Dr. Rudolf Rei tler, Zwei Versprechen, von denen daa zweite das erste deutet. 651
IY.
Zwei Versprechen, von denen das zweite das erste
deutet.
Von Dr. Rudolf Reitler, Wien.
Einer meiner Patienten befand sich in einem deutlichen Konflikt
zwischen Ablehnung der Freu d'schen Lehren und deren Anerkennung.
Er war einer jener sich überschlau dünkenden Menschen, welche immer
mit überlegenem Lächeln die Gescheiteren sein und deshalb von vorn-
herein die Möglichkeit nicht zugeben wollen, dass ein anderer mehr von
ihrem inneren Seelenleben ergründen könnte, als sie ohnedies von sich
selbst schon wüssten.
Nun häuften sich aber die Beweise für die Richtigkeit der psycho-
analytischen Arbeitsmethode derart, dass mein Patient — allerdings unter
beständiger Wahrung seines ungläubigen Standpunktes — denn doch seiner
Hochachtung vor den geistvollen Konzeptionen Freud's Ausdruck ver-
leihen musste. Aber bei aller Anerkennung der Genialität vertrat er doch
noch immer die Meinung, die Dinge müssten doch nicht gar zu kom-
pliziert erklärt werden, es könne alles viel einfacher zugehen. Zum Be-
weise für diese „einfachen" Erklärungsmöglichkeiten erzählte er mir eines
Tages triumphierend folgendes Versprechen.
Er habe soeben in einer Apotheke gegen seinen Stockschnupfen
Forman- Watte kaufen wollen. Der Apotheker riet ihm aber, er solle es
lieber mit einer Bormentholsalbe versuchen, von der bloss ein stecknadcl-
kopfgrosses Teilchen in die Nasenöffnungen eingerieben werden dürfe.
„Also nur spinatkopfgross ?", fragte der Patient, indem er die kleine
Salbentube misstrauisch betrachtete, „und das soll schon wirken?" „Nur
stecknadelkopfgross", korrigierte der Apotheker. „Nur spinatkopfgross?",
wiederholte kopfschüttelnd mein Patient und merkte erst durch das Ge-
lächter der Umstehenden sein hartnäckig festgehaltenes Versprechen.
Schliesslich Hess er sich doch die schon von ihm erprobte Forman-
Watte geben, da er zu dem neuen Mittel kein rechtes Vertrauen hatte
und beschloss auf dem Wege in meine Ordination, mir sofort dieses Ver-
sprechen zu erzählen, zum Beweise, wie „einfach" alles erklärt werden
könne. Er habe nämlich gerade vorher in einer Restauration zu Mittag
Spinat gegessen und dadurch sei doch sein Versprechen ohne weiteres
hinlänglich verständlich.
„Das Spinatessen", erwiderte ich, „kann doch Ihnen an und für
sich keinen gar so starken Eindruck gemacht haben, dass damit Ihr späteres
Versprechen in der Apotheke genügend erklärt wäre; da muss noch etwas
anderes dahinter stecken." „Absolut nicht", sagte der Patient und lächelte
höhnisch triumphierend. Dieses überschlaue Lächeln kannte ich schon.
Es trat immer dann auf, wenn der Patient einerseits zwischen Misstrauen
zu den Lehren und andererseits Hochachtung vor der Person Prof. F r e u d's
hin- und herpendelte. Ich schloss somit, dass „der Spinat" irgend etwas
ZentralbUtt fflr Psyehonnalyae. II". 46
'4
INTERNATIONAL
PSYCHOANALYTIC
UNIVERSITY
DIE PSYCHOANALYTISCHE HOCHSCHULE IN BERLIN
652 Dr. Rudolf Reitler, Zwei Versprechen, von denen das zweite du erste deutet.
direkt mit der Person Freud's zu tun haben müsse. Und nun fiel mir
ein, den Patienten zu fragen, ob er nicht vielleicht in der Arbeit Freud's
„Über den Traum" .(Grenzfragen zwischen Nerven- und Seelenleben) jenen
Traum gelesen habe, in dem der Professor an der Table d'höte sitzt, es
wird Spinat gegessen usw.
„Richtig ja!" sagte der Patient, „und ich erinnere mich jetzt sogar
ganz deutlich, dass ich mir heute mittags, in der Restauration, als ich
im Zweifel war, welches Gemüse ich wählen sollte, nur deshalb Spinat
bestellte, weil ich gerade vorher im Freud den Spinat gelesen hatte."
Jetzt wäre an mir die Reihe gewesen, überlegen zu lächeln, aber
bevor ich meine Befriedigung äusserte, frug ich zur Vorsicht nochmals:
„Was haben Sie im Freud gelesen ?"
„Den Spinat habe ich gelesen", wiederholte arglos mein Patient.
Er hatte sich also zum zweiten Male versprochen oder präziser
ausgedrückt einen charakteristischen, stilistischen Fehler gemacht. Richtig
hätte er ja doch sagen müssen: „Ich habe ,über' oder ,vom Spinat' ge-
lesen", tatsächlich aber sagte er, er habe im Freud „den Spinat" ge-
lesen. Mein Patient verfügte sonst über eine geradezu tadellose Rede-
gewandtheit, und als icn ihn auf seinen lapsus linguae aufmerksam machte,
wollte er ihn zuerst abstreiten, musste aber, nachdem ich ihn an die
von mir provozierte Wiederholung erinnert hatte, schliesslich doch zu-
geben, dass die fehlerhafte Stilisierung einer unterdrückten Schmähungs-
tendenz entsprang.
In Wien und wohl auch in ganz Süddeutschland dient „Spinat"
ebenso wie „Kohl, Holler, Kraut und Rüben" zur geringschätzigen Be-
zeichnung eines minderwertigen Geistesproduktes. Wenn daher mein
Patient sagte, er habe im Freud „den Spinat" gelesen, so drückte er
damit seine Ablehnung aus und zwar in einer unziemlich geringschätzigen
Form, die er sich im Bewussten nie gestattet hätte.
Die psychischen Zusammenhänge waren nunmehr klar. Am Vor-
mittage empfand er bei der Lektüre der Traumdeutung Zweifel und Miss-
trauen, und als er dann in der Restauration ebenfalls in eine Zweifel-
situation geriet, nämlich welches Gemüse er wählen sollte, wurde aus
naheliegenden Gründen die Erinnerung an den „Freu d'schen Spinat" ge-
weckt. Und später wurde ihm schliesslich in der Apotheke statt der
erprobten Forman-Watte eine ihm unbekannte Salbe empfohlen, die ihm
kein rechtes Vertrauen einflösste. Und dieses Misstrauen in die Heil-
wirkung war das tertium comparationis, welches die Parallele zu der
Freud'schen Psychoanalyse herstellte und zu dem Versprechen „spinat-
kopfgross" statt „stecknadelkopfgross" führte.
Die Analyse wäre jedenfalls nicht so beweiskräftig ausgefallen,
wenn der Patient in der Ordination nicht das zweite Versprechen pro-
duziert hätte, in welchem das Wort „Spinat" in seiner herabsetzenden
Bedeutung angewendet worden war.
Ernst Marcus, Psychische Beeinflussung der Menstruation. 653
Psychische Beeinflussung der Menstruation.
Von Ernst Marcus.
Ein Mädchen verliebt sich in einen Mann, wird jedoch durch ver-
schiedene Umstände gezwungen, ein Jahr lang in einer anderen Stadt
zu leben als er. Dort bleibt ihr die Menstruation aus; der untersuchende
Arzt findet keinerlei organische Ursache. Nach 9 Monaten tritt die Men-
struation wieder ein; das Ausbleiben hat somit Schwangerschaft, also
einen stattgehabten Koitus symbolisiert. Ihre Angabe, dass sie zu jener
Zeit noch keinerlei Koitusgedanken, überhaupt noch keine bewussten
sexuellen Phantasien gehabt hat, gewinnt dadurch einige Wahrscheinlich-
keit, dass sie ohne weiteres zugibt, nach der Trennung recht intime Be-
ziehungen zum Geliebten gehabt zu haben. Sie ist überhaupt gar
nicht prüde.
Dasselbe Mädchen erzählt von einer Bekannten, der auch die Men-
struation 9 Monate lang ausgeblieben ist und sich dann von selbst wieder
einstellte. Über diesen Fall ist mir nichts Näheres bekannt.
In einem dritten Fall erscheint psychische Beeinflussung der Peri-
odendauer wahrscheinlich. Ein Mädchen hat ganz regelmässig zu lange
Perioden, die Menstruation tritt um 3 — 4, manchmal auch um 7 — 8, ja
einmal um 10 Tage verspätet auf. Nun war sie einmal unvorsichtig und
lebt in der grösslen Angst, die Menstruation könnte ihr ausbleiben. Sie
wird nervös, schaut sehr schlecht aus und fürchtet besonders für den
Fall, die Menstruation könnte sich wieder verzögern, in solche Angst
zu geraten, dass sie sich etwas antäte, obwohl vielleicht gar kein Grund
dazu vorhanden wäre. Die Menstruation tritt schon am 27. Tage auf.
Die Annahme, dass sie nur durch ihren intensiven Wunsch den Ablauf
der Periode beschleunigt habe, gewinnt dadurch an Wahrscheinlichkeit,
dass die nächsten Menstruationen wieder verspätet eintreten.
Schliesslich ist mir noch ein Fall bekannt, wo die Menstruation
infolge von Angst verfrüht kam. Ein Mädchen sollte einen nicht ganz
leichten Klettersteig gehen und schämte sich, ihre Angst ihrem Begleiter
zu zeigen. Im letzten Moment kam ihr die Menstruation um 8 Tage
verfrüht. An einen Abstieg auf diesem Wege war demnach nicht zu
denken. Ob der Vorgang nur den Sinn hatte, den Abstieg unmöglich zu
machen, oder ob es sich um einen Vorgang analog den Angstpollutionen
und Angstenuresen gehandelt hat, d. h. ob er auch lustbetont war, mag
dahingestellt bleiben. Hervorheben möchte ich nur, dass das Mädchen
unter jeder Menstruation ausnehmend schwer zu leiden hat.
Zum Schluss möchte ich noch bemerken, dass ich sehr wohl weiss,
dass in allen diesen Fällen die psychische Beeinflussung der Menstruation
nur wahrscheinlich, keineswegs aber gesichert ist.
46*
654 Referate und Kritiken.
Referate und Kritiken.
Bleuler, Dementia praecox oder Gruppe der Schizo-
phrenie. Aus dem Handbuch der Psychiatrie Aschaffenburg's.
Deuticke, Leipzig u. Wien 1911.
Bleuler hebt zuerst die Verdienste K r a e p e 1 i n's hervor, welchem
man die Kenntnis der Krankheitsgruppe verdankt. „Ein wichtiger Teil des
Versuches, die Pathologie weiter auszubauen, ist nichts als die Anwendung
der Ideen Freud's auf die Dementia praecox." (Ref. Züricher Schule,
speziell Jung neben Bleuler.) Bleuler verwirft den so oft miss-
verstandenen Namen Dementia praecox und schlägt Schizophrenie
vor, weil die Spaltung der verschiedenen psychischen Funktionen eine
ihrer wichtigsten Eigenschaften ist. Somit wird das Psychologische in
der Betrachtung des klinischen Bildes in das Zentrum des Interesses
gerückt. — Zuerst werden die Grundsymptome, Störungen der ein-
fachen Funktionen behandelt (in den Assoziationen : Verlust des Zusammen-
hangs; Neigung zu Stereotypien, Sperrung. Affektivität : Gleichgültigkeit
bis zur scheinbaren gemütlichen Verblödung, Defekt der Modulationsfähig-
keit, Verlust der Einheitlichkeit der Affekte). Bei den Störungen der zu-
sammengesetzten Funktionen ist namentlich das Verhältnis zur Wirklich-
keit gestört, das Binnenleben erhält ein krankhaftes Übergewicht (Autismus),
dann die sogenannte Demenz. „Der Schizophrene ist nicht blödsinnig
schlechthin, sondern er ist blödsinnig in bezug auf gewisse Zeiten, Kon-
stellationen, gewisse Komplexe."' Die intellektuelle Leistung wechselt mit
den Komplexen.
Das 2. Kapitel enthält die akzessorischen Symptome (Sinnes-
täuschungen, Wahnideen, Gedächtnisstörungen, Alterationen der Persön-
lichkeit etc.), die körperlichen Symptome, die katatonen Symptome und
die akuten Syndrome, welche sehr sorgfältig und systematisch behandelt
werden; in diesen 100 Seiten steht viel wertvolles psychoanalytisches
Material 1 Bleuler vertritt (2. Abschnitt) seine bekannte Einteilung der
Schizophrenie in die 4 Gruppen: Paranoid, Katatonie, Hebephrenie und
Schizophrenia simplex. Die Schizophrenie umfasst für ihn die Mehrzahl
der bisher als funktionell bezeichneten Psychosen; „sie ist nicht vor-
läufig als Spezies einer Krankheit aufzufassen, sondern als Genus, im
gleichen Sinne wie die organischen Geisteskrankheiten". „Innerhalb dieser
Gruppe kennen wir noch keine natürlichen Grenzen; was man bis jetzt
für Grenzen ausgab, sind Grenzen von Zustandsbildcrn, nicht von Krank-
heiten." Bleuler erkennt keine absolute Abgrenzung nach dem Nor-
malen,, sondern im Gegenteil alle Übergänge der Schizophrenie zum Nor-
malen. Latente Schizophrenien mit sehr wenigen Symptomen können unter
verschiedenen Einflüssen akut werden. Der Kraepelin'sche präsenile
Beeinträchtigungswahn gehört zur Schizophrenie, ein grosser Teil der
ganz schlimmen Formen der Zwangszuständc, der sogenannten juvenilen
Psychosen, ebenso. — Die Differentialdiagnosc wird sehr ausführlich be-
handelt. Von den Schizophrenen sind 90°/o erblich belastet; andere mög-
liche ätiologische Momente werden besprochen; psychische Ursachen der
Krankheit selbst nimmt Verfasser als sehr unwahrscheinlich an; „psychi-
Referate und Kritiken. 655
sehe Erlebnisse können aber unzweifelhaft schizophrene Syndrome be-
wirken". Bleuler bekennt offen unsere gründliche Unwissenheit in
Sachen der wahren Ätiologie Der 10. Abschnitt behandelt die
Theorie der Psychopathologie der Schizophrenie. Bleuler führt, wie
oben erwähnt, eine ganz neue Einteilung der Symptome (primäre und
sekundäre) ein. Fast die gesamte bis jetzt beschriebene Symptomatologie
der Dementia praecox ist eine sekundäre, in gewissem Sinne zufällige.
Zu den primären Symptomen zählt Bleuler gewisse körperliche Sym-
ptome (gewisse Fälle von Hirnlähmung und Stoffwechselstörung, die
Pupillendifferenz, der Tremor in akuten Zuständen, Anomalien des Vaso-
motorius, die Ödeme), manche katatonen Anfälle und im psychischen ein
Teil der Assoziationsstörung, „soweit es sich um Herabsetzung und
Nivellierung der Affinitäten handelt". (Bleuler spricht auch von einer
primären Lockerung der Assoziationen), Benommenheitszustände, manische
und melancholische Anfälle, mit Jahrmär ker nimmt Bleuler als
wahrscheinlich an, dass eine Disposition zu Halluzinationen und zur
Stereotypie zu den primären Symptomen gehören. Auf dieser Grundlage
würden sich nach Verfassers Ansicht die bekannten sekundären Symptome
entwickeln, die psychischen Konflikte wickeln sich in einem schon spezi-
fisch veränderten Milieu ab. „Die Spaltung ist die Vorbedingung der
meisten komplizierten Erscheinungen der Krankheit; sie drückt der ganzen
Symptomatologie ihren besonderen Stempel auf. Hinter dieser syste-
matischen Spaltung in bestimmte Ideenkomplexe aber haben wir vorher
eine primäre Lockerung des Assoziationsgefüges gefunden, die zu einer
unregelmässigen Zerspaltung so fester Gebilde wie der konkreten Begriffe
führen kann. Mit dem Namen der Schizophrenie wollte ich . beide Arten
der Spaltung treffen, die in ihren Wirkungen oft in eins verschmelzen."
Die Genese des Inhaltes der Wirklichkeitstäuschungen (317 — 356)
enthält einen wichtigen Anteil B 1 e u 1 e r's und Jung's am psycho-
analytischen Aufbau der Dementia praecox-Symptomatologie. „Der sexu-
elle Komplex steht meist im Vordergrund, bei vielen Kranken konnten
wir ausschliesslich sexuelle Komplexe finden. So sehr wir uns dagegen
sträubten, wurden wir um so sexueller in unserer Auffassung, je mehr
Erfahrung wir hatten. Ich muss namentlich gegenüber Einwänden, die
oft gemacht werden, betonen, dass wir uns mehr als genug gehütet haben,
die Kranken durch unsere Fragen auf das sexuelle Gebiet zu führen.
Immerhin kommen, namentlich bei Männern, seltener bei Frauen, auch
andere Komplexe zur Geltung, ohne dass die Sexualität anders dabei
beteiligt wäre, als wie bei jedem beliebigen Gedanken, der natürlich auch
seine Assoziationen an diesen grössten Ideen und Gcfühlskomplexcn hat;
bei einzelnen Männern wurde der sexuelle Komplex durch die anderen
gerade in den Hintergrund gedrängt. Trotz der vielen Einzelheiten, die
uns die Psychoanalyse aufgeklärt hat, wäre es noch zu gewagt, die ganze
Symptomatologie unter einem einheitlichen Gesichtspunkte zusammen-
fassen zu wollen. Eine vorläufige Formulierung unseres Wissens mag
aber am Platze sein. Die in die Augen fallende Symptomatologie ist sicher
zum Teil (möglicherweise ganz) nichts anderes als der Ausdruck eines
mehr oder weniger verunglückten Versuches, aus einer unerträglichen
Situation herauszukommen" (Autismus, Dämmerzustände, Flucht in die
Krankheit). Zusammenfassend drückt sich Bleuler folgendermassen aus :
„Wir nehmen einen Prözess an, der direkt die primären Symptome macht;
G56
Referate und Kritiken.
die sekundären Symptome sind teils psychische Funktionen unter ver-
änderten Bedingungen, teils die Folgen mehr oder weniger raissgluckter
oder auch geglückter Anpassungsversuche an die primären Störungen."
Vielleicht ist die Hirnstörung auf eine schemische oder anatomische
Ursache zurückzuführen? So wirken am häufigsten beide Ursachen bei
Kreierung der psychotischen Symptomkomplexe zusammen. . . . „Was der
schizophrene Krankheitsprozess ist, das wissen wir nicht." Die Deutung
der anatomischen Befunde ist unbekannt. Die Therapie kann den
Umständen gemäss nur kurz behandelt werden: Erziehung und Herstellung
des Kontaktes mit der Wirklichkeit ist die allgemeine Aufgabe der Be-
handlung.
Die Schizophrenie Bleulers ist ein grundlegendes Werk, welches
eine grosse Objektivität und ein umfangreiches Wissen (die Bibliographie
umfasst 850 Nummern) mit Vertiefung und Bereicherung des Stoffes
vereinigt. A. Mae der.
Drs. Menzerath et Ley, L'etude experimentale des asso-
ciations d'idöes dans les mala dies mentales. Imprimerie
. van der Haegben, Gand. Rapport presente au VI Congre beige de
Neurologie et de Psychiatrie.
Die Verfasser heben die Bedeutung der Assoziationsexperimente für
die Psychiatrie hervor. Die Methode hat den Nachweis der „unbe-
wussten Assoziationen" geliefert, ihren Einfluss auf das „soziale und
geistige Verhalten" des Individuums, ihren Wert für die Erforschung der
Affektivität gezeigt. „Der Assoziationsversuch ist ein ausgezeichnetes
Instrument der Psychoanalyse geworden." Die Verfasser besprechen
kurz und bestätigen im ganzen die Resultate der Zürcher Schule; sie gehen
nirgends über dieselben hinaus 1 ). Aus diesem Grunde eignet sich das
Buch als erste Einführung für französische Leser in das grosse Gebiet
der Komplexforschung. Es ist schade, dass die Autoren vor der Deutung
der Symbole, welche in den von ihnen aufgenommenen Assoziationen
zahlreich vertreten sind, Halt gemacht haben; vieles wäre ihnen nicht
entgangen, was so deutlich zu sehen ist. Die belgischen Kollegen wollen
bei den Assoziationen der Dementia praecox- Kranken keine Äusse-
rungen der Affektivität gefunden haben (im Gegensatz zu Jung). Dabei
vergessen sie, dass sie selbst verschiedene Male z. B. auf das Lachen
der Versuchspersonen aufmerksam gemacht haben, welches gewiss eine
Äusserung des Affektes ist; die von ihnen häufig nachgewiesene „Komplex-
hemmung" ist auch ein Affektvorgang. Wenn sie manchmal Komplexe
bei den Schizophrenen nicht gefunden haben, ist es einfach, weil sie sie
nicht gesehen haben; denn sie sind in ihren Assoziationen nachweislich
enthalten. Sie haben vor der Inkohärenz Halt gemacht, ohne sich zu be-
mühen, diesen scheinbaren Unsinn zu enträtseln. Hinter den mehrfach
konstatierten „Wiederholungen" des Reizwortes (Haftenbleiben) stecken
z. B. im Falle 5 deutliche Komplexäusserungen. Die 5. der Schluss-
bemerkungen: Die Verlängerung der Assoziationszeit könne andere als
Komplexursachen haben, z. B. bei Kranken, welche einem besonderen Be-
i) Die bekannte Arbeit des Utrechter Arztes Schnitzler gegen die Kom-
plexdiagnoatik wird alß eine Experimentalstudie mit »manifeBter Voreingenommen-
heit" mit Recht charakterisiert.
Referate und Kritiken, 667
dürfnis gehorchen intelligente Antworten zu geben, beruht auf einem
Missverständnis. Diese Einstellung des Kranken ist eben der Ausdruck
eines Intelligenzkomplexes (deswegen die Verlangsamung), wie
der technische Ausdruck lautet. Dieser Komplex zwingt seinen Besitzer
ein besonderes Verhalten anzunehmen, das sich im Leben ebensowohl
wie im Experimente zeigt.
Menzerath und L e y haben den Wert der Assoziationen für eine
verfeinerte Diagnostik mancher unklaren Krankheitsbilder (Mischzustände
des manisch-depressiven Irreseins, latente Schizophrenien etc.) gut er-
kannt und sich dessen bedient.
Die Verf. machen auf eine mögliche Fehlerquelle in der Aufnahme
der Assoziationen aufmerksam; nämlich die mehr oder weniger unbewusste
Betonung einzelner komplexanregenden Reizwörter seitens des Experi-
mentators. Aus dem Grunde hat Menzerath die optische Methode
(mittels des Kartenwechslers) eingeführt und empfängt die Schallwellen
(die Reaktion) in einem R ö m e r'schen Schalltrichter. Durch diese tech-
nische Vervollkommnung ist eine grössere Objektivität in der Führung des
Experimentes ermöglicht. Allerdings bleibt eine Seite der Frage un-
beachtet, und zwar der Einfluss dieser komplizierten Apparate auf die
Einstellung des Kranken. Die Atmosphäre des Laboratoriums dürfte im
allgemeinen auf den Kranken nicht sehr günstig einwirken und dadurch
ein künstliches Element in das Experiment einführen, dessen Bedeutung
zu untersuchen wäre. Der Modus operandi J ü n g's ist so einfach und
natürlich wie möglich.
Trotz dieser geringen Einschränkungen ist das Werk Menzerath's
und L e y's sehr zu begrüssen. Es ist ein fruchtbarer Weg, den die Autoren
gehen. A. Maeder.
Psychische Studien. Monatliche Zeitschrift. 3. Heft, 39. Jahrgang.
Leipzig, Oswald Mutze.
Das Heft enthält unter anderem einen Aufsatz von Schrcnck-
Notzing: „Die Phänomene des Mediums Linda Gazerra", in dem der
Verfasser — ohne die mediumistische Fähigkeit der genannten Italienerin
zu negieren — doch die bisher veröffentlichten Beweise hierfür als un-
genügend bezeichnet. Ausserdem findet sich eine Mitteilung von Dr. Franz
Freudenberg über Krall's Buch „Denkende Tiere. Beiträge zur
Tierseelenkunde auf Grund eigener Versuche", in dem bewiesen sein soll,
dass sich im Tier „alle psychischen Fähigkeiten des Menschen, sowohl die
intellektuellen als auch die moralischen" vorfinden, wenn sie geweckt
werden. Gaston Rosenstein.
„Psiche." Rivista di studi psicologici. Firenze, Via degli Alfani 46.
Eine neu erschienene italienische Zeitschrift, die sich die Ver-
breitung psychologischer Kenntnisse zur Aufgabe macht. I. Heft (Jänner-
Februar 1912). Dieses enthält: Einen Aufsatz von Guido Villa über
Introspektion. Gegenüber den deutschen Experimentalpsychologen will der
Autor die synthetische Betrachtung der Psyche mehr in den Vordergrund
rücken und der Introspektion zu ihrem Rechte verhelfen. — Francesco
de Sarlo schreibt über das Werk Alfre.d Binet's. — Antonio
Renda publiziert einen Artikel über die Irrtümer der Psychologie und
658 Referate und Kritiken.
fordert Aufstellung von Regeln, um die Täuschungen der Selbstbeobachtung
zu korrigieren, z. B. die Berücksichtigung einer Art „persönlicher Gleichung"
für den Psychologen. — Ein Vortrag G. Heyman's über das künftige
Zeitalter der Psychologie ist ins Italienische übersetzt. — Assagioli
bespricht die Chancen der psychologischen Forschung in Italien.
II. Heft (März-April 1912). Das vorliegende Heft beschäftigt sich
mit dem Unbewussten und der Psychoanalyse. Eine Arbeit von Professor
Enrico Morselli berichtet über Jung's Assoziationsmethode. Der
Autor erhebt dagegen mehrere Einwendungen, er greift das Jung'sche
Ueizwortschema an, meint, man müsse auf gewisse Komplexe schon durch
die Wahl des Reizwortes Rücksicht nehmen, sonst kämen keine Komplex-
reaktionen zustande und glaubt, dass der Konflikt zwischen verschiedenen
indifferenten Prädikaten, die alle zum Reizworte einfallen, eine Verlänge-
rung der Reaktionszeit bewirke, so dass aus dieser nicht immer auf
Komplexe zu schliessen sei. Sonderbarerweise betrachtet er die J u ng'schen
Assoziationsexpcrimente als eine, unwesentliche Veränderung der bisher
von anderen durchgeführten Experimente; die Technik hält er für sehr
unvollkommen. Assagioli antwortet im selben Hefte und rechtfertigt
die Methode, indem er unter anderem auf die erheblichere Verlänge-
rung der Reaktionszeit nach Komplexen im Gegensatze zu der Verlängerung
nach anderen störenden Ursachen hinweist. — Weiterhin schreibt Assa-
gioli über die Psychologie des Unbewussten und stellt die Entwicklung
und die wichtigsten Lehren der Freud'schen Psychoanalyse dar. Einen
grossen Teil der Gesetze und Mechanismen bestätigt er durch eigene
Erfahrung, aber er erhebt Bedenken gegen einige unbewiesene Symbol-
deutungen und insbesondere gegen die Zurückführung höherer geistiger
Tätigkeiten auf sexuelle Triebfedern; damit greift er die in der Psycho-
analyse seiner Meinung nach zur Gewohnheit gewordenen oberflächlichen
Erledigungen schwerwiegender philosophischer und religiöser Probleme an.
Die Therapie zerlegt er in zwei Teile. Der erste Teil soll die Verdrängungen
aufheben, der zweite Teil soll sich mit der Reedukation des Patienten
beschäftigen, die entgegengesetzten Tendenzen in ihm angleichen und
seine Fähigkeit zur Hemmung und Selbstkontrolle stärken. Das psycho-
analytische Verfahren scheint ihm für den ersten Teil der Behandlung
sehr vorteilhaft, aber zur „psychagogischen" Beeinflussung ungenügend.
Bezüglich seiner Stellung zum Unbewussten vertritt er die an anderem
Orte 1 ) mitgeteilte Ansicht, dass es ein Unbewusstes im eigentlichen Sinne
des Wortes nicht gibt, sondern nur ein „Nebenbewusstes", ein uns nicht
bewusstes Bewusstsein, ein zweites Bewusstseinszentrum. —
Wir können auf die verschiedenen Einwände hier nicht näher ein-
gehen, sie tnüssten mit grosserer Ausführlichkeit, als im Rahmen eines
Referats möglich, behandelt werden; zum Teil treffen sie ja tatsächlich
Fragen über den Wirkungsbereich der Psychoanalyse, die in Zukunft aus-
führlich diskutiert werden müssen. Nur einen Punkt wollen wir ganz
in Kürze aufgreifen : Assagioli streitet der Wissenschaft das Recht
ab, in Problemen der sexuellen Ethik zu entscheiden, denn eine „Wertung"
könne nur das „moralische Bewusstsein" vollziehen. — „Entscheiden"
will nun die Psychoanalyse zunächst auch nichts, aber es ist gänzlich
1) ,11 8ubcosciente". Firenze, Biblioteca FiloBofica, 1911. Referat im Zentral-
blatt für Psychoanalyse. IL Jahrg.
Referate und Kritiken.
659
unerfindlich, warum die Psychologie und insbesondere die Psychoanalyse,
die schon wertvolle Vorarbeit geleistet hat, vor dem Problem derWertung
und des moralischen Bewusstseins Halt machen sollte. Es ist
auch nirgends ersichtlich, wo die Grenze liegt zwischen der „berechtigten
Bekämpfung pseudomoralischer Vorurteile" und der „unberechtigten Ent-
scheidung in Problemen der Sexualethik". Übrigens hat die Psychoanalyse
ethische Entscheidungen niemals geliefert, wohl aber ist es ihre Aufgabe,
zu untersuchen, wie die Entscheidungen in jedem einzelnen Falle durch
das Unbewusste determiniert werden.
Das Heft enthält ausserdem eine von Assagioli ins Italienische
übersetzte frühere Arbeit Freud's über Psychoanalyse und eine Biblio-
graphie der bisher erschienenen wichtigsten psychoanalytischen Schriften.
Gaston Rosenstein.
Dr. C. Widmer - Zofingen , Die Rolle der Psyche bei der
Bergkrankheit und der psychische Faktor bei Steig-
ermüdungen. Münch. med. Wochenschr. 1912, Nr. 17.
Verf. schildert Beobachtungen, die er bei ca. 50 Sportsexpedilioncn,
die meist in Höhen von 2000, oft auch 3000 Meter führten, und bei Militär-
übungen gemacht hat. Er findet als Basis aller Ermüdungsvorgänge die
Psyche und konstatierte bemerkenswerte Gedächtnisstörungen bei Berg-
touren: ein Botaniker hat beispielsweise den Namen einer Ijekannten
Pflanze vergessen, ein Arzt kann das Wort für Eosin nicht mehr finden.
Ganze Lebensperioden sollen sogar dem Bewusstsein verloren gehen
können^ so dass normale Menschen imstande seien, Kartengrüsse an Ver-
storbene, z. B. an abgeschiedene Mütter und Frauen zu richten. Verfasser
findet für diese, nicht im einzelnen analysierten Erscheinungen, bei denen
so offenkundig die Wunscherfüllung des Unbewussten tätig ist, die all-
gemeine Erklärung, dass die psychische Sphäre eingeengt und viel Ober-
flächliches an Bildung, Anstand, Sittlichkeit wcggeschmolzen sei, während
nur das bleibe, was den einzelnen „nahe angehe".
Auffallend war ihm das unvermutete Zutagetreten der Sexualität
auch „bei Personen von bester Erziehung und tiefsittlichein Empfinden".
„Es ist dann, als wäre nichts anderes mehr da, wovon man sprechen
könnte", und wie der Tourist vorher dem vergessenen Namen nachstudi^rt
habe, so suche nun das zutage getretene Sexualgefühl nach den Vor-
stellungen, die es eben noch in Zucht und Schranken hielten. In diesen
letzteren seien die Elemente der Er/.iohung und Bildung auffallend wenig
zu finden, dafür aber irgend ein dunkles Axiom, dem sich das Individuum
mit seiner Moral und seinem Sexualgcfühl verpflichtet glaube, und von
dem es seine Sexualsphäre immobilisieren und seinen ganzen Lebens-
inhalt dominieren lasse. Ohne Mühe könne dieses Axiom auch als gesund-
und krankmachendes Motiv für viele organische Affektionen erkannt werden.
Den Ausfall an Vorstellungskomplexen, der die Gedächtnisstörungen
bedingt, betrachtet Verf. als weise Zweckmässigkeit, da dadurch vielerlei
Motivierungen zu Willensimpulsen wegfallen und der herrlichen Automatic
des Unterbewussten Platz machen. Das Merkbarwerden dieser letzteren,
welche Gleichgewicht, Tempo und Rhythmus der Körperarbeit von selbst
reguliert, sei das, was. die erstaunliche Leichtigkeit und die felsenfeste
Sicherheit in den Bergen verleihe. Die Bergkrankheit bestehe darin, dass
660 Referate and Kritiken.
das „Unterbewusste plötzlich durch einen Zufall durchlöchert und vom
Bewusstsein kontrolliert werde", mit anderen Worten, dass das gefahr-
volle oder mühselige der Situation plötzlich vom Bewusstsein registriert
werde.
Die interessanten Ausführungen berühren die Probleme bloss, ohne
sie zur Lösung zu führen. Der Name Freud's ist nirgends genannt; wären
seine Forschungen nicht schon lange bekannt, so möchte man von einer
teilweisen Vorahnung derselben reden. Interessant ist der Unterschied
in der Auffassung der Bergkrankheit und konsequenterweise der Unfälle
in den Bergen, die von der Freu d'schen Schule für Wirkungen unbe-
wusster Komplexe gehalten werden, während sie der Verf. aus dem Auf-
hören der Herrschaft des Unterbewussten herleitet. Doch dürfte zwischen
Freud's Unbewusstem und des Verf. Unterbewusstem ein wesentlicher
Unterschied bestehen. — Das die Sexualgefühle beherrschende „dunkle
Axiom" des Verf. ist nicht erst, wie er sagt, beim 20 jährigen Unteroffizier
und dem 15 jährigen Backfisch zu finden, sondern es ist von Freud
schon bei dem 5 jährigen Hans in Wirksamkeit gezeigt worden, wo von
Einfluss der Erziehung und Bildung allerdings noch kaum gesprochen
weiden kann. Freud und seine Schule haben es aufgeklärt und seine
phylogenetische und volkspsychologische Wurzel nachgewiesen.
Dr. Marg. Stegmann, Dresden.
Dr. J. Monrly Vold, „Über den Traum". Experimental-
psychologische Untersuchungen. Herausgegeben von 0.
Klemm, Privatdozent an der Universität Leipzig. Zweiter Band.
Leipzig 1912. Verlag von Johann Ambrosius Barth. Preis geh. Mk. 11.—
Von dem umfangreichen Werk des verstorbenen norwegischen Philo-
sophen und Psychologen John Mourly Vold über den Traum liegt
nun der zweite (letzte) Band vor. Die Zusammenstellung der Arbeit aus
dem hinterlassenen Schriftenmaterial besorgte auf Wunsch der Schwester
des Verstorbenen Privatdozent 0. Klemm.
Bevor ich auf die Besprechung des zweiten Bandes eingehe, muss
ich zur Information des Lesers einige Worte über den ersten sagen, nicht
ohne gleich vorauszuschicken, dass der zweite Band grossenteils weit
interessanter und inhaltreicher als der erste ist, den man als eine starke
Zumutung an die Geduld des Lesers bezeichnen muss.
Mühsam und unter langatmigen, sich beständig wiederholenden und
nach allen Richtungen verflechtenden methodologischen Erörterungen wird
im ersten Band in mehreren hundert Druckseiten etwas bewiesen, das
ohnehin niemand bezweifelt; nämlich dass somatische Reize in den Inhalt
der Träume eingehen. Der Verfasser wandte zum Erweise dieser Tatsache
Reizungen der Füsse der Versuchspersonen an; es wurden entweder die
Fussgelenke (eines oder auch beide) für die Nacht mit einem Band um-
wunden oder aber die Füsse in Strümpfe gesteckt. Dann wurden die
Träume der Versuchsnächte mit solchen anderer Nächte verglichen und
ihr erhöhter Gehalt an solchen Momenten konstatiert, welche auf die
Fussreizung mehr oder minder deutlich hinweisen. In einer Zusammen-
fassung der Ergebnisse von Versuchen mit Reizung einer Unterextremität
heisst es (Bd. I S. 214) bezüglich dieses Hinweises: „Am bestimmtesten
trat der Reizcharakter derjenigen Traumpunkte hervor, in denen das
Referate and Kritiken. 661
Subjekt oder Andere starke rhythmische Untergliedbewegungen (wie Laufen)
. . . zeigten — von solchen „starken" Punkten enthielt die Versuchsreihe
zwölfmal soviel als die Normalreihe — , schwächer trat der Reizcharakter
der verwandten schwächeren Bewegungen (wie einfaches Gehen) und
Positionen (wie einfaches Stehen) hervor; am schwächsten . . . erschien
der Versuchscharakter der abstrakten und dinglichen auf die Bewegungen
hinweisenden Motive." Aus den Ergebnissen der Versuche mit Reizungen
beider Füsse sei folgendes zitiert 1 ): „Das Träumen einer Passivbewegung
[z. B. Reiten, Fallen] wird durch eine Reizung der Füsse (Beine) aus-
gelöst, indem die von diesen ausgehende Spannung sich auf den Gesamt-
körper fortpflanzt. Die meisten passiven Bewegungen im Wachzustande
beziehen sich entweder auf beide Füsse (Unterglieder) oder auf keinen
von diesen. Daher werden die auf beide Füsse (Beine) bezüglichen Passiv-
bewegungen im Traume vornehmlich durch eine Reizung beider Füsse
(Beine) ausgelöst." Es lässt sich nicht leugnen, dass in Beobachtungen,
wie den hier beispielsweise angeführten, gewisse bisher nicht bekannte
Feinheiten liegen. Von einem der Form nach so gross angelegten Werk
wie M o u r 1 y V o 1 d's ist man jedoch geneigt, mehr zu erwarten als einige
Subtilitäten innerhalb eines an sich recht untergeordneten Gebietes. Wenn
noch angedeutet worden wäre, dass die Untersuchungen sich nicht mit
dem inneren Wesen der Träume, sondern mit den Bausteinen derselben
befassen. Davon ist aber nicht die Rede.
Der' Herausgeber mochte wohl selbst den Mangel gefühlt haben.
Anstatt nun das Unerlässliche zu tun und zu den von Freud nun einmal
gemachten grundlegenden Entdeckungen in irgendein ausgesprochenes Ver-
hältnis zu treten, hat er es für angebracht gefunden, in der Vorrede zum
zweiten Band folgendes zu sagen:
„. . . Besonders in unserem Zeitalter der Traumanalyse, wo nament-
lich bei vielen, die in dem Fahrwasser der Freu d'schen Psychoanalyse
segeln, sich Hypothesen und Beobachtungen oft ununterscheidbar mischen,
werden dio Untersuchungen Mourly Vold's mit ihrer schlichten Mit-
teilung des empirischen Materials und ihren vorsichtig abgewogenen Inter-
pretationsversuchen sich dauernd ihre Stellung behaupten."
Das ist freilich bequem. Selbst zugegeben, dass mancher unberufene
Vertreter der Psychanalyse in ihrer Anwendung übers Ziel schiesst: darf
deshalb die Sache selbst ignoriert werden? Es liegt im Wesen "einer
neuen Wissenschaft, sich tastend vorwärts zu bewegen. Untersuchungen
wie jene Mourly Vold's haben es dagegen leicht, sich in den aller-
sichersten Bahnen der Statistik zu bewegen. Und trotz ihrem Anschein
der Unangreifbarkeit wären sie an verschiedenen Stellen anfechtbar, wenn
man so ganz penibel sein wollte. Um nur eins zu erwähnen: es wird
bei der Wertung des Einflusses der den Traumnächten vorhergehenden
Tageserlebnissen die Periodenlehre nicht berücksichtigt; weder experi-
mentell noch rein theoretisch. Es widerstrebt mir aber, kleinlich zu
mäkeln.
Die erste Hälfte des zweiten Bandes bringt, kurz gesagt, eine Fort-
setzung der Körperreizversuche neben zufälligen Beobachtungen und
solchen an kranken Personen. Die Versuche mit Handreiz ergeben im
') Die Beispiele in eckigen Klammern rühren von mir her.
662
Referate und Kritiken.
allgemeinen ähnliche Gesetzmässigkeiten wie jene mit Fussreiz. Sehr
hübsches Material bringen die Rückenreiz-Träume des Verfassers.
Das Interessanteste enthalten die letzten beiden Kapitel. Nicht, dass
sie etwas den Psychanalytikern wesentlich Unbekanntes brächten; aber
sie bieten schönes Material und auch einige daraus gezogene Folgerungen
zur Bestätigung mancher Erfahrungen und manchen Satzes. So wird
z. B. der vorwiegend erotische Charakter des Schwebetraumes erkannt
(der zumeist ein Erektionstraum ist, worin MourlyVold und Dr. P a u 1
Federn übereinkommen). Es werden Träume mitgeteilt, welche die von
mir im Jahrbuch für psychoanalytische und psychopathologische For-
schungen 1911 erläuterte Schwellensymbolik aufweisen, und entsprechend
interpretiert. Es werden ganz feine Bemerkungen über das Sprechen im
Traum gemacht; es wird der habituellen Träume gedacht und schliesslich
auch das Problem der Vererbung von Träumen angeschnitten.
Das Überraschendste aber ist, dass der Autor mit seiner „schlichten
Mitteilung des empirischen Materials und ihren vorsichtig abgewogenen
Interpretationsversuchen" dazu kommt, just eine der gewagtesten Ver-
mutungen einiger Psychanalytiker wahrscheinlich zu machen: dass näm-
lich in manchen Träumen Erinnerungen an die eigene Geburt auftauchen.
Herbert Silberer.
Prof. H. Vogt, Über Erziehung der Gefühle. Kritische Be-
trachtungen zur modernen Psychotherapie. Med. Klinik. Nr. 15. 1912.
Der Aufsatz ist im wesentlichen eine Polemik gegen D u b o i s , der
als Ursache der Neurosen Denkfehler annehme. Seine Auffassung sei
rein „intellektualistisch", woran auch seine „Dialektik der Gefühle" nichts
ändere. Das Dogma von der Heilung durch Belehrung sei nicht aufrecht
zu erhalten. Man wirke nur durch das Gefühl auf das Gefühl.
„Und so — fährt Vogt fort — kann auch der erfolgreiche, mit-
fortreissende Arzt, der vielen hilft, sie „belehrt", erzieht, überredet, sie
aufrichtet, tröstet, ihnen Lebensklugheit verleiht, der Gefühlswirkung nicht
entraten. Er nähert sich damit dem suggestiven Moment, das Dubois
aus seiner ganzen Lehre und angeblich auch aus seiner praktischen
Tätigkeit mit grosser Leidenschaft verbannt. Es ist wohl heutzutage kein
Zweifel mehr darüber, dass eine strenge Trennung der suggestiven und
der rein logisch belehrenden Vorgänge in der Erziehungstherapie über-
haupt nicht durchführbar ist, dass das inadäquate Moment überall in das
adäquate ohne scharfe Grenzen überfliesst. Ohne alle Frage liegt in der
praktischen Seite der Dubois'schen Therapie eine ganze Reihe von
suggestiven Momenten, denn schon der affektiv mitfortreissende, sich um
das Schicksal seiner Kranken eingehend kümmernde, tröstende und be-
lehrende, menschenfreundliche Arzt kann das' Suggestivmoment von sich
nicht abstreifen. Wozu auch? Und wozu etwas von sich stossen, dem
wir alle, von der Wiege bis zum Grabe, unterworfen sind und dem wir
wohl einen Teil des Besten in uns verdanken? In gewiss weitestem Sinne
machen wir den Kranken, sei es durch die Ausschaltung der Hemmungen
im hypnotischen Schlafe, sei es durch den Appell an das Gefühl in der
affektiv mitfortreissenden lebendigen Rede, eben empfänglich oder, wenn
wir wollen, suggestibel für das, was wir ihm sagen, wir machen ihn
empfänglich für gute Lehre, für Trostworte, für die Kraft des inneren
Referate and Kritiken. 663
Widerstandes, für die frohe, vorschauende Lebensbetrachtung, für einen
gewissen Stoizismus im „Kampfe mit dem verfluchten Objekt". Das alles
liegt aber nicht allein in der kühlen, logischen Denkarbeit, es wird erst
fruchtbar durch den Appell an das Gefühl, durch die Erziehung der
Gefühle."
Wir sehen, dass Vogt sich ganz auf dem Standpunkt der Psycho-
analyse gestellt hat, die er nicht nennt und erwähnt, als ob sie nicht
existieren würde — und das Phänomen der Übertragung mit zahmen Worten
umschreibt. Uns ist aber jede Bestätigung willkommen, mag sie von
welcher Seite immer zuströmen. S t e k e 1.
Dr. Oskar Simon, Arzt in Karlsbad, „Die Karlsbader Kur im
Hause." Berlin 1912. Julius Springer.
Wir entnehmen zur Charakterisierung der trefflichen Schrift des
bestbekannten Internisten und Chemikers folgende Stelle: „Angeregt
durch die Untersuchungen F r e u d's über die Konversion psychischer
Erlebnisse in Störungen der physiologischen Magenfunktionen bei der
Hysterie, fahndete ich nach ähnlichen Momenten bei der nervösen
Dyspepsie und war überrascht, wie ungeheuer häufig der nervöse
Dyspeptiker mit Abnormitäten seiner Vita sexualis im Kampfe liegt,
wie oft der Coitus interruptus, Syphilidophobie und ganz besonders die
Onanie die Quelle aller Leiden ist. Speziell bei der nervösen Dyspepsie
des jugendlichen Mannesalters zwischen 20 und 30 Jahren kann man fast
mit Sicherheit dem Patienten gegenüber, auch ohne Eingeständnis des-
selben, Aberrationen seines Trieblebens behaupten. Ohne Psychoanalyse
im Sinne F r e u d's zu betreiben, konnte ich durch blosses Betonen der
Wichtigkeil: und Examinierens in bezug auf das Sexualleben das Ver-
trauen der Kranken, die sich erkannt sahen, gewinnen und damit die halbe
Heilung erzielen. Die Konversion eines psychischen Ekels nach einem
Schock in physisches Unbehagen und Verringerung des Appetits mit Herab-
setzung der sekretorischen Magenfunktionen lässt vieles Dunkle in der
Mechanik des Zustandekommens der nervösen Dyspepsie aufhellen. Es
ist jedenfalls das grosse Verdienst Freu d's, die üblichen leeren Schlag-
worte von Überarbeitung, Sorgen und fehlerhafter Ernährung als die
wichtigsten Ursachen der Neurasthenie im allgemeinen, ebenso die Über-
treibung der L a h m a n n'schen Prinzipien in ihrer allgemeinen Geltung
erschüttert zu haben und Störungen des intensivsten Triebs, wie sie nur
zu oft als Folge unserer ganzen gesellschaftlichen Einrichtungen eintreten
müssen, als die Hauptquelle der Neurosen und damit auch der nervösen
Dyspepsie erkannt zu haben." Dr. E. Hitschmann.
Jan Nelken, „Psychologische Untersuchungen an De-
mentia p raecox- K r an k en." Journal f. Psychol. u. Neurol.
1911, Bd. 18.
Der Zweck der schönen Arbeit ist, die Resultate der Psychoanalyse
eines einfachen, klinischen Falles von Schizophrenie zu zeigen. Viele
psychische Mechanismen, welche dieser Psychose, den Neurosen und den
Träumen Normaler gemeinsam sind, zeigen sich besonders lehrreich in
diesem Fall, so in erster Linie die Verdrängung und die Wunscherfüllung.
Diese Psychose ist eigentlich eine mittels dem Patienten fast durchsichtiger
664
Referate und Kritiken.
Symbolik durchgeführte Abreagierung des Verdrängten, eine hindernislose
Wunscherfüllung alles (hauptsächlich sexuell) in der Realität Entbehrten.
Die Psychoanalyse konnte alle Symptome streng determinieren, jede Wahn-
idee, jede Halluzination. Die Versündigungs- und Verunreinigungsideen
der Patientin stehen in Zusammenhang mit dem Onanie- und Schwanger-
schaftskomplex. Dr. E. Hits ch mann.
Dr. M. Friedmann, Über die Psychologie der Eifersucht.
Grenzfragen des Nerven- u. Seelenlebens, Nr. 82. J. F. Bergmann,
Wiesbaden.
Dr. K. Birnbaum, Krankhafte Eifersucht und Eifersuchts-
wahn.
Arbeiten, die nicht schlecht die Erscheinungen der Eifersucht, nament-
lich in der Pathologie beschreiben, die aber trotz aller Definitionen,
trotz Berichten über die Eifersucht im Tierreich oder die Entwicidung
der Eifersucht im Gange der Kulturentwicklung von einem psychologischen
Tiefergehen ins Problem nichts ahnen.
Wer bei diesem Thema nicht den Ursprüngen der Regung im Kinde
nachspürt, den Ödipus-Komplex, die Eifersucht zwischen Geschwistern im
„Familienroman", den Einfluss homosexueller Neigung heranzieht, muss
an der Oberfläche dieser psychischen Erscheinung verbleiben. Und auch
von dem vollen Verständnis für den Anteil der Ichgefühle an der
seelischen Dynamik der von Friedmann mitbehandelten nicht rein
erotischen (z. B. Berufs-) Eifersucht sind wir noch ziemlich weit — es
heisst also zunächst psychoanalytisch arbeiten !
Dr. E. Hitschmann.
Freud, Ober einige Übereinstimmungen im Seelenleben
der Wilden und der Neurotiker. I. Die Inzestscheu. Imago,
Heft 1.
Jung und seine Schüler haben den Nachweis geliefert, dass die
Phantasiebildungen Frühdementer in auffallender Weise mit den Kosmo-
genien alter Völker zusammenstimmen, von denen die ungebildeten Kranken
gar keine Kunde haben konnten. Ähnlichen Analogien begegnen wir in
den Märchen und Mythen. Sie zeigen uns eine Symbolik, die wir aus
den Träumen und Symptomen der Neurotiker kennen. Ein alter Satz be-
stätigt sich aufs neue: „Die Geschichte des Menschen ist eine Miniatur-
ausgabe der Geschichte der Menschheit." Es ist das bekannte biogenetische
Grundgesetz Haeckel's. Freud kam nun auf die Idee, das Geschlechts-
leben jener Völkerstämme einer vergleichenden Untersuchung zu unter-
ziehen, die von den Ethnographen als die zurückgebliebensten, armseligsten
Wilden beschrieben werden, nämlich der Ureinwohner Australiens. Seine
Untersuchungen sind noch nicht beendet, aber die erste Probe seiner
Ergebnisse liegt schon vor uns. Sie nennt sich: „Über einige Überein-
stimmungen im Seelenleben der Wilden und der Neurotiker. 1. Die Inzest-
scheu" und ist in der vornehm ausgestatteten und sehr reichhaltigen
neuen Zeitschrift „Imago" erschienen, die Hugo Heller in Wien verlegt
und welche die Anwendung der von Freud begründeten Methode der
Seelenerforschung (Psychoanalyse) auf die Geisteswissenschaften pro-
pagiert.
Referate und Kritiken. 665
In dieser hochinteressanten Arbeit führt Freud den Nachweis,
dass die Wilden keineswegs jenem schrankenlosen erotischen Ausleben
ergeben sind, wie die Phantasie des Ungebildeten und Halbgebildeten es
gewöhnlich anzunehmen pflegt. Im Gegenteil I Die Sexualität unterliegt
bei den Naturvölkern so viel Einschränkungen und sie behindernden Vor-
schriften, dass die Naturvölker in dieser Hinsicht viel weniger Freiheit
geniessen als die Kulturvölker. Die Möglichkeit, eine bestimmte Ehe ein-
zugehen, ist durch den Totemismus sehr beschränkt. Was ist nun der
Totem? In der Regel ein Tier, seltener eine Pflanze oder eine Naturkraft,
welche in einem besonderen Verhältnis zur ganzem Sippe steht. Der
Totem ist erstens der Stammvater der Sippe, dann aber auch ihr Schutz-
geist und Helfer, der ihnen Orakel sendet und, wenn er sonst gefährlich
ist, seine Kinder kennt und schont. Die Totemgenossen stehen dafür unter
der heiligen Verpflichtung, ihren Totem nicht zu vernichten und sich
seines Genusses zu enthalten. An Boden und örtlichkeit ist der Totem
nicht gebunden, die Totemgenossen wohnen mit anderen Totemgenossen
gemischt, aber Mitglieder desselben Totem dürfen einander nicht heiraten.
Eine Überschreitung dieses Gebotes wird mit dem Tode bestraft.
Freud sieht in dieser Erscheinung eine künstliche Inzestschranke,
welche den Vater vor der Konkurrenz des Sohnes schützt, da der Totem
sich nur durch die Mutter vererbt. Ist die Mutter vom Stamme Känguruh,
so ist es auch der Sohn, während der Vater beispielsweise Emu bleibt.
Känguruh und Känguruh dürfen sich nie verbinden, während dies zum
Beispiel für Vater (Emu) und Tochter (Känguruh) möglich wäre. Dazu
kommt noch eine weitere Einschränkung durch die sogenannten „Phratrien" ;
dies sind Heiratsklassen, die ebenfalls nicht untereinander heiraten dürfen.
Es kann schliesslich durch beide Einschränkungsformen, Totem und die
Phratrien, so weit kommen, dass einem Manne nur ein Zwölftel aller
Weiber des Stammes zur Auswahl bereitstehen, wenn er heiraten will.
Diese Einrichtungen führt Freud auf die Inzestscheu zurück. Diese
Annahme stützen einige merkwürdige Sitten der Wilden. So muss bei ge-
wissen Stämmen der Knabe in einem bestimmten Alter das mütterliche
Heim verlassen und in das „Klubhaus" übersiedeln. Zum Essen darf
er nach Hause kommen; ist aber die Schwester zu Hause, so muss er
sich in der Nähe der Tür setzen oder überhaupt fortgehen. Begegnen
sich Bruder und Schwester im Freien, so muss sie weglaufen oder sich
seitwärts verstecken. Ja der Bruder wird nicht einmal den Namen seiner
Schwester aussprechen, oder er wird sich hüten, ein geläufiges Wort
zu gebrauchen, wenn es als Bestandteil in ihrem Namen enthalten ist.
Zwischen Mutter und Sohn herrscht sehr grosse Zurückhaltung, sie dürfen
sich meist nicht duzen.
Die interessantesten Verbote beziehen sich auf die Schwiegermütter.
Der Schwiegersohn vermeidet jeden intimen Verkehr mit der Schwieger-
mutter. Wenn sie sich zufällig begegnen, so tritt das Weib zur Seite und
wendet dem Eidam den Rücken, bis er vorüber ist. Bei anderen Stämmen
dürfen sie nur dann miteinander sprechen, wenn irgendeine Schranke,
zum Beispiel die Einfassung des Krals, zwischen ihnen ist. Sie sprechen
ihren Namen niemals aus. Bei manchen Stämmen dürfen sie nie in dem-
selben Räume weilen und nur durch dritte Personen miteinander ver-
kehren.
666 Referate und Kritiken.
Dies merkwürdige Verhältnis erfordert eine psychologische Erklärung.
Verraten uns doch die zahllosen Schwiegermutterwitze, dass auch bei
den Kulturvölkern das Verhältnis zwischen Eidam und Schwiegermutter
eine ausserordentlich starke Gefühlsbetonung hat. Es ist jedenfalls „bipolar"
und setzt sich aus feindlichen und zärtlichen Regungen zusammen. „Ein
gewisser Anteil dieser Regungen", führt Freud aus, „liegt klar zutage.
Von Seiten der Schwiegermutter die Abneigung, auf den Besitz der Tochter
zu verzichten, das Misstrauen gegen den Fremden, dem sie überantwortet
ist, die Tendenz, eine herrschende Position zu behaupten, in die sie sich
im eigenen Hause eingelebt hatte. Von Seiten des Mannes die Entschlossen-
heit, sich keinem fremden Willen mehr unterzuordnen, die Eifersucht gegen
alle Personen, die vor ihm die Zärtlichkeit des Weibes besassen, und
— last not least — die Abneigung, sich in der Illusion der Sexualüber-
schätzung stören lassen. Eine solche Störung geht wohl zumeist von der
Schwiegermutter aus, die ihn durch so viele gemeinsame Züge an die
Tochter mahnt und doch all der Reize der Jugend, Schönheit und psychi-
schen Frische entbehrt, welche ihm seine Frau wertvoll machen."
Andere Motive gehen tiefer in das unbewusste Seelenleben und zeigen
das Bestreben der Eltern, sich in ihre Kinder einzufühlen, mit ihnen
eins zu werden, so dass sie sich schliesslich mit den Kindern vollkommen
identifizieren. „Man sagt, die Eltern bleiben jung mit ihren Kindern;
es ist dies in der Tat einer der wertvollsten seelischen Gewinste, den
Eltern aus ihren Kindern ziehen. Im Falle der Kinderlosigkeit entfällt
so eine der lesten Möglichkeiten, die für die eigene Ehe erforderliche
Resignation zu ertragen. Die Einfühlung der Mutter in die Tochter geht
so weit, dass sie sich in den von ihr geliebten Mann mitverliebt, was
in grellen Fällen infolge des heftigen seelischen Sträubens gegen diese
Gefühlsanlage zu schweren Formen neurotischer Erkrankung führt. Eine
Tendenz zu solcher Verliebtheit ist bei der Schwiegermutter jedenfalls
sehr häufig, und entweder diese selbst oder die ihr entgegenarbeitende
Strebung schliessen sich dem Gewühle der miteinander ringenden Kräfte
in der Seele der Schwiegermutter an. Recht häufig wird gerade die un-
zärtliche sadistische Komponente der Liebeserregung dem Schwiegersohne
zugewendet, um die verpönte zärtliche um so sicherer zu unterdrücken."
Nachdem Freud alle anderen Motivierungen dieser Eigenarten wider-
legt, kommt er zum Schlüsse, die Inzestscheu der Wilden sei ein infantiler
Zug, der sich beim Neurotiker wiederfinde. Da bekanntlich alle unsere
Forschungen über die Inzestneigungen grosser Ablehnung und heftigem
Widerstände begegnen, so müssen wir glauben, dass diese Ablehnung
noch ein Produkt der tiefen Abneigung des Menschen gegen seine einstigen
Inzestwünsche ist. Es ist daher wichtig, an den wilden Völkern zeigen
zu können, dass sie die zur späteren Unbewusstheit bestimmten Inzest-
wünsche noch als bedrohlich empfinden und der schärfsten Abwehr-
massregeln für würdig halten. St ekel.
Otto Rank, DerSinn der Griseldafabel. Imago. Heft I. S. 34 ff.
Nach dem wundervoll klaren und schönen Aufsatze von Prof. Freud
ist die Arbeit Ranks besonders hervorzuheben. Sie geht davon aus,
dass die Neurotiker fast immer an der Überwindung des Familienkomplexes
scheitern. Es zeigte sich, dass dieser Komplex auch für Sage, Mythos
Referate und Kritiken. 667
und Dichtung von grösster Bedeutung ist. War im Anfange der psycho-
analytischen Bestrebungen gerade dieses gehäufte Zusammentreffen wichtig,
so wird es jetzt die Aufgabe des Psychoanalytikers sein, das Wie, die
verschiedenen psychischen Wege, welche zu dieser Erscheinung führen,
zu erforschen. Der Verfasser zeigt nun in einer ausgeführten Analyse der
Griseldafabel, wie sich der Inzestwunsch in den verschiedenen Bearbei-
tungen äussert und welchen komplizierten Überbau er wählt. Er weist
die Unzulänglichkeit aller bisherigen Motivierungsversuche nach und deckt
die psychischen Tendenzen, welche zur Bildung der Sage führten, scharf-
sinnig durch einen bisher übersehenen, typisch wiederkehrenden Zug der
Erzählung auf. In allen Bearbeitungen des Griseldastoffes von Boccacios
Erzählung bis zu Hauptmanns Drama wird dasselbe Motiv in verschiedener
Auffassung und unter wechselnder Beteiligung psychischer Komplexe nach-
gewiesen. Besonders klar und scharfsinnig erscheint die Erklärung der
Motivdoublierungen. Dr. Theodor Reik.
Dr. E. Hitschmann, Zum Werden des Romandichters. Imago.
Heft I. S. 49 ff.
Dr. Hitschmann untersucht psychoanalytisch eine Novelle des
Wiener Dichters Jakob Wassermann, „Schläfst du, Mutter?" Der infantile
Hass gegen den Vater und die auf die Mutter fixierte Libido des Helden
der Erzählung, eines kleinen Knaben, treten in verschiedenen Formen klar
hervor. Ebenso bricht sich die sexuelle Neugierde des Kindes in Gedanken
und Träumen Bahn. Das Thema von der Herkunft der Kinder verbindet
sich auf interessante Art mit dem Problem des Todes bei diesem Knaben.
Dr. Hitschmann sieht in allen diesen Zügen mit Recht intuitive Be-
stätigungen der Freud'schen Psychoanalyse. Dr. Theodor Reik.
Dr. Oskar Pfister, Anwendungen der Psychanalyse in
der Pädagogik und Seelsorge. Imago. Heft I. S. 56.
Pfister hebt einleitend die grosse Bedeutung der Freud'schen
Erkenntnisse hervor. 'Er betont den Einfluss, den die neue analytische
Methode auf die Seelsorge hat und zeigt in vielen Beispielen (Lügen-
haftigkeit, Kleptomanie, Tierquälerei, Symptomhandlungen etc. etc.), wie
schön seelsorgerische Aufgaben, welchen man früher verzweifelt .gegen-
überstand, auf diesem Wege gelöst werden können. In dem Schlussabsatz
„Allgemeine Bemerkungen über die Bedeutung der Psychanalyse für
Pädagogik und Seelsorge" werden in scharfen Umrissen die Aufgaben ge-
zeichnet, welche den beiden Disziplinen aus der Tiefenpsychologie Freu d's
erwachsen. Dr. Theodor Reik.
Otto Rank und Dr. Hans Sachs, Entwicklung und Ansprüche
der Psychoanalyse. Imago. Heft I. S. 1.
Diese einleitende Abhandlung der beiden Redakteure der „Imago"
versucht es, auf wenigen Seiten ein Bild der Entwicklung und der ferneren
Aussichten der Psychoanalyse zu geben. Jeder, der einmal versucht hat,
den ungeheuren Stoff der psychoanalytischen Resultate in komprimierter
Form darzustellen, wird die Geschicklichkeit, populäre Fassung und in-
struktive Gedrängtheit bewundern, womit die beiden Autoren ihre schwere
Aufgabe gelöst haben. Dr. Theodor Reik,
ZentwlbUtt fflr Psyohoanalyee. U". 47
i
ggg Referate und Kritiken.
A. J. Storfer, Zwei Typen der Märchenerotik. Sexual-
Probleme. April 1912. S. 257.
Storfer würdigt einleitend die Verdienste F r e u d's, welchen auch
die Anregung zu der neuen, psychologisierenden Art, das Märchen zu
betrachten, zuzuzählen ist. Der Verfasser belegt die These, dass die
verkappte Realisierung eines Wunsches der wesentliche Inhalt der Märchen
sei, durch die Analyse zweier einander verwandter Märchentypen. Er
erzählt erst ein offenes erotisches Märchen und zeigt, wie sich die Zensur
in andersartigen Wendungen desselben Stoffes bemerkbar macht. Ein be-
sonderer Typus des Märchens ist jener, in welchem ein Rätsel im Mittel-
punkt steht. Storfer weist darauf hin, dass die Psychoanalyse die
treibenden Momente des Examenstraumes aufgedeckt hat. Indem er die
Verbindung dieses Einzeltraumes zum Kollektivpsychischen schlägt, kommt
er zu folgendem aufschlussreichem Resultate: „Der Mythus oder das
Märchen, dessen Held Rätsel zu lösen hat, ist der Examenstraum eines
Volkes." Auch bei anderen Reispielen vermag er den erotischen Hinter-
grund des Märchens aufzudecken. Storfers Artikel stellt eine inter-
essante und wertvolle Bereicherung der Arbeiten von Rank, Ricklin
und Abraham dar. Dr. Theodor R e i k.
Dr. Alfred Robitsek, Symbolisches Denken in der che-
mischen Forschung. Imago. Heft I. S. 83.
Dr. Robitsek nimmt das autosymbolische Phänomen, wie es
Silberer beschrieben hat, zum Ausgangspunkt und liefert ein sehr
anziehendes Beispiel der Psychogenesc wissenschaftlicher Forschungen.
Es handelt sich um die Strukturtheorie August Kekuh6's. Der
Forscher gab selbst Aufschluss über die Entstehung dieser und der
Benzoltheorie. Beide sind während des Traumes konzipiert. Die Träume
werden erzählt lind in den Zusammenhang des psychischen Erlebens ein-
gereiht. Dabei treten bedeutsame Regressionen und infantile Erinnerungen
zutage. R o b i t s e k's Arbeit ist als Anfang einer Psychoanalyse wissen-
schaftliche]- Forschung zu begrüssen. Es ist- zu hoffen, dass auf diesem
Gebiete wie auf vielen anderen die psychoanalytische Methode wertvolle
Ergebnisse zu liefern vermag. Bedeutende Philosophen (Nietzsche,
Descartes, Pascal) und Naturforscher (Darwin) haben Selbst-
bekenntnisse gegeben, welche noch einer psychoanalytischen Bearbeitung
bedürfen - Dr. Theodor Reik.
F. Karsch-Haak, Das gleichgeschlechtliche Leben der
Naturvölker. E. Reinhardt, München 1911.
Das Werk ist eine sehr stark erweiterte Ausgabe der Arbeit des-
selben Verfassers „Uranismus oder Päderastie und Tribadie bei den Natur-
vö kern" (Jahrb. für sex. Zwischenstufen, Leipzig, Jahrg. II). Es ent-
hält eine mit erstaunlichem Fleisse zusammengetragene Sammlung des
einschlägigen Materials (das Literaturverzeichnis umfasst allein 60 Seiten I).
Als ein Vorzug erscheint es, dass der Autor auf keinem vorgefassten
Standpunkt steht, der ihn im Interesse der Theorie die natürliche Lage
der Dinge verkennen lassen könnte. Er begnügt sich mit der möglichst
genauen Konstatierung der Tatsachen, die beste Art, gewisse auch heute
Referate und Kritiken. 669
noch verbreitete Auffassungen des homosexuellen Problems ad absurdum
zu führen. Es ist nun kaum noch möglich, die gleichgeschlechtlichen Er-
scheinungen als Produkt einer dekadenten Kultur anzusehen; es zeigt sich
vielmehr, dass bei allen Völkern niedriger und niedrigster Entwicklungs-
stufen solche beobachtet wordeh sind. Ebenso werden die dafür heran-
gezogenen Erklärungsgründe entkräftet, als wäre der Uranismus lediglich
die Folge von Weibernot, ein Mittel gegen Übervölkerung und dergleichen.
Der Verfasser hat den Tatsachenbeweis erbracht, dass die Homosexualität
eine allgemeine Veranlagung des Menschen ist, unabhängig von dem Grade
seiner Kultur, unabhängig von der Lage und dem Klima seines Wohn-
sitzes, unabhängig endlich von den ihm umgebenden sozialen Verhält-
nissen. — Aus der Fülle interessanter Mitteilungen seien nur einige der
auffallendsten erwähnt, so das überaus häufige Transvestitentum. Die
Anpassung an das fremde Geschlecht beschränkt sich jedoch bei manchen
Völkern nicht nur auf die Kleidung; von den Tschuktschen und anderen
arktischen Völkern wird berichtet, dass auf „übernatürliche Eingebung" hin
Männer sich weiblichen Beschäftigungen hingeben, weibliche Bewegungen
und Stimmen annehmen und nach erfolgter „Geschlechtsänderung" sich mit
einem Manne verheiraten. Wie bei den Tschuktschen werden auch bei
den Dajaks auf Borneo die Homosexuellen als für den Priesterstand be-
sonders geeignet angesehen; bei allen Naturvölkern aber (mit ver-
schwindenden Ausnahmen) konnte tolerante Stellung der Homosexualität
gegenüber festgestellt werden. Die gleichgeschlechtliche Betätigung besteht
meistenteils in der Pädikation; bei vielen Indianerstämmen wird vorzugs-
weise Fellation betrieben. Auch die reichlichen Angaben über die sonder-
bare Einrichtung der Mikaoperation bei den Australiern sei erwähnt; dies
ist die Bezeichnung der Verstümmlung, die an Jünglingen und Knaben
mittels eines Schnittes durch die Unterseite des Penis vorgenommen wird,
um künstliche Hypospadie zu erzeugen. Der tiefste Grund dieser Sitte
ist wohl die homosexuelle Veranlagung, die auf diese Weise die Ver-
stümmelten zu Trägern doppeltgeschlechtlicher Genitalien macht; tat-
sächlich wird der durch die Operation hervorgerufene Einschnitt dazu
benutzt, um durch Aufnahme der Genitalien von Knaben den Geschlechts-
akt auszuführen. — Die allgemeine Einleitung, die unter anderem eine
Übersicht bringt über die das homosexuelle Problem behandelnde ethno-
logische, soziologische und medizinische Literatur, nimmt von den_ psycho-
analytischen Forschungen noch keine Kenntnis.
Julius von Kalmar.
Dr. Stefan von Maday, k. u. k. Oberleutnant d. R., Assistent am
Physiologischen Institut der Universität Innsbruck, Psychologie
des Pferdes und der Dressur. Berlin, Paul Parey.
Um die Psyche eines Tieres begreifen zu können, ist es vor allem
notwendig, sich über die Fähigkeiten desselben klar zu werden, um seinen
Handlungen nicht Motive zu unterschieben, die falsch sein müssen, da
sie der Natur des Tieres widersprechen. Der Verfasser geht also vom
wilden Pferde aus, das nur im Wege der Anwendung seiner ursprünglichen
Fähigkeiten, Instinkte und Gewohnheiten abgerichtet werden kann, nicht
aber im Wege der Einimpfung ihm fremder menschlicher Fähigkeiten.
Die Sinnesorgane des Pferdes werden daher auf ihre Funktion geprüft.
47*
670 Aus Vereinen und Versammlungen.
Dann unterzieht Mäday die geistigen Fähigkeiten: Verstand, Orien-
tierungsvermögen und Gemüt, einer Untersuchung. Weitere Kapitel widmet
er den Ausdrucksbewegungen und dem Temperament und Charakter. Auf
diesen Grundlagen baut der Verfasser seine Theorien der „Einwirkung
auf das Pferd" und der „Dressurhilfen" auf. Es ist im Rahmen eines
kurzen Referates selbstverständlich unmöglich, näher auf das Buch ein-
zugehen, in dem eine Fülle von Beispielen — teils selbsterlebt, teils aus
107 Autoren zitiert — zur Illustration herangezogen ist. Wichtig er-
scheint es mir aber, auf die Ausblicke hinzuweisen, die das Buch er-
öffnet. Die psychischen Gesetze, die für ein Tier als richtig erkannt
werden, müssen evolutionistisch auch für höhere Entwicklungsstufen
Geltung haben. Insbesondere die Psychologie des Kindes und seiner Er-
ziehung hat allen Grund, nach Analogien im Tierreich zu suchen. Auch
der Psycholog, dem Pferde fernliegen, wird das Buch Mäday s daher
mit Interesse lesen, den Pferdeliebhaber wird es entzücken.
Julius v. Kalmar.
Ernst Trömner, Über motorische Schlafstörungen (spe-
ziell Schlaftic, Somnambulismus, Enuresis noc-
turna) 1 ). Zeitschr. f. d. ges. Psychiatrie u. Neurologie 1910. S. 228.
Unter dem Namen „motorische Schlafstörungen" fasst Verf. moto-
rische Reaktionen motorisch erregbarer Gehirne auf Reize bekannter oder
unbekannter Art während des Schlafes zusammen, Reaktionen, die weder
mit Träumen noch mit Wacherinnerungen Zusammenhang erkennen lassen.
Im Gegensatz dazu stellt er an drei Stellen sensorische Schlafstörungen
(der Terminus wird nicht ausdrücklich gebraucht), wie Träume, Hören von
Stimmen, Alb, sensorische Erregung bei motorischer Hemmung, die oft aus-
drücklich peinlich empfunden wird.
Das Schlafsprechen hält Verf. wenigstens nicht immer für
eine Äusserung von Träumen, weil sich die Patienten an Träume nicht
erinnern, auch wenn man sie sofort weckt, weil sie angeben, überhaupt
wenig zu träumen und weil in lebhaften Träumen meist motorische
Hemmung besteht. Die Unstichhaltigkeit der ersten beiden Argumente
ist daraus klar zu erkennen, dass auch für die gesprochenen Worte selbst
Amnesie besteht, das dritte gibt sich selbst nicht als allgemein gültig.
— Schlafwandeln tritt in drei Formen auf: 1. planlose, 2. planvolle,
3. Angsthandlungen; diese bilden fliessende Übergänge zum Pavor noc-
turnus. Angstvolles Herumlaufen und Schreien mit folgender Amnesie,
also, wie Verf. schliesst, ohne Träume, stellt er in Gegensatz zu Angst
und Alb träumen, bei denen gerade die motorische Hemmung peinlich
empfunden wird. Alle diese Störungen werden auf eine Dissoziation, eine
Spaltung der Hirntätigkeit zurückgeführt, waches Sensorium bei gehemmtem
Motorium und umgekehrt.
Anderer Art sind motorische Schlafstörungen, die in Form von
Zwangsimpulsen und zwar meist rhythmischer Natur auftreten (Schlaftic
[Oppenheim], Jactatio nocturna [Zapper't]). Zwangsbewegungen, die
i) Nach einem auf der vierten Jahresversammlung der Gesellschaft deutscher
Nervenärzte in Berlin im Oktober 1910 gehaltenen Vortrag.
Referate und Kritiken. 671
allgemein nur im wachen Zustande auftreten, werden oft auch beim
Einschlafen oder Erwachen, manchmal auch im tiefen Schlaf beobachtet
(Trömner, Zappert, Ungar, Stamm, Oppenheim). Sie sind
ausgesprochen „neuropathischer GeSiese" und dürften auf eine „dissoziierte
Erregung des Grosshirns" zurückzuführen sein.
Sehr ausführlich behandelt Verf. Enuresis nocturna. Zusammen-
hang mit Epilepsie besteht im allgemeinen nicht, in 28<y der Fälle fehlte
jedes neuropathische, hereditäre oder konstitutionell verantwortliche
Moment, auch in den anderen Fällen hatte keines der als konstitutionell
schwächend anzusehenden Momente dominierenden Einfluss. Verf. kommt
zu dem Resultat „Reflexinfantilismus". Es handelt sich wieder um eine
Art Dissoziationszustand und zwar entweder so, dass bei schlafendem
Kortex das im Thalamus gelegene Blasenzentrum wacht, oder es handelt
sich, analog dem Nachtwandeln, um einen motorischen Rindenvorgang
bei gehemmtem Sensorium.
Wie aus dem Vorstehenden ersichtlich, wird immer nur nach neuro-
logischer, nie nach psychischer Ätiologie gefahndet. Im Gegensatze dazu
rät Verf. fast ausschliesslich psychische Therapie, nämlich hypnotische
Suggestion. In der bei weitem überwiegenden Mehrzahl der Fälle hat er
Heilung oder wenigstens Besserung erzielt. Misserfolge sind Schuld des
Hypnotiseurs. Bei den Störungen der 2. Gruppe sind auch sedierende,
hydropathische Massregeln von Vorteil. Das spezifische Heilmittel dieses
„funktionellen Neurosen" jedoch ist die hypnotische Suggestion, die auch
der Wachsuggestion vorzuziehen ist, weil sie allgemeiner, sicherer und
schneller wirkt. Sie erfüllt nicht nur die Forderungen des „tuto, cito et
iucunde", sondern auch des „nil nocere". Marcus.
Aus Vereinen und Versammlungen.
Dr. Karl Schrötter: .Zur Psychologie und Logik der Lüge*.
Vortrag, gehalten am 31. Januar 1911 in der Philosophischen Gesellschaft an
der Universität zu Wien. Enthalten im 24. Jahresbericht (1911) der Philosophischen
Gesellschaft an der Universität zu Wien. Leipzig 1912, J. A. Barth.
Der Autor beginnt mit einer logischen und psychologischen Untersuchung des
Urteils, stellt den Unterschied von Ausdrucks- und Tendunzurteilen fest und leitet
zunächst aus dem letzten die Lüge ab. Damit aus dem Tendenzurteil eine Lüge
werden, muss ein anderes Urteil oder eine „Urteilsmöglichkeif vorhanden sein, die
dem Tendenzurteile widerspricht. Und dieses zweite Urteü muss mit dem sogenannten
„Wahrheitsbewusstsein* ausgestattet sein. Beim Lügen sind neben dem ausge-
sprochenen Tendenzurteile andere Urteilsmöglichkeiten im Bewusstsein vorhanden.
Die Wahrinhalte suchen bisweilen sprachmotorischen Ausdruck, drängen sich
in die Rede, so dass wir uns infolgedessen versprechen: die Lüge besteht in einem
^
G72 Aus Vereinen und Versammlungen.
Verdrängungsversnche des Wuhrinhaltes und seine Ersetzung resp. Entstellung
durch ein Tendenzurteil.
Der Verfasser unterscheidet drei Hauptformen der Lüge:
1. Die Abwehrlüge. Diese wird provoziert. Der Wahrinhalt ist immer
ein peinlicher, ein Inhalt, dessen Anerkennung üble Folgen nach sich ziehen würde,
deshalb wird er abgewehrt. — Fehlreaktionen lassen die schlimme Absicht erkennen.
.Peinliche Bewusstseinsinhalte haben überhaupt keine grossen Chancen reproduziert
zu werden. Die mit ihnen verbundene Unlust selbst, die Scham, endlich neue
Tendenzen, die über früher herrschende den Sieg errungen haben, bewirken eine
dauernde Verdrängung".
2. Die Interessefälschung. Die Gruppe unterscheidet sich von der früheren
durch das Moment der spontanen Entstehung. Im eisten Falle will der
Lügner sein Ich schützen, im anderen Fall will er es durchsetzen, also sein Ziel
erreichen. Bei der Abwehr ist der ersetzende Inhalt etwas Negatives, bei der
Interessefälachung enthält er positive Daten. Der Wunsch hat die Fähigkeit, die
Illusion des Wnhrheitsbewusstseins zu erzeugen. Sowohl Affekt als Gewohnheit
verdrängen die korrigierenden Elemente, so dass oft keine Gegenvorstellung auf-
kommt. Wichtig werden diese Feststellungen zur Erklärung der Suggestion, des
Demagogen, des Reklamen! achers.
Die 3. Gruppe verdankt ihre Entstehung einer Mannigfaltigkeit von drei
Momenten, der Lust am Fabulieren, der Tendenz, unser Ich in den Mittelpunkt zu
rücken, endlich der Gesamtheit unserer Wünsche. Die meisten Phantasielügen er-
weisen sich als Wunschlttgen und sind ausgesprochene, anderen Personen mitgeteilte
Wachträumc. Der Phantasielügner teilt sie aber nicht als Traum mit, er nimmt
für sie den Glauben in Anspruch, den man Tatsachen zollt. Das erst verschafft
ihm volle Befriedigung. Die von Freud angegebenen Motive (Ehrgeiz und Erotik)
werden vom Verfasser bestätigt. Andere Phantasien aber verdanken ihre Entstehung
nur einem dunklen Erlebnisdrange. Beim Phantasielügner sind die Tendenzen un-
bewusst, er ist auf einer kindlichen Denkstüte zurückgeblieben. Aber die korri-
gierenden Elemente bleiben normalerweise erhalten, es besteht keine Erinnerungs-
tiiuschung; diese ist erst der pathologischen Vergröberung, der Pseudologia
pliantastica vorbehalten. Das Problem des unbewussten Wunsches wird gestreift,
aber dessen Erörterung für einen anderen Zusammenhang vorbehalten.
Der Autor hat das Problem genau studiert und sehr wertvolle begriffliche
Gliederungen gegeben. Der Aufsatz ist anregend geschrieben, die Formulierungen
mit mehreren Beispielen erläutert Wichtig scheint mir vor allem die Feststellung
der .Verdrängung von Wahrinhalten" und ihres teilweisen Misslingens, die mir
auch für andere psychoanalytische Gedankengänge wichtig scheint und vielleicht
eiue Erweiterung der Verdrängungsielire repräsentiert. Gaston Rosenstein.
Koiigrcss für Familieiiforscliun«c, Vererbimgs- und Regenerationslehre.
Giessen 9.— 13. April 1912.
Bericht von Dr. Lilien stein, Bad Nauheim.
Wenn man aus der Ankündigung des Kongresses und der Liste der Vor-
tragenden, die sich aus Ärzten, Juristen, Genealogen etc. zusammensetzte, hätte
schliessen wollen, so hätte mancher vielleicht nicht erwartet, dass hier auf rein
Aus Vereinen und Versammlungen. 673
biologisch-naturwissenschaftlicher Grundlage, die so viele geisteswissen
schaftlichen Gebiete berührenden Fragen der Vererbung erörtert werden würden.
Allerdings bot die Führung Sommers, der als Organisator dieser Kongresse an-
gesehen werden muss, schon die Garantie, dass die naturwissenschaftliche Forschungs-
methode in jeder Hinsicht zur Geltung kommen musste.
Mit einem überblick über die Geschichte und den Zweck des Kongresses
eröffnete Sommer die Verhandlungen, die folgende Teilgebiete umfassten:
1. Methodik und Vererbungsregeln. 2. Normale und geniale Anlagen. 3. Ab-
norme Anlagen. . 4. Kriminelle Anlagen. 5. Erforschung bestimmter Familien.
6. Vererbungslehre und Soziologie. 7. Vererbung und Züchtung. 8. Regeneration.
Medizinisches Interesse boten zunächst die Vorträge von Dr. F. Hammer (Stutt-
gart) und Dr. Kömer (lllenau). Hammer wies an einzelnen Krankheitsbildern die
Bedeutung der Mendel'schen Vererbungslehre für den Menschen nach. So ent-
spricht die Vererbung der Pigmente der Augen, des Haares und der Haut durchaus
derjenigen bei den Tieren. Die dunklere Pigmentierung .dominiert* über die hellere,
der Albinismus lässt »rezessive Vererbung" erkennen. Dominierend sind ferner Hypo-
daktylie, bestimmte Formen des Stars, Teleangiektasie, Hypotrichosis, Diabetes
insipidus u. a. Dominierend, aber auf ein Geschlecht beschränkt (wie die Hörner
bei männlichen Tieren) sind Hämophilie, Farbenblindheit, Pseudobypertrophie der
Muskeln. Römer hob die Bedeutung der Methodik für die psychiatrische Forschung
hervor. Er behandelte die Forderungen, die von Irrenärzten an statistische Erhebungen
gestellt werden mütsen. Er betonte die Notwendigkeit des Ausbaus der Medizinal-
abteilung bei den staatlichen statistischen Ämtern nach der psychiatrischen Seite
hin und verlangte die Einrichtung einer psychiatrischen Abteilung im Reichsgesund-
heitsamt. Als Grundlage für statistische Erhebungen demonstriert Köm er ein Ein-
teilungsschema der Psychosen, das in badischen Irrenanstalten eingeführt ist.
Auch der Vortrag von Willi. Ost wald ist erwähnenswert. Ostwnld findet
auch bei der Entwicklung der Genies die biologischen Vererbungsgrundsatze be-
stätigt, nach denen sich in jedem Iudividuum die Eigenschaften seiner Vorfahren
nicht durch die Kreuzung ständig ändern; es findet sich vielmehr stets eine endliche
Zahl von bestimmten, ihrerseits fast unveränderlichen Elementen als Mosaik. Betz
(Mainz) verbreitet sich über den Begriff des Durchschnittsmenschen und konstatiert,
dass es fast unmöglich ist, einen Typus desselben zu umschreiben.
Mehr auf empirischer Grundlage beruhten die Vorträge, die sich mit abnormen
und kriminellen Anlagen befassten. Der Augenarzt Dr. Crzellitzer aus Berlin
hat mittels seiner Familienkarte Erhebungen in den Familien von Augenkranken
(Kurzsichtigkeit, hochgradige Übersichtigkeit, Schielen, Augenzittern und Star) an-
gestellt. Bei 31°/o fand sich direkte Vererbung. Mit dem „Intensitätsindex« gibt
Crzellitzer den Grad der Häufung erblicher Krankheiten bei Geschwistern an.
Dannenberger (Goddelau) beschreibt die bekannte Mikrozephalenfamilie Becker
aus Bürgel.
Erziehungsfragen bei abnormen Anlagen mit Rücksicht auf die Rassonhygiene
behandelten Dannemann und Berliner (Giessen). Dabei wird vor allem der
günstige Einfluss ärztlich geleiteter oder beaufsichtigter Spezialanstalten hervor-
gehoben, nur weist Dannemann noch darauf hin, dass auch nach der Ent-
lassung aus diesen Anstalten die Zöglinge im Auge behalten werden müssten, um
eventuell ihre Fortpflanzung durch dauernde Internierung hintanzuhalten. Den
radikaleren Vorschlägen Oberhol zers (Breitenau b. Schaffhauseu), der eine
Sterilisierung bei gewissen psychiatrischen Krankonkategorien befürwortete, wurde
indessen von allen Seiten lebhaft widersprochen. Berliner demonstrierte noch
_,
674 Aus Vereinen und Versammlungen.
Bilder aus der Arbeitslehrkolonie für Jugendliche, Steinmühle bei Homburg, deren
konsultierender Arzt er ist.
Von den Familien, deren Stammbäume unter biologischen Gesichtspunkten
erforscht wurden, seien die Habsburger und die Familie von Schillers Mutter er-
wähnt. Bei den ersteren fand Strohmayer bestätigt, dass die morphologischen
Merkmale der Habsburger (starke Unterlippe und Prognathismus inferior) Dominante
im Sinne Mendels sind. Forst (Wien) hat die Ahnentafel des österreichischen
Thronfolgers Franz Ferdinand bis in die 15. Generation verfolgt. Die theoretische
Ahnenzahl betrügt in dieser 16348, in Wirklichkeit finden sich in ihr bei Franz
Ferdinand nur 1514 Ahnen. „Ahncnverluste", wie diese Differenz genannt wird,
hat jeder Mensch, da ja die tatsächlich vorhandene Zahl von Menschen (z. Zt. Karls
des Grossen z. B.) nicht für die theoretische Ahnenzahl genügen würde. Bei Inzucht
wird der Ahnenverlust naturgemäss grösser. Mit der Familie von Schillers Mutter
beschäftigte sich Sommer (Giessen), der Blutsverwandte von ihr in Esslingen
kennen gelernt und untersucht hat und bei einem Mädchen eine ganz ungewöhn-
liche Übereinstimmung in der Gesichtsbildung mit Schiller fand.
Einen wertvollen Beitrag über den Zusammenhang von Hereditätsforsch ung
und Soziologie brachte Weinberg (Stuttgart). Der Kinfluss des Milieus auf die
Lebenserscheinungen der menschlichen Gesellschaft ist in neuerer Zeit gründlich
studiert worden. Dadurch wurde die Vererbungslehre etwas in den Hintergrund
gedrängt. Jn der Fruchtbarkeit der minderwertigen Elemente sieht Weinberg
keine so grosse Gefahr, weil ihr die grössere Sterblichkeit derselhen Elemente ent-
gegensteht. Koller (Karlsruhe) gibt einen geschichtlichen Überblick über die Wand-
lungen der Lebensdauer in Deutschland seit dem Mittelalter, die nach seiner Ansicht
von Bedeutung für die rechtlichen und sozialen Zustände gewesen sind. Macco
(Steglitz) hat die Archive von Aachen, Köln, Düsseldorf. Brüssel, Wetzlar etc.
durchforscht und das Schicksal der Aachener Schöfl'enfamilieii verfolgt, das ihm in
soziologischer Hinsicht interessant und typisch zu sein schien. Das Anschwellen
der Vermögen und der Beginn des Wohllebens führte in diesen Fällen meist rasch
zum Verfall.
Die Erfahrungen, die Gisevius (Giessen) bei der Tierzüchtung gesammelt
hat, lassen erkennen, dass entgegen der allgemeinen Annahme, auch dio Inzucht eine
»Steigerung wertvoller Eigenschaften und eine Regeneration bewirken kann. Voraus-
setzung ist dabei aber, dass die Inzucht nicht wahllos, sondern mit Auslese ei folgt.
Über die Bewegung, die in England zur Regeneration des Volkes eingesetzt
hat, dem Eugenic movement unter Sir Francis Galton, wird durch einen
Bericht dieser Gesellschaft, den Sommer zur Verlesung bringt, Kenntnis gegeben.
Den Schlussvortra.n hielt Sommer über lienaissancc und Regeneration. Er weist
darauf hin, dass abgesehen von einer grossen Reihe von Momenten, die zu einer
solchen Kulturblüte führen, die sozialen und politischen Vorhältnisse, der Land-
schafts- und Volkscharakter usw. auch biologische Momente wesentlich mit-
wirken: 1. Die Periodizität, die sich in der ganzen organischen Natur und he-,
sonders beim Menschen überall nachweisen lasse. Ganz besunders günstig für die
Entstehung der Renaissance sei 2. die Vermischung von reingezüchteter Militär-
aristokratie mit einer reingezüchteten Bürgeraristokratie in Florenz um die Mitte
des 15. Jahrhunderts gewesen.
Varia.
Zur Symbolik der Schlange und der Kravatte. Eine sehr bezeichnende
Zeichnung überreichte eine 19 jährige Manische dem Anstaltsarzte:
sehen
Die Verwendung der Kravatte als phallisches Symbol im Sinne der Freud-
Ausführungen ist vollkommen klar. «■ li -
Der bekannte Lyriker und Arzt, Hugo Salus stellt uns das folgende, noch
nicht veröffentlichte, Gedicht zur Verfügung:
Der Knabe.
Was ist's nur, was des Knaben Auge bannt?
Was zwingt ihn, vor der Mutter Bild zu stehn,
Es trocknen Munds und keuchend anzusehn!
Dies Bild hing doch seit je an dieser Wand.
Wo los' das Kloid den weissen Hals umspannt,
Wölbt sich ein Hügelpaar: das anzuseh'n,
Drängt es den Knaben vor dem Bild zu stehn.
Ach, wär's nur nicht zu hoch für seine Hand!
Wie oft er auch die eigne Brust berührt,
Ob sie geheimnisvoll und weich und mild
Zu Hügeln schwillt: nie hat er was verspürt!
Da kommt die Mutter. Er umarmt sie stumm.
Nie dacht' er an die Mutter vor dein B.ld!
Nun schluchzt er auf und weiss doch nicht, warum . . .
Psychoanalyse lioosevelt«. Unter den verschiedenen Würzen des jetzt
in Amerika mit g.össter Erbitterung geführten Kampfes um die Präsidentenwürde
verdient eine unsere besondere Aufmerksamkeit. Es wurde nämhch der Versuch
Z Z Persönlichkeit des einen der beiden Vorkämpfer in die Beleuchtung der
Ä iSÄÄ- * d - Wochenausgabe der «New York Times«
676 Varia.
(24. März 1912), einem der bedeutendsten amerikanischen Blätter, erschien ein aus-
führlicher Artikel von Dr. Morton Prince unter dem Titel „Roosevelt, durch die
neue Psychologie analysiert* '). Der Artikel, der die erste Seite des Blattes einnimmt,
hat wie zu erwarten stand, erhebliches Aufsehen erregt. Um europäische Leser
mit dem Gegenstände vertraut zu machen, ist es notwendig, eine kurze Darstellung
des Standes der Wahlkampagne zu geben. Eines der feststehendsten Regierungs-
Prinzipien Amerikas ist von der Zeit Washingtons an stets das 'ungeschriebene
Gesetz gewesen, dass kein Präsident öfter als zweimal dieses Amt innehaben soll.
Da der Präsident grossen Kinfluss auf die administrative Durchführung der Wahlen
hat, ist es augenscheinlich der Zweck dieses Prinzips zu veihindern, dass irgend-
wann ein Einzelner versuche, sich durch demagogische Mittel an das Volk zu wenden,
um so zum tatsächlichen Diktator zu werden. Die Furcht vor einer Diktatur scheint
in Amerika bemerkenswert stark zu sein und man geht von der Ansicht aus, dass
jeder, der dem eben erwähnten Prinzipe nicht anhängt, ein Veräter der heiligsten
Güter seines Landes sei und nicht mehr als Ehrenmann gelten könne. Zur Zeit als
Roosevelts zweite Amtsdai* r zu Ende ging, im Jahre 1908, kündigte er formell an,
dass er „unter keinen Umständen nochmals als Kandidat auftreten werde". Selbst-
verständlich wurde er als künftiger Präsident nicht mehr in Rechnung gezogen,
aber nach der Rückkehr von seiner berühmten afrikanischen Reise mischte er sich
mehr und mehr in die Politik ein, und allmählich wurde es klar, dass er willens
war, sich wiederum der Wahl zu unterziehen. Wie eben gesagt, geschah dies nui*
langsam und schrittweise. Abweisung nach Abweisung wurde verlautbart, während
seine Freunde das Gefühl des Landes erforschten, um zu erfahren, ob es möglich
wäre, das Volk zu einem Brüche mit dem 120 Jahre lang ununterbrochen gepflogenen
Brauche zu bewegen, ohne dabei seine rebuplikanische Überzeugung allzusehr zu
verletzen. Der gegenwärtige Präsident Taft war Roosevelts intimster Freund und
als der letztere im Jahre 1908 zurücktrat, war es ausschliesslich sein Einfluss, durch
den Taft als sein Nachfolger gewählt wurde. Seine Absicht scheint es gewesen
zu sein, in absentia durch Taft zu regieren, der das von Roosevelt begonnene Werk
zu Ende führen sollte. Taft zeigte jedoch unmittelbar nach seiner Wahl seine Un-
abhängigkeit von seinem Vorgänger und folgte seinen eigenen Plänen, die ihm wo
nicht die sensationelle Popularität Roosevelts, so doch das Vertrauen des amerika-
nischen Volkes erworben haben.
Roosevelt entrüstete sich bei seiner Rückkehr nach Amerika über Taft's Politik,
brach die frühere Freundschaft ab und begann bald ihn in ungemässigter Sprache an-
zugreifen. Der Zwist der beiden wurde in letzter Zeit ungewöhnlich bitter und
persönlich; so hat zum Beispiel Roosevelt in einer seiner letzten Reden Taft be-
zeichnet wie folgt: „ein Undankbarer, ein Unterdrücker der Wahrheit, ein unehr-
licher Freund und kein Gentleman". Taft, obwohl er anfangs zu diesen Angriffen
schwieg, begann zu erwidern und hat Roosevelt einen „Neurotiker" und einen
„Heuchler" getauft.
Dr. Prince geht auf diese persönlichen Beziehungen zwischen den beiden
Antagonisten nicht oder doch nur oberflächlich ein, aber er versucht die Entwicklung
von Roosevelt'8 Gesinnungsänderung in der Krage einer dritten Amtsführung nach-
zuweisen. Seine These ist, dass Roosevoit's übermächtige Herrsucht anfänglich durch
seinen Ehrsinn in Schach gehalten wurde, dass sie ihn aber nun mit Hilfe ver-
i) Wir möchten bei dieser Gelegenheit betonen, dass wir mit der Tendenz,
die Psychoanalyse zu Eingriffen in das Privatlehen zu benützen, durchaus nicht ein-
verstanden sind. Die Redaktion.
Varia. G77
schiedener Freunde und unterstützt durch seinen Ärger über Taft's Haltung, über-
wältigt hat. Er meint, dass Roosevelt's Wunsch ein drittes Mal Präsident zu werden,
zuerst verdrängt war, dass er sich aber durch eine Anzahl von Handlungen verriet,
welche jenen, die Freud in der .Psychopathologie des Alltaglebens'' beschreibt,
durchaas analog sind. Der Widerstand und die Hemmungen wurden nach und nach
besiegt, so dass der Wunsch schliesslich mittelst einer Reihe von Rationalisierungen
mit den höheren Instanzen des vollen . Bewusstseins vereinbart wurde. Die ver-
schiedenen Stadien dieses Prozesses verfolgt er bis ins feinste Detail und manche
der von ihm mitgeteilten Beispiele von Roosevelt's Verlesen, Verdrehen, Missver-
stehen, von seinen Sprech- und Schreibfehlern etc. sind mit bemerkenswerter Gründ-
lichkeit und Genauigkeit analytisch verwertet; natürlich waren sie durch den alle«
andere überwältigenden Wunsch determiniert, der schnell an die Oberfläche gelangte.
Dr. Prince verweist aus Höflichkeit manche Wünsche und Motive ins Unbewusste,
die eher vorbewusst oder völlig bewusst waren ; er gestand mir privat, dass er
wirklich die letztere Ansicht für die richtige halte. Es ist jedoch wahrscheinlich,
dass der Ehrgeizkomplex anfanglich einem gewissen Grade von Verdrängung unter-
worfen war, bis die im Volke vorwaltende Gefühlseinstellung es möglich machte,
ihn offen auszusprechen. Ernest Jones.
Dr. L. H. Eisenstailt veröffentlicht in den .Deutschen Nachrichten* vom
28. April und vom 4. Mai 1912 einen Aufsatz: .Über die Sterblichkeit der Post-
und Ei8enbahnbeamten u , dem wir folgende für uns wertvolle Stelle entnehmen.
.Hier bekommen wir auch einen Schlüssel zum Verständnis für das massenhafte
Auftreten der Nervenkrankheiten und namentlich der Neurasthenie bei den Post-
beamten. Für die Anhänger- der Lebren des Wiener Nervenarztes Prof. S. Freud
bleibt es recht zweifelhaft, ob die ungeheuere Verbreitung dieser Krankheiten bei
den Beamten, Lehrern, Lehrerinnen, Beamtinnen, weiblichen kaufmännischen An-
gestellten als ein Zeichen fortschreitender angeborener Degeneration des Nerven-
systems zu deuten ist. Sondern es handelt sich meist um rein erworbene Zustände,
die auf die starken von unserer Kultur verlangten Hemmungen des Trieblebens
zurückzuführen sind. Prof. Freud 1 ) sagt zwar von seinen Lehren, dass kein
deutscher Psychiater sie anerkenne. Aber weshalb strömen ihm aus den Reiben
der praktischen Ärzte immer mehr Anhänger zu? Weil sie aus der Praxis heraus
sich von der Wahrheit seiner Anschauungen über die Entstehung der Neurose über-
zeugen. Es ist ja auch zu bedenken, dass die Postbeamten, wenn auch nicht so
peinlichst ausgewählt wie die Lokomotivführer, dennoch sämtlich vor dem Kintriit
in ihre Laufbahn ärztlich untersucht und gewiss bei vorhandenen schweren Nerven-
erkrankungen gar nicht zu ihrer Laufbahn angenommen weiden."
Med.-Rat. Prof. Dr. P. Nacke, Bemerkungen zu den Freud' sehen Symbolen.
H. Gross' Archiv Bd. 47, kleinere Mitteilungen.
Vieles an den .sog. Symbolen" Freud's, ,d. h. Bildern, Worten, die den innern
und speziell den sexuellen Komplex mehr oder weniger sicher anzeigen", hält Verf. für
richtig, meint aber, es werde darin, wie auch sonst in den Freud 'sehen Theorien,
alles masslos übertrieben. Und er empfiehlt, das .Phantastische, rein Willkürliche der
Traumdeutungen" bei Freud, Steckel, Bl eul er nachzulesen. In Bleulers Dem.
praecox wird behauptet, das Träumen von Schlangen, Rüben, Degen usw. bedeute
stets den Penis. Weil Näcke selbst und seine Umgebung nicht von Schlangen
■ ) Über Psychoanalyse F. Deuticke 1912.
078
Varia.
träumt, hält er Schlangenträume überhaupt für sehr selten! Was übrigens nichts
gegen die von der Freud sehen Schule behauptete symbolische Bedeutung beweisen
würde. Allein der Verf. hat einen besseren Gegenbeweis. Ihm träumte, er sehe
auf seinem linken Oberschenkel, etwa in der Mitte, nach oben eine längliche, ovale,
sich bewegende Geschwulst. Er betrachtet sie mit Neugier und sieht wie sie sich
öffnet und daraus ein langes, irgendwie gefärbtes Ding in Windungen sieb ent-
wickelt. Er verfolgt das Ende und findet richtig, ganz nahe dem Knie zustrebend,
einen Schlangenkopf.
Die sexuelle Natur dieses Traumes bestreitet Verf., da er dabei nichts Sexuelles
träumte oder fühlte und „die Schlange ausserdem mit dem Kopf nach aussen, nicht
nach dem Körper sich wandte."
Den ersten Teil seiner Begründung hätte sich Näcke gewiss erspart, wenn
er an seine eigene Definition für das Wort Symbol gedacht hätte; jeder Freud'sche
Abc- Schüler wird darüber lächeln; denn wenn der Traum seinen sexuellen Inhalt
direkt darstellen wollte, wozu brauchte er denn noch ein Symbol? Und was den
zweiten Teil anbetrifft, so bleibt, da Näcke ja keine Frau ist, nicht einzusehen,
warum die Schlange sich mit dem Kopf nicht nach aussen, sondern dem Körper
zu hätte wenden müssen, wenn sie ein Symbol für den Penis sein wollte. Nach
dieser Begründung dUrfen wir wohl mit Näcke, wenn auch in umgekehrtem Sinne,
fortfahren und sagen: So wird es sich gewiss auch in vielen anderen Fällen verhalten!
Hübsch ist übrigens in der Traumerzählung die genauere Ortsbestimmung für das
Phänomen: „etwa in der Mitte".
Verf. erwähnt noch kurz die Angstträume und das Beschmieren mit Kot bei
Geisteskranken. Er beschränkt sich hier auf die Behauptung, dass die sexuelle
Deutung häufig nicht zutreffe und verzichtet auf Beweise.
Dr. Mary Stegmann.
Zur Genealogie des „Feigenblattes". Dass gerade das Feigenblatt zum
Verhüllen der Schamteile benutzt wird, findet in der symbolischen Identifizierung
des Genitales mit einer Feigenfrucht seine Erklärung. Siehe dazu folgendes Distichon
des Arcbilochos:
„Recht gutherzige Feige am Fels, eine Speise für viele
Krähen: die Fremden den Schoss öffnende Pasiliphe."
(Zit. nach „Ars Amandi" v. Richard Nordhausen. S. 30.) Ferenczi.
Meta.pliy.siU = Mctapsychologie.
„Hoch über'm Firmament sucht ich die Quelle
Von Vorbestimmung, Paradies und Hölle.
Da sprach mein weiser Lehrer: Freund, in dir
Allein sind Kismet, Paradies und Hölle".
Sinnspruch Omar'B d es Zeltenmacheis [geb. 1025— 1050, gest. 1123]. Deutsche
Verlagsanstalt, 1909.) Ferenczi.
Paracelsus an die Ärzte. , - • ■ Und lasst euch das keinen Scherz sein,
ihr Arzte, ihr kennt die Kraft des Willens nur zum kleinsten Teil. Denn der
Wille ist ein Erzeuger solcher Geister, mit welchen die Vernunft
nichts zu schaffen hat." [Paraselcus, Paramirum, Tract. IV. cap. 8.] (Dieser
Spruch enthält die Vorahnung des Unbewussten, dem man rationell nicht beikommen
kann.) Ferenczi.
Varia. 679
Goethe über den Realitätsweit der Phantasie beim Dichter. „Es scheint,
da wir Dichter bey der Theilung der Erde zu kurz gekommen sind, uns ein wich-
tiges Privilegium geschenkt zu seyn, dass uns nämlich unsere Tborheiten bezahlt
werden." [Brief an Schiller v. 15. Dez. 1795. Reclam Nr. 4148—4150. S. 168.]
Ferenczi.
Frank Wedekind hat der Neuauflage seiner Novellensammlung „Feuerwerk", die
kürzlich bei Georg Müller in München erschienen ist, eine Einleitung „überErotik"
vorausgeschickt, der wir einige Stellen entnehmen, welche sich mit unserer Auf-
fassung des Themas in weitgehendem Masse decken. „Unsere Jugend hat es nun
aber meiner Ansicht nach gar nicht in erster Linie nötig, sexuell aufgeklärt zu
werden. Eine genauere Aufklärung über Vorgänge und Gefahren der Sexualität
hätte jedenfalls nicht das Haus, sondern die Schule zu besorgen. Das Haus, die
Familie aber hat die heranwachsende Jugend vor allem darüber aufzuklären, dass
es in der Natur überhaupt gar keine unanständigen Vorgänge gibt, sondern nur
nützliche und schädliche, vernünftige und unvernünftige. Dass es in der Natur
aber unanständige Menschen gibt, die über diese Vorgänge nicht anständig reden,
oder die sich bei diesen Vorgängen nicht anständig benehmen können. Die Be-
fürchtung, dasß ernste Gespräche über Erotik und Sexualität der heranwachsenden
Jugend Schaden zufügen können, ist das Ergebnis einer grossen Selbsttäuschung.
Die Eltern vermeiden solche Gespräche nicht etwa, wie sie sich einreden, aus Furcht,
ihren Kindern damit zu schaden, sondern weil sie selber unter sich über erotische
Fragen nicht spiechen können, weil sie ernst darüber zu sprechen nicht gelernt
haben . . . Denn auf keinem anderen Gebiete wuchert so viel Aberglauben, auf keinem
anderen Gebiete sind so viel grundfalsche „Wahrheiten" im Umlauf, um uns zu den
widersinnigsten Tollheiten zu verleiten, wie auf dem der Erotik und Sexualität . . .
Aber gerade die rohen zotigen Menschen unter uns sind die unversöhnlichsten,
hartgesottensten Feinde einer ernsten ehrfurchtsvollen Ergründung erotischer Fragen,
weil sie dadurch um ihre billigsten, beliebtesten Wirkungen gebracht werden. . . .
Der erste Ertrag der sexuellen Aufklärung der Jugend wird sich dann darin zeigen,
dass wir nicht mehr für unanständig halten, was nicht nur den allerfeinsten, aller
abgeklärtesten Austand erfordert, sondern was zugleich neben unserem Broterwerb
vielleicht das allerwichtigste Gebiet unseres irdischen Daseins repräsentiert. Nach-
her werden wir auch ohne Schwindelanfälle und Herzbeklemmungen ermessen
können, wie wenig oder wie viel wir Kindern davon mitteilen können, die sich in
ihrer Unwissenheit, innig danach sehnen, ernst und ehrfurchtsvoll über ihre Uranfänge
sprechen zu hören."
Schliesslich sei noch ein Ausspruch des Dichters vermerkt, der wie aus tiefer
psychoanalytischer Einsicht, oder was dem ungefähr nahekommt, aus unvorein-
genommener Ansicht der wirklichen Lebensverhältnisse heraus geprägt scheint: „Die
Familie ist ein Bündnis, in dem aus purer Angst, dass es scheitern könnte, über
die Gefahren, die ihm drohen, immer erst dann offen gesprochen werden darf, wenn
es daran gescheitert ist." (Rank.)
Diderot schreibt gelegentlich einer Kritik von Tho mas: Essai sur le caractere,
les moeurs et l'esprit des femraes dans les differentes 6iecles (1772) in Grimms
Correspondance : „Das Weib trägt ein Organ in sich, welches der furchtbarsten
Krämpfe fähig ist und in seiner Phantasie Wahnbilder aller Art hervorruft. In der
hysterischen Raserei sind ihm Vergangenheit und Zukunft gegenwärtig. Alle ausser-
ordentlichen Vorstellungen gehen beim Weib von der Gebärmutter aus. Nichts
680 Offener Sprechsaal.
ist verwandter als die Ekstase, die Vision, die Prophetie, die Offen-
barung, die sprudelnde Poesie und die Hysterie. Das von ihr ergriffene
Weib empfindet etwas Höllisches oder Himmlisches/ (Rank).
E. T. A. Hotfmann bemerkt in seiner auch sonst psychologisch interessanten
novellistischen Erzählung (Reclam Nr. 5274): Rat Krespel (S. 107): .Nicht einen
Augenblick zweifelte ich daran, dass Krespel wahnsinnig geworden sei, der Pro-
fessor behauptete jedoch das Gegenteil. „Es gibt Menschen,* sprach er, „denen die
Natur oder ein besondere s Verhängnis dieDecke wegzog, unter der
wir anderen unser tolles Wesen unbemerkbar treiben. Sie gleichen
dünn gehäuteten Insekten, die im regen sichtbaren Muskelspiel missgestaltet er-
scheinen, ungeachiet sich alles bald wieder in die gehörige Form fügt. Was bei
uns Gedanke bleibt, wird dem Krespel alles zur Tat. — Den bitteren
Hohn, wie der in das irdische Tun und Treiben eingeschachtete Geist ihn wobl oft
bei der Hand hat, führt Krespel aus in tollen Gebärden und geschickten Hasen-
sprüngen. Das ist aber sein Blitzableiter. Was aus der Erde steigt, gibt er wieder
der Erde, aber das Göttliche weiss er zu bewahren; und so steht es mit seinem
inneren Bewusstsein recht gut, glaub' ich, unerachtet der schein
baren, nach aussen herausspringenden Tollheit.* (Rank.)
Der Symbolist.
Ein kleines Gedicht von Frank-Wedekind, das ein autoerotisches Geständ-
nis enthält, verdient weitere Verbreitung in psychoanalytischen Kreisen:
Eine mondbestrahlte blasse Hand
Wund sich nachts aus seinen Decken,
Dass, gelähmt in stummem starrem Schrecken,
Er nur mühsam sich hinweg«ewandt.
Jene blasse, mcndbestrahlte Hand
Kehrte manchmal wieder — und im Weichen
Schrieb sie sich in geisterhaften Zeichen
In sein schreckensbleiches Nachtgewand. St ekel.
Offener Sprechsaal.
Ich bitte die analytisch tätigen Kolegen, bei ihren Patienten solche Träume,
deren Deutung zum Schlüsse berechtigt, dass die Träumer in frühen KiDder-
jahren Zuschauer sexuellen Verkehrs gewesen sind, zu sammeln und
sorgfältig zu analysieren. Es bedarf gewiss nur einer Andeutung, um verstehen zu
lassen, dass diesen Träumen ein ganz besonderer Wert in mehr als einer Hinsicht zu-
kommt. Es können als beweisend natürlich nur solche Träume in Betracht kommen,
die in den Kinderjabren selbst voi gefallen sind und aus ihnen erinnert werden.
Freud.
Psychoanalytische Bibliothek.
Die Züricher Gruppe der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung hat
im abgelaufenen Winter eine kleine psychoanalytische Bibliothek gegründet. Der
Vorstand der I.okalgruppe wendet sich hiermit höflichst an alle psychoanalytischen
Forscher, mit der Bitte um Zuson<iung von Separat- A bdrucken ihrer Arbeiten.
Offener Sprechsaal.
681
Es ist das Interesse eines jeden Analytikers, dass seine Arbeiten allen anderen zu-
gänglich seien.
Vielleicht entschliessen sich alle Lokalgruppen zu einem ähnlichen Schritte.
Damit wäre die Frage am klarsten geregelt. Ein jeder Forscher würde dann ohne
weiteres so viel Separat-Abzüge, als es Lokalgruppen gibt, für die Bibliotheken re-
servieren.
März 1912.
A. Maeder.
Wie sollen wir es mit den Separatabd rücken halten? Ich finde den
Vorschlag von Maeder .Psychoanalytische Bibliotheken" zu schaffen ausgezeichnet.
Ich habe einen identischen Antrag in der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung
gestellt. Besonders wichtig erscheint mir die Sammlung von Separat-Abdrücken und
Zeitungsartikeln, die manche wertvolle Anregung oder bedeutende Beiträge zur
Charakteristik unserer Gegner enthalten können. Es sollte jedes Mitglied der Inter-
nationalen Vereinigung einer jeden Ortsgruppe jede seiner Arbeiten einschicken.
Natürlich sind von dieser Massregel grössere Bücher ausgenommen, weil diese von
den Ortsgruppen aus eigenen Mitteln angeschafft werden.
Ich bin aber entschieden dagegen, dass wir Mitglieder der Internationalen
Vereinigung uns die Separat* aller jener Arbeiten zusenden, die im Jahrbuch oder
im Zentralblatt erschienen sind, da wir doch wissen, dass alle Mitglieder im
Besitze dieser Periodika sind. In anderen Blättern erscheinende Artikel sind nach
Möglichkeit den Bekannten zuzusenden. Ich muss leider gestehen, dass bei mil-
der gute Wille immer vorhanden ist, aber mir zur Ausführung dieser Wünsche die
Zeit mangelt. Ich bitte daher alle Kollegen um Verzeihung, wenn ich ihnen keine
Separat* zusende. Ich will sie fürder immer an die einzelnen Ortsgruppen senden.
Stekel.
In welcher pädagogischen Heilanstalt kann man einen Jungen von
etwas zurückgebliebener Intelligenz zu massigem Preise unterbringen?
Dr. Wladimar Lasersohn, Lodz, Petrikoweratr. 37.
Zur Rubrik Literatur. Die Literaturübersicht des Zentralblattes möchte alle
Leser über alle psychoanalytischen Arbeiten im laufenden erhalten. Dies geht nur,
wenn alle Leser an dieser Rubrik mitarbeiten. Wir ersuchen um Angaben über
wissenschaftliche Arbeiten und Aufsätze in den Journalen, welche die Psychoana-
lyse betreffen. Die Autoren ersuchen wir zur Erleichterung des Keferierens um Über-
sendung der Separatabdrücke an die Redaktion. Auch die Rubrik Varia, die sich
hei unseren Lesern einer solchen Beliebtheit erfreut, wird fortgesetzt. Alle -Leser
sind uns als Mitarbeiter willkommen. Die Redaktion.
Druckfehlerberichtigung.
Seite 514, Zeile 20 von oben statt hintern lies hindern.
£15, , 5 „ „ „ Furchtbarkeit lies Fruchtbarkeit.
, 515, Zeichnung oben rechts, statt Türme lies Türen.
Das neue Buch von Stckcl .Die Träume der Dichter" ist soeben im
Verlage von J. F. Bergmann erschienen. Es enthält eine vergleichende Untersuchung
der Dichterträume und versucht aus den Träumen Rückschlüsse auf die Anlagen und
Triebkräfte der Dichter zu ziehen. Es enthält zahlreiche interessante Beiträge
lebender Dichter und eine ausführliche Analyse der in den Tagebüchern veröffent-
lichten Träume Friedrich Hebbels.
682 Literatur.
Fread'a «Psychopathologie des Alltagslebens" ist soeben in vierter
vermehrter Auflage (Verlag S. Karger, Berlin) erschienen. Es bringt neue Beiträge
von Freud, Ferenczi, Rank, Dattner, Sachs, Jones, Stekel und vielen
andern. __^____.^__
Literatur.
Karl Julius Müller : Das Traumleben der Seele (L. Froeben, Berlin SW 1912). —
Emllio Padovan!: Maupassant e il snicidio (Rassaegna di Studi Psichiatrici. Vol. II.
Fase. 3). — Hoche: Dementia paralytica. Handbuch der Psychiatrie (Franz Deuticke
1912). — Spielmayer: Die Psychosen des Rückbildungs- und Greisenalters (Ibidem).
Ebbinghaus: Abriss der Psychologie. IV. Auflage (Veit & Comp., Leipzig 1912). —
Emile Boutroux: William James. Autorisierte deutsche Ausgabe von Dr. Bruno
Jordan (ibidem). — M. A. Schall: Die Ursachen des Selbstmordes ( Wissenschaf tl.
Rundschau. Heft 20. 1912). — Emerson: Psychoanalysis et social service
(Physician and surg. XXXIII). — Kostiletf: La psycho an alyse appliquee ä
l'etude objeetive de l'imagination (Rev. philos. April 1912). — Babinski et
Dagnan-Bouveret: Emotion et hysterie (J. de psychol. April 1912). — Mayer: Der
Zweifel (Zeitachr. f. Religionspsychologie. Bd. 6. H. 1). — Nagy: Psychologie des
kindlichen Interesses (Leipzig, Otto Nenmich, 1912). — Nagel: Experimentelle Unter-
suchungen über Grundfragen der Assoziationslehre (Arch. f. die ges. Psychol. Bd. 23.
H. 1/2) — Naecke: Zur Kinderpsychologie (H Gross' Archiv. Bd. 47. Heft 1/2.
1912). — Tannenbaum: True Neurasthenia from the Freudian Point of
View (Critic and Guide. Jury 1912). — Brill: A Few Remarks on the Tech-
nique of Psychoanalysis (Med. Review of Reviews. April 1912). — A. Mc Laue
Hamilton, M. D. : The Pathogeny of mental Disease; with special reference to the
minor psychoses (Medical Record. March 23. 1912 [81 : 551—561]). — A.A. Brill, M.D.:
Hysterical Dreamy States, their Psychological mechanism (N. Y.
Medical Journal. May 25. 1912. — C. M. Campbell, M. D.: The Application of
Psycho-analysis to Insanity (N.T. Medical Journal. May 25. 1912). —
S.J.Franz, M.D.: The Present Status of Psychology in Medical Edu-
cation and Practice (The Journal of the Am. Med. Ass. March 30. 1912.) —
A. Meyer, M. D.: The Value of Psychology in Psychiatry (ibidem). — J. D. Watson,
M. D.: Content of a Course in Psychology for medical Students (ibidem). — M. Prince,
M. D.: The New Psychology and Therapeutics (ibidem). — J. 0. Jankins,
M. D.: Climacteric Neurosis in Women (Kentucky Medical Journal [Louisville, Ky.].
April 1912.) — E. Novak, M. D.: Neurasthenia and Hysteria, Gynecological Aspects
(Amor. Journ. of Surgery (April 1912). — J. V. Haberman, M. D.: Hysteria (Me-
dical Review of Rewiews [N.T.], June 1912 [18:373—379]). — M. Allen Starr, M.D.:
Neuroses Dependent upon Errors of Internal Secretion of the Ductless Gianda (Medical
Record [N. Y.]. June 29. 1912. — W. E. Paul, M. D.: Freud's Psychology as
Applied to Children (Boston Med. and Surg. Journ. April 4, 1912). — B. Reed,
M. D.: Sexual Education of the Child (N. Y. Medical Record. Apl. 6. 1912). — M. D.
Eder: Freud's TheoryofDreams. A Paper read before the Psycho-Medical-
Society (Transactions of the Psycho-Medical- Society. Vol. III. Part. III. 1912). —
Furtmüller: Ethik und Psychoanalyse (Reinhardt, München 1912). — Stekel:
Die Träume der Dichter (J. F. Bergmann. 1912). — Das II. Heft der Dis-
kussionen der »Wiener Psychoanalytischen Vereinigung" ist er-
schienen. Es betitelt sich „Über Onanie* und enthält vierzehn
Beiträge von Dattner, Federn, Ferenczi, Freud, Friedjung, Hitsch-
mann, Rank, Reitler, Rosenstein, Sachs, Sadger, Steiner, Stekel
und Tausk.
Inhaltsverzeichnis und Autorenregister.
(Abkürzungen:
Abraham:
Aclier:
Adler:
Appelt:
Aronsohn:
Asnauro w:
A a s a g i 1 i :
Aszlanyi:
Aub:
Barham:
Bayerthal:
B e n n i :
Berger:
Binet:
Birnbaum:
Bleuler:
Bloch:
Brill:
Bormann:
Büttner:
Buqnet:
Burchard u.
Campbell:
Claparede:
ZentralhUU
= Originalia;M = Mitteilungen; R= Referate u. Kritiken; V = Varia.)
Über die determinierende Kraft des Namens . (M) 133
Eine Traumanase bei Ovid |V) 159
Ansätze zur psychoanalytischen Erforschung und lteliaiul-
lung des manisch-depressiven Irrselns 1° %Q2
über ein kompliziertes Zeremoniell neurotischer Frauen (O) 4-1
Spontaneous Constructions an.i Primitive Activitiea of
Cliildren Analogous to thoae of Primitive Man . i • •«)
Die mangelnde üeschlechtaempfin.lung des Weibes . . . (Bj M
Stammering and its permanent Curo iRi' 410
Das Problem in .Baumeister Solness" < ' t|
Algolagnie und Verbrechen ( ^
Die sexuelle Seuche im Russland '
Trasformazione eublimazione delle energie sessnah . • • IJj» JJJ
11 subconsciente /R» 145
Die Bibel des XX. Jahrhunderts ^
Die Hysterie des Mannes •
Two Cases of .Wasbing Hand» Mania. with aome Obser ^
vations on her Aetiology fR) 209
Erblichkeit und Erziehung /Ml 204
Ein Fall von Inteatinalneurose . ... • < ^
Hofrat Eyeenhardt .'.' ' ,i», 9°
Le Diagnostique Judiciair« par la Methode des Assoc.at.ons K ■
Krankhafte Eifersucht und Eifersuchtewahn W ^
Dementia praecox ,«i, 076
BeitragzudonTräumennachCoitusint.rruplua W ^
Freud's Theory of With
Die acht Hanse und andere Namensschorze «m .Götz ron ^
Berlichingen" ,j^ gl
Das Wesen der Seele fRl HB
Retour ä l'enfance ' '
. Magnus Hirschfeld: Spermasekretion aus einer weit»- tfJ
liehen Harnröhre " '
Psychological Mechanism with Special Regard to Wisn ^
Fulfilmenta .
The Form and Constant of the Paychos.s: the Röle oi ^
rsychoanalysis in Psychiatry ( K) 348
Etat hypnolde che» un singe iRi 3*9
Interpretation psychologique de l'hypnoae .....
für P«yebo»n»lYM. II u
684 Inhaltsverzeichnis und Autorenregiater.
C o r i a t : A Contribution to the Psychopathology of Hy Sterin . . (R) 44
Dat tu er: Eine psychoanalytische Studie an einem Stotterer ... (0) 18
Aas „Aphorismen* von Gabriele Reuter (V) 472
Devine: The Signifioance of Some Confusional States (R) 355
Donath: Psychotherapeutische Richtungen m\ 352
Donley: Psychotherapy and Re— education ^m 43
D o r n b 1 ü t h : Die Psychoneurosen (ß) 281
Dresslar: Suggestions on the Psychol gy of Superstitive . . . . (R) 49
Drosnes: Über Onanie m\ 50c
Dubois: Nochmals: Über die Definition der Hysterie (R) 221
Eder: A Case of Obsession and Hysteria Treated by the Freud
Psycho-Analytic Method /jj\ o«
Keilen: Die Nachtbraut ,pv 01 o
Eitingon: Genie, Talent und Psychoanalyse ' (V) 539
Alexander und Diogenes iy\ 415
Emden: Selbstbestrafung wegen Abortus . . . (M) 647
Epstein, D., Kiew: Beiträge zum Kapitel „Übertragung« in
der Psychoanalyse (M) 451
P., Berlin: Die Uhr als Symbol des Lebens (V) 418
Peis: Studien über die Genealogie und Psychologie der Musiker (R) 218
Hector Berhoz, eine pathographische Studie (R) 218
Ferencz,: Über lenkbare Träume 04 81
The Psychoanalyeis of Dreams . . ,r> aq
Ki?*; •■■'•' '■ • • •' m iS
aup Begriffsbestimmung der Introjektion . . (M) 198
l bcr passngere Symptombildungen während der Analyse (0) 583
Ein Fall von „deja tu' (M) 648
Zur Genealogie des Feigenblattes (V) 678
Metaphysik— Metapsychologie i (V) 678
ParacelBUs an die Ärzte (V) $73
Goethe über den Realitätswert der Phantasie .... . (V) 679
l:::r- firJL*."»?? SB S
I he Ong.n and Development of Psychoanalysis . . . (R) 47
Die Bedeutung der Vokalfolge • .... (V) 105
Die Handhabung der Traumdeutung in der Psychoanalyse (0) 109
Gross ist die Diana der Epheser (V) 158
Zur Dynamik der Übertragung (0) 167
über neurotische Erkrankungstypen . . (0) 297
Psychoanalytische Bemerkungen über einen autobiogra-
phisch beschriebenen Fall von Paranoia (R) 343
Ratschläge für die Ärzte bei der psychoanalytischen Be-
handlung (0) 483
Formulierungen über die zwei Prinzipien des psychischen
Geschehens (R) 609
Über einige Bestimmungen im Seelenleben der Wilden
und der Neurotiker fljj 554
Fried jung: Eine sonderbare Rationalisation einer inzestuösen Eifersucht (V) 293
Ein Beispiel einer kindlichen Phobie . . . . (M) 604
Friodmann: Über die Psychologie der Eifersucht (R)
Gaupp: Das Pathologische in Kunst und Literatur (K) 21
Gincburg: Tolstoi über den Traum (V) 615
664
5
5
Inhaltsverzeichnis und Autorenregister. 685
Graham: Psychotherapy in Mental Disorders (R) 350
Gross: Das Spiel als Katharsis (R) 219
Hacker: Systematische Traumbetrachtungon mit besonderer Be-
rücksichtigung der Gedanken (R) 357
Häberlin: Sexualgespenster (R) 463
Härnik: Ein Beitrag zum Thema: „InfantileSexualität" (M) 37
Zum Wahrheitswert des Symbols: Erde— Mutter . . . (V) 224
Ramsay über die Genese wissenschaftlicher Entdeckungen (V) 293
Eine infantile Sexualtheorie bei Gerhart Hauptmann . . (V) 363
Die Magd als Symbol der Mutter (M) 402
Gelungene Auslegung eines Traumes (V) 417
Zur Psychologie des Künstlers (V) 417
Hart: Freud's Conception of Hysteria (R) 43
The Psychological Conception of Insanity (R) 351
Härtungen: Kritische Tage und Träume (R) 95
Havelock Ellis: Die Lehren der Freud's Schule (0) 61
Geschlecht und Gesellschaft (R) 94
Hellmuth: Analyse eines Traumes eines 5 1 /* jährigen Knaben ... (0) 122
Beiträge zum Kapitel .Verschreiben" und »Ver-
lesen* ... (M) 277
.Versprechen« eines kleinen Schuljungen . . (M) 603
Hellpach: Die geopsychischen Erscheinungen (R) 217
Hitschmann : Eine sehr durchsichtige Symbolik (V) 290
Zum Weiden des Romandichters (R) 667
Hoch: Constitutional Factors in the Dfmontia Praecox Group . (R) 49
Hochsinger: Fazialisphänomen und jugendliche Neuropathie . . . . (R) 410
Horand: Geschlechtstrieb und Fortpflanzung (R) 533
Jekels: Szkic psychoanalizy Freuda (R) 612
Jentsch: Musik und Nerven (R) 217
Jones: Zwei interessante Fälle von Versprechen . . (M) 33
The practical value of the wordassociation method in
the treatment of the Psycho-Neurosis (R) 44
The relation between organic and functional Nervoue
Diseases (R) 44
A Modern Conception of the Psycho-Neurosis . . . . (R) 44
Analyse eines Falles von Namen vergessen (M) 84
Ein klares Beispiel sekundärer Bearbeitung . (M) 135
Unkewusstc Zablenbehandlung (O) 241
Tlic Psychopathology of Everyday Life (R) 356
The relationship between dreams and psychoneurotic-
symptoms (R) 407
Reflections on Some Criticisms of the Psychoanalytic
Method of Treatment (R) 407
Ein ungewöhnlicher Fall von .gemeinsamem
Sterben" ..... (M) 455
Psychoanalyse Roosevelts (V) 677
Joteyko: La vie des ölementis psychiques (R) 350
Juliusburger: Vom Philosophen Philipp Mainländer . . . (.Ml 135
Die Homosexualität im Vorentwurf zu einem deutschen
Strafgesetzbuch (R) 401
Ein Beitrag zur Psychologie der sogenannten Dipsomanie (O) 551
48»
(53(j Inhaltsverzeichnis und Autoreuregister.
j ui) g: Tlie Association Method ' . . (R) 48
Kahane Das psychagogische Heilverfahren (R) 460
Karsch-Haak: Das gleichgeschlechtliche Leben der Naturvölker. . . (R) 668
Keninierich: Kultnr-Kuriosa (R) 463
Kernt and Rnsanoff: A Study of Association in Insanity (R) 50
Kohl: Pubertät und Sexualität (R) 534
Kostylei'f: Freud et le probleme des röves (R) 359
Kovn.cu: Introjcktion, Projektion und Einfühlung (0) 253,316
Krauss: Antropophyteia (R) 282
Kur o IIa: Caesare Lombroso, als Mensch und Forscher (R) 220
Levy: Die Agoraphobie und ihre Behandlung durch Erziehung
ohne Isolierung (R) 216
Locwenfeld: Über dio Sexualität im Kindesalter . . (R) 142
Über die sexuelle Konstitution (R) 283
Lucerna: «Das Märchen* (R) 50
Mndny: Psychologie des Pferdes und die Dressur (R) 669
Maeder: Der Berg als Symbol (M) 35
Die Psychoanalyse — ihre Aufnahme in Belgien . . . (R) 39
Eine seltsame Triebhandlung in einem Falle von psy-
chischer Epilepsie (R) 42
Das psychosexuelle Element in der Familie . (M) 137
Dubois-Freud, Über die Definition der Hysterie . . (R) 221
Das Kind, wie die Gebrüder Margueritte es
schildern (M) 329
Magnus Hirschfeld und Burchurd: Spermasokretion aus einet weih-
lichen Harnt öhro (R) 461
Marcinowski: (iczeicliiiHe Träume (O) 490
Drei RoiiUUM) '" Wahlen (0) 619
Marcus: Ein Fall .lenkbarer Träume" (V) 160
.Ein Fall von libido homo sexualis bei einer Hündin' . (V) 470
.Ein Beitrag zur Sexualbiologie der Tiere* (V) 470
Psychische Beeinflussung der Menstruation . (M) 652
Marcuse: Die Gefahren der sexuellen Abstinenz für die Gesundheit (R) 94
Meisel- Hess: Die Intellektuellen (R) 288
Meisl: Der Traum eines Coitus in terruptus (M) 88
Zur Pathogenese der Magendarmneurose (R) 409
Menzoratlt et Loy: L'etude experimentale etc (R) 656
M es sin er: Die Psychoanalyse und ihre pädagogische Bedeutung . . (15) 280
Meyer, A: Träumen, Denken und Dichten (R) 613
Moyer, S.: Traume (R) 149
Mol): Assoziationstherapie der sexuellen Perversionen . . . . (R) 40
Handbuch der Sexualwissenschaften (R) 459
Morichau- Beauchant: Hnmoscxualiliit und Paranoia (O) 174
Le .rapport aflectif* dans la eure des psychonevroses (R) 349
Monrly Vold: .Über den Traum" (R) 660
Münster borg: Psychologie und Pathologie (R) 409
Näcke: Über tardive Homosexualität (R) 143
Nelken: l'ber schizophrene Wortverlagerungcn (O) 1
Psychologische Untersuchungen an Dementia prnecox-
Ki anken (R) 663
Nord in: Die eheliche Ethik der Juden zur Zeit Jesu (R) 51
.
Inhaltsverzeichnis und Autorenregister. (&7
Oppenheim: Zur Frage der Genese des Eliersuchtswahnes (0) 67
Ormerod: Two Theories of Hysteria (R) 353
Pelndf: Zur diagnostischen Bedeutung der Träume (R) 535
Petersen: Ein Ausspruch Diderot' s (V) 473
Menstruation und infantile Sexualtheorien (V) 473
Harnerotik einer Greisin (M) 605
Eine Bestätigung der „symbolischen Glei-
chungen" (M) 606
Pettow: Über eine besondere Form sexueller Anomalie .... (R) 144
Pf ister: Psycho-Analysis and child study (R) 38, 90
Anwendung der Psychoanalyse in der Pädagogik und Seel-
sorge (R) 667
Pick: Zur Lehr«' von den Störungen des Roalitätsurteiles etc. . (R) 409
Putnam: Aus der A nalyse zwe ier Treppenträume . . . IM) 264
Ein charakteristischer K indertraum (M) 328
Itaalke: Zur Deutung des Odipustraumes im Altertum .... (V) 540
Rahm er: Nicolaus Lenau als Mensch und Dichter (R) 96
Rank: Fehll eistungen au s dem Alltagsleben . . . . (M) 265
Die Lohengrinsage (R) 287
Vülkerpsyehologische Parallelen zu den infantilen Sesual-
theorien (O) 372, 425
Die Uhr als Genitalsymbol (V) 418
Aus Nietzsches „Geburt der Tragödie" (V) 473
Aktuelle Sexu alregunge n als Trau manläsae . (M) 596
Der Sinn der Griseldarabel (R) 666
Frank Wedekind „über Erotik" (V) 679
Aus einer Rezension von Diderot (V) 679
Aus E. T. A. Hoffmann's „Rat Krespel" (V) 68U
Rank und Sachs: Entwicklung und Ansprüche der Psychoanalyse . . (R) 6K7
Reik: Aus einem Briefe Descartes (V) 225
Zur Traumforschung . (V) 294
Flauberts Jugendregungen (R) 356
Kiiemhild's Traum (V) 416
Ein Witz als Bestätigung der analen Sexualtheorie . . (V) 417
Beruf und Traumsymbol (M) 531
Richard Beer-Hofmann (R) 611
Reitler: Eine infantile Sexuultlieoriu und ihre Beziehung zur
SHIislnmnls vni boli k (0) 114
Zwei Versprechen (M) 651
Robitsek: Zur Frage der Symbolik in den Träumen Ge-
sunder (M) 340
Symbolisches Denken in der chemischen Forschung . (R) 668
Rorscbach: Zum Thema: „Sexualsymbolik" .... (V) 365
Ein Beispiel von missl u ngen er Su bl im ierung . (M) 403
Zum Thema: Uhr und Zeit im Leben der Neu-
ro tiker (M) 606
Rosenstein: Zum Thema: „Traumdeutung" (Vi 160
Prinzipien der Charakterologie (M) 332
Sadger: Die scxualsymboliselie Verwertung des Kopfschmerzes . . (O) 190
S aenger: Über nervöse Atmungs- und Herzbeschwerden etc. . . . (R) 53
Salus: Der Knabe (V) 675
688 Inhaltsverzeichnis und Autorem-egister.
Scheuer: Das menschliche Haar und seine Beziehungen zur Sexual-
sphare (R) 613
Schm ölder: Die Prostituierten und das Strafrecht (R) 148
Schrötter: Experimentelle Träume (0) 638
Schilcking: „Das Byron-Geheimnis* (RJ 147
Schultz: Das Geschlechtliche in goostischer Lehre und Übung . . (R) 219
Segaloff: Die biologische Bedeutung der Exstase (R) 412
Sie bei: Zur Psychopathologie des Selbstmordes (R) 53
Silber er Mantik und Psychoanalyse (0) 78
Von den Kategorien der Symbolik (0) 177
Lckanomantische Versuche (1-IV) ... (0) 383, 438, 518, 566
Simon: Die Karlsbader Kur im Hause (R) 663
Simonsen: Ein interessanter Fall von .Versprechen" und „Ver-
schreiben* (V) 363
Ein treffendes Wort von Fritz Mauthner (V) 540
Eine gelungene Projektion (V) 614
Specht: Zeitschrift für Pathopsychologie (R) 407
Spinoza: Zitat aus der „Ethik* (V) 56
Staehelin: Die Entstehung und Behandlung des Asthma bronchiale (R) 462
Stärcke: Ein Traum, der das Gegenteil einer Wunsch-
erfüllnng zu verwirklichen schien, zu-
gleich ein Beispiel eines Traumes, der von
einem anderen Traum gedeutet wird . . . (M) 86
Stegmann, Mary: Ein Fall von N amens vergesse n (M) 650
Aus Näcke: „Bemerkungen zu den Freud'schen Symbolen* (V) 677
Stein: Grundschema der Geisteskrankheiten (R) 144
Stekel: Die verschiedenen Formen der Übertragung . (M) 27
Aus dem Tagebuch eines Neurotikera . . . . (M) 89
Goethe über einen Fall von Konversion (V) 105
Goethe über die Macht infantiler Eindrücke (V) 106
Religion und Medizin (V) 106
Ein prophetischer N umnier ntrsum (M) 128
Berufswahl und Kriminalität (R) 147
Kriminalität und Epilepsie (M) 206
Die Sprache des Traumes (R) 211
Die Beziehungen des Ncurotiker» zur „Zeit" (0) 245
Die Uhr als Symbol des Lebens (V) 289
Ein schönes Beispiel von Versprechen (V) 293
Aus Gerhart Hauptmanns Diarium (V) 365
.Masken der Homosexualität (0) 367
über ein Zeremoniell vor dem Schlafengehen .... (0) 557
Storfer: Jungfrau und Dirne (M) 200
Zur Sonderstellung des Vatermordes (R) 357
Zwei Typen der Märchenerotik (R) 668
Strohmayer: Psychiatrisch -genealogische Untersuchungen der Abstam-
mung König Ludwig II. und Otto I. von Bayern . . (R) 612
Taussig: Ein Fall von Symbolhäufung (V) 22ö
Traugott: Ein absurder Traum (V) 364
Trümner: Über motorische Schlafstörungen (R) 670
Vaschide: Le somneil et les reves (R) 138
Vogt: Über Erziehung der Gefühle (R) 662
Inhaltsverzeichnis und Autorenregister.
689
Vogtländer:
Voss:
Wanke:
Weber:
Weiss:
Widmar:
Wilson:
Wingf ield:
Witteis:
Woolley:
Wulff:
Wyrubow:
Zappert:
Über die Bedeutung Freud 's für die Psychologie . .
Tuberkulose und Nervensystem
Über Psychoanalyse
Petite psychologie (dediee ä Freud)
Über einen Fall von Vergessen
Ein Beitrag zur Mutterleibsphantasie
Die Rolle der Psyche bei der Bergkrankheit
Some modern French Conceptions of Hysteria ....
Foiir Cases Illustrative of Certain Points in Psycho- Analysis
Tragische Motive oder das Unbewusste in Held und Heldin
Recent literature on the Psychology of Sex.
Beiträge zur infantilen Sexualität
Die Lüge in der Psychoanalyse
Die psychotherapeutischen Aufgaben eines Sanatoriums
für Nervenkranke
Zur Prognose der Epilepßie im Kindesalter
Literatur 60, 108, 163, 227, 295, 418, 474, 542,
Offener Sprechsaal
Korrespondenzblatt der Internationalen Psy choanaly ti-
schen Vereinigung
Psychologisches aus der Kinderstube
Aus Vereinen und Versammlungen.
9. Versammlung polnischer Ärzte und Naturforscher, Neurologische Sektion
3. Psychoanalytischer Kongreas in Weimar am 21. u. 21. September 1911
Grete M eisol-Hess: Neomalthusianismus, Mutterschutz und Soxaal-
reform
Dr. Wanke: Über Psychoanalyse
Dr. Sachs: Bedeutung der Psychoanalyse für Probleme der Soziologie
Dr. Schrötter: Wurzeln der Phantasie
Zur Psychologie und Logik der Lüge
Dr. Lilienstein: Kongress für Familienforachnng
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