der Funktionsprüfung der Nieren hat Verf. gefunden, dass eine tuber¬
kulöse Niere normal funktionieren kann; bei hochgradig tuberkulöser
Niere tritt natürlich eine Funktionsänderung ein, indem der von dieser
Niere abgesonderte Harn dünner wird und ein niedriges spez. Gewicht
bekommt. Eiter war immer in allen Fällen vorhanden, wenigstens in
dem frisch zentrifugierten Bodensatz, und fast charakteristisch für die
Präparate ist, dass dieselben fast nur Eiterkörperchen ohne Detritus
oder andere Bestandteile mit Ausnahme manchmal vorkommender ein¬
zelner Cylinder enthalten; von Bakterien sind nur Tuberkelbazillen
in denselben zu entdecken. Blut im Ham ist dagegen nicht konstant,
auch in Fällen, die mit Hämaturie begonnen haben; am konstantesten
fand Verf. dasselbe, wo ausgeprägte cystitische Symptome vorhanden
waren, und Verf. meint, dass oft das Blut bei tuberkulöser Nephritis
von der Blase stammt. Die Eiweissmenge ist gewöhnlich niedrig, ca.
1 / 2 °/ 0 , und kann fehlen, in einzelnen Fällen periodenweise, für welche
Fälle Verf. annimmt, dass Ham von der kranken Niere nicht in die
Blase kommt. In betreff der lokalen Symptome, wie palpable Niere,
Schmerzen und Empfindlichkeit in der Nierengegend, hat Verf. Fälle beob¬
achtet, in denen sowohl die subjektiven als auch objektiven Symptome
nach der Seite der gesunden Niere verlegt wurden, in vielen Fällen
fehlen aber Symptome von seiten der Niere. Wichtig ist die Entwick¬
lung der Krankheit; am konstantesten ist der Beginn mit vermehrtem
Harnlassen, trübem Ham und geringen Schmerzen am Schluss des Uri¬
nierens und viele Fälle werden deshalb lange Zeit als einfache Blasen¬
katarrhe behandelt; Schmerzen in der Nierengegend, oft an Nierenkolik
erinnernd, sowie Blut im Ham sind auch frühzeitige Symptome. Tuber¬
kulöse Epididymitis hat Verf. mehrmals gleichzeitig beobachtet, nicht
selten vor dem Auftreten der Symptome von seiten der Nieren, manch¬
mal auch umgekehrt und gewöhnlich auch gleichseitig, ein Verhalten,
das Verf. nur durch die Annahme, dass in diesen Fällen die gleichseitigen
Organe weniger widerstandsfähig sind, erklären kann.
Verf. belegt das Gesagte mit zahlreichen Beispielen und gibt zuletzt
die Krankengeschichten von 41 Fällen. Köster (Gothenburg).
Centralblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 43
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Ueber Niereneiterungen in der Schwangerschaft. Von Barth.
Deutsche Zeitschr. f. Chir., Bd. LXXXV.
Verf. hat einige Fälle von Schwangerschaftspyonephrosen beobachtet
und teilt seine Beobachtungen über diese Erkrankung, die eine gesonderte
Stellung unter den Niereneiterungen einnimmt, mit. Es ist wahrschein¬
lich, dass Abflussbehinderung im Harnleiter, die auf eine Hyperämie
desselben, und zwar mit häufiger Lokalisation an der Knickungsstelle am
Kreuzungswinkel mit der Hiaca dextra, zurückzuführen ist, bei Anwesen¬
heit von Bakterien die Krankheit verursacht. Es handelt sich zumeist
um Infektion mit Bacterium coli und dementsprechend um verhältnis¬
mässig gutartige Prozesse, die allerdings durch lange Dauer oder Misch¬
infektion ernsteren Charakter annehmen können. In geeigneten Fällen
ist es möglich, durch Harnleiterkatheterismus Heilung herbeizuführen,
doch wird in den meisten Fällen das Bestehenbleiben des mechanischen
Hindernisses ein chirurgisches Eingreifen zur Folge haben. Nephrotomien
resp. Nephrektomien werden während der Schwangerschaft gut vertragen
und werden bei schwerer Pyelitis häufig an Stelle des Harnleiterkathe¬
terismus und der Frühgeburt treten müssen.
Victor Bunzl (Wien).
Ueber Diagnose und klinische Bedeutung der symptomatischen
Varikocele bei malignen Nierentumoren. Von Hochenegg.
Zeitschr. f. klin. Med., Bd. LXII.
Autor berichtet aus seinem reichen Beobachtungsmateriale über Fälle
von Varikocele, die sich als Symptome eines bestehenden Nierentumors
maligner Art entpuppten. Ueber einen Fall verbreitet sich Hochenegg
sehr ausführlich:
Ein 50 jähriger Mann, der wegen qualvoller Hodenschmerzen und
Hodenentzündung zur Behandlung kam. Oberflächliche Untersuchung ergab
Schwellung, ödematöse Infiltration der Haut des ganzen rechten Hodens
mit ungeheurer Druckempfindlichkeit. Bei der Operation zeigen sich
fast fingerdick dilatierte Venenthrombosen, die nach Ansicht des Autors
durch Druck auf den Nervenplexus die Schmerzen ausgelöst hatten.
Von Eiter war keine Spur zu sehen. Eine weitere Untersuchung in
Narkose ergab einen deutlich palpablen, wenig beweglichen Nierentumor.
Eine von anderer Seite später vorgenommene Operation bestätigte auch
diesen Befund; es handelte sich um einen inoperablen malignen Nieren¬
tumor.
Verf. bespricht eingehend nun die Differentialdiagnose zwischen
symptomatischer und idiopathischer Varikocele und kommt zu folgenden
Schlussfolgerungen:
1. Im Gefolge von malignen Nierentumoren kommt es nicht selten
beim Manne zum Entstehen einer Varikocele auf der Seite der Nieren¬
erkrankung.
2. Diese symptomatische Varikocele unterscheidet sich von der
idiopathischen dadurch, dass sie im späten Alter auftritt, sich meist
rasch entwickelt, meist schmerzlos ist, bei der Untersuchung namentlich
dadurch, dass die Venenfüllung im Liegen nicht verschwindet, wie dies
bei der idiopathischen Erkrankung der Fall ist.
3. Als Ursache für das gelegentliche Auftreten der Varikocele
ergab der operative Befund:
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a) Verschluss der Vena spermatica durch in die Vena renalis ein¬
gewucherte Geschwulstzapfen,
b) Lymphdrüsenmetastasen, welche die Vena spermat. komprimierten,
c) direkte Kompression der Vena spermat. durch den Nierentumor,
d) Knickung der Vena spermat. durch Verlagerung des Tumors.
4. Die sub a und b angeführten Momente stellen Kontraindikationen
gegen die Operation dar und sind als solche dadurch erkennbar, dass
die Füllung der varikösen Venen bei Knie- und Ellbogenlage, Heben
und Verschieben des Tumors fortbestehen.
Leopold Isler (Wien).
Hämatome sous-päritonöal diffus par rupture spontanäe d’un sarcome
du rein droit. Von Tuffier. Bull, et möm. de la Soc. de Chir.
de Paris. Sitzung vom 11. Juli 1906.
Ein 40 jähriger Mann, der seit Jahren Gallensteinkoliken ohne Icterus
hat, vor 6 Jahren ein Trauma mit folgender kurzdauernder Hämaturie
erlitt, sich seither völlig wohl befand, kommt mit der Diagnose Appen-
dicitis ins Spital. Tags vorher waren plötzlich heftige Schmerzen in
der rechten Fossa iliaca, Erbrechen, Angstzustände aufgetreten. Patient
ist sehr blass, kachektisch; in der rechten Darmbeingrube ein Tumor,
über dem tympanitischer Schall ist. Der Tumor erstreckt sich gegen
die Lende hinauf; Nierengegend nicht geschwollen, nicht empfindlich.
Ham normal.
Da Patient immer schlechter wurde, Laparotomie. Dabei fand sich
das Peritoneum intakt, aber der sich einstellende Dickdarm schwarz
wie bei Gangrän infolge Incarceration; das Coecum war nur hinteh und
lateral so verfärbt, vorne normal, ebenso das Colon transversum. Es
handelte sich also um ein retroperitoneales Hämatom. Inzision: massen¬
hafte Coagula sowie frische Blutung. Kompression der Aorta; nach
der nun folgenden Ausräumung der Coagula konnte Verf. die Quelle der
Blutung als aus der rechten Niere st amm end feststellen. Ligatur des
Nierenstiels, Nephrektomie. Drainage. Am nächsten Morgen Exitus
infolge Anämie. Die Blutung stammte, wie die Obduktion zeigte, aus
dem unteren Pol eines sehr gefässreichen Nierenrundzellensarkoms.
Hartmann sah ein ähnliches Bild bei einem Carcinom der Niere.
Bary beobachtete 2 Fälle: 1 nach einem kleinen Nierentrauma,
beim 2., der zur Sektion kam, konnte als Ursache des perirenalen Hämatoms
nur eine mässige interstitielle Nephritis gefunden werden.
R. Paschkis (Wien).
A case of rest growth in a floating kidney. Von Edgar Huntley.
Lancet, 29. Juli 1906.
Am 16. März 1906 erkrankte eine Frau plötzlich an Hämaturie,
ohne jemals vorher an Urinbeschwerden gelitten zu haben. Im Abdomen
fand sich eine breite, bewegliche Masse rechts und unter der Nabelgegend.
Bei Einführung eines Katheters in die Blase erwies sich dieselbe als
leer. Im Rectum nichts Abnormes. Am 24. März wiederholte sich die
Blutung in grösserem Massstabe und kam augenscheinlich aus der Urethra.
Bis dahin war die tägliche Urinmenge 1—1 */ 4 Liter, kein Albumen und
keine Cylinder nachweisbar.
Operation. Nach Eröffnung des Abdomens kam eine dunkle,
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blutgefleckte Masse zum Vorschein, an deren ganzen Oberfläche Dann¬
schlingen adhärent waren; am hinteren Anteile fand sich ein breiter,
dicker Stiel. Die Adhäsionen wurden gelöst und die Gefässe ligiert, der
Stiel sodann durchtrennt und die Masse entfernt. Der Tumor erwies
sich als Niere mit einer von ihr ausgehenden grossen Geschwulst. Die
Blutcoagula wurden entfernt und das Abdomen geschlossen; die linke
Niere war von normaler Grösse und Konsistenz und lag am richtigen Orte.
Bei der Untersuchung erwies sich der Tumor als Nebennierenc&rcinom.
Herrnstadt (Wien).
Nephrolithiasis. Von A. H. Cordier. Journ. of the Amer. Med.
Aßsoc., 1906. 22. Sept.
Am häufigsten sind Oxalatsteine in der Niere, die rechte Niere ist bei
weitem öfter, nur selten sind beide Organe befallen. Früher oder später
kommt es zur Infektion, zur Nephritis. Ist der Ureter verschlossen, so
wird das Becken dilatiert, das Nierenparenchym durch Druck atrophisch.
In einzelnen Fällen entstehen perinephritische Abscesse. Die Infektion
kann von den Bakterien des Blutes oder von einer auf steigenden Ureteritis
ihren Ausgang nahmen. Ueberaus häufig ist der Colibacillus der Erreger
(aseptische Adhäsion der Niere an das Colon). Die Harnsäuresteine
sind nach Verf. singulär, klein, glatt, die Oxalatsteine multipel, uneben,
der Form nach den Kelchausgüssen entsprechend. Die Phosphate findet
man in alten, eitrigen Fällen, sie sind unregelmässig, zerreiblich. Die
seltenen Calciumkarbonate sind glatt, multipel, unregelmässig, sehr hart,
die Nierenstruktur sehr langsam beeinflussend. Verf. fand Steine bis zu
einem Gewichte von 120 g, meist im Becken oder den Kelchen, zuweilen
im Nierenparenchym. Bei letzterem Sitze werden sie häufig vom Opera¬
teur übersehen. Nach Morris sind in 10 °/ 0 der Fälle beide Nieren
befallen. Die Veränderungen, welche durch Steine hervorgebracht werden,
sind: interstitielle Sklerose, Atrophie infolge von Hydronephrose, selten
Carcinom oder Sarkom. Am gefährlichsten sind die Uretersteine, welche
den Harnleiter perforieren und Urininfiltration hervorrufen, zu Hydro¬
nephrose oder beiderseitiger (reflektorischer) Anurie führen können. In
solchen Fällen sind auch die grossen Schmerzen nicht gleichgültig.
Diagnostisch gibt es mannigfache Schwierigkeiten. Unklare Fieber¬
symptome können auch durch Gallensteine erzeugt werden. Hat ein
Stein das Epithel zerstört, so können septische Schüttelfröste auftreten.
In scheinbaren Buheperioden sind bei genauerem Zusehen doch Symptome
zu entdecken: Lumbago, Schmerzen der Glans oder Clitoris, Harndrang,
Betraktion des Hodens usw. VergrÖBserung der Niere findet man nur
bei entzündlicher Affektion des Organs. Schmerzen und Hämaturie sind
wichtige Symptome. Die Schmerzen werden gewöhnlich von Erbrechen
und Schweissausbruch begleitet und durch Wagenfahrten gesteigert. Ein
negativer Böntgenbefund kann täuschen. Kalkoxalate werfen einen dichten
Schatten, dagegen leisten Harnsäuresteine den Strahlen geringen Wider¬
stand. Differentialdiagnostisch kommen in Betracht: Neuralgie und Muskel¬
rheumatismus, welche bilateral sind und Muskelsteifheit erzeugen, auch
ex juvantibus erschlossen werden können; beginnende Wirbelerkrankungen,
Neuralgien infolge vasomotorischer Störungen der Niere, reichlichere
Abgänge von Kalkoxalat (Sand ohne Steinbildung), Wanderniere, Anfangs¬
stadien der Tuberkulose. Steine und Tuberkulose der Niere kommen
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auch vereint vor. Anch bei Lagerung eines Steines im Ureter muss die
Niere selbst auf Steine untersucht werden, ausser etwa bei Frauen, wenn
der Stein per vaginam oder von der Blase aus entfernt wird. Die Cysto-
skopie hat geringere Bedeutung vom Standpunkte des Ureterenkathete-
rismus und der getrennten Untersuchung des Harnes beider Nieren. Selten
kommt die Anwendung von mit Wachs versehenen Ureterkathetern zur
Diagnose von Uretersteinen in Betracht.
Die Nephrolithotomie ist eine der sichersten Operationen, sollte aber
möglichst zeitlich vorgenommen werden, da die Schädigungen der Niere
mit der Zeit immer grösser werden. Eiterungen, Fisteln erschweren die
Operation, verringern die Chance, die Niere zu retten, und verlängern
die Rekonvalescenz. Der Prophylaxe sind nur enge Schranken ge¬
setzt. Patienten mit Harngries kann man reichlich Getränke zuführen,
Alkalien, Soda, Lithium, Piperacin (1 bis 2 g pro die), Urotropin ver¬
ordnen. Mit Morphium sei man vorsichtig, versuche aber immerhin die
interne Behandlung, da ein kleiner Stein spontan abgehen kann, ohne
dass es zur Bildung neuer käme.
Chronische Hämaturie und Koliken rechtfertigen einen operativen
Eingriff, da in solchen Fällen die Steine eine Quelle besonderer Gefahr
sind. Auch sonst, wenn chronische Kränklichkeit die Folge ist, ist ein
Eingriff angezeigt. Die Operation der Wahl ist die Nephrotomie. Bei
Entzündung des perirenalen Gewebes ist infolge der stärkeren Blutung
die Freilegung der Niere schwierig, wobei dann die Untersuchung auf
Steine durch Punktion der Niere mit Nadeln vorgenommen werden kann,
eventuell durch Einschnitt in den konvexen Nierenrand. Versagt auch
dies, so kann ein Metallkatheter in den Ureter eingeführt, weiter durch
Einspritzung von Flüssigkeit ermittelt werden, ob das Lumen des Ureters
offen ist oder nicht. Auf die letztere Weise gelang es dem Yerf. zweimal,
einen Stein in die Blase hineinzutreiben. Auch wendet Verf. dieses
Verfahren immer nach Ausräumung des Nierenbeckens an. Bröckelt sich
der Stein ab, so muss der Ureter bei der Auswaschung des Nierenbeckens
komprimiert, die Uretermündung durch Gaze geschützt werden. Die
Blutung wird durch Tamponade an der Aussenfläche der Niere, bei drai-
nierten Fällen auch durch Tamponade von innen her gestillt. Die Ent¬
fernung der Steine durch das Parenchym hindurch lässt die Gefahr einer
bleibenden Fistel geringer erscheinen als die Entfernung durch das Becken
oder den oberen Ureterabschnitt. Karl Fluss (Wien).
% Calculs mobiles du rein et de Tur6t4re, Von Legueu. Bull, et
möm. de la Soc. de Chir. de Paris. Sitzung vom 21. März 1906.
Demonstration zweier kleiner Nierensteine.
Die Anamnese des Falles ist typisch. Die Radiographie ergab einen
kleinen Stein in der linken Niere. 6 Monate später fanden sich zwei,
die aber so beweglich waren, dass man bei 10 Aufnahmen sie jedesmal
anderswo fand, an der Blasenmündung des Ureters, im Ureter, in der
Niere. Verf. schloss daraus auf eine starke Dilatation des Nierenbeckens
und Ureters. Brachte man den Pat. in an den Beinen suspendierte
Stellung, so konnte man die Steine in die Niere bringen.
Als sich Pat. zur Operation entschloss, wurde diese so ausge¬
führt, dass er J / 4 Stunde lang in fast vertikaler Stellung blieb, dann
die Niere blossgelegt wurde (wobei sich die vermutete Dilatation er-
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gab), der Ureter abgeklemmt und dann der Pat. horizontal gelagert wurde;
es fanden sich tatsächlich in einem Calix die Steine. Heilung; der
Fall ist auffallend durch die Beweglichkeit der Konkremente und be¬
weist, dass man immer auch den ganzen Verlauf des Harnleiters beim
Durchleuchten respektieren muss. R. Paschkis (Wien).
Ein durch Operation entfernter Riesennierenstein. Von Johnsen.
Berl. klm. Wochenschrift, 1906, No. 51.
Es handelt sich um einen 52 jährigen Mann, der seit längerer Zeit
an cystitischen Beschwerden und kolikartigen Schmerzen, die von der
rechten Niere in die Blase ausstrahlten, litt. Der Urin wurde später
trübe, jauchig stinkend, ammoniakalisch und in dem sich hoch absetzen¬
den Bodensatz waren massenhaft Epithelien und Leukocyten nachweisbar.
Die Diagnose auf Pyonephrose und Nephrolithiasis musste in suspenso
bleiben. Die Operation förderte einen Nierenstein von einem Trocken¬
gewicht von 339 g. Seine Länge betrug 14,1 cm, der grösste Längen¬
umfang 33,5 cm, der grösste Breitenumfang 28,5 cm. Die kristallisierte
weisse harte Aussenmasse bestand der Hauptmenge nach aus phosphor¬
saurer Ammoniakmagnesia und phosphorsaurer Kalkerde. Patient wurde
geheilt entlassen. Raubitschek (Wien).
Des erreurs radiographiques dans la recherche des calculs urinaires.
Von Dervaux. Ann. d. mal. d. org. gön.-urin., 1. Okt. 1906.
Die 38 jährige hysterische Patientin hatte mehrfach an acuter Urin¬
retention gelitten. Später stellten sich ausstrahlende Schmerzen in der
Blase und linken Nierengegend ein. Die gleichzeitig bestehende Reten¬
tion verschwand trotz Katheterismus nicht. Mit der Steinsonde und
dem Kystoskope war nichts Abnormes nachweisbar, hingegen fand man
am Radiogramm einen Schatten in der Gegend des linken Ureters. Bei
der Ureterotomie fand man keinen Stein, doch blieb die Patientin dauernd
geheilt, nachdem man ihr sagte, dass ein solcher entfernt worden sei.
von Hofmann (Wien).
Ueber die Entkapselung der Niere. Von E. Müller. Arch. f. klin.
Chir., Bd. LXXXU, 1. Heft.
Verf. hat experimentelle Versuche über Nierendekapsulation an¬
gestellt, und zwar an 6 Hunden, die er folgendem operativen Eingriff
unterwarf: Luxation der Niere, vollständige Abtrennung der Capsula
fibrosa nach Spaltung derselben, Eröffnung des Peritoneums und voll- •
ständige Umwicklung der entkapselten Niere mit vorgezogenem Netz,
das auf der Hilusseite durch Nähte befestigt wird. Reposition und
Schluss der Wunde. Die nach Tötung der Tiere angefertigten Injektions¬
präparate liessen auf den Röntgenogrammen eine äusserst reiche Gefäss-
neubildung um und in der Niere erkennen. Drei in extenso mitgeteilte Fälle
wurden nach obiger Methode mit sehr gutem Erfolge operiert, weshalb
Verf. für diese Operation, die er als „Epiplonephroplastik“ bezeichnen
möchte, eintritt. Victor Bunzl (Wien).
Beiträge zur Nierenchirurgie. Von H. Doering. Deutsche Zeitschr.
für Chir., Bd. LXXXVn, 1.—3. Heft.
Verf. teilt seine Erfahrungen über die in den von Geh.-Rat Braun
geleiteten Kliniken sowie dessen Privatpraxis zur Beobachtung gekommenen
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Fälle von Hydro- und Pyonephrose sowie Steinniere mit und kommt
insbesondere in dem Kapitel Therapie auf Grund der Operationserfolge
zu interessanten Schlussfolgerungen.
Bei Hydronephrosen spricht sich der Verf. gegenüber Küster, der
sich als unbedingter Anhänger der Nephrotomie bekundet, gegen diese
aus; denn sie führt nur in wenigen Fällen zur Heilung und ist nicht
imstande, Insuffizienzerscheinungen der anderen Niere mit Sicherheit zu
verhüten. Meist erweist sich die lumbale primäre Nephrektomie als
sicherstes und radikalstes Heilungsprinzip, wobei eine Funktionsschädigung
der anderen Niere niemals konstatiert werden konnte. Auch bei der
Pyonephrose ist die prinzipielle Anwendung der Nephrotomie entschieden
zu verwerfen und, wenn möglich, die primäre Exstirpation der kranken
Niere auszuführen. Ist diese aus irgend einem Grunde zunächst nicht
durchzuführen, so soll sie so bald als möglich der Nephrotomie an¬
geschlossen werden, wodurch allein eine spätere Infektion der anderen
Niere verhütet werden kann. Als Voroperation schafft die Nephrotomie
oft wesentlichen Nutzen, indem durch Entleerung des Eiters eine Besse¬
rung in der Funktion der zweiten Niere erzielt werden kann.
Bei Behandlung der „Steinnieren“ gelten folgende Grundsätze: Die
durch Steine verursachten Hydro- und Pyonephrosen werden, falls es
nicht gelingt, durch Nephrotomie und Steinextraktion die Heilung zu
sichern, oder bei bereits ausgedehnter Zerstörung des Nierengewebes mit
Nephrektomie behandelt, wobei Intaktheit der anderen Niere vorausgesetzt
wird. Während die Pyelotomie stets zu verwerfen ist, ist jedenfalls die
ausgedehnte Spaltung der Niere bis ins Nierenbecken mit Extraktion der
Steine das idealste und in erster Linie einzuschlagende Heilungsmittel.
Bei durch Steine bedingter Anurie werden die doppelseitige Nephrotomie
und Extraktion der Steine empfohlen, doch bilden oft der Allgemein¬
zustand des Patienten und die meist schon bestehende IJrämie ein
Hindernis für die Einhaltung dieser Indikationsstellung.
Victor Bunzl (Wien).
Beiträge zur Nierenchirurgie. Von H. D o e r i n g. Deutsch. Zeitschr.
f. Chir., Bd. LXXXIV, S. 288.
Während Israel, Tuffier u. a. die Indikationsgrenze für die
operative Behandlung der Wanderniere sehr enge ziehen und insbesondere
bei nervösen Symptomen die Operation ablehnen, vertreten Küster und
seine Schule die entgegengesetzte Ansicht und empfehlen gerade bei
nervösen, durch die Wanderniere ausgelösten Beschwerden die frühzeitige
Operation. Veranlasst durch diese Unsicherheit der Indikationsstellung,
bespricht Verf. 70 von Braun operierte Fälle und kommt hierbei
zu folgenden Schlussfolgerungen: Mit Ausnahme von mit schweren
nervösen Symptomen einhergehenden Fällen der Wanderniere sind durch
Nephropexie befriedigende Dauerresultate zu erreichen. Als Methode
werden die partielle Dekortikation der Niere mit Anheftung der Kapsel¬
ränder durch Katgut an die seitliche Bauchwand sowie Anlegung einer
das Parenchym durchgreifenden Naht empfohlen, während die Suspension
der Niere an die 12. Rippe mittels Silberdrahtes als unnötig bezeichnet
wird. Obwohl bei schwer nervösen Patienten die Operation häufig voll¬
ständig versagt, darf sie doch wegen ihrer Ungefährlichkeit nach ergebnis¬
losem Versuchen anderer Heilmethoden zur Anwendung kommen. Die
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Wanderniere ist nur sehr selten angeboren, ätiologisch sind nur das
Trauma und starke Abmagerung hervorzuheben.
Victor Bunzl (Wien).
Ueber Nierenchirurgie. Von H. Geb eie. Arch. f. klin. Chir., Bd. LXXXI,
Heft 1.
Die noch immer nicht erzielte Einigung über den Wert bestimmter
Methoden zar Nierenfunktionsprüfung, insbesondere der Kryoskopie,
Phloridzinprobe, der quantitativen Harnstoffbestimmung und der Farbstoff¬
prüfungen veranlasst den Verfasser, seine eigenen Erfahrungen hierüber
mitzuteilen. Gegenüber dem ablehnenden Verhalten Rowsing’s, der
einzig dem Ureterenkatheterismus und der genauen Untersuchung des
direkt aufgefangenen Harnes das Wort spricht, und Israel, der alle
funktionellen Methoden verwirft, will Verf. die letzteren, speziell die
Blutgefrierpunktsbestimmung, nicht unterschätzt wissen, allerdings nur
als eine ergänzende, nicht selbständige Untersuchungsmethode und insbe¬
sondere dort, wo der Ureterenkatheterismus sich als unausführbar erweist.
Ueber die anderen funktionellen Methoden sind die Erfahrungen des
Verf. gering, doch erscheinen ihm die Hamkryoskopie, Phloridzinprobe
und Harnstoffbestimmung schon deshalb von geringerer Bedeutung, weil
nur bei nicht ausführbarem Ureterenkatheterismus funktionelle Methoden
in Betracht kommen und schon deshalb nur die Blutkryoskopie rationell
genannt werden kann. Neben dem Ureterenkatheterismus kann auch die
Chromocystoskopie zur Diagnosenstellung verwertet werden.
Victor Bunzl (Wien).
Die Folgen eines zeitweiligen Ureteryerschlnsses. Von E. Rauten-
berg. Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie,
Bd. XVT, 3. Heft.
Experimentelle Untersuchungen an Kaninchen über die Folgen eines
zeitweiligen Ureterverschlusses auf das Nierenparenchym. Verf. sah zu¬
nehmende Atrophie, Bindegewebsvermehrung und Regenerationserschei¬
nungen. Im weiteren Verlauf kann es zur Bildung völlig normaler
Harnkanälchen und zum Schwund des vorher neugebildeten Binde¬
gewebes kommen. Daneben sah Verf. auch vielfach regressive Verände¬
rungen. Funktionell beobachtete Verf. Albuminurie bis zur völligen
Niereninsufficienz mit totaler Anurie.
H. R. Raubitschek (Wien).
Resultat äloigne d’une ur6täro-cyston6ostomie pour rätröcissement
de l’ur^tire. Von Legueu. Bull, et m&m. de la Soc. de Chir. de
Paris. Sitzung vom 4. Juli 1906.
Die demontrierte Patientin, Mutter von 14 Kindern, wurde vor einem
Jahre vaginal hysterektomiert; nachher hatte sie eine Ureter-Scheiden¬
fistel, die sich später spontan schloss, aber eine Ureterstenose dadurch
verursachte. Patientin hatte Schmerzanfälle (alle 8—10 Tage) in der
rechten Niere. Die Separation ergab links klaren Harn, rechts nichts.
Der Ureterenkatheterismus ergab eine Stenose 2 cm über der Blase,
aber keine völlige, da man cystoskopisch im Ureter Eiter sah.
Operation: Extraperitonealer Medianschnitt, dann, als man so den
Ureter nicht fand, Eröffnung des Bauchfells, Aufsuchen des Ureters, der
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stark dil&tiert war; dann Schloss des Peritoneums und extraperitoneale
Fortsetzung der Operation und Einpflanzung des jetzt leicht zu findenden
Ureters in die Blase. Nachher war Pat. absolut beschwerdefrei; Oysto¬
skopie; normale Uretersondierung; man kam 18 cm hoch, der Harn klar.
R. Paschkis (Wien).
A case of rupture of the ureter; drainage, recovery. Von W.
Gifford Nash. Lancet, 17. Nov. 1906.
Am 11. Juli 1906 wurde ein 44 Jahre alter Mann mit abdominalen
Schmerzen ins Spital aufgenommen; anamnestisch wurde erhoben, dass
er das erstemal am 22. Februar mit Schmerzen im Unterbauch er¬
krankte, gleichzeitig bestanden massiges Erbrechen und Obstipation sowie
geringe rektale Blutung. Am 16. Mai hatte Pat. eine heftige Attacke von
Erbrechen und Schmerzen im linken Hypochondrium, welche mit Unter¬
brechungen bis zu einer Woche bis 22. Juni anhielt. Am 5. Juli traten
ähnliche Schmerzen auf der rechten Seite auf und am 8. Juli zeigte
sich eine Schwellung, welche mit den Schmerzanfällen kam und wieder ver¬
schwand. Bei der Untersuchung war die rechte Seite gespannt, per rectum
nichts Abnormes zu finden, T.: 100 0 F. Am 14. Juli fühlte man die Ge¬
schwulst rechts und aussen vom Coecum, sie wuchs während der folgenden
2 Tage rasch an und reichte am 16. Juli vom rechten Rippenrande
nach abwärts über die Fossa ileocoecalis bis an die Abdominalgrenze.
Nach Inzision fand sich ein grosser Hohlraum, welcher ca. 30 Unzen
klarer, urinöser Flüssigkeit enthielt, nach Reinigung der Höhle zeigte
sich, dass in der Höhe der Crista ilei aus dem Ureter klare Flüssigkeit
tropfte; für Entfernung der Niere bestand kein Anhaltspunkt und nur
die Höhle wurde drainiert; am 20. Juli kam kein Urin mehr und am
24. konnte das Drain entfernt werden. Durch 4 Tage nach der Opera¬
tion kamen ca. 30 Unzen, die nächste Woche 40 und nachher ca. 50.
Am 24. Oktober war Patient frei von den Schmerzen und der Schwellung.
Herrnstadt (Wien).
Epithelioma de la partie införieure de l’iir6t&re. Räsection uretäro-
v£sicale. Von Albarran. Bull, et m6m. de la Soc. de Chir. de
Paris. Sitzung vom 4. Juli 1906.
Eine 34jährige Frau; seit 2 Jahren reichliche, wiederholte Häma¬
turien, mit vergrös8erter empfindlicher rechter Niere. Cystoskopisch fand
sich ein in die Blase hineinreichendes kleines Epitheliom der Ureter¬
mündung, die Schwellung der Niere wurde als konsekutive Hydronephrose
gedeutet. Vor der Operation Einführung eines Katheters in den ge¬
sunden Ureter. Langer schräger Schnitt von der Symphyse bis zum
Rippenbogen. Stumpfe Abdrängung des Peritoneums. Auspräparierung
des Ureters, Inzision und Resektion der Blase entsprechend der Ureter¬
mündung, Blasennaht, Einnähung des centralen Ureterstumpfes in die
Hautwunde. R. Paschkis (Wien).
Large calculus of ureter, removed by suprapubic cystotomy. Von
Rushton Parker. Brit. Med. Journ., 21. Juli 1906.
Ein 49 Jahre alter Mann wurde am 4. Nov. 1904 mit Schmerzen
im Rectum und Prolaps desselben ins Spital aufgenommen; bei der digi¬
talen Untersuchung des Rectums fühlte man einen runden harten Tumor
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von der Grösse einer Walnuss, beweglich, anscheinend nicht im Darme,
da man ihn durch die Mucosa palpierte. Mittels X-Strahlen sah man
den umschriebenen, ovalen Schatten eines Steines, bei der Sondierung
der Blase wurde nichts gefunden. Am 10. Nov. 1904 wurde das Ab¬
domen durch eine mediane, hypogastrische Inzision eröffnet; tief im
Becken fühlte man einen Tumor von obigem Charakter, doch weder im
Bectum noch in der Blase, sondern anscheinend im rechten Ureter nahe
der Blase. In der Begio suprapubica wurde eine 2. Inzision gemacht, die
Blase eröffnet, worauf man den Stein im rechten Ureter fühlen konnte;
durch direktes Einschneiden auf denselben wurde er entfernt.
Der Stein wog etwas über */ 4 Unzen, seine Masse waren 3,8, 3,1,
2 1 / 2 cm, die Farbe schwarz, die Oberfläche scharfkantig. Der Zustand
der Niere der affizierten Seite war folgender: durch den rechten Ureter
kam kein Urin, die Sekretion links war normal.
Herrnstadt (Wien).
Rectal anastomosis of the ureters. Von Carl Beck. New York
Med. Joura., 1906, 19. Mai.
Die mit vielfachen Leiden verbundene Anomalie der Exstrophia
vesicae wird seit Simon und nach der später von M a y d 1 angegebenen
Methode durch Implantation der Ureteren ins Bectum bis zu einem ge¬
wissen Grade korrigiert, indem dadurch eine bedeutende Kontinenz her-
gestellt werden kann. Zwei grosse Gefahren haften jedoch diesem Ver¬
fahren an: die der peritonealen Sepsis (durch Verunreinigung der Bauch¬
höhle bei Eröffnung des Bectum) und die ascendierende Infektion bei
Stenose der eingepflanzten Ureteren und konsekutiver Hamretention.
Verf. hat daher in 2 Fällen die Autoplastik in folgender Weise ausge¬
führt : Bei einem 3 jährigen Knaben wurden die Mm. recti von den
Schambeininsertionen und der Fascia transversa teilweise losgelöst, um¬
geklappt und über dem Defekt vereinigt, wodurch die Blase Betentions-
fähigkeit erhielt. Bei einem 5 jährigen Knaben wurde die vordere Schichte
der Mm. recti türflügelartig abgelöst, die Blasenwand vereinigt und die
Muskellappen wurden darüber vernäht. Der Knabe konnte den Harn
öfters eine Stunde lang halten. Diese Methoden sind jedoch sehr un¬
vollkommen und eine Beihe von Forschern versucht in Tierexperimenten
eine Verbesserung derselben. Karl Fluss (Wien).
III. Bücherbesprechungen.
Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. Von H. Apolant.
Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. Herausgegeben von Ko Ile
und Wassermann. Ergänzungsband, 2. Heft. Fischer, 1907.
Seitdem in neuerer Zeit die Kenntnis des histologischen Geschwulst¬
baues bis zu einem Punkt gefördert ist, über den hinaus ein prinzipieller
Fortschritt auf rein deskriptivem Wege zum mindesten zweifelhaft ist,
ist in verstärktem Masse das Bestreben erkennbar, das Wesen der Ge¬
schwülste auf experimentellem Wege zu ergründen, und erst vor kurzem
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ist eine Summe von Tatsachen ermittelt worden, welche die experimentelle
Erforschung der Tumoren zu einem gesonderten Zweig der Geschwulst¬
lehre erhoben hat. Dieses Gebiet beschränkt sich im wesentlichen auf
die malignen Tumoren, die einerseits von jeher das Hauptinteresse der
Autoren erweckt und sich andererseits so gut wie ausschliesslich der
experimentellen Erforschung zugänglich erwiesen haben.
Die experimentelle Erzeugung von Geschwülsten wurde in erster
Linie zur Stütze der verschiedenen Theorien über die Genese der malignen
Tumoren unternommen, so dass den Versuchen selbst wesentlich die Holle
einer Probe auf das Exempel zukommt. Der Wert der zu erwähnenden
Versuche erleidet aber besonders dadurch eine erhebliche Einbusse, dass
negative [Resultate nichts gegen die betreffende Theorie beweisen und
dass vor allem zu berücksichtigen ist, dass wir in gänzlicher Unkenntnis
der Bedeutung, welche den verschiedenen angeschuldigten Momenten für
die Geschwulstbildung zukommt, die Bedingungen bei der experimentellen
Prüfung nur sehr roh herzustellen vermögen. Dies trifft ebensosehr bei
allen jenen Experimenten zu, die zur Stütze der sogenannten Irritations¬
theorie unternommen worden sind, wie bei der Unsumme jener für die
Cohn heimische Theorie unternommenen Transplantationen von em¬
bryonalem Gewebe. Kaum glücklicher fielen jene Experimente aus, die
zur Prüfung der Bibbert ’schen Theorie unternommen worden sind.
A. priori könnte es scheinen, als ob die Bedingungen für diese Versuche
bei dem einheitlichen genetischen Prinzip, das Bibbert mit seiner
Hypothese in die Geschwulstlehre eingeführt hat, nämlich die Sprengung
von Parenchymzellen aus dem natürlichen Verbände, unschwer zu reali¬
sieren sei. Doch ist, wie schon vielfach darauf hingewiesen wurde, der
Vorgang nur ganz unvollkommen nachzuahmen; denn im Versuch kann
weder die Ernährungsschädigung der künstlich verlagerten Zellen ganz
eliminiert, noch eine so weitgehende Zellisolierung erzielt werden, wie
die Theorie es zum mindesten wünschenswert erscheinen lässt. Bibbert
selbst zeigt, dass Klein ’sche Gewebsstückchen, in eine Lymphdrüse oder
die Bauchhöhle verpflanzt, meist nicht ohne weiteres zugrunde gehen,
sondern, nachdem sie eine Veränderung, die er als Entdifferenzierung
auffasst, durchgemacht haben, viele Monate lang erhalten bleiben können.
Er hat damit, und das erscheint als ein äusserst wichtiges Moment in
der ganzen Frage, jedenfalls den Beweis einer gewissen Selbständigkeit
transplantierter Zellen geliefert.
Was die Transplantationen fertiger Tumoren anlangt, so kann man
bei diesen Geschwulstübertragungen drei Versuchsreihen unterscheiden,
je nachdem die Impfung von Mensch auf Mensch, von Mensch auf Tier
oder von Tier auf Tier der gleichen Spezies erfolgt.
Sind der ersten Versuchsreihe schon naturgemäss recht enge Grenzen
gezogen, so entbehren derartige Experimente am Menschen, die ja nichts
weiter als künstlich gesetzte Hautmetastasen darstellen, schon deswegen
einer wesentlichen theoretischen Bedeutung, weil die Uebertragung wohl
ausschliesslich auf krebskranke Individuen gemacht werden dürfte und
somit dem Einwand, dass die Disposition für das Haften der Geschwulst
entscheidend ist, nicht begegnet werden kann. Erfolgreicher erscheinen
die Transplantationen der Tumoren von Mensch auf Tier, Experimente,
die bis in die Mitte des XVIII. Jahrhunderts zurückreichen. Allerdings
muss man auf Grund der vorliegenden Erfahrungen entschieden bestreiten,
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dass der Beweis der TJebertr&gbarkeit menschlicher Tumoren auf Tiere
erbracht ist, denn es ist einwandsfrei noch nicht gelungen, durch Impfung
auf Tiere Geschwülste zu erzeugen, die strukturell mit dem verimpften
menschlichen Ausgangstumor übereinstimmen. Trotzdem erscheint es
kaum zulässig, alle angeblichen positiven Erfolge einfach mit dem Schlag¬
wort „Granulationsgeschwulst“ abzutun, wenn auch ein grosser Teil der
gelungenen Transplantationen in dieses Gebiet zu fallen scheint.
Die ausgedehntesten Untersuchungen im ganzen einschlägigen Gebiet
sind mit Transplantationen von Tumoren von Tier auf Tier angestellt
worden, und zwar auf Tiere der gleichen Spezies. Die wenigen in der
Literatur verzeichneten Falle von angeblich gelungener Geschwulstüber-
tragung auf artfremde Tiere können kaum als beweisend angesehen
werden. Sind wohl schon vor längerer Zeit Tumortransplantationen von
Tier auf Tier beschrieben worden, so ist vollends durch die in sehr
grossem Stil unternommenen Untersuchungen Ehrlich’s eine Anzahl
neuer Befunde erhoben worden, die uns einen tiefen Einblick in die
Biologie der Tumoren gestatten. Ehrlich, der von Anfang an seine
Forschung auf die breiteste Basis zu stellen gewusst hat, hat besonders
sein Augenmerk der Frage nach der Transplantationsmöglichkeit der
Spontantumoren weisser Mäuse zugewendet. Es lassen sich nämlich nicht
alle Tumoren in gleich hohem Prozentsatz erfolgreich immer wieder
weiterimpfen, doch bessern sich die Resultate allmählich zuweilen der¬
artig bis zu einer maximalen Virulenz, dass 100 °/ 0 der Impfungen er¬
zielt werden konnten. Die Zahl der am Ehrlich’schen Institut beob¬
achteten Sarkomentwicklungen ist eine zu grosse, um die Möglichkeit
auszuschliessen, dass es sich bei diesem Prozess um einen gesetzmässigen
Vorgang, wenigstens in denjenigen Geschwülsten handelt, in denen eine
maximale Virulenzsteigerung erzielt worden ist. Solange man die Ueber-
trägbarkeit des Krebses nicht bewiesen hatte, war die Existenz eines
malignen Tumors gänzlich an das Leben des die Geschwulst tragenden
Individuums gebunden. Aus dem Nachweis der Impfbarkeit ergibt sich
eine ähnliche Unabhängigkeit der Krebszellen von dem betreffenden
Organismus, wie sie den Keimzellen des Körpers zukommt, die im Gegen¬
satz zu den rein somatischen Zellen potentiell Unsterblichkeit besitzen.
Es ist nun gewiss hochinteressant, dass diese Unsterblichkeit, die als
potentiell vorhanden zunächst angenommen werden musste, de facto ge¬
rade bei den virulentesten Carcinomen nicht zu bestehen braucht, so
dass der Existenz eines transplantablen Carcinoma zeitliche Grenzen ge¬
setzt sein können, die wir vollkommen zu übersehen vermögen. Die
zeitliche Begrenzung ist eine viel engere als die räumliche, welche letztere
bei Ausführung aller überhaupt denkbaren Impfungen völlig jenseits
unseres Vorstellungsvermögens liegt.
Bei der Leichtigkeit der Uebertragung von Spontantumoren auf
Mäuse und Ratten lag es nahe, durch Modifikationen der Impfung die
Bedingungen zu präzisieren, unter denen eine Uebertragung erfolgreich
ißt, und durch Einwirkung von verschiedenartigen Noxen einen tieferen
Einblick in die Biologie und Lebensfähigkeit der Tumorzellen zu ge¬
winnen und bis zu einem gewissen Grade die Lösung der Aetiologiefrage
zu fördern. Ohne zu sehr ins Detail einzugehen, soll hier nur hervor¬
gehoben werden, dass die Frage nach der Genese der Spontantumoren
auf Grund der bisher experimentell gewonnenen Daten kaum exakt be-
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UNIVERSUM OF CALIFORNIA
685
antwortet werden kann, dass aber kein Moment zur Annahme eines
parasitären Ursprungs zwingt.
Da eine einwandsfreie Beobachtung über erfolgreiche Tumortrans¬
plantation auf artfremde Tiere nicht vorliegt, so scheinen die Geschwülste
in dieser Beziehung denselben Gesetzen zu unterliegen wie die normalen
Körpergewebe. Auffallenderweise ist man vor Ehrlich der Frage
ernstlich nicht nähergetreten, worauf diese Immunität eigentlich beruht.
Impft man einen virulenten Mäusetumor auf die Batte, so beobachtet
man in den ersten Tagen ein Wachstum, dessen Intensität hinter der
bei einer Mäuseimpfung nicht im geringsten zurücksteht. Vom 8. Tag
an bildet sich jedoch der Tumor langsam zurück und verschwindet nach
14 Tagen spurlos. Impfte Ehrlich den Battentumor auf der Höhe
seiner Entwicklung auf eine zweite Batte, so ging er hier überhaupt
nicht an, während bei Bückimpfung auf die Maus keinerlei Abschwächung
des Wachstums zu erkennen war. Diese Zickzackimpfung Maus-Ratte-
Maus-Ratte konnte beliebig oft fortgesetzt werden, ohne dass eine Ab¬
nahme der Wuchskraft zu beobachten war.
Mit der Ermittelung dieser Tatsache hat Ehrlich zunächst den
Beweis geliefert, dass die natürliche Immunität der Ratte nicht auf Anti¬
körpern beruhen kann, die schon unter normalen Verhältnissen im Ratten¬
körper vorhanden sind, da dieser Annahme das anfänglich erhebliche
Wachstum widersprechen würde. Die Immunität beruht vielmehr darauf,
dass der Batte ein ganz bestimmter, nur im Mäuseorganismus vorhandener
Stoff X fehlt, der für das Wachstum der Tumorzelle unentbehrlich ist.
Ehrlich hat dieser auf dem Fehlen eines bestimmten Nährstoffes be¬
ruhenden Immunität den Namen der atreptischen verliehen.
In einem innigen Zusammenhang mit diesen Ueberlegungen stehen
weitere Versuche, die zwar nicht die letzte Ursache der spontanen Ge¬
schwulstbildung aufdecken, wohl aber die Bedingungen ihres Zustande¬
kommens schärfer präzisieren lassen. Ehrlich geht von der Voraus¬
setzung aus, dass eine Geschwulst nur aus solchen Zellen entstehen kann,
deren Rezeptoren eine höhere Avidität zu den Nährstoffen besitzen als
die Körperzellen. Da nun die meisten spontan entstandenen Mäuse¬
tumoren nicht auf andere Tiere verimpfbar sind, so kann die Avidität
ihrer Zellen gegenüber den Zellen des Durchschnittsorganismus keine
gesteigerte sein. Demgemäss beruht die spontane Entstehung dieser
Tumoren nicht auf einer Aviditätssteigerung der Geschwulstzellen, sondern
auf einer Aviditätsverminderung der Körperzellen. Hiermit wäre zum
erstenmal eine experimentelle Stütze für die von jeher angenommene
Bedeutung des konstitutionellen Elementes bei der Geschwulstbildung
erbracht und zugleich das Verständnis für eine Reihe von Tatsachen
erleichtert, wie die Heredität sowie das gehäufte Auftreten des Carcinoma
bzw. die Umwandlung benigner Tumoren in maligne im höheren Lebensalter.
Weiter ist es gelungen, durch Verimpfung von abgeschwächtem Virus,
eventuell durch mehrmalige Verimpfung in einem hohen Prozentsatz der
Fälle eine Maus sicher gegen Carcinom zu immunisieren. Die Immunität
tritt schon nach 7—14 Tagen ein und hält Wochen und Monate hin¬
durch an.
Bei der Aufstellung des Begriffes der atreptischen Immunität war
Ehrlich von der Voraussetzung ausgegangen, dass zwischen dem nor¬
malen Körper und Tumorzellen eine teilweise Uebereinstimmung der
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haptophoren Gruppen besteht. Andererseits beweist die Möglichkeit der
Antikörperbildong, dass diese Uebereinstimmung nur eine partielle sein
kann, da bei völliger Identität durch Wiederholung der Impfungen die
Resultate häufig gebessert werden. Aus den Wechselbeziehungen ferner,
die sowohl hinsichtlich der Antikörperbildung als auch der atreptischen Im¬
munität zwischen Carcinom und Sarkom bestehen, ergibt sich mit Sicher¬
heit eine sehr weitgehende Uebereinstimmung ihrer haptophoren Gruppen,
so dass vielleicht dieselbe Veränderung, die an einer Epithelzelle zum
Carcinom führt, zu einer Bindegewebszelle zum Sarkom überleitet.
So gewähren diese experimentellen Immunisierungsstudien einerseits
einen tieferen Einblick in das Wesen und die biologischen Beziehungen
der Tumoren, während sie andererseits eine aussichtsvolle Perspektive
zur Lösung praktisch eminent wichtiger Fragen eröffnen.
Baubitschek (Wien).
Pr6cis de pathologie interne. Von Balthasard, Cestan, H.
Claude, Macaigne, Nicolas et Verger. Preface du pro-
fesseur Bouchard. 4 starke Bände. Paris 1907. G. Steinheil.
Preis der 4 Bände 28 Francs.
Das vorzügliche Blandbuch verdankt seine Entstehung der Mitarbeit
von 6 Internisten. Es ist, so weit bei verschiedenen Mitarbeitern mög¬
lich, gleichmässig bearbeitet und dürfte seinen Zweck sehr gut erfüllen.
Es ist als ein Handbuch für den Studierenden wie für den praktischen
Arzt gedacht, eignet sich aber doch weit mehr für den letzteren als
kurzes, präzises Nachschlagebuch. Theoretische Erörterungen treten
naturgemäss zurück, sind jedoch ebensowenig wie historische Erörte¬
rungen vollkommen unterdrückt.
Nicolas (Lyon) behandelt die parasitären Affektionen, Baltha¬
sard die Intoxikationen und Autointoxikationen, weiter die Ernährungs¬
störungen, die Krankheiten des Blutes und der hämatopoetischen Organe,
endlich die Krankheiten des Verdauungstraktes, der Leber und der
Nieren. Macaigne beschreibt die Krankheiten des Herzens, der Gefässe
und der Lungen, Claude die Störungen der Leber- und Nierenfunktion,
C e 81 a n (Toulouse) und Verger (Bordeaux) beschäftigen sich mit den
Affektionen des Nervensystems.
Gute Abbildungen sind in den Text eingefügt.
Das Werk kann als vorzügliches kurzes Handbuch der inneren
Medizin warm empfohlen werden.
Hermann Schlesinger (Wien).
Die Behandlung der tuberkulösen Wirbelsäulenentzündung. Von
Calot. 120 Abb., 90 Seiten. Stuttgart, Enke 1907. Uebersetzt
von Ewald. Mit einem Vorwort von Osk. Vulpius.
Die Bestrebungen Calot’s, den tuberkulösen Gibbus gewaltsam zu
redressieren, waren an den acut einsetzenden, häufig tödlichen Folge¬
erscheinungen gescheitert. Langsam aber setzte der unerschrockene
Forscher der zurückflutenden Woge der Ablehnung einen Damm ent¬
gegen und in der vorliegenden Arbeit gibt er die Anleitung, wie der
Praktiker — nicht nur der Spezialist — durch allmähliche Redression
den Buckel mit allen Folgeerscheinungen der Lähmung beseitigen kann.
Prinzipiell ist Calot gegen die Oeffnung von Abscessen, auch der retro-
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pharyngealen, die durch Punktion von hinten her zu entleeren sind.
Die Technik der notwendigen Verbände ist durch vorzügliche Abbildungen
erläutert. Muskat (Berlin).
Tr&itement local des gommes syphilitiques par les injections d’iodure
de potassium. Von M. J. Boisseau. Thöse de Paris. G. Steinheil,
1906.
Injektionen von 3 °/ 0 Jodkalilösung in die Gummen oder die Um¬
gebung derselben haben nach B. verschiedene Vorzüge: das Medikament,
dessen Menge nur eine geringe zu sein braucht, kommt direkt mit den
erkrankten Geweben in Berührung. Die Injektionen sind für sich allein
imstande, die Veränderungen in kurzer Zeit zu heilen, ohne Vergiftungs¬
erscheinungen zu verursachen. Das Verfahren kann mit gleichzeitiger
merkurieller Behandlung kombiniert werden.
von Hofmann (Wien).
Inhalt.
I. Sammel-Referate.
Schirmer, K. H., Achondroplasie
(Chondrodystrophia foetalis, Mikro-
melie) (Fortsetzung), p. 641—652.
II. Referate.
A. Bakteriologie, Serumtherapie.
N ö 11 z e 1, W., Experimentelle Untersuchung
über die Infektion und die Bakterien¬
resorption I. der Gelenke, 2. des Sub¬
duralraumes, sowie über den Unterschied
in der Resistenz verschiedener Gewebe
und Körperhöhlen, p. 652.
Christianiu. deMichelis, Le r61e
de la vaisselle dans la transmission des
germes infectieux, p. 653.
Rücker, J. B., A study of the nature of
the micro-organisms found in the mouths
and throats of healthy persons, p. 654.
Ruediger, G. F., The Streptococci from
scarlatinal and normal throats and from
other sources, p. 654.
N u s g r a v e, W. S., Amoebiasis; its asso-
ciation with other diseases, its compli-
cations and its after effects, p. 654.
Wadsworth, H., Mouth desinfection in
the prophylaxis and treatment of pneu-
monia, p. 654.
Blanchard, R., Spirilles, spirochaites
et autres microorganismes ä forme spiril-
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Precis de pathologie interne, p. 686.
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Um Einsendung von Monographien und Stehern an den Redakteur Profeneor
Dr. HERMANN SCHLESINGER, Wien, I, Ebendorferstrasse 10, wird gebeten.
Man bittet, redaktionelle Zuschriften mit dem Adreaaenzuzatz „Für die Redaktion des
Centralblattes für die Grenzgebiete* 4 versehen zu wollen.
Lippert & Co. (G. Pätz’sche Buchdr.), Kaumbarg a. 6.
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für die
Grenzgebiete der frtedizin u. Chirurgie.
Heraasgegeben von
Dx*. Hermann Schlesinger t
Profauor an der Universität Wien.
Verlag von GUSTAV FISCHES in Jeni*
X. Band. Jena, 1. Oktober 1907. Nr. 18.
Das Centralblatt für die Grenzgebiete der Medizin und Chirurgie erscheint in
zwanglosen Heften im Umfange von etwa 3 Druckbogen, die zu einem Bande
vereinigt werden, dessen Umfang 60 Druckbogen betragen wird. Das Abonne¬
ment für das Centralblatt kostet 24 Mark für den Band. — Die Abnehmer
der Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, herausgegeben
von A. von Eiseisberg und B. Naunyn, erhalten das Centralblatt
zum Vorzugspreise von 20 Mark.
L Sammel-Referate.
Achondroplasie (Chondrodystrophia foetalis,
Mikromelie).
Kritischer Sammelbericht von Karl Hermann Schirmer (Wien).
(Schluss.)
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89) Ders., Ueber die sogenannte fötale Rachitis. Ziegler’s Beiträge 1894,
Bd. XVI.
Centralblatt t. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 44
Difitized by Gougle
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690
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91) Schidlowsky, E., Ueber sogenannte fötale Rachitis. Dissert. Berlin 1885.
92) Scholz, L., Ueber fötale Rachitis. Inaug.-Dissert. Göttingen 1892.
93) Schuchardt, K., Die Krankheiten der Knocheö uifd Gelenke (ausschliess¬
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94) Schüller, A., Mitteilungen der Gesellschaft für Innere Medizin u. Kinder¬
heilkunde in Wien, II. April 1907.
95) Schütz, W., Die Rachitis bei Hunden. Virchow’s Archiv 1869, Bd. XLVI,
P- 350 -
96) Shattock, S. G., Sorae cases of osseous lesion in the fetus (contribution
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97) Silberstein, A., Ein Beitrag zur Lehre von den fötalen Knochenerkran¬
kungen. Archiv f. k}in. Chirurgie 1903, Bd. LXX, Heft 4, p. 863.
98) Simmonds, M., Untersuchungen von Missbildungemnit Hilfe des Röntgen¬
verfahrens. Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen 1900—1901, Bd. IV, p. 197 -
99) Sömmering, S. Th., Abbildungen und Beschreibungen einiger Miss¬
geburten. Tafel XI. Mainz 1791.
100) Sw ob o da, N., Ein Fall von chondrodystrophischem Zwergwuchs (Achon-
droplasie). Wiener klin. Wochenschr. 1903, No. 23.
101) Thomson, J., Achondroplasia. Edinburgh Med. Journ. Vol. LXIII.
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102) Turner, W., Achondroplasia. The Practitioner. September 1899, P- 263.
103) Urtel, H., Ueber Rachitis congenita. Dissert Halle 1873.
104) Virchow, R., Gesammelte Abhandlungen zur wissenschafll. Med. 1852,
P- 973 *
105) Ders., Fötale Rachitis, Cretinismus und Zwergwuchs. Virchow’s Archiv
1883, Bd. XCIV, p. 183.
106) Weygandt, Weitere Beiträge zur Lehre vom Kretinismus. 4. Die
Virchow’sche Kretinentheorie. Physik.-med. Ges. zu Würzburg, 21. Januar 1904.
Münchener Med. Wochenschr. 1904, p. 461.
107) Winkler, N. F., Ein Fall von fötaler Rachitis mit Mikromelie. Archiv
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108) Wirtz, A., Beitrag zur Klinik der Wachstumsstörungen, insbesondere der
chondrodystrophischen Mikromelie. Inaug.-Diss. Giessen. Juli 1904.
109) Woode and Hewlett, Intercolonial Med. Journal 1902.
110) Ziegler, E., Lehrbuch der speziellen patholog. Anatomie 1902, 10. Aull.,
p. 186.
Silberstein 97 ) untersuchte das Skelett eines 6 Wochen alten
sehr elenden Mädchens, das klinisch neben chondrodystrophischen auch
rachitische Symptome darbot und an Bronchopneumonie starb. Die
homogene Beschaffenheit der G-rundsubstanz des Epiphysenknorpels
fehlte, die Gestalt der Knorpelzellen war eine veränderte, die Be¬
schaffenheit der Kerne wich auffallend von der Norm ab. Die für
das Längenwachstum erforderliche regelmässige Beihenbildung der
hypertrophischen Knorpelzellen fehlte, ebenso fehlte die regelmässige
Grenzlinie, die den Knorpel vom Knochen trennt. Das Markgewebe
war lymphocytenarm, es fand sich endlich Osteoid vor.
In diesem Befunde ergaben sich also deutliche Anhaltspunkte
für die Diagnose Bachitis. Silberstein glaubt, dass der Be¬
fund zweifellos für das Vorhandensein einer echten Bachitis spricht,
die aller Wahrscheinlichkeit nach bereits intrauterin bestand. Hier¬
mit wäre also die vielumstrittene Frage, ob es eine
angeborene Bachitis gibt, im bejahenden Sinne beant¬
wortet
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691
Porak und Dur ante 88 ) fanden bei der histologischen Unter¬
suchung zweier Fälle neben den Zeichen der abnormen und unge¬
nügenden Ossifikation der Knorpel Veränderungen im Nerven¬
system, Kongestion, Hämorrhagien, Verdickungen der Meningen
und leichte Atrophie einer Hälfte der grauen Substanz. Die beiden
Autoren glauben, dass diese Veränderungen des Nerven- und Knochen¬
systems sich gleichzeitig, und zwar infolge Einwirkung von toxischen
Substanzen eingestellt haben. In dem einen Falle (5 monatlicher
Embryo) stammte diese Intoxikation nach Ansicht der Autoren vom
mütterlichen Organismus (Heterointoxikation). Die Befunde von
Porak und Dur ante sind bisher von keiner anderen Seite be¬
stätigt worden.
In der jüngsten Zeit (1907) beschrieb Langenbach 67 ) einen
Fall von bypoplastischem Typus, bei dem ausserdem eine deutliche
Asymmetrie des Schädels nachzuweisen war. Es fand sich eine Hemmung
des Wachstums nach vorne in dem Keilbeinkörper und vielleicht der
Synchondrosis spheno-occipitalis, ferner aber eine Wachstumshemmung
an sämtlichen Gesichtsknochen und dem Stirnbein der rechten Seite.
Mikroskopisch fand sich, dass die ganze Synchondrose sowie der an-
stossende basale Teil des Os occipitale aus festem Knorpel bestehen,
der in letzterem einen links stärker entwickelten und besser ver¬
kalkten Knochenkern einschliesst, was auf lebhafteres Wachstum
dieser Seite schliessen lässt.
Autopsien von Mikromelen gehören bisher zu den Seltenheiten.
Eecherich 81 ) fand in seinem Falle (6 monatlicher Säugling) kapilläre
Bronchitis, Pelnär 78 ) in einem seiner beiden Fälle, der an Per¬
foration eines Ulcus ventriculi gestorben war, neben den bekannten
Veränderungen am Skelett auch eine Struma colloides und eine
accessorische Schilddrüse. Der Sektionsbefund im Falle von A p e r t *)
war völlig negativ.
Collmann 80 ) fand bei einem 8monatlichen chondrodystro¬
phischen Fötus die Thyreoidea verhältnismässig gross; sie enthielt
eigentümliche, ihrem Wesen nach nicht aufgeklärte Kernklumpen.
„Im Verein mit dem Verhalten des Protoplasmas legen diese Bil¬
dungen den Gedanken an einen degenerativen Vorgang an der
Schilddrüse nahe. Man findet dieselben Bilder jedoch, wie ich mich
überzeugt habe, auch bei Schilddrüsen normaler Neugeborener, so
dass denselben pathologische Bedeutung, wenigstens in bezug auf
den hier interessierenden Krankheitsprozess, nicht zugeschrieben
werden darf.“
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Bei der Sektion des von Johanessen 49 ) beobachteten Mäd¬
chens, das nur einen Monat am Leben blieb und mit schwerer Ente¬
ritis, Tetanie und Laryngospasmus an die Klinik gebracht wurde,
ergab sich neben den charakteristischen Merkmalen der Chondro¬
dystrophie, dass die Schilddrüse vollkommen intakt war. Die ana¬
tomische Untersuchung liess Jod vermissen, was aber bekanntlich
auch bei normalen Schilddrüsen Neugeborener vorkommt.
Die Obduktionsbefunde haben also keine Anhaltspunkte für
irgendwelche Beziehungen der Achondroplasie zur Athyreosis ge¬
bracht und die Aetiologie der Affektion völlig im Dunkeln gelassen.
Was nun die Stellung der Achondroplasie im System
der Krankheiten anlangt, so ist zunächst zu bemerken, dass sie
eine ganz eigenartige und streng abgegrenzte Form des Zwerg¬
wuchses darstellt Bekanntlich lassen sich folgende Arten von Zwergen
unterscheiden: 1. der chondrodystrophische Zwerg, 2. der echte
Zwerg mit proportioniertem Körperbau, wie ihn Paltauf in seiner
bekannten Monographie schildert, 3. der kretinistische Zwerg, 4. der
rachitische Zwerg und 5. der hypoplastische Zwerg. (Nach Breus
und Kolisko.)
Während die Sonderstellung der Achondroplasie als eigenartige
Form des Zwergwuchses seit den Untersuchungen Porak’s allge¬
mein anerkannt ist, wurde ihr, nachdem sich die älteste Auffassung
als fötale Rachitis bald unhaltbar erwies, schon seit Virchow eine
Beziehung zum Kretinismus imputiert, eine Meinung, die sich trotz
schwerer Einwürfe anderer Autoren bis in die jüngste Zeit mit
grosser Hartnäckigkeit erhalten hat. Abgesehen von den Unter¬
suchungen an kretinistischen Tieren, welche der „fötalen Rachitis“ sehr
ähnliche Skelettveränderungen zu zeigen schienen, waren es nament¬
lich die wachsende Bedeutung und Wichtigkeit, die dem Studium
der durch Ausfall der Schilddrüsenfunktion zustande kommenden
Veränderungen gewidmet wurde, wodurch der Kreis der angeblich
auf Athyreosis beruhenden Affektionen immer weiter gezogen wurde.
Eine Reihe klinischer Aehnlichkeiten des Myxödems und Mongolismus
auf der einen und der Mikromelie auf der anderen Seite, wie sie
namentlich Kassowitz hervorhebt, schien die supponierte Verwandt¬
schaft aller dieser Affektionen noch wahrscheinlicher zu machen.
Neuere kritische Untersuchungen (Bayon, Dieterle) scheinen je¬
doch die Unhaltbarkeit dieser Theorie zu erweisen und es wird im
Gegenteil Sache der künftigen Forschung sein, die Merkmale der
Achondroplasie noch schärfer gegen die der Athyreosis abzugrenzen
und im Elinblicke auf das völlig refraktäre Verhalten dieser Patienten
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693
gegen die Schilddrüsenfütterung nach neuen Wegen zu suchen, um
über die Natur der Affektion ins klare zu kommen.
Virchow 104 ) hat die von ihm als Rachitis foetalis bezeich-
neten, zweifellos aber als Achondroplasie auzusprechenden Fälle dem
Kretinismus zugerechnet. Er fand bei zwei Föten mit dieser Affek¬
tion frühzeitige Verknöcherung an der Schädelbasis und hält diesen
Befund als für Kretinismus charakteristisch, eine Ansicht, die durch
spätere Untersuchungen, nach denen für Kretinismus gerade das
Gegenteil, nämlich eine verspätete Verknöcherung der Gelenksenden,
charakteristisch ist, widerlegt wurde. Virchow hat übrigens seine
ursprüngliche Auffassung, dass das Wesen des Kretinismus meist in
der Tribasilarsynostose liege, wodurch eine mindere Entwicklung des
Gehirns bedingt sei, später etwas modifiziert, bzw. gemildert.
Er sagt (1883) 10# ): „Da ich als Grund dieser Hemmung wieder¬
holt eine prämature Synostose der basilaren Knorpelfuge nachweisen
konnte, so ist die Meinung entstanden und sie wird in der Literatur
immer weitergeführt, ich hätte den Kretinismus ausschliesslich aus
dieser Synostose erklärt. Demgegenüber verweise ich auf S. 992
meiner ges. Abhandlungen, wo ich auf die Notwendigkeit weiterer
Untersuchungen hinwies und hinzufügte: „Jedoch kann man schon
jetzt sagen, dass nicht bei jedem Cretin diese Art der Veränderung
existiert,“ wie ich denn schon auf S. 973 bemerkt hatte, dass das
Nichtausgewachsensein der Knochen der Schädelbasis entweder durch
prämature Synostose oder durch mangelhaftes Wachstum für sich
bedingt sein kann. Noch eingehender erörterte ich die Beziehung
des bloss mangelhaften Wachstums zu der Hemmung durch vor¬
zeitige Verknöcherung der Nähte, auch unter Hinweis auf die Micro-
cephalen mit offenen Nähten, in meinen Untersuchungen über die
Entwicklung des Schädelgrundes. Berlin 1857, S. 80.“
Die letztcitierte Stelle lautet: „Es dürfte daher kaum etwas
anderes übrig bleiben als anzunehmen, dass das Wachstum der
einzelnen Schädelknochen ein typisch verschiedenes
ist und dass auch da, wo keine Synostose eintritt, das
Wachstum ein frühzeitiges Ende finden kann. Dies ist
ja der Fall bei unseren Zwergen, bei denen an den Gelenksenden
gewöhnlich sehr grosse Knorpelmassen unverbraucht liegen bleiben,
bei denen also das vorhandene Material nicht etwa zu früh ver¬
knöchert, sondern vielmehr die Verknöcherung in dasselbe nicht
regelmässig fortschreitet.“
Die neueren Beobachtungen, die Virchow in seiner erwähnten
Publikation (1883) anführt, beziehen sich offenkundig auf endemischen
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694
Kretinismus: „Nach dem, was ich früher in anderen Teilen der Alpen,
z. B. in den Salzburger und Tiroler Alpen, gesehen habe, möchte
ich glauben, dass ein Prozess, welcher der sogenannten fötalen
Rachitis nahe verwandt, wenn nicht mit ihr identisch ist, in grosser
Ausdehnung endemisch vorkommt, bald mit auffallenden cerebralen
Störungen verbunden (Cretinismus), bald ohne dieselben, dass derselbe
Prozess aber sporadisch sich auch weit ausserhalb der Gebiete des
eigentlichen Cretinismus beobachten lässt.“
Weygandt 106 ) hat die „Standardfalle“ von Virchow (den
sogenannten Würzburger „neugeborenen Crötin“) und H. Müller
nachuntersucht und als echte Achondroplasten agnosziert, die mit
Kretinismus nichts zu tun haben. Den erstgenannten Fall hat
Weygandt auch histologisch nachuntersucht.
Müller 68 ) meint, „man dürfe, wenn auch nicht jede fötale
Rachitis für Kretinismus erklären, so doch beide mindestens einander
sehr nahe stehend erachten, um so mehr, als die für so wichtig ge¬
haltene basilare Synostose sich als eine Teilerscheinung einer über
das ganze Skelett verbreiteten Knorpelanomalie darstellt, welche,
das eigentümliche Wachstum in bestimmten Richtungen beeinträch¬
tigend, dem Skelett eben die Form der fötalen Rachitis gibt. Diese
Form aber schliesst sich der embryonalen Skelettform an. Es stimmt
mit dieser Tatsache überein, nämlich der Teilnahme des ganzen
Skelettes an der den Schädel deformierenden Anomalie, dass laut
allen Beobachtern die Kretinen in der Regel klein und plump ge¬
bildet sind.“
Horsley und Schuchardt 98 ) rechneten die Affektion gleich¬
falls dem Kretinismus zu. Letzterer bildet in dem betreffenden
Kapitel seines bekannten Lehrbuches ein von v. Eiseisberg thy-
reoidektomiertes Schaf ab, das die bekannten thyreopriven Symptome
zeigt, die mit Achondroplasie wohl nur eine sehr entfernte Aehn-
lichkeit zeigen.
Kassowitz, der ein grosses Material besitzt: 7 Fälle von
Mikromelie, 22 Fälle von Myxödem und 75 Fälle von Mongolismus,
hat die drei Affektionen stets angeboren vorgefunden. Als allen
drei Typen gemeinsame Symptome führt er an: die „kretinistische“
Gesichtsbildung, besonders die Abflachung und Verbreiterung des
Nasengerüstes, die häufige Epikanthusbildung, die auffallende Steilheit
der Gaumenwölbung, womit öfter eine Protrusion der Zunge ver¬
bunden ist, die auffallende Verzögerung des Fontanellenschlusses
bei völligem Mangel an rachitischen Skelettveränderungen, die
grosse Häufigkeit anderweitiger Miss- und Hemmungsbilduugen, be-
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695
sonders Veranstaltungen des äusseren Ohres, Nabel- und Leisten¬
hernien. „So scharf nämlich die drei Typen voneinander geschieden
sind und so wenig man von Zwischenformen zwischen denselben
sprechen kann, so wenig lässt sich in Abrede stellen, dass sie wich¬
tige Berührungspunkte besitzen, welche unmöglich auf einem blossen
Zufall beruhen können.“ 47 )
Pal tauf 78 ) tritt für eine strenge Trennung der Acbondroplasie
vom Kretinismus ein und verweist auf die Ergebnisse von Porak
und Kolisko-Breus. Mit einem Ausfall der Schilddrüsenfunktion
hat die Mikromelie sicher nichts zu tun.
Eine erschöpfende Kritik der Theorie über den Zusammenhang
des Kretinismus mit der Chondrodystrophie findet sich bei Bayon 7 );
es genügt hier wohl, die Schlusssätze dieses Autors anzuführen:
1. Eine verfrühte Synostose irgendwelcher Eugen findet bei keinem
echten Kretin statt 2. Die gegenteilige Anschauung beruht auf
Verwechslung des Kretinismus mit der Chondrodystrophia foetalis
hypoplastica, bei welcher Erkrankung übrigens keine verfrühte Sy¬
nostose, sondern nur ein Stillstand des Knochenwachstumes stattfindet.
3. Die Chondrodystrophia foetalis hypoplastica bietet pathologisch¬
anatomisch keine Identität mit dem Kretinismus. Aetiologisch ist
bis jetzt kein Berührungspunkt beider Krankheiten nachgewiesen
worden.
Auch Dieterle 97 ) gelangt in seiner eingehenden histologischen
und kritischen Studie „Die Athyreosis, unter besonderer Berück¬
sichtigung der dabei auftretenden Skelettveränderungen sowie der
differential-diagnostisch vornehmlich in Betracht kommenden Stö¬
rungen des Knochenwachstums“ (1906) zu dem Ergebnis, Beziehungen
der Atbyreosis zur Achondroplasie völlig abzulehnen. Er betont,
dass jede Hemmung des Knochenwachstums einen mikromelen Ha¬
bitus hervorbringen kann, falls sie in die früheste Embryonalzeit
fällt, zu der ja physiologischerweise der Fötus einen mikromelen
Habitus besitze. Der von Vircbow, Kassowitz u. a. als kreti-
nistisch bezeichnete Gesichtsausdruck erinnert nach Dieterle min¬
destens so sehr an die Physiognomie der Embryonen als an die der
Kretinen.
Der Autor kommt zu dem weiteren Schlüsse, dass keine Form
von fötaler Skeletterkrankung auf Störung der Schilddrüsenfunktion
zurückgeführt werden kann. „Die Wachstumshemmung betrifft nicht
wie bei der Athyreosis alle am Aufbau des Knochensystemes be¬
teiligten Gewebe gleichmässig, sondern es liegt a) bei der Chondro¬
dystrophie eine primäre Veränderung des Knorpels, b) bei der Osteo-
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genesis imperfecta eine funktionelle Störung des Periosts und End¬
osts vor. Der aus beiden pathologischen Prozessen resultierende
Zwergwuchs stellt den mehr oder weniger ausgeprägten Typus der
Mikromelie dar.“
Die Aetiologie der Achondroplasie ist nach wie vor voll¬
ständig in Dunkel gehüllt. Während die älteren Autoren es sich
in der Regel versagten, irgend eine Erklärung für das Zustande¬
kommen de3 intrauterin beginnenden Prozesses zu gehen, ist io
neuerer Zeit mehrfach die Vermutung ausgesprochen worden, dass
die Affektion mit der Funktionsstörung einer Drüse mit innerer
Sekretion in Zusammenhang stehen könnte, ohne dass hierfür irgend¬
welche Beweise hätten erbracht werden können. Die anatomischen
Untersuchungen, namentlich aber die Sektionsbefunde haben, wie
erwähnt, bisher nach dieser Richtung vollständig im Stiche gelassen.
Das einzige greifbare Moment, das für die Aetiologie verwertet
werden könnte, ist die Heredität. Wir haben diese Verhältnisse
bereits oben genauer erörtert.
Kassowitz ie ) ist geneigt, hinsichtlich der Aetiologie der
„kretinoiden“ Affektionen, sowohl des Mongolismus als auch der
Mikromelie, auf den Ausfall vorläufig noch unbekannter Drüsen mit
innerer Sekretion zu rekurrieren: „Hier wäre vielleicht in der
Weise ein Ausweg zu finden, dass man für den Mongolismus und
die Mikromelie eine Erkrankung oder Atrophie je eines anderen
unbekannten Organes als Ursache supponiert, dessen inneres Sekret
in ähnlicher Weise wie jenes der Schilddrüse gewisse Wachstums¬
vorgänge und gewisse Funktionen reguliert, welche dann beim Aus¬
fall jener inneren Sekretionen die oben beschriebenen Abweichungen
von der Norm aufweisen. Ausserdem würde aber der Ausfall dieser
hypothetischen inneren Sekrete auch noch auf die Schilddrüse
störend oder krank machend einwirken, so dass diese nun ihrerseits
mangelhaft funktioniert und dadurch einen bestimmten, der Schild¬
drüse zugehörigen Teil des Symptomenkomplexes erzeugt. Wir hätten
dann hier gewissermassen ein Analogon mit jenen Fällen von Akro¬
megalie, welche neben den eigentlichen dieser Erscheinung zugehörigen
Erscheinungen auch gewisse an Myxödem erinnernde Symptome auf¬
weisen, welche dann auch tatsächlich durch die Schilddrüsentherapie
günstig beeinflusst werden, ohne dass das eigentliche Krankheitsbild
dadurch eine merkliche Besserung erfährt.“
Wie ersichtlich, ist Kassowitz bemüht, bei dieser Erklärung
eine wenn auch sehr entfernte Beziehung der Mikromelie zur Athy-
reosis bzw. zum Kretinismus aufrecht zu erhalten.
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Die Intoxikationstheorie von Porak und Durante 88 ) wurde
schon erwähnt. Par hon und Marbe 74 ) nehmen an, dass der
Zwergwuchs auf einer Störung der Funktion der Drüsen mit innerer
Sekretion beruhe und in dieser Beziehung in Antagonismus mit dem
Riesenwuchs stehe. Während es sich beim letzteren um eine ge¬
steigerte Funktion der Hypophyais, der Thymus und Thyreoidea
bei gleichzeitiger Verminderung oder vollständiger Aufhebung der
Funktion der Sexualdrüse handelt, ist bei Achondroplasie gerade
das Gegenteil der Fall, indem es sich hier um eine innere Hyper¬
sekretion der Sexualdrüsen bei gleichzeitiger Hyposekretion der An¬
tagonisten handelt.
Kienböck 52 ) weist auf die Aehnlichkeit hin, die ausgeprägte
Fälle von chondraler Dysplasie des Skelettes mit Exo¬
stosenbildung infolge der hochgradigen Wachstumshemmung der
Extremitäten (nicht aber des Rumpfes und Kopfes) mit der Achon¬
droplasie haben, und sieht darin einen berechtigten Hinweis auf die
morphologisch-genetische Verwandtschaft. Er denkt bei der von
ihm besprochenen Affektion an sekundäre Wachstumsstörungen des
Skelettes infolge gestörter Funktion einer Blutdrüse (Drüsen mit
innerer Sekretion, Thyreoidea, Hypophysis), wofür das familiäre
Auftreten und das schubweise Auftreten an einem Individuum
sprächen.
Die Durchsicht der umfangreichen Literatur über Achondro¬
plasie ergibt eine ansehnliche Summe von zweifelhaftem Material,
indem in vielen Fällen, namentlich bei älteren Autoren, Verwechs¬
lungen mit Rachitis, Kretinismus, hereditärer Syphilis (obwohl die
Wegner’sche Osteochondrosis epiphysaria nicht die geringsten Be¬
rührungspunkte bildet), proportionierten Zwergen usw. unterliefen,
ganz zu schweigen von der Differentialdiagnose mit der Osteogenesis
imperfecta, die erst in neuester Zeit durch moderne Untersuchungs¬
mittel (Radiogramm) möglich wurde. Bei den oben zusammen¬
gestellten 71 Fällen von überlebenden Achondroplasten scheiut die
Diagnose nach den klassischen Symptomen wohl sichergestellt zu sein.
In dem Falle von Kubinyi 54 ) ist die Entscheidung zwischen
Mikromelie und Rachitis keine sichere. Die 31 jährige I-para wurde
durch Sectio caesarea entbunden. Sie war von zwerghaftem Wuchs
(123 cm), hatte kurze Extremitäten, brachycephalen Schädel. „Das
Becken zeigt zwar rachitische Veränderungen (Lumballordose, das
Klaffen der Darmbeine), die Annäherung der Tubera oss. ischii
und die Enge des Arcus pubis hingegen machen es wahrscheinlich,
dass in dem Falle neben angeborener Mikromelie die Rachitis erst
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sekundär auftrat und dann heilte. . .. Lebendes Kind, welches sämt¬
liche Merkmale des Kretinismus aufweist.“
Zu den zweifelhaften Fällen gehört auch der vor kurzem von
Hobhouse 49 ) vorgestellte. Das 5*/ 2 jährige Mädchen zeigte neben
Rachitissymptomen Biegung und starke Verkürzung der Femora,
Verkürzung der Tibien, deutliche Lordose; die Knochen der Hand
und Finger schienen „fast nicht existierend“, die Finger nach alleu
Richtungen beweglich. Mit Ausnahme der Verkürzung zeigten die
Armknochen keine Deformität.
Nobecourt und Paisseau 71 ) beschreiben an der Hand eines
Falles eine Forme fruste der Achondroplasie, wobei die Symptome
eben nur angedeutet waren und keine sichere Diagnose zuliessen.
Durch diese Beobachtungen, denen sich zahlreiche andere anreihen
Hessen, wird die Erkenntnis der in ihren Ursachen so rätselhaften
Affektion um so mehr erschwert.
II. Referate.
A. Appendicitis.
Beiträge zur pathologischen Anatomie der Appendicitis. Von E.
Franke. Deutsche Zeitschr. f. Chir., Bd. LXXXIY, S. 424.
Verf. hat 18 per operationem und 6 per sectionem gewonnene
Appendices genau mikroskopisch untersucht, wobei besonders 4 von an
schwerer Gastroenteritis verstorbenen Kindern stammende Appendices
die Grundlage für seine Befunde und entsprechende Folgerungen abge¬
geben haben. Verf. teilt die Appendicitis in 2 Gruppen ein, je nach¬
dem die Mucosa allein oder mit den übrigen Schichten der Darmwand
ergriffen ist. Die erste Form wird hervorgerufen durch Mitbeteiligung des
Appendix an Darmkatarrhen und führt — falls nicht Restitutio ad in¬
tegrum eintritt — zum chronischen Katarrh mit folgender Obliteration
oder Geschwürsbildung. Das Geschwür nun kann ohne weitere Folgen
heilen oder es führt zu einer starken Verengerung des Lumens mit
Atrophie der distal gelegenen Mucosa oder Bildung eines Hydrops proc.
vermiformis. Bildet das Geschwür die Eingangspforte von Bakterien, so
führt dieser Umstand zur klinisch schweren Attacke, deren Grad wieder
von der Virulenz der Bakterien und der Widerstandsfähigkeit der Ge¬
webe abhängig ist; die Gegenwart von Kotsteinen begünstigt obigen
Prozess.
Dementsprechend findet Verf. bei jedem auch am 1. Tage des
1. Anfalles exstirpierten Appendix auf älterer chronischer Erkrankung
beruhende Veränderungen. Er ist also der Ansicht, dass die katarrha¬
lische Erkrankung des Wurmfortsatzes die Grundlage für alle späteren
aus ihr hervorgehenden Krankheitsformen abgibt.
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Es ist wichtig, stets das ganze Mesenteriolum zu entfernen, weil es
als Träger oft nur ganz kleiner Abscesse die Gefahr einer postoperativen
Peritonitis durch den zurückgelassenen infektiösen Stumpf in sich birgt.
Schliesslich bespricht Verf. noch die Endarteriitis obliterans, der er eine
ätiologische Rolle bei der Appendicitis nicht zuerkennt.
Victor Bunzl (Wien).
Zar Appendicitisfrage. Ein Bericht über 2000 konsekutive Fälle
von Erkrankungen des Appendix vermiformis, mit besonderer
Berücksichtigung der Therapie. Von A. V. Moschcowitz und
E. Moschcowitz. Arch. f. klin. Chir., Bd. LXXXII, 3. Heft.
Bericht über 2000 Fälle von Erkrankungen des Appendix, die von den
Verf. in nicht weniger als 26 Unterarten rangiert werden. — Im speziellen
Teile werden alle diese Formen einzeln besprochen, klinisch und patho¬
logisch-anatomisch definiert und ihre Mortalität mitgeteilt. Die gebräuch¬
lichen Methoden zur Entfernung des Wurmfortsatzes, wie Inversion,
Tabaksbeutelnaht, Manschettenbildung usw., erklären Verf. für überflüssig
und verfahren in folgender Weise: Abbindung des Mesenteriolums, her¬
nach Zuschnürung des Wurmfortsatzes an seiner Basis mit starkem
Catgut und Abtragung desselben. Verschorfung des Stumpfes mit dem
Paquelin oder reiner Carbolsäure. Weiter spricht sich Verf. für mög¬
lichste Einschränkung der Drainage aus, er verwendet deshalb auch —
und zwar neben perforativer Appendicitis nur bei gangränöser Appen¬
dicitis, wenn die Gangrän bis zur Serosa vorgeschritten ist — den soge¬
nannten Cigarettendrain, d. i. ein mit Guttapercha umwickeltes Stück
Gaze in der Dicke eines Bleistiftes. Bei Besprechung der Nachbehand¬
lung empfiehlt Verf. bei Peritonitisfällen die sogenannte Fowler’sche
Lage, durch welche eine Senkung der im Bauche befindlichen Flüssig¬
keit nach dem Becken bezweckt wird.
Victor Bunzl (Wien).
Untersuchungen über die Aetiologie der Appendicitis. Von R.
Kretz. Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chi¬
rurgie, Bd. XVn, 1.—2. Heft.
Verf. deutet auf Grund seiner Erfahrung an einem grossen Sek¬
tionsmaterial den Zusammenhang zwischen acuter Angina und phlegmo¬
nöser Form der Appendicitis in dem Sinne, dass die Entzündung der
Tonsillen als Quelle der Bakteriämie und die Darmaffektion als Folge
der letzteren zu betrachten sind. Dieser Zusammenhang zwischen acuter
phlegmonöser Appendicitis und frischer Angina (insbesondere der Strepto-
kokken-Tonsillitis) ist ein typischer, die anatomischen Veränderungen an
den Tonsillen bei den ganz schweren septischen Appendicitiden recht
einförmig: der üppig entwickelte lymphatische Rachenring ist mächtig
geschwellt, aus den Krypten der Mandeln entleert sich bei leichtem
Druck reichlicher, gelber, dicker Eiter; das Gewebe ist auffallend
succulent, die Umgebung stets stark ödematös. Einen auffallenden
Befund bilden ferner die geschwellten Lyraphdrüsen; sie finden sich
nicht nur in der unmittelbar benachbarten Retromaxillargegend, sondern
reichen auf beiden Halsseiten bis in das obere Halsdreieck, bis in
die Gegend der Muse, scaleni. Die makroskopische Trias: Angina, ent¬
zündete Lymphdrüsen am Hals und phlegmonöse Appendicitis, liess sich
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auch histologisch nachweisen. Der Weg, auf dem die Angina zur
Appendicitis führt, ist direkt anatomisch schwer zu verfolgen. Am
nächsten liegend ist die Annahme der Darminfektion durch verschlucktes
pyogenes Material aus den beim Schluckakt ausgepressten Tonsillen.
Eine zweite Möglichkeit liegt in der Metastasierung durch die Blutbahn,
die Verf. auf Grund von zahlreich angeführten Tatsachen für die wahr¬
scheinlichere hält. Schliesslich zeigt Verf. auf Grund seines reichen
Sektionsmaterials, dass mehr als ein Drittel der letalen pyogenen Infek¬
tionen überhaupt und vor allem die Hauptzahl der dem Internisten zu¬
stehenden derartigen Infektionen mit der Angina Zusammenhängen. Diese
wichtigen und häufigen Krankheiten werden heute wegen der Verschieden¬
heit der klinischen und anatomischen Erscheinungsform (Appendicitis,
Osteomyelitis, Endocarditis, Pleuritis, Meningitis, Myositis usw.) im
Bewusstsein der meisten Aerzte mit Unrecht als nicht zusammengehörig
betrachtet. „Sie gehören nicht nur, insofern sie durch einen der pyo¬
genen Mikroben veranlasst werden, in eine ätiologische Gruppe, z. B.
als Streptokokkenmykosen, sie bilden vielmehr auch epidemiologisch
Gruppen, in denen eine Ansteckungsquelle durch verschiedene domi¬
nierende Lokalisation scheinbar ganz Heterogenes im Sinne von Semmel¬
weis durch das Bindeglied „Angina“ vereint.
Raubitschek (Wien).
Acnte and chronic appendicnlar pain; medical and snrgical treat-
ment; a critical essay. Von Saint-Renö Bonnet. Lancet,
25. Mai 1907.
Wenn wegen wiederholter Schmerzattacken in der Gegend des
Proc. vermif. operiert wurde, liess sich folgendes konstatieren: 1. Der
Appendix war oft normal oder nur wenig erkrankt. 2. Manchmal dauern
chronische Schmerzen trotz Entfernung des Appendix fort, ja es treten
sogar frische Attacken, ähnlich der Appendicitis, auf. 3. In vielen Fällen
tritt trotz drohender Symptome spontan Heilung ein. 4. Die interne
Behandlung gewinnt grössere Bedeutung gegenüber den Gefahren der
Operation im acuten Stadium. Die Zweifel wurden erst behoben mit
dem besseren Studium der Enterocolitis muco-membranosa, deren in¬
testinale Symptome folgende sind:
a) In völlig charakteristischen Fällen: Chronische Obstipation, ab¬
wechselnd mit Diarrhoe, spastische. Kontraktion des Dickdarmes mit
Dilatation eines grösseren oder kleineren Anteiles, persistierende Schmerzen
in den acuten Perioden, Abgang von Mucosa mit gelegentlichen Hämor-
rhagien. Praktisch sind 2 Punkte von Bedeutung: Erstens die Aehn-
lichkeit mit Appendicitis, wenn eine Attacke von Enterocolitis in der
Gegend der rechten Fossa iliaca lokalisiert ist. Zweitens lehrt die Er¬
fahrung, dass, wenn im Verlaufe von acuten oder chronischen appen-
dicularen Schmerzen mucöse Membranen mit dem Stuhle abgehen, die
Prognose eine günstige ist.
b) Es gibt latente Formen von Enterocolitis mucomembranosa, bei
denen ein Abgang von Mucosa nicht erfolgt; manche Autoren trennen
von ihr eine spezielle Form ab, die spasmodische Kontraktion. die
durch intestinale Kontraktion und chronische Obstipation charakterisiert
ist. Die latente Form kann sich mit acuten oder chronischen Schmerzen
in der rechten Fossa iliaca kombinieren, doch hat dieser Schmerz
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nicht den peritonealen Charakter, er dehnt sich nicht über das ganze
Abdomen aus, bleibt vielmehr in seiner grössten Intensität auf den
Mc Burney’schen Punkt beschränkt und folgt höchstens noch der
Richtung des Colon ascend. Das Abdomen ist manchmal kontrahiert,
doch nie bis zu dem Grade, um die Palpation zu verhindern.
Durch die Kenntnis dieser Form der Enterocolitis ist es zu be¬
greifen , dass viele Fälle von appendicularen Schmerzen auch ohne
Operation heilen und andere trotz Operation fortdauern. Daraus folgt
auch, dass die chirurgische Behandlung bei appendicularen Schmerzen
zugunsten der medizinischen einzuschränken ist, wenn dies ohne Gefahr
für das Leben des Patienten geschieht. Der Autor unterscheidet: Appen-
diculare Schmerzen ohne Anzeichen für Enterocolitis membranacea. Bei
solchen Attacken werden acute Anfälle von Appendicitis oft durch
medizinische Behandlung gebessert, doch wenn nach mehreren Monaten
keine wesentliche Besserung eintritt, ist auch hier die Operation am
Platze. Die 2. Form sind appendiculare Schmerzen im Verlaufe
einer Enterocolitis membr. Auch bei erkranktem Appendix wird durch
Resektion desselben die Enteritis nicht geheilt; nur in 2 Fällen ist die
chirurgische Behandlung indiziert: 1. in Verbindung mit Coecum und
Colon ascend. ist der Appendix, w enn auch an und für sich gesund, bei
chronischen oder acuten Schmerzanfällen beteiligt und kann Veranlassung
zu allgemeinen oder lokalen, sekundären Wirkungen geben; wenn diese
längere Zeit andauern, ist die Entfernung des Appendix berechtigt.
2. Es gibt chronische Fälle von appendicularen Schmerzen, in welchen
der Zustand des ohnehin schon durch die Colitis beeinflussten Appendix
noch kompliziert wird durch übermässige Länge oder durch appendicu¬
lare Calculi oder durch pathogene Mikroorganismen. Auch hier ist die
Resektion des Appendix ratsam.
Zum Schlüsse folgt die Beschreibung dreier Fälle: 1. Ein typischer
Fall von chronischer Appendicitis ohne Enter, membran., der durch
rein medizinische Behandlung geheilt wurde. 2. Enter, muco-membran.,
in deren Verlauf schmerzvolle, sekundäre Reflexe von seiten des Appendix
hinzutraten, die chirurgische Intervention erforderten. 3. Chronische
Enter, membran. mit acuten appendicularen Schmerzen infolge von Cal-
culus, wo nach der Operation Heilung eintrat.
Herrnstadt (Wien).
Heber die Behandlung appendicitischer Abscesse. Von v. Bruns,
v. Bruns’ Beiträge z. klin. Chir., 1907, Bd. LH, 3. Heft.
v. Bruns ist prinzipieller Anhänger der Frühoperation der Appen¬
dicitis geworden. Abscesse finden sich viel häufiger, als man früher
glaubte. Auch wenn sie gross sind, können sie immer noch aufgesaugt
werden. Bei der Operation findet man Eiter von der übelsten Be¬
schaffenheit, fast nie seröses Exsudat. Im grossen ganzen lassen sich
grosse Abscesse wegen der massigen und festen Verklebung leicht er¬
öffnen. Die Entfernung des Appendix muss unbedingt verlangt w r erden,
wenn ihr Auffinden auch bisweilen grosse Schwierigkeiten macht. Tumor,
Temperatur, Puls, Druckempfindlichkeit sind zur Diagnose nicht sicher
zu verwenden, besonders nicht bei kleinen Abscessen. Die Leukocyten-
zählung ist unbrauchbar. Der Abscess ist zu eröffnen, sobald er fest¬
gestellt ist; man geht dann durch die freie Bauchhöhle hindurch und
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löst alle Adhäsionen, bis der Appendix gefunden und der Abscess bis
in alle Buchten eröffnet ist. Mit dieser Methode hat v. Bruns ausge¬
zeichnete Erfolge. Die Berührung der freien Peritonealhöhle mit dem
Abscesseiter ist nicht sehr gefährlich. Nach der Entleerung des Abs-
cesses wird die Bauchhöhle bis auf eine kleine Drainageöffnung ge¬
schlossen. Das kleine Drain wird meist nach einigen Tagen entfernt,
wonach die Wunde schnell heilt, gewöhnlich ohne Infektion. Nach
14 Tagen können die Kranken meist schon aufstehen. Bauchnarben¬
brüche bilden sich selten. Bei den so behandelten 25 Fällen trat keine
Kotfistel auf, während sie unter 71 offen behandelten, d. h. breit tam¬
ponierten 9 mal sich fand. Es kam in den genähten Fällen auch nicht
zu Recidiven. Ebensowenig trat ein Todesfall infolge der Operation
ein. Auch fanden sich seltener Störungen in der Nachbehandlung. Von
den offen behandelten Fällen starben 11, unter ihnen 9 an Peritonitis, 1 an
Pneumonie, 1 an postoperativem Strangulationsileus; Recidive traten 4 mal
danach ein. Bei der Appendicitis ist der 3.—5. Tag oft ausschlag¬
gebend, deswegen soll man, wenn dann nicht bereits jede Gefahr vorüber
ist, mit der Operation nicht bis zum freien Intervall warten.
Klink (Berlin).
Blinddarmentzündung und Darmkatarrh. Von E. Siegel. Mit¬
teilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, Bd. XVII,
1.—2. Heft.
Verf. ist dagegen, einen ätiologischen Zusammenhang zwischen Appen-
dicitis und Enterocolitis anzunehmen, und glaubt, dass der Appendix, ein
von Natur aus vielen Fährlichkeiten ausgesetztes Organ, durch seine Ana¬
tomie und Topographie zu Entzündungen häufig hinneigt. Aehnliche Ver¬
hältnisse sollen bei den nicht seltenen Entzündungen des Meckel T sehen
Divertikels herrschen, und doch hat hier niemand besonderen Bakterien,
Infektionskrankheiten, der Ernährungsart u. a. m. die Aetiologie zuge¬
schrieben, man begnügt sich, in der anatomischen Eigenart des Organs
die Veranlassung zur Erkrankung zu sehen.
Raubitschek (Wien).
Appendicitis in typhoid fever. Von Charles Leedham-Green.
Lancet, 9. Februar 1907.
Typhusfieber kann in zweifacherWeise mit Appendicitis kombiniert
sein: erstens eine wahre typhöse Entzündung und Ulceration auf
das lymphoide Gewebe des Appendix übergreifen oder es kann sich
Appendicitis infolge von allgemeinem Oedem und Hyperämie des Darmes
entwickeln, wie es beim Typhus am Ende des Dünndarmes und Beginne
des Dickdarmes der Fall ist. Jede Kongestion der Wand des Appendix
muss das Lumen desselben verengern und dadurch lokale Entzündung
erzeugen, um so mehr, wenn der Appendix geknickt oder adhärent ist.
Nach Rolleston fand sich in 60 letalen Fällen von intestinalem
Fieber der Appendix 14 mal alteriert, zum Teil geschwollen, zum Teil
ulceriert oder perforiert; die gleichen Veränderungen fand Hopfen¬
hausen im Verlaufe eines Typhus und wurde durch Kelly und
Christian bestätigt. Die Schwierigkeit der Differentialdiagnose wird
durch folgende Fälle illustriert: Der 1. Fall betrifft einen 33 Jahre alten
Mann, der unter plötzlichen abdominalen Schmerzen, Schüttelfrost und
Fieber erkrankte; allmählich wurde das Abdomen ausgedehnt und der
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Schmerz in der Appendixgegend lokalisiert, ausserdem bestanden heftige
Kopfschmerzen. Da Patient bereits 6 Wochen vorher eine Appendicitis
überstanden hatte, so wurde auch diesmal eine zweite Attacke ange¬
nommen. Am Ende der 2. Woche stieg die Temperatur an, es setzten
Diarrhoen ein und die Widal’sche Reaktion fiel positiv aus.
Der 2. Fall war ein 21 jähriger Mann, der wegen rechtsseitiger
Inguinalhernie ins Spital kam. Nach einigen Wochen klagte er über
Schmerzen im Bauche. Nach Angaben der Mutter hatte er 10 Wochen
vorher schon Schmerzen in der Appendixgegend und Erbrechen, doch
ging der Anfall nach 4 Tagen vorüber. Diesmal begann die Erkrankung
unter Fieber und Schüttelfrist, die Zunge war belegt, das Abdomen
leicht druckschmerzhaft; am Abend kam galliges Erbrechen hinzu. Bei
der Eröffnung des Abdomens entwichen 2—3 Unzen seropurulenter
Flüssigkeit; der Appendix war entzündet, an der Basis perforiert. Ob¬
wohl gich der Zustand des Patienten besserte, blieb die Temperatur
hoch, die Zunge war belegt, braun und trocken; am 5. Tage wurde
der Stuhl flüssig und licht und mehrere rote Fleckchen waren am Ab¬
domen sichtbar. Widal war positiv.
Der 3. Fall betrifft einen 43 Jahre alten Mann, der durch 14 Tage
an Schwäche, gelegentlichen Kopfschmerzen und Erbrechen litt, gleich¬
zeitig bestanden Schmerzen in der rechten Regio iliaca. In der Appendix¬
gegend bestand eine derbe Schwellung. Nach Inzision konnte eine
Quantität stinkenden Eiters entleert werden. Trotzdem lokal sofort be¬
deutende Besserung eintrat, wurde der Allgemeinzustand immer schlechter;
der Stuhl wurde dünnflüssig und ging wie der Urin spontan ab. Die
Milz war wenig vergrössert, Widal negativ, er wurde erst am Ende der
2. Woche positiv.
Die Möglichkeit eines diagnostischen Irrtums wird durch die Früh¬
operation bei Appendicitis gesteigert; auch lokale Schmerzhaftigkeit mit
muskulärer Spannung des Abdomens, obwohl in der Regel charakteristisch
für acute Appendicitis, kann bei Typhus Vorkommen. Die Wid&Tsche
Reaktion ist vor dem Ende der 2. Woche negativ; das beste Unter¬
scheidungsmerkmal liegt in der Zahl der Leukocyten, die bei Typhus
nur selten und wenig vermehrt sind, während bei Appendicitis eine
wesentliche Leukocytose besteht ; auch die improportionierte Vermehrung
der polynukleären Zellen spricht für perforative oder gangränöse Appen¬
dicitis. Albumen wird häufiger bei Typhus gefunden als bei Appendicitis.
Was die operative Behandlung anbelangt, so glaubt Verf., dass in
zweifelhaften Fällen dieselbe hinauszuschieben sei, wenn nicht sichere
Anzeichen für Gangrän oder Perforation des Appendix sprechen.
Herrnstadt (Wien).
Deus bei Appendicitis. Von 5. Haeckel. Deutsche Zeitschrift f.
Chir., Bd. LXXXVH, 1.—3. Heft.
Nach der Entstehungsart unterscheidet Verf. 4 Gruppen von Ileus
im Verlaufe der Appendicitis:
1. Hervorgerufen durch lokale Darmlähmung im acuten Anfalle.
2. Kompression des Darmes durch einen wachsenden Abscess.
3. Darmschlingen, welche die Wand eines Abscesses bilden, verlöten
miteinander und die Abknickung verursacht den Ileus.
4. Hervorgerufen im Intervall durch Adhäsionen, Stränge usw.
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Die bedenklichste Form bildet die sub 3 angeführte, welche durch
2 von Verf. beobachtete Fälle illustriert wird. Im ersteren wurde
beim Versuch, eine Adhäsion zu lösen, der Abscess eröffnet, die weitere
Lösung der Darmschlingen erwies sich als unmöglich, so dass zur Be¬
hebung des Ileus eine Enterostomie angeschlossen werden musste. Peri¬
tonitis führte am nächsten Tage zum Exitus. Gewarnt durch diese
Komplikation führte Verf. in einem zweiten ähnlichen Falle eine Entero-
anastomose zwischen Dünndarm und Colon transversum aus, verzichtete
auf die Lösung der Adhäsionen und wartete die spontane Rückbildung
des appendiculären Abscesses ab, die auch in der Tat erfolgte, wodurch
der Fall zur Heilung kam. Victor Bunzl (Wien).
Appendicitis und Icterus. Von E. Ha im. Deutsche Zeitschrift f.
Chir., Bd. LXXXIV, 8. 572.
Bemerkungen zu dem gleichnamigen Aufsatze von P. Reichel,
in welchem letzterer die üble Prognose der mit Icterus komplizierten
Appendicitis bespricht. Verf. ist auch der Ansicht, dass es sich hier
um septische Allgemeininfektionen handelt, tritt aber der Behauptung
Reichel’s entgegen, dass man nach Ablauf der ersten 48 Stunden
von einer Radikaloperation Abstand nehmen soll, um einer Verschleppung
des infektiösen Materials vorzubeugen. Demgegenüber weist Verf. darauf
hin, dass es gerade bei den hier in Betracht kommenden Fällen, die
sich zumeist als Streptokokkeninfektionen erweisen, nicht zur Bildung
von lokalisierten Abscessen kommt und dass die blosse Eröffnung des
Abdomens und Entleerung der meist nur ganz spärlichen trübserösen
Flüssigkeit keinen Erfolg bei so hochgradigen Intoxikationsprozessen
haben können. Vielmehr muss — natürlich möglichst früh — der Appendix
als Ausgangspunkt der Infektion entfernt werden, wobei allerdings be¬
tont wird, dass hier häufig eine Streptokokkenangina- und nicht die
Infektion des Appendix das Primäre und daher die Entfernung des
letzteren in solchen Fällen von untergeordneter Bedeutung sei. — Den
in septischen Fällen auftretenden Icterus hält Verf. nicht für eine Folge
der Operation, sondern erklärt sein postoperatives Auftreten einfach
durch den Umstand, dass bei frühzeitig vorgenommener Operation das
Krankheitsbild noch nicht vollständig entwickelt ist; auch führt Verf.
2 Fälle seiner Beobachtung an, in denen deutlicher Icterus schon vor
der Operation bestand. Victor Bunzl (Wien).
Appendicitis und Icterus. Von G. Aldehoff. Deutsche Zeitschr.
f. Chir., Bd. LXXXVH, 1.—3. Heft.
Anschliessend an die von Reichel mitgeteilten Beobachtungen
über Icterus bei Appendicitis bringt der Verf. einige selbst beobachtete
Fälle zur Veröffentlichung. Im Anschluss an Operationen wegen eitriger
Appendicitis entwickelte sich ohne Erscheinungen von Peritonitis ein
septischer Allgemeinzustand, dessen hervorstechendstes Symptom Icterus
war. Verf. glaubt, dass, wahrscheinlich durch die Operation begünstigt,
kleine bakterielle Thromben in den Kreislauf gelangen und dass be¬
sonders in Fällen, bei denen Ligaturen oder Resektionen am Netz er¬
forderlich waren, sowie bei Eiterung in der Tiefe gegen die Wirbelsäule
hin obige Gefahr in erhöhtem Masse besteht. Die Mortalität der so
komplizierten Fälle war etwas geringer als bei Reichel, die Therapie
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besteht in möglichst rascher Elimination der Giftstoffe durch reichliche
Kochsalzinfusionen, Darmeinläufe usw.
Victor Bunzl (Wien).
Pelylc appendicitis with parappendical abscess and cystitis«
Von Gilbert Barling. Lancet, 18. Mai 1907.
Der Patient, ein 42 Jahre alter Mann, litt seit Januar an Blasen*
beschwerden mit häufigem, schmerzhaftem Urinieren und Lendenschmerzen;
später trat eine Schwellung beider Testikel hinzu. Von Zeit zu Zeit
traten Besserungen im Befinden auf, zweimal wurde Patient auch wegen
Verdachtes auf Blasensteine sondiert. Anamnestisch erfuhr man, dass
Patient vor 10 Jahren einen acuten Anfall von abdominalen Schmerzen in
der Nabelgegend hatte, der von Erbrechen und Obstipation begleitet
war; seither wiederholten sich derartige schwerere oder leichtere Attacken
ca. 3 mal im Jahre, die jedoch höchstens bis zu 14 Tagen dauerten.
Der oben beschriebene Anfall wurde auf Cystitis bezogen. Das untere
Abdomen war aufgetrieben, aber nicht gespannt, an der rechten Seite
war eine leichte Verdickung palpabel, doch ohne merklichen Druck¬
schmerz. Per rectum fanden sich an der vorderen Bectalwand Verdickung
und Infiltration, ebenso an der Basis der Blase hinter der Prostata, an
der rechten Seite eine gewisse Völle und eine grössere, derbe Masse an
der linken Seite ohne deutliche Fluktuation. Cystoskopisch fand sich
eine entzündete Mucosa ohne Ulceration. Im Urin war viel Eiter, keine
Tuberkelbazillen. T. : 100 0 F., P. : 80—90. Nach Eröffnung des Ab¬
domens erwies sich der Proc. vermiform. als adhärent und von Eiter um¬
geben. Ausserdem fand sich putrider Eiter zwischen Rectum, Blase und
linker, seitlicher Beckenwand; er wurde auf einen parappendicalen Abscess
bezogen. Das Becken wurde drainiert und die Wunde geschlossen.
Die Cystitis hatte ihre Ursache in dem linksseitigen Beckenabscess,
fortgeleitet durch die Kontinuität des Gewebes. Diese Form der „Pelvic
appendicitis u ist häufig und wird oft übersehen. Im Beginne finden sich
häufig die Symptome der Appendicitis. Ein Tumor in der rechten Fossa
iliaca fehlt dabei häufig, doch findet man Druckschmerz im kleinen
Becken; nicht selten bestehen Diarrhoe und rectaler Tenesmus mit ge¬
ringen Entleerungen von wässrigem Schleim in häufigen Intervallen,
schmerzhaftes Urinieren, manchmal Retentio urinae. Bei rectaler Unter¬
suchung erweist sich die vordere Wand als ödematös und infiltriert, oft
ist eine umschriebene Masse bimanuell palpabel, in ihr ein weicher, fast
fluktuierender Anteil als Zeichen des vorhandenen Eiters. Die par-
appendicale Eiterung entsteht auf folgendem Wege: Die Appendicitis
erstreckt sich auf das Peritoneum des kleinen Beckens und die Um¬
gebung; ein Teil des Eiters wird durch Adhäsionen lokalisiert, dadurch
bleibt die Infektion bestehen, ohne sich weiter auszubreiten.
Herrnstadt (Wien).
Del interyento chirurgico nell appendicite. Von Mario Segre.
Clin, chirurg., 31. März 1907.
Es gilt derzeit als allgemein anerkannter Grundsatz, dass die früh¬
zeitige Operation bei Appendicitis die einzige radicale Heilung bedeutet.
Maragliano stellte folgende Grundsätze auf: 1. Der rechtzeitige
operative Eingriff bewirkt, dass Appendicitis nie einen letalen Verlauf
Centralblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 45
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nimmt. 2. Warten mit der Operation heisst, den Patienten dem Tode aus¬
setzen. 3. Die Operation schadet auch jenen nicht, die sonst durch
rein medizinische Behandlung geheilt wären, und rettet viele, die ohne
Operation zugrunde gehen würden. 4. Appendicitis darf niemals eine
Todesursache sein.
Es wurde der Versuch gemacht, an der Hand von anatomisch-patho¬
logischen Diagnosen die Indikationen für die Operation zu schematisieren.
So unterscheidet Jackson eine einfach entzündliche Form, eine mit
Perforationsperitonitis, eine chronische und eine retrocökale mit Aus¬
breitung gegen die Leber und Pleura; nur für diese letzte Form verlangt
er unbedingt die Operation. Manteuffel teilt die Appendicitis in eine
katarrhalische, eitrige und gangränöse und empfiehlt bei der 1. exspek-
tative Behandlung, bei der 2. blosse Inzision, bei der 3. Lap&ratomie.
Sonnenburg spricht von einfacher, perforativer, gangränöser und per-
forativ-gangränöser Appendicitis und verlangt nur für die letzten den
operativen Eingriff. In allen diesen Fällen müsste es möglich sein, die
diversen anatomischen Varietäten mit Sicherheit auseinanderzuhalten, um
die Indikation für die medizinische oder chirurgische Behandlung strikte
stellen zu können; wir werden jedoch im Gegenteil oft davon überzeugt,
dass eine als benigne Form imponierende Erkrankung sich bei der
Operation als bereits gangränös erweist, und auch der Blutbefund ist
nicht immer massgebend. Da es also nie möglich ist, zwischen klinischen
und anatomisch-pathologischen Phänomenen eine Parallele zu ziehen, so muss
der Grundsatz gelten, alle Fälle von Appendicitis der operativen Be¬
handlung zuzuführen. Auch für die späteren Stadien muss dieser Grund¬
satz zu Recht bestehen, da wir es nie in der Hand haben, den Er¬
krankungsherd zirkumskript zu erhalten, und eine Ausbreitung per con-
tiguitatem oder längs der Lymphgefässe oder durch Gangrän und Per¬
foration eine lokale Erkrankung zu einer allgemeinen machen kann.
Zahllos sind die Fälle, wo auf eine erste leichte Attacke andere mehr
oder weniger schwere folgen. Die Konservativen wünschen, die Operation
für das fieberfreie Stadium zu reservieren, doch handelt es sich dabei oft
um Fälle, die durch lange Zeit benigne ohne Exacerbationen verlaufen,
bei denen eigentlich von verschiedenen Stadien gar nicht gesprochen
werden kann und bei denen doch der Eintritt von Komplikationen relativ
leicht ist wegen der Anwesenheit eines Eiterherdes im Abdomen und
wegen der geringen Möglichkeit, denselben abgegrenzt zu erhalten. Des¬
halb bleibt auch in diesem intermediären Stadium die Operation das
einzige Heilmittel, da die Gefahren, die durch die Persistenz des Or¬
ganes gegeben sind, unmöglich vorausgesehen werden können.
Autor stellt 3810 Fälle zusammen: Die Mortalität im intermediären
Stadium betrug 10,25 °/ 0 , bei Frühoperation 2,28 °/ 0 .
Die Statistik der Oncotomie bei appendiculärem Ursprung gibt ein
Resultat von 15,50 °/ 0 Mortalität.
Der Autor kommt zu folgenden Schlüssen:
1. Die Appendicitis erfordert unbedingt eine chirurgische Intervention,
da die medizinische Behandlung in den meisten Fällen illusorisch ist.
2. Der chirurgische Eingriff ist in allen Stadien indiziert, wenn
keine direkte Kontraindikation besteht.
3. Die Operation muss so radikal als nur möglich sein.
Herrnstadt (Wien).
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707
Zar Frühoperation der Appendicitis. Von 0. Hai st. v. Bruns’
Beitr. z. klm. Chir., 1907, Bd. LTV, 3. Heft.
Die Operation der Appendicitis am Karl - Olga - Krankenhaus zu
Stuttgart ergab bei 227 Fällen folgende Resultate: 65 Frühoperationen
(innerhalb 48 Stunden) mit 1,5 °/ 0 Mortalität, 27 Intermediäroperationen
(3.—5. Tag) mit 48 °/ 0 , 60 Spätoperationen (nach dem 5. Tag) mit
8,0 °/ 0 , 85 Intervalloperationen mit 0 °/ 0 Mortalität. H. zieht aus dem
Material folgende Schlussfolgerungen: 1. Die grösste Zahl der Erkran¬
kungen an Appendicitis fällt zwischen das 10. und 30. Lebensjahr,
wobei das männliche Geschlecht prävaliert. 2. Als die Appendicitis be¬
günstigend kommen in Betracht: Erbliche Disposition, Enteritiden, In¬
fluenza, Angina, Erythema nodosum, während traumatische Einflüsse von
geringer Bedeutung sind. Zur Entwicklung schwerer Krankheitsformen
tragen die Kotsteine bei. 3. Schmerzhafte Bauchdeckenspannung und
Steigerung der Pulszahl weisen zwar in einem grossen Prozentsatz der
Fälle auf Appendicitis destructiva hin, mit Sicherheit aber können durch
diese Symptome Appendicitis simplex und destructiva nicht voneinander
unterschieden worden. 4. Die Peritonitis libera kommt am häufigsten
in den ersten 5 Krankheitstagen zur Beobachtung. Je früher sie zur
Operation kommt, um so günstiger sind die Resultate. 5. Die Früh¬
operation ist der exspektativen Behandlung hinsichtlich der Mortalitäts¬
ziffer weit überlegen (1,54:8,3 °/ 0 ). Sie befreit die Patienten von ihrer
Krankheit durch einen verhältnissmässig leichten Eingriff, der einen auf¬
fallend günstigen Einfluss auf Puls und Temperatur ausübt und nach
dem das Krankenlager kurz und meistens ungestört ist. Sie ist nicht
gefährlicher und in vielen Fällen leichter als die Intervalloperation.
6. Viel schwerer ist der Eingriff bei der intermediären und Spätopera¬
tion, viel schwerer ist das Krankenlager und viel häufiger sind die Kom¬
plikationen. 7. Die Diagnose kann in den meisten Fällen gestellt werden.
Differentialdiagnostisch zu beachten sind namentlich Pyelitis, Pyosalpinx
und Stieldrehung von Adnextumoren. Bei zweifelhafter Diagnose und
vorhandener Gefahr ist die Operation als Probelaparotomie indiziert.
8. Für jede Appendicitis, bei der nicht alle Erscheinungen innerhalb
24 Stunden abgeklungen sind, ist daher die beste Therapie die Früh¬
operation. 9. Der empfehlenswerteste Schnitt ist der Kulissenschnitt
durch die Rectusscheide. 10. Bei peritonitischer Darmparalyse und
postoperativem Deus leistet die frühzeitig ausgeführte Enterostomie gute
Dienst«. Klink (Berlin).
Surgic&l affections which simnlate appendicitis. Von H. J. Waring.
Lancet, 27. April 1907.
Zu den Erkrankungen, welche Appendicitis Vortäuschen können,
gehören 1. acute, infektiöse Osteomyelitis des Os ilei. 2. Sekundäre
Infektion tuberkulöser Lymphdrüsen in der rechten Fossa iliaca. 3. Sep¬
tische Infektion des rechten Ligam. lat. oder der rechten Tube. 4. Adeno-
Papillom der Mucosa des Coecums, welches die Mündung des Appendix
ins Coecum umgibt. 5. Acute Torsion des verlagerten rechten Ovariums.
6. Hämatom des rechten Ovariums. 7. Hämatom der rechten Fossa
iliaca. 8. Intussusception des Proc. vermiformis.
Für die Diagnose des Appendicitis sind folgende Punkte von Wichtig-
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708
keit: a) der Beginn, b) die Vorgeschichte der Erkrankung, c) exakte
Untersuchung des Abdomens und Beckens, d) Untersuchung des Blutes.
Herrnstadt (Wien).
Ueber die Häufigkeit und operative Prognose der Bauchaktinomy-
kose des Menschen. Von Friedrich. Deutsche med. Wochenschr.
1906, No. 31.
Friedrich weist auf das häufige Auftreten von Aktinomykose der
Bauchhöhle in der Umgebung Greifswald’s hin, das auch schon seinen
Vorgängern aufgefallen war. Er berichtet über 8 Fälle, die zum grössten
Teil anfangs das Bild einer Blinddarmerkrankung boten. Die Therapie
bestand in ausgiebiger Entfernung alles Kranken bis ins Gesunde hinein,
selbst grössere Darmabschnitte wurden ausgeschaltet. Von den 8 Patienten
der letzten 3 Jahre sind bis jetzt noch 7 am Leben. Verf. glaubt, dass
die Jodtherapie die chirurgischen Massnahmen gut unterstützen könne,
doch sei das Endergebnis alleiniger Jodtherapie ein sehr bescheidenes.
Wiemer (Aachen).
B. Harnblase, untere Harnwege.
Eine neue, einfache und sichere Methode, die Harnleitermündungen
aufzuflnden. Von S. Jakobi. Folia urologica, 1907, No. 1.
J. stellt folgende Thesen auf:
1. Die üblichen Methoden (Nitze, Casper), die Ureterenmündungen
aufzufinden, führen bei Anfängern und Nichtgeübten nur selten zum Ziele.
Wenn abnorme Verhältnisse vorliegen, kann das Auffinden der Mündungen
aber auch dem Geübten die grössten Schwierigkeiten bereiten.
2. Aus entwicklungsgeschichtlichen Gründen geht hervor, dass die
Ureterenmündungen einmal an den beiden Endteilen des Ligamentum
interuretericum liegen müssen, und zweitens, dass sie auf dem Ligamentum
liegen müssen.
3. Das Ligamentum interuretericum lässt sich bei richtiger Ein¬
stellung stets deutlich sichtbar machen.
4. Durch Drehung des mit dem Prisma zuerst dem Blasenboden
zugekehrten Kystoskopes um seine Längsachse gelangt man an die Enden
des im Gesichtsfelde ursprünglich quer eingestellten Ligamentes, d. h.
an die Uretermündungen. von Hofmann (Wien).
Des vices de conformation congänitaux de la vessie et de leor
traitement. Von P. Deibet. Ann. d. mal. d. org. gön.-urin., 1907,
p. 641.
Die Blase zeigt 2 Hauptgruppen von kongenitalen Missbildungen:
Missbildungen durch Defekt und Missbildungen durch Exzess. Von
ersteren kennen wir das vollständige Fehlen und die Exstrophie der
Blase, von den zweiten die Hypermegalie, die Hyperplasie, Doppelbildung,
Divertikel. Jede dieser Formen wird besonders vom entwicklungsmechani-
schen Standpunkt aus genau besprochen. Was die Therapie betrifft, er¬
scheint D. bei Exstrophie die Trendelenburg’sche Methode als die ratio¬
nellste. Kleine Divertikel, welche keine Beschwerden machen, erfordern
keine Behandlung. Sonst kommen nur chirurgische Eingriffe (Inzision.
Exklusion, Exstirpation) in Betracht. von Hofmann (Wien).
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Some cnrious bodies ftrand in the female bladder. Von A. Gal-
braith Faulds. The Glasgow medical Journ., Jan. 1907.
Mehrere fortdauernde langwierige Eiterungen der Blase veranlassten
Verf., cystoskopisch zu untersuchen und zu röntgenisieren, da er bei der
Untersuchung auf Höhlungen stiess, für die sich keine Erklärung finden
liess, weil eben die cystoskopische Untersuchung negativen Erfolg hatte.
1. Eine 40 jährige, schwer hysterische Frau. Die cystoskopische
Untersuchung ergab Blasensteine, die entfernt wurden; hierauf Nach¬
lassen der schweren Blaseneiterung für etliche Monate. Dann wieder
Auftreten von Steinen und ausserdem fand sich ein rundlicher Körper,
der sich als Goldring entpuppte, der offenbar die Ursache der Stein¬
bildung und somit der schweren Cystitis war.
2. Ein 17 jähriges Mädchen, bei dem in der Blase als Ursache
einer schweren Cystitis eine silberne Münze gefunden wurde. Zum Glück
war die Krankheit mit der Extraktion des Fremdkörpers durch die Urethra
bald behoben.
3. Ein 20 jähriges Mädchen mit Incontinentia urinae und grossem
Harndrang. Die Cystoskopie ergab einen mit Schleim bedeckten Calculus.
Die nähere Untersuchung des Steines nach Abbröckelung der Binde
ergab einen Kirschkern.
4. Ein 10 jähriges Mädchen wurde von der Mutter mit der Angabe
gebracht, dass zeitweilig blauer Urin abgehe. Man fand hier in der
Blase als Ursache einen Kupferspan. Ueber die Art und Weise des
Eindringens des Fremdkörpers konnte die Mutter und wollte die Patientin
nichts angeben.
5. Eine 20 jährige Dame, die über Stiche in der Harnblase klagte.
Die Cystoskopie ergab Cystitis, als Ursache Nähnadeln, die extrahiert
wurden.
6. Ein 13 jähriges Mädchen mit einer langwierigen Cystitis. Da
Lungensymptome auf Tuberkulose hindeuteten, wurde zuerst an tuberkulöse
Cystitis gedacht. Die Cystoskopie ergab als überraschendes Resultat
einen Griffel, der extrahiert wurde. Das Mädchen gab an, wegen zu
grossen Harndranges zur Stillung desselben den Griffel eingeführt zu
haben.
7. Eine Patientin, die sich eine Erbse eingeführt hatte, kam gleich
wegen starker Schmerzen zur Beobachtung. Mit der Extraktion hörten
die Beschwerden gleich auf.
Charakteristisch für alle diese Formen der Cystitis war die Begleit¬
erscheinung einer schweren Hysterie. Leopold Isler (Wien).
Un cas interessant de diverticule de la vessie. Von Mo ran.
Annal. d. mal. d. org. gön.-urin., 1907, No. 4.
Bei dem 70 jährigen Patienten fanden sich mehrere Harnröhren-
strikturen, wegen derer er bougiert worden war. In der letzten Zeit
hatten sich cystitische Erscheinungen eingestellt. Nach Dehnung der
Striktur wurde die Blase mit dem Explorateur untersucht und das Vor¬
handensein eines Steines festgestellt. Die Lithotripsie gelang nicht, da
der Stein eingekapselt war, und so wurde die Sectio alta vorgenommen.
Es zeigte sich nun, dass der Stein in einem Divertikel der vorderen
Blasen wand sass. Entfernung des Steines. Heilung.
von Hofmann (Wien).
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710
Cystalgies des femmes. Von E och et. Ann. d. mal. d. org. gen.-
urin., 15. Juli 1906.
Bei Frauen reiferen Alters zeigen sich ziemlich häufig schmerzhafte
Erscheinungen von Seite der Blase, welche therapeutisch nur schwer be¬
einflussbar sind. Die gewöhnlichen Ursachen für Cystitis (Tuberkulose,
.Gonorrhoe usw.) sind anscheinend nicht vorhanden. Der Urin ist in
der Mehrzahl der Fälle trübe, enthält aber kein Blut. Der Blasenhals
ist sehr empfindlich. Die Ursachen dieser Erkrankungen können ver¬
schieden sein. In vielen Fällen handelt es sich um sehr alte Cystitiden,
bei denen erst später die charakteristischen Schmerzen auf treten. Von
sonstigen ätiologischen Momenten sind Influenza und uratische Diathese
hervorzuheben. In manchen Fällen handelt es sich um Neuralgien. Die
Behandlung besteht ausser innerer Medikation in Blasenwaschungen,
Instillationen, Kauterisation und Dehnung der Harnröhre und des
Blasenhalses. In schweren Fällen erscheint die Cystoskopie, Sphinkter¬
resektion oder Resektion des perinealen Astes des N. pudend. cut. an¬
gezeigt. von Hofmann (Wien).
Ueber Cystitis typhosa. Von H. Schädel. Mitteilungen aus den
Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, Bd. XVI, 4.—5. Heft, 1906,
Verf. teilt zwei Typhusfälle mit, in deren Verlauf er eine spezifische
Cystitis beobachten konnte. In dem ersten Falle trat am 5. Tag eine
Epididymitis hinzu. Im anderen Falle handelte es sich um einen tödlichen
Typhus, der nach vorausgegangener Harnverhaltung eine schwere Cystitis
im Gefolge hatte. In beiden Fällen konnten im Urin Typhusbazillen
nachgewiesen werden. Der tödliche Typhusfall zeigte bei der Sektion
tiefgreifende nekrotische Veränderungen der Blasenschleimhaut.
Raubitschek (Wien).
Die Behandlung der Cystitis mit Alkohol. Von J. Seil ei. Berl.
klin. Wochenschrift, 1906, No. 45.
Verf. ist bei seinen Versuchen, ob mit Alkohol resp. mit Alkohol¬
lösungen die ammoniakalische Zersetzung des Urins verhindert und so
zur Heilung der Cystitis beigetragen werden könne, zu so günstigen
Resultaten gelangt, dass er Alkohol, resp. Waschungen mit entsprechend
diluiertem Alkohol nicht nur als ein vorzügliches H&rnantisepticum,
sondern als direktes Heilmittel bei vielen Cystitiden empfehlen kann.
Verf. wendet zu Blasenspülungen bis 15 °/ 0 Lösungen an und hatte
besonders guten Erfolg bei den Cystitiden, welche sich zu Prostatahyper¬
trophie gesellten. Verf. konnte durch Alkoholspülungen in sehr vielen
Fällen die ammoniakalische Zersetzung des Urins in ganz kurzer Zeit
hemmen. H. Raubitschek (Wien).
Ueber die Bedeutung der Blasentuberkulose und die Heilbarkeit
derselben. Von Thorkild Roosing. Arch. f. klin. Chir., Bd.
LXXXH, 1. Heft.
Obzwar im Gegensätze zur früher vorherrschenden Anschauung die
Blasentuberkulose fast stets von einer primären Nierentuberkulose aus¬
geht, kann doch sowohl das Vorkommen einer vom Genitaltract über¬
greifenden als auch der primären Blasentuberkulose nicht geleugnet
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711
werden. Selbstverständlich ist eine Therapie der Blasentuberknlose bei
Erkrankung der Niere ohne Beseitigung der letzteren undenkbar. Mangel¬
hafte bakteriologische Untersuchung des Harns bildet die Ursache meist
verspäteter Diagnose des Leidens, welches unbedingt nur auf Grund des
Ureterenkatheterismus mit Sicherheit erforscht werden kann. Hierbei
ist, wie Fälle des Yerf. lehren, darauf zu achten, dass bei tuber¬
kulöser Infektion des beiderseitigen Harnes die Möglichkeit besteht,
dass der von der Blase aus aszendierend infizierte Ureter den Harn
einer gesunden Niere purulent und bazillenhältig machen kann, weshalb
Yerf. in solchen Fällen sowie dort, wo die Ureterenkatheterisation un-
jnöglich ist, den doppelten explorativen Lumbalschnitt, eventuell mit
Ureterostomie, zur Diagnose der aszendierenden Ureterentuberkulose und
des Nierenzustandes empfiehlt. Die nach Nierentuberkulose sekundär
entstandene Blasentuberkulose kann nach Entfernung der Niere bei
geringer Ausbreitung spontan ausheilen, schreitet sie jedoch fort, so ist
die vom Yerf. angegebene Behandlung mit 6 °/ 0 Karbolwasser anzuwenden,
die in 13 derartigen Fällen zur Heilung geführt hat.
Viktor Bunzl (Wien).
Trois cas de tumeurs de la vessie sang hämaturie. Von B. Guizy.
Ann. d. mal. d. org. gön.-urin. No. 2, 1907.
1. Die 50 jährige Patientin litt seit zwei Jahren an heftigem Harn*
drang. Eine lokale Behandlung blieb erfolglos und es stellte sich Cystitis
ein. Bei der Kystoskopie fand man einen mächtigen Tumor. Sectio
alta. Exstirpation des Tumors. Heilung.
2. Bei kystoskopischer Untersuchung eines an heftigem Harndrang
leidenden 58 jährigen Mannes fand sich ein grosser gestielter Tumor der
vorderen Blasen wand. Tod nach einigen Wochen an Carcinomkachexie.
3. Die 41 jährige Patientin litt seit l 1 /, Jahren an Strangurie. Bei
der Kystoskopie fand man einen gestielten papiüomatösen Tumor, welcher
entfernt wurde.
In keinem der drei Fälle hatten sich jemals Blutungen gezeigt.
von Hofmann (Wien).
Zar Pathologie and Therapie der gatartigen Harnblasengeschwülste.
Yon M. Weinrich (Berlin). Archiv f. klin. Chir. Bd. LXXX,
4. Heft«
Die relative Häufigkeit der gutartigen Blasengeschwülste geht aus
der auf dem Chirurgenkongress 1905 von Nitze mitgeteilten Statistik
hervor, nach welcher sich unter 399 Fällen von Harnblasengeschwülsten
44,3 °/ 0 gutartige und unter 271 anatomisch untersuchten 170 Papillome,
d. i. 62,7 °/ 0 , fanden.
Verf. rühmt die hervorragende Bedeutung der von Nitze geübten
intravesikalen Operationsmethode bei gutartigen Hamblasengeschwülsten,
welche im Vereine mit der vervollkommneten kystoskopischen Diagnostik
obiger Tumoren zu N i t z e ’s glänzenden Resultaten geführt hat.
Wichtig für die kystoskopisch erkennbare Gutartigkeit des vor¬
liegenden Tumors ist vor allem die Beschaffenheit des Stieles und der
Basis der Geschwulst, in 2. Linie erst die Zottenbildung, die auch bei
den meisten anderen Tumoren der Blase beobachtet wird; allerdings aber
weisen nach Angabe des Verf. die malignen Tumoren nicht jene „schlanken,
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712 —
zierlichen flottierenden Formen, sondern mehr kolbige, beerenartige Exkres¬
zenzen“ auf.
Die Möglichkeit einer Fehldiagnose ist natürlich bei der bloss
klinischen Beurteilung auf Grund der kystoskopischen Untersuchung stets
vorhanden, weshalb in derartigen Fällen der intravesikalen Operation
einfach die Sectio alta zur radikalen Entfernung des Tumors folgen wird.
Festgestellt muss werden, dass es sich bei Nitze im allgemeinen um
kleine, bis walnussgrosse und nur ausnahmsweise um grössere Papillome
handelt, welcher Umstand bei der günstigen Statistik seiner Methode
gewiss ausschlaggebend ist. Die Statistik lautet:
Operiert: 101; geheilt 70; recidiviert 18; gestorben 1; nicht revi¬
diert 12. Viktor Bunzl (Wien).
Ueber die Resultate der chirurgischen Behandlung der Blasen¬
tumoren. Von Treplin. Deutsche med. Wochenschr. 1906, No. 19.
Verf. berichtet über 45 Fälle von Blasentumoren, und zwar handelte
es sich in 32 Fällen um Zottengeschwülste. Von diesen waren 12 gut¬
artig, während 19 krebsige Zottengeschwülste darstellten. Von den gut¬
artigen recidivierten später 3 als wirkliche Zottenkrebse. 11 weitere
Tumoren, die keinen Zottenbau zeigten, waren Carcinome. Von den
noch übrigen 2 waren einer ein Sarkom, einer eine grosse Cyste der
Blasenwand.
Bei allen Patienten war mittels Kystoskopie die Diagnose sicher¬
gestellt. Weil man aber nicht erkennen kann, ob die Tumoren gutartig
sind, hält Verf. in allen Fällen die Sectio alta für angezeigt, da man nur
bei dieser Methode radikal genug Vorgehen kann.
Von den mit benignen Tumoren behafteten Kranken wurden alle
geheilt bis auf einen alten Mann, der kurz nach der Operation an Herz¬
schwäche starb. (Bis auf 2 blieben alle recidivfrei.)
Von den 30 Kranken mit malignen Tumoren sind nur 6 als über
mehrere Jahre’ hinaus dauernd geheilt zu betrachten, also 20°/ 0 , ein
Resultat, das nach Ansicht des Verf. hinter den Resultaten bei Opera¬
tionen maligner Geschwülste anderer Körperteile nicht zurücksteht.
Wiemer (Aachen).
Calcul de la vessie döveloppö autour d’une öpingle k cheveux.
Von Routier. Bull, et mem. de la Soc. de Chir. de Paris. Sitzung
vom 13. Juni 1906.
Routier demonstrierte einen 9 cm langen, 4 cm breiten Blasenstein,
von einem 19 jährigen Mädchen auf vesicovaginalen Weg entfernt. Völlige
Naht, Heilung nach 10 Tagen. Der Stein war um eine Haarnadel als
Kern gebildet. Patientin litt seit mehreren Monaten an Inkontinenz.
R. Paschkis (Wien).
De la cystotomie sus-pubienne ehe* les jeunes enfants. Von P.
Men dös. Ann. d. mal. d. org. gön.-urin, 1906, No. 18.
Bei einem 5 monatlichen Knaben bestanden sehr heftige Urin¬
beschwerden. Mit der Steinsonde konnte ein Stein nachgewiesen werden.
Sectio alta. Entfernung des Steines. Verweilkatheter. Naht der Blase.
Drainage der äusseren Wunde. Heilung.
von Hof mann (Wien).
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Bclatement de la face antörienre de la vessie par chute snr le
dos d’une hantenr de trois ätages. Intervention. Guörison.
Von P. Alglave. Ann. d. mal. d. org. gön.-urin., 1. Okt. 1906.
Der 27 jährige Patient war von einem Dache 3 Stock hoch her¬
untergefallen. Es traten sofort heftige Schmerzen im Unterleib ein.
Mit dem Katheter konnte kein Urin entleert werden. Gleichzeitig be¬
merkte man eine Schwellung in der Regio hypogastrica und Dämpfung
daselbst. Bei der Operation fand man einen extraperitonealen Riss in
der vorderen Blasenwand, welcher vernäht wurde. Drainage des Cavum
praevesicale. Verweilkatheter. Heilung.
von Hofmann (Wien).
Intraperitoneal rnptnre of the bladder occuring during labour.
Von Mr. C. R. Porter. Lancet, 11. Mai 1907.
Bei einer 32 jährigen Primipara traten 48 Stunden vor der Geburt
Schmerzen in der Kreuzgegend auf. Nach Beginn der Geburt äusserte
Patientin, dass sie einen plötzlichen Schmerz von der Art verspürt
hätte, als ob etwas geplatzt sei. Der Puls wurde rasch, die Zunge
trocken, das Abdomen ausgedehnt und zeigte tympanitischen Perkussions-
schall. Die Geburt wurde in Narkose mittels Forceps beendigt und der
Uterus kontrahierte Bich rasch und gut. Trotzdem Hessen die Beschwerden
nicht nach; 24 Stunden nach der Entbindung hatte Patientin noch keinen
Urin gelassen und es trat mehrmaHges Erbrechen auf. Mittels Katheters
wurden 4 Unzen fast reinen Blutes entfernt. Nach Eröffnung des Ab¬
domens in der Mittellinie entleerte sich eine beträchtHche Quantität urin¬
artiger Flüssigkeit, gemischt mit Serum. Der Magen war infolge von
Gasen enorm dilatiert, die durch Einstich mit einem dünnen Troikart
entfernt wurden. An der rechten Seite der oberen und hinteren Wand
der Harnblase fand sich ein V/ 2 Zoll langer Riss, der durch Lembert-
Nähte geschlossen wurde. Patientin starb an Shock nach 6 Stunden.
Herrnstadt (Wien).
Incontinence nocturne d’urine avec polyurie et pollakiurie coin-
cident avec une double malformation urethrale (hypospadiag
balanique et rätricissement congenital de l’uröthre dans la portion
bulbaire). Von Rouvillon, Rapport von Bazy. Bull, et m6m.
de la Soc. de chir. de Paris. Sitzung vom 2. Mai 1906.
Es handelt sich um einep 23 jährigen Soldaten, der von nervösen
Eltern stammt, selbst sehr nervös ist und in toto einen etwas degene¬
rierten Eindruck macht. Seit Kindheit ist Patient nachts inkontinent.
Tags muss er oft und viel urinieren (15 mal, jedesmal 300—350 ccm).
Bei seiner Geburt war zur ErmögUchung der Miction ein kleiner Ein¬
griff nötig. Ausserdem sind die Chloride des Harns vermehrt (30—35 g).
Objektiv: Eichelhypospadie mit engem (für No. 16 Charrifcre nur schwer
passierbarem) Orificium externum. 12*5 cm vom Orificium ein Wider¬
stand. Blasencapacität 300 g. Dass die Bulbusstenose angeboren ist,
dafür sprechen: die gleichzeitige Hypospadie, die kongenitale Harareten-
tion, das Fehlen jedes Traumas und der Gonorrhöe in der Anamnese. Die
Inkontinenz lässt sich durch die Urethralanomalie sowie durch die Chlorid¬
vermehrung erklären. Die Poly- und Pollakiurie könnten Symptome
einer infolge der durch lange Jahre dauernden Mehrarbeit entstandenen
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714
Dilatation der Ureteren und Nierenbecken bilden. R. ist der Meinung,
man solle bei nächtlicher Inkontinenz stets die Harnröhre untersuchen.
R. Paschkis (Wien).
Contusion de l’abdomen. Rnpture intra peritoneale de la vessie.
Laparotomie. Sature v6sicale. Guörison. Von Michon. Rapport
von Picquö. Bull, et m6m. de la Soc. de Chir. de Paris. Sitzung
vom 18. VII. 1906.
Ein 49 jähriger Mann wurde überfahren, wobei ein Wagenrad ihm
über die rechte Bauchseite ging. Patient verlor nicht das Bewusstsein,
ging unterstützt nach Hause, legte sich nieder und bekam bald darauf
plötzlich Schmerzen im Bauch. Er wurde ins Spital gebracht, wo mittels
Katheters 150 g blutigen Harnes entleert wurden und keine Beckenfraktur,
keine Blasendämpfung, dagegen aber eine Dämpfung in beiden Fossae
iliacae konstatiert wurden. Blasentenesmus, kein Urin. Diagnose:
Blasenruptur. Lap. 6 h nach dem Unfall ergab einen 6 cm langen Riss
an der hintern Blasenwand. Zweischichtige Naht; Drainage des Douglas,
Verweilkatheter. Heilung. 5 Tage lang suprapubische Harnfistel, nach
Entfernung des Verweilkatheters und der Drainage beginnend.
R. Paschkis (Wien).
Retröcissement cicatriciel de l’uröthre siäg&nt au niveau de la
r£gion bulbaire. Von Groll. Annal. d. mal. d. org. gen.-urin.,
1907, No. 4.
Bei dem 45 jährigen Patienten fanden sich eine inkomplette Retention
infolge einer traumatischen Hamröhrenstriktur, Urethritis und Fieber.
Es gelang die Striktur bis Beniquö No. 46 zu dilatieren, dann aber er*
wies sich ein weiteres Fortschreiten als unmöglich. Es wurde zunächst
der Versuch mit lokalen Thiosinamininjektionen gemacht. Als diese er¬
folglos blieben, machte G. vom Perineum aus Injektionen mit 15 °/ 0
Thiosinaminlösung direkt ins Gewebe der Striktur. Auch bei dieser
Behandlung zeigte sich kein Erfolg, weshalb sich der Kranke zur äusseren
Urethrotomie entschloss. von Hofmann (Wien).
The conservative treatment of urethral stricture. Von G M.
Muren. Med. Record. 1906. 17. März.
Der Satz, dass Strikturen der Harnröhre dilatiert und, wenn dies
nicht möglich ist, blutig erweitert werden sollen, ist wohl richtig, doch
gehört zu einer solchen Entscheidung grössere persönliche Erfahrung.
Es ist ein Irrtum zu glauben, bei Personen der ärmeren Klasse die
rascher zum Ziele führende Urethrotomie der allmählichen Dehnung
vorziehen zu müssen. Aber der Patient entzieht sich gewöhnlich der
nach der Urethrotomie noch längere Zeit notwendigen Sondenbehand¬
lung und die an der Incisionsstelle entstehende Narbe führt wieder die
Verengerung herbei. Gegen die blutige Behandlung lassen sich ab
Gründe anführen: das mehrwöchentliche Krankenlager, die durch längere
Zeit in derselben Art einzuhaltende Nachbehandlung wie bei der un¬
blutigen Methode, die hohe Mortalität (nach Verf.’s Meinung 5 °/ 0 ).
White empfiehlt bezüglich der Urethrotomia interna grosse Reserve,
da sie eine Mortalität von 2 °/ 0 auf webe. Bei der Meatotomie (Incbion
des Orific. ext. urethrae) kann durch einen zu ausgiebigen Einschnitt
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715
eine schwächende Rückwirkung auf den Tonus des Blasenmuskels her¬
vorgerufen werden.
Bei älteren Männern sollte die Harnröhre vor Einführung eines
Instrumentes ausgespült werden. Vaselin kann einen Kern zur Stein¬
bildung abgeben und sollte vermieden werden. Bei engen Strikturen
füllt Verf. die Urethra mit einer Anzahl von dünnen Sonden und ver¬
sucht, bald diese, bald jene vorzuschieben. Nach der Sondeneinführung
soll die Blase ausgespült oder, da dies bei engen Strikturen schmerzhaft
ist, der vorher angehaltene Ham entleert werden. Bei engem Orificium
exteraum kann anstatt einer Sonde ein Dilatator verwendet werden.
Eine wahre Striktur kann durch Spasmus noch mehr verengert werden
und dann gelingt die Einführung einer Sonde erst in der Narkose.
Bei gonorrhoischen Strikturen ist die Incision selten notwendig, wohl
aber bei gewissen kongenitalen und traumatischen Strikturen. Man
kombiniert die äussere mit der inneren Urethrotomie und bringt eine
perineale Drainage an. Verf. bringt einen Bericht über 6 konservativ
behandelte Fälle. Karl Fluss (Wien).
A case of cocaine poisoning. Von Ce eil B. F. Jivy. Brit. Med.
Joum., 6. Oktober 1906.
Ein 56 Jahre alter Mann kam wegen Urinretention ins Spital;
derselbe litt an einer alten Striktur und derzeit an Hämorrhagie infolge
von forciertem Katheterismus; nach warmem Bade und Morphium-
suppositorium wurde spontan etwas Urin entleert. Am nächsten Tage
bestanden grosse Schmerzen, die Blase stand handbreit über dem Os pubis.
Es wurden 2 g einer 10 °/ 0 Cocainlösung in die Urethra eingespritzt
und das Orific. urethrae mit der Hand verschlossen. Bevor noch der
Katheter eingeführt wurde, setzten klonische Zuckungen ein, das Gesicht
war cyanotisch, die Atmung spastisch; die Bulbi fixiert, die Lider halb
geschlossen. Nach ca. 1 Minute setzte die Respiration ganz aus. Trotz
künstlicher Atmung und hypodermatischer Injektion von Brandy trat
in 3 Minuten Exitus ein. Bei der Obduktion wurden sämtliche Organe
gesund gefunden, die Herzkammern waren leer. Die Todesursache war
eine Cocainintoxikation, wobei durch die bestehenden Verletzungen der
Urethra wahrscheinlich die Resorption des Cocains erleichtert wurde.
Herrnstadt (Wien).
Observations upon the cause and treatment of perineal abscess
and of periurethral suppurations above the triangulär ligament.
Von Samuel Alexander. Medical Record New York, 28. Ok¬
tober 1905.
Nach einer kurzen Berücksichtigung der Klinik der perinealen
Abscesse und periurethralen Eiterungen, die mit und ohne Harainfiltra-
tion der Umgebung und urethralen Strikturen einhergehen können, teilt
Verf. die umschriebenen perinealen Eiterungen in zwei grosse Gruppen
ein, in solche, die mit Urinbeschwerden infolge von Urethralstrikturen
einhergehen, und in solche ohne Urethralaffektion. In beiden Fällen
ist die Prostata sehr oft miterkrankt. Verf. empfiehlt, immer die
Urethra zu spalten und zu drainieren, auch wenn klinisch an keine Harn-
röhrenerkrankung gedacht werden kann, um eventuellen recidivierenden
Eiterungen aus dem Wege zu gehen. Es folgt eine Reihe einschlägiger
Krankengeschichten. Raubitschek (Wien).
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C. Narkose.
Report of special Chloroform committee. Fourth report of procee-
dings 1904—5. Brit. Med. Journ. 1905, 22. Juli.
Sherrington und Sowton zeigten, dass Losungen von Chloro¬
form in Blutserum eine weniger toxische Wirkung ausüben. V. Har-
court berichtete über die Abhängigkeit der aufgenommenen Chloroform¬
menge von der individuellen Respirationsweite. Eine grössere Konstanz
wird durch eine Modifikation der Wulff’schen Flasche und Erwärmung
des Chloroforms erzielt. Sherrington und Sowton studierten den
Einfluss des Chloroforms auf das Herz, die willkürlichen Muskelfasern
und die Blutgefässe. Nach ihnen wirkt es auf die willkürlichen Muskel¬
fasern als ein leichtes Stimulans, auf die Blutgefässe der Extremitäten
leicht konstringierend, endlich auf beide deprimierend. Die Empfäng¬
lichkeit der verschiedenen neuromuskulären Mechanismen für Chloroform
variiert sehr. V. Harcourt stellte fest, dass anfangs mehr als die
Hälfte, später etwa die Hälfte des eingeatmeten Chloroforms wieder aus¬
geatmet wird. Bei schwächerer Dosierung wird die Menge des aus¬
geatmeten Chloroforms wieder grösser als die des eingeatmeten. Das
Komitee stellte die Minimaldose fest, welche für die Anästhesie bei
möglichster Vermeidung der Lebensgefahr notwendig ist.
Karl Fluss (Wien).
A case of prolonged hiccongh on two occassions after the administra-
tioii of Chloroform. Von Josef Hollins Donell. Lancet,
2. Dez. 1905.
Ein 48 Jahre alter Mann kommt ins Spital — Royal Halifax
Infermerie — mit einer Tibiafraktur. Die Operation, welche 45 Minuten
in Anspruch nahm, wurde in Chloroformnarkose gemacht. Nach Schluss
der Narkose trat Erbrechen auf, welches den ganzen Tag fortdauerte,
am nächsten Tage Singultus; nach stündlicher Darreichung von Jod¬
tinktur schwand der Singultus um 2 h nachmittags; abends 5 Grains
Kalomel. Am folgenden Tage abermals Singultus. Applikation eines
Senfpflasters auf die Regio epigastrica und des konstanten Stromes,
worauf der Singultus aufhörte.
Nach 3 Monaten wegen Verbandwechsels und Inzision abermalige
Anwendung von Chloroform. Abermaliges Erbrechen und am 3. Tage
neuerlich Singultus. Trotz Applikation des konstanten Stromes Fort¬
dauer des Singultus, so dass Patient per rectum ernährt werden musste;
eine subkutane Morphiuminjektion — */ 4 Grain — bewirkte Schlaf, doch
bestand im Schlafe der Singultus fort. Kalomel, Senfpapier, Morphin und
Atropin — 1 / 100 Grain — brachten den Singultus während der Nacht
zum Schwinden. Trotz Darreichung von Tct. Bellad., Kal. bromat. und
Chloralhydrat am nächsten Tage begann neuerlich Singultus und hielt
auch nach Applikation des konstanten Stromes an. Am 3. Tage nach
Tct. Castorei und Acid. carbol. in Pillen Nachlassen des Singultus. Am
5. Tage ein kleiner Rückfall während der Nacht, der auf Morphin und
Atropin sistierte. Wegen der schwachen Konstitution des Patienten
war von einer Magenausspülung Abstand genommen worden.
Herrnstadt (Wien).
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St&to timico e cloronarcoai, contribato clinico ed istologico. Von
Caminiti. La clinica Chirurg., 14. Jahrg., No. 8.
Ausführliche Krankengeschichte eines Falles von Uterusmyom bei
einer 28 jährigen Frau, während dessen Operation plötzlich Exitus letalis
eintrat. Die genaue anatomische und histologische Untersuchung ergab
eine Hypertrophie der Thymus, der Leber, der Milz und der Cervikal-
und Inguinaldrüsen, ferner der Ovarien sowie des rechten Schild¬
drüsenlappens. Der Verf. gibt zum Schlüsse eine Uebersicht über
die bisher vorliegenden Untersuchungen. A. Oötzl (Wien).
St&to timico e cloronarcosi. Von R. Caminiti. Boll. d. cliniche 23, 9,
p. 398.
Verf. bespricht einen Fall von plötzlichem Exitus nach 20 Minuten
langer Chloroformnarkose bei einer 28 jährigen, an Uterusmyomen
operierten, anscheinend sonst ganz gesunden Frau. Bei der Sektion
fand sich eine sehr blutreiche, 30 g schwere Thymusdrüse; ferner waren
Milz, Lymphdrüsen und Thyreoidea hypertrophisch. — Die histologische
Untersuchung der Thymus zeigte einen sehr starken Qefässreichtum der¬
selben; ferner übertrafen die Hassal’schen Körperchen an Grösse be¬
deutend die Norm, manche befanden sich im Stadium der hyalinen
Degeneration.
Verf. führt den plötzlichen Tod in diesem Falle auf eine Hyper¬
sekretion der abnorm grossen Thymus zurück.
(Ausführliche Literatur über die Pathologie des Thymus.)
Schrumpf (Strassburg).
Zur Frage des Coma diabeticum nach operativen Eingriffen. Von
Ruff. Wiener klinische Wochenschrift, 18. Jahrg., No. 10.
Verf. operierte eine an Diabetes leidende Patientin, die nach der
Operation an Coma diab. zugrunde ging. Im Anschluss an diesen Fall
beschäftigt sich Verf. eingehend mit der Frage der Operation bei Diabe¬
tikern und kommt zu dem Schluss, dass weder der Urinbefund, noch
die Art der Narkose oder der Verlauf der Operation uns eine sichere
Prognose für den Zustand post operationem stellen lassen. Man soll
daher bei Diabetikern nur lebensrettende, nicht aufzuschiebende Opera¬
tionen vornehmen, und zwar womöglich unter Vermeidung der allgemeinen
Narkose. Zeigt der Urinbefund mehr als 2 g Ammoniak pro die, so
soll die Operation unterbleiben. Wiemer (Aachen).
L’eteron&rcosi nei bambini. Von 0. V a 1 v a s o r i. La clinica chirurgica,
14. Jahrg., No. 1.
An der Hand der einschlägigen Literatur sowohl wie auf Grund
eigener, am orthopädischen Institut zu Bologna gesammelter Erfahrungen
kommt der Verf. zu dem Schlüsse, dass die Aethernarkose auch bei
Kindern für länger dauernde Operationen wie auch wiederholt benützt
werden kann, ohne dass bei richtiger Verwendung des Narkotikums
irgendwelche Komplikationen, insbesondere von seiten der Lungen, be¬
fürchtet werden müssen. A. Götzl (Wien).
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UI. Bücherbesprechungen.
Grundriss der orthopädischen Chirurgie für praktische Aerzte und
Studierende. Von Max David. • Berlin 1906. S. Karger.
Eine schnelle Orientierung über die Diagnostik und Therapie der
chirurgisch-orthopädischen Erkrankungen dem praktischen Arzte zu er¬
möglichen, ist der Zweck des dem behandelten Stoffe angemessen kurz
gehaltenen Grundrisses des Berliner Spezialisten und in diesem Sinne
ist die Arbeit auch von denjenigen, welche sich zur allgemeinen Praxis
vorbereiten, zu gebrauchen. Es fanden daselbst hauptsächlich die Methoden
Aufnahme, welche, nicht viel Apparat erfordernd, auch in der allgemeinen
Praxis ohne allzu grosse Schwierigkeiten gebraucht werden können, aber
auch die komplizierteren Methoden werden kurz erwähnt. Die Patho¬
logie ist nur an einzelnen Stellen berührt, mit überflüssigen Hypothesen
wurde gespart und so ist das Buch übersichtlich und auch vom weniger
Sachkundigen leicht zu lesen. Die Arbeit gewährt eine gute Uebersicht
über die gebräuchlichsten orthopädischen Behandlungsmethoden. Schade,
dass sich die Erfahrung und Kritik des Spezialisten zum richtigen Ge¬
brauche derselben nicht literarisch einpauken lassen, denn unter den ge¬
gebenen Umständen bleibt der Wunsch des Verfassers, dass der prak¬
tische Arzt einen Teil der Arbeit dem Orthopäden abnehmen soll, bloss ein
Pium desiderium. Immerhin kann das gewissenhafte Studium des Buches
viel dazu beitragen, die Grenzen des eigenen Könnens richtig einzu¬
schätzen, und wird infolge dessen das therapeutische Handeln* des Prak¬
tikers dadurch nicht allzu sehr aufgemuntert. Die Figuren (184) sind
aus älteren orthopädischen Hand- und Lehrbüchern und Abhandlungen
reproduziert. v. Lichtenberg (Heidelberg).
Contribution k Fätude du traitement chirurgical du cancer du colon.
Von Joseph Okinczyc. Thöse de Paris, 1907, G. Steinheil.
Eine sehr fleissige, 207 Druckseiten starke Doktorarbeit, welche an der
Hand der grösstenteils schon publizierten Krankengeschichten der Hart-
mann 'sehen Abteilung fast die ganze Klinik des Coloncarcinoms rekapitu¬
liert. Die grössere, erste Hälfte der Arbeit beschäftigt sich mit den
Untersuchungsmethoden, darunter sehr gründlich mit der Rectoskopie
und mit der röntgenologischen Untersuchung des Colons. Bei diesem
Abschnitt sind neben den bekannten Schüle’schen auch einige inter¬
essante Originalfiguren reproduziert.
Die chirurgische Behandlung des Coloncarcinoms ist desto aussichts¬
reicher, je früher sie einsetzt. Verfasser hält die vorhandenen Unter¬
suchungsmethoden bei gewissenhafter Anwendung als ausreichend für
die Frühdiagnose. Es folgt eine Besprechung sowohl der Indikations¬
stellung als auch der Technik für die palliativen Operationen. Die
Ausschaltung kann in manchen Fällen mit hochgradigen entzündlichen
Veränderungen als vorbereitende Operation gelten. Die entzündlichen
Veränderungen gehen nach der Ausschaltung zurück und der Tumor,
der als inoperabel imponierte, wird für dem radikalen Eingriff geeignet.
Kranke im Stadium der Obstruktion oder Occlusion eignen sich für
die mehrzeitige Colektomie. Die ideale Operation wäre die einzeitige
Colektomie. Neueste Beobachtungen lehren auch, dass diese bei recht-
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zeitiger Diagnose und geeigneter Technik gute Chancen bietet. Bei der
aboralen Hälfte des Colons soll man die End- zur Endanastomose, bei
der oralen die Heokolostomie dieser Operation anschliessen.
Die lesenswerte Abhandlung ist mit gründlicher Berücksichtigung
der ganzen — sogar, was bei französischen Arbeiten eine Seltenheit, der
deutschen — Literatur verfasst.
v. Lichtenberg (Heidelberg).
Etüde clinique des tronbles morbides attribnables au Tricbocöphale
de l’homme. Von Andrikidis. Thöse de Paris 1906, Halvine öd.
Der Trichocephalus ist meist unschädlich, ruft jedoch ausnahms¬
weise auch Digestions- und nervöse Störungen, ferner schwere Anämien
hervor.
Verf. beobachtete schwere Diarrhoe, Schmerzen im ganzen Unterleib,
die sich manchmal in der rechten unteren Bauchgegend lokalisierten und
das Bild einer häufig rezidivierenden Appendicitis darstellten.
Von nervösen Störungen kommen meningitische Symptome, Konvul¬
sionen, Lähmungen vor.
Neben der lokalen Reizung wirkt der Trichocephalus wohl meist
dadurch, dass er sich mit seinem hinteren Ende in die Darmschleimhaut
implantiert, wodurch das Eindringen septischer Stoffe in die Darmwand
ermöglicht wird. Schrumpf (Strassburg).
Die Bedeutung der Suggestion im sozialen Leben. Von W. v. B e c h -
terew. Grenzfragen des Nerven- und Seelenlebens, Heft 39. Wies¬
baden. J. F. Bergmann 1905.
Verf. bringt in seiner ausführlichen Arbeit eine gründliche und ein¬
gehende Darstellung des Wesens und der Bedeutung der Suggestion. Von
besonderem Interesse sind seine Ausführungen über die Rolle der
Suggestion bei den psychopathischen Epidemien, dem Hexen- und Sekten¬
wesen. Die sozialpsychologische Bedeutung der Suggestion wird zum
Schlüsse noch erörtert. Zu einem genauen Referat für diese Zeitschrift
eignet sich die Arbeit nicht; bezüglich der Einzelheiten muss auf das
Original selbst verwiesen werden. v. Rad (Nürnberg).
Inhalt.
I. Sammel-Referate.
Schirmer, K. H., Achondroplasie
(Chondrodystrophia foetalis, Mikro-
melie) (Schluss), p. 689—698.
II. Referate.
A. Appendicitis.
Franke, E., Beiträge zur pathologischen
Anatomie der Appendicitis, p. 698.
Moschcowitz, A. V. und Moschco¬
witz, E., Zur Appendicitisfrage. Ein
Bericht über 2000 konsekutive Fälle von
Erkrankungen des Appendix vermiformis,
mit bes. Berücksichtigung der Therapie,
p. 699.
Kretz, R., Untersuchungen über die
Aetiologie der Appendicitis, p. 699.
Saint-Rene Bonnet, Acute and chronic
appendicular pain; medical and surgical
treatment, a critical essay, p. 700.
v. Bruns, Ueber die Behandlung appen-
dicitischer Abscesse, p. 701.
Siegel, E., Blinddarmentzündung und
Darmkatarrh, p. 702.
Leedham-Green, Ch., Appendicitis
in typhoid fever, p. 702.
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720
H a e c k e 1, H., Ileus beiAppendicitis, p.703.
Haim,£., Appendicitis und Icterus, p. 704.
A1 d e h o f f, G., Appendicitis und Icterus,
p. 704-
Barling, G. f Pelvic appendicitis with
parappendical abscess and cystitis, p. 705.
Segrd, M., Del intervento chirurgico nell
appendicite, p. 705.
H a i s t, O., Zur Frühoperation der Appen¬
dicitis, p. 707.
W a r i n g, H. J., Surgical affections which
simulate appendicitis, p. 707.
Friedrich, Ueber die Häufigkeit und
operative Prognose der Bauchaktinomy-
kose des Menschen, p. 708.
B. Harnblase, untere Harnwege.
Jakobi, S., Eine neue, einfache und
sichere Methode, die Harnleitermündun¬
gen aufzufinden, p. 708.
Delbet, P., Des vices de conformation
congeuitaux de la vessie et de leur
traitement, p. 708.
Faulds, A. G., Some curious bodies
found in the female bladder, p. 709.
M o r a n, Un cas interessant de diverticule
de la vessie, p. 709.
Röchet, Cystalgies des femmes, p. 710.
Schädel, H., Ueber Cystitis typhosa, p. 710.
$ellei, J., Die Behandlung der Cystitis
mit Alkohol, p. 710.
R00sing, Th., Ueber die Bedeutung
der Blasentuberkulose und die Heilbar¬
keit derselben, p. 710.
Guizy, B., Trois cas de tumeurs de la
vessie sans h£maturie, p. 711.
W e i n r i c h, M., Zur Pathologie u. Therapie
der gutartigen Hamblasengeschwülste,
p. 711.
Treplin, Ueber die Resultate der chi¬
rurgischen Behandlung der Blasen¬
tumoren, p. 712.
R o u t i e r, Calcul de la vessie d6velopp£
autour d’une epingle ä cheveux, p. 712.
M e n d € s, P., De la cystotomie sus-pubienne
chez les jeunes enfants, p. 712.
Alglave, P., Eclatement de la face an-
törieure de la vessie par chute sur le
dos d’une hauteur de trois etages. Inter¬
vention. Guärison, p. 713.
Porter, C. R., Intraperitoneal rupture of
the bladder occuring during labour,p-713.
Rouvillon, Incontinence nocturaed’urine
avec polyurie et pollakiurie coincident
avec une double malformation urethrale
(hypospadias balanique et retrecissement
congenital de l’ur&thre dans la portion
bulbaire, p. 713.
M i c h o n, Contusion de l’abdomen. Rup¬
ture intrap£riton6ale de la vessie. La¬
parotomie. Suture vesicale. Guej-ison,
p. 714.
Göll, Retrecissement cicatriciel de Fure-
thre siegant au niveau de la rdgion bul¬
baire, p. 714.
M u r e n, G. M., The conservative treatment
of urethral stricture, p. 714.
Jivy, C. B. F., A case of cocaine poi-
soning, p. 715.
Alexander, S., Observations upon the
cause and treatment of perineal abscess
and of periurethral suppurations above
the triangulär ligament, p. 715.
C. Narkose.
Report of special Chloroform committee,
P . 716.
Don eil, J. H., A case of prolonged
hiccough on two occassions after the
administration of Chloroform, p. 716.
Caminiti, Stato timico e cloronarcosi,
contributo clinico ed istologico, p. 717.
—, R., Stato timico e cloronarcosi, p. 717.
Ruff, Zur Frage des Coma diabeticum
nach operativen Eingriffen, p. 717.
Valvasori, O., L'eteronarcosi nei batn-
bini, p. 717.
III. Bücherbesprechungen.
David, M., Grundriss der orthopädischen
Chirurgie für praktische Aerzte und
Studierende, p. 718.
Okinczyc, J., Contribution ä l’etude du
traitement chirurgical du cancer du colon,
P . 718.
A n d r i k i d i s, Etüde clinique des troubles
morbides attribuables au Trichocephale
de 1’homme, p. 719.
Bechterew, W. v., Die Bedeutung der
Suggestion im sozialen Leben, p. 719.
Um Einsendung von Monographien und Bftehern an den Redakteur Professor
Dr. HERMANN SCHLESINGER, Wien, I, Ebendorferstrasse 10, wird gebeten.
Man bittet, redaktionelle Zuschriften mit dem Adressensusatx „Für die Redaktion des
Centralblattes für die Grenzgebiete“ versehen zu wollen.
Lippert 4 Co. (G. Pätz’sche Buchdr.), Naumburg a. S.
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CENTRALBLATT
fär die
Qrenzgebiete der Medizin u. Chirurgie.
Heratugegeben von
Dr. Hermann Schlesinger,
Prof—er an dar UnirmitM Wim.
Verb* von 6C8TAT FISCHER in Jen«.
L Band.
Jena, 16. Oktober 1907.
Nr. 19.
Das Centralblatt für die Grenzgebiete der Medizin ond Chirurgie erscheint iu
zwanglosen Heften im Umfange von etwa 3 Druckbogen, die zu einem Bande
vereinigt werden, dessen Umfang 60 Druckbogen betragen wird. Das Abonne¬
ment für das Centralblatt kostet 24 Mark für den Band. — Die Abnehmer
der Mittel hingen ans den Grenzgebiete« der Medizin und Chirurgie, herausgegeben
von A. von Biseisberg und B. Naunyn, erhalten das Centralblatt
zum Vorzugspreise von 20 Mark.
L Sammel - Referate.
Die Cystinurie.
Von Dr. Karl Ritter von Hofmann (Wien).
Literatur.
i) Abderhalden, Familiäre Cystiftdiathese. Zeitschr. f. physiol. Chemie 1903,
Bd. XXXVIII, p. 557.
а) Ders. und Samuely, Das Verhalten von Cystin, Cystem und Dileucyl-
■cystin im Organismus des Hundes. Zeitschr. f. physiol. Chemie 1905, Bd. XLVI,
p. 187.
3) Ders. und Schittenhelm, Ausscheidung von Tyrosin und Leucin in einem
Falle von Cystinurie. Zeitschr. f. physiol. Chemie 1905, Bd. XLV, p. 468.
4) Ders., Beitrag zur Kenntnis des in Harnsteinen vorkommenden Cystins.
Zeitschr. f. physiol. Chemie 1907, Bd. LI, p. 391.
5) Albu, Ueber den Umfang der Darmfaulnis. Berliner klin. Wochenschr. 1903.
б) Alsberg und Folin, Protein metabolism in cystinuria. Amer. Journ. of
Physiology 1905, Bd. XIV, p. 54.
7) Bartels, Ein Fall von Cystinurie. Virchow’s Archiv 1863, Bd. XXVI,
p. 419.
8) Bary undBeale, Cystinhaltiger Harn. Arch. ofMed. 1858, Bd. II, p. 134.
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10) Baumann, Ueber die schwefelhaltigen Derivate der Eiweisskörper und
deren Beziehungen zueinander. Zeitschr. f. physiol. Chemie 1895, Bd. XX, p. 583.
11) Ders., Ueber Cystin und Cystem. Zeitschr. f. physiol. Chemie 1883/84,
Bd. vm, p. 299.
ia) Beale, Cystine in the urine successfully treated by large doses of carbo-
aate of ammonia. Lancet, 30. August 1884.
13J Bence Jones, Transact. pathol. soc. 1848/50, Bd. II, p. 237.
14) Benedict, Beitrag zum Vorkommen des Cystins im Harn. Örvosi Hetilap
1897, No. 30 u. 31.
15) v. Bergmann, Die Ueberfiihrung von Cystin in Taurin im tierischen Orga¬
nismus. Hofmeisters Beiträge 1904, Bd. IV.
Ontr.lbl.tt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 46
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722
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träge 1904, Bd. V, p. 1.
17) Bödker, Ptomainer i Urinen und er Cystinurie. Norsk Mag. f. Laegevidensk.
1892, Bd. VII, p. 1220.
z8) Ders., Beitrag zur Kenntnis der Cystinurie. Zeitschr. f. physioL Chemie
1905, Bd. XLV, p. 393.
19) Borissow, Zur Bestimmung des Cystins im Harn. Zeitschr. f. physioL
Chemie 1894, Bd. XVX, p. 511.
20) Bowlby, Transact. of the Path. soc., Bd. XL, p. 182.
21) Brande, Quart Joura. of Scienc., Lit. and Arts. London 1820, Bd. VIII,
p. 71-
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Chemie 1896, Bd. XVI, p. 532.
23) Bretet, Observation sur un cas de cystinurie. Soc. d. Scienc. d. Gannat.
Compt. rend. 1884.
24) Brik, Cystinkonkrement Mitteil. d. Ges. f. inn. Med. Wien, 6. März 1902.
25) Büchner, Buchner’s Repert 1825, Bd. XXI, p. 113.
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Mars 1900.
27) Cammidge und Garrod, On the excretion of diamines in cystinuria.
Joum. of path. anat. and bact 1900, Bd. VI, p. 327.
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Berlin 1840, p. 446.
32} Church, Transact of the Path. soc. 1869, Bd. XX, p. 240.
33) Cohn, Ueber familiäre Cystinurie. Berliner klin. Wochenschr. 1899, p. 503.
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35) Czapek, Ein Fall von Cystinurie. Prager med. Wochenschr. 1888, p. 545.
36) Dagavarian, ßtude sur Indologie et la pathog£nie des calculs urinaires.
Thfcse de Paris 1893.
37) Delepine, On a fermentation causing the Separation of cystin. Joum. of
anat 1896, Bd. XXIV, No. 3.
38) De war und Gamgee, Researches on the Constitution and physiological
relations of cystine. Joura. of anat. and physioL Ser. II, 1870, Bd. VII.
39) De war, Pharm. J. Transact und Joura. of the ehern. Soc. 1873, Bd. XXVI,
P-
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Montreal Med. Joura. 1898, Bd. XXVII,
p- 605.
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1879, Bd. XXIII, p. 138.
43) Ders., Ein Fall von Cystinurie. Arch. f. klin. Med. 1882, Bd. XXX, p. 594.
44) E11 i n g e r, Die Konstitution des Ornithins und Lysins, zugleich ein Beitrag
zur Chemie der Eiweissfäulnis. Zeitschr. f. physioL Chemie 1900, Bd. XXIX.
45) Embden, Ueber den Nachweis von Cystin und Cystein unter den Spal¬
tungsprodukten der Ei weisskörper. Zeitschr. f. physioL Chemie 1901, Bd. XXXII, p. 94.
46) Fabre, Dela cystine, des Sediments, de la gravelle, et des calculscystiques.
Paris 1859 und Joura. d. PhysioL 1859, Bd. II.
47) Fifield, Cystin in urine. Boston Med. and Surg. Joura. 1884, Bd. CXI,
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1881. Brit Med. Joura. 1881, Bd. I, p. 968.
49) Fischer und Suzuki, Zur Kenntnis des Cystins. Zeitschr. f. physioL
Chemie 1905, Bd. XLV, p. 405.
50) Freudenberg, Ueber Drainage der Blase nach dem Steinschnitt, insbe¬
sondere nach dem hohen Steinschnitt Berliner klin. Wochenschr. 1881, No. I.
51) Friedel, Compt rend. d. l'Acad. d. scienc., Bd. LV1, p. 408.
52) Friedmann, Ueber die Konstitution des Eiweisscystins. Hofmeister’s
Beiträge 1902, Bd. II, p. 433.
53) Ders., Beiträge zur Kenntnis der physiologischen Beziehungen der Schwefel*
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haltigen Eiweissabkömmlinge. Erste Mitteilung. Ueber die Konstitution des Cystins.
Hofmeister's Beiträge 1903, Bd. III, p. 6.
54) Gamgee, A case of cystinuria with formation of calculi. Lancet, i6. Fe¬
bruar 1901.
55) Garrod und Hurtley, Concerning cystinuria. Joum. of Physiol. 1906.
Bd. XXXIV, p. 217.
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46*
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724
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(Schluss der Literatur folgt.)
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725
Das CyBtin, dessen chemische Zusammensetzung erst in neuerer
Zeit genauer festgestelit wurde, ist ein Bisulfid der o Amidothio-
milcbsäore, des Cysteins. Schon Th an low 101 ) hatte die richtige
Formel C a N,H ls 0 4 S, aufgestellt, doch wurde dieselbe von Gmelin
in C,H,NSO, geändert. De war und Gamgee 88 ) fassten das
Cystin ab ß - Aminothiobrenztraubensäure auf und schrieben ihm die
Formel CH,(NH,)CS.COOH zn. Nach Banmann 11 ) lautet die
Konstitutionsformel:
Cystein: Cystin:
CH,
I
NH,C—SH
cJoH
CH, • CH,
N^BLCS—ll
H,CS
JH,CS
I I
COOH COOH
nach Brenzinger**):
Cystein
nach Chabrie 29 ):
C,H e NO,—SH
Cystin = cJhJnoJ—1}
CH,
CH,
-S>
'NH, NH,^
COOH COOH
Friedmann 58 ) schliesslich fasst das Cystin als a-Diamino-
/D-Dithiodilaktylaäure auf und gibt ihm die Formel:
Cystein: Cystin:
CH,-SH CH,-S-
ch.
NH,
1
C
ci
NH»
OH
-SCH,
cd-NH,
COOH
COOH
Es wurde zuerst von Wollaston 1SS ) in einem Blasenstein ent*
deckt und beschrieben. Später wurde es künstlich aus Horn,
Haaren usw. dargestellt Während man nun in früherer Zeit, je
nach der Art der Gewinnung (Steincystin und Harn* respektive Pro¬
teincystin) das Bestehen von Unterschieden zwischen den einzelnen
Qystinarten annahm, ist man in der letzten Zeit zur Ueberzeugung ge¬
langt dass alle diese scheinbaren Varietäten identisch sind (Ro-
thera 145 ), Abderhalden 4 ). Interessante, rein chemische Ar¬
beiten, auf welche hier nicht näher eingegangen werden kann, deren
Titel aber im Literaturverzeichnis angeführt sind, stammen unter
anderen von Suter 140 * 150 ), Baum ann 10 * u ), Borissow 19 ),
Fischer nnd Suzuki 49 ), Neuberg und Mayer 105 ' 106 ) usw
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726
Man gewinnt das Cystin durch Auflösen von Harnsteinen in
Kalilauge und Fällen des heissen Filtrates mittels Essigsäure oder
durch Digerieren der gepulverten Substanz mit Ammoniak, ln
letzterem Falle löst sich das Cystin leicht und kristallisiert beim
Verdunsten der Flüssigkeit bei gewöhnlicher Temperatur in schönen,
sechsseitigen, regelmässigen farblosen Tafeln heraus.
Die reichlichste Ausbeute an Cystin erhält man nach Delöpine* 7 ),
wenn man den Harn bei einer Temperatur bis zu 40 0 durch 24 bis
36 Stunden hält, da das Cystin in manchen Harnen in Form einer
Verbindung existiert, welche erst unter dem Einfluss eines Fermen¬
tationsprozesses Cystin liefert.
Das Cystin ist in Wasser, Alkohol, Aether unlöslich; in Aetz-
und kohlensauren Alkalien, mit Ausnahme des kohlensauren Ammons,
in Mineralsäuren und Oxalsäure löst es sich leicht. Aus seiner
alkalischen Lösung wird es durch Essigsäure, aus seiner sauren
durch vorsichtiges Neutralisieren mittels kohlensauren Ammons
ausgefällt.
Das Cystin ist, wie Mauthner 98 ) nachgewiesen hat, optisch
aktiv, und zwar dreht es die Polarisationsebene nach links. Nach
Külz 74 > 78 ) besteht ein wesentlicher Unterschied im Drehungsver¬
mögen, je nachdem man es mit einer sauren oder einer alkalischen
Lösung zu tun hat. Die spezifische Drehung beträgt in salzsaurer
Lösung: —206°, in ammoniakalischer: —142°.
Die meisten Reaktionen zum Nachweise des Cystins beruhen
auf seinem hohen Schwefelgehalt und der Abspaltbarkeit desselben
in Form von Schwefelwasserstoff. Die wichtigsten derselben sind
folgende:
1. Kocht man Cystin mit Kalilauge oder Aetzbaryt, so zersetzt
sich dasselbe unter Bildung von Ammoniak, Schwefelmetall, Pyro-
traubensäure, Kohlensäure und anderen Säuren; setzt man der alka¬
lischen Lösung nach dem Kochen etwas Nitroprussidnatrium zu,
so färbt sich die Lösung infolge Anwesenheit des Schwefelalkalis
schön violett.
2. Versetzt man die Lösung des Cystins in Kalilauge mit einem
Tropfen Bleizuckerlösung und kocht dann, so schwärzt sich die
Flüssigkeit unter Bildung von Schwefelblei.
3. Erhitzt man eine Probe mit Kalilauge auf Silberblech zum
Kochen, so entsteht ein brauner bis schwarzer Fleck von Schwefel¬
silber.
4. Eine der empfindlichsten Reaktionen ist die mikrochemische
von Mauthner 94 ), welche darin besteht, dass man zu einigen
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727
Körnchen Cystins einen Tropfen einer essigsanren Kupferlösung
hinzufügt. Es färbt sich dann das weisse Pulver intensiv blau, wo¬
bei 98 °/ 0 des Cystins in das Kupfersalz übergehen. Untersucht man
nach obiger Behandlung mit dem Mikroskope, so findet man an den
Cystinplättchen unregelmässig geätzte Figuren.
Durch Schütteln von in Natronlauge gelöstem Cystin mit Ben-
zoylchlorid (Goldmann und Baumann* 1 ), Udransky und
Bau mann 16 *)) entsteht ein voluminöser Niederschlag von seiden¬
glänzenden Nadeln, welcher durch das Natronsalz des Dibenzoylcystins
C e H 8 N,S,0 4 (C 7 H s 0) 3 Na, gebildet wird. Dasselbe ist in Wasser
leicht löslich, fast unlöslich in überschüssiger Natronlauge.
Platindoppelsalze bildet das Cystin nach Mauthner 94 ) nicht.
Durch Phosphorwolframsäure wird es aus seinen Lösungen gefällt
(Winter st ein 1#8 )).
Nach Bau mann und Goldmann* 1 ) enthält der normale Urin
Cystin in ganz geringen, quantitativ nicht bestimmbaren Mengen,
während Stadthagen 144 ) der Ansicht ist, dass der Urin von Ge¬
sunden nie Cystin enthält.
Das Cystin wurde auch in anderen Sekreten, so z. B. im Schweiss
(Dewar und Gamgee 88 )), sowie in verschiedenen Organen, wie in
den Nieren (Cloetta 80 )) und der Leber (Drechsel), nachgewiesen.
In einer grossen Anzahl von Arbeiten wird das Cystin vom
chemischen Standpunkt aus besprochen. Auf dieselben kann hier
nicht näher eingegangen werden, doch sind sie im Literaturverzeichnis
angeführt.
Aus den physiologisch chemischen Untersuchungen geht hervor,
dass das Cystin ein intermediäres Produkt des Stoffwechsels dar¬
stellt, welches unter normalen Verhältnissen weiter verbrannt wird.
Sein Schwefel erscheint nach Goldmann* 0 ) bei Hunden zu zwei
Dritteln in Form von Schwefelsäure, während etwa ein Drittel die
Form anderer schwefelhaltiger Produkte annimmt. Wohlgemuth x * 4 )
beobachtete, dass das einem Kaninchen verabreichte Cystin eine
Vermehrung der Schwefelsäure und zwar der Sulphate, sowie eine
erhebliche Steigerung des Gehalts an nicht oxydiertem Schwefel her¬
vorruft. Mit dieser vermehrten Ausfuhr von neutralem Schwefel
geht stets eine Ausscheidung von unterschwefligsauren Salzen ein¬
her. Zu ähnlichen Resultaten gelangen Abderhalden und Sa-
muely *).
Per os eingefuhrtes Cystin geht nach den Versuchen Wohl-
gemuth’s 1 * 4 ) und v. Bergmann’s 16 ), soweit es resorbiert wird,
in Taurin über und erscheint als solches in der Galle.
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723
Weitere diesbezügliche Versuche stammen von Blum 16 ), welcher
nachwies, dass beim Hunde das Cystin nach Einführung per os
ebensowenig wie nach subkutaner Applikation im Urin erscheint.
Bei Injektion in periphere Venen fand sich Cystin im Harn, nicht
aber bei Injektion in die Mesenterialvenen. Es wird also offenbar
das Cystin im Leberkreislauf zerstört, obgleich es nicht gelang, eine
cystinzerstörende Wirkung der Lebersubstanz (Leberbrei) nachzu¬
weisen.
Auffallend ist bei Cystinurikern, dass gewisse Körper, welche
sonst im Organismus vollständig verbrannt werden, bei ihnen im
Ham wieder erscheinen. Ebenso addiert sich nach Loewy und
Neuberg 86 ) das eingeführte Proteincystin zur täglichen Cystinaus¬
scheidung, während das isomere Steincystin verschwindet.
Nach Rothera 186 ) hingegen, welcher den neueren Ansichten
entsprechend die verschiedenen Formen des Cystins für identisch hält,
wird sowohl Harncystin als auch Steincystin bei innerer Darreichung
vollständig zu Sulphat oxydiert und erscheint als solches im Ham.
Simon 1S8 ) war nach Einführung von 4—5 g Tyrosins nicht imstande,
diese Substanz im Harne des betreffenden Cystinurikers innerhalb
der nächsten 36 Stunden nacbzuweisen.
Simon und Campbell 187 ) gelangen auf Grund ihrer Unter¬
suchungen zu folgenden Schlüssen:
1. Beim Menschen führt die interne Administration von Cystin
nicht zu Vermehrung der Ausscheidung von Neutralschwefel, sondern
53 °/ 0 erscheinen in der vollständig oxydierten Form.
2. Ein Teil des eingeführten Cystins wird anderweitig eliminiert.
3. Die Einführung von Cholalsäure bewirkt an und für sich
eine Abnahme in der Menge des Harnschwefels, welche besonders
den Neutralschwefel betrifft.
4. Die Einführung von Cholalsäure verhindert die Oxydation
eines grossen Teiles des eingeführten Cystins zu Haraschwefel.
Die Cystinausscheidung betrug in Niemann’s Falle 1,0 g in
24 Stunden. Toel bestimmte sie auf 1,33 g im gleichen Zeiträume.
Bödker 18 ) fällte durch Essigsäure aus 2 1 Harn 0,606 g fast ganz
reinen Cystins.
Eine nicht seltene Erscheinung bei Cystinurie ist das gleich¬
zeitige Vorkommen anderer abnormer Stoffe im Urin, und zwar
besonders von Leucin und Tyrosin. (Abderhalden und Schitten-
heim 8 ), Moreigne 100 )).
Udransky und Baumann 186 ) gelang es im Jahre 1887,
im Harn und Stuhl eines Cystinkranken Diamine, und zwar Ka-
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— 729
daverin und Putreszin, nachzuweisen. Sie schlossen daraus auf
eine gemeinsame Ursache für die Cystinurie und die Diamin»
urie. Das Vorkommen von Diaminen bei Cystinurie wurde von
verschiedenen Autoren, wie Lewis und Simon 81 ), Simon 186 ),
Bödker 17 ), Cammidge und Garrod 37 ), Schöllberg und
Garrod 181 ), Cohn 88 ), Pfeiffer 118 ), Brik und Strasser 34 ) be¬
stätigt. Eine regelmässige Erscheinung stellt es aber nicht dar, denn
in zahlreichen anderen Fällen (Cohn 88 ), Bödker 18 ), Simon 186 ))
konnten diese Körper nicht nachgewiesen werden. Andererseits
konnten C%mmidge und Garrod 37 ) sowie Schöllberg und
Garrod 181 ) die Tatsache konstatieren, dass sich im Urin zeitweilig
Ptomaine fanden, während sie zu gewissen Zeiten vollständig fehlten
oder auch dauernd verschwanden. Die ersteren fanden bei ihren
Patienten unter 30 Untersuchungen nur 2mal, die letzteren unter
10 Untersuchungen ebenfalls 2 mal Ptomaine. Auch in Bödker’s 18 )
erstem Falle verschwanden die Ptomaine im Laufe von 2 Monaten
allmählich aus dem Urin, während Cystin immer noch nachweis¬
bar war.
Man gewinnt die Ptomaine durch Schütteln mit Benzoylchlorid
und Natronlauge und nachfolgende fraktionierte Kristallisation.
Ueber die Ursachen der Cystinurie sind die Ansichten noch
geteilt Während ältere Autoren glauben, dass die Bildung des
Cystins durch Fäulnisprozesse (Baumann 10 )) hervorgerufen werde,
fassen sie Stadthagen 144 ) und Brieger 146 ) als eine Darmmykose
auf, was darum eine gewisse Berechtigung hat, da einerseits bei ver¬
schiedenen Infektionskrankheiten, z. B. Cholera nostras (Roos 134 )),
Diamine im Harn gefunden wurden und es andererseits bekannt ist,
dass diese Körper, welche normalerweise im Organismus verbrannt
werden, bei Cystinurie erhalten bleiben können. Für einen Zu¬
sammenhang der Bildung von Cystin mit mykotischen Prozessen
spräche auch die Beobachtung Causse’s 38 ), welcher in infizierten
Brunnenwässern Cystin nachweisen konnte, dessen Menge im direkten
Verhältnis zur Menge der Bakterien stand.
In neuester Zeit ist man der Ansicht, dass die Cystinurie auf
gestörter Oxydation beruhe. Nach Simon 186 ) ist die Diaminurie
weder die Ursache, noch die Folge der Cystinurie, sondern beide
sind Symptome, welche auf allgemeine Störungen des Stoffwechsels,
speziell mangelhafte Oxydation, hinweisen. Zu ähnlichen Folgerungen
gelangt Bödker 18 ). Nach Moreigne 10 °) besteht die Cystinurie
in einer Verlangsamung der Ernährung, Verkleinerung des Stickstoff¬
koeffizienten, Verminderung des sauren, Vermehrung des neutralen,
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730
Gleich bleiben des Gesamtschwefels, Vermehrung der Extraktivstoffe,
Auftreten von Diaminen.
Picchini und Conti 116 ) kommen zum Schlüsse, dass für die
Pathogenese der Cystinurie durch ihren Fall am ehesten die Theorie
einer Stoffwechselstorung sich Btützen lässt und also die Cystinurie
in Vergleich mit der Oxalurie, Urikämie usw. zu setzen sei.
Ausserdem wäre in ätiologischer Hinsicht noch zu bemerken,
dass ein Zusammenhang zwischen Cystinurie und Rheumatismus,
besonders Gelenksrheumatismus zu bestehen scheint. Salisbury 1 **)
unterscheidet sogar eine Cystinform des Rheumatismus, welche der
Oxalsäureform ähnlich, aber chronischer und mit mehr subjektiven
Beschwerden verbunden sein soll. Derartige Fälle, bei denen die
Koinzidenz von Cystinurie und Rheumatismus besonders auffällig
ist, sind von Warburg 168 ), Ebstein 4 *), Matrai 9 *), Picchini
und Conti 115 ), Wasserthal 169 ), Marriot und Wolf 91 ) be¬
schrieben worden.
Marowski 90 ) nimmt einen Zusammenhang zwischen Cystinurie
und Erkrankungen der Leber an, da in seinem Falle die Cystinurie
mit Acholie verlief und in der Familie des Patienten mehrere Mit¬
glieder an Leberkrankheiten litten.
Ebstein 48 ) beschreibt einen Fall von Cystinurie bei einem
Luetiker, bei dem das Cystin während einer Einreibungskur ver¬
schwand. (Schlau folgt)
n. Referate.
A. Tetanus.
Contribution k l’ätude du tätanos dit mädical ou spontan^. Von
Vincent. Bulletin de l’Acadömie de Mädecine. 70. &nn6e, No. 1.
Durch einen foudroyant verlaufenden Fall von Tetanus bei einem
Manne, der wenige Tage vorher nach einem anstrengenden Marsche in
glühendster Sonnenhitze Zeichen des Sonnenstichs gezeigt hatte und bei
dem von einer Wunde als Einbruchspforte der Bazillen nichts mehr
nachzuweisen war, wurde Verf. darauf gebracht, den Einfluss der Wärme
auf den Verlauf des Tetanus zu studieren. Es wurden Meerschweinchen
mit einer sonst unschädlichen Menge von Bazillen geimpft; die eine
Hälfte der Tiere wurde in den Wärmekasten gebracht und ging nach
wenigen Tagen zugrunde, während die andere Hälfte gesund blieb; auch
wenn die Erwärmung erst mehrere Wochen nach der Infektion erfolgte,
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trat etwa 3 Tage nach dem Versuche die Erkrankung auf; dabei zeigte
sich auch, dass bei diesen Tieren die Bazillen nicht allein an der Ein¬
bruchspforte, wie dies sonst regelmässig der Fall ist, lokalisiert blieben,
sondern auch im Blute und in den Organen nachgewiesen werden konnten.
Den Orund dafür sucht Verf. in dem in einer zweiten Versuchsreihe
nachgewiesenen massenhaften Zugrundegehen von Leukocyten bei hoher
Erwärmung, insbesondere der phagocytischen Formen. — Dieser die In¬
fektion begünstigende Einfluss hoher Temperaturen scheint auch beim
Menschen zu bestehen, was, wie Verf. meint, auch in dem so viel
häufigeren Vorkommen des Tetanus in heissen Gegenden zum Ausdrucke
kommt; auch für andere Krankheiten, z. B. für Typhus, soll in ge¬
wissem Grade vielleicht dasselbe gelten.
H. Fr. Grünwald (Wien).
Beitrag zur Tetanusfrage, besonders zur Frage der präventiven
Antitoxinbehandlung. Von M. Busch. Arch. f. klin. Chir. 82. Bd.
1. Heft.
Nach den Erfahrungen des Verfassers hat die Antitoxinbehandlung
bei schwereren Fällen von bereits ausgebrochenem Tetanus keinen wesent¬
lichen Nutzen gebracht. Die prophylaktische Antitoxinbehandlung wird
insbesondere bei grossen, mit Strassenschmutz verunreinigten, stark ge¬
quetschten Wunden, bei Verunreinigungen mit Gartenerde, bei Schuss¬
verletzungen mit gewissen vom Verf. angeführten Geschossen sowie bei
Frostgangrän empfohlen, hingegen wird die von einigen Autoren für alle
Fälle von accidenteller Verletzung geforderte Immunisierung verworfen.
Victor Bunzl (Wien).
Zur Starrkrampfserumbehandlung. Von Riedl. Wien. klin. Wochen¬
schrift, 19. Jahrg., No. 9.
Es handelte sich um einen 31 jährigen Mann, der sich durch einen
Sprengschuss eine komplizierte Fraktur des linken Radius zugezogen
hatte. 17 Tage nach dieser Verletzung traten Anzeichen von Krämpfen
auf, die in 3 Tagen das typische Bild des Tetanus boten. Chloral-
hydrat hatte keinen Erfolg. Am nächsten und an den folgenden 4 Tagen
wurde Tetanusserum injiziert, ohne dass sich eine erhebliche Besserung
zeigte, als jedoch am 5. die Injektion unterblieb, trat eine erhebliche
Verschlimmerung ein. Als Ursache fand man einen Abscess am kleinen
Finger. Energische Verschorfung und erneute Injektion brachten am
folgenden Tage eine geringe Besserung, die unter weiterer Serumbehand¬
lung so erheblich zunahm, dass Patient nach 10 Tagen als geheilt ent¬
lassen werden konnte. Verf. glaubt, einen unbedingten Zusammenhang
zwischen Besserung und Heilung durch die Antitoxin inj ektionen konsta¬
tiert zu haben, zumal keine anderen Heilmittel angewandt wurden.
Wiemer (Aachen).
Lokale subkutane und subdurale Serumapplikation bei Tetanus,
nebst Bemerkungen über die Tetanusprophylaxe. Von A. Suter,
v. Bruns’ Beitr. z. klin. Chir. Bd. LH. 3.
An der Innsbrucker Klinik besteht folgende Behandlungsmethode
des Tetanus: Jeder Fall wird sofort subkutan, subdural und lokal mit
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Serum behandelt. Subkutan werden 100 A. E., subdural durch Lumbal¬
punktion 20 A. E. injiziert, auf die nach aussen breit geöffnete Wunde
oder auf eine eventuelle Amputationswunde wird ein Tampon gelegt,
der mit flüssigem Antitoxin getränkt ist und mit Billroth-Battist bedeckt
wird. Dieser Tampon wird täglich erneuert, die subkutanen Injek¬
tionen werden täglich, die subduralen alle 2 Tage wiederholt, bis eine
Besserung im Befinden eintrit. Dann werden zuerst die unangenehmen
subduralen Injektionen auf 40, dann auf 20 A. E. vermindert und alle
2, dann alle 3 Tage wiederholt. Verdächtige Wunden werden mit
Perubalsam ausgegossen, wodurch man eine septische Infektion, aber
keinen Tetanus hintanhalten kann. Neben der Möglichkeit, neue Gift¬
zufuhr zu verhindern und das zirkulierende Gift zu neutralisieren, ist es
für einen Erfolg sehr wichtig, dass die bei Beginn der Serumtherapie
im Nervensystem bereits gebundene Giftmenge die tödliche Dosis noch
nicht erreicht hat. Das lokal angewandte Serum wirkt nur auf das
Toxin, tötet aber die Tetanusbazillen in der Wunde nicht. Einmal
wurden in einer kleinen Wunde nach Verschwinden aller Symptome
noch virulente Tetanusbazillen gefunden. Das Serum kann verabreicht
werden: 1. ins Blut oder Lymphsystem: subkutan, intravenös; 2. ins
Nervensystem oder in dessen Nähe: intracerebral in die Ventrikel, unter
die Hirndura, eubdural in den Wirbelkanal, epidural, endoneural, 3. lokal.
Bei den intravenösen Injektionen wirkt das Serum bisweilen toxisch.
Die intracerebrale Einverleibung ist gefährlich und hat recht schlechte
Besultate geliefert. Es ist zu empfehlen, alle 3 Methoden zugleich an¬
zuwenden, da keine eine grössere Wirksamkeit vor der anderen voraus
hat. Man soll grosse Dosen wiederholt verabreichen, da Schädigungen
durch zu grosse Mengen nicht beobachtet wurden. Narcotica werden in
grösseren Dosen als gewöhnlich vertragen, doch kann ein Ubermass auch
schaden; gut wirken symptomatisch Chloral und Morphium. Amputieren
soll man nur bei schweren Verletzungen grosser Gliedmassen oder wenn
kleine Gliedmassen getroffen sind, da die Amputation, auch frühzeitig
ausgeführt, allein nicht helfen kann. Auch die prophylaktische Serum¬
anwendung schützt nicht sicher vor einer Erkrankung, trotzdem soll
man bei Verdacht auf Tetanusinfektion mehrere Injektionen von 20 A. E.
machen, da eine Schädigung durch prophylaktische Einverleibung nicht
beobachtet wurde. Klink (Berlin).
Beiträge zur Kenntnis der therapeutischen Resultate, speziell der
Resultate der Serumtherapie bei Tetanus. Von E. Fricker.
Deutsche Zeitschr. f. Chir., Bd. LXXXVffl.
Wie aus der Statistik der vom Verf. berücksichtigten 40 Fälle von
Tetanus hervorgeht, weist die II. Serie der Fälle, das sind die mit
Serum behandelten, günstigere Resultate, auf; doch wird vom Verf. selbst
zugegeben, dass in dieser Serie mehr leichte Fälle enthalten sind als in
der ersten und dass auch die Lokaltherapie hier radikaler und zielbe¬
wusster geübt wurde. Nichtsdestoweniger spricht sich Verf. für die
Antitoxinbehandlung aus, die ihm in solchen Fällen von Erfolg begleitet
schien, wo das infektiöse Material durch Lokaloperationen entfernt
worden war; die Narkotika jedoch können keinesfalls durch die Serum¬
injektionen ersetzt werden. Ausser der Inkubationszeit und Stärke der
Infektion ist eine individuelle Disposition zur schnelleren Bindung des
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Toxins an das Rückenmark anzunehmen. Bei kurzer Inkubationszeit
tritt der Exitus oft viel später ein als bei Fällen mit längerer Inku¬
bation ; besonders ungünstig für die Prognose sind stärkere Schling¬
beschwerden. Ferner stellt der Verf. fest, dass eine Wanderung der
Tetanusbazillen von der Wunde in die regionären Lymphdrüsen nicht
selten beobachtet wird. Victor Bunzl (Wien).
Experimentelle Untersuchungen über die Möglichkeit, den Tetanus
mit Kurarin zu behandeln. Von A. Läwen. Mitteilungen aus
den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie. 16 Bd., 1906.
Es gelang Verf. bei kleinen Tieren in der O-Atmosphäre, bei
grösseren unter künstlicher Atmung, durch maximale Kurarinlähmung
die durch Tetanustoxin erzeugte tonische Muskelstarre und reflektorische
Krämpfe ganz oder teilweise auf Stunden aufzuheben. Bei schwerstem
Tetanus weicht die Muskelstarre nicht ganz. Auch durch wiederholte
Kurarinlähmungen liess sich ein sonst akut tödlicher Tetanus nicht in
die chronische, heilungsfähige Form überführen. Mit Tetanustoxin ver¬
giftete Tiere waren gegen Kurarm empfindlicher als gesunde. Nach
Ansicht des Verf. sollen sich aus derartigen Untersuchungsergebnissen
gewisse allgemeine Direktiven für den Menschen gewinnen lassen.
Raubitschek (Wien).
B. Thyreoidea.
Klinische Studien über die Strumektomie an der Hand von 670
Kropfoperationen. Von Monnier. v. Bruns* Beitr. z. klin. Chir.
1907, LIV, 1.
Mit der besseren Beherrschung der Asepsis und mit der Anwendung
der Lokalanästhesie ist die Sterblichkeit nach Kropf Operationen bedeutend
zurückgegangen. Die vorliegenden 670 Strumektomien sind von Krön¬
lein ausgeführt und betreffen alle Formen mit Ausschluss der malignen,
des Morbus Basedowii und der Strumitis. Die weit grössere Mehrzahl
waren Frauen; Menstruation und Gravidität spielen wohl eine grosse
Bolle. Die meisten Kranken standen im dritten Lebensjahrzehnt. Auf¬
fallend war die Gleichgültigkeit, mit der oft die schwersten Anzeichen
von Trachealstenose ertragen wurden. Auch schon im ersten bis zehnten
Lebensjahr kam die Kropfkrankheit recht häufig vor. Ueber Heredität
liees sich nichts Genaues feststellen. Die häufigste Indikation zur Opera¬
tion waren die Atembeschwerden, die in kaum 10 Fällen fehlten. Aus
kosmetischen Gründen wurde nie operiert, Katarrhe der Luftwege be¬
standen sehr oft; Herz Veränderungen fanden sich bei 170 Kranken.
Die Herztätigkeit hat auf die Operationsresultate grossen Einfluss.
Lungentuberkulose war keine Kontraindikation der Operation. Die
Trachea bot nur in 6°/ 0 der Fälle eine normale Gestalt. Sonst fanden
sich Verschiebung, Torquierung, Kompression und Verwachsung mit der
Struma. Paresen und Paralysen des N. recurrens bestanden in 10°/ 0 ;
man muss sie namentlich zur Bestimmung der befallenen Seite und tief
gelegener Strumen kennen. Zur Diagnose des Lappens, der den Druck
ausübt, ist am besten die direkte Tracheoskopie nach Kilian oder auch
•die Radiographie zu verwenden. Eine ganz erweichte Trachea im Sinne
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Rose’s fand sich nie. Oft bestanden Schluckbeschwerden; sonstige Be¬
schwerden waren Herzklopfen mit Schwindelanfällen und Heiserkeit.
Histologisch war die häufigste Form von Struma die parenchymatöse,
seltener die cystische und noch viel seltener die colloide. 17 mal musste
wegen typischer Erstickungsanfälle tracheotomiert werden; 5 Fälle
starben nach der Operation. In fast allen Fällen reichte der anatomische
Befund zur Erklärung der Erstickungsanfälle aus. Am schlimmsten
wirken in dieser Sichtung durch ihre Grösse die retrosternalen Strumen
und durch ihre Lage die retroclaviculären und retrovisceralen. Viel
weniger Einfluss hat die Lähmung eines Recurrens. Substemale Strumen
fanden sich 114 mal, darunter 17 völlig intrathoracische; sie standen
alle mit einem Seitenlappen oder dem Isthmus in Verbindung. Am
Hals braucht dabei kaum eine Deformität zu bestehen. Auch das Bild
des Stauungskropfes fand sich oft, wobei eine auffallende Erweiterung
der Venen des Kropfes und der Umgebung, namentlich der oberen Brust¬
wand, besteht. Der sympathiko-paralytische Horner’sche Symptomen-
komplex wurde 5 mal beobachtet. Die intrathoracische und intraviscerale
Struma kann an der wachsenden Wirbelsäule direkt durch Druck eine
Skoliose verursachen oder auch sekundär, indem sie eine schiefe Kopf¬
haltung bedingt. Diagnostisch sind ferner für die Struma profunda
wichtig: starke Venenstauung an Brust und Armen, sehr starke Dyspnoe
bei anscheinend kleiner Struma, starke Verschiebung der Trachea, Fixa¬
tion der Trachea und Tiefstand des Kehlkopfes, Rekurrenslähmung oder
-Parese, Sympathicuslähmung mit Zurücksinken des Bulbus und enger
Pupille sowie Ptosis, Nachweis des Tumors durch Röntgenstrahlen. Die
Auslösung der endothoracischen Struma kann sehr schwierig sein. Ein
einseitiger Lappen kann die Trachea und den Oesophagus hinten herum bis
weit auf die andere Seite umfassen. Die retro visceralen, besonders die
retrotrachealen, machen fast immer grosse Beschwerden, namentlich beim
Schlucken. Im allgemeinen ist die einseitige Resektion der Struma am
meisten zu empfehlen, weil die Blutung sich besser beherrschen lässt,
Nachblutungen und Recidive seltener sind, die Wundverhältnisse besser
sind. Die Enucleation ist nur zu empfehlen, wenn eine Cyste eine
leichte Ausschälung erwarten lässt, wenn die ganze Schilddritee ohne
Differenzierung der beiden Lappen strumös entartet ist oder wo ein
cystischer oder colloider Knoten zu erwarten ist, sowie bei starken
Verwachsungen der Struma. Die Enucleation gefährdet den Recurrens
weniger und kann in geeigneten Fällen sehr leicht sein. Resektion und
Enucleation lassen sich auch vorteilhaft vereinigen. Nach der Operation
stellt sich bisweilen eine vorübergehende Temperatursteigerung ein, die
auf den Ausfall und die Resorption von Drüsensubstanz jedenfalls
zurückzuführen ist. Die Gesamtmortalität nach der Operation betrug
1,6 °/ 0 . Nekrose von Strumateilen kam trotz der häufigen Maasenligaturen
nur einmal vor. Die schon vor der Operation bestehenden Katarrhe
der Luftwege neigen nach der Operation natürlich zur Verschlimmerung.
Der Einfluss der Strumektomie auf das Herz ist gross und äussert sich
namentlich in Arhythmie, Tachycardie und Herzklopfen. Tetanie trat
2 mal ein, einmal ganz vorübergehend und leicht und 1 mal nach
8 Monaten zum Exitus führend, bei einer Gravida 9 Tage nach der
Operation und 8 Tage nach dem Partus, obwohl ein apfelgrosser Schild¬
drüsenknoten zurückgelassen ,war. Der Ausbruch der Tetanie ist nach
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neueren Forschungen wohl auf eine Verletzung oder Entfernung der
Glandulae parathyreoideae oder Epithelkörperchen zurückzuführen; diese
sind kleine Organe, gewöhnlich 4, hinter und neben der Struma gelegen,
die durch Abschnürung im Bereich der 2., 3. und 4. Kiementasche
entstehen und von Zellsträngen in kapillarreichen Maschen gebildet sind.
Sie müssen bei der Operation geschont werden. Die Tracheotomie
lässt sich bei Strumaoperationen gewöhnlich umgehen. Auch bei Gra¬
viden wurde oft operiert, um eine lebensgefährliche Dyspnoe zu be¬
seitigen und um eine zu starker Vergrösserung neigende Struma zu
entfernen. Die Tracheotomie kann bei Graviden sehr schwierig sein
und sollte deshalb nur ausgeführt werden, um einen Erstickungstod zu
verhüten. — Von 125 Nachuntersuchten zeigten 105 ganz freie Atmung,
3 schwere Atembeschwerden, 17 leichte infolge neuen Strumenwachstums.
Bei den Kröpfen, die eine grosse Neigung zum Wachstum haben, z. B.
bei den blutreichen colloiden und parenchymatösen, hatte sich der zu¬
rückgelassene Lappen regelmässig vergrössert; eine Atrophie des zurück¬
gelassenen Teils zeigte sich nie. Unter den 670 Operierten waren nur
71 mit ganz oder annähernd normal liegender Trachea. Nach der
Operation waren 6 Lähmungen und 7 Paresen des Becurrens eingetreten,
eine bestehende Lähmung und 3 Paresen waren durch die Operation
beseitigt worden. Der Einfluss der Operation auf das Allgemeinbefinden
der Kranken war gut. Die Narben waren meistens gut. Cachexia
strumipriva wurde nicht beobachtet. Klink (Berlin).
Mit Möbiug’schem Serum behandelter und wesentlich gebesserter
Fall von Morbus Basedowi. Von M. Vermes (Budapest). Gyö-
gyäszat, 1906, No. 97.
Die Behandlung des Morbus Basedowi beschränkte sich bis auf die
neueste Zeit auf symptomatische Behandlung. Die meisten der gegen ihn
empfohlenen Mittel, wie Jod, Arsen, Eisen, waren auf den Verlauf der
Krankheit eher von Nachteil als von Vorteil und bloss die Hydrothe¬
rapie sowie der vom Prof. Stiller empfohlene, längere Aufenthalt auf
mittelhohen (1000 m) Bergen vermochten in einer Anzahl der Fälle ein
günstiges Besultat zu erzielen. Eine neue Perspektive für die Therapie
dieser Eirankheit eröffnet© die Theorie von Lanz, Burghardt,
Möbius etc., dass die Ursache der Eirankheit in der pathologischen
Hypersekretion der Schilddrüse liegt, die zur Intoxikation des Organis¬
mus führt. Die Therapie wurde auf Grund dieser Theorie in zwei
Bichtungen eingeleitet. Da die Ursache der Krankheit in der patho¬
logisch veränderten Schilddrüse liegt, vollführen einzelne, wie Kocher,
die partielle oder totale Strumektomie. Kocher selbst aber, der diese
Operation bereits in 3000 Fällen ausführte und bei Morbus Basedowi
entschiedenen Erfolg von ihr sah, betont die Gefährlichkeit der Operation
und empfiehlt, sie nur in Ausnahmsfällen auszuführen. Ausser dem
operativen Eingriff kann die Röntgenbehandlung der Struma als ein
solches Verfahren bezeichnet werden, welches als lokale Behandlungs¬
methode von einzelnen Autoren als günstig angesehen wird (Lanz,
Möbius etc.). Daraus folgernd, dass der der Schilddrüse beraubte
Organismus eine Schutzsubstanz besitzt, die zur Neutralisierung der bei
Norbus Basedowi entstandenen toxischen Substanzen geeignet ist, wendete
man die Milch strumektomierter Ziegen, beziehungsweise das Produkt
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dieser Milch, das Rodagen, sowie das Serum strumektomierter Hammel
zur Bekämpfung der Krankheit an.
Verf. teilt einen Fall mit, den er ebenfalls mit solchem Möbius’schen
Serum behandelte. Bei der 53 jähr. Patientin, die seit 2 Jahren an
Morbus Basedowi litt, wurden Höhenklima sowie Rodagen ohne Erfolg
angewendet. Die Röntgenbehandlung erzielte nach 15 Expositionen zu
je 15 Minuten eine entschiedene Besserung, die Struma verkleinerte
sich um 2 cm. Infolge der aufgetretenen Dermatitis mussten aber die
Expositionen eingestellt werden, wonach sich der Zustand der Patientin
rapid verschlimmerte. Hier setzte nun Verf. mit dem Möbius’schen
Serum ein, von dem Pat. täglich 3 mal je 10 Tropfen bekam, jeden 3.
Tag um je 5 Tropfen mehr bis zu 30 Tropfen. Vom 14. Tag ab be¬
kam sie jeden 3. Tag um je 5 Tropfen weniger, bis sie wieder bis zur
geringsten Tagesdosis kam. Der erzielte Erfolg war in jeder Hinsicht
zufriedenstellend. Die Symptome gingen teils zurück, teils besserten sie
sich; das Körpergewicht nahm zu, die Gemütsstimmung war gut, der
Puls, vor der Serumbehandlung 140, nach derselben ständig 80, die
Struma wurde um 2 1 / 2 cm kleiner, Schweisssekretion und Zittern der
Finger sind beinahe vollkommen verschwunden.
J. Honig (Budapest).
Über wahre laterale Nebenkröpfe; pathoL-anatom. und klinische
Beiträge. Von Erwin Payr und Aldo Martina. Deutsche
Zeitschr. f. Chir. 85. Bd.
Drei Fälle von wahren, lateralen, isolierten Nebenkröpfen, von
denen einer nach richtiger Diagnose, die anderen als Symptom bzw.
Parotistumor zur Operation gelangten. Die Diagnose, besonders der
lateralen, gestaltet sich sehr schwierig, hingewiesen wird auf die Beobach¬
tung sprungweisen Wachstums der Knoten zur Zeit der Menstruation.
Victor Bunzl (Wien).
Tetanie-Fälle. Von A. Ferenczi (Budapest). Budapesti Orvosi Ujsag,
1906, No. 28.
Die Tetanie tritt bald in Form von Endemien, bald in Form von
Epidemien auf und zeigt eine Kumulierung bei gewissen Beschäftigungs¬
arten (besonders bei Schustern), und zwar in gewissen Jahreszeiten
(Nachwinter, Frühling). Des Verfassers Beobachtungen bezogen sich auf
Kranke, die sich alle mit organischen Substanzen beschäftigten: eine
war Fabriksarbeiterin, die andere Mühlenarbeiterin, zwei waren Frauen
von Riemenschneidern, zwei waren Lederfabriksarbeiter. Auffallend ist,
dass alle im Monat Novbr., Dezbr. und Januar erkrankten. Vom Stand¬
punkt des pathogenetischen Problems ist es interessant zu bemerken, dass
in drei Fällen von Tetanie, wo sich dieselbe der Maternität (Gravidität
oder Laktation) anschloss, auch die Gland. thyr. degeneriert war; diesen
Umstand einem Zufall zuzuschreiben, ist Verf. nicht geneigt, sondern
hält es für wahrscheinlich, dass die Gland. thyr. eben der Maternität
halber den gesteigerten Forderungen nicht zu entsprechen imstande ist
Den Schilddrüsensaft - Bedarf des intrauterinen Fötus sowie des Säug¬
lings besorgt die Mutter während der Schwangerschaft durch das Blut
und während der Laktation durch die Milch. Hierfür spricht die phy-
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Biologische Hypertrophie der Schilddrüse während der Gravidität und
Laktation. Ist aber die Schilddrüse degeneriert, so kann sie den ge¬
steigerten Bedürfnissen nicht entsprechen und kann die Autotoxine des
Organismus nicht neutralisieren, wodurch dann die Tetanie entsteht.
Verf. glaubt, sämtliche Gravidit&ts- und Laktationstetanie-Fälle auf thy¬
reogene Insuffizienz zurückführen zu dürfen. Das endemische Auftreten
der Tetanie lässt ausserdem das Zusammenwirken eines infektiösen Virus
als wahrscheinlich erscheinen, doch beweist es dasselbe keineswegs. Auch
bezüglich des Trousseau-Symptomes erreichte Verf. einen interessanten
Aufschluss, da bei einem Pat. nicht nur das Zusammendrücken der
Nerven oder der grossen Gefässe dasselbe hervorrief, sondern die durch
einfaches Handerheben verursachte Anämisierung den Handkrampf mit
der typischen „Geburtshelfer w -Handhaltung verursachte; bei zwei anderen
Patienten wurde das Symptom auch eher durch Esmarch’sche Binde ab
durch Druck auf den Nerven hervorgerufen. Infolgedessen spielen höchst¬
wahrscheinlich auch bei spontanem Auftreten der Krämpfe vasomotorisch-
trophische Störungen eine Rolle, während der rein reflektorische Ursprung
des Trousseau-Symptomes hierdurch ausgeschlossen werden kann.
Bezüglich der Therapie muss individualisiert werden. Bei Magen-Darm-
symptomen müssen diese behandelt werden, bei strumitischen Fällen
müssen Thyreoidin-Tabletten verordnet werden. Die Laktation muss
eingestellt und neue Schwangerschaft verhütet werden. Ausserdem
sind die einzelnen Symptome (Kopfschmerzen, Schmerzen etc.) zu be¬
handeln. Endlich betont Verf., dass während der Tetanie-Epidemien in
den Monaten März und April sich die Fälle häufen.
J. Hönig (Budapest).
C. Darm.
Ein Fall von Dünndarmvolvulus mit einem Meckel’schen Divertikel
nebst einigen Worten über „subacuten Heus“ und über Gastro¬
stomie bei Dftnndarmparalyse. Klinischer Vortrag von K. G.
Lennander in Upsala. Deutsche Zeitschr. f. Chir., Bd. LXXXVT,
1. Heft.
Ein Patient, der vor ca. x / a Jahre eine als Appendicitis gedeutete
Erkrankung durchgemacht hatte, erkrankt neuerdings unter folgenden
Symptomen: Schmerz in der Cökalgegend, Ueblichkeiten, Abdomen auf-
getrieben, rechts unten vom Nabel Resistenz und Druckempfindlichkeit.
Der Schmerz verbreitert sich später nach links und oben, Stuhl und
Gase gehen nicht ab, Temperatur subfebril. Bei der 2 Tage nach der
Erkrankung erfolgten Aufnahme wird festgestellt: Temp. 38, Puls 82,
geringe Schmerzen, keine Ueblichkeiten, Auftreibung des Abdomens,
tympani tisch er Schall, starke Druckempfindlichkeit über dem ganzen
Dünndarmbezirk, keine Resistenz, keine sichtbare Peristaltik. Die Wahr¬
scheinlichkeitsdiagnose Volvulus des Dünndarms, wobei an die Mitbe¬
teiligung eines M ecke lachen Divertikels gedacht wurde, wurde durch
den Operationsbefund (entzündetes MeckeFaches Divertikel, mit der
vorderen Bauchwand verwachsen, Umdrehung des Dünndarms um etwa
360°, freie hämorrhagische seropurulente Peritonitis) bestätigt. Opera¬
tion: Exstirpation des Divertikels. Nach Reposition des Dünndarmes
Centralblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 47
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wird je eine Fistel am Jejunum, am Heum oral vom Divertikel sowie
am Coecum angelegt. Durch die untere Dünndarmfistel entleerte sich
am folgenden Tage reichlich Darminhalt, woraus das Bewegungsvermögen
dieses Darmabschnittes erkannt wurde. Die Funktion des Dickdarmes
manifestierte sich durch analen Abgang von Fäces, hingegen war die Darm¬
partie oberhalb der oberen Fistel nicht in Tätigkeit, weshalb 2 Tage
nach der Operation eine Gastrostomie vorgenommen wurde. Nach aber*
mals 48 Stunden erfolgte der Exitus durch Sterkorämie, vorher aber
schon war durch die Magenfistel nichts mehr abgelaufen, ein Beweis,
dass der Magen, das Duodenum und Jejunum ihre Funktionsfähigkeit
wiedergewonnen hatten. Der Fall, der vom Yerf. noch im Detail genau
erörtert wird, führt ihn u. a. zu folgenden Feststellungen:
1. Magen und Darm, die bis zu einem gewissen Grad der Dehnung
kommen, können sich erst nach ihrer Entleerung wieder kontrahieren.
2. Die in solchem Masse gedehnten Därme gleichen bei der Lapa¬
rotomie im Aussehen gelähmtem Darm, auch ohne es zu sein.
3. Gelähmter Darm kontrahiert sich auch nach seiner Entleerung
nicht.
4. Daher muss zur Heilung eines gelähmten Darmes die Fistel
proximal angelegt werden.
5. Bei Lähmung des obersten Jejunums und Duodenums muss
daher die Fistel an der Pars pylorica des Magens angelegt werden.
6. Wenn nach Entleerung des Dünndarms das Jejunum kein Zeichen
von Kontraktion zeigt, so wird sofort die Gastrostomie angeschlossen.
Dieselbe ist, falls die Indikation sich erst später, und zwar durch Re¬
tention von Mageninhalt und schlechte Allgemeinsymptome, ergibt, in
diesem Zeitpunkte vorzunehmen. Von diesen Gesichtspunkten aus be¬
trachtet, erscheint die Prognose der Darmparalyse in günstigerem Lichte.
Victor Bunzl (Wien).
Ett fall af tunntarmsvolvulus vid ett Meckels divertikel j&mte
nägra ord om „subacut ileus“ och om gastrostomi vid tunn-
tarmsparalysi. Von K. G. Len n an der. Hygiea, N. F., 1906,
Okt., S. 961.
Verf. berichtet zuerst über einen Fall von Dünndarmvolvulus infolge
eines Meckel ’schen Divertikels, in welchem der gute Allgemeinzustand,
die unbedeutende Temperatursteigerung, der Puls von 92, der eiweiss¬
freie Harn, die unbedeutenden Schmerzen in dem aufgetriebenen und in
der Nabelgegend empfindlichen Bauche und die Abwesenheit einer deut¬
lichen Resistenz — eine solche war allerdings gleich zu Anfang in der
Nabelgegend zu fühlen — in schroffem Gegensatz zu den bei der Ope¬
ration gefundenen Veränderungen standen. Bei letzterer fand man näm¬
lich freie blutige Flüssigkeit im Bauche, lebhafte rote Farbe der arm¬
dicken Darmschlingen, die trotz Entleerung nicht in die Bauchhöhle
zurückgeführt werden konnten, und vollständige Parese der Teile der
Darmschlingen, die beim Volvulus beteiligt waren. Auf Grund seiner
Erfahrungen in diesem und einem anderen Falle stellt Verf. folgende
Sätze auf:
1. Falls der Magen oder die Darmschlingen bis zu einem gewissen
Grade ausgedehnt worden sind, d. h. ihre Muskeln über einen gewissen
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Grad gedehnt worden sind, so können weder der Magen noch die Darm¬
schlingen sich zusammenziehen, ehe die Organe teilweise entleert worden
sind. Schon Blix hat vor langer Zeit gezeigt, dass die Erfahrung, dass
eine gewisse hochgradige Dehnung eine Kontraktion unmöglich macht,,
auch für die gestreifte Muskulatur Gültigkeit hat.
2. Die hochgradig gedehnten, aber nicht gelähmten Darmschlingen
machen bei einer Laparotomie den Eindruck, als ob sie gelähmt wären,
aber entleert man einen Teil ihres Inhaltes durch eine Enterostomie,
bewegen sie sich bald und entleeren selbst den Best ihres Inhaltes durch
die Darmfistel.
3. Gelähmte Darmschlingen kontrahieren sich nicht auch nach Ent¬
leerung ihres Inhaltes.
4. Will man durch eine Enterostomie eine gelähmte Darmschlinge
heilen, muss man die Fistel proximalwärts von der gelähmten Partie
anlegen.
5. Da die Darmlähmung auch in manchen Fällen den obersten Teil
des Jejunums und wahrscheinlich auch das Duodenum unterhalb der
Papilla Vateri umfasst, muss man in solchen Fällen eine Gastrostomie
an der Pars pylorica des Magens machen.
6. Ist bei einer Operation der Darm entleert und sind dessen un¬
geachtet keine Zeichen einer Kontraktion aufgetreten, macht Yerf. sofort
eine Gastrostomie.
7. Wenn in einem Falle, in dem keine Indikation einer primären
Gastrostomie vorhanden war, der Bauchumfang zunimmt, die Pulsfrequenz
steigt oder hoch bleibt und wenn man bei 2 oder 3 Magenausspülungen
eine Retention mit schlechtem oder fadem Geruch im Magen konstatiert
hat, ist nicht länger mit einer Gastrostomie zu warten.
Befolgt man diese Regeln, dürfte die Prognose der Darmparalyse
besser werden, als dies bisher der Fall gewesen ist. Auch Fälle von
hochgradiger Darmparese können durch Entleerung der Därme auf dem
Operationstische durch Entero- resp. Colotomie und durch Ausführung
(primär oder sekundär je nach den Symptomen) einer Typhlostomie
oder Gastrostomie oder beider genesen. So weit Yerf. bekannt ist, ist
bisher nur ein Fall von Jaboulay bekannt, in dem Darmparalyse bei
Peritonitis mittels Gastrostomie behandelt worden ist.
Köster (Gothenburg).
Simple colonic adhesions a cause of intermittent attacks of ab¬
dominal pains. Yon A. Ernest Maylard. Brit. Med. Journ.,
2. März 1907.
Patientin litt vor 13 Jahren an Schmerzen in der rechten Fossa
iliaca mit Erbrechen; seither überstand sie 10—11 ähnliche Attacken
ohne Fieber; seit jeher bestand Obstipation; palpatorisch war nichts
nachweisbar. Auch bei der Operation waren Appendix, Uterus und
Adnexe frei, in der Mitte des Colon ascend. fanden sich einzelne Ad¬
häsionen, die den Darm nach unten fixierten. In der Mitte der Ad¬
häsion war eine knotige Struktur, die sich mikroskopisch als Ablagerung
von mesenterialem Fett erwies. Wegen Kontraktion der longitudinalen
Muskeln konnte auch nach Trennung der Adhäsion der Darm nicht ge-
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streckt werden, gleichzeitig bestand Adhäsion an dem Psoasmuskei, wo¬
durch Bewegungen des Beines schmerzhaft wurden.
Fall 2. M. A., 54 Jahre alt, litt seit jeher an Obstipation und
Schmerzen in der Gegend des Colon descendens. Das Omentum war in
«iner Ausdehnung von 4 Zoll an dem Colon adhärent und formte ein
breites Band, das die beiden Darmschenkel auf eine Distanz von 4 Zoll
näher brachte. Nach Durchtrennung trat Heilung ein.
In beiden Fällen wurden die Schmerzen durch Purgativa vermehrt,
<es bestand Obstipation, doch war das Kaliber des Darmes nicht ver¬
ändert. Herrnstadt (Wien).
The causes of colitis, with special reference to its surgical treat-
ment. Von J. P. Lockhart Mummery. Lancet, 15. Juni 1907.
Das Hauptsymptom der Erkrankung ist das Auftreten von mucösen
Membranen im Stuhl, von kleineren und grösseren eiweiss-ähnlichen
Massen; dazu kommen Blutungen, Diarrhoe und abdominale Schmerz¬
anfälle. Durch die Erfindung des elektrischen Sigmoidoskopes war es
möglich, die Schleimhaut des Rectums und der Flex. sigm. zu veranschau¬
lichen und man lernte, dass die Erkrankung in der Regel den unteren
Anteil der Flexur und das Rectum befällt; hier sind bei Obstipation
die Stagnation und Kompression sowie die traumatische Wirkung ver¬
härteter Fäkalmassen am stärksten.
Symptome. Das prägnanteste Symptom ist die Diarrhoe, häufig
nach vorausgegangener Obstipation. Blutung ist oft die Folge von TJlce-
rationen; Schleim tritt in grossen Quantitäten auf, und zwar dünn, bei¬
nahe flüssig oder dick und gelatinös. Auch Schleimcylinder zeigen sich
hier wie bei malignem Neoplasma; zeitweise findet man feinen, rötlich¬
gelben Sand, der aus Calcium- und Ammoniumcarbonat und -Phosphat
ohne Cholesterin besteht. Enterospasmus als lokale Kontraktion, die häufig
in temporäre Intussusception übergeht, wurde am Col. descend. und der
Flex. sigm. beobachtet, begleitet von heftigen, abdominalen Schmerzen.
Zum Zwecke der Untersuchung müssen Rectum und Flex. sigmoid.
sorgfältig durch Abführmittel und Klysmen gereinigt werden, um das
Sigmoidoskop mit Erfolg benützen zu können; daran schliessen sich die
Untersuchung der Appendixgegend und der linken Bauchseite sowie mikro¬
skopische und bakteriologische Untersuchung des Stuhles.
Das, was im allgemeinen als Colitis bezeichnet wird, ist oft bloss das
Symptom einer lokalen Darmerkrankung; oft ist auch das, was man mit
dem Sigmoidoskop sieht, bloss sekundär gegenüber höher oben liegenden,
schwereren Läsionen, wie folgender Fall zeigt: Patient litt seit mehreren
Monaten an blutig-schleimigen Stühlen; bei der Untersuchung fanden
sich zahlreiche, kleine, follikuläre Geschwüre im Rectum und in der Flex.
sigmoidea und er wurde mit Irrigationen und Injektionen behandelt.
Obwohl nach einigen Wochen die Ulcerationen geheilt waren, blieben
die Stühle dennoch von der gleichen Beschaffenheit; bei neuerlicher
Untersuchung fand sich ein Carcinom hoch oben in der Flex. sigm.,
das durch Operation entfernt wurde. In der grösseren Mehrzahl der
Fälle besteht chronische Entzündung der Mucosa oder des submucösen
Gewebes. Die Mucosa ist injiziert, an den gesunden Stellen blassrot;
die Oberfläche ist matt und granuliert und blutet leicht bei Berührung,
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darüber liegen zerstreut unregelmässige Fetzen von gelblichweissem, ad-
härentem Schleim. In einzelnen Fällen bestehen irreguläre, seicht»
TJlcera mit granulierter Basis, die oft in grosser Menge über Flexur und
Rectum zerstreut sind; die gesunden Teile der Mucosa erscheinen dann
zwischen den Ulcerationen wie Polypen. TJlcera entstehen an den Orten
der lokalen Irritation, wie am Uebergang vom Rectum in die Flexur,
am Boden der Ausbuchtungen und an der Oberfläche der rectalen Val-
vula, und sie unterscheiden sich von jenen bei Dysenterie dadurch, dass
letztere die ganze Dicke der Mucosa zerstören. Mit der Erkrankung
kombiniert sich oft lästiger Pruritus.
In einer anderen Reihe von Fällen ist Carcinom die Ursache der
Colitis, doch ist es unmöglich, aus den Symptomen allein die Differen¬
tialdiagnose zu stellen, und auch das Alter ist nicht ausschlaggebend»
Andere seltenere Ursachen sind Aktinomykose und Tuberkulose.
In einer kleinen Zahl von Fällen wurden multiple Adenome des
Dickdarmes beobachtet, die förmlich die ganze Mucosa bedecken können.
Colitis kann ferner entstehen durch Adhäsionen nach acuter Peri-
colitis und durch Uterusverlagerung, wenn derselbe an der Flexur ad«
härent ist und durch Zug eine Abbiegung derselben verursacht; endlich
durch chronische Appendicitis auf folgende Arten: 1. Durch direkte
Ausbreitung der Entzündung. 2. Durch Bildung von Adhäsionen, wobei
durch Zug das Darmlumen verengt wird. 3. Durch häufige Sekretion
von septischem Material in den Darm. Durch Resektion des Appendix
wird oft die Colitis radikal geheilt.
Adhäsionen zwischen den Dickdärmen hindern die normale Beweg¬
lichkeit und verursachen Colitis durch Bildung von chronischen katarrha¬
lischen Entzündungen.
Behandlung. Gegen entzündliche Prozesse helfen am besten
langsame hohe Irrigationen mit Zusatz von Glycerin, Natr. bicarb.,
hypermang. oder Oelklysmen. Ulcerationen werden mit Arg. nitric.
oder Ichthyol touchiert. Bei hypertrophischem Katarrh sind stimulierende
Injektionen angezeigt, bei Neoplasma oder Appendicitis Operation. In
einzelnen Fällen kann man durch Colotomie schöne Erfolge erzielen.
Adhäsionen sind zu lösen, ein retroflektierter Uterus aufzurichten und
zn fixieren; für wenige Fälle mag die Ileosigmoidostomie reserviert
bleiben. Herrnstadt (Wien).
Acute colitis and ulcerative colitis. Von Sidney Phillips. Brit.
med. Journ., 8. Februar 1907.
Verf. beschreibt 12 Fälle und kommt auf Grund derselben zu fol¬
genden Schlüssen: Acute Erkrankungen beginnen mit heftigen Schmerzen
im Rücken und in den Gliedern, die von Fieber begleitet sind und 2 bis
3 Tage andauern; häufig bestehen auch abdominaler Schmerz, Diarrhoe,
Erbrechen und blutige Stühle. Die Zunge, im Anfang dick belegt,
reinigt sich bald und bleibt rein und feucht; das Zahnfleisch ist häufig
belegt und ulceriert, ebenso der Gaumen, und es besteht ein intensiver
Foetor ex ore; Appetit und Verdauung können ungestört sein. Die
Abdominalschmerzen sind kolikartig und paroxysmal und wechseln häufig
den Ort; über dem Colon besteht Druckschmerz, die Abdominalhaut ist
hyperästhetisch. Die Dilatation bezieht sich meist auf das Colon des-
cendens, dabei kann das übrige Abdomen weich bleiben, die abdominalen
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Muskeln können über dem spastischen Colon sich so weit kontrahieren,
dass sie einen Phantomtumor bilden. Die diarrhoischen Stühle enthalten
oft Blut und Galle, die Mucosa geht in Form von Membranen ab.
Die zirkulatorischen und respiratorischen Organe sind meist wenig
beteiligt, doch besteht Tendenz zu Anämie und fast stets Leukocytose.
Auch das Nervensystem ist fast völlig frei; dagegen besteht in einer
Reihe von Fällen andauernder Singultus. Der Urin ist normal, enthält
manchmal Gallenpigment. Die Temperatur ist gesteigert und oft von
intermittierendem Charakter, durch Absorption toxischer Stoffe kann es
zu Schüttelfrösten kommen.
Komplikationen. Perforation kann eintreten, ist aber durch¬
aus nicht häufig; sie wird oft überstanden, ohne dass Peritonitis hinzu-
kommt. Embolien können Vorkommen in Lunge, Leber und Nieren.
Beim Ausheilen der Geschwüre kontrahiert sich das Colon, oft kommt
es zur Bildung von Abscessen, in einem Falle zu einem subdiaphragma-
tischen Abscesse. Im Blute und in den Fäces findet man bei Colitis
Bact. coli und Streptokokken.
Anatomie. Bei acuter Colitis wird die Mucosa intensiv hyper-
ämisch und auch die tieferen Schichten sind kongestioniert, die Darm-
wand verdickt und strotzend. Gewöhnlich ist das Colon descendens oder
Flex. sigmoid. erkrankt, doch kann auch das übrige Colon beteiligt sein.
Ulcerationen sind in der Regel klein, jedoch in grosser Anzahl, so dass
nur Brücken von Mucosa zwischen den ulcerierten Partien sichtbar
bleiben; in die Tiefe können sie bis ans Peritoneum reichen. Sie haben
scharfe und irreguläre Kanten und zirkuläre Form, das Colon selbst ist
trocken und fragil. Durch Perforation entstehen irreguläre Oeffnungen,
wobei die Wand des Colon weithin zerstört wird.
Verlauf. Einzelne Fälle führen innerhalb 3 Wochen zur Heilung,
andere endigen sehr rasch letal, in einer 3. Reihe treten Recidiven auf.
Die Prognose ist zweifelhaft und hängt von der Schwere der Sym¬
ptome ab.
Diagnose. Bei beginnenden Lumbarschmerzen kommen in Be¬
tracht: Lumbago, Influenza, Variola, Morb. Brighti, bei abdominalen
Schmerzen, Nieren- oder Gallensteinkoliken. Ist im Anfang Diarrhoe,
so kann Verdacht auf Gastroenteritis und Typhus bestehen. Melaena
deutet sofort auf acute Colitis. Als wichtigste Symptome gelten die
abdominalen Schmerzen und die Leukocytose. Gegenüber Appendicitis
ist hervorzuheben, dass in diesem Falle die Symptome sich lokal mani¬
festieren.
Behandlung. Sie zielt dahin, die Anhäufung von toxischen
Substanzen zu vermeiden, welche dann durch die ulcerierte Mucosa
resorbiert werden. Von allen Mitteln wirkt am besten durch seine
Antiseptik Kalomel, auch in Kombination mit Opium; daneben können
antiseptische Klysmen verabreicht werden, wie schwache Lösungen von
Arg. nitricum. Die Diarrhoe wird am besten durch Opium oder Wismut
bekämpft. Trotz Diarrhoe kann es durch Atonie zu Retention von
Fäces kommen, was gelegentliche Irrigationen erfordert. 01. ricini ruft
gewöhnlich Verschlimmerung hervor. Gegen Melaena wirkt am schnellsten
Adrenalin, gegen den lästigen Singultus Opium.
Zur Ernährung dient flüssige und gemischte Diät, die Darreichung
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von Obst ißt geeignet, die Tendenz zur Anämie herabzusetzen. Alkohol,
Aether sowie andere Stimulantia sind oft unvermeidlich.
Als operative Massnahmen galten Colotomie oder Cöcostomie, um
die erkrankten Partien nach Möglichkeit auszuschalten. Eröffnung des
Colons bewirkt oft augenblicklichen Stillstand der Melaena.
Herrnstadt (Wien).
A case of chronic Colitis. Von Campbell Donell. Lancet,
10. November 1906.
Eine 71 jährige alte Frau litt seit mehreren Jahren an Darm¬
blutungen ; in den letzten Monaten bestanden fast konstant Diarrhoe und
spontaner Stuhlabgang. Bei der Nekropsie fand sich der grösste Anteil
des Colons intensiv entzündet und bis zu einem TJmfang von 13 Zoll
ausgedehnt. Herrnstadt (Wien).
Snrgical treatment of chronic colitis. Von Ingersole Olmsted.
Brit. Med. Journ., 10. Nov. 1906.
Als Ursachen der Colitis gelten Obstipation, chronische Appendicitis,
Abbiegungen des Colons, Tuberkulose, Aktinomykose, Lues, multiple Ade¬
nome. Auch die kontinuierliche Absorption von grossen Mengen Queck¬
silbers kann Colitis bedingen, desgleichen Carcinom. Daher ist in jedem
Falle eine genaue, mikroskopische Stuhluntersuchung nötig, ausserdem
Palpation des Appendix, der Gallenblase, der Niere und des Colons.
Unterstützend dienen Ausdehnung des Colons mit Luft oder Kochsalz¬
lösung, das Sigmoidoskop und das Proktoskop. Hartnäckige Fälle von
Colitis werden durch jede Art der Operation gebessert; gute Resultate
gibt die Colostomie, ebenso rechtzeitige Coecostomie mit Irrigation des
Colons, endlich auch Appendicostomie. Verf. führt 4 Fälle an, in denen
diese Methoden der Behandlung mit Erfolg zur Anwendung kamen.
Nach Arnott tritt auch nach Entfernung des Appendix rasche und
permanente Besserung ein. Herrnstadt (Wien).
The causes, sequels and treatment of pericolic Inflammation«
Von D’Arcy Power. Brit. Med. Journ., 3. Nov. 1906.
Pericolitis ist eine Entzündung des Bindegewebes in unmittelbarer
Beziehung zum Colon ascend., transvers. oder descend., sie heilt spontan
oder wird chronisch oder suppurativ. Folgende Fälle dienen zur Illu¬
stration der verschiedenen Varietäten:
Fall 1. Ein 23 Jahre alter Mann erkrankte nach Rheumatismus
an abdominalen Schmerzen in der linken Fossa iliaca und palpabler
Resistenz; am nächsten Tage trat zweimal Erbrechen auf; am 3. Tage
hörten die Schmerzen nach Verabreichung eines Abführmittels auf und
auch die Resistenz schwand.
Fall 2 behandelt eine chronische Erkrankung. Plötzlicher Schmerz¬
beginn in der linken Fossa iliaca. Wegen Verdachtes auf Abscess des
Colon descend. und eventueller Perforation wurde laparotomiert, wobei
sich ein ovoider Tumor am absteigenden Colon fand, der durch einen
engen Kanal mit dem Darme kommunizierte; im Hohlraum befand sich
ein in Fäkalmassen eingebetteter Fremdkörper.
Fall 3. Eine 38 Jahre alte Wäscherin litt schon durch mehrere
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Tage an abdominalen Schmerzen, bis plötzlich eine acute Attacke mit
Temperatursteigerung eintrat; das linke und obere Abdomen war resistent
und schmerzhaft und oberhalb des Nabels ein Tumor zu tasten, der frei
beweglich war und mit der Respiration mitging. Nach Eröffnung des
Peritoneums entwich Eiter und es fand sich ein Abscess an der inneren
Wand des CoL descendens.
Fall 4. Nach einem Schlag auf die Magengegend häufige Schmerz¬
anfälle links im Abdomen; daselbst befand sich auch eine tiefe Schwel¬
lung. 10 Tage später erbrach Patient 1 Liter fauliger, schwarzer Massen,
nach weiteren 5 Tagen etwas Blut. Es handelt sich um einen Abscess,
der spontan in den Darm durchbrach.
Fall 5 endete letal. Die Erkrankung begann mit plötzlichem
Schmerzenanfall in der rechten Bauchgegend und Schüttelfrost so¬
wie mehrmaligem Erbrechen. 3 Wochen später stieg die Temperatur
an und das Abdomen war rechts resistent. Die Leber war um einen
Querfinger vergrössert; jeden Abend zwischen 5 und 7 h stellte sich
Schüttelfrost ein. Nach einigen Tagen stellte sich eine offenbar septische
Pneumonie ein, die Leber wurde immer grösser und Icterus trat hinzu.
Auch nach Eröffnung des Abdomens konnte nichts nachgewiesen werden
und Patient starb unter den Erscheinungen einer Peritonitis. Im Becken
fand sich post mortem ein grosser Abscess und ein kleinerer an der
Flexura hepatica; nach Emporheben des aufsteigenden Colons erschien ein
Abscess in der Region des Quadratus lumborum, der sich einerseits in
der Psoa88cheide bis ans Ligam. Pouparti, nach aufwärts hinter der rechten
Niere an das Diaphragma erstreckte, das gleichfalls entzündet war.
Die Kultur ergab Bac. coli. In den Pleurahöhlen war eitrige Flüssigkeit,
in der rechten Lunge ein haselnussgrosser Abscess.
Fall 6. Vor Beginn waren Schmerzen in der rechten Nieren¬
gegend. In der rechten Fossa iliaca deutliche Resistenz und ein ovaler
Tumor tastbar. Nach Inzision erwies sich das Colon descend. verdickt
und durch das Mesocolon wurde an der Innenseite ein Abscess mit
dunklem, geruchlosem Eiter eröffnet; derselbe hatte sich subperitoneal
ausgebreitet.
Ursachen der Pericolitis. Nach Rolleston verursacht
Obstipation Pericolitis in der Umgebung der Flexura sigmoidea. Das
Verschlucken von Fremdkörpern, Stoss und Schlag auf die Magengegend
sowie chronische Obstipation mit typhoiden oder andersartigen Geschwüren,
Perforation des Colons gelten als prädisponierende Momente.
Symptome. Der Beginn der Erkrankung ist gewöhnlich plötzlich
mit acuten Schmerzen, Erbrechen und Appetitverlust; die Bauchmusku¬
latur ist gespannt, die Haut hyperästhetisch, in der Region des Colons ist
oft eine Verdickung palpabel, die Temperatur gesteigert, der Puls rasch;
mit Eintritt der Suppuration ist ein frei beweglicher Abscess tastbar
oder es liegt derselbe auch tiefer und ist dann der Palpation nur schwer
zugänglich. Septische Allgemeinerscheinungen können vorhanden sein
oder fehlen.
Verlauf. Einfache Fälle heilen spontan, chronische können zur
Diagnose einer malignen Erkrankung führen. Nach Eintritt der Eiterung
können die Folgen verschieden sein: Die Infektion ist nicht sehr viru¬
lent oder das umgebende Gewebe vermag die Entzündung abzugrenzen;
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der Abscess ist dann zirkumskript und nimmt langsam an Grösse zu;
die Wand kann sich nach einer gewissen Zeit verdünnen und dann be¬
ginnt erst der eigentliche subjektive Symptomenkomplex; wenn er nicht
von aussen geöffnet wird, so bricht er oft spontan in das Colon oder
auch in die Peritonealhöhle durch und verursacht allgemeine eitrige Peri¬
tonitis. Der Durchbruch kann ebenso nach oben gegen das Diaphragma
erfolgen mit Bildung eines subphrenischen Abscesses, mit Empyem oder
sekundärer Pneumonie. Auch von Anbeginn kann die Infektion als sep¬
tische auftreten.
Behandlung. Im Beginne ist unbedingte Ruhigstellung des Colons
erforderlich, bei chronischer Entzündung kann vorsichtige Massage ver¬
sucht werden. Mit Eintritt der Eiterung ist Inzision zu machen und
der Abscess durch 48 Stunden zu drainieren.
Herrnstadt (Wien).
Acute localised Inflammation of the large intestine. Von Ch. M.
Matter. Surgery, Gynecology and Obstetrics. Juni 1906.
Während entzündliche Erkrankungen des Coecums und seiner Um¬
gebung zur Genüge bekannt sind, haben umschriebene Entzündungen
anderer Partien des Dickdarmes, z. B. der Flexura sigmoidea, bisher
wenig Beachtung gefunden. Die Symptome derartiger Entzündungen
bestehen hauptsächlich in Kopfschmerzen und Ueblichkeiten und werden
meist durch Verstopfung eingeleitet. Die Diagnose gründet sich auf
den Befund einer länglichen Resistenz in einer vom Dickdarm einge¬
nommenen Partie des Abdomens, z. B. beim Befallensein der Flexura
sigmoidea in der linken Inguinal- und Lumbalgegend.
von Hofmann (Wien).
Contributo allo Studio dell’ enterosigmoidite. Von Aurelio COr¬
der o. Clinica chirurgica, 28. Februar 1907.
Diejenigen Fälle von Perisigmoiditis, welche in den letzten 20 Jahren
zur Beobachtung kamen, haben oft intestinalen Ursprung, einzelne ent¬
stehen aus Beckenzellgewebsentzündung, andere nach puerperalen Er¬
krankungen. Die Infektion erfolgt längs einer peritonealen Falte zwischen
dem linken internen Genitale zum S romanum. Die primäre Sigmoiditis
galt als ungemein selten. Nach Mayor hat die Flexura sigmoidea die
Funktion, die Defäkation zu regeln; durch die fäkale Stase im S rom.
wird die Tätigkeit von Mikroorganismen begünstigt und Gelegenheit zur
Bildung von Sterkoralgeschwüren gegeben. Ein anderer nach Letulle
in Betracht kommender Faktor ist die venöse Stase infolge der bedeu¬
tenden vasculären Dilatation in sämtlichen Schichten der Flex. sigmoid.
Infektion und venöse Stase produzieren eine Bindegewebs-Proliferation
in der Darmwand und begünstigen die Stenosenbildung. Für jene Fälle,
in welchen die Mucosa ungeschädigt bleibt, haben Graser und R otter
eine andere Pathogenese der Sigmoiditis gegeben. Nach ihnen würde
durch den gesteigerten Druck die Mucosa durch die Muskelschichte nach
aussen gedrängt und gebe zur Bildung eines Divertikels Anlass; diese
sind trichterförmig, haben eine Länge von 2 mm bis zu 2 cm und liegen
fast ausschliesslich am mesenterialen Anteile des Darmes, und zwar nur
an der Flex. sigmoidea. Infolge von Stagnation der Fäces und der
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Sekrete sind diese Divertikel für entzündliche Prozesse, Ulcerationen
und Perforationen prädisponiert, indem sich ringsherum eiterhaltige
Hohlräume bilden, die später konfluieren und sich durch Fisteln ent¬
leeren ; rings um die Fistel bildet sich ein kallöses Gewebe, welches den
Darm teilweise oder völlig einhüllen kann und durch allmähliches Fort¬
schreiten des Prozesses intestinale Occlusion bedingt. An die SigmoiditiB
kann sich Perisigmoiditis anschliessen, das heisst lokale Peritonitis, welche
wiederum plastisch, adhäsiv oder purulent sein kann; die letztere führt
ähnlich der Appendicitis zur Perforation. Es kommt sodann zur Adhäsion
der nahen Darmschlingen, wodurch die Peritonitis zirkumskript bleibt;
derselbe Effekt kann hervorgerufen werden durch Adhärenz mit dem
Peritoneum parietale. Die Perisigmoiditis oder zirkumskripte, suppurative
Peritonitis kann aber auch ohne Perforation eintreten, indem Mikroorga¬
nismen durch die Darm wand eindringen. Auch hier finden wir Läsionen
der Leber und der Nieren, im Urin Albumen, hyaline Cylinder, Epi-
thelien und einzelne Leukocyten. Durch Uebergreifen auf die Vena
iliaca ext. sin. kann es zur Phlegmasia alba dolens kommen.
Die Kenntnis der pathologischen Anatomie bezieht sich hauptsäch¬
lich auf Untersuchungen von Bosenheim mit dem Bektoskop. Bei der
einfachen Sigmoiditis ist die Schleimhaut hyperämisch mit kleinen
Hämorrhagien und der erkrankte Darm ist durch Insuffiation weniger
dehnbar als die übrigen Partien. Bei der ulcerativen Form können die
Geschwüre über das ganze Colon verteilt sein, doch nehmen sie gegen
das Bectum an Ausdehnung zu, sind zirkulär und an der Peripherie pig¬
mentiert, die Darmwand ist hart, kallös, so dass ein maligner Tumor
vorgetäuscht werden kann — Sigmoiditis pseudo-neoplastica. Bei der
suppurativen Form ist der Eiter von gelblich-grüner Farbe, oft geruchlos;
ausser Eiter können die Hohlräume auch Gas enthalten, die Wand wird
durch dickes, fibröses Gewebe gebildet. Zu den spezifischen Formen
gehört die tuberkulöse und typhöse Sigmoiditis.
Der Verlauf der Sigmoiditis kann chronisch oder acut sein. Im
ersteren Falle bestehen Schmerzen in der linken Bauchseite und hart¬
näckige Obstipation. Das Abdomen ist nicht gespannt wie bei Appen¬
dicitis, bei der Palpation findet man einen cylindrischen Körper, der
sich ins kleine Becken verfolgen lässt und selbst nach reichlicher Eva-
kuation als Folge der entzündlichen Infiltration der Darmwand bestehen
bleibt. Der Bectalbefund ist negativ. Die Fäces sind meist flüssig, mit
Blut oder Schleim gemengt, Erbrechen und Fieber fehlen.
Die acute Form beginnt mit heftigen Schmerzen und reichlichen,
blutigen und schleimigen Stühlen sowie Tenesmus und Fieber, welche
Symptome innerhalb eines Monates langsam zurückgehen. Bei Hinzu¬
treten von Perisigmoiditis steigern sich die Schmerzen, der Tumor kann
die Grösse einer Faust erreichen und ist hart, Erbrechen und Fieber
sind schwerer. Beim Uebergang in die eitrige Form steigern sich noch
die Symptome, die Schmerzen werden lancinierend, der Tumor wird
rundlich, undeutlich begrenzt und elastisch, die Haut darüber ödematos;
nach der Perforation bleibt in der Begel eine Kotfistel zurück.
Die Behandlung der Sigmoiditis ist die gleiche wie bei Appendicitis,
jene der Perisigmoiditis eine chirurgische. Bei Stenosen ist es oft
schwer, nach der Besektion das Colon mit dem Bectum zu vereinigen.
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Bott er machte in einem Falle einen Anne iliac., in einem anderen
implantierte er das Colon schräg ins Rectum. Ireyes stellte eine
Anastomose des Dünndarmes mit dem Anus her.
Herrnstadt (Wien).
▲ case of extensive tnbercnlons ulceration et the small intestines.
Yon Francis J. Shepherd. Brit. Med. Journ., 10. Nov. 1906.
J. K., 34 Jahre alt, wurde wegen acuter Appendicitis ins Spital
geschickt und litt angeblich seit 3 Jahren an häufigen Attacken von
Schmerzen in der rechten Bauchseite und Erbrechen, manchmal Diarrhoen
und blutigen Stühlen. Bei der Aufnahme war das Abdomen ausgedehnt
und im unteren Anteil schmerzhaft, doch konnte kein Tumor gefunden
werden; die Temperatur war gesteigert und es bestand kontinuierliches
Erbrechen. Nach Eröffnung des Abdomens rechts von der Medianlinie
entwich eine Menge stinkender sero-purulenter Flüssigkeit: Appendix
normal, am TJebergang von Appendix und Heum Verdickung und inten¬
sive Rötung; ebensolche Partien fanden sich höher oben im Heum und
ein Knäuel von verdicktem und ausgedehntem Darm hing über den
Band des kleinen Beckens. An der am stärksten dilatierten Stelle
war eine breite Perforation, durch die sich flüssige Fäces entleerten,
und eine fast kontinuierliche Serie von Geschwüren über eine Distanz
von mehr als 1 m. Die Darmenden wurden an den Stellen der ge¬
ringsten Erkrankung durchtrennt und mit Murphy-Knöpfen vereinigt.
Das Mesenterium war stark verdickt und enthielt zahlreiche vergrösserte
Drüsen. Es trat rasch Besserung ein, bis am Ende der 2. Woche sich
an den Wundstellen ein Abscess bildete, der fäkalen Eiter enthielt. Am
Uebergang des Ileums ins Coecum befand sich eine weite Höhle, offenbar
nach Perforation eines Geschwüres. Patient Verliese das Spital mit
einer breiten Fistel in der rechten Lendengegend und starb 4 Monate
nach der Operation. Herrnstadt (Wien).
Tuberculosis of the coecum, ileo-coecal valve and appendix, with
four unpublished cases. Von C. B. Keetley. Lancet, 84. Jahrg.
Wenn Darm tuberkulöse in Form eines solitären, umschriebenen
Tumors auftritt, dann ist die ergriffene Partie gewöhnlich das Coecum
oder die Valvula ileocoecalis und der Tumor ist in der rechten Fossa iliaca
fühlbar; Tuberkulose des Bectums führt in der Regel zur Ulceration und
Fistelbildung. Tuberkulose des Appendix ist fast stets sekundär nach
Erkrankung des Coecums, doch auch das primäre Auftreten ist mög¬
lich, ja selbst bei gleichzeitigem Vorhandensein von Lungentuberkulose
kann die Cökalerkrankung nicht mit Sicherheit als sekundär angesehen
werden.
Deocökal- und Appendixtuberkulose kann sein: ulcerativ, hyper¬
plastisch oder peritoneal. Bei Erkrankung des Appendix ist oft eine
Ulceration leicht zu sehen, dabei kann die Affektion jede Schichte der
Wand betreffen, sie kann submucös, muskulär und serös liegen, meist
ist sie jedoch mucös oder submucös; ähnlich verhält es sich bei Affek¬
tion des Coecums. Das wichtigste Zeichen der hyperplastischen Form
ist die Verdickung, oft infolge von bindegewebiger Proliferation in der
Submucosa; diese sowohl wie das verdickte Mesocoecum und die in dem-
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selben enthaltenen Drüsen bilden manchmal im Verein mit einem kleinen
Abscess den palpablen Tumor.
Die Symptome der Tuberkulose des Appendix und Coecums sind
hauptsächlich die der subacuten oder chronischen Entzündung. Die
Diagnose lautet gewöhnlich auf chronische Appendicitis oder bei Hyper-
plasie des Coecums auf malignen Tumor, namentlich bei vorgeschrittenem
Alter des Patienten. Bei Tuberkulose oder Carcinom der Valv. ileo-
coecalis finden sich gelegentlich Blut und Schleim im Stuhl, es besteht
Obstipation oder Diarrhoe, der Befund von Tuberkelbazillen kann dabei
völlig negativ sein. Sinken des Körpergewichtes gilt für beide Fälle.
Eine 60 Jahre alte, stark herabgekommene Frau klagte über
Schmerzen im Unterleib; bei der Untersuchung fand sich ein kleiner,
harter Tumor in der Cökalregion, adhärent an der Fossa iliaca und der
äusseren Hälfte des Ligam. Pouparti. Bei der Operation zeigte sich ein
kleiner Abscess und am Qrunde desselben der Appendix. Am nächsten
Tage Eröffnung des Heums und Anlegung eines temporären Anus artificalis,
die Ileocök&lklappe war stark ulceriert. Einen Monat später Exzision
des Coecums und der Valv. ileocoec., dabei erwies sich der peritonitische
Ueberzug des Heums dicht besetzt mit kleinen Tuberkeln. Colon ascend.
und Heum wurden beide offen nebeneinander in der Wunde fixiert, die
Fäces passierten die Oeffnung des Heums, während der Dickdarm reich¬
lich mit Wasser versorgt wurde. Das Befinden des Patienten besserte
sich zusehend, so dass 4 Monate später eine Enterorrhaphie gemacht
werden konnte; die peritonealen Tuberkeln waren völlig geschwunden.
Ein 16 Jahre altes Mädchen wurde mit der Diagnose: Appendicitis
chron. ins Spital aufgenommen, es bestand ein umschriebener Tumor
von bedeutender Grösse. Bei der Operation fanden sich Appendix und
Heocökalklappe stark verdickt, der grössere Anteil des Tumors wurde
jedoch vom Mesocoecum gebildet, welches voll vergrösserter, käsiger
Drüsen war. Die operative Methode war dieselbe wie im vorher
beschriebenen Falle; auch die rechte Tuba Fallopii war miterkrankt und
am Darm und Mesenterium adhärent; das Ovarium war normal. Patientin
verliess geheilt das Spital.
ln beiden Fällen wurde starkes Gewicht auf den Einfluss von
frischer Luft gelegt, indem die Fenster des Krankenzimmers stets ge¬
öffnet blieben; die erste Patientin ging zur Nachkur an die See.
A case of tubercle of the appendix and of the meso-
coecal gl and s.
Ein 11 Jahre altes Mädchen, welches seit 2 Jahren an heftigen,
anfallsweise auftretenden Schmerzen in der rechten Bauchseite litt; bei
der Palpation fand sich in der Gegend des Coecums eine unbestimmte
Besistenz. Operation: Der Appendix ist durch tuberkulöse Adhäsionen
an den Darm fixiert; ein grosser Tumor hinter der peritonealen Fixation
des Coecums wurde inzidiert und eine grosse Menge Eiters entleert ; im
Mesenterium blieben einzelne kleinere Drüsen unberührt. Patient wurde
nach einem Monat geheilt entlassen.
Allgemeine tuberkulöse Peritonitis entsteht oft aus der Tuberkulose
des Coecums oder der Mesocökaldrüsen; bei Ausführung der Laparotomie
müssen Coecum, Mesocoecum und Appendix genau untersucht werden.
Die Inzision wird bei männlichen Patienten besser in der rechten Regio
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iliaca angelegt, bei Frauen wegen Beteiligung der Uterusadnexe in der
Medianlinie. Eine nicht geringe Aussicht auf Heilung der Heocökal-
und Appendixtuberkulose besteht in der einfachen Heostomie in Ver¬
bindung mit Allgemeinbehandlung. Herrnstadt (Wien).
The surgical forma of ileocoecal tuberculosis. Von Henri Hart¬
mann. Brit. Med. Journ., 13. Mai 1907.
Bis vor 15 Jahren war die üeocökaltuberkulose von der intestinalen
Tuberkulose nicht abgetrennt und wurde so wie diese rein medizinisch
behandelt; was operiert wurde, geschah gewöhnlich unter der irrtümlichen
Diagnose eines Neoplasmas. Nach neueren Statistiken ist unter hundert
Fällen von intestinaler Tuberkulose 85 mal das Coecum affiziert und in
9,6 °/ 0 davon betrifft die Erkrankung das Coecum allein. Die Ueocökal-
tuberkulose lässt 2 differente Formen unterscheiden: 1. die ulcerative,
käsige Tuberkulose, die oft von pericökaler Entzündung begleitet ist;
2. die hyperplastische Form, die mit gewissen Strikturen des Bectums
Aehnlichkeit hat.
Bei der ersten auch enteroperitonealen Form ist selten das Coecum
allein erkrankt, meistens ist auch das Ende des Heums mit einbezogen.
Der Appendix ist oft zerstört, die ganze Region oft eingenommen von
Adhäsionen und käsigen Massen sowie eitrigen tuberkulösen Cavitäten,
die, wenn sie rupturieren, zur Bildung einer Pyo-Sterkoralfistel führen,
die in der rechten Fossa iliaca oder am Bücken oder in der Nabelgegend
mündet.
Die hyperplastische Form ist in der Begel auf das Coecum be¬
schränkt oder es kommt zur XJlceration der Valv. ileocoecalis und ihrer
Umgebung im üeum, während der hyperplastische Prozess sich gegen
das Colon zu ausbreitet; oder es erscheint das Coecum äusserlich ver¬
dickt, mehr oder weniger mobil und in eine fibroadipose Masse einge¬
schlossen, die eine Dicke von 3—4 cm erreichen kann. Die regionären
Lymphdrüsen sind grösser als beim Carcinom, durch chronische Ent¬
zündung im Mesocolon kommt es zu einer Retraktion der Gewebe mit
Verlagerung des Colons und Coecums nach aufwärts. Nach Eröffnung
des Darmes erweist sich seine Wand als rigid und verdickt, das Lumen
verengt, die Valvula gleichfalls rigid und oft nicht zu erkennen; nur
ausnahmsweise kann die erkrankte Partie dilatiert sein.
Die Mucosa ist oft ulceriert oder granuliert und polypös, der
Appendix meist intakt, manchmal verdickt, nur selten ulceriert, und zwar
dann am proximalen Ende. In wenigen Pallen bleibt die Erkrankung
ausschliesslich auf die Klappe oder das untere Heum beschränkt. Die
Ulcerationen sind mehr oder weniger tief und erreichen nur ausnahms¬
weise die Serosa, gewöhnlich endigen sie an der Muscularis. In den
Drüsen und dem ulcerösen Gewebe finden sich massenhaft Bundzellen
mit vereinzelten Biesenzellen und käsigem Materiale; dasselbe lässt sich
entsprechend den Lymphgefässen durch die Muscularis bis an das sub¬
seröse Gewebe verfolgen. Daneben finden sich einfach entzündliche Ver¬
änderungen, wie Verdickung, polypöse Vegetationen und sogenannte ent¬
zündliche Strikturen ohne tuberkulöse Erkrankung.
Aetiologisch findet sich Heocökaltuberkulose gleichmässig bei
Männern und Frauen, und zwar hauptsächlich zwischen dem 20. und
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40. Lebensjahre mit oder ohne Tuberkulose der Lungen. Klinisch im¬
poniert die Erkrankung entweder als Appendicitis oder als Neoplasma,
manchmal überwiegen die peritonealen Symptome. Im Beginne der Er¬
krankung bestehen bei der enteroperitonealen Form frequente, kopiöse
und flüssige Stühle, mit Blut gemengt, sowie heftige Schmerzen in der
rechten Fossa iliaca bei palpablem Tumor, der sich allmählich diffus
gegen die Medianlinie vergrössert und vaginal oder rectal palp&bel wird.
Es entwickelt sich eine langsame Eiterung, die schliesslich zur Fistel-
bildung in der Femoralregion und weiterhin in der Nabel- und Lumbal¬
region führt. Auch der Durchbruch in den Darm ist nicht selten, da¬
gegen nur ausnahmsweise in der Peritonealhöhle. Klinisch beginnt die
hyperplastische Form mit Appetitlosigkeit und undefinierbaren Sen¬
sationen in der rechten Fossa iliaca; erst nach Monaten beginnen alter¬
nierende Obstipation und Diarrhoe, zeitweise Kolikattacken mit Meteoris¬
mus und Peristaltik; manchmal ist ein kleiner Tumor in der rechten
Fossa iliaca sichtbar und fühlbar, derselbe ist beweglich und nach oben
unscharf begrenzt. Der weitere Prozess ist ein sehr langsamer, durch
Uebergreifen auf das Peritoneum kann sich die Krankheit der entero¬
peritonealen Form nähern oder es tritt Tuberkulose der Lungen hinzu;
die mittlere Dauer ist 2 J / 2 —3 Jahre.
Was die Diagnose anbelangt, so kann die enteroperitoneale Form
leicht mit Appendicitis verwechselt werden, Fisteln können für pyoster-
korale Fisteln nach Appendicitis angesehen werden; gegen Aktinomykose
spricht das Fehlen der charakteristischen Granula. Die hyperplastische
Form dagegen ist oft ähnlich dem Neoplasma, doch ist 1. der Prozess
der Evolution ein langsamerer, 2. ist die Form des Carcinoma mehr
nodulär. Die Anwesenheit von Tuberkulose der Lungen oder Tuberkel¬
bazillen im Stuhl spricht natürlich zugunsten der tuberkulösen Erkran¬
kung. Die Behandlung ist eine chirurgische, doch genügt oft die ein¬
fache Cöliotomie, um dem Patienten für Jahre Besserung zu verschaffen.
Bei ausgedehnteren hyperplastischen Formen ist Resektion angezeigt,
dabei müssen vergrösserte und verkäste Drüsen mit entfernt werden.
Bei der enteroperitonealen Form kommt mehr die Exklusion der er¬
krankten Partie in Frage. Herrnstadt (Wien).
Case of Perforation of jejunal ulcer seven years alter g&stro-
jejunostomy. Von Geo. H. Edington. The Glasgow med. Journ.,
Juni 1907.
Die Gastrojejunostomie geniesst einen guten Ruf wegen der vor¬
züglichen Resultate; um so überraschender ist der folgende Fall:
Gastro jejunostomie gemacht wegen Pylorusstenose vor 7 Jahren, vor
3 Jahren Cholecystotomie. Jetzt wegen Perforationsperitonitis Laparo¬
tomie. Exitus letalis 24 h später.
Der Operationsbefund zeigte diffuse Peritonitis. Die rechte Seite
des Abdomens war durch Adhäsionen mit der Gallenblase verwachsen.
Der Pylorus durch schwartenartige Narben verdickt. Bei der Obduktion
fand sich das Ulcus ziemlich weit entfernt von der Stelle, wo die Gastro¬
enterostomie seinerzeit gemacht worden war. In der Literatur finden
sich ähnliche beschriebene Fälle.
Verf. hat den Fall deshalb erwähnt, weil er so lange Zeit (7 Jahre)
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vollständig symptomlos verlief; inzwischen lag die G&llensteinoper&tion.
Es ist möglich, dass durch die Gastrojejunostomie eine Hyperacidität
im Jejunum erzeugt wurde, die zur Ulcusbildung Veranlassung geben
konnte. Leopold Isler (Wien).
D. Niere.
Experimentelle Untersuchungen über Nierenreduktion und Funktion
des restierenden Parenchyms. Von H. v. Hab er er. Mitteilungen
aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, 17. Bd, 1./2. Heft.
Verf. behandelt in dieser gross angelegten Arbeit experimentell einer¬
seits die Frage, ob man nephrektomieren und in demselben Akte oder
kurze Zeit darauf an der zweiten Niere eine Resektion ausführen darf,
andererseits ob man imstande ist, bei übermässiger Nierenreduktion die
Funktionen des Nierenrestes durch am Orte der Wahl implantiertes
Nierengewebe fördernd zu beeinflussen. Daneben wollte Verf. durch
Anwendung einer der gangbaren Methoden der funktionellen Nieren¬
diagnostik sich ein Urteil über die Funktion des jeweiligen Nierenrestes
verschaffen. Verf. kommt auf Grund seiner ausgedehnten Tierexperi¬
mente zu folgenden Schlusssätzen: Bei massiger Erkrankung beider
Nieren kann die einseitige Nephrektomie einen günstigen Einfluss auf
die zweite Niere ausüben. In seltenen Fällen kommt es nach der ein¬
seitigen Nephrektomie zu Störungen der Funktionstüchtigkeit der zweiten
Niere, denen ein anatomisches Substrat zugrunde liegen kann, aber nicht
zugrunde liegen muss. Meistens erholt sich die Niere vollständig.
Häufig setzt schon bald nach der Nierenresektion eine kompensatorische
Vergrösserung des Nierenrestes ein, welche sich als echte Hypertrophie
erweist. Man hat aber für das Ausmass an kompensatorischer Hyper¬
trophie und die Zeit, innerhalb welcher sie sich einstellt, keine sicheren
Anhaltspunkte. Die Implantation von frischem Nierengewebe am Ort
der Wahl vermag nicht bei übermässiger Reduktion des vorhandenen
Nierenparenchyms den Nierenrest günstig zu beeinflussen. Das implan¬
tierte Nierengewebe wird nach kurzer Zeit nekrotisch. Wenn auch die
Phloridzinmethode mit vorzugsweiser Beobachtung der zeitlichen und
Vernachlässigung der quantitativen Zuckerausscheidung einen ausgezeich¬
neten Gradmesser für die Funktionstüchtigkeit des vorhandenen Nieren¬
parenchyms gibt, so wird doch eine anatomische Läsion, wenn dadurch
die Funktionstüchtigkeit der Niere nicht leidet, durch die genannte
Methode nicht angezeigt.
Für den Menschen resultiert aus allen den Experimenten, dass die in
raschen Zwischenräumen wiederholte Nierenreduktion einen höchst ge¬
fährlichen Eingriff vorstellen würde. Es wäre im gegebenen Falle wohl
zweckmässig, durch lange Zeit nach der Nephrektomie die zweite Niere
zu beobachten, wiederholt auf ihre Funktionsfähigkeit zu prüfen, womög¬
lich einen Eingriff an dieser zweiten Niere solange hinauszuschieben,
bis wenigstens eine halbwegs sichere Gewähr für eine eingetretene
kompensatorische Hypertrophie besteht. Auch beim Menschen dürfte
die Phloridzinprobe eine anatomische Läsion der Niere erst dann an-
zeigen, wenn sie bereits zur Funktionsstörung der Niere geführt hat.
Es ist erklärlich, dass beim Menschen auch eine Verspätung‘des Phlorid-
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zindiabetes eintreten kann, wenn ausserhalb der Niere liegende patholo¬
gische Veränderungen zu Funktionsstörungen derselben Veranlassung
geben. Raubitschek (Wien).
Two cases of intermittent hydronephrosis treated by Operation.
Von W. Watson Cheyne. Lancet, 6. Juli 1907.
Fall 1. Eine 32 J. alte Frau litt in den letzten 10 J. an ge¬
legentlichen, schmerzhaften Attacken in der linken Lendengegend, die
sich in der letzten Zeit häuften und in den letzten 3 Wochen zu
kontinuierlichen Beschwerden Veranlassung gaben; auch in der rechten
Lendengegend traten manchmal geringe Schmerzen auf. Die Dauer der
Anfälle betrug 20 Minuten, dabei bestanden Schwindelgefühl und Unwohl¬
sein. Beide Nieren waren leicht vergrössert und beweglich, der Urin
normal, radiologisch keine Steine nachweisbar.
Operation. Die linke Niere vergrössert, an der Oberfläche 2
Cysten sichtbar. Das Nierenbecken nahm fast die Breite der Niere ein,
der dilatierte Ureter kam aus dem oberen Ende des Nierenbeckens; nach
Eröffnung desselben zeigte sich, dass die Mündung hoch oben gelegen
war und durch den Druck des mit Urin gefüllten Nierenbeckens kom¬
primiert wurde. Das Orificium des Ureters und das Nierenbecken wurden
nach unten gespalten und ebenso nach oben und dadurch aus dem Nieren¬
becken eine ovale Partie gebildet, an dessen unterem Teil das Oriflciun
des Ureters lag, das gleichfalls durch vertikale Inzision erweitert wurde.
Diese ovale Oeffnung wurde durch eine Reihe von Katgutnähten an der
Oberfläche inseriert, der überflüssige Teil des oberen Nierenbeckens
entfernt und die Wunde mit Katgutnähten geschlossen. Dadurch
wurde die erweiterte Uretermündung in das untere Ende des Nieren¬
beckens verlegt. Nach 7 Wochen verliess Patient das Spital.
Fall 2. Ein 20 J. alter Gärtner litt seit 3 J. an Schmerzen in
der linken Lendengegend, die von Erbrechen begleitet waren. Während
der Attacke ging nur wenig Urin ab, dieser selbst war normal. Bei
der Operation fanden sich dieselben Verhältnisse, die in gleicher Weise
behandelt wurden. Nach 6 Wochen konnte die Wunde fast als geheilt
betrachtet werden, als plötzlich im Anschluss an eine heftige Bewegung
neuerlich Schmerzen in der linken Lende und Schwellung auftraten;
nach Inzision entleerte sich trüber Urin, der einzelne Staphylokokken
enthielt. Die Heilung war nach einigen Wochen eine komplette.
Die Ursache der intermittierenden Hydronephose ist in beiden
Fällen der hohe Sitz der Uretermündung, wodurch eine valvuläre Oeff-
nung gebildet ist, die sich durch die Beckenfüllung schliesst. In allen
Fällen ist die Niere beweglich, dadurch mag es zu Abknickungen des
Ureters und zu erschwertem Abfluss des Urins kommen; die weitere
Folge ist Ausdehnung des Nierenbeckens im Beginne nur des unteren
Anteiles, später auch des oberen, wodurch das Orificium des Ureters
komprimiert wird. Herrnstadt (Wien).
Pathogänie des uroniphroses. Von Albarran. Ann. d. mal. d.
org. gön.-urin., No. 11, 12 u. 13, 1907.
Wir unterscheiden kongenitale und erworbene Uronephrosen. Die
ersteren können zu jeder beliebigen Zeit auftreten, verdanken aber ihr
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Entstehen einer kongenitalen Entwieklungsstörung von seiten der Harn¬
röhre (Klappenbildung), der Blase (Dystopie), dee Ureters. Bei
letzteren kann es sich um Anomalien der Zahl, der Mündung, des
Kalibers handeln. Im ersten Falle handelt es sich um Verdoppelung
oder scheinbares Fehlen des Ureters. Im zweiten Falle ist entweder
die Mündung des Ureters abnorm gelegen oder es bestehen abnorme
Krümmungen desselben. Die Veränderungen des Kalibers sind durch
Klappenbildung, durch Strikturen, durch fehlende Perforation bedingt.
Die erworbenen Uronephrosen entstehen infolge von fehlerhafter
Lage des Ureters, von Druck von aussen her, von Verengerung des
Lumens, durch Verstopfung des letzteren. Im ersten Falle handelt es
sich gewöhnlich um einen zu hohen Ansatz des Harnleiters oder um
Veränderungen, wie sie hauptsächlich durch Wanderniere bedingt werden.
Druck von aussen her kommt in Betracht bei Geschwülsten der Becken¬
organe und Entzündung derselben. Auch der schwangere Uterus kann
einen Druck auf den Ureter ausüben. Verengerungen des Lumens können
bedingt sein durch Traumen, durch Entzündungen, durch Neoplasmen.
Verstopfung des Ureterlumens kann eintreten durch Blutgerinnsel,
Tumoren, vor allem aber durch Steine.
von Hofmann (Wien).
Die Endresultate meiner Nephrektomien wegen Tuberkulose; nebst
einigen diagnostischen Bemerkungen. Von J. Israel. Folia uro-
logica, No. 1, 1907.
Israel stellt folgende Schlusssätze auf: Die Endresultate der Nephrek¬
tomie wegen Nierentuberkulose sind in der Mehrzahl befriedigend.
Meistens wird der Kräftezustand normal, steigt das Körpergewicht be¬
trächtlich und verschwinden oder vermindern sich die Miktionsbe-
schwerden.
Steigerung der Miktionsfrequenz bei nicht tuberkulöser Blase be¬
ruht auf einem von der erkrankten Niere ausgehenden Reizzustand.
Die Nephrektomie beseitigt diesen sofort.
Die durch Nephrektomie herbeigeführte Besserung respektive Hei¬
lung der Miktionsanomalien bei tuberkulöser Blase beruht auf Rück¬
bildung des tuberkulösen Prozesses.
Völlige Heilung der Blasentuberkulose wird nur erreicht bei geringer
Ausdehnung des Prozesses«
Nachträgliche tuberkulöse Erkrankung der zurückgebliebenen Niere
beruht meistens auf Präexistenz latenter tuberkulöser Herde.
Eine Schädigung der zurückgebliebenen gesunden Niere durch die
Schwangerschaft ist nicht zu fürchten.
Die Entfernung der Niere soll bei einseitiger Erkrankung sofort
der Diagnose folgen.
Je frühzeitiger die Nephrektomie, desto besser die Endresultate.
Die allgemeine Diagnose auf eine tuberkulöse Erkrankung im Harn¬
apparat ist ohne spezialistische Kenntnisse zu stellen.
Der Ausgangspunkt der Tuberkulose des Harnapparats ist in der
überwältigenden Majorität die Niere.
Der aus der gesunden Niere aufgefangene Harn kamt Tuberkel¬
bazillen enthalten, die in den Ureterkatheter bei der Passage durch die
Blase eingedrnngen sind.
Centralblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 48
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Bei Unmöglichkeit eines intravesikalen gesonderten H&rnanffangens
ist der Ureter der auf ihre Gesondheit zu prüfenden Niere freizulegen
und zu inzidieren, um einen Katheter durch die Inzisionsöffnung in das
Nierenbecken einführen zu können. von Hofmann (Wien).
Cura chirurgica della tuberculosi renale. Von G. Nicolich.
Folia urologica, No. 1, 1907.
Aus Nicolich’s Schlusssätzen seien folgende hervorgehoben:
Die Nierentuberkulose ist in der Mehrzahl der Fälle zirkulatorischen
Ursprungs und einseitig.
Bei tuberkulösen Geschwüren der Nierenpapillen können gefährliche
Blutungen ein treten, auch wenn nur eine einzige Papille geschwürig
zerfallen ist.
Die tuberkulöse Niere ist oft kleiner als die gesunde.
Den Nierenschmerz hat man zuweilen auf der gesunden und nicht
auf der kranken Seite.
Oft genügt die Kystoskopie, um die kranke Seite zu erkennen.
Wenn die Blase keine Veränderungen aufweist, muss man den
beiderseitigen Harnleiterkatheterismus ausführen.
Bei Nierentuberkulose muss man die Nephrektomie ausführen.
Doppelseitigkeit der Läsionen und Vorhandensein von Tuberkulose
anderer Organe kontraindizieren nicht immer die Nephrektomie.
von Hofmann (Wien).
Zur Kenntnis der sogenannten Biweisssteine der Niere und über
die Ausscheidung membranöser Massen aus dem uropoStischen
System. Von P. Morawitz und C. Adrian. Mitteilungen aus
den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie. 17. Bd. Heft 5.
Genaue klinische Mitteilungen eines Falles, der dadurch ausgezeichnet
ist, dass eigentümliche Membranen mit dem Urin entleert werden, und
der durch das Vorkommen von sogenannten Eiweisssteinen (Fibrinkon¬
kretionen) sein besonderes Gepräge erhält, ln diesem Falle bestanden
die Steine aus einer schwer löslichen eiweissartigen Substanz, der bei
einzelnen Konkrementen sich vorfindende Kern aus reinem Calcium¬
phosphat. Die näheren Bedingungen, unter welchen es zur Bildung
dieser Steine kommt, sind zur Zeit noch unbekannt; bakterielle Ein¬
flüsse scheinen dabei nicht im Spiele zu sein. Die mit dem Urin ge¬
legentlich unter schweren Nierenkoliken entleerten Membranen bestanden
ebenfalls aus einem Eiweisskörper, dessen nähere Charakterisierung den
Verf. nicht möglich war. Ein Zusammenhang dieser Fetzen mit den
Konkrementen der Niere ergibt sich aus der gleichen oder annähernd
gleichen Zusammensetzung beider Körper; sie stammen zweifellos von
der Oberfläche der Steine. Die in den Membranen auf gefundenen ver¬
zweigten Bakterien stellen einen accidentellen Befund dar, der mit der
Membranbildung in keinem Zusammenhang steht.
Die vorgenommene Nephrektomie ergab bei völligem Gesundsein des
Ureters eine sehr alte Steinniere mit pfirsichgrossem Bindenabsceas,
der an einer Stelle die Kapsel schon durchbrochen hatte und mit dem
Nierenbecken nicht kommunizierte. Nach der Operation traten keine
neuen Anfälle auf; der Urin war seit der Operation klar und eiweissfrei.
Raubitschek (Wien).
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Oper&zioni renali praticate ad individui con reue nnico. Von
Nicolich. Clin. Chirurg. 31. Marz 1907.
Zweck dieser Publikation ist zu zeigen, dass wir bei drohender
Gefahr infolge einer schweren Nierenerkrankung die Operation auch
dann nicht unterlassen dürfen, wenn uns der Zustand der anderen Niere
nicht bekannt ist. Im Jahre 1903 wurde in der französ. Gesellschaft
für Urologie ein Fall von Anuxia calculosa bei einer einzigen tuberkulös
erkrankten Niere vorgestellt, der mit Erfolg operiert wurde. Es handelte
sich um einen 34 J. alten Priester, der im Jahre 1899 wegen trauma¬
tischer Striktur der Urethra mittels Urethrotomia int. behandelt wurde.
Im Jahre 1900 wurde derselbe wegen eines perinealen Abscesses operiert;
im Jahre 1901 traten Schmerzen in der linken Flanke auf, der Urin
war trüb und blutig, die Entleerungen häufig und schmerzhaft; im
Dezember 1901 manifestierten sich heftige Schmerzen in der linken
Nierenregion. Die Urinmenge verminderte sich und vom 14. Dezember
ab entleerte sich täglich einmal 1 Esslöffel Eiters. Am 30. Dezember
wurde die Nephrotomie gemacht, es entleerte sich übelriechender Urin, im
Nierenbecken lagen ein grösserer Phosphatstein und mehrere Fragmente.
In den nächsten 14 Tagen wurde durch die Urethra Eiter entleert,
sodann trüber, neutraler Urin, am 3. Februar zum erstenmal 650 ccm,
welche Menge sich in den weiteren 10 Tagen auf 2 Liter vermehrte,
von da an passierte der Urin abwechselnd durch die Fistel und durch
die Urethra. Im Eiter der Analfistel wurden Tuberkelbazillen nach¬
gewiesen. Die Anurie infolge der Obstruktion des linken Ureters und
der Destruktion der rechten Niere dauerte 15 Tage, ohne Exitus zu
verursachen; Patient verliess das Spital und fühlte sich durch 2 Jahre
entsprechend wohl.
Im 2. Falle handelte es sich um eine 30 J. alte Frau, die wegen
Hämaturie im Jahre 1899 nephrektomiert wurde, nach 7 Monaten musste
wegen Recidive nochmals operiert werden; der Urin blieb trüb, doch
hatte Patientin durch 3 Jahre fast keine Beschwerden. Die einzige Niere
war an Volumen vergrössert und sehr beweglich; im Dezember 1903
wurde wegen unerträglicher Schmerzen die Nephrotomie gemacht, im
Nierenbecken fand sich keine Retention, die Nierenwunde wurde ge¬
schlossen, die Niere selbst nachEnyon fixiert. 1905 neuerlich Hämat¬
urie und Schmerzen, der Urin dunkelrot, die Menge 1600 ccm, s = 1010;
am Grunde des Gefässes formt sich ein Satz von Coagulis. Die Niere
bei der Palpation schmerzhaft, der radiol. Befund negativ. Am 30. Mai
wurde die Niere dekapsuliert, die Oberfläche war rot. Die Hämaturie
hörte am 15. Juli auf und Patientin verliess ohne Beschwerden das
Spital, der Urin war trüb, ohne Albumen, das Sediment enthielt keine
Cy linder.
Der 3. Fall betrifft eine 40 J. alte Frau, die im Oktober 1897
an Typhus und am 17. Januar 1898 an Pyonephrosis sin. erkrankte.
Nach Nephrotomie fühlte sich Patientin durch 2 Jahre wohl, doch
persistierte die Nierenfistel. Im Jahre 1900 traten in der operierten
Niere neuerlich Schmerzen und Fieber auf. Diesmal wurde die Nephrek¬
tomie gemacht, die Niere erwies sich als tuberkulös. Durch 4 1 / 2 Jahre
befand sich Patientin wohl. Im September 1905 enthielt der Urin
8°/ 00 Albumen und zahlreiche granulierte Oylinder; der Urin war rot,
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600 ccm, die rechte Niere bei Palpation schmerzhaft. Der Albumengehak
nahm zu, es traten Diarrhoen und Fieber und am 25. September kleine
rote Flecken auf dem Abdomen auf; am 1. Oktober war Widal positiv;
am 14. Oktober heftige, intestinale Hämorrhagie, die am 22. Oktober in
verstärktem Masse sich wiederholte. Vom 29. Oktober an allmähliche
Besserung, der Urin nahm zu, wurde lichter und war frei von Albumen.
Am 22. November verliess Patientin nach 110 Tagen der Krankheit
geheilt das Spital. In diesem Falle bestanden Typhus mit Nephritis in
einer einzigen existierenden Niere und schwere Darmblutungen in der
5. und 6. Woche.
Im letzten Falle wurde Nephrolithotomie bei Bestand einer einzigen
Niere gemacht. Ein 24 Jahre alter Landmann wurde im Oktober 1904
nephrektomiert, 3 Tage später wurde wegen schwerer Hämorrhagie Ne¬
phrolithotomie gemacht. Der Urin bestand aus Uraten und Oxalaten,
die Niere erschien makroskopisch normal. Nach 1 Monat völlige Heilung,
Urin klar, ohne Albumen. Im März 1906 traten heftige Schmerzen in
der linken Flanke auf, die Urinmenge betrug täglich 2—3 Liter, s = 1007,
radiologisch fanden sich einzelne Calculi am unteren Pole und ein grosser
am oberen Pole. Am 23. März wurde dieser sowie einzelne kleine Steine
extrahiert, wegen abundanter Blutung der lacerierten Niere musste statt
der Naht Tamponade mit Jodoformgaze gemacht werden.
Nach 3 Wochen befand sich Patient leidlich gut, der Urin entleerte
sich in grosser Menge aus der Fistel und der Urethra; aus der Wunde
kamen Fetzen von nekrotischem Nierengewebe und viele phosphatische
Inkrustationen. Nach 2 Monaten Temperatursteigerung und heftiger
Husten, im Sputum waren Tuberkelbazillen. Ende Juli starb Patientin
an Hämoptoe. Bei der Autopsie fand sich Lungen- und Nierentuber¬
kulose; in der Niere fand sich noch ein Phosphat.
Herrnstadt (Wien).
E. Haut.
Ein Fall von acutem zirkumskriptem, sogenanntem angioneuro-
tischem Oedem. Von G. Zuelzer. Arch. f. Denn. u. Syph.,
Bd. LXXXV, 1907.
Es handelt sich um einen 19 jährigen zu Urticaria disponierten
Studenten. Im Anschluss an einen Urticariaanfall entwickelten sich
Icterus sowie eigentümliche, durch einige Stunden dauernde Anschwel¬
lungen des Gesichtes, welche wiederholt auftraten, aber schliesslich ver¬
schwanden. Ein halbes Jahr später entwickelte sich im Anschluss an
ein Trauma eine ähnliche, schmerzlose, kaum 2 Stunden dauernde
Schwellung am linken Schienbein. von Hofmann (Wien).
Ueber ein hämorrhagisches Exanthem mit Allgemeinerscheinugeu.
Von G. Baermann. Arch. f. Denn. u. Syph., Bd. LXXXIV,
Es handelte sich um ein hauptsächlich am Hypogastrium, an den
Hüften, der Kreuzbeingegend, den Ellenbeugen lokalisiertes, hellrotes,
papulo-makulöses, hämorrhagisches Exanthem, welches nach einigen Tagen
einen blauschwarzen Farbenton annahm. Gleichzeitig mit der Dunkel-
färbung zeigten sich punktförmige, in langen Streifen angeordnete Kg-
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mentierungen in den natürlichen Falten im Hypogastrium, an der Hüfte,
der Schenkelbeuge. Ausserdem bestanden Konjunktivitis, Rhinitis und
Bronchitis sowie eine ausgesprochene Beeinflussung und Schädigung des
Zirkulationsapparates. Neben dem Exanthem am Körper bestand auch
ein solches im Qesicht, welches sich durch den Mangel an Hämorrhagien
und den vielleicht allein dadurch veränderten Verlauf von ersterem unter¬
schied. Das Allgemeinbefinden war in der Regel stark beeinflusst. Der
Ablauf war nach rascher Erreichung des Höhepunktes ein lytischer.
von Hofmann (Wien).
Zar Kenntnis der diphtheritischen Hautentzündungen, besonders
der durch echte Diphtheriebazillen hervorgerufenen. Von A.
Schlucht. Arch. f. Denn. u. Syph., Bd. LXXXV, 1907.
In den letzten 1 1 / 9 Jahren kamen in der Breslauer Hautklinik
5 Falle von Hautulcerationen mit Nachweis von Diphtheriebazillen zur
Beobachtung. Bei 3 derselben wurden diese in Reinkultur gezüchtet
und deren Virulenz durch den Tierversuch nachgewiesen. Die 3 letzteren
Fälle boten ein einander sehr ähnliches Krankheitsbild, bei welchem be¬
sonders der grauweisse Belag des Qeschwürsgrundes die Diagnose auf
Diphtherie nahelegte. Die Heilung erfolgte in allen Fällen ziemlich
rasch auf Seruminjektionen. von Hofmann (Wien).
Blue Behandlungsweise des Unterschenkelgeschwttrs. Von K.
Sakurane. Arch. f. Denn. u. Syph., Bd. LXXXV, 1907.
S.’s Methode besteht in tiefen Skarifikationen der Geschwürsfläche
und deren Rändern. Durch die ausgiebige Entspannung werden günstigere
Zirkulationsverhältnisse geschaffen und es tritt bessere Granulationsbildung
auf. Auch haften dann die T h i e r s c h 1 sehen Transplantationen leichter.
Stark adstringierende oder reizende Verbandmittel sind in der Regel zu
vermeiden. von Hofmann (Wien).
Zur Frage der Vaccina generalisata. Von Stein. Arch. f. Denn,
u. Syph., Bd. LXXXV, 1907.
1. 8 / 4 jähriges Kind, das vor 14 Tagen geimpft worden war. Starke
Anschwellung des Gesichtes, wo früher Ekzem bestanden hatte, Ent¬
wicklung von Eiterpusteln daselbst, Allgemeinerscheinungen. Heilung.
2. 35jährige Frau mit Ekzem des Gesichtes. Vaccineübertragung
von einem geimpften Kinde. Allgemeinerscheinungen, Pusteln am Kopf
and im Gesicht, Heilung. Die Patientin war revacciniert.
3. 6 / 4 Jahre altes Kind mit Ekzem des Gesichtes, der Kniekehle
und der Hände. Vaccineübertragung von einer geimpften Schwester.
Heilung. von Hofmann (Wien).
Die Blastomyceten und ihre Beziehung zu Hautkrankheiten. Von
E. J. Marzinowski und S. L. Bogrow. Arch. f. Denn. u. Syph.,
Bd. LXXXVT, 1907.
Die Verf. kommen zu folgenden Schlüssen:
1. Auf gesunder und kranker Menschenhaut sind Blastomyceten
häufig zu treffen.
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2. Besonders oft sind die Blastomyoeten an Stellen mit reichlicher
Talgabsonderung vorhanden.
3. Die auf der Haut sich findenden Blastomyceten können
pathogen sein.
4. Blastomyceten, die auf der Haut gewöhnlich eine saprophytische
Lebensweise führen, können manchmal an Resistenzfähigkeit zunehmen
und der reaktiven Entzündung widerstehen.
5. Vergrösserung der Widerstandsfähigkeit und Pathogenität der
Blastomyceten sind Vorbedingungen für die Entstehung der Hautblasto-
mykose.
6. Dieselbe Rolle kann auch die Schwächung des Gesamtorganis¬
mus spielen.
7. Die Anfangsstadien der Hautblastomykose besitzen klinisch den
Charakter einer akneförmigen Eruption.
8. Histologisch entspricht diesen Anfangsstadien der Hautblasto¬
mykose Entzündung der Hautfollikel und der perifollikulären Gewebe.
9. Wenn die unter 5 und 6 angeführten Vorbedingungen nicht
mehr bestehen, kann der Krankheitsprozess keine weitere Entwicklung
haben und wird bald gänzlich unterdrückt werden.
von Hofmann (Wien).
Ein Fall von Pseudofurunculosis pyaemica (Finger). Von C. Klein.
Arch. f. Denn. u. Syph., Bd. LXXXVI, 1907.
Der Patient war wegen seit längerer Zeit bestehender Kreuz¬
schmerzen ins Spital aufgenommen worden. Daselbst entwickelten sich
am ganzen Körper zerstreut zahlreiche Abscesse, welche zahlreiche In¬
zisionen nötig machten. Es bestanden nur leichte Temperatursteigerungen.
Der Patient war benommen. 6 Wochen nach der Spitalsaufnahme starb
der Kranke. Bei der Sektion zeigte sich, dass die pyämischen Er¬
scheinungen hauptsächlich an der Haut lokalisiert waren.
von Hofmann (Wien).
Beiträge zur Aetiologie der Impetigo contagiosa. Von E. Bender.
Arch. f. Denn. u. Syph., Bd. LXXXIV.
B. gelangt zu folgenden Schlüssen:
1. Die banalen Staphylokokken sind sicher nicht die Erreger der
Impetigo contagiosa.
2. Vielmehr sind Streptokokken mit grösster Wahrscheinlichkeit
als Erreger der Impetigo contagiosa anzusehen.
3. Die von Unna zuerst beschriebenen Impetigokokken sind nicht
banale Staphylokokken. von Hofmann (Wien).
Die Serumtherapie des Anthrax. Von L. Detre. Orvosi Hetilap,
47. Jahrg., No. 36.
Der erste, der sich mit der Serumtherapie des Anthrax beschäftigte, war
Sclavo, der schon im Jahre 1895 nachwies, dass das Serum der gegen
Anthrax immunisierten kleinen Tiere (Schaf, Kaninchen) mit antianthra-
kotischen Eigenschaften versehen ist. Marchoux (1895) und bald danach
Sobernheim (1895—97) bekräftigten im grossen und ganzen Sclavo’s
Erfahrungen, der auch nachwies, dass sich als serumgebendes Tier am
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besten das Pferd oder der Esel bewährt; er wies nach, dass die Venen¬
injektion viel wirkungsvoller ist als die gewöhnliche Perkutaninjektion,
und er war auch der erste, der gegen Anthraxinfektion beim Menschen
das Serum mit Erfolg anwendete (1898). In demselben Jahre trat
Mendez, der Bakteriologe zu Buenos-Aires, mit diesem Erfolg in die
Beihe der Forscher, der in ähnlicher Weise wie Sclavo Pferde, Esel
und Binder gegen Anthrax immunisiert und mit seinem Serum schon
6 Menschen mit Erfolg behandelt hatte. Seitdem verstärkte Sobernheim
sein Serum fortwährend und heute bereitet er es behufs Immunisierung
von Tieren fabriksmässig in Halle; Sclavo gebraucht sein Serum be¬
sonders zur Behandlung der Menschen, und zwar mit Erfolg.
Verf. experimentiert schon seit 4 Jahren an der Herstellung eines
Serums, das sich in der Praxis gegen den Anthrax des Menschen sowie
auch der Tiere bewährte. Die Besultate seiner Untersuchungen und
Erfahrungen fasst er folgendermassen zusammen: Pferde und Esel ge¬
lingt es gegen Anthraxbazillen dermassen zu immunisieren, dass das Serum
derselben starke antianthrakotische Eigenschaften besitzt.
Die Immunisierung begann er mit der Injektion der abgeschwächten
Anthraxbazillen (I. Vaccine), dann ging er zur II. Vaccine über, schliess¬
lich zur Agar-, dann zur Bouillonkultur der virulenten Bazillen, von der
am Schluss der Immunisierung die zu immunisierenden Pferde */ 2 Liter und
mehr bekamen, ohne dass sie hierauf sonst als mit mehr oder weniger
Fieber und mit in einigen Tagen vorübergehendem Oedem reagiert
hätten. Das Serum der so immunisierten Tiere war auch präventiv
und kurativ, das heisst, es konnte das Experimentstier (Kaninchen) der
für das Kontrolltier letalen Infektion gegenüber schützen, andererseits
aber konnte es auch — freilich in grösserer Dosis — das infizierte
Kaninchen heilen. Das Serum konnte schon anfangs bei einer Vieh¬
epidemie mehr als die Hälfte der kranken Tiere heilen, aber einige von den
geheilten Tieren verfielen nach Wochen in eine langsam sich entwickelnde
Kachexie, deren Ursprung in den Toxinen zu suchen ist, die sich mit
Hilfe des Serums aus dem Körper der im Tiere abgetöteten Anthrax¬
bazillen entwickelten. Dieses Serum war nämlich nur antibakterizid,
aber nicht antitoxisch, es war in der Eprouvette nicht bakterientötend,
es wirkte aber in der Weise, dass es in vivo im Tiere zur Vernichtung
der Bakterien führte, besonders durch Phagocytose, aber teilweise auch
durch die Drüsen.
Die Toxine der Anthraxbazillen gelang es in der mehrere Wochen
kultivierten Bouillonkultur nachzuweisen, in welcher die Bakterienkörper
sich durch Autolyse auflösten. Nach Einführung dieser Flüssigkeit
sehen wir nicht die Symptome der gewöhnlichen Anthraxinfektion
(z. B. am Kaninchen), sondern toxische Symptome, wie z. B. an der
Stelle der lokalen Einwirkung schwärzlich-blutige Nekrose, ferner Blut¬
extravasate unter der Haut, blutige Nekrosen in den Drüsen, besonders
in den Plaques der Darmdrüsen, und schliesslich Hämolyse. Die Anthrax-
toxine gehören zu den Endotoxinen und haben eine hämolytische Wirkung
ebenso in vitro wie in vivo. Im zirkulierenden Blut ist die Hämolyse
nicht nachweisbar, da das aufgelöste Hämoglobin sich mit der Galle
entleert, die lädierten Blutzellen sich aber in der Milz festsetzen, und
zwar in den Endothelphagocyten, wo sie sich in Klumpen, zum Teil in
Kristalle umändern. Dieses Toxin besitzt eine spezifische Affinität zum
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Gefasststem, es greift ebenso die Gefässwände (Lymph-, Blutendothel),
wie auch die Lymphorgane an sowie auch die embryogenetiseh mit den«»
selben gleichen Ursprung besitzenden Blutzöllen. Im Besitze dieses
Toxins immunisierte Verf. seit länger als 1 Jahr das serumgebende Tier
weiter abwechselnd mit frischen und alten (4—6 wöchentlichen) Kulturen
und gelangte auf diese Weise zu einem solchen Serum, das auch eine durch
Experimente bekräftigte antitoxische Wirkung besitzt, indem es obige
Toxinwirkung zu neutralisieren imstande ist. Seit dem Gebrauch dieses
neuen Serums blieb die späte toxische Kachexie als ungenügende Serum¬
wirkung aus. Verf. probierte es in ca. 100 lallen an Bindern und Pferden
aus. Die Injektion wirkt sehr rasch, einige (3—4) Stunden nach der
Perkutan- und manchmal Veneninjektion zeigt ein starker Temperatur¬
abfall (1—3°) die Serumwirkung an, bald danach tritt rasch die Besse¬
rung ein. In vielen Fällen war in 24 Stunden vollständige Genesung
konstatierbar, manchmal verzögerte sich die Bekonvalescenz auf 2—3 Tage.
Die Dosis des Serums war 20—40 ccm, die besten Erfolge sah Verf., wenn
es im Beginne der Krankheit (in den ersten 12 Stunden) gegeben wurde,
aber auch später konnte die Hälfte der Fälle gerettet werden. Die
Heilung war eine vollkommene, toxische Symptome, Kachexie usw. waren
nicht beobachtet worden.
Diese überaus günstigen Erfolge bewogen ihn, nunmehr zur Behand¬
lung des Anthrax beim Menschen durch Serum überzugehen, und zwar aus
zwei Ursachen: Einesteils, da der menschliche Anthrax und besonders jene
Form, welche die häufigste ist, die Anthraxerkrankung der Haut — Anthrax
der Lunge oder des Darmes wird selten diagnostiziert — ohnedies mit
einer günstigen Prognose einhergeht, anderenteils aber, da mit einem
solchen Serum, dessen vollkommen gleiche Wirksamkeit mit seinem An-
thraxserum erst vor kurzem Carini, der Assistent des Prof. Tavel,
durch Tierexperimente nach wies, sowie mit dem von Sclavo verfertigten
italienischen Serum schon sehr schöne Erfolge in der Praxis erreicht
wurden.
Bezüglich der Mortalität des Anthrax stehen uns 2 Statistiken zur
Verfügung, die eine ist die deutsche, die andere die italienische; in
Ungarn gelangen nur die Todesfälle zur Anzeige, infolgedessen ist es
unmöglich, die Mortalitätsperzentuation auszurechnen. In Deutschland
starben in Jahren 1896—1902 von 606 Fällen 92 = 16 °/ 0 , in Italien
von 1890—1900 von 24052 Fällen 5712 = 24 °/ 0 . Demgegenüber
berichtet Sclavo von 164 Fällen, die er mit intravenöser Injektion
seines Serums (10—20 ccm pro dosi mehreren)al) heilte, von diesen
starben 10 = 6 °/ 0 . Beim Menschen also ist das Serum ebenfalls deut¬
lich wirkungsfähig.
In Ungarn ist die Zahl der Anthraxtodesfälle auffallend gross und
erreicht, ja überschreitet manchmal sogar die jährliche Durchschnittszahl
von 600, die in Italien beobachtet wurde. Von 1892—1895 war der
Durchschnitt 470 (= 0,10 °/ 0 der Gesamtmortalität), in den Jahren
1896—1900 war derselbe 726 = 0,16 °/ 0 , in 1901 511 = 0,12 °/ 0 , in
1902 430 = 0,09 ®/ 0 , in 1903 wurden 469 Fälle gemeldet. Die Fälle
stammen aus solchen Gegenden, wo auch der Anthrax der Tiere am
verbreitetsten ist (in der Gegend der Theiss und der Maros). Da die
Krankheit vorwiegend in der ärmeren Gegend vorkommt, wo wenig Aerste
sind, gelangen die Fälle spät zur Behandlung, zu einer Zeit, wo die
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chirurgische Behandlung, die im Anfangsstadium genug wirkungsvoll ist,
schon resultatlos ist. Da das vom Yerf. hergestellte Serum unschädlich
ist, in Laboratoriumsversuchen eine ständige Wirkung zeigt und in
Fällen von schweren Anthraxerkrankungen der Binder und Pferde eine
ausgezeichnete Heilwirkung erzielte, lenkt er die Aufmerksamkeit der
Aerzte auf sein Serum, um mit demselben jährlich einige hundert Menschen¬
leben zu retten. J. Honig (Budapest).
Ueber Neuinfektion Hereditftrsyphflitischer und über Reinfektion
im allgemeinen. Von C. Stern. Dermat. Zeitschr., April 1907.
Bei einem 28jährigen Patienten, welcher an einer im frühesten
Lebensalter erworbenen Lues litt, fanden eich ein Primäraffekt am Frenulum
sowie ein typisches, frisches, makulopapulöses Exanthem. Im Beizserum
des Ulcus am Penis konnten zahlreiche, typische Spirochaetae pallidae
nachgewiesen werden.
St. konnte in der Literatur nur 8 ähnliche Fälle auffinden.
Etwas häufiger sind die Fälle von Reinfektion bei nicht hereditär
Belasteten. von Hof mann (Wien).
Rin Beitrag zur Pathologie der Syphilis. Von E. Tomasczewski.
Arch. f. Denn. u. Syph., Bd. LXXXV, 1907.
Aus T.’s Ausführungen geht hervor, „dass alle örtlichen, syphili¬
tischen Krankheitsprozesse auf eine örtliche Wucherung der Spirochaete
pallida zurückzuführen sind, dass ihre klinische Erscheinungsform auf
ihre geringere oder grössere Infektiosität einen Rückschluss gestattet
und zugleich einen Ausdruck für den Gesamtzustand des infizierten
Organismus bildet. Hingegen ist ihre Genese, wenn wir von den ersten
sichtbaren Allgemeinerscheinungen absehen, vom Standpunkt der allge¬
meinen Pathologie noch als ein Problem zu betrachten, dessen endgültige
Lösung der Zukunft Vorbehalten ist“.
von Hof mann (Wien).
Zur Infektiosit&t des Gumma. Von F. Veiel. Arch. f. Denn. u.
Syph., Bd. LXXXV, 1907.
Bei einem 30 jährigen Manne, welcher vor 7 Jahren ein Ulcus
durum akquiriert, nur im ersten Jahre Erscheinungen von Syphilis ge¬
zeigt hatte und der intern mit Quecksilber behandelt worden war, trat
nach vierteljähriger Ehe an Stelle des früheren Schankers ein Knoten
auf, welcher aufbrach und Eiter sezemierte. Ein Vierteljahr später
zeigte die Frau syphilitische Erscheinungen, welche auf ein Alter der
Syphilis von ca. 3 Monaten hin wiesen. Es handelte sich offenbar um
ein kleines Gumma an der Stelle des früheren Primäraffektes.
von Hof mann (Wien).
A case of congenital Syphilis; unusnal Symptoms. Von Wilson
Smith. Brit. Med. Joum., 19. Januar 1907.
Das jetzt 16 Monate alte Kind war einige Zeit nach der Geburt
völlig gesund, dann begann das Abdomen allmählich an Umfang zuzu¬
nehmen; die Haut bekam ein dunkelgelbes Kolorit. Die Leber reichte
bis 1 Zoll über die Crista iliaca, die Oberfläche war glatt, Konsistenz derb.
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Milz gleichfalls vergrößert, Stuhl diarrhoisch. Das Blutpräparat zeigte
schwere Leukocytose, keine kernhaltigen roten Blutkörperchen noch
Poikilocytose, aber gleiche Anzahl von Lymphocyten und polymorpho-
nucleären Leukocyten. Nach einer Woche ergab die Zählung 7200000
rote und 80000 weisse Blutkörperchen. Die Zahl der Leukocyten
wuchs in den nächsten Tagen auf 104000. Die Diagnose schwankte
zwischen Lues und Leukämie.
Autopsie. Im Abdomen nur wenig Flüssigkeit. Leber ver-
grössert, weich, gelb, von glatter Oberfläche, sie wog 1 Pfund 7*/ 4 Unzen.
In der Gallenblase glasige, farblose Flüssigkeit. Milz vergrössert, dunkel¬
rot, ohne Infarkt oder Hämorrhagien. Die Nieren waren durch G&llen-
pigment gelb gefleckt, die mesenterialen Drüsen nicht vergrössert. In
der Leber extreme pericelluläre Cirrhose.
Herrnstadt (Wien).
Ueber die Behandlung des Hautkrebses mit Röntgenstrahlen. Von
H. Kanitz. Arch. f. Denn. u. Syph., Bd. LXXXIT, 3. H.
K. berichtet über 45 Fälle von Hautkrebs, die an der Klinik Mar-
schalko’s in Klausenburg mit Böntgenstrahlen behandelt worden waren.
Im allgemeinen sind für letztere oberflächlich sitzende, kleine oder sehr
ausgedehnte sowie inoperable Fälle geeignet. Kontraindiziert ist die
Röntgenbehandlung bei Carcinomen der Mundschleimhaut. Der histo¬
logische Aufbau einer Geschwulst gewährt keinen Aufschluss darüber,
ob sich die Geschwulst für die Röntgentherapie eignet oder nicht.
Jedenfalls spielt heutzutage die Röntgenbehandlung in der Epitheliom¬
therapie eine grosse Rolle. von Hofmann (Wien).
Om hudepiteliom och deras behandling med Finsenljus. Von H. J.
Sc hl asb erg. Hygiea, N. F., 1906, S. 21.
Bericht über 19 Fälle von Hautepitheliom, im Lichtinstitut des
St. Göran-Krankenhauses zu Stockholm mit Finsenlicht behandelt. Die
meisten Patienten waren über 50 Jahre und die Dauer des Leidens
variierte zwischen 1 / 2 und 3—4 Jahren, in ein paar Fällen war die¬
selbe sogar 12, 17 und 25 Jahre. Im allgemeinen gehörten die Fälle
der benignen Form von Hautepitheliomen an, da dieselben nur langsam
wuchsen. Das grösste Geschwür mass 6 X ^ cm * nur m öinem Falle
waren die regionären Drüsen geschwollen. Die Epitheliome waren
meistens solitär, nur in 3 Fällen multipel, 16 sassen im Gesicht, 2 am
Rumpf und 1 am Fuss; in 13 Fällen wurde die Diagnose mikroskopisch
konstatiert. In allen Fällen trat Heilung ein mit Ausnahme von 2, in
dem einen von diesen trat später Heilung durch Röntgenbehandlung ein.
In 2 anderen Fällen trat 6—7 Monate nach Schluss der Behandlung
ein Recidiv ein, in den meisten übrigen dauert jetzt die Heilung 1 Jahr
und mehr. Die Zahl der Bestrahlungen variierte zwischen 2 und 30,
seitdem Verf. aber eine Exchokleation des Geschwüres der Bestrahlung
vorangehen lässt, ist die Zahl derselben bedeutend geringer geworden.
Verf. kommt zu dem Resultat, dass die Lichtbehandlung nach
F i n s e n bei Hautepitheliomen gute Aussichten bietet, wenn man vorher
eine gründliche Exchokleation macht, die Epitheliome nicht zu grosse
Ausbreitung haben, gut begrenzt sind und oberflächlich liegen. Sind
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dagegen die regionären Lymphdrüsen angeschwollen, sind die Aussichten
schlechter. Die verschiedene histologische Beschaffenheit des Geschwüres
scheint das Resultat nicht zu beeinflussen, möglicherweise mit einer
Einschränkung bezüglich der Nävusepitheliome.
Verf. wagt aber nicht zu entscheiden, ob Röntgen- oder Finsenbehand¬
lung vorzuziehen ist. Nachteile der Röntgenbehandlung sind, dass eine
bestimmte Dosierung der Strahlen unmöglich ist und dass dieselben oft
schwere Dermatitiden hervorrufen, die in Epitheliome übergehen können,
Nachteile, die bei der Finsenbehandlung nicht vorhanden sind, weshalb
dieselbe mehr geprüft zu werden verdient.
Köster (Gothenburg).
Das Thiosinamin als Heilmittel. Von L. P. Wolf. Arch. f. klin.
Chir., Bd. Ti XX XTT, 1. Heft.
Angeregt durch einen Fall eigener Beobachtung, hat Verf. die
Literatur über obiges Heilmittel studiert und kommt zu folgendem Er¬
gebnis: Die Verwendung des Thiosinamins resp. Fibrolysins ist bei
Keloiden und störenden Hautnarben dank seiner lymphagogen, hyper-
ämisierenden, chemotaktischen Wirkung in Verbindung mit anderen Heil¬
methoden zu empfehlen, ebenso bei Sklerodermie und anderen Haut¬
prozessen. Auch bei Dupuytren’schen Kontrakturen kann obiges
Mittel versucht werden, doch muss bei Erfolglosigkeit desselben bald zu
anderen Methoden geschritten werden. Die Verwendung des Thiosinamins
zur Erweichung von Narben an inneren Organen ist absolut zwecklos
und wegen eventueller Verzögerung eines notwendigen chirurgischen Ein¬
griffes zu verwerfen, ebenso muss überall dort, wo latente Entzündungs¬
herde im Körper sind, das Mittel vermieden werden.
Victor Bunzl (Wien).
Ein Beitrag zur Stauungsbehandlung. Von 0. Put zier. Arch. f.
Denn. u. Syph., Bd. LXXXV, 1.—3. Heft, 1907, p. 37.
P. hat in einer Reihe von dermatologisch-venereologischen Fällen
mit der Saugbehandlung nach Bier-Klapp sehr günstige Erfolge er¬
zielt. Besonders bei venerischen Bubonen trat rasche Abnahme der
Schwellung und der Schmerzhaftigkeit ein. In einem Falle gingen trotz
schon bestehender Fluktuation die Bubonen auf Stauungsbehandlung hin
zurück. Ebensogut waren die Resultate bei Epididymitis, Furunkeln
und verschiedenen anderen Hautkrankheiten.
von Hofmann (Wien).
Therapeutische Mitteilungen aus der Hautkrankenahteilung des
städtischen Krankenhauses zu Frankfurt am Main. Von K.
Herxheimer u. W. Ipsen. Arch. f. Denn. u. Syph., Bd. LXXXH,
1. Heft.
Zunächst berichten H. und I. über ein neues Silberpräparat zur
Behandlung der weiblichen Gonorrhoe. Es handelt sich um eine Silber¬
seife, welche durch Hinzufügen einer Olein-Ammoniaklösung zu einer
Silbernitrat-Ammoniaklösung bereitet wird, so dass der AgN0 8 -Gehalt
5 °/ 0 beträgt. Dieses Präparat wird gewöhnlich in einer wässerigen
Lösung von 1 : 5 verwendet.
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Weiterhin besprechen H. und I. einige Perborate, von denen sie bei
verschiedenen Hautkrankheiten (Ekzem, Seborrhoe, Akne, Hyperidroeis)
gute Erfolge erzielt haben. von Hofmann (Wien).
Zur Frage der posthypnotiscben H&utphänomene. Von D. C. JOs¬
wald u. Kreibich. Monatsh. f. prakt. Denn., Bd. XLUI, No. 11.
Die Verf. kommen zum Schlüsse, dass es möglich ist, durch hyp¬
notischen Auftrag Blasenbildung mit Entzündung zu erzeugen. Die Ent¬
zündung ist eine angioneurotische, sie entsteht durch direkte „postreflek¬
torische“ Beizung des Sympathikus, wohl vorwiegend durch Beizung der
Vasodilatatoren. von Hofmann (Wien).
IQ. Bticherbesprechnngen.
De certaines infections second&ires d’origine buccale. Von Henry
Ferrö. Thöse de Paris 1906. G. Steinheil.
F. bespricht die verschiedenen Formen der Stomatitis resp. die
ätiologischen Verhältnisse derselben; fast alle zeigen ausser spezifischen
auch saprophytische Bakterien. Weiss (Prag).
Des gastro-entärites du nourisson. Von L. Heunon. Thöse de
Paris 1906, Bonvalot-Jouve.
Verf. bespricht unter anderen 2 Arten von Gastroenteritis beim
Säugling; zunächst die sogenannte spastische Säuglingsenteritis (Maladie
spasmodique intestinale du nourisson), von der er hervorhebt, dass sie
ätiologisch nichts mit Mikroorganismen zu tun hat, ferner die Säuglings¬
dysenterie, bei der er stets schon in den ersten Tagen der Erkrankung
den B. dysenteriae Flexner nachgewiesen hat. In den späteren
Stadien der Krankheit ist der betreffende Bacillus schwerer nachzu¬
weisen, seine Anwesenheit wird jedoch durch die Agglutination festge¬
stellt. Nach Verf. sind der Flexner’sche und der Shiga’sche Bacillus
identisch; er ist spezifisch für die Dysenterie im Kindesalter.
Schrumpf (Strassburg).
Contribution k l’dtude de la hernie intercostale abdominale. Von
Alquier. Thöse pour le doctorat en mödecine. Steinheil, Paris 1906.
Die Arbeit befasst sich mit den von Haut bedeckten Hernien des
Bauchinhaltes, die in einem Intercostalraum zum Vorschein kommen.
Die Affektion ist sehr selten, Verf. bringt im ganzen 9 Kranken¬
geschichten (1819—1905).
Zum Zustandekommen der Hernie ist es nötig, dass gleichzeitig
Zwerchfell und Intercostalraum verletzt werden, was in der Begel durch
scharfe Instrumente, selten durch Kontusion, stumpfe Gewalt bewirkt
wurde. Direkte Muskelzerreissung bei letzterem Modus ist wohl unwahr-
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scheinlich, eher ist eie bedingt durch die Fragmente der fr&kturierten
Sippen. Die Hernie kann eich gleich nach dem Trauma oder einige
Zeit später zeigen; in diesen Fällen mag die EntstehungsurBache die
sein, dass die sei ee operativ, sei es spontan entstandene Muskelnarbe so
schwach ist, dass bei der nächsten Gelegenheit die Hernie recidiviert.
Die Hernie ist immer links, und zwar nur vom 6. Intercostalraum an,
vor der mittleren Axillarlinie. Der 11. Intercostalraum, so wie die vorderen
Partien der anderen und die der rechten Seite sind durch Muskulatur,
bzw. Baucheingeweide zu gut geschützt.
Die Wunden im Zwerchfell und in der Intercostalmuskulatur müssen
parallel zueinander sein; sind sie es nicht, so entsteht eine traumatische
Zwerchfellhemie, wie sie ja viel öfter vorkommt. Bei den Intercostal-
hernien sitzt die Zwerchfellwunde im wenig beweglichen Anteil nahe
der Insertion an den Hippen.
Die Intercostalheraie ist entweder als rundlioher Tumor sichtbar
oder kommt erst beim Husten zum Vorschein; die Grösse schwankt
zwischen Nuss- bis über Faustgrösse. Der Inhalt der Hernie ist am
öftesten Netz, das durch die chronische Entzündung mit den übrigen
Schichten verwachsen ist; selten ist der Inhalt Magen, Colon transversum
oder Dünndarm. Danach ist auch der Palpations- und Perkussionsbefund
verschieden. Ist die Hernie reponibel, so kann man die Durchtritts¬
öffnung, die von den Hippen und der Muskulatur begrenzt ist, tasten,
sie ist 1—2 Querfinger weit. Die Auskultation der Hernie kann, wenn
es sich um den Magen handelt, Aufschluss geben. Symptome sind:
Schmerzen und Verdauungsstörungen. Bei Anstrengungen und bei ad-
härentem Bruchinhalt können sich die Symptome einer incarcerierten
Hernie einstellen.
Die Diagnose ist bei der Seltenheit der Affektion nicht leicht. Die
Hernie ist stets traumatischen Ursprungs; sie kann verwechselt werden
mit Tumoren der Hippen, kalten Abscessen, Hämatomen, Lipomen,
Aneurysmen der A. intercostalis, Empyema necessitatis und besonders
mit Pneumocele. Steht die Diagnose einmal fest, so bandelt es sich
um den Inhalt, über den man sich ausser durch Perkussion, Palpation
und ev. Auskultation durch Lufteintreibung per rectum, Hadiographie
Klarheit verschaffen soll.
Die Therapie ist palliativ oder radikal, palliativ (durch Bandagen)
nur dann, wenn eine Kontraindikation gegen die Operation besteht.
Radikaloperation ist Methode der Wahl. Vorsichtige schichtenweise
Durchtrennung bis auf den Bruchinhalt, ev. stumpfe oder scharfe Lösung
der Adhäsionen, Aufsuchung und Naht des Peritoneum parietale, endlich
Verschluss der Bruchpforte; letzterer geschieht entweder durch Nähen
der getrennten Intercostalmuskulatur oder durch Annäherung der Hippen
mittels Umschlingung derselben durch kräftige Seide und Knüpfen der
Fäden oder endlich durch plastischen, muskulären Verschluss aus der
Umgebung. H. Paschkis (Wien).
Gehirn und Kultur. Von Georg Busch an. Grenzfragen des Nerven-
und Seelenlebens, Heft 44. Wiesbaden. J. F. Bergmann, 1906.
Bevor Verf. auf sein eigentliches Thema über den Einfluss der
fortschreitenden Kultur auf das Hirnvolumen eingeht, befasst er sich in
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mehreren Kapiteln mit der Frage, ob ein grösseres and schwereres Ge¬
hirn als ein Kriterium höherer geistiger Leistungsfähigkeit zu betrachten
ist. Auf Grund äusserst sorgfältiger kritischer Prüfung der Literatur
und eigener Berechnungen vertritt er den Standpunkt, dass eine ver¬
mehrte Schädelkapazität bzw. grösserer Horizontalumfang einem grösseren
Hirnvolumen bzw. besser entwickelterer Intelligenz entspreche.
Seine weiteren Betrachtungen führen ihn zu dem Ergebnis, dass
auf der einen Seite die zunehmende Kultur zwar das Himvolumen ver¬
mehrt und den Menschen durch Steigerung seiner geistigen Fähigkeiten
auf eine höhere Intelligenzstufe erhebt, dass aber auf der anderen Seite
wieder gleichsam als Aequivalent dafür die überhandnehmende Kultur
das menschliche Gehirn leichter invalid und empfänglicher macht, auf
die auf dasselbe einstürmenden Beize mit Erkrankung zu reagieren. Wie
es den Anschein hat, macht sich dieser Nachteil in höherem Grade bei
Völkern bemerkbar, die plötzlich der Segnungen der Kultur teilhaftig
werden, ohne vorher die verschiedenen Stufen der Zivilisation langsam
erklommen zu haben. Die äusserst klar und anschaulich geschriebene
Studie bringt dem Arzt und Anthropologen viel Wertvolles und kann
daher allen, die sich für solche allgemeine Fragen interessieren, auf das
wärmste zum Studium empfohlen werden. v. Rad (Nürnberg).
Handbuch der praktischen Chirurgie. Herausgegeben von E. von
Bergmann und P. von Bruns. Dritte umgearbeitete Auflage.
IV. Band. Chirurgie des Beckens. Stuttgart. Verlag von Ferdinand
Enke. 1907.
Der IV. Band beginnt mit einer Abhandlung „Verletzungen und
Erkrankungen des Beckens“ von Prof. Steinthal in Stuttgart. Den
zweiten Abschnitt bilden „die Verletzungen und Erkrankungen der Nieren
und Harnleiter tf von Prof. M. Schede (Bonn) in der neuen Bearbeitung
von H. Kümmel und Gr aff. In diesem Kapitel finden zunächst die
Untersuchungsmethoden der Niere und speziell die funktionelle Nieren¬
diagnostik eine eingehende Würdigung. Hierauf besprechen die Verff.
die einzelnen Erkrankungen der Niere, deren Pathologie, Symptome und
Behandlung. Besonders die Indikationen zu den verschiedenen Opera¬
tionen werden genau präzisiert. Der dritte Abschnitt handelt von den
„Verletzungen und Erkrankungen der Blase und der Vorsteherdrüse“
und ist vom kürzlich verstorbenen Prof. M. Nitze (Berlin) und von
Prof. E. Sonnenburg (Berlin) bearbeitet. Nach einer kurzen Schilde¬
rung der Untersuchungsmethoden behandeln die Verff. successive: die
Bildungsfehler der Blase, die Verletzungen derselben, die Fremdkörper
und Hernien dieses Organes sowie die Cystitis, ferner die Blasensteine.
Nitze ist der Ansicht, dass für kleine und mittelgrosse Steine bei
sonst normalen Organen die Lithotripsie die einzige zulässige] Operation
ist, nur bei sehr grossen Steinen und schwerer Cystitis ist die Sectio
alta vorzuziehen. Weitere Kapitel behandeln die Blasengeschwülste und
die Chirurgie der Prostata.
Im fünften Abschnitt besprechen Prof. F. v. Bramann (Halle)
und C. Rammstedt (Münster) die „Verletzungen und Erkrankungen
der Harnröhre“. Vielleicht zum ersten Male in einem chirurgischen
Werke wird der Wert der Urethroskopie einigermassen gewürdigt, auch
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beschreiben die Verff. bei der Behandlung der Strikturen einige von
Oberländer und seinen Schülern herrührende Instrumente.
Es folgt nun der fünfte Abschnitt „Verletzungen und Erkrankungen
des Penis u von Prof. v. Bramann und C. Rammstedt. Den Schluss
des Bandes bilden die „Verletzungen und Erkrankungen des Hodensacks,
der Hoden, der Samenstränge und der Samenblasen tf von Prof. v. Bra¬
mann (Halle). von Hofmann (Wien).
Inh
I. Sammel-Referate.
Hofmann, Karl Ritter von, Die
Cystinurie, p. 720—730.
II. Referate.
A. Tetanus.
Vincent, Contribution k l’etude du
t£tanos dit medical ou spontane, p. 730.
Busch, M., Beitrag zur Tetanusfrage,
besonders zur Frage der präventiven
Antitoxinbebandlung, p. 731.
Riedl, Zur Starrkrampfserumbehandlung,
P* 731*
Suter, A., Lokale subkutane und sub¬
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nebst Bemerkungen über die Tetanus-
propbylaxe, p. 731.
Fricker, £., Beiträge zur Kenntnis der
therapeutischen Resultate, speziell der
Resultate der Serumtherapie bei Tetanus,
P* 732-
Läwen, A., Experimentelle Untersuchun¬
gen über die Möglichkeit, den Tetanus
mit Kurarin zu behandeln, p. 733.
B. Thyreoidea.
Monnier, Klinische Studien über die
Strumektomie an der Hand von 670
Kropfoperationen, p. 733.
Vermes, M„ Mit Möbius’schem Serum
behandelter und wesentlich gebesserter
Fall von Morbus Basedow!, p. 735.
Payr, E. u. Martina, A., Ueber wahre
laterale Nebenkröpfe; pathol.-anatom.
und klinische Beiträge, p. 736.
Ferenczi, A., Tetanie-Fälle, p. 736.
C. Darm.
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darmvolvulus mit einem Meckel’schen
Divertikel nebst einigen Worten über
„subacuten Ileus“ und über Gastrostomie
bei Dünndarmparalyse, p. 737.
alt.
I Lennander, K. G., Ett fall af tunn-
tarmsvolvulus vid ett Meckels divertikel
jämte nägra ord om „subacut ileus“
och om gastrostomi vid tunntarmspara-
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Maylard, A. E., Simple colonic ad-
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dell’ enterosigmoidite, p. 745.
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Funktion des restierenden Parenchyms,
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Cheyne, W. W., Two cases of inter-
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mitlent hydronephrosis treated by Ope¬
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Israel, J., Die Endresultate meiner
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Schlucht, A., Zur Kenntnis der diph-
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Schlasberg, H. J., Om hudepiteUom
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Put zier, O., Ein Beitrag zur Stauungs¬
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Herxheimer, K. und Ipsen, W.,
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Hautkrankenabteilung des städtischen
Krankenhauses zu Frankfurt am Main,
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JOswald, D. G und Kreibich, Zur
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daires d’origine buccale, p. 764.
Heunon, L., Des gastro-entörites du
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hemie intercostale abdominale, p. 764.
Busch an, G., Gehirn und Kultur, p. 765.
Bergmann, E. von u. Bruns, P. von,
Hemdbuch der praktischen Chirurgie,
p. 766.
Um Einsendung von Monographien und Büehern an den Redakteur Pro f ee t o r
Dr. HERMANN SCHLESINGER, Wien, I, Ebendorferstrasse 10, wird gebetea.
Man bittet, redaktionelle Zuschriften mit dem Adrestensmsatx „Für die Redaktion des
Centralblattes für die Grenzgebiete 41 versehen xu wollen«
Lippert & Ca (G. P&tz’sche Bachdr.), Naumburg a. 8.
Gch igle
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
CENTRALBLATT
für die
Qrenzgebiete der Medizin u. Ghirurgie.
Herausgegeben von
Dr. Hermann Schlesinger,
Fnhuor an dar ünivenitat Wtan.
Verlag von 6U8TAY FISCHEB in Jen«.
X. Band, j Jena, 26. Oktober 1907.
Nr. 20.
Das Centralblatt für die Grenzgebiete der Medizin nnd Chirurgie erscheint in
zwanglosen Heften im Umfange von etwa 3 Druckbogen, die za einem Bande
vereinigt werden, dessen Umfang 60 Druckbogen betragen wird. Das Abonne¬
ment für das Centralblatt kostet 24 Mark für den Band. — Die Abnehmer
der Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, herausgegeben
von A. von Eiseisberg und B. Naunyn, erhalten das Centralblatt
zum Vorzugspreise von 20 Mark.
L Sammel - Referate.
Die Cystinurie.
Von Dr. Karl Ritter von Hofmann (Wien).
✓ (Schluss.)
Literatur.
128) Scherer, Chem. Jahresber. 1857, p. 561.
129) Schlossberger, Ein Fall von Cystinstein. Württemb. Korrespondenzbl.
1857, Bd. XXVII, p. 175.
130) Schmidt und Strassburger, Die Untersuchung der Fäces. Berlin
1902/3.
131) Schöllberg und Garrod, A case of cystinuria with diaminuria. Lancet,
24. August 1901.
132) Schweig, Ein Fall von aus Cystinoxyd bestehenden Nierensteinen. Heidelb.
Annal. 1848» Bd. XIII.
133) S^galas, Essai sur la graveile et la pierre 1839, p. 85.
134) Shattock, Transact. Path. Soc. 1879/80, Bd. XXXI, p. 182.
135) Simon, Cystinuria and diaminuria. Amer. Joura. of med. Scienc. 1900,
Bd. CXIX, p. 39.
136) Simon und Campbell, Ueber Fütterungsversuche mit Cholalsäure bei
Cystinurie. Beitr. z. ehern. Phys. und Path. 1904, Bd. V.
137) Dies., A contribution to the study of cystinuria. John Hopkins Hosp.
Bull. 1904, Bd. XV, p. 365.
138) Simon, Ueber Füttenmgsversuche mit Monoaminosäuren bei Cystinurie.
Zeitscbr. f. physiol. Chemie 1905, Bd. XLV, p. 357.
139^ Smith, Cystinuria. Practitioner 1898, p. 475.
140) South am, Notes on a case of cystine calculus diagnosed before Opera¬
tion. Brit. med. Journ. 1876, Bd. II, p. 817.
141) Ders., Two cases of cystine calculi. Brit. med. Journ. March 2. 1907.
142) Spiegel, Ueber die Zusammensetzung von Nierensteinen. Maly’s Jahr¬
bücher 1891.
Centralblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 49
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770
143) Stadthagen, Zur Kenntnis der Cystmurie. Virchow’* Archiv 1885»
Bd. C, p. 416.
144) Ders., Ist anzunehmen, dass der normale menschliche Harn Cystin oder
diesem nahestehende chemische Verbindungen enthalte? Zeitschr. L physioL Chemie
1886, Bd. IX, p. 129.
145) Ders. und Brieger, Ueber Cystinurie. Berliner klin. Wochenschr. 1889,
No. 16.
146) Strasser, Diskussion zu Brik’s Vortrag.
147) Straus s, Zur Funktionsprüfung der Leber. Deutsche med. Wochenschr. 1901.
148) Stromeyer, Annals of Philos. New series 1824, Bd. Vm, p. 146.
149) Suter, Ueber die Bindung des Schwefels im Eiweiss. Zeitschr. f. physioL
Chemie 1895, Bd. XX, p. 564.
150) Ders., Ueber Benzoylcystin. Zeitschr. f. physiol. Chemie 1895, Bd* XX,
p. 562.
151) Thaulow, Liebig’s Annalen, Bd. XXVH, p. 197, und AnnaL d. chimie et
de phys., Bd. X^III, p. 328.
152J Thompson, Transactions Path. Soc. 1870, Bd. XXI, p. 272.
153) Thorndike, A case of cystin calculus in the male bladder. Boston med.
and Surg. Joum. 1898, Bd. CXXXVIII, p. 367.
154) T o e 1 , Beobachtungen über Cystinbildung. Annal. d. Chem. u. Pharmak.
1855, Bd. XCVI, p. 247.
155) v. Udransky und Bau mann, Ueber das Vorkommen von Diaminen,
sogenannten Ptomainen bei Cystinurie. Zeitschr. f. physiol. Chemie 1889, Bd. XIII,
p. 562.
156) Ultzmann, Ueber vier Falle von an Cystinsteinen operierten Kranken.
Wiener med. Wochenschr. 1871, No. 13.
157 ) Venables, Quart. Journ. of Scienc., Lit and Arts. New series 1830, p. 30.
158) War bürg, Cystinurie. Alig. ärztl. Verein zu Cöln, 22. November 1897.
Münchener med. Wochenschr. 1898, No. 24.
* 59 ) Wasserthal, Beitrag zur Kasuistik und Aetiologie der Cystinurie.
Centralbl. f. Harn- und Sexualorgane 1904, p. 121.
160) Weiss, Urin mit Cystinkristallen. Prager med. Wochenschr. 1888, No. 13.
161) Whitney, A case of cystinuria with renal calculus. Boston med. Joum.
1879, Bd. II, p. 23.
162) Willis, Urinary diseases and their treatment London 1838, p. 109.
163) Winterstein, Ueber eine Methode zur Abscheidung der organischen
Basen aus den Phosphorwolframsäureniederschlägen und das Verhalten des Cystins
gegen Phosphorwolframsäure. Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. 34, p. 153.
164) Wohlgemuth, Ueber die Herkunft der schwefelhaltigen Stoffwechsel¬
produkte im tierischen Organismus. Zeitschr. f. physiol. Chemie 1904, Bd. XL, p. 81.
165) Wolff und Swarsensky, Diskussion zu Cohn’s Vortrag. Berliner klm.
Wochenschr. 1899.
166) Wollaston, On cystic oxyde, a new species of urinary calculus. Philos.
Transact. London 1810, p. 223.
167) Wood, Two cases of cystinuria. Boston med. Joum. 1879, Bd. II, p. 4.
168) Yelloly, Philos. Transact. Royal Soc. of London 1829, p. 30.
Ein weiteres ätiologisches Moment für die Entstehung der Cystin*
urie bildet die Erblichkeit. Bei einer grossen Anzahl der an Cyatin-
urie Leidenden kann man konstatieren, dass der eine oder andere
Verwandte an dem gleichen Uebel leidet oder dass Steinkrank¬
heiten oder wenigstens arthritische Diathese in der Verwandtschaft
häufig sind. Man hat daher, wenn diese Erscheinungen besondere
deutlich zutage treten, eigene Cystinfamilien beschrieben. (Pfeiffer 111 )
bei 4 Personen, Cohn* 8 ) bei 7 Personen, Brik 84 ) bei 2 Per¬
sonen, Strasser 146 ) bei 7 Personen, Lichtenstern**) bei
2 Personen, Toel 164 ) bei 4 Personen, Pfeiffer 114 ) bei 2 Pa¬
tienten, Marcet 89 ), Golding-Bird 6 *) u. a.)
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Die Cystinurie ist eine seltene Erkrankung. Simon und
Campbell 187 ) konnten bis zum Jahre 1904 131 Fälle sammeln.
Seither sind, soweit ich die Literatur überblicke, 22 Fälle hinzu*
gekommen, so dass die Gesamtzahl aller Patienten 153 beträgt.
Die bis jetzt beschriebenen Fälle sind in folgender, zum grossen
Teile der Arbeit Simon’s und CampbeH’s 187 ) entnommener
Tabelle znsammengestellt:
Autor Alter Geschlecht
3 «
4 *
5 -
6 .
7 -
8 .
9 *
10.
11.
12 .
13 -
14.
15-
16.
17.
18.
19-
20.
21.
22.
23-
24.
25*
26.
27.
28.
29.
30.
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32.
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40.
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42.
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Schlossberger
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»»
Golding-Bird
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n
11
11
Bartel
Bary
Johnson
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Ivancich
Ultzmann
it
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—
Autor
Alter
Geschlecht
52 *
UlUmann
7 Jahre
männlich
53 -
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35 »
11
54 -
Müller
30 11
11
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57 *
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11
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11
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64.
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weiblich
65.
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31 Jahre
weiblich
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11
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11
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männlich
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Bruder von 69
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männlich
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11
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11
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Roberts
57 .1
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11
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weiblich
76.
Stadthagen
13 1,
männlich
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weiblich
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weiblich
80.
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weiblich
82.
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männlich
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weiblich
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Bruder von 84
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Schwester von 84
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8 ,1
männlich
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weiblich
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33 ».
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11
100.
ii
11
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101.
ii
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Mutter von 99—100
102.
Himmelstjema
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weiblich
103.
Swarzensky
?
männlich
104.
Simon
?
11
105.
11
?
11
106.
11
?
11
107.
11
?
11
108.
War bürg
22 Jahre
weiblich
109.
Cammidge-Garrod
22 „
männlich
HO.
Reid
32 1.
11
III.
Lafleur
23 1.
weiblich
112.
Lewis-Simon
46 1,
11
113 .
Gamgee
12 11
männlich
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Autor Alter Geschlecht
114.
Percival
50 Jahre
weiblich
Gilbert
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?
116.
Abderhalden
21
Monate
männlich
117.
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}
?
118.
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?
?
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yy
}
?
120.
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}
?
121.
Riegler
?
?
122.
Be nee-Jones
?
}
123.
Risdon-Bennet
?
?
124.
Church
?
)
125.
Thompson
?
?
126.
Heath
?
?
127.
Shattock
?
?
128.
Heath
?
?
129.
Ord
?
?
130.
Bowlby
?
?
131-
Jacobson
?
?
132.
Bödker
26 Jahre
weiblich
1 33 *
yy
XI
yy
männlich
* 34 -
Abderhalden-Schittenhelm
34
yy
yy
13 S-
Loewy-Neuberg
54
yy
yy
136.
Alsberg-Folin
23
yy
yy
137 .
Southam
32
yy
yy
138.
yy
22
yy
weiblich
139 .
Wasserthal
39
yy
männlich
140.
Marriot-Wolf
65
yy
weiblich
141.
Lichtenstern
34
yy
yy
142.
yy
?
männlich (Bruder von 142)
143 -
Garrod-Hurtley
?
Knabe
144.
Brik
19
yy
männlich
145.
yy
22
yy
weiblich
146.
Strasser
>
?
147 .
yy
?
?
148.
yy
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149.
yy
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}
150.
yy
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)
151.
yy
?
?
152.
yy
?
Mutter von 146 — 151
153 .
Pollatschek
?
?
Wir ersehen ans dieser Tabelle, dass in 116 Fällen, bei denen
das Geschlecht angegeben ist, es sich 76 mal nm männliche (66 °/ 0 )
und 41 mal um weibliche (36 °/ 0 ) Individuen handelt. Was das Alter
betrifft, scheint die Erkrankung mit Vorliebe im jugendlichen Lebens*
alter aufzutreten.
Die störende Wirkung des Cystins im Organismus beruht, wie
Bödker 18 ) betont, auf seiner Schwerlöslichkeit. Infolgedessen
kommt es leicht zur Konkrementbildung in der Niere und der Blase«
mit allen ihren Erscheinungen. Die Cystinsteine sind gelblich,
wachsartig, weich, gewöhnlich ziemlich klein, öfters multipel. Durch
Röntgenstrahlen sind sie leicht nachweisbar, da sie, was die Dichte
des Schattens betrifft, nach Kienböck 18 ) und Morris 101 ) die
Uratsteine übertreffen.
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Ihre Zertrümmerung mit dem Lithotriptor bereitet keine
Schwierigkeiten.
Die Cystinurie ist ein chronisches Leiden, welches meist durch
Jahre, oft das ganze Lehen hindurch besteht, mitunter aber nach
verhältnismässig kurzer Zeit verschwindet.
Die Prognose ist quoad sanationem keine besonders günstige,
hingegen quoad vitam gut. Am unangenehmsten für die Patienten
ist die schon früher erwähnte Neigung zur Steinbildung.
In therapeutischer Hinsicht sind, von der operativen Entfernung
der Steine abgesehen, nur wenige Erfolge zu verzeichnen. Nach
Bödker 18 ) müsste eine rationelle Behandlung darin bestehen, dass
man eine Steigerung des Oxydationsvermögens des Kranken bewirkt
oder dass man Substanzen verabreicht, welche mit dem Cystin inner¬
halb des Organismus durch Bildung leicht löslicher Substanzen rea¬
gieren. Während Cantani* 8 ) den Cystinurikern reine Fleischdiät
empfiehlt, findet Mester 96 ) keinen Zusammenhang zwischen der
Qualität der Diät und der ausgeschiedenen Cystinmenge und hält
die Cantanische Therapie für wertlos. Nach Wasserthal 16 *)
müssen wir in Anbetracht der dunklen Aetiologie der Cystinurie
von einer rationellen kausalen Therapie dieses Leidens vollkommen
absehen. Beale 1 *) hat bei seinem Patienten durch Behandlung
mit grossen Dosen von Ammoniumkarbonat (3,6 g pro die) Sistieren
der Steinbildung und Reduktion der Steinbildung auf einen ganz
geringen Grad erzielt.
Im folgenden sollen nun die seit der Arbeit von Simon und
Campbell 187 ) publizierten Fälle von Cystinurie, soweit mir die¬
selben in der Literatur zugänglich waren, kurz zusammengestellt
werden.
1 . Bödker 18 ). 26jährige Patientin mit einem erbsengrossen,
spontan abgegangenen Cystinstein. Aus dem Urin konnten durch
Schütteln mit Benzoylchlorid und Natronlauge Kadaverin und Pu¬
treszin dargestellt werden. Diese Ptomaine verschwanden allmählich
im Laufe von 2 Monaten. Nach einigen Jahren musste die Nephrek¬
tomie ausgeführt werden. Da auch die andere Niere affiziert war,
erfolgte der Tod einige Jahre später. FamilienanamneBe belanglos.
2 . Bödker 18 ). 11 jähriger Knabe mit erbsengrossem Cystin¬
stein. Im Urin keine Ptomaine nachweisbar.
3. Abderhalden und Schittenhelm 8 ). Der 34jährige
Patient litt Beit 18 Jahren an Cystinurie, Blasensteinbildung und
Cystitis. Neben Cystin war auch Tyrosin vorhanden (Rotfärbung mit
Müller’s Reagens).
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775
4. Loewy und Neuberg 9 ®). Der 54jährige Patient stammte
uns einer Familie, in welcher Steinleiden häufig sind. Seit 25 Jahren
bestanden Nierenkoliken, welche zu wiederholten Malen von Stein¬
oder Griesabgang gefolgt waren. Sonst war der Patient bis auf all¬
gemeine Nervosität gesund. Die Cystinurie wurde vor 20 Jahren
zum ersten Male konstatiert.
6 . Alsbery uud Polin 8 ). Der 23jährige Patient litt seit
12 Jahren an Cystinurie mit Steinbildung. Ein Bruder war stein¬
krank.
6 . South am 141 ). Dem 32 jährigen Patienten war vor 7 Jahren
nach heftigen Schmerzen in der linken Nierengegend spontan ein
kleiner Stein per urethram abgegangen. Vor 15 Monaten war eben¬
falls eine Nierenkolik aufgetreten. Seit 2 Monaten zeigten sich
Symptome eines Blasensteins. Derselbe wurde durch Sectio alta
entfernt. Er hatte eine pilzförmige Gestalt, seine Länge betrug 4,5,
seine Dicke nahezu 3,5 cm. Im Urinsediment waren nur zeitweise
Cystinkristalle nachweisbar. Von anderen Familienmitgliedern litt
keines an Cystinurie.
7. South am 141 ). Die 22 jährige Patientin litt seit 6 Monaten
an linksseitigen Nierenkoliken. Vor etwa einem Monat war ein
kleiner Cystinstein abgegangen, worauf Besserung eintrat. Im Urin-
sediment fanden sich Cystinkristalle in wechselnder Menge. Die
Familienanamnese war belanglos.
8 . Wasserthal 1 ®®). Der 39jährige Patient war im Anschluss
an einen akuten Gelenksrheumatismus an Harnbeschwerden erkrankt.
Ganz unerwartet kam es nach einigen Wochen zu vollständiger
Urinretention infolge Einkeilung eines Steines. Derselbe wurde in
die Blase zurückgestossen. Schon damals enthielt der Harn Cystin.
Seit dieser Zeit musste sich der Patient 2 mal der Lithotripsie unter¬
werfen. Die Steine bestanden aus reinem Cystin. Im Harn von
3 Kindern des Patienten konnte kein Cystin nachgewiesen werden.
9. Marriot und Wolf* 1 ). Die 66jährige sehr nervöse Frau,
welche öfters an Muskelrheumatismus gelitten hatte, war wegen Ca.
mammae aufgenommen worden. Im Urin fanden sich reichlich
Cystinkristalle; ausserdem konnten Diamine nachgewiesen werden.
Auffallend waren der reichliche Ammoniakgehalt sowie die Menge
der nicht bestimmbaren Stickstoffkörper. Familienanamnese be¬
langlos.
10 . Lichtenstern 88 ). Der 34jährige Patient litt seit
16 Jahren an Schmerzen in der rechten Nierengegend, welche in
der letzten Zeit viel intensiver geworden waren. In der rechten
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Nierengegend war bei der Aufnahme ein kleinfaustgrosser Tumor
tastbar, welcher auf der Röntgenplatte einen scharf umschriebenen
Schatten gab. Im Urinsedimente reichlich Cystmkristalle, und zwar,
wie die Segregation ergab, im Harne beider Nieren. Bei der von
Zuckerkandl vorgenommenen Nephrotomie fand man im Nieren¬
becken einen pflaumengrossen und 28 kleinere Cystinsteine.
11 . LichtenStern**). Der Bruder des vorigen Patienten
leidet ebenfalls an Nierenkoliken. An abgegangenen kleinen Kon¬
krementen wurde die Diagnose auf Cystinsteine gemacht.
12 . Garrod und Hurtley* 0 ). Es handelte sich um einen
Cystinstein bei einem Knaben. Im Urin konnten keine Diamine
nachgewiesen werden. Der Stein wurde operativ entfernt.
13. Brik* 4 ). Ein 19jähriger Mann, der an linksseitigen Nieren¬
koliken litt, welche vom Abgang von 10 Cystinsteinen gefolgt waren.
Im Urinsediment fanden sich reichlich Cystinkristalle.
14. Brik !4 ). Die 22jährige Schwester des vorigen leidet eben¬
falls an Cystinurie und Cystinsteinen.
16—21. Strasser 146 ) berichtet über eine Familie, bei der
Cystinurie mit Cystinsteinen in drei Generationen nahezu bei allen
Mitgliedern beobachtet wurde.
22 . Pellatschek 116 ) hat einen Fall beobachtet, wo die Cystin¬
kristalle nur im sauren, nicht im alkalischen Harn zu finden waren.
H. Referate.
A. Obere Luftwege, Kehlkopf, Trachea.
Three cases of acute suppuration in the maxillary antrum treated
by washing through the nasal cavity. Von A. Logan. The
Edinbourgh medical Journal, Vol. 20, August.
Fall 1. Eine 42jährige Frau, die seit längerer Zeit schon an
Coryza litt, akquirierte eine Influenza mit den typischen Symptomen.
6 Tage später quoll aus der rechten Nasenseite Eiter hervor, dazu
traten vermehrter Stirnkopfschmerz und heftige lanzinierende Schmerzen
im rechten Oberkiefer. Es wurde daher die Diagnose: acute Suppura¬
tion des rechten Antrum maxillare, ausgehend von der Nase, gestellt. Es
wurde nun eine Punktion gemacht, um Eiter zu entleeren, doch genügte
dies nicht; man musste ein kleines Lumen machen, um den Eiter zu ent¬
leeren. Sofort liessen die Schmerzen und Beschwerden nach. 6 Tage
darauf Heilung.
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777
Fall 2. Eine 47 jährige Frau litt an chronischem Nasenkatarrh und
neuralgischen Schmerzen in der linken Gesichtshälfte. Phenacetin und
andere ähnliche medikamentöse Mittel blieben erfolglos. Eine genaue rhinolo-
gische Untersuchung ergab dicken gelblich-grünen Eiter im linken mittleren
Meatus nasi. Operation wie im 1. Falle, die zur Heilung nach kurzer
Zeit (5 Tage) führte. Auch hier war die Diagnose „ acute Suppuration
des Amtrum maxillae 44 durch den operativen Eingriff bestätigt, der sich
ziemlich einfach durch Punktion von der Nasenhöhle aus gestaltete.
Fall 3. Eine junge Frau, die über Zahnschmerzen im rechten
Oberkiefer klagt, wiewohl keine Caries der Zähne nachweisbar war.
Patientin litt aber ausserdem an chronischem Nasenkatarrh, dem sie über¬
haupt keine Bedeutung beilegte. Die Schmerzhaftigkeit war seit 2 Tagen
vorhanden. Eine rhinologische Untersuchung bestätigte die Vermutungs-
di&gnose: acute Suppuration des Antrum. Eine Eröffnung von dem Nasen¬
boden aus liess reichlich Eiter abströmen. Nach 6 Tagen Heilung.
Was die bakteriologische Untersuchung in allen 3 Fällen betrifft,
so finden sich Pneumokokken und Staphylococcus aureus, zuweilen Bac.
buccalis, der auch bei Caries dentium vorkommt.
Leopold Isler (Wien).
An nnnsual cause of sudden death. Von Berthram Thronton.
Lancet, 83. Jahrg., 2. Dez.
Ein 28 Jahre alter Mann, gesund und kräftig, wird nach Aufnahme
einer Mahlzeit in einem Klosett tot aufgefunden.
Die Autopsie ergibt normale Herzklappen, muskuläre Substanz gut
entwickelt, linker Ventrikel kontrahiert, Herz blutleer.
Nur die Gefässe an der Hirnoberfläche waren gefüllt. Im Oeso¬
phagus Spuren von regurgitierter Nahrung, desgleichen in der Trachea
und im Larynx, doch nicht genug, um die Luftpassage in den Lungen zu
verhindern.
Bei dem Bestreben, den Darm zu entleeren, kam es zu einem Re-
gurgitieren der halbverdauten Nahrung in den Larynx; dies verursachte
einen Glottiskrampf. Die gezwungene Haltung in dem schmalen Klosett
machte es unmöglich, die Atmung wieder einsetzen zu lassen, wodurch
Hemmung der Herztätigkeit und in der Folge Aufhören derselben ein¬
traten. Herrnstadt (Wien).
Note on a case of angio-neurotic oedema of the larynx. Von
Charles Birch. Lancet, 5. Januar 1907.
Der Patient, ein 8 jähriger Knabe, erwachte plötzlich um 12 h
nachts mit Schmerzen im Halse, besonders beim Schlucken. Um 2 h
wiederholte sich der Anfall mit rapider Atmung und Temperatursteigerung
auf 102°, daneben bestand Erbrechen ohne abdominale Beschwerden.
Um 4 b war Patient blass, cyanotisch und dyspnoisch, es bestanden Nasen¬
flügelatmen und Stridor. R. 28, P. 140. Die untere Thoraxapertur
wurde deutlich eingezogen. Im Halse war nur eine mässige Entzündung der
Tonsillen sichtbar. Wegen Diphtherie verdachtes wurde eine Seruminjek¬
tion gemacht, gleichzeitig Ipecacuanha verabreicht, worauf Erbrechen ein¬
trat. Am Morgen fühlte sich Patient wohler, auch die Schluckbeschwerden
waren wesentlich verringert, nur die Temperatur blieb auf 102 0 F. Die
Untersuchung des tonsillären Belages ergab ein negatives Resultat.
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Dieser Anfall schien in mehrfacher Beziehung ähnlich dem Bron¬
chialasthma, die Hauptunterschiede waren: der Thorax war, statt fixiert
zu sein, in excessiver Bewegung, die im Anfang hohe Temperatur fiel
am Ende des 2. Tages ab, jede Expektoration fehlte. In der Familie
des Patienten litten beide Grosseltern an Asthma.
Herrnstadt (Wien).
Zur Sonnenlichtbehandlung der Kehlkopftuberkulose. Von Baer.
Wiener klin. Wochenschr., 19. Jahrg., No. 10.
B. wandte in einigen Fällen die S o r g o’sche Sonnenbestrahlung
des Kehlkopfes an und erzielte in 2 Fällen einen so ausgezeichneten
Erfolg, wie er ihn bei anderen Behandlungsmethoden nicht beobachtete.
Bei einigen anderen Fällen war der Erfolg weniger günstig oder blieb
ganz aus. Da die Kur ziemlich anstrengend ist, kann man ihr fiebernde
oder schwache Patienten nicht unterziehen. Wiemer (Aachen).
Das Tuberkulin in der Behandlung der Kehlkopftuberkulose. Von
0. Koepke. Beiträge zur Klinik der Tuberkulose, herausgegeben
von L. Brauer. Bd. IV, Heft 1. Würzburg, A. Stuber’s Verlag.
Der Verf. ist ein Anhänger der Tuberkulinbehandlung bei tuber¬
kulösen Prozessen. Bei Kombination von leichter Kehlkopftuber¬
kulose mit Lungentuberkulose ist bei nicht zu schwerer Lungen¬
erkrankung und erfolgloser Lokalbehandlung eine vorsichtige Tuberkulin¬
behandlung gerechtfertigt. Bei Kombination von schwerer Kehlkopf- mit
schwerer Lungentuberkulose sind operative laryngeale Behandlung, ebenso
wie Tuberkulinbehandlung kontraindiziert. Die Fälle von gleichzeitiger
leichter Kehlkopf- und Lungentuberkulose erfordern nach R. eine Tuber¬
kulinbehandlung. Bei tuberkulösen Schwangeren, deren Kehlkopfaffektion
leichter Natur ist, ist nach R. unter allen Umständen „wegen der nicht
geringen Aussicht, Mutter und Kind zu retten, der Versuch mit Tuber¬
kulin geboten“; dadurch ist die Wahrscheinlichkeit gegeben, die Indi¬
kationen für den künstlichen Abortus wesentlich einzuschränken. (Diese
Auffassung möchte Ref. für etwas optimistisch halten.) Ist eine schwere
Larynxtuberkulose mit leichter Lungentuberkulose kombiniert und ist
eine chirurgische Larynxbehandlung untunlich (starke Empfindlichkeit,
Erregung des Kranken, schlechte Verträglichkeit der Anästhesierung),
so sollte Tuberkulinbehandlung eingeführt werden. In einem derart be¬
handelten Falle war eine noch nach 2 Jahren konstatierte Dauerheilung
eingetreten. Hermann Schlesinger (Wien).
Ein Beitrag zur Lehre der Therapie der durch Diphtherie be¬
dingten, strikturierenden Trachealnarben. Von Cnopf. Deutsches
Archiv für klin. Medizin, Bd. LXXXIV.
Die Schuld der dekubitalen Intubationsschäden ist nicht allein
dem mechanischen Moment zuzuschreiben; die Vulnerabilität der Kehl¬
kopf- und Trachealschleimhaut steht entschieden unter dem Einfluss ver¬
schiedener Faktoren, zu denen wohl die Dyspnoe an sich, das Fieber,
das Alter der Erkrankten, vor allem aber die diphtherische Infektion
mit ihren verschiedenen Virulenzgraden zu rechnen sind. So hat Verf.
bei einem 3 jährigen Mädchen, das an schwerer Diphtherie erkrankt war,
am 5. Tage die spontane Entstehung blutig suffundierter Geschwüre in
der Nähe der Aryknorpel und des Ringknorpels beobachtet. Mitteilung
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zweier Fälle von Dauerintubation durch viele Wochen, von denen einer
plötzlich aus unbekannter Ursache nach ein Jahr langer Behandlung starb.
Die Todesursache wurde auch durch die Sektion nicht gefunden (Posticus-
lähmung?), in der Trachea keine strikturierende Narbe. Der 2. Fall
wurde durch 504 Tage mit kurzen, nur Stunden währenden Pausen in-
tubiert und geheilt. Verf. glaubt, dass derartige Beobachtungen deutlich
für den Wert und die Bedeutung der Dauerintubation zur Beseitigung
der nach Diphtherie entstandenen strikturierenden Trachealnarben sprechen.
Raubitschek (Wien).
A case of extensive rnptnre of the trachea with complete detach-
ment of the left bronchns withont external injury. Von J.
Leslie Barford. Lancet, 84. Jahrg., 1. Dez.
Ein 4 Jahre alter Knabe wurde von einem Wagen überfahren und
zeigte folgende Symptome: Die Atmung war dyspnoisch, hauptsächlich
abdominal, Cyanose namentlich des Kopfes, des Halses und der Arme,
doch war dieselbe nur intermittierend vorhanden, Halsvenen waren vor¬
springend und pulsierend. Die Blutung aus dem Munde stand bald still;
das Kind zeigte bedeutende Unruhe mit dem Bestreben, den Thorax
stets zu fixieren; über dem Manubr. sterni und der Basis des Halses
links bestand Emphysem, das sich bald auf das Gesicht erstreckte. Ob¬
jektiv war sonst nichts nachzuweisen. Der Schlund wurde von Blut
gereinigt und Sauerstoff zur Inhalation verordnet; bei einer raschen
Bewegung beim Aufsitzen verschlechterte sich abermals die Cyanose und
Patient starb trotz aller sofort getroffenen Massnahmen ca. 45 Minuten
nach dem Unfälle.
In der linken Pleurahöhle war eine geringe Menge Blut, die 5., 6.
und 7. Rippe der linken Seite waren nabe der Wirbelsäule frakturiert,
daselbst die Pleura pariet. eingerissen; die linke Lunge äusserlich nicht
verletzt, die Bronchien überfüllt mit Blut, das in die Lungensubstanz
extravasierte, auch rechts waren die Bronchien voll Blut. Um die
grossen Gefässe der Herzwurzel war ein grosses Blutcoagulum, der linke
Bronchus war von der Trachea an der Bifurkation abgetrennt, die Trachea
selbst von der Bifurkation einen Zoll lang nach oben entlang der linken
Seite der Trachealringe rupturiert; desgleichen war der linke Bronchus
zerrissen. Im Magen befanden sich grosse Mengen von Blut.
Die Ursachen der Dyspnoe waren offenbar folgende: 1. Die Ab¬
trennung des Bronchus von der Trachea. 2. Obturation der Bronchi
durch Blut. 8. Verringerte Aktion der linken Brustseite wegen des
Rippenbruches. 4. Verringerte Aktion des Diaphragmas infolge von
Ausdehnung des Magens. Die Cyanose des Kopfes und der oberen Ex¬
tremitäten sprach für Thrombose der Vena cava sup.; der intermittierende
Charakter hängt vielleicht damit zusammen, dass zeitweilig Trachea und
Bronchus besser apponiert waren.
Eine andere Erklärung für die Cyanose und Dyspnoe ist vielleicht
die, dass durch den Druck der inspirierten Luft aus der rupturierten
Trachea eine Kompression der Trachea und der Gefässe an der Hals¬
wurzel entstand.
Eine weitere Möglichkeit besteht in der Kompression der Vagi durch
den Druck des Blutextravasates oder der eingetretenen Luft.
Herrnstadt (Wien).
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Intratracheal injections. Von J. W. Gleitsmann. Med. Record,
Vol. 67, No. 12.
H. Green war der erste, der schon 1841, in der prälaryngosko-
pischen Zeit, an der Trachea direkte Eingriffe vomahm und die Schlund¬
sonde in eine Trachealwunde einführte. Später haben Ali so n und
Benne tt Medikamente auf die Trachea appliziert und über Erfolge
berichtet. Von verschiedenen Autoren wurde einerseits die Toleranz
der Luftröhre gegen Medikamente, andererseits ihre Fähigkeit, dieselben
zu absorbieren, geprüft. Bergeron applizierte in dieser Weise einem
Phthisiker sedative Mittel. Er injizierte durch die Haut in die Trachea.
Botey injizierte bis 50 g destillierten Wassers in seine eigene Trachea
und heilte einen Luetiker durch intratracheale Injektionen. Spätere
Autoren behandelten auf diese Weise, mit oder ohne Hilfe des Kehl¬
kopfspiegels, verschiedene Lungenaffektionen. Muir zieht das Verfahren
der inneren Anwendung von Opiaten bei Tuberkulose vor, indem er den
günstigen Einfluss auf die Schleimhautsekretion und die prompte Re¬
sorption hervorhebt. H u b b a r d ist nicht für die systematische An¬
wendung der Medikamente in den acuten Stadien der Tuberkulose,
fötiden Bronchitis etc., sondern will sie nur als Stimulantien und Ex-
pektorantien, nicht zum Zwecke der Absorption angewendet wissen.
Aus den bisherigen Untersuchungen folgt, dass die Injektionen unschäd¬
lich sind und häufig wirken, wenn eine andere Behandlungsmethode
versagt hat. Bleibt die medikamentöse Lösung in der Trachea, so ist
auch die Aufsaugung derselben zu erwarten. Die Wirkung ist ausserdem
antiseptisch. Die Verdauung wird nicht gestört. Verf. sieht die günstige
Wirkung auf die Tuberkulose in der Erleichterung oder Modifikation
der Schleimhautsekretion. Zur Behandlung kommen ferner Bronchi-
ektasien, Blennorrhoe, Asthma, chronische Tracheitis und Bronchitis,
tracheale Syphilis, Lungengangrän, vielleicht auch Pertussis. Camp¬
bell’s Empfehlung des Verfahrens bei Hämorrhagien ist wohl mit
grosser Vorsicht aufzunehmen. Zur Anwendung gelangen Menthol, Gua-
jacol, Creosotcarbonat, Bromoform, Terpentin etc. Als Vehikel ist nur
reines Oel zu benützen. Die Anwendung des Spiegels ist unerlässlich.
Die injizierte Menge beträgt 25 g. Verf. gebraucht zu den Injektionen
Hartgummikanülen, welche nicht so reizen wie jene aus Metall und be¬
liebig gekrümmt werden können. Karl Fluss (Wien).
6. Bauchhöhle.
Eventration of the diaphragma, with a report of a case. Von
J. Sailor und R. D. Rhein. Amer. Journ. of the Med. Sciences.
Vol. 129, April.
Die Eventration des Diaphragmas, zum ersten Male 1790 von J. L.
Petit beschrieben, besteht in einem Hochstande der linken Zwerchfells¬
hälfte, Dislokation der entsprechenden Eingeweide nach oben und des
Herzens nach rechts und Hypoplasie der linken Lunge. Die physi¬
kalischen Zeichen gleichen jenen der Hernia diapkragmatica. Die einen
Autoren zählen die Abnormität zu den Hernien, die anderen betrachten
die Hypoplasie der Lunge als das Hauptsymptom, die dritten die Dextro-
kardie, andere legen Gewicht auf den primären Zwerchfellsdefekt, wieder
andere nehmen eine erworbene Schädigung an.
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Der beschriebene Fall betraf einen 20 jährigen Farmer, der an Epi¬
lepsie litt und an einem schweren Typhus starb. Die Herzdämpfung
erstreckte sich vom dritten rechten Intercostalraum bis zur Leberdämpfung,
in der Richtung nach links bis 2 cm rechts vom Sternum. Links von
der vierten Rippe nach abwärts kein Atmungsgeräusch, Gurren und tympa-
nitischer Schall, dessen Grenze respiratorisch verschieblich war und der
bei Rechtslagerung bis in die hintere Axillarlinie reichte. Die Probe¬
punktion fiel negativ aus. Hinten unten eine bei Rechtslagerung ver¬
schiebliche Dämpfung (Milz). Während der dreiwöchentlichen Krankheit
bestand excessiver Durst. Das nach dem Tode aufgenommene Röntgen¬
bild zeigte das Herz nach rechts verlagert, darunter die Lebergrenze,
links die Grenzen des hoch aufwärts reichenden Zwerchfells. Bei der
Diagnose wurde an Pneumothorax, Hernia diaphragmatica, Lungenkaverne
und einfachen Zwerchfellshochstand gedacht. Ferner wären subphrenischer
Pyopneumothorax und einseitige Paralyse des N. phrenicus zu erwägen
gewesen.
Autopsiebefund: Angeborene Verbildung und Hypoplasie der linken
Lunge, kompensatorische Dehnung der linken Zwerchfellshälfte, Milztumor
mit septischen Infarkten, Lebertumor, acute Nephritis, typhöse Darm¬
geschwüre. Die Milz neben der Wirbelsäule gelegen (Dämpfung neben
dem Sternum), das Herz 5 cm nach rechts von der Mittellinie reichend.
In der Literatur fand der Verf. folgende 12 Fälle: 1. J. L. Petit.
Hernia diaphragmatica bei einer Frau mit Asthmaanfällen, welche durch
Nahrungsaufnahme beschwichtigt wurden. Der kürbisgrosse, in die Pleura¬
höhle sich erstreckende Tumor enthielt den Magen, das Colon und das
grosse Netz. 2. Lawrence (Sektionsfall). Die Leber in der rechten
Lendengegend, das Diaphragma links bis zur zweiten Rippe reichend
und den dilatierten Magen enthaltend, die linke Lunge faustgross, das
Zwerchfell linkerseits verdünnt. 3. Pyl (Hernia vera). Neugeborenes
Kind. Das Zwerchfell links verdünnt und dilatiert, Magen, Milz, das
Heum und eine Colonschlinge enthaltend. Dextrokardie. 4. Meckel.
Weiblicher Fötus. Die linke Zwerchfellshälfte dilatiert, Gedärme und
die Milz enthaltend. 6. Froriep. 19jähriges Mädchen, welches an
Dyspnoe, Erbrechen und Verdauungsbeschwerden litt. Bei der Autopsie
erschien die linke Zwerchfellshälfte sackartig in die Pleura reichend und
enthielt den Magen. Dextrokardie, das Zwerchfell abnorm dünn.
6. Marsh (Autopsiebefund). Das linke Diaphragma mit dem Magen
nach oben disloziert. Die Leber unter und vor dem Magen liegend.
7. Thoma. 75jähriger Mann, der an Peritonitis starb. Dislokation
des linken Zwerchfellsanteils samt Magen, Milz, linkem Leberlappen
und Colon nach aufwärts, des Herzens und des linken oberen Lungen¬
tappens nach rechts. Das Herz erzeugte an der rechten Lunge eine
liefe Impression, der linke Unterlappen der Lunge war sehr klein. Auch
andere Formen von kongenitaler Hernie waren vorhanden. 8. Cris-
pino. Kongenitale Dextrokardie bei einer 56 jährigen Frau. Herzspitze
in der rechten vorderen Axillarlinie. Die übrigen Organe normal. Der
Schatten des linken Zwerchfellsanteils 10 cm höher als der des rechten,
die linke Lunge scheinbar kürzer, sehr breit. 9. Kronig. 48 jähriger
Mann mit Dextrokardie. Die linke Lunge sehr breit. 10. Tennant.
60 jähriger Mann. Leichte Verdrängung nach aufwärts des rechten,
starke Aufwärtsdrängung des linken hinteren Zwerchfellsanteils, der sich
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vom vorderen durch eine scharfe Kante abhebt, und zwar bis zum
zweiten Intercostalraum. Derselbe enthielt den dilatierten Magen und
einen Teil des 137 cm langen Colons. Dextrokardie. 11. Doering.
60 jähriger Mann. Unterhalb der dritten Bippe tympanitischer Schall.
Dextrokardie. Die linke Lunge klein. Der linke Zwerchfellsanteil bis
zur dritten Bippe hinaufreichend. 12. 48 jähriger Mann. Links von
der zweiten Bippe und vom Angulus scapulae abwärts tympanitischer
Schall, Gurren, kein Atmungsgeräusch. Dextrokardie. Veränderung der
Herzdämpfungsgrenze bei Lagewechsel. Die Böntgenuntersuchung zeigte
Hochstand der linken Zwerchfellshälfte. Derselbe Zustand wurde bei
dem Patienten 26 Jahre früher konstatiert. Der ZwerchfellBhochstand
wurde bei einer Operation bestätigt. Bei der Autopsie wurde die Zwerch¬
fellkuppe links im dritten Intercostalraum gefunden, die Milz nach oben,
das Herz nach rechts verlagert.
ln der Literatur sind noch einige andere, jedoch nicht einwandfreie
Fälle verzeichnet. In 12 von den obigen 13 Fällen war die Autopsie
vorgenommen worden, in 8 derselben wurde der Zustand bei Lebzeiten
nicht vermutet. Die Abnormität hat weder auf die Lebensdauer Einfluss,
noch bietet sie klinische Symptome. Die anatomischen Befunde gleichen
einander auffallend. Nach einigen Autoren ist der Zustand angeboren.
Dafür würde sprechen, dass er bei neugeborenen Kindern und zugleich
mit anderen Anomalien gefunden wird. Nach Thoma ist die Miss¬
bildung der linken Lunge die primäre Ursache, nach Doering die in
allen Fällen gefundene muskuläre Hypoplasie in der entsprechenden
Zwerchfellshälfte, welche sich infolgedessen nicht kontrahieren kann.
Doch sprechen gegen die letztere Annahme die Dextrokardie und die
Abwesenheit von Lungenatelektase. Die Dextrokardie stimmt nicht mit
der Theorie der primären Hypoplasie der Lunge überein, da bei letzterem
Zustande in einigen Fällen das Herz nach links verlagert war. Verf.
glaubt daher, dass neben der angenommenen Hypoplasie der Lunge auch
eine solche der linken Zwerchfellshälfte besteht und die Dextrokardie
durch den elastischen Zug der rechten Lunge zu erklären ist.
Bei der Differentialdiagnose müssen die sonstigen, Tympanie er¬
zeugenden Zustände ausgeschlossen werden, besonders Pneumothorax.
Wichtig sind vor allem die respiratorische Verschieblichkeit der Lunge
und der Böntgenbefund. Der seltene subphrenische Pyopneumothorax
ist fast immer rechtsseitig, mit Collaps verbunden und durch Buptur
eines Magengeschwürs entstanden. Von den 500 bekannten Fällen von
Hernia diaphragmatica wurden neun intra vitam diagnostiziert. Dieselbe
ist meist linksseitig, verdrängt das Herz nach rechts und komprimiert
die Lunge. Die physikalischen Zeichen und die grosse Veränderlichkeit
der Symptome sind dieselben wie bei der Eventration. Die Hernie kann
traumatisch sein. Zuweilen ist konstanter Durst vorhanden.
Karl Fluss (Wien).
Om diafragmabräck jämte beskrifning af ett sädant. Von E. G.
Johnson und S. Perman. Hygiea, N. F., Juni 1906, S. 565.
Bei einer 47 jährigen Frau entstanden erst vor etwas mehr als
1 Jahre Schmerzen im Epigastrium sowie Aufstossen, denen sich später
voluminöses Erbrechen hinzugesellte. Niemals Symptome einer In-
carceration. Um die wahrscheinlich durch eine Pylorusstenose infolge
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eines vorhandenen Ulcus entstandenen Schmerzen zu lindern, wurde
laparotomiert. * Da der Pylorus oben links am Diaphragma fixiert war
und der Magen nicht herunterzuziehen war, da weiter das Omentum nach
oben umgeschlagen und fixiert und die Därme aneinander adhärent waren,
da schliesslich der Zustand der Patientin ziemlich schwer war, begnügte
Verf. sich mit einer Gastroenterostomie an dem durch Aufblasen sicht¬
bar gemachten Teile des Magens. Die Sektion — Patientin erlag einer
hinzugetretenen ulcerösen Enteritis und Nephritis — zeigte eine Hemia
diaphragmatica mit Bruchsack und unlösbaren Adhärenzen des letzteren,
weshalb Verf. meint, dass auch bei eventuell bei Lebzeiten gestellter
Diagnose ein anderer Eingriff nicht in Frage hätte kommen können.
Bemerkenswert ist in dem Falle das Auftreten der Symptome in so
fortgeschrittenem Alter bei früher völliger Gesundheit, sowie dass von
seiten der Respirationsorgane alle Symptome fehlten. Verf. rechnen
den Fall zu den ohne nachweisbare traumatische Ursache erworbenen
Diaphragmabrüchen. Köster (Gothenburg).
Contributo alla cura delle ferite diaframmatiche. Von Baldo
Rossi. La Clinica Chirurgica, anno 13, No. 4 und 5.
Wie aus der einschlägigen Literatur hervorgeht, scheinen die Stich¬
verletzungen des Zwerchfelles in Italien häufiger vorzukommen als in
anderen Ländern, und zwar im südlichen Italien häufiger als im nörd¬
lichen. Erklärt wird diese Verschiedenheit nach Rossi dadurch, dass
in den erstgenannten Gegenden der Stich meistens von oben nach unten,
also durch den Thorax, in den letztgenannten von unten nach oben, also
durch das Abdomen geführt wird. Der Verf. gibt nun die ausführliche
Krankengeschichte eines Falles von Stichwunde des Zwerchfelles auf
thorakalem Wege mit Vorfall des Netzes, den er durch Laparotomie
unter Zuhilfenahme einer partiellen Rippenresektion zur Heilung brachte.
Aus der Statistik der hierhergehörigen Fälle ergibt sich einerseits, dass die
Zwerchfellsverletzungen in der Mehrzahl sowohl mit äusseren Verletzungen
als auch mit Verletzungen innerer Organe kombiniert sind. Andererseits
erklärt Rossi das ungleich häufigere Betroffensein der linken Seite da¬
durch, dass die rechte Zwerchfellshälfte einen Stützpunkt an der darunter
liegenden Leber findet, der muskuläre Teil überdies auf dieser Seite
stärker entwickelt ist, und ausserdem die mehr links gelegenen Durch¬
trittsstellen der Aorta und des Oesophagus die Widerstandsfähigkeit
dieser Seite noch mehr herabsetzen. Aus den anatomischen Verhältnissen
geht weiterhin hervor, dass die thorakalen Organe häufiger bei centralem,
die abdominalen häufiger bei peripherem Sitze der Zwerchfellswunde
in Mitleidenschaft gezogen werden, so insbesondere der Magen und das
Netz, dessen Vorfall aus der äusseren Wunde der Verf. in 24 unter
58 Fällen konstatiert fand. Wichtig erscheint ihm ferner, daran fest¬
zuhalten, dass der Vorfall abdominaler Organe in den Thoraxraum, auch
wenn sie selbst unverletzt sind, eine schwere Komplikation bedeuten*
Endlich bespricht Rossi ausführlich die verschiedenen Operations¬
methoden und kommt dabei zu dem Resultate, dass der beste Weg zur
Schliessung der Wunde der abdominale ist, und zwar durch Laparotomie
parallel zum Rippenbogen der betroffenen Seite. Ist die Wunde auf
diese Weise schwer zugänglich, so kann zur Erleichterung die Chondro-
tomie der 6. und 7. Rippe in der Parasternallinie gemacht werden*
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Nur bei Verletzungen der endothoracischen Organe ist der thorakale Weg
nach der Methode von H o r o c h (Resektion einer oder mehrerer Rippen)
einzuschlagen. A. Götzl (Wien).
Diagnostic des tnmenrs de l’hypochondre droit. Von Tuffier.
Presse mödicale, 13. ann6e, No. 46.
Kurze Zusammenfassung der einzelnen Symptome der Bauchtumoren
für die Differentialdiagnose derselben, die einzelnen Schmerzpunkte,
Lokalisation, Palpations- und Perkussionsbefunde bei Leber-, Gallenblasen-,
Magen-, Darm- und Ovarialtumoren. Grünwald (Wien).
The area of „acute abdominal conflnx“ and the „incision of inci-
dence“. Von Charles P. Childe. L&ncet, 6. April 1907.
In einer Anzahl acuter Abdominalerkrankungen bleibt trotz ge¬
nauester Untersuchung die Natur der Erkrankung zweifelhaft, da die
allgemeinen Symptome sich decken und spezielle Symptome oft fehlen.
Deshalb ist es angezeigt, die explorative Incision in der Mittellinie unter¬
halb des Nabels anzulegen und mit der ganzen Hand einzugehen, um
die Quelle der Erkrankung zu erforschen und eine zweite Incision zu
Vermeiden. Eine andere zweckmässige Inzision ist die halbmondförmige,
auf der rechten Seite angelegt, welche der Gegend entspricht, in der
die acute Erkrankung am häufigsten vorkommt. Die Mündung des
Oesophagus in den Magen liegt hinter dem 7. Rippenknorpel der linken
Seite, 1 Zoll vom Sternum entfernt; zieht man die Linie a von hier
zum Ligam. Pouparti und die Linie b von der rechten Spin. ant. sup.
nach aufwärts zum unteren Rippenrande, so liegt in dieser Area fast
jede abdominale Erkrankung; durch eine Horizontale in die Höhe des
Nabels lässt sich' dieses Gebiet teilen. Eine Incision, die zwischen den
Linien a und b liegt und den äusseren Rand des Rectus berührt, würde
alles Hierhergehörige freilegen. Die hierhergehörigen Erkrankungen
bilden nun 3 Klassen:
Klasse 1, jene, die innerhalb der obigen Area liegen: 1. Appendix.
2. Pericöcalhernie. 3. Rechtsseitige rupturierte Pyosalpinx und ruptu-
rierte Extrauteringravidität. 4. Acute Gallenblasen - Komplikationen.
5. Perfor. eines Duodenalgeschwüres und Magengeschwüres. 6. Hernie
des For. Winslowii, des Diaphragmas und Hernia duodeno-jejunalis.
Klasse 2, jene, die innerhalb oder ausserhalb liegen. 1. Intussus-
ception. 2. Obstruktion durch Me ekel* sehe Divertikel, durch Bänder
und Adhäsionen. 3. Obturation des Darmes durch Gallensteine, Würmer
und Tumoren. 4. Perforation von TyphuBgeschwüren oder von tub.
Ulcera. 5. Volvulus und Stieldrehung. 6. Embolie und Thrombose der
mesenterialen Gefässe. 7. Eingeklemmte Zwerchfellhernie.
Klaese 3, jene, die ausserhalb liegen. 1. Volvulus der Flex. sigm.
2. Hernia intersigmoidea. 3. Rupturierte linke Pyosalpinx oder linke
Extrauteringravidität. 5. Linke Hern, diaphragmatica.
Von diesen Erkrankungsformen liegen in der obengenannten Area:
Appendicitis, acute Gallenblasenaffektionen, perforierte Magen- und
Duodenalgeschwüre, rechtsseitige rupturierte Extrauteringravidität und
rupturierte Pyosalpinx, gangränöse Pancreatitis sowie einzelne genannte,
seltenere Formen.
Daraus folgt, dass jene Incision die beste ist, welche am ehesten
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alle diese Partien zugänglich macht, es ist die nach rechts halbmond¬
förmige Incision — Incision of incidence. Man macht sie in der
Mittellinie unterhalb des Nabels und führt sodann die Hand ein, um
das Abdomen genau untersuchen zu können; ebenso hat das Auge reich¬
lich Gelegenheit, sich über den Zustand des Abdomens zu orientieren.
I>ie Untersuchung soll sich in erster Linie auf den Appendix erstrecken,
der in circa 37 °/ 0 erkrankt ist; es folgen sodann Extrauteringravidität,
Pyosalpinx und Cöcalhernie, gleichzeitig kann man sich über Dick-
und Dünndarm informieren. Die eingeführte Hand kann Nabelring und
Hernienringe sowie die Organe des kleinen Beckens palpieren. Wenn
nötig, lässt sich die Incision nach oben verlängern, wodurch Gallenblase,
Magen- und Duodenalgegend und Pancreas zugänglich werden.
Der Beginn jeder abdominalen, acuten Erkrankung geht mit Schmerzen,
Erbrechen und Collaps einher; es kann sich dabei um acute Kolik
handeln, die z. B. von perforiertem Appendix im Moment des Einsetzens
nicht zu unterscheiden ist. Morphin ist womöglich zu vermeiden oder
höchstens in kleinster Dosis zu applizieren, um die Symptome nicht zu
verdecken. Wenn die Notwendigkeit einer abermaligen Darreichung
von Morphin eintritt, sollte stets der Chirurg in seine Hechte treten.
Herrnstadt (Wien).
The signiflcance of sudden, severe, abdominal pain. Von E. A.
Babler. New York Med. Journ., Vol. 82, 5. u. 12. Aug.
Bei plötzlichem, heftigem Abdominalschmerz hat der Praktiker die
Pflicht, zunächst die Ursache desselben auszuforschen oder einen kompe¬
tenten Diagnostiker möglichst rasch beizuziehen, ehe er Morphium an¬
wendet und hierdurch das Krankheitsbild künstlich verändert. Schmerz
und Muskelrigidität in der rechten Darmbeingrube können bei Pleuritis,
Pneumonie und einfacher Neuralgie Vorkommen. Es sind Operationen
wegen Appendicitis vorgenommen werden, das Abdomen aber war
normal und einige Tage später zeigte sich eine spezifische vaginale
Eiterung oder eine ausgebildete Pneumonie. Schmerz, Empfindlichkeit
und Fieber können durch oberflächliche Bauchwandabscesse, durch
Hysterie, durch Amygdalitis hervorgerufen werden. Es ist ferner der
Einfluss des Schmerzes auf den Allgemeinzustand (Puls, Temperatur etc.)
und auf die lokalen Verhältnisse des Abdomens (Konturen, Rigidität,
Meteorismus) zu beachten, aber auch die subjektive Widerstandsfähigkeit
gegen Schmerzen. Die anfängliche Lokalisation des Schmerzes wird
manchmal diagnostischen Wert haben. So ist derselbe bei Magen¬
perforation anfangs im Epigastrium, später in der Appendixgegend.
Plötzlicher, heftiger Schmerz im Epigastrium kann beruhen auf: Appen¬
dicitis, Cholecystitis, acuter hämorrhagischer Pancreatitis, auf Perforation
eines Geschwürs oder der Gallenblase, auf Darmverschluss. Bei Appen¬
dicitis jedoch lokalisiert sich der Schmerz nachher über dem Wurm¬
fortsatz, bei Cholecystitis im rechten Hypochondrium, bei acuter Pankrea¬
titis bleibt er im Epigastrium, bei Perforation der Gallenblase kann er
sich über dieser oder über dem Wurmfortsatz lokalisieren. Bei ruptu-
rierter Tubargravidität ist der Schmerz anfangs diffus, lokalisiert sich
aber dann im Becken. Selbst bei schweren Läsionen (Traumen) des
Abdomens braucht er erst spät aufzutreten, ja kann sogar fehlen. Er
fehlt gewöhnlich bei postoperativer Blutung.
Centralblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 50
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a) Bei Appendicitis wird der Schmerz zuerst in der epigastrischen
und Nabelgegend bemerkt und ist diffus, erst später lokalisiert. In
einzelnen Fällen ist ein sehr heftiger lokaler Schmerz das erste Symptom.
Er erscheint in diesen Fällen erst dann, bis die Peritonealbekleidung de*
Wurmfortsatzes ergriffen ist. Jedoch i6t eine sorgfältige Anamnese von
Wichtigkeit, da der heftige Schmerz in der rechten Inguinalgegend von
einer infizierten Gallenblase, einer Wanderniere, von Darmverschluss, der
Ruptur einer graviden Tube, von einer spezifischen Prostatitis, einer
Pleuritis oder spezifischen Salpingitis herrühren kann. Der heftige
Schmerz infolge schwerer Appendicitis muss nicht mit merklich ge¬
steigerter Temperatur und Pulszahl einhergehen. Bei perforativer
Appendicitis ist der Schmerz überwältigend, verbunden mit Shock und
subnormaler Temperatur, der Puls fliegend, der rechte Rectus bretthart,
Meteorismus ist vorhanden; der Schmerz lässt nach, bis die Peritonitis
manifeßt ist. Aehnlich ist das Verhalten bei gangränöser Appendicitis*
Plötzliches Aufhören eines überwältigenden Schmerzes ist ein besorgnis¬
erregendes Zeichen.
b) Bei Ruptur einer graviden Tube ist der Schmerz plötzlich,
überwältigend, kann anfangs diffus sein, lokalisiert sich aber rasch im
Becken und dauert an. Daneben bestehen Rigidität, Empfindlichkeit,
ängstlicher Ausdruck, bei schwerer Hämorrhagie Synkope und Anämie*
Der Tod kann nach Minuten eintreten. Anamnestisch ist bezeichnend
der Abgang blutiger und faseriger Massen aus der Vagina oder das
Ausbleiben der Periode seit Wochen, mit Unbehagen verbunden. Bei
rectaler und vaginaler Untersuchung tastet man neben dem Ureter einen
elastischen Tumor, die Cervix kann weich und eröffnet sein. Der Puls
ist frequent. So oft eine Frau mit irgend welchem Zeichen einer
Schwangerschaft einen plötzlichen, sehr heftigen Schmerz im Becken
bekommt, muss man an eine Ruptur der graviden Tube denken. Sicherer
wird die Diagnose, wenn man einen pulsierenden Tumor hinter oder
neben dem Uterus tastet. Das Abdomen kann so gespannt sein, dass
man ohne Narkose nicht gründlich zu untersuchen vermag. Die Rectal¬
untersuchung ist sehr wichtig.
c) Bei Darmverschluss hängen die Schwere und Häufigkeit der
Schmerzparoxysmen von der Vollständigkeit und Plötzlichkeit des Ver¬
schlusses ab. Bei der Intussusception, welche in der Hälfte der Fälle
bei Kindern unter 10 Jahren auf tritt, entstehen plötzliche, intermittie¬
rende, kolikartige Bauchschmerzen. Der Darm unterhalb der Läsion ist
leer, es bestehen Tenesmus, blutig-schleimige Entleerungen, Erbrechen,
die Schmerzen werden häufiger, stärker, dauernder, das Abdomen ist
weich, oft ein länglicher Tumor tastbar, welcher auch aus dem Mastdarm
herausragen kann; der Bauch wird aufgetrieben, druckempfindlich, die
Darmperistaltik sichtbar, die Schmerzen immer heftiger, bis Collaps ein-
tritt. Der Schmerz übertrifft an Heftigkeit jeden anderen Bauchschmerz,
an dem Kinder leiden. Bei Strangulation ist der paroxysmale Charakter
des konstanten Schmerzes hervorstechend. Anamnese und Untersuchung
auf Hernien sind wichtig. Ein Tumor ist nicht immer zu finden. Die
Reposition einer strangulierten Hernie ist gefährlich, der Erfolg manch¬
mal nur ein scheinbarer. Volvulus des Dünndarms erzeugt plötzlichen,
heftigen Schmerz, kontinuierliches, aber selten fäkales Erbrechen, manch¬
mal heftigen Durst, centrale Blähung und Collaps des Colons* Bei
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Yolvulus des S romanum ist der anfängliche Schmerz paroxysmal und
nicht besonders heftig, wird allmählich stärker, mehr lokalisiert und
dauernd. Diese Art des Darmverschlusses kommt meist bei Männern
mittleren Alters vor; Meteorismus tritt bald und zuerst in der linken
Darmbeingrube auf und breitet sich nach aufwärts und gegen das rechte
Hypochondrium aus. Erbrechen erscheint erst spät, rectal ist die er¬
weiterte Darmschlinge zu finden, das Rectum fasst nur wenig Wasser.
Bei dem plötzlichen, sehr heftigen Schmerze bei Strangulation infolge
von Adhäsionen gibt die Anamnese Auskunft über vorangegangene Peri¬
tonitis oder operative Eingriffe; Erbrechen und Meteorismus, Leere des
Rectums und die Auskultationsgeräusche bilden die begleitenden Symptome.
Heftige, andauernde Schmerzparoxysmen im Epigastrium können ihre
Entstehung einer incarcerierten Zwerchfellshernie verdanken (früher ent¬
standene Stichwunde, sonstige begleitende Symptome). Enterolithen
verursachen durch Darmverschluss einen allmählich sich steigernden,
heftigen Schmerz. Durch Strangulation einer Duodenojejunalhernie ent¬
stehen plötzliche, kolikartige Schmerzen im Epigastrium, dauerndes, nicht
fäkales Erbrechen, starker Durst, das Colon kollabiert, der Schmerz
wird überwältigend. Bei mechanischem Heus ist der Schmerz zuerst
gering, die Paroxysmen nicht häufig, allmählich wird das Bild deutlicher.
Embolie und Thrombose des Mesenteriums erzeugen nicht immer heftige
Schmerzen. Meist jedoch ist der Beginn ein schwerer, der Schmerz
plötzlich und qualvoll, kontinuierlich oder intermittierend; Erbrechen,
zuweilen blutig, und auch blutige Diarrhoen treten auf; subnormale
Temperatur, fliegender Puls, Rigidität des Abdomens und Meteorismus,
in manchen Fällen Obstipation oder abwechselnd Diarrhoe und rasche
Erschöpfung ergänzen das Krankheitsbild.
d) Der bei Läsionen mit rapider Extravasation auftretende Schmerz
ist qualvoll. Bei Magenperforation tritt ein scharfer, stechender, ziehender
Schmerz im Epigastrium auf, der bis zur Ohnmacht führt und vom
Epigastrium bis zum Winkel der rechten Scapula ausstrahlt. Rasch
tritt Erbrechen auf, das Epigastrium ist bretthart gespannt, die Schmerzen
sind paroxysmal, der Durst heftig, der Patient kollabiert. Er erholt sich
allmählich, auf die Rigidität folgen Meteorismus und die Zeichen einer
Peritonitis. Neben den genannten Symptomen führt auch die Anamnese
auf die richtige Spur. Auch bei Perforation des Duodenums wird der
Patient plötzlich von einem intensiven, stechenden, qualvollen Schmerz im
Epigastrium und von Collaps befallen. Die Empfindung ist ähnlich einem
heftigen Magenschmerz. Rasch treten Erbrechen und vollständige Obsti¬
pation ein, der Patient liegt möglichst ruhig da, ist kollabiert, besonders
die rechtsseitigen Bauchmuskeln rigid, die Empfindlichkeit besonders
im rechten Hypochondrium, der Harn oft zurückgehalten, die Bewegungen
des Abdomens eingeschränkt. Die Symptome lokalisieren sich, ent¬
sprechend der Abflussrichtung der ausgetretenen Ingesta (Moynihan), in
der rechten Darmbeingrube, was häufig zu Verwechslungen mit per-
forativer Appendicitis geführt hat. Endlich gehen die Symptome in
jene der Peritonitis über.
Der Schmerz ist ein konstantes Symptom bei Perforation von
Typhusgeschwüren. Der Patient wird plötzlich durch einen heftigen,
paroxysmalen Schmerz im rechten unteren Quadranten des Abdomens
überrascht, so dass er aufschreit und sich herumwirft; er fröstelt, ist
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kollabiert, sein Aussehen verändert, der Puls steigt auf 140 und darüber,
dann auch die unter die Norm gesunkene Temperatur; das Abdomen
erscheint gebläht, die thorakale Dämpfung hin auf gerückt, der Schmerz
wird krampfartig, das Rectum ist leer. Die Temperatur steigt auf 40°,
es bestehen Druckempfindlichkeit besonders über der unteren Hälfte des
rechten Rectus, endlich die Symptome der Peritonitis.
e) Das Charakteristische des plötzlichen, qualvollen Schmerzes bei
acuter hämorrhagischer Pancreatitis ist, dass derselbe in der Qegend
seines Entstehens persistiert. Er entsteht im Epigaetrium und führt zu
Collaps. Nach Erlangung des Bewusstseins erbricht der Patient eine
Galle und verändertes Blut enthaltende Flüssigkeit. Das Epigastrium
ist bretthart gespannt und überaus empfindlich, die Prostration eine
schwere. Nach einigen Stunden steigt die Temperatur bis über 38 °,
der Schmerz verschwindet nicht, aber Stuhl und Gase gehen ab. Anam-
nestisch erfährt man von Verdauungsstörungen oder Anfällen von Gallen¬
kolik. Der Schmerz ist noch nach 24 bis 36 Stunden da, an derselben
Stelle vorhanden und kann in den Rücken ausstrahlen; das Epigastrium
ist leicht vorgewölbt, die Empfindlichkeit noch immer gross. Gesicht, Ab¬
domen oder untere Extremitäten können cyanotisch sein (Halsted u. a.).
Das Epigastrium wird stärker vorgewölbt, der überwältigende Schmerz
dauert fort; nach 3 bis 7 Tagen tritt der Tod ein.
f) Die durch einen in den Ureter gelangten Nierenstein hervor¬
gerufenen Symptome von Harnretention und Urämie können Aehnlichkeit
mit dem Bilde der Peritonitis besitzen. Wird der Ureter durch einen
Stein verschlossen, so tritt ein plötzlicher und qualvoller Schmerz in der
Lendengegend auf, der in den Hoden und das Bein ausstrahlt; der Schmerz
kann kontinuierlich sein und zur Ohnmacht führen. Der Patient ist
blass, ängstlich und versucht, den blutigen, konzentrierten Harn tropfen¬
weise auszupressen: der Harndrang ist konstant. Der Patient ist mit
kaltem Schweisse bedeckt und versucht in seiner Qual, die verschiedensten
Körperlagen einzunehmen. Ueber der Niere und besonders längs des
Ureters ist Druckempfindlichkeit vorhanden. Der Reotus ist nicht rigid,
aber der Testikel empfindlich und retrahiert; der Puls ist fliegend; die
Urethralmündung kann gerötet und etwas evertiert sein. Im Harn kann
man Eiterkörperchen, Nierenepithelien und besonders Blutzellen finden.
Zur positiven Diagnose gehört die Radiographie. Aehnliche Symptome
kann auch ein aus dem Nierenbecken herabgelangter Blutklumpen hervor-
rufen.
g) Der anfängliche Schmerz bei Perforation der Gallenblase ist
ähnlich dem bei Magenperforation. Frauen im mittleren Lebensalter
sind häufig befallen. Qualvoller Schmerz im Epigastrium, ängstlicher
Ausdruck, fliegender Puls, eigentümliche Körperhaltung, Druckempfind¬
lichkeit im Epigastrium und über der Gallenblase, Rigidität des Epi¬
gastrium und des rechten Rectus, eventuell Vorwölbung der Gallenblasen¬
gegend sind die bezeichnenden Symptome. Der Schmerz lokalisiert sich,
es erscheinen die Zeichen der beginnenden Peritonitis. Die genannten
Symptome drängen in Verbindung mit der Anamnese zu einem Ein¬
griffe in der Oberbauchgegend. Bei nebenher vorhandenen entzündlichen
Erscheinungen infolge einer acuten phlegmonösen Cholecystitis mit
Lokalisation des Schmerzes in der Appendixgegend sind zu beachten:
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die Anamnese, die respiratorische Beweglichkeit des Tumors, das Fieber,
das Fehlen absoluter Obstipation.
h) Bei Stieltorsion hängen die Plötzlichkeit und Intensität des
Schmerzes von der Art und dem Grade der Drehung ab. Erbrechen,
Collaps, Meteorismus sind begleitende Symptome. Die Patientin kann
gravid oder entbunden sein, ein Tumor kann bereits lange vorher be¬
standen haben. In der Gegend des Tumors entsteht ein qualvoller
Schmerz, der Tumor erscheint vergrössert, gespannt und sehr empfind¬
lich. In einzelnen Fällen ist zwar der Schmerz gering, aber die plötz¬
liche Vergrösserung eines Tumors, die Prostration und die Zeichen einer
inneren Blutung genügen zur Diagnose. Verf. sah Fälle von Stiel¬
drehung mit Hydronephrose, welche für Appendicitis gehalten wurden.
Der Schmerz bei Drehung des Nierenstieles ist gewöhnlich von ziehendem
Charakter, Anamnese und Röntgenuntersuchung (Undurchlässigkeit des
Harns für die Strahlen) unterstützen die Diagnose. Scudder sah einen
Fall von Torsion des grossen Netzes mit unbedeutendem Schmerz in der
rechten Darmbeingrube und Tumorbildung in der rechten Bauchseite.
i) Salpingitis kann mit Appendicitis verwechselt werden. Bei ersterer
kann der Schmerz qualvoll und plötzlich sein. Die Patientin liegt
möglichst ruhig da, mit angezogenen Beinen, gerötetem Gesicht, das
Abdomen rigid und empfindlich, der Ausdruck ängstlich; die Palpation
des elastischen, oft bis zum Nabel reichenden Tumors ist von heftigen
Schmerzen begleitet. Die Ruptur der soliden Eingeweide kann schmerz¬
los eintreten oder mit plötzlichen heftigen Schmerzen verbunden sein.
Sehr acute Fälle von tuberkulöser Peritonitis können durch heftige
Schmerzen im Abdomen charakterisiert sein. Eigentümlich ist die Er¬
scheinung, dass oft der Druck nicht schmerzhaft ist, wohl aber das
Zurückziehen der Hand. Kelly hält den Schmerz bei der Miction für
das bezeichnendste Symptom der tuberkulösen Peritonitis. Jede Stich¬
oder Schusswunde des Abdomens muss der näheren Exploration wegen
erweitert werden, auch wenn keine Schmerzen bestehen. Verf. gelangt
zu folgenden Schlussätzen: 1. Der Schmerz, der so wichtige diagnostische
Fingerzeig, darf niemals durch Morphium ertötet werden. 2. Die Ur¬
sache eines plötzlichen, heftigen, andauernden Abdominalschmerzes muss
sorgfältig ergründet werden. 3. Ein plötzlicher, qualvoller Schmerz im
Abdomen ist ein schweres und unverzügliche Nachforschung gebietendes
Symptom. 4. Nie zu unterlassen sind die Anamnese und weitestgehende
Untersuchung. 5. Es ist unbedingte Pflicht, die klinischen Symptome
aller einen chirurgischen Eingriff erheischenden Abdominalkrankheiten
zu kennen. 6. Von Wichtigkeit ist die Erforschung des anfänglichen
Sitzes der Schmerzen. 7. Man rufe den Consiliarius beizeiten.
Karl F1 us8 (Wien).
Shock and haemorrhage as canses of death following abdominal
operations. Von C. C. Barrows. New York Medic. Journal,
Vol. 82, 7. Okt.
Die durch Shock und die durch Hämorrhagie hervorgerufenen
Symptome sind einander sehr ähnlich. Der Tod während oder kurz
nach einer Abdominaloperation ist einer dieser beiden Ursachen zuzu¬
schreiben, welche nur noch in der Gehirnchirurgie eine gleich grosse
Rolle spielen. Unter 25 Todesfällen nach Laparotomie traten 5 infolge
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von Shock, bzw. Hämorrhagie ein. Der Shock wird als eine reflek¬
torische Depression der vitalen Centren durch Beizung der peripheren
sensorischen und sympathischen Nerven bezeichnet. Es tritt eine Lähmung
der Gefässe, besonders der Arterien, mit Herzschwäche, in weiterer Folge
Dilatation der grossen Venen und schwache Füllung der Arterien, Er¬
weiterung des rechten Herzens und Anämie des Gehirns und der Lunge
ein. Die Gefahr liegt in der Dauer und Wiederholung des operativen
Traumas. Prädisponierende Ursachen sind lange Krankheit, Blutverluste,
Fieber, auch nur leichte Sepsis, Funktionsschwäche von Lunge, Herz
und Nieren. Langdauernde Narkose und unzarte Manipulationen be¬
günstigen den Shock. Derselbe kennzeichnet sich durch Nachlassen der
Herz- und Atmungstätigkeit, des Muskeltonus, Erschlaffung der Sphink-
teren (unwillkürliche Entleerungen), häufig ist auch Erbrechen. Wichtig
ist die Unterscheidung des blossen Shocks von dem auf Hämorrhagien
beruhenden. Der letztere kann eine sekundäre Laparotomie notwendig
machen, eine überaus gefährliche Operation. In beiden Fällen sind Herz¬
schwäche, oberflächliche Atmung, Pupillenerweiterung, subnormale Tempe¬
ratur, oft auch Erbrechen und Störung der Geistestätigkeit vorhanden.
Bei der Hämorrhagie erlangt der Patient nach der Narkose prompt das
Bewusstsein, ist unruhig und ängstlich, keuchende Atmung und grosser
Durst sind vorhanden. Beim blossen Shock hingegen tritt bald ein
halbcomatöser oder comatöser Zustand ohne Unruhe ein, die Atmung
ist nicht so beschleunigt. Abnahme des Hämoglobingehaltes spricht für
Hämorrhagie.
Die Prophylaxe des Shocks besteht in der Sicherung eines guten
Allgemeinzustandes vor der Operation. Normale körperliche Funktionen,
Gemütsruhe, Wahl der richtigen Tageszeit haben bedeutenden Einfluss.
Bei schwachen Individuen war der Verf. von der Anwendung von Koch¬
salzinfusionen vor der Operation sehr befriedigt. Von grossem Einfluss
ist ferner rasches, geschicktes und zartes Manipulieren. Verf. glaubt,
dass durch die Verwendung von mit Kochsalzlösung befeuchteten Gummi¬
handschuhen das Peritoneum schonender behandelt werden könne als
durch die rauhen Hände. Bei eingetretenem Shock ist für Tieflagerung
des Kopfes, freie Atmung, Sauerstoffinhalation, für Anwendung von Hitze
und Stimulantien zu sorgen. Bezüglich letzterer Bah Verf. Erfolge von
Strychnin (2 stündlich 2 mg) und auf 44 0 erwärmter Kochsalzlösung,
von welcher 1—2 Liter in die Vena basilaris und sodann je 1 Liter per
clysma und subkutan eingebracht werden. Die Infusion in die Vene
wirkt prompt. Auch stündliche intravenöse Injektionen von je J / 2 Liter
schwacher Adrenalinlösung haben sich dem Verf. bewährt.
Hämorrhagie kann (abgesehen von schlechter Ligatur) nach Trennung
ausgedehnter Adhäsionen auftreten. Allzu langes Verweilen in der
Trendelenburg’schen Lagerung scheint nach der Rückkehr in die
horizontale Lage Hämorrhagien zu begünstigen. Unruhe, Schwäche des
Pulses, fliegende Atmung, Blässe, Durst, Meteorismus, eventuell Blutung
von der Drainage aus sprechen für eine Hämorrhagie. Neben der Er¬
öffnung des Abdomens und mechanischer Blutstillung werden noch die
zur Bekämpfung des Shocks angegebenen Mittel angewendet.
Karl F1 u88 (Wien).
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C. Syphilis.
Zur Kenntnis der Spirochaete pallida. Von F. R. M. Berger.
Dermat. Zeitschr., Bd. XIII, 6. Heft.
B. erhielt in einem Ausstrichpräparate von einer erodierten Papel
Spirochäten, welche mit eigentümlichen end- oder mittelständigen Ge¬
bilden oder soliden Verdickungen in oder am Spirochätenleib und von
diesen ausgehenden kleineren Figuren versehen waren. B. glaubt, dass
diese Gebilde Bestandteile der Spirochaete pallida darstellen, welche
vielleicht zu deren Fortpflanzung oder Teilung in Beziehung zu bringen
sind. von Hofmann (Wien).
Beiträge zur Spfrochäteufrage. Von K. Löwy. Arch. f. Dermat.
u. Syph., Bd. LXXXI, 1. Heft.
L. ist der Ansicht, dass, wenn man sich den chronisch inter¬
mittierenden Verlauf der Syphilis vergegenwärtigt, man zur Annahme
gedrängt wird, dass das supponierte krankheitserregende Element kaum
immer in gleicher Form im menschlichen Körper vorhanden sein könne
und dass auch bei Supposition der Spirochaete pallida als Erregerin der
Lues ein bestimmter Entwicklungsgang dieses Gebildes angenommen
werden muss, die Spirochäte selbst also nur eine gewisse EntwicklungB-
form dieses Lebewesens darstelle. von Hofmann (Wien).
Ueber das Vorkommen der Spirochaete pallida bei kongenitaler
Syphilis. Von B. Entz. Arch. f. Dermat. u. Syph., Bd. LXXXI,
1. Heft.
E. hat 7 Fälle von kongenitaler Syphilis auf Spirochäten unter¬
sucht. Das Besultat war bei fünf ein positives und es konnten in
sämtlichen untersuchten Organen Spirochäten nachgewiesen werden.
E. gelangt zum Schlüsse, dass die Spirochaete pallida mit Sicherheit als
Erreger des Lues angesehen werden kann.
von Hofmann (Wien).
Recherche du spirochöte de Schaudinn dans les chancres syphi-
litiques. Von Queyrat u. Joltrain. Bull, et Möm. de la Soc.
möd. des hop. de Paris, 22. annöe, No. 22, S. 559.
Die Autoren fanden die Schaudinn’sehen Spirochäten unter
33 Primäraffekten 9 mal. Es schien, dass imbehandelte Fälle günstiger
für den eventuellen Spirochätennachweis sind. Paralleluntersuchungen
bei 3 Fällen von Ulcus molle, 2 von Herpes und 2 von Balanoposthitis
erosiva ergaben negative Resultate, welcher Umstand für eine gewisse
diagnostische Bedeutung der Spirochaete pallida spricht.
Fritz Tedesko (Wien).
Zur Topographie der Spirochaete pallida in der krustös werdenden
Papel. Von S. Ehrmann. Dermatol. Zeitschrift, Bd. XII I,
6. Heft.
E. fasst die Merkmale des von ihm untersuchten Falles folgender-
massen zusammen: In den Schnitten einer makro- und mikroskopisch
intakte Epidermis aufweisenden papulösen, im vorkrustösen Stadium
befindlichen syphilitischen Efflorescenz der Unterbauchgegend fanden sich
nebeneinander liegend 2 Spirochätenherde. Die Spirochäten fanden sich
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in der Epidermis in sehr reichlicher, in der Cutis und den Papillen nur
in sehr geringer Menge. Dieser Fall beweist daher, dass nicht nur
offene Papeln des Genitales, sondern auch papulo-krustöse Efflorescenzen
des Stammes eine eminente Ansteckungsquelle liefern können.
von Hofmann (Wien).
Ueber die Beziehungen der Spiroehaete pallida zur kongenitalen
Syphilis, nebst einigen Bemerkungen über ihre Lagerung im
Gewebe bei acquirierter Lues. Von A. Buschke u. W. Fischer.
Arch. f. Dermat. u. Syph. Bd. LXXXII, 1. Heft.
Die Untersuchungen wurden an 5 kongenital syphilitischen Kindern
und an einigen Produkten acquirierter Lues angestellt. Es geht aus
ihnen hervor, dass sich in der Tat die gesamten Erkrankungsformen der
frischen angeborenen Syphilis in ätiologischer Beziehung durch die
Spiroehaete pallida erklären lassen. Dafür sprechen vor allem die Massen-
haftigkeit der Parasiten und ihre Beziehungen zu den pathologischen
Veränderungen. Bei acquirierter Lues finden sich die Spirochäten be¬
sonders im Lumen und in der Wand der Blut- und Lymphgefässe, während
das syphilitische Infiltrat in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle von
Spirochäten frei ist, dieselben finden sich hingegen besonders in der
Peripherie des Infiltrates sowie in grösseren Bindegewebsbalken zwischen
den Fasern. von Hofmann (Wien).
Ueber das Verhältnis des Entwicklungscyklus des Treponema
pallidum Schaudinn zu den syphilitischen Krankheitsstadien.
Von Fr. Krzysztalowicz u. M. Siedlecki. Monatsh. f. prakt.
Dermat., Bd. XLIII, No. 1.
Die Verf. fanden in mikroskopischen Präparaten verschiedene
Uebergangsformen zwischen Spirochäte und Trypanosoma und auch die
letztere Form selbst. Ausserdem fanden sie kleinere Spirochätenformen
mit einem und grosse mit mehreren Kernen sowie verschieden geformte
Gebilde, deren Bedeutung die Verf. vorläufig noch nicht erklären konnten.
H ingegen kommt nach K. und S. dem Trypanosoma die Rolle der weib¬
lichen, den kleinen einkernigen Spirochäten die Rolle der männlichen
Fortpflanzungszelle zu, was durch den Befund von Konjugationen dieser
beiden Zellformen festgestellt werden konnte.
von Hofmann (Wien).
Klinische und bakteriologische Untersuchungen über das Ulcus
venereum. Von B. Lipschütz. Arch. f. Dermat. u. Syph.,
Bd. LXXVI.
L. hat 24 Stämme des D u c r e y ’schen Bacillus auf Blutagar ge¬
züchtet und gibt eingehende Vorschriften behufs Herstellung und Sterili¬
sation des letzteren sowie der zur Züchtung notwendigen Kautelen. Als
Färbungsmittel haben sich L. am besten polychromes Methylenblau,
Boraxmethylenblau, Gentianaviolett und Fuchsin bewährt. Eine Eigen-
bewegung der Streptobazillen konnte L. niemals beobachten.
Weiter berichtet L. über verschiedene atypische Formen des
Ulcus venereum und über das Ulcus pseudovenereum. Ein weiterer Ab¬
schnitt gilt der Besprechung der Ulcera venerea der Vagina, der Portio
und Urethra. Im vierten Abschnitt spricht L. über die Differential-
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diagnose der exulcerierten Papel und des Ulcus venereum. Er is der
Ansicht, dass eine Verwechslung dieser beiden Geschwürsformen nicht
unmöglich ist und dass daher eine Sicherstellung oft wohl nur durch
die mikroskopische Untersuchung, bzw. durch die Inokulation erfolgen
kann. von Hofmann (Wien).
Beiträge zur Klinik und Histologie der nodösen Syphilide. Von
G. Sc herb er. Arch. f. Dermat. u. Syph., Bd. LXXIX.
Bei einer 24 jährigen, sekundär luetischen, im ersten Jahre der
Infektion stehenden Patientin entwickelten sich neben einem spärlichen
papulo-krustösen Exanthem angeblich unter Fieber und erheblichen
subjektiven Beschwerden an den unteren Extremitäten neben Gelenks¬
schwellung teils knotige, teils flach erhabene, schmerzhafte Schwellungen,
die zum Teil spontan und auf Jodtherapie resorbiert wurden, zum Teil
exulcerierten.
Bei einer zweiten im dritten Jahre der Lueserkrankung stehenden
Patientin zeigte sich in der Haut der unteren Extremitäten eine erythema-
töse Knotenbildung mit exquisit chronischem Verlauf.
von Hof mann (Wien).
Experimentelle Untersuchungen über Syphilis. Von F. Simonelli
und J. Ban di. Arch. f. Dermat. u. Syph., Bd. LXXIX.
Die Autoren impften einen Semnopithecus von einer syphilitischen
Papel in der Supraorbitalgegend. An beiden Impfstellen entwickelten
sich Läsionen, die deutlich alle klinischen Merkmale des Initialsyphiloms
besassen und von Drüsenschwellung begleitet waren. Die Affektion heilte
allmählich spontan. Im Sekret fanden sich feinste filiforme Elemente,
welche vielleicht Involutionsformen der Spirochaete pallida darstellen.
von Hofmann (Wien).
Untersuchungen über Syphilis an Affen. Erste Mitteilung. Von
E. Finger und K. Landsteiner. Arch. f. Dermat. u. Syph.
Bd. LXXVIH, 3. Heft, 1906.
Die Versuche wurden zunächst an niederen Affen angestellt. Die
Impfung mit vom Menschen stammenden Virus gab in der weitaus
grössten Mehrzahl der Fälle ein positives Resultat, insoweit als sich nach
längerer Inkubationszeit an den Impfstellen charakteristische Veränderungen
entwickelten, deren histologische Untersuchung Resultate ergab, welche
die Auffassung der Prozesse als syphilitische zu stützen geeignet sind.
Sekundäre, allgemeine Erscheinungen hämatogenen Ursprungs wurden
niemals beobachtet. Auch die Ueberimpfung von Tier zu Tier ergab in
der Mehrzahl der Fälle positive Impferfolge. Zwei therapeutische Ver¬
suche , welche mit Serum von Affen, die Impfsyphilis überstanden
hatten, angestellt wurden, hatten keinen Erfolg. Schliesslich gelang es
in einem Falle, durch Ueberimpfung gummöser Massen von einer Patientin
mit vermutlich etwa 17 Jahre alter, bisher nicht behandelter Syphilis
auf einen Cynocephalus Hamadryas ein positives Resultat zu erzielen.
von Hofmann (Wien).
Untersuchungen über Syphilis an Affen. Von E. Finger und K.
Landsteiner. Arch. f. Dermat. u. Syph., Bd. LXXXI, 1. Heft.
Den Verf. ist es gelungen, die Virulenz des Spermas in je einem
Falle von spezifischer Erkrankung des Hodens bei älterer Lues, anderer-
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Seit» von recenter Lues ohne HodenaSektion nachzuweißen. Es kann
also das Sperma der Syphilitischen infektiöse Eigenschaften besitzen,
auch dann, wenn keine syphilitische Erkrankung des Genitales vorliegt.
Weiterhin haben die Verf. Untersuchungen über die Immunität bei
Syphilis angestellt. Es zeigte sich, dass bei Affen auch längere Zeit
nach der ersten Impfung vor Eintritt des Impfeffektes noch eine zweite
Infektion möglich ist, dass aber auch schon zur Zeit des Ausbruches
der Folgeerscheinungen der ersten Impfung und einige Zeit nachher
noch eine neue Infektion zu erzielen ist. Aber auch beim Menschen
konnten F. und L. konstatieren, dass fast das Gegenteil der geläufigen
These gültig ist, dass nämlich Syphilitiker aller Stadien auf Syphilisvirus
mit örtlichen spezifischen Erscheinungen reagieren. Die Verf. kommen
daher zum Schlüsse, dass die Intensität der Syphilisimmunität niemals
eine absolute sei.
Schliesslich erwähnen die Verf. noch, dass, wie ihre Experimente
beweisen, auch in den gummösen Produkten lebendes Virus, aber wahr¬
scheinlich in geringer Menge, vorhanden ist.
von Hofmann (Wien).
ätudes de vönöräologie experimentale. I. Inoculation de produits
syphilitiques au bord libre de la paupiöre chez les singes
macaques. Von G. Thibierge und P. Ravaut. Ann. d. Denn,
et Syph., T. VI, No. 7.
Die Versuche wurden am Macacus sinicus und M. cynomolgus an¬
gestellt. Die Impfung wurde am freien Rand des Lides vorgenommen.
Am 23. Tage im Mittel stellte sich die Reaktion ein und es zeigten
sich Infiltrate, welche makroskopisch und mikroskopisch charakteristische
Eigenschaften zeigten. Drüsenschwellungen, Ulcerationen oder sekundäre
Erscheinungen wurden niemals beobachtet.
von Hofmann (Wien).
Etudes de v6n6r6ologie experimentale, n. Le cbancre simple
experimental de la pauptäre chez les singes macaques. Von
G. Thibierge, P. Ravaut und L. Le Sourd. Ann. d. Denn,
et Syph., T. VI, Okt.
Die Verfif. haben durch Ueberimpfung von Schankervirus auf die
Augenlider am Affen Affektionen erzeugt, welche im grossen und ganzen
den Typus der weichen Geschwüre zeigten und in denen Ducrey’sche
Bazillen nachweisbar waren. Sie betrachten die Ueberimpfung auf Affen
von der Gattung Macacus, die Autoinokulation und die mikroskopische
Untersuchung als sichere Erkennungszeichen, so dass, wenn alle drei
Untersuchungsmethoden ein negatives Resultat geben, kein Ulcus molle
vorliegt. Bemerkenswert ist, dass die Verff. nach mehreren Impfungen
an demselben Tiere eine gewisse Immunität beobachtet haben, eine Er¬
scheinung, welche mit der verbreiteten Ansicht nicht übereinstimmt.
von Hofmann (Wien).
Fever in tertiary Syphilis. Von D. N. Carpenter. Medical Record,
Vol. 69, 17. März.
Fieber, das als Begleiterscheinung oder als Folge von tertiär luetischen
Organerkrankungen auftritt, war den Aerzten des vorigen Jahrhunderts
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wohl bekannt; da dieses Phänomen wieder in Vergessenheit geraten zu
sein scheint, so mehren sich in jüngster Zeit die Mitteilungen über
Fieberbewegungen bei tertiär syphilitischen Organerkrankungen, welche
die Verff. als noch nicht bekannt und selten anführen (siehe dieses Central¬
blatt, Bd. IX, No. 17). Verf. beschreibt zwei einschlägige Fälle, von
denen der eine schwere Knochensyphilis aufwies, der andere jedoch be¬
sonders deswegen interessant ist, weil lange Zeit an Tuberkulose gedacht
wurde. Auch in dem zweiten Falle handelte es sich um Knochengum-
mata, die unter spezifischer Behandlung nach einem kleinen chirurgischen
Eingriff heilten.
Verf. hebt die prompte Wirkung der antiluetischen Kur auf das
Fieber hervor, das in beiden Fällen ausgesprochen remittierenden Cha¬
rakter aufwies, und betont die Schwierigkeit der Differentialdiagnose
zwischen Syphilis, Tuberkulose, Septikämie und typhoidem Fieber.
Raubitschek (Wien).
Paralysie gänörale et Syphilis. Von A. Marie. Bull, et möm. de
la Soc. med. des hop. de Paris, 22. annöe, No. 32, S. 859.
Eine energische antiluetische Kur bewirkte bei einem 37 jährigen
Paralytiker, der, obwohl er eine Infektion mit Syphilis negierte, ein per¬
forierendes Gumma des Gaumensegels besass, deutliche Besserung des
psychischen Zustandes; die somatischen Symptome blieben unbeeinflusst.
Fritz Tedesko (Wien).
Ueber Haarausfall bei hereditärer Lues. Von C. Leiner. Arch.
f. Dermat. u. Syph. Bd. LXXVIII, 2. Heft.
L. berichtet über 3 Fälle von hereditärer Lues, bei denen sich Haar¬
ausfall eingestellt hatte, analog dem, welcher sich bei acquirierter Lues
findet. Auch bei der hereditären Lues ist der Haarausfall, gleichgültig
ob diffus oder zirkumskript, durch die Hartnäckigkeit gegenüber allen
Behandlungsmethoden und die lange Dauer seines Bestandes charakterisiert.
von Hofmann (Wien).
Zur Frage der Behandlung der Syphilis. Mit besonderer Berück¬
sichtigung intravenöser Sublimatinjektionen. Von C. Marcus
und E. Welander. Arch. f. Dermat. u. Syph., Bd. LXXIX.
Die Autoren kommen zu folgenden Schlüssen:
1. Die intravenösen Sublimatinjektionen sind die schnellste Methode,
um Hg dem Organismus einzuverleiben; allein infolge ihrer Unbequem¬
lichkeit, der keineswegs unbedeutenden lokalen Unbehaglichkeiten und
der kurzen Remanenz des Quecksilbers eignet sie sich eigentlich nur für
Fälle, wo eine schnelle Hg-Wirkung wünschenswert ist.
2. Wünscht man eine lange Remanenz und ist, wie bei inter-
mittenter, präventiver Behandlung, wo keine syphilitischen Symptome
vorhanden sind, keine besonders schnelle Absorption für den Augenblick
von Bedeutung, sind intramuskuläre Injektionen der vorigen Methode
vorzuziehen. Von den zu Gebote stehenden unlöslichen Injektions¬
präparaten scheint das Merkuriolöl den vornehmsten Platz einnehmen
zu sollen.
3. In den meisten Fällen dürfte bei den in Krankenhäusern be¬
handelten Patienten aus den oben angeführten Gründen eine kombinierte
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Methode z. B. Hg-Säckchen und Injektion von Merkuriolöl, Anwendung
verdienen und dürfte einer alleinigen Behandlung mit intravenösen In¬
jektionen oder mit Injektionen von Merkuriolöl vorzuziehen sein.
von Hofmann (Wien).
Die Behandlung der Syphilis mit Merkuriolöliojektionen. Von
L. Glück. Arch. f. Dermat. u. Syph., Bd. LXXIX.
G. gelangt zu folgenden Schlüssen:
1. Die intramuskulären Merkuriolölinjektionen verursachen in der
Kegel gar keine Beschwerden und rufen gewöhnlich keine Lokalreaktionen
hervor. Nur ausnahmsweise beschweren sich die Patienten nach der
Injektion über ein mehrere Stunden anhaltendes Gefühl der Schwere in
der betreffenden Extremität. Ebenso bilden sich nur in ganz vereinzelten
Fällen an der Injektionsstelle kleine, schmerzlose Infiltrate; Abscess-
bildungen wurden bisher nicht beobachtet.
2. Das Merkuriolöl wirkt sicher, intensiv und nachhaltig auf die
verschiedenen Erscheinungen der Syphilis in allen ihren Stadien. In
Fällen aber,, in denen die Erscheinungen aus irgend welchen Gründen
eine rasche therapeutische Beeinflussung erheischen, ist das Sublimat
vorzuziehen, da das Merkuriolöl langsamer resorbiert wird und daher
auch weniger rasch seine Heilwirkung entfaltet.
3. Die Verwendung des Merkuriolöls ist in der Regel von keinen
schweren Komplikationen und Nebenerscheinungen begleitet, doch werden
manchmal die Erscheinungen der Lungenembolie sowie vorübergehende
Steigerung der Körpertemperatur und ausnahmsweise auch überraschend
auftretende schwere Stomatitis beobachtet. Die letztere kann sogar noch
mehrere Wochen nach Abschluss der Behandlung einsetzen.
4. Recidiven und Nachschübe scheinen bei der Merkuriolöl Behand¬
lung seltener als bei der Sublimatbehandlung vorzukommen.
5. Die Anwendung des Merkuriolöls bereitet in technischer Hinsicht
keine Schwierigkeiten und beansprucht nur — neben peinlichster Rein¬
haltung — die Trockenhaltung der Kanülen und Spritzen.
von Hofmann (Wien).
Note präiminaire sur 1’Administration dn mercnre par la voie rec¬
tale. Von Ch. An dry. Ann. d. Dermat. et Syph., Okt. 1905.
Intrarectale Injektionen von Sublimatlösungen wurden sehr schlecht,
von Hg bijodat. etwas besser vertragen, ebensowenig bewährten sich
Suppositorien mit Hg bijodat. Hingegen erzielte A. gute Resultate
mittels Suppositorien mit grauem Oel (Quecksilbergehalt 0,02 — 0,04).
Er spricht die Ansicht aus, dass die intrarectale Applikation des Queck¬
silbers in einzelnen Fällen und unter bestimmten Bedingungen die an¬
deren Anwendungsweisen des Merkurs zu ersetzen vermöge.
von Hofmann (Wien).
Ein© Quecksilberschnupfnngskur. Von C. Cronquist. Arch. f.
Dermat. u. Syph., Bd. LXXXVT, 1907.
C. hat einige Syphilitiker 3 bis 4,5 g Hydrargyrum cum creta pro
die schnupfen lassen und bei dieser Medikation ausgezeichnete Resultate
erzielt. von Hofmann (Wien).
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HI. Bücherbesprechungen.
Diagnose und Therapie der Anämien. Nach funktionellen Gesichts¬
punkten auf Grundlage qualitativer Blutuntersuchung. Von
Joseph Arneth. Verlag v. A. Stüber, Würzburg 1907. 208 Seiten,
15 Tafeln.
WieVerf. in seinem Vorwort sagt, ist dieses Buch eine auf neueren
Anschauungen fussende, nicht zu umfangreiche Darstellung der klinischen
Pathologie des Blutes, jedoch nur mit alleiniger Berücksichtigung der
Diagnose und Therapie der Anämien. *
Nach einer kurzen TJebersicht über die Morphologie der Blutzellen
beginnt Verf. mit der Besprechung der Diagnose der Anämien (Teil I).
Seine Definition der Anämie ist folgende: „Wir bezeichnen alle Zu¬
stände, in denen eine Verminderung des Hämoglobingehaltes nachzu¬
weisen ist, als anämische und den Zustand als Anämie („Oligochrom-
ämie“). In weitaus den meisten Fällen, wenn auch nicht konstant
(Chlorose), besteht gleichzeitig in geringerem oder höherem Grade auch
eine Verringerung der Zahl der roten Blutkörperchen („Oligozytämie“),
eventuell auch eine Verminderung der Gesamtblutmenge („Oligämie“).
A. bespricht zuerst die sekundären, dann die primären Anämien.
Bezüglich ersterer hebt er hervor, dass der Parallelismus zwischen dem
Grade der Herabminderung der Erythrocytenzahl und der des Hb-Ge-
haltes, den man lange für ein diagnostisch wichtiges Symptom der
sekundären Anämien gegenüber den primären Formen gehalten hat, im
Prinzip nicht mehr aufrecht erhalten werden kann. Es kann vielmehr
ganz gewöhnlich bei rein sekundärer Anämie der Hb - Gehalt relativ
viel stärker herabgesetzt sein, als der Erythrocytenzahl entspricht. Auch
bei sekundärer Anämie können sowohl die roten wie die weissen Blut¬
körperchen die allerschwersten Schädigungen aufweisen. — Bei der sekun¬
dären chronischen Anämie ist im Gegensatz zu der acuten das Kolorit
der Haut mehr gelblich, vielleicht infolge von Ablagerung von Derivaten
des Hämoglobins.
Der zweite Abschnitt des ersten Teiles stellt eine äusserst sachliche,
kurz gefasste Besprechung der verschiedenen primären Anämien dar. —
Verf. betont die Wichtigkeit der qualitativen Blutuntersuchung, dank
der es möglich gewesen ist, alle komplizierten Blutbefunde sowie die
mannigfachsten pathologisch-anatomischen Veränderungen der erythro-
und leukoblastischen Organe des Körpers durch ein offenbar allen Blut¬
zellen gemeinsames Gesetz zu erklären, nämlich durch das Gesetz vom
Verbrauch und dadurch notwendig bedingten Ersatz. Er sagt: „In der
Tat, wenn man alle pathologisch-anatomischen Befunde, die bei Erkran¬
kungen des Blutes bereits beschrieben wurden und tagtäglich neu be¬
schrieben werden, übersieht, so muss man den Eindruck gewinnen, dass
es einen anpassungsfähigeren und hilfsbereiteren Apparat wie den blut¬
zellenbildenden gar nicht geben kann.“
Der zweite Teil dieses Buches stellt eine Besprechung der Therapie
der Anämien, speziell der primären, dar. „Will der Praktiker zu einer
rationellen Therapie gelangen, so muss er vor allen Dingen sich klar
werden, welche bestimmte Blutzellenart hauptsächlich affiziert ist, und
dann Mittel aussuchen, die geeignet sind, gerade diese Zellen zu gesteigerter
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funktioneller Tätigkeit im aktiven Sinne anzuspornen, oder solche, die
ihnen die Arbeit durch Einverleibung geeigneter Medikamente abnehmen
(passiv) oder wenigstens erleichtern 4 (z. B. Immunsera, medikamentöse
Specifica). — Ich muss hier darauf verzichten, auf die Einzelheiten
dieses Abschnittes einzugehen; auch hier ist Verf. seiner Aufgabe in
höchst anerkennenswerter Weise gerecht geworden. Ich will mich damit
begnügen, die Ergebnisse seiner Erfahrungen in der Behandlung der
Leukämie durch Röntgenbestrahlung kurz zusammenzufassen. Fälle von
chronischer myeloider Leukämie werden durch Röntgenbe¬
strahlung ausgezeichnet beeinflusst. Ferner erzielt man gute Resultate
bei manchen chronischen lymphadenoiden Leukämien. Re¬
fraktär verhalten sich Fälle von chronischer myeloider und manchmal
von lymphadenoider Leukämie. Bei manchen chronischen myeloiden Leuk¬
ämien nimmt unter Röntgenbestrahlung die Leukocytenzahl zwar quanti¬
tativ ab, jedoch bleibt eine qualitative Besserung des Blutbefundes aus.
— Erfahrungen über den Erfolg der Röntgentherapie bei acuten Leuk¬
ämien stehen noch aus. Schrumpf (Strassburg).
Les ruptures arterielles tranmatiqnes. Von P. Picquet. These
de Paris. G. Steinheil. 1906.
Traumatische Rupturen der Arterien können unter verschiedenen
Umständen auftreten. Sie können durch ein direkt auf die Gefässwand
gerichtetes Trauma hervorgerufen werden (Verletzungen durch Schuss¬
waffen, schwere Kontusionen oder Zermalmungen der Glieder). In an¬
deren Fällen zerreisst die Arterie an einer von dem Angriffspunkte des
Traumas entfernten Stelle, wie dies bei Frakturen und Luxationen der
Fall ist. Schliesslich treten Arterienrupturen nach heftigen Bewegungen
und grossen Austrengungen auf. Der Riss beginnt stets in der Intima.
Die gewöhnliche Folge der Arterienrupturen ist die Gangrän. Daher
ist die Prognose eine sehr ernste. Bei der Behandlung soll man zu¬
nächst von jeder operativen Behandlung absehen und erst nach Aufhören
der Shockerscheinungen die Amputation oder sonstige Operationen vor¬
nehmen. von Hofmann (Wien).
Amputationen und Exartikulationen. Künstliche Glieder. Von
Petersen und Gocht. Deutsche Chirurgie, Lieferung 29a. Mit
379 Abbildungen im Text. Stuttgart, Verlag von F. Enke, 1907.
Die Neuauflage des Schede’schen Werkes stammt von zwei Schülern
des geschiedenen Meisters. Sie musste naturgemäss eine so gründliche
Umarbeitung erfahren, dass das Buch grossenteils eine Neuschöpfung
darstellt. Nur weniges, wie z. B. die historische Einleitung, konnte im
wesentlichen bestehen bleiben.
Den Orthopäden interessiert ganz besonders das Schlusskapitel über
die Folgezustände, mit denen er bei Herstellung der Prothesen immer
zu kämpfen hat.
Die von Gocht herrührende Bearbeitung der Prothesenlehre ist
ebenfalls grossenteils durchaus eigenes Erzeugnis. Dieser Abschnitt ist
übrigens auch für sich im Buchhandel erschienen und so abgefasst, dass
es nicht nur für den Arzt, sondern auch für den Bandagisten eine Quelle
reicher Belehrung darstellen kann und hoffentlich auch darstellen wird
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zum Nutzen der Amputierten, die vielfach noch mit minderwertigen
Prothesen gequält werden. Yulpius (Heidelberg).
Les autoplasties, lfeyres, joues, oreilles, tronc, membres. Von
Nöl&ton et Ombrödanne. Paris, Steinheil, 1907, 10 Fr.
Der Band gehört zu der Sammlung „Traitö de medecine opöratoire
et de thörapeutique chirurgicale“ von Berger und Hartmann. Er
gibt eine Zusammenstellung der plastischen Methoden, wie sie von den
bekannten Meistern geübt worden sind und geübt werden, unter be¬
sonderer Betonung der Erfahrung der Verfasser. Den 193 Seiten Text
sind 291 gute Abbildungen beigefügt. Zahlreiche Abbildungen sind bei
einem Thema, wie dem vorliegenden, zum Verständnis nötig. Den
grössten Teil nehmen die Lippen- und Mundplastiken und die Plastiken
im Gesicht ein. Hasenscharten sind allerdings nicht behandelt. Es
folgen die Plastiken am Ohr bei Fehlern der Grösse oder Gestalt oder
völligem Fehlen oder Verletzung des Ohrs. Dann kommen die Plastiken
am Rumpf, vor allem Ersatz der amputierten Mamma. Den Schluss
bildet der Hautersatz an den Extremitäten. Die italienische Methode
der Lappenbildung ist ausführlich behandelt, weniger die Thiersch-
schen Transplantationen; ganz vergessen sind die Reverdin’schen
Granulationen und die Krause 'sehe Lappenbildung, mit denen man doch
sehr gute Erfolge erzifelen kann. Irrig ist auch die Ansicht Ombrö-
dannes, dass die Wunde erst granulieren muss, bevor man Thiersch’sche
Lappen aufzusetzt; in Wirklichkeit kann man ganz frische Wunden,
z. B. Defekte nach Mammaamputationen, mit Thiersch’schen Lappen
decken. Die italienische Methode hält 0. für angezeigt: 1. wenn die
ThierBch’sche Transplantation missglückt ist, 2. wenn ein Unter¬
schenkelgeschwür sich wieder trotz Transplantation öffnet, 3. wenn ein
grosser Substanzverlust dicht an einem Gelenk sitzt, 4. wenn eine kon¬
trahierende Narbe neben einem Gelenk zu entfernen ist, 5. wenn die
Narbe starken Druck auszuhalten hat. — Die Darstellung des Themas
ist klar, knapp und sachlich, dabei doch ausgedehnt genug. Das
Studium des Buches ist wegen der vielen vorgetragenen Methoden sehr
zu empfehlen. Klink (Berlin).
Inh
I. Sammel-Referate.
Hofmann, Karl Ritter von, Die
Cystinurie (Schluss), p. 769—776.
II. Referate.
A. Obere Luftwege, Kehlkopf, Trachea.
Logan, A., Three cases of acute suppu-
ration in the maxillary antrum treated by
washing through the nasal cavity, p. 776.
Thronton, B., An unusual cause of
sudden death, p. 777.
Birch, Cb., Note on a case of angio-
neurotic oedema of the larynx, p. 777.
alt.
Baer, Zur Sonnenlichtbehandlung der
Kehlkopftuberkulose, p. 778.
Roepke, O., Das Tuberkulin in der Be¬
handlung d. Kehlkopftuberkulose, p. 778.
C n o p f, Ein Beitrag zur Lehre der Therapie
der durch Diphtherie bedingten, strik-
turierenden Trachealnarben, p. 778.
Barford, J. L., A case of extensive rup-
ture of the trachea with complete de-
tachment of the left bronchus without
extemal injury, p. 779.
Gleitsmann, J. W., Intratracheal in-
jections, p. 780.
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B. Bauchhöhle.
Sailor, J. u. Rhein, R. D., Eventration
of the diaphragma, with a report of a
case, p. 780.
Johnson, E. G. u. Perman, S., Om
diafragmabräck jämte beskrifning af ett
sadant, p. 782.
Rossi, B., Contributo alla cura delle
ferite diaframmatiche, p. 783.
T u f f i e r, Diagnostic des tumeurs de Phypo-
chondre droit, p. 784.
Childe, Ch. P., The area of „acute
abdominal conflux“ and the „incision
of incidence“, p. 784.
B abler, E. A., The signifiance of sudden,
severe, abdominal pain, p. 785.
Barrows, C. C., Shock and haemorrhage
as causes of death following abdominal
operations, p. 789.
C. Syphilis.
Berger, F. R. M., Zur Kenntnis der
Spirochaete pallida, p. 791.
Löwy, K., Beiträge zur Spirochätenfrage,
p. 791.
Entz, B„ Ueber das Vorkommen der
Spirochaete pallida bei kongenitaler
Syphilis, p. 791.
Queyrat u. Joltrain, Recherche du
Spirochäte de Schaudinn dans les chan-
cres syphilitiques, p. 791.
E h r m a n n, S., Zur Topographie der Spiro¬
chaete pallida in der krustös werdenden
Papel, p. 791.
Buschke, A. u. Fischer, W., Ueber
die Beziehungen der Spirochaete pallida
zur kongenitalen Syphilis, nebst einigen
Bemerkungen über ihre Lagerung im
Gewebe bei acquirierter Lues, p. 792.
Krzysztalowicz, Fr. u. Siedlecki,
M., Ueber das Verhältnis des Entwick-
lungscyklus des Treponema pallidum
Schaudinn zu den syphilitischen Krank¬
heitsstadien, p. 792.
Lipschütz, B., Klinische und bakterio¬
logische Untersuchungen über das Ulcus
venereum, p. 792.
Sc herber, G., Beiträge zur Klinik und
Histologie der nodösen Syphilide, p. 793.
S i m o n e 11 i, F. u. B a n d i, J., Experimen¬
telle Untersuchungen über Syphilis, p.793.
Finger, E. u. Landsteiner, K., Unter¬
suchungen über Syphilis an Affen, p. 793.
-, Untersuchungen über Syphilis an
Affen, p. 793.
Thibierge, G. u. Rav aut, P., Etudes
de v6n6reologie experimentale. I. In-
oculation de produits syphilitiques au
bord libre de la paupifcre chez les
singes macaques, p. 794.
-u. Le Sourd, L., Etudes de v£ne-
röologie experimentale. II. Le chancre
simple experimental de la paupi&re chez
les singes macaques, p. 794.
Charpenter, D. N., Fever in tertiary
syphilis, p. 794-
Marie, A., Paralysie generale et syphilis,
P- 795 -
Leiner, C., Ueber Haarausfall bei here¬
ditärer Lues, p. 795.
Marcus, C. u. Welander, E., Zur
Frage der Behandlung der Syphilis.
Mit besonderer Berücksichtigung intra¬
venöser SubKmatinjektionen, p. 795.
Glück, L., Die Behandlung der Syphilis
mit Merkuriolölinjektionen, p. 796.
A n d r y, C h., Note preliminaire sur l'ad-
ministration du mercure par la voie
rectale, p. 796.
Cronquist, C., Eine Quecksilberschnu-
pfungskur, p. 796.
III. Bücherbesprechungen.
Arneth, J., Diagnose und Therapie der
Anämien. Nach funktionellen Gesichts¬
punkten auf Grundlage qualitativer Blut¬
untersuchung, p. 797.
P i c q u e t, P., Les ruptures arterielles
traumatiques, p. 798.
Pctersen u. Gocht, Amputationen und
Exartikulationen. Künstliche Glieder,
p. 798.
Nelaton et Ombredanne, Les auto-
plasties, Ifcvres, joues, oreilles, tronc,
membres, p. 799.
Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Professor
Dr. HERMANN SCHLESINGER, Wien, I, Ebendorferstrasse 10, wird gebeten.
Man bittet, redaktionelle Zuschriften mit dem Adressenznsats „Für die Redaktion des
Centralblattes für die Grenzgebiete* 1 versehen zu wollen.
Lippert & Co. (G. Pätz’sche Buchdr.), Naumburg a. S.
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CENTRALBLATT
für die
Qrenzgebiete der Medizin u. Chirurgie.
Heraasgegeben von
Dr. Hermann Schlesinger,
Professor an der Universität Wien.
Verlag tob GUSTAV FISCHER in Jena.
X. Band,
Jena, 19. NoYember 1907.
Nr. 21.
Das Centralblatt für die Grenzgebiete der Medizin nnd Chirurgie erscheint in
zwanglosen Heften im Umfange von etwa 3 Druckbogen, die zu einem Bande
vereinigt werden, dessen Umfang 60 Druckbogen betragen wird. Das Abonne¬
ment für das Centralblatt kostet 24 Mark für den Band. — Die Abnehmer
der Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, herausgegeben
von A. von Eiselsberg und B. Naunyn, erhalten das Centralblatt
zum Vorzugspreise von 20 Mark.
L Sammel-Referate.
Die neueren Forschungen auf dem Gebiete
der Osteomalacie.
I. Teil: Aetiologie und pathologische Anatomie.*)
Von Denis G. Zesas (Lausanne).
Literatur.
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cystischer Tumorbüdung. Prov. med. Lyon 1890.
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Edinburgh med. Journal. Mai 1896.
3) A p p i n g, Flexibilitas cerea ossium intermittens spontanes. Petersburger med.
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Bd. XXXVII.
61 Adenat, Gaz. hebd. de med. et Chirurgie. Octobre 1900.
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tation. Göttingen 1892.
9) Baumann, Ueber den Einfluss der Porro-Operation und Kastration auf das
Wesen der Osteomalacie. Inaug.-Dissert. Basel 1889.
10) Bartenstein, Ueber einen Fall von Osteomalacie mit besonderer Berück¬
sichtigung der Entstehungstheorien. Diss. Freiburg 1897.
11) Beaucamp, Recidiv von Osteomalacie nach Porro. Centralblatt für
Gynäkol. 1895.
12) Beck, Ueber das gegenwärtige Verhältnis der stickstoffhaltigen Substanzen
im Harn bei Osteomalacie. Prager med. Wochenschrift 1894.
*) Ein weiteres Sammelreferat wird die Symptomatologie und die Therapie der
AfTektion umfassen.
Centralblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 61
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802
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Presse m6d. 1898.
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schrift 1897, No. 15.
16) Bernstein, Die Oophorinbehandlung bei Osteomalacie. Münchener med.
Wochenschrift 1898.
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Münchener med. Wochenschrift 1878.
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Wiener med. Wochenschrift 1893, No. 15.
19) Braun, Ueber einige Fälle von Sectio caesar. Arch. f. Gyn., Bd. XXXIV.
20) B r e i s k y, Ein neuer für Mutter und Kind erfolgreicher Fall der Porroschen
Methode des Kaiserschnittes. Arch. f. Gyn., Bd. XIV.
21) Busche-Haddenhausen, v., Die in den Jahren 1890—94 in der
Frauenklinik zu Göttingen operierten Fällen von Osteomalacie. Arch. f. Gyn., Bd. IL,
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Gynäk. 1896.
85) Frey, Zur Kasuistik des Kaiserschnittes mit Kastration bei Osteomalacie.
Centralblatt f. Gynäk. 1897.
86) Fehling, Ein Fall von osteomal. Becken. Correspondenzbl. f. W. 1877.
87) Ders., Ein Kaiserschnitt mit Exstirpation des Uterus und der Ovarien bei
einem pseudoosteomal. Becken nebst anatom. Würdigung ders. Correspondenzbl. f.
W. 1878.
88) Ders., Jahresbericht über die Ereignisse in der k. Landeshebammenschule
und Entbindungsanstalt zu Stuttgart im Jahre 1878. Correspondenzbl. f. W., No. 21.
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89) Fehling, Ein Kaiserschnitt nach Porro bei Osteomalacie mit günstigem
Ausgang. Archiv f. Gynäk., Bd. XXXIX.
90} Ders., Ueber Kastration bei Osteomalacie. Wiener klin. Wochenschr. 1888.
91) Ders., Zehn Kastrationen. Archiv f. Gynäk., Bd. XXII.
92) Frommei, Jahresbericht über die Fortschritte der Geb. u. Gyn., Jahr¬
gang VII.
93) Fehling, Weitere Beiträge zur Lehre der Osteomalacie. Arch. f. Gyn. 1895.
94) Ferroni, Beitrag zur Struktur der osteomalacischen Ovarien. Ann. di
ost. e gin. 1897.
95) Fischer, Ein Fall von Kaiserschnitt wegen osteomalacischer Beckenenge.
Prager med. Wochenschrift 1895.
96) Flora, Süll’ osteomalacia. Set. med. d. Sperimentale. Florenz 1898.
97) Fonzes, Eliminations des sels alcalino-terreux dans un cas d’osteomalacie.
Compt. rend. Soc. de biol. Paris 1896.
98) Frey, Zur Kastration bei Osteomalacie. Centralbl. f. Gynäk. 1897.
99) Frankel, Ein Fall puerperaler Osteomalacie, geheilt durch Kastration.
Deutsche med. Wochenschrift 1898.
100) Förster, Ueber die Verarmung des Körpers spez. der Knochen an Kalk.
Zeitschrift für Biologie, Bd. XII.
101) Ders., Versuche über die Aschenbestandteile der Nahrung. Zeitschrift
für Biologie, Bd. IX.
102) Fleischer, Ueber das Vorkommen der sogenannten Bence-Jones *sehen
Eiweisskörper im normalen und osteomalacischen Knochen. Virchow’s Archiv, Bd.LXXX.
103) Fehling, Wesen und Behandlung der puerperalen Osteomalacie. Archiv
f. Gynäk. 1890.
104) Grajon, De la forme senile de l’ostöomalacie. Th&se de Paris 1892.
105) Gelpke, Die Osteomalacie im Ergolztale. Liestal 1891.
106) Gusserow, Beitrag zur Lehre der Osteomalacie. Monatsschrift f. Geb.,
Bd. XX.
107) Guöniot, Heilung der Osteomalacie nach einem Kaiserschnitt. Centralbl.
f. Gynäk. 1892.
108) Gürtler, Sectio caes. bei osteomal. Becken mit glücklichem Ausgang für
Mutter und Kind. Archiv f. Gynäk., Bd. V.
109) Gussmann-Schüppel, Ein Fall von progress. Osteomalacie bei einem
Manne. Correspondenzbl. des würt. ärztl. Landes Vereins 1870.
110) Gallia, Beitrag zur Aetiologie der Osteomalacie. Centralbl. f. Gyn. 1891.
111) Goebel, Osteomalacie mittels Röntgenstrahlen zu diagnostizieren. Deutsche
med. Wochenschrift 1897.
112) Gayet und Bonnet, Contribution ä l’etude des osteomalacies. Revue
de Chirurgie 1901.
113) Gelpke, Einige Bemerkungen über Knochenerweichung bei Erwachsenen.
Monatsschrift für Geburtsh. und Gynäk., Bd. V.
114) Giudiceadrea, Osservazioni sull osteomalacia. Bollet. della soc. Lan-
cisiana, Bd. XVII.
115) Grosch, Ein Fall hochgradiger puerperaler Osteomalacie. Dissert. Würz¬
burg 1899.
116) Hahn, Ueber Osteomalacie beim Manne. Centralblatt für die Grenz¬
gebiete der Medizin und Chirurgie, Bd. II.
117) Hartmann, Beobachtungen über Osteomalacie und deren Behandlung
mit Phosphor. Dissert. Erlangen 1887.
118) Heinsius, Ein Fall von Osteomalacie. Allg. med. Centralzeitung 1901.
119) Hennig, Ueber Osteomalacie. Archiv f. Gynäk. 1873.
120) Hess, Zur Kasuistik der Osteomalacie des Mannes. Dissert. München 1903.
121I Henssel, Die Erfolge der Kastration bei Osteomalacie. Dissert. Giessen 1892.
122) Heyse, Beitrag zur mikroskopischen Anatomie der Ovarien Osteomala¬
cischer. Archiv f. Gynäk., Bd. LIII.
123) Hoerner, Ueber die Ursache und das Vorkommen von Osteomalacie in
Bayern. Dissert. München 1886.
124) Holländer, Beiträge zur Frage der Osteomalacie. Berliner klin. Wochen¬
schrift 1901, Bd. IL.
125) Hofmeier, Zur Frage der Behandlung der Osteomalacie durch Kastration.
Centralbl. f. Gynäk. 1891, No. 12.
126) Hanau, Ueber den jetzigen Stand der anatom. Forschung über Osteo¬
malacie. Correspondenzblatt f. Schweizer-Aerzte 1892.
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n
127) Hofmeister, Zur Aetiologie der Cosa vara. Beiträge z. klin. Chirurgie 1895.
128) Hegar, Kasuistischer Beitrag. Münchener med. Wochenschrift 1899.
129) Herz, Ein Fall von Osteomalacie. Wiener med. Presse 1896.
130I Hoffmann, Lehrbuch der Konstitutionskrankheiten. Stuttgart 1893.
131) Hofmann, Angeblicher Milchsäuregehalt des Harns bei Osteomalacie.
Centralblatt für innere Medizin 1897.
132) Harajewicz, Ein Fall von puerperaler Knochenerweichung, durch Kastration
geheilt. Wiener med. Presse 1893.
133) Heis, Kann man durch Einführen von Milchsäure in den Darm eines
Tieres den Knochen anorganische Bestandteile entziehen! Zeitschrift für Biologie,
Bd. XII. (Fortsetzung der Literatur folgt.)
Wenn wir einen Rückblick auf die zahlreichen Forschungen
werfen, die auf dem Gebiete der Pathologie und Therapie der
Osteomalacie gemacht wurden, so kann es uns nicht entgehen, dass
auch hier sich ein bedeutender Umschwung vollzogen hat. Die
Osteomalacie, die schon Hippokrates nicht fremd war, wurde
bekanntlich bis zum Jahre 1751 mit der Rachitis identifiziert und
als eine besondere Form dieser Affektion, als „Rachitis adul¬
torum“ bezeichnet. Erst von diesem Zeitpunkt ab wird die Osteo¬
malacie zum ersten Male von Duverney 66 ) als selbständige
Affektion aufgefasst und im Jahre später erschien die allbekannte
Mitteilung Morand’s 19a ), eine Frau betreffend, deren Knochen
so erweicht und verkrüppelt waren, dass sie das eine ihrer Beine
als Kopfkissen benützen konnte. Morand beschrieb diesen Fall
als „eine besondere mit der Rachitis nicht zu ver¬
wechselnde Erweichungsform der Knochen“. Levacher
de la Feutrie 161 ) vertritt in seinem: „Traitö du rakitis ou l’art
de redresser les enfants“, die Sonderstellung der Osteomalacie und
hier wird zum ersten Male eines ätiologischen Zusammenhanges der
Knochenaffektion mit der Schwangerschaft Erwähnung getan. „La
mollesse est naturelle aux os et contre nature pour eux suivants les
differents äges de la vie — sagt Levacher — on sait que les os
mous et souples des enfants qui se courbent par faiblesse different
beaucoup de ceux des adultes denses et cassants qui se courbent en
se ramollissant. La mollesse synonyme de la souplesse dififere donc
beaucoup de la mollesse synonyme de ramollissement.“ Lob stein
trat ebenfalls für die selbständige Stellung der uns hier beschäftigenden
Affektion in der Pathologie ein; Kilian 1 *®) lieferte im Jahre 1829
die erste ausführliche Behandlung dieses Themas. Er unterschied
eine „brüchige Form“ der Osteomalacie (Ost. fracturosa) von einer
„wachsartigen“ (Ost. cerea, flexibilis); merkwürdigerweise aber führt
er sämtliche Gestaltsveränderungen des Beckens auf eine primäre
Erschlaffung „der ileo-sacralen Bänder“ zurück. Seit jener
Zeit hat sich eine Reihe von Forschern mit der Pathologie und der
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Therapie dieses eigenartigen Leidens beschäftigt und es sind unter
vielen anderen Gu§rin 819 ), Virchow 490 ), v. Recklinghausen 919 ),
Ribbert 940 ), Kehrer 149 ), Fehling 87 ), Rehn 497 ) und Gelpke 108 ),
welche unsere diesbezüglichen Kenntnisse wesentlich bereichert haben.
Nach dem heutigen Stande der Osteomalaciefrage wird unter
dieser Affektion eine Erkrankung verstanden, welche mehr oder
weniger ausgedehnte Skelettpartien ergreift und pathologisch-ana¬
tomisch in einer von den Markräumen ausgehenden, langsam fort¬
schreitenden Erweichung und Resorption der ausgewachsenen
Knochen besteht. Die kalkhaltigen Knochenbälkchen werden vom
Rande her entkalkt und es resultiert eine kalkfreie Knochensubstanz
(Osteoid), die den noch kalkhaltigen Knochen in Form von soge¬
nannten osteomalacischen Säumen anliegt. Während bei
der Rachitis das Osteoid in der Hauptsache unverkalkte neu¬
gebildete Knochensubstanz darstellt, handelt es sich bei
der Osteomalacie um entkalkte alte Knochensubstanz.
Die Osteomalacie stellt keine so allzuseltene Erkrankung dar, wie
man es früher annahm, denn während Litzmann 186 ) vor ca. 40 Jahren
im ganzen nur 142 Fälle zusammenstellen konnte, will Latzko 171 )
allein in Wien in wenigen Jahren 120 solcher Kranken gesehen
haben. Dies soll jedoch nicht auf ein häufigeres Auftreten der
Affektion hinweisen, sondern nur auf den Umstand, dass die Aerzte
gelernt haben, die Krankheit besser zu erkennen.
Die Aetiologie des Leidens ist gleich wie jene der Rachitis
noch nicht aufgeklärt. Man hat die Affektion in ursächlichen Zu¬
sammenhang mit feuchten, schlecht ventilierten Wohnungen,
mit mangelhafter Kleidung, mit Traumen, mit psychi¬
schen Zuständen und dürftiger Nahrung in Zusammen¬
hang gebracht. Kehrer 149 ) bemerkt aber, dass 1 /, seiner Fälle
besser situierte Personen betraf, bei denen eine mangelhafte Er¬
nährung etc. wohl nicht in Frage kommen konnte. Winkel 808 )
misst dem Genüsse sauren Schwarzbrotes eine wesentliche ätio¬
logische Rolle bei. Doch pflegt die Osteomalacie auch in Gegenden
vorzukommen, wo durchgebends „gutes Weissbrot“ im Gebrauche
steht, und die Erfahrung lehrt, dass Gegenden, in welchen grosse
Quantitäten saurer Weine und Most genossen werden, keineswegs
häufiger von der Osteomalacie heimgesucht werden (Gelpke). Be¬
züglich der geographischen Verbreitung der Affektion
wissen wir, dass dieselbe am häufigsten in Italien (Olonatal bei
Mailand, Calabrien) und in der Schweiz (Ergolztal) vorkommt. Spo¬
radisch wird das Leiden in Frankreich, Oesterreich-Ungarn, Rumänien,
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Bassland and im ganzen nördlichen Teil von Europa beobachtet.
Sehr oft hängt die Erkrankung mit den Zeugungsvor¬
gängen zusammen: Schwangerschaft, Wochenbett und
Laktation sind bei Menschen und Tieren von der grössten Be¬
deutung für die Entstehung der Osteomalacie. Mehrgebärende
und besonders Vielgebärende sollen häufig von der Krankheit
befallen werden. Die Ausfuhr von Kalksalzen aus dem mütterlichen
Organismus, um den Mehrbedarf zum Aufbau der kindlichen Ge¬
webe zu decken, würde uns den ätiologischen Zusammenhang der
Gestation mit der Osteomalacie nahelegen und die Zahncaries der
Schwangeren, ihre Gelüste nach erdigen Substanzen und die nicht selten
verzögerte Callusbildung bei Frakturen schwangerer Frauen würden
diese Annahme befestigen. Nach den Berechnungen von Struck¬
mann werden dem Muttertiere während der Schwangerschaft im
ganzen 2,16 Pfund Kalk und 1,80 Pfund Phosphorsäure durch das
Kalb entzogen. Analoge Verhältnisse wie beim Tiere hat man beim
Menschen beobachtet und Hanau **°) hat den anatomischen Nach¬
weis erbracht, dass bei Schwangeren infolge des zu grossen
Bedarfs des Fötus an Kalk eine „physiologische Osteo¬
malacie" vorkommt. Er konstatierte einen gewissen Parallelismus
zwischen dem „puerperalen Osteophyt“ des Schädels und dem
osteoiden Gewebe der übrigen Knochen, namentlich aber des Beckens.
Wild®* 6 ) habe die Hanau’sehen Resultate bestätigt. Hanau
und Gelpke haben auf die Uebergänge hingewiesen, welche sich
unschwer von der „physiologischen Osteomalacie“ zur schweren patho¬
logischen ziehen lassen. Protrahiertes Stillen ist auch zu den
die Osteomalacie befördernden Momenten gezählt worden (Gusserow).
Unter 22 Fällen, bei welchen Gelpke die Verhältnisse der Laktation
feststellte, findet sich 4 mal die Bemerkung „stillte sehr lange“, 9 mal
„stillte“, 5 mal „stillte wenig“ und 6 mal „stillte nie“. Interessant
ist in dieser Hinsicht die tierärztliche Erfahrung, dass bei der Osteo¬
malacie der Rinder ausschliesslich nur die melkenden Kühe befallen
werden (Roloff 2 **), Utz). Auch erwähnt Boloff den günstigen
Einfluss unvollständigen Ausmelkens auf osteomalacische Kühe.
Namentlich in der ersten Zeit der Laktation soll dem Muttertiere
sehr viel Kalk- und Phosphorsäure entnommen werden. Hennig 11 *)
beschuldigt die Menstruation, periodische Exacerbation des
Knochenleidens hervorzurufen; Collineau konnte unter 52 Fällen
14mal eine Verschlimmerung der Krankheit, periodisch
mit der Menstruation zusammenfallend, konstatieren.
Nach Gelpke sollen gleichzeitig bestehende Genital-
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ei den (Prolapsus, Retroflexio uteri etc.) den Verlauf der Knochen-
malacie ungünstig beeinflussen. Die auffallende Häufigkeit der
Osteomalacie bei Frauen, die oft gravid werden, und andererseits die
häufige Erkrankung während der Gravidität und im Puerperium
müssten darauf hinweiseD, dass zwischen der Geschlechtsfunktion und
der genannten Affektion ein Zusammenhang bestehe. Doch abgesehen
von der „männlichen Osteomalacie, verfügt die Literatur über
eine beträchtliche Anzahl von Fällen, Frauen und Mädchen
betreffend, die nicht gravid waren, so dass diese Theorie
keine Allgemeingeltung besitzt. Bezüglich des näheren
Zusammenhanges der Osteomalacie mit den Geschlechtsfunktionen
glaubt Gelpke, dass sich in der Gravidität ausser den Becken*
Organen auch das Becken selbst an der physiologischen Hyperämie
und Auflockerung beteilige, und hält dies bezüglich der Beurteilung
des Wesens der Osteomalacie für wichtig. Truzzi 978 ) ist der An¬
sicht, dass der erste Ursprung der Osteomalacie im Knochenmarke
liege, welches bei der Frau durch Menstruation, Schwangerschaft
und das Geschlechtsleben überhaupt stark beeinflusst werde. Foa
und Marchiafava beobachteten, dass das Knochenmark während
der Gravidität röter wurde; dabei sollen die kernhaltigen roten Blut¬
körperchen daselbst stark vermehrt sein.
Wie für die Rachitis, so ist auch für die Osteomalacie eine
ungenügende Zufuhr von Kalksalzen oder eine mangel¬
hafte Assimilierung resp. Apposition des Kalkes im
Knochen als ätiologisches Moment angenommen worden. Bezüg¬
lich des ersten Punktes wissen wir, dass eine kalkarme Nahrung eine
Erweichung der Knochen herbeizufuhren vermag. Roloff*® 0 ), der
die Ansicht vertritt, dass Rachitis und Osteomalacie durch mangel¬
hafte Kalkzufuhr bedingt sind, erzeugte durch kalkarme Nahrung
bei Tieren typische Osteomalacie. Auch soll die Affektion endemisch
bei Kühen, Schafen, Ziegen besonders in jenen Gegenden Vorkommen,
wo der Boden resp. das Futter arm an phosphorsaurem Kalk ist.
Fütterungsversuche ergaben, dass Heu von den Rieselwiesen bei
Weidenbrück (Westfalen), einem exquisiten Osteomalacieherd, aus¬
wärts verfüttert, bisher gesunde Kühe in kurzer Zeit osteomalacisch
machte. Die chemische Analyse des Heues ergab einen ausnehmend
geringen Gehalt an erdigen Bestandteilen, hauptsächlich an phosphor¬
saurem Kalk. Nach Beigabe von CaPO g genasen die drei zum Ver¬
such dienenden Kühe innerhalb 3 Wochen. 4 Ziegen, welche mit
demselben Futter genährt wurden, daneben aber reichlich Kalk¬
wasser zu trinken bekamen, blieben gesund. Auch Chossat 4 *)
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vermochte mit beliebigem kalkfreiem Fatter bei Tieren „Knochen¬
erweichung“ hervorzurufen. Er experimentierte an Hühnern und
Tauben, die er mit gereinigtem Korn, welches sehr wenig Ca, P, 0 8
enthielt, und gewöhnlichem Brunnenwasser ernährte. Im Verlaufe
von 1—8 Monaten begannen sie sehr viel Wasser zu trinken (wegen
des Kalkgehalts), magerten ab, bekamen Diarrhoen und starben unter
den Erscheinungen der Knochenbrüchigkeit. Die Röhrenknochen
zeigten sich bei der Inspektion weich und biegsam, spezifisch leichter
und von stark vermindertem Ca, P, 0 8 -Gehalt. Wurde den kranken
Tieren phosphorsaurer Kalk zum Futter zugesetzt, so besserte sich ihr
Zustand rasch. Stilling und v. Mering 821 ) gelang es bei einer
trächtigen Hündin, die sie mit möglichst kalkarmer Nahrung fütterten,
nach dem Wurf mikroskopisch auf den Knochenbälkchen osteoide
Zonen nachzuweisen, doch ist es, wie Schmidt betont, fraglich,
ob diese Veränderungen über das physiologische Hass hinausgingen;
eine genaue Mitteilung hierüber ist nicht erfolgt. Weiske 298 ) hat
dagegen keine Veränderung der Knochen nach 6 wöchentlicher
Fütterung zweier Ziegen mit Phosphorsäure resp. kalkfreier Nahrung
konstatieren können, während Trippi e r 881 ) bei Hühnern und Gelpke
hei Tauben positive Resultate erzielten.
Das anatomische Bild, welches von den „künstlich malacischen
Knochen“ entworfen wird, stimmt mit den Befunden der mensch¬
lichen Osteomalacie überein und aus der Gesamtzahl dieser Versuche
geht zweifellos hervor, dass man bei gewissen Tierspezies
durch chronische Entziehung des phosphorsauren
Kalkes künstliche Osteomalacie erzeugen kann.
Aehnliche Zustände werden bei vollkommen genügender Menge
von Kalk in der Nahrung herbeigeführt, wenn der letztere nicht
genügend resorbiert und nicht reichlich genug im
Knochen abgelagert wird, sei es infolge von Verdauungs¬
störungen oder unzweckmässiger Zusammensetzung des
Kalks. Nach Reloff 880 ) kommt die Osteomalacie beim Rindvieh
auf dem Almgrund in der Gegend von Augsburg endemisch vor.
Der Boden dieses Almgrundes enthält zwar 60—60 °/ 0 reinen kohlen¬
sauren Kalkes, es fehlt ihm aber die notwendige Phosphorsäuremenge
und das auf dem Alragrund wachsende Futter besitzt nicht genug
phosphorsauren Kalk. Strohmann 828 ) hebt desgleichen hervor,
dass das Osteomalacie erzeugende Heu teils zu wenig Pbosphor-
säure und Mineralstoffe besitze, teils zu wenig löslich sei, d. h. den
Kalk in einer nicht genügend „assimilierbaren Form“ enthalte.
Nebst der mangelhaften Zusammensetzung des Kalks hat man,
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wie bemerkt, eine ungenügende Kalkresorption für das Zu¬
standekommen der Osteomalacie verantwortlich gemacht, indem durch
vorhandene Darm- oder Magenkatarrhe die Kalkresorption
beeinträchtigt wird. Seemann und Bunge sehen in einer mangel¬
haften Bildung freier Salzsäure im Magen den Hauptgrund
der Nichtresorption des Kalkes.
Nach Analogie der künstlichen Entkalkung der Knochen durch
Säure ist die Osteomalacie auch mehrfach auf eine im Organismus
„zirkulierende pathologische Säure“ zurückgeführt worden;
berichtet doch schon Gliarchus, ein römischer Arzt des 17. Jahr¬
hunderts, von einem Falle, bei welchem „eine pathologische Säure die
Knochen aufgelöst hatte“. Schmidt 28# ) und Weber 298 ) nehmen
an, dass die Osteomalacie auf einer chemischen Auslaugung der
Kalksalze des Knochens durch Milchsäure beruhe, ersterer kon¬
statierte die Säure in den zu Cysten umgewandelten, zerstörten
Knochen, während letzterer eine saure Reaktion des Knochenmarkes
fand, das Milchsäure enthielt. Auch Drivon fand bei der Analyse
osteomalacischer Knochen Milchsäure und eine auffallende Ver¬
minderung der anorganischen Stoffe, während die organischen ent¬
sprechend vermehrt waren. Virchow dagegen fand den Saft osteo¬
malacischer Knochen alkalisch. Wislicenus hat in der Oedem-
flüssigkeit eines hochgradig osteomalacischen Weibes Milchsäure
gefunden. Ueber die Reaktion des Urins sind die Berichte wider¬
sprechend. Im Harne Osteomalacischer wurde Milchsäure öfters
nachgewiesen (Weber 298 ), Moers, Muck 887 u. a.). Heuss 888 )
hingegen, der unter Leitung von v. Nencki in Bern eine eingehende
Untersuchung des Harns einer hochgradig osteomalacischen Frau
vornahm, konnte in einer Harnmenge von 6 Litern keine Milchsäure
finden. Heitzmann 184 ) versuchte, der Milchsäurefrage experi¬
mentell näher zu treten. Er stellte eine Reihe von Versuchen
über künstliche Erzeugung der Rachitis und Osteomalacie durch
Milchsäuregaben an, und zwar an 5 Hunden, 7 Katzen, 2 Kaninchen
und 1 Eichkätzchen. Bei den Fleischfressern (Hunden, Katzen)
konstatierte Heitzmann schon nach 2 Monaten rachitische Er¬
scheinungen: Schwellung der Epiphysen, der Rippenknorpel, Ab¬
magerung und Diarrhoen. Der mikroskopische Befund er¬
gab rachitische Veränderungen; bei fortgesetzter
Fütterung trat Erweichung der Knochen bis zur fisch¬
beinartigen Biegsamkeit ein. Bei Pflanzenfressern (Kaninchen
und Eichkätzchen) fehlte das rachitische Vorstadium und im Laufe
einiger Wochen entwickelte sich „eine typische Osteomalacie“.
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Nach Heitzm&nn sollen Rachitis und Osteomalacie auf identischen
Ursachen beruhen, dasselbe schädliche Agens bedinge bei jungen
Tieren Rachitis, bei älteren Osteomalacie. Heiss 18 ’)
fand bei einem ausgewachsenen Hunde nicht eine Spur von Knochen¬
veränderung bei fortgesetzten grossen Milchsäuregaben; ebenso negativ
fielen die Versuche von Roloff 229 ), Toussaint und Tripier 281 )
u. a. aus. Siedamgrotzky und Hofmeister 287 ) prüften die
Einwirkung dauernder Milchsäureverabreichung auf die Knochen der
Pflanzenfresser. Ebne besondere Wirkung war bei jungen wach¬
senden Tieren nicht zu verkennen und diese lösende Milchsäure-
wirkung äusserte sich vorwiegend auf die Mineralsubstanzen, be¬
sonders auf Kalk und Phosphorsäure, während Magnesia fast voll¬
kommen unberührt blieb. Allein die lösende Wirkung der Milch¬
säure erwies sich als gering, so dass sie nur bei „zur Rachitis und
Osteomalacie prädisponierten Tieren“ ähnliche pathologische Ver¬
änderungen hervorzurufen vermochte.
Nicht nur der Milchsäure sondern auch anderen Säuren
wurde die Auflösung der Knochensalze bei der Osteomalacie zu¬
geschrieben, so von Bouchard der Oxalsäure, Essigsäure,
Ameisensäure, von Rindfleisch 228 ) der Kohlensäure,
während Hennig 119 ), gestützt auf Versuche über die entkalkende
Wirkung von Traubenzuckerlösungen (wahrscheinlich durch Über¬
gang der Zuckerlösung in Milchsäure), dem Traubenzucker eine
Rolle bei der Entkalkung zuerkennt. Das Zusammentreffen von
Diabetes und Osteomalacie ist jedoch ein ungewöhnlich seltenes
Vorkommen; die übrigen Säuren dürften bei der Osteomalaciegenese
wohl kaum in Frage kommen. Eine Ausnahme könnte nur die
Kohlensäure hinsichtlich der Tatsache machen, dass es sich bei
der Osteomalacie um „entzündliche Vorgänge“ mit reichlicher Vasku¬
larisation und reger Kohlensäurebildung handelt, wofür die Hyperämie
osteomalacischer Knochen spricht. Tillmanns 288 ) hat ja experi¬
mentell gezeigt, dass die Kohlensäure in statu nascendi den Knochen
bei Bluttemperatur entkalkt. Auch Frankenhauser will die
kalkauflösende Rolle der Kohlensäure des Blutes zuschreiben. Nach
Petro ne 210 ) wäre die Osteomalacie durch den von Schlössing
und Münz beschriebenen Salpetersäure erzeugenden Mikro¬
organismus bedingt, er sieht in dem mitunter konstatierten
gesteigerten Gehalt des Harns an Salpetersäure eine beweisende
Stütze für seine Annahme. Latz ko und Jolles haben jedoch im
frisch gelassenen Harn der Osteomalacischen niemals Nitrite nach-
weisen können.
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Soviel über „die Säuretheorie“, an welche wir noch die
vieldiskutierte Frage auschliessen, was aus dem aufgelösten
und den Knochen entführten Kalk geschieht. Man hat in
einer Reihe von Osteomalaciefällen einen vermehrten Kalkgehalt des
Urins gefunden und infolgedessen angenommen, dass wahrschein¬
lich der aufgelöste Kalk mit dem Harn den Organis¬
mus verlässt. Dem gegenüber steht eine beträchtliche Anzahl
von Beobachtungen, die einen verminderten Ca,P,O g ergaben, und
Fehling bemerkt hierzu, dass bei der geringen täglichen Kalk¬
ausscheidung des Gesunden eine Steigerung um einige Milligramm
leicht auf einem Rechnungsfehler beruhen könne und daher die dies¬
bezüglichen Zahlen nur relativen Wert hätten. Auch durch die
Darmschleimhaut sollen die Kalksalze entfernt werden und
Winkel 808 ) führt die bisweilen beobachteten Diarrhoen auf
solche Vorgänge zurück. Bestimmungen der Fäces haben
aber ebensowenig entscheidende Schlüsse geliefert wie Harnanalysen.
Gasserow fand in der Milch osteomalacischer Frauen ver¬
mehrten Kalkgehalt, Pagenstecher 309 ) hingegen nicht. Cann-
stadt und Virchow haben aus dem Schweisse Osteomalacischer
an Körper und Wäsche sich absetzende kreidige Teilchen kon¬
statiert. Pathologische Kalkablagerungen wurden von Pagen¬
stecher auf der Darm- und Bronchialschleimhaut, von Curling
in den Lympbdrüsen und von Virchow 291 ) in den Nieren beob¬
achtet. Die Theorie der verminderten Blutalkalescenz
hat wenig Anhänger gefunden. Fehling 98 ) hat zuerst auf die bei
verschiedenen physiologischen und pathologischen Zuständen vari¬
ierende Alkalescenz des Blutes aufmerksam gemacht, v. Jaksch 145 ),
Eisenhart 71 ) u. a. berichteten über eine verminderte Blutalka¬
lescenz bei der Osteomalacie, ersterer schrieb diese Herabsetzung
der Bildung von organischen Säuren (Fettsäuren) zu, während Eisen¬
hart dieselbe auf „Distearinglycerinphosphorsäure“ und andere saure
Produkte zurückführte. Auch v. Winkel 808 ) betont, dass für die
Entstehung der Osteomalacie eine verminderte Alkalescenz des
Blutes wichtig sei. Nachträgliche Untersuchungen haben jedoch
normale oder sogar erhöhte Wjerte der Blutalkalescenz
(Limbeck) ergeben, so dass die Theorie der verminderten Blut¬
alkalescenz der Vergessenheit anheimfiel.
Auf Grund überraschender Heilungen der Osteomalacie durch
die Entfernung der Ovarien nimmt Fehling 90 ) an, dass
die weibliche resp. puerperale Osteomalacie durch eine
krankhaft erhöhte Tätigkeit der Ovarien hervorge-
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rufen wird; infolge der reflektorischen Erweiterung
der Knochengefässe komme es zu passiver Hyper¬
ämie und später zur Resorption des Knochens. Er
schreibt: „Ich bin geneigt, anzunehmen, dass es bei der Osteomalacie
durch krankhafte Tätigkeit der Ovarien reflektorisch auf den Sym-
pathicusbahnen zu einer krankhaften Reizung der Vasodilatatoren
kommt oder zu einer Lähmung der Vasokonstriktoren. Wahrschein¬
licher ist das entere. Unter dem Einflüsse der venösen Stauungs¬
hyperämie des Knochens kommt es zuerst zur Auflösung der Kalk¬
salze, dann zur Ein Schmelzung des Knochengewebes; ob hierbei, wie
Rindfleisch annahm, die vermehrte CO s als auflösendes Moment
im Spiele ist oder ob andere Säuren tätig sind, wird noch fest¬
zustellen sein. Die Folge ist jedenfalls neben der anfangs erhöhten
Resorption eine Verminderung der Fähigkeit zur Kalkassimilation.
Fällt durch Wegnahme der Ovarien der anhaltende Reiz auf die
Vasodilatatoren weg, so vermindert sich der Blutreichtum der Ge-
fasse, es findet wieder Neubildung des Knochengewebes und Ver¬
minderung der Kalkausscheidung statt. Die Osteomalacie ist dem¬
nach als eine Trophoneurose der Knochen anzusehen, in erster
Linie der Beckenknochen, dann aber auch der Thorax- und Glied¬
massenknochen ; diese Trophoneurose hängt ab von den Generations¬
vorgängen, hauptsächlich vom Ovarium. Diese Anschauung hat
nichts Wunderbares, wenn wir an die mit der Tätigkeit der Ovarien
zusammenhängenden reflektorischen Vorgänge im ganzen Körper
bei der Pubertät, bei der Schwangerschaft und wieder in der Klimax
denken; die angioneurotischen Vorgänge sind hier eben auf die
Knochen beschränkt. Es ist demnach eine gewisse Aehnlichkeit
mit der Erkrankung des Gefässsystems bei Struma und bei Morbus
Basedowii nicht zu verkennen.“
Fehling stützt seine Theorie im wesentlichen auf folgende
Punkte:
a) Die in den meisten Fällen nachweisbare Verschlimmerung
des Leidens während der Menstruation.
b) Die Häufigkeit der Entstehung der Krankheit einerseits in
der Schwangerschaft, dann erst wieder im Wochenbett.
c) Die rasche Abnahme der Schmerzen in den befallenen Teilen
kurz nach der Operation.
d) Den bei der Operation erhobenen Befund einer auffallenden
Hyperämie der Adnexe.
e) Die überaus grosse Fruchtbarkeit der befallenen Frauen.
Gegen die Fehling’sche Theorie sprechen verschiedene
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Tatsachen, so dass auch sie nicht imstande ist, die O-esamterfahrung
vollständig oder nahezu vollständig zu erklären. Der wichtigste
Grund für die Unhaltbarkeit der Fehling’schen Theorie ist das
oft beobachtete Ausbleiben des Kastrationserfolges.
Kunz, Latzko 171 ), Truzzi 97a ' 7 ), Löhlein 1 * 8 ), Schauta 984 ),
Moresani, Gasserow 188 ), Chrobak, Chierloni und Feh¬
ling selbst haben eine Reihe erfolglos operierter Fälle
publiziert und diesen wäre noch eine weitere Anzahl anzureihen, wo
der Operationserfolg ein unvollständiger war. Auch die
Beobachtungen, bei welchen nach Jahren nach erfolgreicher Kastration
„ein schweres Recidiv“ auftrat, sprechen nicht zugunsten der
Fehling’schen Annahme, abgesehen davon, dass auch an ein¬
fach konservativen Kaiserschnitt sich Heilung an-
schliessen kann (Schauta 9 * 4 ). Diese letzte Erfahrung, ver¬
bunden mit der klinischen Beobachtung, dass Frauen, die vor der
Operation bewegungslos, vor Schmerzen wimmernd, im Bett lagen,
schon einige Stunden nach der Operation ihre Glieder
ohne Schmerzen erheben konnten, rief die Vermutung wach, dass
der therapeutische Erfolg der Kastration Osteomalacischer nicht
in der Exstirpation der Ovarien, sondern in dem opera¬
tiven Eingriff an sich oder in der Chloroformnarkose
liegen konnte. Latzko 179 ), welcher die Wirkung der Chloroform¬
narkose in 10 Osteomalaciefällen experimentell prüfte, erzielte eine
„vorübergehende Besserung“, so dass wohl bei den durch Kastration
bewirkten Heilungen Zufälligkeiten im Spiele sein könnten. Pe-
trona, welcher, wie erwähnt, die Ursache der Osteomalacie in dem
Salpetersäure erzeugenden Mikroorganismus sieht, erklärt den Opera¬
tionserfolg dadurch, dass durch die Chloroformdämpfe die
Salpetersäurebildung verhindert werde. Bemerkenswert
ist aber, dass günstige Kastrationsresultate auch bei Anwendung
von Aether oder der Schleich’schen Anästhesie beob¬
achtet wurden.
Ein fernerer der Fehling’schen Theorie nicht beistimmender
Umstand liegt in dem Vorkommen der Osteomalacie auch
bei Männern, die, wiewohl viel seltener als bei Frauen, eine un¬
bestrittene Tatsache ist.
Hahn 118 ) hat 42 Fälle zusammengestellt, die aber nicht die
ganze vorhandene diesbezügliche Kasuistik umfassen. Der bekannte
Dichter Friedrich Hebel litt — nebenbei gesagt — an Osteo¬
malacie. Die senile und die infantile Osteomalacie werden
durch Fehling’B Theorie kaum erklärt, abgesehen davon, dass sie
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uns über die Ursachen der geographischen Verbreitung
der Affektion keine Auskunft erteilt. Das mitunter beobachtete
familiäre Vorkommen der Osteomalacie ist ein weiteres
die Fehling’sche Annahme nicht befürwortendes Moment,
während die angenommene erhöhte funktionelle Tätig¬
keit der Ovarien osteomalacischer Frauen noch nicht über
allen Zweifel erhaben ist.
Auch der pathologisch-anatomische Befund der
Uterusadnexe ergab bisher nichts für die Osteomalacie
Charakteristisches. Die Veränderungen, welche Fehling (En-
cyklopädie der Geb. von Sänger und von v. Her ff 1900) in den
Worten zusammenfasst: „Die mikroskopische Untersuchung der bei
florider Osteomalacie exstirpierten Ovarien ergibt ausser Verminde¬
rung der Follikel hyaline Degeneration der Gefässe“, sind von an¬
derer Seite nicht bestätigt worden, so dass man von einer Konstanz
besonderer anatomischer Veränderungen in den Ovarien bei Osteo¬
malacie wohl nicht reden kann.
„Wenn Truzzi“ — schreibt Läufer — „von überstürzter
Frühreife der Follikel spricht, so können wir, ohne Ovarialpsycho-
logie zu treiben, ihm, da er Dicht von einer beobachteten Tatsache
spricht, nicht folgen.“ — Die konstatierten pathologisch-anatomischen
Veränderungen wären nach der Ansicht v. Winkel’s nur die Folgen
arterieller Hyperämie und venöser Stasen mit entzündlichen Vor¬
gängen, Befunde, die man nicht selten auch ohne Osteomalacie bei
vielen Genitalaffektionen antreffe (wie bei Tumoren, Peritonealerkran¬
kungen, Dislokationen etc.), die gleichfalls solche Kongestionen und
Stasen im Gefolge haben. Rossier 381 ) untersuchte die Ovarien
in 3 Fällen von Osteomalacie und fand als einzige Veränderung
eine hyaline Degeneration einzelner Stellen des Bindegewebsgerüstes
nnd der Gefässwandungen. Löhlein 167 ) konnte bei der puerperalen
Osteomalacie weder in den Knochen noch in den Ovarien Bakterien
durch Kulturen oder Schnitte nachweisen und Schottländer 38 *)
fand in den Eierstöcken von drei wegen Osteomalacie mit gutem
Erfolg kastrierten Frauen die als Angiodystrophie beschriebenen
Veränderungen, Vergrösserung des Organs, Vermehrung und hyaline
Erkrankung der Gefasse, das Fehlen von Primordialfollikeln, klein-
cystische Degeneration der Graf’schen Follikel und leicht entzünd¬
liche Vorgänge und Blutungen ins Stroma. Degenerative Zustände
an den Ovarialnerven, grosser Reichtum an Nerven und Gefässen
sowie hyaline Degeneration der Gefässwände sind nach Heyse 133 )
bei der Osteomalacie nicht immer vorhanden und Bulius 38 ) ist
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geneigt, die erwähnten Veränderungen an den Ovarien für zu¬
fällige Befunde anzusehen.
Die Frage der Beziehungen zwischen „Osteomalacie und Ova-
rium“ steht somit auf dem schwankenden Boden der Hypothesen.
Fehling hält, wie erwähnt, die Osteomalacie für eine Tropho-
neurose, „welche wahrscheinlich mit einer noch nicht ganz
genau festgestellten primären Erkrankung der Ova¬
rien im Zusammenhang steht und welche reflektorisch durch
die Bahnen des Sympathicus in die Knochen geleitet wird“. Nach
Gelpke „liegt die Wirkung der Kastration allein in der anti-
cipierten Klimax; die Kastration bewirkt Abnahme der Blut¬
fülle, Verödung der Gefasse und dadurch Schrumpfung und Hart¬
werden der Weichteile und Knochen, wie es in der Klimax Kegel
ist.“ Kehrer 1 * 9 ) hat eine rein chemische Hypothese
aufgestellt, die darin besteht, „dass die Eierstöcke wie andere
Körperdrüsen „einen chemischen Körper“ bilden, der fortwährend
ins Blut übergeht, dieser Körper soll die Eigenschaft besitzen, die
Knochenphosphate und Karbonate zu lösen. In der Norm hemmt
dieser „hypothetische“ Körper nur die Knochenbildung, so zwar,
dass das weibliche Becken dünner wird als das männliche; bei
der Osteomalacie soll nun diese knochenlösende Sub¬
stanz reichlicher gebildet werden.“
Nur eine fortgesetzte Forschung in dieser Richtung wird uns
vielleicht der Aufklärung eines event. Zusammenhanges der Affek¬
tion mit dem Ovarium — resp. Hoden — näher bringen; die thera¬
peutischen, wenn auch nicht konstanten Erfolge der Kastration, die
Erfahrungen Sellheim's** 8 ), dass bei kastrierten Tieren
Proportionsstörungen im Knochen Wachstum Vor¬
kommen, die in einer Verzögerung der Verknöcherung knorpe¬
liger Skelettabschnitte ihren Grund haben und die Stoffwechsel¬
untersuchungen Senator’s, welche ergaben, dass durch
Verfütterung von Ovarien der Stoffwechsel ähnlich beein¬
flusst wird wie hei Darreichung von Schilddrüsenpräparaten, recht-
fertigen die Fortsetzung unserer diesbezüglichen Forschungen.
(Fortsetzung folgt)
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n. Referate.
A. Knochen, Gelenke.
A consideration of some Symptoms which may he prodnced by
seventh cervical ribs. Von C. M. Hinds Howell. Lancet,
22. Juli 1907.
Eine accessorische Kippe oder ein Rippenpaar, welches vom 7. Cer-
vicalwirbel entspringt, sind Entwicklungsanomalien und gewöhnlich familiär.
Es wurden 16 Fälle gesammelt, deren Hauptsymptome dürch Druck auf
den Plexus gegeben sind; in 70°/o ist das Vorkommen bilateral, doch
sind sie oft ungleichmässig entwickelt. Grub er unterscheidet 4 Klassen:
1. solche, die nicht über den Froc. transvers. hinausgehen, 2. grössere,
die frei endigen oder mit dem knöchernen Teil der 1. Dorsalrippe
artikulieren, 3. jene, die mit dem 1. Rippenknorpel durch Gelenk,
Ligament oder direkten Kontakt verbunden sind, 4. jene, die völlig der
1. Dorsalrippe gleichen und mit dem Manubr. sterni artikulieren.
Die beschriebenen 16 Fälle sind folgende:
Fall 1. Patient klagte seit 2 Jahren über Schmerzen an der
radialen Seite des linken Handgelenkes, Hand und Vorderarm waren
schwächer, namentlich Thenar, 1. und 2. Interosseus; die elektrische Erreg¬
barkeit der Extensoren der Hand und der Finger verringert, am Thenar,
Antithenar, 1. und 2. Interosseus zeigten sich Degenerationserscheinungen;
die Sensibilität herabgesetzt.
Fall 2. Schmerzen im rechten Arm und muskuläre Schwäche, die
Muskeln der rechten Hand stark geschwunden, die elektrische Erregbar¬
keit herabgesetzt, partielle Entartungsreaktion. Anästhesie entsprechend
der 1. Dorsalwurzel. In beiden Fällen bestanden radiologisch bilaterale
Cervicalrippen.
Fall 3. Schwäche links in Vorderarm und Hand seit 5 Jahren;
Schwellung in der linken Fossa supraclavicul. mit sichtbarer Pulsation;
der linke Vorderarm abgemagert, die Handmuskeln atrophisch. Störungen
der elektrischen Erregbarkeit und der Sensibilität. Das Röntgenbild
zeigte bilaterale Cervicalrippen, nach deren Entfernung fast völlige Heilung
eintrat.
In den nächsten 11 Fällen ist das Symptomenbild ähnlich wie bei
den beschriebenen mit durchwegs bilateralen, doch nicht immer symme¬
trischen Cervicalrippen; in den letzten 2 Fällen bestanden bloss sub¬
jektive Symptome; es sind folgende: Schmerzen im rechten Daumen und
an der Radialseite des Armes, Abmagerung und Schmerzen im Thenar. Die
taktile und Schmerzempfindung herabgesetzt. Radiologisch waren bilateral
Cervicalrippen nachweisbar; nach Entfernung der 1. Dorsalrippe trat
wesentliche Besserung ein. Im 2. Falle bestanden Schmerzen in der
linken Schulter und entlang dem linken Arme; in der Supraclavicular-
Region der linken Seite war ein schmerzhafter Funkt. Muskeln und
elektrische Erregbarkeit waren normal. Beiderseits waren kurze Cervi¬
calrippen.
Aehnliche Symptome werden noch bedingt durch Syringomyelie,
Poliomyelitis ant. acuta oder chronische periphere Neuritis und die von
Farquhar Buzzard als „uniradicular palsies of the plexus brach. u
Centralblatt f. d. ftr. d. Med. u. Chir. X. 52
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beschriebene Form. Der Unterschied von Syringomyelie ist gegeben
durch das Verhalten der Reflexe, die unverändert bleiben, und durch die
Sensibilitätsstörungen, die sich auf die Verteilung der 8. Cervical- und
1. Dorsalwurzel beschränken. Bei der infantilen Paralyse ist der Beginn
akut, bei der progressiven Muskelatrophie sind früher oder später beide
Hände bei Herabsetzung der elektrischen Erregbarkeit affiziert, während
bei Cervicalrippen meist Degenerationssymptome auftreten. Von peripherer
Neuritis unterscheidet sich das Leiden durch die Art der Muskel¬
degeneration und den Verlust der Sensibilität, die Differentialdiagnose gegen
Buzzard’s Erkrankung ist nur durch das Röntgenbild möglich.
Die oben beschriebenen Fälle lassen sich folgendermassen klassifizieren:
Geschlecht: Von den 16 Fällen betrafen 14 das weibliche Ge¬
schlecht.
Alter: 10 Patienten waren unter 30 Jahren entsprechend dem Um¬
stande, dass in dieses Alter Wachstum und Ossifikation der Rippen fallen.
Bei den älteren Patienten kommt wohl die zunehmende Rigidität der
accessorischen Rippe in Betracht.
Sensorische Veränderungen: Schmerz überwiegend bei Be¬
wegungen und bei Kälte; derselbe geht von der Schulter zur Hand und
ist am prägnantesten am Ellbogen und an der Ulnarseite des Vorderarms.
Objektive Veränderungen bestanden im Bereiche der 8. Cer¬
vical- und 1. Dorsalwurzel; in 3 Fällen war über dem Daumen, 1. und
2. Finger eine Verminderung der taktilen Empfindung, in 2 Fällen waren
bloss subjektive Symptome wahrnehmbar.
Motorisches System: Schwäche und Atrophie, namentlich im
Bereiche der Fingermuskeln, und Entartungsreaktion.
Sympathicussymptome wurden nur einmal beobachtet: Er¬
weiterung der Lidspalte und der rechten Pupille, Hypertrophie der
Glandula thyreoidea, Verstärkung des rechten Carotispulses.
Skoliose kann durch Verlagerung der Scapula nach oben und
aussen an der Seite der accessorischen Rippe zustande kommen.
Die Behandlung ist eine palliative und radikale: Die erstere
besteht in Ruhigstellung, Zugpflastern und Elektrizität, desgleichen Ein¬
reibungen und Massage. Die radikale Behandlung besteht in Entfernung
der Rippe und des Periostes, doch folgen manchmal länger oder kürzer
dauernde Paralysen des Armes nach. Die Rippen sind gewöhnlich
1—2 Zoll lang, gehen zuerst nach aussen, dann rasch nach unten und
vorne; die obere Fläche ist durch einen Nervenstamm gefurcht; die
komplete Resektion ist wegen des kleinen Operationsfeldes und der zahl¬
reichen muskulären Verbindungen gewöhnlich unmöglich; meist ist die
Rippe in den Muse, scalen. med. und postic. eingebettet.
Herrnstadt (Wien).
Diagnostischer Wert des Perkussionsschalles der Wirbelsäule.
Von F. Koranyi (Budapest). Orvosi Hetilap, 1907, No. 2.
Seit mehr als 10 Jahren befasst sich Verf. mit der Frage, ob
Pleuraexsudate, die infolge ihres Druckes das vordere Mediastinum auf
die gegenseitige Seite verschieben, keine ähnliche Wirkung auch auf das
rückwärtige Mediastinum ausüben? Die bezüglichen Untersuchungen
überzeugten Verf., dass bei solchen Exsudaten das Mediastinum poster.
tatsächlich auf die entgegengesetzte Seite verschoben wird, was in Form
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eines an der rückwärtigen Fläche der gesunden Thoraxhälfte perkutier-
baren, grösstenteils dreieckigen Gebietes von gedämpftem Schall nachweisbar
ist. Bei diesen Untersuchungen fiel es dem Verf. auf, dass bei der
Perkutierung der Wirbelkörper die einzelnen Abschnitte der Wirbelsäule
einen verschiedenen Perkussionsschall geben, der an jeder Wirbelsäule
ungefähr gleichartig ist, so dass die Wirbelsäule sich als ein typisches
Perkussionsgebiet darstellt. Auf Grund von auf Tausende sich beziehenden
Untersuchungen an klinischen Patienten mit gesunden Brust- und Bauch¬
organen kommt Verf. zu folgendem Ergebnis: Bei Percussion der Proc.
spinosi der Halswirbel war der Schall vom Occiput bis zum 7. Wirbel
stark gedämpft mit einem geringen tympanitischen Beiklang, am
7. Halswirbel aber zeigt sich der Schall stark gedämpft, vom 5. bis
zum Proc. spinosus des 10. ist derselbe normal, voll, atympanisch und
wird am 11. und 12. Wirbel wieder dumpf, um an den Proc. spinosi
der Lendenwirbel wieder heller, am Kreuze gedämpft tympanitisch, am
Steissbein aber hell tympanitisch zu werden.
Die Frage, ob die Qualität des Perkussionsschalles durch die Knochen
oder durch die auf die Organe in der Umgebung der Wirbelsäule mitgeteilten
Schwingungen und durch die dadurch bewirkte Resonanz bedingt ist, be¬
antwortet Verf. in letzterem Sinne. Die topographischen Verhältnisse des
Mediastinum post, sowie der Prävertebralorgane der Bauchhöhle und des
Beckens sprechen schon an und für sich für diese Annahme, die aber Verf.
auch noch durch 2 Versuche in überzeugender Weise bekräftigte. Er
band den Oesophagus über dem Magen ab und füllte die Speiseröhre mit
gelöstem Paraffin an, nach Erstarrung des Paraffins wurde der vorher
helle Schall der Rückenwirbelsäule gedämpft. Der zweite Beweis liegt darin,
dass, wenn wir Wirbelkörper vom Menschen auf verschiedene Teile des
Thorax oder Bauches aufsetzen und den Proc. spinosus dieses Wirbel¬
körpers perkutieren, wir immer einen Schall bekommen, der dem be-
% treffenden Körperteil entspricht, wo der Wirbelkörper aufgesetzt wurde;
infolgedessen besitzt derselbe — obzwar er eine sehr komplizierte
Struktur besitzt — dennoch die Rolle eines einheitlichen Plessimeters.
Verf. befasst sich dann mit der Verwertung der Perkussion der
Wirbelsäule von diagnostischem Standpunkte und weist auf Grund seiner
beobachteten Fälle nach, dass von den Erkrankungen des Thorax das
Aortenaneurysma, die verschiedenen Geschwülste der Mediastinaldrüsen,
der Pneumothorax, von den Baucherkrankungen die Wandermilz, die
Pankreascyste, der Ascites, die Eierstockcyste charakteristische Ver¬
änderungen im Perkussionsschall der Wirbelsäule verursachten. Auf Grund
dieser Beobachtungen kommt der Verf. zu dem Schlüsse, dass die thora¬
kalen und abdominalen Erkrankungen, bei denen die Veränderung des
Perkussionsschalles der Wirbelsäule den Gegenstand weiterer Unter¬
suchungen mit Aussicht auf Erfolg bilden könnte, die folgenden Krank¬
heiten wären: Diverticulum oesophagi, abdominale prävertebrale kleinere
Geschwülste, Aneurysmen, Cysten, entzündliche Infiltrationen des prä¬
vertebralen Bindegewebes sowie Tumoren der Flexura sigmoidea und des
Rectums. Zum Schlüsse erwähnt Verf., dass er beinahe 10 Jahre die
erwähnten Untersuchungen ausführt und auch in der Literatur publi¬
ziert hat; dennoch wurden in Deutschland und Italien mehrere Jahre
später, zweifellos infolge Unkenntnis der Arbeiten des Verf.s, dieselben
Untersuchungen und Ergebnisse von den betreffenden Autoren als eigene
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Entdeckungen publiziert. Er führt ferner an, dass Piorry vor
60 Jahren und Ewart in England 1899 sich mit den Perkussionsver¬
hältnissen der Wirbelsäule befassten, diese Untersuchungen gingen aber
in anderer Richtung und hatten auch andere Ergebnisse. — Das Resultat
seiner Untersuchungen fasst Yerf. in Folgendem zusammen: 1. Der Per-
kussionBachall der Wirbelsäule hängt von der Gewebestruktur der vor
ihr liegenden Organe ab; 2. infolgedessen kommt die Veränderung dieser
Organe auch in einer Veränderung des Perkussionsschalles zum Ausdruck;
diese Veränderung besitzt eine pathognomonische Bedeutung; 3. in ein¬
zelnen Fällen kann dies das einzige physikalische Zeichen sein, das anf
die Krankheit hinweist. J. Honig (Budapest).
Experimentelle Untersuchungen Uber den Einfluss der Stannngs-
hyperämie anf die Heilung von Knochenbrüchen. Von Hilgen¬
reiner. v. Bruns’ Beitr. z. kl. Chir. 1907, Bd. LIV, 3. Heft.
H. hat eine Reihe von Experimenten an jungen Hunden vorge¬
nommen, um den Einfluss der Stauungshyperämie auf frische Frakturen
zu studieren. Er hat zu diesem Zweck bei einer Reihe von Tieren eine
Tibia frakturiert, bei anderen die beiden Tibiae mit dem Drillbohrer
durchbohrt. Es fanden sich einzelne positive Resultate der Stauungs¬
hyperämie neben der grösseren Zahl unbeeinflusster Fälle, kein negatives
Resultat im Sinne einer schädlichen Beeinflussung der Regeneration durch
die Stauung, Häufung der positiven Ergebnisse bei einzelnen Würfen,
während die Tiere anderer Würfe unbeeinflusst blieben. In den Fällen,
wo die Stauung die Callusbildung anregte, beeinflusste sie auch die ana¬
tomische Heilungsdauer günstig. Die Wirkung der Stauung kann man
als ernährende, resorbierende, auflösende und schmerzstillende unter¬
scheiden. Die ernährende und schmerzstillende Wirkung tritt bei der
passiven Hyperämie mehr in Erscheinung als bei der aktiven, während
die resorbierende und auflösende Wirkung beiden gemeinsam ist; die #
passive verdient in der Frakturbehandlung den Vorzug, da sie einfacher
anzuwenden ist. Die Abkürzung der anatomischen Heilung durch Förde¬
rung der Callusbildung wird erreicht durch langdauemde Stauung mit
kurzen Pausen. Bei Kindern und Säuglingen, bei denen die natürliche
Heilkraft schon sehr gross ist, wird man durch die Stauung nicht viel
erreichen. Andererseits muss man mit der Stauung bei Frakturen in
der Nähe von Gelenken vorsichtig sein, um keinen zu grossen Callus zu
bekommen. Das eigentliche Gebiet der Stauungsbehandlung liegt wohl
im letzten Stadium der Frakturheilung und in der Nachbehandlung.
Hier wirkt sie resorbierend und auflösend, verhütet oder beseitigt Oedeme,
Atrophien und Steifigkeiten und befördert die funktionelle Heilung;
hierzu verwendet man Stauungen von 2—3 ständiger Dauer. Die regene¬
rierende Stauung gehört in das Stadium der traumatischen Schwellung
und der provisorischen Callusbildung, die resorbierende Stauung in das
Stadium der definitiven Callusbildung. Bei Frakturen in der Nähe der
Gelenke wird man früh mit kurzdauernder Stauung beginnen. Der Gips¬
verband verbietet nur die langdauernde oder hochgradige, zu Oedemen
führende, nicht aber die kurze Stauung. Die Stauung ist nicht anzu¬
wenden bei Diabetes, Thrombose, Varicen, varicösen Geschwüren, Arterio¬
sklerose. Klink (Berlin).
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821
Ostitis gummosa mit Spontanfraktur. Von P. Frangenheim.
Deutsche Zeitschr. f. Chir., Bd. LXXXYIII, 1.—3. Heft.
Verf. hat an der Königsberger Klinik einen Fall von Ostitis gum¬
mosa des rechten Radius mit Spontanfraktur beobachtet, bei welcher er
einen eigentümlichen Heilungsvorgang konstatieren konnte. Anlässlich
einer vorgenommenen Resektion erwies sich die Muskulatur von breiten
fibrösen Septen unterbrochen, die stellenweise knorpeligen, ja auch
knochenartigen Charakter zeigten. Mikroskopisch wurden neugebildeter
Knochen sowie Massen von hyalinem Knorpel in dem nach Zerstörung
der Muskulatur neugebildeten Bindegewebe nachgewiesen. Diese in den
der Fraktur benachbarten Weichteilen stattfindende Knochenneubildung
ist wahrscheinlich als Heilungsvorgang zu betrachten und lässt die Frage
aufkommen, ob nicht auch bei anderen pathologischen Spontanfrakturen,
bei denen häufig auffallend schnelle und reichliche Callusbildung beobachtet
wird, ähnliche Vorgänge mitspielen. Victor Bunzl (Wien).
A case of general pneumococcal infection, with acute necrosis of
bone. Von J. A. Couts. Lancet, 5. Juni 1907.
Ein 2 Jahr altes Kind erkrankte plötzlich an Fieber, Diarrhoe und
Erbrechen sowie Schmerzen im Kopfe und in der rechten Brustseite; durch
einige Tage bestand starker Husten. An der rechten Seite bestand
Dämpfung vom Angul. scapulae nach abwärts und über der Dämpfung
Bronchialatmen. Der Spitzenstoss lag etwas ausserhalb der Mammillar-
linie, die Herztöne waren rein, der 2. Ton an der Basis war accentuiert. Die
Probepunktion ergab ein negatives Resultat. Unter Temperatursteigerung
entstand am 4. Tage eine pulsierende Schwellung von der Grösse eines
Hühnereies ausserhalb der linken Mammillarlinie im 4. und 5. Intercostal-
raume, aus der sich nach Inzision grüner Eiter entleerte; durch die In¬
zision trat Luft ein und aus. Die 5. Rippe war am Uebergang vom
Knorpel zum Knochen nekrotisch, der Abscess völlig extrapleural. Nach
10 Tagen trat eine Schwellung des rechten Schultergelenkes hinzu, die
Punktion ergab Eiter, ebenso nach weiteren 3 Tagen im linken Hüft¬
gelenke. Beide Gelenke wurden geöffnet und drainiert. In der 5. Woche
starb das Kind.
Nekropsie: Nekrose der 5. Rippe am Uebergang vom Knochen
zum Knorpel. Der rechte Unterlappen verdichtet und luftleer. Ueber
dem rechten Mittellappen zwischen Pericard und Pleura ein Abscess,
der 3 Unzen grünen Eiters enthielt. Im rechten Schulter- und linken
Hüftgelenk Eiter, der bakteriologisch Pneumokokken enthielt.
Herrnstadt (Wien).
Ein Amyloidtumor des Knochenmarkes. Von Hedren. Zeitschr.
für kün. Med., Bd. LXUI, 1.—4. Heft.
Ein 57 jähriger Bauer bemerkt seit 7 Wochen einen faustgrossen
Tumor an den Rippen, der langsam, ohne Schmerzen zu machen, wächst.
Klinische Diagnose: Sarcoma costae. Resektion.
Die genauere histologische Untersuchung ergibt: Der Tumor besteht
aus rundlichen oder ovalen, bisweilen unregelmässig geformten Körpern, die
sich als Amyloidbildungen erweisen. Die Grösse wechselt von der eines
weissen Blutkörperchens bis zu solchen, die das ganze Sehfeld einnehmen.
Sie zeigen hyaline, auch völlig homogene Beschaffenheit. Die grösseren
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822
Gebilde zeigen konzentrische Streifung; einzelne sind verkalkt. Die
Amyloidablagerungen bilden die Hauptmasse des Tumors, ausserdem
finden sich Riesenzellen. Aus der genauen Untersuchung ergibt sich
nach Ueberzeugung des Autors, dass das Amyloid als Infiltrationsprozess,
niemals als Bildung durch Umwandlung der Zellen aufzufassen ist. Da
es sich gewöhnlich bei Amyloidtumor um allgemeine Amyloidose handelt,
wurde der betreffende Patient in Evidenz gehalten und nach 1 Jahr
wieder untersucht. Patient befindet sich vollkommen wohl. Im Urin
kein Albumen. Vor der Operation Spuren von Albumen. Es handelt sich
hier um einen echten lokalen Amyloidtumor des Knochenmarks, der bisher
noch nicht beobachtet wurde. Leopold Isler (Wien).
Zur Frage der Knocheneysten und der Ostitis flbrosa v. Reckling¬
hausen« Von Hans v. Habe rer. Arch. f. klin. Chir., Bd. LXXXH,
3. Heft.
Mitteilung von 4 an der ersten chirurgischen Klinik beobachteten
Fällen, von denen einer mit Sicherheit als Ostitis fibrosa mit Riesen¬
zellensarkombildung diagnostiziert werden konnte. Bei 2 weiteren Fällen
dürfte es sich ebenfalls um Ostitis fibrosa handeln, während der 4. nur
viele Aehnlichkeit mit dem v. Recklinghausen ’sehen Krankheits¬
bilde aufweist, ohne dass die Diagnose gesichert werden konnte.
Die Ostitis fibrosa von v. Recklinghausen stellt eine Form der
Osteomalacie dar, die mit Umbildung des fibrösen Markes in Faser¬
mark und Tumorbildung einhergeht, welche letztere aber nicht einen inte¬
grierenden Teil der Erkrankung darstellt. Die bei der Krankheit beob¬
achteten Tumoren sind als echte Riesenzellensarkome aufzufassen; die
Erkrankung ist an kein bestimmtes Lebensalter gebunden, der Verlauf
ist insofern als benigne zu bezeichnen, als sich die Erkrankung oft auf
viele Jahre erstreckt, jedoch haben die meisten Fälle von Ostitis fibrosa
mit Tumorbildung doch schlissslich zum Tode geführt. Die Erkrankung
ist nicht immer eine universelle, sondern findet sich auch auf einzelne
Skeletteile lokalisiert, in welchem Falle eine chirurgisch konservative
Therapie zur Anwendung kommt. Victor Bunzl (Wien).
Gelenkchondrome. Von E. Lexer. Deutsche Zeitschr. für Chirurgie.
Bd. LXXXVHI, 1.—3. Heft.
Mitteilung eines in der Königsberger Klinik operierten Falles von
Chondrom des Kniegelenkes. Zwei ähnliche Fälle wurden schon vorher von
Reichel und Riedel publiziert, und zwar beschränkte sich in beiden
die Knorpelwucherung im Gegensatz zu dem hier beschriebenen Falle
auf die Synovialis. Obzwar auch hier letztere den Ausgangspunkt der
Geschwulst bildet, so bleibt sie nicht auf diese beschränkt, sondern greift
auf Kapsel und Muskeln sowie auf Knochen und Knorpel über, wobei
es sich jedoch nicht um ein infiltrierendes Wachstum, sondern um blosse
Verdrängung des Nachbargewebes handelt. Die Entstehung der be¬
schriebenen Geschwulst ist wohl als Entwicklungsstörung zu erklären,
insofern als in der Synovialis enthaltene Knorpelkeime durch imbe¬
kannte Ursachen zur Wucherung angeregt werden. Der Verlauf der
meist jüngere Individuen befallenden Erkrankung ist ein chronischer,
die Behandlung muss — auch in frühen Stadien — eine möglichst
radikale sein und wird meist wegen Recidivgefahr zur Resektion dee
Gelenkes führen.
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Victor Bunzl (Wien).
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Beiträge zur Gelenkchirurgie. Von Fritz König. Arch. f. klin.
Chir., Bd. LXXXI, II. Teil.
Verf. teilt in vorliegender Arbeit eine Reihe von Beobachtungen
mit, welche er bei verschiedenen, z. T. durch Trauma hervorgerufenen Ge¬
lenkveränderungen gemacht hat und welche er wegen der Aehnlichkeit des
klinischen Bildes: Funktionsstörung und Unsicherheit im Gelenk, Schmerzen,
oft Zeichen von Einklemmung, eventuell Erguss im Gelenke, zusammen¬
stellt. Die erste Gruppe bilden die Zerreissungen der Ligg. cruciata,
die nach Ansicht des Yerf. häufiger sind, als allgemein angenommen
wird; die Zerreissung der Bänder ist oft mit Absprengung kleiner
Knochenstückchen kompliziert, deren radiologische Feststellung ein wich¬
tiges diagnostisches Hilfsmittel bei dem oft wenig ausgesprochenen Er¬
krankungsbilde ist. Yerf. widerspricht der Forderung Pagenstecher’s,
in jedem Falle die Bänder zu nähen, und erklärt dieses Vorgehen nur
bei abnormer Verschiebbarkeit des Unterschenkels nach vorn und hinten
sowie bei abnormer Innenrotation für gerechtfertigt, ausserdem ist noch
bei Aussprengung von Knochenstückchen operativ einzugreifen. Als
Therapie wird eine mehrwöchentliche Fixation des Beines nebst früh¬
zeitiger Massage, eventuell das Aufstehen mit einer Schienenhülse vor¬
geschlagen.
In anderen Fällen beobachtet man Einriss des Ligamentum mucosum
sowie Veränderungen der Ligg. alaria und des zugehörigen Fettgewebes.
Es kommt hier zu entzündlicher Verdickung, zur Hyperplasie dieser
Fettmassen, die zwar als selbständige Erkrankung auftreten kann, meist
aber mit Gelenkmäusen und Meniscusläsionen kombiniert ist, wes¬
halb die Entfernung dieser primären Ursache, nicht die blosse Ex¬
zision der polypösen Fettmassen das wesentliche des operativen Eingriffes
darstellt. — Aehnliche Störungen werden hervorgerufen durch das Auf¬
treten solitärer Zotten der Synovialis, deren operative Entfernung Verf.
mit Erfolg ausgeführt hat. Bei Besprechung der Gelenkmauskrankheit
beschäftigt sich Verf. besonders mit deren Genese; das Trauma allein
reicht zur Erklärung insbesondere der Nekrose nicht aus, für deren Zu¬
standekommen Gefässverschluss, eine Art von Infarktbildung angenommen
wird. Durch eine solche könnte es zur Beeinträchtigung der Bandzonen
und zur sekundären Bindegewebsbildung kommen.
Victor Bunzl (Wien).
B. Leber, Gallenwege.
Acute yellow atrophy of the liver following Operation for intestinal
obstruction. Von C. E. Campbell-Horofall. Lancet, 7. Sep¬
tember 1907.
Die Hauptsymptome der acuten gelben Leberatrophie sind nach
Osler: Gelbsucht mit ausgesprochenen cerebralen Erscheinungen, aus¬
gedehnte Nekrose der Leberzellen und Reduktion des Organ Volumens.
Die Erkrankung tritt in der Regel zwischen dem 20. und 30. Lebens¬
jahre auf, häufiger bei Frauen, und scheint mit Gravidität in Verbindung
zu stehen; manchmal ist sie sekundär nach Typhus, Sepsis, Syphilis,
Gonorrhoe oder nach Intoxikationen mit Phosphor, Antimon und Arsen.
Die Leber ist in ihrem Umfange reduziert, verdünnt und abgeflacht und
das Gewicht derselben auf */ 2 — 3 / s vermindert; die Kapsel ist schlaff
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und gefaltet, am Querschnitt sieht man rote und gelbe Partien von er¬
weichtem Lebergewebe. Die Zellen zeigen mikroskopisch alle Stadien
der Nekrose. Gallenblase und Gallengänge sind leer. Der Beginn der
Krankheit ist der eines Gastroduodenalkatarrhes mit Icterus, erst nach
einigen Tagen treten Kopfschmerzen, Delirien und Konvulsionen auf, oft
auch Erbrechen und Hämatemesis sowie Blutungen in Haut und
Schleimhäuten. Unter zunehmendem Icterus, Temperatursteigerung und
raschem Pulse bildet sich ein typhöser Zustand aus, der Urin ist gallig
gefärbt und enthält Cylinder, der Stuhl farblos. Nur wenige Fälle gehen
in Heilung über.
Der vorliegende Fall betrifft eine junge Frau, die nach einem
Schüttelfröste an heftigen Schmerzen im unteren Anteile des Abdomens
und Erbrechen erkrankte; das Abdomen war namentlich in der linken
Regio iliaca druckschmerzhaft, jedoch kein Tumor palpabel. Schon seit
einigen Wochen bestanden hartnäckige Obstipation und Dysmenorrhoe.
Unter zunehmenden Schmerzen und Erbrechen bildete sich ein palpabler
Tumor links vom Nabel; die Diagnose lautete auf intestinale Obstruktion.
Nach Eröffnung in der Mittellinie fand man Anzeichen einer alten Peri¬
tonitis, der Appendix war normal; in der linken Seite fühlte man einen
Tumor von der Grösse einer Orange; derselbe bestand aus einem Konvolut
von Dünndarmschlingen, die an der Basis durch Adhäsionen zusammen¬
geschnürt waren; dieselben wurden durchtrennt, das Abdomen drainiert
und geschlossen. Trotz Operation steigerten sich der Icterus und das
Erbrechen unter Hinzutritt von Konvulsionen und muskulärer Rigidität,
bis sich ein comatöser Zustand ausbildete; die Leberdämpfung war ver¬
kleinert, der Urin enthielt Albumen und Gallenpigment und unter all¬
mählicher Temperatursteigerung trat Exitus letalis ein. Die Leber war
geschrumpft, die Blase mit dicker Galle gefüllt; am Querschnitt fanden
sich rote, eitrige Herde, die an der Peripherie gelb verfärbt waren.
Das Gewebe selbst war brüchig, die Gallenwege makroskopisch normal.
Mikroskopisch sah man nur wenig neugeformtes Bindegewebe, was den
Prozess als einen besonders acuten kennzeichnete.
Im ganzen sind bis jetzt 11 Fälle von acuter gelber Leberatrophie
bekannt, die nach Operation in Chloroformnarkose auftraten; es ist mög¬
lich, dass die Wirkung des primären toxischen Agens, welches die Erkran¬
kung verursacht, durch die Verabreichung des Chloroforms verstärkt wird.
In mehrfacher Beziehung lassen sich die Symptome des Chloroform¬
todes und des Exitus an gelber Atrophie vereinigen: Erbrechen, Coma,
Icterus, Pupillendilatation sowie Degeneration der Leberzellen, des Herzens
und der Nieren sind beiden gemeinsam; doch lässt sich nicht behaupten,
dass das Chloroform einen essentiellen Faktor für die Entstehung der
Krankheit bedeutet; wahrscheinlich handelt es sich um Toxämie, aus¬
gehend vom Gastrointestinalkatarrh. Die Behandlung beschränkt sich
auf Venaesectio mit nachfolgender Transfusion und intestinale Anti-
septica. Herrnstadt (Wien).
Zur Differentialdiagnose des Icterus. Von L. Arnsperger.
v. Bruns’ Beitr. z. klin. Chir., Bd. LH, 1. Heft.
Arnsperger hat die differentialdiagnostischen Punkte für Icterus
zusammengestellt. Er unterscheidet mechanischen oder Stauungsicterus
und funktionellen Icterus. Der Stauungsicterus entsteht durch Ver-
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Schliessung des Lumens der Gallengänge von innen oder aussen, ferner
als entzündlicher Icterus infolge ven Cholangitis bei Gallensteinen im
Reservoirsystem, die den allgemeinen Gallenstrom nicht hindern, ferner
durch einfache Cholangitis ohne Steine, ferner durch Spulwürmer
in den Gallenwegen, durch Wanderniere, durch chronisch entzündliche
Prozesse nach Ulcus ventriculi oder duodeni, durch Aneurysma der
A. hepatica. Auch die Carcinome des Ductus choledochus, der Papilla
Yateri, des Pankreaskopfes, der Leber, der Gallenblase, des Ductus
cysticus können indirekt durch Cholangitis, Portaldrüsenschwellung und
Uebergreifen auf den Choledochus Stauungsicterus verursachen. Der
funktionelle Icterus wird auch Diffusions- oder akachektischer Icterus,
Paracholie, Icterus per diapedesin genannt. Er entsteht infolge einer
Funktionsstörung der Leberzellen selbst, und zwar bei Störungen der
Blutzirkulationen in der Leber, Herzkrankheiten, Pfortaderthrombose,
Störung der Innervation der Leber (Ictöre ömotif) nach Gifteinwirkung
(Phosphor, Arsenwasserstoff, Toluylendiamin usw.), nach Einwirkung
giftiger Bakterienprodukte (Ptomaine, Pneumonie, Gelbfieber, Syphilis
usw.). Beide Arten von Icterus können zugleich bestehen. Die Schwere
des Icterus lässt sich weder aus der Stärke der Hautverfärbung noch aus
der Dauer beurteilen. Ist die Haut stark verfärbt, sind die Stühle aber
gut gefärbt, so spricht dies für funktionellen Icterus. Empfindlichkeit
der Leber- und Gallenblasengegend spricht für entzündlichen Prozess, für
Steinbildung; aber auch eine durch Gallenstauung stark gedehnte Gallen¬
blase kann sehr empfindlich sein. Rasches Auftreten des Icterus mit
Schmerzen und cholangitischen Erscheinungen spricht zunächst für einen
Steinverschluss des Choledochus; langsames Entstehen des Icterus ohne
Schmerzen, aber mit zunehmender Kachexie spricht für Kompression
des Choledochus durch Tumor. Jahrelanges Bestehen des Icterus, meist
mit Remissionen und ohne typische Koliken, spricht für einen funktionellen
Icterus. Bei Steinverschluss des Choledochus pflegt die Gallenblase klein,
geschrumpft, unfühlbar zu sein, bei Stenosierung des Choledochus durch
Tumor gewöhnlich stark gedehnt und prall. Die Leber ist auf Carcinom-
metastasen zu untersuchen; Ascites und fühlbare Drüsen machen einen
malignen Tumor wahrscheinlich. Allgemeine Lebervergrösserung mit
biliärer Cirrhose entwickelt sich bei langdauerndem mechanischen Icterus,
doch kommt auch bei funktionellem Icterus Lebervergrösserung vor;
ein ausgesprochener rechter Leberlappen spricht sehr für Gallensteine.
Ausgesprochener Milztumor kommt öfter bei parenchymatöser Leber¬
erkrankung, aber auch bei chronischer Cholangitis infolge Choledochus¬
stein vor. Völlige Acholie der Fäces spricht für mechanischen Icterus,
wechselnde Färbung für Choledochusstein. Hochgradige Fettstühle können
ihren Grund haben im Abschluss der Galle vom Darm, aber auch in
gleichzeitiger Erkrankung des Pankreas. Blutgehalt der Fäces ist be¬
sonders für einen chirurgischen Eingriff zu berücksichtigen, denn er
weist auf hämorrhagische Diathese hin. Positiver Ausfall der G m e 1 i n -
sehen Probe ist charakteristisch für Stauungsicterus; reichlicher Urobilin¬
gehalt des Harns spricht für parenchymatöse Erkrankung der Leber mit
Störung ihrer Funktion. Von einem operativen Eingriff ist natürlich
nur bei Stauungsicterus etwas zu erwarten, während gerade bei funk¬
tionellem Icterus sich an die Operation leicht Störungen, wie hämor¬
rhagische Diathese und Herzschwäche, anschliessen.
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Ist gleichzeitig das Pankreas erkrankt, z. B. bei Erkrankung der
Papilla Vateri, sö kann sich Zucker im Urin finden. Alimentäre Lävu-
losurie und Steigerung der Ammoniakausscheidung im Verhältnis zur
Gesamtstickstoffausscheidung finden sich hei destruierenden Leberkrank¬
heiten. Eine wenn auch leichte Albuminurie weist auf eine Nieren¬
schädigung durch den Icterus hin und kann der Ausdruck der Herab¬
setzung der Widerstandsfähigkeit des Körpers gegen die toxischen
Gallenbestandteile sein. Eine starke Verminderung des Häraoglobin-
gehaltes lässt an ein verstecktes Carcinom denken; hochgradige Anämie
mit Poikilocytose kommt bei funktionellem Icterus vor. Eine stärkere
Leukocytose weist auf eitrige Entzündung der Gallenwege oder eine
Pylephlebitis hin; eine Steigerung der Gerinnungszeit des Blutes über
12 Minuten macht eine hämorrhagische Diathese wahrscheinlich. Bei
Tieren mit schwerem Icterus fanden sich eine Verminderung des Blut¬
gefrierpunktes bis 0,68 und eine Erhöhung des Harngefrierpunktes bis
—0,90; der Index der renalen Insufficienz zeigt wohl zugleich den Grad
der Leberinsufficienz an. Klink (Berlin).
A case of congenital obliteration of the bile ducts in which there
was flbrosis of the pancreas and of the spieen. Von I. G. Erna-
nuel. Brit. med. Journ. 17. August 1907.
Unter diesem Namen bezeichnet man die Obliteration oder das voll¬
ständige Fehlen der Gallenwege entweder als angeborenen oder kurz nach
der Geburt entstandenen Zustand. Manchmal handelt es sich um Obli¬
teration des duodenalen Endes des Duct. choledochus, ein andermal um
völlige Abwesenheit der Gallenblase und ihrer Ausführungsgänge, da¬
zwischen werden die mannigfachsten Uebergänge beobachtet. Gemeinsam
ist allen Varietäten die Kombination mit biliärer Cirrhose; dieselbe ist
nach einzelnen Autoren primär, nach anderen sekundär und wird auch
als unabhängige Erkrankung aufgefasst. In dem hier beschriebenen Falle
handelt es sich neben dem Fehlen der Gallenwege und der biliären
Cirrhose um Fibrose der Milz und des Pankreas, während der Duct.
pancreaticus nicht obliteriert war. Die Autopsie liess die Annahme zu,
dass die Fibrose der Leber, Milz und des Pancreas bereits im intra¬
uterinen Leben begonnen habe, und zwar in der Umgebung des Duct.
pancreaticus und Ductus hepaticus; während in der Leber der Prozess zur
Obliteration der Gallenwege führte, blieb der Duct. pancreaticus frei. Die
Toxine wurden offenbar zum grössten Teile auf dem Wege der Vena portae
der Leber zugeführt, während nur ein kleiner Anteil durch den Duct.
venosus in die allgemeine Zirkulation gelangte und von da durch die ent¬
sprechenden Arterien der Milz und dem Pankreas und gleichzeitig auch
wiederum der Leber zugeführt wurde. Diese erhielt also die Infektion
auf doppeltem Wege, während Milz und Pankreas relativ weniger in
Mitleidenschaft gezogen waren; daraus lässt sich vielleicht ein Schluss
auf die rudimentäre Entwicklung der Gallenwege gegenüber dem relativ
normalen Befunde des Pankreasganges ziehen.
Die näheren Details des Falles sind folgende: Ein 10 Wochen altes
Mädchen wurde mit Gelbsucht und Diarrhoe ins Spital aufgenommen,
welche Symptome seit dem 4. Tage nach der Geburt bestanden; der
übrige Befund war äusserlich normal. Das Kind wurde allmählich
schwächer und starb 6 Wochen nach seiner Spitalsaufnahme. Die
Temperatur blieb stets normal.
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Nekropsie. Keine Anzeichen einer kongenitalen Lues. Die
Haut und inneren Organe waren intensiv ikterisch. Die Milz etwas
vergrößert, das Pankreas geschrumpft, die Leber wog 7 Unzen, war
dunkelgrün, an der Oberfläche granuliert, am Durchschnitt cirrhotisch.
Der Duct. choledochus fehlte vollkommen, an Stelle der Gallenblase
lag ein geschrumpftes Bohr von der Länge von s / 4 Zoll und einer
Breite von 8 / 10 Zoll; am Durchschnitt erwies sich dasselbe in fast zwei
gleiche Hälften geteilt, in der oberen war die Schleimhaut glatt, in der
unteren gefaltet. In der Fossa transversa lag eine dunkle, ovoide Ge¬
schwulst , die mit dem oben erwähnten Rohre keine Kommunikation
hatte; dieselbe war 8 / 4 Zoll lang und von einer visciden, grünen Flüssig¬
keit erfüllt. Die Mündung des Duct. pancreaticus war frei. Mikroskopisch
zeigten Leber, Milz und Pankreas reichlich fibröses Gewebe. Die Leber
war durchsetzt von dicken, fibrösen Bändern; die Lumina der Gallenwege
waren zum grössten Teile nicht sichtbar, die Zellen um die Lumina
waren kubisch und enthielten gut gefärbte Kerne; die entsprechenden
Zellen des Pankreas waren cylindrisch und umschlossen ein weit offenes
Lumen. Durchschnitte des Pankreas zeigten gesunde Acini und gut ent¬
wickelte Gänge, die von cylindrischen Zellen ausgekleidet waren, doch
waren auch sie zum Teile in fibröses Gewebe eingebettet. Die Tra¬
bekeln der Milz waren durch derbe, fibröse Stränge repräsentiert, die
Pulpa und die Malpighi’schen Körperchen waren normal.
Herrnstadt (Wien).
Intestinal obstrnction caused by a gallstone. Von W. Robinson.
Brit. Med. Journ. 23. April 1907.
Patient wurde plötzlich von heftigen Schmerzen im Rücken be¬
fallen, die in den Thorax ausstrahlten. Durch 6 Tage bestand Obstipation,
die nur durch energische Purgativa behoben werden konnte. Nach
4—5 Wochen wiederholte sich der Anfall mit Erbrechen und Obstipation,
dauerte einige Tage lang, »um nach einigen Wochen zum dritten Mal
aufzutreten; das Erbrechen war stercorös. P. 110, T . 95° F, R . 20,
das Abdomen war ausgedehnt, seit 4 Tagen bestand Obstipation. Nach
Eröffnung des Abdomens drängten sich einzelne ausgedehnte Dünndarm¬
schlingen vor, in der Bauchhöhle hatte sich eine beträchtliche Menge
seröser Flüssigkeit angesammelt. Am unteren Ende des Ueums konnte
man leicht eine steinharte Masse fühlen, die bei Incision sich als ein
Gallenstein erwies; derselbe war 3,8 cm lang, 2,6 cm breit und wurde
entfernt. Er wog 70,0 g und bestand aus Cholestearin mit einer dünnen
oberflächlichen Fäkalschichte. Der Darmanteil jenseits des Steines war
collabiert. Die Heilung war eine vollkommene.
In diesem Falle bestand kein Icterus. Der Stein hatte von der
Gallenblase in den Dünndarm ulceriert und blieb an der engsten Stelle
des Dünndarmes, das ist im unteren Ileum, stecken. Die Koliken ent¬
standen durch Spasmus der Darmmuskulatur.
Herrnstadt (Wien).
The treatment of gall stones ln the gall bladder and cystic duct.
Von George A. Peters. The Edinbourgh med. Journ., Mai 1907.
Es werden stets Gallensteine in der Gallenblase und im Duct. cystic.
gefunden, offenbar ist hier die Bildungsstätte der Steine selbst. Das ist ein
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Hauptargument für die Cholecystektomie. Die Steine bewirken eine
Heizung der Schleimhaut und schaffen so einen günstigen Nährboden für Bak¬
terien (Bact. coli). Die Einwanderung geschieht entweder vom Darm auf¬
wärts durch den Duct. choledochus oder vom Blute durch die Portalvenen.
Deshalb findet man folgende Operationsmethoden angegeben:
1. Die Cholelithotomie als die idealste Operation eröffnet die Gallen¬
blase, entfernt die Steine, schliesst die Wunde aufs sorgfältigste; Ver¬
schluss der Bauchdecken ohne Drainage.
2. Bei der Cholecystotomie wird die Gallenblase eröffnet, die Steine
werden entfernt, die Gallenblasenwand in die Bauchwunde eingenäht
und nach aussen drainiert.
3. Bei der Cholecystektomie wird die Gallenblase samt den in ihr
befindlichen Steinen entfernt und nur vorübergehend ein Drain eingeführt.
4. Cholecystenterostomie bezweckt eine Verbindung zwischen Gallen¬
blase und Dünndarm.
5. Bei Cholelithotripsie wird der Stein zuerst in der Gallenblase zer¬
trümmert, wenn er fest eingekeilt sitzt, und wird dann entfernt; die
Operation ist eine Varietät zu 2.
Jede dieser Methoden hat ihre Vorzüge und es lässt sich nur in
situ selbst sagen, welche Methode angewendet werden soll, da in vivo
ohne Eröffnung der Bauchhöhle es eine Unmöglichkeit ist zu entscheiden,
welche Methode anzuwenden ist, und es somit dem Operateur überlassen
bleibt, die Wahl zu treffen.
Verf. berichtet seine Erfahrungen über die einzelnen Methoden in
einer Anzahl von Fällen, wobei die Vorzüge gegeneinander ziemlich
präzise dargestellt sind.
ad 1) Diese Methode wird nur dann angewendet, wenn nur einzelne
Steine vorhanden sind, der Duct. cyst. und hepat. frei und durchgängig
sind. — Wenig Adhäsionen oder Verdickung der Gallenblase.
ad 2) Die Operation erscheint indiziert, wenn ein Verschluss des
Duct. cystic. da ist, sonst empfiehlt sich
ad 3) Cholecystektomie bei Entzündung, Suppuration, festen Ad¬
häsionen gegenüber der Umgebung.
ad 4) Das Verfahren wird eigentlich Belten angewendet, nur dann,
wenn hochgradige Stenose des Duct. hepat. und cystic. vorhanden ist.
weil sonst Cholämie eintreten würde.
Ueber die Technik der Operation verbreitet sich Verf. ziemlich aus¬
führlich. Leopold Isler (Wien).
Ueber 100 Operationen an den Gallenwegen mit Berücksichtigung
der Dauererfolge. Von Th. Kocher und H. Matti. Arch. f.
klin. Chir., Bd. LXXXI, 1. Teil.
In vorliegender Arbeit wird über 100 Operationen am Gallensystem,
die von Prof. Kocher ausgeführt wurden, ausführlich berichtet und nach
Mitteilung sämtlicher Krankengeschichten das Kesumö der gewonnenen
Erfahrungen gezogen, wovon hier einiges erwähnt werden soll. Unter
den operierten waren 12 männlichen, 88 weiblichen Geschlechts, die
grösste Zahl der Erkrankungen fiel in das 40.—60. Lebensjahr und ge¬
langte erst in vorgeschrittenem Stadium zur operativen Behandlung. Für
die Frage der Erblichkeit der Cholelithiasis finden sich in 7 Fällen
sichere Anhaltspunkte, ferner spielen ätiologisch insbesondere primäre
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Magen-Darmleiden eine grössere Bolle. Nach Besprechung der Sympto¬
matologie und Spezifizierung der ausgeführten Eingriffe und deren Methode
teilt Verf. seine Besultate mit, die bei einer Operationsmortalität von
2 °/ 0 und überwiegenden Badikalheilungen als sehr günstig bezeichnet
werden müssen. Eine Nachkontrollierung der Fälle ergab auch, dass
die Cholecystektomie auf den Verdauungsmechanismus keinerlei Einfluss
ausgeübt hatte. Victor Bunzl (Wien).
C. Darm.
Weitere Erfahrungen Uber die Wirkung der subkutanen Injektion
von Physostigmin zur Anregung der Peristaltik. Von K. Vogel.
Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, Bd. XVII,
5. Heft.
Um die so oft nach Laparotomien sich bildenden Adhäsionen zu
verhüten, ist das wichtigste Hilfsmittel die möglichst frühzeitige Anregung
der Peristaltik. Die Intestina müssen in einem steten Lage Wechsel er¬
halten werden, damit die sich berührenden Flächen des Peritoneums keine
Zeit haben, miteinander zu verkleben, oder die bestehenden Verklebungen
möglichst schnell wieder gelöst werden, ehe sie zu festeren Verbindungen
sich umwandeln, deren Trennung auf unblutigem Weg nicht mehr möglich
ist. Da aber die gereichten Laxantien per os gerade in der ersten Zeit
nach der Operation entweder überhaupt erfahrungsgemäss wirkungslos
bleiben, andererseits in vielen Fällen gar nicht behalten, sondern sofort
wieder erbrochen werden, so wandte Verf. 0,001 Physostigmin an, dessen
Erfolg aus einer Keihe von Krankengeschichten hervorgeht.
Haubitschek (Wien).
Die anatomische Begründung der operativen Behandlung der Leisten-
briiche. Von B. J. W e n g 1 o w s k i. Arch. f. klin. Chir., Bd. LXXXIIL,
1. Heft.
Auf Grund von Leichenuntersuchungen hat Verf. 2 Strukturtypen
der Leistengegend festgestellt. Die erste, in mehr als 85 °/ 0 angetroffene,
wird als normale bezeichnet und ist charakterisiert durch einen fast
parallelen Verlauf des unteren Bandes der inneren Muskeln mit dem
Leistenbande, wodurch ein nur schmaler, spaltförmig ovaler Schlitz ge¬
bildet wird. Beim pathologischen Typus hingegen biegt der untere Band
der inneren Muskeln in horizontaler Bichtung zum Bande der M. recti
ab und es entsteht auf diese Weise ein von Muskeln entblösstes, ziem¬
lich grosses Dreieck. — Verf. schlägt eine neue Methode der Badikal-
operation vor, bei welcher der Bruchsack nicht ausgelöst und der Samen¬
leiter an Ort und Stelle belassen wird. Falls der Leistenzwischenraum
die oben beschriebene dreieckige Form aufweist, so wird der mittlere
Band der inneren Muskeln eingeschnitten und erst dann werden diese
an das Leistenband fixiert, wodurch der ganze Baum eine muskuläre
Bedeckung erhält. 100 nach der Methode des Verf. operierte Fälle
blieben bisher recidivfrei. Victor Bunzl (Wien).
On abdominal pain and especially on pain in connection with „Ileus“.
Von G. K. Lennander. The Edinbourgh med. Journ., August 1907.
Verf. war es schon früher bei seinen physiologischen Arbeiten auf¬
gefallen, dass die Organe des Bauches für Berührung, Kälte oder Wärme
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empfindungslos waren, dagegen sich nur Schmerzempfindungen bei Zug
oder Druck auf das Peritoneum parietale einstellten. Diese Beobachtung fand
sich auch bei operierten Menschen, die keine Allgemeinnarkose hatten,
bestätigt. Darm, Leber, Milz waren schmerzlos, dagegen löste leisee
Betupfen des Peritoneum parietale die heftigsten Schmerzempfindungen
aus. — Verf. erklärt nun die Empfindlichkeit und die Schmerzhaftig¬
keit des Bauches bei akuten Prozessen in der Bauchhöhle dadurch, dass
eine Lymphangitis und Lymphadenitis in der Umgebung der erkrankten
Partie auftritt, die, dem Wege der grossen Blutgefässe folgend, retro-
peritoneal ziehen und auf das Peritoneum pariet. übergreifen, welches
eben die schmerzempfindenden Nervenfasern trägt.
Verf. kommt nun nach eingehenden Betrachtungen zu folgenden
Schlussfolgerungen:
1. Die Schmerzen werden keineswegs vom Sympathicusgeflecht oder
vom Nervus vagus ausgelöst, sondern
2. es entsteht die Schmerzempfindung nur im Peritoneum parietale und
wird von hier zu den Cerebrospinalnerven des Bückenmarkes geleitet.
3. Der geringste Zug oder Druck, sei es durch Adhäsionen, sei es
durch mechanischen Insult auf das Periton. parietale, löst eben diese
Schmerzempfindungen aus.
4. Jede Verschiebung des Peritoneum parietale äussert sich sofort
in der sogenannten „Döfense musculaire“.
5. Die verschiedenen chemischen Substanzen, wie Gallenblaseninhalt,
Steine, Eiter von Abscessen, Magen-, Darminhalt rufen Hyperämie des
Peritoneums, damit auch schon Schmerzempfindung hervor.
Verf. glaubt, mit dieser Erklärung auf dem richtigen Wege zur
Erklärung des Wesens der Schmerzempfindung der Abdominalorgane
zu sein. Leopold Isler (Wien).
A case of volvulus of the small intestine in a child aged 7 years.
Von J. P. Lockhart Mummery. Lancet, 2. März 1907.
Ein 7 Jahre alter Knabe wurde wegen Appendixabscess ins Spital
geschickt. An den Lungen war Bassein, doch keine Dämpfung; in der
rechten Fossa iliaca bestand eine Schwellung, die rundlich, derb und
wenig schmerzhaft war. Die Perkussion gedämpft, per rectum nichts
Abnormes. Nach Eröffnung des Abdomens kam eine schwarze Masse
zum Vorschein, die sich als ausgedehnte Dünndarmschlinge erwies, wäh¬
rend das daneben befindliche Coecum gedreht war; aus einer stecknadel¬
kopfgrossen Oeffnung entwich langsam Gas. Das Darmstück wurde re¬
seziert und die Vereinigung durch Murphy-Knopf vorgenommen. 8 Stunden
nach der Operation trat Exitus ein. Der Volvulus bestand um eine ver¬
käste Drüse im Mesenterium und konnte selbst nach der Entfernung
derselben nur schwer gelöst werden. Herrnstadt (Wien).
A case of volvulus of the small intestine at a Meckel’s diverti-
culum; together with some observations on „subacute ileus“
and the performance of gastrotomy for paralysis of the small
intestine. Von G. K. Lennander. The Edinbourgh med. Joum.,
Januar 1907.
Es wird folgende Krankengeschichte mitgeteilt: Ein junger Mann,
früher stets gesund, machte vor einem Jahre eine Blinddarmattacke durch
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und wird wegen heftiger Schmerzen im Unterleib mit dieser Diagnose
ins Krankenhaus gebracht. Alle Symptome sprechen für einen acuten
Anfall. Temperatur 37,5. Puls 80. Erbrechen, Druckempfindlichkeit,
spontane Schmerzhaftigkeit, brettharte Spannung der Bauchdecken in der
rechten Unterbauchgegend. Erbrechen dünnflüssiger, sehr übelriechender
Massen. Die Schmerzen breiten sich über das Abdomen in den nächsten
24 Stunden mehr aus. Es gehen keine Winde, kein Stuhl ab. Tempe¬
ratur 38°. Leukocyten 15 000. Puls 92. Der Meteorismus nimmt zu, doch
ist eine Resistenz nicht palpabel. Man diagnostiziert nach diesem Be¬
fund: Volvulus intestini, vermutlich Einklemmung eines Meckel’sehen
Divertikels wegen langsamer Zunahme der Strangulationserscheinungen.
Ein operativer Eingriff wird vorgenommen. Es zeigt sich in der Tat ein
entzündetes Meckel’ sches Divertikel, der vorderen Bauchwand ad-
härent, das den ganzen Dünndarm um 360 0 gedreht hatte; ausserdem eine
eitrige Peritonitis. Es wird das Me ekel’sehe Divertikel exstirpiert,
nach Witzei eine Jejunumfistel circa 50 cm von der Flexura duodeno-
jejunali8, eine 2. im unteren Heum und eine 3. beim Coecum angelegt.
Die Dünndarmschlingen waren hochgradig aufgetrieben und injiziert.
Reichliche Ausspülung der Bauchhöhle mit physiologischer Kochsalzlösung.
In den nächsten Tagen war die Temperatur 39,5—39,9, Puls 120—140.
Patient erholt sich nicht mehr; er erbricht weiter fäkulent und stirbt
unter dem Bilde einer Stercorämie nach fünftägiger Krankheitsdauer.
Yerf. knüpft daran nun folgende Betrachtungen: Es lag hier in diesem
Falle die grosse Schwierigkeit vor, eine einwandfreie Diagnose gleich zu
machen. Patient war plötzlich erkrankt, hatte vor 1 Jahre eine Blind¬
darmattacke durchgemacht und bot jetzt die Erscheinungen der näm¬
lichen Attacke. Auffallend waren: keine besonders palpable Resistenz (eine
palpable Resistenz trat erst am 2. Krankheitstage um den Nabel herum
auf), die gleichzeitige Aufgetriebenheit des Abdomens, die fast niedrige
Temperatur von 37,2 und die geringe Pulsfrequenz (72), der geringe Grad
von Schmerzhaftigkeit, ferner kein Abgang von Winden und Stuhl,
kein Erbrechen. Diese Symptome sprachen zunächst für ein Zuwarten.
Wegen der zunehmenden Schmerzen, des Verhaltens des Stuhles und
fäkulenten Erbrechens dachte man zunächst gleich an Volvulus und
schritt zur Laparotomie, da eine Incarceration einer äusserlichen Hernie
nach Untersuchung ausgeschlossen war. Ferner dachte man an: acute
Pancreatitis, perforiertes Magen- oder Duodenalulcus, Appendicitis mit
ungewöhnlicher Lagerung des Appendix, wegen des mehr subacuten
Beginnes auch an Tbc. intestini mit folgender Stenosierung. Die
Autopsie in vivo bestätigte aber die Vermutungsdiagnose: Volvulus.
Die vor 1 Jahre stattgefundene Attacke dürfte aber nicht Appen¬
dicitis gewesen sein, sondern eine Entzündung des Meckel’ sehen
Divertikels, die bald abklang, in dem jetzigen Stadium aber zur Ab¬
klemmung und Drehung des Dünndarms geführt hatte. Verf. resümiert
dann, dass in allen solchen unklaren Fällen nicht zugewartet, sondern
gleich zur Laparotomie geschritten werden soll, da schon geringes
Erbrechen und Bauchdeckenspannung beginnende Peritonitis signalisieren.
Jedenfalls ist, wenn man sich zur Laparotomie nicht entschliessen kann,
wegen der Paralyse des Darmes ein Anus praeternaturalis anzulegen, ja man
kann selbst 1—2 Jejunumfisteln riskieren und schliesslich auch, wie Verf.
es getan, zur Gastrostomie schreiten. Leopold Isler (Wien).
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A case of complete volvulus of the small intestine. Von William
Robinson. Brit. Med. Joura., 6. Juli 1907.
Patient litt seit 3 Tagen an kompletter Obstipation, die durch Ab¬
führmittel und Klysmen nicht beeinflusst werden konnte. Links bestand
eine alte Inguinalhernie, die gespannt war und beim Husten keinen An¬
prall gab. Der Sack wurde gespalten, er enthielt Omentum, am inneren
Leistenring lag ein konstringiertes, dunkelrotes, mächtig dilatiertes
Stück Dünndarm, die Partie darüber war kongestioniert; nach Erweiterung
der Incision fanden sich noch einige andere Dünndarmschlingen in dem
nämlichen Zustande. Durch die Bassini’sche Operation wurde die
Obstruktion behoben, doch blieb der Puls stets frequent und fadenförmig,
der Stuhl war diarrhoisch. Nach 5 Wochen traten Erbrechen und neuer¬
lich Obstipation ein, das Abdomen war dilatiert, Peristaltik durch die
Bauchdecken sichtbar. Erst nach 6 Tagen entschloss sich Patient zu
einer 2. Operation, wobei es sich zeigte, dass das Mesenterium des unteren
4 / ß des Dünndarms von links nach rechts gedreht war und dass 2 straffe
Adhäsionsbänder bestanden, welche die Darmschlingen unter der Leber
komprimierten; die Darmschlingen selbst waren durch zahlreiche, fibröse
Adhäsionen miteinander verwachsen. Auch nach Durchtrennung der
Bänder war es unmöglich, den Volvulus zu lösen, und da Patient sich
in einem hoffnungslosen Zustande befand, wurde von einer weiteren Ope¬
ration abgesehen. Nach 18 Stunden trat der Exitus ein. Das gedrehte
Mesenterium war circa 12 Zoll lang und mächtig verdickt.
Als prädisponierendes Moment bestand in diesem Falle ein langes
Mesenterium mit schmaler Basis. Durch den Zug der Hernie wurde
bis zur ersten Operation die Rotation aufgehalten; möglicherweise ver¬
ursachten die beiden Adhäsionsbänder vermehrte peristaltische Bewegung,
wodurch die Drehung eine komplette wurde. Die Beschwerden zwischen
den beiden Operationen beruhten vielleicht auf teilweiser Drehung und
Lösung des Mesenteriums, bis die Drehung eine komplette war.
Herrnstadt (Wien).
Intnssusception caused by an inverted Meckel’s diverticulum;
excision and end-to-end anastomosis. Von Leonard A. B i d w e 11.
Lancet, 7. September 1907.
Der Patient, ein 3 ! / 2 Jahre alter Knabe, erlitt im Juni 1906 eine
heftige Darmblutung ohne nachweisbare Ursache, von der er sich an¬
scheinend vollkommen erholte. Im Oktober traten anfallsweise heftige
abdominale Schmerzen und Erbrechen auf, die in Intervallen von einer
Woche des Morgens 1—2 Stunden anhielten, am 21. November jedoch per-
sistierten. In der rechten Regio hypochondrica fand sich ein Tumor, der
als Intussusception diagnostiziert wurde und den Dickdarm bis zur
Mitte des Colon transversum betraf; die Invagination begann im Deum
6 Zoll oberhalb des Coecums. Nach der Reduktion war der Darm dunkel
und ödematös, der Peritonealüberzug jedoch nicht alteriert. Eine Woche
später wiederholte sich der Anfall in milder Form, am 21. Dezember
aber mit erneuter Heftigkeit, wobei ein zirkumskripter Tumor neben
dem Nabel fühlbar war. Diesmal betraf die Invagination den Dünn¬
darm, und da die Repositionsversuche erfolglos blieben, so wurde die
Excision der ganzen Masse vorgenommen. Das entfernte Darmstück mass
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S 1 ^ Zoll, die Spitze der Intussusception bildete ein invertiertes, ödematöses
Meckel’sches Divertikel.
Von Interesse ist, dass die Attacken im Beginne wöchentlich auf¬
traten, was wohl für transitorische Intussusception spricht, ferner, dass
weder Blut noch Schleim per rectum abgingen und die Obstruktion sofort
eine komplette war. Das erklärt sich durch die Lage der Intussusception
im Dünndarm. Endlich ist wichtig ein MeckeTsches Divertikel als Ur¬
sache der Invagination, was wiederum den Beginn im Dünndarm erklärt.
Die Behandlung besteht in der Operation; oft gelingt die Reposition
nach Eröffnung des Abdomens, wenn nicht, ist die Excision das beste
Mittel. Handelt es sich um Dünndarm, so werden die Enden direkt
vereinigt, bei ileocöcaler Invagination kommt die laterale Anastomose
in Betracht. Es ist wichtig, die Durchtrennung 1 Zoll entfernt von der
Intussusception vorzunehmen. Herrnstadt (Wien).
Intussusception and intestinal nlcers. Von W. G. Joynt. Brit.
Med. Joum., 27. Oktober 1906.
Ein 2 Jahre altes Kind erkrankte während der Nacht an abdomi¬
nalen Schmerzen, um 5 Uhr vorm, spontane Stuhlentleerung, um 8 Uhr
Abgang von Blut und Membranen. Der Befund um 10 Uhr vorm, war
folgender: Kontraktion der abdominalen Muskeln, leichte Schwellung
oberhalb und rechts vom Nabel. Die Diagnose lautete auf Intussuscep¬
tion und wurde auch bei der Operation bestätigt. Dieselbe erstreckte sich
vom Coecum längs des Colon transversum. Die invaginierte Partie
wurde reponiert, an der Heocöcalklappe bot sich einige Schwierigkeit dar,
es bestand daselbst eine entzündete Masse, welche J /s der Zirkumferenz
des Darmes betraf; die entsprechenden mesenterialen Drüsen waren ver-
grössert und die Annahme eines tuberkulösen Geschwürs schien gerecht¬
fertigt. Mit Ausnahme des unteren Endes des Coecums und eines An¬
teils nahe dem Tumor war das Perineum unbeschädigt. Das über dem
Ulcus befindliche Peritoneum wurde an dem Periton. parietale durch
Nähte fixiert, um eine neuerliche Invagination unmöglich zu machen.
Nach der Operation erholte sich Patient sehr rasch und konnte nach
14 Tagen aus dem Spital entlassen werden.
Herrnstadt (Wien).
A case of intussusception and yolvulus occnring at intervals in
the same patient. Von Ernest E. Ware und Lewis G. Glover.
Lancet, 22. Dezember 1906.
Eine 27 Jahre alte Frau wurde wegen heftiger abdominaler Schmerzen
ins Spital aufgenommen; die Zunge war feucht, belegt. P: 124, T : 100,4 F,
das Abdomen nicht ausgedehnt, die Darmbewegung im unteren Anteile,
namentlich rechts, wesentlich eingeschränkt, Berührung daselbst schmerz¬
haft und eine undeutlich begrenzte Geschwulst fühlbar, welche bei der
Respiration nicht mitging. Bei der Operation wurde der Appendix ge¬
sund gefunden, doch fühlte man in der Mittellinie ein ausgedehntes
Darmstück, das sich nicht in den Bereich der Wunde bringen liess. Das¬
selbe erwies sich nach centraler Inzision als Intussusception, betreffend
den Dünndarm bis 2 1 / 2 Zoll vor der Valvul. ileo-coecal.; die Länge be¬
trug 2 Fuss. Die Beposition musste wegen Gangrän unterbleiben und
Resektion der ganzen Masse vorgenommen werden. 2 Tage nachher trat
Centralblatt f. d. Gr. d. Med. n. Chir. X. 53
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spontan Defäkation ein und 4 Wochen später wurde Patientin geheilt entlassen
— es war am 7. August 1903. Am 12. April 1904 traten neuerlich
abdominale Schmerzen und Erbrechen auf und der Abgang von Stuhl
und Winden war gehemmt. T : 101 °, P: 128, leichte Dyspnoe und
Husten. Die Schmerzen waren hauptsächlich konzentriert auf den
Mc Burney’schen Punkt, ausserdem bestanden Schmerzen in der rechten
Brustseite, die Perkussion über der rechten Fossa iliaca war gedämpft,
am intensivsten etwas rechts und oben vom Nabel, im Thorax war nichts
Abnormes nachweisbar. Nach Eröffnung des Peritoneums zeigte sich eine
schwarz verfärbte und mächtig dilatierte Darmpartie und es entleerten
sich ca. 6 Unzen einer blutig verfärbten Flüssigkeit. Nach Inzision und
Entfernung von 16 Unzen fötider, dunkelgefärbter Flüssigkeit wurde die
Beposition vorgenommen, sodann die Resektion 2 Zoll entfernt vom
gangränösen Anteile angeschlossen, zugleich das geschwollene Mesenterium
entfernt, in welchem die Venen thrombosiert waren. Die Vereinigung
geschah mittels Murphy-Knöpfen. Nach Verschluss der Wunde wurde per
rectum Kochsalz zugeführt. Am 22. April fühlte man rechts vom unteren
Teile der Wunde einen harten Körper — möglicherweise den Murphy-
Knopf — und am 25. palpierte man denselben tiefer in der Fossa iliaca,
am 10. Tage nach der Operation fühlte Patientin einen heftigen Schmerz
im Rectum beim Stuhlgange, offenbar entsprechend dem Abgänge des
Knopfes. Nach 6 wöchentlichem Aufenthalte war Patientin genesen.
Herrnstadt (Wien).
Acute iutussusception. Von W. 6. Williams. Brit. Med. Journ.
23. Februar 1907.
W. A. P., 3 Jahre alt, erkrankte im Anschluss an einen Sturz an
heftigen Schmerzen in der Nabelgegend, die öfter für kurze Zeit aus¬
setzten. P. 130, irregulär. Kein Erbrechen. In der rechten Fossa
iliaca bestand eine Schwellung, die während der Attacken deutlicher
hervortrat. Es wurde eine Irrigation gemacht und gleichzeitig Massage
in dem Sinne angewendet, dass der Dünndarm nach links und abwärts ge¬
drängt wurde, bis die Schwellung völlig geschwunden war. Patient erholte
sich innerhalb von 4 Tagen vollständig. Der Massage war eine Morphin¬
injektion vorausgegangen. Herrnstadt (Wien).
Ueber die acute Darminvagination im Kindesalter. Von Paul
Klemm. Deutsche Zeitschr. f. Chir., Bd. LXXXV.
Verf. bekennt sich als unbedingter Anhänger sofortiger chirurgischer
Therapie nach festgestellter Diagnose und verwirft zuwartende Methoden,
wie Wasser- und Lufteintreibungen, Elektrisierung, Massage etc. Er
äussert Zweifel über die Richtigkeit der von Hirschsprung angegebenen
besonders günstigen Erfolge seiner internen Therapie, da dessen Zahlen
bei der Unsicherheit der Diagnose eines reellen Wertes entbehren. Verf.
selbst hat 9 Fälle operiert und spricht sich in seinem Resumö für die
Untersuchung in Narkose zum leichteren Nachweis des Invagination6-
tumors sowie für die möglichst bald vorzunehmende Laparotomie aus, die
allein ein sicheres, zur Herstellung der normalen mesenterialen Blut¬
zirkulation führendes, zielbewusstes Vorgehen ermöglicht.
Victor Bunzl (Wien).
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Simulation of malignant disease by chronic inflammatory affectiong
of the sigmoid flexure. Von K. W. Monsarrat. Brit. Med.
Journ., 13. Juli 1907.
Die Stellung der Differentialdiagnose zwischen Carcinom und chroni¬
scher Entzündung ist bei Affektionen der verschiedenen Anteile des
Darmtractes nichts Ungewöhnliches; selbst nach Eröffnung der Bauch¬
höhle bleibt oft noch ein Zweifel über die Natur der Erkrankung. Die
folgenden 2 Fälle sind Beispiele für eine chronische Erkrankung der
Flexura sigmoidea.
1. Fall. Ein 44 Jahre alter Mann erkrankte mit plötzlich ein¬
setzenden abdominalen Schmerzen, Dilatation des Abdomens und Er¬
brechen, das durch 24 Stunden anhielt. Erst nach 8 Tagen trat Stuhl¬
entleerung ein, worauf sich der Zustand wohl besserte, doch blieb ein
nagender Schmerz in der linken Fossa iliaca zurück, während das Ab¬
domen an Ausdehnung stets zunahm. Bei der Palpation fand sich im
linken unteren Anteile des Abdomens ein ca. apfelgrosser, derber, auf
Druck schmerzhafter Tumor, der sich mit der Hand nach aufwärts ver¬
schieben liess. Blut oder Schleim wurde im Stuhl nie gefunden. Nach
Eröffnung des Abdomens präsentierte sich ein Tumor, der den mittleren
Anteil der Flex. sigm. okkupierte, derselbe wurde mit dem entsprechenden
Anteile des Mesenteriums entfernt; er bestand aus Narbengewebe sowie
entzündlicher Infiltration — Perisigmoiditis. Die physikalischen Anzeichen
sprachen hier wohl mehr für maligne Erkrankung, doch konnte man
anamnestisch aus dem acuten Beginne der Krankheit auf einen entzünd¬
lichen, peritonealen Prozess schliessen; ferner muss daran gedacht werden,
dass Tenesmus und blutige Stühle selten bei maligner Erkrankung des
unteren Darmabschnittes fehlen; endlich kann auch die Behandlung Auf¬
schluss erteilen, indem chronische Entzündung bei Bettruhe, Milchdiät
und regulärer Stuhlentleerung sich rückbildet.
2. Fall. Hier begann die Krankheit mit Obstipation, die oft
3—4 Tage anhielt, worauf sich häufig Diarrhoe einstellte, wobei blutige
Stühle abgingen, in der letzten Zeit trat ausserdem noch Tenesmus mit
häufigen flüssigen, braun gefärbten Stühlen hinzu. In der linken Fossa
iliaca befand sich eine derbe Schwellung, die von der Crista iliaca schräg
nach innen und unten ins kleine Becken verlief. Eine dünne Sonde
konnte bis zur Höhe von 10 Zoll vom Anus eingeführt werden, doch
war die Untersuchung von einer reichlichen Blutung gefolgt. Die Tem¬
peratur blieb stets normal. Mit Ausnahme des Charakters des Tumors
sprachen fast alle Symptome für maligne Neubildung; die Ausdehnung
der Infiltration jedoch sowie der Mangel einer Dilatation des Darmes
an der proximalen Seite sprachen dagegen. Bei der Operation fand sich
bloss Sigmoiditis.
Wenn wir uns fragen, wodurch in diesen beiden Fällen der Unter¬
schied von maligner Striktur gegeben ist, so kommt in erster Linie in
Betracht, dass trotz der langen Dauer definitive Anzeichen für mecha¬
nische Obstruktion des Dickdarmes fehlten; ein zweiter Punkt ist die
Ausdehnung der Darminfiltration, die bei Sigmoiditis die ganze Länge
der Darmwand betrifft und bei gründlicher Peinigung durch Klysmen
leicht zu palpieren ist.
Acute Perisigmoiditis geht nicht immer in die chronische Form
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über; es kann sich allmählich zurückbilden oder zur Bildung eines Abs*
ces8es T zu Perforation und zu allgemeiner Peritonitis führen. In ein¬
zelnen Fällen handelt es sich nicht um Retention von fäkalen Massen
im Darmlumen, sondern in acquirierten Divertikeln, wie sie sich in der
Flex. sigmoidea öfter als im übrigen Darme finden. Charakteristisch sind
ferner die Evakuationen: Obstipation verbunden mit schmerzhafter Ent¬
leerung geringer Quantitäten flüssiger, oft blutig-eitriger Stühle. In
milderen Fällen w r erden medizinische Behandlung und Diät zum Ziele
führen, in schwereren Fällen ist die Operation oft unvermeidlich.
Chronische Entzündungen finden sich ausser der Flexur auch im
Colon ascendens, transvers. und descend., doch ist im letzteren Falle
fast stets auch die Flex. sigmoidea involviert; auch im Coecum kann der
primäre Sitz der Erkrankung liegen. Herrnstadt (Wien).
Atropin bei Dens. Von C. Schulz. Mitteilungen aus den Grenz¬
gebieten der Medizin und Chirurgie, Bd. XVII, 5. Heft.
Die günstige Wirkung des Atropins bei Heus, welche sich in
Regulierung der Blutzirkulation, Beseitigung der Schmerzen, des Spasmus
und des Erbrechens sowie in Resolution des lokalen Entzündungsprozeeses
äußsert, berechtigt, das Mittel in weitem Masse anzuwenden. Dank der
Ungefährlichkeit selbst hochgradiger Vergiftungserscheinungen, die bei
der Anwendung des Atropins eintreten und sich hauptsächlich durch
Delirien äussern, kann man nach Verf. dem Kranken Dosen verabreichen,
welche die Maximaldosis um das Zwei- und Dreifache übersteigen. Die
Verabreichung von hohen Dosen sei nach Verf. erforderlich als Gegen¬
gift zur Neutralisierung der schädlichen Wirkung der Ptomaine, die im
Darm produziert werden. Sobald acuter Heus diagnostiziert oder nur
vermutet wird, soll man den Patienten sofort Atropin injizieren (Er¬
wachsenen 0,002, Kindern 0,0005), ohne zu den Opiumpräparaten zu
greifen. Verf. pflegt vor der Atropininjektion, um das Gehirn zu
schützen, den Patienten 0,0012 Morphium zu injizieren, eine Vorsichts-
massregel, die aber nicht unbedingt notwendig ist. Wenn die erste In¬
jektion ganz ohne Resultat geblieben ist oder, wenn sie zwar auf den
Allgemeinzustand günstig eingewirkt, aber einen Abgang von Winden
und Fäces nicht bewirkt hat, so müssen die Injektionen systematisch
wiederholt werden, sobald der Patient sich von der vorausgegangenen
Injektion genügend erholt hat. Gleichzeitig sind die physikalischen Be¬
handlungsmethoden anzuwenden, wie Magenausspülung, Oelkly stiere,
Wärmeflaschen usw., nicht aber Wannenbäder oder Massage. Trotz
dieser Behandlung könnte die Operation doch erforderlich werden, in¬
folgedessen soll man den Kranken möglichst einem Krankenhaus zuführen.
Andererseits soll man aber mit der Operation nicht zu schnell bei der
Hand sein, da die Wirkung des Atropins sich selbst in sehr vernach¬
lässigten Fällen geltend macht, um so mehr, als der Prozentsatz der Ge¬
nesungen nach operativer Behandlung unverändert bleibt, mag die Ope¬
ration am 3. Tage oder in der 2. Woche seit Beginn der Erkrankung
ausgeführt worden sein. Wenn Atropin innerhalb der ersten 24 Stunden
nach Beginn der Erkrankung injiziert wird, so wirkt es rascher und
sicherer. Infolgedessen muss der Patient, wenn innerhalb 24—36 Stunden
eine Defäkation nicht erfolgt ist, zur Operation vorbereitet werden,
wobei immer noch nicht ausgeschlossen ist, dass die Wirkung des Atropins
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sich noch vor der Operation zn zeigen beginnt. In verzweifelten, ver¬
nachlässigten Fällen, in denen die Operation mit minimalen Aussichten
auf Erfolg vorgenommen wird, soll man gleichfalls Atropin injizieren,
um die Herztätigkeit zu heben, die Blutzirkulation zu bessern, das Er¬
brechen zu stillen und die namentlich in der postoperativen Periode so
nötige Peristaltik anzuregen. Falls nach der Injektion von Atropin
hochgradige Vergiftungserscheinungen auftreten, muss Morphium als
Gegengift gegeben werden. Wenn Defäkation erfolgt ist, so darf man
den Patienten nicht als völlig geheilt betrachten, sondern muss ihn noch
eine Zeitlang überwachen und je nach der Ursache, die den Heus her¬
vorgerufen hat, die entsprechende Behandlung und Diät einleiten. Man
darf niemals ausser acht lassen, dass infolge der andauernden Ernährungs¬
störung eine Perforation des Darmes eintreteu kann.
34 einschlägige selbstbeobachtete Krankengeschichten beschliessen
die Arbeit. Baubitschek (Wien).
Duodenal ulcer and its treatment. Von A. W. Mayo Robson.
Brit. Med. Journ., 2. Februar 1907.
Nach Autopsien wurde das Verhältnis des Duodenal- zum Magen¬
geschwür auf 1:10 geschätzt, doch zeigt die operative Erfahrung, daß
beide oft nebeneinander Vorkommen und dass die wirkliche Proportion
1 : 2 ist. Während das Magengeschwür öfter bei Frauen vorkommt,
sehen wir das Duodenalgeschwür häufiger bei Männern, die Ursache ist
wahrscheinlich Hyperchlorhydrie. Hämorrhagie und Perforation sind
beim Duodenalulcus häufiger und ernster als beim Magengeschwür und
weniger der medizinischen Behandlung zugänglich. Das wichtigste Sym¬
ptom ist der Schmerz 3—4 Stunden nach der Mahlzeit, wenn der saure
Mageninhalt in das Duodenum Übertritt; durch grössere Nahrungszufuhr
wird die Säure verdünnt, der Pylorus für eine Zeit geschlossen, daher
die Abnahme des Schmerzes, andererseits wird die bereits ins Duodenum
gelangte Säure durch die alkalische Galle und das Pankreassaft verdünnt.
Die Schmerzen liegen rechts und über dem Nabel und können auch
tagelang anhalten oder auch wochen- und monatelang ausbleiben. Wäh¬
rend des Schmerzanfalls besteht Rigidität des rechten Muse, rectus, die¬
selbe kann konstant sein, wenn das Ulcus an der Vorder- oder Aussen-
wand des Duodenums liegt oder bei peritonealen Adhäsionen. Liegt das¬
selbe nahe dem Pylorus, so tritt oft Spasmus desselben mit Dilatation
des Magens auf. Das Erbrochene ist gewöhnlich* sauer, ohne Blut zu
enthalten, daneben bestehen Sodbrennen und saures Aufstossen; der
Appetit ist gut, der Stuhlgang träge. Durch gleichzeitig bestehenden
Katarrh des Gallenganges kommt es zu Icterus, durch Katarrh des Duct.
pancreat. zum Auftreten von Fett im Stuhl, die Beteiligung des Darmes
wird durch Vorhandensein von Indican im Urin nachgewiesen. Im
Mageninhalt findet sich ein Ueberschuss an freier Salzsäure oder auch
Blut. Hämatemesis und Meläna sind oft die ersten drohenden Anzeigen;
sie sind am schwersten, wenn das Ulcus an der hinteren oder inneren
Wand innerhalb 4 Zoll vom Pylorus entfernt gelegen ist. Eine der
häufigsten und gefahrvollsten Komplikationen ist die Perforation; sie
tritt öfter beim akuten als beim chronischen Ulcus ein, wo sie durch
die verdickte Wand und durch Adhäsionen verhütet werden kann. Die
einzig mögliche Behandlung ist die operative. Wenn sich bereits Ad-
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bäsionen gebildet haben, ist die Peritonitis, die durch Perforation entsteht,
lokal und endet in der Regel in Abscessbildung, die sich entweder am
rechten Rippenrande oder in der Gegend des Nabels oder in der Cökal-
region zeigt; durch Adhäsionen kann es auch zu Abscessen in der Leber,
im Pancreas oder an der vorderen Abdominalwand kommen, durch sekun¬
däre Ruptur zu allgemeiner Peritonitis, durch Ruptur in den Magen,
Darm, die Niere oder Gallenblase zur Bildung einer intervisceralen Fistel.
Perforation an einer Stelle, die von Peritoneum unbedeckt ist, fuhrt zu
subphrenischem Abscess mit Durchbruch in die Pleura oder Lunge oder
auch zu perirenalem Abscess oder sie kann Perityphlitis vortauschen.
Die Heilung erfolgt durch narbige Kontraktion und verursacht dann
je nach der Lage der Narbe Dilatation des Magens, Stenose des Duct.
choledoch. oder pancreatic. oder Dilatation des Duodenums. Andere
Komplikationen sind gegeben durch die Bildung von Adhäsionen, durch
das Entstehen von Carcinom auf dem Boden eines Ulcus oder durch
subacute oder chronische Pancreatitis; auch Cholangitis mit nachfolgen¬
der Septikämie wurde beobachtet.
Bei frühzeitiger Diagnose können Ruhe und Diät das Ulcus zur Aus¬
heilung bringen, beim Auftreten ernster Komplikationen ist die operative
Behandlung unerlässlich, sie besteht entweder in Excision des Ulcus oder
in Gastro-Enterostomie; durch letztere wird jede Reizung des Ulcus durch
Mageninhalt vermieden und gleichzeitig werden Hyperchlorhydrie, Pyloro-
spasmus und Magendilatation verhütet. Dasselbe gilt für Hämatemesis
oder Meläna, die direkte Behandlung der Blutung ist nur bei unmittel¬
barer Gefahr notwendig.
Bei kleiner Perforation genügt deren Verschluss durch Naht; bei
breiter Perforation soll das Abdomen in halbsitzender Stellung des
Patienten mit Kochsalzlösung irrigiert werden, nachher ist das Becken
zu drainieren; bei starker Ausdehnung des Darmes kann Enterotomie
ratsam sein. Bei lokaler Peritonitis ist der Abscess zu öffnen und zu
drainieren. Herrnstadt (Wien).
Ueber die Entstehung tuberkulöser Darmstrikturen. Von 0. Busse.
Arch. f. klin. Chir., Bd. LXXXIII, 1. Heft.
Entgegen Wieting, der die Narbenbildung als Produkt einer sub¬
mukös verlaufenden Tuberkulose des Darmes auf fasst, besteht Verf. auf
der Ansicht, dass die Darmgeschwüre als solche die Basis für spätere
Narbenentwicklung abgeben. Ausser der Narbenschrumpfung ist aber
auch die fehlerhafte Wirkung der Muskulatur nach Unterbrechung der
Längsmuskelschicht für die Verengerung des Darmlumens von Bedeutung,
indem durch Kontraktion der Ringmuskelfasern im Bereich der Wund¬
ränder eine Einstülpung der Serosa erfolgt. Ferner behauptet der Verf.,
dass auch die Verödung der den erkrankten Teil versorgenden Blutgefässe
in Betracht zu ziehen ist. Victor Bunzl (Wien).
Ueber den tuberkulösen Tumor der Flezura sigm oidea . Von J. F.
Holland. Deutsche Zeitschr. f. Chir., Bd. LXXXVUI, 1.—3. Heft.
Die tumorartige Tuberkulose der Flexura sigmoidea stellt eine ausser¬
ordentlich seltene Erkrankung dar, über die, abgesehen vom vorliegenden
Fall, nur ein einziges Mal berichtet wurde. Dieser Umstand trug auch
zu der unrichtigen Stellung der Diagnose Carcinom bei, die erst im
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Anschluss an eine Colostomie durch den auffallenden weiteren Verlauf
des für inoperabel gehaltenen Falles durch die richtige Diagnose abgelöst
wurde. • Victor Bunzl (Wien).
Surgical forma of ileo-coecal tuberculosia. Von M. Henry Ballance.
Lancet, 8. Dezember 1906.
Das Coecum ist häufiger der Sitz von Tuberkulose als irgend ein
anderer Teil des Darmkanals. Hartmann unterscheidet 2 verschiedene
Formen: die enteroperitoneale oder ulcero-caseöse Form und die hyper¬
plastische, welche der intestinalen Striktur ähnlich ist. Im ersteren Falle
ist das Ende des Heums und des Coecums von Ulcera durchsetzt, der
Appendix oft zerstört, in der ileocökalen Region finden sich eine Masse
von Adhäsionen und eitrige tuberkulöse Hohlräume, welche manchmal mit
dem Darm kommunizieren, manchmal nach aussen führen — Pyoster-
coralfistel. Wichtiger vom chirurgischen Standpunkte ist die hyper-
plastische Form; sie ist in der Regel auf das Coecum beschränkt und
greift selten auf das Heum über, häufiger ist die Ausbreitung auf das
Colon. Das Coecum ist oft in eine fibrös-fettige Masse eingehüllt, die
eine Dicke von mehreren Zentimetern erreichen kann, die regionären
Lymphdrüsen sind geschwollen. Die Striktur kann die Dicke eines Gänse¬
kieles haben, die Mucosa findet man ulceriert, granuliert und polypös.
Der Appendix ist intakt oder auch hyperplastisch; mikroskopisch findet
man Rundzelleninfiltrationen und tuberkulöse Läsionen, außerdem Riesen¬
zellen und käsige Partien. Daneben bestehen einfache Entzündung oder
skleroadipöse Verdickung oder polypöse Wucherungen.
Heocökale Tuberkulose wird gleicherweise bei Männern wie bei
Frauen beobachtet und ist am häufigsten zwischen dem 20. und 40. Lebens¬
jahre ; Lungentuberkulose kann vorhanden sein oder fehlen. Die Haupt¬
symptome sind peritoneale Reaktion und intestinale Striktur, oft auch
tuberkulöse Enteritis. Schmerzen in der rechten Fossa iliaca können
leicht als Appendicitis gedeutet werden. Die hyperplastische Form be¬
ginnt allmählich mit Digestionsstörungen und schmerzhaften Empfindungen
in der rechten Fossa iliaca; durch Monate bestehen abwechselnd Obstipa¬
tion und Diarrhoe, zeitweise Koliken. In der Deocökalgegend besteht
ein palpabler Tumor, der oft jedoch viel höher liegen kann und leicht
beweglich ist. Nach langer Dauer tritt der Exitus durch Kachexie oder
durch Lungentuberkulose oder Peritonitis auf. Differentialdiagnostisch
ist gegenüber dem Neoplasma hervorzuheben, dass hier ein höckeriger
Tumor besteht, der rasch Obstruktionserscheinungen macht.
Für die hyperplastische Form ist die Darmresektion anzuraten, für
die enteroperitoneale Form ist Resektion gefährlich und Exzision der er¬
krankten Partie vorzuziehen. Herrnstadt (Wien).
Hyperplastic tuberculous pericolitis. Vpn F. S. Kidd. Lancet,
5. Januar 1907.
Die folgenden 3 Fälle illustrieren eine Form von chronischer Peri¬
colitis, hervorgerufen durch Infektion mit dem Tuberkelbacillus, welche
häufig für eine maligne Erkrankung gehalten wird. Es handelt sich dabei
um lokalisierte, chronisch hyperplastische Entzündung in der Submucosa,
Muscularis und Subserosa des Darmes mit intestinaler Obstruktion und
lokaler Infektion der Darmwand. Sowohl durch den Augenschein als
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auch mikroskopisch ist die Unterscheidung von maligner Neubildung
sicher zu treffen.
Fall 1. Patient, 49 Jahre alt, litt an intermittierenden Schmerzen
in Epi- und Hypogastrium. Im Hypogastrium bestand eine Schwellung,
die bis zum Nabel reichte und auch bei rectaler Untersuchung im Douglas
zu fühlen war. Mit dem Katheter wurden 5 Unzen Urins abgelassen.
Nach 2 Tagen wurde das Abdomen durch einen Medianschnitt eröffnet;
es fand sich ein grosser Abscess um die Flexura sigmoidea. Nach
4 Stunden Exitus.
Nekropsie. Nirgends Zeichen von Metastasen oder Tuberkulose.
Dünndarm ausgedehnt, Mesenterium ödematös; Coecum durch Gase und
Flüssigkeit dilatiert, Colon im Zustand der Kontraktion, am Ende des¬
selben eine harte Masse, die das Becken ausfüllte; im kleinen Becken
fauliger, gelber Eiter. Die Flex. sigm. durch eine Masse von Gewebe
umgeben, die das Lumen des Darmes in der Ausdehnung von 6 Zoll
verengte. Die Darmwand 8 / 4 Zoll dick mit hauptsächlicher Beteiligung
der 8ubperitonealen Schichte, die blass, hyalin und hart war. Die
Mucosa war glatt, nicht ulceriert. In den Lymphdrüsen reichlich gelber,
stinkender Eiter und grüne Granulationen. Im Douglas fand sich ein
zweiter kleiner, nicht eröffneter Abscess.
Es bestand offenbar eine tuberkulöse Infektion im subperitonealen
Gewebe des Rectums, die sich auf die Flex. sigm. erstreckte und später
zu allgemeiner Peritonitis Veranlassung gab.
Mikroskopischer Befund. Sämtliche Schichten der Darm¬
wand verdickt, am wenigsten die inneren, die Gefässwände und das
Bindegewebe mit Fibroblasten und Rundzellen erfüllt. In der sub¬
peritonealen Schicht ein dichtes, fibrilläres Netzwerk und dazwischen
zahlreiche längliche und ovoide Kerne, die durch Hämatin blau gefärbt
wurden. In geringerer Anzahl fanden sich kleine Rundzellen und ein¬
zelne Endothelien. Gegen die Oberfläche verliefen zahlreiche, neu ge¬
bildete Capillaren. Direkt unter dem Peritoneum war eine Area voll
von Vacuolen, die von verdicktem, fibrillärem Gewebe durchkreuzt wurde.
Unter dem Peritoneum eine dünne Schichte fibrillären Gewebes.
Fall 2. Nekropsie. In der Lungenspitze eine alte tuberkulöse
Narbe. Das Coecum dilatiert, mit Hämorrhagien infiltriert, desgleichen
Dilatation des Colons und der Flex. sigm., an dessen unterem Ende ein
hartes Gewebe, welches das Darmlumen einengte. Die Mucosa glatt,
ohne Ulceration, an der Stelle der Striktur 3 rote, polypöse Massen,
die endlich zu totaler Obstruktion führten. Das neugebildete Gewebe
bestand vornehmlich aus durchscheinendem, blauem, homogenem Material
von harter Konsistenz, stellenweise fettig degeneriert. Von Carcinom
unterschied sich der Tumor: 1. Durch die intakte Mucosa. 2. Fehlen
der submucösen Verdickung und Infiltration. 3. Völlig subperitoneale
Lage des neuen Gewebes. 4. Durch die durchscheinende, cartilaginöse
Struktur. Mikroskopisch war derselbe Befund wie in Fall 1.
Fall 3. 7 Jahre altes Mädchen. Patientin litt an einem Geschwür
in der Vagina, ausserdem bestand in der Vagina eine Fäkalfistel. Um
diese Fistel zur Heilung zu bringen, wurde ein temporärer Anus artific.
angelegt; dabei fand sich die Flex. sigm. in der Länge von 6 Zoll in
eine derbe Masse umgewandelt, das subperitoneale Fett war verdickt und
enorm vaskulär; das Darmlumen war strikturiert und die Submucosa lag
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in diesem Anteile frei, war jedoch nicht verdickt. Das subperitoneale
Gewebe war cartilaginös mit gleichen Veränderungen wie im Falle 2, nur
bestand hier an der Mucosa ein Ulcus. Mikroskopisch zeigte sich ein
übermässiges Wachstum von Bindegewebe in der subperitonealen Schichte
mit reichlichen Leukocyten, Bundzellen und Endothelien. Die Drüsen
zeigten chronische Entzündung. Tuberkelbazillen wurden nicht gefunden.
Die Ueocökalregion ist der gewöhnliche Sitz der Erkrankung, doch
findet man sie auch an der Flex. sigm., Bectum und Ueum, die mesen¬
terialen Drüsen zeigen die Veränderungen der Tuberkulose. Aehnliche
Hyperplasien finden sich im Larynx, an Peritoneum, Pleura, den Gelenken
und Lymphdrüsen.
Pathologie. Es lassen sich 2 Formen unterscheiden: die sub-
mucöse und die subseröse; die letztere ist seltener und schon durch den
Augenschein sofort von einem Neoplasma zu unterscheiden.
Bei der submucösen Form ist das Darmlumen verengt, durch poly¬
pöse Wucherungen können multiple Strikturen auftreten. Ulceration der
Mucoßa kann vorhanden sein und auch fehlen; die Submucosa ist ver¬
dickt und durchscheinend, cartilaginös zum Unterschied vom Neoplasma.
Die Muscularis ist jenseits der Striktur verdickt, am meisten jedoch die
subseröse Schicht, die aus durchscheinendem, blauem oder grünem fibrösem
Gewebe von extremer Härte besteht, umgeben von gelben Partien von
Fettgewebe. Die ganze Masse ist reich an Capillaren und durch den
Fettgehalt gelb gefärbt. Durch sekundäre Infektion kann es zu Abscess
und Gangrän mit Perforation und Peritonitis kommen.
Bei der zweiten Form ist die Subserosa am stärksten verdickt.
Wenn Ulceration auftritt, so betrifft dieselbe ausgedehnte Darmpartien.
Selten sind miliare Tuberkel oder Verkäsung. Bei Carcinom dagegen
findet sich häufig Ulceration und die Verdickung ist eine weniger aus¬
gesprochene.
Histologie. Der Polyp besteht aus einem Kern von infiltrierter,
verdickter Mucosa mit Leukocyten und Bundzellen, darüber eine Epithel¬
schichte. Die Submucosa zeigt Granulation oder verdicktes Bindegewebe
mit zahlreichen, neuen Capillaren, dazwischen Bundzellen und polymorpho-
nucleäre Leukocyten. Auch Muscularis und Subserosa sind verdickt,
daneben bestehen grosse Massen von Fettgewebe, desgleichen besteht
Verdickung der Wand der grossen Gefässe. Häufig finden sich Tuberkel¬
bazillen in grösserer oder geringerer Anzahl, andere Organismen als
Besultat sekundärer Infektion.
Aetiologie. Jede Erkrankung, welche die Besistenzfähigkeit
des Organismus herabsetzt, kann prädisponierend einwirken, die direkte
Ursache jedoch ist der Tuberkelbacillus, der sich in vielen Fällen direkt
demonstrieren lässt; oft finden sich käsige Tuberkulose, Biesenzellen, da¬
neben hyperplastische Anteile, in der Mehrzahl ein alter, chronischer
Lungenherd. Durch verschlucktes Sputum scheint die Infektion auf den
Darm geleitet zu werden.
Klinisches Bild. Die Symptome sprechen oft für Appendicitis
oder chronisch intestinale Obstruktion oder malignen Tumor. Die Haupt¬
symptome sind Kolikschmerzen, Erbrechen, Obstipation oder Diarrhoe,
schleimiger oder blutiger Stuhl. Auch Peritonitis kann unter Umständen
vorgetäuscht werden.
Diagnose. In Betracht kommen: Carcinom, Sarkom, Aktinomykose,
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Appendicitis oder Kottumor. Heredität oder Tuberkulose in anderen
Organen kann die Diagnose sichern, die sonst vor der Operation nicht
mit Sicherheit zu stellen ist.
Behandlung. Ausser operativer Behandlung kommt die gewöhn¬
liche Therapie der Tuberkulose, eventuell Tuberkulininjektionen in Betracht.
Herrnstadt (Wien).
Traumatic rnpture of the intestine. Von William Henry Battle.
The Edinbourgh med. Journ., Juni 1907.
Früher wurde bei jedem Trauma bloss die Diagnose „Contusio“ ge¬
stellt und die schweren Symptome: Anämie, Bewusstseinstörung, wurden
bloss auf Sbock bezogen, bis schliesslich die Obduktion zeigte, dass eine
schwere Schädigung der innerlichen Organe stattgefunden hatte, wie Rup-
tura hepatis, lienis, renis, intestini. — Es wurde daher immer mehr die
Diagnose Contusio eingeschränkt, weniger lang zugewartet und mehr
operativ-therapeutisch vorgegangen. Dazu werden mehrere Fälle berichtet:
1. Ein 14 jähr. Knabe fiel gegen einen Balken, klagte dann über grosse
Schmerzen im Abdomen; Zunahme der Schmerzen, Bauchdeckenspannung,
Temperaturanstieg, Fieber, Pulsbeschleunigung sprachen für Peritoneal¬
reizung. Unter zunehmender Peritonitis ziemlich plötzlicher Exitus. Die
Sektion zeigte eine Perforation des Darmes mit nachfolgender Peritonitis.
2. Ein 24 jähriger Wachmann wird vom Pferde gegen den Bauch
geschlagen und kollabiert ins Spital gebracht; schwerer Shock. Abdomen
schmerzhaft, aufgetrieben, Flankendämpfung. Diagnose: Rupturaintestini.
Operation. Patient starb an Peritonitis. Es fand sich bei der Obduktion
der Darm an etlichen Stellen perforiert, von wo die Peritonitis ihren
Ausgang trotz Yernähung genommen hatte.
Es werden drei weitere Fälle berichtet, die ähnlichen Traumen aus¬
gesetzt waren und bei denen sich ähnliche Befunde post trauma vor¬
fanden. Auch diese drei Fälle starben an nachfolgender Peritonitis.
Auch in der Literatur finden sich nur ungünstige Berichte über diese
Art von Trauma. Leopold Isler (Wien).
Ueber die kombinierte Operationsmethode zur Entfernung von
Mastdarm- und Coloncarcinomen. Von J. Roller. Arch. f. klin.
Chir., Bd. LXXXI, II. T.
Diese Methode wurde vom Verf. bei Mastdarm- resp. tiefsitzenden
Coloncarcinomen 25 mal angewendet mit einer Mortalität von 44°/ 0 , die
sich bei Nichtberücksichtigung der im Alter über 60 Jahre Operierten
auf 33 ü 0 erniedrigt. Bei einzelnen Patienten musste wegen hoch hinauf¬
reichender Drüsen und wegen Verwachsungen mit dem Dünndarm der
coccygeal begonnenen die abdominale Operation angeschlossen werden, in
anderen Fällen wurde, meist wegen hohen Sitzes des Tumors, von vorn¬
herein abdominal begonnen. Bei Frauen geben insbesondere Verwach¬
sungen mit Uterus und Adnexen eine Indikation für die kombinierte
Methode ab. Verf. schildert ausführlich den Gang der Operation, weist
auf verschiedene Komplikationen hin und erwähnt insbesondere das
leichte Einreissen des Darmes beim Vorziehen durch den sacralen Weg.
Die Mortalität ist eine noch relativ hohe und zum grössten Teil durch
die grosse Gefahr der Infektion bedingt. Verf. empfiehlt, mit Gummi¬
handschuhen zu operieren, ferner ist es wichtig, durch Losung der Tampo-
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nade vom 2. Tag an die Wundhöhle zu kontrollieren, weil so eine durch
D&rmgangrän hervorgerufene Sepsis der ersteren verhütet werden könnte.
Eine grosse Gefahr bietet ferner die Durchziehungs- und Invaginations-
methode, weshalb Yerf. mehr die zirkuläre Naht mit Lappenplastik
primär oder sekundär nach Anlegung eines Anus sacralis befürwortet.
Victor Bunzl (Wien).
A study of flve cases of subcutaneous or concealed rupture of
the intestines treated by laparotomy. Von E. W. Andrews.
Surgery, Gynecology and Obstetrics, Juni 1906.
A. hat im Laufe des letzten Jahres 5 Fälle von Darmruptur be¬
obachtet, von denen 2 starben, bevor die Operation vorgenommen werden
konnte. Die 3 übrigen wurden durch Laparotomie geheilt. Bezüglich
des Mechanismus der Darmruptur ist A. der Ansicht, dass der Darm
an das Promontorium angedrückt und entzweigeschnitten wird. Die
Behandlung kann nur eine operative sein und es soll sofort, wenn die
Diagnose gestellt ist, zur Laparotomie geschritten werden. Während der
Operation wird die Bauchhöhle kontinuierlich mittels warmer physio¬
logischer Kochsalzlösung irrigiert, was ausser der mechanischen Reinigung
auch einen stimulierenden Effekt hat.
von Hofmann (Wien).
Mimicry of malignant disease in the large intestine. Von B. G. A.
Moynihan. Lancet, 22. Dezember 1906.
Yerf. stellt 6 Fälle zusammen, in denen die Diagnose auf maligne
Erkrankung durch die Operation nicht bestätigt wurde. Der 1. Fall
betrifft eine 29 Jahre alte Frau, die wegen rectaler Geschwulst operiert
wurde, wobei Rectum und Flex. sigm. entfernt wurden; die Rectal¬
wand war verdickt und das Lumen stenosiert, an der Mucosa weiche
Geschwulstmassen, stellenweise ulceriert, doch keine maligne Erkrankung.
Im Falle 2, der wegen acuter Obstruktion operiert wurde, fand sich ein
Tumor in der Flex. sigm. mit Perforation und lokalem Abscess, offenbar
ein falsches Divertikel der Flex. sigm. Im 3. Falle handelte es sich um
einen entzündlichen Tumor, eine Pericolitis transversa. Der 4. Fall war
ähnlich dem 1. Im Falle 5 bestanden Anzeichen eines Duodenalgeschwüres ;
dasselbe bestätigte sich bei der Operation, doch fand sich daneben ein
faustgrosser Tumor in der Flex. sigm., der aus einer Anzahl falscher
Divertikel bestand, von denen eines perforiert war; die Darmwand war
1 1 j 2 Zoll dick. Fall 6 wiederum betraf einen entzündlichen Tumor der
Flex. lienalis.
Die Aehnlichkeit hyperplastischer tuberkulöser Prozesse im Coecum
und Colon asc. mit Carcinom ist schon bekannt, weniger jene von ent¬
zündlichen Erkrankungen, welche in allen Abschnitten des Dickdarmes
Vorkommen und welche häufig auf falsche Divertikel zurückzuführen
sind. Herrnstadt (Wien).
Winke für die Nachbehandlung der wegen Rectumcarcinoms sacral
Operierten. Von J. Hochenegg. Deutsche Zeitschr. f. Chirurgie,
Bd. LXXXV.
Yerf. weist auf die Wichtigkeit einer richtigen Nachbehandlung der
nach obiger Methode Operierten hin und teilt aus dem reichen Schatze
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seiner Erfahrungen einige Winke mit, die zur Verhütung unangenehmer
Komplikationen dienen sollen. Bei einem zur Vermeidung einer stärkeren
Blutung in Rückenlage gehaltenen Patienten entwickelte sich im An¬
schluss an eine Ruptur der Darmnaht infolge des fest abschliessenden
Verbandes Hautemphysem durch abgegangene Gase, welches Ereignis zur
Nachbehandlung in Seitenlage dringendst auffordert. Ferner lehrt eine
Beobachtung des Verfassers, bei der die anlässlich eines Verbandwechsels
eingenommene Knie-Ellenbogenlage eine durch Platzen eines Abscesses
hervorgerufene Peritonitis zur Folge hatte, dass sowohl obige Lage wie
auch das Hochheben des Beckens, wie es beim Durchzugwechsel gewöhn¬
lich geübt wird, zu vermeiden sind. Die Regel von der Tieferlagerung
des Beckens erfährt nur eine Ausnahme bei venösen Nachblutungen
sowie bei Prolaps von Därmen gegen die Wundhöhle. Von grosser
Wichtigkeit ist es ferner, die Urinentleerung genau zu kontrollieren,
weil es bei sacraler Rectumexstirpation besonders häufig zur Ueberdehnung
der vollen Blase ohne deutliche klinische Dokumentation kommt, die
nebenbei infolge Durchwanderung von Bakterien aus dem Wundraum
zu schweren Cystitiden führen kann. Ein weiteres wichtiges Prinzip in
der Nachbehandlung bildet endlich die Regelung der Stuhlentleerung.
Mit Ausnahme der Fälle von Resektion, bei welchen die eingedickten
Kotmassen die Naht gefährden, ist es zweckmässig, durch Opium den
Stuhlgang in den ersten Tagen zu verhindern, schon deshalb, weil der
eingedickte Kot dem flüssigen an Infektiosität bei weitem nachsteht; ist
aber die Beschmutzung durch flüssigen Kot nicht hintanzuhalten, so
bietet die breite Offenhaltung der Wundhöhle die sicherste Gewähr vor
schädlicher Einwirkung desselben. Victor Bunzl (Wien).
Intestinal worms in the appendix vermiformis. Von JohnHeeker.
Brit. Med. Joum., 16. März 1907.
Bei Entfernung des Appendix fand sich im Lumen desselben ein
Oxyuris vermicularis und nach Eröffnung noch 10 weitere in der Mucosa,
die eine Länge von 1 ] / 2 Zoll hatten; darunter waren 3 männlich, die
übrigen weiblich, daneben fanden sich zahlreiche Eier. Die Mucosa war
kongestioniert.
Es sind Fälle beschrieben, in denen Oxyuris vermicularis und Tricho-
cephalus dispar gefunden wurden, wobei das peitschenartige Ende des
letzteren in der Mucosa eingebohrt war. Durch diese Würmer wird die
Mucosa oft zerstört und, da dieselben infektiöse Organismen sind, die
Ursache für Appendicitis abgegeben. Herrnstadt (Wien).
Experimentelle Stadien Uber Gastroenterostomie, Enteroanastomose
und Darmresektion. Von Pochhammer. Arch. f. klin. Chir..
Bd. LXXXH, 3. Heft.
Ausgehend von dem Bestreben, bei Operationen am Darmtr&ct die
durch Berührung der Schleimhaut bedingte Infektionsgefahr nach Mög¬
lichkeit auszuschalten, hat Verf. durch Experimente an Hunden ver¬
schiedene Methoden zur Erfüllung obigen Zweckes konstruiert. Am
gelungensten erweisen sich die Versuche zur Herstellung der Entero-
anastomose, Gastroenterostomie und der Darmresektion mit Verwendung
einer elastischen Gummiligatur, die vortreffliche Resultate aufweist. —
Da sich diese Methode jedoch nur für solche Fälle eignet, wo auf ein
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sofortiges Freisein der Darmpassage verzichtet wird, hat Verf. noch
andere Methoden ausgearbeitet, die alle darauf hinzielen, ohne Berührung
der Schleimhaut die Anastomose zu Ende führen zu können.
Victor Bunzl (Wien).
ni. Bücherbesprechungen.
Die Behandlung der habituellen Skoliose durch aktive und passive
Ueberkorrektur. Von Lange. Stuttgart, Enke, 1907. 69 Seiten,
58 Abbildungen.
Lange hat eine Anzahl leicht selbst herstellbarer Lagerungsappa¬
rate für Tag- und Nachtbehandlung bei Skoliose konstruiert, die in geist¬
reicher Weise nicht nur die Hauptkrümmung der Skoliose angreifen,
sondern auch den stets mehr oder minder ausgeprägten Kompensations-
gegenkrümmungen Rechnung tragen. Der Hochstand der Schulter, die
Verschiebung des Rumpfes werden gleichfalls berücksichtigt. Den Haupt¬
wert der Behandlung legt Verf. neben dieser passiven TJeberkorrektur, die
auch in Celluloid-Stahldrahtbetten (an Stelle von Gipsbetten) vorgenommen
wird, auf Kräftigung der Muskulatur durch aktive Gymnastik. Zwei
Bedingungen stellt er für die zweckmässige Skoliosenbehandlung:
1. muss die skoliotische Wirbelsäule energisch aktiv und passiv
umgebogen werden (das forcierte Redressement erscheint ihm nicht em¬
pfehlenswert).
2. müssen die Apparate, die zur aktiven und passiven Ueberkorrektur
benützt werden, möglichst einfach sein.
Die Behandlung selbst soll stets vom spezialistisch ausgebildeten
Arzte, nicht von Laien, geleitet werden. Muskat (Berlin).
i
Essai sur la polyarthrite aiguö tuberculense bönigne. Ses appli-
cations 4 la mödecine infantile. Von Emil Junes. Thöse de
Paris, 1906. G. Steinheil.
Bakteriologische Versuche haben ergeben, dass gegenwärtig eine
Klasse von Arthropathien von der grossen Gruppe des artikularen Rheuma¬
tismus losgelöst werden müsse, nämlich jene schwere Form der Poly¬
arthritis, die durch Mikroben verursacht wird; zu dieser Erkenntnis
führte erst das Studium der Tuberkulose und ihrer verschiedenen Mani¬
festationen. Eben diese Form der tuberkulösen Gelenksaffektion liegt
der vorliegenden Arbeit zugrunde, welche in 6 Kapiteln die Geschichte
ihrer Entstehung, die klinischen und anatomischen Studien sowie die
geltenden Theorien behandelt und am Schlüsse eine Zusammenstellung
der gefundenen Tatsachen und der Hypothesen bringt. Im Anhang
ist ein kurzer Bericht über 17 eigene Beobachtungen von Polyarthritis
infantum rheumatischer oder tuberkulöser Natur.
Die Ergebnisse der Forschung sind in 8 Punkte zusammengefasst,
deren Hauptinhalt hier erwähnt sei:
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1. Die Polyarthritis granulosa L ave ran ißt nicht identisch mit Poly¬
arthritis tuberculosa Gübler-Poncet.
2. Das Auftreten der Polyarthrititis tuberculosa ist selten.
3. Die Pathogenese hat zu zahlreichen Diskussionen Veranlassung
gegeben. Jene Anschauung hat den Vorzug, welche eine lokale Aktion
des Koch’schen Bacillus zulässt.
4. Die pathologische Anatomie ist in diesem Punkte noch wenig
gekannt; nach Prof. Bard sollen diese Erkrankungsherde immer die spezifi¬
schen Zeichen des Tuberkelbacillus tragen: mildere Manifestation, eine
tuberkulöse Infektion des Blutes, graugefäxbte Granulationsbildung, Em¬
pfänglichkeit für Heilung.
5. Die lokalen Zeichen entsprechen jenen eineß „Pseudorheumatiß-
raus“ ; die allgemeinen sind in der Kegel sehr milde, manchmal kommt
es im Verlauf der Erkrankung zu einem „Pseudo-rhumatisme visceral-ab-
articulaire“.
6. Die Prognose ist bei geringer Virulenz des K o c h’schen Bacillus
im allgemeinen eine günstige; für den Moment wenigstens ist das Leben
nicht gefährdet.
7. Die Diagnose in bezug auf die Natur der Krankheit ist nicht
schwierig; die Untersuchung der artikularen Flüssigkeit ist oft nur von
illusorischem Werte.
8. Die Behandlung ist vor allem eine lokale. Immobilisierung des
Gelenkes, wodurch in 1. Linie der Schmerz beseitigt wird. Später über¬
wiegt die allgemeine Therapie mit um so grösserem Erfolge, als die
rheumatische Affektion oft als ein „Signe revölateur“ zu betrachten ist.
um eine bestehende latente Tuberkulose zu entdecken, um so mehr, wenn
es sich um Kinder handelt. Herrnstadt (Wien).
Influence de la menstruation sur la tuberculose pulmonaire. Von
Non eher. These de Paris 1906; Kousset öd.
Die Menstruation wirkt entschieden verschlimmernd auf den Verlauf
der Lungentuberkulose ein, und zwar nach verschiedenen Richtungen
hin. Zunächst findet während derselben eine Temperaturerhöhung statt,
ferner treten oft Hämoptoe und ein rascheres Fortschreiten des Lungen¬
prozesses ein.
Verf. weist darauf hin, dass eine Temperatursteigerung während
der Regel bei einer anscheinend gesunden Frau den Verdacht auf eine
beginnende Tuberkulose erwecken muss; jedoch ist dabei nicht zu ver¬
gessen, dass auch ganz gesunde Frauen oft eine prämenstruell ganz
leichte Temperatursteigerung aufweisen (z. B. von 37*2—37*5).
Schrumpf (Strassburg).
Handbuch der praktischen Chirurgie. Bearbeitet und herausgegeben
von Prof. E. von Bergmann und Prof. P. von Bruns. Dritte
umgearbeitete Auflage. V. Band. Chirurgie der Extremitäten. Mit
564 in den Text gedruckten Abbildungen. Stuttgart, Ferdinand Enke.
1907.
Der fünfte Band des Handbuches beginnt mit einer Abhandlung
über die „ Erkrankungen und Verletzungen der Schulter und des Ober¬
armes“ von Prof. F. Hofmeister (Stuttgart) und A. Schreiber
(Augsburg). Von besonderem Interesse ist das Kapitel über die Nerven-
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Verletzungen. Bei Durchtrennung des Nerven halten die Verf. mit Till-
manns im allgemeinen die Unterlassung der Nervennaht für einen
Kunstfehler. Bei grösseren Defekten halten sie das Verfahren der Tu-
bulisation, bei dem beide Nervenenden in eine Bohre (decalcinierter
Knochen, Magnesium, gehärtete Tierarterien) geleitet und so in Ver¬
bindung gesetzt werden, für das beste.
Im zweiten Abschnitt behandelt Prof. M. W i 1 m s (Leipzig) die
„Verletzungen und Erkrankungen des Ellenbogens und des Vorderarmes“.
Der dritte Abschnitt „Verletzungen und Erkrankungen des Handgelenkes
und der Hand“ ist von Prof. P. L. Friedrich (Greifswald) bearbeitet.
In diesem Artikel findet unter anderem das Bier ’sche Stauungsverfahren
Würdigung, doch scheint F. im allgemeinen für ein frühzeitiges opera¬
tives Eingreifen zu sein. Hingegen bezeichnet er die Erfolge der
Bier'sehen Behandlung bei gonorrhoischen Gelenksprozessen als oft
glänzend. Der vierte Abschnitt aus der Feder Prof. A. Hof fa’s (Berlin)
handelt von den „Verletzungen und Erkrankungen der Hüfte und des
Oberschenkels“. Im sechsten Abschnitt bespricht P. Reichel (Chemnitz)
die „Verletzungen und Erkrankungen des Kniegelenks und Unterschenkels“.
Den sechsten Abschnitt bildet eine Abhandlung „Verletzungen und Er¬
krankungen des Fussgelenkes und des Fusses“ von Prof. D. Nasse und
Prof. M. Borchardt (Berlin). Mit diesem Bande findet das grosse
Handbuch seinen Abschluss. Nach den bisherigen Erfolgen ist zu er¬
warten, dass der vorliegenden dritten bald eine vierte Auflage folgen
wird. von Hof mann (Wien).
Inhalt.
I. Sammel-Referate.
Zesas, D. G., Die neueren Forschungen
auf dem Gebiete der Osteomalacie,
p. 801—816.
II. Referate.
A. Knochen, Gelenke.
Howell, C. M. H., A consideration of
some Symptoms which may he produced
by seventh cervical ribs, p. 817.
Koranyi, F., Diagnostischer Wert des
Perkussionsschalles der Wirbelsäule,
p. 818.
Hilgenreiner, Experimentelle Unter¬
suchungen über den Einfluss der Stau¬
ungshyperämie auf die Heilung von
Knochenbrüchen, p. 820.
Frangenheim, P., Ostitis gummosa mit
Spontanfraktur, p. 821.
Couts, J. A., A case of general pneumo-
coccal infection, with acute necrosis of
bone, p. 821.
1 H e d r e n, Ein Amyloidtumor des Knochen-
■ markes, p. 821.
H a b e r e r, H. v., Zur Frage der Knochen¬
cysten und der Ostitis fibrosa v. Reck¬
linghausen, p. 822.
Lex er, E., Gelenkchondrome, p. 822.
König, F., Beiträge zur Gelenkchirurgie,,
p. 823.
B. Leber, Gallenwege.
Campbell-Horofall, Acute yellow
atrophy of the liver following Operation
for intestinal obstruction, p. 823.
Arnsperger, Zur Differentialdiagnose
des Icterus, p. 824.
Emanuel, I. G., A case of congenital
obliteration of the bile ducts in which
there was fibrosis of the pancreas and
of the spieen, p. 826.
Robinson, W., Intestinal obstruction
caused by a gallstone, p. 827.
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848
Peters, G. A., The treatment of gall
stones in the gall bladder and cystic
duct, p. 827.
Kocher, Th. und Matti, H., Ueber
ioo Operationen an den Gallen wegen
mit Berücksichtigung der Dauererfolge,
p. 828.
C. Darm.
Vogel, K., Weitere Erfahrungen über
die Wirkung der subkutanen Injektion
von Physostigmin zur Anregung der
Peristaltik, p. 829.
W e n g 1 o w s k i, R. J., Die anatomische
Begründung der operativen Behandlung
der Leistenbrüche, p. 829.
Lennander, G. K., On abdominal pain
and especially on pain in connection
with „Ileus“, p. 829.
Mummery, J. P. L., A case of volvulus
of the small intestine in a child aged
7 years, p. 830.
Lennander, G. K. t A case of volvulus
of the small intestine at a MeckePs
diverticulum; together with some obser-
vations on „subacute ileus“ and the
performance of gastrotomy for paralysis
of the small intestine, p. 830.
Robinson, W., A case of complete
volvulus of the small intestine, p. 832.
Bidwell, L. A., Intussusception caused
by an inverted Meckel’s diverticulum;
excision and end-to-end anastomosis,
p. 832.
J o y n t, W. G., Intussusception and in¬
testinal ulcers, p. 833.
Ware, E. E. u. Glover, L. G., A case
of intussusception and volvulus occu-
ring at intervals in the same patient,
p- 833.
Williams, W. G., Acute intussusception,
P . 834.
Klemm, P., Ueber die acute Darminvagi-
nation im Kindesalter, p. 834.
Monsarrat, K. W., Simulation of ma-
lignant disease by chronic inflamma-
tory affections of the sigmoid flexure,
p- «3s-
Schulz, C, Atropin bei Ileus, p. 836.
Robson, A. W. M., Duodenal ulcer
and its treatment, p. 837.
Busse, O., Ueber die Entstehung tuber¬
kulöser Darmstrikturen, p. 838.
Holland, J. F., Ueber den tuber¬
kulösen Tumor der Flexura sigmoidea.
P . 838.
Baliance, M. H., Surgical forms of
ileo-coecal tuberculosis, p. 839.
Kidd, F. S., Hyperplastic tuberculoos
pericolitis, p. 839.
Battle, W. H., Traumatic rupture of
the intestine, p. 842.
Roller, J., Ueber die kombinierte
Operationsmethode zur Entfernung von
Mastdarm- u. Coloncarcinomen, p. 84a.
Andrews, E. W., A study of five cases
of subcutaneous or concealed rupture
of the intestines treated by laparotozny,
p. 843.
Moynihan, B. G. A., Mimicry of ma-
lignant disease in the large intestine,
p- 843.
Hochenegg, J., Winke für die Nach¬
behandlung der wegen Rectumcarcinoms
sacral Operierten, p. 843.
Hecker, J., Intestinal worms in the
appendix vermiformis, p. 844.
Pochhammer, Experimentelle Studien
über Gastroenterostomie, Enteroanasto-
mose und Darmresektion, p. 844.
III. Bücherbesprechungen.
Lange, Die Behandlung der habituellen
Skoliose durch aktive und passive Ueber-
korrektur, p. 845.
J u n 6 s, E., Essai sur la polyarthrite aigue
tuberculeuse benigne. Ses applications
ä la medecine infantile, p. 845.
N o n c h e r, Influence de la menstruation
sur la tuberculose pulmonaire, p. 846.
Bergmann, E. v. und Bruns, P.
Handbuch der praktischen Chirurgie,
p. 846.
Um Einsendung von Monographien und Büohern an den Redakteur Professor
Dr. HERMANN SCHLESINGER« Wien, 1, Ebendorferatrasse 10« wird gebeten.
Man bittet, redaktionelle Zuschriften mit dem Adressensusata „Für die Redaktion des
Centralblattes für die Grenzgebiete 44 versehen zu wollen.
Lippert & Co. (G. Patz’sehe Buchdr.), Naumburg a. 6.
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CENTRALBLATT
für die
Qrenzgebiete der Medizin u. Ghirurgie.
Herausgegeben von
I>r. Hermann Schlesinger 9
Professor so der Universität Wien.
Verlag von GUSTAV FISCHER in Jena.
Xe Band.
Jena, 4« Dezember 1907.
Nr. 22.
Das Centralblatt für die Grenzgebiete der Medizin und Chirurgie erscheint in
zwanglosen Heften im Umfange von etwa 3 Druckbogen, die zu einem Bande
vereinigt werden, dessen Umfang 60 Druckbogen betragen wird. Das Abonne¬
ment für das Centralblatt kostet 24 Mark für den Band. — Die Abnehmer
der Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, herausgegeben
von A. von Eiseisberg und B. Naunyn, erhalten das Centralblatt
zum Vorzugspreise von 20 Mark.
L Sammel-Referate.
Die neueren Forschungen auf dem Gebiete
der Osteomalacie.
I. Teil: Aetiologie und pathologische Anatomie.
Von Denis 6. Zesas (Lausanne).
(Fortsetzung.)
Literatur.
134) Heitzmann, Ueber künstliche Hervorrufung von Rachitis und Osteo-
malacie. Wiener med. Jahrbücher 1874. 1
135) Ders., Zur Therapie der Osteomalacie. Allg. Wiener med. Zeitung 1893.
136) Hellier, A case of osteomalacia. The Lancet, London 1895.
137) Hermann, Zur Frage der infantilen Osteomalacie. Ziegler’s Beiträge z.
pathol. Anatomie, Bd. II.
138) Hester, Ein Fall vcn Kastration bei Osteomalacie. Dissert. Leipzig 1894.
139) Hirschberg, Zur Kenntnis der Osteomalacie und Ostitis malacissans.
Ziegler’s Beiträge zur path. Anatomie, Bd. VI.
1401 Hoffa, Kastration bei Osteomalacie. Festschrift „Beiträge zur Geburts¬
hilfe und Gynäkologie. Berlin 1889.
141) Höxter, Beiträge zur quantitativen Harnanalyse bei Osteomalacie. Dissert.
Würzburg 1888.
142) Huppert, Analyse eines osteomalacischen Knochens. Archiv für Heil¬
kunde 1867.
143) Hinrichsen, Ein Fall von Osteomalacie. Dissert. Kiel 1869.
144) Illiger, Ueber Kastration als Heilungsmittel der Osteomalacie. Dissert.
Würzburg 1895.
145) v * Jaksch, Ueber die Alkalescenz des Blutes bei Krankheiten. Zeitschrift
für klin. Medizin 1888.
146) Jones, A case of osteomalacia. Lancet 1899.
147) Ders., Case of osteomalacia. Liverpol med. chir. Journ. 1899.
Centralblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 54
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Original frum
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850
148) Jürgens, Beitrag zur normalen und pathol. Anatomie des menschlichen
Beckens. Virchow’s Festschrift 1891.
149) Kehrer, Ueber Osteomalacie. Deutsche med. Wochenschrift 1899.
150) Kier, To Tilfaelde af Osteomalacie. Kopenhagen 1883.
151) Krajewska, Osteomalacie in Bosnien. Wiener med.Wochenschrift 1900.
152) Kezemarsky, Ein neuer Fall von Erweiterung des ost Beckens während
der Geburt. Archiv f. Gynäk., Bd. IV.
153) Kilian, Das halisterische Becken in seiner Weichheit und Dehnbarkeit.
Bonn 1857.
154) Kleinwächter, Zur Frage der Kastration als heilender Faktor der
Osteomalacie. Zeitschrift für Geburtshilfe und Gynäkologie, Bd. XXXI.
155) Koeppen, Ueber osteomalacische Lähmungen. Archiv für Psychiatrie,
Bd. XXII, Heft 3.
156) Kok, Ein Fall von Osteomalacie. Dissert. Marburg 1892.
157) Kosminski, Ueber puerperale Osteomalacie mit Berücksichtigung der
Phosphortherapie. Przeglad lekarski 1896.
158) Kummer, Kastration bei Osteomalacie. Centralbl. f. Gynäk. 1893.
159) Klein, Osteomalac. puerperalis cerea. Centralbl. f. Gynäk. 1894.
1601 Lambert, Mercure galant 1700 .
161) Levacher de la Feutrie, Trait6 du Rachitis. Paris 1772.
162) Letulle und Peron, Osteomalacie chez un homme de 39 ans. Bull.
soci£t6 anatom. 1897.
163) Le ja, Kaiserschnitt bei osteom. Becken. Centralbl. f. Gynäk. 1898.
164) Leopold, 25 erhaltende Kaiserschnitte. Archiv, f. Gynäk., Bd. XXXIV.
165) Litzmann, Die Formen des Beckens nebst einem Anhang über die
Osteomalacie 1861.
166) Loehlein, Die Porro’sche Operation bei Osteomalacie. Deutsche med.
' Wochenschrift 1891.
167) Ders., Geburtshilfl. Therapie bei Osteomalacie. Deutsche med. Wochen¬
schrift 1891.
Ib8) Ders., Erfahrungen über den Wert der Kastration bei Osteomalacie.
Berlin 1894.
169) Labusquiöre, Du traitement de 1 *osteomalacie. Annales de gyn6cologie*
Bd. XXXIX.
170) Langendorff und Mommsen, Beitrag zur Kenntnis der Osteomalacie.
Virchow’s Archiv, Bd. LXIX.
171) Latzko, Ueber die Osteomalacie. Allg. Wiener med. Zeitung 1893.
172} Ders., Ueber den Einfluss der Chloroformnarkose auf die Osteomalacie.
Wiener klin. Wochenschrift 1894.
173) Ders., Diagnose und Frequenz der Osteomalacie. Monatsschrift ftir Ge¬
burtshilfe und Gynäkologie 1895.
174) Läufer, Zur Pathologie und Therapie der Osteomalacie des Weibes.
Centralblatt für die Grenzgebiete der Medizin und Chirurgie 1900.
175) Littauer, Zwei Fälle von Osteomalacie. Med. Gesellschaft zu Leipzig 1899.
176) Ders., Pathogenese und Therapie der Osteomalacie. Therapeutische
Monatshefte 1900.
177) Löh lein, Zur Frage von der Entstehung der puerperalen Osteomalacie.
Centralbl. f. Gynäk. 1894.
178) Levy, Chemische Untersuchungen über osteomalacische Knochen. Zeit¬
schrift für physiol. Chemie 1894.
179) Lyobovich, Osteomalacia, its pathogenesis und cases. Vrach Zapinski.
Moskau 1895.
180) La Torre, Dell’ etiologia e cura dell’ osteomalacia da un nuovo punto^
di vista. Annali di obstetr. Milano 1893.
181) Latzko, Zur Phosphortherapie bei Osteomalacie. Allg. Wiener med.
Zeitung 1894.
182) Ders., und Schnitzler, Ein Beitrag zur Organtherapie bei Osteomalacie.
Deutsche med. Wochenschrift 1897.
183) Labusqui&re, De la nature et des traitements de l’osteomalacie.
Annales de Gyn. Paris 1895.
184) Masing, Zur Kasuistik der diffusen Osteomalacie. Petersburger med.
Wochenschrift 1895.
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851
185) Meyer, Ueber einen Fall von nicht puerperaler Osteomalacie. Centralbl.
f. Gynäk. 1890.
186) Morpurgo, Eine infektiöse Form der Osteomalacie. Acad. zu Siena.
März 1900.
187) Moses, Osteomalacie mit Hydromyelus. Berliner klin. Wochenschrift 1883.
188) Messlay, De l’ost^omalacie. Gaz. des höpitaux 1897.
189) Ders., Un cas (T osteomalacie chez une hllette de 15 ans. R^vue mens,
des malad, de l’enfance XIII.
190) Moore, A case of osteomalacia. St. George’s Hosp. Reports. 1871—1872.
(Schluss der Literatur folgt.)
Hoennicke 884 ) hat kürzlich der Osteomalacie eine neue
Pathogenese zuerkannt, iudem er die Affektion auf eine primäre
Erkrankung der Schilddrüse zurückführt. Bei einem
47 jährigen Manne beobachtete er zugleich Morbus Basedowii und
Osteomalacie und die Sektion ergab: „Herzdilatation, Struma und
vor allem: Schädelknochen sehr dünn, leicht und morsch, gut schneid¬
bar. Dünne Corticalis, breite Diploe. Die Rippen waren sehr biegsam
und Hessen sich bei weiterem Biegen brechen, ohne zu knacken. Mit
dem gewöhnlichen Organmesser Hessen sie sich leicht in Scheiben
und Späne schneiden wie faules Holz. Sehr dünne Corticalis,
reichliches, dunkelrotes Mark. Der herausgenommene rechte Femur
zeigte eine dünne CorticaUs und reichliche Spongiosa. Das Mark
war bräunlichrot, matsch. Auch der Femur liess sich mit dem
Messer schneiden, wenn auch nicht so mühelos wie die übrigen
Knochen. Das Becken zeigte keine auffallenden Veränderungen in
der Form. Nirgends Auftreibungen und Tumoren. — Aehuliche
Fälle sind von Koppen, von v. Recklinghausen und von
Haemig beobachtet, doch die beiden Affektionen nicht in ursäch¬
lichen Zusammenhang gebracht worden. Hoennicke ist nun
weiter gegangen und hat festgestellt, dass die Osteomalacieendemien
alle in Kropfgegenden herrschen. Denkt man sich Deutschland
durch eine von NW nach SO gehende Diagonale getrennt, so hat
man südwestlich die Kropfgebiete und die Osteomalaciegebiete, nord-
östüch sind Kröpfe selten und es fehlt im allgemeinen die Osteo¬
malacie. An der Hand des reichen Würzburger Osteomalacie-
materials hat Hoennicke die Frage der Beziehungen der Osteo¬
malacie zur Schilddrüse zu beantworten versucht. Bei seinen klini¬
schen Nachforschungen fand er:
Osteomalacie mit Morbus Basedowii 1 mal,
„ „ ziemlich grosser Struma 3 „
„ „ massiger Struma
„ „ kleiner Struma
„ „ Thyreoiditis
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15 „
2 „
1 *
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ohne Struma aber mit thyreogenen Symptomen und Stroma in der
Familie 7 mal, ohne Zeichen, die auf krankhafte Beschaffenheit der
Schilddrüse deuteten, 1 mal.
Bei der Mehrzahl der Kranken bestanden Kongestionen, Zittern,
Schwindel, Herzklopfen, Durchfalle, Neigung zum Schwitzen und
Durst. „Zufällig ist die grosse Häufigkeit kranker
Schilddrüsen bei Osteomalacie nicht“, schreibt Hoen-
nicke, „denn es ist auch nicht zufällig, sondern ge-
setzmässig, dass die Osteomalacie geographisch ein
Begleiter des Kropfes ist.“ „Die Annahme einer primären
Erkrankung der Schilddrüse“, fügt Hoennicke bei, „macht
die ganze Symptomatologie der Osteomalacie verständlicher; der an¬
erkannte Einfluss auf das Einochensystem, welcher der Schilddrüse
physiologisch und pathologisch zukommt, beim Knochen Wachstum,
beim kongenitalen und infantilen Myxödem, Kretinismus, bei der
Frakturheilung (Steinlin, Hanau, Hofmeister, Bayon) und
bei der Frakturentstehung (Girard) ist ein überzeugendes Argu¬
ment hierfür“. Die Erfolge der Kastration bei der Osteomalacie
erklärt Hoennicke folgenderweise: „Ich halte es für wahrschein¬
lich, dass Schilddrüse und Eierstock in ihrer physiologischen Tätig¬
keit zum Teil mit gleichen Stoffen arbeiten (nicht in gleicher Weise).
Eirankheit der Schilddrüse — im höchsten Grade die der Osteo-
malacie zugrunde liegende Störung — stört den Phosphorstoffwechsel
wahrscheinlich in der Form erhöhten Phosphorverlustes und führt
zur Osteomalacie. Unter diesen Umständen wirkt die übrigens
physiologische Tätigkeit der Ovarien verschlimmernd, bzw. für d»s
klinische Erscheinen auslösend. Bei der Gravidität kommt hierzu
das Moment des Materialverbrauchs durch den Fötus. Beseitigung
der physiologischen Eierstockstätigkeit muss danach folgerichtig je
nach dem Grade der Thyreoideaerkrankung sowie nach Massgaie
der sonstigen einer Heilung günstigen Bedingungen Stillstand oder
Besserung in die Wege leiten, kann aber auch versagen, und zwar
nach der Richtung, wenn entweder die Erkrankung der Schilddrüse
zu schwer oder die physiologische Stoffwechselleistung der Ovarien
erheblich reduziert und mehr oder weniger belanglos ist.“
Pommer 206 ), Warschau u. a. führen die Osteomalacie auf
eine nervöse Stoffwechselstörung zurück, die dem Knochen
die Fähigkeit benimmt, Kalksalze festzuhalten. Die Osteomalacie
wäre demgemäss die Wirkung eines ausserhalb des Knochens wur¬
zelnden Prozesses, welcher von Pommer in das Centraluerven-
system verlegt wird. Beweisführende Merkmale fehlen dieser
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853
Theorie; die bei der Osteomalacie mitunter beobachteten Störungen
des Nervensystems deuten keineswegs auf eine primäre Erkrankung
desselben bin.
Gestützt auf einen Osteomalaciefall, bei welchem die Knochen¬
affektion mit einer bedeutenden Magendilatation verbunden
war, nahm Comby 826 ) an, dass die Osteomalacie möglicherweise
das Ergebnis „mangelhafter Ernährung“ einerseits und „abnormer
Permentbildung“ andererseits s**in könnte.
Die Bolle der Heredität ist bei der Osteomalacieätiologie
noch nicht festgestellt. Einzelne diesbezüglich existierende positive
Beobachtungen (4 Fälle im ganzen!!) können wohl nicht schwer¬
wiegend in die Wagschale fallen.
Alle die herrschenden, eben angeführten Theorien sind nicht ge¬
eignet, eiue Einigung in der Pathogenesefrage der Osteomalacie
herbeizuführen, so dass das Feld der Hypothesen noch offen steht!
Vielleicht bleibt es auch hierin der Bakteriologie Vorbe¬
halten, eine befriedigende ätiologische Erklärung der Osteomalacie
zu liefern. Forschungen in dieser Sichtung sind schon seit geraumer
Zeit gemacht worden. Schon im Jahre 1886 beschrieb Zürn 88 *)
einen Mikroorganismus, den er im Knochenmarke malacischer
Knochen beobachtete; seine Angaben fanden jedoch keine nach¬
trägliche Bestätigung (Birch-Hirschfeld, Fehling). Auch
Kehrer 14 ®) neigt sich der infektiösen Theorie zu, wenngleich
positive Ergebnisse in diesem Sinne nicht verzeichnet sind. (Selig¬
mann 241 ), Herty, Truzzi.) Morpurgo 186 ) berichtete jedoch
kürzlich über das epidemieartige Auftreten von Osteomalacie
bei weissen Versuchsratten. Aus den Organen des erkrankten Tieres
züchtete er einen Diplococcus, dessen Einimpfung bei
alten Ratten eine teils der Osteomalacie, teils der
fibrösen Ostitis, bei jungen Ratten eine der Rachitis ent¬
sprechende Kuocheukrankheit erzeugte. In dieser Beziehung ist
auch eine Beobachtung Fischer’s, der in der Familie einer osteo-
malacischen Frau typische Krankheitssymptome bei deren Mann und
Rachitis bei eiuem Kinde konstatieren konnte, von Wert. Die
„infektiöse Theorie“ dürfte am ehesten mit der Gesamterfahrung
in Einklang stehen und uns das Wesen der Affektion am unge¬
zwungensten erklären. Doch auch hier sind weitere Forschungen
nötig, um den infektiösen Ursprung zu begründen und festzustellen,
ob hei der Osteomalacie ein spezifischer Mikroorganismus
in Frage kommt oder ob wir es vielmehr mit einer Fern¬
wirkung von Toxinen verschiedenen Bakterien, die den
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854
Knochen zur Erweichung bringen, zu tun haben. Auffallend ist es,
dass in der Anamnese von Osteomalaciekranken nicht so selten
vorangegangene Infektionskrankheiten, wie Puerperal¬
fieber, Typhus, Scharlach, Influenza, Pneumonie, Rheumatismus,
Syphilis und Gonorrhöe angeführt werden.
Pathologische Anatomie.
Der ursprüngliche Begriff der Osteomalacie stützte sich wesent¬
lich auf das makroskopische Verhalten: die Knochen sind
bei der Osteomalacie weich, leicht schneidbar, biegsam, federnd und
in vielen Fällen auch brüchig. Die Knochen fühlen sich häufig
ausserordentlich fett an. Kilian 168 ) unterscheidet 2 Osteomalacie-
formen: die Osteomalacia fracturosa psatyra und die Osteomalacia
cerea cohaerens oder apsatyra; doch hat man erkannt, dass irgend
ein prinzipieller Unterschied in den beiden Formen nicht existiert.
Die älteren Autoren beschrieben noch eine Osteomalacia rubra und
flava, je nachdem sie Mark und Spongiosa hyperämisch und ekchy-
mosiert oder blutleer und stark fetthaltig fanden. Die Farbe ist
gewöhnlich mehr gelblich, ähnlich derjenigen gelben Wachses, und
das spezifische Gewicht osteomalacischer Knochen ver¬
mindert (0,721 statt 1,877). Auf dem Durchschnitt zeigt sich
schon makroskopisch ein „Minus von Knochengewebe“, die Mark¬
höhlen sind auf Kosten der stark reduzierten Knochensubstanz er¬
weitert, letztere selbst erscheint rarefiziert, d. h. lockerer gebaut,
spongiös, wo sie kompakt sein sollte, und nur in Spuren vorhanden,
wo normal schwammiger Bau zu erwarten war. Der so geschaffene
Raum ist von Mark eingenommen und in manchen Fällen sind
grössere cystische, mit Flüssigkeit gefüllte Hohlräume im Inneren
der ursprünglichen Markhöhle vorhanden. In sehr schweren Fällen
fehlt stellenweise der Knochen ganz und das Periost bildet einen
Schlauch. Unter den anatomischen Veränderungen des malacischen
Knochens begegnen wir einer beträchtlichen Armut der Tela ossea an
Kalk, infolge deren alle oder die meisten Binnenräume und Ober¬
flächen mit einer dicken „osteoiden“ Schicht bedeckt sind, und
ferner einer auffallenden Porosität des Knochens, einer Atrophie des
Knochengewebes, welche die kompakte Rinde porös macht und die
Markräume des Knochens auf Kosten der Spongiosa vielfach mit
weichem Mark erfüllt und zum Teil, wie bereits angedeutet, cystisch
umwandelt.
Einen Hauptstreitpunkt in der Lehre von den pathologischen
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855
Veränderungen bei der Osteomalacie bietet die Frage, wie die bei
•der klassischen Hämatoxylin-Karminfärbung sich rot tingierenden
osteoiden Säume aufzufassen sind. Fast alle Theorien der
Entstehung der Krankheit, schreibt Schnaidt* 40 ) in seinem vor¬
züglichen Referat, das wir der folgenden Darstellung in vieler Be¬
ziehung zugrunde legen, sind von dem Standpunkt aus aufgestellt
worden, dass die kalklosen Säume alte entkalkte Sub¬
stanz seien — daher die Bezeichnung Kilians „Halisterese“
— welche allgemein galt, bis Cohnheim, Mommsen, Pommer,
Kassowitz, Birch-Hirschfeld, Hanau u. a. die Ansicht
aufstellten, dass dieselben neuangelagertes aber unverkalkt
gebliebenes Gewebe darstellen. Entscheidend in dieser
Frage wirkte die Entdeckung der „Gitterfiguren“ im malacischen
Knochen durch v. Recklinghausen**•), weil hierdurch ein neues
Merkmal der Halisterese geschaffen wurde. Die Gitter im
«ngsten Sinne stellen ein durch bestimmte Methoden der Gasinjek¬
tion zur Anschauung zu bringendes Kanalsystem neben den Knochen¬
körperchen und ihren sternförmigen Ausläufern dar, welches in der
Grundsubstanz liegt. „Sie stehen im engsten Zusammenhang mit
der von v. Ebner entdeckten fibrillären Struktur des Knochen¬
gewebes und bilden sich analog der asbestartigen Degeneration des
Knorpels durch eine Zerfaserung der kalklosen lnterzellularsubstanz
des Knochens in ihre Elementarteile, sind richtige Interfibrillär¬
spalten. Entsprechend dem Wechsel in der Anordnung der Knochen¬
fibrillen bieten auch diese luftgefüllten luterfibrillärräume je nach
der Lokalität verschiedene Bilder dar, im einfachsten Falle parallele
steife, stäbchenförmige Linien, „einläufige Gitter“, so besonders an
der Wand der Gefässkanäle, andere Male recht- oder spitzwinklig
gekreuzte Gitter. Sind sie im allgemeinen unabhängig von den Aus¬
läufern der Knochenkörperchen, so lassen sich doch oft genug Ver¬
bindungen zwischen beiden feststellen, wenn die Kanälchen eine Er¬
weiterung eingegangen sind, und schliesslich können die Leiber der
vergrösserten Knochenkörperchen selbst mit in dichtstehende Gitter¬
bildungen eingezogen werden und letztere dann netzförmig verbundene
Spältchen enthalten. Die Figuren, die man im lebenden Zustand
mit Flüssigkeit gefüllt sich denken muss, liegen an Stelle der Kalk¬
salze und der Kittsubstanz, können also nur in einem gleichzeitigen
Mangel beider Bestandteile begründet sein. v. Recklinghausen
sieht in ihnen den Ausdruck einer rückgängigen Metamorphose, einer
Halisterese, welche zunächst ein Zusammenfallen und eine Ver¬
schmelzung der Ränder des Testierenden Grundgewebes zu der hya-
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856
linen osteoiden Substanz folgen. So fallen die Gitter nie anf die
kalkfreie Zone, sondern auf die Grenze von kalkhaltiger und kalk¬
loser Substanz, in welcher noch ein relativer Ealkgehalt und damit
eine gewisse Steifigkeit das Zusammenbacken der gebildeten Spalten
hindert, auf dieselben Stellen also, an denen Pommer die körnig-
krümelige Beschaffenheit des Zwischengewebes fand, die er auf un-
gleichmässige Ablagerung der Kalksalze zurückführt; vermutlich
rührt das eigentliche Aussehen von der Existenz der Gitter her.
Im weiteren Verlauf der Veränderung tritt nach v. Reckling¬
hausen ein Schwund des osteoiden Gruudgewebes ein, nicht durch
lakunäre Resorption, nur unter Auftreten perforierender Kanäle,
hauptsächlich aber durch einfache Abschmelzung vom freien Räude
her. Mit dieser Auffassung steht es in bester Harmonie, dass Apo-
lant, welcher die Gitterfiguren auch in destruierenden Knochen¬
tumoren nachwies, sie durch künstliche Eutkalkung normaler Knochen
erzeugen konnte, und zwar sowohl die aus Erweiterung der präfor-
mierten Knochenkörperchen und Kanälchen hervorgehenden als
auch die den Interfibrillärspalten entsprechenden“ (Schmidt).
Hanau hat entgegen der Auffassung v. Recklinghausen den
Gitterfiguren eine andere Deutung gegeben und sie als den
Ausdruck eines mangelhaften Kalkgehaltes über¬
haupt aufgefasst, welcher nachweislich auf unvollkommener Kalk¬
ablagerung beruhen könne und auch allgemein wohl eher auf diese
als auf Kalkentziebung zurückzuführen sei. Die Beweisführung
Han au’s liegt wesentlich darin, dass er reichliche Gitter bei der
Bogenannten „physiologischen Osteomalacie“ Schwangerer fand, und
zwar an der Grenze der breiten osteoiden Zonen, welche in grosser
Zahl subperiostal und auf der Wand der Markräume, Havers’schen
und perforierenden Kanäle liegen und deshalb als neugebildet an¬
gesehen werden, weil ihre Ausbildung mit einer besonders dicken
und exquisit kalklosen Beschaffenheit des Osteophyts am Schädel¬
dach Hand in Hand geht, auch der direkte Zusammenhang der
letzteren mit der Auskleidung der an der inneren Schädelfläche sich
öffnenden Knochenkanäle nachweislich vorhanden ist. „Dieser Be¬
weis ist für sich nicht zwingend, da die Angaben bezüglich der
Dauer des Puerperiums in den betreffenden Fällen fehlen und so
kein Urteil darüber ermöglicht ist, ob die neuentstandenen Knochen-
anlagerungen nicht schoD wieder in der Rückbildung und Eutkal¬
kung begriffen waren; für diese Annahme spricht Han au’s An¬
gabe, dass er nur selten Osteoblasten auf den kalkfreien Zouen fand.
Schwer vereinbar mit Hanau’s Theorie wären die trotz Bert-
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schinger’s Zweifel bestehenden Befunde v. Recklinghausen’s,
dass die Gitterfiguren nicht ausschliesslich an der Grenze kalk¬
haltiger und kalkloser Knochensubstanz auftreten, sondern auch in¬
mitten ersterer, fern von osteoiden Lagern: so in der Achse harter
SpoDgiosabälkchen, ferner in der Compacta an den Grenzlinien der
Lamellen alter Havers’scher Systeme, welche sie in ganzer Zirkum-
ferenz voneinander unter Herstellung von den als „vaskuläre Streifen“
erscheinenden Interlamellärspalten ablösen können, oder in den
Schaltlamellen. Es fallen mit dieser Art der Lamellierung offenbar
die Bilder zusammen, aus denen Roloff schloss, dass die Gewebs-
schmelzung zwischen den Lamellen rascher fortschrcitet, als sie
dieselben durchdringt, und zur Auflösung grosser Plättchen führt,
ferner diejenigen, welche Kassowitz als „lineäre“ Schmelzung be¬
zeichnet. Ein weiteres Bedenken gegen Hanau’s Auffassung liegt
darin, dass nach v. Recklinghausen die in der Bälkchenachse
entstandenen Gitterzüge durch Verbindung mit Markräumen Zellen
eintreten lassen und schliesslich zu Gefass- und Markkanälen werden.
Zudem kommt die von v. Recklinghausen als Zeugnis der
regressiven Metamorphose herangezogene Tatsache, dass die durch
die Gitterfiguren ausgezeichneten kalklosen Zonen osteomalacischer
Knochen von dem mit Sharpey’schen Fasern verseheuen, also sicher
neugehildeten osteoiden Gewebe sich dadurch unterscheiden, dass
sie viel ärmer an Knochenkörperchen und Kanälchen und diese
blass und verwachsen sind und keine deutlichen Zellen hervortreten
lassen. Die von Bertschinger vermisste Wiederlegung der Pom¬
mer 'sehen Ansicht, dass solche Bilder durch die Schnittrichtung
bedingt seien, liegt darin deutlich ausgesprochen, dass auch bei
stärkster Gasfüllung die Knochenkörperchen der gänzlich kalkfreien
gegen die der gitterführenden Substanz abgeschlossen erscheinen,
und vor allem darin, dass v. Recklinghausen in ganzen, nicht
geschnittenen Knochenblättchen Bruchstücke von Verzweigungen der
Knochenkanälchen nach wies, deren Verbindungen mit den Knochen¬
körperchen aufgehoben waren. Beurteilt man somit die osteoiden
Lager von dem Standpunkte aus, dass die Gitterfiguren einen Ent-
kalkurigsprozess anzeigen, so ergibt sich, dass bei der echten Osteo-
malacie diese entkalkten Säume gegenüber den neugebildeten an Zahl
weit überwiegen. Mit dieser alten und neubefesiigten Auffassung
harmonieren anderweitige rein anatomische Tatsachen: Für die
in allen stärkeren Fällen der Krankheit ausgebildete Atrophie der
Tela ossea musste Cohnheim von seinem Standpunkt aus eine
abnorm erhöhte lakunäre Resorption zur Erklärung heranziehen,
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858
welche durch die Anbildung neuer osteoider Substanz nicht völlig
ausgeglichen werden könne. Cohnheim leitete seine Theorie nicht
von eigenen Beobachtungen ab, die genaueren Untersuchungen an¬
derer aber, welche sich auf diesen Punkt richteten, haben ergeben,
dass im osteomalacischen Knochen die Osteoklasten in derselben
Verbreitung wie im normalen erwachsenen (Pommer) oder sogar
auffallend spärlich (v. Recklinghausen) Vorkommen, ferner aber
auch, dass Osteoblasten in viel zu geringer Zahl vorhanden sind,
als dass sie die grosse Ausbreitung der Karminzonen als neuappo-
nierter Gewebe zu erklären vermöchten. Wo dennoch unzweifelhafte
Zeugnisse für die Neuanbildung mancher osteoider Lager vorliegen,
da wird durch die erwähnten Mitteilungen v. Recklinghausen’s,
dass regelmässig im Laufe der Osteomalacie auch eine solche Pro¬
duktion von kalklos bleibenden Knochen stattfindet, genügende Er¬
klärung gegeben und es liegt kein Anlass vor, von solchen Stellen
einen Schluss auf die gesamten osteoiden Zonen zu ziehen. „Bisher
scheint die alte und durch v. Recklinghausen noch
bedeutend bestärkte Anschauung, dass die Weichheit
der osteomalacischen Knochen im wesentlichen auf
Kalkberaubung beruht, nicht erschüttert“ (Schmidt).
Die grossen Markräume entstehen nach der Theorie der Halisterese
auf Kosten der Tela ossea dadurch, dass die kalklos gewordene
Substanz vom Rande her abschmilzt, zum geringeren Teil auch unter
Auftreten perforierender Kanäle schwindet; indem letztere sowie die
entsprechenden Iuterlamellärspalten sich mit Fett- oder Lymph-
mark füllen, kommt die Porosität der malacischen Kuochen zustande
(Schmidt). Das Schmelzungsprodukt, welches von Rindfleisch
und Senator als schleimig, von Durham und Steiner als
körnig bezeichnet worden ist, lässt sieb im anstossenden Markgewebe
nicht nachweisen; eine Umwandlung der entkalkten osteoiden Sub¬
stanz in faseriges Bindegewebe oder Gallertmark spielt dabei wohl
nicht die ausgedehnte Rolle, die Rokitansky, Virchow, Weber
u. a. annehmen, obschon nach v. Recklinghausen Bilder dieses
Ueberganges in faseriges Gewebe neben denen der einfachen Auf¬
lösung Vorkommen (Schmidt).
(Schl&ss folgt.)
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Original frum
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n. Referate.
A. Gefässe, Blut.
Beiträge zur Pathologie des Aneurysmas der Arteria hepatica
propria. Von J. Bickhardt und E. Schümann. Deutsches
Archiv f. klin. Medizin, Bd. XC, 3./4. Heft.
Seitdem Kehr über einen Fall von erfolgreicher Unterbindung der
Arteria hepatica propria wegen Aneurysmas berichtet hat, hat unser In¬
teresse an der Möglichkeit einer richtigen Diagnose dieser seltenen Affek¬
tion zugenommen. Verf. besprechen an den Krankengeschichten zweier
einschlägiger Fälle, die nicht nur klinisch, sondern auch pathologisch
anatomisch eingehend studiert wurden, die Symptomatologie und Differen¬
tialdiagnose des Leberarterienaneurysmas. Eine Anzahl von Fällen, die
fast alle sehr rasch zum Tod führen, verlaufen ohne jedes auf das Aneu¬
rysma und seine Folgeerscheinungen deutendes Symptom. Sind jedoch
Symptome vorhanden, so ist die konstanteste Krankheitserscheinung ein
Schmerz vom Typus bei Gallensteinkoliken. Die Schmerzen setzen
meist heftig ein und können dann mehr oder minder rasch wieder
abklingen, bis nach einer eventuell mehrere Monate betragenden Zwischen¬
pause eine neue Schmerzattacke folgt. Von eigentlichen Kolikschmerzen
(Bleikolik) unterscheiden sie sich dadurch, dass die schmerzhafte Stelle
mehr weniger stark auf Druck empfindlich ist. Das zweithäufigste
Symptom ist Icterus, der nicht selten recidiviert, und Blutungen in den
Digestionsapparat; auch diese recidivieren häufig und führen nur selten
acut zum Tode. Die direkte Perforation des Aneurysmas in den Ver¬
dauungstrakt ist selten und führt natürlich zu sehr profusen Blutungen.
Eine Anschwellung der ganzen Leber sowie eine deutliche Schwellung
der Gallenblase werden häufig beobachtet. Ausser diesen mehr indirekten
Symptomen können noch direkte Erscheinungen des Aneurysmas hinzu¬
kommen, wie ein mitgeteilter Fall der Verf. zeigt. Unter diesen ist
zuerst eine palpable Geschwulst zu nennen, die anfangs als eine derbe,
von der Umgebung nicht abgrenzbare Erhebung erschien, später sich
aber als ein mit Flüssigkeit gefüllter Sack herausstellte. Pulsationen
waren erst in der allerletzten Zeit fühlbar. Weiters bestand ein auf¬
fälliger Wechsel der fühlbaren Wandspannung, und zwar erfolgte die
Zunahme der Spannung im Anschluss an eine Blutung. Weiters fanden
die Verf. als direktes Aneurysmasymptom ein pulssystolisches Blasen
über dem Tumor. Das Geräusch war streng über dem Tumor lokalisiert
und wurde bis zum Tode des Kranken gehört.
Aetiologisch waren beide Fälle zu den mykotischen Aneurysmen zu
rechnen, besonders der eine Fall ist als ein Aneurysma tuberculosum
ein Unicum. Raubitschek (Wien).
Aneurisma inguinale. Estirpazione. Gnarigione. Von Scurati.
Clin, chirurg., 31. März 1907.
Bei dem 37 Jahre alten Patienten bestand 6eit 7 Monaten eine
pulsierende Geschwulst in der rechten Inguinalgegend, die langsam an
Grösse zunahm, im Beginne nur zeitweise, in den letzten Tagen konti¬
nuierliche Schmerzen verursachte. An der Herzspitze bestand ein systo-
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lisches Geräusch. Die Haut über dem Tumor war leicht gerötet, vom
Tumor abhebbar, der Tumor hatte die Grösse eines Strausseneies, war
elastisch und beweglich; der grössere Teil lag unter dem Arcus cruralis,
der Pol erstreckte sich mehrere Querfinger über denselben hinaus. Die
Pulsation war synchron mit dem Radialpuls, bei Druck mit dem Stethoskop
entstand ein systolisches Geräusch; bei Kompression der Iliaca externa
blieb die Pulsation bestehen. Beim Vergleich des Pulses der Tibial.
post, erweist sich der rechte als schwächer und etwas retardiert. Die Be¬
weglichkeit des Beines war nach allen Richtungen frei. Der grösste
Durchmesser des Tumors war 11 cm, unter dem Bogen 7 1 /* cm, darüber
3 Vs «m-
Operation. Inzision der Haut und Durchtrennung der Art. fern,
zwischen 2 Ligaturen. Der Aneurysmasack kann wegen Adhärenz an die
Vena fern, nicht völlig exstirpiert werden. Trotz Ligatur der Iliaca extern,
persistiert die Pulsation; erst nach Unterbindung der Femor. prof. sistiert
dieselbe. Bis auf einen kleinen adhärenten Anteil wird der Sack ex-
stirpiert, sodann die Circumflexa iliaca, die Epigastr. und die Subcut.
abdomin. ligiert. Die Wunde wird bis auf eine kleine Stelle für die
Drainage geschlossen. Nach 4 Wochen konnte Patient das Spital ver¬
lassen.
Mikroskopischer Befund. Das Endothel völlig zerstört, die
Tunica media normal dick und aus kompaktem Bindegewebe zusammen¬
gesetzt, darin nur vereinzelte, elastische Fasern und zahlreiche Vasa
vasorum, einzelne zeigen in der Umgebung kleinzellige Infiltration, hier
und da kleine Hämorrhagien. Die Adventitia war normal.
Patient hatte im Sulc. praeputialis eine Narbe nach Sklerose, Autor
hält den Zusammenhang des Aneurysmas mit dieser Affektion für zweifellos.
Was die Etablierung eines collateralen Kreislaufes an belangt, so kann
dieselbe bei Obliteration oder Resektion der Art. femor. als komplett
bezeichnet werden. Es entstehen successive Anastomosen der Ischiadica,
der Circumflexa und jener oberflächlichen Arterien, die von der Poplitea
abgehen. Herrnstadt (Wien).
Spont&neous aneurysm of the popliteal artery treated by exstir-
pation. Von H. A. Lediard. Lancet, 14. September 1907.
Verf. berichtet über 17 Fälle von Poplitealaneurysma, von diesen
waren 13 spontan und wurden durch Freilegung des Sackes, Ligatur
am proximalen und distalen Ende und Entfernung desselben geheilt;
nur 2 von diesen starben.
Ein 54 Jahre alter Mann verspürte nach Ueberstreckung seines
Beines Schmerzen im Knie, die in den Unterschenkel ausstrahlten ; nach
ca. 2 Monaten bemerkte er eine ca. taubeneigrosse Schwellung, die
rasch an Grösse zunahm. Dieselbe lag in der rechten Kniekehle, w’&r
pulsierend, über der Geschwulst war ein Schwirren fühlbar und hörbar;
die Pulsation hörte bei Kompression der Femoralarterie auf. Das Aneu¬
rysma wurde auf die oben beschriebene Art entfernt, doch musste auch
die Poplitealvene, an die der Sack unlösbar adhärent war, durchtrennt
werden, ohne dass weitere Konsequenzen eingetreten wären. Die Ge¬
fahren bei der Exstirpation sind die gleichen wie bei anderen Methoden;
Gangrän nach Kompression der Femoralarterie wird ebensogut bei An¬
wendung der Ligatur wie bei Exstirpation beobachtet.
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Grössere Schwierigkeiten bietet die Operation eines falschen Aneu¬
rysmas, wie sie von Walsham beschrieben wurde; hier wurde der
falsche Sack geöffnet, die Blutcoagula wurden entfernt, worauf sich erst
der wahre Sack präsentierte, der nach proximaler und distaler Ligatur
entfernt wurde.
Als Beispiel für eine misslungene Ligatur dient der Fall von
ChristopherHoak, wo 14 Tage nach Ligatur der Femoralarterie
die Pulsation mit unverminderter Stärke wieder auftrat und die Exzision
des Sackes vorgenommen werden musste. In einem anderen Falle musste
nach Ligatur das Bein wegen Gangrän amputiert werden.
Ueberall dort, wo das Aneurysma leicht zugänglich ist, sollte die
Exzision desselben vorgenommen werden, die bei entsprechender Asepsis
als die einzige radikale Kur anzusehen ist.
Herrnstadt (Wien).
Die Diagnose des Arterienverschlusses bei Gangraena pedis. Von
L. Moszkowicz. Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin
und Chirurgie, Bd. XVII, 1./2. Heft.
Yerf. verwendet die aktive Hyperämie als Symptom, das die ge¬
ringsten Grade von Zirkulation noch anzeigt, jenes Minimum von Blut¬
versorgung, das noch hinzureichen scheint, um ein Gewebe am Leben
zu erhalten. Verf. ging bei seinen Versuchen, die hauptsächlich die
untere Extremität betrafen, so vor, dass er die Extremität eine Weile
hoch halten liess, hierauf schnürte er den Oberschenkel möglichst hoch
oben mit einer elastischen starken Gummibinde energisch ab und liess
die Binde 5 Minuten liegen. Die Extremität war vollkommen blass
und stach deutlich in der Farbe gegen die andere ab. Wird dann die
Binde gelöst, dann tritt auch bei bestehender Arteriosklerose prompt
die Hyperämie auf, wenn die Zirkulation genügend ist. Ganz anders
bei Menschen, bei denen Parästhesien, zeitweilige Cyanose oder gar
schwerere Symptome, intermittierendes Hinken, Gangrän, auf eine Störung
der Zirkulation hinweisen. Die Hyperämie ist viel schwächer, braucht
viel länger, ehe sie sich über die Extremität ausbreitet; zögernd, kaum
merklich in der Farbenänderung, breitet sich die Rötung nach ab¬
wärts aus.
Auch könnte der Hyperämieversuch, öfters wiederholt, eine Er¬
weiterung der verengten Gefässe herbeiführen oder die Ausbildung eines
Collateralkreislaufes befördern. Raubitschek (Wien).
Die Ligatur der Carotis communis. (Eine neue Methode zur Orien¬
tierung über eventuelle Zirkulationsstörungen.) Von M. Jordan.
Arch. f. klin. Chir., Bd. LXXXIH, 1. Heft.
Da die Gefahr der Ligatur der Carotis communis selbst bei einwands¬
freier Asepsis und Technik noch immer eine sehr bedeutende ist, indem
durch Ausbleiben eines genügenden Collateralkreislaufes Ernährungs¬
störungen im Gehirne auftreten können, ja in 10 °/ 0 der Fälle sogar
Exitus letalis erfolgt, andererseits der Eintritt von Komplikationen nicht
vorausgesehen werden kann, schlägt Yerf. vor, eine lockere, temporäre
Ligatur der Carotis für die Dauer von 48 Stunden vorzunehmen. — Das
Verfahren, das vom Verf. am Tiere und am Menschen erprobt wurde,
wird unter Lokalanästhesie axisgeführt und besteht in einer sehr vor-
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sichtigen Ligierung mittels Gummibandes, Catguts usw. In Fällen von
ungenügendem Collateralkreislauf könnte man versuchen, durch allmählich
gesteigertes Zuschnüren des anfangs lockeren Bandes den Zirkulations¬
ausgleich zu fördern. Victor Bunzl (Wien).
Ueber die Unterbindung der grossen Gefässe des Unterleibes.
Experimentelle und kritische Studien. Von Offergeld. Deutsche
Zeitschr. f. Chir., Bd. LXXXVI1I, 1.—3. Heft.
Ausgedehnte experimentelle Versuche über obiges Thema sowie das
Studium klinischer Beobachtungen führen den Verf. zu vielfachen inter¬
essanten Ergebnissen, von denen folgende mitgeteilt werden sollen. — Bei
Unterbindung eines grossen Gefässes des Unterleibes bildet sich ein
Collateralkreislauf, dessen Ausgleicbsbahnen im Capillarsystem gelegen
sind. Durch diesen Umstand wird infolge des grossen Widerstandes das
Herz zu einer Mehrarbeit gezwungen, die sich durch klinische und ana¬
tomische Folgeerscheinungen nachweisen lässt. Deshalb ist auch der
Ausgang der Unterbindung abhängig von dem Zustand des Herzens und
der Drucksteigerung, wobei betont wird, dass nur solche Fälle hier in
Betracht gezogen werden, wo nicht schon vorher die Gefässe durch
Tumoren komprimiert und thrombosiert waren. — Zum speziellen Teil
übergehend stellt Verf. folgendes fest: Die Unterbindung der Aorta
stellt an das Herz gewaltige Ansprüche und erfordert als Grundlage ein
vollständig gesundes Kreislaufssystem, weshalb sie bei Aneurysmen, sep¬
tischen und Konstitutionskrankheiten entschieden kontraindiziert ist.
Gleiche Erscheinungen macht die doppelseitige Unterbindung der Hiaca
communis, während die einseitige ebenso wie die Unterbindung der Art.
iliaca interna als ungefährlicher Eingriff angesehen werden kann. Während
auch die Unterbindung der Art. iliaca externa nicht zu fürchten ist,
bildet diejenige der A. femoralis eine grosse Gefahr wegen der Gangrän
des Beines, die in 60 aller Fälle auftritt. Letztere Verhältnisse
stehen nicht im Einklang mit dem Experiment am Tiere, bei welchem
obige Komplikation nur selten ist und nach 2—3 Tagen die Zirkulations¬
verhältnisse wieder normal werden. Die Unterbindung der entsprechenden
Venen ist von weitaus geringerer Bedeutung. Bei doppelseitiger Unter¬
bindung der Vena iliaca interna sind Störungen von seiten der Blase
nicht ausgeschlossen, bei der Unterbindung der Cava inferior unterhalb
der Nierenveneneinmündungsstelle kommt es bloss infolge der Mehr¬
belastung des Kreislaufes zu Veränderungen des Herzens und zu Druck¬
steigerung, welche letztere nach 2 Tagen wieder normalen Verhältnissen
Platz macht. Victor Bunzl (Wien).
Periarteriitis nodosa. Von Heinrich Benedikt. Budapesti Orvosi
Ujsäg, 1907, No. 26.
Die von Kussmaul im Jahre 1866 zuerst gekennzeichnete Peri¬
arteriitis nodosa ist eine höchst seltene Krankheit. Sie tritt gewöhnlich
bei jungen Leuten plötzlich auf. Die Symptome sind: Extremitaten-
schmerzen mit Muskellahmung und Atrophien, unregelmässiges Fieber,
schwacher, schneller Puls, rasch zunehmende Kachexie, manchmal aus¬
giebige Blutungen, kolikartige Schmerzen in der Magen- und Leber¬
gegend , oft Icterus, Oedeme, Albuminurie, manchmal cerebrale Sym¬
ptome. Der Tod erfolgt meistens durch Erschöpfung. Die Krankheit
ist progredient, führt in einigen Wochen oder Mouaten zum Exitus, aber
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2 Fälle sind bekannt, bei welchen den Kräfteverfall des Patienten eine
auf Monate sich hinziehende Besserung unterbrach. Dort wo in vivo
überhaupt eine Diagnose zu stellen gewagt wurde, richtete sich dieselbe
nach den hervorragendsten Symptomen. So imponierten die Fälle für
Trichinose, Polyneuritis, Neuromyositis haemorrhag., Gehirnabscess. Natür¬
lich deckte die vorläufige Diagnose nicht vollkommen die Fülle der
Symptome. Die wahre Natur der Krankheit eröffnete sich nur am Sek¬
tionstisch dem Obduzenten. Die mittelgrossen und kleinen Gefässe
zeigen knoten- oder spindelförmige Verdickungen, die entweder solid
sind oder aber tbrombosierten Aneurysmen entsprechen. Die Knoten
sind mikroskopisch, erbsen- oder bohnengross. Mit Vorliebe plazieren
sie sich an den Verästelungsstellen der Arterien. Das Lumen derselben
ist verengt oder thrombosiert. Die am häufigsten ergriffenen Arterien
sind die Art. coron. cordis, die Arterien des Mesenteriums, der Milz
und der Nieren. Makroskopische Knoten sind unter der Haut nur ein¬
mal gefunden worden.
Die histologische Struktur der Knoten entspricht entweder einer
dichten periarteriitischen Infiltration oder aber kleinen, aus der Verände¬
rung der Tunica media entstammenden Blutgefässausbuchtungen. Einige
betrachten als Ausgangspunkt des Prozesses die entzündliche Veränderung
der Adventitia, andere die der Intima. Die pathologische Ursache
der Krankheit ist eine unbekannte Infektion, eventuell Lues, obzwar
zur Unterstützung letzterer Ansicht kaum ein Anhaltspunkt vorhanden
ist. Nach Meinung anderer ist das Wesen des Prozesses die Aneurysma¬
bildung, die infolge der Schwächung der Media aus konstitutionellen
Ursachen entsteht (Epp in ge r, Paul Meyer, Ferrari). Die Folgen
der Gefässveränderungen sind Darmnekrosen und Darmgeschwüre, Nieren¬
infarkte, seltener innere Blutungen.
Einen bezüglichen Fall konnte Verf. intra vitam diagnostizieren*
Derselbe bezieht sich auf eine 44 jährige Lehrerin, bei der im Gefolge
einer hochgradigen Kachexie an den verschiedensten Körperteilen Knötchen
unter der Haut auftraten. Das eine dieser Knötchen wurde exstirpiert
und es wurde ein in eine Bindegewebshülle eingeschlossenes Blutgerinnsel
gefunden; dieses Gebilde erwies sich als ein Aneurysma dissecans, bei
dem der Bluterguss zwischen der Media und Adventitia erfolgte. Ein
zweites exstirpiertes subkutanes Knötchen zeigte bei der histologischen
Untersuchung das Bild einer periarteriitischen Wucherung und eines
wahren kleinen Aneurysmas, so dass die Diagnose der Periarteriitis nodosa
festgestellt erscheint. Die Aetiologie war auch in diesem Falle nicht
eruierbar. Die Therapie bestand in schmerzlindernden Verfahren, Bädern,
Galvanisierung und Jodkali-Verabreichung, wobei der Zustand sich stets
besserte, die Knötchen verkleinerten sich und es bildete sich nur ein
neues hanfkorngrosses Aneurysma an der rechten Temporalis. Inter¬
essant ist dieser Fall dadurch, dass es der erste in vivo diagnostizierte
Fall ist. J. Honig (Budapest).
Ueber Cavaresektion in einem Falle von Mischgeschwulst der
Nierenkapsel. Von M. Drau dt. Deutsche Zeitschrift f. Chir.,
Bd. LXXXVIII, 1.—3. Heft.
Mitteilung eines Falles von embryonaler Mischgeschwulst der Niere
eines 2 Jahre alten Kindes, bei deren scheinbar radikalen Entfernung
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eine Resektion der Cava inferior sich als notwendig erwies. Patient
erlag schliesslich doch einem Recidiv, nachdem er sich vorher vollständig
erholt hatte und, was bemerkenswert ist, niemals Stauungserscheinungen
in den unteren Extremitäten aufgewiesen hatte. Als Folge der vorge¬
nommenen Cavaresektion hatte sich ein Bauch wand-Venennetz gebildet,
an dem in erster Linie die epigastrischen Gefässe beteiligt waren. —
Das Röntgenbild des Gefässinjektionspräparates lässt die durch die
Resektion zustande gekommenen Veränderungen der entsprechenden
Blutzirkulationswege deutlich erkennen.
Victor Bunzl (Wien).
Beitrag zur Beeinflussung der Colibaktericidie des Menschenserums
durch chirurgische Operationen. VonPh. Bockenheimer. Arch.
f. klin. Chir., Bd. LXXXIII, 1. Heft.
Verf. hat, um die Baktericidie des normalen Blutserums festzustellen,
die Einwirkung des letzteren auf Bacterium coli studiert und festgestellt,
dass frisches Menschenblutserum diese Eigenschaft besitzt, wobei bzgl. der
Details der Methodik auf die Arbeit selbst verwiesen werden muss.
Verf. hat nach seiner Methode in 50 Fällen vor und nach der Operation
die Baktericidie des Blutes geprüft und hat hierbei interessante Befunde
feststellen können. In 40 Fällen ergab sich, dass 1,0 ccm Normalserums
eine Aussaatmenge von Vino^ooo Oese Colikultur fast stets vollständig
zerstörte, während auf einer Kochsalzkontrollplatte unendlich viele Keime
wuchsen. Interessant ist nun, dass in den restlichen 10 Fällen, in denen
keine Baktericidie festgestellt wurde, sich eine verminderte Resistenz
des Organismus durch schwere Erkrankung, Kachexie, Anämie usw.
klinisch ergab und dass in diesen Fällen nach der Operation die Bak¬
tericidie gegenüber dem Colistamme noch tiefer sank. — Nach schweren
Eingriffen fand Verf. in 72 °/ 0 der Fälle Verminderung der Baktericidie,
in 28 °/ 0 hingegen keine Beeinflussung; die letzteren Fälle endigten
durchwegs mit Heilung, welche Tatsache mit der im Reagenzglasversuche
festgestellten, auch nach der Operation erhaltenen Baktericidie des Serums
im Einklang steht. Bei Eingriffen kleinerer Art bis zur Dauer von
etwa 1 Stunde findet keine Beeinflussung der Baktericidie statt. Wenn auch
die vorliegenden, speziell nur die Coligruppe berücksichtigenden Versuche
keine unbedingt geltenden Schlüsse auf die allgemeine Baktericidie zu¬
lassen, so wäre es doch möglich, auf diese Weise eine praktische Methode
zur Prüfung der natürlichen Resistenz des Organismus zu gewinnen.
Ausserdem könnte durch den vor und nach der Operation angestellten
Reagenzglasversuch die baktericide Kraft des Blutes festgestellt und
könnten hierdurch neue Gesichtspunkte für eventuelle Prophylaxe, respek¬
tive Prognose gefunden werden. Victor Bunzl (Wien).
Ett fall af blyförgiftning genom s. k. Burowslösning. Von S.
Sjöwall. Hygiea N. F., 1906, Sept., S. 895.
Kurzer Bericht über einen Fall von Bleivergiftung bei einer 78 jähr.
Person, bei der ausgedehnte Brandwunden des Rückens und der Arme
mittels Burowlösung behandelt wurden. Patient wurde bald besser, aber
2 Monate später traten graue Gesichtsfarbe, Abnahme des Appetits, Kolik und
Bleisaum des Zahnfleisches auf. Später ein stenokardischer Anfall, nach
14 Tagen Parese der Arme und Exitus. Die einzige eruierbare Ur-
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Sache dieser Vergiftung konnte nur die angewandte Burowlösung, nach
der Formel 3 Alaun, 25 Bleizucker und 500 Wasser bereitet, sein.
Verf. empfiehlt deshalb die Anwendung einer 9 °/ 0 Aluminiumsubacetat-
Lösung, die konstant und bleifrei ist und nach Verdünnung mit 4 Teilen
Wasser ein vortreffliches Ersatzmittel der gewöhnlichen Burowlösung ist.
Köster (Gothenburg).
Die Anwendung der künstlichen Hyperämie (Bier’sches Verfahren)
in der Therapie einzelner Geschlechtskrankheiten. Von Hugo
Feleki. Budapesti Orvosi Ujsäg, 1907, No. 30.
Schon lange verursachte kein neues Verfahren eine so allgemeine
Sensation und dauernde Wirkung wie die Bi er'sehe Lehre über die
künstliche Steigerung der Hyperämie zu Heilungszwecken. Die wissen¬
schaftliche Basis der Bier'sehen Lehre bilden die neueren Ansichten
bezüglich der Entzündung, die bekanntlich — im Gegensätze zu der
früheren Auffassung — dahin konkludieren, dass die Entzündung keine
Krankheit ist, sondern die Bekundung der Schutz- und Abwehrfunktion
des Organismus, die wir dort antreffen, wo der Organismus von einer
oine Eirankheit verursachenden Schädlichkeit betroffen wird. Die Ent¬
zündung, beziehungsweise die mit ihr einhergehende Hyperämie dient
durch ihre Produkte (Auswanderung von Leukocyten, Durchfiltern von
Serum, Wucherung von Gewebszellen) als Anlass einerseits zur Elimi¬
nierung der pathologischen Faktoren, andererseits zur Entstehung des
regenerierenden Prozesses. Die Entzündung soll daher nicht bekämpft
werden ; die Antiphlogose ist nur ausnahmsweise berechtigt. Die Hyper¬
ämie muss in den erkrankten Körperteilen zumeist gesteigert werden,
damit der Organismus in seiner Schutzarbeit sowie in der Entstehung
-der Regeneration unterstützt werde. Bei Lokalerkrankungen infolge
Infektion ist zumeist die venöse Hyperämie (Stauung) mit Erfolg an¬
wendbar zur Linderung der Schmerzen sowie auch zur Förderung der
Lösung und Resorption, beziehungsweise der Heilung, obzwar selten
auch die Steigerung der aktiven, arteriellen Hyperämie (besonders Um¬
schläge, Heissluft) wesentlich zum Erfolg beitragen kann. Die venöse
Hyperämie wird teils durch Abschnürung des erkrankten Körperteils mit
Binden (durch Applikation von weichem Gummi vom erkrankten Teil
hinauf bis zu einer gewissen Entfernung), teils durch trockene Schröpf¬
köpfe (Bi er'sehe Saugglocke) hervorgerufen.
Bei Geschlechtserkrankungen wurde das Bier'sehe Verfahren bisher
nicht sehr oft angewendet. Der eine Teil der mitgeteilten Kranken¬
geschichten gibt von einem übermässigen Optimismus der Autoren Zeugnis,
besonders bezüglich der bei acutem und chronischem Tripper, bei Gonorrhoe
der paraurethralen Gänge, Ulcus orificii usw. angeblich erzielten Erfolge.
Verf. wendete das Verfahren an der Poliklinik sowie auch in seiner
Privatpraxis in folgenden Fällen an: Periurethritis chron., Cavernitis
penis gonorrh. chron., Epididymitis gonorrh. acuta et chron., Impotentia
coeundi psychica. Bei der Nebenhodenentzündung erzielte er die Stau¬
ungshyperämie durch Umwicklung des kranken Hodens in der Gegend
des Funiculus, bei den übrigen Krankheitsformen durch Applizierung von
Saugglocken. Die schönsten Erfolge beobachtete er bei Periurethritis,
Bubo, besonders aber bei der Nebenhodenentzündung. Am auffallendsten
ist die plötzliche Schmerzstillung bei acuter Epididymitis. Aber die
Centralbl&tt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 55
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rasch bewirkte Resorption, die viel vollkommener ist als bei den früheren
Methoden, gestaltet die Bier ’sche Methode ebenfalls zu einer dankbaren
Methode bei dieser Erkrankung. Periurethritis und Bubo inguin, die
schon im Begriffe waren zu abscedieren, bildeten sich nach 6—10 maliger
Anwendung des Saugapparates (immer täglich 1—2 mal je eine Stunde
lang) in einigen Fällen vollkommen zurück. Besonders die Erfolge bei
Epididymitis sind von grosser Bedeutung; führt doch die bilaterale
Epididymitis (manchmal auch die einseitige, wenn auf der anderen Seite
Funiculitis oder die Erkrankung des Ductus ejaculat. besteht) gewöhnlich
zur Sterilität und nur diejenigen Fälle sind von günstiger Prognose, wo
die Resorption vollkommen erfolgt ist, infolgedessen im Ductus deferens
keine Obliteration oder in der Cauda des Nebenhodens sich keine In¬
duration entwickelte. Es kann füglich behauptet werden, dass mit keiner
anderen Methode in solchem Masse günstige Erfolge erzielt werden
können, nur dürfen wir nicht die Erwartungen und die Beurteilung der
Erfolge überschätzen. Die Indikationen und Kontraindikationen werden
nur dann in jeder Richtung exakt feststellbar sein, wenn die Erfahrungen
und eine reichere bezügliche Literatur hierzu mit Mitteln und Wegen
dienen werden. J. Honig (Budapest).
B. Pankreas«
Ueber accessorisches Pankreas in der Magenwand. Von Theie¬
rn ann. Deutsche Zeitschr. f. Chir., Bd. LXXXY.
Ein anlässlich einer Choledochotomie zufällig beobachteter und ex-
zidierter Tumor in der vorderen Magenwand erwies sich bei der histo¬
logischen Untersuchung als accessorisches Pankreasgewebe. Ausführliche
Mitteilung des anatomischen Befundes sowie der einschlägigen Literatur.
Victor Bunzl (Wien)-
Zur Kasuistik der sogenannten acuten Pankreatitis. Von Leo
Bornhaupt. Arch. f. klin. Chir., Bd. LXXXII, 1. Heft.
Verf. hat 2 Fälle von acuter Pankreatitis beobachtet und teilt
deren Kranken- und Operationsgeschichte sowie Autopsiebefund mit.
Obwohl die Diagnose grosse Schwierigkeiten macht, so ist sie doch mög¬
lich und wird in vorliegender Arbeit eingehend erörtert. Wird die
Diagnose richtig gestellt, so kann ein sofort vorgenommener operativer
Eingriff, dessen Aufgabe es ist, durch Tamponade der Bursa omentalis
und der hinteren Bauchwand den Prozess zu lokalisieren und das Pan¬
kreassekret nach aussen abzuleiten, Heilung herbeiführen. Ein Erfolg ist
allerdings nur in den Fällen zu erwarten, in denen die Pankreasnekrose
einen gewissen Grad nicht überschritten und der Organismus noch nicht
eine tödliche Dosis des Giftes aufgenommen hat. Neben der Operation
dürfte nach von Gu 1 eke und G. v. Bergmann angestellten Versuchen
auch der Immunisierung mit Trypsin eine Bedeutung zukommen.
Victor Bunzl (Wien).
Pancreatitis haemorrhagica acuta. Laparotomi och draiuage. Von
G. Naumann. Hygiea, N. F., 1906, Okt., Göteborgs Läkaresällskaps
förhandlingar, S. 6.
Eine 49 jährige Frau, die mehrmals ähnliche ein paar Stunden bis
1—2 Tag dauernde Anfälle gehabt hatte, erkrankte mit Schmerzen im
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Epigastrium, die sich später in der rechten Seitenregion lokalisierten, sowie
an Erbrechen und Frostschauern; Stuhl tags vorher. Die Schmerzen
waren äusserst heftig, der Bauch etwas aufgetrieben, aber nicht meteo-
ristisch, geringe Druckempfindlichkeit rechts, aber nicht in der Cökalgegend
oder unterhalb der Leber, unbedeutendes Aufstossen von nicht fäkulentem
Mageninhalt; Puls 84—88, ziemlich kräftig. Am folgenden Tage Schmerzen
links im Bauche, Abgang von unbedeutenden Flatus bei Darmeingiessungen
und von gefärbtem Wasser, aber kein Stuhl. Laparotomie abends: Kein
Hindernis zu entdecken; im Leibe, besonders in dessen oberem Teil,
eine nicht unbedeutende Menge brauner Flüssigkeit, im Omentum majus,
Mesenterium und Mesocolon transversum im Fettgewebe zahlreiche kleine
silberglänzende Knötchen, die bis Hanfsamengrösse erreichten. Pankreas
hart und vergrössert, im Lig. hepato-duodenale einige subseröse Blutungen.
Tamponade. Exitus am folgenden Tage. Die Sektion zeigte ausser den
erwähnten Fettnekrosen, die am deutlichsten im Fettgewebe in der Gegend
des Pankreaskopfes waren, blutige Infiltration der Wände der Bursa
omentalis und des ganzen lockeren Gewebes um den Pankreaskopf: die
Schnittfläche des Pankreas zeigt eine Nekrose sowohl des Pankreaskopfes
als auch eines Teiles des Körpers sowohl in betreff des Fettgewebes wie
des Drüsenparenchymes, der Rest des Pankreas zeigt nur graue Ver¬
färbung und eine haselnussgrosse Blutung.
In der Epikrise erwähnt Verf. 2 Fälle von schwerer Pankreas¬
blutung, die durch Operation gerettet wurden; Verf. spricht deshalb
einer frühzeitigen Operation das Wort. Köster (Gothenburg).
Pancreatitis due to direct extension of a malignant growth of the
gall-bladder along the common bile and pancreatic ducts. Von
A. W. Mayo Robson. Lancet, 24. August 1907.
Der Patient, 61 Jahre alt, litt seit 13 Monaten an Schmerzen unter¬
halb des rechten Rippenbogens, die sich zeitweise verstärkten und an
Gallensteinkoliken erinnerten. Unter allmählichem Gewichtsverluste stellte
sich nach einigen Monaten Icterus ein, der jedoch in 14 Tagen wieder
schwand.
Eine 2. Attacke von Icterus war bleibend, gleichzeitig schwoll das
Abdomen an und wurde rechterseits druckschmerzhaft. Ascites war nicht
nachweisbar, doch liess sich eine distinkte Schwellung palpieren, die
bis in Nabelhöhe reichte; dieselbe war hart, rundlich, schmerzhaft, offen¬
bar die ausgedehnte Gallenblase. Ueber der Schwellung lag am Leber¬
rand ein derber Knoten; der Urin war dunkel, die Fäces farblos; ge¬
legentlich bestanden Fieber und Erbrechen. Die „Pancreatic-Reaction“ des
Urines ergab zahlreiche feine Kristalle, löslich in 10 Min. in 33 °/ 0 Schwefel¬
säure ; im Stuhl waren reichlich Fett und Fettkristalle enthalten, im Magen¬
inhalte waren Spuren von Milchsäure. Die Analyse spricht für Ent¬
zündung des Pankreas und Obstruktion des Duct. choledochus, offenbar
infolge eines Gallensteines, der im pankreatischen Anteile des Ductus
eingeschlossen war. Die Anwesenheit von Milchsäure spricht für
Stagnation des Mageninhaltes. Bei der explorativen Inzision fand sich
ein Abscess, dessen Wand durch einen zerfallenden Tumor gebildet
wurde. Am nächsten Tage Exitus letalis.
Nekroskopie. Das Drain führte in einen irregulären Hohlraum,
dessen Wand durch weiches, brüchiges Gewebe gebildet wurde, welches
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die Region der Gallenblase einnahm. Der Tumor war adhärent an den
Pylorue, den Beginn des Duodenums und an das Colon. Die Dicke der
Wand variierte zwischen ®/ 4 und 1 Zoll, nur der vordere Anteil bestand
aus einer dünnen Schichte entzündlichen Exsudates; oben und hinten
bestand Adhärenz an die Leber.
Metastasen wurden in der Leber nicht gefunden. An einzelnen
Stellen ragte die Masse fungusartig in das Lumen des Magens und
Duodenums hinein. Der Duct. choledochus war dilatiert und gefüllt mit
weichem, gallig gefärbtem Material. Das Pankreas, namentlich der Kopf
war breiter und härter als normal; der Ductus gleichfalls dilatiert und
gefüllt mit gallig gefärbten Gewebstrümmern.
Die mikroskopische Untersuchung ergab Carcinom, das sich in den
Duct. choledochus und pancreaticus erstreckte. Im Kopfe des Pankreas
fand sich vorgeschrittene Fibrose, während Körper und Schweif nur die
Charaktere der katarrhalischen Entzündung trugen; im interlobulären
Gewebe fanden sich zerstreut Inseln von cylindrischen Zellen. Man
muss also annehmen, dass die Erkrankung des Pankreas auf dem Wege
des Duct. choledochus und pancreaticus erfolgte.
Interessant ist der Fall wegen seiner Aehnlichkeit mit suppurativer
Cholelithiasis. Die intermittierenden Attacken ohne Icterus Hessen auf
Steine im Duct. cystic. schliessen, während die letzte für Obstruktion
des Duct. choledoch. sprach. Obwohl bei der Autopsie keine Steine
gefunden wurden, ist es doch möglich, dass Cholelithiasis die Ursache
der Erkrankung war, was durch die entzündlichen Veränderungen im
Pankreaskopf wahrscheinlich wird. Herrnstadt (Wien).
Some affections of the pancreas. Von Sidney Philipps. Lancet,
18. Februar 1907.
Das Carcinom des Pankreas wird oft mit dem Carcinom der Leber
verwechselt, da die in der Leber sich bildenden Metastasen der Diagnose
leichter zugängHch sind.
Die gewöhnliche Form des Carcinoms ist der Scirrhus, manchmal
auch Cylinderepitheliom, der Sitz der Kopf des Pankreas; sehr bald
entstehen Metastasen in der Leber, der Gallenblase oder den Gallen¬
wegen. Das gewöhnliche Auftreten ist im mittleren Alter, und zwar
öfter beim männlichen als beim weiblichen Geschlechte; die Kombination
mit Gallensteinen ist nach Robson selten. Die Erkrankung verläuft
völlig symptomlos, bis sie auf den Kopf der Drüse übergreift, wodurch
es zu vermehrtem Druck auf die umgebenden Organe kommt: Es tritt
Icterus mit Vergrösserung der Gallenblase und der Leber auf, in der
Gegend des Pankreas ist ein Tumor palpabel, gleichzeitig entstehen
Schmerzen und Kachexie, die Fäces sind massiv und enthalten Fett
sowie unverdaute Muskelfasern, im Urin sind Albumen, Zucker und Fett
nachweisbar. Die rasche Ausdehnung der Gallenblase ist das Resultat
einer Obstruktion der Gallenwege. Hämatemesis und Meläna gehören
nicht selten zu den Begleiterscheinungen; vermehrtes Durstgefühl lässt
oft den Verdacht auf Diabetes zu und durch Druck auf die Vena cava
kann es zu Oedemen der Füsse kommen, ebenso durch Druck auf die
Portalvenen zu Ascites. Zeitweise findet man auch Vergrösserung der
Milz, bei Peripankreatitis Temperatursteigerung; die Salolprobe ist nicht
immer konstant.
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Chronische interstitielle Pankreatitis: Sie zerfällt a) in
interstitielle Pankreatitis, b) in Cirrhose. Sie entsteht durch Ueber-
greifen eines Katarrhes der Qallenwege auf das Pankreas, den Ductus
oder in Verbindung mit Pankreassteinen oder wie bei der atrophischen
Form genuin mit Diabetes oder bei Lues.
Die Symptome sind ähnlich denen bei Carcinom. Icterus fehlt,
wenn die Erkrankung nicht auf den Kopf übergreift. Fettstühle bei
Abwesenheit von Icterus sprechen mehr für Pankreatitis als bei An¬
wesenheit von Icterus.
Der Beginn der Erkrankung ist gewöhnlich Fieber und katarrhalischer
Icterus, welcher letztere persistieren kann; dabei dauert es längere Zeit
als beim Carcinom, bis es zu einer Obstruktion der Gallenwege kommt.
Drainage der Gallenblase kann zur Heilung führen; bei schwerem Icterus
ist Operation unerlässlich. Sehr häufig kommt es zu Hämorrhagien oder
Abscess oder Diabetes.
Liegt der Tumor im Ductus choledochus, dann ist eine Unter¬
scheidung gegenüber dem Carcinom des Pankreas nicht möglich.
In folgenden Punkten unterscheidet sich das Carcinom des Pankreas
von der chronischen Pankreatitis: Acuter Beginn mit Schmerzen und
Fieber sowie Glykosurie sprechen für nicht maligne Erkrankung, rasche
Entfärbung der Fäces und rasche Ausdehnung der Gallenblase für Car¬
cinom; je grösser die Ausdehnung, desto wahrscheinlicher der maligne
Charakter; fernerhin sprechen für Carcinom Hämatemesis und Meläna,
Vergrös8erung der cervicalen Drüsen, Oedem der Füsse, rasche Ab¬
magerung und Kräfteverlust. Vergrösserte Drüsen in der Umgebung
des Pankreas sind weicher und mehr konfluierend bei maligner als bei
benigner Erkrankung; Gallensteine und Adhäsionen kommen häufiger
bei nicht maligner Affektion vor. Die Pankreasreaktion des Urins nach
Dr. P. J. Caanmidge ist im Zusammenhang mit anderen Symptomen
von grossem Nutzen für die Diagnose einer Pankreaserkrankung und zur
Feststellung ihrer Natur.
Acuter Pankreaskatarrh. Nach Robson unterscheidet man
3 Formen von acuter Pankreatitis: a) acute, b) subacute, c) katarrhalische.
Aetiologie der katarrhalischen Form. Sie entsteht
durch Uebergreifen der Infektion bei Cholelithiasis, manchmal durch
Pankreassteine und verursacht in vielen Fällen katarrhalischen Icterus
durch Kompression des Duct. hepaticus; manchmal ist dann der ver¬
grösserte Pankreaskopf durch die Bauchdecken zu palpieren. Ebenso
ist epidemischer, katarrhalischer Icterus oft die Folge von infektiöser
Pankreatitis, ähnlich vielleicht der infektiösen Parotitis. Es handelt sich
dann um parenchymatöse Veränderungen im Organ, wie granuläre
Degeneration der Zellen, Vermehrung der Kerne und Schwellung der Drüse.
Die Symptome sind bei Anwesenheit von Steinen Gelbsucht und
Schmerzen, sonst Schwellung und Druckschmerz in der Gegend des
Pankreaskopfes.
Behandlung. Wenn keine Steine des Gallen- oder Pankreas¬
ganges vorhanden sind, so besteht die Behandlung in leichter Diät, Na.
salic. und Quecksilber in kleinen Dosen, nach Robson Pancreon oder
Liqu. pancreaticus. Nur bei drohenden Symptomen ist der operative
Eingriff angezeigt, so bei extremer Ausdehnung der Gallenblase oder bei
biliärer Toxämie.
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Wird ein Stein gefunden, so ist dieser zu entfernen, sonst ist Chole-
cystotomie oder Cholecystenterostomie am Platze; dabei ist es vorzuziehen,
die Gallenblase mit dem Dünndarm zu vereinigen.
Herrnstadt (Wien).
Case of subcutaneous injury of the pancreas. Operation, recovery.
Von George Hebb Cowen. Brit. Med. Joura. Lancet, 4. Mai
1907.
Unter 24 von Mikulicz gesammelten Fällen wurden 13 nicht
operiert, welche sämtlich starben, von 11 operierten gelangten 7 zur
Heilung.
J. H., 38 Jahre alt, erlitt einen Schlag auf das Abdomen. Bald
darauf stellten sich heftige Schmerzen sowie Erbrechen von grünen
Massen ein; der Stuhl war angehalten. Nach einigen Tagen wurde das
Abdomen ausgedehnt und rigide, in den Flanken und im Hypogastrium
war der Schall gedämpft, sonst tympanitisch; überall bestand Druck¬
schmerz.
Nach Eröffnung des Peritoneums entleerte sich flüssiges Blut, in
Nabelhöhe konnte die palpierende Hand eine halbflüssige Schwellung
nachweisen. Nach Verlängerung der Inzision sah man, dass das Blut
durch eine Oeffnung im Omentum zwischen Magen und Colon transversum
hervorkam; die Oeffnung wurde erweitert, die Blutcoagula wurden entfernt,
worauf kontinuierlich dunkles, flüssiges Blut aus der Pankreasgegend quoll.
Nach Tamponade gegen das Pankreas wurde das Abdomen geschlossen.
Am nächsten Tage wurden Kochsalzinfusion und ein Klysma verabreicht,
am 3. Tage konnte Patient flüssige Nahrung zu sich nehmen; massige
Blutung aus der Wunde. In den nächsten Tagen entleerten sich täg¬
lich 6—8 Unzen klarer Flüssigkeit an der Stelle der Drainage, dieselbe
erwies sich bei der chemischen Untersuchung als herrührend vom Pankreas.
Patient wurde mit einer Pelotte entlassen; nach einiger Zeit schloss sich
die Wunde.
In diesem Falle hätte sich, wenn nicht Perforation des Omentum
majus eingetreten wäre, eine pseudo-pankreatische Cyste bilden können,
die dem Patienten die Operation erspart hätte. Solche Cysten bilden sich
häufig nach Traumen gegen das obere Abdomen und sind durch Blut-
Extravasation aus dem Pankreas bedingt.
Herrnstadt (Wien).
C. Weibliches Genitale, Gravidität
A case of heteroplastic ovarian grafting, followed by pregnancy
and the delivery of a living child. Von B. T. Morris. Med.
Becord, 1906.
Eine mit 18 Jahren verheiratete Frau zeigte nach einer Fehlgeburt
im 3. Monat mit 19 Jahren die Phänomene der Menopause. Nach Im¬
plantation von Stücken von den gesunden Ovarien einer an Uterusprolaps
operierten 33 jährigen Frau unter die Haut stellte sich die Menstruation
wieder ein und die Frau gebar ein gesundes Kind. Verf. bespricht
ferner einen zweiten, ganz ähnlichen Fall.
Schrumpf (Strassburg).
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A case of twisted ovarian pedicle io a child aged three years.
Von W. Greenwood Sutcliffe. Lancet, 14. Sept. 1907.
Patient wurde von plötzlichen, heftigen abdominalen Schmerzen und
Erbrechen befallen, während gleichzeitig sich ein Tumor im Abdomen
präsentierte, der nach Eröffnung als Ovarium erkannt wurde; dasselbe
wurde entfernt und der Stiel untersucht, derselbe war 4 mal gedreht
und ging vom rechten Ligamentum latum aus. Der Tumor selbst war
ein Adenom, wog 18 Unzen und hatte die Grösse einer Kokosnuss;
der Stiel selbst war auf 4 Zoll Durchmesser angeschwollen.
Herrnstadt (Wien).
Kyste de l’ovaire contenant 94 litres de liquide. Von Tuffier.
Bull, et mem. de la Soc. de Chir. de Paris. Sitzung vom 14. März
1906.
Es handelte sich um eine 62 jährige Frau, die stets gesund war
und seit 6 Jahren eine allmählich zunehmende Vergrösserung des Bauches
bemerkte. Seit einem Jahr nahm der Tumor so sehr an Grösse zu, dass Pat.
nicht mehr aufstehen konnte, seit 6 Monaten kann Patientin nur sitzen
und muss den Tumor jederseits durch einen grossen Polster stützen.
Der Bauch bzw. der deutlich fluktuierende Tumor reichte bis handbreit
über die Malleolen. Herz, Lungen, Harn normal. T. führte im Sitzen
unter Lokalanästhesie die Operation aus und entleerte mittels Punktion
allmählich 94 Liter, wobei mit zunehmender Entleerung Patientin immer
mehr flach gelagert wurde. Darauf Abtastung des Cysteninnern, wobei sich
ergab, dass die Cyste vom Nabel bis zum Zwerchfell, vorne und hinten
bis zu den Nieren fixiert war. Drainage. Schluss der Wunde. Einige
Zeit nachher, als sich die Cyste zum Teil wieder gefüllt hatte, Radikal-
operation mit Exstirpation des Cystensackes; der Stiel war halb arm¬
dick. Drainage, Heilung. Interessant ist, dass, als man die Patientin
aufstehen Hess, die gekrümmte Stellung wie früher beim Vorhandensein
des Tumors persistierte, so .dass Patientin nicht gehen konnte und erst
von neuem zum Gehen erzogen werden musste.
R. Paschkis (Wien).
Case of multilocular ovarian cyst snccessfnlly removed from an
infant aged 11 monthst Von Charles Watson Mac Gillivray.
Lancet, 1. Juni 1907.
Das Kind wurde mit der Diagnose Peritonitis tub. ins Spital ge¬
sendet. Seit dem 3. Monate war das Abdomen vergrössert und schmerz¬
haft, gelegentlich bestanden Diarrhoen. Bei der Aufnahme war das
Kind cyanotisch mit kleinem Puls und erschwerter Atmung, das Ab¬
domen enorm ausgedehnt mit zahlreichen geschlängelten Venen, der Nabel
verstrichen; mit Ausnahme der linken Flanke bestand allenthalben Däm¬
pfung, die sich nach oben bis zur rechten Mamma erstreckte, in der
Gegend der linken Mamma war eine zirkumskripte Fläche, welche tym-
panitisehen Schall bot. Durch die Probepunktion wurde eine klare
Flüssigkeit entleert, gleichzeitig schien die Nadel in verschiedene Kavi¬
täten einzudringen.
Nach Eröffnung des Abdomens entwich eine kleine Quantität von
AscitesflüsBigkeit, gleichzeitig präsentierte sich die noduläre Wand einer
grossen, multiloculären Cyste, die an mehreren Stellen an die Abdominal-
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872
wand ad hären t war. Vorne und etwas rechts vom Nabel lagen Coecum
und Appendix, das Colon ascend. war leer und an die Cystenwand ad-
härent, die Cyste selbst lag retroperitoneal. Nach Durchtrennung der
Adhäsionen konnte die Cyste entfernt werden, sodann wurde die Höhle
gereinigt und reichlich heisse Kochsalzlösung zugeführt, sodann das Ab«
domen geschlossen. Am 10. Tage wurde die Naht entfernt, die Heilung
trat per primam ein.
Der Tumor war eine doppelte, multiloculäre Cyste, beide Hälften
nahezu gleich gross und durch fibröses Gewebe sowie lockeres Binde¬
gewebe vereinigt. Die Länge betrug 10—11 Zoll, die Dicke 4—5 Zoll.
Die histologische Untersuchung ergab multiplen, cystischen Ovarialtumor.
Nach Howard Kelly unterscheidet man Ovarialtumoren bei
Kindern in cystische und solide. Zu den ersteren zählen Adenocystome,
uniloculäre Cysten, Dermoide und Teratome, zu den letzteren Sarkome
und Carcinome. Im Alter von unter 3 Jahren sind am häufigsten Der¬
moide oder Sarkome, nach diesem Alter in der Hälfte der Fälle Adeno-
cystome und einzelne Monocysten. Differentialdiagnostisch kommen in
Betracht: cystische Niere, abgesackte, peritoneale Exsudate, hepatische
und Hydatiden-Cysten. Die Mortalitätsziffer bei Operationen unter
5 Jahren beträgt unabhängig von der Natur des Tumors 50 °/ 0 ; in
vorgeschrittenem Alter ist die Prognose eine bessere.
Der oben beschriebene Fall ist aus folgenden Gründen erwähnens¬
wert: 1. Durch das Alter des Kindes. d’Arcy Power beschreibt einen
Fall von uniloculärer Cyste mit langem Stiele, die bei einem 4 monat¬
lichen Kinde entfernt wurde. 2. Durch die Grösse des Tumors und
seine Beschaffenheit. 3. Durch den retroperitonealen Sitz. 4. Durch
den ungestörten Heilungsprozess. Herrnstadt (Wien).
A case of paratyphoid fever following the removal of an ovarian
Cyst. Von William Thyne. Lancet, 11. Mai 1907.
Bei der Patientin wurde am 8. Januar 1907 eine Ovarialcyste mit
gedrehtem Stiele entfernt. Am 21. Januar stieg die Temperatur an
und erreichte am 31. Januar 103° F. Die Stühle waren flüssig und
von lichter Farbe. Ein roseolaartiges Exanthem war schon am 28. Januar
aufgetreten. Die Milz war nicht palpabel, die Widal’sche Reaktion
negativ. Am 8. Januar war die Paratyphoidreaktion bei Verdünnung
1 : 10 und 1 : 25 positiv. Am 6. Februar fiel die Temperatur, um nicht
mehr anzusteigen; gleichzeitig damit traten profuse Schweisse auf. Am
20. Februar war Patientin geheilt.
Nur die bakteriologische Untersuchung des Blutes macht die Diffe¬
rentialdiagnose zwischen typhoidem und paratyphoidem Fieber möglich.
Der Umstand, dass der Stiel doppelt gedreht war, erhöhte das Interesse
für den Fall. Herrnstadt (Wien).
Etüde des quelques points concernant les troubles urinaires dans
la rätroversiou de Tuterus gravide. Von Trillat. Ann. d.
mal. d. org. gen.-urin., No. 8, 1907.
T. bespricht in dieser Arbeit folgende Fragen: 1. Welcher Art ist
der Mechanismus der Urinretention? 2. Wie kann man die Korrektur
der Retroversion durch den einfachen evakuatorischen Katheterismus er¬
klären? 3. Welche Bedeutung hat das L a r o y e n n e’sche Symptom: die
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Miktion unter dem Einfluss eines schwachen Druckes auf die hinteren
unteren Anteile der Vagina. von Hofmann (Wien).
Uterine abscess, metritis dissecans. Von Jas. W. Wallace. Brit.
Med. Journ., 3. November 1906.
Die Patientin, 25 Jahre alt, erkrankte im 2. Jahre der Ehe zwei
Wochen vor Eintritt der Menses an Ausfluss und Schmerzen; der Aus¬
fluss hörte nach 4 Tagen auf und damit auch die Schmerzen. Im
August 1902 wurde Patientin gravid, im November abortierte sie und
von da an wurde ihr Zustand schlechter. Sie klagte über Schmerzen im
Rücken, welche gegen die Hüften zu ausstrahlten; die Menses waren
irregulär, dauerten nie länger als 1 Tag, die Menge war gering, bis sie
schliesslich für 3 Monate ganz aussetzten. Seit einigen Jahren bestand
Leukorrhoe mit Kopfschmerz und Erbrechen; häufiger Urindrang, Durst¬
gefühl und Fieber stellten sich ein, die Zunge war trocken, belegt, die
Konjunktiven icterisch, das Abdomen nahm konstant an Grösse zu und
hatte das Aussehen einer Gravidität im 6. Monate; in der Nabelgegend
äusserte Patientin bei Berührung mässige Schmerzen. Bei der Unter¬
suchung in Chloroformnarkose war die vordere Muttermundslippe promi¬
nent, weich und fluktuierend, beim Fassen mit der Zange entwich sofort
Eiter; es handelte sich also um Uterinabscess und entzündlichen Ver¬
schluss der Cervix; nach Einführung einer Sonde in den Uterus ent¬
leerte sich auch von da langsam übelriechender Eiter, ebenso später be¬
trächtliche Mengen nach Erweiterung der Cervix. 9 Tage nach der
Operation stieg die Temperatur abermals unter grossen Schmerzen an
und es entleerte sich spontan eine grosse Menge übelriechenden Eiters
und Fetzen, die bei mikroskopischer Untersuchung sich als uterines Ge¬
webe erwiesen. Von da an erholte sich Patientin rasch.
Nach 3 Monaten liess sich per vaginam eine Pyosalpinx nachweisen.
Das Abdomen wurde eröffnet und ca. 2 Drachmen Eiters wurden aus
der einen und gelbe Flüssigkeit aus der anderen Tube aspiriert, derselbe
enthielt Streptokokken. Patientin wurde später gravid und von einem
gesunden Kinde entbunden.
Die Ursache der Infektion ging offenbar von den Tuben aus. Der
Mann der Patientin litt vor mehreren Jahren an acuter Gonorrhoe, die
wahrscheinlich auf die Frau übertragen wurde.
Herrnstadt (Wien).
Intraperitoneal bleeding from a uterine flbroid, with acnte disten-
sion of the abdomen. Von W. Bruce Clarke. Lancet, 5. Jan.
1907.
Die Patientin, eine 48 Jahre alte, ledige Frau, wurde am 18. No¬
vember 1905 von plötzlichen abdominalen Schmerzen befallen, die von
Erbrechen und profusen Schweissen begleitet waren. Das Abdomen war
ausgedehnt, bei Palpation leicht schmerzhaft, die Leberdämpfung fehlte,
beiderseits bis zu den Mammillen war tympanitischer Schall nachweisbar;
zeitweise bestand sichtbare Peristaltik. P. : 80, T. : 96 F. Patientin
litt ausserdem an einem Uterusfibroid, doch wurden die gegenwärtigen
Beschwerden auf Ruptur eines Magen- oder Duodenalgeschwüres bezogen.
Nach Eröffnung des Peritoneums stellte sich der enorm dilatierte Magen
ein, doch entwich kein Gas und es fand sich weder Magen- noch Duo¬
denalinhalt frei in der Bauchhöhle. Die Inzision wurde nach abwärts
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verlängert; an der hinteren Fläche des Uterus fand man ein subperi¬
toneales Fibroid von beträchtlicher Grösse und sah nach Freilegung des¬
selben an der Oberfläche eine blutende Arterie und Vene; der untere
Teil des Abdomens und das kleine Becken waren voll Blut; die Ursache
der Blutung schien eine oberflächliche Ulceration des Fibroids zu sein,
welche durch Druck gegen das Promontorium entstanden war. Der
Tumor wurde entfernt und die Wunde geschlossen.
Am übernächsten Tage trat mehrmaliges Erbrechen auf, das Ab¬
domen blieb aufgetrieben. Nach Enterotomie trat sofortige, beträcht¬
liche Besserung ein, aus der Wunde entleerte sich grüne Galle, die
Flatulenz war vermindert und es trat spontane Stuhlentleerung ein. Die
durch die Operationswunde zugeführte Nahrung wurde nur in geringer
Quantität absorbiert, Patientin wurde schwächer und unruhig. Man ver¬
suchte die halb verdaute Nahrung, die durch die Intestinalwunde heraus¬
kam, wieder in den unteren Teil des Darmes zurückzubringen, und zwar
auf folgende Weise: Die aus der Wunde kommende Darmflüssigkeit
wurde in einer Glasschüssel gesammelt, wurde sodann auf Körpertempe¬
ratur erwärmt und durch ein Drain in die unteren Teile des Darmes
wieder ein gegossen; dabei wurde sorgfältig auf die peristaltiBchen Be¬
wegungen Rücksicht genommen. Das Drain wurde vorher in den rück¬
zuleitenden Darmsaft eingetaucht, wobei zuerst nach Einführung des
Drains leichte muskuläre Kontraktionen des Darmes sich bemerkbar
machten, die allmählich Zunahmen, bis das Drain ca. 8 Zoll in das
Lumen des Darmes hineingezogen war. Die Aufnahme der Flüssigkeit
erfolgte ausserordentlich langsam, 21 Unzen brauchten ca. 8 / 4 Stunden;
Medikamente wurden nur behalten, wenn dieselben mit dem Darmsaft
gemischt waren. Am 2. Dezember wurde auf der Seite der Fistel in
der Ausdehnung von 3 Zoll reseziert und die abdominale Wunde ge¬
schlossen. Patientin fühlte sich besser, auch Stuhl trat spontan auf;
nach einigen Tagen begannen wieder Schmerzen im unteren Anteile des
Abdomens, die Temperatur wurde schwankend, bis nach einigen Tagen
eine reichliche Quantität Eiters mit dem Urin abging, geringe Mengen
kamen noch in den nächsten Tagen nach. Von da an besserte sich der
Zustand kontinuierlich und Patientin wurde im November geheilt ent¬
lassen. B[errnstadt (Wien).
Sarcoma colli uteri hydropicum papillare. Von Josef Lovrich.
Orvosi Hetilap, 1907, No. 38.
Das traubenartige Uterussarkom ist eines der seltensten Gebär¬
muttererkrankungen ; eben deshalb ist jeder bezügliche Fall von grossem
Interesse. Der Fall, den Yerf. an der I. gynäkologischen Klinik zu
Budapest beobachtete, bezieht sich auf eine 16 jährige Nullipara und
dauert schon 2 Jahre. Das Mädchen fiel während einer Bicykelfahrt
und blutete damals 14 Tage. Es wurden ihr während eines Jahres 11 mal
anfangs eine, später mehrere Polypen aus der Vagina entfernt. Bei der
Untersuchung war die Vagina mit einem traubenartigen weichen Tumor
sozusagen ganz ausgefüllt, woraus auf Sarcoma botryoides (Pfannen¬
stiel) die Diagnose gestellt wurde, was auch die mikroskopische Unter¬
suchung bestätigte, die überall teils rundzellige, teils fusiforme embryo¬
nale Bindegewebszellen in myxomatöser Degeneration nachwies; die ein¬
zelnen Zellen stehen durch sternförmige Fortsätze miteinander in Yer-
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bindung. Blut- und Lymphgefässe sind nicht sehr zahlreich, im
Grundgewebe ist weder Muskel- noch Knorpelgewebe vorzufinden; die
Oberfläche ist mit Cylinderepithel bedeckt, stellenweise Drüsenkanälchen
bildend, wie es im cervicalen Endometrium vorzukommen pflegt. Der
Tumor ist kein gutartiger, sondern ein myxomatöses Sarkom, dessen
Malignität auch der Umstand beweist, dass eine Woche nach der Ent¬
fernung der aus dem Muttermund heraushängenden Gebilde dieselben
schon wieder neugebildet waren. Durch Totalexstirpation wurde der
Tumor samt dem Uterus und den Adnexen entfernt. Die Patientin be¬
findet sich 3 Wochen nach der Operation gut, obzwar die Anämie nicht
nachliess. J. Honig (Budapest).
Ueber Exacerbation latenter Gonorrhoe nach der Entbindung. Von
B. Löwenheim. Arch. f. Derm. u. Syph., Bd. LXXXIV, 1907.
L. berichtet über 6 Ehemänner, welche sich sämtlich beim ersten
Coitus nach der Geburt des ersten ehelichen Kindes bei ihren Ehe¬
frauen infiziert hatten, obwohl sie alle noch kurze Zeit vor dem Partus
ehelichen Verkehr gepflogen hatten und dabei gesund geblieben waren.
Fünf dieser Frauen litten sicher, eine nicht untersuchte wahrscheinlich
an Endometritis und Urethritis. Es scheinen also Geburten Gelegenheit
zur Ausbreitung und Verschlimmerung der früheren Krankheit zu bieten,
deren Beste irgendwo, z. B. in den Bartholin'sehen Drüsen, versteckt
gewesen sind. von Hofmann (Wien).
Suppurating vaginal cysts. Von J. B. Heller. Brit. Med. Journ.
13. Juli 1907.
Ein 17 Jahre altes Mädchen erkrankte an purulenter Leukorrhoe,
per rectum liess sich in der Vagina eine weiche, ovale Schwellung tasten,
dieselbe lag zwischen Blase und vorderer Vaginal wand und hatte eine
schmale Oeffnung nahe dem Orificium uteri. Der Abscess wurde durch
Inzision geheilt.
Der 2. Fall betrifft eine 37 Jahre alte Frau, bei der ohne vorher¬
gegangene Beschwerden eine vaginale Hämorrhagie auftrat, an die sich
eine purulente vaginale Sekretion mit Rötung und Schwellung der Vulva
und des Peritoneums anschloss: die vordere Vaginalwand war durch eine
Cyste vorgewölbt, dieselbe wurde inzidiert, worauf sich reichlich Eiter
entleerte. Die Heilung trat durch Granulationsbildung ein. Der Aus¬
gangspunkt beider Cysten war wahrscheinlich der Gärtnerische Gang;
Gonorrhoe bestand nicht.
Abgesehen von Schwangerschaft und Puerperalprozess treten jauchige
Sekretionen aus folgenden Ursachen auf: 1. Zurückgebliebene Pessare
oder Fremdkörper; 2. maligne Erkrankung; 3. nekrotische Veränderungen
in Myomen oder Polypen; 4. Sekretion aus einem Sinus oder einer
Fistel. Herrnstadt (Wien).
Ueber Blutungen aus den weiblichen Genitalien bei Syphilis. Von
A. D reg er. Dermat. Zeitschr., H. 8, 1906.
D. behandelte eine Dame, welche an Erscheinungen sekundärer
Syphilis und heftigen Genitalblutungen litt. Durch antiluetische Behand¬
lung wurde die Patientin vollständig geheilt. Im Anschluss an diesen
Fall referiert D. 13 ähnliche Krankengeschichten aus der ausländischen
Literatur. von Hofmann (Wien).
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Die Frage der künstlichen Unterbrechung der Schwangerschaft
bei Tuberkulösen. Von J. Frigyesi. Orvosi Hetilap, No. 34 f
1907.
Das gemeinsame Vorkommen der Schwangerschaft und Lungentuber¬
kulose bewirkt oft schwere Komplikationen. In den schweren Tuber¬
kulosefällen erfolgt der Erfahrung gemäss ziemlich oft die spontane
Unterbrechung der Schwangerschaft. Die Ursachen der Unterbrechung
sind oft das Herabkommen des Organismus, die Insuffizienz der Herz¬
tätigkeit , die Temperaturerhöhungen oder die Sättigung des Blutes
mit Kohlensäure. Unter dem Einfluss der Schwangerschaft werden alte
tuberkulöse Prozesse acut, vorhandene werden ernster und sehr oft
zeigen sich während der Schwangerschaft die ersten Zeichen der Tuber¬
kulose. Aber nicht nur während der Schwangerschaft, sondern auch
während der Geburt und im Kindbett gelangt eine ganze Reihe der
Schädlichkeiten zur Geltung, die der Progredienz des Lungenprozesses
Vorschub leisten und im vorgeschrittenem Stadium eine Herzschwäche
bewirken. Es gibt aber beginnende, ganz zirkumskripte Prozesse, die
unter der Einwirkung der Gravidität sich nicht verschlimmern. Die
Frage, ob in gewissen Fällen durch Unterbrechung der Schwangerschaft
der Lungenprozess zum Stillstand gebracht werden könnte und in welchen
Fällen der Versuch einer solchen Unterbrechung berechtigt wäre, kann
im allgemeinen nicht festgestellt werden, sondern nur von Fall zu Fall
nach genauer Erwägung der bezüglichen Verhältnisse. Eine ausschlag¬
gebende Rolle spielt bei der Indikationsstellung der Zustand der Lungen¬
tuberkulose und besonders der Zeitpunkt der Schwangerschaft. Im
letzten Stadium der Lungentuberkulose, in den ganz hoffnungslosen
Fällen kann der Prozess auch durch die Unterbrechung der Schwanger¬
schaft nicht zum Stillstand gebracht werden. In den Fällen, wo auf
Heilung oder dauernder Besserung Aussicht vorhanden ist, kommt die
Frage der Unterbrechung nur dort in Betracht, wo die Zeichen der
Progredienz des Lungenprozesses und der Abnahme der Körperkräfte
zu beobachten sind und wo gegen diesen Zustand die zur Verfügung
stehenden medizinalen und hygienischen Verfahren ohne Erfolg versucht
worden sind. Am geringsten ist die Gefahr der Unterbrechung der
Schwangerschaft in den ersten 6—8 Wochen, während dieser Zeit
aber fehlt die Möglichkeit die eventuelle Verschlimmerung des Lungen¬
prozesses zu beobachten. Es können daher nur die Fälle den Gegenstand
der Indikation bilden, bei denen die Erfahrung während den vorher¬
gegangenen Schwangerschaften die bedeutende Verschlimmerung des
Lungenprozesses rechtfertigt. In den späteren (3.—5.) Monaten ist
die Unterbrechung der Schwangerschaft schon kein gefahrloser Ein¬
griff, aber der Organismus ist in einer noch besseren Kondition, als er
es bei dem acuten und progredienten Prozess am Ende der Gravidität
wäre, und in dieser Zeit ist auch das Wochenbett von viel milderem
Verlauf als nach der normalen Geburt. Im letzten Monat der Schwanger¬
schaft scheint es nicht opportun, die Schwangerschaft zu unterbrechen,
die künstliche Frühgeburt geht besonders infolge des protrahierten Ver¬
laufes gewöhnlich mit grösseren Gefahren für den geschwächten Organis¬
mus einher als die normale Geburt. J. Honig (Budapest).
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877
III. Bücherbesprechungen.
Anleitung zur Diagnostik der Magen-, Darm- und Konstitntions-
krankheiten. Ein Leitfaden für Studierende und Aerzte von Gaston
Graul. Würzburg, A. Stübers Verlag (Curt Kabitzsch). Preis
broch. 4-50 M., geb. 5 M., 183 Seiten.
Das vorliegende Büchlein bildet die notwendige Ergänzung zu den
von demselben Autor früher herausgegebenen und an dieser Stelle be¬
sprochenen Schriften: Einführung in das Wesen der Magen-, Darm¬
und Konstitutionskrankbeiten und die Therapie derselben. Diese nicht
im Wesen der Materie begründete Teilung ist wenig praktisch, weil
sie den Lernenden zwingt, an drei Orten über den gleichen Gegenstand
nachzulesen, und gelegentliche Wiederholungen kaum vermeiden lässt.
Von den Untersuchungsmethoden sind die für den Praktiker wich¬
tigen und darunter im wesentlichen diejenigen besprochen, deren sich
Verf. selbst bedient. Bei der Diagnose des Sanduhrmagens könnte mit
Hinweis auf die Veröffentlichungen von Rieder die Bedeutung der
Röntgenuntersuchung mehr betont werden. Bei der Spekulumunter¬
suchung des Mastdarms sind die durch Einfügung einer Aufblähungs¬
vorrichtung von Strauss u. a. vervollkommneten Instrumente leider
nicht angeführt. F. Perutz (München).
Funktionelle Behandlung der Skoliose. Von Klapp. Jena, G.
Fischer, 1907. 95 S. mit 44 Abbildungen.
Die von Klapp ausgearbeitete sogenannte „ Kriechmethode tt zur
Behandlung der Skoliose hat von vielen Seiten zum Teil in reklame-
hafter Weise eine Darstellung gefunden, die, wie Verf. selbst sagt, der
Methode nur schaden kann. Die Kritik, welche an das Verfahren ge¬
legt wurde, würdigt Klapp in vorliegendem Buche und versucht, die
Einwände zu widerlegen. In dem Bestreben, in sozialer Fürsorge allen
verkrümmten Kindern zu helfen, geht Klapp mit allen Orthopäden Hand
in Hand. Auf Widerspruch dürfte er aber stossen, wenn er dem prak¬
tischen Arzte bzw. dem von ihm angelernten, nicht ärztlichen Pflege¬
personal die Behandlung an vertrauen will. Einmal dürfte es zur Aus¬
führung der empfohlenen Handlungsweise dem Praktiker an der Zeit fehlen,
ferner aber ist nach Klapp’s Empfehlung vor jeder Sitzung eine Heiss¬
luftbehandlung des Rückens erforderlich und die Anschaffung, Instand¬
haltung und Bedienung dieses Apparates würde vielleicht umständlicher
sein als bei manchen bisher üblichen Vorrichtungen. Klapp empfiehlt
übrigens in dem Buche neben den Kriechbewegungen auch die sonst
üblichen Korrekturbewegungen, so dass die Behandlung in Zukunft nach
seinen Angaben nur durch Hinzunahme der Heissluftanwendung und
der Bewegungen in Kriechstellung verändert erscheint. Die Zweck¬
mässigkeit dieser Bewegungen zu beurteilen, ist hier nicht der Platz, so¬
viel sei aber hervorgehoben, dass der Aufenthalt am Fussboden, die un¬
vermeidliche Staubentwicklung und die Einatmung etwaiger verstreuter
Keime, die bei der kräftigen Bewegung besonders tief sein dürfte,
manche Gefahren in sich bergen. Muskat (Berlin).
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Die Technik der Extensionsverbände bei der Behandlung der Frak¬
turen und Luxationen der Extremitäten. Von Geh. Medizinalrat
Dr. B. Bardenheuer, Professor der Chirurgie, und Stabsarzt Dr.
R. Graessner, Dozent der Chirurgie an der Akademie für prak¬
tische Aerzte in Köln. Dritte vollständig umgearbeitete Auflage.
Stuttgart, Ferdinand Enke, 1907.
Dass nach Jahresfrist eine neue Auflage der Extensionstechnik not¬
wendig wurde, ist sicher ein Beweis für das zunehmende Interesse der
Aerzteschaft an Bardenheuer’s Frakturbehandlung. Es hat gewiss
seine grossen Schwierigkeiten, eine den meisten Aerzten ganz fremde
und neue, auch nicht immer ganz einfache Behandlungsmethode rein
theoretisch klarzulegen, doch muss man anerkennen, dass es Barden¬
heuer und seinem Mitarbeiter Graessner glänzend gelungen ist,
diese Klippe zu umgehen. In kurzer, sehr übersichtlich klarer Weise,
unterstützt von einer grossen Anzahl recht instruktiver Bilder, wird die
Extensionstechnik besprochen und klargelegt. Bei verhältnismässig recht
geringem Umfange des Büchleins ist doch die Extensionstechnik voll¬
kommen besprochen, so dass auch die neue, wirklich vollständig umge¬
arbeitete Auflage allen Aerzten, die sich für das Bardenh euer ’sche
Verfahren interessieren, in erster Linie den Chirurgen, wärmstens emp¬
fohlen werden kann. E. Venus (Wien).
Traitemeiit de l’otite adhäsive par la thiosinamine. Von Andre
Ho re au. Inauguraldissertation. Paris, G. Steinheil, 1907.
Zu den unleugbaren Vorteilen der österreichischen medizinischen
Studienordnung gehört der, dass sie keine Inauguraldissertationen kennt.
Die Inauguraldissertationen machen niemandem Freude, weder dem
Kliniker, der sie anregen, beaufsichtigen und zum grossen Teile aus¬
arbeiten muss, noch dem jungen Arzte, der, kaum den Examina ent¬
ronnen, gezwungen wird, mit einem ihm vielleicht gar nicht genehmen
Thema die Literatur zu bereichern, noch auch dem Leser. Sie sind alle
nach demselben Rezepte gemacht, ganz ähnlich den deutschen Aufsätzen
der Obergymnasiasten, und wenn man eine vor 100 Jahren erschienene
Inauguraldissertation in die Hand bekommt, so gleicht sie in ihrer Kon¬
zeption und Aufbau einer aus dem Jahre 1907 auf ein Haar, nur das
Thema wechselt. Auch Horeau’ß Dissertation beginnt mit dem Kapitel
Historique, welches eine Würdigung der bisher über das Thiosinamin
vorhandenen Literatur enthält. Gleich hier sei rühmend hervorgehoben,
dass H. sich dieser Aufgabe mit Fleiss unterzogen und tatsächlich die
ganze Literatur berücksichtigt hat, auch, was nicht bei allen Autoren
der Fall ist, die fremdsprachige; nur sind einzelne Namen ziemlich ver¬
stümmelt wiedergegeben. Dann folgt eine kurze Exposition über Pharma¬
kologie des Thiosinamins, die sich ebenso ausführlich in den von der
Firma L. Merck, Darmstadt, herausgegebenen Jahresberichten findet, und
hierauf eine den Hauptteil der Arbeit ausmachende Darstellung der
Otitis chronica adhaesiva. Ultra posse nemo teneatur! Was in diesem
Kapitel richtig ist, ist nicht neu, Horeau ist so vernünftig, sich hier
an Pollitzer und Brühl, Trautmann u. a. zu halten; was aber
neu ist, ist nicht immer richtig. Es ist z. B. unrichtig, dass die Otitis
chronica adhaesiva meist (le plus souvent) einseitig auftritt, und dieser
Fehler wird auch durch den gleich folgenden Satz, dass sie nichtsdesto-
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weniger oft doppelseitig vorkommt, nicht gemildert, dagegen tritt die zu
ihr in Gegensatz gestellte typische labyrinthäre Taubheit sehr häufig
einseitig auf. Sehr lückenhaft ist auch die Darstellung der Stimmgabel¬
prüfung; sich auf den Web ergehen, R i n n e 'sehen, Schwabach-
schen und Gelle’schen Versuch zu beschränken, würde zu recht folgen¬
schweren Irrtümern führen.
Der Thiosinaminbehandlung der adhäsiven Otitis sind inklusive
Kasuistik von 66 Seiten genau 15 gewidmet. Wir erfahren hier, dass
Horeau, da sich nach den vorliegenden Literaturberichten die hypo-
dermatische Applikation des Thiosinamins als unwirksam erwiesen hat,
dasselbe in 15 °/ 0 alkoholischer Lösung zu Ohrbädern verwendet und
bemerkt hat, dass selbst in Fällen, wo das Trommelfell intakt war, die
medikamentöse Substanz die Membran durchdrang und auf Adhäsivpro¬
zesse in der Paukenhöhle günstig wirkte. Auf welche Weise er diese
mit der Histologie des Trommelfells und den bisherigen Erfahrungen in
Widerspruch stehende Beobachtung gemacht hat, bleibt uns bedauerlicher¬
weise vorenthalten. Dagegen lesen wir, dass bei einem Kranken mit
trockener Perforation nach Einträufelung der Lösung wieder Otorrhoe
auftrat, was keinen Otiater sonderlich wundern kann.
Ebenso lückenhaft sind die Berichte über die 10 Beobachtungen
(darunter nur zwei eigene); dass man bei Hörprüfungen, wo die angeb¬
lich erzielten Gehörverbesserungen nach Zentimetern zählen, sich nicht
mit der Sprache (M dürfte wohl murmure bedeuten, Näheres ist nicht
angegeben) begnügen darf, sondern zum mindesten einen Hörmesser ver¬
wenden muss, ist klar. Uebrigens sind die Erfolge durchaus nicht
glänzend; der beste ist von 0,25 auf 0,90 m. Da gleichzeitig Massage
angewendet wurde, auch bei Otosklerose Schwankungen des Gehörs im
Bereiche so kleiner Grenzen Vorkommen, so beweisen sie für die Thio-
sinaminbehandlung gar nichts.
Es tut mir leid, kein günstigeres Urteil über Horeau’s Arbeit
abgeben zu können; mein Tadel soll auch nicht so sehr den jungen
Autor treffen, der vielleicht einmal Gutes leisten wird, sondern vielmehr
an einem schlagenden Beispiele die Senilität und Verkehrtheit des In¬
stitutes der Inauguraldissertationen ad oculos demonstrieren.
R. Imhofer (Prag).
Inhalt.
I. Sammel-Referate.
Zesas, D. G., Die neueren Forschungen
auf dem Gebiete der Osteomalacie,
p. 849—858.
II. Referate.
A. Gefässe, Blut.
Bickhardt, J. u. Schümann, E., Bei¬
träge zur Pathologie des Aneurysmas der
Arteria hepatica propria, p. 859.
Scurati, Aneurysma inguinale. Estir-
pazione. Guarigione, p. 859.
Lediard, H. A., Spontaneous aneurysm
of the popliteal artery treated by ex-
stirpation, p. 860.
Moszkowicz, L., Die Diagnose des
Arterienverschlusses bei Gangraena
pedis, p. 861.
Jordan, M., Die Ligatur der Carotis
communis. (Eine neue Methode zur
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880
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Orientierung über eventuelle Zirkula¬
tionsstörungen), p. 861.
Offergeld, Ueber die Unterbindung der
grossen Gefasse des Unterleibes, p. 862.
Benedikt, H., Periarteriitis nodosa,
p. 862.
Draudt, M., Ueber Cavaresektion in
einem Fall von Mischgeschwulst der
Nierenkapsel, p. 863.
Bockenheimer, Pb., Beitrag zur Be¬
einflussung der Colibaktericidie des
Menschenserums durch chirurgische
Operationen, p. 864.
Sjöwall, S., Ett fall af blyförgiftning
genom s. k. Burowslösning, p. 864.
Feleki, H., Die Anwendung der künst¬
lichen Hyperämie (Bier’sches Verfahren)
in der Therapie einzelner Geschlechts¬
krankheiten, 865.
B. Pankreas.
Thelemann, Ueber accessoriscbes Pan¬
kreas in der Magenwand, p. 866.
Bornhaupt, L., Zur Kasuistik der sog.
acuten Pankreatitis, p. 866.
Naumann, G., Pancreatitis haemorrha-
gica acuta. Laparotomi och drainage,
p. 866.
Robson, A. W. M., Pancreatitis due to
direct eztension of a malignant growth
of the gall-bladder along the common
bile and pancreatic ducts, p. 867.
Philipps, S., Some affections of the
pancreas, p. 868.
Co wen, G. H., Case of subcutaneous
injury of the pancreas. Operation, re¬
covery, p. 870.
C. Weibliches Genitale, Gravidität.
Morris, R. T., A case of heteroplastic
ovarian grafting, followed by pregnancy
and the delivery of a living child, p. 870.
Sutcliffe, W. G., A case of twisted
ovarian pedicle in a child aged three
years, p. 871.
Tuffier, Kyste de Povaire contenant
94 litres de liquide, p. 871.
MacGillivray, Ch. W., Case of mul-
tilocular ovarian cyst successfully remo-
ved from an infantaged 11 months, p. 871.
T h y n e, W., A case of paratyphoid fever
following the removal of an ovarian
cyst, p. 872.
T r i 11 a t, Etüde des quelques points con-
ceraant les troubles urinaires dans la
retroversion de Puterus gravide, p. 872.
Wallace, J. W., Uterine abscess, me-
tritis dissecans, p. 873.
Clarke, W. B., Intraperitoneal bleeding
from a uterine fibroid, with acute disten-
sion of the abdomen, p. 873.
Lovrich, J., Sarcoma colli uteri hydro-
picum papillare, p. 874.
Löwenheim, B., Ueber Exacerbation
latenter Gonorrhoe nach der Entbindung,
p- 875-
Heller, J. B., Suppurating vaginal cysts,
P . 875.
Dreger, A., Ueber Blutungen aus den
weiblichen Genitalien bei Syphilis, p. 875.
Frigyesi, J., Die Frage der künstlichen
Unterbrechung der Schwangerschaft bei
Tuberkulösen, p. 876.
111. Bücherbesprechungen.
Graul, G., Anleitung zur Diagnostik der
Magen-, Darm- und Konstitutionskrank¬
heiten, p. 877.
Klapp, Funktionelle Behandlung der
Skoliose, p. 877.
Bardenheuer, B. u. Graessner, R.,
Die Technik der Extensionsverbände
bei der Behandlung der Frakturen und
Luxationen der Extremitäten, p. 878.
Ho re au, A., Traitement de Totite ad¬
häsive par la thiosinamine, p. 878.
Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Professor
Dr. HERMANN SCHLESINGER, Wien, I, Ebendorferstrasse 10, wird gebeten.
Man bittet, redaktionelle Zuschriften mit dem Adressenzusatz „Für die Redaktion des
Centralblattes für die Grenzgebiete“ versehen zu wollen.
Lippert & Co. (G. Pätz’sche Buchdr.), Naumburg a. S.
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CENTRALBLATT
für die
Qrenzgebiete der Medizin u. Chirurgie.
Heranagegeben von
Dr. Hermann Schlesinger,
ProftMor an dar Univmitat Wien.
Verlag von GUSTAV FISCHES in Jen«.
X. Band.
Jena, 19. Dezember 1907.
Nr. 28.
Das Centralblatt für die Grenzgebiete der Medizin und Chirurgie erscheint in
zwanglosen Heften im Umfange von etwa 3 Druckbogen, die zu einem Bande
vereinigt werden, dessen Umfang 60 Druckbogen betragen wird. Das Abonne¬
ment für das Centralblatt kostet 24 Mark für den Band. — Die Abnehmer
der Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, herausgegeben
von A. von Eiseisberg und B. Naunyn, erhalten das Centralblatt
zum Vorzugspreise von 20 Mark.
L Sammel - Referate.
Die neueren Forschungen auf dem Gebiete
der Osteomalacie.
I. Teil: Aetiologie und pathologische Anatomie.
Von Denis G. Zesas (Lausanne).
(Schluss.)
Literatur.
191) Morand, Histoire de la maladie singuliere et de l’examen du cadavre
d'une femme devenue en peu de temps toute contrefaite par un ramollissement general
des os. Paris 1752.
192) Ders., Lettre ä Mr. Leroy sur la femme Supiot. Paris 1753. Mem. de
Pacademie des Sciences 1753.
193) Neumann, Quantitative Bestimmungen des Calciums, Magnesiums und
der Phosphorsäure im Harn und Kot bei Osteomalacie. Archiv f. Gynäk., Bd. XLVII.
194) Ders., Weitere Beiträge zur Lehre von der Osteomalacie. Archiv f.
Gynäk., Bd. L.
195) Ders., Weitere Beiträge über die Stoffwechselverhältnisse bei puerperaler
Osteomalacie. Archiv f. Gynäk., Bd. LI.
196) Ders., Ein Fall von puerperaler Osteomalacie. Pester med. chirurgische
Presse 1901.
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198) Nerard, Observation d*un cas d’osteomalacie. Gaz. möd. de Lyon 1867.
I 99 J Niederer, Ueber die Osteomalacie eines Beckens nach den Pubertäts¬
jahren einer Jungfrau. Dissert. Bern 1848.
200) Neumann und Vas, Ueber die Ausscheidung des Calciums und Magne¬
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Bd. III.
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Zeitschrift f. Geburtsh. u. Gynäk. 1894, Bd. XXX.
Centralblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. b6
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882
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203) Polgar, Die Heilung der Osteomalacie mittels Kastration. Archiv f.
Gynäk., Bd. XLIX.
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Revue'mensuelle des maladies de'l’enfance 1895.
205) Pommer, Ueber Untersuchungen von Osteomalacie u. Rachitis. Leipzig 1885.
206) Poppe, Ueber die Kastration bei Osteomalacie. Dissert Freiburg 1895.
207) Priesberger, Sechs Falle von Osteomalacie. Correspondenzblatt für
\Yürttemberg 1885.
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einer Nullipara. Centralbl. f. Gynäk. 1894.
209) Pagenstecher, Ein Beitrag zur Statistik des Kaiserschnittes nebst einem
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Bd. XIX.
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211) Porro, Della amputazione utero - ovarica come complemento di taglia
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Wochenschrift 1882.
217) Rehn, Ueber Osteomalacie im Kindesalter. Jahrbuch f. Kinderheilk.,
Bd. XIX.
218) Rissmann, Initialsymptome der Osteomalacie. Monatsschrift für Geburts¬
hilfe und Gynäkologie, Bd. VI.
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burtshilfe, Bd. XLVIII.
220) Ribbert, Anatomische Untersuchungen Über die Osteomalacie. Centralbl.
f. Gynäk. 1895.
221) Rite hie, Osteomalacie. Aetiologie und deren Behandlung. Edinburg
med. Journal, Bd. XLIX.
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224) Runge, Lehrbuch der Geburtshilfe 1891.
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de möd. 1904.
226) Recklinghausen, v., Die fibröse oder deformierende Ostitis, die Osteo¬
malacie und die osteoplastische Carcinose in ihren gegenseitigen Beziehungen. Fest¬
schrift für R. Virchow. Berlin 1901.
227) Rehn, Ein Fall von Osteomalacie. Jahrbuch f. Kinderheilk., Bd. XII.
228) Rindfleisch, Die Auflösung des Knochengewebes in der Osteomalacie
nebst Bemerkungen über das centrale Osteosarkom. Sch. Zeitschrift, Bd. III.
229) Roloff, Ueber Rachitis und Osteomalacie. Virchow’s Archiv, Bd. XXXVII.
230) Ders., Ueber Osteomalacie und Rachitis. Berl. Archiv f. Tierheilk., Bd. V.
231) Rossier, Anatomische Untersuchungen der Ovarien in Fällen von Osteo¬
malacie. Archiv f. Gynäk., Bd. XLVIII.
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klin. Wochenschrift 1901.
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Geburtshilfe und Gynäkologie, Bd. XXXIX.
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und multiplen Frakturen. Archiv f. path. Anatomie 1901.
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243) Stieda, Zur osteomalacischen Lähmung. Monatsschrift für Geburtsh. und
Gynäk. 1898.
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Wochenschrift 1898.
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256) Senator, Osteomalacie. Ziemssens Handbuch 1875.
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säureverabreichung auf die Knochen der Pflanzenfresser. Berliner Archiv f. Tierheilk.,
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259) Sturm, Die Osteomalacia adultorum. Dissert. Herbipoli 1841.
260) Schmieden, Beitrag zur Kenntnis der Osteomalacia chronica deformans
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261) Schottländer, Kasuistischer Beitrag zur Lehre von der Osteomalacie.
Zeitschrift für Geburtshilfe und Gynäkologie, Bd. XXXVII.
262) S c h a r fe, Osteomalacische Ovarien. Beiträge zur Geburtshilfe und Gynä¬
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263) Schramm, Ein Fall von Osteomalacie. Przeglad lekarski 1881.
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burtshilfe und Gynäkologie, Bd. VII.
270) Till mann, Die Verletzungen und chirurgischen Krankheiten des Beckens.
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272) Tepling, Ueber puerperale Osteomalacie. Dissert. Berlin 1898.
273) Thiem, Osteomalacie nach Trauma. Centralbl. f. Gynäk. 1896.
274) Thorn, Zur Kasuistik der Kastration bei Osteomalacie. Centralbl. f.
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Gynäk. 1890.
277) Ders., Zwei Fälle von Kastration wegen Osteomalacie. Archiv f. Gynäk.,
Bd. XXXIX.
56*
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280) Trotta, Wirkung der Chloroformnarkose bei der Osteomalacie. Archiv,
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281) Toussaint und Tripier, Sur les effets de l'acide lactique au point de
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282) T i 11 m a n n s, Ueber den Einfluss der Kohlensäure auf das Knochengewebe.
Deutsche Zeitschrift für Chirurgie, Bd. VII.
283) Thorn, Zur Kasuistik der Kastration bei Osteomalacie. Centralbl. f.
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284) Thomsen, Krebsige Osteomalacie. Archiv f. klin. Chirurgie, Bd. XIII.
285) Tendlan, Hochgradige Osteomalacie. Centralbl. f. Chirurgie 1901.
286) Velits, Ueber die Heilung der Osteomalacie im Anschluss an zwei durch
Kastration geheilte Fälle. Zeitschrift für Geburtsh. und Gynäk., Bd. XXIU.
287) Ders., Weitere Beiträge zur operativen Behandlung der Osteomalacie.
Pester med. Chirurg. Presse 1893.
288) Ders., Weitere Beiträge zur chirurgischen Behandlung der Knochen¬
erweichung (Osteomalacie). Ung. Archiv f. Med. 1893— 94 -
289) Virchow, Ueber parenchymatöse Entzündung. Virchow’s Archiv, Bd. IV.
290) Ders., Ueber das Vorkommen des sogenannten Bence-Jones T schen Eiweiss¬
körpers im osteomalacischen Knochen. Virchow’s Archiv, Bd. LXXX.
291) Ders., Ueber die Ursache der Osteomalacie. Berl. klin. Wochenschr. 1897.
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klin. Wochenschrift 1900.
293) Weber, Zur Kenntnis der Osteomalacie, insbesondere der senilen, und
über das Vorkommen von Milchsäure in osteomalacischen Knochen. Virchow’s Archiv,
Bd. XXXVIII.
294) Weber-Ebenhof, v., Die Osteomalacie mit besonderer Rücksicht auf
dehnbare sogenannte Gummibecken. Prager Vierteljahrsschrift f. prakt. Heilkunde 1873.
295 ) Weil, Osteomalacie und Kastration. Prager med. Wochenschrift 1895.
296) W e i s k e, Osteomalacie und Rachitis. Zeitschrift f. Biologie, Bd. VII u. VIII.
297) Ders., Einige Bemerkungen zu F. Roloffs Arbeit über Osteomalacie und
Rachitis. Archiv f. Tierheilk. 1875.
298) Weiss, Beitrag zur Heilung der Osteomalacie. Wiener klin. Wochen¬
schrift, No. 23.
299) Wetze 1 , Ueber Osteomalacie. Münchener med. Wochenschrift 1899.
300) Winkel, Ueber einen exquisiten Fall von chronischer Osteomalacie nebst
Beschreibung des ausserordentlich dehnbaren Beckens. Monatsschrift für Geburtshilfe,
Bd. XXIII.
301) Winkel, v., Klinische Beobachtungen zur Dystokie durch Beckenenge.
Leipzig 1882.
302) Ders., Lehrbuch der Geburtshilfe. Leipzig 1889.
303) Ders., Ursache der Osteomalacie. Verhandlungen des intemat. Kongresses
zu Berlin 1890.
304) Ders., Ueber die Erfolge der Kastration bei der Osteomalacie. Volk-
mann’s Sammlung klin. Vorträge 1893.
305) Wulff, Zur Kasuistik der progressiven Osteomalacie beim Manne. St.
Petersburger med. Wochenschrift 1882.
306) Wal eher, Ueber den gegenwärtigen Stand der Kastrationsfrage. Corre-
spondenzbl. d. Würt. ärztl. Landesvereins 1887.
307) Weissmayer, Osteomalacie bei einem Manne. Centralbl. f. Gynäk. 1895.
308) Weiss, Beiträge zur Therapie der Osteomalacie. Centralbl. f. Gynäk. 1895.
309) Widmer, Fünf Fälle von Kaiserschnitt. Archiv f. Gynäk., Bd. XXX.
310) Winternitz, Ein Kaiserschnitt mit günstigem Ausgang für Mutter und
Kind. Deutsche med. Wochenschrift 1892.
311) Wiedow, Veränderung der Indikationsstellung zum Kaiserschnitt. Cen¬
tralbl. f. Gynäk. 1887.
312) Ziegler, Lehrbuch der speziellen pathologischen Anatomie.
313) Ders., Ueber Proliferation, Metaplasie und Resorption des Knochen¬
gewebes. Virchow’s Archiv, Bd. LXXIII.
314) Zuntz und Casper, Entstehung von Osteomalacie bei Tieren durch Ein¬
führung von Oxalsäure. Berliner klin. Wochenschrift 1897.
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885
315) Zweifel, Ein Fall von Osteomalacie. Centralbl. f. Gynäk. 1890.
316) Ders., Lehrbuch der Geburtshilfe.
317) Zesas, Coxa vara. Centralblatt für die Grenzgebiete der Medizin und
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319J Gu^rin, Die Rachitis. Nordhausen 1862 (übersetzt von Weber).
320) Hanau, Ueber Knochenveränderungen in der Schwangerschaft. Fort¬
schritte der Medizin 1892, No. 7.
321) Stilling und Me ring, v., Ueber exper. Erzeug, d. Osteomalacie. Cen¬
tralblatt für die med. Wissenschaften 1889, Bd. XXXVII.
322) Strohmann, Ueber Knochenbrüchigkeit erzeugendes Heu. Zeitschrift des
landw. Centralvereins der Provinz Sachsen 1869.
323) Seil heim, Kastration und Knochenwachstum. Hegar’s Beiträge z. Geb.
u. Gyn. 1899.
324) Hoennicke, Ueber das Wesen der Osteomalacie. Halle 1905.
325) Comby, Osteomalacie, rachitisme et dilatation de Pestomac. Bull, et
mem. Soc. m£d. des Hopitaux 1887.
326) Ad6nat, Gaz. hebd. de med. et chirurg. Octobre 1900.
327I Rindfleisch, Pathologische Anatomie.
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329) Orth, Pathologisch-anatomische Diagnostik 1894.
330) Riedinger, Handbuch der orth. Chirurgie, Bd. I. Jena 1904.
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332) Hugenberger, Petersb. med. Wochenschrift 1872.
333 ) Schmieden, Beitrag z. Kennt, der Osteom, chron. etc. Revue de med.
et chirurg. 1903.
334) Menetrier u. Gauckler, Deux cas etc. Revue de med. et chirurg. 1903.
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336) Wild, Das puerperale Osteophyt. Dissert. Lausanne 1901.
337) Moers und Muck, Beiträge zur Kenntnis der Osteomalacie.
338) Heuss, Vorkommen der Milchsäure im Harn. Dissert. Bern 1899.
339) Zürn, Zoopathol. und zoophysiol. Untersuchungen, S. 60.
340) Schmidt, Ergebnisse der allg. Pathologie von Lubarsch u. Ostertag 1897.
Infolge der Knochenweichheit und des Knochenschwundes ent*
stehen Deformitäten, Verkrümmungen, Verbiegungen, Knickungen
und Frakturen der osteomalacischen Knochen. Im Beginn des
Leidens handelt es sich wesentlich um Belastungsdeformi¬
täten, die durch das Körpergewicht beim Gehen und Stehen be¬
dingt werden.
Der Lieblingssitz der puerperalen Osteomalacie sind
die Knochen des Beckens. Das Kreuzbein wird unter
dem Druck und der Rumpflast nach vorn und unten getrieben und
das untere Ende derselben beim Sitzen nach oben geknickt. Das
nach abwärts sinkende Kreuzbein zieht die hinteren Teile der Darm¬
beine nach sich. Während aber dadurch beim rachitischen Becken
mit festen Knochen und fehlendem Gegendruck von den Pfannen
aus die grössere Querspannung des Beckens entsteht, verbiegen
sich bei der Osteomalacie die weichen Knochen selbst und es entsteht
eine Knickung der Darmbeine. Dabei werden durch den Gegen¬
druck der Schenkelköpfe die Pfannen nach auf- und einwärts ge-
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drängt und infolge hiervon die Darmbeine noch stärker geknickt
und die Schaufeln gefaltet. Zugleich wird dadurch (häufig zugleich
mit Frakturen) die Symphyse schnabelförmig zugespitzt.
Beim Liegen werden die hintere Kreuzbeinfläche und der hintere
Teil der Darmbeine abgeplattet und mitunter die Proc. spinosi seitlich
umgebogen. Dadurch, dass normalerweise die Schwerlinie der Rumpf¬
last nach hinten von der durch die Acetabula gehenden Unter-
stiitzungsehene fallt, wird bei den erweichten Knochen die Becken¬
neigung hochgradig verringert. Durch Besonderheiten in der Körper¬
haltung, besonders durch anhaltendes Liegen auf einer Seite, aber
auch durch ungleichmäßige Erweichung der einzelnen Beckenteile
werden zahlreiche Asymmetrien und Modifikationen herbeigeführt
(Schröder * 81 )).
Die wichtigsten Veränderungen der einzelnen Knochen sind
folgende:
Das Kreuzbein ist besonders in seinen Flügeln schmal. Die
Wirbelkörper sind ganz ähnlich wie bei hochgradiger Rachitis aus
den Flügeln heraus ins Becken hineiugedrängt, die Wirbelkörper
stehen dabei tiefer als die Flügel, so dass mitunter die Flügel durch
diesen Zug nach unten und vorn eine deutliche Faltung zeigen.
Das Promontorium ist also tief in das Becken hineingesunken, es
steht der Symphyse und der Kreuzbeinspitze näher. Dies letztere
wird einmal durch die Lageveränderung des Promontoriums selbst
bedingt, dann aber auch dadurch, dass das Kreuzbein seiner Länge
nach hochgradig konkav wird, so dass in exquisiten Fällen Promon¬
torium und Kreuzbeinspitze sich fast berühren. Diese starke
Krümmung wird meistens durch einen deutlichen Knick, am häufigsten
im oberen Teil des dritten oder selbst schon des zweiten Kreuzbeinwirbels
bedingt. Dabei sind die Wirbelkörper des Kreuzbeins ebenso wie
die Lendenwirbel von oben nach unten komprimiert und atrophisch.
Die letzteren kommen dadurch, dass das Promontorium tiefer sinkt,
dem Beckeneingang näher, so dass durch die (durch Dorsalkyphose)
kompensierte Lendenlordose der Beckeneingang ähnlich wie beim
spondylolisthetischen Becken und der Pelvis obtecta überdacht
werden kann und die geburtshilfliche Conjugata von der Symphyse nach
einem der letzten Lendenwirbel gezogen werden muss. Erhebliche
Skoliosen sind selten. Die Darmbeinschaufeln sind mitunter klein
mit durchscheinenden Stellen, in anderen Fällen aber auch recht
dick. Die Entfernung der Sp. ant. sup. pflegt etwas kleiner zu sein
als normal, die Entfernung der Cr. ilei in der Regel weit bedeutender
als der Sp. ilei. Dabei zeigen die Darmbeinschaufeln eine von oben
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nach unten sich hinziehende Furche, die sich mitunter gabelig teilt.
Die Spinae post. sup. ragen kaum hinter dem Kreuzbein vor, sondern
sind klein und liegen in einer Ebene mit dem Froc. spin. des letzten
Lendenwirbels. Der Beckenring ist vorn von den Seiten her zu¬
sammengedrückt, so dass die Tub. ileopectinea sich nähern. Die
Pfannen sind nach oben, vorn und einwärts gerückt und der Becken¬
eingang ist schnabelförmig nach der Symphyse zugespitzt. Hierdurch
werden die absteigenden Schambein- und aufsteigenden Sitzbeinäste
sowie die Tub. ischii einander genähert, doch sind die letzteren
meistens etwas nach aussen umgelegt An den schwächsten Stellen
findet man wirkliche Knickungen, mitunter berühren sich auch die
den Schambogen über der schnabelförmigen Sympbyse bildenden
Knochen. Ganz regelmässig zeigen diese Stellen mehr oder weniger
erhebliche Asymmetrien. Die Beckenräume werden hierdurch auf
das stärkste verändert, meistens ist der Ausgang stärker verengt als
der Eingang, seltener ist das Umgekehrte der Fall. Die Gestalt
des Beckeneingangs bekommt dadurch, dass das Promontorium und
die beiden Pfannen sich nähern, eine dreizipfelige Gestalt, so dass
die Verengerung im höchsten Grade Y-förmig wird (Schröder).
Die weichen osteomalacischen Beckenknochen sind bei der Osteo-
malacie zuweilen sehr dehnbar (Gummibecken). Kilian 158 ),
Fehling, Hugenberger 88 *), v. Weber-Ebendorf u. a. haben
über eine derartige Dehnbarkeit der osteomalacischen Knochen
während der Geburt berichtet, so dass die Entbindung trotz hoch¬
gradigster Beckenenge spontan oder mit nur geringem Zangenzug
vonstatten gehen konnte.
Hugenberger zählt 37 derartige Fälle und berechnet ihre
Häufigkeit auf 30% und nach Casati 41 ) soll unter 42 diesbezüg¬
lichen Fällen der Gebäranstalt zu Mailand nur 2 mal der Kaiser¬
schnitt nötig gewesen sein. Fehling mahnt daher mit Becht,
nicht zu früh mit dem Kaiserschnitt zur Hand zu sein.
An der Wirbelsäule nehmen die normalen Krümmungen in krank¬
hafter Weise zu; im Halsteile bildet sich mitunter eine so beträcht¬
liche Verkrümmung heraus, dass sich Kinn und Brustbein berühren
können. Die einzelnen Wirbel sind zusammengedrückt und die
Wirbelsäule ist nach hinten oder nach vorn oder seitlich gekrümmt.
Die ganze Wirbelsäule und mit ihr die Länge des Körpers
verkürzt sich, „die Böcke werden den Frauen zu lang u und da
diese Verkürzung hauptsächlich in der Wirbelsäule infolge einer
Kyphoskoliose stattfindet, so resultiert daraus eine eigentümliche
Disproportion zwischen Bumpf und Beinen, eine mehr oder weniger
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ausgesprochene Knickungsfurche oberhalb der Hüften, rings um die
Taille verlaufend, ähnlich wie bei Spondylolisthesis.*) Die Kippen
biegen sich und brechen teils unter den Zugwirkungen der Ke«
spirationsorgane, teils unter der Last der oberen Extremitäten der¬
gestalt, dass eine nach aussen vorspringende Linie von Bruchstellen
nicht weit von den Köpfchen der Kippen herabläuft, eine zweite
Reihe von Bruchstellen in der Linea axillaris nach einwärts gewendet,
eine dritte Reihe wiederum nach auswärts gerichteter Bruchstellen
in der Parasternallinie gelegen ist (Rindfleisch). Das Brust¬
bein ist verbogen oder winklig geknickt und aus allen diesen Thorax¬
missbildungen gehen Kompressionen und Verschiebung der Lungen
und des Herzens und im Anschluss daran Atemnot, asthmatische
Zufälle, Herzklopfen hervor. Die langen Röhrenknochen der
Extremitäten sind anfangs gewöhulich nur wenig beteiligt, später
pflegen sie zahlreiche Brüche sowie mehrfache Verbiegungen und Ver¬
krümmungen aufzuweisen. Interessant in dieser Richtung sind die
Fälle, wo bei lokalisierten osteomalacischen Knochenherden sich
Coxa vara (Kocher, Hofmeister 817 ), Genua valga (Singer,
Drossbach u. a.) oder Flattfüsse entwickeln. Niemals er*
weichen im Verlauf der Osteomalacie die Zähne und nur selten
— fast niemals bei der puerperalen Form — werden die Schädel¬
knochen ergriffen. „Charakteristisch — schreibt Tillmanns* 70 ) —
ist die Elevation der Schädelbasis, der Rand des Foramen
magnum springt wallartig vor, der Clivus ist emporgehoben oder
rinnenartig vertieft.
Für die Häufigkeit, mit welcher die Erkrankung die einzelnen
Knochen in der puerperalen Osteomalacie ergreift, liefert
Litzmann 166 ) folgende Tabelle:
Die Einochen des Beckens
82
n
„ der Wirbelsäule
46
n
„ des Brustkorbes
26
>?
„ der unteren Extremitäten
15
n
„ der oberen Extremitäten
10
r>
„ des Kopfes
7
Bei der nicht puerperalen Osteomalacie findet eine
grössere Ausdehnung des Krankheitsprozesses über die einzelnen
Teile des Skeletts statt. In diesen Fällen waren erkrankt:
*) Gclpke (s. o.).
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889
Die Knochen des Beckens
40
r
n
der Wirbelsäule
40
w
n
des Brustkorbes
37
n
der unteren Extremitäten
36
n
57
der oberen Extremitäten
30
n
w
des Kopfes
24
Am meisten fällt io dieser Tabelle gegenüber der vorigen die
starke Beteiligung der Extremitätenknochen und der Kopfknochen
auf und es folgt aus derselben, dass bei der nicht puerperalen
Form der Osteomalacie eine viel weiter verbreitete Erkrankung der
Knochen vorliegt als bei der puerperalen.
„Viel weniger als über die Knochen ist uns über das anatomi¬
sche Substrat der Myopathien bekannt“ (Läufer 171 )). Fried-
reich fand die Muskeln atrophisch und teils von hellgelben, teils
von weissen sehnigen Streifen durchsetzt. Er konstatierte ferner
kemreiche Hyperplasie des Perimysium int., an den Muskelelementen
körnig albuminöse Trübung, Wucherung der Muskelkerne und Zerfall
der kontraktilen Substanz. Vierordt ist geneigt, diese Muskel¬
veränderungen beim Fehlen der Entartungsreaktion als sekundäre
Erscheinungen aufzufassen. Befunde über die ne uro histologi¬
schen Verhältnisse fehlen fast gänzlich, nur Hermann Schle¬
singer 358 ) konnte in einem Falle an den frischen peripheren Nerven
(N. ischiadicu8, radialis und ulnaris) Veränderungen wahrnehmen, die
als solche einer degenerativen Neuritis angesehen werden
dürfen.
Die Untersuchung der Ovarien hat bei der Osteomalacie
keine konstanten pathologischen Befunde ergeben.
Die Hyperämie der Beckenorgane, welche Fehling ursprünglich
zur Aufstellung des Begriffes „Hyperaktivität“ der Ovarien bewogen
hatte, wird nicht häufig konstatiert. Ortmann 301 ) hat unter 16
Fällen nur 7 mal eine Erweiterung der Gefässe um die Ovarien be¬
obachtet; Schottländer 380 ) fand in den Eierstöcken von drei
wegen Osteomalacie kastrierten Frauen die als Angiodystrophie be¬
schriebenen Veränderungen: Vergrösserung des Organs, Vermehrung
und hyaline Erkrankung der Getässe, Fehlen von Primordialfollikeln,
kleincystische Degeneration der Graf sehen Follikel und leicht ent¬
zündliche Vorgänge und Blutungen ins Stroma, Heyse 133 ) zeigte,
dass degenerative Zustände an den Ovarialnerven, grosser ßeichtum
an Nerven und Gefässen sowie hyaline Degeneration der Gefäss-
wände (Etossier 233 )) bei der Osteomalacie nicht immer vor¬
handen sind.
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890
„Wenn ich versuchen soll,“ schreibt Schnell** 8 ), „das ein¬
heitliche pathologisch-anatomische Charakterbild unserer osteomalad-
schen Ovarien zu skizzieren, so könnte ich nur sagen, es sind
atrophische Ovarien mit hyalin entartetem Gefassapparat, mit binde¬
gewebiger und späterhin hyaliner Degeneration des Bindenstromas
und mit Follikelschwund. In diesem Bilde stehen die einzelnen Zöge
an Stärke der Ausbildung in geradem Verhältnis zueinander, d. h.
je mehr die Gefässe degeneriert sind, desto mehr ist die Binde
bindegewebig entartet, desto hochgradiger ist der Schwund der
Follikel. Die Beziehungen dieses Befundes zur Erkrankung aber
liegen in der Vorzeitigkeit seines Auftretens.“
Die Gelenke werden nie in die Erkrankung einbezogen,
selbst an den am schwersten erkrankten Knochen bleibt der Gelenk¬
knorpel unverändert, nur bisweilen ist er etwas verdünnt. Gelenk¬
kapsel und Verstärkungsbänder bewahren ihre normale
Beschaffenheit. Bei hochgradiger Osteomalacie sind die Knochen
für die Böntgenstrablen vollständig durchlässig (Berger).
Bemerkenswert ist noch schliesslich, dass man bisweilen eine
sehr hochgradige fettigeDegeneration der Muskeln, besonders
des Beckens und der Oberschenkel, bei Osteomalacie des Beckens
beobachtete; die Glutaeen bildeten in einzelnen Fällen reine Fett¬
bündel.
Was die chemische Konstitution der osteomalaci-
sehen Knochen betrifft, so ist der Wasserlöslichkeit der Knochen¬
substanz, dem auffallend hohen Fettgehalt der malacischen Knochen
und der Angabe, dass die Grundsubstanz in einzelnen Fällen weder
Chondrin noch Glutin gab (Schmidt), Erwähnung zutun. Ueber
den anatomischen Befund der Knochen nach der
Heilung sind die Berichte noch spärlich. Aus Winkel’s Mit¬
teilungen erfahren wir, dass durch die Heilung eine starke Skle¬
rosierung unter Erhaltung der im Verlaufe der Erkrankung ge¬
bildeten Exostosen erfolgt. Rindfleisch hält die cystische
Entartung der Knochen für den Ausdruck einer Heilung und,
bei nicht malacischen Individuen gefunden, für einen Hinweis auf
früher vorhandene Osteomalacie, da bei notorischer Knochen¬
erweichung Cysten auftreten, und zwar nur in späteren Stadien, wo
ein gewisser Stillstand erreicht ist und nach totaler Auflösung des
Markes zu klarer pigmentierter Flüssigkeit eine bindegewebige Kapsel
sich entwickelt.
Die Osteomalacie kann in allen Lebensaltern auftreten,
es sind Fälle aus den Kindeijahren bekannt — die Osteomalacie
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im Säuglingsalter ist nicht mit Sicherheit festgestellt — während
auch das Greisenalter nicht vor Knochenerweichung zu schützen
scheint. Dementsprechend unterscheidet man bei der nicht puer¬
peralen Form der Osteomalacie die infantile, die virile und
die senile Knochenerweichung.
Die ersten klinischen Mitteilungen über die infantile Osteo¬
malacie stammen von Rehn 4ia ) und Siegert 444 ), die ersten
pathologisch-anatomischen Untersuchungen von v. Recklinghausen.
Nach Rehn soll die infantile Osteomalacie nicht selten sein,
sie befällt fast ausschliesslich Kinder weiblichen Geschlechts
im Alter von 1—2 Jahren. Intrauterine Osteomalacie
sämtlicher Knochen, namentlich des Beckens, wurde bei einem aus¬
getragenen weiblichen Kinde von Jürgens 148 ) beobachtet. Zu¬
gunsten der Existenz einer wahren, der puerperalen analogen in¬
fantilen Form der Osteomalacie sprechen v. Recklinghausen’s
Untersuchungen, aus denen hervorgeht, dass die malacischen Zustände
bei Kindern ohne jede rachitische Knorpelveränderung Vorkommen,
sich dabei die „Gitterfiguren“, welche als Merkmal des Knochen¬
abbaues durch Kalkentziehung angesehen werden dürfen, an der
Grenze der osteoiden und kalkhaltigen Lager vorfinden, welche aber
ferner die Lokalitäten berücksichtigen, au welchen die Karminzonen
und reichlichen Gitterbildungen innerhalb der einzelnen Knochen
auftreten: Es ergibt sich, dass es solche Lokalitäten sind, an denen
die grobe Besichtigung nichts von einer Neubildung von Substanz,
sondern nur Rarefizierung (Porosität der Compacta usw.) erkennen
lässt, aber trotzdem nichts von Osteoklasten und Lakunen zu finden
ist. So hat v. Recklinghausen den Begriff der infantilen Osteo¬
malacie nicht nur auf gewisse histologische Zustände rachitischer
Knochen angewendet, sondern für manche Fälle ganz imabhängig von
rachitischen Störungen als eigene Krankheit des Skeletts aufstellen
können, welche an letzterem vollkommen die gleichen bekannten
Difformitäten herbeiführt wie die puerperale Osteomalacie, nämlich
Tiefstand des Kopfes und Auswärtsbiegung der Condylen des Femur,
Schiefheit des Tibiakopfes, die bogenförmigen Diaphysenkrümmungen,
die Umbiegung der platten Knochen in ihren charakteristischen
Erscheinungsformen an Becken, Schulterblatt, Hinterhaupt und
Schädelbasis, die Kyphoskoliose, die Abplattung der Unterschenkel-
und Vorderarmknochen, die Vergrösserung der Fascien- und Sehnen¬
ansätze (Schmidt). Bei der infantilen Osteomalacie herrschen wie
bei der puerperalen Osteomalacie die ResorptionsVorgänge am be¬
reits fertigen Knochen vor, während die Neubildung derTela
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ossea in den Hintergrund tritt. Bei der Rachitis dagegen
sind die Proliferationsvorgänge am periostal wie am
enchondral heran wachsenden Knochengewebe ge*
steigert. Beide Affektionen können auch nebeneinander aufbreten,
so dass wir drei Formen der Knochenerweichung im Kindesalter
unterscheiden können: a) reine Rachitis, b) Rachitis mit Osteo-
malacie, c) reine Osteomalacie (v. Recklinghausen). „Als
v. Recklinghausen,“ schreibt Riedinger, „seine Präparate
auf der 69. Versammlung der Naturforscher und Aerzte demon¬
strierte, konnte sich Ziegler nicht entschlossen, anzunehmen, dass
im Kindesalter neben der Rachitis noch eine Osteomalacie vor-
kommt. Er hielt deshalb die von v. Recklinghausen geschil¬
derten Veränderungen für rachitische. Er wies darauf hin, dass
eine Halisterese, wie sie bei der Osteomalacie des höheren Alters
vorkommt, bei der Rachitis nicht zu finden sei, sondern eine
Knochenresorption unter Bildung von Osteoklasten und Howship-
Bchen Lakunen. Was v. Recklinghausen kindliche Osteomalacie
nenne, sei Rachitis, bei welcher die Störung der enchondralen Ossi¬
fikation in den Vordergrund tritt. Es kann hier auf diese schwierige
histologische Frage nicht näher eingegangen werden, die haupt¬
sächlichste Meinungsverschiedenheit liegt darin, dass, während einige
Forscher (v. Recklinghausen u. a.) die für die Osteomalacie
der Erwachsenen charakteristische Halisterese der fertigen Knochen¬
substanz bei manchen Fällen von Knochenweichheit im Kindesalter
als gegeben erachten, eine solche von einer Anzahl von Beobachtern
für nicht erwiesen angesehen wird.“
Die juvenile und virile Osteomalacie entwickelt sich
im Anschluss an „Traumen“, Bronchopneumonien und Infektions¬
krankheiten und befällt ebenso häufig Männer als junge Mädchen und
Frauen, die weder geboren haben noch schwanger sind. Berger 14 )
beschrieb einen interessanten Fall, einen 20 jährigen Mann betreffend,
bei welchem 3 Wochen nach einer supracondylären Osteotomie wegen
Genu valgum sich die ersten Zeichen der progressiven Osteomalacie
einstellten. Das Röntgenbild ergab (ca. 1 1 l t Jahre nach der Ope¬
ration), dass die osteomalacischen Knochen der beiden gekrümmten,
verdrehten und um 10 cm gegen früher verkürzten Beine, die wie
runzelige Lappen ohne fühlbare Knochen auf dem Bett lagen, für die
X-Strahlen gänzlich durchlässig waren. Die Osteomalacie ging dann
auf die Beckenknochen und auf die oberen Extremitäten über. Nach
weiteren 2 Jahren hatte sich der Körper um 64 cm verkürzt und
der Kranke wurde zu einem unförmlichen Krüppel. Die therapeuti-
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sehen Versuche blieben gänzlich erfolglos, auf den Vorschlag
Berger’8, den Zustand durch doppelseitige Kastration wie heim
weiblichen Geschlecht zu bessern zu versuchen, ging Pat. nicht ein.
Berger teilt noch einen ähnlichen Fall aus der Literatur mit,
wo sich auch die Osteomalacie im Anschluss an eine ähnliche
Knochenoperation entwickelte. Thiem 97 *) beobachtete eine Osteo¬
malacie nach einem Trauma bei einer 37 jährigen nicht schwangeren
Frau (Sturz auf den Kücken, Schenkelhalsfraktur). Nach mehreren
Wochen zeigte sich eine typische Osteomalacie der verschiedenen
Knochen mit Ausnahme des Beckens. Die Körperlänge sank von
167 cm auf 142. Nach einer heftigen Erkältung hat Gussmann
das Auftreten von Osteomalacie beobachtet: der 30jährige Patient
hatte lange Zeit bei einem Brande in tiefem Eiswasser gestanden.
Nach 10 Jahren erlag er einer schweren Osteomalacie, die besonders
das Becken und die Wirbelsäule hochgradig in Mitleidenschaft ge¬
zogen hatte. Chemische und mikroskopische Untersuchungen eines
Falles von viriler Osteomalacie hei einem 38 jährigen Manne lieferten
Langendorff und Mommsen 17 °) aus der Czern^’sehen Klinik
in Freiburg. Das histologische Bild der juvenilen und virilen Osteo¬
malacie stimmt mit dem der puerperalen Knochenerweichung voll¬
kommen überein.
„Die senile Osteomalacie ist nichts anderes als
die nicht puerperale Osteomalacie, wenn sie im vor¬
gerückten Lebensalter vorkommt“ (Riedinger). Diese
Osteomalacieform ist jedoch ziemlich selten. Pierart bat unter
247 Osteomalaciefällen bloss 22 gefunden, bei denen die Affektion
nach dem 45. Lebensjahre zur Entwicklung kam. Die senile Osteo¬
malacie kann in ihrem Beginne grosse diagnostische Schwierigkeiten
bieten. Gewöhnlich klagen solche Patienten über zunehmende ischias¬
artige Schmerzen und über die Unmöglichkeit, einen dauernden
Druck auf die Knochen, sei es im Liegen, Stehen oder Gehen, zu
ertragen. — Solche Symptome werden gewöhnlich als rheumatische
Erscheinungen aufgefasst, bis anderweitige Merkmale zur wahren
Diagnose führen. So gelangte Tillaux zur richtigen Diagnose bei
einem Falle mit Spontanfraktur, der keine Neigung zur Konsolidation
zeigte, erst während der Operation, als die Knochenenden behufs
Anlegung der Knochennaht freigelegt wurden. A ähnlich verhielt
es sich in dem Falle Pierart’s, wo bei einer 61jährigen Frau
eine nicht heilen wollende Oberarmfraktur zur richtigen Diagnose
führte. Das Stadium, in welchem die Affektion Anlass zu Fehl¬
diagnosen gibt, kaun lange bestehen; in einem Falle Grajon’s
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dauerte dasselbe 10 Jahre an, bis sich die Knochendifformitäten und
sichere Osteomalaciesymptome einstellten. Sehr interessant ist eine
fernere Beobachtung Graj on’s, einen Mann betreffend, der im
40. Lebensjahre die ersten Osteomalacieerscheinungen aufwies, dann
volle 40 Jahre hindurch keine anderweitigen Symptome darbot, bis
zu seinem 80 Lebensjahre, wo er an hochgradiger Osteomalacie starb.
Diese Fälle sind jedoch äusserst selten, in der Regel tritt die ab«
norme Knochenbiegsamkeit bald ein und vervollständigt das klinische
Bild der Osteomalacie. Ten dl an berichtet über einen Fall von
seniler Osteomalacie bei einer 62jährigen Frau, die seit 3 Jahren
ischiasartige Schmerzen empfand und allmählich schief und kleiner
wurde. Es bildete sich eine starke Kyphoskoliose der Brust* und
Lendenwirbelsäule aus, die Rippen waren stark verbogen und de¬
formiert, das Brustbein winklig geknickt, die Rippenbogen berührten
die Crista ossis ilei. Das Becken hatte die typische Schnabelform;
die Extremitätenknochen waren nicht wesentlich verändert.
Weber hat als erster gegen v. Yolkmann’s Angabe, dass
jede sogenannte senile Osteomalacie nur auf porotischer Atro¬
phieberuhe, Widerspruch erhoben und ebenso wie später Ribbert
die Existenz einer echten senilen Osteomalacie mit
breiten Karminzonen nachgewiesen. Es können dabei diese
malacischen Zustände entweder über alle Knochen verbreitet oder
auf das Rumpfskelett beschränkt sein bei einfacher Atrophie der
Extremitäten.
Eine besondere Form der Osteomalacie ist jene, die sowohl bei
Männern als auch bei Frauen auftritt, welche an chronischen Erkran¬
kungen des Centralnervensytsems leiden, und die als neurotische
Malacie bezeichnet wird. Tabes, Syringomyelie, Myelitis chron.,
Pachymeningitis chronica, Tumoren des Centralnervensystems sind
die Affektionen, die zur neurotischen Osteomalacie führen. Es soll sich
in diesen Fällen um eine trophoneurotische Ernährungs¬
störung der Knochen handeln, obwohl v. Recklinghausen
nicht nachwei8en konnte, dass die vasomotorische Erregbarkeit der
Knochengefässe bei der Osteomalacie mit Abnormitäten des Nerven¬
systems in Zusammenhang stehe. Auch liegen nur spärliche Unter¬
suchungen vor, die für eine Abhängigkeit des malacischen Knochen¬
zustandes von anatomischen Veränderungen des centralen und peri¬
pheren Nervensystems sich verwerten Hessen. Häufiger dagegen ist
das Vorkommen der Osteomalacie bei Psychosen verschiedener Art
erwähnt worden. „Virchow sprach von einer neurotischen Malacie
und führte dafür als Beispiel einen FaU von Münch, betreffend
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eine jagendliche epileptische Idiotie, an, ferner einen ähnlichen Fall
eigener Beobachtung, in dem sich ein sehr grosses Gehirn und ein
sehr mageres Rückenmark fanden, und einen weiteren bei einem eben¬
falls jungen Menschen mit Myelomeningitis; später sind zahlreiche
Berichte über Osteomalacie bei Blödsinn (Finkelnburg, Hörner,
Gudden, Laehr u. a.) gekommen. Ist auch im Leben die Unter¬
scheidung von einer unter gleichen Verhältnissen auftretenden Osteo¬
porose einfacher Art nicht immer zu treffen und mögen auch, wie
sich aus Bleuler’s Mitteilung ergibt, gelegentlich Endemien von
Osteomalacie Vorkommen, welche nicht vom psychischen Leiden,
sondern vom Aufenthalt in der Anstalt herrühren und heilen, wenn
die Kranken ins Freie gebracht werden, so bleibt doch eine so be¬
trächtliche Zahl von Fällen echter Osteomalacie mit dem ausge¬
prägten klinischen Symptomenbild und zuverlässigen anatomischen
Befund bei Geisteskranken, vorwiegend progressiven Paralytikern,
dass an einem Zusammenhang nicht gezweifelt werden kann“
(Schmidt).
Bei der neurotischen Malacie sollen meist die Beckenknochen
ergriffen sein, auch werden bei ihr häufig deformierende Arthro¬
pathien beobachtet.
n. Referate.
A. Nervensystem.
Hyperalgetische Zonen hei Schädel- und Gehirn Verletzungen. Von
Vorschütz. Deutsche Zeitschr. f. Chir., Bd. LXXXVUT, 1.—3. H.
Verf. teilt 12 Fälle von Kopfverletzungen mit, bei denen er Hyper-
algesie und Hyperästhesie von Hautbezirken nach weisen konnte. Wahr¬
scheinlich wird auf dem Wege des Sympathicus, der als Plexus caroticus
die Gefässe bis zur Endverzweigung umspinnt, der Reiz zum Ganglion
cervicale supremum und von hier aus durch die Rami communicantes
zu den peripheren Nerven geleitet, und zwar zu der der Verletzung ent¬
sprechenden Seite. Auf diese Weise ist es möglich, die im Innern des
Schädels stattgehabten Verletzungen durch die auf die Haut projizierten
Hyperästhesien zu erkennen, welcher Umstand neben dem wissenschaft¬
lichen Interesse vor allem für die Unfallsheilkunde von hervorragender
Bedeutung ist. Da das beschriebene Symptom oft 2—3 Jahre nach
der Verletzung noch konstatierbar ist, zu welcher Zeit man in vielen
Fällen auf subjektive Symptome angewiesen ist, bietet es eine Handhabe
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in der Erkennung eventueller Simulation, besonders deshalb, weil eine
derartige Ueberempfindlichkeit, ohne die Aufmerksamkeit des Patienten
auf die Untersuchung zu lenken, leicht erhoben werden kann. Voraus¬
setzung für das Entstehen hyperästhetischer Zonen ist eine Läsion des
Gehirnes, die bei Basisfraktur meist in der Nähe der Knochenfraktur
zustande kommt. Victor Bunzl (Wien).
Zur Klinik der Jackson’gchen Epilepsie infolge extracerebraler
Tumoren. Von L. Bychowski. Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk.,
Bd. XXXm, 1. u. 2. Heft.
Bei einem 62 jährigen Manne traten seit 6 Jahren Krampfanfalle
auf, die im Anfang aus Zuckungen in der Halsregion bestanden, später
aber auch den Arm und schliesslich das Bein betrafen. Die Krampf¬
anfälle spielten sich immer bei gänzlich erhaltenem Bewusstsein und in
derselben Reihenfolge ab; nach denselben stellten sich häufig eine schnell
vorübergehende linksseitige Hemiplegie und zuletzt auch wiederholt
Blasenstörungen (zuerst Retention, dann Inkontinenz) ein. Die Hemi¬
plegie war ausgezeichnet durch das Fehlen des Babinski’schen und
Oppenheim’schen Phänomens, auch waren die Bauchdeckenreflexe auf
der paretischen Seite stets vorhanden.
Das Ausbleiben der sonst so typischen Veränderungen dieser Reflexe
glaubt Verf. sich dadurch erklären zu können, dass der Tumor wahr¬
scheinlich sehr oberflächlich in der Rinde sich befindet und die moto¬
rischen Leitungsbahnen nicht geschädigt hat. Er vertritt daher die
Ansicht, dass das Fehlen oder die Anwesenheit des Babinski’schen
Phänomens bei Lähmungen der unteren Extremität infolge eines vermut¬
lichen Tumors grosse diagnostische Dienste bei der Oberflächendiagnose
leisten kann. Zu einer ähnlichen Schlussfolgerung kam auch Babinski,
der die Kombination (Jackson ’sche Epilepsie, halbseitige Hemiplegie
ohne Babinski) für die Annahme einer intracraniellen und extracere¬
bralen Lage einer Gehirngeschwulst verwerten möchte.
Bei der Operation des Falles fand sich über dem mittleren Drittel
der hinteren Centralwindung ein welschnussgrosses Endotheliom der Dura
mater, das eine Impression in die Gehimoberfläche bedingte.
Die Krampfanfälle blieben nach der Operation aus, aber es ent¬
wickelte sich eine nunmehr dauernde Hemiparese.
v. Rad (Nürnberg).
Zur Kenntnis der metastatischen diffusen Sarkomatose der Meningen.
Von Sturzberg (Bonn). Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilkunde,
Bd. XXXIII, 1. u. 2. Heft.
Im vorliegenden Falle handelte es sich um eine diffuse Sarkomatose
der Pia mater des Gehirns und Rückenmarks, und zwar ist diese nicht
primär in der weichen Hirnhaut entstanden, sondern auf eine Metasta¬
sierung des vom Darm ausgehenden Lymphosarkoms zurückzuführen.
Die ausgedehnte Sarkomatose war nur mikroskopisch nachweisbar. Der
Fall verlief klinisch unter den Erscheinungen einer Polyneuritis ohne
eine Andeutung von meningitischen Symptomen.
v. Rad (Nürnberg).
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Seelts Fälle von traumatischer Erkrankung des untersten Rficken-
marksabschnittes. Von Zimmer. Deutsche Zeitschr. f. Nerven¬
heilkunde, Bd. XXXIII, 1. u. 2. Heft.
Verf. bringt sechs interessante Krankengeschichten von traumatischen
Conuserkrankungen mit epikritischen Bemerkungen und kommt auf Grund
seiner Beobachtungen im Gegensatz zu L. B. Müller zu der Auffassung,
dass die Ganglienzellen des Conus medullaris für die Innervation der
Blase, des Mastdarmes und der Genitalien in Betracht kommen.
v. Bad (Nürnberg).
The differentiation of partial from total transverse lesions of the
spinal cord. Von Alexis Thomson. The Edinbourgh med.
Journ., Juli 1907.
Verf. teilt zur Kasuistik der Querschnittaläsionen des Bückenmarkes
2 Fälle in ziemlich ausführlicher Weise mit:
1. Ein 29 jähriger Kutscher stürzt von einem Wagen herab, wird
bewusstlos aufgefunden und kann später nur die Angabe machen, dass er
vom Pferde getreten worden sei. Patient klagt über grosse Schmerzen
in der Nackengegend und rechten oberen Extremität, dagegen geringere
Schmerzen in der linken oberen Extremität; Brust- und Bauchgegend
schmerzlos. Puls 72, voll, kräftig; Pupillen enge. Ferner findet sich eine
BiBsquetschwunde des Hinterhauptes. — In den nächsten Tagen zeigte
sich vollkommene Anästhesie des Bückens, der Brust und des Bauches
von der 3. Bippe angefangen bis zu den Fussspitzen abwärts, die gleich-
mässig die Zone umfasste. Ferner eine Anästhesie der ulnaren Seite
der rechten und linken oberen Extremität von der Axilla bis zu den
Fingerspitzen, hauptsächlich dem Verlaufe des Nervus ulnaris folgend;
gleichzeitig stellt sich auch eine vollständige Paralyse der betreffenden
Muskelpartien ein. Verlust des beiderseitigen Patellarreflexes und Fuss-
sohlenreflexes. Incontinentia alvi et urinae. Ausserdem findet sich
beiderseitige Halssympathikuslähmung, charakterisiert durch kolossal ver¬
engte Pupillen und Zurtickgesunkensein der Bulbi in die Augenhöhlen.
Die Atmung war eine reine Zwerchfellsatmung ohne Hilfe der Brust¬
muskulatur. Als Ursache dieser Symptome wurde Blutung in das Eücken-
mark der Halswirbelsäule angenommen. (Sitz im Cervicalsegment.) So¬
weit sich eine Untersuchung der Wirbelsäule ermöglichen liess, konnte
ausserdem eine Fraktur eines Halswirbels festgestellt werden, sie wurde
durch Böntgenuntersuchung bestätigt. Die weitere Beobachtung (9 Monate)
ergab die Richtigkeit der gestellten Diagnose: Hämatomyelie, indem die
Störungen langsam zurückgingen, so dass Patient das Spital nach dieser
Zeit geheilt verlassen konnte.
2. Eine 35 jährige Frau war beim Badfahren über eine Böschung herab¬
gestürzt und konnte sich nach dem Unfälle gleich erheben. 3 Wochen
später konnte Patientin die linke untere Extremität nicht mehr so recht
gebrauchen, ausserdem bemerkte sie das Auftreten einer Schwellung auf
dem linken Fusse. Patientin kann dann bald darauf nicht mehr spontan
Urin lassen. Es tritt noch eine Paralyse des rechten Fusses hinzu,
begleitet von einer Anästhesie. Patellarreflexe beiderseits erhalten, rechts
sogar gesteigert; links Fussklonus. Die Wirbelsäule zeigt eine bucklige
Centralblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 57
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Vortreibung, entsprechend dem 5. Lumbalwirbel, die Röntgenuntersuchung
ergab eine Dislokation der Wirbelkörper, die das Rückenmark kom¬
primierten. Da die Störung der Motilität und Sensibilität zunahm, be¬
schloss man, eine Laminektomie vorzunehmen (3 Monate p. trauma).
Der Erfolg der Operation war ein befriedigender. Patientin konnte
wieder gehen, dagegen blieb eine Anästhesie des Fusses, verbunden mit
Fussklonus, zurück. Die Incontinentia urinae schwand.
Leopold Isler (Wien).
Klinische Erfahrungen über Medullaranfisthesien mit besonderer
Berücksichtigung des Alypins. Von Kurzwelly. v. Bruns’
Beitr. z. klin. Chir., 1907, Bd. LIY, 3. Heft.
Die Erfahrungen, die B r a u n - Zwickau mit der Lumbalanästhesie
gemacht hat, sind nicht besonders gut. Man sieht auch aus seiner Ver¬
öffentlichung, die sich auf 323 Anästhesien mit Alypin und 48 mit
Tropacocain erstreckten, dass die Lumbalanästhesie ihre Schattenseiten
hat. Das Alypin wurde fast immer in Tablettenform benützt, und zwar
meistens mit Suprarenin, seltener mit Adrenalin vereinigt; in einigen
wenigen Fällen wurde 5 °/ 0 Alypinlösung mit Homorenon verwendet. Die
Alypinlösung kann man ohne Schaden sterilisieren, indem man sie
mehrere Minuten kocht. Die Tabletten wurden durch einstündiges Er¬
hitzen auf 100° sterilisiert und aufbewahrt. Das Alypin hat vor dem
Stovain den Vorzug der Löslichkeit und der Neutralität seiner Lösung.
Es erweitert die Gefässe, ohne die Wirkung der Nebennierenpräparate
zu beeinträchtigen. Die Dosierung betrug 0,04—0,06, als Lösungsmittel
(bzw. Verdünnungsmittel) diente der Liquor cerebrospinalis (meist 5 ccm).
Die Injektion wurde zwischen dem 3. und 4. Lendenwirbel gemacht;
danach Beckenhochlagerung bis zum Eintritt der gewünschten Anästhesie
oder bis zum Schluss der Operation, wenn dieselbe es erfordert; doch
wurde die Beckenhochlagerung in letzter Zeit wegen der üblen Er¬
fahrungen eingeschränkt. Die Anästhesie stieg bis zum Rippenbogen
und hielt bis mehrere Stunden an. Oft ist die Motilität der unteren
Extremitäten aufgehoben; der Sphincter ani wird verhältnismässig oft,
der Sphincter vesicae bisweilen gelähmt. Unter den Patienten waren
auch Kinder bis zu 5*/ 4 Jahr herab; im letzteren Falle betrug die
Dosis 0,02—0,03, in 2 ccm Liquors gelöst. In 6 °/ 0 der Fälle war die
Analgesie nur sehr unvollkommen, in 19 °/ 0 dauerte sie zu kurz. In
33 °/ 0 traten unangenehme Nebenwirkungen, wie Schweissausbruch, Blässe,
Uebelkeit, Brechreiz, Erbrechen, Collaps auf. In 30 ü/ 0 zeigten sich
üble Nachwirkung, wie Kopfschmerzen, Kreuz-, Nacken-, Rückenschmerzen,
Schmerz in den Beinen, Fieber, Erbrechen, Herzschwäche, Apathie,
Atemnot, Bewusstlosigkeit, Unruhe. Lähmungen wurden nicht beob¬
achtet. Die meisten und schwersten Nachwirkungen traten nach Bauch¬
operationen auf, wohl infolge der Beckenhochlagerung. Von 3 Todes¬
fällen ist wohl einer auf Kosten des Alypins zu setzen; allerdings hatte
der Kranke eine alte Schrumpfniere mit schwerer Herzhypertrophie.
Das Herz schlug nach dem Atmungsstillstand bei künstlicher Atmung
noch 4 Stunden weiter. Auch Bronchitiden und Pneumonie wurden
mehrfach beobachtet. Das Tropacocain mit oder ohne Nebennieren¬
präparat zeigte dieselben Schattenseiten wie das Alypin. Nach einer
Unterschenkelamputation unter Cocain-Suprareninanästhesie trat ein töd-
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liches Coma diabeticum ein; in einem zweiten derartigen Falle mit
Alypinanästhesie trat ein vorübergehendes Coma auf.
Klink (Berlin).
Ueber Nervendehnung mit besonderer Bezugnahme auf die Neuralgien.
Von Nikolaus Reich. Budapesti Orvosi Ujsäg 1906. Beilage
Diät. u. physik. Heilmethoden, No. 3.
Die mechanotherapeutische Nervendehnung ist eigentlich als eine
Massendehnung zu betrachten, da nebst den Nerven auch die übrigen
Weichteile (Muskeln, Blutgefässe, Faszien usw.) gedehnt werden. Die
gebräuchlichsten 2 Methoden der Nervendehnung sind: 1. Die mit
der effektiven Verlängerung der einzelnen Körperteile einhergehende
Dehnung, welche durch die Distraktion der Gelenksflächen charak¬
terisiert ist. 2. Die Ueberstreckung der Gelenke und die Dehnung
der Muskeln der Streckseite über ihre normale aktive Exkursionsfähig¬
keit. ln die erste Gruppe gehören die Suspension des Körpers sowie
die zur schwedischen Gymnastik gehörenden passiven Extensionsübungen.
Die Ueberstreckungen können passiv sowie aktiv vollführt werden. Verf.
beschreibt die bezüglichen Methoden an der Dehnung des N. ischiadicus,
brachialis, cruralis, peroneus, ferner bei Neuralgia intercostalis und bei
kutanen Neuralgien. Die energische Nervendehnung soll täglich einmal
angewendet werden, die Dauer der Dehnung betrage 10—50 Sekunden.
Das Verfahren steigert auf eine Minute die Schmerzen, besonders bei
empfindlichen Patienten, zur Verkürzung der Nachschmerzen trägt die
nachträgliche Anwendung der Vibrationsmassage entlang dem Nerven
bei. Bei den acuten und mit heftigen Schmerzen einhergehenden Neur¬
algien ist Ruhe indiciert, die Nervendehnung soll nur in den späteren
chronischen Stadien und mit grosser Vorsicht angewendet werden, zu¬
erst nur für einige Sekunden und jeden zweiten oder dritten Tag, erst
später häufiger und mit etwas längerer Dauer.
Im zweiten Teil seiner Arbeit befasst sich Verf. mit der physio¬
logischen Begründung der Indikationen der Nervendehnung, indem er
erörtert, auf welchen physiologischen, anatomischen und pathologisch¬
anatomischen Grundlagen die Indikationen des Verfahrens basieren.
Verf. beschrieb als erster als einziges, wenngleich inkonstantes, objektiv •
nachweisbares Symptom bei Neuralgie eine gewisse abnorme Span¬
nung des betreffenden Nervenstammes; besonders bei Ischias oder bei
Brachialneuralgie kann der Nervenstamm wie eine gespannte Saite pal-
piert werden. In solchen Fällen führte die Nervendehnung zur Ver¬
minderung der Nervenspannung, womit zugleich auch der Schmerz nach-
liess. In Berücksichtigung dieses Symptomes kann ein objektiver Mass¬
stab für die relative Intensität der Schmerzempfindung festgestellt werden.
Wo dieses Zeichen vorhanden ist, kann auch eine hysterisch-neurasthe-
nische Hyperalgie oder eine Simulation einer Neuralgie ausgeschlossen
werden.
Die rationelle Basis der Indikation zur Nervendehnung sieht Verf.
nicht so sehr in der auf den Nerven selbst geübten Wirkung als in
dem Einfluss, den wir durch sie auf die Zirkulation im Nerven und in
den umgebenden Geweben auszuüben imstande sind, denn mit den oben
beschriebenen Methoden der Nervendehnung werden auch die Venen ge¬
streckt; der hierdurch erzielte starke, die Spannung vermindernde, die
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Zirkulation steigernde Einfluss bedarf keines besonderen Beweises. Da¬
durch erklärt sich, dass in massivere Muskeln eingebettete dicke Nerven,
wie z. B. der N. ischiadicus, N. brachialis, den mechanotherapeutischen
Einflüssen zugänglicher sind als oberflächliche und mit schwächeren
Blutgefässen versehene dünnere Nerven. Tatsächlich kommen viele als
Neuralgien diagnostizierte Fälle in der Praxis vor, deren klinische
Symptome uns zur Annahme von mit varikösen Veränderungen einher-
gehenden Schmerzen vaskulären Ursprunges bestimmen. Verf. vertritt
die Ansicht, dass es häufig nur auf die Gefässwände sich beschränkende,
aber den Charakter der Neuralgien besitzende heftige Schmerzen gibt.
Venöse Stauungen und Varikositäten um die Nerven spielen viel häufiger
eine Rolle als genetische Momente der Neuralgien, wie dies allgemein
angenommen wird. Hiermit steht jene Beobachtung des Verfassers im
Zusammenhang, dass die bei gewissen Leuten auftretenden chronischen
und recidivierenden Ischalgien eine gewisse Relation mit den im Körper
sonst auftretenden venösen Stauungen und Varikositäten zeigen, so be¬
sonders mit hämorrhoidalen Affluxen, mit denen die Ischalgien sehr
häufig auch der Zeit nach zusammenfallen.
Ausser den Methoden der Nervendehnung verwendet Verf. die
Streckung (Distraktion) der Wirbelsäule bei cervico-brachialen Neuralgien,
bei Ischias und Lumbago, besonders wenn er aus gewissen klinischen
Symptomen annehmen zu können glaubt, dass die Neuralgien durch
pathologische Veränderungen der Wirbelgelenke, der Intervertebralknorpel
oder der Symphysis sacro-iliaca, also durch sekundäre Irritationen des
Nerven bedingt sind. Die Etirage (Spannung der Haut und Fixierung
derselben durch einige Minuten in dieser Position) probierte Verf. öfters
als schmerzlinderndes Mittel bei kutanen Hyperalgien verschiedenen Ur¬
sprunges. Die Wirkung der Etirage erklärt vielleicht am besten das
Pf lüge r-Arndt’sche Gesetz, nach welchem sehr starke Reize die
Empfindlichkeit der Nerven beheben oder wenigstens abstumpfen. Die
Widerstandsübungen nebst der Nervendehnung hält Verf. für indiziert,
wenn nach Ablauf von Neuritiden Muskelatrophien Zurückbleiben, da die
aktiven Kontraktionen als starker nutritiver Reiz wirken und hierdurch
zur Restitution der atrophischen Muskeln führen.
J. Honig (Budapest).
The treatment of sciatica by means of saline injections. Von
Archibald G. Hay. The Glasgow med. Journ., Mai 1907.
Verf. berichtet über eine Reihe von Fällen von sehr schwerer Neur¬
algie des Nerv, ischiadicus. Die Behandlung der Ischias mit Injektionen
in den Nerven selbst ist nicht neu. Früher verwendete man Morphium,
Cocain, Car boisäure und andere Mittel, aber ohne Erfolg. Neuerlich
wurde auch Sauerstoff injiziert, angeblich mit gutem Erfolge; schliesslich
wurde destilliertes Wasser allein verwendet (Osler), ausgehend von der
Erwägung, dass lokale Anästhesie auch zur kurativen Anästhesie führen
würde. Nach Verf. Meinung wird durch die Injektion eine bessere
Lymphzirkulation um den Nerven, bzw. im Nerven selbst herbeigeführt,
die Kompression, die vielleicht durch Stase der Lymphe entsteht, auf¬
gehoben, es werden bessere Ernährungsbedingungen für den Nerven ge¬
schaffen und so die Schmerzen beseitigt. Dies erklärt sich auch aus der
anatomischen Lage und dem Verlaufe des Nerv, ischiad.
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Verf. sah von den Kochsalzinfusionen, deren Technik er genau an¬
gibt, in seinen Beobachtungen gute Erfolge.
Leopold Isler (Wien).
Erfahrungen ttber die Behandlung von Störungen des Nerven¬
systems auf syphilitischer Grundlage. Von Hartung und 0.
Foerster. Archiv f. Denn. u. Syph., Bd. LXXXVI, 1907.
Die Yerf. können auf eine Anzahl von Fällen hinweisen, bei denen
es gelang, Störungen des Nervensystems auf syphilitischer Grundlage
günstig zu beeinflussen. Die meisten dieser Störungen scheinen durch
endarteritische Prozesse in der Frühperiode bedingt gewesen zu sein,
doch erzielten H. und F. auch bei Spätformen, ja selbst bei Paralyse
und Tabes günstige Resultate. Die Behandlung bestand in Kalomel-
injektionen. von Hofmann (Wien).
Weitere Beiträge zur Kenntnis der Lues hereditaria tarda, speziell
des Nervensystems. Von E. A. Homön. Arb. a. d. Path. Instit.
d. Univ. Helsingfors I, 3, p. 379.
Im Anschluss an eine neue Besprechung einer von ihm 1892 be¬
schriebenen heredo-syphilitischen Familienkrankheit führt Yerf. einige
neue Fädle von hereditärer Spätsyphilis an; er bespricht sehr eingehend
deren klinischen Yerlauf, über den hier nicht in Kürze berichtet werden
kann. Schrumpf (Strassburg).
Geber Nervennaht und -Lösung. Yon Franz R. v. Auffenberg.
Arch. f. klin. Chir., Bd. LXXXVIII, 3. Heft.
Nach ausführlicher Besprechung der einschlägigen Literatur be¬
richtet Yerf. über 20 Fälle von Nervennaht und -Lösung, teilt die Er¬
folge der angewandten Methoden mit und fasst das Ergebnis seiner
Beobachtungen in folgenden Schlusssätzen zusammen: Es ist jede Nerven¬
naht oder -Lösung möglichst früh auszuführen, demnach gehören diese
in die Reihe der dringlichen Operationen. Eine Umscheidung der Naht¬
stelle, im Notfälle durch ein dem Patienten selbst entnommenes Yenen-
stück ist zweckmässig. Bei Neurom in der Kontinuität ist es Resser,
die Totalresektion auszuführen als die partielle. Eine energische Nach¬
behandlung durch Massage und Elektrizität ist stets durch lange Zeit
fortzusetzen. Im Anhänge bringt Yerf. eine statistische Tabelle aus
der Literatur über obiges Thema. Victor Bunzl (Wien).
B. Darm.
Gram stain of the stools. Von Ch. A. Elliot. Surgery, Gyne-
cology and Obstetrics. Juni 1906.
E. berichtet über einige Beobachtungen, welche die Angaben Neusser’s
und seiner Schüler, besonders Schmidt’s, bestätigen, dass eine vorwiegend
grampositive Darmflora für, eine vorwiegend negative gegen Magen-
carcinom spreche. Von 25 Fällen, die E. untersuchte, zeigten 16 vor¬
wiegend gramnegative, 7 grampositive und 2 nahezu vollständig gram-
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negative Flora. Von den 7 positiven Fällen waren 6 Magencarcinom
und 1 Magengeschwür, unter den negativen war nur 1 Magen carcinom.
von Hof mann (Wien).
Case of septicaemia secondary to small abscess in intestinal wall.
Von John Heuderson. The Glasgow med. Journal. Oktober 1907.
63 jähriger Mann, der früher stets gesund war, erkrankte unter
Schüttelfrösten, hohem Fieber, Diarrhoen, Schwellungen der Hände und
Füsse. Die Untersuchung zeigte starke Oedeme der Hände und Füsse,
Temperatur 38,5, niedrigen Puls, Frequenz 80. Herztöne etwas unrein.
Lungenbefund normal. Kein Meteorismus, kein palpabler Tumor, keine
Bauchdeckenspannung. Patient hat reichliche Diarrhoen; der Stuhl ist
flüssig, stark übelriechend, weisslichgrün, enthält zuweilen grosse Blut¬
brocken ; keine Membranen im Stuhle. Keine Gelbsucht. Der Urin zeigt
manchmal Albumen in Spuren. Im weiteren Verlaufe zeigen sich kolossale
Temperaturschwankungen (37,2—40,2). Blutbefund: geringe Leukocy-
tose (13,000); auf der Höhe des Fiebers 35,000 Leukocyten. Keine
Malariaplasmodien. Die Diagnose war unentschieden: Malaria, Typhus
abdominalis; Endocarditis ulcerosa wurde ausgeschlossen, weil die sonst
übrigen Symptome fehlten und auch gegen sie sprachen.
Die Diagnose wurde daher auf idiopathische Septikämie gestellt.
Unter hohem Fieber nach 8 tägigem Verlauf Exitus letalis.
Bei der Obduktion fand sich in der Flexura sigmoidea ein annulärer
ulcerierter Abscess, der aber nicht in die Bauchhöhle perforiert war;
offenbar hatte von hier aus eine Hesorption stattgefunden, die zur
Septikämie geführt hatte. Leopold Isler (Wien).
Beiträge zur pathologischen Anatomie der Wurmfortsatzerkran¬
kungen. Von P. Schrumpf. Mitteilungen aus den Grenzgebieten
der Medizin und Chirurgie, XVII. Bd., 1. u. 2. Heft.
Verf. kommt auf Grund von zahlreichen angeführten Kranken¬
geschichten zu folgenden Schlusssätzen:
Die schweren, zur Perforation der Wand führenden Appendicitiden
spielen sich in der Mehrzahl der Fälle in Wurmfortsätzen ab, welche
schon infolge früherer Erkrankungen verändert sind. Veränderungen
dieser Art, welche sich vorzugsweise in den so wichtigen, weil häufigeren
Stenosen und Obliterationen am Cökalansatz ausdrücken, sind entweder
die Ueberbleibsel von überstandenen acuten Epityphlitiden oder die Ent¬
zündungsvorgänge setzten von vornherein chronisch ein und verliefen
langsam. Die Perforation des Wurmfortsatzes kommt zustande: a) durch
eitrige Infiltration mit phlegmonöser Erweichung der Wand; b) durch
„diphtheritische“ Nekrose derselben; c) durch Vereinigung beider Er¬
krankungen. Geht in der grössten Mehrzahl der Fälle die Infektion vom
Lumeninhalt aus, so muss andererseits die Möglichkeit der Infektion auf
dem Blutweg zugelassen werden, wenn sie auch anatomisch nicht mit
Sicherheit festgestellt werden konnte. Die früher angeführten Arten
von Perforationen können im steinfreien Wurmfortsatz Vorkommen, ferner
bei Anwesenheit eines Steines, doch unabhängig von demselben, abge¬
sehen davon, dass er durch Verschluss des Lumens schädlich wirken kann.
In seltenen Fällen war die Perforation über einem eingekeilten, sich noch
vergrössemden Stein zustande gekommen, aber eine echte Dekubital-
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nekrose konnte Verf. niemals nach weisen. Eine Perforation mittels Platzens
der verdünnten Appendixwand bei Hydrops des Wurmfortsatzes kann
ohne jeden acut entzündlichen Vorgang stattfinden. Eine ätiologisch
ganz besondere Stellung nimmt die infolge von Embolie der Hauptarterie
zustande kommende Gangräninfarcierung des Wurmfortsatzes ein.
Raubitschek (Wien).
Stricture and traumatism of the vermiform appendix. Von
William Henry Battle. Lancet, 24. August 1907.
Verengerungen des Lumens des Appendix finden sich häufig, ebenso
wie Strikturen desselben; diese lassen sich in 2 grosse Gruppen teilen:
organische und funktionelle. Die ersteren sind meist Folgen von Ulcera-
tionen der Mucosa, manchmal von Cellulitis eines Teiles des Appendix;
auch Kontraktion von peritonealen Adhäsionen oder Carcinom des Coecums
können auf den Appendix übergreifen. Die Ursachen, welche zu Ver¬
engerung des Appendix an einer Stelle führen, sind: Abknickung oder
Abschnürung, schräge Insertion des Appendix im Coecum und Kom¬
pression von aussen. Fälle von Strikturen sind häufig verbunden mit
chronischer Entzündung der Wand des Appendix, dabei kann es nach
wiederholten Attacken zu komplettem Verschluss der Passage und zur
Stauung des entzündlichen Exsudates kommen, welches sich erst durch
Ulceration oder Gangrän der Wand entleert und zu Entzündung des
Peritoneums führt. Die Anzeichen der Strikturierung sind oft initiales
Erbrechen oder heftiger Schmerz ohne lokale Schwellung; nicht unge¬
wöhnlich ist es, an der Stelle des Wurmfortsatzes eine Verdickung oder
kleine Geschwulst zu finden, welche die Stelle anzeigt, an der das entzündete
Omentum adhärent ist, wodurch eine eingetretene Perforation abge¬
schlossen wurde; in diesen Fällen ist die Striktur wahrscheinlich am
distalen Ende des Appendix. Im Zusammenhang mit den Strikturen
bespricht Autor kurz die Ursachen derselben mit besonderer Berück¬
sichtigung des Traumas; dabei kommt namentlich der Befund von Fremd¬
körpern in Betracht, die manchmal einen Teil der Konkretionen bilden
und aus verhärteten Fäkalmassen bestehen; der Kern ist oft der Fremd¬
körper. Sehr viele dieser Konkretionen sind wohl das Resultat der
Tätigkeit von Mikroorganismen, ähnlich wie bei Gallensteinen ; sie kommen
am häufigsten im Alter von 15—30 Jahren vor und finden sich oft bis
zu 5 an der Zahl.
Was den Einfluss äusserer Versuche auf das Entstehen von Appen-
dicitis anbelangt, so wurden von H. Helly 50 diesbezügliche Fälle ge¬
sammelt. In der Mehrzahl bestand Schmerz sofort oder wenige Stunden
nach dem Trauma; in jenen Fällen, in denen die Schmerzen erst später
auftraten, kam es grösstenteils zu kontinuierlichen, digestiven Störungen
oder zu wiederholten Attacken, bevor Appendicitis diagnostiziert wurde.
In 50 Fällen fanden sich 30 mal Konkretionen, 7 mal alte Adhäsionen,
in einem Falle eine Knickung, einmal cystische Entartung und einmal ein
ungewöhnlich kurzer und weiter Appendix. Die Zahl der Erkrankungen
an Appendicitis hat in den letzten 25 Jahren wesentlich zugenommen,
ebenso die Fälle von acuter Peritonitis; während im Jahre 1893 in den
Spitalsrapporten nur 3 mal Appendicitis angeführt wird, erreichte die
Kummer im letzten Jahre die Höhe von 250. Perityphlitis fand sich
nur ganz vereinzelt.
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Appendicitis wird durch Keime hervorgerufen, die aus dem Intestinal¬
trakt stammen und, wenn sie in das Gewebe ausserhalb der Epithelschichte
gelangen, Ursache der entzündlichen Veränderungen werden. Verf. fragt
sich, ob der Grund für die Zunahme der Entzündungen des Appendix
vielleicht in unserer Nahrung zu suchen ist oder ob im Emailgeschirr
vielleicht Partikelchen Vorkommen, die eine Schädigung der Schleimhaut
hervorrufen, was durch Untersuchungen von Dr. Villaret nicht be¬
stätigt wurde. Oder wird beim Prozeße des Mehlmahlens irgend ein fremder,
schädlicher Körper eingeführt, vielleicht kleine Stückchen von Stahl oder
Eisen, die sich von der Walze loslösten, dann mit der Nahrung in den
Darmtrakt gelangen und nach Passierung der Ueocökalklappe infolge
ihres eigenen Gewichtes sich senken und in die Oeffnung des Appendix
fallen können? Durch vermehrte Sekretion der Schleimhaut kann der
Fremdkörper wieder weggeschwemmt werden, die zurückbleibende ober¬
flächliche Excoriierung des Epithels gibt jedoch Veranlassung zur Ein¬
wanderung von Bakterien und zu Entzündung oder zu Fibrosis mit re¬
sultierender Kontraktion; dieselbe ist entweder am Oreficium oder am
distalen Ende des Appendix. Tatsächlich fanden sich ein irreguläres Eisen¬
fragment und oberflächliche Erosion der Mucosa bei einem Knaben, der
seit 14 Monaten an abdominalen Beschwerden litt und durch Entfernung
des Appendix geheilt wurde.
Das Verhalten von Fremdkörpern im Appendix hängt von deren Natur
und Grösse ab; oft treten weder Entzündungs- noch Reflexerscheinungen
auf oder es bildet sich nur eine gewisse Steifheit des Wurmfortsatzes.
Am häufigsten und gefährlichsten ist das Vorkommen von Nadeln; die¬
selben treten mit dem Kopf voran in den Appendix ein, können ihn
jedoch nicht auf demselben Wege verlassen und perforieren durch Ulceration
die Wand mit folgender lokaler oder allgemeiner Peritonitis; eine häufige
Komplikation bildet dabei der Leberabscess. Zu den schwereren Körpern
gehören Schrotkügelchen, die durch Bildung von Konkretionen zur Wirkung
gelangen, ebenso Kerne von Aepfeln oder Weintrauben. Gelegentlich
bilden Haare den Kern von Konkretionen, manchmal auch Borsten. Steifere
Haare ragen oft aus den umgebenden Konkretionen heraus und sind bei
der Enge des Lumens des Kanales in konstantem Kontakt mit irgend
einem Teile desselben. Herrnstadt (Wien).
Ueber die Leukocytose bei der Appendicitis. Von R. Kothe.
Deutsche Zeitschr. f. Chir., Bd. LXXXVTIL
Verf. reiht den aus der Sonnenburg’sehen Klinik über obiges
Thema bereits erschienenen Arbeiten eine neue an, in welcher er aber¬
mals auf den grossen Wert der Leukocytose als Kardinalsymptom bei
der Appendicitis hinweist. Dabei betont er, dass nicht etwa die absolute
Zahl der Leukocyten, sondern nur der Vergleich der Leukocytenkurve
mit dem übrigen klinischen Bild zu verwerten sei. Die Leukocytose ist
gleich der Erhöhung der Temperatur und der Pulsfrequenz als natürliche
Reaktion des Organismus auf die Infektion aufzufassen; um aber diese
Reaktion klinisch verwerten zu können, muss auf alle Faktoren und
Umstände geachtet werden, in denen der so verschiedene Ausfall der
Reaktion begründet ist. Vor allem ist es eine Eigentümlichkeit der
serösen Häute und speziell des Peritoneums, dass bei deren Entzündung
das Leukocytenphänomen prompter und deutlicher in Erscheinung tritt
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als bei anderen Organen, wahrscheinlich infolge der grossen Flächen¬
aasdehnung und besonderen Resorptionskraft des Peritoneums. Eine
gewisse Bolle spielt hier auch die Lagerung des Wurmfortsatzes selbst,
indem bei frei in die Bauchhöhle ragendem Appendix infolge stärkerer
Beteiligung des Peritoneums höhere Leukocytenzahlen als bei nach aussen
und hinten geschlagenem, von der Bauchhöhle mehr abgeschlossenem beob¬
achtet werden. — Ausserdem sind 2 weitere Faktoren für die Leuko-
cytenVermehrung von Bedeutung: 1. die Infektionsintensität und 2. die
Reaktionsfähigkeit des Organismus. Die Initialleukocytose ist vor allem
abhängig von der Grösse der Leukocytendepots des Körpers, die Reaktions¬
kraft im weiteren Verlaufe hingegen von der Neubildung der Leukocyten
und speziell von der meist mit grosser Regelmässigkeit einsetzenden
Hyperplasie des Knochenmarkes, welcher letztere Umstand auch die regel-
mäseigere Leukocytenreaktion bei sekundären Prozessen zur Folge hat.
Während die Beziehungen zwischen Bakterienart und Leukocytose noch
nicht geklärt sind, üben jedenfalls die Menge und der Grad der Giftigkeit
des Infektionsmaterials wesentlichen Einfluss auf die Leukocytenzahl aus.
Der Umstand, dass gerade in Fällen schwerster Peritonitis die Leuko¬
cytose oft fehlt, wird vielfach der im Verhältnis zur grossen Bakterien¬
vermehrung geringen Bakteriolyse und der infolgedessen fehlenden chemo¬
taktischen Wirkung zugeschrieben. Im Gegensatz hierzu ist Verf. der
Ansicht, dass die durch Toxinschädigung beeinflussten Keimcentren die
Proliferation der Leukocyten nicht aufzubringen imstande sind.
Im speziellen Teile wird an der Hand von Beispielen die Bedeutung
der Leukocytenkurve für die einzelnen Formen der Appendicitis erläutert,
ihre Verwertung für die Indikationsstellung der Operation und für die
Prognose fixiert und am Schlüsse die Differentialdiagnose der Appen¬
dicitis mit Rücksicht auf die Leukocytenwerte besprochen.
Victor Bunzl (Wien).
The diagnosis and treatment of appendicitis. Von W. M. Henry
B. Brook. Brit. med. Journ., 13. August 1907.
Der Appendix besteht aus Mucosa, Submucosa, Muscularis und einer
äusseren serösen Schichte; im Mesoappendix verlaufen die Gefässe, Nerven
und Lymphgefässe. Die Mucosa enthält längliche Drüsen mit einer Lage
von Cylinderepithel und ist namentlich im Alter von 10—30 Jahren
reich an lymphoidem Gewebe, nach dieser Zeit wird die Mucosa allmäh¬
lich atrophisch. Das lymphoide Gewebe gab dem Appendix den Namen
der intestinalen Tonsille und hat vielleicht die Aufgabe, Schutz gegen die
Bakterien im Coecum zu bieten. Der Appendix enthält häufig Fremd¬
körper, diese sind jedoch meist fäkale Konkretionen mit reichlichen
Bakterien; diese sowohl wie die Bakterien des Coecums bewirken ent¬
zündliche Veränderungen im lymphoiden Gewebe und führen wie in der
Tonsille zu fibrösen Veränderungen der Mucosa und Submucosa, wodurch
der Appendix zu Sekretretention und vermehrtem bakteriellem Wachstum
geeigneter wird. Daneben gibt es auch eine rheumatische Erkrankung
des Appendix, die durch Salicylpräparate in Heilung übergeht.
Klinisch unterscheiden wir: 1. Katarrhalische Appendicitis. 2. Ul-
eeröse Appendicitis; hier ist nicht nur das Epithel, sondern auch Mucosa
und Submucosa betroffen, dabei kommt es oft zur Strikturierung des
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Lumens und zur Bildung von cystischer Dilatation. 3. Appendicitis mit
oder ohne Perforation und Abscess; dabei lässt sich wieder unterscheiden:
a) Abscess mit Durchbruch durch die Abdominalwand, b) peritonealer
Abscess, der durch Adhäsionen abgeschlossen ist, c) Abscess ausserhalb
des Peritoneums, der sich hinter dem Colon ascendens ausbreitet, d) Aus¬
dehnung der Eiterung hinter Leber und Diaphragma mit Bildung eines
subphrenischen Abscesses oder Durchbruch in die rechte Pleura, nach
abwärts Ausbreitung in das kleine Becken ev. allgemeine eitrige Peri¬
tonitis. 4. Acute Entzündung mit raschem, letalem Verlauf infolge der
Toxämie, die selbst bei Operation eine Mortalität von 75—95 °/ 0 auf¬
weist.
Diagnose der Appendicitis. Die Hauptsymptome sind
Schmerz, Druckschmerz und Rigidität über der Appendixregion. Oft
ist es schwer, den Unterschied zwischen dem Schmerz im rechten Ovarium
zu machen, da die prämenstruelle Kongestion des Ovariums von Kon¬
gestion des Appendix begleitet sein kann; umgekehrt kann die Erkrankung
des Appendix auch ovariale Schmerzen und Menorrhagien hervorrufen.
Der Druckschmerz ist vornehmlich auf den McBurney’schen Punkt
lokalisiert, doch kann er sich über das ganze Gebiet des 11. Dorsal¬
nerven ausbreiten. Die Rigidität ist auf den rechten unteren Quadranten
beschränkt. Die Temperatur ist in der Regel erhöht, der Puls be¬
schleunigt, die Zunge belegt und trocken. Der Ausgang der Krankheit
ist: 1. Komplette Heilung, 2. Tendenz zu Recidiven, 3. lokale Eiterung,
4. allgemeine Eiterung, 5. fulminanter, letaler Verlauf.
Behandlung. Verf. bekennt sich als Anhänger der observativen
Therapie, wenn keine drohenden Symptome bestehen. Seine Therapie
ist die folgende: a) Absolute Bettruhe, b) nur flüssige Diät, c) Appli¬
kation von heissen Umschlägen, d) kein Purgans vor dem 5. Tage, bei
Abscessbildung vor dem 7. Tage, e) intern eine Mixtur mit Hyosciamus
oder Belladonna, bei Verdacht auf Rheumatismus Salicyl, f) gegen Fla¬
tulenz Salol. Opium ist wegen Maskierung der Symptome zu vermeiden.
Behandlung während des Intervalles. Dieser ist die
beste Zeit zur Entfernung des Appendix, da die Mortalität */* °/o
übersteigt. Die Statistik lehrt, dass in 25—44 °/ 0 die Recidive inner¬
halb zweier Jahre auftritt, deshalb rät Verf., nach der 2. Attacke auf
jeden Fall zu operieren und schon nach der 1. Attacke, wenn dieselbe
eine schwere war.
Behandlung der fulminanten Attacke. In diesen Fällen,
die ungefähr 1 °/ 0 ausmachen, verlangt Verf. Operation in den ersten
24 Stunden. Nach dem ersten Shock kommt es zu einem scheinbaren
Stillstände, dies ist für den Operateur der geeignete Moment zum
Eingriff.
Behandlung der Appendicitis mit Suppuration. Nach
Mr. James Berry ist das Beste zu warten, bis der Eiter durch
Adhäsionen abgeschlossen ist, was in der Regel am 5. Tage der Fall
ist. Oft tritt jedoch diese Lokalisierung des Abscesses nicht ein oder
es kommt zur Beratung eines zirkumskripten Abscesses. Auch Verf. ist
dafür, bei einem definitiv zirkumskripten Tumor und leidlichem All¬
gemeinbefinden bis zum 5. Tage zu warten. Ein Schüttelfrost ist das
Zeichen für sofortige Operation. Leukocytose von 20 000 oder mehr
spricht für Eiterung.
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Zu8&mmenfassend kommt Autor zu folgenden Schlüssen: 1. Die
grössere Zahl übersteht den Anfall durch einfache medizinische Behand¬
lung. 2. Während der Ruheperiode ist die Resektion des Appendix
angezeigt. 3. Während der Attacke ist nur bei drohenden Symptomen
die Operation auszuführen. 4. Bei Abscessbildung ist bis zum 5. Tage
zu warten, nur bei Zweifel über die Lokalisierung des Eiters ist der¬
selbe sofort zu entfernen; wenn der Appendix in der Wunde sichtbar
•ist, so kann er gleichzeitig entfernt werden, ö. Bei allgemeiner, eitriger
Peritonitis Drainage, Infusionen und Kalomel.
Herrnstadt (Wien).
Results in appendicitis treated by the immediate and complete
Operation. Von Walter E. Spencer. Lancet, 14. September 1907.
In einer Serie von 100 Fällen von Resektion des Appendix im
Frühstadium der Erkrankung starben 15; in einer 2. Serie von 100
Fällen nur 7 und von diesen war viermal die Operation zu spät unter¬
nommen worden; die Verminderung lässt sich auf den Umstand zurück¬
führen, dass die Diagnose bereits in einem früheren Stadium gemacht
wurde. Bei jungen und männlichen Individuen scheint die Gefahr grösser
zu sein, was Autor an 4 verschiedenen Klassen illustriert: Die 1. Klasse
betrifft 37 Fälle von Resektion des Appendix und kompletter Naht der
Abdominalwand ohne Todesfall; die 2. Klasse 31 Fälle von septischer
Peritonitis nach gangränöser oder perforierender Appendicitis mit
4 Todesfällen; die Heilungen waren komplett ohne Hernie oder Fistel.
In der 3. Klasse sind 14 suppurative Appendicitiden, wobei der Appendix
ausgeschält, die affizierte Portion der Peritonealhöhle ausgewaschen und
nachher mit Gaze gefüllt wurde; einzelne Fälle wurden teilweise vernäht.
1 Todesfall. Zur Klasse 4 gehören ausgedehnte ileo-lumbare Inzisionen
zur Entfernung des Appendix und kompletten Evakuation von Eiter und
fibrösen Massen; nach Granulierung der Höhle sekundäre Naht; unter
18 Operierten waren 2 Todesfälle. Die sekundäre Naht wurde durch¬
schnittlich am 9. Tage gemacht. Herrnstadt (Wien).
A case of catarrhal appendicitis dne to the presence of the oxyuris
Yermicularis. Von Dr. A. E. Garrod und H. Fairbank. Lancet,
14. September 1907.
Ein 10 Jahre alter Knabe klagte über Schmerzen in der Magen¬
gegend im Beginn des Essens, ohne dass weitere Krankheitssymptome
bestanden hätten. Am 5. Januar 1907 trat unter Kopfschmerzen und
Erbrechen Temperatursteigerung auf, am nächsten Tage Schmerzen im
Abdomen, die in das rechte Bein ausstrahlten, und Druckschmerz in der
rechten Lende. Die Zahl der Leukocyten betrug 26 000. Bei der
Operation fand sich der Appendix hinter dem Colon in einer tiefen,
subcökalen Nische, frei von Adhäsionen und ohne Anzeichen frischer
Peritonitis. Der rechte Ureter und die Niere waren normal. Nach
Entfernung des Appendix wurde derselbe eröffnet; die Schleimhaut war
kongestioniert und im Lumen fanden sich einzelne Spulwürmer. Nach
einem kurzen, neuerlichen Temperaturanstiege am 3. Tage erholte sich
Patient rasch, die Wunde heilte per primam intentionem. Da man an¬
nahm, dass im Coecum noch andere Spulwürmer enthalten seien, wurden
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entsprechende Bandwarmmittel verabreicht, doch konnte im Stahle nichts
mehr nachgewiesen werden. Herrnstadt (Wien).
Actinomycosis of the appendix. Von A. Renole Short. Lancet,
14. September 1907.
Der Patient, ein 14 Jahre alter Knabe, litt an einem derben Tumor,
der die ganze rechte Fossa iliaca einnahm und sich noch über die Mittel¬
linie nach links erstreckte; sofort nach Inzision der Haut entwich Eiter
durch die Oeffnungen der Muskelschichte, um das Coecum herum war
ein weiter Hohlraum, der dunklen, fötiden Eiter enthielt; in der Um¬
gebung waren derbe Adhäsionen, der Appendix war nicht auffindbar.
Trotz mehrfacher Operation verschlimmerte sich der Zustand und Patient
starb unter Hinzutritt von Pneumonie.
An der Spitze des perforierten und in Adhäsionen eingebetteten
Appendix fand sich ein Abscess, ein 2. Abscess in der Leber und Eiter
in beiden Pleurahöhlen; die Lungen waren voll kleiner Abscesse, welche
alle die Zeichen der Aktinomykose erkennen Hessen.
Im 2. Falle handelt es sich um eine 43 Jahre alte Frau mit einer
derben, rundlichen Schwellung in der rechten Fossa iUaca. Ein Abscess,
der sich in der Lendengegend bildete, enthielt fötiden Eiter; derselbe
wurde durch die Appendixinzision drainiert. Patientin erholte sich bald,
erschien jedoch nach 6 Wochen mit einem rundUchen Abscess in der
Operationsnarbe; zwei weitere Abscesse bildeten sich in der rechten
Lendengegend 3 Wochen später. Im Eiter der Abscesse fanden sich
Aktinomyceskörnchen. Patientin starb unter den Erscheinungen beider¬
seitigen Empyems der Pleuren.
Im 3. Falle war es ein 19 Jahre alter Knabe mit einem Tumor
in der rechten Fossa iliaca von der Grösse einer Kokosnuss; das Caput
coeci lag in einer Masse von derben Adhäsionen, der Appendix war ein¬
gebettet in das Omentum und adhärent an das Colon transversum; beim
Freilegen desselben erschienen einige Tropfen Eiters; späterhin bildete
sich ein Abscess in der Nabelgegend und weiterhin ein subphrenischer
Abscess; im Eiter wurde Aktinomykose nachgewiesen.
Der 4. Fall betrifft ein 16 jähriges Mädchen, das viermal wegen
Abscessbildung in der Appendixgegend operiert wurde; es fand sich
eine ausserordentlich derbe Masse, die rund um das Coecum adhärent
war. In einem Abscess in der Nabelgegend und, einem subphrenischen
Abscesse fand sich Aktinomykose.
AehnHch verhielt es sich im 5. Falle.
Die Gesamtnummer der publizierten Fälle beträgt ca. 150, doch
sind sicher nicht alle veröffentlicht und viele sind wegen des Mangels
der Aktinomyceskörnchen nicht diagnostiziert worden. Von den als Appen-
dicitis operierten Fällen sind wenigstens 2 °/ 0 auf Rechnung der Aktino¬
mykose zu setzen. Was das Geschlecht anbelangt, so kommen ungefähr
5 männliche Individuen auf 2 weibHche; das häufigste Alter ist zwischen
20 und 30 Jahren; die Substanzen, die als Träger der Infektion anzu¬
sehen sind, sind Korn, Gerste, Nadeln, Brombeeren, Stacheln.
60 °/ 0 aller Erkrankungen an Aktinomykose haben ihren Ursprung
in der rechten Fossa Uiaca, entweder im Coecum oder im Appendix,
wobei das Verhältnis ca. 1: 3 beträgt. GewöhnUch bildet sich ein Ulcus
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in der Mucosa, das sich ausbreitet und vertieft und in dem sich das
Mycelium mikroskopisch nachweisen lässt; in anderen Fällen bilden sich
kleine Knötchen in der Submucosa, die später erweichen und ulcerieren.
Die Krankheit erstreckt sich entweder auf die Schleimhaut oder es
kommt zur Verdickung der Wand des Coecums und Appendix mit oder
ohne Perforation; Abscesse können sich nach allen Richtungen bilden,
doch tritt keine allgemeine, acute Peritonitis auf. Die weitere Ausbrei¬
tung geschieht auf dem Wege der Kontinuität oder durch Metastasen¬
bildung. Die Septikämie führt zum Exitus; oft ist auch albuminoide
Degeneration nachweisbar.
Die Diagnose stützt sich auf den Nachweis des Aktinomyces im
Stuhle. Wenn der Patient über 14 Jahre alt ist und es findet sich
eine derbe Masse in der Appendixgegend ohne wesentliche Temperatur¬
steigerung mit geringen Schmerzen, so liegt der Verdacht auf Aktino-
mykose nahe, um so mehr, wenn die Haut ödematös, verdickt, dunkelblau¬
violett verfärbt ist; während der Operation findet man häufig derbe
Adhäsionen, nach mehreren Wochen sekundäre Abscesse und Fisteln, die
Abscesse haben einen schwammigen Charakter und enthalten wenig Eiter.
Der Nachweis des Pilzes ermöglicht die absolute Sicherheit der Diagnose.
Für die Prognose kommen die recidivierende Natur und die lange
Dauer der Erkrankung in Betracht; mehr als 2 / 8 aller Fälle endigen in
Exitus, während die anderen zu Recidiven neigen. Spring beschrieb
einen Fall, der 13 Jahre lebte.
Die Behandlung besteht in möglichst radikaler Entfernung des Er¬
krankten ; Auswaschungen der Wunde mit verdünnter Jodtinktur, intern
Jodkalium in grossen Dosen; auch Tuberkulininjektionen werden von
Illich, Eiseisberg und Friedrich empfohlen. Manchmal sah
man von Arsen und Kalomel schöne Erfolge.
Herrnstadt (Wien).
A case of appendicitis excited by a clove, the appendix being
the sole viscus in a hernial sac. Von W. Hai Barnett.
Lancet, 24. August 1907.
Der Patient, 58 Jahre alt, litt seit 20 Jahren an rechtsseitiger
Inguinalhernie. Eine Woche vor der Spitalsaufnahme fand er eine
harte, schmerzhafte Schwellung, die sich nicht reponieren liess und in
den nächsten Tagen noch an Umfang zunahra. Es bestand weder Er¬
brechen noch Stuhlverstopfung. Der Tumor war hart, oval, von glatter
Oberfläche und bei Druck schmerzhaft. Nach Eröffnung des Sackes
fanden sich eine dunkelrote, längliche Masse, wenig Eiter und unter dieser
Masse eine Gewürznelke. Der Tumor bestand aus einem kurzen, ver¬
dickten Appendix, der zugleich entfernt wurde.
Herrnstadt (Wien).
Appendical abscess, perforated gangrenous appendix. Appendic-
ectumy and recovery. Von Richard Slocock. Brit. med. Journ.,
13. Juli 1907.
Patient erkrankte unter Schmerzen in der rechten Bauchseite und
galligem Erbrechen. Der Mc Burney*sche Punkt war schmerzhaft,
doch war keine Schwellung nachweisbar. Am übernächsten Tage stieg
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die Temperatur an und es bestanden Spannung sowie Dämpfung an der
rechten Bauchseite; die Oegend war geschwollen, doch liess sich ein
Tumor nicht palpieren. Bei der Operation fand sich das Coecum derb
und ausgedehnt und beim Lüften desselben entwich ein Strom fötiden,
fäkalen Eiters aus einer grossen Abscesshöhle in der rechten Regio iliaca;
der Appendix war an das Coecum adhärent, sein Endstück aufgetrieben
und 1 Zoll vom Coecum entfernt gangränös perforiert, eine kleine, fäkale
Konkretion lag etwas ausserhalb. Der Appendix wurde entfernt und die
Abscesshöhle mit Gaze drainiert. Die Temperatur fiel nach der Opera¬
tion herab; Patient wurde mittels Kochsalzklysmen ernährt; der Stuhl
enthielt anfänglich Schleim, doch keinen Eiter. Am 14. Tage erhielt
Patient feste Nahrung und konnte am Ende der 4. Woche geheilt das
Spital verlassen. Herrnstadt (Wien).
One years work in acute appendicitis. Von Arthur H. Burgess.
Brit. Med. Journ., 13. Juli 1907.
Verf. unterscheidet 4 Gruppen: 1. Frühzeitige Fälle, bei denen die
Infektion auf den Appendix beschränkt war. 2. Abscesse, die gegen
die Peritonealhöhle zu abgeschlossen waren. 3. Rasche und diffuse In¬
fektion des Peritoneums. 4. Allgemeine Peritonitis mit Ausdehnung
vom Becken bis zum Diaphragma. Die Differenz zwischen den letzten
beiden Gruppen liegt in der Heilungsmöglichkeit, die in der 3. Gruppe
bei rechtzeitiger Operation noch weit grösser ist als in der letzten. Die
Totalmortalität beträgt ca. 8,5 °/ 0 .
Frühzeitige Fälle. Die absolute Beschränkungsdauer des
Prozesses auf den Appendix beträgt durchschnittlich 48 Stunden, doch
liess sich peritoneale Infektion schon nach 18 Stunden beobachten,
während andernfalls am 4. Tage ein gangränöser Appendix ohne Peri¬
tonitis vorlag. Durch Resektion des Appendix wird die Infektion zum
Stillstand gebracht. In diesem 1. Stadium haben wir keine Anzeichen
dafür, ob der Prozess ein lokaler bleibt oder Tendenz zur Ausbreitung
hat; wird die Operation unterlassen, so verringern sich die Heilungs¬
chancen für den Patienten. Gegen die Frühoperation hat man folgende
Gründe geltend gemacht: 1. Die hohe Mortalität bei Operation im acuten
Stadium; die Ursache davon ist wohl Toxämie, an welcher der Patient trotz
der Operation, aber nicht wegen der Operation gestorben ist. 2. Die
Tatsache, dass viele Fälle auch ohne Operation heilen. Auch dieser
Grund ist nicht stichhältig, da ein günstiger Ausgang nie sich sicher
Vorhersagen lässt und die Operation in diesem Falle gefahrlos ist.
3. Die Abneigung des Patienten gegen den operativen Eingriff, die
jedoch mit der allmählichen Erkenntnis vom Vorteile der Operation
stets geringer wird.
Abscessfälle. Die Mortalität ist in diesem Stadium auch bei
Operation eine grössere, da der toxische Status des Patienten weiter
vorgeschritten ist; die Rekonvalescenz ist eine längere. Der Appendix
bleibt in einer Reihe von Fällen zurück oder es persistiert eine Fistel, eine
Reihe von Fällen benötigt mehrwöchentliche Drainage, schliesslich bleibt
eine zarte, nachgiebige Narbe, welche die Hernienbildung erleichtert;
die zahlreichen Adhäsionen können zu Strikturen Veranlassung geben.
Diffuse Peritonitis. Sofortige Operation ist dringend geboten,
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am allgemeine Ausbreitung des Eiters hintanzuh<en. Durch Streifen
von steriler Gaze kann die infizierte Area vom Rest der Peritoneal-
cavität abgeschlossen werden.
Allgemeine Peritonitis. Die Chancen der Heilung durch
Operation sind sehr gering, jedoch noch immer grösser als ohne
Operation.
Schliesslich gibt es noch eine Reihe von Fällen, die vom Beginne
an sich spontan sichtlich bessern; die Operation mag dann unterbleiben,
wenn keine Recidive eintritt. Oft kommt es bei Gangrän oder Perfo¬
ration zu einer scheinbaren Besserung, indem die toxische Resorption
temporär aufhört und auch die Spannung nachlässt.
Wenn der Patient sich von der 1. Attacke erholt hat, so steht
Yerf. auf dem Standpunkte, mit der Operation bis zum Beginne einer
eventuellen 2. Attacke zu warten, dann aber in den ersten Stunden zu
operieren. Herrnstadt (Wien).
Calculi in the appendix. Von D. T. Barry. Lancet, 24. August
1907.
Steine und andere Fremdkörper, die sich im Appendix finden,
sind nicht immer von derselben Art. ln einem Falle fand sich ein
langgestreckter Appendix, der in der Mitte aufgetrieben, an den Enden
kontrahiert war; das distale Ende zeigte mikroskopisch kein Lumen
und keine Spur von lymphoidem Gewebe; zwischen diesem und dem
durch Steine dilatierten Anteile . war die Schleimhaut in das Lumen
vorgewölbt und ein wenig entzündet; der dilatierte Anteil zeigte Atrophie
der Mucosa. Die Steine waren 4 an der Zahl, jedes 2 mm im Durch¬
messer, dunkel braun, glatt und facettiert. Einer dieser Steine wurde
in verdünnter Schwefelsäure gelöst und die oberflächliche Schichte mikro¬
skopisch und chemisch auf Cholestearin untersucht. Die Probe war
negativ, ebenso die Gme 1 in ’sche und Pettenkofer’sche Probe. Der
Hauptbestandteil war Calciumphosphat. Gallensteine finden sich nur
selten im Appendix, dagegen Enterolithen, die von ihnen nur durch
die chemische Analyse zu unterscheiden sind, und ausser diesen Copro-
lithen. Was die Reihenfolge der Häufigkeit anbelangt, so unterscheidet
Autor, ausgenommen die Parasiten, folgende Klassen: 1. Fäkalsteine
mit dem gewöhnlichen Perzentsatz anorganischen Materials. 2. Entero¬
lithen mit oder ohne Fremdkörper als Kern. 3. Gallensteine. 4. Wahre
Fremdkörper. Herrnstadt (Wien).
C. Harnorgane.
Zur Frage der im Kindesalter vorkommenden chronischen Er¬
krankungen der Nieren. Von J. A. Klimoff. Folia urologica,
No. 2, 1907.
K. gelangt zu folgenden Schlüssen:
1. Die chronische Nephritis ist im Kindesalter keine seltene Er¬
scheinung; sämtliche Formen von chronischer Nephritis, die bei Er¬
wachsenen beschrieben worden sind, scheinen auch im Kindesalter vor¬
zukommen.
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2. Die klinische Feststellung bestimmter Formen von chronischer
Nephritis stösst bei Kindern auf grössere Schwierigkeiten als bei Er¬
wachsenen.
3. Die Aetiologie der sogenannten chronischen parenchymatösen
Nephritis bleibt in der Mehrzahl der Fälle unbekannt.
4. Die chronische hämorrhagische Nephritis wird im Kindesalter
nicht selten beobachtet.
5. Primäre Schrumpfniere oder chronische interstitielle Nephritis
primärer Entstehung entwickelt sich bei Kindern hauptsächlich auf der
Basis yon hereditärer Lues.
6. Sekundäre Schrumpfniere oder chronische interstitielle Nephritis
sekundärer Natur wird bei Kindern häufiger beobachtet als primäre
Schrumpfniere.
7. Im Gegensatz zur Ansicht von Heubner kommt Nierenamyloid
bei Kindern ziemlich häufig vor.
8. Bei jugendlichen Nephritikern mit Oedemen muss das Körper¬
gewicht täglich festgestellt werden.
9. Die täglichen Messungen der täglichen Harnquantität der
Nephritiker ergeben manche Eigentümlichkeiten, die für das Kindesalter
charakteristisch sind.
10. Tägliche Messungen des Eiweissgehaltes nach der Methode von
Esbach gewähren die Möglichkeit, die von Tag zu Tag stattfindenden
Schwankungen in der zur Ausscheidung gelangenden Eiweissmenge fest¬
zustellen.
11. Um eine genauere und detailliertere Diagnose der verschiedenen
Nephritisformen zu ermöglichen, wäre die Auffindung neuer differential¬
diagnostischer, klinischer Merkmale sehr erwünscht.
12. Der innerliche Gebrauch von Chlornatrium sowie der Genuss
von gesalzenen Speisen verschlimmern den Zustand der Nephritiker.
von Hof mann (Wien).
A case of pyonephrosis containing typhoid bacilli in pnre culture.
Yon Francis L. A. Greaves. Brit. Med. Journ., 13. Juli 1907.
A. B., 3(5 Jahre alt, litt vor 6 Jahren an Typhus; während dieser
Erkrankung hatte er gelegentlich Schwierigkeiten beim Urinieren mit
Abgang von fleischähnlichen Klümpchen und trübem Urin. Dieser Zu¬
stand blieb in der ganzen Zwischenzeit bestehen. Siebzehn Wochen vor
der Spitalsaufnahme traten Schmerzen in der linken Lende auf und in
der letzten Zeit daselbst eine Schwellung, die Schmerzen strahlten in
die Testikeln aus, zeitweise bestand Erbrechen. Der Tumor erstreckte
sich vom linken Rippenbogen bis 2 Zoll über die linke Crista iliaca,
war rundlich, weich, bei Berührung schmerzhaft, fluktuierend, der Per¬
kussionsschall gedämpft. Der Urin enthielt Spuren von Albumen.
Cystoskopisch war die linke Ureteröffnung von erweiterten Venen um¬
geben; der Urin wurde nicht beobachtet. Nach Lumbarinzision und
Punktion des Tumors kam Eiter zum Vorschein, der eingeführte Finger
fühlte einen Stein im linken Ureter, der sich leicht extrahieren liess,
nachher wurde die Wunde drainiert und geschlossen.
Die im Eiter gefundenen Organismen hatten kulturell und mikro¬
skopisch die Charaktere des Typhusbacillus. Auch die W i d a 1 'sehe
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Prob© war bei Verdünnungen von 1 : 10, 1 : 25, 1 : 50 positiv; Agglu¬
tination in 30 Minuten bei Verdünnung von 1 : 200.
Der Stein war ein Phosphat, im Centrum mit Oxalat gemischt.
Herrnstadt (Wien).
Süll intervento chirurgico nelle nefriti chroniche emorragiche.
Von Cuturi Filippo. La clinica chirurg., 31. Juli 1907.
Zahlreich sind die Fälle von Nephrektomie bei den verschiedensten
Erkrankungen der Nieren; die neuralgischen Hämaturien, die man früher
von anatomischen Läsionen des Organes unabhängig glaubte, wurden als
chronische Nierenaffektion auf Grund der histologischen Untersuchung
exstirpierter Nieren erkannt. Auch heute noch schwanken die Ansichten
der Autoren zwischen Nephrotomie oder Dekapsulation einerseits und
Nephrektomie andererseits, wenn es sich um die Behandlung chronischer
Hämaturien von seiten der Nieren handelt.
Folgender Fall spricht zugunsten der Nephrektomie: R. L., 25 Jahre
alt, erkrankte mit Schmerzen in der rechten Lendengegend, die gegen
die Fossa iliaca ausstrahlten; zeitweise gingen mit dem Urin kleine Steine
und Sand ab. In den letzten 2 Jahren bestanden neben den Schmerzen
abundante Hämaturie und fast kontinuierlicher Urindrang; der Urin
selbst war getrübt, der Katheterismus schmerzhaft, Residualham war
nicht vorhanden; die Schleimhaut der Blase war stark hyperämisch,
nirgends eine Läsion oder ein Neoplasma nachweisbar. Die Mündung
der Ureteren war sichtbar, die Schleimhaut rechterseits leicht geschwollen
und gerötet; der Urin der linken Seite war licht, der der rechten san¬
guinolent. Die rechte Niere war palpatorisch vergrössert und schmerz¬
haft. Der Urin enthielt zahlreiche Leukocyten, Blasenzellen, hyaline
und granulierte Cylinder, Harnsäurekristalle, Staphylokokken, Strepto¬
kokken und Bakterien. Die Untersuchung mit dem Separator ergab
gleichfalls den Befund der rechtsseitigen Erkrankung.
Operation am 28. April 1906. Die Niere wird mittels Lumbal¬
schnittes freigelegt und aus der Fettkapsel herausgehoben, die Oberfläche
war dunkelbraun und zeigte seröse und blutige« Cystchen.
Bei der explorativen Nephrotomie entweicht aus der Inzisionswunde
eine Menge venösen Blutes, das Nierenparenchym zeigt zerstreute Cyst¬
chen, kleine Blutungen und uratischen Sand. Nach Ligatur des Stieles
wurde die Niere entfernt und an ihrer Stelle sowie am unteren Wund¬
winkel ein Drain eingeführt, sodann die Wunde geschlossen. Nach der
Operation bestanden Erbrechen und starkes Durstgefühl, der mittels Kathe¬
terismus am nächsten Tage gewonnene Urin war blutig, am 3. Tage
jedoch bereits klar, am 4. Tage sistierte das Erbrechen und Urin ging
spontan ab. Am 5. Tage wurde das obere Drain entfernt, am 7. Tage
das untere. Der Urin war strohgelb, frei von Albumen, enthielt im
Anfang noch zahlreiche Cylinder, die bis zum 10. Mai allmählich
schwanden. Die Niere selbst war 13 cm lang, die Kapsel an das
Parenchym adhärent, an der Oberfläche seröse und hämorrhagische Cyst¬
chen, desgleichen am Durchschnitt; im Nierenbecken war feiner Sand.
Die Glomeruli waren z. T. sklerosiert, die Tubuli contorti in Degenera¬
tion begriffen, die Zellkerne z. T. fehlend, z. T. durch schlecht gefärbte
Granula ersetzt, die Mündung der Tubuli von einer granulierten Sub-
Centralblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 58
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stanz erfüllt, die von der Degeneration der Zellen und der Colloidsub-
stanz herrührt; auch das Bindegewebe enthält an einzelnen Stellen pig¬
mentierte Granula; an den Arterien sind die Erscheinungen der Peri-
und Endoarteriitis sichtbar. Die Differentialdiagnose zwischen Nieren-
und Blasenblutung ist durch folgende Punkte gegeben: Im ersteren Falle
ist der Urin gleich massig mit Blut gemengt und braunschwarz, doch
kann bei Blasenblutung dasselbe der Fall sein, wenn das Blut längere
Zeit in der Blase verweilt; erscheinen jedoch einzelne Blutstropfen am
Ende des Urinierens, so spricht dies für Blasenblutung. Blutcoagula
in der Länge von 8—22 cm müssen aus den Ureteren stammen, die
Anwesenheit von Cylindern beweist eine Nierenaffektion. Gesichert wird
die Diagnose durch die cystoskopische Untersuchung. Was die Natur
der Erkrankung anbelangt, so muss wohl bei Hämaturie und nach ab¬
wärts ausstrahlenden Lendenschmerzen zunächst an Nierensteine gedacht
werden, der Nachweis von Cylindern sowie Albumen, die Yergrösserung
der Niere und persistierende Schmerzen gestatten die Diagnose auf
chronisch hämorrhagische Nephritis. Sobald die Diagnose auf chronisch
hämorrhagische Nephritis gestellt ist, sind die Methoden der Behandlung
folgende: Einige Chirurgen sind für Nephrolyse, andere für Capsulotomie
und Renipunktur, wieder andere für die Decapsulation, viele für Nephro¬
tomie; nach Israel hat dieselbe einen Einfluss auf den nephritischen
Prozess selbst, indem sie eine Regression der Erkrankung herbeiführt.
Endlich spricht sich ein grosser Teil der Chirurgen zugunsten der
Nephrektomie aus. Von 24 Fällen, die Verf. zusammenstellt, verliefen
4 letal; von diesen starb jedoch nur einer an den Folgen der Operation,
die übrigen 3 an Urämie. Das würde einer Mortalität von 16,6 °/ 0
entsprechen. Die Gefahr der Operation ist also relativ nicht sehr gross,
vorausgesetzt, dass die andere Niere gesund ist.
Herrnstadt (Wien).
Le diagnostic et le traitement chirurgical de la tuberculose ränale.
Von F. Cathelin. Folia urologica. No. 2. 1907.
Cathelin gelangt zu folgenden Schlüssen:
1. Bei einseitiger Nierentuberkulose erscheint die Frühoperation
angezeigt.
2. Die Infektion der anderen Niere geht auf dem Blutwege vor sich.
3. Wenn sich auch durch den Ureterenkatheterismus die operative
Sterblichkeit nach der Nephrektomie innerhalb grosser Grenzen vermindert
hat, so sind hierfür doch andere Gründe verantwortlich zu machen, als
Casper angibt.
4. Bei der mit Cystitis kombinierten Nierentuberkulose ist die An¬
wendung des Urinseparators sicherer und der Ureterenkatheterisierung
vorzuziehen.
5. C. macht stets die lumbale extrakapsuläre Nephrektomie und
empfiehlt im besonderen die stückweise Forcipressur des Hilus.
von Hofmann (Wien).
Some observations on nephrectomy. Von Gilbert Barling. Brit.
Med. Journ. 13. Juli 1907.
Der Patient, 41 Jahre alt, wurde wegen heftiger Schmerzen in der
linken Nierengegend ins Spital aufgenommen; 5 Jahre vorher war aus
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derselben Niere ein Stein entfernt worden. Die Niere war bimanuell
palpabel, vergrössert, während der Attacke druckschmerzhaft; auch die
rechte Niere war palpabel und frei beweglich. 10 Jahre vorher bestand
nach einer schweren Entbindung eine vesico-vaginale Fistel, die durch
Operation geschlossen wurde, seither jedoch begannen die Schmerzen in
der linken Niere, zeitweise kombiniert mit Hämaturie. Die Urinmenge
schwankte zwischen 30 und 40 Unzen, das spezifische Gewicht zwischen
1007 und 1012; er enthielt stets eine geringe Menge Eiters und ge¬
legentlich Cylinder. Cystoskopisch waren das Orificium des linken Ureters
sowie das Trigonum durch Narbengewebe verdeckt; das rechte Orificium
war sichtbar. Durch Separation wurde nur Urin vom rechten Ureter
gewonnen; Methylenblau färbte den Urin erst nach 36 Stunden. Die
linke Niere wurde durch Lumbalinzision freigelegt und ein Stein im
Nierenbecken gefunden; dieses sowie der Ureter waren beträchtlich dik¬
tiert. Nach Eröffnung des Ureters wurde eine Sonde eingeführt, die nahe
der Blase stecken blieb. Da die Entfernung der Steine nur wenig Aus¬
sicht auf Besserung bot, so wurde die Nephrektomie gemacht. Die
Hamsäureausscheidung war im Anfang erhöht, sank dann rasch herab,
das spezifische Gewicht war 1010. Die Nahrung war reine Milchdiät.
Die Menge der ausgeschiedenen Harnsäure beträgt bei Bettruhe 200—
300 Grains, schwankt jedoch bei verschiedenem Alter und Geschlecht.
Nach den meisten Operationen steigt sie beträchtlich, doch nicht so hoch
wie nach Nephrektomie, fällt aber dann rasch zur Norm herab. Die
Vermehrung erfolgt wahrscheinlich durch Resorption eines nicht sep¬
tischen Materials von der Wunde aus.
Verf. machte 39 Nephrektomien aus folgenden Ursachen: Pyone-
phrose, Pyelitis infolge von Steinen, Tuberkeln usw. in 21 Fällen;
Hydronephrose mit kompletter Destruktion der Niere 9mal, mit geringerer
Dilatation 3mal; maligne Neubildung (Hypernephrom) 2mal; sekundäre
Blutung nach Inzision auf einen Stein 2mal; Steine und Papillom des
Nierenbeckens 1 mal; cystische Niere 1 mal. Darunter war nur 1 Todes¬
fall wegen Pyonephrosis und perinephritischer Eiterung. Neun Patienten,
die ausserhalb des Spitals operiert wurden, befinden sich wohl; von den
übrigen 30 war über 10 Patienten nichts zu erfahren, von den übrigen
sind 19 am Leben und zum Teil völlig wohlauf, nur 1 Patientin, die vor
5 Jahren wegen polycystischer Niere operiert wurde, starb, da auch die
andere Niere degenerierte und ihre Sekretion eine unzureichende war.
Herrnstadt (Wien).
Znr Frage des sogenannten Diabetes insipidns. Von E. J. S e g a 11 o w.
Folia urologica. Nr. 2. 1907.
Segallow kommt zu folgenden Schlüssen:
1. Dem Dkbetes insipidns oder richtiger der Polyurie liegt stets
eine Affektion des Nervensystems zugrunde.
2. Einzelne Fälle entstehen auf dem Boden der Hysterie.
3. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich um eine Reizung der
langen Nervenbahnen, die vom Boden des vierten Ventrikels durch Rücken¬
mark, Brustnerven und Plexus solaris zu den Nieren gehen.
4. Die Reizung der Nerven wird bewirkt entweder durch eine ein¬
fache chronische Ependymitis des vierten Ventrikels oder durch eine
syphilitische Affektion oder durch einen Tumor in dieser Gegend usw.
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5. Die Polyurie in der Schwangerschaft entsteht durch eine reflek¬
torische Beizung des Centrums der Polyurie.
von Hofmann (Wien).
Ueber cerebrale Blasenstörangen« Von M. Minkowski, Breslau.
Deutsche Ztschr. f. Nervenheilkunde. Bd. XXXIII, 1. u. 2. Heft.
Verf. berichtet über zahlreiche Fälle aus der Breslauer medizinischen
Klinik, in denen sich organische, cerebral bedingte Blasenstörungen nach-
weisen liessen. Derartige Störungen finden sich nicht nur bei Blutungs¬
und Erweichungsherden des Gehirns, sondern auch bei entzündlichen
Erkrankungen und Neubildungen auch bei völlig freiem Sensorium; die¬
selben sind infolge der Einseitigkeit der meisten Herderkrankungen meist
leichter, nur vorübergehender Art.
Verf. glaubt, ein Centrum für die Erschlaffung des Sphinkters in der
Grosshirnrinde, ein solches für die Kontraktionen desselben in den sub¬
kortikalen Ganglien annehmen zu dürfen; dementsprechend soll eine
Läsion der corticospinalen Bahnen Retention, der subcorticospinalen
Inkontinenz erzeugen. v. Rad (Nürnberg).
Die Scbrumpfblase und ihre Behandlung (Darmplastik). Von W.
Kausch. Arch. f. klin. Chir. Bd. LXXXm, 1. Heft.
Dem Verf. ist es gelungen, einen Fall von schwerer Schrumpfblase
durch Darmplastik zu heilen. Für die Behandlung obigen Leidens be¬
stand bis jetzt als einziges Verfahren die Dilatation der Blase durch
Dehnung derselben, doch hat diese Methode nur selten den gewünschten
Erfolg, ja schadet sogar vielfach. Durch die vom Verf. vorgeschlagene
Operation hingegen wird nicht nur die Kapazität der Blase erheblich
gesteigert, sondern es findet zugleich eine Ausheilung der ursächlichen
oder begleitenden Cystitis statt. Die Operation zerfällt in folgende
Akte: 1. totale Ausschaltung einer Darmschlinge, Sagittalstellung und
Fixierung an der Blasenkuppe; 2. Eröffnung der Darmschlinge sowohl
wie der Blase; 3. Verschluss der gemeinsamen Höhle.
Victor Bunzl (Wien).
Denx eas de Perforation de la vessie succidant Tone 4 une eoxalgie,
l’autre 4 une oystite tuberculeuse. Von E. Pillet. Ann. d. mal.
d. org. gen.-urin. 1. Sept. 1907.
1. Die 42 jährige Patientin war vor 20 Jahren wegen Coxitis mit
kaltem Abscess operiert worden. Im Anschluss an die Operation kam
es zur Bildung mehrerer Fisteln, von denen eine oberhalb des Os pubis
gelegen war. Aus derselben träufelte Urin und ab und zu gingen kleine
Knochenstückchen ab. Gleichzeitig bestanden chronische Cystitis und Stein¬
symptome. Bei der Cystoskopie zeigten sich eine Fistelmündung an der
oberen Blasenwand und ein Stein am Blasenboden. Lithotripsie. Der
Stein bestand aus einem verkalkten Sequester.
2. Bei der Patientin bestanden seit einigen Jahren Symptome von
Blasentuberkulose sowie einer rechtsseitigen Pyonephrose; Nephrotomie,
dann sekundäre Nephrektomie. Besserung der Blasenbeschwerden. Einige
Zeit nachher kam es zur Bildung einer Vesiko-Vaginalfistel. Man versuchte,
dieselbe auf operativem Wege zu heilen, aber ohne Erfolg.
von Hofmann (Wien).
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Zur Kenntnis der von den Harnwegen ansgehenden Sepsisformen»
Von G. Jochmann. Deutsches Archivf.klin.Medizin. Bd. LXXXVII,
5.—6. Heft.
Mitteilung eines Falles von Staphylokokkensepsis nach Katheterismus;
im Blut war Staphylococcus pyogenes albus kulturell nachweisbar. Die
Autopsie ergab multiple Abscesse in der Lunge. Als Eintrittspforte
hatte offenbar ein kleiner Einriss an der oberen Strikturstelle gedient.
Auf den Weg, den die Kokken von da aus genommen haben, deuteten
einige thrombosierte Venen im Plexus prostaticus hin.
Weiter werden zwei von den Harn wegen ausgehende Coli-Allgemein-
infektionen mitgeteilt, der erste Fall zeigt eine Cystitis nach Exstirpation
des Uterus wegen Cervixcarcinoms (Dauerkatheterismus) und im Anschluss
daran eine Colisepsis. In dem zweiten Fall entwickelte sich bei einem
22 jährigen Patienten im Anschluss an eine Gonorrhoe eine Harnröhren-
striktur. 1 1 / a Jahre später kam es zu einer Cystitis, die durch Coli-
bazillen verursacht war und zu einer Allgemeininfektion mit dem Escherich-
schen Bacillus führte. Die Seltenheit der Colisepsis gibt Verf. Gelegenheit,
die einschlägige Literatur kritisch zu berücksichtigen und einige inter-
essante klinische Beobachtungen anzuführen. Häufig ist ein intermittieren¬
der Fieberverlauf, von grosser Aehnlichkeit mit einer Quotidiana, der sich
durch ungemein steile Schwankungen auszeichnet. Dieser Fiebertypus
kann jedoch nicht als absolute Segel hingestellt werden und es kommen
auch mässig remittierende und lytisch abklingende Kurven vor. Ent¬
sprechend dem intermittierenden Fieber werden die Coüallgemeininfektionen
gewöhnlich auch von Schüttelfrösten begleitet. Die Leukocytenzahl ist
meist erhöht, im interessanten Gegensatz zur bekannten Leukopenie des
Typhus. Bemerkenswert sind schliesslich die Agglutinationsverhältnisse
des Serums. Während das Blutserum Typhus- und Paratyphusbazillen
überhaupt nicht agglutinierte, fiel die Reaktion mit einem Colistamm
1: 80 positiv aus. Gegenüber dem eigenen, aus dem Blute des Patienten
gezüchteten Stamme hatte das Serum der Kranken einen Agglutinations¬
titer von 1 : 160. Raubitschek (Wien).
La tnbercnlose hypertrophique et stönosante de l’urtthre chez la
femme. Von H. Hartmann. Ann. d. mal. d. org. gön.-urin.,
No. 5, 1907.
Die 27 jährige Patientin litt seit 6 Jahren an kontinuierlichem Harn¬
drang und Schmerzen beim Urinieren. Dieselbe war schon mehrfach be¬
handelt worden, ohne dass Besserung eingetreten wäre. Bei der Unter¬
suchung fand man ein aus der Harnröhre herausragendes, kammartiges,
fleischiges Gebilde von 2 cm Länge. Mit dem Explorateur fand man
2 cm hinter dem Orificium eine Verengerung. Spaltung der Striktur.
Die Untersuchung eines exstirpierten Stückchens der prolabierten Harn¬
röhrenschleimhaut ergab, dass es sich um hypertrophierende Tuberkulose
handelte. Heilung. von Hofmann (Wien).
Eiiiige Fälle von paraurethraler Eiterung beim Weibe. Von 0.
Fellner. Dermat. Zeitschr., Nr. 3, 1907.
Während die paraurethralen Eiterungen beim Manne sich grössten¬
teils ausserhalb der Harnröhre abspielen, kommen dieselben bei der
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Frau am häufigsten innerhalb der fälschlich sogenannten Skene’sehen
Drüsen vor, welche in die Harnröhre selbst ausmünden. Ein derartiger
Prozess bedingt daher stets eine Gefahr für die Prognose der Urethritis
und ist damit häufig die Ursache für die Unheilbarkeit des Fluors. Je
nachdem die paraurethralen Eiterungen in die Harnröhre münden oder
nicht, muss man zwei Formen derselben unterscheiden. Die Behandlung
besteht in Injektion von Argentum nitricum in die Ausführungsgänge
der Urethraldrüsen, eventuell in Spaltung und Ausschälung der Pseudo-
abscesse. von Hofmann (Wien).
Beiträge zur Frage der paraurethralen gonorrhoischen Er¬
krankungen. Von M. Winkler. Monatsber. f. Urologie, Nr. 9,
1905.
Der erste Patient wies auf der Unterseite des Praeputiums eine mit
Epithel ausgekleidete gonorrhoisch inficierte Cyste auf. Dieselbe wurde
exzidiert. Bei zwei anderen Patienten fanden sich gonorrhoisch infizierte
paraurethrale Gänge. Während die gonorrhoische Infektion paraurethraler
Gänge nichts Seltenes darstellt, ist die gonorrhoische Erkrankung von
Cysten in der Baphe nicht häufig und bisher noch wenig beachtet.
von Hofmann (Wien).
Guirison spontanäe de la blenorrhagie an conrs d’une pyrexie
aigne. Von P. Noguös. Amn. d. mal. d. org. gen.-urin., 1. Sep¬
tember 1907.
1. 19 jähriger Patient mit acuter Gonorrhoe. Vollständige spontane
Heilung der letzteren im Verlaufe einer acuten Pneumonie.
2. 20 jähriger Patient mit acuter Gonorrhoe, welche im Verlaufe
einer mit hohem Fieber einhergehenden Angina spontan abheilte.
Die Heilung war in beiden Fällen eine dauernde. Derartige Spontan¬
heilungen bieten nichts Ueberraschendes, da der Gonococcus höheren
Temperaturen gegenüber sehr empfindlich ist.
von Hofmann (Wien).
Syphilides papuleuses snintantes dans l’ur&thre masculln. Von
E. d’Haeneus. Folia urologica, No. 1, 1907.
Im Anschluss an die Beschreibung eines Falles von syphilitischen
Papeln in der Urethra stellt H. folgende Schlusssätze auf:
1. Nässende syphilitische Papeln kommen auch in der Harnröhre
des Mannes vor.
2. Man kann sie daselbst urethroskopisch nach weisen.
3. Dieselben können eine chronische Urethritis gonorrhoischen Ur¬
sprungs Vortäuschen und sehr lange Zeit nach dem Primäreffekt zum
Vorschein kommen.
4. Die Papeln weichen einer spezifischen Kur.
5. Ihr Verschwinden ist urethroskopisch nachzuweisen.
von Hofmann (Wien).
Das Epitheliom der männlichen Harnröhre. Von J. Englisch.
Folia urologica, No. 1, 1907.
E.’s Schlusssätze lauten folgendermassen:
Epitheliome der männlichen Harnröhre sind an sich selten, bleiben
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jedoch manchmal durch Verwechslung mit periurethralen Abscessen un¬
erkannt.
Das Alter von 40—60 Jahren wird am häufigsten betroffen.
Die Ursachen pflegen lange zurückzuliegen. Erst die Hälfte der
Fälle schliesst sich an Urethritis gonorrhoica an.
Den Ausgangspunkt bildet proliferierendes Harnröhrenepithel. Als
Hauptsitz kommt dieselbe Gegend wie bei Strikturen in Betracht.
Die wichtigsten Krankheitszeichen sind: Hambeschwerden, spontane
Blutungen, jauchig werdender Ausfluss, harte Schwellung der Inguinal¬
drüsen, Kachexie. Die genauere Untersuchung ergibt einen fühlbaren
Knoten der Hamröhrenwand und bei Sondierung einen elastischen Wider¬
stand. Endoskopisch findet man einen zerfallenden Tumor.
Die Behandlung besteht in einer möglichst radikalen Operation.
von Hof mann (Wien).
A series of c&sea in which collections of stones-formed in the
prost&tic urethra. Von Charles A. Morton. Brit. med. Joura.,
11. August 1906.
Die folgenden 3 Fälle sind insofern von Interesse, als es sich um
die Frage handelt, ob die Steine vollkommen innerhalb der Urethra ge¬
bildet wurden oder ob sie ursprünglich aus Blase oder Niere stammen
und erst ßpäter sich durch Niederschlag von Phosphaten vergrösserten.
Ferner, wenn dieselben schon aus der Niere stammten, warum blieben
sie in der Pars prostatica liegen ohne dieselbe zu passieren, und wenn
sie innerhalb der Urethra entstanden waren, warum waren dieselben so
geformt.
Fall 1. A., ca. 35 Jahr, wurde mit der Diagnose Striktur ins
Spital aufgenommen. Urin kam nur tropfenweise. 18 Monate vor der
Aufnahme bestand häufig Hämaturie ohne Schmerzen und späterhin
gingen einmal durch 3 Tage Blutcoagula unter Schmerzen ab. Noch
6 Monate vor der Aufnahme passierte ein Nölatonkatheter No. 6. Die
Blase war nicht gedehnt; der Urin enthielt einzelne Eiterflocken. Lister-
sonden bis 2,5 passierten ziemlich leicht, doch konnte ein Stein
nicht gefunden werden; erst mehrere Tage später stiess die Sonde
an einen Stein in der Tiefe der Urethra und konnte neben demselben
nicht mehr vorgeschoben werden. Die Untersuchung per rectum ergab
einen grossen, irregulären Stein in der Prostatagegend; bei abermaliger
Untersuchung in Narkose wurden mehrere einander reibende Steine ge¬
funden.
Eine Sonde, No. 5, konnte diesmal eingeführt werden und über ihr
wurde die Urethra eröffnet; dieselbe war stark dilatiert, nach unten
ausgebaucht und voll von Steinen. Die Blase wurde durch den Blasen¬
hals digital untersucht und in ihr ein Stein gefunden und entfernt. In
der Pars pendula fand sich eine Striktur. Jede Spur der Prostata war
geschwunden. Im ganzen waren 7 Steine in dem Sacke der Begio
prostatica, 1 im Bulbus urethrae und 1 in der Blase. Viele von ihnen
waren facettiert. Der grösste war 1% :1 Zoll und wog 208 Grains;
er bestand vollkommen aus Phosphaten. Der Katheter blieb für einige
Tage liegen, sodann kam für kurze Zeit Urin aus der Perinealwunde,
welche nach einigen Wochen heilte. Bald darauf traten neuerlich
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Schmerzen oberhalb des Schambeines auf, der Abgang von Urin setzte
plötzlich aus und es fand sich ein Stein in der Regio prostatica.
Bei der Eröffnung fand sich der alte Sack leer, doch war ein Stein
zu sehen, der von einer mehr rechts liegenden Cavität hereinragte; nach
Erweiterung des Orificium fanden sich mehrere Steine, die Cavität selbst
schien sich nach rückwärts unter die Blase zu erstrecken. Die Blase
selbst war frei. Wenige Monate später gingen einzelne kleine Steine ab,
andere konnte man in der Urethra fühlen, doch verursachten sie keine
wesentlichen Beschwerden. 2 Jahre später wurden 15 Steine aus der
Pars prostatica entfernt, die Blase war intakt. ] / 2 Jahr später folgten
wieder 2 Steine und nach weiteren 4 Monaten noch 1 Stein, der das
Lumen der Urethra völlig verlegte. Die Niere war stets frei. Nach
einem weiteren halben Jahre wurde die letzte Operation gemacht; es
blieb eine Perinealfistel zurück. Obwohl noch häufig Steine abgingen,
konnte Patient seine Tätigkeit wieder aufnehmen.
Fall 2. H. W., 34 Jahre alt, litt als Knabe an Urinretention;
am Orific. urethrae extern, befand sich eine Narbe, die von einer Inzision
an dieser Stelle herrührte; seit dieser Zeit litt Pat. angeblich an In¬
kontinenz. 8 Monate vor der Spitalsaufnahme wurden aus der Pars
cavemosa durch Inzision 2 Steine entfernt, wobei eine Urinfistel zurück¬
blieb. Mit Hilfe der Sonde fand man in der Pars prostatica 2 Steine,
die aneinander rieben; dieselben wurden entfernt und es erwies sich die
Pars prostatica nicht nur als erweitert, sondern auch verlängert und durch
Druck auf dieselbe entleerte sich durch die Fistel ein Strom von Urin.
Oberhalb des Orific. ext. war eine leicht zu erweiternde Striktur.
Fall 3. T. F., 63 Jahre alt, litt an Striktur, Perinealfistel und
Skrotalabscess; bis vor 1 Jahr konnte er selbst die Sonde einführen,
bei der Untersuchung mittels Sonde und per rectum fanden sich Steine
in der Pars prostatica, welche entfernt wurden; die Prostata schien
völlig geschwunden. An der Grenze zwischen Scrotum und Penis befand
sich eine Striktur.
In allen 3 Fällen war eine Striktur, welche den Abgang der Steine
verhinderte. Man könnte sich denken, dass sich die Pars prostatica
hinter der Striktur dilatiere, der Urin Phosphate absetzt und so Steine
formt, doch befand sich in keinem Falle die Striktur direkt vor der
Pars prostatica und war nirgends so eng, um die mächtige Dilatation
derselben zu erklären. In der Urethra werden nur Phosphate gebildet,
und wenn ein Stein Oxalate oder Urate enthält, so kommen dieselben
aus höheren Regionen in die Urethra; hier wachsen sie durch Nieder¬
schlag von Phosphaten und diktieren die Pars prostatica. In Fall 1
und 2 sollte man annehmen, dass die Steine vor der strikturierten Stelle
liegen bleiben und die dahinter gelegene Partie erweitern; vielleicht ist
dies im Beginne der Fall, bis sie durch das stetige Wachstum zu gross
werden, um, einmal nach rückwärts verschoben, wieder vorzufallen; in
der Anamnese jedoch fand sich keine Angabe über temporäre Urin-
retention. In allen Fällen war von der Prostata keine Spur mehr zu
finden; wahrscheinlich wurde dieselbe durch zunehmende Dilatation immer
mehr verflacht. Auch das Symptom der Schmerzen fehlte.
Was die Behandlung anbekngt, so sind perineale Inzision und Dik¬
tation einer eventuellen Striktur indiziert; zur Verhinderung der Reci-
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dive ißt es wünschenswert, die Striktnr weit dilatiert zu halten, um den
Abgang der Steine zu erleichtern; daneben häufige Blasenspülungen und
entsprechende Medikamente, um die alkalische Reaktion des Urins zu
vermeiden. Herrnstadt (Wien).
Die Iirigationg-Urethroskopie. Von H. Goldschmidt. Folia uro-
logica, No. 1 u. 2, 1907.
G. stellt folgende Thesen auf:
1. Die Irrigationsurethroskopie beruht darauf, dass die Wand der
Urethra durch Wasserdruck entfaltet wird; durch Anwendung eines
optischen Apparates wird die Betrachtung eines grösseren Abschnittes
der entfalteten und passend beleuchteten Urethra ermöglicht.
2. Die Erweiterung durch Wasserdruck braucht kaum diejenige zu
übertreffen, welche die Harnröhre beim Durchgang des Harnstrahls er¬
fahrt ; daher können wir das Lumen, welches entsteht, ein physiologisches
nennen.
•3. Die Instrumente, welche nach diesem Prinzip konstruiert sind,
lassen sich bequem einführen.
4. Erst mit Hilfe der Irrigationsurethroskopie ist es möglich ge¬
worden, ein klares, plastisches Bild von der Urethra posterior, besonders
von dem Samenhügel und der Bildung des Blasenmundes zu gewinnen.
6. Wir erhalten durch die Methode richtige Begriffe von manchen
bisher nicht genügend aufgeklärten anatomischen und physiologischen
Tatsachen.
6. Selbstverständlich prägen sich auch alle pathologischen Vorgänge,
soweit sie die Schleimhaut oder die Konfiguration der Teile verändern,
deutlich aus.
7. Ein weiteres, bereits erreichtes Ergebnis der Methode ist die
Konstruktion von Instrumenten zu endourethralen Eingriffen, besonders
galvanokaustischer Natur, die unter Leitung des Auges ausgeführt werden
können. von Hofmann (Wien).
D. Männliche Genitalorgane.
Sn di nn caso di cisti fnnicolare strozzata. Von Dr. Giovanni
Razzaboni. Clin. Chirurg., 28. Februar 1907.
Neben wirklicher Incarceration von Hernien gibt es eine Pseudo-
incarceration, wo Allgemeinsymptome ohne wirkliche Occlusion auftreten;
diese lassen sich in 2 Gruppen einteilen, jene, welche innerhalb des
Sackes vor sich gehen, und jene ausserhalb des Sackes. Zu den ersteren
gehören die Peritonitis herniaria, Fremdkörper im Herniensack, Netz¬
torsion ohne Abschnürung, zu den letzteren entzündliche Prozesse der
regionären Lymphdrüsen — Bosenmüller’sche Drüse —, entzünd¬
liche Prozesse des Testikels oder Infektionen und ebenso Funiculitis
spermatica. Hierher gehören die Haematocele funic., die spontane Torsion,
die Colica spermatica, entzündliche und neoplastische Prozesse des Or¬
ganes. Diese Läsionen können die Symptome einer Incarceration erzeugen,
haben jedoch mit dem Hernialsacke nichts zu tun.
T. G., 11 Jahre alt, bemerkte im Alter von 9 Jahren eine kleine,
bewegliche und nicht schmerzhafte Geschwulst in der rechten Inguinal-
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gegend; seit 1 Jahre begann dieselbe im Anschluss an ein Trauma langsam
zu wachsen, ohne jedoch nennenswerte Beschwerden zu verursachen, erst
am 28. August traten bei einer gymnastischen Uebung plötzlich lebhafte
Schmerzen auf, so dass Patient sich zu Bette begeben musste. Es gingen
weder Stuhl noch Winde ab, dazu kamen Erbrechen und Urinretention.
Der untere Anteil des Abdomens war namentlich rechts druckempfindlich,
das untere Drittel der Inguinalregion und die rechte Hälfte des Scrotums *
sind geschwollen, die Haut darüber normal. Bei Husten und bei Lage¬
wechsel verändert sich der Tumor nicht, die Richtung und Gestalt des¬
selben entsprechen dem Inguinalkanal; Transparenz besteht nicht. Die
äusserst schmerzhafte Palpation ergibt cylindrische Gestalt mit leichter
Einschnürung am äusseren Inguinalring, während das unterste Ende im
Scrotum abgerundet erscheint. Es bestehen kein Anprall beim Husten,
keine Fluktuation, keine Repositionsmöglichkeit. Vom Testikel lässt sich
der Tumor genau differenzieren, während der Samensstrang sich nicht
isolieren lässt; der Finger kann in den Inguinalkanal nicht eingeführt
werden. Die Diagnose lautet auf Hernia funicularis incarcerata. # Bei
dem Patienten war der rechte Testikel erst im Alter von 9 Jahren am
Boden des Scrotums angelangt.
Operation: Der Inguinalkanal ist eingenommen von einem ovoiden
Tumor, der sich gegen den Testikel verfolgen lässt; die Tunica vaginalis
propria steht in keinerlei Verbindung mit dem Tumor, ebensowenig be¬
steht irgend eine Beziehung zu den Abdominalorganen. Der Tumor
selbst erwies sich als cystisch mit verdickter und gefässreicher Wand
und trübem, rötlichem Inhalt; die Innenfläche ist glatt, mit kleinen
Hämorrhagien.
Durch den verzögerten Eintritt des Testikels ins Scrotum blieb der
Processus vaginalis offen und gab Veranlassung zur Bildung von folli¬
kulären Cysten; durch die Kompression im Inguinalkanal und namentlich
am äusseren Inguinalring entstanden die Incarcerationssymptome.
Herrnstadt (Wien).
Trois malades opörös par la prostatectomie en pleine infection et
insufficance renale. Von B. Guisy. Ann. d. mal. d. org. gen.-urin.
No. 15, 1907.
1. Ein 78 jähriger Patient. 350—400 ccm Residualham. Urininfek¬
tion. Niereninsufficienz. Totale perineale Prostatektomie. Rasche Besserung
des Allgemeinbefindens. Nahezu kein Residualham.
2. Ein 69 jähriger Patient. 360 ccm Residualham. Urininfektion
und Niereninsufficienz. Totale perineale Prostatektomie. Rasche Besserung
des Allgemeinbefindens und Wiederherstellung der Blasenfunktion.
3. Ein 75 jähriger Patient. 350 ccm Residualharn. Seit einigen
Wochen aufsteigende Niereninfektion. Totale perineale Prostatektomie.
Heilung mit Wiederherstellung der Blasenfunktion.
von Hofmann (Wien).
Contribution k l’ätude de la prostatectomie transvösicale. Von
E. Boulonneix. Thöse de Paris. G. Steinheil.
Boulonneix stellt folgende Schlusssätze auf:
1. Die transvesikale Prostatektomie ist eine leichte, einfache, schnell
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ausführbare Operation, für welche man nur ein beschränktes Instrumen¬
tarium braucht.
2. Die suprapubißche Drainage scheint auf den ersten Blick weniger
ausgiebig als die perineale. Nichtsdestoweniger ist sie sehr wirksam, das
Fieber fallt, der Urin klärt sich rasch.
3. Die breite Eröffnung der Blase ermöglicht eine vollständige
Untersuchung dieses Organs, was besonders bei eingekapselten Steinen
von Wichtigkeit ist.
4. Postoperative Komplikationen sind ausnehmend selten.
5. Die Wirksamkeit der hypogastrischen Prostatektomie scheint jener
der perinealen überlegen. Alle Kranken erlangen das Vermögen wieder,
ihre Blase vollständig zu entleeren. Auch die entfernteren Resultate
scheinen sehr günstig zu sein.
6. Die Kranken scheinen die Zeugungsfähigkeit zu behalten.
7. Die guten klinischen Resultate sind durch die guten anatomischen
Resultate zu erklären.
8. Die transvesikale Prostatektomie ist nicht nur bei grosser in die
Blase vorspringender Prostata indiziert, sondern muss überhaupt als
Operation der* Wahl bei Prostatahypertrophie angesehen werden.
von Hofmann (Wien).
Note snr la technique opöratoire de la prostatectomie transvösl-
cale. Von P. Duval. Annal. d. mal. d. org. gön.-urin., No. 20,
1906.
Als besonders wichtig erscheint es nach der transvesikalen Prostat¬
ektomie, die Prostatatasche mit Blasenschleimhaut zu bedecken, ent¬
sprechend dem allgemeinen chirurgischen Grundsätze, dass tote Räume
vermieden werden sollen. Die Eröffnung der Blase hat mittels eines
grossen Schnittes zu erfolgen. Ein Assistent hebt vermittels des ins
Rectum eingeführten Fingere die Prostata, worauf am Blasenhals ein
kreisförmiger Schnitt durch die Schleimhaut geführt und sodann die
Prostata enukleiert oder, falls dies nicht möglich erscheint, mitsamt der
Urethra prostatica entfernt wird. Hierauf wird die Naht in der Weise
vorgenommen, dass die Prostatatasche möglichst mit Blasenschleimhaut
ausgekleidet, die Blasen- und Abdominal wunde vernäht und nur der
prävesikale Raum drainiert wird. von Hofmann (Wien).
Prostatectomie pärinöale et prostatectomie transvösicale, möthode
de Freyer; ötnde comparöe des deux m6thodes. Von A. Cas-
tano. Amn. d. mal. d. org. gön.-urin., No. 6, 1907.
C. kommt zu folgenden Schlüssen:
1. Die transvesikale Prostatektomie ist eine einfache und leichter
als die perineale Prostatektomie auszuführende Operation.
2. Die Eröffnung der Blase hat den grossen Vorteil, nicht nur uns
über deren Zustand Aufklärung zu geben, sondern uns die Entfernung
vesikaler Lappen und von Steinen, welche bei diesen Kranken so ge¬
wöhnlich sind, zu erleichtern, was auf perinealem Wege, besondere bei
Fettleibigen, nahezu unmöglich ist.
3. Bei der perinealen totalen Prostatektomie wird die hintere Harn¬
röhre geopfert, während sie bei der transvesikalen intakt bleibt.
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4. Daher ist in dem einen Falle der Katheterismus sehr leicht,
während man im anderen die Harnröhre durch wiederholte Sondierungen
während einer gewissen Zeit modellieren muss.
5. Die Dauer der Operation ist bei der transvesikalen Prostatektomie
eine viel kürzere.
6. Verletzungen des Rectums, ein bei der perinealen Operation sehr
häufiges Ereignis, sind bei der transvesikalen unmöglich.
7. Impotenz ist eine schwere Folgeerscheinung beim perinealen
Verfahren; bei der Freyer’schen Methode ist sie eine Seltenheit, da
die Samenblasen gewöhnlich intakt bleiben.
8. Der grosse Vorzug, den die perineale Prostatektomie vor der
perinealen hat, ist die Drainage; in dringenden Fällen, wenn es unmög¬
lich ist, die Blasendesinfektion durchzuführen, nimmt man besser zu ihr
seine Zuflucht.
9. Die durch die Freyer’sche Methode erhaltenen Resultate be¬
züglich der Blasenfunktion treten rascher ein.
von Hofmann (Wien).
UL Bücherhesprechungen.
Ueber die diagnostische und therapeutische Verwertung des Alt*
tuberkulins in der internen Praxis. Von H. Lüdke, Würzburger
Abhandlungen. Stüber, Würzburg 1907. 0,75 Mk.
Eine kurze, aber instruktive Besprechung des heutigen Standes dieser
wichtigen Frage durch einen vorzüglichen Kenner; allen jenen, die sich
informieren wollen, dringendst zu empfehlen! Weiss (Prag).
Chirurgische Operationslehre. Von Th. Kocher, Professor an der
Universität und Direktor der chirurgischen Klinik der Universität
Bern. Fünfte, vielfach umgearbeitete Auflage. Jena, Verlag von
Gustav Fischer. 1907.
Wenn ein Arzt noch nicht wüsste, was Kocher auf dem Gebiete
der Chirurgie geleistet hat, so gibt dieses Buch allein ein Zeugnis von
der staunenswerten Vielseitigkeit K o c h e r’s und seiner genialen Univer¬
salität in der Chirurgie, denn es ist fast kein Zweig derselben, auf dem
er sich nicht durch selbstangegebene Operationsmethoden betätigt hätte.
Darin liegt es wohl auch, dass die Operationslehre ganz den subjektiven
Stempel K o c h e r ’s trägt. Mag hierin auch ein kleiner Nachteil des Werkes
liegen, da man in einer chirurgischen Operationslehre gerne verschiedene
Methoden kennen lernen möchte, so wird dieser wohl weit durch die
grossen Vorzüge desselben überwogen. Vom Geiste moderner und neuester
Anschauungen und Erfahrungen getragen, in klarer, einfacher Sprache,
ohne jede überflüssige Bemerkung ist die gesamte chirurgische Opera¬
tionslehre von der einfachsten bis zur schwierigsten Operation dargestellt.
Gewiss wird kein Arzt aus einem Buche operieren lernen, aber der
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Chirurg wird in Kocher’s Werk einen guten Freund und Berater finden,
der ihm manchen wertvollen Wink und Vorschlag geben kann, während
der praktische Arzt sich über Indikation, Gefahr und Technik der ein¬
zelnen Operationen orientieren wird.
Höchst beherzigenswert sind die einleitenden Worte Ko eher’s und
es wäre dringend zu wünschen, dass namentlich die praktischen Aerzte
das Vorwort Ko eher’s nicht nur lesen, sondern auch befolgen möchten.
Es würde zu weit führen, hier die einzelnen Abschnitte ausführlich zu
besprechen, nur auf einige Kapitel sei besonders hingewiesen, da hier
ganz hervorragend Ko eher’s grosse Erfahrung und Individualität zur
Sprache kommen, so z. B. die Chirurgie der Schilddrüse, Hemiotomien,
Chirurgie der Gallenwege.
Eine grosse Anzahl von instruktiven, sehr gut gelungenen Ab¬
bildungen im Texte erhöhen das Verständnis des Gelesenen wesentlich.
Dass die Ausstattung des Werkes eine vorzügliche ist, braucht wohl
nicht erst gesagt zu werden. E. Venus (Wien).
Ueber die Verwendung der X-Strahlen für die Bestimmung der
nasalen Nebenhöhlen und ihrer Erkrankungen. Von E. Gold¬
mann und Gustav Killian, Freiburg. Mit 16 Röntgenphoto-
graphien auf 8 Tafeln. Verl, der H. Lauppschen Buchhandlung.
Tübingen 1907. 2 Mk.
Es gibt wenige Fortschritte auf dem Gebiete der Rhino-Laryngologie,
mit welchen der Name Gustav Killian nicht verknüpft wäre. Und
so finden wir auch auf dem Gebiete der Nebenhöblenerkrankungen Killian
in den vordersten Reihen. In vorliegender, mit E. Goldmann gemein¬
sam verfasster Publikation, die in Bruns’ Beiträgen zur klinischen Chirurgie
erschienen ist, bearbeiten die Autoren auf Grund von in 30 Fällen er¬
worbenen Erfahrungen die Bedeutung der Röntgendurchleuchtung für
die Nebenhöhlenchirurgie, ein Thema, welches auch auf der Natur¬
forscherversammlung 1907 Gegenstand lebhafter Erörterung war. Die
Grundzüge ihrer Methode sind die Aufnahme des Schädels im sagittalen
Durchmesser, wodurch man nicht nur über die Configuration der Neben¬
höhlen, besonders der Stirnhöhle, für die Operation sehr wertvolle An¬
haltspunkte gewinnt, sondern auch durch die Verschleierung resp. grössere
oder geringere Verdunkelung des betreffenden Sinus auf dem Röntgenbilde
sich über die Erkrankung desselben mit ziemlicher Sicherheit Aufschluss
verschaffen kann. Die 30 Beobachtungen sind in einer Kasuistik kurz
dargestellt und die entsprechenden Röntgenphotographien auf 8 Tafeln
beigegeben. Dass eine Separatausgabe dieser wertvollen Arbeit zu dem
oben angegebenen billigen Preise veranstaltet wurde, ist mit Genug¬
tuung zu begrüssen. R. Imhofer (Prag).
Verhandlungen des Vereins süddeutscher Laryngologen 1906. Heraus¬
gegeben von F. Blumenfeld, Wiesbaden. Würzburg, A. Stübers
Verl. 1906.
Der Verein süddeutscher Laryngologen, der in der Laryngologie
eine Führerrolle inne hat, gibt in diesem Berichte ein beredtes Zeugnis
von der Arbeitskraft und Schaffensfreudigkeit seiner Mitglieder.
Der Gepflogenheit, das Tätigkeitsgebiet der Laryngologie auch auf
-die Phonetik auszudehnen, trägt ein Vortrag Gutzmann’s „Ueber die
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Tonlage der Sprechstimme Rechnung“. G. findet, dass die Tonlage der
Sprechstimme etwa den Umfang einer kleinen Terz hat. Den Löwen¬
anteil an den Beiträgen hat wie gewöhnlich K i 11 i a n (Freiburg). K i 11 i a n
liefert 5 interessante Mitteilungen, darunter eine über Bronchoskopie,
welche deutlich die bisweilen nicht unerheblichen Schwierigkeiten der
Fremdkörperextraktion illustriert. Zu demselben Thema schreiben H. von
Schrötter, der in Oesterreich auf diesem neuerschlossenen Gebiete an
erster Stelle steht, und Polyak, der ein etwas modifiziertes Instru¬
mentarium demonstriert. Aber auch andere Gebiete der Laryngologie
sind nicht vernachlässigt. Dem Larynxcarcinom sind zwei Vorträge
(Winkler und Schilling) gewidmet. Die Kehlkopftuberkulose be¬
handeln Dreyfuss und Brühl.
Etwas zu kurz kommt die Rhinologie; die von P. J. Mink vorge¬
schlagene Auskultation der Nebenhöhlen (Stirn und Kieferhöhle) ist jeden¬
falls eine sehr originelle Idee, wird aber neben der neuinaugurierten
Röntgendiagnostik kaum das Feld behaupten.
Den Schluss bildet ein im Referat nicht gut wiederzugebender Vor¬
trag Winkler’s über „Bakteriologische Befunde bei Erkrankungen der
oberen Luftwege“. • R. Imhofer (Prag).
L’öpithölioma branchial du cou. Von Robert Siegel. Thöse de
Paris. G. Steinheil, 1907.
Auf Grund von acht eigenen Beobachtungen und über 70 Fällen
aus der Literatur, darunter zwei an Hunden beobachteten, unterscheidet
der Autor zwei Kategorien von branchiogenen Tumoren oder „Bran-
chiomen“: a) die gemischten, gutartigen Branchiome, welche sich auf
Grundlage der Kiemenbogen entwickeln, Bindesubstanzgeschwülste dar¬
stellend, und b) die epithelialen Branchiome als ausserordentlich bös¬
artige, aus dem Epithel der Kiemenspalten entstehende Tumoren, eine
übrigens schon von Chevassu herrührende Einteilung. Ausschliesslich
die letztere Gruppe wurde untersucht. Sowohl die historische Seite als
auch die Entwicklungsgeschichte, Anatomie, Pathologie und Klinik
werden besprochen, wobei von der zitierten Literatur ausgiebiger Ge¬
brauch gemacht ist. Trotz der Bösartigkeit empfiehlt der Autor die
Operation, und zwar in möglichst frühem Zeitpunkt, da doch einige
recidivefrei geheilte Fälle beobachtet worden sind. Deshalb solle immer
operiert werden, wenn die Möglichkeit auf komplette Exstirpation vor¬
handen zu sein scheint. Nach dem cellularen Aufbau bestehen die
epithelialen Branchiome meist aus verhornendem Plattenepithel, zuweilen
aber auch aus solchem von Schleimhautcharakter, je nachdem sie von
der ekto- oder entodermalen Seite der Kiemenspalte ihren Ausgang ge¬
nommen haben. R. Imhofer (Prag).
Handbuch der Unfallmedizin. Von C. Kaufmann, Zürich. I. Hälfte.
3. neu bearbeitete Auflage des Handbuches der Unfallverletzungen.
Enke, Stuttgart 1907.
Der 560 Seiten starke Band bietet eine solche Fülle wertvollen
und in vieler Hinsicht neuen und neuartigen Materials, dass eine ein¬
gehende Besprechung eigentlich unmöglich wird; es genüge ein kurzer
Ueberblick über den Inhalt. Der erste Abschnitt umfasst: Die Ent-
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wicklung und Bedeutung der Unfallversicherung und der Unfallmedizin,
die Einteilung der Unfallmedizin, Begriffsbestimmung des Unfalls, Leistungen
der Unfall- und Haftpflichtversicherung und ihre Feststellung, das be¬
trügerische Verhalten der Versicherten, die Untersuchung der Unfall¬
folgen, die Begutachtung der Unfallfolgen. Der zweite Abschnitt be¬
handelt die Unfall Verletzungen, Wunden und Wundinfektionskrankheiten,
die regionären Verletzungen, und zwar die Verletzungen des Kopfes, des
Qesichtes, Beurteilung der Unfallfolgen der Augen, der Ohren, die Ver¬
letzungen des Halses, der Brust, des Bauches, der Harn- und Geschlechts¬
organe, des Nackens, Kückens, der Wirbelsäule und des Kückenmarkes,
der oberen und der unteren Extremität. Erwähnt seien die reichhaltigen
Literaturangaben sowie der Umstand, dass die einschlägige Gesetzgebung
von Deutschland, Oesterreich, der Schweiz und Frankreich berück¬
sichtigt ist. W e i s 8 (Prag).
Inhalt.
I. Sammel-Referate.
Zesas, D. G., Die neueren Forschungen
auf dem Gebiete der Osteomalacie
(Schluss), p. 881—895.
II. Referate.
A. Nervensystem.
Vorschütz, Hyperalgetische Zonen bei
Schädel- und Gehirnverletzungen, p. 895.
Bychowski, L., Zur Klinik der Jackson-
schen Epilepsie infolge extracerebraler
Tumoren, p. 896.
Sturzberg, Zur Kenntnis der metasta¬
tischen diffusen Sarkomatose der Me¬
ningen, p. 896.
Zimmer, Sechs Fälle von traumatischer
Erkrankung des untersten Rückenmarks¬
abschnittes, p. 897.
Thomson, A., The differentiation of
partial from total transverse lesions of
the spinal cord, p. 897.
Kurzwelly, Klinische Erfahrungen über
Medullaranästhesien mit besonderer Be¬
rücksichtigung des Alypins, p. 898.
Reich, N., Ueber Nervendehnung mit
besonderer Bezugnahme auf die Neural-
gien, p. 899.
Hay, A. G., The treatment of sciatica
by means of saline injections, p. 900.
Hartung und Foerster, O., Erfah¬
rungen über die Behandlung von Stö¬
rungen des Nervensystems auf syphili¬
tischer Grundlage, p. 901.
Hom£n, E. A., Weitere Beiträge zur
Kenntnis der Lues hereditaria tarda,
speziell des Nervensystems, p. 901.
v. Auffenberg, Franz R., Ueber
Nervennaht und -Lösung, p. 901.
B. Darm.
Elliot, Ch. A., Gram stain of the stools,
p. 901.
Heuderson, J., Case of septicaemia
secondary to small abscess in intestinal
wall, p. 902.
Schrumpf, P., Beiträge zur patholo¬
gischen Anatomie der Wurmfortsatz¬
erkrankungen, p. 902.
Battle, W. H., Stricture and trau-
matism of the vermiform appendix,
p. 903.
Ko the, R., Ueber die Leukocytose bei
der Appendicitis, p. 904.
Brook, W. M. Henry B., The dia-
gnosis and treatment of appendicitis,
p. 905.
Spencer, W. E., Results in appendicitis
treated by the immediate and complete
Operation, p. 907.
Garrod, A. E. und Fairbank, H.,
A case of catarrhal appendicitis due
to the presence of the oxyuris vermi-
cularis, p. 907.
Short, A. R., Actinomycosis of the
appendix, p. 908.
Barnett, W. Hai, A case of appen¬
dicitis excited by a clove, the appendix
being the sole viscus in a heraial sac,
p. 909.
Slocock, R., Appendical abscess, pcr-
forated gangrenous appendix. Appendic-
ectomy and recovery, p. 909.
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928
Burgess, A. H., One years work in
acute appendicitis, p. 910.
Barry, D. T., Calculi in the appendix,
p. 9 X 1 -
C. Harnorgane.
Klim off, J. A., Zur Frage der im
Kindesalter vorkommenden chronischen
Erkrankungen der Nieren, p. 911.
Greaves, F. L. A., A case of pyone-
phrosis containing typhoid bacilli in
pure culture, p. 912.
Filippo, C., Süll intervento chirurgico
nelle nefriti chroniche emorragiche.
p. 912.
C a t h e 1 i n, F., Le diagnostic et le traite-
ment chirurgical de la tuberculose
renale, p. 914.
Barling, G., Some observations on
nephrectomy, p. 914.
Segallow, E. J., Zur Frage des soge¬
nannten Diabetes insipidus, p. 915.
Minkowski, M., Ueber cerebrale Blasen-
störungen, p. 916.
Kausch, W., Die Schrumpfblase und
ihre Behandlung (Darmplastik), p. 916.
Pillet, E., Deux cas de Perforation de
la vessie succddant l’une h une coxal-
gie, l’autre k une cystite tuberculeuse,
p. 916.
Jochmann, G., Zur Kenntnis der von
den Hamwegen ausgehenden Sepsis¬
formen, p. 917.
Hartmann, H., La tuberculose hyper-
trophique et st6nosante de Furfcthre
eher la femme, p. 917.
Fellner, O., Einige Fälle von para¬
urethraler Eiterung beim Weibe, p. 917.
Winkler, M., Beiträge zur Frage der
paraurethralen gonorrhoischen Erkran¬
kungen, p. 918.
Noguös, P., Gudrison spontanee de la
blenorrhagie au cours d’une pyrexie
aigue, p. 918.
d’Haeneus, E., Syphilides papuleuses
suintantes dant l’ur&thre masculin, p.919.
Englisch, J., Das Epitheliom der männ¬
lichen Harnröhre, p. 918.
Morton, Ch. A., A series of cases in
which collections of stones-formed in
the prostatic urethra, p. 919.
Goldschmidt, H., Die Irrigations-
Urethroskopie, p. 921.
D. Männliche Genitalorgane.
Razzaboni, G., Su di un caso di cisti
funicolare strozzata, p. 921.
Guisy, B., Trois malades opdres par la
prostatectomie en pleine infection et
insufficance renale, p. 922.
Boulonneix, E., Contribution k l’6tude
de la prostatectomie transvesicale, p. 922.
Duval, P., Note sur la technique opera-
toire de la prostatectomie transvesicale,
P- 923 .
Castano, A. t Prostatectomie perineale
et prostatectomie transvesicale, mäthode
de Freyer; 6tude comparee des deux
möthodes, p. 923.
III. Bücherbesprechungen.
Lüdke, H., Ueber die diagnostische
und therapeutische Verwertung des
Alttuberkulins in der internen Praxis,
p. 924.
Kocher, Th., Chirurgische Operations¬
lehre, p. 924.
Goldmann, E. und Killian, G.,
Ueber die Verwendung der X-Strahlen
für die Bestimmung der nasalen Neben¬
höhlen und ihrer Erkrankungen, p. 925.
Blumen feid, F., Verhandlungen des
Vereins süddeutscher Laryngologen X906,
p. 925-
Siegcl, R., L’epithölioma branchial du
cou, p. 926.
Kaufmann, C., Handbuch der Unfall¬
medizin, p. 926.
Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Professor
Dr. HERMANN SCHLESINGER, Wien, 1, Ebendorferstrasse 10, wird gebeten.
Man bittet, redaktionelle Zuschriften mit dem Adressenxusats „Für die Redaktion des
Centralblattes für die Grenzgebiete“ versehen xn wollen.
Lippert & Co. (G. Pätz’sche Buchdr.), Naumburg &. 8.
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CENTRALBLATT
fttr die ’
Grenzgebiete der Medizin u. Chirurgie.
Herausgegeben von
Dr. Hermann Schlesinger,
Profauor an dar Univmitat Wien.
Terlag tob 6U8TAY FISCHEB in Jean.
X. Band. Jena, 31. Dezember 1907. Nr. 24.
Das Centralblatt für die Grenzgebiete der Medizin and Chirurgie erscheint in
zwanglosen Heften im Umfange von etwa 3 Druckbogen, die zu einem Bande
vereinigt werden, dessen Umfang 60 Druckbogen betragen wird. Das Abonne¬
ment für das Centralblatt kostet 24 Mark für den Band. — Die Abnehmer
der Mütelhmgen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, herausgegeben
von A. von Biselsberg und B. Naunyn, erhalten das Centralblatt
zum Vorzugspreise von 20 Mark.
I. Referate.
A. Barm.
Ueber Meteorismus nach Baachkontusionen. Von H. Heineke.
Arch. f. kl. Chir., Bd. LXXXHL
Verf. teilt mit, dass er bei Bauchkontusionen einen kurz nach dem
Trauma entstehenden und beträchtlichen Umfang erreichenden Meteoris¬
mus beobachtet hat. Dieser meist 1—2 Stunden nach der Verletzung
auftretende „primäre Meteorismus“ kommt nach Traumen der Oberbauch¬
gegend wahrscheinlich durch Schädigung der retroperitonealen Nerven-
plexus zustande. Bei Magen-Darmrupturen und bei inneren Blutungen
scheint der primäre Meteorismus fast niemals vorzukommen, weil die
bei diesen Verletzungen stets vorhandene Bauchdeckenspannung der Aus¬
bildung des Meteorismus entgegenwirkt. Victor Bunzl (Wien).
A case of intraparietal hernia with very small peritoneal opening,
giving rise to severe abdominal pains. Von John A. C. Ma-
cewen. Lancet, 12. Oktober 1907.
Die Patientin, 57 Jahre alt, klagte über heftige Schmerzen, die
hauptsächlich auf einen Punkt zwischen Nabel und Symphyse und etwas
nach rechts lokalisiert waren und in Intervallen seit 2 Jahren auftraten;
ausser einer kleinen, nicht gespannten Nabelhernie fand sich nur eine
leichte Verdickung der Abdominal wand an der Stelle der Schmerzhaftig¬
keit; nach einigen Tagen liess sich ein faustgrosser Tumor nachweisen,
der sich mit einem kurzen Stiele gegen die Bauchhöhle zu erstreckte.
Nach Eröffnung der Bauchhöhle fand sich eine leichte Verdickung mit
, / 4 Zoll im Durchmesser und bei näherer Besichtigung eine kleine Er¬
habenheit mit centraler Depression; es handelte sich um einen kleinen
Centralblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X. 59
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Sack in der Abdominalwand von extremer Dilatation, dessen Oeffnung
für*einen Finger durchgängig war. Bings um die Oeffnung wurde eine
Inzision durch Peritoneum und den Sack gemacht, der sodann frei in
der Abdominalwand lag und ansgeschält werden konnte; das Omentm
war gedreht und sehr fettreioh. Die Heilung war eine rasche und voll¬
ständige.
Von Interesse ist, dass der Sack manchmal sehr klein, manchmal
durch Darminhalt bis zur Grösse einer Orange ausgedehnt war; die
Schmerzen waren grösser im Liegen als im Stehen und wurden offenbar
durch Dehnung des kleinen Orificiums hervorgerufen, wenn ein Darm¬
anteil eintrat. Herrnstadt (Wien).
Fatal enterospasm, diverticula on jejunum. Von C. W. Brauch.
Brit. Med. Journ., 12. Oktober 1907.
Patient litt seit einigen Tagen an Obstipation und Meteorismus:
am 9. Mai 1907 wurde er wegen Schmerzen ins Spital auf genommen,,
starb jedoch am folgenden Tage. Der Dünndarm war mächtig dilatiert
und enthielt reichlich braune Flüssigkeit; nirgends bestand mechanische
Obstruktion oder wesentliche Kongestion, 3 Zoll von der Ileocökalkl&ppe
war das Ileum kontrahiert, aber nicht stenosiert. Ein Anteil des Jejunum
präsentierte eine Serie von 6 irregulären, sackförmigen Divertikeln und
einzelne kleinere Ausbuchtungen. Die Divertikel scheinen sich langsam
durch Ausbuchtung nachgiebiger Anteile der Darmwand und durch Sepa¬
ration der Muskelfasern ausgebildet zu haben; sie waren voneinander
durch fibröse Bänder getrennt. Herrnstadt (Wien).
Chronic intestinal obstrnction dne to adheaion of a uterine flbroH
to the mesentery. Von Alban H. G. Doran. Lancet, 9. De¬
zember 1907.
Eine 50 Jahre alte Frau litt an heftigen, abdominalen Schmerzen.
Ausdehnung des Abdomens und Erbrechen; es fand sich eine kleine
Nabelhernie, die augenscheinlich nur aus einem leeren Sacke bestand.
Trotz Stuhlentleerung traten die Anfälle in Intervallen von 2—4 Wochen
auf; gynäkologisch bestand ein Uterinfibroid; das Abdomen mass in
Nabelhöhe 41 Zoll, die Venen waren nicht erweitert, im Hypogastrium
Ü68s sich ein nicht ganz frei beweglicher Tumor palpieren, der bei bima-
nueller Untersuchung mit dem Uterus im Zusammenhang war und sich
bis zum Eingang des kleinen Beckens erstreckte. Die Menses waren
irregulär. Nach Eröffnung des Abdomens präsentierte sich ein solider
Tumor, dessen rechter Lappen vom linken völlig separiert war und
dessen oberer Anteil in der Ausdehnung von 4 Zoll an das Mesenterium
nahe dem Darme adhärent war. Obwohl direkte Obstruktion nicht be¬
stand, waren doch an der Stelle der Adhäsion einige Darmschlingen in*
carceriert, liessen sich jedoch leicht lösen. Der Fibroid liess sich leicht
vom Mesenterium ablösen, sodann wurden die Gefässe des rechten Ov&riums
sowie des rechten Ligam. rotundum ligiert und nach Anlegung einer
Klemme das rechte Ligam. latum durchtrennt. Die linke Hälfte des
Tumors war zum Teil solid, zum Teil cystisch, darunter lag direkt da»
linke Ovarium, während die Tube an der Oberfläche des Tumors verlief;
an den äusseren Grenzen des Tumors lag das ödematöse Ligam. infundi-
bulo-pelvicum, das nach Ligatur durchtrennt wurde. Im ligam. latum
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fand sich ein haselnussgrosses Fibroid, nach dessen Ausschälung dieses
sowohl wie das rechte Ligam. rotundum und die vordere Fläche des peri¬
tonealen Uterusüberzuges durchtrennt wurden. Nach Entfernung des
linken Anteiles des Fibroides wurde der Uterus oberhalb des Cervix
amputiert. Der Tumor wog 2 Pfund 14 Unzen.
Das Wesentliche des Falles liegt in der eigenartigen Obstruktion,
durch welche die Komplikationen von seiten des Darmes hervorgerufen
würden. Fibroide des Uterus sind nicht häufig an die angrenzenden Organe
adhärent, wie es bei Ovarialtumoren, speziell bei Dermoiden, gefunden
wird. Dagegen sind ausgedehnte, breite Adhäsionen zwischen Omentum
und Oberfläche des Fibroids interessant durch die Grösse, welche die
Gefässe des Netzes erreichen. Wenn entzündliche Prozesse der Tube
oder der Ovarien hinzutreten, dann bilden sich wohl Adhäsionen, die
aber niemals zur Obstruktion Veranlassung geben; manchmal ist die Basis
des Fibroides adhärent an die Flex. sigmoidea oder das Rectum. Anders
verhält es sich, wenn ein Teil des Omentums, das sich oft dreht, an
das Fibroid adhärent wird, obwohl auch dann das Auftreten von Ob¬
struktionserscheinungen gewiss nicht zur Regel gehört. Manchmal kommt
es zur Infektion des Fibroides vom Darme aus.
Herrnstadt (Wien).
A caee of retroperitoneal haematocele producing acute intestinal
obstruction. Von H. Temple Murseil. Brit. Med. Journ.,
12. Oktober 1907.
Eine 39 Jahre alte Frau litt seit Jahren an den typischen Sym¬
ptomen einer intestinalen Obstruktion. Vor 3 Jahren bestand nach
einer Entbindung in der linken Lumbarregion ein Tumor, der Schmerzen
im Rücken und zeitweise Obstipation verursachte, welche sich stets durch
Cascara beheben liess, sonst leistete Massage gute Dienste. Im Anschluss
an eine ganz normale Entbindung trat nach einigen Tagen grünliches,
übelriechendes Erbrechen auf, in dem dilatierten Abdomen liess sich
linkerseits ein harter, beweglicher Tumor tasten, der sich gegen die
Lende zu erstreckte, nach den Seiten zu jedoch unbeweglich war. Der
Tumor reichte von der linken Nierengegend bis zum Nabel und über
die Mittellinie hinaus und wurde als pararenale Geschwulst diagnostiziert.
Nach Eröffnung des Abdomens lag das Colon ascendens abgeflacht über
einem grossen Tumor, der das Peritoneum vorwölbte; eine Probepunktion
ergab rein blutigen Inhalt. Das rückwärtige Peritoneum wurde gespalten
und eine Cyste gefunden, aus der etwas flüssiges und coaguliertes Blut
sich entleerte. Die Cyste wurde ausgeräumt, ihre Cavität mit Gaze
ausgestopft. Die ersten 24 Stunden war die Darmtätigkeit eine unge¬
nügende. Die Cavität der Cyste schloss sich allmählich, aber komplett
im Laufe eines Monates; der mikroskopische Befund ergab gleichfalls
bloss alte und frische Blutcoagula und flüssiges Blut.
Der Ursprung war wohl eine retroperitoneale Hämorrhagie nach
der ersten, vor 3 Jahren erfolgten Entbindung, während die letzte frische
Blutung die Cyste stärker anspannte. Ob die Blutung von einem mesen¬
terialen Gefässe oder von einem Nierenaste oder Pankreasgefässe ausging,
liess sich nicht entscheiden.
Greig Smith teilt die mesenterialen Cysten in traumatische, san-
guinöse, sero-sanguinöse und seröse ein. Die Blutung erfolgt aus einem
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mesenterialen Gefässe und ist entweder eine diffuse oder gibt Ver¬
anlassung zur Bildung einer Cyste, eines Hämatoms. Der vorliegende
Fall kann als traumatische Blutcyste angesehen werden, wobei die An¬
strengung während der Entbindung als das Trauma gilt; doch muss
immerhin noch an die Möglichkeit eines renalen Ursprunges gedacht
werden. Herrnstadt (Wien).
A case of intussusception in an infant three months old; enterec-
tomy; recovery. Von F. W. Collinson. Lancet, 19. Oktober
1907.
Ein 3 Monate altes Brustkind erkrankte unter plötzlichen, heftigen
abdominalen Schmerzen und Erbrechen sowie Abgang von Blut; ein
wurstförmiger Tumor war palpabel. Der Tumor fand sich bei der
Operation etwas links von der Mittellinie, hatte eine Länge von 4 Zoll
und war dunkel verfärbt. Da die Reduktion nur zum Teil gelang, so
entschloss man sich zur Exzision, die ca. 2*/ 2 Zoll von Ileum, Coecum
und Appendix betraf. Das Kind wurde 2*/ 2 Stunden nach der Operation
wieder an die Brust gelegt, erbrach in den ersten Tagen noch einige
Male. Stuhlentleerung trat spontan ein, vom 10. Tage an blieb die
Temperatur vollständig normal; nach 3 Wochen wurde Patient mit einer
wesentlichen Gewichtszunahme geheilt entlassen.
In 97 °/ 0 aller Fälle von Intussusception finden wir blutige Stühle
infolge Kongestion und Schwellung der inneren Schichten, während das
Intussuscipiens dünn bleibt; durch die Verdickung des Intussusceptums
ist auch die Schwierigkeit der Reduktion gegeben; das Resultat der
Operation hängt hauptsächlich ab von der Dauer der Intussusception.
Clubbe berichtet über 194 Fälle, in denen mit Erfolg rectale Injek¬
tionen angewendet wurden, und Fagge beschreibt 19 Fälle, in denen
gewaltsame Reduktion ohne Zerreissung zum Ziele führte.
Herrnstadt (Wien).
Ueber Unterbindung des Darmes. Von W. L. Bogoljuboff.
Experimentelle Untersuchung. Arch. f. klin. Chir., Bd. LXXXIV,
2. Heft.
Verf. stellte experimentelle Untersuchungen über die Folgen der
Darmunterbindung an und verwendete hierzu 96 Versuchstiere, an denen
teils einfache Unterbindung eines Darmabschnittes, teils Enteroanasto-
mose zwischen 2 Stellen des Dünndarmes und Abschnürung des ausge-
schaltenen Darmabschnittes vorgenommen wurde. Aus den Versuchen
ergibt sich, dass bei fester Umschnürung des Dünndarmes die Durch¬
gängigkeit des Darmes nach einiger Zeit sich wieder herstellen kann;
eine zugleich mit der Darmunterbindung hergestellte Enteroanastomose
hat auf diesen Vorgang keinen Einfluss. Der Druck, den der um¬
schnürende Faden auf die Darmwand ausübt, führt zur allmählichen
Nekrotisierung der Schichten von aussen nach innen hin, wodurch der
Faden ins Lumen abgestossen wird. Gleichzeitig verwachsen die peripher
vom Faden liegenden Darm wandschichten durch neugebildetos Binde¬
gewebe. Verf. glaubt, dass hier nicht nur ein mechanischer, sondern
auch ein biologischer Prozess vorliege, und zwar insofern, als der Körper
trachtet, sich nutzloser, resp. schädlicher Fremdkörper zu entledigen.
Victor Bunzl (Wien).
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The import&nce of the paradysentery bacilli. Von W. H. Park.
Journ. of inf. dis., Suppl. 1907, No. 15, 295.
Verf. berichtet über zahlreiche, in New York beobachtete Fälle
von Dysenterie, die teils durch den Shiga’schen Bacillus, teils durch
andere Paradysenteriebazillen hervorgerufen waren. Bei einer Epidemie
im Staate Island, 6 Meilen von New York entfernt, war nur der
Shiga’sche Bacillus, bei einer anderen in Bikers’ Island nur der
Flexner’sche Typus nachzuweisen.
Einen dieser Paradysenteriebazillen untersuchte Verf. genauer; er
wurde durch das Serum des Patienten, von dem er stammte, agglutiniert,
nicht aber durch Flexner’sches oder Shiga’sches Serum. Verf.
glaubt, dass es neben dem Shiga’schen und dem Flexner’schen
Bacillus noch eine Reihe von Bazillen gibt, die ebenso wie die Amoeba
dysenteriae das klinische Bild der Dysenterie hervorrufen können.
Schrumpf (Strassburg).
Lesion of the sigmoid flexure as a cause of colitis. Von P.
Lockhart Mummery. Brit. Med. Journ., 5. Oktober 1907.
Die Kenntnis der Erkrankungen der Flex. sigmoidea ist in erster
Linie der Einführung des elektrischen Sigmoidoskopes zu verdanken, wo¬
durch klar wurde, dass entzündliche Prozesse des Darmes in vielen
Fällen auf das S romanum beschränkt sind und dass Carcinom der
Flexur die typischen Symptome der Colitis erzeugen kann. Zur Unter¬
suchung mit dem Sigmoidoskop muss eine gründliche Reinigung der
unteren Darmpartien vorausgehen, eine Verletzung des Darmes mit dem
Instrumente selbst ist nur äusserst selten. Die Palpation der Flexur
vom Abdomen aus soll unter Anästhesie bimanuell gemacht werden,
wobei 1 Finger der linken Hand ins Rectum einzuführen ist. Die
Fäces müssen makroskopisch, chemisch und mikroskopisch untersucht
werden; zu diesem Zwecke sind 2 Unzen flüssigen Stuhles mit Formalin¬
lösung zu versetzen. Die Untersuchung erstreckt sich auf den Nachweis
von Ulcerationen, Parasiten, pathogene Bakterien und maligne Tumoren;
für Ulceration spricht der Befund von Blut, epithelialen Zellen und
Protozoen sowie Deuteroalbuminose im Urin; in einzelnen Fällen kann
die Diagnose nur durch explorative Laparotomie gesichert werden. Die
entzündlichen Läsionen lassen sich folgendennassen ein teilen: 1. einfache
Sigmoiditis; 2. granuläre Sigmoiditis; 3. follikuläre Sigmoiditis; 4. ulce-
rative Sigmoiditis. Diese Formen gehen oft ineinander über; bei der
1. und 2. Form hat die Mucosa ihren Glanz verloren, ist lebhaft rot
und blutet bei Berührung; bei der hypertrophischen Form ist das sub-
mucöße Zellgewebe ödematös und die Wand in konzentrische Falten ge¬
legt, welche gegen das Lumen vorspringen und dasselbe verengern; die
Mucosa ist blass und zeigt reichliche Schleimsekretion, daneben besteht
lästiger Pruritus. Bei der follikulären Form sind die Follikel rot, ge¬
schwollen und gleich Perlen über die Schleimhaut zerstreut. Bei ulcera-
tiven Prozessen bestehen seichte und irreguläre Geschwüre; manchmal
erscheinen die ganze Mucosa ulceriert, die Wand verdickt und die mesen¬
terialen Drüsen geschwollen, dabei braucht das Symptomenbild durchaus
kein schweres sein. Was das Neoplasma anbelangt, so bestand in
36 Fällen von chronischer Colitis 7 mal Carcinom; die Erscheinungen
sind jene einer einfachen Entzündung, gewöhnlich ohne jede Blutung,
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der Abgang von Membranen spricht nicht gegen Carcinom. Adhäsionen,
welche Knickung oder Konstriktion der Flexur machen, können gleichfalls
chronische Colitis erzeugen; hierher gehören Entzündung des Appendix,
Pericolitis, Entzündungen der Tuben und Ovarien.
Behandlung. Bei entzündlichen Prozessen ist das wichtigste die
Bettruhe; reine Milchdiät unterstützt das bakterielle Wachstum, während
volle Diät ratsamer ist. Zur Vermeidung der Irritation des entzündeten
Darmes geben wir reichlich Fett, wodurch gleichzeitig der Stuhl er¬
weicht wird; wenn gewöhnliche Fette nicht vertragen werden, so können
dieselben durch mineralische Fette ersetzt werden. Die lokale Behand¬
lung besteht in Irrigationen in Knie-Ellenbogenlage, wobei die Flüssigkeit
leichter eindringt, nachher muss dieselbe so lange wie möglich zurück¬
gehalten werden; als Zusatz dienen Natr. bicarbonic., Glycerin, Thymol
oder Wasserstoffsuperoxyd, später Argyrol oder Kaliumhypermang&nat.
Auch die Ulcera sind oft der lokalen Behandlung zugänglich. Nach
Ausheilung des Prozesses müssen Diät und regelmässige Defäkation noch
durch einige Zeit streng beobachtet werden, daneben sind Massage und
Exercizien von gutem Nutzen, manchmal auch das elektrische Bad; bei
starker Blutung wirken Injektionen von Olivenöl.
Maligne Tumoren erfordern sofortige Operation, ebenso Adhäsions¬
bildungen ; nachher kann neuerliche Adhäsionsbildung durch Massage und
Exercizien vermieden werden. In einzelnen Fällen leistet Appendico-
stomie grosse Dienste, indem wir dadurch in die Lage versetzt werden,
Irrigationen leichter und effektvoller durchzuführen. Die Colotomie sollte
für jene Fälle reserviert bleiben, in denen kontinuierliche Diarrhoe be¬
steht und der Patient trotz der Behandlung rapid herunterkommt. Der
wichtigste Faktor der Therapie bleibt immer die genaue Erforschung
der Ursache; in der grössten Mehrzahl der Fälle findet sich eine lokale
Läsion. Herrnstadt (Wien).
Malignant disease of the intestine rendering an inguinal hernia
irredncible. Von Charl. Plowright. Brit. Med. Journ., 12. Ok¬
tober 1907.
Der Patient, ein 57 Jahre alter Mann, litt an irreponibler schmerz¬
hafter, linksseitiger Inguinalhernie und kompletter, aber freier rechterseits.
Bei der Eröffnung des Sackes erwies sich der Darm an denselben
adhärend, beim Freilegen fand sich in der Koncavität des Darmes ein
derber, maligner Tumor und im Centrum desselben ein kleiner Abscess
mit fauligem Eiter. Die Darmschlinge wurde 2 V 2 Zoll vom Neoplasma
entfernt exzidiert, sodann die Enden in der Inzisionswunde fixiert;
Patient bekam ein doppelseitiges Bruchband, an dem die Pelotte linker¬
seits durch einen Receptor für die Fäces ersetzt war. Die mikroskopische
Untersuchung des Tumors ergab Carcinom.
Herrnstadt (Wien).
A forgotten swab; another warning. Von G. T. Giffow. Brit.
Med. Journ., 19. November 1907.
Patientin war 3 Monate vorher wegen eines extrauterinen Fibroides
operiert worden und litt derzeit an Erscheinungen von intestinaler Ob¬
struktion. Palpatorisch w&v nichts nachzuweisen, doch drängten die
Schmerzen und das konstante Erbrechen zur Operation. Nach der In-
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93B
zision wälzten sich sofort entzündete Dünndarmschlingen vor, ca. in der
Mitte des Ileums fand sich ein Tumor, der nach Eröffnung des Ileums
leicht entfernt werden konnte; derselbe erwies sich bei näherer Unter¬
suchung als ein Tampon, der bei der früheren Operation in der Bauch¬
höhle zurückgelassen worden war und offenbar durch die Darmwand
ulcerierte. Die Eingangspforte lag wahrscheinlich einige Fuss oberhalb
dieser Stelle, dort war der Darm entzündet und an die hintere Abdominal¬
wand adhärent. Herrnstadt (Wien).
Beiträge zur Pathologie und Therapie der Blinddarmerkrankungeo.
Von A. Albu. Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und
Chirurgie, Bd. XVII, 3. u. 4. Heft.
Auf Grund seiner reichen einschlägigen Erfahrung gibt Verf. den
Kat, alle Fälle von acuter Blinddarmentzündung, welche sich durch Zeichen
peritonitischer Beizung als schwere manifestieren oder verdächtig erweisen,
sobald als möglich zu operieren. Der Zeitpunkt der Operation wird
von dem Eintritt der ersten wahrnehmbaren Warnungssymptome der
drohenden Peritonitis bestimmt. Es gibt eine grosse Zahl acuter Blind¬
darmentzündungen, welche sich in wenigen Tagen von selbst zurück¬
bilden und zur Heilung führen, in vielen Fällen auch für die Dauer.
Zu einer grundsätzlichen Frühoperation aller Fälle von acuter Blinddarm¬
entzündung liegt keine Berechtigung vor, denn in leichten Fällen wären
die Gefahren der Krankheit nicht grösser als die der Operation. Bei
der Frühoperation in den ersten 48 Stunden müssen naturgemäss zahl¬
reiche Fehldiagnosen unterlaufen, weil die Krankheitserscheinungen in
dieser Zeit, namentlich bei den leichten Fällen, nicht bestimmt ausge¬
prägt sind. Die Statistik der Frühoperation hat keinen ausschlaggeben¬
den Wert, weil sie, von Fehldiagnosen ganz abgesehen, auch die
leichtesten Fälle mit einschliesst. Das Vorhandensein einer Appendicitis
kann nur angenommen werden, wenn der Wurmfortsatz sich makro¬
skopisch verändert zeigt. In der Behandlung der Appendicitis, auch
der leichten Fälle, ist die Anwendung von Opium und Abführmitteln zu
verwerfen. Bei chronisch intermittierender und remittierender Peri¬
typhlitis ist die Operation stets indiziert, und zwar um so früher, je
schwerer ein Anfall oder die sich anschliessenden Beschwerden gewesen
sind. Bei schleichender chronischer Appendicitis ist die Operation an-
zuraten, wenn ein objektiver Krankheitsbefund (konstante Resistenz und
Druckempfindlichkeit an typischer Stelle) nachweisbar ist. Wenn aber
nur subjektive Beschwerden bestehen, so ist stets ein längerer Versuch
mit interner Therapie (zeitweise Ruhelagerung, hydro- und baineothera¬
peutische Prozeduren u. dgl.) angezeigt, welcher in leichten Fällen oft
dauernde Heilung bringt. Raubitschek (Wien).
Acute volvulus of the vermiform appendix; Operation, recovery.
Von Sinclair White. Brit. Med. Journ., 12. Oktober 1907.
Ein 5 Jahre alter Knabe erkrankte im Anschluss an ein Trauma
an Schmerzen im Bauche; die Appendixgegend war schmerzhaft, die
Muskeln waren gespannt, Temperatur erhöht. Der Appendix war mächtig
geschwollen, dunkel verfärbt und mit Flocken grüner Lymphe bedeckt;
gleichzeitig war er 2mal völlig gedreht; die Torsion hörte am cökalen
Ende auf und liess sich leicht lösen. Wegen der bestehenden Gangrän
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936
wurde der Appendix entfernt. Die Differentialdiagnose zwischen Torsion
und Appendicitis ist vor der Operation wohl ausgeschlossen.
Herrnstadt (Wien).
Some aspects of appendicitis, especialiy with reference to cutaneons
hyperaesthesia as an aid to diagnosis incertain complications. Von
William H. Benne. Lancet, 12. Oktober 1907.
Fall 1 betrifft einen 14jährigen Knaben, der unter acuten, ab¬
dominalen Schmerzen erkrankte; das Abdomen war rechts rigid mit aus¬
gesprochener cutaner Hyperästhesie, die jedoch in Nabelhöhe stärker
war als in den unteren Regionen; gleichzeitig bemerkte man, daß, nach¬
dem der Knabe die Furcht vor der Untersuchung verloren hatte, die
Spannung im unteren Teile des Abdomens nachließ, im oberen Anteil
hingegen bestehen blieb. Die Schmerzhaftigkeit des Mc Burney'sehen
Punktes war wenig markiert. Die abnorm gesteigerte Hyperästhesie des
oberen Abdomens sowie der Befund pleuritischen Reibens ließen den
Verdacht zu, daß es sich weniger um Appendicitis als um eine Thorax¬
affektion handle. Nach einigen Tagen war wirklich pleuritisches Exsudat
nachweisbar; es handelte sich um ein Empyem, das durch Operation ge¬
heilt wurde.
Fall 2. Ein 15 Jahre altes Mädchen erkrankte mit heftigen
abdominalen Schmerzen; das Abdomen war rigid, in der rechten Fossa
iliaca intensive Hauthyperästhesie, die nach oben allmählich abnahm und
in Nabelhöhe aufhörte. Der Puls war sehr frequent, Temperatur 100° F.
Zu den sichersten Anzeichen einer Gangrän gehören das plötzliche Schwinden
der Hauthyperästhesie und rascher Puls bei verhältnismäßig niedriger
Temperatur. Bei der Operation fand sich ein gangränöser Appendix,
umgeben von stinkendem Eiter. Die trotz Gangrän bestandene Haut¬
hyperästhesie wechselte ihren Ort nach der Operation und ging innerhalb
24 Stunden auf den oberen Anteil des Abdomens über; gleichzeitig fand
man distinktes Reiben in der Höhe des Zwerchfells, es kam zur Ent¬
wicklung eines subphrenischen Abscesses upd Empyems.
Fall 3 betrifft ein 16 Jahre altes Mädchen, welches wegen Appen¬
dicitis operiert wurde ; am 5. Tage nach der Operation stieg die Temperatur
neuerlich an und es traten Schmerzen in der Magengegend sowie cutane
Hyperästhesie im oberen Anteil des Abdomens auf. Bei der Operatiou
fand sich ein subdiaphragmatischer Abscess.
Für die Hauthyperästhesie des Abdomens kommen in Betracht: 1. der
Mc Burney’sche Punkt; 2. Schmerzhaftigkeit eines Punktes in Nabel¬
höhe ; 3. in der Höhe der 9. Rippe. Punkt 1 spricht für Erkrankung
des Appendix, Punkt 2 für Entzündung oder Abscess an der unteren
Lage des Diaphragmas, Punkt 3 für eine Affektion der Pleura oder Ober¬
fläche des Zwerchfells; linkerseits finden wir dasselbe bei Abscess oder
maligner Erkrankung der Flex. sigmoidea. Peritoneum oder Pleura sind
immer mitbeteiligt. Acute Hyperästhesie der Abdominalwand indiziert
bei Appendicitis stets den operativen Eingriff, das rapide Schwinden
spricht für beginnende Gangrän; überhaupt ist das rasche Schwinden
irgend eines der hervorstechendsten Symptome, wie Schmerz oder hohes
Fieber, ohne entsprechende Veränderung aller anderen Symptome stets
ein Zeichen drohender Gefahr. Herrnstadt (Wien).
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Some remarks on the prevention of appendicitis. Von W. J. Ly sou.
Brit. med. Journ., 26. Oktober 1907.
Die Erkrankungen an Appendicitis haben, absolut und relativ genommen,
in den letzten Jahren bedeutend zugenommen und ebenso ihr Charakter,
der fast durchwegs ein schwerer, septischer geworden ist. Die eigentliche
Ursache der Erkrankung ist das Bact. coli commune, das jedoch erst
bei gewissen veränderten Bedingungen des Darmes seine Wirkung ent¬
faltet; solche Bedingungen wären: Obstipation, Diarrhoe, Obstruktion,
Kongestion. Ferner gehören zur vollen Entwicklung eine Läsion im
Appendix und bedeutende Virulenz des Bacillus.
Während früher die Behandlung eine rein medizinische war, ist sie
jetzt fast völlig in die Hand der Chirurgen übergegangen. Die Therapie
müsste in 2 Gruppen zerfallen, 1. eine präventive, 2. eine chirurgische.
Appendicitis ist eine Erkrankung der zivilisierten Bevölkerung und fehlt
nahezu völlig bei den farbigen Bassen. Die wichtigste Ursache ist wohl
die Obstipation, das Verweilen unverdauten oder fäkalen Materiales im
Darme; auch in Fällen von Diarrhoe sind die oberen Partien fast stets
durch harte Fäkalmassen blockiert, namentlich die Flexuren, oft auch
der Dünndarm. Die viel häufigere purgative Behandlung der älteren
Aerzte verhinderte die intestinalen, toxämischen Zustände besser als unsere
heutige Therapie; solche direkt oder indirekt mit Obstipation zusammen¬
hängende Zustände werden hervorgerufen durch orale Sepsis, exzessive
Nahrungsaufnahme, Alkoholismus, Schwäche der Abdominalmuskeln. Ver¬
meiden Hesse sich diese Krankheit durch entsprechende Behandlung der
Zähne, durch besseres Kauen der Nahrung, durch die Wahl unserer
Nährmittel, sowohl qualitativ als auch quantitativ, und durch ent¬
sprechende Buhe nach der Mahlzeit. Einen wichtigen Faktor bildet die
Art der Stuhlentleerung; die alte Methode mit flektierten, an das Ab¬
domen angezogenen Beinen brachte die Wirkung der Abdominalmuskeln
weit mehr zur Geltung und führte zu einer gründHchen Entleerung des
Darmes. Von grossem Werte sind Mineralwasserkuren, die, periodisch
durcbgeführt, viele intestinale Krankheiten vermeiden können; durch
reguläre Auswaschungen des Darmes müsste sich die grosse Zahl der
Fälle von CoHtis und Appendicitis verringern.
Herrnstadt (Wien).
A case of appendicectomy in which the appendix was quite separate
from the coecum. Von J. T. Williams. Brit. med. Journ.,
5. Oktober 1907.
Ein 30 Jahre alter Mann wurde ins Spital gebracht, nachdem er
die dritte ziemlich schwere Attacke von Appendicitis überstanden hatte.
Nach Eröffnung des Abdomens lag der Appendix aussen und rückwärts
vom Coecum, eingebettet in den Mesoappendix, mit dem proximalen
Ende ca. 2 x / 2 Zoll entfernt vom Darme; das Lumen war beiderseits
geschlossen, der mittlere Anteil von einer harten, fäkalen Masse ein¬
genommen.
Dr. Knox berichtet über einen Fall, bei dem er den Appendix
mit einer Zange aus dem Abdomen herausheben konnte.
Der Fall ist wegen seines äusserst seltenen Vorkommens interessant.
Herrnstadt (Wien).
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938
B. Haut.
Ueber Erythrodermia exfoliativa univerealis pseudoleukaemica.
Von Wechselmann. Archiv f. Dermat. u. 8yph., Bd. LXXXVll,
2. Heft, 1907.
Der 45 jährige Patient bemerkte einen Monat vor der Aufnahme
am rechten Fussrücken, an der rechten Schulter und Brust je eine rote,
flache, etwas juckende, markstückgrosse Stelle, worauf sich in wenigen
Tagen Schwellung und Rötung des rechten Unterschenkels und rechten
Oberarms anschlossen. Im Anschluss an eine Skabiesbehandlung trat eine
schuppende Entzündung fast der ganzen Körperhaut auf. Gleichzeitig
bestand allgemeine Drüsenschwellung. Nur sehr geringfügige Lympho-
cytose. Bedeutende Besserung unter Arsenbehandlung.
von Hofmann (Wien).
Erythema toxicnm bullosum und Hodgkinsche Krankheit (Sternberg-
sehe chronisch-entzündliche Form der Pseudoleukftmie). Von
B. Bloch. Archiv f. Denn. u. Syph., Bd. LXXXVII, 2. Heft, 1907.
Die 52 jährige Patientin erkrankte vor 3 Jahren an akuter Bron¬
chitis. Im Anschluss daran entwickelte sich ein ziemlich universelles
Exanthem, das vom Arzte als Erythema bullosum bezeichnet wurde.
Seither kam die Patientin immer mehr herunter. Im Urin fanden sich
Cylinder und Eiweiss. In der letzten Zeit hatte sich wieder unter
Fiebererscheinungen ein gleiches Exanthem wie vor 3 Jahren entwickelt.
Es traten heftige Diarrhoen auf und der Tod erfolgte wenige Tage
später. Bei der Sektion fand man Vergrösserung der Lymphdrüsen und
der Milz, amyloide Degeneration der letzteren, der Leber, Niere und
der Darmschleimhaut. Der Blutbefund war während des Lebens ein
ziemlich normaler. von Hofmann (Wien).
Ueber symmetrische jackende Dermatitis, die mit Hyper- oder
Hyp- und Anästhesie einhergeht. Von H. Voerner. Archiv f.
Dermat. u. Syph., Bd. LXXXVII, 2. Heft, 1907.
Bei den Kranken V.e traten anfallsweise Hauteffloreszenzen auf,
die bei einem Teile ausschliesslich aus Kratzeffekten, bei anderen aus
Urtikariaquaddeln oder ekzemähnlichen Veränderungen bestanden. Gleich¬
zeitig fanden sich Störungen der Sensibilität, welche meist, aber nicht
regelmässig, den Veränderungen an der Haut entsprachen. Die Er¬
krankung zeigt Neigung zu Recidiven und ist in ätiologischer Hinsicht
nicht recht aufgeklärt. von Hof mann (Wien).
Die Lokalisation der Dermatitis herpetiformis (Duhring). Von
C. Bo eck. Monatsh. f. prakt. Dermat., 16. Sept. 1907.
Nach B. charakterisiert sich die Dermatitis herpetiformis durch eine
merkwürdig systematisierte Lokalisation, welche für die Diagnose die
besten Anhaltspunkte bietet. Die am allerhäufigsten, beinahe konstant
ergriffenen Regionen sind: 1. die Ellbogenregionen; 2. die Haut um die
Knie herum; 3. die Haut der Sakralregion; 4. die Haut über den
Schulterblättern und Schultern sowie die Axillarregion; 5. die äussere
Fläche des Oberarms; fi. die hintere Fläche des Oberschenkels.
von Hofmann (Wien).
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939
Zum Kapitel Rttntgengchäden und deren Behandlung. Von R. Volk.
Arch. f. Dermat. u. Syph., Bd. LXXXVlI, 1. Heft, 1907.
Bei dem einen Patienten hatte sich im Anschluss an eine nur kurz¬
dauernde Röntgenuntersuchung trotz harter Röhre und Bleiblende eine
heftig schmerzende Ulceration entwickelt, welche keine Tendenz zur
Heilung zeigte. Auf der Abteilung Lang wurden mit bestem Erfolge
die Exstirpation des Ulcus und die plastische Deckung des Defekts vor¬
genommen.
In einem zweiten Falle war das Röntgenulcus im Anschluss an
mehrfache Bestrahlungen der Milzgegend wegen Malaria entstanden.
Auch in diesem Falle wurde durch Exstirpation des Ulcus und Deckung
des Defektes nach Thiersch Heilung erzielt.
von Hofmann (Wien).
Toxikodermie nach Röntgenbestrahlungen. Von Fr icke. Dermatol.
Zeitgehr., No. 7, 1907.
Der 19 jährige Patient war wegen Bartflechte innerhalb einee halben
Jahres zweimal einer je 14 Tage dauernden Röntgenbehandlang unter¬
zogen worden. Nach den letzten Bestrahlungen stellten sich lokale
Reizungserscheinungen ein, so dass die Behandlung unterbrochen werden
musste. Ferner kam es unter Frösteln und Abgeschlagenheit zur Bildung
von roten Flecken an Rumpf und Extremitäten sowie zur Bildung
mächtiger Schwielen an Händen und Füssen. Die Flecken entwickelten
sich allmählich zu psoriasisähnlichen Effloreszenzen. Rasche Heilung
unter indifferenten Salben verbänden. von Hofmann (Wien).
Indikationen der Lnpnetherapie nach ihrem gegenwärtigen Stande.
Von A. Jungmann. Archiv f. Denn. u. Syph., Bd. LXXXVll,
2. Heft, 1907.
Wirkliche Erfolge wurden bisher nur mit der Radikalexstirpation
und der Lichttherapie erzielt. Operabel sind alle zirkumskripten Herde;
die Anzahl sowie die Grösse der Herde bildet kein Hindernis für die
Operation. Bei nicht operablen Fällen tritt die Finsen’sche Lichtbe¬
handlung in ihre Rechte. Ueber den Wert der Radiotherapie kann man
noch kein abschliessendes Urteil abgeben. Die übrigen Behandlungs¬
methoden kommen derzeit nur mehr als Vorbehandlung für die Licht¬
therapie in Betracht. von Hofmann (Wien).
Intoxication mercnrielle d’origine thirapeutique par injections in-
solnbles. Radiographie des nodositös. Ablation chirurgicale.
Guärison. Von J. A. Sicard. Bull. et. m£m. de la Soc. med. des
höp. de Paris, 23. annee, No. 2, p. 25.
Im Anschluss an die Mitteilung einer letal verlaufenen therapeuti¬
schen Quecksilberintoxikation (Le Noir et Camus: Intoxication mercurielle
d’origine therapeutique; mort; autopsie. Soc. möd. des höp., 12 janvier
1906) wird eines ähnlichen Falles Erwähnung getan, bei dem eine rapid
fortschreitende Augenmuskellähmung spezifischer Natur zu forcierter Be¬
handlung mit grossen Dosen grauen Oeles zwang. Nach der vierten
Injektion (Gesamtdosis ca. 36 cg Hg) setzten foudroyante Vergiftungs-
Symptome ein. Ein von der prominenten, in der Glutäalgegend sitzenden
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Injektionsstelle aufgenommenes Radiogramm ergab das Vorhandensein
beträchtlicher Mengen metallischen Quecksilbers. Um weitere Resorption
zu verhüten, wurde das ganze Quecksilberdepot enucleiert. Das rasche
Abklingen der Vergiftungserscheinungen beweist die Zweckmässigkeit des
vorgenommenen operativen Eingriffes. Fritz Tedesko (Wien).
Ueber Impftuberkulose. Von P. Grosser. Dermat. Zeitschr., Heft 8.
1907.
Der 10 jährigen Patientin wurden vor ca. einem Jahre von einer
inzwischen an Tuberkulose verstorbenen Frau beide Ohrläppchen zwecks
Anbringung von Ohrringen durchstochen. Bald darauf entzündeten sich
die Ohrläppchen, es bildeten sich Infiltrate und kleine hellbräunliche
Knötchen. Tuberkulinreaktion positiv. Es wurde daher die Diagnose
auf Impftuberkulose gestellt und die Krankheitsherde wurden exstirpiert.
Die mikroskopische Untersuchung bestätigte die Diagnose.
von Hofmann (Wien).
Zur Kenntnis der „sarkoiden“ Hauttumoren. Von P. Rusch.
Archiv f. Denn. u. Syph., Bd. LXXXVTI, 2. Heft, 1907.
Bei dem 39 jährigen Patienten entwickelten sich seit einem Jahre
an symmetrischen Stellen beider Genitocruralfurchen zunächst die Er¬
scheinungen eines heftig juckenden, nässenden, intertriginösen Ekzems.
Im weiteren Verlaufe erhoben sich diese ekzematösen Hautflächen zu
umschriebenen derben Geschwülsten, welche stationär blieben. Diese
Tumoren wurden operativ entfernt. Dem mikroskopischen Befunde nach
muss man diese Tumoren in die Gruppe der sarkoiden Geschwülste ein¬
reihen. von Hofmann (Wien).
Bin Fall von Adenocarcinoma lenticulare capillitii. Von K. Kreibich.
Dermat. Zeitschr., Okt. 1907.
Bei dem 71 jährigen Patienten hatte sich im Laufe von 1 1 / 2 Jahren
eine Geschwulst an der rechten Seite des Schädels entwickelt, welche
sich bei genauerer Untersuchung aus kleinen Tumoren zusammengesetzt
zeigte, die durch tiefe Furchen voneinander getrennt waren. Halsdrüsen
geschwellt. Der Patient erlag nach kurzer Zeit einer Pneumonie. Bei
der mikroskopischen Untersuchung erwiesen sich die Tumoren als len¬
tikuläre Adenocarcinome. von Hofmann (Wien).
Zur Histologie der spontanen Heilung des Hautkrebses. Von H.
Jakobsthal. Arch. f. klin. Chir., Bd. LXXXIV, 2. Heft.
Bei einem im übrigen gesunden Manne entwickelt sich an der linken
Schläfe eine als flache Narbe imponierende Hautveränderung, die ohne
sichtbare Geschwulstbildung an ihrem Rande und ohne zu ulcerieren sich
vergrössert, so dass sie innerhalb von 2 Jahren über zehnpfennigstück-
gross wird. Per exclusionem wurde die Diagnose auf Cancroid gestellt
und die Exzision vorgenommen. Mikroskopisch bestätigte sich zwar die
Diagnose des Cancroids insofern, als in den Randpartien der Narbe sich
dessen Charakteristika nachw'eisen liessen, in den centralen Teilen jedoch
liess sich vollständige Ausheilung feststellen. Von der Seite des peri¬
pheren Fortechreitens der Geschwulst an bis zur centralen Narbe lassen
sich an den histologischen Bildern alle Stufen der Entwicklung der
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Krebsalveolen bis zu ihrem Untergang nachweisen. Bei den meisten
von den Carcinomhaufen fiel die eigenartige Einkapselung durch Binde-
gewebszüge auf. Je älter, kernärmer das Bindegewebe wird, desto mehr
degenerieren die Epithelnester innerhalb derselben, bis sie vollständig
vom einwachsenden Bindegewebe verdrängt sind. Ueber die histogenetische
Natur des Tumors spricht sich der Verf. nicht aus, meint aber, dass es
sich jedenfalls um eine geringe Wachstumsenergie der Tumorzellen handelt,
so dass das Bindegewebe diese Elemente wie Fremdkörper einzukapseln
imstande war. Victor Bunzl (Wien).
Beitrag zum Studium der hämatogenen Theorie bei der Patho¬
genese der Mycosis fungoides. Von A. Pasini. Monatsh. f.
iprakt. Denn., No. 10, 1907.
P. kommt auf Grund seiner Untersuchungen zum Schlüsse, dass die
Mycosis fungoides als eine Allgemeinerkrankung mit Hauterscheinungen
anzusehen sei, deren spezifischen Erreger man nicht kennt, und dass die
Affektion mit einer primären Störung des blutbildenden Systems im Zu¬
sammenhänge stehe. von Hofmann (Wien).
Ueber Oxyuriasis cutanea. Von C. Vignolo-Lutati. Arch. f.
Dermat. u. Syph., Bd. LXXXVH, 1. Heft, 1907.
Bei dem 24 jährigen Patienten bestand in der perianalen und peri¬
nealen Gegend sowie an den inneren Flächen der Oberschenkel eine
intertrigoartige Dermatose. Im Exsudat fanden sich Oxyuriswürmer,
ebenso in den Fäces. Auf Santonin und Kalomel (aä 0,3) innerlich,
Kampferölklysmen und lokale Lebertran - Behandlung trat Heilung ein.
von Hofmann (Wien).
n. Bücherfoesprechungen.
Etüde histo-chimique et cytologique des crachats. Von S. Israels
De Jong. Thöse de Paris. 1907. Steinheil.
Verf. bespricht zunächst die allgemeine Technik der Verteilung des
Sputums zwischen 2 Deckgläsern, der Fixation mittels 1 °/ 0 Chromsäure
und der Färbung mit Unna’s polychromem Blau. Die Untersuchung
selbst wird im Mikroskop bei künstlicher Beleuchtung vorgenommen.
Die Grundsubstanz ist der Schleim, der sich als hyaline Masse rötlich
färbt; daneben existieren netzförmige Gebilde, die durch Agglomeration
degenerierter Bronchialzellen entstehen und die Reaktion des Schleimes
zeigen. Die Grundsubstanz ist manchmal durch eine sero-albuminöse
Substanz ersetzt, ähnlich dem sero-fibrinösen Exsudat der Pleura und des
Peritoneums, die in Form von Tröpfchen oft in grossen Quantitäten
auftritt und nur durch Färbung mittels des Unna-Blau als blauviolette
Substanz sichtbar wird. Ferner begegnet man im Sputum zelligen
Elementen sowohl vom Respirationstrakt als vom Blute, roten Blutkörper¬
chen im histologisch-hämorrhagischen Sputum, polynucleären Leukocyten
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erst im Beginne der Lösung bei Pneumonie und Lungenödem, wobei
das schleimige Netzwerk durch hyalinen Schleim ersetzt wird; eosino¬
phile Zellen charakterisieren das Sputum des Asthmas und ähnlicher
Zustände.
Zum Schlüsse folgen die Beschreibung des Sputums der Pneumonie,
des acuten Lungenödems, des Pharynx, der acuten Bronchitis, des
Asthmas und des Emphysems und eine Reihe farbiger Tafeln, welche
die Färbung der oben genannten Sputa mit Unna-Blau veranschaulichen.
Herrnstadt (Wien).
De Involution clinique et bactöriologique dee salpiagites. Von
M. Popp. Thöse de Bordeaux 1907.
Der Eiter einer jeden Salpingitis kann mit der Zeit aseptisfch
werden. Im Verlauf einer Salpingitis kann das progressive Abnehmen
der Virulenz der Eitererreger nachgewiesen werden. Verf. rät daher
von einem zu frühzeitigen operativen Eingriff ab und schlägt eine mög¬
lichst lange exspektative Therapie vor. Schrumpf (Strassburg).
Bartflechten und Flechten im Bart. Von Jessner. Aus Dr.
Jessner’s Dermatolog. Vorträge f. Praktiker, 10. Heft. Würzburg,
A. Stüber.
Ein ebenso brauchbares Büchlein wie die übrigen der Jessner-
schen Sammlung. In dem vorliegenden Hefte ist besonders die ge¬
schickte Schilderung der Differentialdiagnose zwischen Sycosis parasitaria
und non parasitaria hervorzuheben. Auch der therapeutische Teil ist
wieder sehr gut gelungen. Ferdinand Epstein (Breslau).
Schweizer Reise- und Kuralmanach. Die Kurorte und Heilquellen
der Schweiz. Ein Reisehandbuch für Kurgäste und Sommerfrischler
sowie Ratgeber für Aerzte. Von Hans Loetscher. 14. verbesserte
Auflage. Verlag von Th. Schröter. Zürich 1907.
Dieser Almanach gibt in kurzer, präziser Weise eine Beschreibung
der Kurorte und Heilquellen der Schweiz nebst deren Indikationen.
Die klimatologischen Verhältnisse erfahren eine eingehende Würdigung.
Das Büchlein ist sehr zu empfehlen, doch würde es noch wesentlich an
Wert gewinnen, wenn auch die Wohnungs- und Pensionspreise ange¬
geben würden. von Hof mann (Wien).
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Inhalt.
i. Referate.
A. Darm.
Heinekt, H., Ueber Metcorismus nach
Bauchkontusionen) p. 929.
Macewen, JohnA. C., A case of intra¬
parietal hemia with very small peri¬
toneal opening, giving rise to severe
abdominal pains, p. 929.
Brauch, C. W., Fatal enterospasm, diver-
ticula on jejunum, p. 930.
Doran, A1 b a n H. G., Chronic intestinal
obstruction due to adhcsion of a uterine
fibroid to the mesentery, p. 93a
Murseil, H. Temple, A case of retro-
peritoneal haematocele producing acute
intestinal obstruction, p. 931.
Colli ns on, F. W., A case of intussus-
ception in an infant three months old;
enterectomy; recovery, p. 932.
Bogoljuboff, W. L., Ueber Unter¬
bindung des Darmes, p. 932.
Park, W. H., The importance of the
paradysentery bacilli, p. 933.
Mummery, P. Lockhart, Lesion of
the sigmoid flexure as a cause of co-
litis, p. 933.
Plowright, Charl., Malignant disease
of the in testine rendering an inguinal
hernia irreducible. p. 934.
Giffow, G. T., A forgotten swab;
another warning, p. 934.
Albu, A., Beiträge zur Pathologie und
Therapie der Blinddarmerkrankungen,
P* 935-
White, Sinclair, Acute volvulus of
the vermiform appcndix; Operation,
recovery, p. 935.
Benne II, William H., Some aspects
of appendicitis, especially with reference
to cutaneous hyperaesthesia as an aid
to diagnosis incertain complications,
P- 936.
Lysor, W. J., Some remarks on the
prevention of appendicitis, p. 937.
Williams, J. T., A case of appendic-
ectomy in which the appendix was
quite separate from the coecum, p. 937.
B. Haut.
Wechselmann, Ueber Erythrodermia
exfoliativa universalis pseudoleukaemica,
p- 938-
Bloch, B., Erythema toxicum bullosum
und Hodgkin’sche Krankheit (Stemberg-
sche chronisch-entzündliche Form der
Pseudoleukämie), p. 938.
Voerner, H., Ueber symmetrische
juckende Dermatitis, die mit Hyper¬
oder Hyp- und Anästhesie einhergeht,
p- 93»-
B o e c k, C., Die Lokalisation der Derma¬
titis herpetiformis (Düring), p. 938.
Volk, R., Zum Kapitel Röntgenschäden
und deren Behandlung, p. 939.
Fricke, Toxikodermie nach Röntgen¬
bestrahlung, p. 939.
Jungmann, A., Indikationen der Lupus¬
therapie nach ihrem gegenwärtigen
SUnde, p. 939.
S i c a r d , J. A., Intoxication mercurielle
d’origine therapeutique par injections
insolubles. Radiographie des nodositea.
Ablation chirurgicale. Guerison, p. 939.
Grosser, P., Ueber Impftuberkulose,
p. 940.
Rusch, P., Zur Kenntnis der „sarkoiden“
Hauttumoren, p. 94a
Kreibich, K., Ein Fall von Adeno-
carcinoma lentkulare capillitii, p. 940.
Jakobsthal. H., Zur Histologie der
spontanen Heilung des Hautkrebses,
p. 940.
Pasini, A., Beitrag zum Studium der
hämatogenen Theorie bei der Patho¬
genese der Mycosis fungoides, p. 941.
Vignolo-Lutati, C., Ueber Oxyuriasis
cutanea, p. 941.
II. Bücherbesprechungen.
De Jong, S. Israels, Etüde histo-
chimique et cytologique des crachats,
p. 941.
Popp, M., De Pevolution clinique et
bact&riologique des salpingites, p. 942.
J e s s n e r, Bartflechten und Flechten im
Bart, p. 942.
Loetscher, H., Schweizer Reise- und
Kuralmanach, p. 942.
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I. Verzeichnis der Sammelreferate
Hofmann, Karl R. v. f Die Cystinurie 721, 769.
Pollak, Rudolf, Scarlatina puerperalis I, 49, 81, 129, 161.
Schirmer, Karl Hermann, Achondroplasie (Chondrodystrophia foetalis, Mikromelie)
609, 641, 689.
— Die Rolle der Epithelkörperchen in der Pathologie 401, 449, 481.
— Die Röntgenbehandlung der malignen Tumoren 9, 56, 91, 139, 172.
Tedesko, Fritz, Die neuropathischen Knochenaffektionen (mit Ausschluss der tabischen
und syringomyelitischen Arthropathien und Spontanfrakturen) 209, 241.
Venus, Emst, Der gegenwärtige Stand der Rückenmarksanästhesie 289, 321, 369.
Zesas, Denis G., Die neueren Forschungen auf dem Gebiete der Osteomalacic. I. T.:
Aetiologie und pathologische Anatomie 801, 849, 881.
II. Sachregister.
Abbazia als Kurort 399.
Abdomen, Aktinomykose 708.
— Contusion 714; als Ursache von Meteo¬
rismus 929.
— Schussverletzung 385.
— Tampon in dems. 934.
— Technik der explorativen Incision 784.
— Tumoren 532, 631, 784.
— Untersuchungsmethoden 73.
— Verletzung 75, 313, 386.
Abdominalchirurgie 637.
Abdominale Gefässc, Ligatur 862.
Abdominales Fettgewebe, Nekrose 277.
Abdominalhöhle,Askaridenerkrankung555.
— Echinococcus ders. 426.
Abdominaloperationen, Shock und Hä-
morrhagic nach dens. 789.
— als Ursache von Phlebitis 570.
Abdominalorgane der Frauen, Dislokation
ders. 74.
— Ptosis s. Enteroptose.
— Verletzung in.
Abdominalschmerz, Bedeutung 785.
— bei Bauchhernie 929.
— bei Colonadhäsion 739.
— bei Ileus 829.
Abdominalshock, Rolle des Plexus coeli¬
acus und mesentericus bei dems. 469.
Abdominalwand, Aktinomykose 74.
Abscess und Appendicitis 253.
— appcndicitischer 701, 705.
— im Becken 670.
— der Darmwand 902.
— der Lunge 591.
— der Niere 674.
— otitischer extraduraler 433.
Abscess paranephritischer 354.
— paraurethraler, beim Weibe 917.
— perinealer und periurethraler 715.
— pharyngealer 586.
— subphrenischer s. Subphrenischer Abs¬
cess.
— des Uterus 873.
Achondroplasie 609.
Achylie des Pankreas 434.
Adenocarcinom der Kopfhaut 940.
Adenom der Thyreoidea 335.
Adergeflechte des Gehirns, Epithclgc-
schwulst ders. 429.
Ainhum 515.
Aktinomykose, abdominale 708.
— der Abdominalwand 74.
— des Wurmfortsatzes 908.
Alkoholbehandlung der Cystitis 710.
Alttuberkulin, Verwendung in der internen
Praxis 924.
Alypin in der Rückenmarksanästhesie 537,
898.
Amöben-Mischinfektion 654.
Amputationen 798.
-— des Fusses, ökonomische 639.
Amylnitrit gegen Hämoptoe 574, 575.
Amyloidtumor des Knochenmarkes 821.
Analfissur 383.
Analgesie auf endermatischem Wege 275.
Anämie mit GelenkschWeisung und Milz-
tumor 468.
— pernieiöse, mit Oesopbagusspasmus
474 *
— qualitative Blutuntersuchung 797.
Anästhesie bei Gehirntumor 224.
— lumbale, s. Lumbalanästhesie.
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Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Sachregister.
945
Anatomie der Leistenbrttche 829.
Aneurysma s. Arterien und Aorta.
— der Halsgefässe, arteriovenöses 567.
— der Hinterhauptsgefasse, arteriovenöses
566.
— der Inguinalgegcnd 859.
Angina phlegmonosa als Ursache von
Streptokokkensepsis 432.
Angiome, multiple 153. |
Angioneurotisches Oedem 756.
Angiosarkom der Rückenmarkshäute 153 - 1
Ankylose der Wirbelsäule 464.
Anthrax, Serumtherapie 758. j
Antigonococcenserum gegen gonorrhoische |
Arthritis 35.
Antistreptococcenserum gegen Endocarditis j
T10. i
— gegen Erysipel 517. j
Antithyreoidinbehandlung des M. Base- I
dowii 124, 125, 334.
Antitoxinbehandlung des Tetanus, präven- j
live 731.
Antitoxineinverleibung durch den Mund
657.
Antituberkuloseserum von Marmorek 657.
Aorta, Ruptur 570.
— Veränderungen nach intravenösen Ni- |
kotin inj ektionen 232. I
Aortenaneurysma 564.
— Behandlung 233.
— mit Durchbruch ins Perikard 233.
Appendektomie 937.
— bei lleocökalschmerz 265.
Appendicitis 254, 262, 263, 910.
— mit Abscess und Cystitis 705.
— in der Armee 256.
— Aetiologie 253, 265, 699.
Appendicitis, Behandlung 699,700,701,905.
— chirurgische Behandlung 266, 705.
— chronische anfallsfrcie 256.
— cystica, Bakteriologie 318.
— Complication mit Darmverschluss 257.
— Diagnose 905.
— Frühoperation 265, 707, 907.
— Frühsymptome 255.
— gangränöse 258, 909.
— hämorrhagische 262.
— Hauthyperästhesie bei ders. 936.
— in einer Hernie durch einen Fremd¬
körper 909.
— und Icterus 704.
— mit Ileus 703.
— Intermediäroperation 264.
— und intraperitoneale Absccssc 253.
— bei Kindern 259.
— Leukocytenzählung bei ders. 575.
— Leukocytosc bei ders, 904.
— mit Ovarialcyste 39.
— hervorgerufen durch Oxyuris 907.
— Prophylaxe 937.
— pathologische Anatomie 698.
— mit Stieldrehung des Ovariums 263.
— bei Typhus 702.
— als Ursache von Intussusception 262.
Centralblatt f. d. Gr. d. Med. u. Chir. X.
Digitized by Gougle
Appendicitisähnliche chirurgische Erkran¬
kungen 707.
Argentum colloidalc gegen Streptokokken¬
sepsis 432.
Arsenzoster 516.
Arteria carotis, Aneurysma 564.
— carotis communis, Ligatur 861.
— carotis externa, Unterbindung bei
Zungenkrebs 581.
— coronaria cordis, Anatomie 364; Aneu¬
rysma 565.
— dorsalis pedis, Aneurysma 569.
— femoralis, Aneurysma 568, 860.
— hepatica, Aneurysma 859; Topographie
599 .
— mesenterica, (Zirkulationsstörung 561.
— occipitalis, Aneurysma 566.
— poplitea, Aneurysma 568, 860.
— thyreoidea,Unterbindung bei Kropf 118.
Arterielle Hypotension bei Nierentuber¬
kulose 672.
Arterien (s. auch Gefässe, Venen).
— Periarteriitis s. das.
— Syphilis 572.
— traumatische Ruptur 798.
— Verschluss bei Gangraena pedis, Dia¬
gnose 861.
Arteriosklerose, cerebrale 232.
— Bewegungsstörungen des Armes bei
ders. 233.
Arthritis acuta, Aetiologie 45; Therapie 45.
— gonorrhoica 35.
— bei Pneumonie 185.
— tuberculosa acuta 845.
Arzneimittel, neuere 286.
Ascites bei Lebercirrhosc, chirurgische
Behandlung 267.
Askaridenerkrankung der Bauchhöhle 555.
Aethernarkose bei Kindern 717.
Atrophie der lieber s. Leberatrophie.
Atropin bei Ileus 836.
Augenkrankheiten 79.
— chirurgische 478.
Bacillus der Paradysenterie 933.
— pneumoniae als Ursache von Sepsis 577.
Bacterium coli, Baktericidic des Serums bei
Operationen 864.
Bakterien, Gram-positive, in den Faeces 901.
Baktericngehalt der Mundhöhle 654.
Bakterienresorption der Gelenke und des
Subduralraumes 652.
Bakteriologie der Appendicitis cystica 318.
— der Salpingitis 942.
— des Ulcus vencreum 792.
Bakteriurie, Aetiologie und Klinik 318.
Balneologische Gesellschaft in der Schweiz,
Annalen 206.
Banti’sche Krankheit 542.
— Milzexstirpation bei ders. 543.
Barlow’sche Krankheit s. Morbus Barlow.
Bartflechten 942.
Becken, Beziehung der Entzündungspro-
cessc in dems. zum Wurmfortsatz c; 12.
60
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
946
Sachregister.
Becken, Osteomyelitis 466.
Beckcnabscess als Ursache von Darm¬
verschluss 670.
Beckenchirurgie 766.
v. Bergmann in der kgl. chirurgischen
Universitätsklinik (Bild) 639.
Blastomycetcn, Beziehung zu Hautkrank¬
heiten 757.
Blastomykose 656.
— der Haut 518.
Bleivergiftung durch Liqu. Burowi 864.
Blinddarm, Entzündung s. Typblitis.
Blut, Leukopenie bei Anämie 578.
— Wirkung des Lichtes auf dass. 572.
— Wirkung der Röntgenstrahlen auf dass.
578.
Blutbefund bei Anämie 797.
— bei Knochenmarkstumoren 34.
Blutbild, neutrophiles, bei Infektionskrank¬
heiten 236.
Blutcirculation, Orientierung über dies,
nach Ligatur der Carotis comm. 861.
— Störungen im Mesenterialgebiet 561.
Blutdruck, erniedrigter, bei Nierentuber¬
kulose 672.
Blutserum s. Serum.
Blutung s. Hämorrhagie.
Blutversorgung der Leber 599.
Branchiogene Cysten am Halse 364.
— Tumoren des Halses 926.
Bronchialdrüsen, Sondenpalpation bei
Tuberkulose 502.
Bronchus, Ektasie, angeborene 159.
— Ruptur 779.
Brown-Sequard’schc Lähmung des Rücken¬
markes 149.
Brücke, Tumor ders. 620.
Bursa omentalis, Empyem ders. 554.
Carcinom (s. auch Epitheliom) 283.
— des Appendix 387.
— des Colons 718.
— der Flexura sigmoidea, vorgetäuscht
durch chronische Entzündung 835.
— der Haut 281, 762; Spontanheilung 940.
— des Kreuzbeins 188.
— des Magens 345, 629.
— der Mamma 504.
— der männlichen Mamma 423.
— des Mundes 579.
— des Oesophagus 475, 629.
— des Pharynx 579.
— Physiologie 25.
— Prophylaxe 422.
— des Pylorus 338.
— des Rectums 388, 842, 843.
— Röntgenbehandlung II, 423.
— des Rückenmarkes 532.
— der Schädelknochen 335.
— Spontanheilung 423.
— unter dem Bilde von Tuberkulose 27.
— der Zunge 581.
Cardiolyse bei Mediastinopcricarditis 115.
Centralnervensystem, metastatische T u-
moren nach Eingeweidetumoren 621.
Cerebrospinal - Meningitis des Typus
Tourdes 230.
Chirurgie, anatomisch-klinische 283.
— der Gelenke 823.
— des Kopfes 365.
— des Nervensystems 45.
— orthopädische 718.
— orthopädische, Handbuch 606.
— orthopädische, in Röntgenbildern 78,
204.
— praktische, Handbuch 365, 446, 637,
766, 846.
— des praktischen Arztes 79, 478.
— spezielle 78.
Chirurgische appendicitisähnlichc Erkran¬
kungen 6, 707.
— Krankheiten der Flexura sigmoidea 3S9.
— Operationslehre 924.
Chirurgisches Material, Sterilisation 47.
Chloridentziehung bei Herzkranken 525.
Chloroformnarkose,Erbrechen bei ders.192*
— Komiteebericht 716.
— Singultus nach ders. 716.
— und Status thymicus 717.
Cholecystektomie 272.
Cholecystitis, phlegmonöse 270.
Cholelithiasis 603.
— Behandlung 827.
— mit Gallengangsblutung 269.
— Pathologie und Therapie 273.
Chondrodystrophia foetalis 609.
Chondrom der Gelenke 822.
Chorea, Beziehung zur Tuberkulose 526.
— in der Gravidität 45.
Chyluscyste des Mesenteriums 556.
Cirrhose der Leber 600.
Coecum, Entzündung s. Epityphlitis und
Typhlitis.
— Erkrankungen 935.
— Tuberkulose 747, 749, S39.
Colibaktcricidie des Serums durch Opera¬
tionen 864.
Colitis acuta 741, 745.
— Aetiologie 740.
— chronische 743.
— bei Flexurerkrankung 933.
— merkurielle 5II.
— ulcerative 741.
College of Physicians and Surgeons, pa¬
thologische Abteilung 399.
Colon, Adhäsion 739.
— angeborene Dilatation 659, 661.
— Carcinom, chirurgische Behandlung 71S.
— descendens, Schussverletzung 385.
— Tumor 389.
— typhöse Perforation 382.
I — Vortäuschung eines malignen Tumors
1 in dems. 843.
Colonflexur, linke, Anatomie und Chirurgie
506.
Coma diabeticum nach operativen Ein¬
griffen 717.
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Sachregister.
947
Constitutionskrankheiten, Diagnostik 877.
Contractur, Volkmann’sche, bei Hämo-
philie 573.
Conusläsion 72, 897.
Coronararterien des Herzens, Anatomie 364.
Coxitis als Ursache von Blasenperforation
916.
Cremasterreflex bei Hernien 479.
Cylinder in Prostatasekret 633.
Cysten des Halses, branchiogene, mit
Lymphdrüsengewebe 364.
— des Kleinhirns 227.
— der Knochen, 187, 822.
— des Mesenteriums 556, 557.
— der Milz 312.
— des Ovariums 39, 871, 872.
— des Samenstranges 440, 921.
— der Vagina 875.
Cystenniere, angeborene 350, 351.
Cysticercus im 4. Ventrikel 430.
Cystinurie 721.
Cystitis 558.
— Alkoholbehandlung 710.
— bei Appendicitis 705.
— tuberculosa mit Blasen Perforation 916.
— typhosa 710.
Cystoskopische Diagnostik 395.
Cystotomie zur Entfernung eines Ureter¬
steines 681.
— bei Kindern 712.
Cytologie des Sputums 941.
Darm (s. auch die einzelnen Abschnitte
dess.).
— Beziehung zwischen Nährstoffresorption
und enzymatischen Verhältnissen in
dems. 336.
— chronische Obstipation 509.
— Dilatation bei Neuritis 622.
— Entzündung s. Enteritis.
— Fisteln 157.
— Funktion bei Myxödem 280.
— Geschwüre 157, 833.
— Haargeschwulst 387.
— hämorrhagischer Infarkt nach Thrombo¬
phlebitis der Mesenterialgefasse 238.
— Intussusception s. Intussusception.
— Invagmation im Kindesalter 834.
— maligner Tumor in einer Hernie 934.
— Muskelausschaltung an dems. 336.
— Naht bei incarcerierter Hernie 666.
— Perforation bei Typhus 382, 384.
— Peristaltik, Anregung durch subkutane
Physostigmininjektionen 829.
— Plastik bei Schrumpfblase 916.
— Ruptur 842, 843.
— Spasmus 76, 658, 930.
— Tuberkulose 502.
— Unterbindung 932.
Darmkatarrh bei Säuglingen 764.
— und Typhlitis 702.
Darmkolikschmerzen 156.
Darmkrankheiten, Diagnostik 877.
Darmresektion 515, 932.
Darmresektion, experimentelle Studie 844.
— bei mesenterialer Chyluscyste 556.
Darmstriktur, tuberkulöse 508, 658.
— Entstehung 838.
Darmverschluss (s. auch Ileus, Intussus¬
ception, Invagination, Volvulus).
— bei Abscess im Becken 670.
— akuter, Pathologie und Therapie 3S0.
— bei Appendicitis 257.
— bei Appendixerkrankung 508.
— Beziehung zum Wurmfortsatz 668.
durch Enterospasmus 76.
— funktioneller 669.
— durch Gallensteine 827.
— durch eine Haargeschwulst 667.
— durch retroperitoneale Hämatocele 931.
j — bei Kindern 666.
I — durch eine Mesenterialcyste 557.
— multipler 667.
— Operation dess. als Ursache von akuter
Leberatrophie 823.
— Pathologie und Klinik 238.
— durch ein Uterusfibrom 930.
Darmwand, Abscess ders. als Ursache von
Sepsis 902.
Dengue-Fieber, Verhalten der Leukocyten
bei dems. 575.
Dermatitis herpetiformis 938.
— symmetrische juckende 938.
Dermoidcyste der Niere 362.
— des Unterkiefers 407.
Desinfektion s. auch Sterilisation.
— von Büchern mit heisser Luft 639.
Diabetes insipidus 915.
Diabetes mellitus, Koma nach Operationen
717.
— Komplikationen und Behandlung 319,
605.
Diaphragma, Hernie 782.
Diphtherie, prophylaktische Serumbehand¬
lung 657.
— im Spital St. Gallen 585.
— Tod in der Rekonvalescenz 126.
Diphtheritische Hautentzündung 757.
— Trachealnarben 778.
Diplococcenperitonitis 306.
Divertikel des Dünndarms 661.
— der Harnblase 709.
— des Jejunums 940.
— des Magens und Duodenums 623.
Druck, intrapleuraler 391.
Ductus choledochus, Ruptur 270.
Dünndarm, Divertikel 661.
— Paralyse 737, 738, 830.
— Stenose 197.
— Tuberkulose 747.
— Volvulus 737, 738, 830, 832.
Duodenum, Divertikel 623.
— Geschwür s. Ulcus duodeni.
— Perforation 382.
Dupuytrcn’sche Kontraktur, Pathologie und
Aetiologie 107.
— Thiosinaminbehandlung 108.
Dura mater, Hämatom 426.
60 *
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948
Sachregister.
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Dysenterie 933.
Dystrophia musculorum progressiva 107.
Echinococcus der Bauchhöhle 426.
— chirurgisch wichtige Lokalisationen
dess. 126.
— des Halses 424.
— der Lunge 591.
— in einer Malariamilz 313.
— des Mesenteriums 557.
— der Niere 203.
— der Prostata 38.
— am Zwerchfell 425.
Einbildung als Krankheitsursache 606.
Eingeweide, maligne Tumoren mit Meta¬
stasen im Centralnervensystem 621.
Eingeweidewürmer im Wurmfortsatz 844.
Eiterung an den Fingern mit Ablagerung
von kohlensaurem Kalk 279.
Ei weisssteine der Niere 754.
Eklampsie, Behandlung mitLumbalpunktion
154.
— in der Schwangerschaft 487.
Elektricität in der Behandlung parasitärer
Dermatosen 519.
Elektrischer Leitungswiderstand des Urins
200.
Elephantiasis 280.
— der Kopfherven bei Recklinghausen¬
scher Krankheit 470.
— verursacht durch Peritonitis 550.
Embolie der Mesenterialgefasse 234.
— postoperative 563.
Embryonen, Verhalten des Magen Schleims
bei dens. 189.
Empyem der Bursa omcntalis 554.
— der Kieferhöhle 776.
— der Pleura s. Pleuraempyem.
Endocarditis maligna, Serumbehandlung
HO.
Endotheliom der Haut 524.
— der Pleura 598.
Encsolinjektionen, Quecksilberausschei¬
dung im Harn nach dens. 199.
Entbindung, Exacerbation latenter Go¬
norrhoe nach ders. 875.
Enteritis als Ursache von Peritonitis 548.
Enteroanastomosc, experimentelle Studie
844.
Enteroptosc, Therapie 74.
Enzymatische Verhältnisse im Verdauungs¬
kanal, Beziehungen zur Nährstoffresorp¬
tion 336.
Eosinophilie nach Splenektomie 314.
Epidermolysis bullosa hereditaria, Röntgen¬
therapie 281.
Epididymitis als Ursache von Sterilität630.
— gonorrhoica, operative Behandlung 439.
Epilepsie 491.
— bei Gehirntuberkel 271.
— bei Gehirntumor 223, 224.
— Jackson’sche s. Jackson’sche Epilepsie.
Epiphyseneiterung nach Pneumonie 185.
Epiphysenlösung 465.
Epithelgeschwülste der Adcrgeflechtc des
Gehirns 429.
Epitheliom der Harnröhre 918.
— des Ureters 681.
Epithelkörperchen, Beziehungen zur Te-
tania parathyreopriva 419.
— in der Haut 520.
— Rolle ders. in der Pathologie 401.
— Tetanie nach Entfernung ders. 336.
— Tumoren 497.
— Verhalten beim M. Basedowii 120.
Epitypblitisäbnliche Krankheitsbilder ohne
Veränderung der Bauchorgane 156.
Erbrechen nach der Chioroformnarkose,
Wasserbehandlung 192.
— in der Schwangerschaft 40.
— tödliches 192.
Erysipel, Nitroglycerinbehandlung 51b.
— Serumbehandlung 517.
— Therapie 517.
Erythem, hervorgerufen durch Microc. tetra-
genus 447.
— toxisches, und Hodgkin’sche Krankheit
938-
Erythrodermia exfoliativa pseudoleukae-
mica 938.
Exanthem, hämorrhagisches 756.
Exartikulationen 798.
Expektoration, albuminöse, nach Thorako-
centesc 595.
Extensionsverbände bei Frakturen und
Luxationen der Extremitäten 878.
Extremitäten, Chirurgie 846.
— Luxationen und Frakturen, Extensions¬
behandlung 878.
— Plastik 799.
— Wachstum nach Thyreoidektomie und
Kastration II8.
Extremitätenarterien, Syphilis 572.
Extremitätenknochen, Wachstumsstömng
bei Synostose der Wirbelsäule 185.
Faeces, Bedeutung der Gram positiven
Flora in dens. 901.
— Untersuchung 478.
Fettgewebe, abdominales, Nekrose 277.
Fettgewebswucherung 277.
Fibrolipom, retroperitoneales 31.
Fibrom des Uterus 159, 873.
— als Ursache von Darm Verschluss 930.
Fibrosarkom der Nebenniere 317.
Fieber, Heilung von Gonorrhoe durch
dass. 918.
— intermittierendes, bei visceraler Syphilis
601.
— bei tertiärer Syphilis 794.
Fingereitcrung mit Ablagerung von kohlen¬
saurem Kalk 279.
Finsen-Institutin Kopenhagen, Mitteilungen
159 -
Fissura ani 383.
Fistel des Magens 339.
— erworbene, des Magen-Darmkanals 157.
Flechten im Bart 942.
Gck igle
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Sachregister.
949
Flexura coli sinistra, Anatomie und Chi¬
rurgie 506.
Flexura sigmoidea, chirurgische Krank¬
heiten ders. 389.
— Entzündung 745.
— Entzündung unter dem Bilde des Car-
cinoms 835.
— Erkrankung als Ursache von Colitis 933.
— tuberkulöser Tumor 838.
Folliculitis cutis gonorrhoica 517.
Folliklis, bacilläre Aetiologie 517.
Frakturen der Knochen 639.
— Behandlung mit Extensionsverbänden
878.
— Einfluss der Stauungshyperämie auf
dies. 820.
— spontane, bei Ostitis gummosa 821.
— Stauungsbehandlung 820.
Fremdkörper (s. auch Haargeschwulst).
— des Abdomens 934.
— der Harnblase 709, 712.
— des Oesophagus 475, 476.
— der Urethra 919.
— des Wurmfortsatzes 909, 911.
Fuss, Amputation 639.
— Gangrän, Diagnose des Artericnvcr-
schlusscs bei ders. 861.
Gallenblase (s. auch Chole . . .).
— Dilatation und Hypertrophie 273.
— maligner Tumor 867.
Gallensteine, Durchbruch ins Rectum 274.
— als Ursache von Darmverschluss 827.
— im Wurmfortsatz 514.
Gallensteinkrankheit s. Cholelithiasis.
Gallenwege, angeborene Obliteration 826.
— Blutung hei Gallensteinen 269.
— Chirurgie 444.
— Dauererfolge der Operationen an dens.
— Ductus choledochus s. das.
— Zustand bei Obstruktion ders. 270.
Ganglion Gasseri, Exstirpation 469.
— Tumor 473.
Gangrän des Fusscs, Diagnose des Arterien¬
verschlusses 861.
— des Wurmfortsatzes 909.
Gastroenteritis beim Säugling 764.
Gastroenterostomie, experimentelle Studie
« 44 -
— bei nicht krebsigen Magenkrankheiten
192.
Gastro-Jejunostomic 346.
— als Ursache von Jejunumgeschwür 750.
Gastropexie bei nicht krebsigen Magen¬
affektionen 192.
Gastrostomie bei Dünndarmparalysc 737,
738-
Gastrotomie wegenDünndarmlähmung 830.
— bei Fremdkörper des Oesophagus 475.
Geburtshilfe, Anwendung des Tuberkulins
in ders. 319.
Ge fasse des Abdomens, Unterbindung 862.
— des Mesenteriums 234.
Gefassneurose 571, 572.
— Oedem bei ders. 756.
— Oedem des Larynx bei ders. 777.
Gefässtonus im Splanchnicusgebiet 561.
Gehirn, Cyste 227.
— Cysticercus 430.
j — diagnostische Punktion 221, 691.
I — Epithelgeschwulst der Adergeflechte
I dess. 429.
| — Gliom, Exstirpation 427.
— Kleinhirn s. das.
! — und Kultur 765.
: — Tuberkel 221.
| — tuberöse Sklerose 426.
■ — Verletzungen, hyperalgetische Zonen
| bei dens. 89s.
I Gehirnarterien, Sklerose 232.
Gehirnchirurgie 426.
Gehimdruck, operative Herabsetzung bei
Gehirntumoren 225.
Gehirnkrankheiten mit Bl&senstörungengib.
Gehirnnerven, Erkrankung bei Syringo¬
myelie 71.
Gehirntumoren 27, 221, 223, 229, 557, 620.
| — mit Anästhesie, Epilepsie, Hcmialgesie
und Muskelatropbie 224.
— chirurgische Behandlung 223, 225.
— Diagnose durch Hirnpunktion 619.
— nach visceralen Tumoren 621.
Gelenke, Chondrom 822.
— Entzündung s. Arthritis.
— Erkrankungen, physikalische Therapie
126.
— Luxation 639.
— Resorption von Bakterien 652.
— Rheumatismus, gonorrhoischer 465.
— Schwellung mit Anämie und Milztumor
468.
* Gelenkchirurgie 823.
Gelenkteile, Ablösung 465.
Genitaldrüsen, Wirkung der Röntgen¬
strahlen auf dies. 398.
Genitale, weibliches, Blutung aus dems.
bei Syphilis 875.
Geschlechtsakt, Uebertragung von Tumoren
durch dens. 421.
Geschlechtskrankheiten, Behandlung durch
Hyperämie 865.
Geschwüre s. Ulcus.
; Gesicht, Hemiatrophie 251.
Gicht, Natur und Behandlung 77 .
Glandulae parathyreoideac s.Epith eikör per-
chen.
I Glenard'sche Erkrankung s. Enteroptose.
Glieder, künstliche 798.
Gliom des Grosshims 427.
1 Glottiskrampf als Todesursache 777.
Gonokokkensepsis 479, 578.
Gonorrhoe, Exacerbation nach der Ent¬
bindung 875.
1 — Spontanheilung bei Fieber 918.
! Gonorrhoische Arthritis 35, 465 ; Serumbe¬
handlung 35.
— Epididymitis 439.
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950
Sachregister.
Gonorrhoische Folliculitis cutis 517.
— Hauterkrankung 281.
— paraurethrale Erkrankungen 918.
Gravidität, Chorea in ders. 45.
— compliciert mit Pyelitis 201.
— Harnstörungen bei Retroversion des
Uterus 872.
— Hypcremesis in ders. 40.
— Niereneiterung in ders. 674.
— Unterbrechung ders, bei Tuberkulösen
876.
— bei Uterusfibrom 159.
Graviditätstetanie 487.
Grosshim, Gliom 427.
Gumma, Behandlung mit Jodkaliinjektionen
687.
— Infektiosität 761.
Gynäkologie, Anwendung des Tuberkulins
in ders. 319.
Haarausfall bei hereditärer Lues 795.
Haargeschwulst im Darme 387.
— als Ursache von Darm- und Pylorus-
vcrschluss 667.
llaarschwund, Ursachen u. Behandlung239.
Hals, branchiogene Cysten 364.
— branchiogene Tumoren 926.
— Echinococcus 424.
Halschirurgie 446.
Halsgcfasse, arteriovenöses Aneurysma 568.
Halsrippcn, Symptome 817.
Hämatoccle, retroperitoueale, als Ursache
von Darm Verschluss 931.
Hämatom, subdurales 426.
— subperitoneales, bei Nierensarkom 675.
Hämatoporphyrinurie und Hydroa acstivale
279.
Hämaturie, renale 353, 671.
Hämophilie mit Volkmann’scher Kon¬
traktur 573.
Hämoptoe, Amylnitritbehandlung 574, 575.
Hämorrhagie nach Bauchoperationen 789.
— aus den Gallenwegen bei Cholelithiasis
269.
— intracranielle 428.
— aus der Magenschleimhaut 190.
— bei Neugeborenen 364.
— aus der Niere 671.
— des Pankreas 439.
— ins Rückenmark 530.
— bei Typhus 382.
— aus dem Uterus 235.
— bei Uterusfibrom 873.
— aus den weiblichen Genitalien bei Sy¬
philis 875.
Hämorrhagische chronische Nephritis 913.
— Pankreatitis 439, 064, 866.
Hämorrhagisches Exanthem 75b.
Harn, Bakteriuric 31S.
— elektrischer Leitungswiderstand dess.
als diagnostisches Mittel 200.
— Inkontinenz mit Polyurie 713.
— Jodausscheidung durch dens. 117.
— Quecksilbcrausscheidung mit dems. 199.
Harnblase, cystoskopische Diagnostik 395.
— Divertikel 709; mit Nephritis 354.
— Einpflanzung eines Ureters in dies. 681.
— Entzündung s. Cystitis.
— Fremdkörper 709, 712.
, — Missbildungen 708.
— Perforation 916.
— Ruptur 713, 714.
1 — Schrumpfblase 916.
— Tumor 711, 712.
Harnblasenschmerz bei Frauen 710.
Harnblascnstein 712.
Harnblasenstörungen, cerebrale 916.
| Harnblasentuberkulose 357.
| — Heilbarkeit 710.
! Harnretention 350, 351.
I Harnröhre s. Urethra.
1 Harnsteine, diagnostische Irrtümer bei
Röntgenuntersuchung 678.
| Harnstörungen bei Retroversion des gra-
! viden Uterus 872.
| Harnwege in der Ätiologie von Sepsis 917.
Haut, Adenocarcinom 940.
— Blastomykose 518.
— Emphysem in der Clavikulargegend 278.
— Endotheliom 524.
i — Entzündung, diphtheritische 757.
— Epitheliom, Finsenbehandlung 762.
| — Hyperästhesie bei Appendicitis 936;
I bei symmetrischer Dermatitis 938.
— Myom 522.
— Pseudoleukämie 524.
— Resorption durch dies. 275.
— sarkoidc Tumoren 940.
— Tropenkrankheiten 515.
! Hautatrophic, idiopathische 276 ; u. Sklero-
I dermie 277.
Hautcarcinom 281, 940.
— Röntgenbehandlung 762.
— Spontanheilung 940.
Hautknötchen ungewöhnlicher Art 520.
Hautkrankheiten bei Anämie 578.
— Beziehung d. Blastomyceten zu dens. 757.
— bei Gonorrhoe 281.
: — kosmetische 206.
I — durch Oxyuris 941.
— parasitäre 519.
; — Rolle der Konsanguinität der Eltern
bei dens. 275.
j — therapeutische Mitteilungen aus dem
Krankenhausc in Frankfurt 763.
Hautphänomene, posthypnotische 764.
Hefeinfektion der Meningen 622.
Hemialgesic bei Gehirntumor 224.
Hemiatrophia faciei 251.
Hemia diaphragmatica 592, 782.
— epigastrica 662.
Hemia inguinalis, anatomische Begründung
der operativen Behandlung 829
— incarcerierte 666; mit Carcinom 934.
| Hemia intercostaiis abdominalis 764.
! Hernia umbilicalis 283.
— Radikalheilung 507.
: — Ruptur 663.
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Sachregister.
951
Hernien, Cremasterreflex bei dens. 479.
— incarcerierte 664.
— intraabdominale 508.
— intraparietale abdominale 929.
— Littre’sche 666.
— des Magens 624.
— der Neugeborenen 283.
— Pseudoincarceration 921.
stereoskopische Bilder 605.
— am Thorax mit lleum als Inhalt 664.
— mit dem Wurmfortsatz als Inhalt 664.909.
Herpes zoster nach Arsengebrauch 516.
-generalisierter 516.
Herz, Anatomie der Coronararterien 364.
— Dilatation, Behandlung 109.
— Krankheiten, Chloridentzicbung bei
dens. 525.
— Massage 114.
— Naht in, 112, 113.
— Ruptur des linken Ventrikels 570.
— Tricuspidalstenose 109.
— Wunden, chirurgische Behandlung no,
III, 112, 113.
Herzbeutel s. Pericardium.
Herzfehler, Narkose bei dens. 110.
Herzgefasse s. Arteria coronaria.
Hochgebirge, Indikationen 207.
Hoden, Einfluss des Tuberkeltoxins auf
• dens. 631.
— Wirkung der Röntgenstrahlen auf dens.
398.
Hodentuberkulose, Behandlung 440.
— Kastration bei ders. 440.
Hodentumoren 447.
— bei Abdominaltumor 631.
Hodgkin’sche Krankheit 503, 504.
— und toxisches Erythem 938.
Hydroa aestivale und Hämatoporphyrinurie
279.
Hydrocele, chirurgische Behandlung 632.
Hydronephrose 349.
—- intermittierende 752.
— infolge eines Septums der Harnröhre 671.
— bei Ureterstriktur, chirurgische Behand¬
lung 203.
Hydrops toxicus 554.
Hygiene, Lehrbuch 559.
Hyperalgetische Zonen bei Schädel- und
Gehirn Verletzungen 895.
Hyperämie, Einfluss auf die Heilung von
Knochenbrüchen 820.
— in der Therapie der Geschlechtskrank¬
heiten 865.
— venöse, Physiologie und Pathologie 231.
Hyperemesis s. Erbrechen.
Hypemephrom der Niere 363.
Hypochondrium, Tumoren 784.
'Hypophvsistumor mit Infantilismus und
Opticusatrophie 227.
—<- mit Opticusatrophie 427.
Hypospadie 713.
Icterus und Appendicitis 704.
— Differentialdiagnosc 824.
Ileocoecale Tuberkulose 839.
Ileocoecalschmerz, Appendektomie 265.
Ileum in einer Hernie der Thoraxwand 664.
— Tuberkulose 749.
Ileus bei Appendicitis 703.
— Atropinbehandlung 836.
— gastricus 380.
— mechanischer 510.
— Pathologie und Klinik 238.
— Schmerz bei dems. 830.
— subakuter 737, 738, 830.
Impetigo contagiosa, Aetiologie 758.
Impftuberkulose 940.
Incision am Abdomen, explorative 784.
Infantilismus mit Opticusatrophie bei Hypo¬
physistumor 227, 427.
Infektion mit Amöben und anderen Mikro¬
organismen 654.
— der Gelenke und des Subduralraum cs
652.
— von den Tonsillen aus 582.
— Uebertragung durch Trinkgefässe 635.
Infektionskrankheiten, Veränderung des
neutrophilen Blutbildes bei dens. 236.
Injektionen, intratracheale 780.
Intussusception des Darmes 833, 932.
— akute 834.
— bei Appendicitis 262.
— und Darmgeschwüre 833.
— bei Meckel’schem Divertikel 832.
— operative Behandlung 76.
— und Volvulus 833.
Invagination des Darmes im Kindesalter 834.
Irrigationsurethroskopie 921.
Ischämie, Sensibilitätsstörungen bei ders.
231.
Ischias abdominalen Ursprungs 470.
I — Behandlung mit Kochsalzinjektionen 900.
! — chirurgische Behandlung 470.
: Jackson’sche Epilepsie bei extracerebralen
Tumoren 896.
— bei Gehirntumor 223.
Jejunogastrostomie 346.
Jejunum, Divertikel 930.
— Geschwür nach Gastro-Jejunostomie 750.
Jod, Ausscheidung im Harn und Be¬
ziehungen zum Jodgchalt und zur Ver¬
kleinerung der Schilddrüse 117.
Jodkaliinjektionen bei Gummen 687.
Kalkablagerung bei chronischer Eiterung
279.
Kastration, Einfluss auf das Knochen¬
wachstum 118.
— bei Hodentuberkulose 440.
Kieferhöhle, Eiterung 776.
j Kleinhirn, Cyste 227.
— Tumor 29, 620.
1 Kleinhirnbrückenwinkel, Tumor 229.
I Knochen, Carcinom 188. 335.
| — Cyste 187, 822.
I — Dermoidcyste 467.
! — Entzündung s. Ostitis.
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952
Sachregister.
Knochen, Fraktur 639.
— Nekrose bei Pneumokokkeninfektion
821.
— Tuberkulose, Serumbehandlung 186.
- Tumoren 467.
Knochenatrophie, akute reflektorische 249.
— cerebrale 218.
— bei Muskeldystrophie 107.
Knochenbruch s. Fraktur.
Knochenerkrankungen bei Lepra 245.
— bei Nervenläsionen 247.
— neuropatbische 209.
— bei Poliomyelitis anterior 245.
— bei progressiver Muskelatrophie 246.
— bei Syringomyelie 244.
— bei Tabes dorsalis 219.
Knochenmark, Amyloidtumor 821.
— Tumoren, Diagnose aus dem Blutbe-
funde 34.
Knochen wachstum, Störungen bei Synostose
der Wirbelsäule 185.
— bei Struma 119.
— nach Thyreoidektomie und Kastration
118.
Kocbsalzinjektionen bei Ischias 900.
Kohlensäurebäder, Wirkung 206.
Kokainvergiftung 715.
Kolikschmerzen 156.
Kopfchirurgie 365.
Körper wachs tum unter dem Einfluss der
Struma 119.
Kosmetische Hautleiden 206.
Kost in den Kurorten 207.
Krankheiten, tropische 158.
Krankheitsursache, Einbildung als — 606.
Krebs des Appendix 387.
Krebskrankheit 283.
Kreuzbein, Carcinom 188.
Kuhpocken beim Menschen 279.
Kultur und Gehirn 765.
Kuralmanach, Schweizer 942.
Kurarinbehandlung des Tetanus 733.
Kurorte, Kost in dens. 207.
i
i
i
i
1
Laminektomie bei Schussvcrletzung der
Wirbelsäule 33. 1
— bei Wirbelfraktur 466. I
Laryngologen, Verhandlungen des Vereins \
süddeutscher — 925.
Larynx, angioneurotisches Oedom 777. i
Larynxtuberkulose, Sonnenlichtbehandlung
778.
— Tuberkulinbehandlung 778.
Leber, Atrophie, gelbe, nach Operation 823.
— Blutversorgung 599. i
— Funktion bei Myxödem 280.
— Ruptur 602. I
— Sarkom 602. !
— Syphilis 601.
Leberarterie, Aneurysma 859.
Leberchirurgie 444. !
Lebercirrhosc, chirurgische Behandlung |
des Ascites 267.
— portale 600.
Leber lappen, accessorischer, als Ursache
von Pylorusstenose 267.
Lepra unter dem Bilde der Syringomyelie
522.
— familiäre 519.
— Knochenerkrankungen bei der*. 245.
— Pathologie und Therapie 520.
— Röntgenbehandlung 521.
Leukämie, lienale, chirurgische Behänd'
lung 544.
Lcukocyten, Verhalten bei Denguefieber
575 -
Leukocytenzählung bei Appendicitis 575.
Leukocytose bei Appendicitis 904.
Leukonychie 524.
Leukopenie des Blutes bei Anämie 578.
Lichen ruber pemphigoides 282.
Licht, Wirkung auf das Blut 572.
Lichtbehandlung des Hautepithelioms 702.
— der Larynxtuberkulose 778.
— der Psoriasis 281.
Liebe und Psychose 558.
Ligamentum Pouparti, Ruptur 555.
Lippen, Plastik 799.
Liquor Burowi, Bleivergiftung durch detu.
864.
Lumbalanästhesie 538, 540, 898.
— mit Alypin 537, 898.
— experimentelle Untersuchungen 539.
— gegenwärtiger Stand 289.
— mit Novocain 154, 537.
— mit Stovain 154, 155, 537.
— mit Tropakokain 154.
Lumbalpunktion bei Eklampsie 154.
Lunge, Abscess 591.
— Echinococcus 591.
— Entzündung s. Pneumonie.
— Ruptur 591.
— Syphilis 205.
Lungenchirurgie 587.
Lungentuberkulose, Einfluss der Menstrua¬
tion auf dies. 846.
— Heilungsaussichten bei Pneumothorax
595 -
Lupus, Radiumbehandlung 521.
— Therapie, Indikationen 939.
— tumorbildender 521.
Luxationen 639.
— der Extremitäten, Behandlung mit Ex¬
tensionsverbänden 878.
— des Os semilunare 239.
Lymphangiektasie 505.
Lymphangitis rheumatica 505.
Lymphdrüsen, bronchiale s. Bronchial-
drüsen.
— Lymphosarkom 541.
— des Mesenteriums s. Mesenterialdrüsen.
Lymphdrüsengewcbe in branebiogenen
Halscysten 364.
Lymphgefässsystem, Rolle bei der Ver¬
breitung des Maramacarcinoms 504.
Lymphorrhoe 505.
Lymphosarkom des Magens und der Bauch-
lymphdrüsen 541.
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Sachregister.
953
Lymphosarkom, Operabilität 421.
— Rückbildung auf nicht operativem
Wege 421.
Magen (s. auch Gastr. ..Pylorus).
— Divertikel 623.
— Geschwür s. Ulcus ventriculi.
— Lymphosarkom 541.
— Neurose 191.
— Operationen an dems. 75.
— Sanduhrmagen s. das.
— Schussverletzung 385.
— Spontanruptur 197.
— Stenose 197.
Magencarcinom 629.
— Behandlung 345.
Magenchirurgie 627.
Magen-Darmkanal, Beziehungen zwischen
Nährstoffresorption und den enzymati¬
schen Verhältnissen in dems. 336.
— Muskelausschaltung an dems. 336.
Magendilatation, acute 623.
— bei Neuritis 622.
Magenfistel 157, 339.
— Ernährung b. Oes ophagusver Schluss 189.
Magenhernie nach Bauchkontusion 624.
Magenkrankheiten, Diagnostik 877.
— nicht krebsartige, chirurgische Behand¬
lung 192.
Magensaftsekretion und Oesophaguscarci-
nora 475.
Magenschleim, Verhalten bei Embryonen
und Neugeborenen 189.
Magenschleimhaut, Blutungen aus ders. 190.
Magentetanie 460.
Magenwand, accessorisches Pankreas in
ders. 866.
Makroglossie 580.
Malaria 576.
Malariamil« 313.
Malariaparasiten, intraglobuläre Conju-
gation 576.
Malum Dupuytren s. Dupuytren’sche Kon¬
traktur.
Mammacarcinom, Verbreitung auf dem
Lymphwege 504.
— beim Manne 423.
Marmorekserum 186, 657.
Mastkur bei Tuberkulose als Ursache von
Nephrolithiasis 363.
Meckel'sches Divertikel 737, 738, 830.
— Gangrän 666.
— bei Intussusception 832.
Medicin, innere, Handbuch 686.
Mediastinopericarditis chronica adhaesiva,
Behandlung mit Cardiolyse 115.
Mediastinum, Durchbruch eines Magen¬
geschwürs in dass. 541.
Meningen, Hefeinfektion 622.
— Sarkom 229, 896.
— Tumor als Ursache von Jackson’scher
Epilepsie 896.
Meningen des Rückenmarkes, Angiosarkom
* 53 -
Meningitis cerebrospinalis epidemica 230,
432 -
— seropurulenta nach Angina 432.
Menopause, Behandlung mit Ovarium-
implantation 870.
Menstruation, Einfluss auf die Lungen¬
tuberkulose 846.
Merkuriolölinjektioen bei Syphilis 796.
Mesenterialdrüsen, Entzündung bei Typhus
384-
— Tuberkulose 502.
Mesenterialgefasse, Embolie und Throm¬
bose 234.
— Thrombophlebitis als Ursache von
hämorrhagischem Infarkt des Darmes
238.
Mesenterium, Chyluscyste 556.
— Cyste 556.
— Echinococcus 557.
Meteorismus nach Bauchkontusion 929.
Methylenblau 656.
Metritis dissecans 873.
Micrococcus tetragenus, Dichromie 576.
— als Erreger von Erythem 447.
Mikromelie 609.
Mikulicz’sche Krankheit, Röntgenbehand¬
lung 503.
Milz, Abscess nach Typhus 3H, 312.
— Exstirpation s. Splenektomie.
— Fibrose 827.
— hämorrhagische Cyste 312.
— Ruptur 313, 545, 547.
— Wandermilz s. das.
MUztumor 542, 543.
— mit Anämie und Gelenkschwellung 468.
— chronischer 309.
Mineralwässer in d. Syphilisbehandlung 207.
Morbus Addisonii bei hyperplastischer
Wucherung der Nebennieren 314.
— Barlow, chirurgische Behandlung 184.
Morbus Basedowii 492.
— Antithyreoidinbehandlungl24,125,334.
— chirurgische Behandlung 121, 334.
— ohne Exophthalmus 124.
— Körperwachstum bei dems. 119.
— mit Myxödem 280.
— Pathologie 333.
— pathologische Anatomie 120.
— Röntgenbehandlung 334.
| — Scrumbehandlung 121, 124, 125, 735.
— Symptome dess. bei Tuberkulösen 333.
1 — Theorie 205.
! — Therapie 120, 205.
. — Thyreoideabehandlung 333 *
! — Verhalten der Epithelkörperchen bei
dems. 120.
Mundhöhle, Baktericngehalt ders. 654.
| — Desinfektion bei Pneumonie 654.
; — Schleimhautcarcinom 579.
j Musculus pectoralis, Defekt 106, 107.
j Muskel, Defekt, kongenitaler 106, 107.
— Entzündung s. Myositis.
j — Hypertrophie nach Meningitis 432 .
! — Kontraktur 107.
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954
Sachregister.
Muskelanstrengung als Ursache von Pneu¬
mothorax 593.
Muskelatrophie bei Gehirntumor 224.
— progressive 107; Knochenerkrankungen
bei ders. 246.
Muskelausschaltung am Magen-Darmtrakt
336.
Muskelerkrankungen, physikalische Thera¬
pie 126.
Mycosis fungoides 523, 524.
— hämatogene Theorie der Pathogenese
94 1 -
— Röntgenbehandlung 17 7.
Myom der Haut 522.
— des Oesophagus 475.
Myositis ossificans progressiva 107.
Myxödem 281, 492.
— bei M. Basedowii 280.
— Nieren-, Darm- und Leberfunktion bei
dems. 280.
— Thyreoideabehandlung 333.
Nagel, Leukonychie 524.
Nährstoflfresorption, Beziehung zu den enzy¬
matischen Verhältnissen im Verdauungs-
kanaK
Narkose mit Aethcr s. Aethemarkose.
— mit Chloroform s. Chloroformnarkose.
— bei Herzfehlern 110.
Narkoscerbrechen, Wasserbehandlung 192.
Nasale Nebenhöhlen, Röntgendiagnostik
925 -
Naevi im Trigeminusgebiete 428.
Nebenhoden, Entzündung s. Epididymitis.
Nebenniere, Blutcyste 315.
— entzündliche Hyperplasie als Ursache
von M. Addisonii 314.
— Fibrosarkom 317.
— Tumor 315, 676.
Nebennicrcnadenom der Haut 520.
Nekrose des Bauchfettgewebes 277.
— des Knochens bei Pneumokokkenin¬
fektion S21.
— des Pankreas 439.
Nephrektomie 914.
— wegen Nierenblutung 671.
— wegen Nierentuberkulose 753.
Nephritis, chirurgische Behandlung 353.
— chronica bei Blascndivertikel 354.
— — hacmorrhagica 913.
Nephrolithiasis 676, 677, 678.
— nach Mastkur bei Tuberkulose 363.
Nephropexie 347.
Nerven des Gehirnes s. Gehirnnerven.
Nervendehnung bei Neuralgien 899.
Nervenläsioncn 472.
— Knochenerkrankungen bei dens. 247.
Nervenlösung 901.
Nervennaht 471, 472, 901.
Nervenrescktion, Fehlen von Funktions¬
störungen nach ders. 468.
Nervensystem, Chirurgie 45.
— centrales, Tumoren 557.
— elementarer Bau 618.
Nervensystem, Lues hereditaria tarda 426.
— Syphilis 901.
Nervus abducens, Lähmung bei Extra-
duralabscess 433.
— ischiadicus, Entzündung s. Ischias.
— maxillaris sup., Resektion wegen Gc-
sichtsneuralgie 471.
— opticus, Atrophie bei Hypophysistumor
227,427; Entzündung s. Neuritis optica.
— splanchnicus, Gefässtonus in dems. 561.
— trigeminus, Naevi im Gebiete dess.
428; Neuralgie 471.
— ulnaris, Naht 472.
Neugeborene, Verhalten des Magenschleims
bei dens. 189.
Neuralgie, Behandlung mit Nervendehnung
899.
Neuritis als Ursache von Magen- und
Darmdilatation 622.
— optica bei Extraduralabscess 433.
Neurologie, Röntgenstrahlen im Dienste
ders. 125.
Neuroma plexiforme des Schädels 470.
Neuropathische KnochenafTektionen 209.
Neurose des Magens 191.
Niere (s. auch Nephr. . . .).
— Affektionen durch Trypanosoma Brucei
199 -
— Ausscheidung membranö 9 er Massen aus
ders. 754.
— Blutung (s. auch Hämaturie) 671.
— chronische Erkrankungen im Kindes¬
alter 911.
— cystischc s. Cystenniere.
— Dermoidcystc 362.
— Echinococcus 203.
— Eiterung in der Schwangerschaft 674.
— Eiweissstcinc 754.
— Entkapselung 678.
— Funktion bei Myxödem 280.
— Hydronephrose s. das.
— Hypemephrom 363.
— Insufficienz 922.
— paranephritischer Abscess 354.
— Sarkom 675.
— Schussverletzung 358.
— solitäre 359; Operation bei ders. 755.
— Uronephrose 752.
— Wanderniere s. das.
Nierenbecken, Entzündung s. Pyelitis.
Nierenchirurgie 678, 679, 680.
— Handbuch 398.
— moderne 200.
Nierenkapsel, Mischgeschwulst 863.
Nierenkrankheiten, Diagnose und Therapie
525 *
— mit totaler Hamsperre 351.
Nierenreduktion, Funktion des Testierenden
Parenchyms 751.
Nierenruptur 358, 359.
— bei Solitärniere 359.
Nierensteine s. Nephrolithiasis.
Nierentuberkulose 202, 355, 357* ^ 7 2 *
753 » 754 . 9 * 4 -
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Sachregister.
955
.Nierentuberkulose und arterielle Hypo¬
tension 672.
— Spontanheilung 672.
Nierentumoren 360.
— bei Kindern 360.
— maligne t Bedeutung der Varikocele
bei dens. 674.
Nikotininjektionen, intravenöse, Wirkung
auf die Aorta 232.
Nitroglycerinbehandlung des Erysipels 516.
Novocain in der Lumbalanästhesie 154,
537 .
Obstipation, chronische, Behandlung 509.
Occipitallappen des Gehirns, Tumor 223.
Oedem, angioneuritisches 756.
— des Larynx 777.
Oesophagoskopie, Wert 477.
Oesophagotomie bei Fremdkörpern des
Oesophagus 475, 476.
Oesophagus, Carcinom 475, 629.
— Fremdkörper 475, 476.
— Missbildung 473.
— Myom 474.
— Narben Verschluss 189.
— Spasmus bei pernieiöser Anämie 474.
— Stenose, angeborene 473.
— Striktur, narbige, retrograde Erweite¬
rung ders. 474.
Ohr, Plastik 799.
Ohrenkrankheiten 79.
— chirurgische 478.
Onanie 38.
Operationsichre, chirurgische.
Orthopädische Chirurgie, Grundriss 718.
— Handbuch 606.
— in Röntgenbildern 78, 204.
Os semilunare, Luxation 239.
Osteom 467.
Ostcomalacie 184, 495.
— Aetiologic und pathologische Anatomie
801.
Osteomyelitis des Beckens 466.
Ostitis deformans 183.
— fibrosa 822.
— gummosa mit Spontanfraktur 821.
Otitis adhaesioa, Thiosinaminbehandlung
878.
Otitischer extraduraler Abscess 433.
Ovarialcyste 39, 871, 872.
— Paratyphus nach Entfernung ders. 872.
Ovarium, Implantation gegen Menopause
870.
— Stieldrehung 871; bei Appendicitis 263.
— Tumor 601.
— Wirkung der Röntgenstrahlen auf dass.
39 «.
Oxyuris vermicularis als Ursache von
Appendicitis 907.
— als Ursache von Dermatose 941.
Paget’sche Krankheit 523.
Pankreas, accessorischcs in der Magen¬
wand 866.
Pankreas, Achylie, funktionelle 434.
— Cirrhose 826.
— Erkrankungen 439.
— Hämorrhagie 439.
— Krankheiten 868.
— maligner Tumor 867.
— Nekrose 439.
— Operationen an dems. 75.
— Verletzung 870.
Pancreatitis acuta 434, 437, 866.
— haemorrhagica 439, 664, 866.
— bei Tumor der Gallenblase 867.
Paracentese des Pericards 116.
Paradysenteriebacillen 933.
Paraffin, Schicksal des subcutan injizier¬
ten — 276.
Paraleprose 519.
Paralyse, Behandlung mit Schnentrans-
plantation 471.
— Brown-Sequard’sche des Rückenmarkes
149.
— des Dünndarms 830.
— motorische, operative Behandlung 472.
— progressive, bei Syphilis 795.
Paralysis agitans 491.
Paranephritischer Abscess 354.
Paraplegie nach Wirbelfraktur 466.
Parapsoriasis von Brocq 286.
Parasitäre Dermatosen 519.
Paratyphus nach Entfernung einer Ova¬
rialcyste 872.
Parotis, Protozoenbefund in ders. 584.
Parotiskeime, Tumorbildung in verspreng¬
ten — 585.
Parotitis bei Mikulicz’scher Krankheit 503.
— syphilitica 584.
Pathologische Abteilung des College of
Physicians and Surgeons 399.
Pellagra in Ungarn 516.
Pemphigus, septischer 282.
Periarteriitis nodosa 862.
Periarthritis mit Anämie und Milztumor 468.
Pericarditis exsudativa, chirurgische Be¬
handlung 1x5.
— haemorrhagica 114.
| Pericardium, Durchbruch eines Aorten-
| aneurysmas in dass. 233.
— Paracentese 116.
Pericolitis 743.
— tuberkulöse hyperplastische 839.
Perisigmoiditis 745.
! Peritoneum, Resorptionskni ft für Bakterien
' 305-
1 — Zerreissung 555.
| Peritonitis, bakterielle 305.
! — Behandlung 554.
I — chirurgische Behandlung 549.
— durch Diplokokken 306.
i — bei Enteritis 548.
— durch Pneumokokken 306; bei Kin-
| dern 307.
— septica 552, 562.
1 — tuberculosa, Behandlung 551.
1 — als Ursache von Elephantiasis 550.
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956
Sachregister.
Perkussionsschall der Wirbelsäule, dia¬
gnostischer Wert 818.
Pferdeserum, Tod nach Injektion dess. 657.
Phagocytose 656.
Pharyngealer Abscess 586.
Pharynx, Bakteriengehalt dess. 654.
— Schleimbautcarcinom 579.
Phlebitis nach Abdominaloperation 570.
Physikalische Therapie der Muskel- und
Gelenkscrkrankungen 126.
Physostigmin, Wirkung der subkutanen
Injektion auf die Peristaltik 829.
Pityriasis rubra 516.
Plastik an Lippen, Wangen, Ohren und
Extremitäten 799.
Pleura, Endotheliom 598.
— Pleuraempyem 392, 596.
— pulsierendes 392.
— mit subphrenischem Abscess 596.
Pleuraergüsse, paravertebrale Dämpfung
auf der gesunden Brustseite 392.
Pleurahöhle, Druck in ders. 391.
Plexus chorioideus, Epithelgeschwulst dess.
429.
— coeliacus und mesentericus, Rolle beim
Abdominalshock 469.
Pneumokokkeninfektion, Knochennekrose
bei ders. 821.
Pneumokokkenperitonitis 306.
— bei Kindern 307.
Pneumokokkensepsis 551.
Pneumonie mit Arthritis.
— Desinfektion der Mundhöhle bei ders.
654.
Pneumothorax, Chirurg. Behandlung 393.
— infolge Muskelanstrengung 593.
— subphrenischer 393.
— therapeutischer 593.
— bei Tuberkulose 595.
Pneumotomie bei Lungenechinococcus 591.
Poliomyelitis anterior, Knochenerkrankun¬
gen bei ders. 245.
Polyarthritis acuta tuberculosa 845.
Polyurie und Pollakiuric bei Harnröhren¬
missbildung 713.
Prostata, Echinococcus 38.
Prostatahypertrophie, Behandlung 443.
— chirurgische Behandlung 635, 636.
— konservative Behandlung 441.
— Röntgenbehandlung 637.
Prostatasekret, Cylinder in dems. 633.
Prostatektomie bei Niereninsuföcicnz 922.
— perineale 923.
— Resultate 633.
— transvcsikale 922, 923.
Protozoenbefund in der Parotis 584.
Pseudofurunculosis pyaemica 758.
Pseudoleukaemia cutanea 523, 524.
Pseudoleukämie 503, 504.
— mit Erythem 938.
*— mit Erythrodermie 938.
— Röntgenbehandlung 503, 578.
Psoriasis, Lichtbehandlung 281.
Psychose und Liebe 558.
Psychosen, Knochenatropfaie bei den*. 2(8.
Puerperaler Scharlach l.
Punktion des Gehirns 221.
Pupillen, Verhalten bei Erkrankungen des
Wurmfortsatzes 255.
Pyämische Pseudofurunkulose 758.
Pyelitis in der Schwangerschaft 201.
Pylephlebitis 562.
Pyloroplastik bei nicht krebsigen Magen¬
affektionen 192.
Pylorus, Carcinom 338.
— Hypertrophie 196.
Pylorusstenose 338.
— kongenitale 194.
— gutartige, Pathologie und Therapie 193.
Pylorusverschluss durch einen accessori-
schen Leberlappen 267.
— durch eine Haargeschwulst 667.
Pyonephrose in der Schwangerschaft 674.
— durch Typhusbazillen 912.
Pyopneumothorax bei subphrenischem
Abscess 594.
Quecksilber, Ausscheidung durch den Harn
199 -
— Sublimat s. das.
— Vergiftung nach Injektion unlöslicher
Präparate 939.
Quecksilbcrschnupfungskur 790.
Quecksilber-Stomatitis und -Colitis 511.
Radiumbehandlung der Haut 521.
Rankenneurom des Schädels 471.
Raynaud’sche Krankheit 571, 572.
Rechtsschutz u. Verbrecherbchandlung 36t».
Rectale Einverleibung von Quecksilber 790.
Rectum, angeborene Dilatation 661.
— Einpflanzung von üreteren in dass. bS2.
— Spontanruptur 77.
Rectumcarcinom 388.
— Operationsmetbode 842.
— Nachbehandlung bei sakraler Operation
843-
Resorption durch die Haut 275.
Respirationsstörungen bei maligner Struma
120.
Rhachitis 495.
Rheumatische Tendofasciitis 108.
Rippen, ccrvicale, Symptome 817.
Rippenresektion bei Pleuraempyem 590.
Röntgenbehandlung des Carcinoms i 1,423.
— der Epidermolysis bullosa hereditaria
281.
—- des Hautcarcinoms 762.
— des Kropfes 119.
— der Lepra 521.
— maligner Tumoren 9.
— der Mikulicz’schen Krankheit 503.
— des M. Basedowii 334.
— der Mycosis fungoides 177, 523, 524.
— der Prostatahypertrophie 637.
— der Pseudoleukämie 503, 578.
— des Sarkoms 101, 423.
— der Syringomyelie 529.
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Sachregister.
957
Röntgenbilder zur orthopädischen Chirurgie
78,204.
Röntgendiagnostik bei Erkrankungen der
nasalen Nebenhöhlen 925.
— Diagnostik bei Harnsteinen, Irrtümer 678.
Röntgenschäden 939.
Röntgenstrahlen in der Neurologie 125.
— als Ursache von Toxikodermie 939.
— Wirkung auf das Blut 579.
— Wirkung auf die Genitaldrüsen 398.
Rückenmark, Brown - Sequard’sche Läh¬
mung 149.
— Carcinom 532.
— Chirurgie 534.
— Conus s. das.
— Diffcrcntialdiagnose partieller und to¬
taler Durchtrennung 897.
— Hämorrhagie 530.
— Heterotopie 531.
— Lumbalpunktion s. das.
— Paraplegie bei Wirbelfraktur 466.
— Stichverletzung 150.
— traumatische Degeneration und Re¬
generation 71.
— traumatische Erkrankung 897.
— Tuberkel 531.
Rückenmarksanästhesie s. Lumbalanästhe¬
sie.
Rückenmarksmeningen, Angiosarkom 153.
— Tumoren 533.
Rückenmarkstumoren 150, 153, 531, 557.
— nach visceralen Tumoren 621.
Saccharomykose der Meningen 622.
Salicylarsenat hydrargyri, Quecksilberaus¬
scheidung mit dem Harn nach Injek¬
tionen dess. 199.
Salpingitis, Bakteriologie 942.
Samenblasen, Tuberkulose 36.
Samenstrang, Cyste 440, 921.
— Entzündung 632.
Sanduhrmagen 337.
— mit Divertikel 623.
Sarkoide Hauttumoren 940.
Sarkom der Leber 602.
— der Meningen 229, 896.
— der Niere 675.
— Röntgenbehandlung 101, 423.
— des Uterus 874.
Schädel, Rankenneurom dess. 470.
— Tumoren 467.
Schädelknochen, Carcinom 335.
— Defekt 186.
Schädelverletzungen, hyperalgetische Zo¬
nen bei dens. 895.
Schankervirus, Ueberimpfung auf Affen 794.
Scharlach, Vorkommen von Bakterien in
der Mundhöhle bei dems. 654.
— im Wochenbett I.
Schleimhautcarcinom des Mundes und Ra¬
chens 579.
Schmerz, abdominaler, Bedeutung 785.
— physiologische und psychologische Be¬
dingungen 397.
Schmerz am Unterschenkel und Fuss bei
Lymphangitis 505.
Schrumpfblase, Darmplastik bei ders. 916.
Schultergürtelmuskulatur, Defekt 107.
Schussverletzung des Abdomens 385.
— des Colon descendens 385.
| — des Herzens m.
— des Magens 385.
■ — der Niere 358.
| Schweizer balneologische Gesellschaft, An¬
nalen 206.
; — Reise- und Kuralmanach 942.
J Sehnenentzündung, rheumatische, mit Kalk-
cin lagern ng 108.
Sehnentransplantation bei Lähmung 471.
Seife, kosmetische und therapeutische Be-
j deutung 127.
j Sensibilitätsstörungen bei Ischämie 231.
1 — bei Syringomyelie, temporäres Ver¬
schwinden ders. 72.
Sepsis nach Abscess der Darmwand 902.
— mit Ausgang von den Harnwegen 917.
— durch Gonokokken 479, 578.
— durch Pneumoniebazillen 551, 577.
— prophylaktische Serumbehandlung 657.
— durch Streptokokken 432.
Septikopyämie durch Microc. tetragenus
576.
| Septische Peritonitis 552, 562.
Serum, Beeinflussung der Colibaktericidie
durch Operationen 864.
— Einverleibung durch den Mund zur
Prophylaxe von Diphtherie, Tetanus
und Sepsis 657.
Seruminjektionen, Tod nach dens. 657.
* Serumtherapie des Anthrax 758.
! — des Basedow 121, 124, 125, 334,735.
— der chirurgischen Tuberkulose 186.
— der Endocarditis 110.
— des Erysipels 517.
— der gonorrhoischen Arthritis 35.
— des Tetanus 731, 732.
— des Thyreoidismus 121.
I Shock nach Bauch Operationen 789.
| Singultus nach Chloroformnarkose 716.
! Sklerodermie, Thyreoideatherapie 280.
Sklerose der Arterien s. Arteriosklerose.
| — des Gehirns 426.
I Skoliose, Behandlung durch Ueberkorrektur
1 » 45 -
— funktionelle Behandlung 877.
1 Solbäder, Wirkung 206.
Speicheldrüsenentzündung bei Mikulicz¬
scher Krankheit 503.
Spermauntersuchung, Technik 38.
Spirillen- und Spirochätenformen 655.
Spirochaete pallida 791.
— Lagerung im Gewebe bei acquirierter
| Lues 792.
; — in syphilitischen Papeln 791.
j — Vorkommen bei kongenitaler Syphilis
791, 792-
— Vorkommen im syphilitischen Primär-
aflfekt 791.
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958
Sachregister.
Spirochätenerkrankungen 656.
Splenektomie bei Banti’scher Krankheit 543.
— bei Echinococcus 313.
— Eosinophilie nach ders. 314.
— bei Milzruptur 313, 545, 547.
— bei Wandermilz 310, 311.
Spondylitis tuberculosa, Behandlung 686.
Sputum, Untersuchung 941.
Stauungsbehandlung 763.
Stauungshyperämie in der Behandlung der
Geschlechtskrankheiten 865.
— Einfluss auf die Heilung von Knochen-
brüchen 820.
Status thymicus u. Chloroformnarkose 717.
Steine in der Urethra 919.
Sterilisation chirurgischen Materials 47.
Sterilität infolge Epididymitis 630.
Stichverletzung des Diaphragmas 783.
— des Rückenmarkes 150.
Stimhirntumor, Lokalisation 221.
Stomatitis, 764.
— merkurielle 511.
Stovain in der Lumbalanästhesie 154, 537.
Streptokokken, Vorkommen in der Mund¬
höhle 654.
Streptokokkensepsis nach Angina 432.
Struma, accessorische 736.
— Einfluss auf das Röntgen Wachstum 119.
— maligna, Respirationsstörungen bei
ders. 120.
— suprarenalis cystica 315.
Strumabehandlung II8.
— mit Röntgenstrahlen 119.
— durch Unterbindung der Schilddrüsen¬
arterien 118.
Strumektomie 733.
Subduralraum, Bakterienresorption in
dems. 652.
Subkutan injizierte Substanzen, Schicksal
ders. 276.
Sublimatinjcktionen, intravenöse, bei Sy¬
philis 795.
Sublimatlösungen, rectale Einverleibung
796 .
Subphrenischer Abscess 594, 596.
— bei Pleuraempyem 596.
Subphrenischer Pneumothorax 393.
Suggestion, Bedeutung im sozialen Leben
719.
Syphilid, nodöses 793.
Syphilis bei Affen 793, 794.
— Blutung aus dem weiblichen Genitale
bei ders. 875.
— experimentelle Untersuchungen 793,794.
— der Extremitätenarterien 572.
— Fieber bei tertiärer — 794.
— der Leber 601.
— der Lunge 205.
— des Nervensystems 901.
— Pathologie 761.
— und progressive Paralyse 795 *
— Prophylaxe 46.
— Reinfektion 761.
— der Urethra 918.
Syphilis, viscerale 601.
Syphilis, kongenitale, Haarausfall bei ders.
795 -
— Neuinfektion bei ders. 761.
— imgewöhnliches Symptom 761.
— Vorkommen der Spirochaetc pallida
bei ders. 791, 792.
Syphilis hereditaria tarda 901.
— des Nervensystems 426.
Syphilisbchandlung mit intravenösen Subli¬
matinjektionen 795.
— mit Merkuriolölinjektionen 796.
— mit Mineralwässern 207.
Syphilitische Krankheitsstadien, Verhältnis
zum Entwicklungscyklus des Trepo¬
nema pallidum 792.
— Ostitis, Spontanfraktur 821.
— Papel, Topographie der Spirochaete
pallida in ders. 791.
— Parotitis 584.
Syphilitischer Primäraffekt, Vorkommen
der Spirochaetc pallida in dems. 791.
Syringobulbie 71.
Syringomyelie mit Beteiligung von Ge¬
hirnnerven 71.
— Knochenerkrankungen bei ders. 244.
— Röntgenbehandlung 529.
— temporäres Verschwinden sensorischer
Symptome bei ders. 72.
— vorgetäuscht durch Lepra 522.
Tabes dorsalis, Knochenaffektionen bei
ders. 219.
Tampon in der Bauchhöhle 934.
Tendofasciitis calcarea rheumatica 108.
Tetanie 736.
— der Erwachsenen 460.
— gastrische 460.
— der Kinder 485.
— parathyreoprive 336, 419.
— in der Schwangerschaft 487.
Tetanus 730.
— Kurarinbehandlung 733.
— präventive Antitoxinbehandlung 731.
— präventive Serumbehandlung 657.
— Prophylaxe 731.
— Serumbehandlung 731, 732.
— traumaticus 496.
Therapie, physikalische, in Einzeldarstel¬
lungen 126.
Thiosinamin als Heilmittel 763.
Thiosinaminbehandlung des Malum Du¬
puytren 108.
— der Otitis adhaesiva 878.
Thorakocentese, Zwischenfalle bei ders.
595 .
Thorakotomie, Technik 110.
Thorax, Chirurgie 446.
— Hernie dess. mit Bauchinhalt 664, 764.
— paravertebrale Dämpfung bei Pleura¬
ergüssen 392.
— Tumor 597.
Thrombo-Embolie, postoperative 563.
Thrombophlebitis der Mesenterialgetasse
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Sachregister.
959
als Ursache von hämorrhagischem In¬
farkt des Darmes 238.
Thrombose der Mesenterialgefasse 234.
— der V. portae 562.
Thyreoidea, Adenom 335.
— Jodgehalt II7.
— linguale 580.
— Tetanie nach Exstirpation ders. mit
Epithelkörperchen 419.
Thyreoideabehandlung des M. ßasedowii
333 -
— des Myxödems 333.
— der Sklerodermie 280.
Thyreoideametastasen in der Wirbelsäule
32 .
Thyreoidektomie, Einfluss auf das Knochen¬
wachstum 118.
Thyreoidismus, Serumbehandlung 121.
Tod nach Bauchoperationen 789.
— infolge Erbrechens 192.
— nach Injektion von Pferdeserum 657.
— bei Pancreatitis acuta 437.
— plötzlicher 777.
— in der Rekonvalescenz nach Diphtherie
126.
— durch Verbrennung 276.
Tonsillen als Eingangspforte von Infek¬
tionen 582; von Tuberkulose 582.
— Tumor 584.
Toxikoderraie nach Röntgenbestrahlung
939 .
Trachea, Kompression durch maligne
Struma 120.
— diphtheritische Narben 778.
— intratracheale Injektionen 780.
— Ruptur 779.
Trauma s. Verletzung.
Traumatische Degeneration des Rücken¬
marks 71.
Treponema pallidum, Verhältnis des Ent-
wicklungscyklus zu syphilitischen
Krankheitsstadien 792.
Trichocephalus, Erkrankungen durch dens.
719.
Tricuspidalstenose 109.
Trinkgefässe, Uebertragung von Infektion
durch dies. 653.
Trommelschlägelfinger, klinische Bedeu¬
tung 184.
Tropakokain zur Lumbalanästhesie 154.
Tropenkrankheiten 158.
— der Haut 515.
Trypanosoma Brucei als Ursache von
Nieren afiektionen 199.
Tuberkel des Gehirns als Ursache von
Epilepsie 221.
— des Rückenmarkes 531.
Tuberkeltoxine, Wirkung auf den Testikel
631.
Tuberkulin in der Gynäkologie und Ge¬
burtshilfe 319.
— Verwendung in der internen Praxis 924.
Tuberkulinbehandlung der Kehlkopftuber¬
kulose 778.
Tuberkulose mit Basedowsymptomen 333.
— Behandlung mit Marmorekserum 657.
— Beziehung zur Chorea 526.
— der Bronchialdrüsen, Palpation 502.
— chirurgische, Serumbehandlung 186.
— des Coecuras 747, 749.
— des Darmes 502.
— des Dünndarmes 747.
— eingeimpfte 940.
— der Harnblase 357, 710.
— des Hodens 440.
— ileo-cökale 839.
— des lleums 749.
— als Indikation zur Unterbrechung der
Schwangerschaft 876.
— im Kindesalter 502.
— der Knochen 186.
— des Larynx 778.
— der Lunge s. Lungentuberkulose.
— Mastkur bei ders. als Ursache von
Nephrolithiasis 363.
— der Mesentcrialdrüscn 502.
— der Niere 355, 357, 672, 753, 754,
914; Spontanheilung 672.
— der Samenblasen 36.
— der Tonsillen 582.
— der Urethra 917.
— der Valvula ileocoecalis 747.
— vorgetäuscht durch Carcinom 27.
— der Zunge 581.
Tuberkulöse Darmstriktur 508, 658, 838.
— hyperplastische Pericolitis 839.
— Peritonitis 551.
— Tumoren der Flexura sigmoidea 839.
— Wirbclsäulenentzündung 686.
Tuberkulosebericht aus dem Institut von
Henry Phipps 527.
Tuberkuloseliteratur, Internationales Cen¬
tralblatt für — 47.
Tuberosis cutis pruriginosa 281.
Tumoren (s. auch Adenom, Angiora, An-
giosarkom, Carcinom, Echinococcus,
Fibrolipom, Fibrom, Lymphosarkom,
Sarkom).
— des Abdomens 532; mit Hodentumor
631.
— der Adergeflechte des Gehirns 429.
— amyloide, des Knochenmarkes 821.
— des Centralnervensystems 557.
— des Colons 389; Vortäuschung eines
malignen — 843.
— des Darmes, maligne, in einer Hernie
934 -
— der Eingeweide, maligne, mit Meta¬
stasen im Centralnervensystem 621.
— der Epithelkörperchen 497.
— experimentelle Erforschung 682.
— extracerebrale 896.
— der Flexura sigmoidea, tuberkulöse,
838.
— der Gallenblase, maligne 867.
— des Ganglion Gasseri 473.
— des Gehirns 27, 223, 225, 229, 619,
620.
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960
Sachregister.
Tumoren des Halses, branchiogene 926.
— der Harnblase 711, 712.
— der Haut 520; sarkoide 940.
— des Hodens 447, 631.
— des rechten Hypochondriums 784.
— der Hypophysis 227.
— intrathoracischc 597.
— im Kleinhim-Brückenwinkel 229, 620.
— des Kleinhirns 29.
— des Knochenmarkes 34.
— maligne, Röntgenbehandlung 9.
— der Nebenniere 315.
— der Niere 360, 675; maligne 674.
— der Nierenkapsel 863.
— des Occipitallappens des Gehirns 223.
— des Ovariums 601.
— des Pankreas, maligne 867.
— in versprengten Parotiskeimen 585.
— des Rückenmarkes 150, 153, 531.
— der Rückenmarksmeningen 153, 533.
— des Schädels 467.
— des Stimhirns 221.
— der Tonsillen 584.
— Uebertragung durch den Geschlechts¬
akt bei Hunden 421.
— Untersuchungen über dasWachstum 421.
— Wesen und Ursache 46.
— des Wurmfortsatzes, maligne 386.
Typhlitis und Darmkatarrh 702.
— Recidive 381.
Typhus abdominalis mit Appendicitis 702.
— mit Cystitis 710.
— Darmperforation 384.
— mit Milzabscess 311, 312.
— Perforation des Colons 382.
— mit Schwellung der Mesenterialdrüsen
384.
Typhusbacillen als Erreger vonPyonephrose
912.
Ulcus cruris, Behandlung 757.
Ulcus duodeni 338.
— Behandlung 837.
— chirurgische Behandlung 511.
— perforiertes 340, 385.
Ulcus, intestinales, als Ursache von Darm-
intussusccption 833.
— jejuni nach Gastro-Jejunostomie 750.
— des Magen-Darmkanals 157.
— venereum 792.
Ulcus ventriculi 157.
— chirurgische Therapie 198, 344, 479,
624, 625, 627.
—* perforiertes 340, 540, 541.
Unfallmedizin, Handbuch 926.
Unterkiefer, Dermoid 467.
Unterschenkel, Schmerzen an dems. bei
Lymphangitis 505.
Ureter, Einpflanzung in die Harnblase 680.
— Einpflanzung ins Rektum 682.
— Epitheliom 681.
— Ruptur 681.
— Striktur 203, 608.
— Verschluss, zeitweiliger 680.
! Urctermündung, Aufsuchen ders. 708.
i Uretersteine 677.
j — Entfernung durch Blasenschnitt 681.
Urethra, Epitheliom 918.
I — Missbildung 713.
| — paraurethrale Eiterung beim Weibe 917.
1 — paraurethrale gonorrhoische Erkran¬
kung 918.
| — Septum 671.
| — Steine 919.
I — syphilitische Papeln ders. 918.
! — Tuberkulose bei der Frau 917.
Urethrastriktur, angeborene 713.
j — conservative Behandlung 714.
— narbige 714.
j Urethroskopie mit Irrigation 921.
Urologie, Handbuch 239.
I Uronephrose 350, 752.
I Urticaria depressa 282.
Uterus, Abscess 873.
I — Blutung 235.
— Fibrom 873; als Ursache von Darm¬
verschluss 930.
— gravider, Retroversion 872.
— Involution 526.
— Sarkom 874.
— subperitoneales Fibrom 159.
Vaccine 279.
— generalisierte 757.
Vagina, Cyste 875.
Valvula ileocoecalis, Tuberkulose 747.
Varikocele bei malignen Nierentumoren
674.
Vena cava, Resektion bei Nierenkapsel-
tumor 863.
— portae, Thrombose 562.
Ventrikel des Gehirns, Cysticercus 430.
Verbrecherbehandlung u. Rechtsschutz 366.
Verbrennungstod 276.
Vergiftung mit Blei 864.
— mit Kokain 715.
— mit Quecksilber 939.
Verletzung (s. auch Schuss- und Stichverl.)
— d. Abdomens durch stumpfe Gewalt 386.
— des Conus medullae 72.
— des Herzens 110, in, 112, 113.
— der Lunge 591.
— von Nerven 472.
— des Rückenmarkes 149, 150.
— des Wurmfortsatzes 903.
Viscerale maligne Tumoren mit Metastasen
im Centralnervensystem 621.
— Syphilis 601.
Volkmann'sche Contractur bei Hämophilie
573 *
Volvulus des Darmes mit Intussusception
833-
— des Dünndarms 737, 738, 830, 832.
— des Wurmfortsatzes 935.
IVandermilz, Splenektomie 310* 3 * 1 -
Wanderniere 347, 349, 670.
— bei Nierentumor 675.
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Autorenregister.
961
Wangen, Plastik 799.
Wirbel, Fraktur mit Paraplcgie 466.
Wirbelsäule, Ankylose 464.
— Chirurgie 446.
— Entzündung s. Spondylitis.
— Perkussionsschall 818.
— Schussverletzung 33.
— Synostose 185.
— Thyreoideametastasen in ders. 32.
— Verkrümmung s. Skoliose.
— Verletzung 187.
Wörterbuch, medicinisches 319.
Wurmfortsatz, Aktinomykose 908.
— Bedeutung des kranken, — fiir die Frau
263.
— Beziehung zu Beckenaffektionen 512.
— Beziehung zum Darraverschluss 668.
— Eingeweidewürmer in dems. 844.
— Entzündung s. Appendicitis.
— freier 937.
— Fremdkörper 909.
— Gallensteine in dems. 515.
— Gangrän 909.
— Gangrän und Appendicitis 258.
— als Hernieninhalt 664.
Wurmfortsatz, Krebs 386, 387.
— Steine 911.
— Strikturen 903.
— Tuberkulose 747.
— Verhalten der Pupillen bei Erkran¬
kungen dess. 255.
— Verletzungen 903.
— Volvulus 935.
Wurmfortsatzerkrankungen, pathologische
Anatomie 902.
— als Ursache von Darmverschluss 508.
Xeroderma pigmentosum 521.
Zahnkrankheiten 79, 478.
Zunge, Carcinom 581.
— Tuberkulose 581.
— Vergrösscrung 580.
Zungen-Schilddrüse 580.
Zwerchfell, Echinococcus an dems. 425.
— Eventration 780.
— Ruptur 593, 663.
— Stich Verletzung 783.
Zwerchfellhernic 592.
— traumatische 663.
III. Autorenverzeichms.
(Die Autornamen ohne Angabe des Inhaltes beziehen sich auf eine Diskussion.)
Abr am, J. Hill, hitrathoracischer Tumor I Alquicr, Hemia intercostalis abdomi-
597. nalis 764.
Ad am us, James A., Pylorusstenose bei
accessorischem Leberlappen 267.
Adler u. Hensel, Wirkung von Niko¬
tininjektionen auf die Aorta von Ka¬
ninchen 232.
Adrian, Konsanguinität der Eltern in
der Aetiologie von Dermatosen 275.
— C. u. Morawitz, P. s. Morawitz u. I
Adrian.
Ahlberg, N. A., Osteitis deformans 183.
Akerman, J., Mesenterialcyste 556.
Albarran, Epitheliom des Ureters 681.
— Uronephrose 752.
A 1 b r e c h t, Metastatische paranephri-
tische Abscesse 354.
Albu, A., Blinddarmerkrankungen 935.
Aid eh off, G., Appendicitis und Ikterus
704.
Aldor, L. v., Gallensteinkrankheit 273.
Alexander, D. Moore u. Donaldson,
Robert, Ainhum 515.
— Samuel, Perinealabscess und periure¬
thrale Eiterung 715.
— W., Milzruptur 545.
Alglave, P., Blasenruptur 713.
— Wanderniere 349.
Allard, H., Gallengangsblutung bei
Gallensteinen 269.
Allen, C. L., Carcinom des Rücken¬
markes 532.
Almquist, J., Merkurielle Colitis und
Stomatitis 511.
Centralblatt f. d. Or. d. Med. u. Cliir. X.
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Andren, James Grant, Nierenruptur 359.
Andrews, E. W. 391.
— Darmruptur 843.
— O. W., Appendicitis 262.
A n d r i k i d i s, Krankheitserscheinungen
durch Trichocephalus dispar 719.
Andry, Ch., Rektale Injektionen von
Quecksilber 796.
— Trippermetastase in der Haut 281.
Angilotti, Tuberkulose der Zunge 581.
A n g u s, H. Brunton u. D u r h a m, M. S.,
Einklemmung einer Littre’schen Hernie
mit Gangrän eines Meckel’schen Diver¬
tikels 666.
Annaud, Bowen, H. u. Fraser, W.
s. Fraser, Annaud u. Bowen.
Apffel u. Vantrin s. Vantrin u. Apffel.
A p o 1 a n t, Erforschung der Geschwülste
682.
Appel, Rene, Angeborene Bronchiektasie
159 .
Archibald, Edward W., Subphrenischer
Abscess bei Pleuraempyem 596.
d ’A r c y, Power, Duodenalperforation 382.
— Pericolitis 743.
Armstrong, G. E., Splenektomie und
Banti’sche Krankheit 543.
Arneth, Josef, Diagnose und Therapie
der Anämien 797.
Arning, E., Raynaud'schc Krankheit 572.
Arnold, Gilbert J., Abklemmung einer
Inguinalhemie 666.
61
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962
.Autorenregister.
Arnspergcr, L., Icterus 824.
Aronheim, Serumbebandlung des M.
Basedowii 124.
Arthur, L. L. Mac 357.
Ascoli, Hirnpunktion 221.
Ashe, E. Oliver, Darmspasmus 658.
Auffenberg, Franz R. v., Nervennaht
und -Losung 901.
Auvray, W. u. Terrier, F. s. Terrier
u. Auvray.
Ayer, J. C., Serumbehandlung des Ery¬
sipels 517.
B a b 1 e r, C. A., Bedeutung des plötzlichen
heftigen Abdominalschmerzes 785.
Bacon, L. W. 123.
B a i s c h , Lumbalanästhesie mit Stovain, j
Alypin und Novocain 537.
Ballance, M. Henry, Ileocoecal-Tuber-
kulose 839.
B a 11 n e r, Franz, Desinfektion von Büchern
mit heisser Luft 639.
Balthasard, Cestan, Claude, H.,
Macaigne, Nicolas u. Verger,
Handbuch der inneren Pathologie 686.
Bandi, J. u. Simonelli, F. s. Simo-
nelli u. Bandi.
Barlin g, Gilbert, Appendicitis mit
Beckenabsccss und Cystitis 705.
Baer, Sonnenlichtbehandlung der Kehl¬
kopftuberkulose 778.
Baradulin, Echinokokkus der Niere203.
Bardenheuer, Frakturen und Luxa¬
tionen 639.
— B. u. Grässner, R., Extensionsver¬
bände bei Frakturen und Luxationen
878.
Barford, J. Leslie, Ruptur der Trachea
779 -
Barling, Gilbert, Nephrektomie 914.
Baermann, G., Hämorrhagisches Exan¬
them 756.
Bar nett, W. Hai, Fremdkörper als Ur¬
sache von Appendicitis in einer Hernie
909.
Barrows, C. C., Tod durchShock und
Hämorrhagic nach Abdominalopera¬
tionen 789.
Barry, D. T., Steine im Appendix 911.
Barth, Niereneiterung in der Schwanger¬
schaft 674.
Bassenge, L. u. v. Leyden, E. s.
Leyden u. Bassenge.
Battle, William Henry, Darmruptur 842.
— Strikturen und Verletzungen des Appen¬
dix 903.
Batut, L., Hodentuberkulose 440.
Baudoin, E., Sterilisation chirurgischen
Materials 47.
Baumann, E. P., Darm Verschluss bei
Kindern 666.
Bazy, Dilatation und Hypertrophie der
Gallenblase 273.
— Harninkontinenz bei Harn röhren miss-
bildung 713.
Bechterew, W. v., Bedeutung der Sug-
' gestion 719.
i Beck, Kastration bei Hodentuberkulose
440.
— C. f Frühsymptome bei Appendicitis 255.
— Karl, Einpflanzung des Ureters ins
Rektum 682.
| Becker, E., Gehirntumor 229.
I Beebe, S. P., Serumbehandlung des M.
j Basedowii 121.
» Bender, E., Impetigo contagiosa 758.
! Benedikt, Heinrich, Periarteriitis nodosa
| 862.
I Benne, William H., Hauthyperästhesie
bei Appendicitis 936.
Bennet, Henry, Appendicitis mit Darro¬
verschluss 257.
Berger, E. R. M., Epidermolysis bul¬
losa 281.
— Spirochaete pallida 791.
Bergey, E. R., Phagocytose 656.
Bergmann, A.,Beckenosteomyelitis466.
— E. v. u. Bruns, P. v., Handbuch der
praktischen Chirurgie 365, 446, 637,
766, 846.
Blriel, Lungensyphilis 205.
Berniolle, M. L., Uterusfibromc bei
Schwangerschaft 159.
Bernstein, Julius u. Price, Frederick
W., Elephantiasis bei chronischer Peri¬
tonitis 550.
Berry, James, Arteriovenöses Aneurysma
am Halse 567.
— Traumatische Zwerchfellshemie 663.
Bettmann, S., Leukonychia totalis s24.
Be van, A. D., Nierentuberkulose 355.
B e v e r s, Edm. C., Echinococcus der Hals¬
region 424.
Beya, H. D., Wanderniere 347.
Beyer, Generalisierter Herpes zoster 516.
Bickhardt, J. u. Schümann, E.,
Aneurysma der A. hepatica propria 859.
Bidwell, Leonard A., Intussusception
durch Meckel’sches Divertikel 832.
Bielschowsky, Max u. Unger, E.,
Epithelgeschwülstc der Adergeflechte
des Gehirns 429.
Bindi, F. u. Faldi, F., Makroglossie
1 580.
, Bingham, A. u. Thomas, J. Lynn,
5 Prostatahypertrophie 443.
I Birch, Charles, AngioneurotischesOedem
des Larynx 777.
Birnbaum, R., Koch’sches Tuberkulin
in der Gynäkologie und Geburtshilfe
3 l 9 *
B i s h o p, E. Stanmore, Cholelithiasis 603.
Blanchard, R., Spirillen- und Spiro¬
chätenformen 655.
Bloch, B., Erythema toxicum bullosum
und Hodgkinsche Krankheit 938.
Blumenfeld, F., Verhandlungen des
Vereins süddeutscher Laryngologen
1906 925.
Bluysen, Gebiss im Oesophagus 475.
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Autorenregister.
963
Bockenheimer, Ph., Beeinflussung der
Colibaktericidie des Menschenserums
durch Operationen 864.
Boeck, C., Lokalisation der Dermatitis
herpetiformis 938.
Bogoljuboff, W., L., Unterbindung des
Darmes 932.
Bogrow, S. L., Quecksilberausscheidung
nach Injektion von Enesol 199.
— u. Marzinowski, E. J. s. Marzi-
nowski u. Bogrow.
ßoisseau, W. J., Behandlung von Gum¬
men mit Injektionen von Jodkalium 687.
Boltenstern, O. v., M. Basedowii 205.
Bond, C. J., Septische Peritonitis 552.
Bo ne, B., Meyhew, Operation bei Peri¬
tonitis 549.
Boni, T., Dichromie des Microc. tetra-
genus bei Septikopyämie 576.
Bonne, St. Ren6, Schmerz in der Appen-
dixgegend 700.
Borchardt, M., Operationen in der
hinteren Schädelgrubc 620.
Boreiius, Milzruptur 547.
— J., Ventrikelhernic nach Bauchkontu¬
sion 624. |
Bornhaupt, Leo, Akute Pancreatitis 866. [
Borrmann, R., M. Addisonii bei ent- j
zündlicher Wucherung der Nebenniere j
3 * 4 - I
Borst, M., Wesen und Ursachen der Ge- j
schwülste 46. j
Borszeky, Erweiterung einer narbigen i
Oesophagusstriktur 474. !
— Karl, Aneurysma der A. dorsalis pedis ,
569 - I
Bottemer, E., Kremasterreflex bei Her- |
nien 479. |
Boucher, J. B. 391. !
Bouchet, E. u. Despres, A., Medizi¬
nisches Wörterbuch 319.
Boulonneix, E., Transvesikale Prostat¬
ektomie 922.
Bo wen, H., Fraser, W. u. Annaud ■’
s. Fraser, Annaud u. Bowen. \
Brauch, C. W., Jejunumdivertikel 930. j
Brauer, Therapeutischer Pneumothorax
593. 1
Braun, W. u. Seidel, H., Akute Ma¬
generweiterung 623.
Bregmann, L., Rückenmarksgeschwülste !
531 - |
Brentano, Magengeschwürsperforation •
340 .
Brieger, L. u. Laqueur, A., Physika¬
lische Therapie der Erkrankungen der
Muskeln und Gelenke 126.
Broca, Auguste, Appendicitis 259.
Brook, W. M. Henry B., Appendicitis
905.
Brown, Walter H., Brucheinklemmung
bei hämorrhagischer Pankreatitis 664.
Bruce, Herbert A., Appendicitis 263. j
Brüning, H., Tuberkulose im Kindes- j
alter 502. i
Bruns v., Appendicitischer Abscess 701.
— P. v. u. Bergmann, E. v. s. Berg¬
mann u. Bruns.
Bryant, F., Hämorrhagische Pericar-
ditis 114.
— J, Myom des Oesophagus 474.
Buch, G., Malum Dupuytren 107.
Buckley, Chas. W. u. Lord, Rob. E.
s. Lord u. Buckley.
Budde, Topographie der A. hepatica
und Blutversorgung der Leber 599.
B ü d i n g e r, Konr., Ablösung von Gelenk¬
teilen 465.
Buerger, L. u. Churchmann, Rolle
des Plexus coeliacus und mesentericus
beim Abdominalsbock 469.
Burgess, Arthur H., Appendicitis 910.
Burr, Charles W., Verschwinden sensori¬
scher Symptome bei Syringomyelie 72.
Busch, M., Antitoxinbehandlung des Te¬
tanus 731.
B u s c h a n, Georg, Gehirn und Kultur 765.
Buschke, A. u. Fischer, W., Be¬
ziehungen der Spirochaete pallida zur
kongenitalen Syphilis 792.
Busck, G., Farbige Lichtfilter; photo¬
chemische Hautreaktion 160.
Busse, O., Tuberkulöse Darmstrikturen
838.
Butruille, A., Plötzlicher Tod in der
Reconvalescenz nach Diphtherie 126.
Bychowski, L., Jackson’sche Epilepsie
bei extracerebralen Tumoren 896.
Ca hi 11, John, Appendicitis und Stiel¬
drehung einer Ovarialcyste 263.
Call um, Hugh A. Mac, Magenneurose
191.
— W. G. Mac, Chirurgische Bedeutung
der Epithelkörperchen 335.
— M. Basedowii 120.
Calot, Behandlung der tuberkulösen
Wirbelsäulenentzündung 686.
Camacho, Martin, Uterusinvolution 526.
Caminitti, Status thymicus und Chloro¬
formnarkose 717.
Campbell-Horofall, C. E., Leber¬
atrophie nach Operation 823.
Camus, Herznaht 113.
Cantale, M. D., Lond, F. u. Rolle-
ston, H. D. s. Rolleston, Cantale u.
Lond.
Cantley, Edmund, Stiles, Harold J.
u. Putnam, Charles P., Angeborene
Pylorusstenose 194.
Capelle, Defekt der Schultergürtelmus¬
kulatur 107.
Carmichael, E. W. Scott u. Wade,
Henry, Lebersarkom 602.
Carpenter, D. N., Fieber bei tertiärer
Syphilis 794.
Carson, H. W., Operation bei Appen¬
dicitis 266.
Castano, A., Perineale und transvesi¬
kale Prostatektomie 923.
61 *
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964
Autorcnregistcr.
Cathelin, F. f Nierentuberkulosc 914.
Cestan, BaltHasard, Claude, H.,
Macaigne, Nicolas u. Verger s.
Balthasard, Cestan etc.
de la Chapelle, A., Lues hereditaria
tarda des Nervensystems 426.
Chambers, Helm, Zerreissung der Lunge
591 .
Chaput 472.
— Gebiss im Oesophagus 475.
— Rückenmarksanästhesie mit Stovain 155.
Chauffard, A. u. Laederich, L.,
Hautemphysem 278. !
Chevassu, M., Hodentumoren 447.
Cheyne, W. Watson, Operative Behänd- j
lung der Hydronephrose 752. I
Childe, Charles P., Akute Abdominal- j
erkrankungen 784. j
— P., Wandermilz 310. |
Chloroform-Comite, Bericht 716. j
Christiani u. de Michelis, Ueber-
tragung infektiöser Keime durch Ge-
fasse 653.
Church, Archibald, Syringobulbic 71.
Churchmannu. Buerger, L. s. Buer-
ger u. Churchraann. |
Chute, A. L., Cystoskopische Diagnostik
395 -
Civatte, A., Parapsoriasis 286. 1
Clarke, W. Bruce, Intraperitoneale Blu¬
tung bei Uterusfibrom 873.
Claude, H., Macaigne, Nicolas,
Verger, Cestan u. Balthasard
s. Balthasard, Cestan etc.
Clay, John, Duodenalgeschwür 385. I
Clerc, A. u. Weil, Emile s. Weil u. !
Clerc.
Clintock, C. E. Mac u. King, W. E.,
Verabreichung von Antitoxin per os
bei Diphtherie, Tetanus und Sepsis 657.
C 1 o g g, H. S., Strangulation des Appendix !
in einer Hernie 664. 1
Clowes, G. H. A. u. Gaylord, H. R. |
s. Gaylord u. Clowes.
Cnopf, Therapie diphthcritischcr Tra- |
chealnarben 778. !
Cobb, C. M. 583. I
Colby, Francis, Darmobstruktion durch !
eine Mesentcrialcyste 557. «
Co Hins, Josef, Sklerose der Gehirn- 1
gefässe 232. j
C o 11 i n s o n, F. W., Darmintussusception i
932 - . |
Coltelloni, A., Vorkommen von lym- ■
phoidem Gewebe in branchiogenen
Cysten 364. |
Connell, E. G. 391.
C o r d e r o, Aurelio, Entcrosigmoiditis 745.
Cordier, A. H., Nephrolithiasis 676.
Couts, J. A., Pneumokokkeninfektion |
mit Knochennekrose 821. !
Co wen, George Hebb, Verletzung des
Pankreas 870.
Crace-Calvert, George A., Amylnitrit-
behandlung der Hämoptoe 574. 1
Crary, G. W., Septischer Pemphigus 282.
Cronquist, E., Folliculitis cutis gonor¬
rhoica 517.
— Quecksilberscbnupfungskur 796.
Cr00m, D. H,, Trikuspidalstenose 109.
C r o s t i, F., Resektion des N. supra-
maxillaris wegen Neuralgie 471.
Cseri, J., Glenard’sche Erkrankung 74.
C u f f, Archibald, Aktinomykose der Bauch¬
wand 74.
Cu kor, N., Dislokation der Bauchorgane
der Frauen 74.
C u s h i n g, Harvey, Hypophysistumor mit
Infantilismus 227.
— Arteriovenöses Aneurysma der Hinter-
hauptgefasse 566.
— Infantilismus bei Hypophysistumor 427.
— Intracraniellc Hämorrhagie und Naevi
im Trigeminusgebiete 428.
— Resektion des Ganglion Gassen 469.
— u. Helmholz, H. F. s. Helmholz u.
Cushing.
Cuturi, Filippo, Chirurgische Behand¬
lung der chronischen Nephritis 913.
— Nephritis bei Blasendivertikel 354.
Dal ton, Norman, Lymphosarkom des
Magens und der Lymphdrüsen 541.
Danielsen, Cardiolyse bei Mediastino-
pericarditis 115.
David, Max, Grundriss der orthopädi¬
schen Chirurgie 718.
Davie, Grant, Mcningeales Sarkom 229.
Davies, John D., Lungenabscess 591.
Dawbarn, H. M. S. 123.
— R. H. M. 390.
Deaver, J. B. 635.
De-Cortes, Ant., Fibrosarkom der
Nebenniere 317.
Defranceschi, Peter, Lumbalanästhesie
mit Tropacocain 154.
Del bet 476, 584.
— Verhalten der Gallen gange bei Ver¬
schluss durch Gallensteine 270.
— P., Missbildungen der Harnblase 7 °^*
D e r c u m, Metastase eines Schilddrüsen¬
tumors in der Wirbelsäule 32.
Dervaux, Radiographische Irrtümer bei
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Deschamps, M., Spontanheilung der
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Detre, S., Serumtherapie des Anthrax
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Devic u. Tolst, Angiosarkom der
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Embryonen und Neugeborenen 189.
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Autorenregister.
965
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Dunsmoor, E. A. 391.
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923 -
Ebstein, E., Trommelschlägelfinger 184.
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tonitis 306.
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E n o c h i n, B. P., Unterbindung der Schild¬
drüsenarterien beim Kropf 118.
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des Armes 233.
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Faldi, F. u. Bin di, F. s. Bindi u. Faldi.
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Federmann, Milzabscess nach Typhus
3 11 -
Feleki, Hugo, Künstliche Hyperämie
bei Geschlechtskrankheiten 865.
Fellner, O., Paraurcthrale Eiterung beim
] Weibe 917.
! Fere, Ch., Onanie 38.
Ferenczi, A., Tetanie 730.
j Ferguson, A. H. 635.
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! 73 -
F e r r e, Henry, Von Stomatitis ausgehende
Infektionen 764.
| Ferrero, G., Penetrierende Bauchwunden
75 -
Fertig, J., Leberruptur 602.
Fickler-Kosten, A., Traumatische
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Finsen, Mitteilungen aus dem Licht¬
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Fi schier, Traumatische Konusläsion 72.
Flatau, E. u. Kö 1 ich en , J., Metastase
eines Schilddrüsenadenoms in Kopf¬
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Fleig, G. u. Tansard, A. s. Tansard
u. Fleig.
F 1 e s c h , Armin u. Schossberger,
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F o e 1 k e r, A. F. u. H a n d 1 e y, W. S., Ge-
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966
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Fraser, Thomas, Myxödem 281.
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Frazier, C. H. u. Spiller, \V. G. s.
Spiller u. Frazier.
Freemann, L. 391.
Freudenberg, A., Operation bei Pro¬
statahypertrophie 636.
Freund u. Schourp s. Schourp u.
Freund.
Fr icke, Toxikodermie nach Röntgen¬
bestrahlung 939.
Fricker, E., Therapie des Tetanus 732.
Friedrich, Bauchaktinomykose 70S.
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der Schwangerschaft bei Tuberkulösen
876.
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Fürnrohr, W., Röntgenstrahlen im
Dienste der Neurologie 125.
Fürst, L., Analgesie auf endermatischem
Wege 275.
Gant, S. G., Analfissur 383.
Garnier, Marcel u. Lebret, Nieren-,
Darm- und Leberfunktion bei Myxödem \
280.
Gar re, C. u. Ehrhardt, O., Nicren-
chirurgie 398.
Garrod, A. E. u. Fair bank, H.,
Oxyuris vermicularis als Ursache von
Appendicitis 907.
Gas pari ni, Subphrenischer Pneumo¬
thorax 393.
Gasser u. Enderlcn s. Enderlen u. j
Gasser.
Gaudemat, Charles, Chirurgie des nicht j
perforierten Magengeschwürs 479.
G a u 11 i e r, R., Klinische Koprologie 478.
Gaylord, H. R. u. Clo wes, G. H. A.,
Spontanheilung des Carcinoms 423. 1
Gebele, Nicrenchirurgie 680.
G e i 11 i n, F., Tuberöse Gehirnsklerose 426.
Gelpke, Chirurgie nicht krebsiger Ma¬
genleiden 192.
— Tuberkulöse Peritonitis 551.
Genouville, L. u. Peraire, M., Chi¬
rurgische Behandlung der Hydrocele
632.
Gerhardt, Nierenkrankheiten 525.
G e r s t e r, Thrombose der V. portae,
Bauchfellsepsis 562.
Gersuny, Operation bei motorischen
Lähmungen 472.
Gianncttasio, Echinococcus einer Ma¬
lariamilz 313.
Gib so n, G. A., Magenchirurgie 627.
Giffow, G. T., Tampon in der Bauch¬
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! Gillivray, CharlesWatsonMac,Ovarial-
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Giuliano, Herznaht 112.
j Glannan, A. Mc 391.
; Glax, Abbazia als Kurort 399.
Gleitsmann,J. W., Intratracheale In-
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I Glover, Lewis G. u. Ware, Ernest E.
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Glück, L„ Merkuriolölinjektionen bei
Syphilis 796.
Gochtu. Peter sens. Petersen u. Gocht.
Goldberg, Radikaloperation der Prosta¬
tiker 635.
— B., Cylinder im Prostatasekret 633.
Gold mann, Fehlen von Funktions¬
störungen nach Nervenresektion 468.
— E. u. Killian, Gustav, Verwendung
der X-Strahlen für die Bestimmung der
nasalen Nebenhöhlen und ihrer Er¬
krankungen 925.
Goldschmidt, H., Irrigations-LTrethro-
skopie 921.
Goodale, J. L., Tonsillen als Eingangs¬
pforte der Infektion 582.
Gordon, J. F., Tödliches Erbrechen 192.
Grant, W. W., Phlebitis nach Abdomi¬
naloperationen 570.
Gracssner, R. u. Bardenheuer, B.
s. Bardenheuer u. Graessner.
Graul, Gaston, Diagnostik der Magen-,
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877.
Grcaves, Francis L. A., Pyonephrosc
durch Tuberkelbazillen 912.
Gregoire, R., Uronephrose 350.
Groll, Hamröhrenstriktur 714.
Grosser, P., Impftuberkulose 940.
Growes, Ernest W. Hey, Hämophilie
mit Volkmann’s Kontraktur 573.
G u i z y, B., Harnblasentumoren 711.
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Guleke, N., Tumorbildung in verspreng¬
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Gutmann, C., Multiple Dermatomyome
522.
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Autorenregister.
967
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197.
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Hagen, Operation bei Appendicitis 264.
Hagner, E. R., Gonorrhoische Epidi-
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Haim, E., Appendicitis und Icterus 704.
Haist, O., Frühoperation bei Appen¬
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H a n d 1 e y, \Y. S. u. F o e 1 k e r, A. F.
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Hauber, Lumbalanästhesie 540.
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659.
Hawthorne, C. O., Metastasen im Ccn-
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Hay, Archibald G., Kochsalzinjcktioncn
bei Ischias 900.
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Hedenius, J., Bantischc Krankheit 542.
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Heidenhain, Elephantiasis 280.
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— H., Meteorismus nach Bauchkontusionen
929.
— H. u. Lac wen, A., Lumbalanästhesie
539 .
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Heinze, Antithvrcoidinbehandlung des
M. Basedowii 334.
Heller, J. B., Yereiterung einer Vaginal¬
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Helme, T. Arthur, Beziehung des Wurm¬
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512.
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Elephantiasis von Kopfnerven 470.
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einem Abscess der Darmwand 902.
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315 -
Hensel u. Adlers. Adler u. Hensel 232.
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H e r c z e 1 , Emanuel, Aneurysma der Coro-
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59 L
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Mycosis fungoides 523.
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763 -
Heuck, W., Tumorbildender Lupus 521.
H e u n o n, L., Gastroenteritis beim Säug¬
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Hildebrand, O., Kropf 118.
Hilgenreiner, Einfluss der Stauungs¬
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chenbrüchen 820.
— Heinrich u. L i c b 1 e i n, Viktor s. Licb-
lein u. Hilgenreiner.
Hirschberg, Mathias, Familiäre Lepra
und Paraleprose 519.
i Höchen egg, J., Appendektomie bei
Ilcocoecalschmerz 265.
I — Nachbehandlung nach der sakralen
Operation von Rectumcarcinomen 843.
— Varikocele bei malignen Nicrentumoren
674 ‘
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78, 204.
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culi 344.
— Karl R. v., Cystinurie 721.
! Hofmeister u. Meyer, E., Tumor des
Ganglion Gasseri 473.
! Holland, J. F., Tuberkulöser Tumor
' der Flexura sigmoidea 838.
| Holmgrcen, Israel, Einfluss der Struma
auf das Knochenwachstum 119.
Holub, Thyreoideabehandlung des M.
Basedowii 333.
j H o mbe r ge r, E., Venöse Hyperämie 231.
Homen, E. A., Lues hereditaria tarda 901.
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der Otitis adhaesiva 878.
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968
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Hübner, H., Tuberosis cutis pruriginosa
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lluellen, A. van, Serumbehandlung der
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H ü 1 tl, Radikalheilung des Nabelbruches
507.
Hunter, Walter R., Steifigkeit der Wir¬
belsäule 464.
lluntley, Edgar, Nebennierencarcinom
bei Wanderniere 675.
Illyes, Geza, Hypernephrom der Niere
363-
Ipsen, W. u. Herxheimer, K. s.
Herxheimer u. Ipsen.
Irons, E. u. Graham, E. A., Genera¬
lisierte Blastomykose 656.
Israel, Nebennierengeschwülste 315.
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kulose 753.
Jakobi, S., Aufsuchung der Hamleiter-
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Jeandelize u. Richon s. Richon u.
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349 -
Jellinek, S., Malum Dupuytren 108.
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fellruptur 782.
Johnston, G. Ben, Retroperitoncales
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Joltrain u. Qucyrat s. Qucyrat u.
Joltrain 791.
Jonas, A. F., 391.
— Neoplasmen des Colons 389.
Jones, W. Black, Behandlung der Ilerz-
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dcJong,S. Isr., Sputumuntersuchung 941.
Jordan, M., Ligatur der Carotis com¬
munis 861.
Joseph, M., Heliotherapie der Psoriasis
281.
Digitized by Gougle
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J o u n g, Erie E., Behandlung eines Aorten¬
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
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Kölichen, J. u. Flatau, E. s. Flatau j
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Kolischer u. Schmidt, Elektrischer
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K r a u s s, William C., Brown-Sequard’sche j
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Kreibich u. Joswald, D. C. s. Jos- |
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Kreidl, A., Muskelausschaltung am Ma- |
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699 - I
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792.
Kümmell, H„Frühoperation bei Appen¬
dicitis 265. |
— Nierenchirurgic 200.
— Nieren- und Blasentuberkulose 357. j
Kurzwelly, Medullaranästhesie mit Aly- j
pin 898.
Küster, Behandlung des Zungenkrebses
581.
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Kuzmik, Paul, Spontane Mageniistel 339.
Kyle, J. J. 583. 1
Lacasse, Robert, Nabeihernie 283.
Laederich, L. u. Chauffard, A. s.
Chauffard u. Laederich.
Landau, Th., Krebs des Appendix 387.
Lange, Ueberkorrektur bei habitueller
Skoliose 845.
Landsteiner, R. u. Finger, E. s.
Finger u. Landsteiner 793.
Laqueur, A. u. Brieger, L. s. Brieger
u. Laqueur.
Lassar, O., Siegfried, A. u. Urba-
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Lepra 521.
Latouche, Milzruptur 313.
Läwen, A., Kurarinbehandlung des Te¬
tanus 733.
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Le ach, Emest, Beckenabscess mit Darm¬
verschluss 670.
Lebret u. Garnier, Marcel s. Garnier
u. Lebret.
Lecky, H. C., Pneumokokken-Peritonitis
und -Sepsis 551.
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mittel 286.
Lennander, G. K., Abdominalschmerz
und Ileus 829.
— Darmkolikschmerzen 156.
— Dünndarmvolvulus mit einem Meckel-
schen Divertikel 737, 738.
— Volvulus des Dünndarmes 830.
— u. Ny ström, G., Von Enteritis aus¬
gehende Peritonitis 548.
Lenormand, Herznaht 113.
Lenormant, Herzmassage 114.
Lupine, R., Zuckerkrankheit 319, 605.
Lequeux, M. P., Hämorrhagien des
Neugeborenen 304.
Leser, E., Spezielle Chirurgie 78.
Leuven, J. A. Gevcrs, Serumbehandlung
des M. Basedowii 125.
Levy, Ludwig, Basedow-Symptome bei
Tuberkulösen 333.
Lexer, E., Gelenkchondrome 822.
Leyden, E. v. u. Bassenge, L., Krebs¬
geschwulst des Kreuzbeins 188.
Lieb 1 ein, Viktor u. Hilgenreiner,
Heinrich, Geschwüre und Fisteln des
Magen-Darmkanals 157.
Lindner, H., Chirurgische Behandlung
der lienalen Leukämie 544.
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Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
970
Autorenregister.
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Lins er, P., Hydroa aestivale und Häma-
toporphyrinurie 279.
Lipschütz, B., Ulcus venereum 792.
Lobedank, Emil, Rechtsschutz und Ver¬
brecherbehandlung 366.
Loeb, Leo, Wachstum der Tumoren 421.
Lockwood, Charles Barrett, Verbreitung
des Brustkrebses auf dem Lymphwege
504.
L o g a n, A., Eiterung der Kieferhöhle 776.
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Nährstoffresorption und den enzymati¬
schen Verhältnissen im Verdauungs¬
kanal 336.
Lomer, Georg, Liebe und Psychose 558.
Lomneau, E. u.Monod, C. s. Monod
u. Lomneau 351.
Lond, F., Rolleston, H. D. u. Can-
tale, M. D.
Lord, Rob. E. u. Buckley, Chas. W.,
Carcinommetastasen unter dem Bilde
der Tuberkulose 27.
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und Kuralraanach 942.
Lovrich, Josef, Sarcoma colli uteri 874.
LÖw, O., Xeroderma pigmentosum 521.
Löwen heim, B., Exacerbation latenter
Gonorrhoe nach der Entbindung 875.
Löwenhardt, F., Renale Massenblutung
671.
Löwy, R., Spirochätenfrage 791.
Lucas-Championniere, Appendicitis
265.
Luccarelli, Behandlung des Erbrechens
nach Chloroformnarkosc 192.
Luce, Zerreissung des Poupart’schen
Bandes und des Peritoneums 555.
Lüdke, H., Verwendung des Alttuber¬
kulins in der internen Praxis 924.
Lund, F. B., Angeborene Cystenniere 350.
Lundsgaard, K., Lupus conjunctivae
160.
Lyson, W. J., Prophylaxe der Appen¬
dicitis 937.
Macaignc, Nicolas,Vergcr, Bal-
thasard, Cestan u. Claude s.
Balthasard, Cestan etc.
Macartney, Duncan, Intussusception
76.
— Laparotomie bei tuberkulöser Perito¬
nitis 551.
— Perforiertes Magengeschwür 198.
M a c c w c n, A. C., Jackson’sche Epilepsie
bei Gehirntumor 223.
— John A. C., Abdominalhernic 929.
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Niere 670.
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Samenstranges 632.
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coli sin. 506.
Digitized by Gougle
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Maisonneuve, Paul, Prophylaxe der
Syphilis 46.
Makins, G. H., Struma einer lingualen
Thyreoidea 580.
Malcolm, John D., Appendicitis 253.
— Appendicitis und Gangrän des Wurm¬
fortsatzes 258.
— Hämorrhagische Appendicitis 262.
Malloizel u. Oettinger s. Oettinger
u. Malloizel.
Mannaberg, Fieber bei Syphilis 601.
Manninger, Wirbelfraktur 466.
M a n s o n, P., Tropenkrankheiten 158.
Marchand, L., Epilepsie bei Gehira-
tuberkel 221.
M a r c o n, Magensaft bei Oesophagus-
carcinom 475.
— Nephrolithiasis bei Mastkur wegen
Tuberkulose 363.
Marcozzi, V., Wirkung der Tuberkel-
bacillentoxinc auf den Testikel 631.
Marcus, C. u. Welander, C Intra¬
venöse Sublimatinjektionen bei Syphilis
795 -
Marcuse, H. u. Strasser, A. Physi¬
kalische Therapie 126.
Marie, A., Progressive Paralyse und
Syphilis 795.
Marion, G., Chirurgie des Nervensystems
45 *
Marsh, J. P., Laroinektomie bei Schu߬
verletzung der Wirbelsäule 33.
Martin, Chorea gravidarum 45.
Marzinowski, C. J. u. Bogrow, S.
L., Blastomyceten und ihre Beziehung
zu Hautkrankheiten 757.
Masini, M., Schussverletzung der Niere
358-
Matter, Ch. M., Entzündung des Dick¬
darmes 745.
Matti, H. u. Kocher, Th. s. Kocher
u. Matti.
Mauclaire, Gebiss im Oesophagus 475.
— Herzmassage 114.
— Oesophagotomie wegen Fremdkörpers
des Oesophagus 476.
M a y 1 a r d , Ernest A., Abdominalschmerz
bei Colonadhäsion 739.
Mayo, William J., Duodenalgeschwür 511.
Medea, Eugcnio u. Rossi, Baldo,
Traumatische Nervenverletzungen 472.
Meller, A., Schleimhautcarcinome des
Mundes und Rachens 579.
Mendes, P., Sectio alta bei Kindern 712.
Menctrier, Thyreoideabehandlung der
Sklerodermie 290.
Merk, L., Syphilitische Erscheinungen
an den Arterien 572.
Merkel, H. u. Jam in, F. s. Jamin u.
Merkel.
Meyer, E. u. Hofmeisters. Hofmeister
u. Meyer.
— Semi, Schmerz 397.
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Autorenregister.
971
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stiani u. de Michelis.
Michon, Harnblascnruptur 714.
M i 1 e s , Alexander, Perforation von Magen-
und Duodenalgeschwüren 340.
Millan, J. A. Mac 391.
Miller, Abdominaltumor 532.
M i 1 n e, J. A., Raynaud’sche Krankheit 571.
M i n k o w 5 k i, M., Cerebrale Blasen¬
störungen 916.
Moffilt, C. u. Herbert s. Herbert u.
Moffilt.
Monnier, Strumektomie 733.
Monod, C. u. Lomneau, C. Cysten¬
niere 351.
Monsarrat, K. W., Sigmoiditis unter
dem Bilde eines malignen Tumors 835.
Moore, J. C. 635.
Moran, Divertikel der Harnblase 709.
Morawitz, P. u. Adrian, C., Eiweiss¬
steine der Niere und Ausscheidung
membranöser Massen aus dem uro-
poetischen System 754.
Morel, Ch. u. Jeanncl s. Jeannel u.
Morel.
Morley, II. u. Robinson, Betham,
Dilatation des Rectums und Colons 661.
Morris, R. T. 124.
— Implantation von Ovarien bei Meno¬
pause 870.
Morton, Charles A., Steine in der Urethra
919 .
— H. H., Nicrentuberkulose 202.
Mose hcowitz, A. V. u. C., Appen-
dicitis 699.
Mosheim, R., Heilungsaussichten der
Lungentuberkulose bei Pneumothorax
595 -
M o s z k o w i c z, L., Arterienvcrschluss bei
Gangraena pedis 861.
M o u c h e t, A., Nierentumoren bei Kindern
36 °.
Mougenc de St.-Avid, Charles, Am¬
putation des Kusses 639.
Moynier de Villepoix, Eosinophilie
nach Milzexstirpation 314.
M o y n i h a n , B. G. A., Sanduhrmagen 337.
— Vortäuschung eines malignen Tumors
im Colon 843.
Müller, A., Muskelausschaltung am
Magen und Dünndarm 336.
— C., Entkapselung der Niere 678.
— G. P., Knochencysten 187.
— O., Lymphangiektasie mit Lymphorrhoe
505 -
Mummery, J. P., Lockhart, Colitis 740.
— Rectalcarcinom 388.
— Volvulus des Dünndarms 830.
— Lockhart, Erkrankung der Flexura sig-
moidea als Ursache von Colitis 933.
Muren, G. M., Harnröhrenstriktur 714.
Murphy, J. B., Rückenmarkschirurgie
534 -
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Murseil, H., Tcmple, Darmobstruktion
durch rctroperitoneale Hämatocele 931.
Musumeci, Abele, Stichverletzung des
r. Ventrikels 111.
My gind , H., Lupus der Nasenhöhle 160.
Nagelsch m i d t, Franz, Methylenblau
656.
Nash, W. Giffond, Pneumothorax infolge
von Muskelanstrengung 593.
— Ruptur des Ureters 681.
N a u m a n n, G., Pancreatitis haemorrhagica
acuta 866.
— Tuberkulöse Darmstrikturen 508.
N e i s s e r, C., Sondenpalpation der Bron¬
chialdrüsen bei Tuberkulose 502.
Nelatonu. Ombredanne, Autoplastik
799 *
Neuwirth, M., Tendofasciitis calcarea
rheumatica 108.
Nicolas, Verger, Balthasard,
Cestan, Claude, H. u. Macaigne
s. Balthasard, Cestan etc.
Nicolich, Nierenoperation bei Solitär¬
niere 755.
— G., Chirurgie der Nierentuberkulose 754.
Niederstein, Circulationsstörungen im
Mesenterialgebiet 561.
Niles, H. D. 391.
— Pathologie der Flexura sigmoidea 389.
Nogues, P., Heilung der Gonorrhoe bei
Fieberproccssen 918.
Noire u. Weil, F. s. Weil u. Noire.
Nöltzel, W., Infektion und Bakterien¬
resorption der Gelenke und des Sub-
duralraumes 652.
Non eher, Einfluss der Menstruation auf
die Lungentuberkulose 846.
Noetzel, Operation bei perforiertem
Magengeschwür 625.
Nusgrave, W. S., Mischinfektionen mit
Amöben 654.
Ny ström, G. u. Len and er, G. K. s.
Lcnander u. Nyström.
Ochsncr, A. J. 123.
Offergeld, Unterbindung der großen
Gefässe des Unterleibes 862.
Okinczyc, Josef, Chirurgie des Colon-
carcinoms 718.
Oliver, Thomas, Aneurysma der Brust¬
aorta 564.
Olmstedt, Ingersole, Chronische Colitis
743 -
Ombredanne u. Nelaton s. Nelaton
u. Ombredanne.
Oppenheim u. Krause, Gehirntumor
223.
Oppenheim, H., Neubildungen im
Umkreise des Rückenmarkes 150.
— Geschwülste des centralen Nerven¬
systems 557.
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Blut 572.
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Autorenregister.
972
O r 1 o w s k i, Pyelitis als Sch wangerschafts-
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Osler, William, Abdominaltumor bei
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— Cerebrospinalmeningitis 432.
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Meningitis seropurulenta 432.
Park, W. H., Paradysenteriebacillen 933.
Parker, Rushton, Cystotomie bei
Ureterstein 681.
Pasini, A., Pathogenese der Mycosis
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Passler, H., M. Basedowii 333.
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totale Harnsperre 351 -
Payr, Erwin u. Martina, Aldo, Late¬
rale Nebenkröpfe 736.
Pe ach eil, Ernest, Karzinom der männ¬
lichen Brustdrüse 423.
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ihre Bedeutung bei bakterieller Peri¬
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P e r a i r e, M. u. G e n o u v i 11 e, L. s.
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508.
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— S. u. Johnson, F. G. s. Johnson u.
Perman.
Pers, Chirurgische Behandlung der
Ischias 470.
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Cholelithiasis in den Gallcnwegen 827.
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Exartikulationen, künstliche Glieder
798.
Pfeifer, B., Explorative Hirnpunktion
bei Hirntumoren 619.
Pfeiffer, Röntgenbehandlung des
Kropfes 119.
Pflüger, Eduard, Bau des Nervensystems
618.
P h i 1 i p p i, Hans, Indikationen des Hoch¬
gebirges 207.
Phillips, Sidney P., Akute und ulcc-
rative Cholitis 741.
— Pankreaserkrankungen 439, 868.
Phipps Henry-Institut, Jahresbericht 527.
Picque 476.
— Harnblascnruptur 714.
— Schuss Verletzung des 1 . Ventrikels in.
P i c q 11 e t, P., Traumatische Rupturen der
Arterien 798.
Pie ree, N. H. 583.
Pillet, E., Perforation der Harnblase
nach Operationen 916.
Plowright, Charles, Maligner Darm¬
tumor in einer Hernie 934.
) Pochhammer, Gastroenterostomie, En-
teroanastomose und Darmresektion 844.
van der Poehl, J., Senile Prostata-
hypertrophie 441.
P o 11 a k, Rudolf, Scarlatina pucrperalis 1.
Pollard, Bilton, Aneurysma der A.
femoralis 568.
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Pankreasnekrose 439.
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556.
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Popp, M., Salpingitis 942.
Porter, C. R., Harnblasenruptur 713.
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N. ulnaris 472.
Po well, N. A., Dannobstruktion bei
Appendicitis 508.
Pozzi 476.
Praig, C. F., Malaria 576.
Price, Frederik W. u. Bernstein,
Julius s. Bernstein u. Price.
Prim rose, Blastomykosis der Haut 51S.
Prince, Morton, Gehirntumor 224.
Putmann, J. J., Kleinhirntumor 29.
Putnam, Charles P., Cantley, Ed¬
mund u. S t i 1 e s, Herold, J. s. Cantley,
Stiles u. Putnam.
Put zier, O., Stauungsbehandlung 763.
Pynchon, C. 583.
Quercioli, V., Verletzungen der Wirbel¬
säule 187.
Quenu 476.
— Herzverletzung III.
Queyrat u. Joltrain, Spirochaete
pallida im Schanker 791.
Quinby, W. C., Operative Behandlung
der Sterilität des Mannes 630.
Quincke, H., Hydrops toxicus 554.
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Pseudoleukaemia cutanea 524.
R a m s c y, Robert, Multipler Darmver-
schlufi 667.
Ransohoff, J. 356.
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Mikulicz’schen Krankheit 503.
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Syringomyelie 529.
I Rath, Johannes, Intrapleuraler Druck 391.
i Rauchfuss, Para vertebrale Dämpfung
bei Pleuraergüssen 392.
Rauenbusch u. Hoffa s. Hofta u.
Rauenbusch.
! Rautenberg, C., Zeitweiliger Ureter-
I Verschluß 680.
I Rav aut, P., le Sourd, L. u. Thi-
I bierge, G. s. Thibierge, Ravaut u.
Sourd.
— u. Thibierge, G. s. Thibierge u.
Ravaut
Raw, Nathan, Serumbehandlung der
Endocarditis 110.
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Autorenregister.
973
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Razzaboni, Giovanni, Cyste des Funi-
culus spennaticiis 921.
Reich, Nikolaus, Nervendehnung bei
Neuralgien 899.
Rein ecke, Echinococcus der Bauch¬
höhle 426.
R e i 11 e r, Nieren tuberkulöse und arterielle
Hypotension 672.
Renard u. Simon s. Simon u. Renard.
Renon, Narkose bei Herzerkrankungen
110.
R e y n, A., Methoden der Lichtbehandlung
160.
Reynier, Nervennaht 471.
Rhein, R. D. u. Sailer, J. s. Sailer u.
Rhein.
R i c h e 1 o t, Oesophagotomie wegen
Fremdkörpers des Oesophagus 476.
Richon u. Jeandelize, Einwirkung
der Thyreoidektomie und Kastration
auf das Knochenwachstum 118.
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Niere 362.
Riedl, Starrkrampfserumbehandlung 731.
Riese, Barlow’srhe Krankheit 184.
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Ringel, Ileus 510.
Ritterhaus, A., Embolie und Throm¬
bose der Mesenterialgefässe 234.
Robbers, Pneumokokkenperitonitis 306.
Robin, A., Gonorrhoischer Gelenk¬
rheumatismus 465.
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H. s. Morley u. Robinson.
Robinson, William, Darmverschluss
durch einen Gallenstein 827.
— Volvulus des Dünndarms 832.
Robson, A. W. Mayo, Duodenalge¬
schwür 837.
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der Gallenblase 867.
— Mayo, Magencarcinom 345.
Rochard, Herznaht 113.
Röchet, Blasenschmerz bei Frauen 710.
Rodman, W. R. 124.
Rogers 124.
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Rheumatismus 35.
— J., Serumbehandlung des Thyreoidis-
mus 121.
Rohr, C., Kost in Kurorten 207.
Roepke, O., Tuberkulinbehandlung der
Kehlkopftuberkulose 778.
R o 11 e r, J., Operation bei Mastdarra- und
Coloncarcinomen 842.
Rolleston, H. D., Cantale, M. D.
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des Wurmfortsatzes 386.
— H. u. Higgs, E. W., Magen- und
Oesophaguscarcinora 629.
Römer, R., Bedeutung des kranken
Appendix für die Frau 263.
Roosing, Thorkild, Blascntuberkulose
710.
Rosenau, H. J. u. Andersen, J/F.,
Tod nach Injektion von Pferdeserum
657.
Ross, Horless, Ischias abdominalen Ur¬
sprungs 470.
Rossi, Baldo, Verletzungen des Zwerch¬
fells 783.
— Baldo u. Medea, Eugcnio s. Medea
u. Rossi.
Roethlisberger, Paul, Thermen von
Baden 206.
Rottenbiller, E. v., Gonorrhoische
Arthritis 35.
Roughton, J. Paul, Ruptur des Dia¬
phragmas 593.
Roulicr, Wirkung der Röntgenstrahlen
auf die Genitaldrüsen 398.
Roussel, Rene, Thrombophlebitis der
Mesenterialgefässe 238.
Routier 584.
— Blasenstein 712.
— Tumor der Tonsillen nach Appendix¬
erkrankung 584.
— Verletzung des Rückenmarkes 150.
Rouvillon, Harninkontinenz bei Harn¬
röhrenmissbildung 713.
Rubncr, Max, Lehrbuch der Hygiene
559 .
Rubritius, Akuter Darmverschluss 380.
Rücker, J. B., Mikroorganismen im
Munde 654.
Ruediger, G. F., Streptococcus pyo¬
genes im Rachenschlcim bei Scharlach
654.
Ruff, Coma diabeticum nach Operationen
717.
— Rückbildung des Lymphosarkoms 421.
Rusch, P., Idiopathische Hautatrophie
276.
— Idiopathische Hautatrophie und Sklero¬
dermie 277.
— Sarkoide Hauttumoren 940.
Russell, William, Magenerkrankungen
338-
Rydygier, L. Rüdiger v., Magenge¬
schwür 198.
R y s t e d t, G., Solitärtubcrkel im Rücken¬
mark 531.
Sailor, J. u. Rhein, R. D., Eventra¬
tion des Diaphragmas 780.
Sakurane, R., Behandlung des Unter-
schenkelgescbwürs 757.
— Schicksal subkutan injicierter Sub¬
stanzen 276.
S a n d i 1 a n d, E. L., Ruptur eines Carotis-
aneurysmas und einer atheromatösen
Aorta 564.
Schädel, H., Cystitis typhosa 710.
Scherber, G., Nodöse Syphilide 793.
— Spirochätenerkrankungen 656.
Schiller, Karl, Pneumokokkensepsis
577-
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974
Autorenregister.
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Schirmer, Karl Hermann, Achondro-
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— Röntgenbehandlung der malignen Tu- j
moren 9.
Schlagintweit, Felix, Cystitis 558.
Schleip, R., Diagnose von Knochen¬
markstumoren aus dem Blutbefunde 34.
Schlesinger, Hermann y Sensibilitäts¬
störungen bei Ischämie 231.
Schlippe, Dystrophia musculorum pro¬
gressiva 107.
Schlosberg, H. J., Lichtbehandlung
des Hautepithelioms 762.
Schlucht, A., Diphtheritische Hautent¬
zündungen 757.
Schmidt u. Kolischer s. Kolischer
u. Schmidt.
Schmidt, A., Pankreasacbyiie 434.
Scholz, S., Klcinhirncysten 227.
Schossberger, Alexander u. Flcsch,
Armin s. Flesch u. Schossberger.
Schourp u. Freund, Mycosis fungoi*
des 524.
Schröder, G., Centralblatt für die
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Schroeder, W. E., Schädeldefekte 186.
Schrumpf, P., Pathologische Anatomie
der Wurmfortsatzerkrankungen 902.
Schultze, R., Chirurgie des M. Base-
dowii 334.
Schulz, Rückenmarkstumoren 153.
— C., Atropin bei Ileus 836.
Schümann, E. u. Bickhardt, J. s.
Bickhardt u. Schümann.
Schwalbe, J. u. Ebstein, W. s. Eb¬
stein u. Schwalbe.
Scurati, Aneurysma in der Inguinal-
gegend 859.
Sebileau 476, 584.
Sc gal low, E. J., Diabetes insipidus
9 I 5 *
Segre, Mario, Operation bei Appen¬
dicitis 705.
Sehrt, Askaridenerkrankung der Bauch¬
höhle 555.
Seidel, H. u. Braun, W. s. Braun u.
Seidel.
S e 1 1 e i, J., Alkoholbehandlung der
Cystitis 710.
Serafini, G., Ileus gastricus 380.
Seyfried, Johann, Echinococcus am
Zwerchfell 425.
Sharp, J. Gordon, Periarthritis mit
Anämie und Milztumor 468.
Shepherd 124.
—* Chirurgische Behandlung des M. Base-
dowii 121.
— Francis J., Tuberkulöse Geschwüre des
Dünndarms 747.
Short, A. Renolc, Aktinomykose des
Appendix 908.
Sibley, W. Knowsley, Behandlung
der chronischen Obstipation 509.
Sicard, J. A., Quecksilberintoxikation
nach Injektion unlöslicher Präparate
939 .
Siegel, E., Blinddarmentzündung und
Darmkatarrh 702.
— Robert, Branchiales Epitheliom des
Halses 926.
Siegfried, A., Urbanowicz u. Las-
sar, O. s. Lassar, Siegfried u. Urba¬
nowicz.
Simon u. Renard, Durchbruch eines
Aortenaneurysmas ins Pericard 233.
Simonelli, F. u. Bandi, J., Experi¬
mentelle Untersuchungen über Syphilis
793 -
Sicdlecki, M. u. Krzysztalowicz,
Fr. s. Krzysztalowicz u. Sicdlecki.
Simpson, Graham v., Milzexstirpation
wegen Milzruptur 545.
Siragusa, Endotheliom der Pleura 598.
! S j ö w a 11 , S., Bleivergiftung durch Burow-
I lösung 864.
— Chirurgische Behandlung der Peri-
carditis 1x5.
Skarbina, Franz, Emst v. Bergmann
(Bild) 639.
Skirving, A. Scot, Divertikel des
Dünndarms 661.
Slocock, Richard, Gangränöse Appen-
dicitis 909.
Smith, Hugh, Gehirntumor 27.
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Soffiantini, G., Syphilisbehandlung
mit Mineralwässern 207.
So lg er, B., Arsenzoster 516.
Sonnenburg, E., Leukocytenzahlung
bei akuter Appendicitis 575.
le Sourd, L., Thibierge, G. u. Ra*
vaut, P. s. Thibierge, Ravaut u. le
Sourd.
Spangaro, Behandlung von Herzvcr-
letzungen 110.
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