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Full text of "Pius IX. als Papst und als Koenig, dargestellt aus den Acten seines Pontificates"

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PIUS  IX. 

ALS  PAPST  UND  ALS  KOENIG 


DARGESTELLT 


AUS   DEN  ACTEN  SEINES  PONTIFICATES 


VON  DEM 


VEEF ASSER  DER  BROSCHÜRE 
DEE  PAPST  UND  DIE  MODERNEN  IDEEN. 


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Mit  einem  Päpstlichen  Belobungsschreiben. 


Wien  1865. 

Verlag  von  Carl  Sartori, 

Wallnerstrasse  Nr.  7, 
gegenüber   dem    fürstlich    Esterhazy 'sehen    Palaii 


Per  Terleger  behält  sich  das  Recht  der  üebersetznng 
in  fremde  Sprachen  vor. 


Vorwort. 

Als  der  Verfasser  der  nachfolgenden  Blätter  das  erste  Heft  der 
Broschüre  „Der  Papst  und  die  modernen  Ideen"  erscheinen  liess,  lagen 
von  der  in  Korn  erscheinenden  Sammlung  der  Acten  Pius  IX.  erst  zwei 
Bände  vor,  welche  nur  bis  zum  Jahre  1858  reichten.  Inzwischen  ist  auch 
der  dritte  Band  erschienen,  welcher  bis  zum  8.  December  1864  reicht. 
Das  aufmerksame  Studium  dieser  Acten  liess  dem  Verfasser  eine  synopti- 
sche Zusammenstellung  der  Thätigkeit  Pius  IX.  während  seines  neunzehn- 
jährigen ereignissreichen  Pontificats,  auf  Grundlage  des  in  diesen  Acten 
gebotenen  Materials,  zweckmässig  erscheinen,  und  der  Verleger  ging  um 
so  bereitwilliger  auf  den  Vorschlag  des  Verfassers  ein,  als  er  sich  durch 
das  huldvolle  Anerkennungsschreiben,  welches  der  heilige  Stuhl  dem  ersten 
Hefte  der  Broschüre  „Der  Papst  und  die  modernen  Ideen"  hatte  zu  Theil 
werden  lassen,  gewissermassen  verpflichtet  fühlte,  das  mit  jener  Broschüre 
begonnene  Werk  durch  die  vorliegende  Arbeit  fortzusetzen.  Es  kann  für 
jeden  Katholiken  gewiss  nur  vom  höchsten  Interesse  sein,  einen  genauen, 
übersichtlichen  Einblick  in  die  universelle,  wahrhaft  katholische  und  apo- 
stolische Thätigkeit  des  Oberhauptes  der  katholischen  Kirche  zu  gewinnen, 
und  wir  meinen,  dass  selbst  loyale  Gegner  der  katholischen  Kirche  durch 
einen  solchen  Gesammtüberblick  über  die  Thätigkeit  des  Papstes  sich  zur 
Bewunderung  der  grossartigen  Universalität  und  des  harmonischen  Geistes 
hingerissen  fühlen  müssten,  welche  aus  dem  Walten  des  Statthalters  Christi 


hervorleuchten.  Möge  die  Mühe,  welche  der  Verfasser  auf  die  Zusammen- 
stellung dieser  Arbeit  verwendet  hat,  die  erwünschten  Früchte  tragen; 
möge  ihm  auch  für  allenfallsige  Mängel  bereitwillige  Nachsicht  zu  Theil 
werden,  und  möge  man  endlich  dem  Verleger  das  Zeugniss  nicht  ver- 
sagen, dass  er  für  die  würdige  Ausstattung  des  Werkchens  nach  besten 
Kräften  Sorge  getragen  hat. 


Wien,  am  12.  Juni  1865. 


Der  Verfasser  und  der  Verleger. 


Erste  Abtheilung. 

Pius  IX.  als  Papst. 


Pius  IX.  als  Papst  und  als  König 


Einleitung. 

Der  Papst  ist  der  Nachfolger  des  Fürsten  der  Apostel,  er  ist  der  oberste 
Lehrer  fsummus  Doctor  et  Magister),  der  oberste  Priester  (summus  sacer- 
dos  et  Pontifex),  der  0  be  rs  t  e  H  ir  te  fi-MmwiwÄ  Pastor),  der  ob  er  st  e  Gesetz- 
geber und  Richter  (summus  judex  et  Legifer)  der  ganzen  Kirche.  Seine 
Wirksamkeit  als  Oberhaupt  der  Kirche  ist  1)  eine  Apostolische,  auf  die 
Ausbreitung  des  Glaubens  durch  Entsendung  von  Glaubensboten  und  Grün- 
dung von  Missionen  gerichtete,  und  dies  entspricht  seiner  Würde  als  Nach- 
folger des  Apostelfürsten.  Sie  ist  2)  eine  hierarchische  und  äussert  sich 
als  solche  durch  die  Gründung  neuer  Bisthümer,  durch  die  Besetzung  der  be- 
stehenden mit  tauglichen  Hirten,  durch  den  Verkehr  mit  den  Bischöfen  als 
ihr  oberster  Hirte,  durch  die  Vertheidigung  ihrer  Rechte,  durch  die  Wach- 
samkeit über  die  Erfüllung  ihrer  Pflichten.  Sie  ist  3)  eine  symbolische, 
auf  die  Entwickelung  und  Reinerhaltung  des  Glaubens  gerichtete,  indem  der 
Papst  als  oberster  Lehrer  Glaubenssätze  definirt,  Entscheidungen  in  der 
Ordnung  des  Glaubens  fällt  und  die  Glaubenslehren  gegen  alle  Angriffe  in 
Schutz  nimmt.  Sie  ist  4)  eine  ethische,  auf  die  Wahrung  der  christlichen 
Sitte  und  der  Moral  gerichtete,  und  dies  entspricht  seinem  Amte  als  oberster 
Hirte.  Sie  ist  5)  eine  liturgische,  auf  die  Erhaltung,  Entwickelung  und 
Förderung  des  Cultus  und  der  Liturgie  gerichtete,  wie  sie  dem  obersten 
Priester  ziemt.  Sie  ist  6)  eine  gesetzgebende,  denn  der  Papst  gibt  der 
ganzen  Kirche  als  ihr  oberster  Gesetzgeber  das  Gesetz  des  Denkens  und 
des  Handelns,  des  Glaubens  und  des  Lebens.  Sie  ist  7)  eine  richterliche, 
denn  als  oberster  Richter  der  Kirche  fällt  der  Papst  unfehlbare  Schieds- 
sprüche  und   Entscheidungen   in   allen  Fragen,    welche   an    seinen  unfehlbaren 

1* 


4  '  Einleitimg. 

Eichterstuhl  gebra-cht  werden.  Sie  ist  endlich  8)  eine  politische,  das  Ver- 
hältniss  der  Kirche  zu  den  verschiedenen  Staatsregierungen  regelnde,  und  äussert 
sich  als  solche  durch  die  Vertheidigung  der  Rechte  der  Kirche  gegen  die  An- 
griffe der  Staatsgewalt,   durch  den  Ahschluss  von  Concordaten  u.  s.  w. 

Der  Papst  ist  auch  der  Vater  der  Christenheit,  und  als  solcher 
bringt  er  nach  seinen  besten  Kräften  allen  christlichen  Völkern  Hilfe  in  geist- 
lichen und  leiblichen  Nöthen. 

Wir  gehen  nun  daran,  die  Thätigkeit  Pius  IX.  in  den  eben  aufgezählten 
Eichtungen  an  der  Hand  der  Acten  seines  Pontificats,  weiche  in  drei  Bänden 
vor  uns  liegen,  ^)  zu  betrachten. 

Diese  Thätigkeit  ist  aber  eine  doppelte,  eine  schaffende  und  eine  er- 
haltende.   Wir  betrachten  zunächst  seine  schaffende  Thätigkeit. 


^)  Pii  IX.  Pontificis  Maximi  Acta.  Pars  Prima.  Vol.  I — IIT.  Aota  exhibens  quae 
ad  ecclesiam  universam  spectant.  Romae  ex  Typographia  Bonarum  Artium.  Habita 
Facultate  1854.  1858.  1864. 


I.  Abschnitt. 

Die  schaffende  Thätigkeit  Pius  IX. 
A.  Apostolische  Thätigkeit, 

In  dieser  Richtung  enthalten  die  Acten  Pius  IX.  nur  ein  einziges  Acten- 
stück,  nämlich  das  Apostolische  Schreiben  vom  6.  Januar  1862,  mit  welchem 
eine  besondere  Congregation  aus  der  Congregation  Propaganda  fide  für  die  An- 
gelegenheiten der  orientalischen  Kirchen  niedergesetzt  wurde. 

Aus  den  päpstlichen  Jahrbüchern  ist  aber  ausserdem  noch  die  Errichtung 
von  fünfzehn  neuen  Apostolischen  Vicariaten,  einer  Apostolischen  Delegation 
und  sechs  Apostolischen  Präfecturen  zu  entnehmen.    Pius  IX.  hat  nämlich 

1)  im  arktischen  Pol  eine  Apostolische  Präfectur, 

2)  im  nördlichen  Cochinchina  ein  Apostolisches  Vicariat, 

3)  ebenso  in  Camboia  (Cochinchina), 

4)  Ostb.engalen, 

5)  Vizagapatam  in  Asien  je  ein  Apostolisches  Vicariat, 

6)  ein  eben  solches  für  Dahomey  in  Afrika, 

7)  eine  Apostolische  Delegation  für    Aegypten  und  Arabien, 

8)  ein  Apostolisches  Vicariat  für  Sierra-Leone  (Guinea), 

9)  eine   Apostolische    Präfectur    für   die  Inseln  Annobon,    Corisco, 
Perdinando-Po  (Afrika), 

10)  eine  eben  solche  für  die  Seychelles -Inseln  (Afrika), 

11)  eine   weitere    für    die    Inseln    Nossibe,    St.    Maria    und   Mayotte 
(Afrika),  - 

12)  ein  Apostolisches  Vicariat  für  Madagascar, 

13)  ein  eben  solches  für  Natal  (Afrika), 


e  Hierai-cbisclie  Thätigkeit.  Neue  Bisthümer.  Wiederlierstelluug  derHierarcliie  in  England. 

14)  ein    Apostolisches    Vicariat    für    Britisch    Columbia     in    Nord- 
amerika, 

15)  ein  Apostolisches  Vicariat  in  Florida  (Nordamerika),  ferner 

16)  Apostolische  Vicariate  in  Machenzie  (in  den    englischen  Besitzun- 
gen von  Nordamerika), 

17)  Marysville  und 

18)  Nebrawska  (Amerika), 

19)  eine  Apostolische  Präfectur  in  den  Rocky  Mountains  (Amerika), 

20)  ein  Apostolisches  Vicariat  auf  den  Schif  ferinseln  (Oceanien),  und 

21)  ein  eben  solches  für  Thaiti  (Oceanien), 

22)  eine   Apostolische   Präfectur    für    die    Viti-Inseln    (Oceanien)    neu 
errichtet. 

B.  Hierarchische  Thätig^keit. 

a)  Neue  Bisthümer. 

In  dieser  Richtung  darf  die  Thätigkeit  Pius  IX.  in  allen  Welttheilen 
eine  wahrhaft  ausserordentliche  genannt  werden. 

Europa. 

Vor  Allem  springen  uns  hier  zwei  grosse  Acte  in  die  Augen,  nämlich 
die  Wiederherstellung  der  Hierarchien  von  England  und  von  Holland. 
Die  erstere  erfolgte  durch  die  Bulle  vom  29.  September  1850,  und  nach  einem 
kurzen  üeberblick  über  die  Geschichte  der  Hierarchie  in  England  und  die  der 
Wiederherstellung  derselben  vorangegangenen  Schritte  heisst  es  in  der  Bulle: 
Itaque  post  rem  universam  a  Nohis  etiam  accurata  consideratione  perpensam,  motu 
proprio,  certa  scientia  ac  de  plenitudine  Apostolicae  Nostrae  potestatis  coristituimus 
atque  decei'nimusy  ut  in  Regno  Ängliae  refloreat  juxta  communes  Ecclesiae  Regulas 
Hierarchia  Ordinariorum  Episcopontm,  qui  a  Sedibus  nuncupabuntur,  quas  hisce 
ipsis  Nostris  Litteris  in  singulis  ApostoUcorum  Vicariatuum  Dlstrictibus  constituimus. 
„Daher  verordnen  und  beschliessen  Wir,  nachdem  Wir  die  ganze  Angelegenheit 
reiflich  erwogen,  aus  eigenem  Antriebe  mit  gewisser  Wissenschaft  und  aus  Un- 
serer Apostolischen  Machtvollkommenheit,  dass  im  Königreiche  England  die 
Hierarchie  der  ordentlichen  Bischöfe,  welche  nach  den  Sitzen  benannt  werden, 
die  Wir  in  diesem  Unseren  xipostolischen  Schreiben  in  den  einzelnen  Bezirken 
der  Apostolischen  Vicariate  gegründet  haben,  nach  den  gemeinsamen  Regeln 
der   Kirche  wieder  aufblühe." 

Dann  folgt  die  Aufzählung  der  neuen  Bisthümer.  Der  Bezirk  von  London 
erhält  deren  zwei,  nämlich  das  Erzbisthum  Westminster  und  das  Bisthum 
Southwark. 

Weiter  werden  errichtet  die  Bisthümer  Hexhtime,  Beverley  (in  der  Graf- 
schaft York),'  Liverpool  und  Salford  (in  der  Grafschaft  Lancuster),  Shrewsbiirv 


Hierarchische  Thätigkeit.  Wiederherstellung  der  Hierarchie  in  England.  7 

und  Newport  (in  der  Grafschaft  Wales),  Clifton  und  Plymouth,  Nottingham  und 
Birmingham  und  Northampton. 

Dann  heisst  es  weiter  in  der  Bulle:  Ita  igüur  in  florentissimo  Angliae 
Regno  unica  erit  Provincia  Ecclesiastica  ex  uno  Archiepiscopo  seu  Metropolitano 
Jntistite,  et  duodecini  Episcopis  illiibs  suffraganeis  constituta;  quorum  studiis  et 
pastoralihus  curis  Catholicam  illic  rem  Deo  dante  uheribus  in  dies  auctibus  arapli- 
ßcandam  conßdimus.  „So  wird  also  in  dem  blühenden  Königreiche  England  eine 
einzige  Kirchenprovinz  aus  Einem  Erzbischof  oder  Metropolitanbischof  und 
zwölf  Suffraganbischöfen  bestehen,  deren  Eifer  und  Hirtensorgfalt  Wir  die  ka- 
tholische Sache  daselbst  anvertrauen,  damit  sie  dieselbe  unter  Gottes  Beistand 
von  Tag  zu  Tag  mit  immer  reichlicheren  Früchten  mehren." 

Dann  behält  der  Papst  sich  und  seinen  Nachfolgern  vor,  diese  Kirchen- 
provinz in  mehrere  zu  theilen,  die  Zahl  der  Diöcesen  nach  Bedürfniss  zu  ver- 
mehren und  neue  Eintheilungen  derselben  vorzunehmen. 

Die  Bischöfe  werden  sodann  beauftragt,  ihre  Berichte  über  den  Zustand 
der  Kirche  an  die  Congregation  der  Propaganda  fide  einzusenden.  Auch  werden 
sie  in  alle  Eechte  imd  Pflichten  eingesetzt,  welche  die  katholischen  Erzbischöfe 
und  Bischöfe  anderer  Länder  haben.  Alle  früheren  Privilegien  und  Gewohnheiten 
jeder  Art  werden  durch   diese  Bulle    ausdrücklich   aufgehoben    und  abgeschafft. 

Durch  die  Bulle  vom  19.  November  1850  werden  die  neuen  Bischöfe  und 
der  Erzbischof  von  Westminster  beauftragt,  in  ihren  Diöcesen  je  ein  Domcapitel 
zu  errichten.  Itaque  motu  'proprio  ac  plenitudine  Apostolicae  Nostrae  aiictoritatis 
Dilecto    Filio  Nostro   Card.  Archiepiscopo    Westmonasteriensi    et    Venerabilibus  Fra-' 

tribus  Episcopis committimus  atque   mandamus,  ut  unusquisque  illorum  nostro 

nomine,  et  delegata  ex  nobis  potestate  constituat  in  Dioecesi  sua  Capitulum,  quod 
ex  una  saltem  dignitate  et  decem  Canonicis  constet.  „Darum  übertragen  Wir  aus 
Eigenem  Antriebe  und  Unserer  Apostolischen  Machtvollkommenheit  Unserem  ge- 
liebten Sohne,  dem  Cardinal-Erzbischof  von  Westminster,  und  den  ehrwürdigen 
Brüdern,  den  Bischöfen  ...  die  Aufgabe,  dass  jeder  derselben  in  Unserem  Namen  und 
kraft  der  von  Uns  ihm  übertragenen  Gewalt  ein  Capitel  gründe,  welches  nur 
aus  einer  Dignität  und  zehn  Domherren  bestehen  soll." 

Diese  Capitel  geniessen  alle  Eechte  und  haben  alle  Pflichten,  wie  die 
Domcapitel  anderer  Länder.  ^) 


*)  Durch  andere  Apostolische  Schreiben  wurden  der  Erzbischof  von  Westminster 
und  die  Bischöfe  von  H ex h am e,Beverley, Liverpool,  Birmingham,  North- 
ampton  und  Newport  ernannt  und  die  Verwaltung  des  Bisthums  Southwark 
dem  Erzbischofe  von  Westminster,  S a  1  f 0 r d  dem  Bischof  von  Liverpool,  Plymouth 
dem  Bischof  von  Clifton,  Nothingham  dem  Bischof  von  Birmingham,  Shrews- 
bnry ,  dem  Bischöfe  von  Newport  übertragen,  und  in  der  Bulle  vom  19.  November  1850 
wird  ihnen  die  Verpflichtung  auferlegt,  auch  in  den  unter  Administration  gestellten 
Bisthümern  die  Domcapitel  zu  errichten. 


Ä  Hierarchische  Thätigkeit.  Wiederherstellung  der  Hierarchie  in  Holland. 

Die    Wiederherstellung   der   Hierarchie    in   Holland   erfolgte    durch    die 
Bulle  Ej:  qua  die  vom  4.  März  1853.  Nach  einem  kurzen  Ueberblick  über  die 
Geschichte   der    katholischen    Hiei'archie    in    Holland    heisst   es    in    der    Bulle: 
ItfJiq^ie    motu  proprio,    certa  scientia  ac  matura  deliberatione  Nostra,    deque  ampli- 
tudine  Apostolicae  auctoritatis  ad  majorem  Dei  omnipotentis  gloriam  et  S.  Catholicae 
Ecdesiae    utilüatem    conMitiiimus    ac  decernimiis,    ut    in  Hollandiae  ac  Brabantiae 
regjio  juxta  communes  Ecdesiae  ejusdem  reyulas  Hierarchia  refloreat  Ordinär ior um 
Episcoporum,    qui  a  Sedibus  nuncupabuntur,   quas  Nostris  hisce   literis   erigimus  et 
in  promnciam  ecclesiasticäm  instituimus.    Porro  quinque  Sedes  in  praesens  erigen 
das  decernimus  ac  fundatas ^volumus,    nimiram    Ultrqjectensem,    Harlemensem,  Bus- 
coduce'nsem,    Bredanani    et    Ruremunden^em.    Animo  autem    remlventes    Trajectensis 
Ecdesiae  praeclara  monumenta,  necnon  locorum  praesertim  opportunitate  perspecta, 
aliisque  rationibus  expensis  non  possumus ,    quin  illustrem  hanc    olim  Sedem  veluti 
isepultam   excitantes  ad  Metropolitanae  seu  Archiepiscopalis  dignitatis  gradum  illam 
evehamus  vel  restitvximus,  quo  quidem  honore  per  da.  mein.  Paidum  IV.  praedeces 
aorem  Nostrum  decorata  fuit,    eidemque  suffraganeas  quatuor  memoratas  Sedes  ad- 
signemus,  quemadmodum    tenore  praesentium  auctoritate  Nostra '  Apostolica  adsigna- 
mus,  addicimus,  attribuimus.    „Darum  verordnen  und  beschliessen  Wir  aus  Eigenem 
Antrieb,    mit  gewisser  Wissenschaft  und  mit  Unserer  reifen  Ueberzeugung  und 
aus  der  Fülle  Unserer  Apostolischen  Autorität  zur  grösseren  Ehre  des  allmäch- 
tigen Gottes   und   zum  Nutzen   der   heiligen  katholischen  Kirche,    dass  in  dem 
Königreiche  Holland   und  Brabant   nach    den    gemeinen  Regeln  der  Kirche  die 
Hierarchie  der    ordentlichen  Bischöfe  wiedeT  aufblühe,    welche  nach  den  Sitzen 
benannt  werden  sollen,  die  Wir  in  diesem  Unseren  Schreiben  errichten  und  zu 
einer  Kirchenprovinz  erheben.  Wir  beschliessen  hiermit  fünf  Sitze  zu  errichten 
und  zu  gründen,  nämlich  die  Sitze  von  Utrecht,  Harlem,  Herzogenbusch,  Breda 
und  Euremond.  Da  Wir  aber  die  herrlichen  Denkmale  der  Kirche  von  Utrecht 
und    insbesondere    auch    die  günstige  Lage  des  Ortes  sowie  andere  Gründe  er- 
wägen,   so   können  Wir   nicht   anders,    als  diesen  altberühmten  Sitz  gewisser- 
massen  aus  dem  Grabe  zu  erwecken  und  ihn  zur  Würde  einer  Metropole  oder  eines 
Erzbisthums  zu  erheben  und  wiederherzustellen,  da  schon  Paul  IV.,  Unser  Vor- 
gänger  ruhmvollen  Andenkens,    ihn   mit  dieser  Ehre   schmückte,    und   ihm  die 
erwähnten  vier  Sitze  als  Suffragan- Sitze  zuzuweisen,  wie  Wir  mit  Gegenwärtigem 
kraft  Unserer  Apostolischen  Autorität  sie  ihm  zuweisen." 

Die  Kirche  von  Jerusalem  besass  fortwährend  einen  lateinischen 
Patriarchen,  welcher  aber  wegen  der  Zeitverhältnisse  von  der  Residenzpflicht 
entbunden  war.  Pius  IX.  stellte  mit  der  Bulle  vom  23.  Juli  1847  die  Aus- 
übung der  Jurisdiction  des  lateinischen  Patriarchen  von  Jerusalem  und  seine 
Residenzpflicht  wieder  her,  und  stellte  jene  Gegenden  und  Orte,  welche  bisher 
der  Jurisdiction  des  Guardians  und  Wächters  des  heiligen  Grabes  aus  dem 
Franziscaner-Orden  unterstanden,  unter  die  Autorität  des  Patriarchen, 


Hierarchische  Thätigkeit.  Neue  Bisthüraer  und  Kirchenprovinzen.  9 

Im  Ganzen  hat  Pius  IX.  zwölf  bischöfliche  Sitze  zu  Erzbisthümern  erhoben ; 
vier  Erzbisthümer  und  vierundneunzig  Bisthümer  neu  errichtet,  und  zwar  wurden: 
In  Oesterreich  die  bischöflichen  Stühle  von 

Agram  und  von 

Fogaras    oder  Albajulia   zu  erzbischöflichen  Stühlen    erhoben, 

und    für  die  griechisch  -  unirten  Eumänen  in  Siebenbürgen    und  im 
Temeser  Banat  eine  neue  Kirchenprovinz  errichtet  aus  den  Bisthümern 

Hermannstadt  (Szamos-Ujvar), 
"  Grosswardein   und 

Lug  OS  als  Suffragan-Bisthümer  des  Erzbisthums  Fogaras. 
In  Russland  wurde  die  neue  Diöcese  von 

Kherson  in  Besarabien  errichtet,  auch  wurde  eine  neue  Eintheilung  der 
Diöcesen  vorgenommen. 
In    Frankreich    wurde    mit  der  Bulle   Uhi  primuiu  vom  5.  Januar   1858    die 
neue  Kirchenprovinz 

Kenn  es  errichtet  durch  die  Erhebung  des  Bisthums  Rennes  zum  Erz- 
bisthum  mit  den  Suftragan-Bisthümern 

Q  u  i  m  p  e  r , 

Vannes  und 

St.  Brieuc.     Ausserdem  wurden  noch  die  Bisthümer 

Laval  und 

Reunion  in  Frankreich  neu  errichtet. 
In  Spanien  wurde  das  Bisthum 

Valladolid  zum  Erzbisthum  erhoben;  auch  wurden  die  Bisthümer 

Ciudadreal^ 

Madrid  und 

Vittoria  neu  errichtet.  Auch  hat  dort  eine  neue  Eintheilung  aller  Diö- 
cesen stattgefunden. 
In  Italien  wurde  das  Bisthum 

Moden a  zum  Erzbisthum  erhoben,  das  Bisthum 

Modigliana  in  Toscana  neu  errichtet,  die  Bisthümer 

Gaeta  und 

Catania   im  Königreich   beider   Sicilien    zu  Erzbisyiümern   erhoben    und 
die  Bisthümer 

C  a  j  a  z  z  0 , 

Vasto  und 

Foggia  im  Königreich  beider  Sicilien,  sowie  das  Bisthum 

G  0  z  0  auf  der  gleichnamigen  Insel  bei  Malta  neu  errichtet. 

Amerika. 

Die  grösste  Zahl  von  neuen  Bisthüniern  wurde  in  Amerika  errichtet, 
und  zwar: 


10  Hierarchische  Thätigkeit.  Neue  Bisthüiner  und  Kirchenprovinzen. 

In  Brasilien  die  Bisthümer 

S.  Pietro  nel  rio  grande, 

Fortalezza   oder  Ciarä  und 

Diamantina. 
In  Mexico  die  Bisthümer 

S.  Louis  Potosi, 

Chilapa, 

Leon, 

Querentaro, 

Tulancingo, 

Zacatecas, 

Z  a  m  0  r  a.     Die  mexicanischen  Bisthümer 

Quadalaxara  und 

Mechoacan  wurden  zu  Erzbisthümern  erhoben. 
In  Neu-Granada  wurde  das  Bisthum 

Popayan  abgetheilt  und  das  neue  Bisthum 

Pasto  errichtet. 
In  den   nordamerikauischen  Freistaaten  wurden  die  Bisthümer 

New-York  und 

Oregon  zu  Erzbisthümern  erhoben  und  die  Bisthümer 

Albany, 

Brooklyn  und 

Buffalo  (im  Staate  New- York), 

Burlington  (im  Staate  Vermont), 

Cleveland  (im  Staate  Ohio), 

Covington   (Kentucky), 

E  r  i  e  (Pensylvanien), 

S.  Fe  de  (Neu-Mexico), 

Fort  Wayne  (Indiana), 

Galveston  (Texas),' 

Natchitoches   (Louisiana), 

Nesquely  (Washington), 

Newark  (New- Jersey), 

S.  Paul  de  Mineso ta  (Minesota), 

Portland  (Maine), 

Quincy  und 

Alton  (Illinois), 

South  Santa  Maria  (Michigan), 

Savannah  (Georgia), 

Wheeling  (Virginia)  neu  errichtet. 
In  Peru   wurde  das  neue  Bisthum 

P  u  n  0  errichtet  und 


Hierarchische  Thätigkeit.  Neue  Bisthünier  und  Kirchenproviuzen.  \] 

auf  Haiti  eine  neue  Kirchenprovinz,  bestehend  aus  dem  Erzbisthum 

Port  au  Prince  und  den  Bisthümern 

L  e  s  C  a  i  e  s . 

Capo  Haiti, 

Gonayves   und 

Porto  Pace. 
In  Costa  Eica  wurde  das  Bisthum 

St.  Joseph,  und 
in  Buenos  Ayres  das  Bisthum 

Paranä  neu  errichtet. 

Asien. 

Auch  die  orientalische  Kirche  wurde,  abgesehen  von  der  bereits  er- 
wähnten Errichtung  einer  neuen  Kirchenprovinz  orientaRschen  Ritus'  in  Oester- 
reich,  um  sechs  neue  Bisthünier  armenischen  Ritus'  vermehrt,  nämlich 

A  r  t  u  i  n 

Brusa  x    .      ,  .    ^ 

^  ,        /  (m  Armenien), 

E  r  z  e  r  u  m   und       1 

Trapezunt  j 

Ancyra  (in  Anatolien), 

T  späh  an  (in  Persien),  sämmtlich  armenisch-katholischen  Ritus'. 

Andere   überseeische  Bistiiümer. 

Ebenso  wurden  neu  errichtet  die  Bisthümer 
Barquisimeto  und 
C  a  1  a  b  0  z  0  in  Venezuela, 
Auckland  und 
Wellington  in  Neu-Seeland. 
Brisbane  und 
Maitland  in  Neu-Wales, 
Chatam  und 

Saint  John  in  Neu-Braunschweig, 
Cochabambain  Bolivia, 
San  Francesco  in  Californien, 
Harbourgrace  und 
Saint  John   auf  der  Insel  Terra  Nuova, 
Martinique  oder  St.  Piere  auf  der  Insel  Martinique, 
Armidale, 
Goulbourne, 
Melbourne  und 
Porto  Vittoria  in  Australien. 
San  Bonifacio, 


12  Symbolische  Wirksamkeit.    Dogmatische  Entscheidung  der  unbefleckten  Empfängniss. 

Hamilton, 

St.  Hyacint, 

Owtawa, 

Sandwich  und 

Trois  Kivieres   in  Canada, 

Eoseaii  auf  St.  Domingo  und 

Guadaloupe  auf  der  gleichnamigen  Insel  der  Antillen.    Das  Bisthum 

Port  d '  E  s p  a g n  e  auf  der  Insel  Trinidad  wurde  zum  Erzbisthum  erhoben. 

b)  Andere  Acte. 

In  der  hierarchischen  Ordnung  hat  Pins  IX.  ferner  zwei  grosse  Versamm- 
lungen von  Bischöfen  aus  der  ganzen  Welt  nach  Eom  berufen  (1854  und  1862) 
und  die  seit  langer  Zeit  aus  der  Uebung  gekommenen  Provinzial-Concilien 
wieder  eingeführt.  Endlich  gehört  hieher  noch  die  Entsendung  eines  Legaten 
a  latere  zur  300jährigen  Jubelfeier  des  Concils  von  Trient,  welche  im 
Juni  1863  stattfand,  in  der  Person  des  Cardinais  Reis  ach,  welcher  den  Auftrag 
erhielt,  den  zu  jener  Feier  Versammelten  den  päpstlichen  Segen  zu  ertheilen. 

C.  Symbolische  Wirksamkeit. 

In  dieser  Richtung  begegnen  wir  zunächst  einer  neuen  Entscheidung  in 
Glaubenssachen,  nämlich  dem  grossartigen  Acte  vom  8.  December  1854  der  dog- 
matischen Entscheidung  der  unbefleckten  Empfängniss  der  alier- 
seligsten  Jungfrau  und  Gottesmutter  Maria.  Es  ist  dies  ein  dem  Pontificat  Pius  IX. 
ganz  eigenthümlicher  Act,  wie  ihn  kein  früheres  Pontificat  aufzuweisen  hat ;  denn 
der  Papst  hat  dieses  Dogma  selbstständig  und  aus  eigener  Machtvollkommenheit 
ohne  Mitwirkung  eines  Concils  definirt  und  diese  selbstständige  Definition  eines 
Dogma  schliesst  gleichzeitig  zwar  nicht  ausdrücklich  und  förmlich,  aber  nichts- 
destoweniger unzweifelhaft  und  thatsächlich  eine  andere  dogmatische  Entscheidung 
in  sich:  nämlich  die  Entscheidung  der  Streitfrage,  ob  der  Papst  in  Glau- 
benssachen auch  für  seine  Person  unfehlbar  sei,  oder  ob  er  diese  Unfehlbarkeit 
nur  an  der  Spitze  eines  Concils  anzusprechen  habe.  Pius  IX.  hat,  wie  gesagt, 
die  Unfehlbarkeit  des  Papstes  durch  den  Act  vom  8.  December  1854  zwar 
nicht  theoretisch  definirt  aber  praktisch  in  Anspruch  genommen. 

Wir  kommen  darauf  weiter  unten  zurück  und  beschäftigen  uns  zunächst 
mit  der  Definition  des  Dogmas  der  unbeflekten  Empfängniss.  Sechs  Actenstücke 
sind  diesem  ebenso  erfreulichen  als  wichtigen  Akte  gewidmet. 

Als  der  Papst  in  Folge  der  nur  zu  bekannten  Ereignisse  im  Jahre  1848 
den  Aufenthalt  in  der  ewigen  Stadt  mit  dem  Exil  von  Gaeta  vertauschen  musste, 
war  der  erste  Act,  welchen  er  aus  der  Verbannung  an  die  allgemeine  Kirche 
richtete,  dieser  seiner  liebsten  Herzensangelegenheit,  der  Verherrlichung  der 
Mutter  Gottes,  durch  die  dogmatische  Feststellung  ihrer  unbeflekten  Empfängniss 
gewidmet.  Am  Feste  der  Reinigung  Maria,  2.  Februar  1849,  richtete  er  daher 


Symbolische  Wirksamkeit.  Dogmatische  Entscheidung  der  unbefleckten  Empfängniss.  13 

die  Encyclica  TJU  primum  an  die  Patriarchen,  Primaten,  Erzbischöfe  und  Bischöfe 
der  ganzen  katholischen  Welt.  In  dieser  Encyclica  erinnert  der  Papst  zunächst 
an  die  Bitten,  welche  schon  an  seinen  Vorgänger  und  dann  auch  an  ihn  von 
Bischöfen,  Domkapiteln  und  Ordensfamilien  gelangt  seien,  dass  in  der  heiligen 
Liturgie  und  insbesondere  in  der  Präfation  der  Messe  von  der  Empfängniss  der 
allerseligsten  Jungfrau  das  Wort  Immaculata m,  unbefleckt,  eingeschaltet  und  öffent- 
lich gesprochen  und  gesungen  werden  dürfe ;  und  wie  ferner  sehr  viele  Bischöfe 
sich  an  seinen  Vorgänger  und  an  ihn  mit  der  Bitte  wendeten,  die  unbeflekte 
Empfängniss  Marions  als  Lehre  der  katholischen  Kirche  zu  definiren. 

Der  Papst  weist  sodann  auf  die  gelehrten  Werke  hin,  in  welchen  Männer, 
die  durch  Talent,  Tugend,  Frömmigkeit  und  Gelehrsamkeit  hervorragten,  jene 
fromme  Meinung  so  überzeugend  darstellten,  dass  Viele  sich  wunderten,  warum 
die  Kirche  und  der  Apostolische  Stuhl  der  allerseligsten  Jungfrau  die  Ehre  noch 
nicht  zuerkenne,  deren  Zuerkennung  von  der  gemeinsamen  Frömmigkeit  der 
Gläubigen  so  sehr  ersehnt  werde.     Dann  fährt  er  fort: 

Equidem  hujtmnodi  vota  ]jß'>'grata,  perque  jitcunda  Nobis  faere,  qui  vel  a 
teneris  annis  nihil  potius,  nihil  aniqutius  habuimus,  quam  sinynlari  pietate  et  ob- 
sequio,  atque  intimo  cordis  affectu  Beatissimam  Virginem  Mariam  colere ,  et  ea 
jjeragere,  quae  ad  majorem  ipsius  Virginia  gloriam  et  laudem  procurandam,  cul- 
tumque  promovendum  conducere  posse  videantur.  Jtaque  vel  ab  ipso  su^yremi  nostri 
Fontificatus  exordio  summa  quidem  alacritate  in  tanti  momenti  negotium  curas  co- 
gitationesque  Nostras  serio  convertimus,  atque  humiles  fervidasque  Deo  Optimo  Ma- 
ximo  preces  adhibere  haud  omisimus,  ut  coelestis  suae  gratiae  lumine  mentem  Nö- 
stram  collustrare  velit,  quo  cognoscere  possimus,  quid  in  hac  re  a  Nobis  sit  pera- 
gendum. 

Etenim  ea  potissimum  spe  7iitimur  fore,  ut  Beatissima  Virgo,  quae  plena 
gratiarum  christianum  populum  a  maximis  quibusque  calamitatibus ,  omniumque 
hostium  insidiis,  et  impetu  semper  eripuit,  atque  ab  interitu  vindicavit,  tristissimas 
quoque  ac  luctuosissimas  nostras  vicissitudines,  acerbissimasque  angustias,  labores, 
necessitates  amplissimo,  quo  solet,  materni  sui  animi  miserans  affectu,  velit  praesen- 
tissimo,  aeque  ac  j^ot^ntissimo  suo  apud  Deum  patrocinio,  et  divinae  iracundiae 
ßagella,  quibus  propter  peccata  nostra  afßigimur,  avertere,  et  turbulentissimas  ma- 
lorum  procellas ,  quibuscum  incredibili  animi  Nostri  dolore  ubique  jactatur  Ec- 
clesia,  compescere,  dissipare  et  luctum  Nostrum  convertere   in  gaudium. 

,,üns  aber  waren  diese  Wünsche  äusserst  lieb  und  angenehm,  da  uns  von 
Kindestagen  an  nichts  mehr  am  Herzen  lag,  als  die  allerseligste  Jungfrau  Maria 
mit  ganz  besonderer  Frömmigkeit  und  Andacht  und  innigster,  herzlichster  Liebe 
zu  verehren,  und  alles  das  zu  vollbringen,  was  zur  grösseren  Ehre  dieser  Jung- 
frau, zur  Beförderung  ihres  Kuhmes  und  ihres  Cultus  dienen  zu  können  schien. 
Darum  richteten  Wir  schon  seit  dem  Beginne'  Unseres  Pontificats  mit  grösstem 
Eifer  Unsere  Sorgen  und  Gedanken  ernstlich  auf  diese  hochwichtige  Angelegen- 
heit und  unterliessen  nicht,  demüthige  und  brünstige  Gebete  zu  Gott  empor  zu 


14  Symbolische  Wirlvsamkeit.  Dogmatische  Entscheidung  der  unbefleckten  Emptangniss. 

senden,  dass  er  Unseren  Geist  mit  dem  Lichte  seiner  himmlischen  Gnade 
erleuchten  wolle,  damit  Wir  erkennen  mögen,  was  Wir  in  dieser  Angelegenheit 
.  zu  thun  haben. 

Denn  Wir  stützen  uns  hauptsächlich  auf  die  Hoifnung,  die  allerseligste 
Jungfrau,  welche  das  christliche  Volk  jederzeit  von  allen  auch  den  grössten 
Nöthen,  von  allen  Nachstellungen  und  Angriffen  der  Feinde  errettet  und  vor 
dem  Untergänge  bewahrt  hat,  werde  auch  unsere  höclist  traurigen  und  bekla- 
genswerthen  Geschicke,  unsere  bittersten  Nöthen,  Drangsale  und  Kümmernisse 
in  ihrer  barmherzigen  Mutterliebe,  durch  ihre  mächtige  und  allezeit  bereite  Für- 
bitte bei  Gott  sammt  den  Geissein  des  göttlichen  Zorns,  mit  welchen  wir  wegen 
Unserer  Sünden  heimgesucht  werden,  abwenden  und  die  tobenden  Stürme  der 
Leiden,  von  welchen  zum  unsäglichen  Schmerze  Unserer  Seele  die  Kirche  allent- 
lialben  hin-  und  hergeschleudert  wird,  stillen  und  zerstreuen,  und  Unsere  Trauer 
in  Freude  verwandeln."  Dann  theilt  der  Papst  den  Bischöfen  mit,  dass  er  eine 
besondere  Congregation  von  Cardinälen,  frommen  Geistlichen  und  ausgezeichne- 
ten Theologen  niedergesetzt  habe,  um  diese  hochwichtige  Angelegenheit  nach 
allen  Seiten  sorgfältig  zu  prüfen  und  ihm  ihr  Gutachten  mitzutheilen ;  dann  for- 
dert er  die  Bischöfe  auf,  nacli  ihrer  besten  Einsicht  und  nach  ihrem  Gutdün- 
ken öffentliche  Gebete  in  ihren  Diöcesen  anzuordnen,  quo  clementiasimus  luminum 
Pater  Nos  superua  divini  sui  Spiritus  luce  perfundere,  numine  afflare  digtietur,  ut 
in  tanti  momenti  re  illud  consilium  suscipere  vcdeamas,  quod  ad  majorem  tum  sancti 
sui  Nominis  gloriam ,  tum  Beatissimae  Virginis  laudem,  tum  militantis  Ecclesiae 
utilitateni  possit  p)^f'tiner€.  Optamus  autem  vehementer,  ut  majore,  qua  ßeri  potest, 
celeritate  Nobis  significare  velitis ,  qua  devotione  vester  Clerus,  Populusque  fidelis 
erga  Immacidatae  Virginia  Conceptionem  sit  animatus,  et  quo  desiderio  flagret ,  ut 
ejusmodi  res-,  ah  Apostolica  sede  decernatur,  atque  in  primis  noscere  vel  maxime 
cupimus,  quid  Vos  ipsi ,  Venerabiles  fratres,  pro  eximia  vestra  sapientia  de  re 
Ipsa  sentiatis,  quidque  exoptetis.  Damit,  (sagt  der  Papst)  der  gütige  Vater  der 
Lichter  Uns  das  himmlische  Licht  seines  göttlichen  Geistes  eingiessen  und  Uns 
mit  seinem  göttlichen  Hauche  erfüllen  wolle,  damit  wir  in  einer  so  hochwich- 
tigen Angelegenheit  jenen  Entschluss  fassen,  welcher  sowohl  zur  grösseren 
Ehre  seines  heiligen  Namens,  als  zum  Ruhme  der  allerseligsten  Jungfrau  und 
zum  Nutzen  der  streitenden  Kirche  gereichen  mag.  Wir  wünschen  aber  gar 
sehr,  dass  Ihr  sobald  als  es  geschehen  kann.  Uns  anzeigen  möget,  von  welcher 
Andacht  Euer  Clerus  und  Euer  gläubiges  Volk  gegen  die  Empfängniss  der  un- 
befleckten Jungfrau  beseelt  sei  und  von  welchem  Verlangen  es  brenne,  dass  diese 
Angelegenheit  vom  apostolischen  Stuhle  entschieden  werde;  und  insbesondere 
wünschen  Wir  gar  sehr  zu  erfahren,  welches  in  Euerer  ausgezeichneten  Weisheit 
Euere  eigene  Ansicht  und  Euer  eigener  Wunsch  in  dieser  Sache  sei,  ehrwürdige 
Brüder".  Hierauf  ertheilt  der  Papst  den  Bischöfen  die  Erlaubniss,  in  ihren 
Diöcesen  dem  Clerus  die  Abbetung  neuer  besonderer  Tagzeiten  zur  Empfängniss  der 
allerselig«ten  Jungfrau,  welche  bereits  der  römische  Klerus  bete,  gleichfalls  zu 


Symbolische  Wirksamkeit.    Dogmatische  Entscheidung  der  unbefleckten  Empfängniss.  15 

gestatten,  und  schliesst  mit  dem  apostolischen  Segen.  Im  Laufe  der  auf  diese 
Encyclica  folgenden  fünf  Jahre  liefen  nach  und  nach  die  Antworten  der  Bi- 
schöfe in  Eom  ein,  und  als  der  Papst  am  1.  August  1854  ein  neues  Jubi- 
läum ausschrieb,  konnte  er  bereits  die  Gebete  der  Gläubigen  zu  dem  Zwecke 
verlangen,  ut  Sancti  Sui  Spiritus  lumine  Nostram  mentem  lyrointias  collustrare  ve- 
lit,  quo  de  Saiictissimae  Dei  Genitricis  Immaculatae  Virginis  Marlae  Conceptiojie 
quamprimum  id  datuere  possimus ,  quod  ad  majorem  ipsius  Dei  cjlorlam,  et  ejus- 
dem  Virginis  o'iunium  nostriim  amantissimae  Matris  laudem,  possit  pertinere. 
„Auf  dass,"  sagt  der  Papst,  „der  Vater  der  Barmherzigkeit  Unsern  Geist 
mit  dem  Lichte  seines  heiligen  Geistes  gnädig  erleuchten  wolle,  damit  Wir  über 
die  Empfängniss  der  heiligsten  Gottesgebärerin  und  unbefleckten  Jungfrau  Maria 
demnächst  fesstellen  können,  was  zur  grösseren  Ehre  Gottes  und  zum  Euhme 
dieser  seligsten  Jungfrau,  unser  Aller  liebevollsten  Mutter,  gereichen  mag." 

Am  1.  Dezember  desselben  Jahres  war  die  Herzensangelegenheit  des 
Papstes  so  weit  gediehen,  dass  er  in  einem  an  diesem  Tage  abgehaltenen  ge- 
heimen Cardinals-Consistorium  nach  eingeholtem  Gutachten  der  Cardinäle  den 
8.  December  desselben  Jahres  das  Fest  Maria  Empfängniss,  als  den  Tag  für 
die  feierliche  Verkündigung  des  neuen  Dogma  in  der  vaticanischen  Basilica  zu 
St.  Peter  bestimmen  konnte.  In  der  überwallenden  Freude  seines  Herzens  redet 
Pins  IX.  die   in    dem  erwähnten  Consistorium  versammelten  Cardinäle  also  an: 

„Inter  graves  multiplicesque  angustias  et  aerumnas,  quibus  affligimurj  maxiinam 
certe  Nobis  et  tmiversae  Ecclesiae  laetitiam  parat  clementissinius  misericordiarum 
Pater  et  Deus^  totras  cotisolatioiiis.  Jam  enim  prope  esse  videtur,  Ve^ierahiles  Fratres, 
optatissimus  ille  aeque  ac  jucundissimus  dies,  quo  Immaculatus  sanctissimae  Dei 
Genitricis  Virginis  Mariae  Conceptus  suprema  Nostra  auctoritate  decernatur. 
Nulla  quidem  major  laetandi  causa  Nobis  in  hac  vita  conti^igere  poterat,  cum  ejus- 
niodi  decretum  vel  maxime  conducat  ad  magis  atque  magis  augendum  fovendumque 
hie  in  terris  honorem,  cultum  et  venerationem  erga  gloriosissimam  illam  Virglnem, 
quae  exaltata  super  omnes  Angelorum  choros,  Sanctorumqae  ordines,  ac  poteritissima 
apud  Eum,  quem  genuit  depjrecatrix  assidue  pro  universo  christiano  populo  inter- 
cedit  in  coelis.'^ 

,, Unter  den  schweren  und  vielfachen  Nöthen  und  Kümmernissen,  von 
welchen  Wir  bedrängt  werden,  bereitet  der  allgütige  Vater  der  Erbarmungen 
und  der  Gott  alles  Trostes  Uns  und  der  ganzen  Kirche  gewiss  die  grösste  Freude. 
Denn  schon  sehen  Wir  nahen.  Ehrwürdige  Brüder,  den  heissersehnten  und  lieb- 
lichen Tag,  an  welchem  die  unbefleckte  Empfängniss  der  jungfräulichen  Gottes- 
gebärerin Maria  durch  Unsere  höchste  Autorität  entschieden  werden 
solle.  Denn  keine  grössere  Freude  konnte  Uns  in  diesem  Leben  zu  Theil  werden, 
da  eine  solche  Entscheidung  so  ausserordentlich  viel  zur  immer  grösseren  Ver- 
mehrung und  Pflege  der  Ehre,  des  Cultus  und  der  Verehrung  jener  glorreichsten 
Jungfrau  hier  auf  Erden  beiträgt,  welche,  über  alle  Chöre  der  Engel '  und  über 
alle  Ordnungen  der  Heiligen  erhöht,  als  die  mächtigste  Fürsprecherin  bei  Dem 


]  6  Symbolifiche  "Wirksamkeit.    Dogmatische  Entscheidimg  der  unbefleckten  Empfängniss. 

welchen    .sie    geboren,    unablässig    für    das    ganze   christliche   Volk   im'  Himmel 
fürbittet." 

Dann  erwähnt  der  Papst  kurz  die  vorbereitenden  Acte  zu  dieser  dogma- 
tischen Entscheidung,  sowie  die  zustimmenden  Gutachten  der  von  ihm  niederge- 
setzten besonderen  Congregation  und  fast  aller  Bischöfe  und  nachdem  er,  wie 
schon  oben  erwähnt,  auch  die  Cardinäle  befragt  und  ihr  beistimmendes  G-utachten 
erhalten,  setzt  er  schliesslich  den  8.  December  als  Tag  der  Verkündigung  des 
neuen  Dogma  fest. 

Die  Feierlichkeit  selbst  schildert  Pater  Mislei  wie  folgt:  „Der  8.  Decem- 
ber 1854  ging  rein  und  heiter  wie  ein  schöner  Frühlingstag  über  der  Stadt 
Rom  auf,  welche  schon  in  ganz  ungewöhnlicher  Bewegung  von  allen  Seiten  der 
St.  Peterskirche  zuströmte  und  in  solchen  Schaaren,  dass  man  seit  Menschen- 
gedenken keine  so  grosse  Menge  gesehen  hatte.  Als  der  Papst  Pius  IX.  vor 
dem  Stuhle  des  heil.  Petrus,  umgeben  von  dem  ehrwürdigen  Senate  der  Bischöfe, 
Erzbischöfe  und  Cardinäle  der  heil.  Kirche,  welche  aus  allen  Theilen  der  Welt, 
aus  den  fernsten  Gegenden  Amerika's,  China's  und  Oceaniens  zusammengekommen 
waren,  auf  seinem  Throne  sass,  traten  nach  Absingung  des  Evangeliums  in  lateini- 
scher und  griechischer  Sprache  der  Decan  des  heil.  Collegiums,  der  älteste  lateinische 
Erzbischof,  ein  griechischer  und  ein  armenischer  Erzbischof  vor,  knieten  vor  dem 
Statthalter  Jesu  Christi  nieder  und  baten  ihn  im  Namen  der  ganzen  heil,  katholi- 
schen Kirche,  die  gemeinsamen  Bitten  zu  erhören,  die  glühende  Sehnsucht  aller 
Jahrhundertc  zu  stillen,  und  Maria  als  unbefleckt  in  ihrer  Empfängniss  zu  ver- 
künden. Jubel  werde  darob  im  Himmel  und  Frohlocken  auf  Erden  sein.  Der 
heil.  Vater  nimmt  mit  unendlicher  Freude  den  einstimmigen  Wunsch  der  Kirche 
auf;  aber  ehe  er  den  unfehlbaren  Spruch  fällt,  wirft  er  sich  mit  dem  ganzen 
Clerus  auf  die  Knie,  um  den  heil.  Geist  anzurufen.  Nur  die  Sänger  der  päpst- 
lichen Capelle  sollten  das  Veni  Creator  singen,  aber  unversehens  vereinigte 
sich  die  unermessliche  Volksmenge,  welche  die  Basilica  füllte,  mit  ihnen  ,  und 
sang  den  Hymnus  mit  grösster  Begeisterung  und  Andacht ;  und  in  allen  Mienen 
konnte  man  die  Erwartung  und  die  Rührung  lesen,  welche  das  Herannahen 
eines  so  feierlichen  Augenblicks  in  den  Herzen  hervorrief." 

„Nachdem  der  Bittgesang  beendigt  war,  entstand  eine  lautlose  Stille  — 
der  Papst  erhob  sich  und  verkündete  mit  unaussprechlicher  Rührung  das  un- 
fehlbare dogmatische  Beeret: 

„Zu  Ehren  der  Allerheiligsten  Dreieinigkeit  des  Vaters,  des  Sohnes  und 
des  heiligen  Geistes,  kraft  der  Autorität  Jesu  Christi,  der  heiligen  Apostel  Petrus 
und  Paulus  und  Unserer  eigenen  Autorität  erklären,  beschliessen  und  bestimmen 
Wir,  es  sei  geoffenbarte  Wahrheit,  dass  die  allerseligste  Jungfrau,  durch  ein 
besonderes  Privilegium  und  durch  eine  besondere  Gnade  Gottes,  im  Hinblick 
auf  die  Verdienste  Jesu  Christi,  des  Erlösers  des  Menschengeschlechtes,  von 
dem  ersten  Augenblicke  ihrer  Empfängniss  vor  jeder  Makel  der  Erbsünde  frei 
bewahrt  wurde." 


Symbolische  Wirksamkeit.   Dogmatische  Entscheidung  der  unbefleckten  Empfängniss.   1 7 

Zum  ewigen  Andenken  erliess  der  Papst  an  demselben  8.  December  die 
Bulle  Ineffobilis  Deus  über  die  dogmatische  Entscheidung  der  unbefleckten  Em- 
pfängniss Mariens.  In  derselben  lieisst  es:  Postquam  nunquam  intermisimus,  in  humi- 
Htate  et  ieiunio  privatas  Nodras  et  puhlicas  Ecclesiae  preces  Deo  Patri  per  Filium 
Ejus  offerre,  ut  Spiritus  Sanofi  virtut&  mentem  Nostram  dirigere  et  conßrmare 
äignaretur,  Implorato  universae  coelestis  Curiae  praesidio,  et  advocato  cum  genitibus 
Paraclito  Spiritu,  eoque  sie  adspirante,  ad  honorem  Sanctae  et  Individuae  Trini- 
tatis,  ad  decus  et  ornamentum  Virginis  Deiparae,  ad  exaltationem  Fidei  cathoUcae 
et  Christianae  Religionis  atcgmentum,  auctoritate  Domini  Nostri  Jesu  Christi,  bea- 
torum  Apostolorum  Petri  et  Pauli  ac  Nostra  declaramus,  pronunciamus  et  deßni- 
mus,  doctrinam,  quae  tenet,  beatissimam  Virginem  Mariam  in  primo  instanti  suae 
Co7iceptionis  fuisse  singidari  omnipotentis  Dei  gratiae  privilegio,  intuitu  meritorum 
Christi  Jes^i  Salvatoris  hum,ani  generis,  ab  omni  originalis  culpae  labe  praeservatam 
immunem  j  esse  a  Deo  revelatam,  atque  idcirco  ab  omnibus  ßdelibus  ßrmiter  con- 
stanterque  credendam.  Quapropter  sl  qui  secus  ac  a  Nobis  deßnitum  est,  quod  Deus 
avei'tat,  praesumpserint  corde  sentii'e,  ii  noverint,  ac  piorro  sciant,  se  proprio  iudicio 
condemnatos,  naufragium  circa  ßdem  p)assos  esse,  et  ab  unitate  Ecclesiae  defecisse 
ac  praeterea  facto  ipso  suo  semet  poenis  a  iure  statutis  subjicere  si  quod  corde 
sentiuntj  verbo  aut  scripto,  vel  alio  quovis   externo  modo  signißcare  ausi  fuerint. 

Nachdem  Wir  nicht  aufgehört  haben,  Gott  dem  Vater  durch  seinen  Sohn 
in  Demuth  und  unter 'Fasten  Unser  Privat-Gebet  und  die  öffentlichen  Gebete 
der  Kirche  darzubringen,  damit  er  durch  die  Kraft  des  heil.  Geistes  Unseren 
Geist  leiten  und  stärken  möge,  und  nach  Anflehung  des  Schutzes  des  ganzen 
himmlischen  Hofes  und  nach  Anrufung  des  heil.  Geistes  und  unter  seiner  Ein- 
gebung erklären,  verkünden  und  bestimmen  Wir  zur  Ehre  der  heil, 
und  untheilbaren  Dreieinigkeit,  zur  Zierde  und  zum  Schmucke  der  jungfräulichen 
Gottesgebärerin,  zur  Erhöhung  des  katholischen  Glaubens  und  zur  Mehrung  der 
christlichen  Eeligion,  kraft  der  Autorität  Unseres  Herrn  Jesu  Christi 
der  heiligen  Apostel  Petrus  und  Paulus  und  Unserer  eigenen 
Autorität:  die  Lehre,  welche  festhält,  dass  die  allerseligste 
Jungfrau  Maria  im  ersten  Augenblicke  ihrer  Empfängniss 
durch  eine  besondere  Gnade  und  ein  besonderes  Privilegium 
des  allmächtigen  Gottes,  im  Hinblick  auf  die  Verdienste  Jesu 
Christi,  des'Erlösers  des  Menschengeschlechtes,  von  aller 
Makel  der  Erbsünde  frei  bewahrt  wurde,  sei  von  Gott  geoffen- 
bart und  müsse  darum  von  allen  Gläubigen  fest  und  beständig 
geglaubt  werden.  Darum  mögen  Diejenigen,  welche,  was  Gott  verhüten 
wolle,  anders  als  von  Uns  bestimmt  worden  ist,  in  ihrem  Herzen  zu  denken 
sich  anmassen  möchten,  erfahren  und  wissen,  dass  sie  durch  ihr  eigenes  Urtheil 
verdammt,  Schiffbruch  am  Glauben  gelitten  haben  und  von  der 
Einheit  der  Kirche  abgewichen  seien,  und  darum  durch  ihre  eigene 
That    den    vom    Rechte    festgesetzten    Strafen    unterliegen,    wenn 

Pius  IX.  als  Papst  und  als  König.  2 


18  Symbolische  Wirksamkeit.   Dogmatische  Entscheidung  der  unbefleckten  Empfängniss. 

sie  durch  Wort  oder  Schrift  oder  auf  eine  andere  äusserliche 
Weise  kundzugeben  wagen,  was  sie  im  Herzen  denken." 

In  der  Allocution  vom  9.  December  an  die  zur  Feier  der  dogmatischen 
Entscheidung  zahlreich  versammelten  Bischöfe  gab  der  Papst  seiner  Freude  über 
dieses  Ereigniss  einen  neuen  Ausdruck;  dann  aber  entwirft  er  in  dieser  Allo- 
cution ein  ergreifendes  Gemälde  von  den  Irrthümern  und  Schäden  der  Zeit, 
zeigt  den  Bischöfen  die  Mittel  zur  Bekämpfung  und  Heilung  derselben  und 
stellt  ihre  Bemühungen  unter  den  Schutz  der  unbefleckten  G-ottesmutter. 

Drei  Jahre  später  wurde  zum  Andenken  an  dieses  hocherfreuliche  Ereigniss 
auf  dem  spanischen  Platze  zu  Eom  ein  Denkmal  errichtet. 

In  seiner  Allocution  vom  25.  September  1857,  welche  mit  den  Worten 
beginnt:  „Cum  primum",  schildert  der  Papst  selbst  diese  Feierlichkeit  wie  folgt: 
„Nostrae  consolationi  cumulum  attulit  laetissimus  sane  dies  hujus  mensis  octavus 
Deiparae  Virginis  Natali  sacer,  quo  Nos  vestri  amplissimi  Ordinis  Corona  cincti, 
adstantibus  iisdem  exterarum  gerdium  Leyatis,  Nostrisque  Antistitibus  et  Magistratu 
Romano,  in  aedibus  Hiapanae  Legationis  jussu  Carissimae  in  Christo  Filiae  Nostrae 
Mariae  Elisabeth,  Reginae  Catholicae,  et  cura  Dilecti  Filii  Nobilis  Viri  Alexandri 
Mon,  Majestatis  Suae  apud  Nos  et  hanc  S.  Sedem  Oratoris,  splendido  planeque 
regio  apparatu  ornatis,  lustravimus  solemni  ritu  monumentum  catholici  orbis  aere 
in  Hispaniensi  hujus  urbis  foro  excitatum  ad  perp)etuam  memoriam  Dogmaticae 
Definitionis,  quam  tres  fere  abhinc  annos  de  Immaculata  Sanctissimae  Dei  Matris 
Virginis  Mariae  Conceptione  in  Patriarchali  Basilica  Vaticana,  Vobis,  et  quam- 
plurimis  Catholicae  Ecclesiae  sacrorum  Antistitibus  praesentibus  ^  cum  incredibili 
animi  Nostri  gaudio,  universo  catholico  orbe  exultante,  pronuntiavimus.  Optime  enim 
memineritis,  Venerabiles  Fratres,  quantus  omnium  ordinum  et  aetatum  concursu^ 
ad  sacram  illam  ceremoniam  commemorato  die  factum  fuerit,  et  quae  offusa  et 
undique  redundans  omnis  generis  multitudo  in  illud  forum  omnesque  adjacentes 
vias  convenerit ,  quibusque  piis  faustisque  acclamationibus  Populus  Romanus  pro 
sua  magna,  qxia  semper  enituit,  erga.  Sanctissimam  Dei  Genitricem,  omniumque 
nostrum  amaiissimam  Matrem  devotione  et  affectu  egreglos  suae  fidei,  religionis 
ac  pietatis  sensus  ore,  ocidis,  manibus  ostendere,  declarare  ac  testari  non  desisteret." 
„Den  Höhepunkt  Unserer  Freude  brachte  Uns  jener  fröhliche  Tag,  der  8.  d.  M., 
das  Fest  der  Geburt  der  jungfräulichen  Gottesmutter,  wo  Wir,  von  Eurer  hoch- 
ansehnlichen Versammlung  umgeben,  im  Beisein  der  auswärtigen  Gesandten, 
Unserer  Bischöfe  und  des  römischen  Magistrats,  im  Palaste  der  spanischen  Ge- 
sandtschaft, welcher  auf  Befehl  Unserer  geliebtesten  Tochter  in  Christo,  der 
kath.  Königin  Maria  Isabella,  und  durch  die  Sorgfalt  Unseres  geliebten  Sohnes, 
des  Edlen  Alexander  de  Mon,  Ihrer  Majestät  Sprecher  bei  Uns  an  diesem  heil. 
Stuhle,  glänzend  und  geradezu  königlich  gesclimückt  war,  mit  feierlichem  Eitus 
das  mit  dem  Gelde  der  katholischen  Welt  auf  dem  spanischen  Platze  dieser  Stadt 
zum  ewigen  Andenken  an  die  dogmatische  Entscheidung  errichtete  Denkmal 
einweihten,  welche  Wir  vor  bald  drei  Jahren  über  die  unbefleckte   Empfängniss 


Symbolische  Wirksamkeit.  Dogmatische  Entscheidung  der  unbefleckten  Empfängniss.   19 

der  allerseligsten  Gottesmutter  und  Jungfrau  Maria  in  der  vaticanischen  Pa- 
triarchal-Basilica  in  Eurer  und  sehr  vieler  Bischöfe  der  katholischen  Kirche 
Anwesenheit  zur  unsäglichen  Freude  Unseres  Herzens  und  unter  dem  Jubel  der 
ganzen  katholischen  Welt  verkündet  haben.  Es  wird  Euch  noch  im  frischen 
Andenken  sein,  Ehrwürdige  Brüder,  wie  gross  an  dem  erwähnten  Tage  der 
Zulauf  aller  Stände  und  Alter  zu  jener  heiligen  Feierlichkeit  war,  und  welche 
von  allen  Seiten  herbeiströmende  Menge  den  spanischen  Platz  und  alle  um- 
liegenden Strassen  erfüllte,  und  mit  welchen  frommen  und  frohen  Zurufen  das 
r()mische  Volk  in  seiner  grossen  Andacht  und  Liebe  zur  heiligen  G-ottesgebärerin 
und  unser  Aller  liebevollsten  Mutter,  durch  welche  es  stets  hervorglänzte,  un- 
aufhörlich die  herrlichen  Gesinnungen  seines  Glaubens,  seiner  Eeligiösität  und 
seiner  Frömmigkeit  mit  dem  Munde,  mit  den  Augen  und  mit  den  Händen 
zeigte,  kundgab  und  bezeugte." 

Endlich  ist  hier  der  Vollständigkeit  wegen  noch  zu  erwähnen,  dass  der 
Papst  am  25.  September  1863  durch  die  Bulle  Quod  jam  pridem  ein  neues 
Officium  und  eine  neue  Messe  zur  unbefleckten  Empfängniss  für  die  ganze  Kirche 
vorgeschrieben  hat. 

Es  heisst  in  dieser  Beziehung  in  der  erwähnten  Bulle :  ^^Quonium  necessa- 
rium  esse  novimus,  ut  cum  lege  credendi  lex  conveniat  supplicandi,  idcirco  eo  curas 
Nostras  convertimus  ut  novum  conderetur  Officium  cum  nova  Missa  tam  in  Vigilia, 
ubi  concessa  est,  quam  in  festo  immacidatae  Conceptionis.  Jamvero  quum  hujusmodi 
opus    ad    optatum  exitum  perductum  sit,   memoratum  Officium,    Missamque  respon- 

dentem auctoritate   Nostra  Apostolica  approhandum  existimavimus 

eademque  auctoritate  praecipimus,  ut  Jioc  unice  Officium  et  Missam  quicumque  de 
Clero  saeculari  et  regulari,  non  exclusis  Monialibus,  ad  Horas  Canonicas  persol- 
vendas  quocumque  titulo  teneantur,  adsumere  debeant.  Auctoritate  Nostra  Apostolica 
abolemus  et  proscribimus  quodcumqtie  aliud  Officium  et  quamcumque  aliam  Missam 
de  immaculata  conceptione,  etiam  si  sint  ritus  a  Romano  diversi,  ac  licet  singulari 
privilegio  concessa  fuerint ,  etiam  cuicumqtie  Ordini  regidari.^^  „Weil  Wir  es  für 
nothwendig  erkannt  haben,  dass  mit  dem  Gesetze  des  Glaubens  auch 
das  Gesetz  des  Betens  übereinstimme,  darum  haben  Wir  Unsere 
Sorge  darauf  verwendet,  dass  ein  neues  Officium  mit  einer  neuen  Messe  sowohl 
in  der  Vigil,  wo  eine  solche  gestattet  ist,  als  am  Feste  der  unbefleckten  Em- 
pfängniss abgefasst  werde.  Nun  aber,  nachdem  dieses  Werk  zum  erwünschten 
Ende  gediehen  ist ,  haben  Wir  das  erwähnte  Officium  und  die  dazu  gehörige 
Messe  kraft  Unserer  Apostolischen  Autorität  gutgeheissen  und  verordnen  kraft 
derselben  Autorität,  dass  Alle,  welche  im  Welt-  und  Ordensclerus ,  mit  Ein- 
schluss  der  Klosterfrauen,  unter  was  immer  für  einem  Titel  zur  Abbetung  der 
canonischen  Tagzeiten  verpflichtet  sind,  einzig  und  allein  dieses  Offlcium  und 
diese  Messe  nehmen.  Kraft  Unserer  Apostolischen  Autorität  schaffen  Wir  ab 
und  verbieten  hier  jedes  andere  Officium  und  jede  andere  Messe  von  der  un- 
befleckten Empfängniss,    auch  wenn  ihr  Ritus    von    dem   römischen  verschieden 

2* 


20  Ethische  Wirksamkeit.   Liturgische  Wirksamkeit.  Heiligsprechung. 

und  wenn  sie  auch  durch  ein  besonderes  Privilegium  was  immer  für  einem  re- 
gulären Orden  verliehen  wären." 

Neben  der  dogmatischen  Entscheidung  der  unbefleckten  EmpßLngniss  ist 
als  ein  neuer  Act  der  symbolischen  Wirksamkeit  des  Papstes  auch  der  be- 
rühmte Syllabus  mit  der  Encyclica  vom  8.  December  1864  oder  die  Zusam- 
menfassung und  Verurtheilung  aller  Irrthümer  unserer  Zeit,  sofern  sie  sich 
auf  Irrthümer  in  der  Ordnung  des  Glaubens  bezieht,  als  eine  Constitution  zu 
erwähnen,  welche  bestimmte   Glaubensregeln  aufstellt. 

D.  Ethische  Wirksamkeit. 

In  dieser  Richtung  ist  zu  erwähnen,  dass  Pins  IX.  im  §.  7  des  Syllabus 
in  den  Propositionen  56  —  64  eine  Reihe  von  neuen  oder  doch  in  neuen  Formen 
auftretenden  Irrthümern  in  der  Ordnung  der  natürlichen  und  christlichen  Moral 
verworfen  hat  und  zwar: 

1)  Die  Moral  ohne  Gott  und  die  Gesetzgebung  ohne  Gott. 

2)  Das  Abweichen  der  Philosophie  und  der  philosophischen  Ethik,    sowie  der 
bürgerlichen  Gesetze  von  der  göttlichen  und  kirchlichen  Autorität. 

3)  Den  Materialismus. 

4)  Das  Recht  und  die  Logik  der  Thatsachen. 

5)  Die  Autorität  der  Zahlen  und  der  materiellen  Gewalt. 

6)  Den  Cultus  des  Erfolges. 

7)  Das  Nicht-Interventionsprincip. 

8)  Das  Recht  der  Revolution. 

,9)  Die  Rechtfertigung   des  Meineids   und   jedes   Verbrechens   durch  die  Liebe 
zum  Vaterland. 

E.  Litur^^ische  Wirksamkeit. 

Die  Heiligsprechung  der  japanesischen  Märtyrer,  und   des 
seligen  Michael   de   Sanctis. 

Am  fröhlichen  Pfingstfest,  8.  Juni  1862,  feierte  der  Papst  in  Anwesen- 
heit von  nahezu  300  Bischöfen  aus  allen  Theilen  der  katholischen  Welt  ein  hohes 
Freudenfest  der  Kirche,  die  Heiligsprechung  von  26  Märtyrern,  welche  für  den 
Glauben  Jesu  Christi  zu  Nangasaki  in  Japan  im  Jahre  1594  ihr  Blut  ver- 
gossen, und  des  seligen  Michael  de  Sanctis  aus  dem  Orden  der  reformirten  un- 
beschuhten Trinitarier  von  der  Loskaufung  der  Gefangenen.  Die  japanesischen 
Märtyrer  wurden  schon  am  13.  September  1627  vom  Papst  Urban  VIII.  selig 
gesprochen.  Nach  Verfluss  von  200  Jahren  erst  begann  der  Heiligsprechungs- 
process.  Auf  die  Bitte  des  Ordensgenerals  der  Franciscaner  berief  Pins  IX. 
am  3.  September  1861  die  Congregation  der  heiligen  Riten  zu  sich  in  den 
Vatican,  wo  der  Präfect  der  erwähnten  Congregation,  Cardinal  Patrizi,  die  Sache 
vortrug,  und  wo  einstimmig  beschlossen  wurde,  es  könne  mit  der  Heiligsprechung 


Liturgische  Wirksamkeit.   Heiligsprechung  der  japanesischen  Märtyrer.  21 

der  erwähnten  Märtyrer  sicher  vorgegangen  werden.  Am  Feste  der  Wundmale 
des  heiligen  Franciscus  erklärte  der  Papst  in  der  Kirche  der  heiligen  Maria  in 
Aracaeli  in  Gegenwart  der  Congregation  der  heiligen  Riten,  des  Cardinais  Patrizi, 
des  G-enerals  und  mehrerer  Mitglieder  des  Franciscaner  -  Ordens,  man  könne 
sicher  mit  der  Heiligsprechung  der  Märtyrer  vorangehen,  und  dehnte  dieses 
Beeret  am  25.  März  1862  auch  auf  die  drei  Märtyrer  aus  der  Gesellschaft 
Jesu  aus;  dann  wurden  Fasten  und  Gebete  in  Rom  ausgeschrieben  und  der 
Papst  selbst  hielt  in  der  lateranensischen ,  vaticanischen  und  liberianischen 
Basilica  feierliche  Gebete.  In  einem  öffentlichen  Consistorium  am  15.  Mai  1862 
bestimmte  dann  der  Papst  den  Pfingstsonntag  desselben  Jahres  zur  feierlichen 
Heiligsprechung.  Ausserdem  beschäftigte  sich  der  Papst  mit  dieser  Angelegenheit 
noch  in  dem  geheimen  Consistorium  vom  23.  December  1861 ,  dann  in  dem 
geheimen  Consistorium  vom  17.  April  1862  und  in  den  halböffentlichen  Con- 
sistorien  vom  22.  und  24.  Mai  1862.  In  dem  geheimen  Consistorium  23.  De- 
cember 1861  befragte  der  Papst  die  Cardinäle,  ob  sie  mit  der  Vornahme  der 
Heiligsprechung  der  dreiundzwanzig  japanesischen  Märtyrer  aus  dem  Orden  des 
heil.  Franciscus  und  des  seligen  Michael  de  Sanctis  einverstanden  seien,  nach- 
dem zuvor  der  Cardinal  Patrizi  einen  Bericht  über  das  Leben  und  die  Wunder 
der  erwähnten  Seligen  vorgetragen  hatte.  Nachdem  alle  Cardinäle  geantwortet 
hatten :  Placet,  behielt  sich  der  Papst  vor,  den  Tag  des  nächsten  Consistoriums 
in  dieser  Angelegenheit  zu  bestimmen.  Den  Zweck  dieser  Heiligsprechung  gab 
der  Papst  in  der  Allocution ,  welche  er  in  dem  erwähnten  Consistorium  hielt, 
mit  folgenden  Worten  an:  Cum  turhulentissimis  hisce  et  aspcrrimis  temporibus 
incredibili  animi  Nostri  dolore  haec  Apostolica  Sedes  tot  divexetur  injuriis^  Ecclesia 
tot  laceretur  vidnei'ibus,  in  Italia  'praesertim^  et  in  variis  Americae,  aliisque  re- 
gionibus,  ubi  ipsius  Ecclesiae  libertas,  jura,  ac  doctrina  miseriandum  in  modum 
violantur,  oppugnantur ,  ac  civilis  societas  tot  afßigatur  malis,  iccirco  summopere, 
optamus  710V0S  apud  Deum  habere  patronos ,  qui  in  tanto  rerum  discrimine  vali- 
dissimis  suis  precibus  impetrent,  ut,  tarn  horribili  discussa  malorum  procella  opta- 
tissimam  Catholica  Ecclesia  et  civilis  societas  assequatur  pacem,  omnesque  prae- 
varicantes  meliorem  induarit  mentem,  redeant  ad  cor  ac  resipiscant,  et  ubique 
terrarum  virtus,  religio,  pietas  ac  justitia  vigeat  ac  dominetur.  „Da  in  diesen 
höchst  stürmischen  und  schweren  Zeiten  zum  unsäglichen  Schmerz  Unserer  Seele 
gegen  diesen  heiligen  Apostolischen  Stuhl  so  vielfaches  Unrecht  geübt,  die 
Kirche,  namentlich  in  Italien  und  in  verschiedenen  Ländern  America's  und 
anderwärts  so  vielfach  verwundet  wird,  wo  man  die  Freiheit,  die  Rechte  und 
die  Lehre  der  Kirche  in  beklagenswerther  Weise  verletzt  und  bekämpft,  und 
da  die  bürgerliche  Gesellschaft  von  so  vielen  Uebeln  heimgesucht  wird,  darum 
wünschen  Wir  gar  sehr,  neue  Fürsprecher  bei  Gott  zu  haben,  welche  in  solchen 
Nöthen  durch  ihr  wirksames  Gebet  erlangen,  dass  ein  so  schrecklicher  Sturm 
der  Leiden  sich  lege,  die  Kirche  und  die  bürgerliche  Gesellschaft  den  erwünsch- 
ten Frieden  erlange,  alle  Sünder  bessere  Gesinnungen  annehmen,  in  ihren  Herzen 


22  Liturgische  Wirksamkeit.   Heiligsprechung  der  japanesischen  Märtyrer. 

einkehren  und  sich  bessern,   und  dass   auf  der  ganzen  Welt  Tugend,    Religion, 
Frömmigkeit  und  Gerechtigkeit  blühe  und  gedeihe." 

In  derselben  Weise  holte  der  Papst  in  dem  geheimen  Consistorium  vom 
7.  April  1862  das  Gutachten  der  Cardinäle  über  die  Heiligsprechung  der  drei 
Märtyrer  aus  der  Gesellschaft  Jesu  ein,  um  bei  Gott  Fürsprecher  zu  erlangen, 
wie  es  in  der  betreffenden  Allocution  heisst:  Ut  velit  hos  tristissimos  breviare 
tentationis  dies,  et  Ecclesiam  suam  sanctam  undique  tarn  vehementur  divexatam 
oppressam  a  tantis  calamitatibus  eripere ,  eamque  novis  ubique  terrarum  exornare 
et  augere  triumphis,  et  ad  nostram  defensionem  dexteram  divinae  suae  Majestatis 
extendere,  et  omnes  errantes  de  iniquitatis  ac  perditionis  via  ad  justitiae  saliäisque 
semitas  omnipotenti  sua  virttde  reducere.  „Damit  Gott  diese  traurigen  Tage  der 
Heimsuchung  abkürzen  und  seine  von  allen  Seiten  so  heftig  gequälte  und  unter- 
drückte Kirche  aus  so  vielen  Drangsalen  erretten  und  sie  auf  dem  ganzen 
Erdkreise  mit  neuen  Triumphen  schmücken  und  vermehren,  und  die  rechte  Hand 
seiner  göttlichen  Majestät  zu  unserem  Schutze  ausstrecken  und  durch  seine 
allmächtige  Kraft  alle  Irrenden  von  dem  Wege  der  Bosheit  und  des  Verderbens 
zu  den  Pfaden  der  Gerechtigkeit  und  des  Heiles  zurückführen  wolle." 

In  dem  halböffentlichen  Consistorium  vom  22.  Mai  erklärten  die  Cardinäle 
einstimmig,  die  Heiligsprechung  der  sechsundzwanzig  Märtyrer  gereiche  zur  Ehre 
des  allmächtigen  Gottes,  zur  Zierde  und  zum  Schutze  seiner  heiligen  Kirche, 
und  der  Papst  erklä^-te  in  der  betreffenden  Allocution:  Coelesti  rerum  dispen- 
satione  evenisse  existimamiis,  ut  asperrimis  hisce  temporibiis,  quibus  catholica  Ecclesia 
acerrimo  undique  bello  divexatur,  haec  sancta  Petri  Sedes  tot  oppugnatur  injuriis, 
hi  viginti  sex  fortissimi  nostrae  religionis  propugnatores  in  Sanctorurn  album  re- 
ferantur,  ac  Nostrae,  vestrae,  omniumque  fidelium  populorum  imitatione  proponantur 
ad  divinam  nostram  fidem  strenue  proßtendam  ac  tuendam,  atque  ad  aspera  qiiaeque 
constanter  toleranda  pro  ipsus  fidei  defensione.  „Es  dünkt  uns,  durch  himmlische 
Fügung  sei  es  geschehen ,  dass  gerade  in  diesen  schweren  Zeiten ,  in  welchen 
von  allen  Seiten  ein  erbitterter  Krieg  gegen  die  katholische  Kirche  geführt 
und  dieser  heilige  Stuhl  Petri  durch  so  mannigfaches  Unrecht  bekämpft  wird, 
diese  sechsundzwanzig  tapfern  Vorkämpfer  unserer  heiligen  Religion  in  das  Ver- 
zeichniss  der  Heiligen  eingetragen  und  Uns  so  wie  Euch  und  allen  gläubigen 
Völkern  zur  Nachahmung  vorgehalten  werden,  damit  wir  unseren  göttlichen 
Glauben  tapfer  bekennen  und  bewahren  und  zur  Vertheidigung  dieses  Glaubens 
alles  Harte  standhaft  ertragen." 

Alle  Bischöfe  der  katholischen  Welt  im  Morgen-  und  im  Abendlande 
waren,  von  Pius  IX.  zu  dieser  Heiligsprechungsfeier  eingeladen,  zahlreich  in 
Rom  erschienen,  wohnten  dem  halböffentlichen  Consistorium  vom  24.  Mai  an, 
gaben  ihre  Stimmen  zu  Gunsten  der  Heiligsprechung  einstimmig  ab,  und  be- 
zeugten dies  durch  ihre  eigenhändigen  Unterschriften,  welche  in  dem  Archiv 
der  römischen  Kirche  zum  ewigen  Andenken  aufbewahrt  wurden.  In  diesem 
Consistorium  vom  24.  Mai  setzte  der  Papst  die  Heiligsprechung  der  japanesischen 


Liturgische  Wirksamkeit.   Heiligsprechung  der  japanesischen  Märtyrer.  23 

Märtyrer  und  des  seligen  Michael  de  Sanctis  auf  den  folgenden  Pfingstsonntag 
fest.  Ausser  den  erwähnten  Allocutionen  hielt  Pius  IX.  noch  drei  andere  An- 
sprachen aus  Anlass  dieser  Heiligsprechung.  Am  6.  Juni  1863  hegrusste  er 
mit  hoher  Freude  die  aus  allen  Ländern  mit  ihren  Bischöfen  nach  Eom  gekom- 
menen zahlreichen  Geistlichen  mit  einer  kurzen  Ansprache  in  der  sixtinischen 
Kapelle.  Er  sprach  zu  ihnen  über  die  Einheit  der  Kirche,  von  welcher  ihre 
Versammlung  ein  herrliches  Bild  vorstelle,  ermahnte  sie,  diesen  Geist  der  Ein- 
heit unter  ihren  Gläubigen  zn  pflegen,  und  ertheilte  ihnen  die  Erlaubniss,  den- 
selben nach  ihrer  Rückkehr  in  die  Heimath  den  Apostolischen  Segen  zu  erthei- 
len.  Am  Pfingstsonntag,  8.  Juni,  begab  sich  der  Papst  in  feierlicher  Procession 
mit  den  Cardinälen,  Patriarchen,  Erzbischöfen  und  Bischöfen  in  die  herrlich  ge- 
schmückte St.  Peterskirche,  wo  er  vor  der  Messe  die  feierliche  Heiligsprechung 
der  sechsund  zwanzig  Märtyrer  und  des  seligen  Michael  de  Sanctis  vornahm,  nach- 
dem wie  üblich  die  dreimalige  Bitte  um  die  Vornahme  derselben  an  ihn  gestellt 
worden  war.  Auch  bei  dieser  Gelegenheit  hielt  der  Papst  eine  Anrede,  welche 
er  mit  folgendem  Gebet  an  die  neuen  Heiligen  schloss :  ,,Orn7iipotens  mi- 
seratoi'  et  misericors  Deus ,  respice,  qnaesumus ,  Ecclesiam  tuam  sanctam  tantis 
nunc  calamitatibus  afflictam^  nee  dispergas  misericordiam  tuam  a  nobis  propter 
istos  Sanctos  tuos,  et  per  eorum  merita  fac,  ut  Ecclesia  tua  omnibus  profligatis 
ßrroribus  omnibusque  amotis  difficultatibus ,  magis  in  dies  a  solis  ortu  usque 
ad  occasum  vigeat  ac  dominetur,  et  novis  ac  splendidioribus  exometur  et  auge'atur 
triumpMs^  et  omnes  popidi,  genteSj  nationes  cognoscant  :  Te  solum  Dewn  verum,  et 
quem  misisti,  Jesum  Christum.  Ac  sicut  istos  Dilectos  tuos  sancto  tuo  replevisti 
spiritu,  qui  inspirator  est  fidei,  dbctor  scientiae,  /ans  dilectionis  ac  totius  causa 
salutis,  ita  et  nos  ejusdem  Sancti  Spiritus  gratia  donisque  reple  ac  robora  per 
Jesum  Christum  Filium,  tuum,  Dominum  nostrum,  cui  pariter  ac  Tibi  et  eidem 
Sancto  Spiritui  sit  sempiterna  laus,  virtus,  honor  et  gloria.  Allmächtiger  und  barm- 
herziger Gott,  sieh'  an,  wir  bitten  Dich,  Deine  heilige,  jetzt  von  so  vielen  Drang- 
salen heimgesuchte  Kirche ;  entziehe  uns  nicht  Deine  Barmherzigkeit  um  dieser 
Heiligen  willen,  und  gib  durch  ihre  Verdienste,  dass  Deine  Kirche  nach  Be- 
siegung aller  Irrthümer  und  nach  Beseitigung  aller  Schwierigkeiten  mit  jedem 
Tage  vom  Aufgang  der  Sonne  bis  ztim  Untergang  kräftiger  blühe  und  herrsche, 
mit  immer  neuen  und  glänzenden  Triumphe  geschmückt  und  vermehrt  werde 
und  dass  alle  Völker,  Stäme  und  Nationen  Dich,  den  allein  wahren  Gott,  erkennen 
und  den  Du  gesandt  hast,  Jesum  Christum.  Und  wie  Du  diese  Döine  Geliebten 
mit  Deinem  heiligen  Geiste  erfüllt  hast,  welcher  den  Glauben  einflösst,  der 
Lehrer  der  Wissenschaft,  die  Quelle  der  Liebe  und  die  Ursache  alles  Heiles  ist, 
so  erfülle  und  stärke  auch  uns  mit  den  Gnadengaben  desselben  heiligen  Geistes 
durch  Jesum  Christum,  Deinen  Sohn,  unsern  Herrn,  welchem  mit  Dir  und  dem 
heiligen  Geiste  Lob,  Kraft,  Ehre  und  Herrlichkeit  sei  in  Ewigkeit." 

Am   9.  Juni    1862    als    am    Pfingstmontag   hielt    der   Papst  an    die    zu 
einem  Consistorium   versammelten   Cardinäle    und  Bischöfe  jene  berühmte  Allo- 


24         Symbolische  Wirksamkeit.   Heiligsprechung  der  japanesischen  Märtyrer. 

kution  Maxima  quidem,  in  welcher  er  die  Hauptirrthümer  der  Zeit  und  insbe- 
sondere die  Angriffe  gegen  die  weltliche  Herrschaft  des  heiligen  Stuhles  ver- 
dammte, Tind  auf  welche  die  Bischöfe  mit  jener  berühmten  Adresse  antworteten, 
in  der  sie  Alle  die  weltliche  Herrschaft  für  nothwendig  erklärten. 

Am  10.  Juni  sodann  erliess  der  Papst  ein  Breve,  durch  welches  er  allen 
Patriarchen,  Erzbischöfen  und  Bischöfen,  welche  der  Heiligsprechungsfeier  in 
Eom  beigewohnt  haben,  die  Bewilligung  ertheilte,  in  ihren  Kathedralkirchen, 
sowie  auch  wenn  sie  sich  auf  eijier  Visitationsreise  befinden,  an  den  Haupt- 
orten ihrer  Diöcese  den  Apostolischen  Segen  sammt  vollkommenem  Ablass  mit 
feierlichem  Eitus  zu  ertheilen.  Am  8.  Juli  1862  endlich  erliess  der  Papst  drei 
Canonisationsbullen,  eine  für  die  23  Märtyrer  aus  dem  Orden  des  heil.  Franciscus  ^), 
die  zweite  für  die  3  Märtyrer  aus  der  Gresellschaft  Jesu  ^)  und  die  dritte  für 
den  heil.  Michael  de  Sanctis  •^).  Jede  dieser  drei  Bullen  trägt  das  grosse  Siegel 
und  die  Unterschrift  des  Papstes  mit  den  Worten :  Ego  Pius  CathoUcae  Ecclesiae 
Episcopus  (Ich  Pius,  Bischof  der  katholischen  Kirche),  nach  welcher  die  Unter- 
schriften der  in  Eom  anwesenden  Cardinäle  folgen. 

Unter  denselben  befindet  sich  auch  die  Unterschrift  des  Cardinal  Schwar- 
zenberg,  Erzbischofs  von  Prag.  (Es  sind  nur  33  Cardinäle  unterzeichnet.  Der 
Eaum  für  die  Unterschriften  der  Uebrigen  ist  unausgefüllt.  Bei  der  Canonisa- 
tionsfeier  selbst  waren  übrigens  ausser  dem  Cardinal  Schwarzenberg  auch 
andere  fremde  Cardinäle  anwesend,  z.  B.  der  Cardinal  Wiseman  und  wenn  wir 
nicht  irren,  auch  der  Cardinal  Scilovsky  von  Gran.) 


^)  Die  Canonisationsbulle  für  die  23  Märtyrer  aus  dem  Orden  des  heil.  Fran- 
ciscus ist  in  48  Paragraphe  gefasst.  Der  erste  Paragraph  weist  auf  die  zahlreichen 
Märtyrer  der  katholischen  Kirche  hin,  und  erinnert  an  die  Eeise  des  heil.  Franciscus 
nach  Syrien,  in  der  Hoffnung,  dort  die  Martyrerkrone  zu  erlangen  und  an  die  Aussen- 
dung seiner  Söhne  als  Missionäre  in  alle  Welttheile.  Der  zweite  Paragraph  gibt  eine 
kurze  geographische  Beschreibung  von  Japan,  und  erinnert  an  die  ausserordentliche 
segensreiche  Apostolische  Wirksamkeit  des  heil.  Franciscus  Xaverius  in  Japan.  Der 
dritte  Paragraph  berichtet,  wie  Faxiba,  welcher  sich  später  Taicosama  nannte,  durch 
seine  Bonzen  angestiftet,  im  Jahre  1587  in  seinem  ganzen  Reiche  den  christlichen 
Glauben  verboth  und  die  Väter  der  Gesellschaft  Jesu  vertrieb,  welche  sich  aber  in  welt- 
lichen Kleidern  fortwährend  heimlich  im  Lande  aufhielten.  Im  vierten  Paragraphe  erfah- 
ren wir,  dass  der  Gouverneur  der  Philippinischen  Inseln  Gometius  Peretius  des  Marinas 
an  den  König, Taicosama  eine  Gesandtschaft  schickte,  welche  aus  dem  Pater  Petrus 
Baptista,  Commissär  des  Serafischen  Ordens  der  minderen  Brüder,  Bartholomäus 
Ruitz  Franciscus  vom  heil.  Michael,  ebenfalls  Franciscaner  Ordenspriester,  und 
dem  Laienbruder  Gundisalvus  Garzia  bestand,  welcher  als  Dollmetscher  diente.  Sie 
übernahmen  die  Gesandtschaft  in  der  Absicht;  die  christliche  Religion  zu  befördern  und 
auszubreiten,  denn  Papst  Sixtus  V.  hatte  allen  minderen  Brüdern,  insbesondere  denen 
auf  den  Philippinischen  Inseln  durch  ein  Apostolisches  Schreiben  vom  25.  November  1586 
die  Bewilligung  ertheilt,  in  Indien  und  China  neue  Häuser  und  Klöster  zur  Ausbreitung 
des  katholischen  Glaubens  zu  bauen.  Die  Gesandtschaft  segelte  wie  im  §.  5  erzählt 
wird,  am  2f>.  Mai  1593  von  Manilla  ab,  und  langte  glücklich  in  Japan  an,  wo  sie  von 


Symbolische  Wirksamkeit.    Heiligsprechung  der  japanesischen  Märtyrer.         25 

dem  König  Taicosama  freundlich  aufgenommen  wurde,  und  die  Erlaubniss  erhielt,  sich 
in  Meaco  aufzuhalten  und  die  Hauptstädte  von  Japan  zu  besuchen.  Nachdem  die  Ge- 
sandten 6  Monate  in  Meaco  verweilt  hatten,  erhielten  sie  wie  im  §.  6  berichtet  wird, 
von  Taicosama  die  Erlaubniss,  sich  dort  Häuser  zu  bauen,  und  den  spanischen  Christen, 
so  wie  den  Fr,emden  als  Seelsorger  zu  dienen,  aber  mit  dem  ausdrücklichen  Verbote, 
die  Japanesen  in  der  christlichen  Eeligion  zu  unterrichten.  Da  erbaute  Petrus  Bap- 
tista  ein  Klösterlein  und  eine  Kirche,  wo  er  unter  solchem  Zulaufe  des  Volkes  predigte, 
dass  die  Zahl  der  Gläubigen  mit  jedem  Tage  sich  vermehrte ;  auch  erbaute  er  in  kurzer 
Zeit  zwei  Spitäler.  Die  Fortschritte  des  Christenthums  erregten  wie  im  §.  7  erzählt 
wird,  den  Hass  und  Neid  der  Bonzen,  welche  sich  bei  dem  Mandarin  von  Meaco  be- 
klagten; dieser,  obwohl  ein  Heide,  war  den  Franciskanern  gewogen,  er  warnte  sie  vor 
der  ihnen  drohenden  Gefahr  und  liess  sie  wissen,  dass  er  das  Gesetz  des  Kaisers 
gegen  sie  in  Anwendung  bringen  müsse.  Sie  aber  fürchteten  Gott  mehr  als  die  Men- 
schen und  kümmerten  sich  nicht  um  die  Gefahr,  —  ja  sie  sehnten  sich  vielmehr  nach 
dem  Martyrertod,  sie  beriefen  noch  zwei  Genossen,  den  Bruder  Franciscus  Blanko 
und  den  Bruder  Martinus  von  der  Himmelfahrt  von  den  Philippinen  und  er- 
bauten noch  zwei  Häuser,  ~  in  Ozac  und  Nangasaki.  Als  Taicosama  das  erfuhr,  wurde 
er  heftig  erzürnt  und  befahl  alle  nach  japauesischer  Art  mit  dem  Tode  zu  bestrafen. 
Sofort  umringten  die  kaiserlichen  Soldaten  das  Ha,us  und  die  Kirche  in  Meaco,  ergriffen 
die  Patres  und  die  sonstigen  Mitglieder  des  Ordens,  warfen  sie  ins  Gefängniss  und 
zerstörten  das  Haus  und  die  Kirche;  dann  begaben  sie  sich  nach  Ozac  und  verhafteten 
dort,  obwohl  hievon  nichts  in  ihrem  Befehle  stand,  drei  Männer  aus  der  Gesellschaft 
Jesu,  Paulus  Miki,  Johannes  So  an  oder  de  Goto  und  Jakobus  oder  Didacus 
Kisai;  so  erzählt  der  Paragraph  8.  Die  Paragraphe  9  bis  31  geben  die  Namen  und 
einen  kurzen  Lebensabriss  der  23  Märtyrer  aus  dem  Orden  des  heil.  Franciscus. 

1.  PetrusBaptista  der  Vorstand  der  Mission  und  der  Gesandtschaft,  wurde 
im  Jahre  1545  von  frommen  und  adeligen  Eltern,  Petrus  und  Maria  Blasquez  in  Spa- 
nien geboren.  Im  Alter  von  21  Jahren  trat  er  in  den  Orden  der  unbeschuhten  Fran- 
ciscaner;  im  Jahre  1580  ging  er  nach  Mexico  und  durchwanderte  fast  alle  Gegenden 
dieses  weiten  Reiches  und  gründete  dort  eine  Provinz  seines  Ordens.  Im  Jahre  1583 
kam  er  auf  die  Philippinen.  König  Philipp  II.  von  Spanien  hat  ihn  zum  Bischöfe  der 
Philippinen  bestimmt,  aber  von  Gott  zu  etwas  höherem  berufen,  ging  er  nach  Meaco. 

2.  Der  Bruder  Martinus  von  der  Himmelfahrt  wurde  im  Jahre  1567  zu 
Guipuczoa  in  Spanien  geboren.  Im  Alter  von  19  Jahren  trat  er  in  den  Orden  des  heil. 
Franciscus;  als  Priester  zeichnete  er  sich  durch  seinen  unermüdlichen  Eifer  im  Gebet 
und  Predigtamte  aus,  später  begab  er  sich  nach  Mexiko,  wo  er  Philosophie  und  Theologie 
vortrug;  endlich  wurde  er  nach  den  Philippinen  gesendet,  und  nahm  Theil  an  der  Ge- 
sandtschaft; er  war  30  Jahre  alt. 

3.  Der  Bruder  Franciscus  Blanco,  Priester  und  Prediger  zählte  ebenfalls 
30  Jahre ;  in  Spanien  geboren,  trat  er  daselbst  in  den  Franziskaner-Orden  und  leuchtete 
seinen  Ordensbrüdern  als  Muster  der  Bussstrenge  und  aller  Tugenden  voran.  Da  er  Mis- 
sionär in  Indien  zu  werden  wünschte,  kam  er  zuerst  nach  Mexico,  und  dann  von  den 
Philippinen  nach  Japan;  er  lernte  bald  die  Sprache  jenes  Landes  und  es  ist  unglaub- 
lich wie  viele  Seelen  er  für  Gott  gewann. 

4.  Philippus  a  Jesu  de  las  Casas  ist  von  reichen  und  vornehmen  Eltern 
in  Mexico  geboren;  bis  zu  seinem  15.  Jahre  führte  er  ein  lockeres  Leben,  dann  trat 
er  in  den  Orden  der  Franciscaner  von  der  strengeren  Observanz ;  bald  darauf  aber  reuete 
ihn  sein  Entschluss,  er  verliess  den  Orden  wieder,  und  kehrte  zu  seiner  früheren  Lebens- 
weise zurück,  worüber  sich  seine  Eltern  so  betrübten,  dass  sie  ihn  gar  nicht  naehr  sehen 
wollten.  Nach  3  Jahren  kehrte  er  reumüthig  in  den  Orden  zurück  und  legte  nach  bc- 


26  Symbolische  Wirksamkeit.    Die  japanesischen  Märtyrer. 

endigtem  Noviziat  die  feierlichen  Gelübde  in  dem  Kloster  zu  Manilla  ab.  Da  seine 
Eltern  ihn  jetzt  wieder  zu  sehen  wünschten,  wollte  er,  um  sie  zu  besuchen,  nach  Me- 
xico reisen,  aber  der  Sturm  verschlug  ihn  in  einen  japanesischen  Hafen,  wo  ihn  der 
Pater  Martinus  von  der  Himmelfahrt  freundlich  aufnahm  und  nach  Meaco 
brachte. 

5.  Der  Bruder  Franciscus  vom  heil.  Michael,  in  Spanien  geboren,  trat 
in  früher  Jugend  in  den  Orden,  aber  aus  Demuth  nur  als  Laienbruder.  Auf  den  Phi- 
lippinen ertrug  er  mancherlei  Ungemach,  Beschwerden  und  Beschimpfungen  und  glänzte 
durch  viele  Wunder. 

6.  Gundisalvus  Garcia  wurde  zu  ßasan  in  Ostindien  geboren;  sein  Vater 
ein  Portugiese  Hess  ihn  bei  den  Jesuiten  erziehen.  Als  Jüngling  begab  er  sich  in 
Handelsgeschäften  mit  einigen  Apostolischen  Männern  nach  Japan,  verliess  aber  bald 
seine  Geschäfte,  übernahm  das  Amt  eines  Catecheten,  und  wirkte  ausserordentlich  viel 
zur"  Ehre  Gottes  und  zum  Heile  der  Seelen.  Im  Jahre  1587  trat  er  zu  Manilla  in  den 
Franziscaner  Orden  und  ging  als    Dollmetscher  mit  nach  Japan. 

7.  Paulus  Suzuquiin  Japan  geboren  verliess  als  Jüngling  die  Religion  der 
Bonzen  ;  sein  Haus  wurde  die  Herberge  der  Armen  und  der  Pilger  genannt ;  er  versah 
das  Amt  eines  Catecheten,  schrieb  mehrere  Bücher  zum  Unterricht  der  Neubekehrten, 
diente  in  den  Krankenspitälern  der  minderen  Brüder  und  als  Dollmetscher,  und  ge- 
hörte wie  alle  jetzt  folgenden  Märtyrer  dem  dritten  Orden  des  heil.  Franciscus  an. 

8.  Gabriel  a  Duisco  aus  dem  Königreich  Ize  auf  der  Insel  Niphon  war 
16  Jahrß  alt,  als  die  minderen  Brüder  nach  Meaco  kamen ;  er  wurde  heimlich  Christ, 
verliess  Alles  und  trat  in  den  dritten  Orden  des  heil.  Franciscus.  Durch  unablässiges 
Beten,  Wachen  und  Fasten  erlangte  er  die  Bekehrung  seines  Vaters;  er  predigte  in 
den  Strassen  von  Meaco  die  christliche  Religion. 

9.  Johannes  Quizuya  zu  Meaco  geboren  lebte  dort  als  Handwerker  im  Heiden- 
thum,  durch  die  Predigten  der  Franziskaner  wurde  er  zum  Christenthum  bekehrt  und 
trat  in  den  dritten  Orden;  er  diente  den  Kranken  in  den  Spitälern,  und  bewog  auch 
seinen  Sohn  zu  diesem  Liebeswerk. 

10.  Thomas  Danchi  von  Ize  war  Kaufmann  in  Meaco  und  wurde  in  schon 
vorgerücktem  Alter  von  den  Vätern  der  Gesellschaft  Jesu  getauft;  aber  sein  Lebens- 
wandel war  so  wenig  erbaulich,  dass  die  Franziscaner  sein  Haus  eine  Räuberhöhle 
nannten.  Später  bekehrte  er  sich,  vertheilte  sein  ganzes  Vermögen  unter  die  Armen, 
pflegte  die  Kranken ,  versah  das  Amt  eines  Catecheten  und  trat  in  den  drit- 
ten Orden. 

11.  Franciscus  von  Meaco,  ein  Doctor  der  Medicin,  hatte  sich  in  der  Heilung 
von  Krankheiten  einen  solchen  Namen  erworben,  dass  er  in  ganz  Japan  hoch  berühmt 
war  und  nur  der  Arzt  genannt  wurde.  Als  Jüngling  gehörte  er  der  Religion  der 
Bonzen  an,  aber  er  war  immer  mit  sich  im  Zweifel,  ob  die  Glaubenslehren  seiner 
Religion  wahr  seien.  Einmal  hatte  er  eine  Unterredung  mit  einem  Heiden,  welcher 
kürzlich  seine  Religion  abgeschworen  hatte,  und  Hess  sich  von  ihm  bereden  zum 
christlichen  Catecheten  zu  gehen  ;  dieser  überzeugte  ihn  bald  von  der  Wahrheit  des  Chri- 
stenthums  und  ertheilte  ihm  die  Taufe;  der  Ruf  dieser  Bekehrung  drang  durch  ganz 
Japan,  und  auch  seine  Frau  wurde  eine  Christin.  Franzis cus  besass  einen  scharf- 
sinnigen Geist,  und  schrieb  nicht  nur  medizinische  Bücher,  sondern  auch  Bücher  zur 
Vertheidigung  des  Christenthums  gegen  die  Bonzen.  Er  widmete  sein  ganzes  Leben 
der  Pflege  des  Leibes  und  der  Seele  seiner  Nebenmenschen ;  er  trat  in  den  dritten 
Orden  und  diente  den  Franciscanern  als  Dollmetscher;  er  wurde  46  Jähe  alt. 

12.  Thomas  Cosaqui  erlangte  in  seinem  15.  Lebensjahre  die  Martyrerkrone ; 
er  war  zugleich  mit  seinem  Vater  getauft  und  in  seinem  11.  Jahre  dem  seligen  Petrus 


Symbolische  Wirksamkeit.   Die  japanesischen  Märtyrer.  27 

Baptista  übergeben  worden,  welcher  ihm  das  Kleid  des  dritten  Ordens  gab;  nachdem 
er  das  Amt  eines  Catecheten  erhalten,  bewog  der  junge  Mann  nicht  blos  Ungelehrte 
sondern  die  Gelehrtesten  zur  Annahme  der  Glaubenslehren  ^  indem  er  die  falschen 
Sophismen  aufdeckte;  durch  Nachtwachen  und  andere  Bussübungen  zähmte  er  seinen 
Leib.  Mit  Verachtung  aller  Beschwerden  und  Gefahren  diente  er  den  Franciscanern 
bis  zum  letzten  Athemzuge. 

13.  Joachim  Saquijor  war  zu  Usac  in  Japan  geboren,  und  diente  in 
den  Spitälern  der  minderen  Brüder  als  Koch ;  seine  christliche  Frau  hatte,  als  er 
schwer  krank  war,  die  Franciscaner  berufen  und  sie  gebeten,  ihn  zu  taufen;  sie  aber 
verweigerten  die  Taufe,  weil  keine  Todesgefahr  war,  und  so  wurde  er  einem  Cateche- 
ten zum  Unterricht  übergeben  ;  da  er  dann  in  Todesgefahr  kam,  wurde  er  getauft ; 
nach  seiner  Wiedergenesung  trat  er  von  grossem  Verlangem  nach  christlicher  Voll- 
kommenheit entzündet  in  den  dritten  Orden. 

14.  Bonaventura  aus  Japan  hatte  eine  heidnische  Mutter  und  einen 
christlichen  Vater,  welcher  den  Knaben  taufen  Hess.  Zwanzig  Jahre  lang  führte  er 
obwohl  von  Gewissensbissen  gequält  ein  lasterhaftes  Leben,  später  aber  that  er  mit 
einem  Sack  und  einem  Bussgürtel  bekleidet  an  einem  hohen  Festtage  vor  einer  grossen 
Volksmenge  öffentliche  Kirchenbusse ,  klagte  sich  seiner  früheren  Sünden  an,  und 
erhielt  von  dem  Pater  Petrus  Baptista  das  Kleid  des  dritten  Ordens. 

Von  nun  an  trennnte  er  sich  nicht  mehr  von  den  Franciscanern  und  leuchtete 
allen  durch  seine  wunderbare  Geduld,  seinen  standhaften  Muth  und  seine  christliche 
Liebe  voran. 

.  15.  Leo  Carazuma  zu  Corea  geboren  wurde  in  seinem  30.  Jahre  Christ.  So 
gross  war  sein  Verlangen  nach  Vollkommenheit,  dass  er  sich  mit  Einwilligung  seiner 
edlen  und  frommen  Göttin  von  ihr  trennte  und  in  den  dritten  Orden  trat;  er  verliess 
die  Franciscaner,  welchen  er  als  Dollmetscher  diente,  von  nun  nicht  mehr. 

16.  Mathias  von  Japan  aus  der  Stadt  Meaco  wurde  von  den  Jesuiten 
getauft,  führte  ein  frommes  und  heiliges  Leben  und  trat  in  den  Orden,  wo  er  durch 
seine  Liebe  zur  Armuth  und  seinen  Busseifer  Allen  voran  leuchtete. 

Er  wurde  statt  eines  anderen  Mathias,  welcher  im  Kloster  wohnte  ,  aber  zur 
Zeit,  als  die  kaiserlichen  Soldaten  dort  erschienen,  gerade  abwesend  war,  verhaftet, 
und  verdankte  dieser  Verwechslung  den  Martyrertod. 

17.  Antonius  von  Nangasaki  zeigte  schon  als  Kind  eine  grosse  Frömmig- 
keit, trat  frühzeitig  in  den  dritten  Orden,  und  diente  mit  13  Jahren  dem  Vorstand 
des  Franciscanerordens  bei  der  Messe. 

18.  Paulus  Yuaniqui  Ibarchi  aus  Japan  wurde  von  seinem  Bruder,  dem 
seligen  Leo  zu  Meaco  in  der  christlichen  Keligion  unterrichtet.  Anfänglich  wollte  er 
nichts  von  einer  Bekehrung  wissen,  später  aber  liess  er  sich  taufen,  trat  in  den  dritten 
Orden    und  bekehrte  sich  zu  einem  heiligen  Leben. 

19.  Ludwig  Ibarchi  aus  Japan  der  Neffe  Pauls  und  des  seligen  Leo  kam 
mit  9  Jahren  nach  Meaco  und  wurde  von  dem  seligen  Petrus  Baptista  im  Glauben 
unterrichtet ;  er  trat  in  den  dritten  Orden  und  blieb  immer  an  der  Seite  des  Petrus 
Baptista. 

20.  Michael  Cozoqui  aus  dem  Königreich  Ize  war  ein  japanesischer  Watfen- 
-schmied  und  hatte  sich  durch  die  Anfertigung  von  Wurfgesdiützen  einen  Namen  erwor- 
ben. Er  war  schon  ein  Christ,  als  die  Franciscaner  nach  Meaco  kamen,  und  zeichnete 
sich  durch  eine  ganz  besondere  Frömmigkeit  aus ;  er  nahm  die  Armen  und  Kranken  in 
seinem  Hause  auf  und  diente  ihnen  wie  Christo. 

Sein  Sohn,  der  oben  erwähnte  Casaqui,  war  der  Genosse  seiner  Tugenden  und  seines 
Martyriums. 


28  Symbolische  Wirksamkeit.   Die  japanesisclien  Martyi-er. 

21.  Petrus  Sequexein,  ein  Bürger  von  Meaco  in  Japan,  wurde  schon  früh- 
zeitig Christ  und  trat  in  den  dritten  Orden.  Da  er  den  Franziskanern  nach  ihrer  Ver- 
haftung diente,  wurde  er  selbst  gefangen  genommen  und  erlangte  die  Martyrer-Krone. 

22.  Cosmos  Raquisa  aus  Japan  stammte  von  reichen  und  vornehmen  Eltern, 
da  er  später  sein  Vermögen  verlor,  wurde  er  Waffenschmied.  Er  lebte  zu  Meaco  als  die 
Franciscaner  dorthin  kamen  und  half  ihnen  bei  der  Erbauung  ihres  Klosters ;  er  unter- 
richtete nicht  nur  selbst  die  Kinder  im  christlichen  Glauben,  sondern  brachte  auch 
seinen  lüjährigen  Sohn  dem  heil.  Franciscus  dar,  damit  auch  er  ein  Katechet  würde ;  er 
pflegte  die  Armen  in  den  Spitälern  und  diente  den  Franciscanern  als  DoUmetscher. 

23.  Franciscus  Fahelante  von  Campiuto,  ein  Schuster,  half  den  Francisca- 
nern bei  der  Erbauung  ihres  Klosters  in  Meaco  und  wurde  von  ihnen  in  den  dritten 
Orden  aufgenommen.  Im  Jahre  1596  erhielt  er  von  dem  Pater  Martinez  aus  der  Ge- 
sellschaft Jesu,  dem  ersten  Bischöfe  aus  Japan  das  Sacrament  der  Firmung.  Als  er  die 
Gefangennahme  der  Franciscaner  erfuhr,  begab  er  sich  in  das  Kloster  zur  heil.  Maria 
und  wollte  an  ihren  Banden  theilnehmen.  Zwei-  bis  dreimal  bekannte  er  sich  vergebens 
als  Christ  und  zerfloss  in  Thränen,  dass  er  nicht  für  Christus  sterben  könne.  Als  Petrus 
Sequexein  kam,  welchen  der  Pater  Organtin  aus  der  Gesellschaft  Jesu  gesendet  hatte, 
um  den  Märtyrern  beizustehen,  schloss  er  sich  an  diesen  an,  und  erlangte  so  die  Er- 
füllung seines  sehnlichsten  Wunsches,  seinen  Glauben  mit  seinem  Blute  zu  besiegeln. 

Alle  die  Genannten,  mit  Ausnahme  des  Petrus  Saquexein  und  des  Franz  Fahe- 
lante, welche  erst  auf  dem  Wege  zu  ihnen  kamen,  wurden  mit  auf  den  Rücken  gebun- 
denen Händen  auf  den  Hauptplatz  von  Meaco  geführt,  jedem  von  ihnen  wurde  ein 
Theil  des  linken  Ohres  abgeschnitten,  dann  wurden  je  drei  auf  einen  Karren  gesetzt 
und  in  der  ganzen  Stadt  herumgeführt,  ehe  man  sie  in's  Gefängniss  zurückbrachte.  Am 
andern  Tage,  am  3.  Januar  wurden  die  Märtyrer  nach  Ozac  auf  dem  Landwege  geführt, 
unter  dem  Gespötte  und  Gelächter  des  Pöbels.  Von  dort  setzten  sie  die  Reise  nach 
Nangasaci  fort,  wo  sie  hingerichtet  werden  sollten.  Je  näher  sie  dem  Orte  der  Hin- 
richtung kamen,  desto  grösser  wurde  ihre  Freude.  Unsäglich  waren  die  Beschwerden 
und  Mühsale,  welche  sie  auf  dieser  Reise  zu  erdulden  hatten,  namentlich  von  der  herr- 
schenden Kälte.  Als  sie  nach  Nangasaki  kamen,  liefen  dem  jungen  Antonius  seine  Eltern 
entgegen  und  suchten  ihn  durch  Thränen  und  Schmeichelworte  zum  Abfall  vom  Glau- 
ben zu  bewegen.  Er  antwortete  darauf:  die  irdischen  Reichthümer  und  Schätze,  welche 
ihr  mir  versprecht,  entfliehen  bald,  Christus  aber  schenkt  mir  himmlische  und  ewige. 
Die  Kreuze  sollten  wie  gewöhnlich  auf  dem  Hauptplatze  von  Nangasaki  aufgerichtet 
werden,  aber  auf  die  Bitte  der  Portugiesen  geschah  diess  auf  dem  Gipfel  eines  kleinen 
Berges  ausserhalb  der  Stadt,  weil  sie  die  Absicht  hatten  auf  diesem  Berge  später  eine 
Kirche  zu  erbauen,  wie  diess  auch  geschah.  Als  die  Märtyrer  zur  Kreuzigung  hinaus  ge- 
führt wurden,  nahm  Antonius  sein  Oberkleid  ab,  und  übergab  es  seinen  Eltern,  dann 
eilte  er  mit  raschen  Schritten  auf  sein  Kreuz  zu,  und  umarmte  es. 

Die  japanesischen  Kreuze  haben  das  Eigenthümliche,  dass  sie  unten  am  Stamme 
ein  Querholz  haben,  auf  welchem  die  etwas  ausgespreizten  Füsse  ruhen;  femer  haben 
sie  in  der  Mitte  einen  hervorragenden  Balken,  auf  weichem  der  Gekreuzigte  wie  ein 
Reiter  aufsitzt;  die  Hände  und  Füsse  werden  nicht  mit  Nägeln  angeheftet,  sondern 
mit  Stricken  oder  mit  eisernen  Hand-  und  Fussschellen  angebunden;  auch  um  den 
Hals  und  oft  auch  um  die  Mitte  des  Leibes  werden  die  Gekreuzigten  mit  einem 
eisernen  Ringe  am  Kreuze  befestiget.  Als  die  Märtyrer  auf  diese  Weise  an  das  Holz 
der  Schmach  geheftet  und  die  Kreuze  in  den  dazu  bereiteten  Gruben  eingesenkt  waren, 
kam  ein  Henker  von  der  rechten  Seite  und  stiess  dem  Gekreuzigten  einen  sehr  langen 
Speer  in  die  linke  Seite,  während  ein  anderer  von  der  linken  Seite  seinen  Speer  in 
die  rechte  Seite   des    Gekreuzigten   stiess.     Auch  hängen  die  Leiber  nicht  nackt  am 


Symbolische  Wirksamkeit.    Die  japanesischen  Märtyrer.  29 

Kreuze  ;  jeder  kann  sein  eigenes  und  selbst  sein  bestes  Festgewand  anbehalten.  Auf 
diese  Weise  starben  die  Franciscaner  in  ihren  ürdenskleidern,  die  übrigen  in  weltlichen 
Kleidern  an  26  Kreuzen,  welche  nebeneinander  aufgerichtet  waren  ,  so  dass  zwischen 
jedem  drei  bis  vier  Schritte  Raum  blieb.  Obwohl  eine  Menge  Soldaten  anwesend  war, 
welche  verhinderten,  dass  Jemand  sich  den  Märtyrern  näherte,  war  doch  eine  sehr  grosse 
Volksmenge,  sowohl  Heiden  als  Christen,  zusammengekommen;  die  letzteren  wurden 
mit  grosser  Freude  erfüllt,  als  sie  die  Gekreuzigten  für  ihre  Kreuziger  beten  hörten. 
Bald  kam  auch  der  Bischof  Martine z  an  den  Hügel  und  verehrte  die  Märtyrer  auf 
seinen  Knien.  Von  diesem  Augenblicke  an  war  der  Ort  Allen  heilig.  Durch  Wunder 
und  Zeichen  zeigte  Gott  deutlich  wie  angenehm  ihm  eine  so  grosse  Zahl  Märtyrer 
sei.  Das  Blut  einiger  derselben  blieb  neun  Monate  lang  flüssig  und  ohne  Spur  von 
Fäulniss;  ein  heftiger  Wolkenbruch  überschwemmte  die  Strassen  von  Macao;  ein  ge- 
waltiges Erdbeben  erschütterte  die  Stadt;  ein  grosser  Comet  mit  einem  ungeheuren 
Schweif  erschien  von  den  Philippinischen  Inseln  bis  Nangasaki;  die  Gesichter  der 
Märtyrer  blieben  zwei  und  einen  halben  Monat  lang  ganz  lebensfrisch,  und  zur  Ver- 
wunderung Aller  blieben  die  Leichname  der  Märtyrer  von  den  Geiern  und  anderen 
Baubthieren  verschont.  Solche  und  andere  Wunder  vermehrten  die  Verehrung  der  Märty- 
rer, und  ihr  Blut  war  ein  Saatkorn,  aus  welchem  zahlreiche  Christen  aufsprossten. 

So  weit  geht  die  Erzählung  der  Canonisationsbulle  in  den  §§.  9  bis  37.  Die 
§§.  37  bis  47  schildern  den  Verlauf  des  ersten  Seligsprechungs-  und  des  Heiligspre- 
chungsprocesses,  und  der  §.  47  schliesst  die  ganze  Erzählung  mit  dem  schwungvollen 
Ausruf:  0  vere  beata  mater  Ecclesia,  quae  assueta  inter  mundi  persecufiones  Dei- 
que  consolationes  peregrinando  percurrere,  habet  in  servorum  Bei  gloria,  unde  sole- 
tur  se  in  iis  diebus  afflicüonis  suae ,  dum  inimici  ejus  convenierites  in  unum  inania 
medifantu?'  dicentes,  quando  morietur  ei  peribit  nomen  ejus.  Dum  omnia  ejus  firmissima 
ei  legitima  jura  spernuntur  atque  coniemnuntur,  ipsa  novis  coronata  iriumphis  mili- 
tum  suorum,  quos  jam  coelo  inseruit,  permanet  gloriosa,  brachium  Bei  praedicans 
generafioni  veniurae.  0  vere  mirabilis  Beus,  qui  in  omni  tribulatione  solatur  humi- 
litatem  Nosiram,  neque  timidos  Nos  reddit  a  facie  inimicorum  suorum,  quia  Nobis- 
cum  est,  ut  universa  quaecumquc  ipse  mandaverit  clare  aperteque  loquamur. 

„0  wahrhaft  selige  Mutter  Kirche,  welche  gewohnt,  unter  den  Verfolgungen  der 
Welt  und  unter  den  Tröstungen  Gottes  ihren  Pilgerlauf  zu  vollbringen,  in  der  Glorie 
der  Diener  Gottes  einen  Trost  in  den  Tagen  ihrer  Trübsal  hat,  während  ihre  Feinde 
zusammenkommen  und  auf  Eitles  sinnen  und  sprechen,  wann  wird  sie  sterben  und 
wann  wird  ihr  Name  zu  Grunde  gehen.  Während  alle  ihre  wohlbegründetsten  Rechte 
verachtet  werden,  bleibt  sie  selbst  von  neuen  Triumphen  ihrer  Streiter  gekrönt,  welche 
sie  schon  in  die  himmlischen  Heerschaaren  eingereicht  hat,  glorreich  und  verkündet 
dem  künftigen  Geschlechte  den  Arm  Gottes.  0  wahrhaft  wunderbarer  Gott,  der  in  aller 
Trübsal  unsere  Niedrigkeit  tröstet,  und  Uns  nicht  zagen  lässt  vor  dem  Angesichte 
seiner  Feinde,  weil  er  mit  Uns  ist,  damit  Wir  alles  was  er  befohlen  hat,  klar  und 
offen  reden. 

Der  §.  48  bedroht  diejenigen,  welche  dieser  Canonisationsbulle  zuwiderhandeln 
sollten,  mit  dem  Zorne  Gottes  und  der  heiligen  Apostel  Petrus  und  Paulus. 

2)  Die  Canonisationsbulle  für  die  drei  Märtyrer  aus  der  Gesellschaft  Jesu  ist 
in  ähnlicher  Weise  abgefasst,  wie  die  vorangehende,  und  zerfällt  in  20  Paragraphe.  Der 
erste  Paragraph  ist  dem  Lobe  der  Gesellschaft  Jesu  gewidmet.  Insbesondere  wird  ihre 
Missionsthätigkeit  und  das  Gelübde,  auf  Befehl  des  Papstes  überall  hinzugehen,  rüh- 
mend hervorgehoben.  Die  §§.  2  bis  4  erzählen  den  Anfang  der  japanesischen  Mis- 
sion und  die  Ausweisung  der  Jesuiten  durch  Taicosama.  65.000  Japanesen,  die  Kinder 
ungerechnet,    wurden    von  den  Jesuiten  getauft.    Im  Jahre  1593,    als  die  Franciscaner 


30  Symbolische  Wirksamkeit.    Die  japanesischen  Märtyrer. 

kamen,  zählte  die  Gesellschaft  Jesu  134  Zöglinge,  welche  die  Seelsorge  über  300.000 
im  ganzen  weiten  Reiche  verbreitete  Christen  ausübten ;  da  kam  der  Bischof  Petrus 
Martinez  aus  der  Gesellschaft  Jesu  als  Gesandter  zu  Taicosama  und  erhielt  von  diesem 
die  Erlaubniss,  sich  im  Reiche  aufzuhalten.  Die  Canonisationsbulle  erzählt  nun  die 
bereits  bekannte  Gefangennahme  der  Franciscaner  und  der  drei  Jesuiten  Paul  Miki, 
Johannes  von  Goto  und  Jacob  Kisai.  Die  §§,5  bis  7  geben  den  kurzen  Lebens- 
abriss  der  drei  Jesuiten. 

1.  PaulusMiki  war  ein  geborener  Japanese,  stammte  von  vornehmem  Geschlechte, 
wurde  schon  als  Knabe  getauft  und  mit  11  Jahren  den  Jesuiten  zur  Erziehung  über- 
geben. Im  Alter  von  22  Jahren  trat  er  in  die  Gesellschaft  ein,  studirte  Theologie, 
durchzog  als  Prediger  mehrere  Königreiche  von  Japan  und  bekehrte  zahllose  Japanesen 
vom  Irrthume  zur  Wahrheit,  vom  Laster  zur  Tugend.  Aber  nicht  nur  durch  das  mündliche 
Wort,  sondern  auch  durch  Schriften  in  japanesischer  Sprache  arbeitete  er  für  die  Aus- 
breitung des  Christenthums.  Er  sollte  eben  zum  Priester  geweiht  werden,  da  brach 
die  Verfolgung  aus  und  er  opferte  sich  selbst  dem  allmächtigen  Gott  auf  dem  Altare 
des  Kreuzes  auf. 

2.  Johannes  Soan,  auf  der  Insel  Goto  geboren,  von  welcher  er  auch  seinen 
Zunamen  hatte,  wurde  von  seinen  christlichen  Eltern  fromm  erzogen  und  in  die  Schule 
der  Jesuiten  geschickt,  welche  ihn  bald  zum  Katecheten  machten;  mit  diesem  Amte 
bekleidet,  begab  er  sich  im  Alter  von  19  Jahren  auf  Befehl  seiner  Oberen  nach  Ozac 
als  Gehilfe  des  Pater  Johannes  und  wurde  dort  mit  seinen  beiden  Genossen  gefangen 
genommen.  Er  hätte  sich  der  Gefahr  und  dem  Tode  entziehen  können,  aber  er  wollte 
das  nicht,  sondern  Hess  sich,  nachdem  er  die  gottesdienstlichen  Geräthschaften  in  Sicher- 
heit gebracht  hatte,  in  die  Proscriptionsliste  eintragen  und  verlangte^  die  Aufnahme  in 
die  Gesellschaft  Jesu,  welche  ihm  auch  gewährt  wurde. 

3.  Jacob  Kisai  war  64  Jahre  alt,  als  er  die  Glorie  des  Martyrerthums  erlangte ; 
er  stammte  von  heidnischen  Eltern,  wurde  aber  von  den  Genossen  des  heil.  Franciscus 
Xaverius  getauft;  er  unterstützte  die  Jesuiten  als  Katechet  mit  grossem  Erfolge,  die 
Geheimnisse  des  Leidens  Christi  betrachtete  er  täglich  mit  tiefer  Andacht;  er  hatte  sich 
ein  Büchlein  gemacht,  in  welchem  er  dieselben  mit  zierlich  gemalter  japanesischer  Schrift 
eines  nach  dem  andern  schilderte,  damit  er  sie  immer  vor  Augen  habe.  Aus  dieser  Be- 
trachtung schöpfte  er  einen  wunderbaren  Durst,  für  Christus  zu  leiden  und  zu  sterben, 
zu  dessen  Befriedigung  er  willig  Blut  und  Leben  hingab.  Als  die  Märtyrer  in  Meaco 
in  der  Stadt  herumgeführt  wurden,  sprach  Paulus  Miki  von  seinem  Karren  herunter 
in  der  Landessprache  zu  der  Volksmenge  unjä  nicht  vergebens.  Im  Kerker  zu  Meaco 
bekehrte  er  zwei  von  den  Wächtern;  sechs  andere  in  dem  Kerker  von  Ozak  und  an 
einem  andern  Orte  den  Gouverneur  selbst.  In  der  Nähe  des  Hinrichtungsplatzes  kam 
ihnen  der  Pater  Franciscus  Pasius  entgegen,  welchen  der  Provinzial  der  Gesellschaft 
Jesu  gesendet  hatte,  umarmte  alle  Märtyrer,  hörte  ihre  Beichte  und  nahm  dem  Johannes 
von  Goto  und  dem  Jacob  Kisai  die  Ordensgelübde  ab. 

Paulus  Miki  sprach  von  seinem  Ki'euze  herunter  mit  gewaltiger  Stimme  zu  der 
versammelten  Volksmenge;  dann  betete  er  für  seine  Kreuziger,  und  nachdem  er  Gott 
seine  Seele  empfohlen,  hauchte  er  dieselbe  freudig  aus. 

Ein  italienischer  Soldat  sammelte  das  Blut  des  Paulus  Miki  und  dreier  anderer 
Märtyrer  und  bewahrte  es  in  einem  chinesischen  Gefäss,  wo  es  noch  nach  9  Monaten 
frisch  und  liüssig  war. 

Die  Leichname  der  drei  Märtyrer  aus  der  Gesellschaft  Jesu  wurden  nach  zwei 
Monaten  vom  Kreuze  herabgenommen  und  in  die  Kirche  des  Collegiums  der  Gesellschaft 
zu  Macao  in  China  übertragen.  Also  erzählen  die  §§.  8  bis  11.  Die  §§.  12  bis  19  erzäh- 


Symbolische  Wirksamkeit.    Die  japanesischen  Märtyrer.  31 

len  die  GeschichtefAiles  Seligsprechungs-  und  des  Heiligsprechungsprocesses.  Der  §.  19 
schliesst  wieder  die  Erzählung  mit  folgendem  Jubelruf : 

Gaudeat  igitur  in  Domino  universafamilia  gentium,  in  voribus  exultationis  omnes 
jubilent  Deo,  qui  Ecclesiam  suam  pia  miseratione  custodiens  praedaris  eam  juslorum 
exemplis  quotidie  instruerc,  mcritis  et  praesidüs  roborare  non  desinit.  Probe  omnes 
intelligant,  ut  gloriosissimi  isti  Martyres  Japonensis  Ecclesiae  primitiae,  mirificam 
illam  Domini  nostri  Jesu  sententiam:  nos  cruci  cum  ipso  sive  animo  sive  corpore 
oportere  esse  suffixos,  neque  dignum  esse  Christo  qui  crucem  suam  bajulare  nequi- 
verit.  Solabitur  ipse  Deus  in  omni  tribulatione  nosira,  facietque  cum  ientatione  susti- 
nere  proventum;  post  proelia  triumphus.  In  paucis  vexati,  inmultis  bene  disponemur. 
Haec  utinam  aliquando  denuum  hominum  animos  veritas  mentesque  pervadat  atque  de- 
vincat.  Tunc  illa  terrarum  orbi  effulgebit  pax,  quam  enixis  votis  collectisque  omnium 
Chrisiifidelium  precibus  ja?n  diu  a  Deo  optimo  maximo  deprecafrmr,  qvamque  assequi 
minime  duhitamus.  „Es  freue  sich  nun  im  Herrn  die  ganze  Völkerfamilie,  mit  Jubel- 
stimmen möge  sie  Gott  preisen,  der  seine  Kirche  mit  gütiger  Erbarm ung  beschützt  und 
nicht  aufhört,  sie  täglich  durch  das  Beispiel  der  Gerechten  zu  belehren,  sie  durch  ihre 
Verdienste  und  ihren  Schutz  zu  stärken.  Alle  mögen  wie  jene  glorreichen  Märtyrer  die 
Erstlinge  der  Kirche  von  Japan  den  Wunder  wirkenden  Ausspruch  unseres  Herrn  Jesu 
Christi  verstehen:  Wir  müssen  mit  ihm,  sei  es  der  Seele,  sei  es  dem  Leibe  nach  ge- 
kreuzigt werden  und  wer  sein  Kreuz  nicht  tragen  könne,  sei  Christi  nicht  würdig.  Gott 
selbst  wird  uns  in  allen  Trübsalen  trösten  und  uns  aus  der  Prüfung  glücklich  heraus- 
führen ,  nach  dem  Kampfe  folgt  der  Sieg.  In  Wenigem  geprüft  werden  wir  über  Vieles 
sgesetzt  werden.  Möchte  doch  diese  Wahrheit  endlich  einmal  in  die  Herzen  der  Menschen 
eindringen  und  sie  besiegen.  Dann  wird  der  Welt  jener  Friede  leuchten,  welchen  Wir 
schon  lange  mit  inständigen  Bitten  und  mit  den  vereinigten  Gebeten  aller  Christgläu- 
bigen von  dem  höchsten  und  gütigsten  Gott  erflehen  und  an  dessen  Erlangung  wir 
keineswegs  zweifeln." 

Der  20.  Paragraph  schliesst  in  derselben  Weise  wie  der  §.  48  der  vorhergehen- 
den Canonisatioüsbulle. 

3)  Die  letzte  Canonisationsbulle  schildert  in  16  Paragraphen  das  Leben  sowie 
den  Selig-  und  Heiligsprechungsprocess  des  heiligen  Michael  de  Sanctis,  Profess- 
priester aus  dem  Orden  der  Trinitarier  von  der  Loskaufung  der  Gefangenen.  Der  Hei- 
lige ist  zu  Vieh  in  Spanien  im  Jahre  1591  geboren;  seine  Eltern  waren  fromm  und 
von  vornehmem  aber  verarmten  Geschlechte ;  sie  hatten  acht  Söhne,  von  welchen 
Michael  der  siebente  war.  Schon  als  Knabe  zeigte  er  eine  ausserordentliche  Andacht 
zur  Mutter  Gottes.  Mit  sieben  Jahren  gelobte  er  ihr  seine  Jungfräulichkeit ;  seine  Liebe 
zur  christlichen  Vollkommenheit  war  so  gr9ss,  dass  er  sich  heimlich  in  eine  Höhle 
zurückzog  und  dort  ein  strenges  Leben  führte.  Sein  Vater,  der  ihn  lange  voll  Kummer 
gesucht  hatte,  fand  ihn  endlich  in  jener  Höhle  auf  den  Knien  liegen.  Als  der  Vater 
ihm  Vorwürfe  machte,  erklärte  er  ihm  mit  Thränen,  er  habe  sich  dahin  zurückgezogen, 
um  ein  strenges  Leben  zu  führen  ;  übrigens  kehrte  er  gehorsam  mit  seinem  Vater  nach 
Hause  zurück,  wo  er  seinen  Leib  auf  jede  Weise  kreuzigte,  mit  Geissein,  ßussgürteln 
und  Fasten.  Er  wälzte  sich  nackt  auf  Dornen,  ohne  dass  dieselben  ihn  verwundeten; 
er  schlief  auf  einem  Brette  und  nahm  einen  Stein  als  Kopfkissen.  Während  er  noch 
die  Schule  besuchte,  starben  plötzlich  seine  beiden   Eltern. 

Auf  den  Wunsch  seines  Vormundes  ging  er  zu  einem  Kaufmann  als  Ladendiener, 
führte  aber  auch  da  sein  strenges  Leben  fort. 

Im  Alter  von  zwölf  Jahren  verliess  er  seine  Verwandten,  seine  Freunde  und 
seine  Vaterstadt  und  begab  sich  auf  eine  lange  und  beschwerliche  Reise  nach  Barce- 
lona, wo  er  um  die  Aufnahme  in  den  neu  gegründeten  Orden  der  Trinitarier  bat.  Nach 


32  Symbolische  Wirksamkeit.  Der  heil.  Michael  de  Sanctis. 

vollendetem  Noviziate  legte  er  zu  Pampelona  die  feierlichen  Gelübde  ab ;  aus  Gehorsam 
empfing  er  die  Priesterweihe. 

Es  ist  unglaublich,  von  welcher  Liebe  er  entbrannte,  nachdem  er  die  heiligen 
Weihen  empfangen.  Zum  Lohne  dafür  würdigte  ihn  Gott  himmlischer  Gesichte;  auch 
besass  er  die  Gabe  der  Prophezeiung  und  offenbarte  Vieles,  was  an  fernen  Orten  und 
in  ferner  Zeit  vorging.  In  Erfüllung  seiner  priesterlichen  Pflichten  war  er  unermüdlich ; 
durch  seine  Predigten,  seine  Gebete,  seinen  guten  Eath  und  sein  unermüdliches  Beicht- 
hören brachte  er  Allen  Hilfe.  Er  machte  Kranke  gesund,  erweckte  Todte  zum  Leben 
und  trieb  unreine  Geister  aus. 

Mehr  von  Liebe  zu  Gott  als  von  Krankheit  verzehrt,  starb  er  zu  der  Stunde, 
die  er  selbst  vorausgesagt  hatte,  am  10.  März  1625,  im  Alter  von  33  Jahren. 

Er  wurde  am  2.  Mai  1779  von  Pius  VI.  selig  gesprochen.  Schon  vor  seiner 
Seligsprechung  und  auch  nach  derselben  verherrlichte  ihn  Gott  durch  verschiedene 
Wunder;  das  merkwürdigste  derselben  ereignete  sich  im  Jahre  1830  zu  Rom  an  einem 
Laienbruder  des  Trinitarier-Ordens,  dem  Frater  Johannes  Baptista,  welcher  am  5.  März 
des  genannten  Jahres  mit  den  heiligen  Sterbsakramenten  vesehen  wurde  und  im 
Todeskampfe  lag.  Er  war  erst  20  Jahre  alt  und  lag  an  der  Lungenschwindsucht  dar- 
nieder, welche  aller  ärztlichen  Hilfe  spottete.  Um  ein  Uhr  Mittags  fühlte  sich  der 
Kranke  innerlich  gedrängt,  die  Hilfe  des  seligen  Michael  anzuflehen;  er  ergriff  sein 
Bild,  drükte  es  auf  seine  kranke  Brust  und  versprach  dem  Seligen,  überall  Geld  zu 
seiner  feierlichen  Heiligsprechung  zu  sammeln,  wenn  er  ihn  von  seiner  Todkrankheit 
errettete.  Plötzlich  fühlte  sich  der  Bruder  vollkommen  gesund.  Die  heftigen  Brust- 
schmerzen waren  verschwunden,  der  Athem  frei,  jede  Spur  einer  Krankheit  vollkommen 
beseitigt;  eilends  stand  er  auf,  zog  seine  Kleider  an,  warf  sich  in  der  nächsten  Kirche 
vor  dem  Altar  des  seligen  Michael  nieder,  und  dankte  seinem  Retter  unter  heissen 
Thränen.  Als  die  aus  der  Vesper  zurückkehrenden  Ordensgenossen  den  Johannes  Bap- 
tista sahen,  glaubten  sie  ein  Gespenst  zu  sehen.  Der  Vorstand  des  Klosters  Pater 
Petrus  von  der  göttlichen  Barmherzigkeit  schickte  ihn  in  die  ärztliche  Officin  neben 
der  Kirche  der  seligsten  Jungfrau  jenseits  der  Aelischen  Brücke ,  welche  sehr  weit 
vom  Kloster  entfernt  ist,  und  befahl  ihm,  sich  dem  Arzte  zu  zeigen.  Nach  gewissen- 
hafter Erwägung  aller  Umstände  der  Krankheit  und  nach  wiederholter  genauer  Be- 
fragung des  Kranken  erklärte  der  Arzt,  seine  Genesung  könne  nur  einem  himmlischen 
Wunder  zugeschrieben  werden. 

Johannes  Baptista  begab  sich  dann  in  die  Peterskirche  und  kehrte,  nachdem 
er  dort  eine  Zeit  lang  gebetet,  ins  Kloster  zurück,  wo  er  im  Garten  spazieren  ging 
und  sich  so  kräftig  fühlte,  dass  er  eine  lange  Reise  und  die  grössten  Beschwerden 
hätte  übernehmen  können.  32  Jahre  später,  im  Jahre  1862  zur  Zeit  der  Heiligsprechung 
der  japanesischen  Märtyrer  und  des  Michael  de  Sanctis,  lebte  er  noch  und  erfreute 
sich  einer  guten  Gesundheit.  Nach  Erzählung  des  Hergangs  der  Heiligsprechung,  schliesst 
die  Canonisationsbulle  mit  folgendem  Ausruf:  Universum  terrarum  orbem  nuntius  hie 
Noster  pervadat,  Christi  anorumque  aninios  gaudio  perfundat.  Diligant  omnes  Deum, 
qui  prior  dilexit  nos,  invicem  memoria  reputcmles,  non  novisse  Deum  qui  proximum 
non  diligit.  TJiinam  tandem  aliquando  hominum  animos  uti  olim  sanctum  Michaelum 
amor  iste  incendate!  Tum  profedo  dissidia  quieseent,  praepositis  quisque  suis  libens 
obediet,  religio  jure  suo  potietur,  omnesque  assidue  menti  altius  defixum  habebunt 
praeclarum  sapientemque  illum  Gregorii  praedecessoris  Nostri  monitu7n  Jlle  vere 
credit,  qui  exercei  operando  quod  credit,"' 

Es  dringe  nun  diese  unsere  Botschaft  in  die  ganze  Welt  und  erfülle  die  Herzen 
der  Christen  mit  Freude.  Alle  mögen  Gott  lieben,  der  uns  zuerst  geliebt  hat,  und 
unter  einander  bedenken,    dass  Derjenige  Gott   nicht    kennt,    welcher  seinen  Nächsten 


Seligsprechungen.  Petrus  Claver.  33 

S  el  i  g' s  p  r  e  c  h  uiigf  e  n. 

Die  Acten  Pius  IX.  enthalten  in  den  achtzehn  Jahren  von  seiner  Thron- 
besteigung bis  zum  8.  December  1864  die  Docuniente  über  folgende  Selig- 
sprechungen : 

1)  Am  16.  Juli  1850  erfolgte  die  Seligsprechung  des  Professpriesters 
aus  der  Gesellschaft  Jesu  Petrus  Claver^),  dessen  Seligsprechungsprocess 
unter  Benedict  XIY.  begonnen  wurde,  welcher  durch  ein  Decret  vom  22.  Sep- 
tember 1 747  die  Tugenden  des  Seligen  für  heroisch  erklärte.  Aber  erst  am 
25.  August  1848  konnte  Pius  IX.  das  Decret  über  die  Wahrheit  zweier  Wunder 
erlassen,  welchem  dann  am  16.  Juli  1850  das  Seligsprechungsdecret  folgte. 
Grleichzeitig  mit  dieser  Seligsprechung  bewilligte  der  Papst  auch  das  jährliche 
Officium  und  die  Messe  de  communi  Confessoris  non  Po7itificis  ciwi  OrationibiM 
propnü-  nach  den  Rubriken  des  römischen  Missale  und  Breviers  für  die  Stadt 
und  Diöcese  Carthagena  und  für  die  Kirchen  der  Gesellschaft  Jesu  am  Feste  des 
Seligen,  10.  September  jeden  Jahres.  Im  Hinblick  auf  die  ganz  ausserordent- 
lichen Tugenden  und  Wunder  der  christlichen  Liebe,  durch  w^elche  der  Selige 
während  seines  Lebens  hervorglänzte,  heisst  es  in  dem  Seligsprechungsdecret 
pudore    suffundi,    et    obmidescere    plane    debet  fcdlax  quaedavi    ac  vanisaima  hujus 


nicht  liebt.  Möchte  doch  einmal  diese  Liebe  die  Herzen  der  Menschen,  wie  einstens 
den  heiligen  Michael  entzünden,  dann  werden  die  Zwistigkeiten  ruhen,  dann  wird 
jeder  seinem  Vorgesetzten  gerne  gehorchen,  dann  wird  sich  die  ßeligion  ihrer  Rechte 
erfreuen,  dann  werden  Alle  jene  herrliche  und  weise  Mahnung  Unseres  Vorgängers 
Gregor  tief  in  ihr  Herz  einprägen  :  ,, Derjenige  glaube  wahrhaft,  welcher  im  Werke 
übt,  was  er  glaubt.'- 

^)  Der  selige  Petrus  Claver  ist  geboren  im  Jahre  1585  in  der  spanischen  Pro- 
vinz Catalonien.  Kaum  17  Jahre  alt,  trat  er  in  die  Gesellschaft  Jesu.  Nach  vollendetem 
Noviziat  begab  er  sich  auf  die  grössere  balearische  Insel,  um  dort  Philosophie  zu  stu- 
diren.  Hier  lebte  er  mit  dem  seligen  Alphonsus  Rodriguez  zusammen,  welcher  ihm 
seinen  künftigen  Beruf  vorhersagte.  Im  Jahre  1610  sandten  ihn  seine  Obern  nach  Neu- 
Grauada  in  Südamerika,  wo  er  zum  Priester  geweiht  wurde  und  seine  Studien  vollen- 
dete. In  Carthagena  an  der  Meeresküste  war  damals  ein  grosser  Sklavenmarkt,  auf  wel- 
chem jährlich  10-  bis  12,000  Sklaven  wie  Viehheerden  aus  Afrika  hergetrieben  und 
grösstentheils  verkauft  wurden.  Der  ehrwürdige  Petrus  weihte  sich,  von  dem  Elende  der 
Unglücklichen  auf  das  Tiefste  ergriffen,  der  Linderung  ihrer  geistigen  und  leiblichen 
Noth ;  er  bekehrte  im  Laufe  von  mehr  als  40  Jahren  mehrere  hunderttausend  Neger  zum 
Christenthum  und  ertrug  unsägliche  Mühen  und  Beschwerden,  um  sie  zu  unterrichten 
und  zu  taufen.  Aber  auch  ihrer  leiblichen  Noth  sprang  er  hilfi-eich  bei;  wenn  Sklaven- 
schiife  in  den  Hafen  einliefen,  wartete  er  schon  auf  die  Armen  mit  Kleidera  für  die 
Nackten,  mit  Speisen  für  die  Hungerigen,  mit  Arzneimitteln  für  die  Kranken;  sogar 
die  Pestkranken  besuchte  er  und  pflegte  sie  mit  besonderer  Sorgfalt.  Dabei  vernach- 
lässigte er  indess  auch  die  Einwohner  von  Carthagena  nicht,  sondern  bemühte  sich, 
die  Ausschweifenden  zur  Ehrbarkeit,  die  Ketzer  und  die  Mohamedaner  zum  wahren 
Glauben  zu  führen.  Den  grösseren  Theil  der  Nacht  verwendete  er  auf  das  Gebet.  Gegen 
seinen  Leib  übte  er  die  äusserste  Strenge.  Er  starb  heilig,  wie  er  gelebt  hatte  am 
10.  September  1654. 

Pius.  IX  als  Papst  und  als  König  3  . 


34  Seligsprechungen.   Maria  Anna  de  Paredes. 

temporis  inimica  Crucis  Christi  philosophia,  si  cum  iisdem  heroibus  in  compara- 
tionem  venire,  seque  jactare  audeat  similis  beneficentiae  atque  operum  effectricem, 
„schamerfüllt  verstummen  muss  eine  gewisse  trügerische  und  eitle,  dem  Kreuze 
Christi  feindliche  Philosophie  dieser  Zeit,  wenn  sie  es  wagen  sollte,  sich  mit 
solchen  Helden  zu  vergleichen  und  sich  zu  rühmen,  dass  auch  sie  eine  ähnliche 
Wohlthätigkeit  und  ähnliche  Werke  bewirken  könne." 

2)  Die  ehrwürdige  Dienerin  Gottes  Maria  Anna  a  Jesu  De  Paredes 
wurde  am  7.  October  1850  selig  gesprochen.  Ihr  Seligsprechungsprocess  hatte 
im  Jahre  1776  mit  dem  Decret  Pius  VI.  vom  16.  April  begonnen,  welches 
ihre  Tugenden  für  heroisch  erklärte.  Am  14.  Januar  ,1847  bestätigte  Pius  IX. 
zwei  Wunder  und  am  17.  October  1850  erfolgte  das  Seligsprechungsdecret  mit 
der  Bewilligung,  ihre  Bildnisse  mit  dem  Heiligenschein  zu  schmücken  und  mit 
der  Gestattung  der  jährlichen  Messe  und  des  Officiums  de  communi  Virginum 
cum  Orationibus  proptriis  an  ihrem  Feste,  26.  Mai,  in  der  Stadt  und  Diöcese 
Quito.  Zum  Lobe  der  Seligen  heisst  es  in  dem  Seligsprechungsdecret,  dass  sie 
a  prima  aetate  castitatis  lilium  quum  devovisset  coelesti  sponso,  illud  assiduis  cor- 
poris cruciatihus  quasi  spinis  sepire  studuit ,  atque  ad  extremum  usque  spiritum 
conservavit  iVaesum^  „dass  sie  von  frühester  Jugend  an  die  Lilie  der  Keuschheit 
dem  himmlischen  Bräutigam  geweiht  hatte,  dieselbe  durch  fortwährende  Ab- 
tödtung  des  Leibes  so  zu  sagen  mit  Dornen  zu  umzäunen  sich  bemühte  und  sie 
bis  zu  dem  letzten  Athemzuge  ihres  Lebens  unverletzt  bewahrte."  ^) 

3)  Der  ehrwürdige  Diener  Gottes  Johannes  deBritto,  Professpriester 
aus  der  Gesellschaft  Jesu,  wurde  selig  gesprochen  am  18.  Mai  1852.  Schon 
im  Jahre  1738  Hess  Papst  Clemens  XII.  die  Einleitungen  zu  seiner  Selig- 
sprechung treffen  durch  die  Fesstellung  seines  Martyrertodes.  Aber  erst  im 
Jahre  1851   erfolgte   durch   Pius  IX.  das  Decret,    welches  sein  Martyrium  be- 


^)  Die  Selige  ist  am  30.  September  1618  in  der  Stadt  Quito  in  Südamerika 
von  vornehmen  Eltern  geboren.  Schon  in  ihrer  Kindheit  zeichnete  sie  sich  durch 
besonderen  Ernst,  Frömmigkeit,  Gebetseifer,  Andacht  zur  Mutter  Gottes,  grossen 
Abscheu  vor  der  Sünde  aus,  und  gab  ihren  Altersgenossinnen  das  Beispiel  aller  Tu- 
genden. In  ihrem  zehnten  Jahre  machte  sie,  ohne  einem  religiösen  Orden  anzugehören 
die  drei  Gelübde  der  Keuschheit,  der  Armuth  und  des  Gehorsams  und  hielt  sie  unver- 
brüchlich bis  an  ihr  Lebensende.  Sie  glühte  von  Liebe  zu  Gott  und  zu  den  Nächsten. 
Ein  besonderes  Mitleid  hatte  sie  mit  den  armen  Heiden,  wesshalb  sie  vor  Verlangen 
brannte,  nach  Japan  und  in  andere  heidnische  Länder  zu  gehen,  um  den  Ungläubigen 
das  Licht  des  wahren  Glaubens  zu  zeigen.  Als  sie  einst  das  Lob  dreier  Märtyrer  aus 
der  Gesellschaft  Jesu,  welche  in  Japan  für  den  christlichen  Glauben  ihr  Blut  vergossen 
hatten,  vernahm,  konnte  sie  ihr  Verlangen  nicht  länger  zurückhalten  und  machte  sich 
heimlich  auf  den  Weg  nach  Japan.  Da  sie  aber  ihr  Ziel  nicht  erreichen  konnte,  ergab 
sie  sich  in  den  Willen  Gottes  und  führte  in  ihrem  Hause  in  der  strengsten  Zurück- 
gezogenheit ein  Leben  voll  Fasten,  harten  Abtödtungen,  Gebet  und  Bussübungen.  Ins- 
besondere betrachtete  sie  unter  Strömen  von  Thränen  das  bittere  Leiden  Christi  und 
empfing  häufig  die  heil.  Communion.  Sie  starb  am  26.  Mai  1645  im  Alter  von  27  Jahren. 


Seligsprechungen.   Johannes  Britto.  Johannes  Grande.  35 

stätig'te,  worauf  dann  am  18.  Mai  1852  die  Seligsprechung  folgte,  damit,  wie 
es  in  dem  Seligsprechungsdecret  heisst,  fideles  in  hac  temporum  difficultate  novum 
habeant  christianae  fortitudinis  exem2)lum,  die  Gläubigen  in  diesen  schwierigen 
Zeiten  ein  neues  Beispiel  christlicher  Stand  haftigkeit  haben.  Gleichzeitig  be- 
willigte der  Papst  das  jährliche  Officium  und  die  Messe  de  communi  unius 
Martyris  cum  orationibus  propriis  am  Feste  des  Seligen,  11.  Februar,  für  die 
Diöcese  Lissabon  und  für  das  Apostolische  Vicariat  Madure  in  Ostindien,  sowie 
für  alle  Kirchen  der  Gesellschaft  Jesu.  Mit  Rücksicht  auf  den  Martyrertod  des 
S*eligen  heisst  es  in  dem  Seligsprechungsdecret:  Ita  homines  discunt,  Christum 
adhuc  in  Sanctis  suis  pugnare  et  vincere,  ac  fore  coronandttni  neminem,  nisi  qui 
legitime  ad  mortem  usque  certaverit,  „so  lernen  die  Menschen,  dass  Christus  noch 
in  seinen. Heiligen  lebt  und  siegt  und  dass  Niemand  gekrönt  werde,  wenn  er 
nicht  rechtmässig  bis  zum  Tode  gekämpft  habe."  ^) 

4)  Am  1.  October  1852  wurde  der  ehrwürdige  Johannes  Grande, 
mit  dem  von  ihm  selbst  angenommenen  Zunamen  „der  Sünder"  aus  dem  Orden 
der  barmherzigen  Brüder,  selig  gesprochen.  Pius  VI.  hatte  am  3.  Mai  1775 
das  Decret  über  den  heroischen  Grad_  der  Tugenden  des  ehrwürdigen  Dieners 
Gottes  erlassen.  Aber  erst  Pius  IX.  konnte  am  Dienstag  nach  Sexagesimae  des 
Jahres  1852  das  Decret  erlassen,  durch  welches  zwei  Wunder  bestätigt  wur- 
den, worauf  dann  am  1.  October  d.  J.  die  Seligsprechung  erfolgte,  ut  novum 
Christi  fidelibus  humilitatis  et  charitatis  exemplar  proponeretur,  um  (wie  es  in 
dem  Seligsprechungsdecret  heisst)  den  Christgläubigen  ein  neues  Muster  der 
Demuth  und  der  christlichen  Liebe  vorzustellen.  Zugleich  gestattete  der  Papst 
die  Messe  und  das  Officium  für  das  Fest  des  Seligen  am  4.  Juni  jeden  Jahres 
de  communi  confessoris  non  Pontificis  cum  orationibus  propriis,  jedoch  nur  für 
die  Diöcese  Sevilla  sowie  für  alle  Kirchen  und  Klöster  des  Ordens  der  barm- 
herzigen Brüder.  Zum  Lobe  des  Seligen  heisst  es  in  dem  Seligsprechungsdecret, 
er  sei  Ordinis  Sancti  Joannis  de  Deo  ornamentum  ac  decus ,  et  Patris  Legiferi 
sui   egregius    imitator ,    „die   Zierde   und    der  Schmuck    des  Ordens    des  heiligen 


')  Der  Selige  ist  im  Jahre  1747  zu  Lissabon  aus  edlem  Geschlechte  geboren  und 
wurde  unter  die  königlichen  Pagen  aufgenommen.  In  seinem  zwölften  Jahre  durch  die 
Hilfe  des  heil.  Franciscus  Xaverius  von  einer  schweren  Krankheit  geheilt,  gelobte  er 
nach  dem  Beispiele  dieses  Heiligen,  sich  ganz  dem  Seelenheile  der  Indier  zu  weihen. 
Mit  15  Jahren  verliess  er  den  Hof  und  trat  in  die  Gesellschaft  Jesu  ein.  Nach  been- 
digtem Noviziat  begab  er  sich,  noch  ehe  er  zum  Priester  geweiht  war,  mit  Erlaubniss 
der  Oberen  nach  Malabar  und  von  dort  nach  Madure,  wo  er  13  Jahre  lang  unter  den 
äussersten  Mühsalen  und  Beschwerden  viele  tausend  Menschen  zu  Christen  bekehrte, 
bis  ihn  endlich  der  heidnische  König  ins  Gefängniss  werfen  und  nach  schwerer  Züchti- 
gung aus  dem  Lande  weisen  liess.  So  musste  er  nach  Europa  zurückkehren;  aber  so 
bald  es  ihm  möglich  wurde,  begab  er  sich  aufs  neue  nach  Madure  und  arbeitete  wieder 
mit  allem  Eifer  an  der  Bekehrung  der  Einwohner.  Dabei  zeichnete  er  sich  durch  alle 
Tugenden  und  durch  eine  besondere  Andacht  zur  Mutter  Gottes  aus.  Aber  neuerdings 
wurde  er  ergriffen  und  auf  Befehl  des  Königs  enthauptet. 

3* 


3ß  Seligsprechungen.  Johannes   Grande.  Paul  vom  Kreuze. 

Johannes  von  Gott,  und  der  auserlesene  Nachahmer  seines  heiligen  Vaters  und 
Ordensstifters.*'  ^) 

5)  Der  ehrwürdige  Diener  Gottes  Paul  vom  Kreuz  e,  der  Stifter  der  neuen 
Congregation  zum  allerheiligsten  Kreuz  und  Leiden  unseres  Herrn  Jesu  Christi, 
wurde  ebenfalls  am  1.  October  1852  selig  gesprochen.  Pius  VII.  hat  am 
16.  Februar  1821  das  Decret  erlassen,  welches  seine  Tugenden  für  heroiscli 
erklärt,  und  Pius  IX.  hat  am  23.  Februar  1851  und  am  2.  August  1852  je 
ein  Wunder  desselben  bestätiget,  worauf  dann  am  1.  October  1852  die  Selig- 
sprechung erfolgte;  zugleich  gestattete  der  Papst  die  Messe  und  das  Officium 
de  communi  Confessoris  non  Portificis  cum  orationibus  propriis  für  das  Fest  des 
Seligen  am  16.  November,  jedoch  nur  für  Rom  und  seinen  Bezirk  und  für  die 
Kirchen  der  Congregation  zum  allerheiligsten  Kreuz  und  Leiden  unseres  Herrn 
Jesu  Christi.  Zum  Lobe  des  Seligen  heisst  es  in  dem  Seligsprechungsdecret, 
dass  er  debitam  ac  sahitarem  dominicae  passionis  memoi'iam  excitare  inter  homi- 
nes  adnisus  est  .  .  .  qui  nihil  scire  aliud  sibi  suisque  alumnis  proposuit,  nisi 
Jesuin  Christum,  et  hunc  Crucifixum,  quique  egregiis  virtutum  omamentis,  et  aposto- 
licis  laboribus  cathoHcam  illustravit  Ecclesiam,  bestrebt  war,  das  geziemende  und 
heilsame  Andenken  an  das  Leiden  des  Herrn  unter  den  Menschen  wachzurufen, 
dass  er  sich  und  seinen  Söhnen  nichts  Anderes  zu  wissen  vorstellte,  als  Jesuni 


*)  Johannes  Grande  war  am  6.  März  1546  zu  Carmon  in  Andalusien  geboren 
und  zeigte  schon  in  frühester  Jugend  eine  besondere  Heiligkeit,  insbesondere  glänzte  er 
durch  Reinheit  des  Herzens,  Demuth  und  Liebe  zu  den  Nothleidenden  heiTor.  Als  er 
15  Jahre  alt  war,  erlernte  er  nach  dem  Willen  seiner  Eltern  die  Handlung ;  später  aber 
verliess  er,  der  Stimme  seines  Berufes  folgend,  sein  Geschäft,  seine  Heimath  und  seine 
Eltern  und  zog  sich  in  eine  Einöde  zurück,  wo  er  dem  Gebete  und  Bussübungen  oblag. 
Als  er  hier  über  seine  künftige  Lebensweise  mit  sich  zu  Rathe  ging,  sendete  ihm  Gott 
zwei  arme  Kranke,  welchen  er  ein  Obdach  gewährte  und  sie  auf  jede  Weise  pflegte, 
wesshalb  bald  andere  Ki-anke  zu  ihm  kamen,  um  sich  von  ihm  pflegen  zu  lassen.  Später 
ging  er  in  das  öffentliche  Spital  von  Xeres,  wo  er  sich  ganz  dem  Dienste  der  Kranken 
weihte,  und  bald  darauf  wurde  ihm  in  derselben  Stadt  ein  neugegründetes  Ki'ankenhaus 
tibergeben,  wo  er  mit  mehreren  Genossen  die  Pflege  der  Kranken  versah.  Später  begal» 
er  sich,  durch  eine  göttliche  Stimme  ermahnt,  mit  seinen  Genossen  nach  Granada  und 
trat  in  den  neugegründeten  Orden  des  heiligen  Johannes  von  Gott.  Hier  übte  er  alle 
Tugenden  eines  Ordensmannes,  insbesondere  die  Keuschheit,  den  Gehorsam  und  die 
Demuth  in  ausgezeichneter  Weise.  Von  Jugend  auf  war  er  gewohnt,  sich  mit  Geissein, 
Ketten  und  Bussgürteln  zu  kasteien.  Als  Ordensmann  begnügte  er  sich  mit  schlechter 
und  kärglicher  Nahrung  und  fastete  mehrere  Tage  der  Woche.  Für  die  armen  Kianken 
bettelte  er  von  Haus  zu  Haus  und  pflegte  sie  auf  die  liebevollste  Weise.  Auch  ausser- 
halb der  Ki-ankenhäuser  sprang  er  Nothleidenden  aller  Art  in  ihren  geistlichen  und 
leibüchen  Bedürfnissen  bei.  Als  im  Jahre  1579  eine  grosse  Theuerung  und  Hungersnoth 
eintrat,  brachte  Johannes  eine  grosse  Menge  Getreide  zusammen,  um  die  Noth  der 
Armen  zu  stillen,  und  als  bald  darauf  die  Pest  in  der  Stadt  ausbrach,  war  Johannes 
überall,  um  die  Pestkranken  zu  pflegen,  und  was  er  da  leistete,  grenzt  ans  Wunderbare. 
Endlich  wurde  er  aber  selbst  von  der  Pest  ergriffen  und  starb  am  4.  Juni  16C0. 


Seligsprechungen.  Paul  vom  Kreuze.  Germana  Cousin.  37 

Christum,  und  diesen  als  den  G-ekreuzigten,  und  dass  er  durch  den  Schmuck 
auserlesener  Tugenden  und  apostolischer  Arbeiten  die  Kirche  verherrlichte.  ') 
C))  Am  1.  Juli  1853  wurde  die  ehrwürdige  Dienerin  Gottes  Germana 
(Jousin  selig  gesprochen.  Obwohl  sie  schon  im  Jahre  1601  gestorben,  konnte 
doch  ihr  Seligsprechungsprocess  wegen  der  in  Frankreich  eingetretenen  politi- 
schen Ereignisse  nicht  alsbald  eingeleitet  werden,  und  erst  Pius  IX.  war  es 
vorbehalten,  denselben  durchzuführen.  Am  8.  Juni  1850  veröffentlichte  er  das 
Beeret  über  den  heroische»  Grad  ihrer  Tugenden.  Am  10.  Mai  1853  bestätigte 
er  vier  Wunder  derselben,  worauf  dann  am  1.  Juli  desselben  Jahres  die  Selig- 
sprechung erfolgte.  Gleichzeitig  gestattete  der  Papst  das  Officium  und  die 
Messe  am  Feste  der  Seligen,  15.  Juni  jeden  Jahres,  de  communi  Virgitmm  cum 
orationihus  propriis  für  die  Diöcese  Toulouse,  in  welcher  sie  geboren  wurde. 
Das  Seligsprechungsdecret  sagt  zu  ihrem  Lobe :  Humüis  ac  siwplex  pnella  ohacuro 
loco  nata  verae,  ac  sincerae  religionis  cuUrix,  npiritn  sapientiae  et  intdlectus  divi- 
nlfuh-  auda  praeMantissimartim  exercitio  virtuhim  supra  conditionem  usque  adeo 
rxcellnit,  nt  ad  Ecdeslam  universam^  nedum  ad  GalUam,  nhi  ortum  duxit,  illn- 
mtrandam  novum  tarnquam  skhi^  effvU'wU.  „Die  demüthige  und  einfältige,  niedrig 
geborene  Jungfrau  zeichnete  sich  als  aufrichtige  Pflegerin  der  Eeligion  vom 
göttlichen  Geiste  der  Weisheit  und  des  Verstandes  erfüllt,  durch  die  Uebungen 

')  Der  selige  Paul  vom  Kreuze  ist  im  Jahre  1694  in  Ovade  in  der  Diöcese 
Aix  geboren.  Schon  in  seiner  frühesten  Jugend  zeichnete  er  sich  durch  seine  Tugenden 
aus,  floh  die  kindischen  Spiele,  betete  fleissig,  fastete  viel  und  spendete  reichlich  Almosen. 
Insbesondere  betrachtete  er  gerne  das  Leiden  Christi;  aus  Liebe  zur  Enthaltsamkeit 
schlug  er  glänzende  Heirathen  und  eine  reiche  Erbschaft  aus.  Da  er  immer  grössere 
Fortschritte  auf  dem  Wege  der  christlichen  Vollkommenheit  machte,  beschäftigte  er 
sich  mit  dem  Gedanken  der  Gründung  einer  neuen  religiösen  Genossenschaft  zur  Aus- 
breitung der  Ehre  Gottes.  Mit  der  Zustimmung  seines  Bischofs  bekleidete  er  sich  mit 
einem  groben  schwarzen  Gewand  und  ging  barfuss  und  barhaupt.  Auch  heftete  er  auf 
sein  Kleid  die  Leidenswerkzeuge  des  Herrn  und  bezog  eine  enge  Zelle,  wo  er  unter  un- 
ablässigem Gebete  und  strengen  Bussübungeu  die  Regeln  der  neuen  Genossenschaft  aus- 
arbeitete. Nachdem  er  mit  denselben  zu  Stande  gekommen  war,  begab  er  sich  nach 
Rom,  um  die  Bestätigung  des  Apostolischen  Stuhles  zu  erlangen;  da  er  sie  aber  nicht 
<:rhielt,  zog  er  sich  mit  seinem  Bruder  in  die  Einsamkeit  zurück  und  lebte  dort  zwei 
Jahre  unter  strengen  Bussübungeu  mit  den  Studien  der  lieiligen  Wissenschaften  be- 
schäftigt. Dann  kehrte  er  nach  Rom  zurück,  um  die  Bestätigung  seiner  Regel  zu  er- 
langen, und  legte  dort  so  glänzende  Proben  seines  heiligmässigen  Lebens  ab,  dass 
Papst  Benedikt  XIII.  ihn  sammt  seinem  Bruder  zu  Priestern  weihte,  und  Clemens 
XII.,  der  Nachfolger  Benedict  XIII.,  ihm  das  Amt  eines  Apostolischen  Missionärs 
übertrug.  Dann  gründete  er  im  Jahre  1737  das  erste  Haus  seiner  neuen  Congregation 
und  erlangte  von  Benedict  XIV.  und  Pius  VI.  die  Bestätigung  seiner  Regel. 
Bald  breitete  sich  die  neue  Congregation  so  sehr  aus,  dass  sie  mehrere  Häuser  zählte, 
und  der  ehrwürdige  Diener  Gottes  zu  ihrem  ersten  General-Oberen  ernannt  wurde. 
Trotz  der  vielen  Geschäfte,  welche  ihm  die  Leitung  seines  Ordens  und  die  Gründung 
neuer  Häuser  verursachte,  durchzog  er  mehrere  Diöcesen,  hielt  in  denselben  heilige  Mis- 
sionen und  bekehrte  viele  Sünder;  er  starb  am  16.  November  1775  im  Rom. 


3g  Seligsprechungen.  Germana  Cousin.  Andreas  Bobola. 

der  vorzüglichsten  Tugenden,  welche  weit  über  ihr  Alter  und  ihren  Stand 
gingen,  also  aus,  dass  sie  wie  ein  neuer  Stern  zur  Erleuchtung  der  ganzen 
Kirche  und  nicht  blos  Frankreich' s  wo  sie  geboren  ward,  glänzte."  ^) 

7)  Am  5.  Juli  1853  wurde  der  ehrwürdige  Andreas  Bobola,  Profess- 
priester aus  der  Gesellschaft  Jesu,  selig  gesprochen.  Der  Process  begann  unter 
Benedict  XIV.,  welcher  am  20.  Februar  1755  ein  Decret  erliess,  durch 
welches  der  Martyrertod  des  ehrwürdigen  Andreas  Bobola  für  bewiesen 
erklärt  und  die  Erlaubniss  ertheilt  wurde,  an  die  grüfung  der  vier  Wunder 
zu  gehen.  Gregor  XVI.  erliess  am  9.  Februar  1835  ein  Decret,  wodurch  ein 
Wunder,  nämlich  die  Unverwestheit  und  der  Wohlgeruch  des  Leichnams  des 
ehrwürdigen  Dieners  Gottes,  bestätiget  wurde. 

Pius  IX.  bestätigte  am  Feste  Christi  Himmelfahrt  1853  drei  Wunder, 
welche  Gott  durch  die  Fürbitte  des  ehrwürdigen  Andreas  Bobola  gewirkt 
hatte,  worauf  dann  am  5.  Juli  die  Seligsprechung  erfolgte,  ut  in  tarda  tempo- 
rwn  cUfficultate  atque  hostium  multitudine  novum  habeant  christifideles  exemplum, 
(juo  fortes  ad  certamcn  efficiantur  „damit,  wie  es  in  dem  Seligsprechungsdecrete 
heisst,  die  Christ  glaub  igen  in  diesen  schwierigen  Zeiten  ,  und  bei 


^)  Die  selige  Germana  Cousin  wurde  im  Jahi-e  1579  in  einer  kleinen  Stad.t  der 
Diöcese  Toulouse  in  Frankreich  von  armen  Eltern  geboren.  Noch  als  Kind  verlor  sie  ihre 
Mutter  und  wurde  durch  ihre  Stiefmutter,  weil  sie  an  Scropheln  litt,  aus  dem  väter- 
lichen Hause  vertrieben  und  musste  das  Vieh  hüten.  In  der  Einsamkeit  der  Felder  und 
des  Waldes  richtete  sie  ihre  Gedanken  auf  Gott,  und  ganz  von  seiner  Liebe  erfüllt,  betete 
sie  unablässig,  mochte  sie  nun  das  Vieh  hüten  oder  spinnen.  Jeden  Tag  besuchte  sie 
die  heil.  Messe,  mochte  auch  die  Kirche  noch  so  weit  entfernt,  der  Weg  dahin  noch  so 
beschwerlich  sein.  Sie  empfing  fleissig  die  heil.  Sacramente  und  verehrte  die  Mutter 
Gottes  als  ihre  eigene  Mutter.  Ihre  Nächstenliebe  war  so  gross,  dass  sie  nicht  nur  die 
Kinder  in  den  Geheimnissen  des  Glaubens  unterrichtete  und  sie  zur  Frömmigkeit  an- 
leitete, sondern  auch  ihr  kärgliches  Brod  mit  den  Armen  theilte,  um  ihren  Hunger  zu 
stillen.  Unbeschreiblich  war  ihre  Sanftmuth,  Geduld  und  Standhaftigkeit  in  Ertragung 
von  Hitze  und  Kälte  bei  dem  Geschäfte  des  Viehhütens,  in  Ertragung  der  Leiden  ihrer 
Krankheit  und  der  harten  und  lieblosen  Behandlung  ihrer  Stiefmutter,  welche  sie,  wenn 
sie  in  ihr  väterliches  Haus  kam,  in  einem  finsteren  Winkel  auf  halbverfaultem  Stroh 
schlafen  liess.  Sie  starb  22  Jahre  alt,  im  Rufe  der  Heiligkeit,  der  sich  nach  ihrem  Tode 
immer  mehr  verbreitete.  Vierzig  Jahre  nach  ihrem  Todie  fand  man  ihre  sterblichen  Ueber- 
reste  unverwest  und. wohlerhalten  und  mit  frischen  Blumen  bestreut.  Zu  diesem  Wunder 
kamen  viele  andere,  welche  an  dem  Grabe  der  Dieuerin  Gottes  gewirkt  wurden,  und  die 
erzbischöfliche  Curie  von  Toulouse  liess  eine  Untersuchung  sowohl  über  diese  Wunder 
als  über  ihren  Leichnam  anstellen.  Zwei  Augenzeugen,  welche  die  ehrwürdige  Germana 
im  Leben  gekannt  hatten,  bestätigten,  dass  dies  ihr  Leichnam  sei;  obwohl  242  Jahre 
verflossen,  ehe  der  Seligsprechungsprocess  angenommen  werden  konnte,  war  doch  die 
Ueberlieferung  von  den  Daten  und  Wundern  der  ehrwürdigen  G^rmana  in  ihrer  Heimath 
noch  ganz  lebendig  und  frisch,  denn  alle  Familien,  welche  zu  ihrer  Zeit  dort  gelebt 
hatten,  existiren  noch  heute  daselbst,  und  es  gibt  so  alte  Leute  unter  ihnen,  dass  die 
Ueberlieferung  mit  den  sichersten  Zeichen  und  Beweisen  der  Wahrheit  durch  drei  oder 
vier  Zeugen  bis  auf  unsere  Tage  gekommen  ist. 


Seligsprechungen.  Andreas  Bobola.  Johannes  Leonardi.  39 

solcher  Menge  der  Feinde  ein  neues  Beispiel  haben,  durch  wel- 
ches sie  zum  Kampfe  stark  gemacht  werden."  Gleichzeitig  gestattete 
der  Papst  das  Officium  und  die  Messe  de  commwii  unius  Martyris  cum  Orati- 
onibus  propriis  am  Feste  des  Seligen,  jedoch  nur  für  die  Diöcese  Zitomir 
und  für  die  Kirchen  und  Häuser  der  Gesellschaft  Jesu.  Zum  Lobe  des  Seligen 
heisst  es  in  dem  Seligsprechungsdecret :  Vitam  praedare  actam  et  animarum 
saluti  plane  deditam  mariyrio  conclusit.  Er  beschloss  sein  herrlich  zugebrachtes 
und  ganz  dem  Heile  der  Seele  geweihtes  Leben  mit  dem  Martyrertode.   ^) 

8)  Am  9.  Juli  1861  wurde  der  ehrwürdige  Diener  Gottes  Johannes. 
Leonardi,  Stifter  der  Congregation  der  regulären  Cleriker  von  der  Mutter 
Gottes,  selig,  gesprochen.  Der  Process  begann  unter  Benedict  XIV.,  welcher 
durch  ein  Beeret  vom  27.  December  1757  die  Tugenden  des  Seligen  für  heroisch 
erklärte.  Gregor  XVI.  erliess  am  26.  Januar  1832  ein  Decret  zur  Bestätigung 
eines  Wunders  und  Pins  IX.  bestätigte  mit  Decret  vom  5.  Februar  1861  das 
zweite  Wunder,  worauf  am  9.  Juli  die  Seligsprechung  erfolgte.  Zugleich  bewil- 
ligte der  Papst  das  jährliche  Officium  und  die  Messe  de  communi  Confessoris 
non  Pontificis  cum  orationihus  propriis  am  Feste  des  Seligen  für  die  Diöcese- 
Lugo,  für  die  Kirche  S.  Maria  in  Porticu  in  Eom,  und  für  alle  Kirchen  und 
Häuser  der  Congregation  der  regulären  Cleriker  von  der  Mutter  Gottes.  Zum 
Lobe  des  Seligen  heisst  es  in  dem  Seligsprechungsdecret:  Divinae  glorlae  pro- 
ferendae  flagrantissimus  Studium  illud  suum  non  mortalis  vitae  spatio  cohibuit, 
verum  ad  omnem  piosteritatem  propagavit,  instituta  regulari  Clericorum  familia, 
quae  suae  haeres  caritatis  et  Ecclesiae  rebus  pro  virili  parte  juvandis  et  sempi- 
ternae  proximorum  saluti  promovendae,  se  omnesque  suae  vitae    rationes    devoveret. 


^)  Der  ehrwürdige  Andreas  Bobola  wm'de  in  der  Provinz  Sandomir  in  Polen 
aus  einem  berühmten  in  Krieg  und  Frieden  ausgezeichneten  Geschlechte  geboren.  Schon 
in  frühester  Jugend  glänzte  er  durch  seine  Tugenden  und  durch  ein  besonderes  Streben 
nach  Heiligkeit  hervor.  19  Jahre  alt  trat  er  zu  Wilna  in  die  Gesellschaft  Jesu  ein  und 
übernahm  später  auf  den  Befehl  seiner  Obern  den  Unterricht  der  Jünglinge  in  den  Wissen- 
schaften, und  der  Knaben  in  den  Anfangsgründen  der  christlichen  Religion.  Als  er  Prie- 
ster geworden,  arbeitete  er  mit  unglaublicher  Anstrengung  an  dem  Heile  der  Seelen,  und 
weder  eine  drei  Jalire  hintereinander  wüthende  Pest,  noch  die  Schwierigkeit  der  Zeiten 
und  die  Drohungen  der  Feinde  verminderten  seinen  Eifer,  so  dass  er  allgemein  der  Seelen- 
jäger genannt  wurde.  Fremde  Völker,  Feinde  der  katholischen  Religion,  waren  damals 
in  Polen  eingedrungen  und  verfolgten  die  katholischen  Priester  mit  dem  t3ittersten  Hasse, 
nahmen  sie  gefangen  und  führten  sie  in  die  Sclaverei  oder  zum  Tode.  Andreas  hielt  damals 
heilige  Missionen  in  Lithauen  ab,  ohne  Furcht  vor  Verfolgungen  sah  er  vielmehr  mit 
Freuden  dem  sicheren  Martyrertod  entgegen  und  bereitete  sich  auf  denselben  durch  un- 
ablässiges Gebet,  durch  eifrige  Uebungen  aller  Tugenden  und  insbesondere  durch  seine 
Andacht  gegen  die  allerseligste  Jungfrau  vor.  Am  8.  Mai  1657  fiel  er  in  die  Hände  der 
Feinde,  welche  ihn  auf  alle  mögliche  Weise  marterten,  mit  Geiseln  schlugen,  mit  Schwer- 
tern stachen,  mit  Fackeln  brannten,  ihm  die  Adern  durchschnitten  und  ihn  halbtod  auf 
die  Strasse  warfen,  damit  er  dort  eines  langsamen  Todes  sterbe,  was  auch  geschehen 
wäre,  wenn  ihn  nicht  einer  der  Henker  mit  dem  Schwerte  vollends  getödtet  hätte, 


^Q  Seligsprechungen.  Johannes  Leonardi.  Petrus  Canisius. 

^Von  dem  Verlangen  nach  Ausbreitung  der  Ehre  Gottes  brennend,  beschränkte 
er  sein  Streben  nicht  auf  die  Dauer  seines  sterblichen  Lebens,  sondern  breitete 
sie  auf  die  ganze  Nachkommenschaft  aus,  indem  er  eine  reguläre  Clerikerfamilie 
gründete,  welche  als  Erbin  seiner  Liebe  sowohl  zur  Unterstützung  der  Kirche 
nach  ihren  besten  Kräften,  als  zur  Beförderung  des  Heiles  der  Nebeumens^hen 
ihr  ganzes  Dasein  weihen  sollte."  ^) 

9)  Am  2.-August  1864  mirde  der  ehrwürdige  Petrus  Canisius,  Profess- 
priester der  Gesellschaft  Jesu,  selig  gesprochen.  Schon  im  Jahre  1730  wurde 
der  Seligsprechungsprocess  in  Rom  begonnen,  aber  durch  die  Ungunst  der  fol- 


*)  Der  selige  Johannes  Leonardi  wurde  in  einer  kleinen  Stadt  unweit  Lii^o 
geboren  und  zeichnete  sich  schon  in  frühester  Jugend  durch  seine  besondere  Liebe 
zum  Gebet  und  zur  Einsamkeit  aus.  Als  er  26  Jahre  alt  war,  verliess  er.  einem  gött- 
lichen Rufe  folgend,  das  Handwerk,  welchem  er  sich  auf  den  Wunsch  seines  Vaters  scbou 
lange  gewidmet  hatte,  um  sich  dem  Dienste  der  Kii'che  zu  weihen,  und  obwohl  er  schon 
erwachsen  war,  schämte  er  sich  doch  nicht,  unter  den  Schulknaben  zu  sitzen  und  die 
lateinische  Grammatik  zu  lernen.  Dann  widmete  er  sich  den  philosophischen  und  theo- 
logischen Wissenschaften  und  machte  solche  Fortschritte  in  denselben,  dass  er  nach  Ver- 
fluss  von  kaum  4  Jahren  zum  Empfang  der  heiligen  Weihen  tauglich  erklärt  wurde. 
In  seiner  Demuth  wollte  er  die  Priesterwürde  ablehnen,  nahm  sie  aber  auf  den  Befehl 
seiner  Gewissensleiter  an,  und  feierte  im  Jahre  1523  die  erste  Jieil.  Messe.  Als  Priester 
war  er  unermüdlich  im  Unterrichte  der  Jugend  und  in  der  Sorge  für  das  Seelenheil  des 
Nächsten.  Bald  gesellten  sich  zu  ihm  vier  junge  Leute,  welche  ihm  in  seinen  priester- 
Uchen  Bemühungen  beistanden  und  mit  deren  Hilfe  er  später  die  religiöse  Genossen- 
schaft der  Cleriker  von  der  allerseligsten  Mutter  Gottes  gründete.  Diese  Genossenschaft 
brachte  bald,  im  Geiste  ihres  Stifters  wirkend,  reichliche  Früchte,  so  dass  in  der  Stadt 
Lugo,  in  welcher  Bürgerzwist  und  grosse  Sittenverderbniss  herrschten,  in  kurzer  Zeit 
eine  erfreuliche  Umwandlung  bemerkbar  war.  Allein  der  Feind  alles  Guten  bereitete  der 
neuen  Gesellschaft  eine  schwere  Verfolgung.  Johannes  und  seine  Genossen  wurden  auf 
Anstiften  einiger  Vornehmen  fälschlich  angeklagt,  ihres  Lebensniiterlialtes  beraubt  und  aus 
ihren  Häusern  vertrieben.  Aber  Johannes  verlor  den  Muth  nicht,  und  als  der  Sturm 
sich  später  wieder  legte,  wurde  er  vom  Papst  Gregor  XVI.  gütig  aufgenommen  und  er- 
langte vom  ihm  die  Bestätigung  der  neuen  CongTegation,  Da  man  seine  Geschicklichkeit 
und  Gewissenhaftigkeit  in  der  Beilegung  schwieriger  Angelegen]ieiten  kannte,  verwen- 
deten ihn  mehrere  Bischöfe  zur  Schlichtung  der  Angelegenheiten  der  Kirche;  der  Papst 
übertrug  ihm  die  Schlichtung  einer  höchst  schwierigen  Frage  zwischen  dem  Bischöfe 
von  Nola  und  einem  neapolitanischen  Vornehmen,  und  die  Reformation  einiger  Ordens- 
familien. Er  stiftete  eine  besondere  Genossenschaft  mit  der  Aufgabe,  das  Volk  in  den 
Vorschriften  des  Glaubens  zu  unterrichten.  Gar  sehr  lag  ihm  das  traurige  Los  der 
Heiden  am  Herzen  und  er  sehnte  sich,  ihnen  das  Evangelium  zu  predigen ;  da  ihm  abei- 
der  heilige  Philippus  Neri  sagte,  er  und  seine  Congregation  haben  den  Beruf,  in 
Italien  zu  wirken,  wollte  er  wenigstens  etwas  für  die  Ungläubigen  thun  und  stiftete 
daher  einen  Priester- Verein ,  dessen  einzige  Aufgabe  war,  junge  Leute  zu  unter- 
richten, um  sie  in  entfernte  Länder  zu  Ausbreitung  des  Glaubens  zu  senden,  uud 
legte  so  den  Grund  zu  dem  weltberühmten  Institut  der  Propaganda  fidei.  Er  starb, 
von  den  Mühen  seiner  apostolischen  Wirksamkeit  erschöpft,  zu  Rom  im  Rufe  der  Heili^^- 
keit,  welcher  durch  wunderbare  Heilungen  von  Krankheiten  nach  seinein  Tode  noch 
vermehrt  wurde. 


Seligsprechungen.  Petrus  Canisius.  41 

genden  Zeiten  wieder  unterbrochen,  und  erst  Gregor  XVI.  konnte  am  28.  Jän- 
ner 1844  erklären,  dass  die  Tugenden  des  Petrus  Canisius  den  heroischen  Grad 
erreicht  haben.  Pius  IX.  bestätigte  durch  ein  Beeret  vom  17.  April  1864  die 
Wahrheit*  von  vier  Wundern,  worauf  die  Seligsprechung  erfolgte ;  tit  in  tanta 
tomporum  iniquitafr,  qua  impiorum  armis  Ecclesia  Del  vehementer  oppugnatur, 
liobeant  fideles  in  hoc  aeerrlmo  Cntholicae  fidei  i'indice  Ivcidenhim  prae  ocidis 
Exemplar,  qvod  imitenhir  in  cvstodiendo  pretioso  fidel  thesatiro,  sine  qna  obtineri 
'feterna  salus  nequit,  „damit,  wie  es  in  dem  Seligsprechungsdecret  heisst,  die 
Gläubigen  in  so  schlimmen  Zeiten,  wo  die  Kirche  Gottes  durch  die  Waffen  der 
Gottlosen  gewaltig  bekämpft  wdrd,  in  diesem  so  thatkräftigen  Vertheidiger  des 
katholischen  Glaubens  ein  hellleuchtendes  Beispiel  vor  Augen  haben,  das  sie 
in  Bewahrung  des  kostbaren  Glaubensschatzes,  ohne  den  das  ewige  Heil  nicht 
erlangt  werden  kann,  nachahmen  mögen."  Zugleich  gestattete  der  Papst  die 
Messe  und  das  Officium  de  communi  Confessoris  nofi  Pontificis  cum  oratioiiibtis 
propriis  am  Feste  des  Seligen.  27.  April  jeden  Jahres,  jedoch  nur  in  den 
Diöcesen  Utrecht  und  Lausanne  und  in  den  Kirchen  und  Häusern  der  Gesell- 
schaft Jesu.  ^) 


*)  Der  selige  Petrus  Canisius  wurde  im  Jahre  1521  zu  Njmwegen  in  Belgien  aus 
einem  edlen  Geschlechte  geboren,  studirte  in  Köln  und  Löwen  und  bekämpfte  an  dieser 
Universität  den  Irrthum  durch  öffentliche  Vorträge.  Er  war  der  Erste  in  Deutschland, 
welcher  in  die  neugegründete  Gesellschaft  Jesu  trat;  zum  Priester  geweiht,  widmete 
er  sich  ganz  und  gar  der  Vertheidigung  der  Kirche.  Als  Gesandter  des  Volkes  und 
des  Clerus  von  Cöln  setzte  er  beim  Kaiser  Karl  V.  und  dem  Bischof  zu  Lüttich  die 
Absetzung  des  Erzbischofs  von  Köln  durch ,  welcher  mehrere  Irrlehrer  nach  Köln  be- 
rufen hatte.  Als  er  kaum  26  Jahre  alt  war,  sandte  ihn  der  Cardinal  Otto  Truch- 
sess,  Bischof  von  Augsburg,  als  seinen  Theologen  zum  Kirchenrath  von  Trient.  Später 
vom  heil.  Ignatius  nach  Kom  berufen ,  ging  er  auf  dessen  Geheiss  nach  Messina  und 
lehrte  dort  die  schönen  Wissenschaften.  Ein  .lahr  später  nach  Deutschland  zurück- 
gekehrt, kam  er  zuerst  nach  Ingolstadt,  dann  nach  Wien  und  arbeitete  unermüdet 
durch  Wort  und  Beispiel  an  der  Heilung  der  vielen  und  schweren  Wunden,  welche  die 
Irrlehrer  der  Keligion  geschlagen  hatten,  denn  er  fand  die  Sitten  des  Volkes  verderbt, 
die  Zucht  unter  den  Dienern  der  Kirche  verfallen,  die  Pflege  der  Gotteshäuser  ver- 
nachlässigt, den  Empfang  der  Sakramente  ausser  Gebrauch,  die  meisten  Pfarreien  ihrer 
Hirten  beraubt.  Besonders  oesorgt  war  er  für  die  Erneuerung  des  Studien wesens ;  auch 
verfasste  er  seinen  berühmten  Katechismus.  Er  machte  innerhalb  mehr  als  50  Jahren 
zahllose  und  lange  Reisen  und  durchwanderte  Polen,  Franken,  Baiern,  Böhmen  und 
beinahe  ganz  Deutschland  in  Religionsangelegenheiten.  Auf  den  Reichstagen  zu  Regens- 
burg, Petrikau  und  Augsburg  wirkte  er  mit  Erfolg  gegen  die  Irrlehrer.  In  dem  be- 
rühmten Religionsgespräche  zu  Worms  brachte  er  die  Lehrer  des  Irrthums  zum  Still- 
schweigen, durch  gelehrte  Werke  widerlegte  er  die  Verleumdungen  der  Centuriatoren 
von  Magdeburg ;  der  heil.  Ignatius  machte  ihn  zum  ersten  Provinzial  der  Gesellschaft 
.fesu  in  Deutschland;  er  errichtete  überall  Collegien  für  den  Unterricht  der  Jugend 
und  veranlasste  die  Gründung  eines  deutschen  Coliegiums  in  Rom.  Die  Päpste  über- 
trugen ihm  mehrere  sehr  schwierige  Aufträge,  die  er  alle  glücklich  ausführte,  nament- 
lich reiste  er  als  päpstlicher  Gesandter  Pius  IV.  zu  den  Bischöfen  und  Fürsten  Deutsch- 


42  Seligsprechungen.  Maria  Margaretha  Alacoque. 

10)  Am  19.  August  1864  wurde  die  ehrwürdige  Margaretha  Maria 
Alacoque,  Professschwester  aus  dem  Orden  der  Heimsuchung  Mariens,  selig 
gesprochen.  Wegen  ungünstiger  Zeit  Verhältnisse  konnte  der  Seligsprechungs- 
process  in    Rom   erst   unter   dem  Pontificate   Pius  IX.  beginnen,    welcher   am 

23.  August  1856   ihre    Tugenden   für   heroisch   erklärte   und   mit   Decret   vom 

24.  April  die  Wunder  bestätigte,  worauf  die  Seligsprechung  erfolgte.  Zugleich 
gestattete  der  Papst  das  Officium  uud  die  Messe  de  communl  Virginum  cum 
orationibus  propriis  am  Feste  der  Seligen,  17.  October  jeden  Jahres,  jedoch  nur 
für  die  Diöcese  Autun  und  die  Kirchen  und  Häuser  des  Ordens  von  Maria  Heim- 
suchung. Die  selige  Maria  Margaretha  ist  die  Stifterin  der  Andacht  zum 
heiligsten  Herzen  Jesu,  darum  heisst  es  in  dem  Seligsprechungsdecret  zu  ihrem 
Lobe,    der  Erlöser  habe  sich  gewürdigt,    sie  ad  tarn  salutarem  ac    debitum  pie- 

tatis    cultum    instituendum ,    lateque    inter  homines  propagandum  eligere quae 

quidem  et  innocentia  vitae  et  assidua  virtutum  omnium  exercitatione  tanto  officio 
ac  muneri,  divind  adjuvante  gratia,  se  dignam  j^f'obavlt  „  zur  Einführung  und  Aus- 
breitung einer  so  heilsamen  und  geziemenden  Uebung  der  Frömmigkeit  unter 
den  Menschen  auszuwählen,  da  sie  durch  die  Unschuld  ihres  Lebens  und  durch 
die  unablässige  Uebung  aller  Tugenden  sich  solcher  Aufgabe  und  solchen  Amtes 
unter  dem  Beistande  der  göttlichen  G-nade  würdig  erwies."  ^) 


lands,  um  die  Veröffentlichung  und  Durchführung  der  Beschlüsse  des  Concils  von  Trient 
zu  betreiben.  Von  den  Mühen  und  Arbeiten  des  Tages  erschöpft,  verwendete  er  noch 
einen  grossen  Theil  der  Nacht  auf  das  Gebet.  Seine  Demuth  war  so  gross,  dass  er  durch 
aus  nicht  zu  bewegen  war,  das  vom  Kaiser  Ferdinand  wiederholt  ihm  angetragene 
Bisthum  von  Wien  anzunehmen,  und  nur  aus  Gehorsam  gegen  den  Papst  übernahm  er 
auf  ein  Jahr  die  Verwaltung  jener  Diöcese.  Sein  ganzes  Leben  war  dem  Dienste  des 
heil.  Stuhles  geweiht;  die  Tugenden  des  Gehorsams  und  der  Keuschheit  übte  er  in 
einem  ausgezeichneten  Grade.  Er  starb  zu  Freiburg  in  der  Schweiz,  wohin  er  zuletzt 
gesendet  worden  war  und  wo  er  noch  Vieles  und  Grosses  wirkte,  vom  Alter  und  von 
schweren  Arbeiten  gebrochen,  im  Jahre  1597,  77  Jahre  alt,  sanft  im  Kusse  des  Herrn. 
1)  Die  selige  Margaretha  Maria,  geboren  den  22.  Juli  1647  zu  Lauthecourt 
in  der  Pfarre  Veroure  des  Bisthums  Autun,  zeichnete  sich  fast  schon  von  der  Wiege 
durch  eine  so  tiefe  und  glühende  Liebe  zu  Gott  aus,  dass  ihre  Eltern,  da  sie  erst  zwei 
bis  drei  Jahre  alt  war,  sie  nur  zu  erinnern  brauchten,  es  sei  etwas  eine  Sünde,  um  zu 
bewirken,  dass  sie  allen  ihren  kleineren  minder  guten  Neigungen  entsagte.  Ihr  liebster 
Aufenthalt  war  in  der  Kirche  vor  dem  allerheiligsten  Sakramente,  vor  dem  sie  stunden- 
lang unbeweglich  im  Gebete  kniete.  Aus  Liebe  zur  Mutter  Gottes  gelobte  sie  schon 
als  Kind  dem  Herrn  ewige  Jungfräulichkeit  und  wurde  durch  die  Hilfe  Mariens  von 
einer  schmerzlichen  Nervenlähmung  geheilt,  an  der  seit  vier  Jahren  alle  ärztliche 
Kunst  gescheitert  war.  Schon  als  Kind  nahm  sie  Bussübungen  auf  sich,  die  auch 
strengen  Büssern  hart  geschienen  hätten.  Im  Alter  von  26  Jahren  trat  sie  nach  Ueber- 
windmig  vieler  Schwierigkeiten  in  das  Kloster  der  Heimsuchung  Maria's  zu  Paray  le 
Monial,  einer  kleinen  Stadt  des  Bisthums  Autun.  Dort  wurde  sie  durch  die  genaue 
Beobachtung  der  heiligen  Regel  auch  im  Kleinsten,  durch  ihren  heldenmässigen  Gehor- 
sam, durch  ihre  Geduld  in  ihren  oft  übermenschlichen  inneren  und  äusseren  Leiden 
und  durch  ihre  unüberwindliche  Demuth  und  Sanftmuth,   mit  welcher  sie  die  mannig- 


Sonstige  Cultus- Angelegenheiten.  Loretto-Kirchen.  43 

So  hat  also  Pins  IX.  siebenundzwanzig  Heiligen  und  zehn  Seligen  die 
Ehre  der  Altäre  zuerkannt.  Unter  den  Heiliggesprochenen  befindet  sich  ausser 
den  sechsundzwanzig  japanesischen  Märtyrern,  von  welchen  dreiundzwanzig  dem 
Orden  des  heiligen  Franciscus  und  drei  der  Gesellschaft  Jesu  angehören,  ein 
Bekenner  aus  dem  Orden  der  Trinitarier.  von  der  Loskaufung  der  Gefangenen. 
Unter  den  Seliggesprochenen  befinden  sich  vier  Professpriester  aus  der  Gesell- 
schaft Jesu  (zwei  Märtyrer  und  zwei  Bekenner),  zwei  Ordensstifter  und  ein 
Professmitglied  der  barmherzigen  Brüder  (Bekenner)  und  drei  selige  Jungfrauen, 
von  welchen  zwei  im  Welt-  und  eine  im  Ordensstande  lebten. 

Sonstige  Ciiltus- Angelegenheiten. 

A.  Einverleibung  der  Loretto-Kirchen  und  Capellen  in  das 
heilige  Haus  von  Loretto. 

Durch  ein  Breve  vom  26.  August  1852  hat  Pius  IX.  auf  die  Bitte  des 
Cardinais  Antonelli,  Präfecten  der  lauretanischen  Congregation  Motu  proprio  et 
ex  certa  scientia,  deque  Apostolicae  potestatis  plenitudine,  die  dem  Hause  von 
Loretto  von  seinen  Vorgängern  verliehenen  Ablässe  und  sonstigen  geistlichen 
Gnaden  bestätiget  und  der  erwähnten  Congregation  so  wie  ihrem  jeweiligen 
Präfecten  die  Bewilligung  ertheilt,  quascumque  Ecclesias  et  Oratoria  tarn  erecta 
quam  erigenda  in  quibusvis  Civitatibus  etLocis  quortimlibet  Ordinariorum  jurisdictione 
subjectis  extantia  relatae  Sacrae  Aedi  Lauretanae  aggregandi,  et  ad  Spiritualium 
dumtaxat  ejusdem  augustissimae  Domus  privilegiorum  societatem  et  communionem 
admittendi  et  recipiendi  „alle  Kirchen  und  Capellen,  sowohl  bereits  erbaute,  als 
künftig  zu  erbauende,  in  allen  Städten  und  Orten  unter  der  Jurisdiction  was 
immer  für  eines  Bischofs  dem  heiligen  Haus  von  Loretto  einzuverleiben  und 
in  die  Genossenschaft  und  Gemeinschaft  der  geistlichen  Privilegien  jenes  ehr- 
würdigen Hauses  zuzulassen  und  aufzunehmen. "  Jedoch  darf  in  jeder  Stadt  und 
an  jedem  Orte  nur  Eine  solche  Kirche  oder  Capelle  dem  Hause  von.  Loretto 
einverleibt  werden.  Auch  darf  es  keine  Klosterkirche  und  keine  einem  Kloster, 
einer  Anstalt,  einer  Erzbruderschaft  und  Congregation  einverleibte  oder  ange- 
hörige  Kirche  sein.  Wo  es  ganz  besondere  Umstände  erfordern,  erhält  die 
erwähnte  Congregation  die  Bewilligung,  in  einer  und  derselben  Stadt  zwei 
Kirchen  oder  Capellen  in  die  Gemeinschaft  der  erwähnten  Ablässe  aufzunehmen. 
Der    Papst    selbst    aber    ertheilt    allen    Christgläubigen    beiderlei    Geschlechts, 


fachsten,  bittersten  Verkennungen,  Verachtungen  und  Verfolgungen  hinnahm,  die  Be- 
wunderung Aller.  Besonders  viel  niusste  sie  leiden,  nachdem  ihr  der  Herr,  da  sie  einst 
vor  dem  heiligsten  Sakramente  7at  ihm  betete,  die  Einführung  der  Andacht  zu  seinem 
heiligsten  Herzen  aufgetragen  hatte,  was  ihr  erst  nach  Ueberwindung  unsäglicher 
Schwierigkeiten  gelang.  Sie  starb,  nachdem  sie  ihren  Tod  gegen  alle  menschliche 
Wahrscheinlichkeit,  ja  selbst  gegen  das  Urtheil  der  Aerzte,  vorausgesagt  hatte,  am 
17.  October  1690^  45  Jahre  alt,  den  Tod  der  Heiligen. 


44     I^i^  Kapelle  ad  Sancta  SanctoniTn.  Wiederherstellung  der  römischen  Litiugio. 

welche  nach  würdigem  Empfang  der  heiligen  Sakramente  der  Busse  und  de^ 
Altars  eine  solche  Kirche  andächtig  besuchen,  am  Feste  Christi  Geburt,  ferner 
an  dem  Feste  Maria  Empfängniss,  Geburt  und  Verkündigung,  sowie  am  Feste 
der  TJebertragung  des  heiligen  Hauses  nach  Italien  unter  den  gewöhnlichen 
Bedingungen  einen  vollkommenen  Ablass,  welcher  auch  den  armen  Seelen  zu- 
gewendet werden  kann.  An  andern  Festen  des  Herrn  und  der  Mutter  Gottes 
aber,  so  wie  an  den  Festen  der  heiligen  Anna  und  des  heiligen  .Tosef  einen 
Ablass  von  sieben  Jahren  und  sieben  Quadragenen. 

B.  Die  Obhut  der  Kapelle  ad  Sancta  Sanctorum  und  der  Scaiae 
Sanctae  den  unbeschuhten   Clerikern    vom   Kreuz    und  Leiden 

Jesu  Christi  übertragen. 

Durch  Breve  vom  24.  Februar  1853  hat  Pius  IX.  die  Capelle  in  Rom. 
ad  Sancta  Sanctorum  genannt,  in  welcher  ein  uraltes  Bild  des  Erlösers  verehrt  wird, 
und  die  Kirche  ad  Scalas  Sanctas  (zu  der  heiligen  Stiege,  welche  zum  Eicht- 
hause  des  Pilatus  führte  und  später  nach  Rom  gebracht  wurde)  der  Obhut  der  Con- 
gregation  der  unbeschuhten  Cleriker  vom  heiligsten  Kreuz  und  Leiden  unseres  Herrn 
Jesu  Christi  übergeben,  weil,  wie  es  in  dem  erwähnten  Breve  heisst,  der  Hauptzweck 
dieser  Congregation  der  ist,  das  Volk  in  der  andächtigen  Betrachtung  des  Lei- 
dens und  Sterbens  des  Erlösers  zu  unterweisen,  aus  welcher  wie  aus  einer 
Quelle  alles  Gute  hervorgeht.  Die  erwähnte  .Congregation  hat  den  Gottesdienst 
in  diesen  Kirchen  zu  besorgen ,  die  Sakramente  zu  spenden ,  das  Wort  Gotte?^ 
zu  predigen  und  die  Gläubigen  zur  andächtigen  Verehrung  und  Betrachtung 
des  Leidens  Christi  anzuleiten.  Der  Papst  hat  ihr  deshalb  ein  eigenes  Haus  an 
die  erwähnten  Kirchen  anbauen  lassen. 

C.  Wiederherstellung   der  römischen  Liturgie  in  Frankreich. 

In  dem  Apostolischen  Schreiben  vom  21.  März  1853  an  den  französischen 
Episcopat  drückt  Pius  IX.  seine  besondere  Freude  aus,  über  die  Wiederherstel- 
lung der  römischen  Liturgie  in  den  meisten  Diöcesen  Frankreichs,  womit  seinem 
Wunsche  entsprochen  worden  sei,  und  in  dem  Breve  vom  17.  März  1864  an 
den  Erzbischof  von  Lyon,  welcher  im  Einvernehmen  mit  dem  Papste  gegen  den 
Widerspruch  eines  Theils  der  Geistlichkeit  seiner  Diöcese  die  alte  Liturgie  der 
Kirche  von  Lyon  von  allen  Neuerungen  gereinigt  und  das  römische  Brevier  und 
Missale  eingeführt  hatte,  erklärt  der  Papst,  um  die  Sache  zu  einem  seinen  und 
des  Erzbischofs  Wünschen  entsprechenden  Ende  zu  führen,  volumus,  praeeqnmus 
H  mandamus,  ut  vehdi  fuit  constitutum,  in  Lugdimensem  Dloeceslm  Romanum  Mis- 
sale, et  Breviarinnt  sensim  inducatur ,  nt  scilicet  ii  omnes,  qui  in  posterum  sacro 
Subdiaconatiis  Ordine  rite  fuerint  initiati,  teneantur  et  canonicas  Jwras  recitare  juxta 
Romanum  Breviarium,  et  illa  Sanctorum  oficia  a  Te  confecta  et  a  Nostra  Sacro- 
rum  Rituum    Congreyatione  appmhato,  ei  Romanum  etiam   Missale  cedoptare.     Con' 


Die  abgeschafften  Feiertage.  46 

cedimus  autem  et  indulgemus,  ut  antiqua  Lugdunensis  Eccleslae  Liturgia  ah  Om- 
nibus novitatibus  emendata  ad  modum  et  forniam,  quae  ab  eadem  Nostra  Sacroruvt 
Ritum  Congregatione  fuit  sancita,  futuris  quoque  temporibus  licite  ac  libere  liossii 
servari.  „Wir  wollen,  schreiben  vor  und  befehlen,  dass,  wie  es  angeordnet  wurde, 
in  der  Diöcese  Lyon  das  römische  Missale  und  Brevier  allmählig  eingeführt  werde, 
so  dass  alle  die,  welche  künftig  die  heilige  Weihe  des  Subdiakonats  empfangen, 
gehalten  sein  sollen,  die  kanonischen  Tagzeiten  nach  dem  römischen  Brevier  zu 
beten  und  die  von  Dir  verfassten  und  von  Unserer  Congregation  der  heil.  Eiten 
gutgeheissenen  Officien  der  Heiligen,  so  wie  auch  das  römische  Missale  anzu- 
nehmen. Wir  bewilligen  und  gestatten  auch,  dass  die  von  allen  Neuerungen  ge- 
reinigte alte  Liturgie  der  Kirche  von  Lyon  in  der  Form  und  Weise,  wie  sie  von 
Unserer  Congregation  der  heil.  Kiten  bestätigt  worden  ist,  auch  künftig  erlaubter 
Weise  und  ungehindert  beibehalten  werden  kann." 

D.  Wiederherstellung   der  kirchlichen  Feier  der   sogenannten 
abgeschafften  Feiertage. 

Als  die  Päpste  auf  die  Bitten  verschiedener  Bischöfe  die  Zahl  der  gebo- 
tenen Festtage  verminderten  und  das  Volk  von  dem  Besuch  der  Messe  an  die- 
sen Tagen  dispensirten,  glaubten  die  Pfarrer  in  manchen  Ländern,  sie  seien  an 
diesen  Tagen  auch  von  der  Verpflichtung  befreit,  die  heil.  Messe  für  das  Volk 
darzubringen,  und  es  wurde  in  jenen  Ländern  Gewohnheit,  die  Darbringung  des 
Messopfers  für  das  Volk  zu  unterlassen.  In  einem  Breve  vom  3.  Mai  1858 
erklärt  nun  Pius  IX.  diesen  Gebrauch  für  einen  Missbrauch  und  verpflichtet  die 
Pfarrer,  auch  an  den  abgeschafften  Festtagen  die  Messe  für  das  Volk  darzubrin- 
gen mit  den  Worten: 

Declaramus,  statu imus  atque  decernimus,  pa7'ochos,  aliosque  omnes  animarum 
üuram  actu  gereutes  sacrosanctum  Missae  sacrificium  pro  popido  sibi  commisso  cele- 
brare,  et  appMcare  debere  tum  omnibus  Dominicis,  aliisque  diebus,  qui  ex  praecepto 
udhuc  servantxir  tum  Ulis  etiam ,  qui  ex  hnjus  ApostoUcae  Sedis  indulgentia  ex 
dierum  de  praecepto  festorum  numero  stiblati,  ac  translati  sunt.  „Wir  erklären, 
verordnen  und  beschliessen,  dass  die  Pfarrer  und  alle  andern  wirklichen  Seel- 
sorger sowohl  an  allen  Sonntagen  und  gebotenen  Festtagen,  als  auch  an  jenen 
Tagen,  welche  durch  die  Nachsicht  dieses  Apostolischen  Stuhles  aus  der  Zahl 
der  gebotenen  Festtage  gestrichen  und  übertragen  worden  sind,  das  hochheilige 
Messopfer  für  das  ihnen  anvertraute  Volk  feiern  und  appliciren  müssen." 

Wenn  jedoch  ein  ehemals  gebotener  Festtag  auf  einen  Sonntag  übertragen 
wurde,  ist  es  den  Pfarrern  erlaubt,  nur  eine  Messe  für  das  Volk  zu  appliciren. 
Seelsorger,  welche  in  dieser  Beziehung  einen  besondern  Indult  vom  heil.  Stuhle 
erhalten  haben,  können  sich  desselben  unter  den  im  Indult  ausdrücklich  er- 
wähnten Bedingungen  auch  ferner  bedienen,  so  lange  sie  in  derselben  Pfarrei 
bleiben,  für  welche  sie  den  Indult  erhalten  haben. 


4(3  Sonstige  Cultus-Angelegenheiten.    Gesetzgebende  Thätigkeit. 

E.   Neues    Officium    und    neue  Messe    für  das  Fest  der  unbe- 
fleckten E  mp  fängniss. 

Mit  dem  Apostolischen  Schreiben  vom  25.  September  1863  hat  der  Papst 
ein  neues  Officium  und  eine  neue  Messe  für  das  Fest  der  unbefleckten  Empfäng- 
niss  angeordnet.  (Siehe  dogmatische  Entscheidung  der  unbeflekten  Empfängniss 
Maria.) 

F.  Jubiläen. 

Pius  IX.  hat  fünf  Jubiläen  ausgeschrieben,  das  erste  am  20.  November 
1846  auf  die  Dauer  von  drei  Wochen ;  das  zweite  am  21.  November  1851  auf 
die  Dauer  eines  Monats;  das  dritte  am  I.August  1854  auf  die  Dauer  von 
drei  Monaten;  das  vierte  am  25.  September  1857  auf  die  Dauer  eines  Monats; 
und  das  fünfte  am  8.  December  1864  ebenfalls  auf  die  Dauer  eines  Monats 
in  derselben  Form  wie  das  Jubiläum  vom  20.  November  1846. 

F.  Gesetzgebende  (Discipl(iiar-)  Thätigkeit  des  Papstes. 

In  dieser  Richtung  ist  zuerst  wieder  die  Encyclica  vom  8.  December  1864 
mit  dem  Syllabus  zu  nennen,  durch  welche  den  Gläubigen  das  Gesetz  des  Den- 
kens und  des  Handelns,  des  Glaubens  und  des  Lebens  vorgezeichnet  wird.  Ferner 
gehören  hieher  alle  Acte  des  Papstes,  durch  welche  etwas  zum  allgemeinen  Ge- 
setz der  Kirche  erhoben  oder  als  Norm  für  einzelne  Kirchen  und  Stände  der 
Kirche  aufgestellt  wird,  so  wie  alle  Acte,  welche  sich  auf  die  allgemeine  Kir- 
chenzucht und  auf  die  Disciplin  der  geistlichen  Orden  beziehen. 

Wiederherstellung  der  Ordenszucht. 

In  der  letzten  Richtung  ist  zunächst  die  Encyclica  vom  17.  Juni  1847  an 
alle  Ordensgenerale,  Aebte,  Ordensprovinciale  und  andere  Oberen  der  regulären 
Orden  zu  erwähnen,  welche  die  Aufrechthaltung  und  Wiederherstellung  der  Ordens- 
zucht zum  Zwecke  hat.  „Damit  aber,  heisst  es  in  der  erwähnten  Encyclica,  eine  so 
hochwichtige  Angelegenheit  zum  Besten  der  Religion  und  der  regulären  Orden 
selbst  ausfalle  und  den  gewünschten  Erfolg  habe,  vestigiis  Praedecessorum  No- 
storum  insistentes,  peculiarem  Venerabiliuin  Fratrum  Nostrorum  S.  R.  E.  Carclina- 
lium  Congregationem  instituimus,  quam  de  Statu  Ragularium  Ordinum  no- 
minavimus,  quo  ipsi  V.  V.  F.  F.  N.  N.  pro  singulari  eorum  sapientia,  prudentia, 
consüio,  rerumque  gerendarum  usu  et  peritia  adjutricem  Nohis  manum  in  tanto 
opere  praebeant.  „Haben  Wir,  in  die  Fussstapfen  Unserer  Vorgänger  tretend, 
eine  besondere  Congregation  Unserer  ehrwürdigen  Brüder,  der  Cardinäle  der 
heiligen  römischen  Kirche,  eingesetzt,  welche  Wir  de  Statu  Regidarium  Ordinum  ge- 
nannt haben,  damit  diese  Unsere  ehrwürdigen  Brüder  mit  ihrer  besonderen  Weis- 
heit, Klugheit,  gutem  Rath,  Geschäftskenntniss  und  Erfahrung  Uns  in  einer  so 
hochwichtigen  Angelegenheit  ihre  hilfreiche  Hand  bieten." 


Wiederherstellung  der  Ordenszucht.  Ablegung  der  feierlichen  Ordensgelühde.     47 

Diese  Encyclica  wurde  mit  einem  andern  Eundschreiben  an  alle  Bischöfe 
versendet  und  denselben  darin  der  Auftrag  ertheilt,  der  neu  ernannten  Congre- 
gation  de  Statu  Regularium  Ordinum  alles  mitzutheilen,  was  sie  zur  Erreichung 
des  gewünschten  Zweckes  für  geeignet  halten. 

In  Polge  dieser  Massregel  sind  bekanntlich  mehrere  Apostolische  Visita- 
toren für  die  regulären  Orden  ernannt  und  ist  in  Folge  der  Apostolischen  Vi- 
sitationen in  vielen  Klöstern  die  in  Verfall  gerathene  Ordenszucht  wieder  her- 
gestellt worden. 

Bestimmung  über  die  Ablegung  der  feierlichen  Ordens- 
gelübde. 

Eine  weitere  auf  die  religiösen  Orden  bezügliche  gesetzgebende  Thätigkeit 
hat  der  Papst  in  der  Bulle  ad  Universalis   vom  7.  Februar  1862   ausgeübt,  in- 
dem er  in  derselben  vorschreibt,  dass  der  Ablegung  der  feierlichen  Gelübde  die 
Ablegung  der  einfachen  Gelübde  vorausgehen  müsse.  Die  betreffende  Stelle  in  der 
erwähnten  Bulle    lautet :    Nos    cupientes    in    re    tanti    momenti    omnem    ambigendi 
causam  in  posterum    removere,    motu   proprio,    et  certa  scientia,  deque  Apostolicae 
Nostrae  potestatis  plenitudine,  quoad  religiosas  vi7'orum  Familias  cujuscumque    Or- 
dinis,    Congregationis  et  Instituti  in  qtiihus  solemnia  vota   emittantur,    statuimus    ac 
decernimus,  nullam  omnino,  irritam  et  nullius    roboris  fore    professionem    votorum 
solemniorium  tarn  scienter,  quam  ignoranter,  quovis  modo,  praetextu  et  colore  factam 
a  novitiis  quibuscumque  etiam     laicis  et  conversis,  qui  licet  probationem   et  novitia- 
tum  prout  de  jure  expleverint,  non  emittant  prius  professionem  votorum  simplicium, 
et  in  ea  per  triennium    integrum    non   permanser'int,    quamvis   vel    a   Superioribns, 
vel  a  novitiis,  vel  ab  utrisque  intentio  habeatur  respective  recipiendi  ad  vota  solem- 
nia, et  ea  emittendi,  ac  omnes  ritus  adhibeantur  ad  professionem  votorum  solemnium 
praescripti.    Haec  volumus,  statuimus,  praecipimus,  mandamus.    „Da  Wir  in  einer 
so  wichtigen  Angelegenheit  jeden  Anlass  zum  Zweifel  künftig  beseitigen  wollen, 
so  bestimmen  und  beschliessen  Wir  aus  Eigenem  Antriebe,  mit  gewisser  Wissen- 
schaft, aus  Unserer  Apostolischen  Machtvollkommenheit  in  Betreff  der  männlichen 
religiösen  Genossenschaften  jeden  Ordens,  jeder  Congregation  und  jedes  Instituts, 
in  welchem  feierliche  Gelübde  abgelegt  werden,  dass  null  und  nichtig  und  un- 
giltig  sei    die  Ablegung  der  feierlichen  Gelübde,  möge  sie  wissentlich  oder  un- 
wissentlich auf  was  immer  für  eine  Art,  unter  was  immer  für  einem  Vorwande, 
von  was  immer  für  Novizen,  seien  es  Laienbrüder  oder  Chorgeistliche,   erfolgen, 
wenn   sie   nicht,    mögen    sie    auch    die   Prüfung   und    das   Noviziat  rechtmässig 
vollendet  haben,  zuvor  die  einfachen   Gelübde  abgelegt  haben  und  in  denselben 
volle  drei  Jahre  geblieben  sind.    Mögen  auch  die  Oberen  oder  die  Novizen  oder 
beide  Theile  die  Absicht  gehabt  haben,  die  feierlichen  Gelübde  abzunehmen  und 
sie  abzulegen,  und  mögen  auch  alle  für  die  Ablegung    der   feierlichen   Gelübde 
vorgeschriebenen  Gebräuche  beobachtet  worden  sein." 


j^^  Die  Apostolischen  Protonotare.  Ablässe. 

Privilegien  der  Apostolischen  Protonotare. 

Durch  die  Bulle  Quamvis  pecuUares  vom  9.  Februar  1853  hat  Pius  IX. 
einige  Privilegien  der  Apostolischen  Protonotare  beschränkt,  andere  abgeschafft. 
Diese  Apostolischen  Protonotare  sind  ein  uraltes  aus  sieben  Mitgliedern  bestehen- 
des Collegium  der  römischen  Kirche,  welches.  Papst  Clemens  I.  zur  Aufzeich- 
nung der  Acten  der  Märtyrer  eingesetzt  hat  und  Avelches  von  verschiedenen 
Päpsten  viele  und  ausgezeichnete  geistliche  und  weltliche  Privilegien  erhalten 
hat.  Von  den  weltlichen  Privilegien  wird  weiter  unten  die  Rede  sein,  wenn 
wir  die  Wirksamkeit  Pius  IX.  als  König  betrachten ;  hier  beschäftigen  wir  uns 
nur  mit  den  geistlichen.  Eines  dieser  geistlichen  Privilegien  ist  die  Creirung 
von  Doctoren  der  Theologie  und  beider  Rechte.  Dieses  Privilegium  wird  von 
Pius  IX.  bestätigt,  jedoch  mit  der  Beschränkung,  dass  die  Apostolischen  Pro- 
tonotare künftig  statt  je  sechs  nur  je  vier  Doctoren  der  Theologie  und  beider 
Rechte  creiren  dürfen  und  zuvor  über  die  Personen  der  Bewerber  an  den  Papst 
berichten  müssen,  widrigenfalls  die  Ertheilung  der  Doctorenwürde  null  und 
nichtig  wäre.  Bei  der  Doctorenprüfung  müssen  mindestens  fünf  Protonotare 
anwesend  sein,  und  wenn  diese  Zahl  nicht  erreicht  werden  könnte,  ist  sie  aus 
den  Professoren  des  römischen  Ärchi- Gymnasiums  zu  ergänzen.  Das  Privilegium, 
jährlich  einen  Ehrenprotonotar  zu  erwählen ,  darf  künftig  nur  mit  Zustimmung 
des  Papstes  ausgeübt  werden.  Um  einen  grösseren  Unterschied  zwischen  den 
wirklichen  und  den  Ehrenprotonotaren  zu  machen,  bleiben  die  sieben  wirklichen 
Protonotare  wde  bisher  von  der  Jurisdiction  der  Ortsordinarien  exempt  und  dem 
Apostolischen  Stuhl  unmittelbar  untergeben.  Die  Ehrenprotonotarien  aber  stehen 
unter  der  Jurisdiction  der  Ortsordinarien  und  können  ohne  ihre  Erlaubniss  nie- 
mals Pontificalbefugnisse  ausüben.  Das  Privilegium  des  tragbaren  Altars  wird 
für  die  wirklichen  Protonotare  bestätigt,  jedoch  unter  der  Bedingung,  dass  sie- 
denselben  in  keinem  fremden  Hause  errichten  dürfen,  ausser  wenn  sie  in  einem 
solchen  auf  der  Reise  oder  auf  Besuch  wohnen,  und  dass  die  Messe,  welche 
auf  diesem  Altar  gefeiert  wird,  nur  den  Protonotaren  selbst,  ihren  Verwandten, 
welche  mit  ihnen  unter  einem  Dache  wohnen,  ihrer  Dienerschaft  und  ihrem 
Gefolge,  aber  nie  andern  Personen  als  Erfüllung  des  Kirchengebotes,  an  Sonn- 
und  Feiertagen  eine  heilige  Messe  zu  hören,  angerechnet  werden  soll.  Den 
Ehrenprotonotarien  aber  wird  das  Privilegium  des  tragbaren  Altars  genommen 
und  nur  der  Indult  einer  vom  Ordinarius  zu  besuchenden  und  zu  bestätigenden 
Privatcapelle  gewährt,  in  welcher  sie  für  sich  und  ihre  Hausgenossen  Messe 
lesen  oder  lesen  lassen  können. 

Verleihung  der  Ablässe. 
Mit  der  Bulle  vom   2.  Januar  1855  Fidelis  domus   hat  Pius  IX.  verord- 
net,   dass  die  Verleihung  der  Ablässe  in  Zukunft   ausschliesslich   von  dem 
päpstlichen  Secretariat  der  Breven    allein  und  nicht  mehr  wie  früher  auch  von 


[nstruction  über  die  gemischten  Ehen.  49 

der  Ablasscongregation  erfolgen  soll,  da  diese  Congregation  blos  zu  dem  Zwecke 
gegründet  sei,  um  Schwierigkeiten  und  Zweifel  über  die  Eeliquien  der  Heiligen 
und  über  die  Ablässe  zu  lösen,  Missbräuche  abzuschaffen,  die  Verleihung  der 
Ablässe  gehörig  zu  beschränken  und  darüber  zu  wachen,  dass  alles  gewissen- 
haft und  mit  heiliger  Ehrfurcht  behandelt  werde.  ^) 

Instruction  über  die  gemischten  Ehen. 

Endlich  ist  hier  noch  zu  erwähnen  die  Instruction  vom  15.  November  1855 
an  alle  Bischöfe,  betreffend  die  Dispens  von  dem  Hindernisse  der  ßeligions- 
verschiedenheit  bei  gemischten  Ehen.  Die  Bischöfe  werden  in  dieser  Instruction 
angewiesen,  die  Dispensationsformel,  obwohl  mit  Eücksicht  auf  die  Zeitverhält- 
nisse dies  nicht  ausdrücklich  in  derselben  erklärt  werde,  immer  so  auszulegen, 
dass  diese  Dispens  nur  unter  der  Bedingung  ertheilt  werde,  dass  die  gemischten 
Ehen  ausserhalb  der  Kirche  ohne  den  Segen  des  Pfarrers  und  ohne  irgend 
einen  kirchlichen  Eitus  gefeiert  werden  müssen. 

Die  Instruction  sagt  in  dieser  Beziehung  wörtlich:  Sanctitas  Sua  omnes 
Archiepiscoposj  Episcopos,  aliosque  locorum  Ordinarios  vehementer  in  Domino  monet, 
hortatur  et  excitat,  eisque  mandat,  ut  cum  Ipsa  in  posterum  hujus  Rescripti  for- 
mula  ab  hac  Sancta  Sede  obtinuerint  facultatem  dispensandl  super  impedimento 
mistae  religionis,  in  eadem  facultate  exsequenda  nunquam  desistant  omni  cura,  stu- 
dioque  advigilare ,  ut  sedido  quoque  impleantur  conditiones  de  mixtis  hisce  Matrimoniis 
extra  Ecclesiam  et  absque  Parochi  benedlctione,  alioque  ecclesiastico  ritu  celebrandis. 
„Se.  Heiligkeit  erinnert,  ermahnt  und  ermuntert  alle  Erzbischöfe,  Bischöfe  und 
andere  Ortsordinarien  im  Herrn  und  befiehlt  ihnen,  wenn  sie  künftig  in  der 
Formel  dieses  Dispensations-Eescripts  von  dem  heiligen  Stuhle  die  Vollmacht 
erhalten,  von  dem  Hindernisse  der  Eeligionsverschiedenheiten  zu  dispensiren, 
bei  dem  Gebrauche  dieser  Vollmacht  mit  aller  Sorgfalt  und  mit  allem  Eifer  dar- 
über zu  wachen,  dass  auch  die  Bedingungen  in  Betreff  der  Feier  dieser  ge- 
mischten Ehen  ausserhalb  der  Kirche,  ohne  den  Segen  des  Pfarrers  und  ohne 
allen  kirchlichen  Eitus  fleissig  erfüllt  werden.** 

Nur  da ,  wo  die  Erfüllung  dieser  Bedingungen  nicht  möglich  erscheint, 
ohne  dass  grössere  Nachtheile  und  üebel  daraus  entstehen,  gestattet  der  Papst 
zur  Vermeidung  dieser  Nachtheile  und  wenn  alle  andern  Bedingungen  erfüllt  sind, 
die  Einsegnung  dieser  gemischten  Ehen  nach  dem  rechtmässigen  Eitus  desDiö- 
cesan-Eituals,  jedoch  immer  mit  Ausschluss  des  Messopfers.  Die  richtige  Beur- 
theilung  der  Umstände,  welche  diese  Toleranz  nöthig  machen  können,  wird  den 
Bischöfen  vom  Papste  zur  G-ewissenssache  gemacht ;  auch  wird  ihnen  das  grösste 
Stillschweigen  und  Geheimniss  in  Betreff  dieser  Toleranz  eingeschärft. 


^)  Auch  die  weiter   oben  erwähnte  Verordnung  über  die  Application  der  Messe 

für  das  Volk  an  den  abgeschafften  Feiertagen   gehört    zu  den  gesetzgebenden   Acten 
Pius  IX. 

Pius  IX.  al#  Papst  und  als  König,  4 


50       Richterliche  Wirksamkeit.  Exeoramunication.  Verdammunsr  von  Irrthümern. 

Cr.  Richterliche  Wirksamkeit. 

Zu  der  richterlichen  Wirksamkeit  des  Papstes  gehören  Schiedssprüche  und 
Entscheidungen  in  Streitfragen ;  ferner  die  Verhängung  kirchlicher  Strafen  und 
die  Verurtheilungen  von  Werken  und  Lehrsystemen,  welche  dem  katholischen 
Glauljen  widersprechen,  sowie  überhaupt  die  Verurtheilung  aller  Irrthümer.  Obenan 
steht  hier  wieder  die  mehrerwähnte  Encyclica  vom  8.  December  1864  mit  dem 
berühmten  Syllabus  als  Gesammtverurtheilung  aller  Irrthümer  der  Zeit. 

Excommunication. 
Ferner  ist  in  dieser  Eichtung  der  grosse  Akt  vom  26.  März  1860  zu  er- 
wähnen, nämlicli  die  Bulle  Cum  cathoUca  Ecdesia,  durch  welche  majorü-  Excom- 
municationis  posena  infligitur  invasoribus  et  usurpatoribus  aliquot  Provinciarum  Pon- 
tißciae  ditionls,  die  Strafe  des  grossen  Kirchenbannes  gegen  die  Usurpatoren 
und  Vergewaltiger  des  päpstlichen  Gebietes  verhängt  wird. 

Verdammung  von  Irrthümern. 

Sodann  gehört  hierher  die  Bulle  Multiplicis  inter  vom  10.  Juni  1851,  mit 
welcher  das  sechsbändige  in  spanischer  Sprache  geschriebene  Werk ;  y,Defensa  de 
la  autoritad  de  los  Gobiernos  y  de  los  Obispos  contra  las  pretenciones  de  la  Curia 
Romana  por  Francisco  de  Paula  G.  Vigil.  Lima  1848.  (Vertheidigung  der  Auto- 
rität der  Eegierungen  und  der  Bischöfe  gegen  die  Anmassungen  der  römischen 
Curie)  verdammt  und  verboten  w^rd.  Nach  einer  Aufzählung  der  einzelnen  Irr- 
thümer dieses  Werkes  heisst  es  in  der  Bulle :  Memoratum  Opus  in  quo  doctrinae 
ac  propositiones,  ut  supra  notatae,  continentur,  ubicumque  et  quocumque  alio  idio- 
mate,  seu  quavis  editione  aut  verslone  huc  usque  impressum,  vel  in  posterum,  quod 
absit,  imprimendumf  tenore  praesentium  damnamus  et  reprobamus  atque  legi  ac 
retineri  prohibemus,  ejusdemque  Operis  impressionem,  descriptionem,  lectionem,  reten- 
tionem  et  usum  omnibus  et  singulis  Christi fidelibus ,  etiam  specißca  et  individua 
mentione  et  expressione  dignis,  sub  poena  excommunicationis  per  contrafacientes 
ipso  facto,  absque  alia  declaratione  incurrendoj  a  qua  nemo  a  quoquam,  praeter- 
quam  a  Nobis  seu  Romano  Pontifice  pro  tempore  existente,  nisi  in  mortis  articvlo 
constitutus,  absolutionis  beneficium  obtinere  queat,  omnino  interdicimus.  Volentes  et 
Äuctorltate  Apostolica  mandantes,  ut  quicumque  Librum  seu  Opus  praedictum  penes 
se  habuerint,  illud  statim  atque  prae^entes  Litterae  innotuerint,  locorum  Ordinariis, 
vel  haereticae  pravitatis  Inquisitoribus  tradere  atque  consignare  teneantur.  In  con- 
trarium  facientibus  non  obstantibus  quibuscumque. 

„Wir  verdammen  und  verwerfen  mit  Gegenwärtigem  das  erwähnte  Werk, 
in  welchem  die  oben  bezeichneten  Lehren  und  Sätze  enthalten  sind,  wo  immer 
und  in  was  immer  für  einer  Sprache  oder  Ausgabe  oder  Uebersetzung  es  bis 
jetzt  gedruckt  worden  ist,  oder  künftig,  was  ferne  sei,  gedruckt  werden  mag, 
und  verbieten  es  zu  lesen  und  zu  halten,  und  untersagen  durchaus  allen  und 
jedem  Christgläubigen,  auch  wenn  sie  eine  besondere  und  persönliche  Erwähnung 


Verdammung  von  Irrthümern.  5| 

verdienen  sollten ,  unter  der  Strafe  der  Excommunication,  in  welche  die  Zu- 
widerhandelnden ipso  facto  und  ohne  besondere  Erklärung  verfallen  und  von  welcher 
Niemand  von  irgend  jemand  Anderem  als  von  Uns,  oder  dem  jeweiligen  römi- 
schen Papste  ausser  in  articulo  mortis  die  Wohlthat  der  Absolution  erlangen 
kann  —  den  Druck,  das  Abschreiben,  das  Lesen,  das  Behalten  und  den  Gebrauch 
dieses  Werkes.  Auch  wollen  und  befehlen  Wir  mit  Apostolischer  Autorität, 
dass  Alle,  welche  das  vorerwähnte  Buch  oder  Werk  besitzen,  dasselbe  sobald 
ihnen  das  gegenwärtige  Schreiben  bekannt  geworden  ist,  den  Ortsordinarien 
oder  den  Inquisitoren  auszuliefern  gehalten  sein  sollen.  ^) 

Die  Bulle  ad  ApostoUcae  vom  22.  August  1851  verdammt  die  Werke  „Juris 
Ecdesiastici  Institutiones  Joannis  Nepomuceni  Nuytz  in  Regio  Taurinensi  Athenaeo 
Professoris  —  Itemque  —  In  Jus  Ecclesiasticum  Universum  Tractationes  Auctoris  ejus- 
dem.  (Institutionen  des  Kirchenrechts  und  Abhandlungen  über  das  gesammte 
Kirchenrecht  von  Johann  Nepomuk  Nuytz,  Professor  an  der  königlichen  Uni- 
versität zu  Turin)  mit  folgenden  Worten:  Acceptis  consultationihus  in  Theologica 
et  Sacrorum  Canonum  facultatibus  Magistroi'um,  acceptisque  sufragiis  V.  V.  F.  F. 
N.  N.  S.  R.  E.  Cardinalnim  Congregationis  Supremae  et  universalis  Inquisitionis, 
motuproprio,  ex  certa  scientia  ac  matura  deliheratione  Nostra,  deque  ApostoUcae 
potestatis  plenitudine  praedictos  libros,  tamquam  continentes  propositiones  et  doctrinas 
respective  falsas  temerarias,  scandalosas,  erroneas,  in  S.  Sedem  injuriosas,  ejusdam 
jurihus  derogantes,  Ecclesiae  reghnen  et  divinam  ejuAi  Oofistitutiotiem  snbvertentes, 
schismaticas,  haereticas,  Protestantismo,  ejusque  propagationifaventes,  et  in  haeresim 
et  in  systema  jamdiu  ut  haereticum  damnatum  in  Luthero,  Bajo,  Marsilio,  Pata- 
'mio,  Janduno,  Marco  Antonio  De-Dominis,  Richerio,  Labor  de  et  Fistoriensibu^-, 
aliisque  ab  Ecclesia  pariter  damnatis  Inducentes,  necnon  et  Canonum  Concilii  Tri- 
dentini  eversivas,  reprobamus,  damnamus  ac  pro  reprobatis  et  damnatis  ab  Omni- 
bus haberi  volumus  et  mandamus.  Praecipimus  idcirco,  ne  quisquam  fidelium  cujus 
camque  conditionis  et  gradus  etiamsi  specifica  et  individua  mentione  dignus  esset, 
audeat  praefatos  libros  ac  theses  apud  se  retinere  aut  legere  sub  poenis  suspen- 
sionis  a  divinis  quoad  Clericos,  et  quoad  laicos  excommunicationis  majoris  ipso 
facto  incurrendis,  quarum  absolutionem  et  relaxationem  Nobis  et  suecessoribus 
Nostris  Romanis  Pontificibus  reservamus,  excepto  tantum  quoad  excommunicationem 
mortis  articulo.  Mandamus  quoque  Typographis  ac  Bibliopolis,  cunctisque  et  singulis 
cujuscumque  gradus  et  dignitatis,  ut  quoties  praedicti  libri  ac  theses  ad  eorum  manus 
perve7ierint,  deferre  teneantur  Ordinariis  sub  iisdem  respective  poenis,  nemque  quoad 
Clericos  suspensionis  a  divinis,  quoad  laicos  excomniunicationls  majoris  superius 
eomminatis.  Neque  tantum  memoratos  libros  ac  theses  sed  alios,  aliasque  quoscumque 
■nve   scriptis,  sive    typis    exaratos  libros,     vel  forte    exarandos    et  imprimendos,    in 


^)  Die  einzelnen  Sätze,  welche  zur  Verurtheilung  des  eben  angeführten  Werkes 
Anlass  gegeben  haben,  sind  in  der  15.,  21.,  23.,  30.,  51.,  54.  und  68.  Proposition  des 
Syllabus  angeführt  und  können  dort  nachgelesen  werden. 

4* 


52  Verdammung  von  Irrthümern. 

quibus  eadem  nefaria  doctrina  renoventur  ex  integro,  mit  in  'parte,  suh  iisdem  2^06- 
nis  superius  expressis  damnamus,  reprohamus  akpie  legi,  imprimi,  retineri  omnino 
prohibemus.  „Naclidem  Wir  den  Kath  der  Magister  an  den  Facultäten  der 
Theologie  und  der  heil.  Canones,  sowie  die  Meinung  Unserer  ehrwürdigen  Brü- 
der der  Cardinal-Congregation  der  obersten  und  allgemeinen  Inquisition  ver- 
nommen, verwerfen  und  verdammen  Wir  aus  Eigenem  Antriebe,  mit  gewisser 
Wissenschaft  und  mit  Unserer  reiflichen  Ueberlegung  und  kraft  Unserer  Aposto- 
lischen Machtvollkommenheit  die  vorerwähnten  Bücher,  da  sie  falsche,  verwegene, 
ärgerliche,  irrige,  für  den  heiligen  Stuhl  beleidigende,  seine  Eechte  beeinträchti- 
gende, das  Kirchenregiment  und  ihre  göttliche  Verfassung  umstossende,  schisma- 
tische, häretische,  den  Protestantismus  und  seine  Ausbreitung  begünstigende  Sätze 
und  Lehren  enthalten  und  zur  Ketzerei  und  zu  dem  schon  längst  in  Luther,  Bajus, 
Marsilius,  Patavinus,  Jandunus,  Marc  Anton  De-Dominis,  Eicherius,  Labort  und 
der  Synode  von  Pistoja  und  anderen  von  der  Kirche  gleichfalls  Verurtheilten  als 
ketzerisch  verdammten  System  führen  und  auch  die  Canones  des  Conciliums  von 
Trient  umstürzen,  und  Wir  wollen  und  befehlen,  dass  sie  von  Allen  als  verworfen  und 
verdammt  angesehen  werden.  Wir  verordnen  also,  dass  kein  Gläubiger,  was  immer 
für  eines  Standes  und  Eanges,  auch  wenn  er  einer  besonderen  und  persönlichen 
Erwähnung  werth  wäre,  es  wagen  solle,  die  erwähnten  Bücher  und  Thesen  bei 
sich  zu  behalten  oder  zu  lesen,  unter  der  Strafe  der  Suspension  a  divinis  für 
die  Cleriker  und  der  grösseren  Excommunication  für  die  Laien,  welcher  sie 
ipso  facto  verfallen  und  deren  Absolution  und  Nachlass  Wir  Uns  und  Unse- 
ren Nachfolgern,  den  römischen  Päpsten,  vorbehalten,  jedoch  mit  Ausnahme  der 
Excommunication  in  Articulo  mortis.  Wir  befehlen  auch  den  Buchdruckern  und 
Buchhändlern,  so  wie  Allen  und  Jeden,  jedes  Standes  und  Eanges,  dass  sie,  so  oft 
die  erwähnten  Bücher  und  Thesen  in  ihre  Hände  kommen,  gehalten  sein  sollen, 
sie  den  Ordinarien  zu  übergeben  unter  denselben  oben  angedrohten  Strafen,  näm- 
lich der  Suspension  a  divinis  für  die  Cleriker  und  der  grösseren  Excommuni- 
cation für  die  Laien.  Aber  nicht  blos  die  erwähnten  Bücher  und  Thesen,  son- 
dern auch  alle  anderen  geschriebenen  oder  gedruckten  oder  erst  noch  zu  ver- 
fassenden oder  zu  druckenden  Bücher,  in  welchen  dieselbe  ruchlose  Lehre  ganz 
oder  zum  Theil  erneuert  wird,  verdammen  und  verwerfen  Wir  unter  den  oben 
erwähnten  Strafen  und  verbieten  durchaus,  sie  zu  lesen,  zu  drucken  und  zu 
halten.'* 

Dann   erfolgt  eine  Ermahnung  an  die  Bischöfe,  ihre  Gläubigen  sorgfältig 
von  dem  Lesen  dieser  Bücher  abzuhalten.  ^) 


^)  Das  heisst:  in  der  Todesgefahr  kann  von  der  Excommunication,  wenn  die  Be- 
dingungen vorhanden  sind,  auch  ein  einfacher  Priester  absolviren.  Anm.  d.  Verf. 

2)  Die  in  den  erwähnten  Werken  enthaltenen  irrigen  Sätze  sind  in  der  24.,  25., 
34.  bis  38.,  41.,  42.,  65.  bis  67.  und  79.  bis  75.  Proposition  des  Sy Ilabus  aufgeführt. 
(Siehe  die  Broschüre  „Der  Papst  und  die  modernen  Ideen."   11.  Heft.) 


Concordate.  ^  53 

H.  Politische   Thätigkeit 

Concordate. 

Pius  IX.  hat  eine  Reihe  von  Concordaten  abgeschlossen,  und  zwar  sechs 
mit  katholischen  Regierungen  und  drei  mit  nichtkatholischen.  Die  katholi- 
schen Regierungen  sind:  Spanien,  die  Regierungen  der  amerikani- 
schen Republiken  Costarica,  Guatimala,  Nicaragua  undSt.  Sal- 
vador und  Oesterreich.  Die  nichtkatholis  chen  Staaten  sind  das 
schismatische  Russland  und  das  protestantische  Würtemberg  und  Ba- 
den.   Diese    Concordate    enthalten: 

1)  ßestimmungen  über  die  Verhältnisse  der  Kirche  zum 

Staate. 

Das  spanische  Concordat  enthält  eine  Reihe  von  Bestimmungen,  welche 
alle  einen  rein  katholischen  Staat  und  eine  rein  katholische  Regierung  zur 
Voraussetzung  haben.  So  gleich  im  ersten  Artikel,  welcher  die  katholische 
Religion  mit  Ausschluss  jedes  andern  Cultusfürdie  einzige  Religion 
der  spanischen  Nation  erklärt,  während  in  dem  Concordate  mit  den  amerika- 
nischen Republiken  die  katholische  Religion  nur  als  die  Staatsreligion 
ohne  den  Beisatz:  „mit  Ausschluss  jedes  andern  Cultus"  erklärt  wird,  und  zwar 
heisst  es   in    dem  Artikel  1  der  Concordate    mit   Costarica,    Nicaragua    und 

St.   Salvador :    Religio  catholica,    apostolica,    romana  est  religio    btatus  in 

republica',  „die  römisch-katholische  Religion  ist  die  Staatsreligion  in  der 

Republik,"  während  dieser  Satz  in  dem  Concordate  mit  Guatimala 

lautet:  Religio  catholica,  apostolica,  romana  esse  pergit  religio  Reipuhlicae  Gua- 
timalenis;  „die  römisch-katholische,  apostolische  Religion  fährt  fort,  die  Reli- 
gion der  Republik  Guatimala  zu  sein."  In  allen   den   erwähnten  Concordaten 


Eine  weitere  richterliche  Entscheidung  Pius  IX.  findet  sich  in  der  Ehcyclica  Neminem 
vestrum  vom  2.  Februar  1854  an  den  armenischen  Episcopat  und  Clerus  und  alle 
Gläubigen  der  armenischen  Kirchenprovinz  von  Constantinopel,  auf  welche  wir  weiter 
unten  bei  den  Angelegenheiten  der  orientalischen  Kirche  zurückkommen  werden.  Femer 
gehört  hierher  das  Breve  an  den  Cardinal  Geissei,  Erzbischof  von  Cöln,  vom  15.  Juni 
1857,  in  welchem  die  Gründe  für  das  durch  ein  Decret  der  Index- Congregation  vom 
8.  Januar  desselben  Jahres  erfolgte  Verbot  der  Werke  Günthers  angegeben  werden. 
Wir  kommen  auf  dieses  Breve  ebenfalls  weiter  unten  zurück,  wenn  von  der  Wirksam- 
keit des  Papstes  in  Bezug  auf  Deutschland  die  Rede  sein  wird.  Endlich  gehört  noch 
hieher  das  Breve  an  den  Erzbischof  von  München  vom  11.  December  1862  Gravis simas 
inter,  welches  die  Irrthümer  in  den  Werken  des  Professors  Frohschammer  in  München 
verdammt.  Die  verdammten  Irrthümer  aus  den  Schriften  Frohschammers  sind  in  der  9., 
10.  und  11.  Proposition  des  Syllabus  angeführt  und  die  auf  dieselben  bezüglichen  Stellen 
aus  dem  oben  erwähnten  Breve  kann  man  auf  Seite  37  bis  41  des  11.  Hefts  der  Bro- 
schüre ,,Der  Papst  und  die  modernen  Ideen"  nachlesen. 


54  Concordate. 

wird  im  Artikel  1  weiter  bestimmt,  die  katholische  Religion  werde  in  den  be- 
treffenden Ländern  und  Staaten  aufrecht  erhalten,  cum  omnihis  juribus  ac  praero- 
'jativis,  quibus  potiri  dehet  juxta  Dei  legem  et  Canonicas  sanctiones ;  mit  allen 
Befugnissen  und  Vorrechten,  deren  sie  nach  dem  Gesetze  Gottes  und  nach  den 
Bestimmungen  der  Kirchengesetze  geniessen  soll.  Im  österreichischen 
Concordat  lautet  Artikel  1 :  Religio  catholica,  apostolica  7'omana  in  toto  Austritte 
Imperio  et  singulis,  quibus  constituitur  ditionibus,  sarta  tecta  conservabitur  senv 
per  cum,  iis  juribus  et  praerogativis,  quibus  frui  debet  ex  Dei  ordinatione  et  ca- 
nonicis  sanctionibus.  „Die  heilige  römisch-katholische  Religion  wird  mit  allen 
Befugnissen  und  Vorrechten,  deren  dieselbe  nach  der  Anordnung  Gottes  und 
den  Bestimmungen  der  Kirchengesetze  geniessen  soll,  im  ganzen  Kaiserthum 
Oesterreich  und  allen  Ländern,  aus  welchen  dasselbe  besteht,  immerdar  auf- 
recht erhalten  werden.'' 

In  den  mit  Wiirtemberg,  Baden  und  Russland  geschlossenen  Ueberein- 
künften  fehlt  die  an  der  Spitze  der  bisher  behandelten  Concordate  stehende 
Bestimmung,  welche  die  katholische  Religion  zur  Staatsreligion  erklärt,  oder 
wie  im  österreichischen  Concordate  die  immerwährende  Aufrechterhaltung  der- 
selben mit  allen  Befugnissen  und  Vorrechten  gewährleistet,  deren  sie  nach  der 
Anordnung  Gottes  und  nach  den  Bestimmungen  der  Kirchengesetze  ge- 
niessen soll,  ganz  und  gar. 

2)  Bestimmungen  über    den  Unterricht  und  die  Erziehung. 

Der  zweite  Artikel  des  spanischen  Concordats  bestimmt,  dass  der  Un- 
terricht auf  Universitäten,  Collegien,  Seminarien,  sowie  auf  allen  öffentlichen 
und  Privatschulen  erit  in  omnibu.^  conformis  doctrinae  ejusdem  Religionis  catho- 
licae  ,,in  Allem  der  Lehre  der  katholischen  Religion  entsprechend  sein  werde," 
und  dass  zu  diesem  Zwecke  die  Bischöfe  und  die  übrigen  Diöcesan -Vorstände, 
deren  Amt  es  ist,  über  die  GJaubens-  und  Sittenlehre  und  über  die  religiöse 
Erziehung  der  Jugend  zu  wachen,  in  der  Ausübung  ihres  Amtes  auch  in 
Bezug  auf  die  öffentlichen  Schulen  in  keiner  Weise  gehindert  werden  sollen. 

Auch  in  den  Concordaten  mit  den  amerikanischen  Republiken 
ist  bestimmt,  dass  der  Unterricht  auf  Universitäten,  Collegien,  öffentlichen 
und  Privatschulen  und  Erziehungsanstalten  ganz  der  katholischen  Religion 
entsprechend  ist.  Dagegen  wird  das  Recht  der  Bischöfe  auf  die  Ueberwachung 
des  Unterrichts  nicht  so  unbeschränkt  ausgesprochen,  wie  im  spanischen  Con- 
cordate. Es  heisst  in  dieser  Beziehung  in  dem  Artikel  2,  Welcher  in  allen 
vier  Concordaten  mit  den  amerikanischen  Republiken  gleichlautend  ist:  Epis- 
copi  et  locorum  ordinarii  liberi  omnino  erunt  in  dirigenda  doctrina,  quae  ad 
Theologicas  et  canonici  juris  facidtaies  et  ad  alias  ecclesiasticas  ejusque  generis 
disciplinas  pertinet.  Insuper  iidem  ordinarii  et  episcopi  praeter  illam  sollicltudinem, 
quam    ex    proprii    ministerii  officio    in    religiosam  juventutis  educationem  exercent, 


Concordate.  55 

advigüahunt  eiiam,    ut  in  quavis    tradenda    disciplina    nihil    adsit,  quod  catholicae 
religioni    morumqtie   Iwnestati  adversetur. 

,,I)ie  Bischöfe  und  die  Ortsordinarien  werden  die  volle  Freiheit  haben, 
den  Unterricht  in  Bezug  auf  die  theologischen  Facultäten  des  canonischen 
Rechts  und  auf  andere  derartige  kirchliche  Gegenstände  zu  leiten  ;  ausserdem 
werden  die  Ordinarien  und  die  Bischöfe  neben  der  Fürsorge,  welche  sie  nach 
der  Pflicht  ihres  eigenen  Amtes  auf  die  religiöse  Erziehung  der  Jugend  üben, 
auch  darüber  wachen,  dass  bei  keinem  Lehrgegenstande  etwas  vorkomme, 
was  der  katholischen  Religion  und  der  Ehrbarkeit  der  Sitten    widerspricht."  ^) 

Das  österreichische  Concordat  widmet  der  Unterrichtsangelegenheit 
vier  Artikel,  nämlich  die  Artikel  5,  6,  7,  8.  Aber  der  Einfluss  der  Bischöfe  auf 
den  Unterricht  ist  in  diesen  Artikeln  noch  mehr  beschränkt,  als  in  den  ame- 
rikanischen Staaten,  Der  Artikel  5  bestimmt  zwar  ebenfalls :  Omnis  juventutis 
catholicae  institutio  in  cunctis  scholis  tarn  pnblicis  quam  privatis  conformis  erit  doctrinae 
Religionis  catholicae;  Episcopi  autem  ex  proprii  pastoralis  officli  munere  dirigent 
religiosam  juventutis  educationem  in  omnibus  instructionis  locis  et  publicis  et  privatis 
atque  diligenter  advigilabunt,  ut  in  quavis  tradenda  disciplina  nihil  adsit,  quod  catho- 
licae Religioni,  morumque  honestati  adversetur.  „Der  ganze  Unterricht  der  katho- 
lischen Jugend  wird  in  allen,  sowohl  öffentlichen  als  nicht  öffentlichen  Schulen 
der  Lehre  der  katholischen  Religion  angemessen  sein ;  die  Bischöfe  aber  wer- 
den kraft  des  ihnen  eigenen  Hirtenamtes  die  religiöse  Erziehung  der  Jugend 
in  allen  öffentlichen  und  nicht  öffentlichen  Lehranstalten  leiten  und  sorgsam 
darüber  wachen,  dass  bei  keinem  Lehrgegenstande  etwas  vorkomme,  was  dem 
katholischen  Glauben  und  der  sittlichen  Reinheit  zuwiderläuft." 

Allein  in  diesem  Artikel  ist  nur  von  den  katholischen  Volksschulen, 
aber  nicht  von  den  Universitäten  und  CoUegien  die  Rede,  und  der  sechste 
Artikel  gibt  dem  Bischöfe  nur  das  Recht,  den  Professoren  der  Theologie  und 
den  Katecheten  oder  Religionslehrern  die  widerrufliche  Sendung  und  Ermäch- 
tigung zu  ertheilen,  und  Artikel  7  bestimmt,  dass  in  den  für  die  katholische 
Jugend  bestimmten  Gymnasien  und  mittleren  Schulen  nur  Katholiken  zu  Pro- 
fessoren oder  Lehrern  ernannt  werden  und  der  ganze  Unterricht  nach  Mass- 
gabe des  Gegenstandes  dazu  geeignet  sein  soll,  das  Gesetz  des  christlichen 
Lebens  dem  Herzen  einzuprägen.  Auch  gibt  er  den  Bischöfen  das  Recht, 
festzusetzen,  welche  Lehrbücher  der  Religion  in  den  gedachten  Schulen  ein- 
zuführen seien,  und  verleiht  ihnen  einen  gebührenden  Einfluss  auf  die  Be- 
stellung von  Religionslehrern  für  Gymnasien  und  mittlere  Schulen.   Der  8.  Ar- 


^)  In  dem  Concordate  mit  St.  Salvador  hat  dieser  Artikel  noch  den  Beisatz :  quod 
si  unquam  evenerit,  Episcoporum  atque  Ordinariorum  curae  erit.  dpud  Gubernium 
urgere  ut  opportunum  slatim  adhiheat  remedium.  „Wenn  dies  je  geschehen  sollte,  so 
wird  es  die  Sorge  der  Bischöfe  und  der  Ordinarien  sein,  bei  der  Regierung  darauf  zu 
dringen,  dass  sie  gleich  die  geeignete  Abhilfe  treffe." 


56  Concordate. 

tikel  unterstellt  alle  Lehrer  der  für  Katholiken  bestimmten  Volksschulen  der 
kirchlichen  Beaufsichtigung  und  verlangt  die  Makellosigkeit  ihres  Glaubens 
und  ihrer  Sittlichkeit,  sowie  die  Absetzung  der  vom  rechten  Pfade  Abirrenden. 

Artikel  7  des  würtemb  ergi'schen  und  badischen  Concordats 
weist,  wie  Artikel  5  des  österreichischen,  dem  Bischöfe  die  Leitung  und  üeber- 
wachung  des  religiösen  Unterrichts  und  der  religiösen  Erziehung  der  katho- 
lischen Jugend  in  allen  öffentlichen  und  Privatschulen  zu,  wesshalb  er  auch 
anordnet,  welche  Bücher  und  Katechismen  beim  Religionsunterricht  anzu- 
ordnen sind.  In  den  Elementar- Schulen  wird  der  Religionsunterricht  von 
den  Pfarrern  ertheilt,  in  den  übrigen  Schulen  nur  von  denen,  welchen  der 
Bischof  die  Sendung  und  Ermächtigung  hiezu  ertheilt  und  später  nicht  wider- 
rufen hat. 

Artikel  9  des  würtembergischen  und  Artikel  11  des  badischen 
Concordats  stellen  die  theologische  Facultät  auf  den  Universitäten  Tübingen 
und  Freiburg  in  Bezug  auf  das  kirchliche  Lehramt  unter  die  Leitung  und 
Aufsicht  des  Bischofs.  Es  kann  daher  der  Bischof  den  Professoren  und 
Lehrern  die  Ermächtigung  zum  Lehren  ertheilen  und  sie,  wenn  er  es  für 
nöthig  hält,  widerrufen,  auch  von  ihnen  das  Glaubensbekenntniss  abfordern 
und  ihre  Schriften  und  Hefte  seiner  Prüfung  unterwerfen.  (Vgl.  Art.  6  des 
österreichischen  Concordats.) 

3)  Ueber  die  Rechte  der  Bischöfe. 

Der  Artikel  3  des  spanischen  Concordats  bestimmt,  es  sollen  künftig 
die  Bischöfe  und  andere  geweihte  Diener  der  Kirche  auf  keine  Weise  in  der 
Ausübung  ihres  Amtes  gehindert  werden  und  Niemand  solle  sie  in  alle 
dem  belästigen  dürfen,  was  zur  Erfüllung  ihres  Amtes  gehört.  Vielmehr 
sollen  die  Obrigkeiten  des  Königreichs  dahin  trachten  und  sich  bemühen, 
dass  Alle  den  Bischöfen  nach  den  göttlichen  Geboten  den  geziemenden  Ge- 
horsam und  Ehrfurcht  erweisen  und  nichts  geschehe,  was  sie  herabsetzen 
oder  verächtlich  machen  könnte.  Auch  solle  die  königliche  Majestät  und 
ihre  Regierung  den  Bischöfen  mit  ihrem  mächtigen  Schutze  an  die  Hand 
gehen,  wenn  dieselben  das  nach  Lage  der  Dinge  verlangen,  ganz  besonders 
aber  da,  wo  es  sich  darum  handle,  gegen  die  Gottlosigkeit  von  Leuten  auf- 
zutreten, welche  die  Herzen  der  Gläubigen  zu  verwirren  oder  ihre  Sitten  zu 
verderben  streben,  oder  wo  die  Herausgabe,  Einführung  und  Verbreitung 
schlechter  und  schädlicher  Bücher  verhindert  werden  sollen. 

In  den  amerikanischen  Concordaten  lautet  der  Artikel  3  wie  folgt : 
Episcopi  praeterea  jure  suo  fruuntur  examinandi  et  censuram  ferendi  in  omnes 
Uhr  OS  et  scripta,  quae  ad  fidei  dogmata,  ecclesiae  disciplinam  et  a<i  publicam 
morum  honestatem  quovis  modo  pertinent ,  et  supremum  .....  gubernium  omnem 
auctoritatis  suae  opem  et  operam  praestabit  ad  tutandas  dispositiones ,  quas  iptti 
Episcopi  juxta   canonica^s  sanctiones  stiscepturi  erunt  ad  religionem  tuendam,  atque 


Concordate.  57 

ad  devitandam  quidquid  eidem  religioni  adversari  possit  „Die  Bischöfe  werden 
ausserdem  ihr  Recht  gemessen,  alle  Bücher  und  Schriften,  welche  auf  die 
Dogmen  des  Glaubens,  auf  die  Kirchenzucht  und  auf  die  öffentliche  Sittlich- 
keit in  irgend  einer  Weise  Bezug  haben,    zu  prüfen  und  eine  Censur  gegen 

sie  auszusprechen,   und   die    oberste Regierung  wird  all'  ihr  Ansehen 

und  ihre  Mitwirkung  zum  Schutze  der  Bestimmungen  leihen,  welche  die 
Bischöfe  nach  den  Bestimmungen  der  Kirchengesetze  zum  Schutze  der  Reli- 
gion und  zur  Vermeidung  alles  dessen,  was  der  Religion  entgegen  sein 
könnte,  treffen  werden."  ^) 

In  dem  österreichischen  Concordate  entsprechen  dem  Artikel  3 
des  spanischen  und  der  amerikanischen  Concordate  der  neunte  und  der 
sechszehnte  Artikel.  Artikel  9  lautet:  ArcMepiscopi,  Episcopi  omnesque  loco- 
rum  Ordinarii  proprlam  auctoritatem  omnimoda  libertate  exercebimt ,  ut  libros 
Religioni  morumque  honestati  perniciosos  censura  perstringant  et  fideles  ab  eorun- 
dem  lectione  avertant.  Sed  et  Gubernium,  ne  ejusmodi  libri  in  Imperio  dividgentur, 
quoviis  oppormno  remedio  cavebit  „Erzbischöfe,  Bischöfe  und  alle  Ordinarien 
werden  die  denselben  eigene  Macht  mit  vollkommener  Freiheit  üben,  um 
Bücher,  welche  der  Religion  und  Sittlichkeit  verderblich  sind,  als  verwerflich 
zu  bezeichnen  und  die  Gläubigen  von  Lesung  derselben  abzuhalten.  Doch 
auch  die  Regierung  wird  durch  jedes  dem  Zweck  entsprechende  Mittel  ver- 
hüten, dass  derlei  Bücher  im  Kaiserthume  verbreitet  werden."  Und  der 
Artikel  16  lautet:  Augustissimus  Imperator  non  patietur ,  ut  Ecclesia  catholica 
ejusque  fides,  liturgia,  institutiones  sive  verbis,  sive  /actis,  sive  scriptis  contemnantur, 
aitt  Ecdesiarum  Antistites  vel  Ministri  in  exercendo  munere  suo  pro  custodienda 
praesertim  fidei  ac  morum  doctrina  et  disciplina  Ecclesiae  impediantur.  Insuper 
efßcax  si  opus  fuerit^  auxilium  praestabit,  ut  sententiae  ab  Episcopis  in  Clericos 
officiorum  oblitos  latae  execvtioni  demandentur.  Desiderans  praeterea,  ut  debitu^ 
juxta  divina  mandata  sacris  Ministris  honor  servetur,  non  sinet  quidquam  fieri, 
quod  dedecuf^  eisdem  afferre,  aut  eos  in  contemptum  adducere  possit,  immo  vero 
mandabit,  ut  omnes  Imperii  Sui  Magistratus  et  ipsis  Archiepiscopis  seu  Episcopis 
et  Clero  quacumque  occaslone  reverentiam  atque  honorem  eorum  dignitati  debitum 
ß'jihibeant.  „Se.  Majestät  der  Kaiser  wird  nicht  dulden,  dass  die  katholische 
Kirche  und  ihr  Glaube,  ihr  Gottesdienst,  ihre  Einrichtungen,  sei  es  durch 
Wort  oder  That  oder  Schrift,  der  Verachtung  preisgegeben,  oder  den  Vor- 
stehern und  Dienern  der  Kirchen  in  Ausübung  ihres  Amtes,  vorzüglich  wo 
es  sich  um  Wahrung   des  Glaubens,    des  Sittengesetzes    und    der  kirchlichen 


^)  In  dem  Concordate  mit  St.  Salvador  ist  zwischen  den  Worten  quovis  modo 
pertinent  und  den  Worten  et  Supremum  Gubernitim  noch  der  Satz  eingeschaltet:  per 
congruas  pastorales  epistolas  vel  Decreta  qaae  eorumdem  übrorum  errores  damnenl 
eorumque  lectionem.  prohibeant;  „durch  entsprechende  Hirtenbriefe  oder  durch  Decrete. 
welche  die  Irrthüraer  jener  Bücher  verdammen   und  das  Lesen  derselben  verbieten.« 


58  Concordate. 

Ordnung  handelt,  Hindernisse  gelegt  werden;  zudem  wird  er  nöthigenfalls 
wirksame  Hilfe  leisten,  damit  die  Urtheile,  welche  der  Bischof  wider  pflicht- 
vergessene Geistliche  fällt,  in  Vollstreckung  kommen.  Da  es  überdies  sein 
Wille  ist,  dass  den  Dienern  des  Heiligthums  die  ihnen  nach  göttlichem  Ge- 
setze gebührende  Ehre  bezeugt  werde,  so  wird  er  nicht  zugeben,  dass  etwas 
geschehe,  was  dieselben  herabsetzen  oder  veräclitlich  machen  könnte,  viel- 
mehr wird  er  verordnen,  dass  alle  Behörden  des  Reiches  sowohl  den  Erz- 
bischöfen oder  Bischöfen  selbst,  als  auch  der  Geistlichkeit  bei  jeder  Gelegen- 
heit die  ihrer  Stellung  gebührende  Achtung  und  Ehrenbezeugung  erweisen/' 
Der  vierte  Artikel  des  spanischen  Concordats  bestimmt,  dass  die 
Bischöfe  und  der  ihnen  untergebene  Clerus  in  allem  üebrigen,  was  das 
Recht  und  die  Ausübung  der  kirchlichen  Autorität  und  das  x\mt  der  heili- 
gen Ordination  betrifft,  jene  volle  Freiheit  gemessen  sollen,  welche  die  heiligen 
Canones  festsetzen.  ^) 

In  den  amerikanischen  Concordaten  werden  die  Rechte  der  Bischöfe 
und  des  Clerus  in  drei  verschiedenen  Paragraphen  mehr  im  Einzelnen  fest- 
gesetzt, nämlich  in  den  Paragraphen  4,   11   und  13.    Diese  Artikel  lauten: 

Artikel  4.  Cum  Romanus  Pontifex  primatum  in  universam,  ([ua  late  patet, 
Ecclesiam  jure  divino  ohtineat ,  tarn  episcopi  quam  clerus  et  populus  lihere  cum 
ApostoUca,  sede  communicabunt.  „Da  der  römische  Papst  den  Primat  in  der 
ganzen  Kirche,  so  weit  sie  reicht,  nach  göttlichem  Rechte  inne  hat,  so  werden 
sowohl  die  Bischöfe  als  das  Volk  frei  mit  dem  Apostolischen  Stuhle  verkehren, 

Artikel  11.  In  singuUs  dioecesibus  a  propriis  ordinariis  novae  erigentm 
Paroeciae,  cum  id  fidelium  7iecessitas  et  utilitas  requirat,  atque  in  hac  re  per 
ficienda  cum  Gubernio  erunt  ineunda  conmlia,  ubi  et  quoties  clvilium  verum  rationei 
sint  conciliandae.  „In  jeder  Diöcese  werden  von  ihrem  eigenen  Ordinarius 
neue  Pfarreien  errichtet  werden ,  wenn  dies  das  Bedürfniss  und  der  Nutzen 
der  Gläubigen  erfordert,  und  man  wird  sich  dabei  mit  der  Regierung  ver- 
ständigen, wo  und  so  oft  staatliche  Rücksichten  zu  nehmen  sind." 

Artikel  13.  Causae  omnea,  fidem,  sacramenta,  sacras  functiones  aliaque  of'lciu 
et  jvra  sacro  minisferio  adnexa  respicienfes,  et  generatim  causae  omnes  ecclesiasti- 
cae  ad  Judicium  ecciesiasticae  auctorifatisj  unice  pertinent  juxta  sacrorum  norm  am. 
„Alle  Angelegenheiten,  welche  den  Glauben,  die  Sakramente,  die  heiligen  Functio- 
nen und  andere  Pflichten  und  Rechte  betreffen,  die  mit  dem  geistlichen  Amte 
verbunden  sind,  und  insgemein  alle  kirchlichen  Angelegenheiten  gehören  nach 
den  Bestimmungen  der  heil.  Kirchengesetze  einzig  und  allein  vor  das  Gericht 
der  kirchlichen  Behörde."  ^) 


^)  Artikel  14  des  spanischen  Concordats  bestimmt  die  Rechte  der  Erzbischöfe 
und  Bischöfe  ihren  Capiteln  gegenüber,  und  Artikel  15  die  Rechte  der  Capitel  gegen- 
über den  Bischöfen. 

^)  In  dem  Concordate  von  Guatimala  ist  dies  Artikel  14,  und  statt  causae  omnes 
ecclesiasticae  heisst  es  causae  omnes  ecclesiasticae  naturae. 


Concordate.  59 

Im  österreichischen  Concordate  entsprechen  den  eben  angeführten  Ar- 
tikeln der  amerikanischen  Concordate  die  Artikel  2,  3,  4  und  10.  Artikel  2 
lautet :  Cum  Romanus  Fontifex  primatum  tarn  honoris  quam  jiirisdictionis  in  uni- 
rersam,  qua  late  patet,  Ecclesiam  jure  divino  obtineat,  Episcoporum,  Cleri  et  po- 
puli  mutua  cum  Sancta  Sede  communicatio  in  rebus  spiritualibus  et  negotiis  eccle- 
siasticis  mdli  placetum  regium  obtinendi  necessitatl  subei'it,  sed  prorsus  libera  er  it. 
„Da  der  römische  Papst  den  Primat  der  Ehre  wie  der  Gerichtsbarkeit 
in  der  ganzen  Kirche,  so  weit  sie  reicht,  nach  göttlichem  Gesetze  inne  hat,  so 
wird  der  Wechselverkehr  zwischen  den  Bischöfen,  der  Geistlichkeit,  dem  Volke 
und  dem  heiligen  Stuhle  in  geistlichen  Dingen  und  in  kirchlichen  Angelegen- 
heiten einer  Nothwendigkeit,  die  landesfürstliche  Bewilligung  nachzusuchen,  nicht 
unterliegen,  sondern  vollkommen  frei  sein.  ^) 

Der  Artikel  3  des  österreichischen  Concordats  lautet:  Archiepiscopi,  Epi- 
scopi  omnesque  locorum  Ordinarii  cum  Clero  et  populo  dioecesano  pro  munere  offi- 
cii  pastoralis  libere  communicabunt,  libere  item  suas  de  rebus  ecclesiasticis  instruc- 
tiones  et  ordinationes  publicabunt  „Erzbischöfe,  Bischöfe  und  alle  Ordinarien 
werden  mit  der  Geistlichkeit  und  dem  Volke  ihrer  Kirchensprengel  zu  dem 
Zwecke,  um  ihres  Hirtenamtes  zu  walten,  frei  verkehren,  frei  werden  sie  auch 
Belehrungen  über  kirchliche  Angelegenheiten  kundmachen. 

Der  Artikel  4  lautet:  Archiepiscopis  et  Episcopis  id  quoque  omne  exercere 
liberum  erit,  quod  pro  regimine  Dioecesium  sive  ex  declaratione  sive  ex  dispositione 
sacrorum  Canonum  juxta  praesentem  et  a  Sancta  Sede  adprobatam  Ecclesiae  dis- 
ciplinam  ipsis  competit^  ac  praesertira  : 

a)  Vicarios,  Consiliarios  et  adjutores  administrationis  suae  constituere  ecclesia- 
sticos,  quoscunque  ad  praedicta  officia  idoneos  juddcaverint. 

b)  Ad  statum  clericalem  assumere  et  ad  sacros  ordines  secunditm  Canones  pro- 
moverCy  quos  necessarios  aut  utiles  Dioecesibus  suis  judicaverint,  et  e  con- 
trario, quos  indignos  cen.suerint,  a  -^usceptione  ordlnum   arcere. 


2)  In  der  Allocution  vom  3.  November  1855,  mit  welcher  Pius  IX.  den  Abschluss 
des  österreichischen  Concordats  anzeigte,  gibt  der  Papst  einen  denkwürdigen  Commen- 
tar  zu  diesem  Artikel  2  mit  den  Worten:  CathoUcum  hoc  dogma  in  ipsa  Conventione 
luculenlissimis  fuit  verhis  expressum,  ac  propierea  simul  de  medio  sublata,  et  radi- 
citus  evulsa,  penitusque  deleta  falsa  illa  perversa  et  funestissima  opinio  eidem.  divino 
primatui  ejusque  juribus  plane  adver sa,  et  ab  hac  Apostolica  Sede  semper  damnata 
atque  proscripia,  de  habenda  scilicet  a  civili  Gubernio  venia,  vel  cxecutione  eorum, 
quae  res  spiriluales  et  ecclesiastica  negotia  respiciunt.  „Dieses  katholische  Dogma 
(von  dem  Primat  des  Papstes)  ist  in  dem  Concordate  selbst  mit  den  klarsten  Worten 
ausgedrückt  und  darum  jene  falsche  und  verkehrte  und  höchst  unheilvolle,  sowie  dem 
göttlichen  Primate  und  seinen  Eechten  geradezu  widersprechende  und  von  diesem  Apo- 
stolischen Stuhle  immer  verdammte  und  verbotene  Ansicht,  als  ob  man  nämlich  von 
der  Staatsregierung  eine  Erlaubniss  oder  ein  Exequatur  für  das  bedürfe,  was  die  geist- 
lichen Dinge  und  die  kirchlichen  Angelegenheiten  betrifft,  gleichzeitig  beseitigt,  mit 
der  Wurzel   ausgerissen  und  ganz  und  gar  zerstört  worden. 


60  Concordate. 

c)  Beneßcia    minora    erigere    atque    collatis    cum    Caesarea    Majestate    consiliie, 
praesertim  pro  convenientd    reditum  assignatione ,    Parochias    instituere,   divi- 
dere  vel  untre. 
d)  Praescrihere  preces  publica^,  aliaque  pia  opera,  cum  id  honum  Ecclesiae  avt 
Status  populive  postidet,  sacras  panier  supplicationes  indicere,  furiera  alias- 
que  omnes  sacras  functiones  scrvatis  quoad  ownia  canonicis  praescriptionibv>' 
moderari. 
e)  Convocare  et  celebrare  ad  sacrorum  Canonum  norraam   Concilia   provincialia 
■     et  Synodos  dioecesanas,  eorumque  acta  vulgare. 

„Ebenso  werden  Erzbischöfe  und  Bischöfe  die  Freiheit  haben,  alles  zu  üben, 
was  denselben  zur  Eegierung  ihrer  Kirchensprengel  laut  Erklärung  oder  Ver- 
fügung der  heil.  Kirchengesetze  nach  der  gegenwärtigen  vom  heil.  Stuhle  gut- 
geheissenen  üisciplin  der  Kirche  gebührt,  und  insbesondere 

a)  als  Stellvertreter,  Eäthe  und  Gehilfen  ihrer  Verwaltung  alle  jene  Geist- 
lichen zu  bestellen,  welche  sie  zu  besagten  Aemtern  als  tauglich  erachten ; 

b)  Diejenigen ,  welche  sie  als  ihren  Kirchensprengeln  nothwendig  oder  nützlich 
erachten,  in  den  geistlichen  Stand  aufzunehmen  und  zu  den  heil.  Weihen 
nach  Vorschrift  der  Kirchengesetze  zu  befördern,  und  im  Gegentheile  die, 
welche  sie  für  unwürdig  halten,  vom  Empfang  der  Weihen  auszuschliessen ; 

c)  kleinere  Pfründen  zu  errichten  und,  nachdem  sie  mit  Sr.  kaiserlichen  Ma- 
jestät vorzüglich  wegen  entsprechender  Anweisung  der  Einkünfte  sich 
einverstanden  haben,  Pfarren  zu  gründen,  zu  theilen  oder  zu  vereinigen; 

d)  öffentliche  Gebete  und  andere  fromme  Werke  zu  verordnen,  wenn  es  das 
Wohl  der  Kirche,  des  Staates  oder  des  Volkes  erfordert,  ingleichen  Bittgänge 
und  Wallfahrten  auszuschreiben,  die  Leichenbegängnisse  und  alle  anderen 
geistlichen  Handlungen  ganz  nach  Vorschrift  der  Kirchengesetze  zu  ordnen : 

e)  Provinzial  -  Concilien  und  Diöcesan- Synoden  in  Gemässheit  der  heil.  Kir- 
chengesetze zu  berufen  und  zu  halten  und  die  Verhandlungen  derselben 
kund  zu  machen. 

Der  10.  Artikel  lautet :  Quum  causae  eccleslasticae  omnes  et  in  specie,  quae 
fidem,  sacramenta,  sacras  functiones  nee  non  officia  et  jura  ministerio  sacro  annexa 
respiciunt,  ad  Ecclesiae  forum  unice  pertineant,  easdem  cognoscct  judex  ecclesiasticus, 
qui  perinde  de  causis  quoque  matrimonialibus  juxta  sacros  Canones  et  Tridentina 
cumprirais  decreta  Judicium  feret,  civilibiis  tantum  mati'imonii  effectibus  ad  judicem 
saecularem  remissis.  Sponsalia  quod  atf;inet,  auctoritas  ecclesiastica  judicabit  de 
eorura  existentia  et  quoad  moirimonium  impediendum  effectibus,  servatis  quae  idem 
Concilium  Tridentinum  et  Apostolicae  Litterae,  quorum  initium  „AvjCtorem  ßdeif^  comsti- 
tuunt.  „Da  alle  kirchlichen  Eechtsfalle  und  insbesondere  jene,  welche  den  Glau- 
ben, die  Sakramente,  die  geistlichen  Verrichtungen  und  die  mit  dem  geistlichen 
Amte  verbundenen  Pflichten  und  Rechte  betreffen,  einzig  und  allein  vor  das 
kirchliche  Gericht  gehören,  so  wird  über  dieselben  der  kirchliche  Richter  er- 
kennen, und  es  hat  somit  dieser  auch  über  die  Ehesachen  nach  Vorschrift  der 


Concordate.  61 

heiligen  Kircheiigesetze  und  namentlich  der  Verordnungen  von  Trient  zu  ur- 
theilen  und  nur  die  bürgerlichen  Wirkungen  der  Ehe  an  den  weltlichen  Eichter 
zu  verweisen.  Was  die  Eheverlöbnisse  betrifft,  so  wird  die  Kirchengewalt  über 
deren  Vorhandensein  und  ihren  Einfluss  auf  die  Begründung  von  Ehehinder- 
nissen entscheiden  und  sich  dabei  an  die  Bestimmungen  halten,  welche  das- 
selbe Concilium  von  Trient  und  das  Apostolische  Schreiben,  welches  mit 
„Audorem  ßdei""   beginnt,  erlassen  hat. 

In  den  Concordaten  mit  Würtemberg  und  Baden  zählt  Artikel  4  die 
Befugnisse  des  Erzbischofs  und  des  Bischofs  auf.  Der  Inhalt  dieses  Artikels 
ist  in  beiden  Concordaten  fast  gleichlautend  und  entspricht  auch  dem  Inhalte 
von  Artikel  4  des  österreichischen  Concordates.  ^) 


^)  Artikel  4  des  badischen  Concordates  lautet: 

Pro  reyimine  Archidioecesis  suae  Archiepiscopo  omne  id  exercere  liberum 
erit,  quod  in  vim  pastoi^alis  ejus  ministerii,  sive  ex  declaratione,  sive  ex  dispositione 
Sacrorum  Canonum  juxta  praesentem,  et  a  Sancta  Sede  adprobatam  Ecclesiae  disci- 
plinam  ipsi  competit,  ei  praesertim: 

1.  Beneficia  omnia,  cxceptis  iis,  quaejuri  patronatus  legitime  adquisitö  subiacent, 
conferre; 

2.  Vicarium  sumn  generalem.  atque  extraordinarios  Ordinariatus  Consiliarios  et 
Adsessores  eligere  ei  nominare,  nee  non  Decanos  rurales  confirmare-, 

,    3.  Examina  tum  p?'o  recipiendis  in  Seminarium  Alumnis,  tum  pro  iis,  quibus  bene- 
ficia  animarum  curae  obnoxia  conferenda  sunt,  praescribere,  indicere  et  dirigere ; 

4.  Clericis  sacros  Ordines  conferre  non '  solum  ad  iitulos  a  sacris  Canonibus 
adprobatos,  sed  etiam  ad  iitulum  mensae; 

5.  Ex  Sacrorum  Canonum  praescripto  ea  omnia  ordinäre  et  slatuere,  quae  ad 
divinum  cultum,  ad  ecclesiasticas  functiones,  sacrasque  ceremonias,  quaeque 
ad  ea  pertinent  religionis  exercitia,  quibus  fidelium  pietas  magis  et  magis  fo~ 
veatur  et  confirmetur ; 

(i.  In  propria  Dioecesi   Ordines  seu   Congregationes  religiosas   utriusque   sexus 
a    Sancta    Sede  adprobatas   consiituere,  collatis   tarnen   in  quolibet  casu  cum 
Gubernio  consiiiis; 
7.  Convocare  et  celebrare  Synodum  tum  dioecesannm  tum  provincialem. 

In  der  Leitung  seiner  Erzdiöcese  wird  der  Erzbisehof  die  Freiheit  haben,  alles 
das  zu  üben,  was  ihm  kraft  seines  Hirtenamtes  laut  Erklärung  oder  Verfügung  der 
heiligen  Kirchengesetze  nach  der  gegenwärtigen  vom  heil.  Stuhle  gutgeheissenen  Disci- 
plin  der  Kirche  gebührt  und  insbesondere 

1.  alle  Pfründen  zu  verleihen,  mit  Ausnahme  derjenigen,  welche  einem  rechtmässig 
erworbenen  Patronatsrecht  unterliegen ; 

2.  seinen  General- Vicai  und  die  ausserordentlichen  Käthe  und  Asessoren  des  Or- 
dinariats sowie  auch  die  Landdekane  zu  wählen,  zu  ernennen  und  zu  bestätigen ; 

3.  die  Prüfungen,  sowol  für  die  Aufnahme  der  Zöglinge  in  das  Seminar,  als  für 
diejenigen,  welchen  Seelsorgspfründen  zu  verleihen  sind,  auszuschreiben,  anzu- 
sagen und  zu  leiten ; 

4.  den  Clerikern  die  heil.  Weihen  zu  verleihen,  nicht  blos  auf  die  von  den  heil. 
Kirchengesetzen  gutgeheissenen  Titel,  sondern  auch  auf  den  Tischtitel.  *) 

*)  Der  Tischtitel  eines  Geistlichen  beträgt  in  Würtemberg  und  Baden  jährlich  fl.  40(} 
rheinisch. 


ß2  Concordate. 

Der  erste  Absatz  des  Artikels  5  des  würtem bergischen  und  des 
badischen  Concordates  verweist,  wie  dies  im  Artikel  10  des  österreichischen 
Concordates  geschieht,  alle  kirchlichen  ßechtsfälle,  insbesondere  jene,  welche 
den  Glauben,  die  Sakramente  u.  s.  w.  betreffen,  also  auch  die  Ehesachen,  mit 
Ausnahme  der  bürgerlichen  Wirkungen  der  Ehe,  vor  den  ßichterstuhl  des  Bischofs. 

Artikel  6  des  würtembergischen  und  badischen  Concordats  entspricht  den 
Artikeln  2  und  3  des  Oesterreichischen  und  garantirt  den  freien  Verkehr  des 
Bischofs,  des  Clerus  und  des  Volkes  mit  dem  heil.  Stuhle  in  geistlichen  Din- 
gen, sowie  des  Bischofs  und  des  Clerus  mit   dem  Volke.    Weiter  bestimmt  er: 

Hinc  instructiones  et  ordinationes  Episcopi,  nee  non  Synodi  Dioecesanae 
concilii  Pr&vincialis,  et  ipsius  S.  Sedis  acta  de  rebus  ecclesiasticis  ahsque  praevia 
inspectione  et  adprohatione  Guberaii  pnhlicabimtur.  „Darum  werden  die  Beleh- 
rungen und  Verordnungen  des  Bischofs,  der  Diöcesan-Synode,  des  Provincial-Con- 
cils  und  die  Acten  des  heil.  Stuhles  über  kirchliche  Angelegenheiten  ohne  vor- 
gängige Einsicht  und  Genehmigung  der  Eegierung  veröffentlicht  werden." 

Artikel  11  des  würtembergischen  und  Art.  22  des  badischen 
Concordats  stipuliren  den  unmittelbaren  Verkehr  des  Erzbischofs  und  des  Bi- 
schofs mit  allen  Staatsbehörden. 

Nach  Artikel  13  des  russischen  Concordats  ist  der  Bischof  der  ein- 
zige Eichter  und  Verwalter  der  geistlichen  Angelegenheiten  seiner  Diöcese,  un- 
beschadet seiner  kanonischen  Abhängigkeit  vom  heil.  Stuhle.  Nach  Art.  14 
müssen  die  Disciplinar- Angelegenheiten  der  Geistlichen  die  Streitsachen  zwi- 
schen Geistlichen  in  Betreff  des  beweglichen  und  unbeweglichen  Eigenthums 
der  Kirchen,  die  Ehrenbeleidigungs-  und  Entschädigungsklagen  gegen  Mitglie- 
der des  Clerus  sowie  die  Klagen  auf  Erfüllung  von  Verpflichtungen,  die  weder 
rechtlich  noch  thatsächlich  bestritten  sind,  mögen  sie  von  Geistlichen  oder 
Laien  angestellt  werden,  und  die  nach  den  in  der  Bulle  Benedikts  XIV.  Si 
datam  ZU  prüfenden  und  zu  entscheidenden  Fragen  über  die  Nichtigkeit  von 
klösterlichen  Gelübden  im  Diöcesan-Consistorium  berathen  werden.  Minder  be- 
deutende Disciplinar-Angelegenheiten  der  Geistlichen,  welche  ein^  geringere 
Strafe  als  die  Absetzung  oder  als  eine  mehr  oder  weniger  lange  Einsperrung  nach 
sich  ziehen,  werden  vom  Bischof  allein,  ohne  Zuziehung  des  Consistoriums  ent- 
schieden. Auch  die   Ehesachen,  die  Bestätigung  über    die   Giltigkeit    der  Ehen, 


5.  Nach  den  Vorschriften  der  heil.  Kirchengesetze  alles  das  anzuordnen  und  fest- 
zusetzen, was  den  Gottesdienst,  die  geistlichen  Functionen  und  die  heil.  Cere- 
monien  und  diejenigen  Religionsübung  betrifft,  durch  welche  die  Frömmigkeit  der 
Gläubigen  immer  mehr  gepflegt  und  gekräftigt  wird. 

6.  In  der  eigenen  Diöcese  vom  hei!.  Stuhl  bestätigte  religiöse  Orden  oder  Congre- 
gationen  beiderlei  Geschlechts  zu  gründen ;  jedoch  nach  vorhergängigem  Einver- 
nehmen mit  der  Regierung  in  jedem  einzelnen  Fall;  (vergl.  Art.  28  des  öster- 
reichischen und  20  der  amerikanischen  Concordate.) 

7.  Diöcesan-  und  Provinzial-Synoden  einzuberufen  und  zu  feiern. 


Concordate.  ß3 

die  Geburts-,  Tauf-  und  Sterbfalls-Acte,  die  Fälle,  wo  es  nötliig  ist,  eine  Kirclien- 
busse  für  ein  Verbrechen,  ein  Vergehen  oder  eine  Uebertretung  aufzuerlegen, 
welches  von  den  weltlichen  Gerichten  abgeurtheilt  worden  ist.  Das  Budget  für 
die  Erhaltung  des  Clerus,  die  Controlle  der  Ausgaben,  die  Kirchenbauangele- 
geuheiten  u.  s.  w.  geliören  ebenfalls  vor  das  Consistorium,  welches  auch  die 
Listen  der  Geistlichen  und  der  Pfarrkinder  der  Diöcese  anzufertigen,  so  wie 
ßundschreiben  und  andere  Kundmachungen  zu  erlassen  hat,  welche  sich  nicht 
auf  die  Verwaltungsangelegonheiten  der  Diöcese  beziehen.  Die  vorerwähnten 
Angelegenheiten  werden  nach  Artikel  15  vom  Bischof  entschieden,  nachdem  sie 
im  Consistorium,  dessen  Charakter  ein  rein  berathender  bleibt,  geprüft  worden 
sind.  Der  Bischof  braucht  seine  Entscheidungen  nicht  zu  begründen,  auch  wenn  sie 
gegen  die  Ansicht  des  Consistoriums  ausfallen  sollte.  Alle  übrigen  Angelegenheiten 
der  Diöcese,  welche  Verwaltungsangelegenheiten  heissen,  hängen  einzig  und  allein 
von  der  Autorität  und  von  der  selbstständigen  Entscheidung  des  Bischofs  ab. 
Also  bestimmt  Artikel  16.  Alle  Mitglieder  des  Consistoriums  müssen  nach  Ar- 
tikel 17  Geistliche  sein.  Sie  werden  vom  Bischöfe  ernannt  und  entlassen  und 
von  der  Eegierung  genehmigt.  Das  Personal  der  Consistorialkanzlei  wird  nach 
Artikel  18  auf  den  Vorschlag  des  Consistorialsecretärs  vom  Bischöfe  bestätigt. 
Nach  Artikel  19  ernennt  der  Bischof  den  mit  seiner  officiellen  und  Privat- 
Correspondenz  beauftragten  Secretär  direct  und  unmittelbar  aus  der  Zahl  der 
Geistlichen.  Die  Functionen  der  Consistorialmitglieder  erlöschen,  wie  Artikel  20 
bestimmt,  mit  dem  Tode  eines  Bischofs  und  mit  dem  Aufhören  einer  Sedisvacanz. 
Nach  dem  Tode  oder  der  Abdankung  des  Bischofs  ernennt  sein  Nachfolger  oder 
sein  jeweiliger  Stellvertreter  unverzüglich  die  Mitglieder  des  neuen  Consistoriums 
mit  Genehmigung  der  Regierung. 

4)  Eintheilung  der  Diöcesen. 

Der  fünfte  Artikel  des  spanischen  Concordates  enthält  eine  neue  Ein- 
theilung und  Grenzbestimmung  der  Diöcesen  des  ganzen  Königreiches  und  die 
Errichtung  eines  neuen  Erzbisthumes  und  drei  neuer  Bisthümer. 

Der  Artikel  6  enthält  die  Eintheilung  der  neuen  Kirchenprovinzen  und 
Artikel  7  überträgt  dem  päpstlichen  Nuntius  die  nöthigen  Vollmachten  zur 
Durchführung  der  vorhergehenden  Artikel. 

Die  amerikanischen  Concordate  mit  Costarica,  Guatimala,  Nicaragua 
und  St.  Salvador  enthalten  die  Bestimmung,  dass  der  heil.  Stuhl  in  Ausübung 
seines  eigenen  Eechtes  neue  Diöcesen  errichten  und  neue  Eintheilungen  dersel- 
ben vornehmen  dürfe,  —  jedoch  nach  vorgängiger  Verständigung  mit  der  Re- 
gierung; ferner  wird  bestimmt,  dass  in  jeder  solchen  Diöcese  ein  Domcapitel 
und  ein  bischöfliches  Seminar  errichtet  werde,  entsprechend  der  Zahl  des  Diö- 
cesan-Clerus  und  den  Bedürfnissen  der  Diöcesen.  Ebenso  bestimmt  der  acht- 
zehnte Artikel  des  österreichischen  Concordates  das  Recht  des  heil.  Stuhles, 
neue    Kirchensprengel    zu   errichten,    oder   neue   Grenzbeschreibungen  derselben 


54  -  Concordate. 

vorzunehmen,  unter  der  Bedingung  einer  Verständigung  mit  der  kaiserlichen 
Regierung. 

Artikel  1  des  würtembergisch en  und  badischen  Concordates 
bestimmt,  dass  in  Bezug  auf  den  erzbischöflichen  Sitz  von  Freiburg  und  den 
bischöflichen  Sitz  von  Rottenburg  sowie  auf  die  Domcapitel  und  Dompfründen 
das  frühere  Uebereinkommen  aufrecht  bleibt.  ^) 

Das  russische  Concordat  setzt  in  Artikel  1  bis  7  die  Zahl  der 
Bisthümer  im  russischen  Reiche  auf  7  fest ;  ein  Erzbisthum  und  sechs  Bisthü- 
mer.  Die  erwähnten  Artikel  bestimmen  die  Grenzen  derselben,  vorbehaltlich  der 
näheren  Bestimmungen  der  Circumscriptions-Bulle,  überweisen  die  Eintheilung 
und  Benennung  der  Pfarreien  in  jeder  Diöcese  den  Ausführungsdecreten,  welche 
dem  heiligen  Stuhle  unterbreitet  werden  müssen,  halten  die  Zahl  der  in  der 
Bulle  Pius  VI.  vom  Jahre  1798  eingesetzten  Suifragan-Bischöfe  aufrecht,  be- 
stimmen den  Gehalt  des  neuen  Bischofs  von  Kherson  und  seines  Suffragan-Bi- 
schofs  und  die  Zusammensetzung  der  Mitglieder  des  Domkapitels  von  Kherson, 
welches  aus  zwei  Prälaten  oder  Würdenträgern,  dem  Domprobst  und  dem  Erz- 
diacon,  vier  Domherren,  von  welchen  drei  die  Functionen  des  Theologen  des  Pö- 
nitentiarius   und  des  Dompfarrers  ausüben,  und  drei  Beneficiaten  bestehen  soll. 

Artikel  7  stipulirt  die  Errichtung  eines  Diöcesan-Seminars  in  der  neuen 
Diöcese  von  Kherson,  in  welchem  15 — 25  Zöglinge  auf  Kosten  der  Regierung  unter- 
halten werden  sollen.  Bis  zur  Ernennung  eines  armenisch-katholischen  Bischofs 
stellt  Art.  8  die  kath.  Armenier  in  den  Diöcesen  von  Kherson  und  Kamenieck 
unter  die  Obhut  der  betreffenden  lateinischen  Bischöfe,  welche  nach  Art.  9  die 
Zahl  der  armenisch-katholischen  Cleriker  zu  bestimmen  haben,  die  auf  Kosten  der 
Regierung  in  den  betreffenden  Seminarien  unterhalten  werden  sollen.  In  jedem 
dieser  Seminarien  muss  ein  armenisch-katholischer  Priester  angestellt  werden,  um 
die  Zöglinge  dieses  Ritus  in  den  Ceremonien  ihres  Cultus  zu  unterrichten.  Für  die 
geistlichen  Bedürfnisse  der  in  dem  neuen  Bisthum  von  Kherson  zerstreut  le- 
benden römischen  und  armenischen  Katholiken  wird  der  Bischof  nach  Artikel  10 
Reisepriester  aussenden  und  die  Regierung  die  nöthigen  Reise-  und  Unterhalts- 
kosten bewilligen. 

Artikel  11  hält  die  in  der  Bulle  Pius  VII.  vom  30.  Juni  1818  festgesetzte 
Zahl  der  Diöcesen  im  Königreiche  Polen  sowie  die  Zahl  und  Benennung  der  in 
diesen  Diöcesen  bestehenden  Suffraganeate  aufrecht. 

5)  Bischöfliche  Jurisdiction. 
Der  8.  Artikel  des  spanischen  Concordats  hebt  die  Exemption  zweier 
Bisthümer  auf   und  unterwirft  alle  spanischen   Bischöfe  und  ihre  Kirchen  dem 
betreffenden  Erzbischof. 


1)  Dieses  Uebereinkommen  datirt  von  den  Jahren  1821  und  1827  und  ist  eine 
Art  von  Concordat,  welches  mit  den  Regierungen  der  oberrheinischen  Kirchenprovinz 
Baden,  Würtemberg,  beide  Hessen  und  Nassau)  abgeschlossen  wurde. 


Concordate.  "  65 

Der  9.  Artikel  des  spanischen  Concordats  vereinigt  die  zerstreuten  Gebiete  der 
Eitterorden  vom  heil.  Jacobus,  von  Alcantara,  Calatrava  und  Montesia  in  ein  ein- 
ziges Priorat  mit  einem  Prior,    welcher  den  Titel  eines  Bischofs  in  partibus  erhält. 

Artikel  10  beschränkt  das  Recht  der  Erzbischöfe  und  Bischöfe  auf  ihre 
neuumschriebenen  Diöcesen. 

Artikel  11  hebt  alle  privilegirten  und  exempten  Jurisdictionen  mit  Aus- 
nahme des  königl.  G-rosscaplans,  des  Generalvicars  der  Armee,  der  erwähnten 
vier  Ritterorden,   der  Ordensprälaten  und  des  Apostolischen  Nuntius  auf. 

Der  Artikel  12  hebt  die  General-Sammlungscasse  (eine  Art  Religions- 
fond) und  das  Apostolische  und  königliche  Tribunal,  gratiae,  vvlgo  de!  Excu- 
mdo  genannt,  auf. 

Dom-Capitel. 

Artikel  13  bestimmt  die  Zusammensetzung  der  Dom-Capitel,  welche 
aus  einem  Decan  einem  Erzpriester,  einem  Erzdiacon,  einem  Cantor  und  einem 
Scholasticus ;  ferner  aus  einem  Canonicus -Magister,  Doctor,  Lector  und  Pöni- 
tentiarius  und  ausserdem  in  den  Metropolitancapiteln  aus  einem  Schatzmeister 
bestehen  sollen.  Diesem  Artikel  entsprechend  bestimmt  Artikel  23  des  öster- 
reichischen Concordats,  dass  an  den  Metropolitan-  und  bischöflichen  Kirchen 
der  Canonicus  Pönetentiarius  und  der  Theologalis  an  den  Collegiatkirchen  aber 
der  Theologalis,  wo  sie  fehlen,  so  bald  als  möglich  eingeführt  und  diese  Pfrün- 
den nach  den  Beschlüssen  des  Concils  von  Trient  und  den  betreffenden  päpst- 
lichen Anordnungen  von  den  Bischöfen  vergeben  werden.  (Siehe  auch  die  weiter 
oben  mitgetheilten  Bestimmungen  des  russischen  Concordats  über  das  Domca- 
pitel  des  neuen  Bisthums  Kherson.) 

6)  Ernennung  der  Bischöfe.   Die   Dompfründen   und  ihre 

Verleihung. 

Die  Artikel  7  und  8  der  amerikanischen  Concordate  bestimmen,  dass 
die  Regierung  wegen  der  Dotirung  der  Bisthümer  von  dem  Papste  das  Patro- 
natsrecht  oder  das  Privilegium  erhalte,  die  Bischöfe  zu  den  bestehenden  sowie 
zu  den  etwa  neu  zu  errichtenden  Bisthümern  vorzuschlagen,  welchen  der  Papst 
nach  den  Vorschriften  der  Kirche  die  canonische  Einsetzung  verleihen  wird; 
jedoch  dürfen  die  Ernannten  sich  nicht  eher  in  die  Regierung  und  Verwaltung 
ihrer  Diöcese  mischen,  als  bis  sie  das  canonische  Einsetzungsschreiben  erlangt 
haben.  Der  Vorschlag  des  Präsidenten  der  Republik  muss  innerhalb  eines  Jahres 
erfolgen. 

Das  österreichische  Concordat  hält  (im  Artikel  19)  das  Apostolische 
Vorrecht  des  Kaisers,  dem  heil.  Stuhle  die  Bischöfe  zur  canonischen  Einsetzung 
vorzuschlagen,  aufrecht,  und  bindet  den  Kaiser  dabei  an  den  Rath  von  Bischö- 
fen vorzüglich  derselben  Kirchenprovinz. 

Nach  Artikel  12  des  russischen  Concordats  erfolgt  die  Ernennung  der 
Bischöfe   jedesmal    nach    einem    vorgängigen    Einverständnisse    zwischen    dem 

Pius,  IX.  als  Papst  und  als  König  5 


66  Concordate. 

Kaiser  und  dem  heiligen  Stuhle.  Der  letztere  ertheilt  ihnen  die  canonische 
Einsetzung. 

Artikel  16  des  spanischen  Ooncordats  setzt  fest,  dass  an  den  Dom- 
kirchen ausser  den  Würdenträgern  und  den  Domherrn,  welche  allein  das  Dom- 
capitel  bilden,  auch  eine  entsprechende  Anzahl  von  Beneficiaten  oder  Caplänen 
vorhanden,  und  dass  sowohl  die  Würdenträger  und  Domherrn  als  die  Capläne 
sämmtlich  Priester  sein  müssen. 

Artikel  1 7  bestimmt  die  Zahl  der  Domherrn  und  Beneficiaten  an  den  ver- 
schiedenen erzbischöflichen  und  bischöflichen  Kirchen. 

Artikel  18  bestimmt,  dass  die  Verleihung  der  Cantors- Würde  an  den 
Metropolitankirchen  und  an  einer  bestimmten  Zahl  von  Cathedralkirchen  dem 
Papste,  die  Verleihung  der  Dec  ans -Würde  von  allen  Kirchen  der  K  ö  n  i  g  i  n 
zusteht.  Die  Domherrn  -  Stellen  werden  theils  vom  Papste,  theils  von  den  Bi- 
schöfen und  Capiteln,  theils  von  der  Königin  verliehen.  In  neu  zu  errichtenden 
Diöcesen  werden  alle  Würden,  Domherrn-Stellen  und  Dompfründen  zum  ersten 
Mal  von  der  Königin  verliehen ;  jedoch  müssen  sie  immer  die  canonische  Einsetzung 
und  Verleihung  von  ihren  Ordinarien  haben. 

Auch  den  Präsidenten  der  amerikanischen  Republiken  ertheilt  der 
Papst  die  Bewilligung,  sechs  Domherrn-Pfründen  mit  Ausnahme  der  ersten  Würde, 
welche  der  freien  Verleihung  des  Papstes  vorbehalten  bleibt,  und  des  Canonicus 
Theologalis  und  Pönitentiarius,  welche  vom  Bischöfe  im  Concurswege  zu  besetzen 
sind,  zu  ernennen. 

Die  erste  Würde  an  sämmtlichen  erzbischöflichen  und  bischöflichen  Kir- 
chen verleiht  nach  Artikel  22  des  österreichischen  Ooncordats  der  Papst, 
ausser  wenn  sie  einem  weltlichen  Privatpatronat  unterliegt.  In  diesem  Falle 
verleiht  der  Papst  die  zweite  Würde.  Für  die  übrigen  Dignitäten  und  Domherrn- 
Pfründen  ernennt  wie  früher  der  Kaiser,  so  weit  sie  nicht  zur  freien  bischöf- 
lichen Verleihung  gehören  oder  einem  rechtmässigen  Patronatsrechte  unterste- 
hen. Die  Pfründen  des  Canonicus  Pönitentiarius  und  des  Theologalis  vergibt, 
(nach  Art.  23)  wie  schon  oben  erwähnt,  der  Bischof.  Ausserdem  bestimmt 
Art.  22  noch,  dass  zu  Domherrn  nur  Priester  bestellt  werden  können,  welche 
sowohl  die  von  den  Kirchengesetzen  allgemein  vorgeschriebenen  Eigenschaften 
besitzen,  als  auch  in  der  Seelsorge,  bei  kirchlichen  Geschäften  oder  im  kirch- 
lichen Lehramte  sich  mit  Auszeichnung  verwendet  haben.  Die  Nothwendigkeit 
adeliger  G-eburt  oder  adeliger  Titel  wird  aufgehoben,  jedoch  unbeschadet  der 
stiftungsmässigen  Bedingungen.  Die  löbliche  Gewohnheit ,  die  Domherrn-Stellen 
in  Folge  öffentlicher  Bewerbung  zu  vergeben,  wird,  wo  sie  besteht,  aufrecht 
erhalten. 

7)  Kesidenz  der  Domherrn  und  Dompfründner. 

Artikel  19  des  spanischen  Ooncordats  setzt  fest,  dass  keine  Würde  und 
kein  Oanonicat,  sowie  keine  Pfründe  an  den  Domkirchen,  auf  welcher  die  Pflicht 


Concordate.  ^  67 

persönlicher    Residenz   ruht,   an    solche   verliehen    werden  könne,  welche  durch 
irgend  ein  Amt  genöthigt  sind,  ihre  Residenz  an  einem  andern  Orte  zu  nehmen. 

8)  Wahl  des  Capitel-Verwesers. 

Artikel  20  des  spanischen  Concordats  schreibt  vor,  dass  im  Falle  der 
Erledigung-  eines  Erzbisthums  oder  Bisthums  das  Capitel  innerhalb  eines  be- 
stimmten Zeitraumes  nach  den  Bestimmungen  des  Concils  von  Trient  Einen  Ca- 
pitels-Vicar  unwiderruflich  *  zu  wählen  habe ,  und  hebt  alle  entgegenstehenden 
Privilegien  oder  Gewohnheiten  auf.  Eine  ähnliche  fast  gleichlautende  Bestim- 
mung enthalten  die  amerikanischen  Concordate  in  Artikel  12  (im  Concor- 
dat  mit  Guatimala  Artikel   13). 

9)  Collegiat-Kirchen.  Neue  Eintheilung  der  Pfarreien. 

Die  Artikel  21  bis  23  des  spanischen  Concordats  handeln  von  den 
Collegiat-Kirchen.  Artikel  24  schreibt  eine  neue  Eintheilung  der  Pfarreien  in 
allen  Diöcesen  vor.  Artikel  25  bestimmt,  dass  kein  Capitel  oder  Collegium 
eine  Seelsorge  haben  kann. 

10)  Besetzung  der  Pfarreien. 

Nach  Artikel  26  des  spanischen  Concordats  müssen  künftig  alle  Pfar- 
reien ohne  Unterschied  im  öffentlichen  Concurswege  nach  den  Vorschriften  des 
Concils  von  Trient  besetzt  werden,  so  zwar,  dass  der  König  aus  drei  von  dem 
Bischof  ihm  vorgeschlagenen  Concurrenten  einen  ernennt. 

In  derselben  Weise  wird  es  nach  den  amerikanischen  Concordaten 
(Artikel  9)  mit  der  Besetzung  der  Pfarreien  in  den  amerikanischen  Republiken 
gehalten;  auch  hier  ernennen  die  Präsidenten  nach  vorgängigem  Concurs  und 
nach  dem  Tema- Vorschlage  des  Bischofs.  ,  Auch  die  Artikel  24  und  25  des 
österreichischen  Concordats  schreiben  zur  Vergebung  der  Pfarreien  eine 
öffentlich  ausgeschriebene  Bewerbung  mit  Beobachtung  der  Vorschriften  des 
Concils  von  Trient  vor.  Um  seiner  Apostolischen  Majestät  dem  Kaiser  einen  Be- 
weis besonderen  Wohlwollens  zu  geben,  verleiht  der  Papst  demselben  und  seinen 
katholischen  Nachfolgern  im  Kaiserthume  die  Ermächtigung,  für  alle  Canonicate 
und  Pfarreien  zu  präsentiren,  welche  einem  auf  den  Religions-  oder  Studienfond 
beruhenden  Patronatsrechte  unterstehen,  wobei  er  aber  ebenso  wie  die  geist- 
lichen Patrone  an  den  Terna-Vorschlag  des  Bischofs  gebunden  ist.  Nach  Art.  26 
des  spanischen  Concordats  werden  die  dem  geistlichen  Patronate  unterste- 
henden Pfarreien  auf  dieselbe  Weise  besetzt ;  zu  den  unter  dem  Laien-Patronate 
stehenden  Pfarreien  ernennt  der  Patron  Einen  aus  denjenigen  Priestern  der 
Diöcese,  welche  sich  über  ihre  giltig  abgelegte  Pfarrconcurs-Prüfung  ausweisen, 
vorbehaltlich  des  Rechts  des  Ordinarius,  den  vom  Patron  Präsentirten  einer  Prü- 
fung zu  unterziehen.  Nach  Artikel  30  des  russischen  Concordats  werden, 
wo  das  Patronatsrecht  nicht  besteht  oder  zeitweilig  suspendirt  ist,  die   Pfarrer 

5* 


68  Concordate. 

von    den   Bischöfen   mit   Zustimmung   der  Regierung   nach   einem    vorgängigen 
Pfarr-Examen  auf  Grund  der  Vorschriften  des  Concils  von  Trient  ernannt. 

11)  Kechte  der  Pfründenbesitzer. 

Artikel  27  des  spanischen  Concordats  sichert  die  Rechte  der  augen- 
blicklichen Besitzer  von  solchen  Pfründen  und  Aemtern,  welche  in  Folge  der 
neuen  Anordnungen  aufgehoben  werden  sollen. 

12)  Seminarien,  Convicte  und  ihre  Leitung. 

Artikel  28  des  spanischen  Concordats  stipulirt  die  Errichtung  von  G-e- 
neral-Seminarien  zur  umfassenden  Pflege  der  geistlichen  Studien,  und  von  Diö- 
cesan-Seminarien,  wo  sie  noch  nicht  bestehen,  so  dass  künftig  in  jeder  spani- 
schen Diöcese  wenigstens  Ein  für  die  Erziehung  des  Clerus  hinreichendes  Seminar 
sich  befinde.  Die  Aufnahme  in  das  Seminar  erfolgt  durch  die  Erzbischöfe 
und  Bischöfe.  In  Allem,  was  die  Leitung  der  Seminarien,  die  Lehre  und 
die  Verwaltung  betrifft ,  sind  die  Beschlüsse  des  Concils  von  Trient  zu 
beobachten. 

Die  amerikanischen  Concordate  bestimmen  im  Artikel  10  (Guatimala 
Art.  10  und  12),  dass  in  jeder  Diöcese  ein  bischöfliches  Seminar  errichtet  wer- 
den muss,  dessen  Zöglinge  nach  den  Vorschriften  des  Concils  von  Trient  auf- 
genommen und  unterrichtet  werden.  Dann  heisst  es  weiter:  Ea  omnia,  quae  ad 
eorumdem  Seminar ionim  regimen,  ordinationem,  doctrinam,  gubernationem  et  admi- 
nistrationem  pertinefit,  a  Dioecesano  antistite  unice  pendere  debent,  qui  suam  liberam 
plenamque  mictoritatem  et  jus  in  ea  exercebit.  Rectores  quoque  et  professm'es  semi- 
nariorum  ab  episcopis  libere  nominabuntur,  et  quotiescumque  necessarium  vel  utile 
ab  ipsis  judicabitur,  removebuntur. 

Alles  das,  was  zur  Leitung,  zur  Einrichtung,  zur  Lehre  und  zur  Ver- 
waltung dieser  Seminarien  gehört ,  muss  einzig  und  allein  vom  Diöcesan- 
Bischof  abhängen,  welcher  seine  freie  und  volle  Autorität  und  Rechte  hierin  aus- 
üben wird.  Directoren  und  Professoren  der  Seminarien  werden  von  den 
Bischöfen  frei  ernannt,  und  so  oft  sie  es  für  nöthig  oder  nützlich  halten, 
entfernt  werden. 

Der  Artikel  17  des  österreichischen  Concordats  stipulirt  die  Auf- 
rechthaltung der  bischöflichen  Seminarien  und  die  angemessene  Vermehrung 
ihres  Einkommens,  wo  es  für  den  Zweck  derselben  nicht  hinreicht.  Ferner  be- 
stimmt dieser  Artikel  :  „Die  Bischöfe  werden  dieselben  nach  Richtschnur  der 
heiligen  Kirchengesetze  mit  vollem  und  freiem  Rechte  leiten  und  verwalten. 
Daher  werden  sie  die  Vorsteher  und  Professoren  oder  Lehrer  gedachter  Semi- 
narien ernennen,  und  wann  immer  sie  es  für  nothwendig  oder  nützlich  halten, 
wieder  entfernen,  auch  Jünglinge  und  Knaben  zur  Heranbildung  in  dieselben 
aufnehmen,  sowie  sie  zum  Frommen  ihrer  Kirchensprengel  im  Herrn  es  für 
dienlich  erachten.     Diejenigen,    welche    ihren  Unterricht    in   diesen  Seminarien 


Concordate.  69 

empfangen  haben,  werden  nach  vorausgegangener  Prüfung  ihrer  Befähigung  in 
all  und  jede  andere  Lehranstalt  eintreten  und  mit  Beobachtung  der  betreffen- 
den Vorschriften    um   jede    Lehrkanzel    ausser    dem    Seminare    sich    bewerben 

können." 

Artikel  8  des  würtembergischen  und  badischen  Concordats 
garantirt  die  Freiheit  des  Bischofs,  ein  Semitar  nach  der  Vorschrift  des  Concils  von 
Trient  zu  errichten  und  dieses  Seminar  mit  vollem  und  freien  Rechte  zu  lei- 
ten und  zu  verwalten,  die  Rectoren  und  Professoren  zu  ernennen,  und  wenn 
er  es  für  nöthig  findet  zu  entfernen. 

Bis  hieher  laufen  die  Artikel  des  würtembergischen  und  badischen  Con- 
cordates  parallel,  aber  von  jetzt  an  beginnt  eine  andere  Eintheilung  derselben ; 
während  Artikel  8  des  badischen  Concordats  mit  den  eben  erwähnten  Bestim- 
mungen schliesst,  enthält  Artikel  8  des  würtembergischen  Concordats  noch 
einen  längeren  Zusatz ,  welcher  sich  auf  die  Convicte  in  Ehingen,  Rottweil 
und  Tübingen  bezieht.  Diese  Convicte,  welche  früher  ganz  unter  der  Leitung 
des  Staates  standen  und  deren  Zöglinge  sich  in  Ehingen  und  Rottweil  auf 
den  Gymnasien  zum  Studium  der  Theologie  im  Convict  zu  Tübingen  vorbe- 
reiten, werden,  was  die  religiöse  Erziehung  und  die  häusliche  Disciplin  be- 
trifft, der  Leitung  und  Aufsicht  des  Bischofs  unterworfen.  Im  Uebrigen  unter- 
stehen sie  der  Gymnasial-  und  Studienordnung  und  den  Gesetzen  der  Univer- 
sität. Der  Bischof  kann  von  der  Regierung  Abänderungen  der  bestehenden 
Studienordnungen  an  den  Gymnasien  verlangen,  und  die  Regierung  verspricht, 
ohne  vorheriges  Einvernehmen  mit  dem  Bischöfe  nichts  daran  zu  ändern.  Der 
Bischof  ernennt  und  entlässt  die  Rectoren  und  Repetenten  der  Convicte,  jedoch 
wird  er  solche,  welche  aus  wichtigen  weltlichen  und  politischen  Ursachen  der 
Regierung  nicht  angenehm  sind,  nicht  ernennen,  und  wenn  sie  später  aus  den 
erwähnten  Ursachen  der  Regierung  unangenehm  geworden  sind,  sie  entlassen. 
Der  Bischof  darf  die  erwähnten  Convicte  visitiren,  seine  Vertreter  zu  den  öf- 
fentlichen Prüfungen,  insbesondere  für  die  Aufnahme  der  Zöglinge  schicken  und 
periodische  Berichte  einfordern.  Die  königliche  Regierung  verspricht,  an  den 
Gymnasien  von  Ehingen  und  Rottweil  nach  und  nach  nur  Professoren  aus  dem 
geistlichen  Stande  anzustellen. 

Artikel  9  des  badischen  Concordats  enthält  eine  ähnliche  Bestimmung 
in  Beziehung  auf  ein  an  der  Universität  zu  Freiburg  wieder  herzustellendes 
Convict  (niedere  Convicte  für  die  Gymnasial-Studien  gibt  es  in  Baden  keine). 
Die  Leitung  und  Aufsicht  über  jenes  Collegium  steht  ganz  und  gar  dem  Bi- 
schof zu,  ebenso  wie  die  Ernennung  des  Verwaltungsrathes,  des  Rectors,  der 
Repetenten  und  des  Verwalters  und  die  Aufnahme  der  Zöglinge. 

Im  10.  Artikel  des  badischen  Concordats  wird  die  Errichtung  einiger 
katholischer  Convicte  für  die  Gymnasial-Studien  zugesagt.  Die  Statuten  und 
Regeln  für  diese  Convicte  sind  zwischen  dem  Erzbischof  und  der  Regie- 
rung zu  vereinbaren.    Die  Vorsteher    und  Repetenten    werden  unter  den  Geist- 


70  Concordate. 

liehen  nach  vorgängiger  Verständigung  mit  dem  Erzbischof  erwählt.  Ohne 
Zustimmung  des  Erzbischofs  kann  Niemand  in  das  Convict  aufgenommen 
und  Niemand  in  demselben  behalten  werden.  Alle  Lehrer  an  den  Convicts- 
gymnasien  müssen  Katholiken  sein.  Wenn  der  Erzbischof  Grund  zu  Beschwer- 
den oder  Tadel  über  die  Lehrer  und  andere  an  den  Convicten  Angestellte, 
oder  über  die  Studienordnung,  oder  über  die  Disciplin  zu  haben  glaubt,  wird 
die  Eegierung  für  Abhilfe  Sorge  tragen.  Auch  hat  der  Erzbischof  die  Freiheit, 
alles  das  anzuordnen,  was  die  religiöse  Erziehung  und  den  Unterricht  in  den 
Convicten  betrifft,  und  darüber  zu  wachen,  dass  in  keinem  Lehrgegenstande 
etwas  der  katholischen  Religion  oder  der  Monarchie  Zuwiderlaufendes  vorkomme. 

Nach  Artikel  21  des  russischen  Concordats  hat  der  Bischof  die  oberste 
Leitung  des  Unterrichts,  der  Doctrin  und  Disciplin  in  allen  Seminarien  seiner 
Diöcese  nach  den  Vorschriften  des  Concils  von  Trient  (vergl.  Art.  17  und  18  des 
österreichischen  und  8  des  würtembergischen  Concordates) ;  die  Wahl  der  Eectoren, 
Aufseher,  Professoren  oder  Lehrer  für  die  Diöcesan-Seminarien  steht  dem  Bi- 
schöfe zu,  jedoch  wird  er  sich  zuvor  versichern,  ob  die  Eegierung  nichts  gegen 
ihr  politisches  Benehmen  einzuwenden  hat.  Der  Bischof  kann  einen  oder  mehrere 
Studiencurse  in  seinem  Seminar  zeitweilig  suspendiren;  wenn  er  es  für  noth- 
wendig  hält,  alle  Curse  zu  suspendiren  und  die  Zöglinge  nach  Hause  zu 
schicken,  muss  er  unverzüglich  die  Eegierung  davon  in  Kenntniss  setzen.  Also 
bestimmt  Artikel  22. 

Artikel  23  verleiht  dem  Erzbischof  von  Mohilew  über  die  geistliche  Acade- 
mie  von  St.  Petersburg  dieselbe  Autorität,  welche  die  übrigen  Bischöfe  über 
ihre  Seminarien  haben.  Und  Art.  24  wendet  die  Bestimmungen  des  Art.  22 
auch  auf  die  Wahl  des  Eectors,  des  Inspectors  und  der  Professoren  der  er- 
wähnten Academie  an,  welche  der  Erzbischof  auf  den  Bericht  des  academi- 
schen  Eathes  vornimmt.  Die  Professoren  und  Adjuncten  der  theologischen  Wis- 
senschaften müssen  nach  Art.  25  immer  Geistliche  sein,  die  übrigen  Lehrer 
können  röm.  kath.  Laien  sein.  Jene,  welche  ihre  Studien  in  einer  höheren 
Lehranstalt  des  Eeiches  beendigt  und  academische  Grade  erlangt  haben,  erhal- 
ten den  Vorzug.  Die  Beichtväter  der  Seminarzöglinge,  welche  von  den  Bischöfen 
ernannt  werden ,  haben  nach  Art.  26  keinen  Theil  an  der  Disciplinarlei- 
tung  der  Seminarien.  Nach  der  neuen  Eintheilung  der  Diöcesen  bestimmt  laut 
Art.  27  der  Erzbischof  im  Einvernehmen  mit  den  übrigen  Ordinarien  ein  für 
alle  Mal  die  Zahl  der  Zöglinge,  welche  jede  Diöcese  in  die  Academie  senden 
kann.  Das  Studienprogramm  für  die  Seminarien  entwerfen  nach  Art.  28  die 
Bischöfe.  Für  die  Academie  entwirft  es  der  Erzbischof  im  Einvernehmen  mit 
den  Mitgliedern  seines  academischen  Eathes.  Wenn  die  geistliche  Academie  von 
St.  Petersburg  nach  den  eben  mitgetheilten  Bestimmungen  reorganisirt  worden 
ist,  wird  der  Erzbischof  von  Mohilew  laut  Art.  29  einen  Bericht  über  dieselbe 
an  den  heiligen  Stuhl  senden. 


Concordate.  71 

13)  Einführung  religiöser  Orden. 

Artikel  29  des  spanischen  Concordats  bestimmt,  dass  die  Regierung 
nach  vorgängiger  Rücksprache  mit  den  Diöcesan-Bischöfen  Ordenshäuser  für 
die  Congregationen  des  heil.  Vincenz  von  Paul,  des  heil.  Philippus  Neri  und 
anderer  vom  Apostolischen  Stuhle  bestätigter  Orden  errichten  lasse  ,  und  Art.  30 
trifft  eine  ähnliche  Bestimmung  in  Betreff  der  barmherzigen  Schwestern  und 
anderer  weiblicher  Orden.  Zugleich  wird  bestimmt,  dass  Niemand  zur  Ab- 
legung der  Ordensgelübde  zugelassen  werden  dürfe,  ehe  für  seinen  genügenden 
Unterhalt  vorgesorgt  sei. 

Nach  Artikel  20  des  Concordats  mit  Costarica  darf  in  jener  Republik 
die  Errichtung  von  Klöstern  beiderlei  Geschlechts  und  jedes  vom  heil,  Stuhle 
bestätigten  Ordens  nicht  gehindert  werden. 

Artikel  21  des  Concordats  mit  Guatimala  stipulirt  die  Aufrechthal- 
tung der  bestehenden  Klöster  beiderlei  Geschlechts  und  die  ungehinderte  Er- 
richtung neuer  Klöster. 

Artikel  20  der  Concordate  mit  Nicaragua  und  St.  Salvador  be- 
stimmt, dass  die  Bischöfe  die  Freiheit  haben,  in  ihrer  eigenen  Diöcese  religiöse 
Orden  oder  Congregationen  beiderlei  Geschlechts  in  Gemässheit  der  heiligen 
Kirchengesetze  zu  gründen,  jedoch  nach  vorgängiger  Verständigung  mit  der 
Regierung.  In  Bezug  auf  die  Leitung  und  Verwaltung  der  Orden  bestimmen 
die  vier  amerikanischen  Concordate  gleichlautend,  dass  dieselbe  nach  Massgabe 
der  Kirchengesetze  und  der  Constitutionen  eines  jeden  Ordens  stattzufinden  habe  ^). 

Auch  das  Österreichische  Concordat  stellt  in  Art.  28  den  Erzbischö- 
fen und  Bischöfen  frei,  in  ihre  Kirchensprengel  geistliche  Orden  und  Congre- 
gationen beiderlei  Geschlechts  nach  den  heil.  Kirchengesetzen  einzuführen,  je- 
doch mit  der  Verpflichtung,  sich  hierüber  mit  der  kaiserlichen  Regierung  ins 
Einvernehmen  zu  setzen. 

Weiter  bestimmt  der  erwähnte  Artikel,  dass  jene  Ordenspersonen,  welche 
laut  der  Satzungen  ihres  Ordens  Generaloberen  unterstehen,  die  bei  dem  heil, 
Stuhle  ihren  Wohnsitz  haben,  von  denselben  unbeschadet  der  Rechte  der  Bi- 
schöfe geleitet  werden,  wesshalb  die  Generaloberen  mit  ihren  Untergebenen  in 
allen  zu  ihrem  Amte  gehörigen  Dingen  frei  verkehren  und  die  Visitation  der- 
selben frei  vornehmen ;  auch  wird  allen  Ordenspersonen  die  ungehinderte  Beob- 
achtung ihrer  Regel,  sowie  die  Aufnahme  der  darum  Ansuchenden  ins  Noviziat 
und  ihre  Zulassung  zur  Gelübdeablegung  in  Gemässheit  der  Vorschriften  des 
heil.  Stuhles  gewährleistet.  Dies  Alles  gilt  auch  für  die  weiblichen  Orden,  so 
weit  es  auf  dieselben  Anwendung  leidet.  (Vergl.  Art.  4  Ziffer  6  des  würtem- 
bergischen  und  badischen  Concordats.) 


*)  Die  betreffende  Stelle  lautet:  Quae  autem  ad  regulär  ex  pertinent  juxta  €a- 
nonicarum  legum  et  cujusquc  Ordinis  constitutionum  normam.  erunf  dirigenda  et  ad- 
ministranda. 


72  '  Concordate. 

14)   Dotation  der  Bisthümer. 

Artikel  31  des  spanischen  Concordats  setzt  die  jährlichen  Einkünfte 
der  Erzbischöfe,  Bischöfe  und  sonstigen  Prälaten  fest,  mit  der  Bestimmung, 
dass  diese  Einkünfte  keinerlei  Schmälerung  erleiden  dürfen. 

Die  amerikanischen  Concordate  mit  Costarica,  Nicaragua  und  St.  Sal- 
vador enthalten  in  ihrem  Art.  5  die  gleichlautende  Bestimmung,  durch  welche 
die  Regierung  sich  verpflichtet,  die  Dotation  für  den  Bischof,  das  Capitel,  das 
Seminar  und  die  Auslagen  für  den  Gottesdienst  und  die  geweihten  Gebäude  aus 
dem  Staatsschatze  zu  leisten  und  ungeschmälert  zu  erhalten.  Dasselbe  hat  zu 
geschehen,  wenn  neue  Diöcesen  errichtet  werden. 

Artikel  3  des  würtembergischen  Concordats  bestimmt,  dass  die 
königl.  Regierung  die  von  ihr  jederzeit  anerkannte  Verpflichtung,  das  Bisthum 
mit  festen  Fonds  zu  dotiren,  erfüllen  werde,  sobald  die  Zeitverhältnisse  es  er- 
lauben. Eine  ähnliche  Bestimmung  enthält  Art.  3  des  badischen  Concordats. 

15)  Zehenten. 

Da  die  Dotation  des  Bischofs  in  den  amerikanischen  Republiken  an  die 
Stelle  der  aufgehobenen  Zehenten  tritt,  so  übernimmt  die  Regierung  dieselbe 
cum  titulo  oneroso  und  anerkennt  sie  als  eine  beständige  Nationalschuld  gegen 
die  Kirche,  so  dass  sie  die  Natur  und  das  Wesen  freier,  durchaus  unabhän- 
giger Einkünfte  erlangen. 

Nach  Artikel  5  des  Concordats  mit  Guatimala  dagegen  verpflichtet 
sich  die  dortige  Regierung,  die  Zehenten  aufrecht  zu  erhalten  und  für  ihre 
Leistung  einzutreten.  Dieselben  müssen  auch  bei  einer  Vacanz  des  erzbischöf- 
lichen Stuhles  oder  der  Diöcesan  -  Pfründen  zur  Dotation  des  erzbischöflichen 
Stuhles,  des  Capitels  und  des  Seminars,  zu  den  Kosten  des  Gottesdienstes  und 
zur  Restauration  der  Metropolitankirche  ungeschmälert  verwendet  werden. 

Eine  Aenderung  mit  den  Zehenten  kann  nur  mit  Zustimmung  des  heil. 
Stuhles  getroffen  werden ;  auch  muss  die  Regierung  dann  an  ihrer  Stelle  andere 
Fonds  anweisen,  welche  ein  anständiges  und  freies  Einkommen  als  wahres 
Eigenthum  der  Kirche  mit  allen  jenen  Rechten  gewähren,  deren  jeder  Eigen- 
thümer  in  der  Republik  geniesst;  da  aber  die  Zehenten  kein  hinreichendes 
Einkommen  gewähren,  so  leistet  die  Regierung  einen  jährlichen  Zuschuss 
von  4000  Scudi  aus  dem  Staatsschatze,  welcher  als  wahre  Nationalschuld 
gegen  die  Kirche  anerkannt  wird.  ^) 


^)  Auch  Art.  33  des  österreichischen  Concordats  enthält  eine  Bestimmung 
betreffs  der  Zehenten.  Sie  lautet :  „Da  zur  Zeit  der  vorübergegangenen  Erschütterungen 
an  sehr  vielen  Orten  des  österreichischen  Gebietes  der  kirchliche  Zehent  durch  ein 
Staatsgesetz  aufgehoben  wurde  und  es  in  Anbetracht  der  besonderen  Verhältnisse  nicht 
möglich  ist,  die  Leistung  desselben  im  ganzen  Kaiserthume  wieder  herzustellen,  so 
gestattet  und  bestimmt  Se.  Heiligkeit  auf  Verlangen  Sr.  Majestät  und  in  Ansehung  der 
öffentlichen  Ruhe,  welche  für  die  Religion  von  höchster  Wichtigkeit  ist,  dass,  unbe- 
schadet des  Rechtes,   den  Zehent  dort  einzufordern,    wo  er  noch  wirklich  besteht,  an 


Concordate.  73 

16)  Eeligionsfonds. 

Artikel  37  des  spanischen  Concordats  setzt  fest,  dass  ein  entsprechender 
Theil  des  bischöflichen  Tischtitels  zur  Zeit  der  Vacanz  zwischen  dem  Seminar  und 
dem  künftigen  Bischof  zu  gleichen  Hälften  getheilt  werden  solle.  Aus  den  Ein- 
künften erledigter  Würden,  Canonicate,  Pfarreien  und  Pfründen  wird  in  jeder 
Diöcese  ein  Reservefond  gebildet  und  zur  Verfügung  des  Bischofs  gestellt  für 
unvorhergesehene  Ausgaben  der  Kirchen  und  des  Clerus  und  für  dringende  Bedürf- 
nisse der  Diöcese.  Zur  Vermehrung  dieses  Fonds  wird  auch  der  zwölfte  Theil  dieses 
jährlichen  Einkommens  einer  jeden  Pfründe  bestimmt,  welchen  der  neuernannte 
Pfründenbesitzer  einmal  innerhalb  eines  Jahres  als  Beitrag  zu  leisten  hat. 

Eine  vom  Ordinarius  aus  Domherren  des  Metropolitan-Capitels  gebildete 
Commission,  in  welcher  der  Ordinarius  oder  der  Capitels-Vicar  den  Vorsitz 
führt,  verwaltet  nach  Artikel  5  des  Concordats  mit  Guatimala  die  Einkünfte 
des  vacanten  Bisthums  und  der  vacanten  Pfründen.  ^) 

17)  Nachlass  d^r  Bischöfe. 

Der  letzte  Absatz  im  Artikel  31  des  spanischen  Concordats  hebt  die 
früher  bestandene  Gesetzgebung  über  den  Nachlass  der  Erzbischöfe  und  Bischöfe 
auf  und  stipulirt  für  dieselben  die  Freiheit,  über  das,  was  sie  zur  Zeit  ihres 
Todes  hinterlassen,  nach  ihrem  Gewissen  zu  verfügen,  so  dass  auch  die  ge- 
setzlichen Erben,    welche   den  Nachlass   derselben   ohne  letztwillige  Anordnung 


den  übrigen  Orten  statt  des  gedachten  Zehents  und  als  Entschädigung  für  denselben 
von  der  kaiserlichen  Regierung  Bezüge  aus  liegenden  Gütern  oder  versichert  auf  die 
Staatsschuld  angewiesen  und  Allen  und  Jedem  ausgefolgt  werden,  welche  das  Recht 
den  Zehent  einzufordern  besassen.  Zugleich  erklärt  Se.  Majestät,  dass  diese  Bezüge  ganz 
so,  wie  sie  angewiesen  sind,  kraft  eines  entgeltlichen  Titels  {cum  titulo  one7'oso)  und 
mit  demselben  Rechte  wie  die  Zehenten,  an  deren  Stelle  sie  treten,  empfangen  und 
besessen  werden  sollen. 

*)  Eine  ähnliche  Bestimmung  enthält  Art.  32  des  österreichischen  Concor- 
dats, welcher  das  Erträgniss  der  erledigten  Pfründen  und  insbesondere  das  Einkommen 
der  erledigten  Bisthümer  und  weltpriesterlichen  Abteien  in  Ungarn  und  den  Neben- 
ländern dem  Religionsfonde  zuweist,  und  in  jenen  Theilen  des  Kaiserthums,  wo  kein 
Religionsfond  besteht,  für  jeden  Kirchensprengel  die  Bestellung  einer  gemischten 
Commission  stipulirt,  welche  die  Güter  des  Bisthums  sowie  aller  Pfründen  zur  Zeit 
der  Erledigung  nach  Bestimmungen  verwalten  soll ,  über  welche  der  heil.  Vater  und 
Se.  Majestät  sich  einzuverstehen  gedenken. 

Der  4.  Absatz  des  Art.  10  des  würtembergi sehen  Concordats  gestattet  die 
Fortdauer  des  sogenannten  Intercalarfonds  im  Namen  der  Kirche  und  unter  der  Auto- 
rität des  Bischofs  durch  eine  gemischte,  zu  gleichen  Theilen  von  dem  Bischof  und  von 
der  Regiemug  zu  ernennenden  Commission  unter  dem  Vorsitze  des  Bischofs  oder  seines 
Vertreters.  In  diesen  Intercalarfonds  fliessen  die  Einkünfte  der  erledigten  Pfründen 
während  einer  gewissen  Zeit, 


74  Concordate. 

antreten,  nach  ihrem  Gewissen  zu  handeln  verpflichtet  sind.     In  beiden  Fällen 
aber  gehen  die  Pontifical-Gewänder  und  Ornamente  auf  die  Nachfolger  über.  ^) 

18)  Einkünfte  der  Domherrn  und  Pfarrer. 

Der  Artikel  32  des  spanischen  Concordats  setzt  die  Einkünfte  der  Wür- 
denträger und  der  Domcapitel  fest,  und  Artikel  33  die  der  Pfarrer  und  Pfarr- 
gehilfen. 

Artikel  6  der  Concordate  mit  Costarica,  Nicaragua  und  St.  Salvador 
setzt  fest,  dass  die  Pfarrer  nach  wie  vor  die  Erstlinge  und  die  Stolgebühren 
beziehen,  welche  von  den  Bischöfen  im  Wege  des  Gesetzes  fixirt  werden  können, 
bis  die  Regierung  nach  vorgängiger  Verständigung  mit  den  Ordinarien  den 
Pfarrern  eine  entsprechende,  sichere  und  unabhängige  Dotation  angewiesen  haben 
wird.  Eine  ähnliche  wenn  auch  nicht  ganz  gleichlautende  Bestimmung  enthält 
Artikel  6  des  Concordats  mit  Guatimala. 

Nach  Artikel  26  des  österreichischen  .Concordats  muss  die  Ausstat- 
tung der  Pfarren  sowohl  des  lateinischen  als  des  '  griechisch-unirten  Ritus,  so- 
weit nicht  ein  Patron  die  Last  zu  tragen  hat,  sobald  als  möglich  vermehrt 
werden,  wenn  sie  keine  genügende  Congrua  haben. 

Nach  dem  5.  Absatz  des  Artikels  10  des  würtembergischen  Con- 
cordats müssen  die  Einkünfte  des  Intercalarfondes  hauptsächlich  zur  Vermehrung 
des  Einkommens  der  Pfarreien  bis  zur  Congrua  (700  Gulden  rheinisch)  zur  An- 
weisung entsprechender  Pensionen  für  altersschwache  und  kranke  Pfründner, 
zur  Gründung  von  Tischtiteln  für  die  Cleriker  und  zur  Besoldung  der  Vicare 
verwendet  werden ;  was  übrig  bleibt,  darf  nur  zu  anderen  Bedürfnissen  der  Kirche 
angewendet  werden. 

19)  Cult-Kosten. 

Artikel  34  des  spanischen  Concordats  setzt  die  Summen  zur  Bestrei- 
tung der  Cult-Kosten  in  den  Domkirchen  und  in  den  Pfarrkirchen  fest.  ^) 


1)  Artikel  21  des  österreichischen  Concordats  bestimmt  in  dieser  Richtung 
wie  folgt:  In  allen  Theilen  des  Reiches  wird  es  Erzbischöfen,  Bischöfen  und  säramt- 
lichen  Geistlichen  freistehen,  über  das,  was -sie  zur  Zeit  ihres  Todes  hinterlassen,  nach 
den  heiligen  Kirchengesetzen  zu  verfügen,  deren  Bestimmungen  auch  von  den  gesetz- 
lichen Erben,  welche  den  Nachlass  derselben  ohne  letztwillige  Anordnung  antreten, 
genau  zu  beobachten  sind.  In  beiden  Fällen  werden  bei  Bischöfen,  welche  einen 
Kirchensprengel  leiten,  die  bischöflichen  Abzeichen  und  Kirchengewande  ausgenommen 
sein,  denn  diese  sind  als  zum  bischöflichen  Tafelgute  gehörig  anzusehen  und  gehen 
auf  die  Nachfolger  im  Bisthume  über.  Dasselbe  wird  von  den  Büchern  dort,  wo  es 
in  Uebung  ist,  beobachtet  werden. 

2)  Nach  dem  österreichischen  Concordate  werden  diese  Ausgaben  aus  den 
Einkünften  des  Religionsfondes  insolange  bestritten,  bis  dieser  Fond  durch  ein  Ein- 
vernehmen zwischen  dem  Apostolischen  Stuhle  und  der  kaiserlichen  Regierung  in  blei- 
bende und  kirchliche  Ausstattungen  getheilt  wird.  Zur  Ergänzung  des  Fehlenden  (heisst 


Concordate.  75 

20)  Einkünfte  der  Seminarien  und  der  Klöster. 
Eestitutionen. 

Artikel  35  des  spanischen  Concordats  stipulirt  die  Einkünfte  der  Se- 
minarien und  der  Klöster  und  die  unverweilte  Zurückgabe  der  noch  nicht  ver- 
kauften Klostergüter,  gestattet  jedoch  den  Prälaten  den  Verkauf  derselben  und 
die  Verwandlung  des  Erlöses  in  dreipercentige  Renten. 

Artikel  36  bestimmt,  dass  die  in  den  vorhergehenden  Artikeln  festgesetz- 
ten Summen  für  den  Clerus  und  für  die  Cult-Kosten  nach  Umständen  auch 
erhöht  werden  können. 

Artikel  38  zählt  die  Fonds  auf,  aus  welchen  die  Dotation  für  die  Cult- 
Kosten  und  den  Clerus  bestritten  werden  sollen,  und  stipulirt  die  unverweilte 
Zurückgabe  der  noch  nicht  verkauften  Kirchengüter  mit  der  Erlaubnis?,  den 
Werth  derselben  in  dreipercentige  Renten  zu  verwandeln. 

Artikel  39  legt  der  Regierung  die  Verpflichtung  auf,  dafür  zu  sorgen, 
dass  diejenigen,  welche  im  Besitze  von  Kirchen-  und  Stiftungsgütern  sind, 
die  mit  diesen  Kirchen  verbundenen  Lasten  tragen,  oder  nach  Umständen 
diese  Lasten  selbst  zu  tragen. 

21)  Verwaltung  des  Kirchengutes. 

Artikel  40  des  spanischen  Concordates  regelt  das  Eigenthumsrecht  der 
Kirche  auf  ihre  Güter  und  das  Recht  der  freien  Verwaltung  derselben.  ^) 


es  in  dem  Art.  31  wörtlich)  wird  Se.  Majestät  in  derselben  Weise,  wie  bisher,  auch 
künftighin  gnädig  Hilfe  leisten,  ja  wofern  es  die  Zeitverhältnisse  gestatten,  sogar 
grössere  Unterstützung  gewähren.  Ingleichen  wird  das  Einkommen  des  Studienfonds 
einzig  und  allein  auf  den  katholischen  Unterricht  und  nach  dem  frommen  Willen  des 
Stifters  verwendet  werden.  —  Art.  31  des  russischen  Concordats  legt  die  Reparatur- 
Kosten  der  römisch-katholischen  Kirchen  den  Gemeinden  auf.  Wo  die  Mittel  nicht 
zureichen,  kann  man  sich  an  die  Regierung  um  Unterstützung  wenden.  Die  Erbauung 
neuer  Kirchen  und  die  Vermehrung  der  Pfarreien  wird  nach  Bedürfniss  zugesagt. 

^)  Art.  30 und  31  des  österreichischen  Concordats  bestimmen:  Die  Verwal- 
tung der  Kirchengüter  wird  von  denjenigen  geführt  werden,  welchen  sie  nach  den 
Kirchengesetzen  obliegt.  Allein  in  Anbetracht  der  Unterstützung,  welche  Se.  Majestät 
zur  Bestreitung  der  kirchlichen  Bedürfnisse  aus  dem  öffentlichen  Schatze  huldreich 
leistet  und  leisten  wird,  sollen  diese  Güter  weder  verkauft  noch  mit  einer  beträcht- 
lichen Last  beschwert  werden,  ohne  dass  sowohl  der  heil.  Stuhl  als  auch  Se.  Majestät 
der  Kaiser  oder  Jene,  welche  Dieselben  hiemit  zu  beauftragen  finden,  dazu  ihre  Ein- 
willigung gegeben  haben. 

Die  Güter,  aus  welchen  der  Religions-  und  Studienfond  besteht,  sind  kraft  ihres 
Ursprunges  Eigenthum  der  Kirche  und  werden  im  Namen  der  Kirche  verwaltet  wer- 
den, während  die  Bischöfe  die  ihnen  gebührende  Aufsicht  nach  den  Bestimmungen 
üben,  über  welche  der  heil.  Stuhl  mit  Sr.    kaiserlichen  Majestät  übereinkommen  wird. 

Der  2.  Absatz  des  Art.  10  des  würtembergischen  (Art.  12  des  badischen) 
Concordats  bestimmt,  dass  die  Kirchengüter  im  Namen  der  Kirche  unter  Aufsicht 
des    Bischofs   von   demjenigen  verwaltet   werden,   welchem    die   Verwaltung   entweder 


76  '  Concordate. 

22)  Erwerbs-  und  Eigenthumsrecht  der  Kirche. 

Artikel    41    des   spanischen   Concordats   gewährleistet   der   Kirche    das 
Recht  neue  Besitzungen  zu  erwerben,  und  die  Unverletzlichkeit  ihres  Eigen- 


durch  die  Anordnung  der  Kirchengesetze,  oder  durch  ein  Gewohnheitsrecht,  oder  ein 
Privilegium,  oder  eine  örtliche  Verfügung  rechtmässig  zukömmt.  (Im  badischen  Con- 
cordate heisst  es  statt  durch  eine  örtliche  Verfügung:  durch  eine  Stiftung.)  Alle  Ver- 
walter aber  haben  jährlich  dem  Ordinarius  und  dessen  Abgeordneten  Rechnung  abzu- 
legen, auch  wenn  sie  aus  den  erwähnten  Titeln  noch  Anderen  Rechnung  abzulegen  hätten. 
Der  3.  Absatz  des  würtembergischen  Concordats  gestattet,  dass  die  Kirchen- 
fabriken und  die  übrigen  örtlichen  Stiftungen  im  Namen  der  Kirche  auf  .dieselbe  Weise 
wie  früher  verwaltet  werden,  jedoch  müssen  die  Pfarrer  und  Landdecane,  welche  diese 
Verwaltung  führen,  dies  im  Auftrage  des  Bischofs  thun. 

Die  Regierung  muss  nach  dem  6.  Absätze  des  Art.  10  von  der  Verwaltungs- 
commission immer  über  den  Stand  und  über  die  Verwendung  des  Intercalar-Fonds 
in  Kenntniss  erhalten  werden. 

So  lange  diese  gemischte  Commission  besteht,  werden ,  wie  der  siebente  Ab- 
satz bestimmt,  auch  die  übrigen  Pfründen  unter  der  Oberaufsicht  der  erwähnten 
Commission  nach  den  Kirchengesetzen  verwaltet  werden. 

Die  Artikel  13  bis  21  des  badischen  Concordats  bestimmen  über  die  Ver- 
waltung der  Kirchengüter  folgendes:  Die  kirchlichen  Güter  und  Stiftungen  jeder  Art 
können  weder  verkauft,  noch  vertauscht,  noch  in  Erbpacht  gegeben,  noch  mit  Hypotheken 
oder  anderen  Lasten  belastet,  noch  länger  als  auf  90  Jahre  verpachtet,  noch  können 
ihre  Einkünfte  ohne  Erlaubniss  der  Kirchengewalt  zu  einem  andern  von  den  Bestim- 
mungen der  Stiftung  abweichenden  Zwecke  verwendet  werden.  Jedoch  gestattet  der  heil. 
Stuhl,  dass  bei  einer  Veräusserung  oder  neuen  Belastung  des  Kirchenguts  oder  bei 
einer  Verwendung  seiner  Einkünfte  zu  anderen  Zwecken  auch  die  Zustimmung  der 
Regierung  eingeholt  werde.  Die  Güter,  welche  zum  erzbischöflichen  Tafelgut,  zum  Dom- 
capitel,  zur  Metropolitankirche  und  zum  Seminar  gehören,  werden  vom  Erzbischof 
oder  vom  Domcapitel  nach  den  Bestimmungen  der  Kirchengesetze  frei  verwaltet,  so 
wie  alle  andern  Fonds,  welche  aus  der  Erledigung  des  erzbischöflichen  Stuhls,  oder 
irgend  einer  Dompfründe,  oder  aus  neuen  Stiftungen  von  Privatleuten  zugewachsen 
sind  oder  künftig  zuwachsen  können.  Jedoch  ist  zur  Veräusserung  und  Belastung  der 
Güter  und  Fonds,  welche  die  Regierung  zur  Dotation  der  erzbischöflichen  Kirche  be- 
reits angewiesen  hat,  oder  künftig  anweisen  wird,  die  Zustimmung  der  Regierung  er- 
forderlich. Auch  kann  die  Regierung  sich  von  der  ungeschmälerten  Erhaltung  der 
Güter  Ueberzeugung  verschaifen. 

Die  Güter,  welche  die  sogenannten  Landcapitel  (die  Corporation  der  Pfarrer  eines 
Decanatsbezirks)  besitzen,  werden  nur  unter  der  Aufsicht  des  Erzbischofs  frei  verwaltet. 
Die  örtlichen  Stiftungen,  Güter  und  Kirchenfabriken  werden  im  Namen  der 
Kirche  und  mit  Ermächtigung  und  im  Auftrage  des  Erzbischofs  in  den  einzelnen 
katholischen  Gemeinden  in  der  bisherigen  Weise  verwaltet.  Alle,  welche  in  den  Stif- 
tungsrath  gewählt  werden,  so  wie  der  aus  diesen  zu  wählende  Rechnungsführer,  be- 
dürfen der  Bestätigung  der  Regierung  und  des  Erzbischofs  oder  ihrer  Vertreter.  Auch 
ist  die  Verwaltung  durch  die  von  dem  Erzbischof  abgeordneten  Decane  und  die  Be- 
amten der  Regierung  gleichzeitig  zu  inspiciren.  Die  Güter,  welche  zur  Bestreitung  be- 
sonderer Bedürfnisse  verliehen  sind,  werden  von  CoUegien  verwaltet,  welche  zur  Hälfte 
von  der  Regierung,  zur  Hälfte  vom  Erzbischof  aus  katholischen  Männern  erwählt 
werden    imd  beiden  genehm  sein/ müssen. 


Concordate.  77 

thums,  welches  sie  jetzt  besitzt  oder  künftig  erwerben  wird.  Auch  setzt  er 
fest,  dass  ohne  Zustimmung  des  Apostolischen  Stuhles  künftig  keine  Aufhe- 
bung noch  Vereinigung  der  alten  oder  neuen  kirchlichen  Stiftungen  statt- 
finden darf. 

Aehnlich  lautet  Artikel  17  der  amerikanischen  Concordate  (Gua- 
timala  Art.  18).  „Die  Kirche  (heisst  es  in  denselben)  geniesst  das  Recht,  neue 
Besitzungen  unter  jedem  rechtmässigen  Titel  zu  erwerben,  und  ihr  erworbener 
Besitz  wird  eben  so  heilig  und  unverletzlich  sein,  wie  das  Eigenthum  anderer 
Bürger  der  Republik.  ... 

Artikel  29  des  österreichischen  Concordats  lautet  fast  wörtlich 
wie  Artikel  41  des  spanischen  —  nämlich :  Ecclesia  jure  suo  pollehit^  novas 
justo  quovis  titulo  libere  acquirendi  possessiones  ejusqve  proprietas  in  omnibits,  quae 


Das  Collegium  wählt  sich  einen  Vorsitzenden  und  sein  Rechnungsführer  muss 
von  der  Regierung  und  vom  Erzbischof  bestätigt  werden.  Zur  Verwaltung  des  Inter- 
calarfonds  und  anderer  allgemeiner  kirchlichen  Stiftungen,  so  wie  zur  Oberaufsicht 
über  die  Verwaltung  aller  im  Grossherzogthum  bestehenden  kirchlichen  Stiftungen, 
wird  eine  gemischte  Commission  eingesetzt,  welche  im  Namen  des  Erzbischofs  und  der 
Regierung  sich  von  den  einzelnen  Verwaltern  Rechnung  über  Einnahmen  und  Ausgaben 
Rechnung  legen  lässt.  Welche  Stiftungen  als  allgemeine  kirchliche  zu  betrachten  sind,  bleibt 
einer  Uebereinkunft  zwischen  der  Regierung  und  dem  Erzbischof  vorbehalten.  Diese 
gemischte  Commission  besteht  aus  Katholiken,  welche  von  der  Regierung  und  dem  Erz- 
bischof in  gleicher  Zahl  erwählt  werden.  Der  Vorsitzende  dieser  Commission  wird  aus 
denjenigen  Ländern,  welche  die  Regierung  und  der  Erzbischof  dazu  vorschlagen,  von 
der  Regierung  und  vom  Erzbischof  gemeinschaftlich  gewählt  und  ernannt,  und  führt 
zugleich  den  Vorsitz  in  der  katholischen  Schulcommission.  Für  die  Geschäftsführung 
der  gemischten  Commission  ist  von  der  Regierung  und  vom  Erzbischof  eine  Instruction 
gemeinschaftlich  auszuarbeiten.  Die  Verwalter  aller  kirchlichen  Fonds  und  Stiftungen 
müssen  Katholiken  sein.  Der  Erzbischof  hat  das  Recht,  in  den  Stand,  in  die  Lage, 
in  die  Lasten  und  in  die  Documente  aller  Stiftungen  Einsicht  zu  nehmen,  um  in  Ge- 
meinschaft mit  der  Regierung  die  geeigneten  Vorschriften  für  die  Verwaltung  dersel- 
ben und  für  die  Verwendung  der  jährlichen  Einkünfte  zu  erlassen. 

An  diese  Vorschriften  muss  auch  die  gemischte  Commission  bei  Ausübung  ihres 
Amtes  und  bei  Prüfung  ^er  Rechnungen  sich  halten.  Bei  der  Festsetzung  der  Aus- 
gaben für  die  Cultkosten  der  einzelnen  Kirchen  ist  hauptsächlich  auf  die  Wünsche  des 
Erzbischofs  Rücksicht  zu  nehmen,  welchem  es  dann  allein  freisteht,  über  die  Verwen- 
dung der  festgesetzten  Summen  zu  gottesdienstlichen  Zwecken  zu  bestimmen. 

Will  der  Erzbischof  zu  ausserordentlichen  Bedürfnissen  des  Cultus  die  Ueber- 
schüsse  einer  kirchlichen  Stiftung  verwenden,  so  hat  er  sich  mit  der  Regierung  zu 
verständigen. 

Die  Pfründen  werden  von  ihren  Inhabern  nach  der  Anordnung  der  heil.  Kirchen- 
gesetze unter  der  Aufsicht  der  erwähnten  Commission  verwaltet.  Die  Güter  erledigter 
Pfründen  werden  von  den  Kämmerern  der  Landcapitel  oder  von  anderen  Männern, 
über  welche  sich  der  Erzbischof  mit  der  Regierung  vereinigt,  verwaltet  und  die  Ein- 
künfte fliessen  nach  Abzug  der  Lasten  in  den  Intercalarfond,  wenn  sie  nicht  nach  den 
örtlichen  Umständen  zur  Aufbesserung  der  Pfründe  selbst  oder  zum  Nutzen  der  Orts- 
kii'che  zu  verwenden  sind. 


78  Concordate. 

nunc  possidet,  vel  inposterum  acquiret,  inviolahilis  solemniter  erit.  Proinde  quoad 
antiquas  novasque  ecclesiasticas  fundationes  nulla  vel  suppressio  vel  unio  fieri  po- 
terit,  absque  interventu  auctoritatis  Äpostolicae  Sedis  salvis  fa^cultatihus  a  Sacro 
Concilio  Tridentino  Episcopis  trihutis.  „Die  Kirche  wird  berechtigt  sein,  neue 
Besitzungen  auf  jede  gesetzliche  Weise  frei  zu  erwerben  und  ihr  Eigenthum 
wird  hinsichtlich  alles  dessen,  was  sie  gegenwärtig  besitzt  oder  in  Zukunft 
erwirbt,  unverletzlich  bleiben,  daher  werden  weder  ältere  noch  neuere  kirch- 
liche Stiftungen  ohne  Ermächtigung  von  Seite  des  heil.  Stuhles  aufgehoben 
oder  vereiniget  werden,  jedoch  unbeschadet  der  Vollmachten,  welche  das  heil. 
Concilium  von  Trient  den  Bischöfen  verliehen  hat. 

Der  1.  Absatz  des  Artikel  10  des  würtembergi sehen  und  des 
Artikel  12  des  badischen  Concordats  bestimmt,  dass  die  zeitlichen  Güter, 
welche  die  Kirche  als  Eigenthum  besitzt  oder  künftig  erwerben  wird,  immer 
und  ungeschmälert  erhalten  bleiben ,  jedoch  den  öffentlichen  Lasten  und  Ab- 
gaben, sowie  den  andern  allgemeinen  Staatsgesetzen  wie  jedes  andere  Eigen- 
thum unterworfen  sind.  Das  würtemb ergische  Concordat  fügt  noch  bei,  dass 
sie  ohne  Erlaubniss  der  Kirchengewalt  nicht  zerstückelt  und  veräussert,  und 
ihre  Erträgnisse  zu  keinem  andern  Zwecke  verwendet  werden  dürfen.  (Vgl. 
Artikel  41  des  spanischen,  17  der  amerikanischen  und  19  des  österreichi- 
schen Concordats.) 

23)  Indemnität  für  frühere  Spoliationen. 

Artikel  42  des  spanischen  Concordats  gewährt  den  Käufern  und  Be- 
sitzern von  Kirchengütern,  welche  in  den  früheren  Wirren  verkauft  wurden, 
die  Sicherheit  eines  unbelästigten  Besitzes  und  eines  sichern  und  friedlichen 
Genusses  ihrer  Einkünfte,  und  zwar  erklärt  der  Papst,  dass  er  auf  die  Bitte 
der  Königin  zur  Sicherung  der  öffentlichen  Euhe  und  in  Anbetracht  des  Nutzens, 
welcher  für  die  Sache  der  Religion  aus  diesem  Concordat  hervorgehen  werde, 
diese  Concession  für  sich  und  seine  Nachfolger  mache. 

Artikel  19  der  amerikanischen  Concordate  enthält  eine  ganz  ähnliche 
Bestimmung  jedoch  mit  dem  Zusätze:  Id  tarnen  semper  fixum  firmunque  esse 
dehehit,  ut  hujusmodi  ahvsivae  alienationes  nnnquam  renoventur.  „Jedoch  muss  es 
fest  dabei  bleiben,  dass  derartige  missbräuchliche  Veräusserungen  nie  mehr 
vorkommen. " 

24)   Ergänzung  des  im  Concordate  nicht  Vorgesehenen  aus 
dem  Canonischen  Recht. 

Artikel  43  des  spanischen  Concordats  lautet:  Cetera  ad  res  et  per- 
sonas  ecclesiasticas  pertinentia,  super  quibus  provisum  non  est  articulis  praeciden- 
tibus,  dirigenttir  omnia  et  administrabuntur  juxta  canonice  vigentem  Ecclesiae 
disciplinam.  „Das  Übrige  auf  kirchliche  Sachen  und  Personen  Bezügliche,  wor- 
über  in   den   vorhergehenden   Artikeln   keine   Bestimmung  getroffen   ist,    wird 


I 


Concordate.  79 

alles    nach    der   canonisch  geltenden   Disciplin    der    Kirche    geleitet    und    ver- 
waltet werden." 

Beinahe  wörtlich  gleichlautend  ist  Art.  25  der  amerikanischen  Con- 
cordate (Guatimala  Art.  26)  und  auch  Art.  34  des  österreichischen 
Concordats  lautet  im  Wesentlichen  ebenso,  nur  heisst  es  am  Schlüsse  statt 
luxta  canonice  vig entern  Ecclesiae  disciplinam:  —  juxta  Ecclesiae  doctrinam  et  ejus 
vigentem  disciplinam  a  Saricta  Sede  adprobatam,  „nach  der  Lehre  der  Kirche 
und  ihrer  in  Kraft  stehenden  von  dem  heiligen  Stuhle  gutgeheissenen  Disciplin." 

2(3)    Abschaffung  der  entgegenstehenden  Gesetze  und  Privi- 
legien.    Beilegung  von  Schwierigkeiten. 

Artikel  44  des  spanischen  Concordats  hält  die  königlichen  Vor- 
rechte der  Krone  Spaniens  in  Gemässheit  der  früheren  Concordate  aufrecht, 
soweit  sie  durch  das  gegenwärtige  Concordat    keine   Aenderung  erlitten  haben. 

Artikel  45  des  spanischen  Concordats  hebt  alle  dem  neuen  Concordat 
widersprechenden  Gesetze  und  Verordnungen  auf  und  erklärt  das  Concordat  für 
ein  auf  ewige  Zeiten  giltiges  Staatsgesetz. 

Beide  contrahirende  Theile  versprechen  für  sich  und  ihre  Nachfolger,  alles, 
was  in  den  vorhergehenden  Artikeln  vereinbart  worden  ist ,  gewissenhaft  zu 
beobachten.  Wenn  künftig  eine  Schwierigkeit  sich  ergeben  sollte,  so  werden 
Seine  Heiligkeit  und  die  königliche  Majestät  sich  zur  freundschaftlichen  Bei- 
legung derselben  mit  einander  ins  Einvernehmen  setzen  ^). 

Artikel  26  der  amerikanischen  Concordate  (Guatimala  Art.  27)  ent- 
hält eine  ähnliche  in  allen  vier  Concordaten  wörtlich  gleichlautende  Bestimmung, 

durch  welche  alle  wie  und  wann  immer  in  der  Republik erlassenen 

Gesetze  und  Verordnungen,  so  weit  sie  mit  dem  Concordat  im  Widerspruch 
stehen,  für  abgeschafft  erklärt  werden,  während  das  Concordat  selbst  für  alle 
Zukunft  als  Staatsgesetz  gelten  soll. 

Artikel  35  des  österreichischen  Concordats  lautet  fast  wörtlich  wie 
Art.  45  des  spanischen  Concordats,  nämlich:  Per  solemnem  hanc  Conventionem 
leges,  ordinationes  et  decreta  quovis  modo  et  forma  in  Imperio  Austriaco  et  sin- 
gidis,  quibus  constituitur  ditionibus,  hactenus  lata,  in  quantum  Uli  adversantur, 
ahrogata  habebuntur,  ipsaque  Conventio  ut  lex  Status  deinceps  eisdem  in  ditionibus 
perpetuo  vigebit.  Atque  idcireo  utraque  contrahentium  pars  spondet,  se  successo- 
resque  suos  omnia  et  singula,  de  quibus  conventum  est,  sancte  servaturos.  Si  qua 
vero  in  i)osterum  supervenerit  difßcuUas,    Sanctitas  Sua    et  Majestas   Caesarea    in- 


^)  Artikel  46  des  spanischen  Concordats  enthält  die  Bestimmung  über  die  Aus- 
wechslung der  Ratificationen. 

Damit  hätten  wir  den  Inhalt  des  spanischen  Concordats  erschöpft.  Die 
Concordate  mit  den  amerikanischen  Republiken  und  mit  Oesterreich,  Wür- 
temberg  und  Baden  enthalten  aber  noch  einige  Bestimmungen,  welche  sich  im 
spanischen  Concordate  nicht  finden,  nämlich  die  nachfolgenden  unter  Z.  27—33. 


g()  Concordate. 

vicem  conferent  ad  rem  amice  componendam.  „Alle  im  Kaiserthume  Oesten'eich 
und  den  einzelnen  Ländern,  aus  welchen  dasselbe  besteht,  gegenwärtig  in 
was  immer  für  einer  Weise  und  Gestalt  erlassenen  G-esetze,  Anordnungen  und 
Verfügungen  sind,  insoweit  sie  diesem  feierlichen  Vertrage  widerstreiten  ,  als 
durch  denselben  aufgehoben  anzusehen  und  der  Vertrag  selbst  wird  in  denselben 
Ländern  immer  die  Geltung  eines  Staatsgesetzes  haben.  Deshalb  verheissen 
beide  Vertragschliessenden  Theile,  dass  sie  und  ihre  Nachfolger  Alles  und  Jedes, 
worüber  man  sich  vereinbart  hat,  gewissenhaft  beobachten  werden.  Wofern  sich 
aber  in  Zukunft  eine  Schwierigkeit  ergeben  sollte,  werden  Se.  Heiligkeit  und 
Se.  kaiserliche  Majestät  sich  zur  freundschaftlichen  Beilegung  der  Sache  ins 
Einvernehmen  setzen. 

Artikel  12  des  würtembergischen  und  Artikel  23  des  badischen 
Concordats  erklären  alle  Erlässe  und  Verordnungen,  welche  mit  dem  Concordate 
nicht  im  Einklänge  stehen,  für  abgeschafft  und  verlangen  die  Aenderung  der- 
jenigen Gesetzesbestimmungen,  welche  dem  Concordate  widersprechen.  Artikel 
13  des  würtembergischen  und  Art.  24  des  badischen  Concordats  bestimmen, 
dass,  im  Falle  sich  Schwierigkeiten  in  Betreff  der  Uebereinkunft  künftig  ergeben, 
zwischen  Sr.  Heiligkeit  und  den  Souveränen  von  Würtemberg  und  Baden  zur 
freundschaftlichen  Beilegung  der  Sache  ein  Einvernehmen  stattfinden  soll. 

27)  Das  Patronatsrecht. 

Artikel  12  des  österreichischen  Concordates  überweist  das  Patro- 
natsrecht der  Entscheidung  des  kirchlichen  Gerichtes,  doch  gibt  der  heil.  Stuhl 
seine  Zustimmung,  dass,  wenn  es  sich  um  ein  weltliches  Patronatsrecht  handelt, 
die  weltlichen  Gerichte  über  die  Nachfolge  in  demselben  Recht  sprechen  können, 
der  Streit  möge  zwischen  den  wahren  und  angeblichen  Patronen  oder  zwischen 
Geistlichen,  welche  von  diesen  Patronen  für  die  Pfründe  bezeichnet  wurden, 
geführt  werden. 

Der  4.  Absatz  des  Artikel  5  des  würtembergischen  und  badi- 
schen Concordats  gestattet  entsprechend  dem  Artikel  12  des  österreichischen 
Concordats,  dass  die  weltlichen  Gerichte,  wenn  es  sich  um  ein  Laien-Patronat 
handelt,  über  die  mit  einem  solchen  Patronat  verbundenen  weltlichen  Rechte 
und  Lasten    sowie  über  die  Nachfolge  in  demselben  Recht  sprechen  können. 

28)  Gerichtsstand  der  Geistlichen  in  weltlichen 
Angelegenheiten. 

Artikel  14  der  amerikanischen  Concordate  (Guatimala  Art.  15) 
lautet :  Temporum  ratione  habita  Sanctitas  Sua  consentit,  ut  causae  civiles  clerico- 
rum  ad  laicos  judices  referantur,  sive  personales  sint,  sive  reales,  quae  scilicet 
possessiones  atque  alia  temporalia  clericorum,  ecdesiarum  beneßciorum  aliarumque 
ecclesiasticarum  fundationum  jura  respiciant.  „Mit  Rücksicht  auf  die  Zeitver- 
hältnisse gestattet  Seine  Heiligkeit,  dass  die  weltlichen  Rechtsachen  der  Geist- 


Concordate.  81 

liehen  vor  Laienrichter  gebracht  werden,  mögen  sie  persönlich  oder  dinglich 
sein,  sofern  sie  nämlich  Besitzungen  oder  andere  zeitliche  Rechte  der  Geist- 
lichen, der  Kirchen,  der  Pfründen  und  andere  kirchliche  Stiftungen  betreffen. 
In  dem  Concordate  mit  Guatimala  hat  dieser  Artikel  noch  folgenden  Zusatz: 
Si  vero  contigerit,  vt  inter  Ecdesidsticos  Viros  haheantur  quaesfiones,  illas  Epis- 
copi  veluti  arbitri  dirimere  mit  co7iciUare  poterunt ;  ita  ut  quoties  hupismodi  expe- 
nmentum  omittatur,  et  desit  legale  documentum,  ex  quo  constei  experimentum  idem 
ahsque  idlo  effectu  fuisse  peractum,  nullum  Status  tribunal  poterit  actorum  petitiones 
admittere,  et  ad  illarum  cognitionem,  procedere.  „Sollte  es  aber  vorkommen,  dass 
Streitigkeiten  zwischen  Geistlichen  unter  einander  entstehen,  so  werden  die 
Bischöfe  dieselben  als  Schiedsrichter  schlichten  oder  vergleichen  können,  so 
dass  kein  Staatsgericht  eine  Klage  zulassen  oder  ein  Erkenntniss  fällen  kann, 
wo  ein  solcher  schiedsrichterlicher  Versuch  unterlassen,  oder  kein  legales 
Document  beigebracht  wird,  aus  welchem  hervorgeht,  dass  ein  solcher  Versuch 
ohne  allen  Erfolg  stattgefunden  habe." 

Artikel  13  des  österreichischen  Concordats  bestimmt  in  ähnlicher 
Weise:  Temporum  ratione  habita  Sanctitas  Sua  consentit,  ut  Clericorum  causas 
mere  civiles,  prout  contractuum,  debitorum,  haereditatum  judices  saeculares  cognos- 
ca.nt  et  definiant.  „Mit  Rücksicht  auf  die  Zeitverhältnisse  gibt  der  heilige  Stuhl 
seine  Zustimmung,  dass  die  blos  weltlichen  Rechtssachen  der  Geistlichen,  die 
Verträge  über  das  Eigenthumsrecht,  Schulden,  Erbs  chaften  von  dem  weltlichen 
Gerichte  untersucht  und  entschieden  werden." 

Artikel  15  der  amerikanischen  Concordate  (Guatimala  Art.  16) 
gestattet,  dass  auch  die  Kriminalsachen  der  Geistlichen  wegen  Vergehen,  welche 
von  den  Crimin algesetzen  der  Republik  geahndet  werden  und  welche  sich 
nicht  auf  die  Religion  beziehen,  vor  die  Laiengerichtshöfe  gebracht  werden, 
jedoch  müssen  bei  Urtheilen  zweiter  und  letzter  Instanz  zu  jenen  Gerichten 
mindestens  zwei  vom  Ordinarius  zu  benennende  Geistliche  als  Richter  beige- 
zogen werden.  Die  Verhandlungen  und  Urtheilsfällungen  dürfen  nicht  öffentlich 
sein;  wo  es  sich  um  Todesurtheile  oder  schwere  infamirende  Strafen  handelt, 
dürfen  dieselben  niemals  ohne  die  Bestätigung  des  Präsidenten  der  Republik 
vollzogen  werden  und  nicht,  ehe  der  eigene  Bischof  das  vollzogen  hat,  was 
die  heil.  Kirchengesetze  vorschreiben.  Bei  Verhaftung  und  Festhaltung  der 
Geistlichen  wird  man  jene  Rücksichten  beobachten,  welche  die  dem  geistlichen 
Stande  gebührende  Achtung  erheischt,  und  wenn  ein  Geistlicher  verhaftet 
worden  ist,  muss  unverzüglich  der  Bischof  davon  in  Kenntniss  gesetzt  werden. 
In  den  Verfügungen  dieses  Artikels  sind  jene  Rechtsfälle,  über  welche  das 
Concilium  von  Trient  in  der  24.  Sitzung  verordnet  hat,  nicht  inbegriffen. 

Artikel  14  des  österreichischen  Concordats  enthält  eine  analoge 
Bestimnmng  über  die  Criminalsachen  der  Geistlichen  und  über  die  bei  ihrer 
Verhaftung  zu  beobachtenden  Rücksichten.  Wenn  das  wider  einen  Geistlichen 
gefällte  Urtheil  auf  Tod  oder  auf  Kerker  von  mehr  als  fünf  Jahren  lautet,  sind 

Pius  IX.  als  Papst  und  als  König.  6 


82  Concordate. 

nach  dem  österreichischen  Concordate  dem  Bischöfe  die  Gerichtsverhandlungen 
mitzutheilen,  auch  ist  es  ihm  möglich  zu  machen,  den  Schuldigen  so  weit  zu 
verhören,  als  es  nothwendig  ist,  damit  er  über  die  zu  verhängende  Kirchen- 
strafe entscheiden  könne.  Dasselbe  soll  auf  Verlangen  des  Bischofs  auch  dann 
geschehen,  wenn  auf  eine  geringere  Strafe  erkannt  worden  ist.  Geistliche 
werden  die  Kerkerstrafe  stets  an  Orten  erleiden,  wo  sie  von  Weltlichen  ab- 
gesondert sind.  Im  Falle  einer  Verurtheilung  wegen  Vergehen  oder  Ueber- 
tretungen  werden  sie  in  ein  Kloster  oder  ein  anderes  geistliches  Haus  ein- 
geschlossen werden.  Für  Behandlung  der  in  der  24.  Sitzung  des  Concils  von 
Trient  vorgesehenen  Rechtsfälle  werden  der  heilige  Vater  und  Se.  kaiserliche 
Majestät,  so  es  nöthig  sein  sollte,  Vorsorge  treffen.  ^) 

Der  5.  Absatz  des  Artikel  5  des  würtembergischen  und  badi- 
schen  Concordats  verweist,  wie  Artikel  13  des  österreichischen  Concordats 
die  blos  weltlichen  Rechtssachen  der  Geistlichen  vor  das  weltliche  Gericht. 
Der  6.  Absatz  macht  noch  eine  weitere  Concession,  da  der  heilige  Stuhl  in 
demselben  seine  Zustimmung  gibt,  dass  Streitigkeiten  über  weltliche  Rechte, 
oder  Lasten  der  Kirchen,  Pfründen,  Zehenten,  sowie  über  die  Kirchenbaulast 
vor  dem  weltlichen  Gerichte  entschieden  werden.  Der  7.  Absatz  entspricht 
dem  Artikel  14  des  österreichischen  Concordats,  und  gestattet  die  Aburthei- 
lung  von  Geistlichen  wegen  Verbrechen  oder  Vergehen  vor  dem  weltlichen 
Gerichte.  Jedoch  fehlen  in  dem  würtembergischen  und  badischen  Concordate 
die  Bestimmungen,  welche  im  Art.  14  des  österreichischen  Concordates  bei 
der  Verhaftung  und  bei  der  Bestrafung  der  Geistlichen  eine  besondere  Rück- 
sichtnahme auf  die  dem  geistlichen  Stande  gebührende  Achtung  verlangen. 
Ebenso  fehlt  in  den  erwähnten  Concordaten  die  Ausnahme,  welche  Art.  14 
des  österreichischen  Concordates,  sowie  Artikel  15  der  amerikani- 
schen Concordate  für  die  strafbaren  Handlungen  der  Bischöfe  stipulirt. 

28)    Disciplinargewalt  der  Bischöfe  gegen  G^eistliche. 

Artikel  16  der  amerikanischen  Concordate  (Guatimala  Artikel  17) 
gewährleistet  die  Freiheit  der  Bischöfe,  nach  der  in  Kraft  stehenden  und  bestä- 
tigten Disciplin  der  Kirche  gegen  jene  Geistlichen,  welche  von  den  Pflichten  ihres 
Amtes  und  von  der  rechten  Lebensweise  abweichen,  mit  Strafen  einzuschreiten. 

Diesem  Artikel  der  amerikanischen  Concordate  entspricht  Art.  11  des 
österreichischen  Concordats,  wonach  die  Bischöfe  wider  Geistliche,  welche  keine 
anständige  geistliche,  ihrer  Stellung  und  Würde  entsprechende  Kleidung  tragen, 
oder  aus  was  immer  für  einer  Ursache  der  Ahndung  würdig  sind,  die  von 
den  heil.  Kirchengesetzen  ausgesprochenen  Strafen  oder  auch  andere,  welche 
die  Bischöfe  für  angemessen  halten,  zu  verhängen  und  sie  in  Klöstern,  Semi- 
narien  oder  diesem  Zwecke  zu  widmenden  Häusern  unter  Aufsicht  zu  halten. 

^)  Jene  Rechtsfälle,  über  welche  das  Concilium  von  Trient  in  der  24.  Sitzung 
verordnet  hat,  betreffen  die  strafbaren  Handlungen  der  Bischöfe. 


Concordate.  83 

Ingleichen  sollen  dieselben  durchaus  nicht  gehindert  sein,  wider  alle  Gläubi- 
gen, welche  die  kirchlichen  Anordnungen  und  Gesetze  übertreten,  mit  kirch- 
lichen Strafen  einzuschreiten. 

Absatz  2  und  3  des  Artikels  5  des  würtembergischen  und  badi- 
schen Concordats  wahrt  im  Einklänge  mit  Art.  11  des  österreichischen 
Concordats  das  Aufsichtsrecht  und  die  Strafgewalt  der  Bischöfe  über  Geist- 
liche und  Laien. 

29)  Besteuerung  der  Kirchengüter. 

Artikel  18  der  amerikanischen  Concordate  (Guatiraala  Art.  19) 
gestattet  mit  Rücksicht  auf  die  Umstände  und  auf  die  Zeitverhältnisse,  dass  die 
kirchlichen  Fonds  und  Güter,  mit  Ausnahme  der  Kirchen  und  gottesdienstlichen 
Gebäude,  der  öffentlichen  Besteuerung  unterzogen  werden. 

30)  Ausbreitung  des  Glaubens. 
Artikel  21  der  amerikanischen  Concordate  (Guatimala  Art.  22)  legt 
den  Regierungen  der  vier  Republiken  die  Verpflichtung  auf,  die  Ausbreitung  des 
Glaubens  und  die  Bekehrung  der  in  ihrem  Gebiete  lebenden  Ungläubigen  durch 
Geldmittel  zu  unterstützen  und  den  Missionen  jeden  Vorschub  zu  leisten. 

31)  Politischer  Eid  der  Bischöfe. 

Artikel  22  der  amerikanischen  Concordate  (Guatimala  Art.  23) 
gestattet  mit  Rücksicht  auf  die  Erklärung  der  Regierungen  der  vier  Repu- 
pliken,  dass  die  Bischöfe  und  die  übrigen  Geistlichen  durch  ihren  der  Regie- 
rung zu  leistenden  Eid  in  ihrem  Gewissen  zu  Nichts  verpflichtet  werden  sollen, 
was  den  Gesetzen  Gottes  und  der  Kirche  entgegen  wäre,  denselben  die 
Leistung  des  nachstehenden  Eides: 

„Ego  juro  et  promitto  ad  Sancta  Dei  Evangelia  obedientiam  et  fidelitatem 
Gubernio  per  Constitutionem  Reipublicae  ....  statuta,  itemque  promitto ,  me 
nulli  propositioni  sive  persona  sive  consilio  adfuturum ,  quae  Nationis  indepen- 
dentiae  vel  tranquillitati  publicae  noeeat}' 

„Ich  schwöre  und  gelobe  auf  Gottes  heiliges  Evangelium  Gehorsam 
und  Treue  der  durch  die  Verfassung  der  Republik  ....  eingesetzten  Regie- 
rung, ingleichen  gelobe  ich,  an  keinem  Anschlage,  weder  persönlich,  noch 
durch  meinen  Rath  Theil  zu  nehmen,  welcher  die  Unabhängigkeit  der  Nation 
oder  die  öffentliche  Ruhe  gefährden  könnte."  ^) 


^)  Nach  Artikel  20  des  österreichischen  Concordats  legen  die  Metropoliten 
und  Bischöfe,  bevor  sie  die  Leitung  ihrer  Kirchen  übernehmen,  vor  Sr.  kaiserlichen 
Majestät  den  Eid  der  Treue  in  folgenden  Worten  ab :  „Ego  juro  et  promitto  ad  Sancta 
Dei  Evangelia,  sicut  decet  Episcopum  obedientiam  et  fidelitatem  Caesareo-Regiae  Apo~ 
siolicae  Majestati  et  Successo7'ibus  Suis :  juro  item  et  promitto,  menullam  communicatio- 
nem  habiturum,  nullique  consilio  interfuturum,  quod  tranquillitati  publicae  noceat,  nullam- 
que  suspectam  unionem  neque  intra  neque  extra  Imperii  limites  conservaturum,  atque 
si  publicum  aliqvod  periculum   imtninerc   resciverim,    me    ad   illnd    avertendum    nihil 

6  * 


04  Concordate. 

32)  Gebete  für  den  Staat  und  die  Kegierung. 

Artikel  23  der  amerikanischen  Concordate  (Guatimala  Art.  24)  stipu- 
lirt,  dass  nach  dem  öffentlichen  Gottesdienste  in  allen  Kirchen  der  vier  Repu- 
bliken gebetet  werden  solle:  Domine,  salvumfac  RepuhUcam:  Domine  salvum  fac 
Praesidem  ejus.    „Herr  erhalte  die  Republik,  Herr  erhalte  ihren  Präsidenten." 

33)  Exemptionen  für  das  Militär. 
Artikel  24    der    amerikanischen  Concordate    gewährt  den  Armeen 
der  vier  Republiken    gewisse  Exemptionen    und  Gnaden,    w^elche    unter    dem 
allgemeinen  Namen  Militär-Privilegien  bekannt  sind  ^). 


omissurum.^''  „Ich  schwöre  und  gelobe  auf  Gottes  heiliges  Evangelium,  Wie  es  einem 
Bischöfe  geziemt,  Eurer  kaiserlich  königl.  Majestät  und  Allerhöchst  Ihren  Nachfol- 
gern Gehorsam  und  Treue.  Ingleichen  schwöre  und  gelobe  ich,  an  keinem  Verkehre  oder 
Anschlage,  welcher  die  öffentliche  Ruhe  gefährdet,  Theil  zu  nehmen  und  weder  inner 
noch  ausser  den  Grenzen  des  Reiches  irgend  eine  verdächtige  Verbindung  zu  unterhalten, 
sollte  ich  aber  in  Erfahrung  bringen,  dass  dem  Staate  irgend  eine  Gefahr  drohe,  zu 
Abwendung  derselben  nichts  zu  unterlassen. " 

Artikel  1  des  würtembergischen  und  badischen  Concordats  enthalten 
die  Eidesformel,  mit  welcher  der  Erzbischof  von  Freiburg  und  der  Bischof  von 
Rottenburg,  ehe  sie  die  Leitung  ihrer  Kirche  übernehmen,  ihren  Souveränen  den  Eid 
der  Treue  ablegen.  Diese  Eidesformel  lautet  wörtlich  {mutatis  mutandis)  wie  im  Ar- 
tikel 20  des  österreichischen  Concordats. 

^)  Damit  ist  der  Inhalt  sämmtlicher  Concordate  erschöpft.  Das  russische  Con- 
cordat  trägt  das  Datum  Rom,  3.  August  1847,  und  ist  unterzeichnet  von  dem  Cardinal 
Lambruschini  als  päpstlichen,  dem  Grafen  Bloudoff  und  A.  Bouteneff  als  russischen 
Bevollmächtigten. 

Das  spanische  Concordat  trägt  das  Datum  vom  5.  September  1851,  und  die 
Unterschriften  des  damaligen  päpstlichen  Nuntius  in  Spanien  Jahannes  Brunelli  als  päpst- 
lichen und  des  Ritters  Manuel  Bertran  de  Lis  als    spanischen  Bevollmächtigten, 

Die  Concordate    mit  Costarica  und    Guatimala  tragen   beide    das  Datum    Rom,- 

7.  October  1852,  und  die  Unterschriften  des  Cardinais  Antonelli  als  päpstlichen  und  des 
Marquis  Ferdinand  de  Lorenzana  als  Bevollmächtigten  der  Regierungen  von  Costarica 
und  Guatimala.  Das  Concordat  mit  Oesterreich  ist  aus  Wien,  18.  August  1855  datirt, 
und  trägt  die  Unterschrift  des  Cardinais  Josef  Othmar  Ritter  von  Rauscher,  Erzbischofs 
von  Wien  als  österreichischen,  und  des  Cardinais  Viale  Prela,  damaligen  Pronuntius  in 
Wien  als  päpstlichen    Bevollmächtigten.  Das  würtembergische  Concordat  ist  aus  Rom 

8.  April  1857  datirt,  und  vom  Cardinal  Carl  August  Reisach  als  päpstlichen  und  dem 
Freiherrn  Adolf  von  Ow  als  würtembergischen  Bevollmächtigten  unterzeichnet. 

Das  badische  Concordat  trägt  das  Datum  Rom,  28.  Juni  1859,  und  die  Unter- 
schriften des  päpstlichen  Bevollmächtigten  Cardinal  Reisach  und  der  badischen  Unterhänd- 
ler des  Freiherrn  Gustav  v.  Berckheim  und  des  Herrn  Franz  Carl  Rosshirt.  Die  Concor- 
date mit  Nicaragua  und  St.  Salvador  tragen  beide  die  Unterschriften  des  Car- 
dinais Antonelli  und  des  Marquis  Lorenzana,  das  erste  ist  aus  Rom,  2.  November  18G1, 
das  zweite  aus  Rom,  22.  April  1861  datirt. 


IL  Abschnitt. 


Erhaltende  Thätigkeit  des  Papstes. 

Die  Thätigkeit  des  Papstes  als  obersten  Hirten  ist  eine  katholische 
und  eine  apostolische.  Sie  ist  I.  katholisch  (universell)  1)  dem  Orte 
nach,  denn  sie  umfasst  alle  fünf  Welttheile,  den  Orient  und  den  Occident, 
alle  Länder  und  Völker,  in  welche  der  katholische  Glaube  Eingang  gefunden 
hat;  sie  ist  katholisch  2)  dem  Objecto  nach,  denn  sie  umfasst  alle  Ord- 
nungen und  Gegenstände.  Die  oberste  Hirtenthätigkeit  des  Papstes  ist  II.  apo- 
stolisch, nicht  in  dem  engeren  Sinne  des  Wortes,  wie  es  oben  gebraucht 
wurde  und  weiter  unten  wieder  gebraucht  werden  wird,  nämlich  als  eine  der 
verschiedenen  S^eiten  der  Thätigkeit  des  Papstes  mit  Bezug  auf  die  Ausbreitung 
des  Glaubens,  sondern  apostolisch  im  weitern  Sinne,  der  Autorität  nach, 
weil  der  Papst  mit  apostolischer  Autorität  vorschreibt,    lehrt  und  handelt. 

I. 

Die  oberste  Hirtenthätigkeit  des  Papstes  ist  katholisch  und  zwar: 
l)dem  Orte  nach,  denn  sie  umfasst  alle  fünf  Welttheile,  alle  Länder 
und  Völker. 

Afrika. 

Obwohl  die  uns  vorliegenden  drei  Bände  der  Acta  keine  auf  die  Kirche 
in  Afrika  bezüglichen  Actenstücke  enthalten,  so  liegt  es  doch  in  der  Natur 
der  Sache,  dass  die  oberhirtliche  Thätigkeit  des  Papstes  diesem  Lande  ebenso 
zu  Gute  kommt,  wie  allen  andern  Ländern  der  katholischen  Welt;  aber  da  es 
in  Afrika  nur  wenige  DiÖcesen  gibt  und  die  dortigen  Kirchen  meist  durch 
apostolische  Vicare  oder  apostolische  Präfecten  und  Delegaten  regiert  werden, 
finden  sich  die  auf  die  Kirche  in  Afrika  bezüglichen  Actenstücke  in  den  Acten 


gß  Katholische  Thätigkeit  des  Papstes.  Afrika, 

der   Congregation   Pro])agancla  Fide,   welcher   die   apostolischen  Vicare   u.  s.  w. 

unmittelbar  unterstehen.    Gegenwärtig  gibt  es  in  Afrika 

ein  Bisthum,    welches  dem    heil.    Stuhle   unmittelbar    unterworfen    ist,  nämlich 

Port  Louis  auf  der  Insel  Maurizio;  ferner 
sieben  Siiifragan-Bisthftmer,   deren  Metropoliten   ihren  Sitz   in  Europa  haben, 
nämlich : 

Algier  (Suffrag.  des  Erzbischofs  von  Aix), 

Angola  i 

Angra  i 

„        ,     ,  I    auf    den  Azoren    (Suffrag.    des   Patriarchen 

Funchal  '    .     f    , 

^    T.  ,.  ,^  ,      /  von   Lissabon), 

S.  Jago  dl  Capoverde    \ 

S.  Thomas  ) 

Ceuta  auf  den  canarischen  Inseln  (Suffrag.  des  Erzbischofs  von  Sevilla). 
Ausserdem  bestehen  in  Afrika  dermalen 
dreizehn  apostolische  Vieariate,  nämlich  für 

Abyssinien  (1), 

Central afrika,  für  die  G-allas  (1), 

Vorgebirg    der   guten   Hoffnung  (2,   nämlich   eines  für  den  öst- 
lichen und  eines  für  den  westlichen  District), 

Egypten  und  Arabien    (2,  nämlich  eines  für  die  Lateiner  und  eines 
für  die  Kopten). 

Guinea  (2,  nämlich  eines  für  Ober-  und  eines  für  Unter-Guinea), 

Senegambien, 

Sierra  Leon, 

Madagascar, 

Natal, 

Tunis;  femer 
neun    apostolische    Präfecturen,  nämlich  : 

Congo, 

Ob  er -Egypten. 

Inseln  Annobon,  Corisco,  Fernando  Po, 

Seychelles- Inseln, 

Inseln  Nossibe,  S.  Maria  und  Mayotte, 

Marocco, 

Senegal, 

Tripolis, 

Zanguebar;  endlich 
eine  apostolische  Delegation 

Egypten  und  Arabien   (für  die  Orientalen)  und 

eine  Erz -Abtei,    (Ahhatia  NullmsJ 

Mozambique  (unter  portugiesischer  Herrschaft!. 


Katholische  Thätigkeit.  Amerika.  g7 

Amerika. 

Mexico. 

Die  mexicanischen  Angelegenheiten  haben  Pius  IX.  in  den  letzten  zehn 
Jahren  viele  Sorgen  verursacht.  Er  beschäftigte  sich  mit  denselben  in  drei 
verschiedenen  Allocutionen,  und  zwar: 

1)  Unterhandlungen  über  ein  Concordat 

in  der  Allocution  Nunquam  fore  vom  15.  December  1856,  in  welcher  er  zunächst 
erzählt,  wie  die  mexicanische  Regierung  schon  im  Jahre  1853  die  Absicht 
kundgegeben  habe,  ein  Concordat  mit  Eom  zu  schliessen,  und  wie  die  Verhand- 
lungen hierüber  alsbald  begonnen  worden  seien,  aber  nicht  zu  Ende  geführt 
werden  konnten,  weil  der  mexicanische  Gesandte  in  Rom,  Emanuel  Larrainzar, 
neue  Instructionen  einholen  musste,  clie  aber  nicht  mehr  eintrafen,  da  inzwischen 
ein  Regierungswechsel  eintrat  und  der  Gesandte  abberufen  wurde.. 

2)  Die  Verfolgung  gegen  die  Kirche. 

Die  neue  Regierung,  fährt  der  Papst  fort,  habe  sofort  die  Kirche  zu  be- 
kriegen begonnen,  den  Clerus  vom  activen  und  passiven  Wahlrecht  ausgeschlos- 
sen und  durch  ein  Gesetz  vom  3.  November  1855  die  geistliche  Gerichtsbarkeit, 
i^elche  in  Mexico  immer  bestanden  habe,  abgeschafft.  Vergebens  habe  der  Erz- 
bischof von  Mexico  in  "Seinem  und  im  Namen  aller  übrigen  Bischöfe  und  des 
ganzen  Clerus  gegen  dieses  Gesetz  protestirt.  Die  Regierung  habe  erklärt,  sie 
werde  ihre  Acte  niemals  der  Autorität  des  heil.  Stuhles  unterwerfen.  Sodann 
habe  sie  die  Güter  der  Kirche  von  Puebla  confiscirt,  weil  das  dortige  Volk 
über  das  vorerwähnte  Gesetz  gemurrt  hatte,  und  den  Bischof  von  Puebla,  wel- 
cher dagegen  protestirte,  verhaften  und  in  die  Verbannung  bringen  lassen. 
Auch  der  Protest  des  apostolischen  Nuntius  und  der  Bischöfe  von  Guadalaxara 
und  S.  Luis  Potosi  sei  erfolglos  geblieben.  Die  Regierung  sei  noch  weiter  ge- 
gangen und  habe  durch  ein  Decret  vom  18.  Juni  1856  die  Kirche  in  ganz 
Mexico  aller  ihrer  Güter  und  Besitzthümer  beraubt.  Die  Proteste  des  Erz- 
bischofs von  Mexico  und  der  Bischöfe  von  Mechoaco  und  Guadalaxara  seien 
nicht  blos  unbeachtet  geblieben,  sondern  der  Bischof  von  Guadalaxara  überdies 
verbannt  worden.  Auch  habe  die  Regierung  die  Veräusserung  des  Kirchengutes 
angeordnet  und  den  Klöstern  gestattet,  ihren  Grundstock  zu  verschleudern. 
Hierauf  beklagt  sich  der  Papst,  dass  einige  Ordensleute  sich  nicht  nur  der 
von  ihm  angeordneten  und  dem  Bischöfe  von  Mechoaco  übertragenen  apostoli- 
schen Visitation  der  Klöster  widersetzt,  sondern  auch  das  Gesetz  über  den 
Verkauf  der  Kirchengüter  angenommen  haben,  sowie  auch,  dass  Einige  aus  dem 
Weltclerus  sich  diesem  Gesetze  gefügt  haben.  Weiter  erwähnt  der  Papst,  dass 
die  mexicanische  Regierung  das  Gesetz  über  die  Zurückberufung  der  Jesuiten 
nach  Mexico  abgeschafft  und  allen  Ordensleuten  beiderlei  Geschlechts,  welche  aus 


gg  Katholische  Thätigkeit.   Mexico. 

ihrem  Orden  austreten  und  ihre  Klöster  verlassen  wollen,  ihren  Beistand  und 
Unterstützung  zugesagt  habe.  Sodann  habe  der  Nationalconvent  unter  vielen 
Schmähungen  gegen  die  heil.  Religion,  ihre  geweihten  Diener  und  Hirten  und 
den  Statthalter  Jesu  Christi  eine  neue  Verfassung  vorgeschlagen,  deren  meiste 
Artikel  der  Eeligion ,  ihrer  Lehre ,  ihren  Einrichtungen  und  Eechten  feindselig 
sei,  und  welche  unter  andern  jede  geistliche  Gerichtsbarkeit  aufheben,  so  wie  die 
Cultusfreiheit  und  die  Rede-  und  Pressfreiheit  einführen.  Der  Generalvicar  von 
Puebla,  viele  angesehene  Geistliche  und  Laien  dieser  Stadt  so  wie  auch  viele 
ausgezeichnete  Priester  von  Mexico  seien  verhaftet  und  nach  Veracruz  gebracht 
worden,  weil  sie  bei  dem  Nationalcongress  eine  Petition  einreichten,  dass  we- 
nigstens der  Artikel  über  die  Religionsfreiheit  niemals  herauskommen  möge. 
Auch  sei  jede  Veröffentlichung  und  Verbreitung  der  bischöflichen  Hirtenbriefe 
von  der  Regierung  verboten,  Geistliche,  welche  dies  Verbot  nicht  beachteten,  seien 
mit  schweren  Strafen  belegt,  das  Franciskaner-Kloster  in  Mexico  sei  ganz  auf- 
gehoben, seine  Einkünfte  seien  für  Staatsgut  erklärt,  das  Kloster  grösstentheils 
zerstört,  einige  Franziskaner  ins  Gefängniss  geworfen,  der  Bischof  von  Mechoaco 
aus  seiner  Diöcese  gewaltsam  entfernt  und  nach  Mexico  inteniirt  worden.  Der 
Papst  erhebt  daher  seine  apostolische  Stimme,  um  alle  diese  Acte  der  mexica- 
nischen  Regierung  zu  verdammen,  zu  verwerfen  und  für  null  und  nichtig  zu 
erklären,  und  erinnert  Jene,  welche  dieselben  veranlasst,  angerathen  und  anbe- 
fohlen haben,  an  die  kirchlichen  Strafen  und  Censuren.  Gleichzeitig  belobt  der 
Papst  die  mexicanischen  Bischöfe  wegen  ihrer  Festigkeit  und  Standhaftigkeit 
sowie  die  Geistlichen  und  Laien,  welche  ihrem  Beispiele  folgten,  und  das  gläu- 
bige Volk  von  Mexico,  welches  in  seiner  weitaus  grössten  Mehrheit  das  Vor- 
gehen der  Regierung  mit  Schmerz  und  Entrüstung  aufgenommen  habe.  ^) 

Zum  zweiten  Male  beschäftigt  sich  der  Papst  mit  Mexico  in  der  Allo- 
cution  Meminit  unus  quisque  vom  30.  September  1861.  In  dieser  Allocution 
schildert  er  zuerst  die  Leiden  der  Kirche  in  jenen  Ländern  Italiens,  welche 
der  piemontesischen  Herrschaft  unterworfen  sind,  dann  fährt  er  fort: 

Ad  haec  autem  quae  deploramus  mala  illud  etiam  permolestum  accedity 
quod  haut  ita  pridem  in  Mexicana  ditione  ejusdem  generis  homines  simili  contra 
caiholicam  Ecclesiam  odio  incensi  non  extimuerunt  iniquissimas  leges  ejusdem 
Ecclesiae  potestati,  juribus,  doctrinae  plane  adversas  promulgare,  ecdesiastica  bona 
praedari,  sacras  aedes  spoliare,  in  ecclesiasticos  religiososque  viros  saevire,  Vir- 
gines  Deo  devota^  divexare,  Episcopos  variis  oppressos  injuriis  a  suis  gregibus 
distrahere  et  in  exilium  pell  er  e,  qui  fere  omnes  in  hanc  almam  urbem  Nostram 
venerunt,  et  non  levi  Nobis  solatio  fuere  propter  egregias  virtutes,  quibus  tantopere 
praestant. 

„Zu  diesen  Uebeln  aber,  die  wir  beklagen,  kommt  auch  noch  das  höchst 
verdriessliche,   dass   vor  kurzem  in  Mexico  eben    solche    Leute,    von  ähnlichem 


1)  Siehe  die  31.,  53.  und  59.  Proposition  des  Sy Ilabus. 


Katholische  Tliätigkeit.   Mexico.  89 

Hasse  gegen  die  katholische  Kirche  entflammt,  sich  nicht  scheueten,  die  unge- 
rechtesten, der  Gewalt,  den  Eechten  und  der  Lehre  der  Kirche  ganz  und  gar 
widersprechenden  Gesetze  zu  veröffentlichen,  die  Kirchengüter  an  sich  zu 
reissen,  die  Kirchen  zu  plündern,  gegen  die  G-eistlichen  und  Mönche  zu  wüthen, 
die  gottgeweihten  Jungfrauen  zu  peinigen,  die  durch  verschiedenartiges  Unrecht 
unterdrückten  Bischöfe  von  ihren  Heerden  wegzureissen  und  in  die  Verbannung 
zu  treiben,  welche  fast  alle  in  diese  unsere  liebe  Stadt  kamen  und  Uns  zu 
nicht  geringem  Tröste  gereichen  wegen  den  ausgezeichneten  Tugenden,  durch 
welche  sie  so  sehr  hervorragen." 

e3)  Gründung  neuer  Bisthümer. 

In  der  Allocution  Omnibus  notum  vom  16.  März  1863  beschäftigt  sich 
der  Papst  zum  dritten  Male  mit  den  Angelegenheiten  der  mexicanischen  Kirche. 
Nachdem  er  an  die  Verfolgungen  der  Kirche  in  Italien  und  fast  in  der  ganzen 
Welt  und  namentlich  auch  in  Mexico  erinnert,  fährt  er  fort: 

Quoniam  Venerabiles  Fi^atres  Mexicanae  Reipublicae  Sacrorum  Antistites 
a  proprio  grege  avulsi  et  in  exilium  ejecti  fere  omnes  in  hanc  Nostram  almam 
urbem  convenerunt,  Nobisque  exponendum  curarunt  necessarium  omnino  esse  novam 
vastissimarum  illarum  Dioecesium  circiimsciptioiiem,  idcirco  justis  eorundem  Vene- 
räbilium  Fratrum  votis  ac  postulationibus  quam  libentissime  obsecundare  existima- 
vimus.  Quare  Vobis  signißcamus,  episeopales  Mechoacanam  et  Quadalaxarensem 
Ecclesias  ad  Archiepiscopalem  dignitatem  a  Nobis  evectas  fuisse,  et  alias  Septem 
novas  Dioeceses  in  Mexico  erectas. 

Apostolicas  autern  de  hac  re  Litter as  emitti  jassimus ,  quibus  novi  praescri- 
buntur  fines ,  quos  Mexici  Dioeceses  post  haec  erunt  habiturae,  quarum  numerus 
ut  videtis,  non  parum  est  auctus.  Hoc  sane  modo  dum  rebellionis  homines  sacra 
omnia  in  Ulis  regionibus  funditns  destruere  conantur,  Nos  in  novis  constituendis 
Dioecesibus  oportuna  tot  tantisque  illorum  populorum  malis  remedia  adhibere,  et 
ecclesiasticis  illius  Reipublicae  negotiis  omni  studio  consulere  contendimus.  Atque 
ea  prqfecto  spe  nitimur  fore ,  itt  dives  in  misericordia  Deus  Nostris  hisce  curis 
benedicere,  et  laetissimum  gratissimumque  successum  tribuere  velit. 

„Weil  die  ehrwürdigen  Brüder,  die  Bischöfe  der  mexicanischen  Republik, 
von  der  eigenen  Heerde  getrennt  und  in  Verbannung  getrieben,  fast  Alle  in 
dieser  Unserer  lieben  Stadt  zusammenkamen  und  dafür  Sorge  trugen,  Uns 
auseinander  zu  setzen,  eine  neue  Eintheilung  jener  umfangreichen  Diöcesen 
sei  durchaus  nothwendig,  darum  haben  Wir  den  gerechten  Wünschen  und  Bitten 
jener  ehrwürdigen  Brüder  sehr  gerne  zu  entsprechen  erachtet.  Darum  zeigen 
Wir  Euch  an,  dass  Wir  die  bischöflichen  Kirchen  von  Mechoaco  und  Guada- 
laxara  zur  erzbischöflichen  Würde  erhoben  und  sieben  andere  neue  Diöcesen  in 
Mexico  errichtet  haben.  (Nun  folgt  die  Aufzählung  der  neuen  Diöcesen  und 
ihre  Gebietseintheilung,  dann  fährt  die  Allocution  fort:)  Wir  aber  haben  be- 
fohlen, apostolische  Schreiben  über  diese  Angelegenheit  auszugeben,  in  welchen 


90  Katholische  Thätigkeit.   Mexico.   Neu  Granada. 

die  neuen  Grenzen  vorgeschrieben  werden,  welche  die  Diöcesen  von  Mexico 
künftig  haben  sollen,  deren  Zahl,  wie  Ihr  seht,  nicht  unbeträchtlich  vermehrt 
ist.  Auf  diese  Weise  sind  Wir  bestrebt,  während  die  Eevolutionsmänner  in 
jenen  Ländern  alles  Heilige  von  Grund  aus  zu  zerstören  trachten,  durch  die 
Gründung  neuer  Diöcesen  passende  Heilmittel  so  vieler  und  so  grosser  Leiden 
jener  Völker  anzuwenden  und  für  die  kirchlichen  Angelegenheiten  jener  Repu- 
blik mit  allem  Eifer  Sorge  zu  tragen,  und  Wir  stützen  Uns  auf  die  Hoffnung, 
dass  der  erbarmungsreiche  Gott  diese  unsere  Sorgen  segne  und  ihnen  einen 
freudigen  und  erwünschten  Erfolg  verleihen  möge." 

Die  kirchliche  Hierarchie  in  Mexico    besteht    aus   drei  Kirchenprovinzen: 
Mexico ,  mit  den  Suffragan-Bisthümern : 

Anteguera  oder  Oaxaca, 

Chiapa, 

Chilapa, 

Jucatan  oder  Merida, 

Puebla  oder  Tlascala, 

Tulacingo, 

Vera-Cruz  oder  Zalapa; 
Mechoacan   mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Leon, 

S.  Louis-Potosi, 

Querentaro, 

Zamora; 
Gaadalaxara   mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Durango, 

Linares, 

Sonora, 

Zacatecas. 

Neu  -  Granada. 

1)  Die  Verfolgung    gegen  die  Kirche. 

Aehnlich  wie  in  Mexico  verfuhr  auch  die  Regierung  von  Neu-Granada 
gegen  die  katholische  Kirche.  Schon  in  der  AUocution  Acerbissimum  Vobiscum 
vom  27.  September  1852  sah  sich  Pius  IX.  genöthigt,  gegen  das  Vorgehen 
der  Regierung  dieser  Republik  seine  apostolische  Stimme  zu  erheben,  weil 
die  katholische  Kirche  daselbst  schon  seit  mehreren  Jahren  kläglich  verfolgt 
werde,  was  man  um  so  weniger  hätte  erwarten  dürfen,  als  Gregor  XVI.  sich 
gegen  diese  Regierung  so  wohlwollend  bewiesen,  sie  vor  allen  Ländern 
Amerikas  zuerst  anerkannt  und  eine  apostolische  Nuntiatur  daselbst  er- 
richtet hat.  Sodann  zählt  Pius  IX.  die  Beschwerden  auf,  welche  schon 
Gregor  XVI.  leider  vergebens  erhoben,  indem  er  die  Abschaffung  des  Ge- 
setzes vom  April    1845  verlangte,    welches    unter    Anderm    bestimmte,    dass 


Katholische  Tliätigkeit.    Neu -Granada.  91 

Priester  und  selbst  Bischöfe,  sobald  bei  den  weltlichen  Gerichten  eine  Anklage 
gegen  sie  erhoben  würde,  sich  bei  Strafe  des  Gefängnisses  und  der  Verban- 
nung jeder  Ausübung  ihres  Amtes  zu  enthalten  haben.  Im  Jahre  1847  schrieb 
Pius  IX.  selbst  an  den  Präsidenten  der  Republik  von  Neu- Granada  und 
protestirte  in  dem  Schreiben  insbesondere  gegen  die  vorgeschlagene  Abschaf- 
fung der  Zehnten  und  gegen  die  den  Einwanderern  zu  gewährende  Cultus- 
freiheit;  aber  jene  Gesetze  wurden  nicht  blos  aufrecht  erhalten,  sondern  es 
wurden  noch  neue  kirchenfeindliche  Gesetze  erlassen,  die  Vertreibung  der 
Jesuiten  wurde  bestätigt  und  die  Gründung  jeder  Gesellschaft,  welche  das 
Gelübde  des  sogenannten  passiven  Gehorsams  ablegt,  in  Neu-Granada  ver- 
boten. Allen,  welche  ihre  Gelübde  brechen  wollen,  verhiess  die  Regierung 
ihren  Beistand  und  verbot  dem  Erzbischofe  von  Neu-Granada  die  Ausübung 
seiner  Befugniss  als  apostolischer  Visitator  der  Klöster  zur  Wiederherstellung 
der  Ordenszucht.  Die  geistliche  Gerichtsbarkeit  wurde  abgeschafft  und  die 
Civil-  und  Kriminalangelegenheiten  des  Erzbischofs  und  der  Bischöfe  wurden 
vor  die  Laiengerichte  verwiesen;  die  Ernennung  der  Pfarrer  wurde  durch  ein 
Gesetz  im  Mai  1851  einem  sogenannten  Pfarrconvent  übertragen,  welcher 
aus  den  Familienvätern  jeder  Pfarrei  besteht,  und  welchem  auch  die  Gewalt 
zuerkannt  wurde,  das  Einkommen  der  Pfarrer  und  den  Aufwand  für  den 
Gottesdienst  nach  Belieben  festzusetzen  und  zu  ändern.  Den  Bischöfen  wurde 
verboten,  weder  aus  Anlass  der  katholischen  Visitation,  noch  kraft  eines 
andern  Rechtes  irgend  eine  Vergütung  zu  beziehen ;  die  Rechte  des  kirchlichen 
Eigenthums  wurden  vielfach  verletzt.  Durch  ein  Gesetz  vom  1.  Juni  1851 
wurde  verboten,  Dompfründen  zu  verleihen,  ehe  nicht  die  Majorität  der 
Provinzialräthe  einer  jeden  Diöcese  diese  Verleihung  nach  ihrem  Gutdünken 
beschlossen  habe.  Die  Güter  des  erzbischöflichen  Seminars  von  Santa  Fe  de  Bo- 
gota wurden  dem  NationalcoUegium  einverleibt  und  die  Oberaufsicht  über  dieses 
Seminar  der  weltlichen  Gewalt  zuerkannt.  Weiter  beklagt  sich  Pius  IX.  über 
die  durch  die  Verfassung  eingeführte  Unterrichts-,  Press-  und  Religionsfreiheit 
und  erzählt,  wie  die  Autorität  der  Bischöfe  unterdrückt,  die  Pfarrer  in  der 
Ausübung  ihres  Amtes  vielfach  gehemmt,  die  besten  Prediger  ins  Gefängniss 
geworfen,  Welt-  und  Ordensgeistliche  an  den  Bettelstab  gebracht  wurden. 
Der  Generalvicar  des  Erzbischofs  von  Santa  Fe  de  Bogota  wurde  öffentlich 
verhaftet,  zwei  Monate  in  Untersuchungshaft  behalten  und  zu  sechs  Monaten 
Gefängniss  und  zu  andern  Strafen  verurtheilt,  weil  er  im  Namen  seines 
kranken  Erzbischofs  sich  geweigert  hatte,  der  Aufforderung  der  Regierung 
zur  Vornahme  eines  den  Kirchengesetzen  widersprechenden  Pfarrconcurses 
Folge  zu  leisten.  Der  Capitelsverweser  des  erledigten  Bisthums  Antiochien  in 
der  Nähe  von  Bogota,  gab  sich  dazu  her,  jenen  Pfarrconcurs  auszuschreiben  und 
so  in  die  Rechte  seines  Erzbischofs  einzugreifen,  wofür  der  Papst  ihm  einen 
strengen  Verweis  ertheilte  und  ihn  mit  den  kirchlichen  Strafen  bedrohte, 
falls  er  nicht  umkehre;    der  Erzbischof    aber    erklärte  jenen  Erlass  des  er- 


92  Katholische  Thätigkeit.  Neu-GranaJa. 

wähnten  Capitelverwesers  für  null  und  nichtig  und  verbot  Jedermann,  dem- 
selben Gehorsam  zu  leisten,  weshalb  er  als  Gesetzesverletzer  angeklagt  und 
kraft  des  oben  erwähnten,  schon  von  Gregor  XVI.  verurtheilten  Gesetzes 
verurtheilt  wurde,  die  Ausübung  seiner  bischöfllichen  Jurisdiction  einem  an- 
dern Geistlichen  zu  übertragen,  worauf  der  Erzbischof  erwiederte,  er  könne 
seine  Gewalt,  die  er  von  Gott  und  dem  heil.  Stuhle  empfangen  habe,  niemals 
niederlegen.  In  Folge  dessen  belegte  die  Regierung  die  Einkünfte  des  erz- 
bischöflichen Tisches  mit  Beschlag  und  verbannte  den  Erzbischof.  Mit 
ähnlichen  Massregeln  wurde  auch  der  Bischof  von  Carthagena  und  der  Capitels- 
verweser  der  Diöcese  von  Santa  Martha  sowie  der  Bischof  von  Neu-?ampeluna 
aus  dem  gleichen  Anlasse  bedroht;  auch  andere  Geistliche  und  selbst  der 
apostolische  Nuntius  mussten  vielfache  Unbilden  erdulden.  Der  kirchenfeindliche 
Geist  der  Regierung  und  des  Congresses  ging  so  weit,  dass  sogar  die  Tren- 
nung der  Kirche  vom  Staate  vorgeschlagen  und  der  weltlichen  Gewalt  das 
Recht  zuerkannt  wurde,  Diöcesen  und  Doracapitel  zu  errichten  und  Bischöfe 
unbeschränkt  zu  ernennen;  auch  wurde  die  Einführung  der  Civilehe  vorge- 
schlagen sowie  die  Zulassung  der  eigentlichen  Ehescheidung  in  verschiedenen 
Fällen  und  die  Verweisung  der  Ehesachen  an  die  weltlichen  Gerichte,  jedoch 
wurden  diese  Gesetzentwürfe  vom  Congress  und  Senate  verworfen.  Der  Papst 
rühmt  sodann  den  Muth  und  die  Standhaftigkeit  des  Episcopats  von  Neu- 
Granada  und  die  gute  Haltung  der  dortigen  Bevölkerung,  erwähnt,  wie  er 
vergebens  gegen  alle  diese  Vorgänge  protestirt  habe,  verdammt  und  verwirft 
sie  öffentlich  und  erklärt  sie  für  null  und  nichtig  und  erinnert  alle,  welche 
daran  Theil  nahmen,  an  die  kirchlichen  Strafen.  Die  Allocution,  welche  ganz 
und  ausschliesslich  den  Angelegenheiten  von  Neu-Granada  gewidmet  ist, 
schliesst  mit  Ermahnungen  zum  Gebet,  auf  dass  die  Kirche  dort  und  an 
andern  Orten,  wo  sie  gequält  und  verfolgt  wird,  triumphiren  möge. 

Weiter  beschäftigt  sich  Pius  IX.  mit  Neu-Granada  in  der  Allocution 
Meminit  unus  quisque  vom  30.  September  1861.  Die  betreffende  Stelle  lautet: 

In  Neogranatensi  ditione  recentissimis  hisce  diehus  verum  civilium  pertur- 
hatores  suprema  auctoritate  potiti  infandum  protulere  decretum,  quo  ecclesiastica 
poteatas  suam  auctoritatem  exercere  prohibetur  absque  civilis  guhernii  venia  et  assensu, 
et  indytae  Societatis  Jesu  Sodales  de  re  christiana  et  civili  optime  meritos  extur- 
barunt,  atque  insuper  Nostrum,  Sanctaeque  hujus  Sedis  delegatum  a  ditionis  finibus 
triduo   abire  coegerunt. 

„In  dem  Gebiete  von  Neu-Granada  haben  in  diesen  letzten  Tagen  die 
Umstürzer  des  Staates,  welche  sich  der  obersten  Autorität  bemächtigt  haben, 
ein  unerhörtes  Decret  veröffentlicht,  durch  welches  der  kirchlichen  Gewalt 
verboten  wird,  ihre  Autorität  ohne  die  Erlaubniss  und  Zustimmung  der 
weltlichen  Regierung  auszuüben  und  die  um  Kirche  und  Staat  wohlverdienten 
Genossen  der  berühmten  Gesellschaft  Jesu  ausgetrieben  und  überdiess  Unsern 


Katholische  Thätigkeit.   Neu- Granada.  93 

und  dieses  heil.   Stuhles  Abgesandten    gezwungen,    innerhalb    drei  Tagen  die 
Grenzen  dieses  Landes  zu  verlassen". 

Am  17.  September  1863  richtete  der  Papst  an  den  Episcopat  von 
Neu-Granada  die  Encyclica  IncredibiU,  in  welcher  er  neue  Eingriffe  der  Re- 
gierung jener  Republik  in  die  Rechte  der  Kirche  beklagt,  insbesondere,  dass 
dieselbe  Gesetze  erlassen,  durch  welche  den  Geistlichen  verboten  wird, 
ohne  Erlaubniss  der  weltlichen  Gewalt  ein  kirchliches  Amt  auszuüben,  dass 
ferner  alle  kirchlichen  Güter  der  Kirche  weggenommen  und  verkauft  w^orden 
seien,  so  dass  die  Pfarreien,  die  Klöster,  der  Clerus,  die  Spitäler,  die  Ver- 
sorgungshäuser, die  frommen  Bruderschaften  und  sogar  die  Patronatspfründner 
ihrer  Einkünfte  beraubt  wurden.  Durch  dieselben  Gesetze  wurde  das 
Erwerbs-  und  Besitzrecht  —  der  Kirche  aufgehoben  —  die  Cultusfreiheit 
eingeführt,  alle  religiösen  Orden  verboten,  die  Veröffentlichung  der  päpst- 
lichen Actenstücke  untersagt  bei  Strafe  der  Verbannung  für  Geistliche,  bei 
Geld-  und  Gefängnissstrafe  für  Laien,  welche  dieser  Verordnung  zuwiderhan- 
deln. Ebenso  wurden  Geistliche,  welche  dem  Gesetze  über  den  Verkauf  der 
Kirchengüter  den  Gehorsam  versagen,  mit  Verbannung  bedroht,  auch  müssen 
sie,  bei  Strafe  der  Verbannung,  ehe  sie  ein  geistliches  Amt  überneh- 
men ,  einen  Eid  auf  die  Verfassung  und  auf  alle  gegenwärtig  bestehenden 
oder  künftig  zu  erlassenden  Gesetze  ablegen,  wie  feindselig  diese  auch  der 
Kirche  sein  mögen.  Die  Encyclica  zählt  sodann  die  Verfolgung  auf,  welche 
der  pflichttreue  Clerus  von  der  Regierung  zu  erdulden  hatte.  Die  Mehrzahl 
der  Geistlichen  wurde  verhaftet  und  in  ungesunde  Gegenden  verbannt  und 
starben  in  der  Verbannung  oder  mussten  sich  in  Wäldern  verbergen.  Die 
Klosterfrauen  wurden  aus  ihren  Klöstern  vertrieben  und  in  die  äusserste  Ar- 
muth  gebracht,  Tempel  und  Klöster  wurden  verwüstet,  und  in  Casernen 
verwandelt,  die  heiligen  Gefässe  und  Ornamente  geraubt,  der  Gottesdienst  auf- 
gehoben, das  Volk  seiner  rechtmässigen  Hirten  und  jedes  Beistandes  der 
Religion  beraubt.  Der  Papst  spricht  seinen  Schmerz  aus,  dass  einige  Geistliche 
sich  herbeigelassen  haben,  den  von  der  Regierung  geforderten  unerlaubten  Eid 
zu  leisten ;  dann  verwirft,  verdammt  und  erklärt  er  für  null  und  nichtig  alle 
die  erwähnten  kirchenfeindlichen  Acte  der  Regierung  von  Neu-Granada,  erinnert 
die  Urheber  derselben  wiederholt  an  die  kirchlichen  Strafen  und  ermahnt 
die  pflichtvergessenen  Geistlichen,  welche  den  Eid  geleistet  haben,  zur  Um- 
kehr. Sodann  belobt  er  den  Episcopat,  den  Cleras,  das  Volk  wegen  ihrer 
Haltung  und  ermahnt  sie  zur  standhaften  Ausdauer,  den  Klosterfrauen  spricht 
er  sein  Lob  und  seine  Bewunderung  aus,  weil  sie  obwohl  gewaltsam  aus 
ihren  Klöstern  vertrieben  und  in  die  äusserste  Dürftigkeit  gebracht,  doch 
ihrem  himmlischen  Bräutigam  fest  anhängen,  ihr  Elend  mit  christlicher  Stärke 
ertragen  und  Tag  und  Nacht  ohne  Unterlass  für  Alle,  selbst  für  ihre  Ver- 
folger beten.  Ermahnungen  zum  Gebete  und  die  Ertheilung  des  apostolischen 
Segens  bilden  den  Schluss  der  Encyclica. 


94  Katholische  Thätigkeit.    Neu-Graimda. 

2)  Errichtung  eines  neuen  Bisthums. 
Mit  der  Bulle    In  excelsa  vom  10.  April  1859  wurde  das  Bisthum  von 
Popayan  dismembrirt  und  die  neue  Diöcese  von  Pasto  errichtet. 

3)  Die  Convention  des  Bischofs  von  Popayan  mit  der 

Regierung. 
Am  30.  November  1863  sah  sich  der  Papst  genöthigt,  an  den  Bischof 
Popayan  das  Breve  Etsi  maximo  zu  richten,  in  welchem  er  die  von  diesem 
Bischöfe  getroffene  Uebereinkunft  als  den  Rechten  der  Kirche  widerstreitend 
verwirft,  da  nach  dieser  Uebereinkunft  der  Bischof  sogar  Almosen  und  andere 
fromme  Spenden  der  Gläubigen  zum  Unterhalte  des  Clerus  der  Prüfung  und 
Gutheissung  der  Regierung  unterwerfen,  und  nur  solchen  Geistlichen  die  canoni- 
sche Institution  verleihen  solle,  welche  die  Regierung  für  die  einzelnen  Kirchen 
ernennen  wird.  Dann  fährt  der  Papst  fort :  Haec  luctuoaissima  sane  et  nunquam 
satis  improbanda  ab  iis  patrantur,  qui  nolunt,  quemadmodum  omnino  deberent, 
Ecdesiam  veluti  matrem  et  magistram  agnoscere  et  venerari ,  sed  ausu  temer ario 
ac  prorsus  sacrilego  ipsiua  Ecclesiae  auctoritatem  attentare  et  impetere  non  refor- 
midant.  Quocirca  haec  Apostolica  Sedes  ad  hujusmodi gravissima  mala  amovendcc  nunquam 
permisitf  ut  Episcopi  suo  arbitrlo  cum  Guberniis  conventiones  inirent,  sibique  jus  reser- 
vavitf  illas  conßciendi,  ut  suprema  sua  auctoritate  Ecclesiae  jura  sarta  tecta  servaret  et 
a  praepotenti  laicae  potestatis  arbitrio  vindicaret.  „Solche  traurige  und  nie  genug 
zu  verwerfende  Dinge  werden  von  Denen  verübt,  welche  die  Kirche  nicht,  wie 
sie  durchaus  müssten,  als  Mutter  und  Meisterin  anerkennen  und  verehren 
wollen,  sondern  mit  verwegenem  und  geradezu  räuberischem  Unterfangen  sich 
nicht  fürchten,  die  Autorität  der  Kirche  selbst  anzugreifen.  Darum  hat  dieser 
Apostolische  Stuhl  zur  Vermeidung  so  schwerer  Uebel  niemals 
gestattet,  dass  die  Bischöfe  nach  ihrem  Gutdünken  mit  den 
Regierungen  Uebereinkünfte  schliessen  dürfen,  sondern  sich 
das  Recht  vorbehalten,  dieselben  abzuschliessen,  damit  er  mit  seiner  obersten 
Autorität  die  Rechte  der  Kirche  aufrecht  erhalte  und  gegen  die  übermäch- 
tige Willkür  der  weltlichen  Gewalt  vertheidige."  Der  Papst  erklärt  hierauf 
dem  Bischöfe,  dass  ihm  sein  Vorgehen,  welches  allen  Guten  ein  Aergerniss 
war,  grossen  Kummer  bereitet  habe,  denn  er  hätte  nach  dem  Beispiele  seiner 
Amtsbrüder  die  Rechte  der  Kirche  standhaft  vertheidigen  müssen.  Sodann 
hält  der  Papst  dem  Bischöfe  vor,  dass  er  nicht  nur  selbst  ohne  allen  Vor- 
behalt den  von  der  Regierung  geforderten  Eid  geschworen,  sondern  auch  den 
Priestern  seiner  Diöcese  die  Leistung  desselben  anbefohlen  habe.  „Wir  können 
kaum  glauben,  ehrwürdiger  Bruder  (sagt  der  Papst),  dass  Du  Deine  ehrwürdige 
bischöfliche  Pflicht  so  sehr  vergessen  und  Dich  nicht  gefürchtet  habest,  Dein 
Gewissen  vor  Gott  und  den  Menschen  auch  noch  mit  dieser  schweren  Schuld 
zu  belasten."  Dann  ermahnt  der  Papst  den  Bischof,  das  gegebene  Aergerniss 
so   viel  als  möglich  wieder  gut  zu  machen,  die  Uebereinkunft    und    den   Eid 


Katholische  Thätigkcit.   Nou-  Granada.    Centralamerika.  95 

zu  widerrufen  und  zu  verwerfen  und  sich  wegen  alles  dessen  mit  dem  Erz- 
bischofe  von  Santa  Fe  de  Bogota  ins  Einvernehmen  zu  setzen.  Schliesslich 
ertheilt  er  ihm  und  seiner  Heerde  den  apostolischen  Segen. 

Die  kirchliche  Hierarchie  in  Neugranada  besteht  aus  einer^Kirchen- 
provinz : 
S.   Fe  de   Bogota  mit  den  Suffragan-Bisthümern : 

Antiochia, 

Carthagena, 

Neu -Pampeluna, 

Panama, 

Pasto, 

Popayan, 

S.  Marta. 

Centralamerikanisclie  Republiken. 
Concordate. 

Mit  den  Republiken  Costarica,  Guatiraala,  San  Salvador  und  Nicaragua 
hat  Pius  IX.  Concordate  abgeschlossen,  deren  Inhalt  bereits  weiter  oben  mit- 
getheilt  wurde.  In  der  Allocution  Cum  placuerü  vom  7.  März  1853  zeigte 
er  den  Abschluss  des  Concordats  mit  Costarica  an,  welches  durch  die  Bulle 
Tofius  dominici  gregis  vom  15,  Mai  desselben  Jahres  bestätigt  wurde.  ^) 

In  der  Allocution  In  ajjostolicae  vom  19.  December  1853  wurde  der  Ab- 
schluss des  Concordats  mit  Guatimala  angezeigt,  welches  durch  die  Bulle  In 
celsissima  vom  3.  August  desselben  Jahres  bestätigt  worden  war.  Den  Ab- 
schluss der.  Concordate  mit  S.  Salvador  und  Nicaragua  zeigt  der  Papst  in 
der  Allocution  Omnibus  notum  vom  16.  März  1863  an.  Bestätigt  wurden  diese 
beiden  Concordate  durch  die  vom  1.  Juni  desselben  Jahres  datirten  Bullen 
Cum  ad  hanc  und   In  gravlsslmis. 

In  Central -Amerika  bestehen  folgende  Kirchenprovinzen: 
(liuatimala  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Com  ayagua, 


^)  Aus  dieser  Bulle  ist  die  nachstehende  Stelle  beinerkenswerth  :  Nee  tenuem 
sibi  soUicitudinis  nostrae  partem  vindicarunt  lalissimae  disjunctissimaeque  Americae 
regiones,  quarum  nonnullas  cum  in  minorihus  essemus  Nos  ipsi  invisimus,  et  quo- 
lies  oblata  Nohis  est  sive  ad  Episcopales  sedes  augendas  sive  ad  ecclesiastica  ne- 
yoiia  felicius  componenda,  occasionem  libenti  animo  non  modo  arripuimus  sed  nos 
ipsi  nacti  sumus. 

„Keinen  geringen  Theil  Unserer  Sorgfalt  haben  die  weiten  und  zerstreuten 
Länder  Amerikas  in  Anspruch  genommen,  von  denen  Wir  einige  in  unseren  jüngeren 
Jahren  selbst  besucht  haben,  und  so  oft  sich  Uns  die  Gelegenheit  bot,  sei  es  zur 
Vermehrung  der  bischöflichen  Stühle,  sei  es  zur  glücklichen  Ordnung  kirchlicher  An- 
gelegenheiten, haben  Wir  nicht  nur  diese  Gelegenheit  gerne  ergriffen,  sondern  auch 
selbst  herbeigeführt." 


f 

95  Katholische  Thätigkeit.   Ceiitral-Amerika.   Süd-Amerika. 

Nicaragua, 

S.  Joseph  von  Costa rica, 

S.  Salvador. 

Ferner  auf  den  Antillen  die  Kirchenprovinzen: 
S.  Domingo  mit  dem  Suffragan-Bisthume 

Portorico; 
S.  Jago  di   Cuba  mit  dem  Suffragan-Bisthume 

S.  Christoph  von  Avana; 
Port   d'Espagne  mit  dem  Suffragan-Bisthume 

Roseau  ; 

die  Bisthümer: 

Guadaloupe  oder  Basse-Terre  ; 

Martinique  oder  St.  Pierre,  auf  den  Antillen  sind  Suffragan-Bisthü- 
mer  des  Erzbischofs  von  Bordeaux. 

Südamerikanisclie  Republiken. 
Verfolgungen  gegen  die  Kirche. 
In  der  AUocution  Numquam  fore  vom  15.  December  1856  spricht  der 
Papst  von  den  schweren  Schäden  und  Bedrückungen  der  Kirche  in  mehreren 
ehemals  spanischen  Ländern  Amerikas,  wo  sich  die  weltliche  Gewalt  das  Recht 
anmasste,  die  Bischöfe  zu  ernennen  und  von  ihnen  verlangte,  dass  sie  die 
Verwaltung  ihrer  Diöcesen  antreten,  noch  ehe  sie  die  canonische  Einsetzung 
vom  heil.  Stuhle  und  das  apostolische  Schreiben  erhalten  haben.  Ebendaselbst 
wäre  den  Bischöfen  verboten,  akatholische  Schriften  zu  verdammen,  auch 
dürften  sie  ohne  Erlaubniss  der  Regierung  nicht  einmal  apostolische  Schreiben 
veröffentlichen.  Das  Erwerbsrecht  der  katholischen  Kirche  werde  dort  be- 
schränkt, die  Studienordnung  in  den  Clerical-Seminarien  der  weltlichen  Auto- 
rität unterworfen,  die  Zehenten  aufgehoben  oder  für  den  Staatsschatz  einge- 
zogen, den  Bischöfen  und  den  Geistlichen  ein  den  Rechten  der  Kirche  wider- 
streitender Civileid  auferlegt.  In  einem  dieser  Länder  habe  sogar  die  Re- 
gierung eine  neue  Anordnung  über  die  Wahl  der  Bischöfe  erlassen,  welche 
den  Gesetzen  der  Kirche  widerspreche.  In  demselben  Lande  seien  die  geist- 
liche Gerichtsbarkeit,  die  Zehenten  und  die  Bezüge  der  Pfarrer  abgeschafft 
worden.  Ein  Theil  der  kirchlichen  Ehehindernisse  werde  dort  nicht  anerkannt, 
die  vom  Papste  verliehenen  Gnaden  werden  für  ungiltig  erklärt,  wenn  sie 
nicht  von  der  Staatsregierung  nachgesucht  worden  sind.  Das  von  der  Kirche 
vorgeschriebene  Alter  für  die  Ablegung  von  Ordensgelübden  sei  von  der  Re- 
gierung eigenmächtig  abgeändert  und  allen  Ordensgenossenschaften  verboten 
worden,  ohne  Erlaubniss  der  Regierung  jemanden  zur  Ablegung  der  feierlichen 
Gelübde  zuzulassen.  In  anderen  südamerikanischen  Ländern  habe  die  Regie- 
rung sogar  die  heiligsten  geistlichen  Angelegenheiten,  welche  einzig  und 
allein    von    dem  Willen  der  Bischöfe  abhängen,   ihrer  Autorität  unterworfen. 


Katholische  Thätigkeit.   Südamerika.  97 

Indem   der  Papst  alle  diese  Vorgänge  verdammt,  belobt  er  das  Verhalten  der 
Bischöfe  jener  Länder.  ^) 

Errichtung  einer  neuen  Diöcese. 

Durch  die  Bulle  Vel  a  primis  vom  13.  Juli  1859  wurde  aus  drei 
von  der  Diöcese  Buenos  Ayres  abgetrennten  Provinzen  die  neue  Diöcese  von 
Parana  errichtet.  ^) 

Peru. 
Errichtung  einer  neuen  Diöcese. 
Das  einzige   auf   Peru  bezügliche  Actenstück   ist    die   Bulle   In  procu- 
randa   vom    7.  October  1861,    durch    welche   die    neue   Diöcese    Puno   er- 
richtet wird.  ^) 


1)  Siehe  die  29.,  46.,  50.  und  52.  Proposition  des  KSyllabus. 

2)  Die  nachstehende  Stelle  aus  der  erwähnten  Bulle  verdient  hier  angeführt 
zu  werden :  In  tanta  et  tarn  aerumnosa  praesenti  publicarum  rerum  exagitaiione  et 
discrimine  summa  consolatione  animus  noster  reficitur,  quod  in  Americana  Confoe- 
deratione  Argeniinensi  Studium  atque  desiderium  pro  Catholicae  Religionis  gloria, 
incremento  et  prosperitate  impensitis ,  juvante  Beo,  vigere  dignoscatur.  „In  der  gegenwär- 
tigen so  grossen  und  so  traurigen  Aufregung  und  Verwirrung  der  öffentlichen  Dinge 
wird  Unser  Herz  mit  grösstem  Tröste  erquickt,  weil  in  der  Argentinischen  Conföde- 
ration  von  Amerika  das  Streben  und  der  Eifer,  für  den  Euhm,  das  Wachsthum  und  das 
Gedeihen  der  katholischen  Religion  mit  Gottes  Hilfe  immer  prächtiger  erblüht." 

3)  Zum  Lobe  des  katholischen  Lebens  in  Amerika  und  insbesondere  in  Peru 
heisst  es  in  der  erwähnten  Bulle: 

Inter  tot  tantasque  angustias,  quibus  undique  premimur,  nonleve  consolationis 
atque  gaudii  Nobis  solatium  est,  catholicam  religionem  in  aliquibus  Americae  regio- 
nibus  prosperare,  Christifidelium  numerum  de  die  in  diem  augeri  novasque  opus  esse 
Episcopales  Sedes  erigere,  quo  melius  dominico  gregi  sacrisque  rebus  provideatur 
Quod  quidem  jure  meritoque  dicendum  est  de  Peruviana  Republica,  cujus  Gubernium 
probe  sciens  unam  Sanctam  Catholicam  Ecclesiam  posse  cives  in  officio  continere 
eosque  subditos  legibus  eiinm  propter  conscientiam  reddere,  nihil  intentatum  relin- 
quit,  ut  vere  et  ex  animo  omnes  ejus  regionis  Christißdeles  fidem  profiteantur,  ideo- 
que  omnia  Ulis  auxilia  ad  hoc  convenienter  suppeditare  non  desinit. 

„Unter  so  grossen  und  so  vielen  Nöthen,  welche  Uns  von  allen  Seiten  bedrängen, 
gereicht  es  Uns  zu  nicht  geringer  Tröstung  und  Freude,  dass  die  katholische  Religion 
in  einigen  Ländern  Amerikas  gedeiht,  die  Zahl  der  Christgläubigen  sich  von  Tag  zu 
Tag  vermehrt,  die  Errichtung  neuer  bischöflicher  Sitze  nöthig  wird,  damit  für  die 
Heerde  des  HeiTn  und  für  den  heiligen  Gottesdienst  besser  Fürsorge  getroffen  werden  kann. 
Das  aber  darf  man  mit  Recht  und  Verdientermassen  von  der  Republick  Peru  sagen, 
deren  Regierung,  wohl  wissend,  nur  die  heilige  katholische  Kirche  allein  könne  die 
Bürger  in  der  Pflicht  erhalten  und  sie  auch  im  Gewissen  den  Gesetzen  unterthan 
machen,  nichts  unversucht  Hess,  damit  alle  Christgläubigen  jenes  Landes  wahrhaft  und 
von  ganzem  Herzen  den  Glauben  bekennen  und  daher  nicht  aufhört,  ihnen  alle  Hilfs- 
mittel dazu  geziemend  darzubieten." 

7 


98  Katholische  Thätigkeit.   Südamerika. 

Haiti. 

1)  Fehlgeschlagene  Mission  an  die  Regierung. 

Mit  Haiti  beschäftigen  sich  die  Acten  Pius  IX.  zum  ersten  Male  in 
der  Allocution  In  apostolicae  vom  19.  December  1853,  und  zwar  mit  folgen- 
den Worten: 

Alia  etiam  Nobis  accessit  döloris  causa  ex  infelici  exitu  sacrae  Missionis 
quam  Yen.  Frater  Vincentius  Episcopm  ArcadiopoUtanus  auctoritate  Nostra  sus- 
cepit  ad  Principem  de  Haiti  in  insula  ejusdem  nominis  apud  Americam.  Haud 
facile  dixerimus,  quanto  religionis  studio  memoratus  Antistes  injunctum  sibi  munus 
explere  sategerit ;  verum  quum  dicto  Principi,  ejusque  Gubernio  falsa  insedisset 
opinio,  de  Ecclesia  Christi  sacrisque  expeditionibus  ad  animarum  tantum  lucra 
stisceptiSf  cumque  magna  ülius  Cleri  pars  ad  severiorem  vitae  disciplinam,  quae 
sacrum  ministerium  deceat,  revocari  iniquo  animo  ferret,  hinc  praeclarus  idem 
Antistes  irritos  prorsv^  dolens  labores  suos  post  impetraiam  a  Nobis  veniam  coactus 
est  excusso  pedum  pulvere  a  regione  Uta  discedere.  Gravissima  sane,  ac  nunquam 
satis  deploranda  religioni  mala  inferuntur  a  quihusdam  Ecclesiasticis  viris,  qui 
nimis  facile  a  propriis  dioecesibus  dimissi  quasdam  petunt  Americae  regiones, 
ibique  ob  sacrorum  Ministrorum,  necessitatem  facile  excipi  solent,  nullo  doctrinae 
ac  probitatis  experimenio,  ac  proinde  aliis  plane  rebus  Student,  quam  hominibus  ad 
veram  fidem  adducendis. 

„Dazu  kam  Uns  noch  eine  andere  Ursache  des  Schmerzes  aus  dem  un- 
glücklichen Ausgang  der  heiligen  Sendung,  welche  der  ehrwürdige  Bruder  Vin- 
cenz,  Bischof  von  Arcadiopoli  in  Unserem  Auftrage  an  den  Fürsten  von  Haiti 
auf  der  gleichnamigen  Insel  bei  Amerika  übernommen.  Wir  können  schwer 
sagen,  mit  welchem  Eifer  für  die  Religion  der  erwähnte  Bischof  den  ihm 
gewordenen  Auftrag  zu  erfüllen  bedacht  war,  aber  da  der  erwähnte  Fürst 
und  seine  Regierung  von  einer  falschen  Ansicht  über  die  Kirche  und  über 
die  blos  zur  Gewinnung  von  Seelen  unternommenen  heiligen  Sendungen  befangen 
war  und  ein  grosser  Theil  des  dortigen  Clerus  es  übel  nahm,  dass  man  ihn 
zu  einer  strengeren  Lebensweise  zurückrufen  wollte,  wie  sie  dem  heiligen 
Amte  ziemt,  sah  sich  dieser  vortreffliche  Bischof  genöthigt  mit  Bedauern 
über  seine  vergeblichen  Bemühungen,  nachdem  er  die  Erlaubniss  dazu  von 
Uns  erlangt  hatte,  den  Staub  von  seinen  Füssen  zu  schütteln  und  jenes  Land 
zu  verlassen.  Gar  schwere  und  nie  genug  zu  beklagende  Uebel  werden  der 
Religion  von  einigen  Geistlichen  zugefügt,  welche  allzuleicht  aus  ihren  eige- 
nen Diöcesen  entlassen,  in  einige  Länder  von  Amerika  gehen  und  dort  ohne 
Prüfung  ihrer  Gelehrsamkeit  und  ihrer  Rechtschaffenheit  leicht  aufgenommen 
zu  werden  pflegen  und  dann  an  ganz  andere  Dinge  denken,  als  die  Men- 
schen zum  wahren  Glauben  zu  führen." 


Katholische,  Thätigkeit.   Südamerika.  99 

2)  Errichtung  einer  neuen  Kircheuprovinz. 

Ausserdem  beziehen  sich  auf  Haiti  die  Bullen  Vel  a  primis  vom  5.  Oc- 
tober  1861,  ferner  die  Bulle  Christianae  religionis,  die  Bulle  CatJwUcae  romanae 
ecclesiae,  die  Bulle  Proprium  fuit  semper,  endlich  die  Bulle  Gravissimum  solilci- 
tudinis  von  demselben  Datum,  durch  welche  die  kirchliche  Provinz  Port  au 
Prince  mit  dem  gleichnamigen  Erzbisthum  und  den  Bisthümern  Les  Caies, 
Capo,  Haiti,  G-onayves,  Porto  Pace  gegründet  wird. 

In  Südamerika  besteht  die  kirchliche  Hierarchie,  abgesehen  von  der  be- 
reits erwähnten  Kirchenprovinz  in  der  Republik  Neu-Granada,  aus  folgen- 
den Kirchenprovinzen : 

Baja  oder   S.  Salvador  für  Brasilien  mit  den  Suffraganbisthümern : 

Bethlem   del  Parä, 

Cuyaba, 

Diamantina, 

Fortalezza, 

Goyazes, 

Marianne, 

Olinda  oder  Fernambuco, 

Rio  Janeiro  (S.  Sebastian), 

S.  Louis  de  Maragnano, 

S.  Paul, 

S.  Pedro  vel  Eio  grande; 
Carhas  oder  La  PI  ata  mit  den  Suffragan-Bisthümern : 

Buenos  Ayres, 

Cochabamba, 

Cordova, 

Pace, 

S.  Johann  o  Cuyo, 

Salta, 

S.  Cruz  de  la  Sierra, 

S.  A  s s u  n zi  0 n  (in  Paraguay) ; 
Lima  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Arequipa, 

Chachapoyas  oder  Maynas, 

Cuzsco, 

Guamagna  und  Ayacucho, 

Puno, 

Trupillo  für  die  Republiken  Bolivia,    Peru  und  La  Plata; 
Cluito  für  die  Republik  Eguador  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Cuenca, 

Guayaquil; 

7* 


100  Katholische  Thätigkeit.  Südamerika.    Vereinigte  Staaten. 

Venezuela  für  die  gleichnamige  Kepublik  mit  den  Snffragan-Bisthtimern : 

Barquisimeto, 

Calabozo, 

Guayana  oder  S.  Thomas, 

Merida; 
Port  au  Prince  für  Haiti  mit  den  Suffragan-Bisthümem : 

Les  Cayes, 

Capo  Haiti, 

Gonayves, 

Porto  Pace. 

Vereinigte  Staaten. 

1)  Errichtung  neuer  Diöcesen. 

Der  Errichtung  zahlreicher  Bisthümer  in  den  Vereinigten  Staaten  von 
Nordamerika  ist  bereits  gedacht  und  sind  deren  Namen  bereits  weiter  oben 
nach  dem  Annuario  Pontißcio  vom  Jahre  1865  angeführt  worden,  deren  Erec- 
tions-Bullen  aber  enthalten  die    uns  vorliegenden  Acta  nicht. 

2)  Zum  Bürgerkrieg. 

Ausserdem  ist  noch  ein  bedeutungsvoller  Act  Pius  IX.  in  Bezug  auf  Amerika 
zu  erwähnen,  nämlich  das  Breve  Gravissimas  inter  vom  18.  October  1862  an 
die  Erzbischöfe  von  New- York  und  Neu-Orleans  aus  Anlass  des  in  Amerika 
ausgebrochenen  Bürgerkrieges.  Der  Papst  beklagt  auf  das  Tiefste  die  bejam- 
mernswerthe  Lage,  in  welcher  die  christlichen  Völker  der  Vereinigten  Staaten 
wegen  des  dort  ausgebrochenen  Bürgerkrieges  sich  befinden,  und  erklärt,  er 
habe  nicht  unterlassen,  in  der  Demuth  seines  Herzens  Gott  brünstige  Gebete 
darzubringen,  dass  er  jene  Völker  von  so  vielen  und  so  grossen  Leiden  erretten 
wolle.  Auch  von  den  Erzbischöfen  erwartet  er,  sie  werden  ohne  Unterlass  um 
den  wahren  Frieden  und  die  wahre  Wohlfahrt,  für  jene  Länder  beten.  Nach  seiner 
apostolischen  Amtspflicht  alle  Völker  des  christlichen  Erdkreises  mit  der 
höchsten  Liebe  umfassend,  schärft  er  den  obersten  Eegenten  jener  Völker  und 
diesen  Völkern  selbst  gegenseitigen  Frieden  und  gegenseitige  Liebe  ein.  Dann 
fahrt  er  fort: 

Quamobrem  hos  Tibi  scribimus  Litteras,  quibtis  Te,  VeneraUlis  Frater,  ma- 
xima  animi  Nostri  confentione  excitamus,  ut  pro  eximia  tua  pietate,  et  episcopcdi 
zelo  Tuum  Clerum  populumque  ßdelem  ad  effundendas  preces  excites,  ac  simul 
tuum  omne  Studium  et  operam  penes  ipsos  supremos  Moderatores  et  populos  con- 
feras,  ut  istic  quamprimum  desiderata  pax  et  tranquillitas  restituatur,  qua  tum 
christianae,  tum  civilis  reipublicae  felicitas  maxime  continetur.  Itaque  quantum 
consilio,  auctoritate  et  labore  eniti  et  efficere  potes ,  nihil  praetermitte,  quoad  tua 
in  id  studia  cum  sacri  ministerii  natura   conciliari  possint,  ut  dissidentium  animos 


Katholische  Thätigkeit.  Vereinigte  Staaten.  101 

lenire,  pacare,  componere,  atqiie  ad  optatam  concordiam  et  pacem  reducere  queas, 
iis  modis  omnibus,  qui  ad  veriim  populorum  honum  assequendum  magis  conducere 
possunt.  Omnem  ijraeterea  curam  adhibe ,  ut  iidem  Moderatores  et  populi  serio 
animadvertant ,  quibus  gravissimis  ipsi  affligantur  damnis,  quae  ex  civili  bello 
redundant,  quo  nihil  certe  funesiius,  nihil  tristius,  nihil  luctuosius  populis  et  na- 
tionibus  contingere  potest.  Neque  omittas,  supremos  ipsos  Moderatores  ac  populos 
Nostro  etiam  nomine  monere,  hortari,  ut  conciliatis  animis  pacem  amplectantury 
et  continua  se  caritate  diligant.  Futurum  enim  conßdimus,  ut  iidem  paternis  Nostris 
monitis  et  vocibus  eo  lihentius  obsequantur,  quod  per  se  ipsi  clare  aperteque  in- 
telligunt,  Nos  nulla  prorsus  politicarum  rerum  ratione,  nullaque  terrenarum  rerum 
utilitate  adductos,  sed  paterna  tantum  caritate  impulsos  ad  pacem  tranquilitatemque 
illos  exhortari.  Ac  pro  egregia  tua  sapientia  omnibus  persuadere  stude,  veram 
prosperitatem  in  hac  etiam  vita  non  aliunde  esse  quaerendam,  quam  a  divina  Christi 
religione,  ejusque  sdlutari  doctrina. 

„Darum  schreiben  Wir  Dir  diesen  Brief,  durch  welchen  Wir  Dich,  ehrwür- 
diger Bruder,  aus  ganzem  Herzen  anspornen,  dass  Du  nach  Deiner  ausge- 
zeichneten Frömmigkeit  und  Deinem  bischöflichen  Eifer  den  Clerus  und  das 
gläubige  Volk  zur  Verrichtung  von  Gebeten  ermahnest  und  zugleich  all'  Dein 
Streben  und  Bemühen  bei  den  obersten  Regenten  und  den  Völkern  darauf 
richtest,  dass  daselbst,  sobald  es  möglich,  der  ersehnte  Friede  und  Ruhe  her- 
gestellt werde,  in  welchen  das  Glück  der  Kirche  und  des  Staates  zumeist 
besteht.  Darum  unterlasse  nichts,  was  Du  durch  Rath,  Ansehen  und  Bemühun- 
gen anstreben  und  erreichen  kannst,  so  weit  Deine  diesfalsigen  Bestrebungen 
sich  mit  dem  Wesen  des  heiligen  Amtes  vertragen ,  um  die  Gemüther 
der  Streitenden  zu  besänftigen ,  zum  Frieden  und  zur  Ruhe  zu  bewegen 
und  die  erwünschte  Eintracht  und  den  Frieden  zurückzuführen,  auf  alle 
Weise,  die  zur  Erreichung  des  wahren  Wohles  der  Völker  am  besten  führen 
kann.  Wende  überdies  alle  Sorgfalt  an,  damit  die  Regenten  und  Völker  ernst- 
lich erkennen,  von  welchen  höchst  schweren  Schäden  sie  heimgesucht  werden, 
die  aus  dem  Bürgerkriege  hervorgehen,  welcher  gewiss  das  Unheilvollste, 
Traurigste  und  Jämmerlichste  ist  was  den  Völkern  und  Nationen  begegnen 
kann.  Er  unterlasse  auch  nicht  die  obersten  Regenten  und  Völker  auch  in 
Unserem  Namen  zu  erinnern  und  zu  ermahnen,  dass  sie  mit  versöhnten  Ge- 
müthern den  Frieden  umfassen  und  sich  mit  beständiger  Liebe  lieben,  denn 
Wir  vertrauen,  dass  sie  Unseren  väterlichen  Ermahnungen  und  Wünschen  um 
so  williger  gehorchen,  als  sie  selbst  klar  und  offen  erkennen,  dass  Wir 
durch  keinen  politischen  Grund  und  durch  keine  Rücksicht  auf  irdischen 
Nutzen  geleitet,  sondern  blos  von  väterlicher  Liebe  getrieben,  sie  zum  Frieden 
und  zur  Ruhe  ermahnen,  und  nach  Deiner  ausgezeichneten  Weisheit  trachte 
Alle  zu  überzeugen,  man  dürfe  die  wahre  Wohlfahrt  auch  in  diesem  Leben 
sonst  nirgends  suchen,  als  bei  der  göttlichen  Religion  Christi  und  ihrer  heil- 
samen Lehre.* 


102  Katholische  Thätigkeit.  Vereinigte  Staaten. 

Hierauf  theilt  er  jedem  der  beiden  Erzbischöfe  mit,  dass  er  das  gleiche 
Breve  auch  an  den  andern  gerichtet  habe,  und  spricht  den  Wunsch  aus,  dass 
sie  sich  mit  einander  und  ihren  Suffragan-BischÖfen  verständigen  um  die 
wirksamsten  Mittel  zur  Wiederherstellung  des  Friedens  aufzufinden.  Der  apo- 
stolische Segen  bildet  wie  gewöhnlich  den  Schluss  des  Breve. 

Die    kirchliche    Hierarchie    in     Nordamerika    besteht    aus  den   Kirchen- 
provinzen 
Baltimore  mit  den  Suffragan-Bisthümern : 

Charlestown, 

Brie, 

Philadelphia, 

Pittsburg, 

Eichmond, 

Savannah, 

Wheeling; 
Cineinnati  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Cleveland, 

Covington, 

Detroit, 

Fort  Wayne, 

Louisville  oder  Bardstown, 

Vincencennes, 

Soult  S.  Maria; 
S.  Louis  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Alton, 

Chicago, 

Dubuque, 

Milwaukie, 

Nashville, 

Quincy, 

Santa  Fe, 

S.  Paul  di  Minesota; 
New -York  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Albany, 

Boston, 

Brooklyn, 

Buffalo, 

Barlington, 

Hartford, 

Newark, 

Portland; 


Katholische  Thätigkeit.  Vereinigte  Staaten.  X03 

New-Orleans  mit  den  Suffragan-Bisthümern : 

Galveston, 

Mobile, 

Little  Eock, 

Natchez, 

Natchitoches; 
Oreg-on  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Nesqualy , 

Vancouver; 
S.  Francisco  mit  dem  Suffragan-Bisthum : 

Montrey,    für    die  Vereinigten  Staaten;    ferner    aus  den  Kirchen- 
provinzen : 
Ctuebec  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Bytown, 

Hamilton, 

Kingstown, 

Londo  n , 

Montreal, 

S.  Bonifaz, 

S.  Hyacinth, 

Toronto, 

Trois-Eivieres  für  Neu-Britannien  und 
Halifax  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

A  r  i  c  h  a  t , 

Charlottetown, 

S.  Johann  in  Neu-Braunschweig,    für  Neu-Schottland,    Cap 

Bretagne,  Neu-Braunschweigund  Prinz  Eduards- 1  nsel. 

Unmittelbar  dem  heiligen  Stuhle  untergeben    sind  die  Bisthümer:  S.  John  und 

Harbour-Grace  auf  der  Insel  Terra  Nuova. 
Apostolische  Vicariate    gibt  es  in  Amerika  zehn,  nämlich  : 

Britisch  Columbia, 

Curacao, 

Florida, 

Jamaica, 

Machenzie, 

Marysville, 

Nebrawska, 

Rocky  Mountains. 

Englisch  Gujana, 

Holländisch  Gujana, 


104  Katholische  Thätigkeit.  Ostindien. 

Asien. 

Ostindien  und  China. 

Den  Angelegenheiten  der  katholischen  Kirche  in  Ostindien  sind  vier  Ac- 
tenstücke  gewidmet.  Mit  China  beschäftigt  sich  nur  eines,  nämlich  die  Allo- 
cution  vom  17.  December  1860. 

1)  Der  Erzbischof  von  Groa  und  die  apostolischen  Vicare 

von  Ostindien. 

In  Bezug  auf  Ostindien  ist  zunächst  die  Angelegenheit  des  Erzbisthums 
Goa  zu  erwähnen,  welcher  allein  drei  von  den  erwähnten  Actenstücken  gewidmet 
sind.  In  der  Allocution  Inter  novos  vom  17.  Februar  1851  verkündet  Pius  IX. 
den  Erzbischof  Josef  a  Silva  Torres  von  Palmyra  als  Coadjutor  und  künftigen 
Nachfolger  des  Erzbischofs  von  Braga  und  erklärt  dann,  wie  es  gekommen  sei, 
dass  der  erwähnte  Josef  a  Silva  Torres  zum  künftigen  Erzbischofe  von  Braga 
bestimmt  wird.  Derselbe  war  in  dem  geheimen  Consistorium  von  19.  Juni  1843 
von  Gregor  XVI.  zum  Erzbischofe  von  Goa  präconisirt  worden.  In  dem  grossen 
Ländercomplexe ,  auf  welchen  sich  ehemals  die  Jurisdiction  des  Erzbisthums 
Goa  erstreckte,  hatte  der  apostolische  Stuhl  mehrere  von  dem  Erzbischofe  von  Goa 
unabhängige  apostolische  Vicariate  gegründet  und  zwar  zuletzt  Gregor  XVI. 
selbst  insbesondere  durch  die  Bulle  Multa  pmecJare  vom  24.  April  1831. 
Die  täglich  wachsende  Zahl  der  Missionen  und  der  Missionäre  erforderten  diese 
Massregel  umsomehr,  da  die  aus  Portugal  dahin  gesendeten  und  die  aus  den 
Eingeborenen  gebildeten  Geistlichen  dieser  Last  nicht  gewachsen  auch  mehrere 
ehemals  portugisische  Orte  in  die  Herrschaft  anderer  Fürsten  übergegangen  waren, 
und  endlich  die  Unterbrechung  der  Beziehungen  zwischen  dem  heil.  Stuhle  und  der 
portugisischen  Regierung  so  weit  geführt  hatte,  dass  der  erzbischöfliche  Stuhl  von 
Goa  und  seine  Suffragankirchen  gleichzeitig  erledigt  waren.  Die  Geistlichen, 
welche  damals  jene  Kirche  administrirten,  widersetzten  sich  den  von  Gregor  XVI. 
abgesandten  apostolischen  Vicaren  und  massten  sich  eine  geistliche  Autorität 
über  die  von  dem  heil.  Stuhle  denselben  verliehenen  Kirchen  und  Gläubigen  an, 
woraus  grosse  Schwierigkeiten,  Streitigkeiten  und  Aergemisse  erwuchsen.  In 
dieser  Lage  der  Dinge  schlug  die  Königin  Maria  von  Portugal  nach  Wieder- 
herstellung der  Beziehungen  zwischen  ihrer  Regierung  und  dem  apostolischen 
Stuhle  den  erwähnten  Josef  a  Silva  Torres  als  Erzbischof  von  Goa  vor.  Da 
die  Stadt  Goa  mit  ihrer  Umgegend  zu  Portugal  gehört  und  keinem  apostolischen 
Vicar  unterworfen  war,  bot  die  Sache  von  dieser  Seite  keine  Schwierigkeiten, 
auch  durfte  man  hoffen,  dass  der  vorgeschlagene  Erzbischof  die  an  andern  Orten 
eingesetzten  apostolischen  Vicare  nicht  belästigen  werde,  umsomehr,  als  man 
seinen  Glauben,  seine  Gelehrsamkeit  und  seine  Rechtlichkeit  rühmte  und  als  der 
päpstliche  Internuntius  in  Lissabon  ihn  von  den  päpstlichen  Decreten  bezüglich 
der  apostolischen  Vicare  verständigt  hatte,  auch  hatte  derselbe  in  einem  beson- 


Katholische  Thätigkeit.  Ostindien.  105 

deren  Schreiben  seinen  Gehorsam  und  seine  Ergebenheit  gegen  den  römischen 
Papst  und  gegen  den  apostolischen  Stuhl  versichert.  Trotzdem  richtete  Gregor  XVI. 
an  den  neuen  Erzbischof  noch  ein  besonderes  päpstliches  Schreiben  vom  8.  Juli  1843, 
worin  er  ihn  zur  Achtung  gegen  die  Autorität  der  apostolischen  Vicare  ermahnte. 
Aber  der  Erzbischof  Josef,  welcher  im  Jahre  1844  nach  Goa  abreiste,  hielt 
sich  keineswegs  innerhalb  der  Grenzen  seiner  Pflicht,  sondern  masste  sich  auch 
an  den  Orten,  welche  den  apostolischen  Vicaren  untergeben  sind,  bischöfliche 
Autorität  an  und  verweigerte  den  apostolischen  Schreiben,  durch  welche  Gregor  XVI. 
und  Pius  IX.  ihn  zur  Pflicht  zurückrufen  wollten,  den  Gehorsam,  so  dass  nichts 
anderes  übrig  blieb,  als  diesen  Bischof  von  Goa  zu  entfernen.  Pius  IX.  leitete 
deshalb  Unterhandlungen  mit  der  portugisischen  Kegierung  ein,  welche  durch 
die  Ereignisse  des  Jahres  1848  verzögert  wurden.  Erst  nach  der  Abreise  des 
Papstes  nach  Gaeta  erhielt  er  von  ihm  durch  seinen  Internuntius  in  Lissabon 
die  Nachricht,  er  sei  am  21.  October  1848  mit  der  portugisischen  Regierung 
darin  übereingekommen,  dass  der  erwähnte  Erzbischof  von  Goa  auf  eine  andere 
erzbischöfliche  Kirche  in  Partibus  infidelium  übersetzt  würde,  und  dass  er  zum 
Coadjutor  und  künftigen  Nachfolger  des  Erzbischofs  von  Braga  bestellt  werde, 
jedoch  soll  er  in  einem  Schreiben  an  den  Papst  seinen  Gehorsam  und  seine 
Unterwerfung  gegen  den  heil.  Stuhl  gezeigt  haben,  auch  sollen  zur  Beseitigung 
aller  weiteren  Streitigkeiten  bei  der  künftigen  Ernennung  eines  Erzbischofs  von 
Goa  die  Grenzen,  innerhalb  deren  er  seine  Autorität  auszuführen  habe,  aus- 
drücklich erwähnt  werden.  Dieses  Verlangen  versetzte  den  Papst,  wie  er  in 
der  Allocution  ausdrücklich  bemerkt,  in  nicht  geringe  Verlegenheit,  denn  auf 
der  einen  Seite  schwebte  Uns,  sagt  er,  vor  Augen,  was  dieser  Bischof  bei  der 
Verwaltung  des  Erzbisthums  von  Goa  Ungebührliches  gethan,  auf  der  andern 
Seite  mussten  Wir,  wenn  Wir  der  von  Unserem  Internuntius  abgeschlossenen 
Uebereinkunft  nicht  beistimmten,  befürchten,  dass  Wir  nicht  nur  die  Hoffnung 
verlieren,  den  erwähnten  Bischof  aus  Indien  zu  entfernen,  sondern  auch,  dass 
er  und  seine  Anhänger  Unsere  Weigerung  zum  Vorwand  nehmen,  um  neue 
Streitigkeiten  zum  noch  grösseren  Schaden  der  Eeligion  zu  stiften.  Auch  konnte 
man  theil weise  hoffen,  der  erwähnte  Bischof,  welcher  des  Ruhmes  der  Gottes- 
gelehrsamkeit und  der  guten  Sitten  nicht  entbehrt,  werde,  wenn  er  von  den  Ge- 
legenheiten entfernt  werde,  welche  ihn  zu  Goa  auf  Abwege  gebracht  haben, 
besseren  Rath  annehmen  und  seine  neue  Diöcese  zu  seinem  und  seiner  Heerde 
Besten  verwalten.  „Darum  ertheilten  Wir,  sagt  der  Papst,  nach  sorgfältiger  Er- 
wägung der  ganzen  Angelegenheit,  nach  Anhörung  des  Rathes  einiger  Cardinäle 
und  mit  Beobachtung  des  von  Unseren  Vorgängern  in  ähnlichen  schwierigen 
Fällen  wiederholt  eingehaltenen  Verfahrens  und  mit  aller  nöthigen  Vorsicht 
Unsere  Zustimmung. "  Der  Papst  erzählt  dann  weiter,  wie  er  der  portugisischen 
Regierung  habe  wissen  lassen,  er  sei  bereit,  den  Erzbischof  von  Goa  im  nächsten 
Consistorium  auf  eine  andere  erzbischöfliche  Kirche  in  Partibus  infidelium  zu 
übersetzen,  aber  er  könne  ihn    nicht  mit  gutem  Gewissen  zum  künftigen  Nach- 


106  Katholische  Thätigkeit.  Ostindien. 

folger  des  Erzbischofs  von  Braga  bestellen,  ehe  er  von  demselben  ein  genügen- 
des Entschuldigungsschreiben  mit  dem  festen  Versprechen  erhalten  habe,  dass 
er  künftig  nicht  mehr  von  seiner  Pflicht  abweichen  wolle. 

In  dem  Consistorium  vom  22.  September  1848,  welches  zu  Gaeta  ge- 
halten wurde,  erfolgte  dann  die  Uebersetzung  des  Erzbischofs  von  Goa  auf 
das  Erzbisthum  Palmira  in  partibus  infidelium.  Erst  am  18.  November  1850 
erhielt  der  Papst  das  verlangte  Schreiben  des  erwähnten  Erzbischofs  und 
zwar,  wie  Pius  ES.  sich  ausdrückt,  iis  conceptas  verbis ,  quae  hominem 
decent  errata  sua  detestantem^  et  de  meliori  in  posterum  ratione  tenenda,  suaque 
Nohis  adhaesione  et  obedientia  f actis  ipsis  constanter  comprobanda  sollicitum,  „in 
solchen  Ausdrücken  abgefasst,  wie  sie  einem  Manne  ziemen,  welcher  seine 
Verirrungen  verabscheut  und  den  guten  Willen  hat,  künftig  ein  besseres 
Verhalten  zu  beobachten  und  seine  Ergebenheit  und  seinen  Gehorsam  durch 
die  That  beständig  zu  beweisen." 

In  Folge  dieses  Schreibens,  welches  sammt  der  vom  6.  Januar  1851 
datirten  Antwort  des  Papstes  den  Cardinälen  vorgelegt  wurde,  erfolgte  die 
Ernennung  des  mehrerwähnten  Erzbischofs  zum  Coadjutor  und  künftigen 
Nachfolger  des  Erzbischofs  von  Braga.  Das  päpstliche  Antwortschreiben 
recapitulirt  zunächst  die  von  dem  mehrerwähnten  Erzbischofe  dem  Papste 
gegebenen  Versprechungen  und  Entschuldigungen  und   fährt  dann  fort: 

Haud  ignoraSy  Venerdbilis  Frater,  catholico  Episcopo  nihil  potitiSy  nihil  an- 
tiquius  esse  debere^  quam  supremam  hujus  beati  Petri  Sedis  potestatem,  unde  unitas 
sacerdotalis  exorta  est,  ac  Episcoporum  ordinatio  et  Ecclesiae  ratio  decurrit,  ex 
animo  venerari,  ejusque  Sedis  jura,  quae  non  humana  sed  Divina  auctoritate  ni- 
tuntur,  summopere  vereri  ac  def ender e,  et  Romano  Pontifici  ßrmiter  adhaerere, 
omnemque  observantiam  et  obedientiam  fideliter  profiteri  ac  praestare,  qui  in  eadem 
Sede  collocatv^s  in  persona  Beatissimi  Apostolorum  Principis  plenam  ab  ipso  Christo 
Domirto  potestatem  a^cepit  pascendi  agnos  et  oves,  conßrmandi  fratres  et  universam, 
qua  lote  patet,  regendi  et  gvhernandi  Ecclesiam.  Atque  optime  scis,  qnanta  cura 
et  studio  catholicus  Episcopus  in  id  imprimis  incumbere  debeat,  ut  catholicae  Eccle- 
siae unitatem  totis  viribus  foveai,  tueatur,  propugnet,  quae  sine  debita  erga  hanc 
Sanctam  Sedem  et  Romanum  Pontificem  observardia  et  obedientia  esse  non  potest^ 
quaeque  in  eo  potissimum  sita  esse  dignoscitur,  ut  quamvis  in  populo  Dei  multi 
sint  Sacerdotes,  multique  Pastores,  omnes  tarnen  proprie  regnat  Petrus,  quos  prin- 
cipaliter  regit  et  Christus.  Neque  te  latet,  quam  indignum,  quam  perversum,  quam 
miserrimum  sit  fideles,  ac  praesertim  ecclesiasticos  ab  hac  catholica  unitate  de- 
cedere, et  quantopere  sint  improbandi  ac  damnandi  ii  omnes,  qui  ejusmodi  unitati 
quovis  modo  adversari,  et  eortim  opera,  atque  exemplo  alios  etiam  ab  illa  avertere 
non  extimescunt.  Dum  autem  haec  Tecum  loquimur,  Venerabilis  Frater,  ea  sane 
fiducia  nitimur,  ut  catholicis  hisce  sensibus  Tu  vere  animatus,  quemadmodum  in 
c(ymmem,(yrata  Tua  Epistola  lu^tdenter  declaras,    nihil  antiquius  habere  velis,  quam 


Katholische  Thätigkeit.  Ostindien.  107 

majoris  consolationis  causam  Nohis  semper  praehere,  nihilque  intentatum  relinquere, 
ut  qua  opere,  qua  verbo,  qua  exemplo  sinceram  Tuam  erga  Nos  et  hanc  Sanctam  Sedem 
fidem  ostendas,  omnesque  Tuas  vires  in  catholicae  Ecclesiae  doctrinam  ejusque  unita- 
tem  tuendam  ac  propugnandam  conferas,  atque  ita  efficias,  ut  ii  omnes,  qui  Tuae 
Goanae  administrationis  facta  agnoscunt ,  qtiique  non  mediocrem  ex  Ulis  admira- 
tionem  doloremque  susceperunt,  malam  de  Te  opinionem  deponant,  honamque  conci- 
piant  et  habeant. 

„Du  weisst  wohl,  ehrwürdiger  Bruder,  dass  einem  katholischen  Bischöfe 
nichts  mehr  und  dringender  am  Herzen  liegen  solle,  als  die  höchste  Gewalt 
dieses  Stuhles  des  heiligen  Petrus,  von  welchem  die  priesterliche  Einheit 
entsprungen  ist  und  die  Ordination  der  Bischöfe  und  das  Recht  der  Kirche 
ausgeht ,  vom  ganzem  Herzen  zu  verehren,  und  die  Rechte  dieses  Stuhles,  welche 
sich  nicht  auf  menschliche,  sondern  auf  göttliche  Autorität  stützen,  im  höchsten 
Grade  zu  achten  und  zu  vertheidigen  und  dem  römischen  Papste  fest  anzu- 
hängen, und  ihm  alle  Achtung  und  Gehorsam  getreulich  zu  bekennen  und 
zu  leisten,  der  auf  denselben  Stuhl  gesetzt  in  der  Person  des  heiligen  Apostel- 
fürsten von  Christus  dem  Herrn  selbst  die  Vollgewalt  empfangen  hat,  die 
Lämmer  und  Schafe  zu  weiden,  die  Brüder  zu  stärken  und  die  ganze  weite 
Kirche  zu  leiten  und  zu  regieren;  und  Du  weisst  sehr  gut,  mit  welcher  Sorg- 
falt und  mit  welchem  Eifer  ein  katholischer  Bischof  dahin  vor  allem  trachten 
muss,  die  Einheit  der  katholischen  Kirche  aus  allen  Kräften  zu  pflegen,  zu 
schützen  und  zu  vertheidigen,  welche  ohne  den  schuldigen  Gehorsam  und 
Achtung  gegen  diesen  heiligen  Stuhl  und  den  römischen  Papst  nicht  bestehen 
kann,  und  welche  hauptsächlich  in  ihm  erkannt  wird,  so  dass,  obwohl  es 
im  Volke  Gottes  viele  Priester  und  Hirten  gibt,  doch  eigentlich  alle  Petrus 
leite,  wie  ihr  oberster  Leiter  Christus  ist.  Auch  ist  es  Dir  nicht  verborgen,  wie 
unwürdig,  wie  verkehrt  und  wie  höchst  kläglich  es  ist,  wenn  die  Gläubigen 
und  insbesondere  die  Geistlichen  von  dieser  katholischen  Einheit  abweichen, 
und  wie  sehr  alle  jene  zu  tadeln  und  zu  verdammen  sind,  welche  sich 
nicht  scheuen,  dieser  Einheit  irgendwie  zu  widerstreben  und  durch  ihr  Be- 
mühen und  Beispiel  auch  andere  von  derselben  abwendig  zu  machen.  Wäh- 
rend Wir  aber  dies  sprechen,  ehrwürdiger  Bruder,  stützen  wir  Uns  auf  das 
Vertrau-en,  dass  Dir,  von  diesen  katholischen  Gesinnungen  wahrhaft  beseelt, 
wie  Du  in  Deinem  erwähnten  Briefe  deutlich  erklärst,  nichts  mehr  am  Herzen 
liegen  werde,  als  Uns  immer  Ursache  zum  grösseren  Tröste  zu  geben,  und 
dass  Du  nichts  unversucht  lassen  werdest,  um  durch  Wort  und  That  und 
Beispiel  Deine  aufrichtige  Treue  gegen  Uns  und  diesen  heiligen  Stuhl  zu 
zeigen  und  alle  Deine  Kräfte  zum  Schutze  und  zur  Vertheidigung  der  Lehre 
und  Einheit  der  katholischen  Kirche  zu  verwenden,  und  so  zu  bewirken,  dass 
alle,  welche  Deine  Thaten  bei  der  Verwaltung  der  Kirche  von  Goa  kennen 
und  darüber  nicht  geringes  Staunen  und  Aergerniss  empfunden  haben,  die 
üble  Meinung  von  Dir  ablegen  und  eine  gute  erlangen  und  behalten." 


108  Katholische  Thätigkeit.  Ostindien. 

Durch  diese  üebereinkunft  wurden  aber  die  Streitigkeiten  im  Erzbis- 
thum  Goa  nicht  beseitigt,  wie  das  ßreve  Suprema  AuctoHtas  vom  22.  März  1861 
und  das  weitere  Breve  Ad  reparanda  damna  von  demselben  Tage,  beide  an 
den  neuerwählten  Erzbischof  Johannes  Chrisostomus  D'Amorim  Pessea,  zeigt. 
In  dem  ersten  Breve  zeigt  Pius  IX.  dem  erwähnten  Prälaten  an,  dass  er  am 
21.  Februar  1857,  um  den  beständigen  Streitigkeiten  in  Ostindien  ein  Ende  zu 
machen,  mit  dem  König  Pedro  V.  eine  üebereinkunft  geschlossen  habe,  in  welcher 
unter  anderen  die  Errichtung  eines  neuen  Bisthums  in  dem  Gebiete  der  Erz- 
diöcese  Goa  vereinbart  wurde.  In  Bezug  auf  die  Jurisdiction  des  Erzbischofs 
von  Goa  wurde  in  dieser  üebereinkunft  festgesetzt,  dass  bis  zur  Errichtung 
des  Bisthums  dieselbe  provisorisch  auf  die  Orte,  Kirchen  und  Missionen  be- 
schränkt bleiben  solle,  welche  dem  erzbischöflichen  Stuhle  von  Goa  zur  Zeit 
der  Unterzeichnung  der  üebereinkunft  thatsächlich  unterworfen  waren ;  alle 
übrigen  Orte,  Kirchen  und  Missionen,  welche  derzeit  der  Autorität  apo- 
stolischer Vicare  thatsächlich  unterworfen  seien,  sollen  unter  ihrer  Gewalt 
und  in  friedlichem  Gehorsam  unter  denselben  bleiben.  Die  Metropolitan- 
rechte soll  der  neue  Erzbischof  von  Goa  nur  über  die  Diöcese  Macao  aus- 
üben, da  jedoch  nach  der  erwähnten  üebereinkunft  das  Erzbisthum  ad  honorem 
von  Cranganor  und  die  Bisthtimer  von  Cochima,  Meliapur  und  Malacca 
neu  umschrieben  werden  sollen,  und  auch  neue  Bisthümer  errichtet  werden 
können,  so  wird  nach  beendigter  Circumscription  dieser  Diöcesen  und  nach 
der  canonischen  Einsetzung  der  Bischöfe  die  Metropolitan  -  Jurisdiction  über 
jedes  einzelne  derselben  vom  heiligen  Stuhle  nach  und  nach  verliehen  werden, 
üeber  diejenigen  Orte  der  erwähnten  Diöcesen,  welche  zur  Zeit  der  Unter- 
zeichnung und  der  Üebereinkunft  thatsächlich  keinem  apostolischen  Vicare  unter- 
standen, wird  dem  Erzbischof  von  Goa  einstweilen  als  apostolischem  Delegaten 
eine  ausserordentliche  Jurisdiction  verliehen,  worüber  ihm  ein  eigenes  Breve 
ausgefertigt  wird.  Der  Papst  erwähnt  sodann,  wie  die  Kirche  von  Goa  durch  die 
üebersetzung  des  Erzbischofs  Josef  a  Silva  Torres  schon  lange  erledigt  sei 
und  zeigt  dem  neuernannten  Erzbischofe  von  Goa  und  früheren  Bischöfe  von 
St.  Jacob  in  Capo  verde  an,  dass  er  ihn  auf  das  Erzbisthum  von  Goa  pro- 
movirt  habe,  mit  der  Aufforderung,  von  der  Erzdiöcese  Goa  Besitz  zu  er- 
greifen, über  die  Gläubigen  derselben  als  guter  Hirt  zu  wachen  und  die  in 
seiner  Diöcese  lebenden  ungläubigen  in  den  Schafstall  Christi  zu  führen. 
Jedoch  soll  er,  ehe  er  sich  in  die  Regierung  seiner  Diöcese  einmische,  den 
gewohnten  Eid  der  Treue  gegen  den  heiligen  Stuhl  in  die  Hand  eines  dazu 
bevollmächtigten  Geistlichen  ablegen  und  demselben  auch  mit  seinem  Siegel 
und  seiner  Unterschrift,  sowie  mit  der  Unterschrift  des  erwähnten  Geistlichen 
versehen,  sobald  als  möglich  nach  Rom  schicken,  auch  wird  ihm  aufgetragen, 
an  dem  Metropolitan capitel  die  Pfründen  eines  Theologen  und  eines  Pöni- 
tentiarius  nach  den  Vorschriften  eines  Conciliums  von  Trient  zu  errichten 
nnd  auch    sonstige  fromme  Stiftungen  zum  Besten  der  Gläubigen  zu  machen. 


Katholische  Thätigkeit.  Ostindien.  '  109 

Das  Breve  Äd  reparanda  ertheilt  dem  ebener  wähnten,  neuernannten  Erz- 
bischofe  von  Goa  die  Yollraachten  eines  apostolischen  Delegaten  auf  sechs 
Jahre,  kraft  deren  er  im  Namen  des  heiligen  Stuhles  die  geistliche  Jurisdiction 
über  jene  ausserhalb  seiner  Diöcese  gelegenen  Orte  entweder  selbst  oder  durch 
subdeligirte  Geistliche  ausüben  kann,  welche  thatsächlich  nicht  unter  der 
Obhut  apostolischer  Vicare  stehen.  Es  gibt  nämlich,  wie  Pius  IX.  am  Ein- 
gange des  Breve  erwähnt,  in  den  unter  der  Obhut  apostolischer  Vicare  be- 
stehenden Kirchen  in  Ostindien  verschiedene  Orte,  in  welchen  die  Geist- 
lichen ihr  heiliges  Amt  ausüben,  ohne  sich  je  der  Autorität  der  apostolischen 
Vicare  unterworfen,  oder  eine  Jurisdiction  von  ihnen  erhalten  zu  haben;  um 
diesem  Uebel  zu  steuern,  wurde  diese  Jurisdiction  dem  Erzbischofe  von  Goa 
übertragen,  wobei  der  Papst  die  Hoffnung  ausspricht,  dass  innerhalb  dieser 
sechs  Jahre  die  neue  Circumscription  der  Diöcesen  und  die  canonische 
Einsetzung  der  Bischöfe  erfolgt  sein  werde.  Der  neue  Erzbischof  erhält  so- 
dann den  Auftrag,  über  den  Zustand  der  Kirchen  und  Missionen,  über  welche 
er  als  apostolischer  Delegat  seine  Jurisdiction  ausübe,  an  den  heiligen  Stuhl 
Bericht  zu  erstatten,  über  alle  wichtigeren  Angelegenheiten  und  besonders 
über  Streitfragen  an  denselben  zu  berichten  und  ein  genaues  Verzeichniss 
aller  dieser  Orte  an  ihn  zu  übersenden. 

Auch  in  der  Allokution  In  ÄpostoUca  vom  19.  December  1853  spricht 
Pius  TX.  von  den  Wirren  in  Ostindien  mit  folgenden  Worten: 

Non  minus  sollicitos  Nos  habet  atque  anxios  per  Orientales  Indias  Ecclesiae 
conditio.  Scitis  profecto,  Praedecessores  Nostr'os  eorumque  Nos  exempla  sequutos  in 
disjunctissimis  Ulis  regionibus,  prout  temporum  i^atio  ferebat,  per  sacros  Äntistites 
Vicarios  Apostolicos  renunciatos,  perque  Evangelicos  operarios  pastorali  ßdelium 
regimini  consuluisse.  Atqui  suborti  sunt  perditi  homines,  qui  sua  quaerentes,  non 
quae  Jesu  Christi  et  vanissimas  praetexentes  causas  ad  incautos  decipiendos  a  le- 
gitimorum  pastorum  subjectione  catholicam  plebem  subducere  niterentur.  Id  ubi 
comperimus ,  et  patemis  adhibitis  monitis,  inanibus  refutatis  argumentis,  quibus 
dissidium  illud  suum  tueri  contenderent,  non  destitimus  a  nefario  consllio  deterrere 
catholicae  unitatis  perturbatores.  Quos  cum  in  proposito  pertinaces  nosceremus,  ser- 
peretque  mälum  quotidie  magis,  datis  Ulis  Apostolicis  Literis ,  ad  saniora  illos 
consilia  revocare  iterum  conati  sumus,  primarios  vero  schismatis  fautores ,  nisi 
intra  certum  tempus  resipuissent,  Äpostolicae  auctoritatis  gladio  a  corpore  Eccle- 
siae abscidimus,  et  a  ßdelium  communione  segregatos  prorsus  habendos  esse  palami 
deelaravimus.  Ex  quo  illud  boni  sumus  consequuti,  ut  non  mediocris  pars  christianae 
plebis  seditiosorum  fallacias  agnoscens  se  ad  legitimorum  Äntistitum  auctoritatem 
ßdemque  contulerit.  Utinam  vero  qui  in  pravo  adhuc  dissidio  persistunt  dignitate 
praesertim  aliqua  insigniti  audientes  esse  velint  vocibus  Nosfris,  utinam  concessum 
Nobis  sit  aberrantem  illum  gregem  in  ovile  unicum  reducere,  extra  quod  nequit 
reperiri  salus. 


110  Katholische  Thätigkeit.  Ostindien.  China. 

„Nicht  weniger  besorgt  und  beängstigt  sind  Wir  durch  die  Lage  der 
Kirche  in  Ostindien.  Ihr  wisset  wohl,  dass  Unsere  Vorgänger  und  Wir  ihrem 
Beispiele  folgend  in  jenen  entfernten  Gegenden,  wie  es  eben  die  Zeltverhält- 
nisse erforderten,  durch  apostolische  Vicare  in  der  Eigenschaft  von  Bischöfen 
und  durch  evangelische  Arbeiter  für  die  Seelsorge  der  Gläubigen  bedacht 
waren.  Aber  verderbte  Menschen,  welche  das  Ihrige  suchen  und  nicht  das 
was  Jesu  Christi  ist,  sind  aufgestanden  und  haben  unter  den  eitelsten  Vor- 
wänden zur  Täuschung  der  Unvorsichtigen  das  katholische  Volk  von  der 
Unterwerfung  unter  die  rechtmässigen  Hirten  abwendig  zu  machen  gesucht. 
Als  Wir  dies  erfuhren ,  Hessen  Wir  nicht  ab,  durch  väterliche  Ermahnungen 
und  durch  die  Widerlegung  der  haltlosen  Gründe,  durch  welche  sie  ihre  Los- 
trennung zu  vertheidigen  strebten,  die  Störer  der  katholischen  Einheit  von 
ihrem  ruchlosen  Vorhaben  abzuschrecken.  Als  Wir  sahen,  dass  sie  hartnäckig 
bei  ihrem  ruchlosen  Vornehmen  blieben  und  das  Uebel  täglich  mehr  um  sich 
griff,  richteten  Wir  ein  apostolisches  Schreiben  an  sie,  wodurch  Wir  sie  aber- 
mals zu  besseren  Gesinnungen  zurückzurufen  suchten  und  trennten  die  Haupt- 
urheber des  Schisma,  wenn  sie  nicht  binnen  einer  gewissen  Zeit  umkehrten, 
mit  dem  Schwerte  Unserer  apostolischen  Autorität  vom  Leibe  der  Kirche  ab 
und  erklärten  öffentlich,  sie  seien  von  der  Gemeinschaft  der  Gläubigen  aus- 
geschieden zu  halten.  Dadurch  erreichten  Wir  das  Gute,  dass  ein  beträcht- 
licher Theil  des  christlichen  Volkes,  den  Trug  der  Friedenstörer  erkennend, 
sich  unter  die  Autorität  und  die  Treue  der  rechtmässigen  Bischöfe  begab. 
Möchten  doch  auch  noch  diejenigen,  welche  in  der  bösen  Trennung  verharren, 
besonders  jene,  welche  mit  einer  Würde  bekleidet  sind,  auf  Unsere  Stimme  hören, 
möchte  es  Uns  doch  verliehen  sein,  jene  vom  rechten  Wege  abirrende  Heerde 
in  den  einzigen  Schaafstall  zurückzuführen,  ausserhalb  dessen  das  Heil  nicht 
gefunden  werden  kann." 

2)  Die  Christenverfolgung  in  China  und  in  den 
angrenzenden  Ländern. 

In  der  Allocution  Multis  gravibusque  vom  17.  December  1860  beschäftigt 
sich  der  Papst  mit  China,  Cochinchina,  Chorea  und  Tonchin.  Die  betreffende 
Stelle  lautet  wie  folgt: 

Sed  jam  paternum  animum  Nostrum  ad  se  revocat  plurimis  afflicta  malu 
per  Orientem  Ecclesia,  quae  tarnen  cruentis  martyrum  palmis  nobüitari  omarique 
non  desinit.  Loquimur  nempe,  Venerabiles  Fratres,  de  regno  Chorea^,  de  Sinenaium 
Imperio  regnisque  finitimis,  uhi  neque  atrocissimis  cruciatibus  nee  durissimo  quovis 
mortis  genere  debilitata  aut  victa  est  Christianorum  in  fide  constantia:  loquimur 
de  Conchinchinae  ac  Tonchini  regionibus,  in  quibus  ad  extinctionem  prorsus  chri- 
stiani  nominis  acerbissime  recruduit  ethnicorum  immanitas.  Quid  enim  memora- 
bimus  coUegia,  coenobia,  templa  publica^  privatasque  aedes  vel  solo  eversa^,  vel 
flammis  absumptasf  Quid   Christißdeles  referamus  cujusque  aetatis,  conditionis,    or- 


Katholische  Thätigkeit.  Asien.  1X1 

dinis  partem  saevissime  exagitatos ,  nudatosque  rebus  omnibus  huc  illuc  errantes 
vitam  trahere  coactos  quovis  supplicio  acerbiorem,  partim  in  carcerem  detrusos, 
omnique  tormentorum  gener e  excruciatos,  qui  tarnen  in  ferendis  pro  Christo  suppli- 
ciis  ac  morte  obeunda  veterum  Ecclesiae  Martyrum  fortitudinem  retulerunt. 

„Nun  aber  ruft  die  durch  gar  viele  Uebel  bedrängte  Kirche  im  Orient 
Unser  väterliches  Herz  zu  ihr  zurück,  welche  jedoch  unaufhörlich  durch  die 
blutigen  Palmen  der  Märtyrer  verherrlicht  wird.  Wir  reden  nämlich,  ehr- 
würdige Brüder,  von  dem  Königreiche  Chorea,  von  dem  Kaiserreiche  China 
und  den  angrenzenden  Reichen,  w<)  die  Standhaftigkeit  der  Christen  im 
Glauben  weder  durch  die  grausamsten  Qualen,  noch  durch  die  schreck- 
lichsten Todesarten  geschwächt  oder  besiegt  worden  ist.  Wir  reden  von  den 
Ländern  Cochinchina  und  Tonkin,  in  welchen  die  erbitterte  Wuth  der  Heiden 
bis  zur  Vertilgung  des  christlichen  Namens  gegangen  ist,  Wir  erinnern  an  die 
CoUegien  und  Klöster,  Kirchen,  öffentliche  und  Privathäuser,  welche  entweder 
dem  Erdboden  gleichgemacht,  oder  von  den  Flammen  verzehrt  wurden,  Wir 
verweisen  auf  die  Christgläubigen  jedes  Alters,  Standes  und  Ranges,  welche 
theils  grausam  verfolgt  und  von  allem  entblösst  herumirren,  und  ein  Leben 
führen  müssen,  bitterer  als  jede  Strafe,  theils  in  Gefängnisse  geworfen  und 
mit  allerlei  Martern  gepeinigt  wurden,  die  aber  in  Ertragung  der  Martern  für 
Christus  und  in  Erduldung  des  Todes  den  Starkmuth  der  alten  Märtyrer  der 
Kirche  beweisen." 

3)  Die  Wiederherstellung  der  Residenzpflicht  der  lateini- 
schen Patriarchen  von  Jerusalem 

wurde  bereits  weiter  oben  berichtet. 

Die    kirchliche    Hierarchie   in  Asien    zählt  ausser  dem  lateini- 
schen  Patriarchat  in   Jerusalem  nur  Eine  Kirchenprovinz  lateinischen  Ritus, 
nämlich  die  von 
Goa  mit  den  Suffragan-Bisthümern : 

Cranganore, 

Cochin, 

Malacca, 

S.  Thomas, 

Macao, 
Unmittelbar  dem  heiligen  Stuhl  untergeben  sind  die  Erzbisthümer : 

Smyrna  (in  Anatolien)  und 

Babylon  (in  Persien). 

Sehr  gross  ist  die  Zahl  der  apostolischen  Vicariate,  Präfecturen 
und  Delegationen  in  Asien. 

In  China  sind  folgende  apostolische  Vicariate: 
To-Kien, 


112 


Katholische  Thätigkeit.  Asien. 


In 


Honan, 
Hu-pe  , 
Hunan, 
Kiang  Si, 
Ko-Konor , 
Kouci  Kon, 

Leatung,  .       * 

Nanking, 

Peking  (Südliches,  Oestliches,  Nördliches), 
Sutchuen  (Nord- Westliches,  Südöstliches), 
Tehe  Kiang, 
Xansi, 
Xantung, 
Xen  Si, 
Yun  nan. 
den    an    China    angrenzenden    Reichen   sind   die   apostolischen 
Vicariate : 
Camboia, 
West-  I 

Cochinchina, 


Slam, 


Tonking 


Mittel 

Süd- 

West- 

Ost- 
In  Ostindien  bestehen  die  apostolischen  Vicariate: 

Agra, 

Ava  und  Pegu, 

Ost-  und  ,W est- Bengalen;  ferner  in 
Bombay  je  eines  für  die 

Süd-  und  die 

West-Mission  von  Bombay, 

Coimbatour, 

Colombo, 

Hyderabad, 

Jafeapatam, 

Madras, 


Katholische  Thätigkeit.  Ostindien.  Australien.  113 

Madure, 

Mongalore, 

Mayssone, 

Patna, 

Pondichery, 

Quilon, 

Sardhana, 

Verapoli , 

Yizagapatam, 
In  der  asiatischen  Türkei  sind  die  zwei  apostolischen  Vicariate: 

Aleppo , 

Klein  -Asien. 
Apostolische  Präfekturen  gibt  es  in  Asien  sechs,  nämlich  vier  in  China 

Hon-Kong, 

Quang  tong, 

Qua  n  Si, 

Hai-non;  eine  in  den 

französischen  Colonien  von  Ostindien  und  eine  in  der 

asiatischen  Türkei,    nämlich  Aden. 
Apostolische   Delegationen   gibt  es  in  Asien  zwei,    und  zwar  eine  in 
der  asiatischen  Türkei  für 

Mesopotamien,  Kurdistan  und  Klein  -  Armenien,  welche  sich 
auch  auf  Persien  ausdehnt,  und  die  zweite  für 

Syrien. 

Australien. 

Auch  über  diesen  Welttheil  enthalten  die  uns  vorliegenden  Acte  kein 
Document.  Wir  müssen  uns  daher  hier,  wie  bei  Afrika  auf  die  Angabe  der 
Bisthümer  und  der  apostolischen  Vicariate  beschränken  und  auf  die  Errich- 
tung neuer  Bisthümer  in  diesem  Welttheile  verweisen,  von  welchen  weiter 
oben  die  Rede  war.  Die  kirchliche  Hierarchie  besteht  in  Australien  aus  zwei 
Kirchenprovinzen,  nämlich: 
Manilla  auf  den  Philippinen  mit  den  Suffragan-Bisthümern:  - 

Cebü  oder  Namen  Jesu, 

Neu-Caceres, 

Neu-Segovia. 
Sidney  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Armida le  (neu), 

Brisbane   (neu), 
'    Goulbourne  (neu), 

Hobart-Town, 

Maitland  (neu), 

Pius,  IX.  als  Papst  und  als  König  8 


114  Katholische  Thätigkeit.   Europa.  Deutschland. 

Melbourne  (neu), 
Perth-Vi Ctoria  (neu). 

Dem  heiligen  Stuhl  unmittelbar  unterworfen  sind  die  Bisthümer: 
A  u  c  k  1  a  n  d  (neu)  und 
Port- Nickolson  oder  Wellington  (neu)  in  Neu-Seeland. 

Europa. 

Deutschland. 

Mit  deutschen  Angelegenheiten  beschäftigt  sich  Pius  IX.  in  zehn  Acten- 
stücken ,  nämlich  in  den  Allocutionen  vom  19.  December  1853  und  vom 
17.  December  1860  und  in  den  apostolischen  Schreiben  vom  9.  Januar  1854, 
15.  und  21.  Juni  1857,  21.  October  1859,  11.  December  1862,  22.  Decem- 
ber 1863,  14.  Juli  1864  und  18.  August  1864. 

1)  Der  badische  Kirchenstreit. 

In  der  Allocution  vom  15.  December  1853  beklagt  sich  Pius  IX.  über 
die  Verfolgung  der  katholischen  Kirche  im  Grossherzogthum  Baden,  wo  in 
Folge  des  bekannten  Kirchenstreites  die  Geistlichen  theils  ins  Gefängniss  ge- 
worfen, theils  mit  Geld  gestraft  wurden,  dann  fährt  er  fort: 

Quibus  in  asperitatibus  tum  Cleri  ferme  universi  tum  sacrorum  Anlistütim 
ac  potissimum  Friburgensis ,  qui  ceteris  praeivit  exemplo ,  mirifice  eluxit  invictum 
animi  robur  et  firmitas.  Is  enim  propositum  habens  reddere  Caesari  quae  Caesaris 
sunt  et  quae  Dei  Deo,  neque  minis  fractuSy  nee  periculorum  metu  deterritus  est, 
quin  ecclesiae  jura  et  pastoralis  officii  partes  strenue  tueretur.  Eximiam  hanc  in 
Ecclesiae  causa  sustinenda  constantiam  dum  meritis  extollimus  laudibvs,  Venera- 
bilem  ipsum  fratrem  Friburgensem  Antistitem,  ejusque  fortitudinis  socios  hortamur, 
ut  ne  abjiciant  animum,  sed  confortentur  in  virtute  Domini,  qui  Ecclesiae  suae 
quovis  tempore  pollicitus  est  adfuturum,  quique  bonum  certamen  certantibus  coronam 
paravit  et  palmam.  Ceterum  quod  cum  gentium  Äpostolo  docuit  semper  Ecclesia, 
parendum  scilicet  esse  potestatibus  sublimioribus,  id  Nos  et  catholici  Nobiscum  An- 
tistites  et  tenent  et  docent ;  at  vero  si  contra  dioinas  leges  et  sacrosancta  Ecclesiae 
jura  a  divina  Auetore  Uli  tradita  imperatum  aliquid  sit,  obediendum  esse  Deo 
magis  quam  hominibu^,  id  exemplo  ipse  suo  confirmavit  Apostolus,  id  Nos  cum 
sacris  Ecclesiae  Pastoribus  et  docemus  et  inculcamus. 

„In  diesen  Verfolgungen  leuchtete  die  unbesiegte  Seelenstärke  und  Festig- 
keit fast  des  ganzen  Clerus  sowie  der  Bischöfe  und  insbesondere  des  Erz- 
bischofs von  Freiburg  hervor,  welcher  den  Uebrigen  mit  gutem  Beispiel  voran- 
ging, denn  dieser  Hess  sich  in  seinem  Vorhaben,  dem  Kaiser  zu  geben,  was 
des  Kaisers,  und  Gott  was  Gottes  ist,  weder  durch  Drohungen  noch  durch  Furcht 
vor  Gefahr  abschrecken,  die  Rechte  der  Kirche  und  die  Pflichten  seines  Hirten- 
amtes wacker  zu  wahren.     Indem  Wir  diese    ausgezeichnete  Standhaftigkeit   in 


,  Katholische  Thätigkeit.  Deutschland,  |15 

Vertheidigung  der  Sache  der  Kirche  mit  verdienten  Lobsprüchen  erheben,  er- 
mahnen Wir  Unsern  ehrwürdigen  Bruder,  den  Erzbischof  von  Freiburg,  und  die 
Genossen  seines  Starkmutlies,  den  Muth  nicht  zu  verlieren,  sondern  Stärke  zu 
suchen  in  der  Kraft  des  Herrn,  welcher  versprochen  hat,  dass  er  allezeit  bei 
seiner  Kirche  sein  werde  und  denen,  die  den  guten  Kampf  kämpfen,  die  Krone 
und  die  Palme  in  Bereitschaft  hält." 

„Im  üebrigen  halten  auch  Wir  und  mit  Uns  die  katholischen  Bischöfe  fest, 
und  lehren,  was  mit  dem  Völker-Apostel  die  Kirche  immer  gelehrt  hat,  dass 
man  nämlich  den  oberen  Gewalten  gehorchen  müsse.  Wenn  aber  etwas  gegen 
die  göttlichen  Gesetze  und  die  geheiligten  Eechte  der  Kirche  befohlen  wird, 
welche  ihr  von  ihrem  göttlichen  Stifter  übertragen  worden  sind,  so  hat  der 
Apostel  selbst  durch  sein  Beispiel  bekräftigt,  und  so  lehren  und  fordern  Wir 
mit  den  geweihten  Hirten  der  Kirche,  dass  man  Gott  mehr  gehorchen  müsse 
als  den  Menschen." 

Ausser  dieser  AUocution  widmete  Pius  IX.  auch  ein  Breve  an  den  Erz- 
bischof von  Preiburg  vom  9.  Januar  1854  den  badischen  Angelegenheiten. 
Dieses  Breve  ist  die  Antwort  auf  zwei  Schreiben,  des  Erzbischofs  vom  16.  No- 
vember und  vom  20.  December  1853.  Es  beklagt  die  Verfolgung  gegen  die 
Kirche  und  gegen  den  Erzbischof,  der  nur  seine  Pflicht  erfüllt  habe,  und  rügt 
das  Vorgehen  der  Regierung,  welche  die  Kirchengesetze  verletzt  und  in  die 
Eechte  der  Kirchengewalt  eingegriffen  habe,  besonders  durch  das  Verbot,  ohne 
Erlaubniss  der  weltlichen  Regierung  irgend  einen  auf  geistliche  Dinge  bezüg- 
lichen Erlass  des  Erzbischofs  zu  veröffentlichen  und  zu  vollziehen,  und  welche 
strenge  und  ungerechte  Strafen  über  die  Geistlichen  verhängte,  weil  sie  den 
Verordnungen  des  Erzbischofs  gehorchten.  Dann  erinnert  der  Papst  an  die  AUocu- 
tion vom  19.  December  1853,  aus  welcher  der  Erzbischof  erkennen  werde,  wie 
sehr  sein  Schmerz  vermehrt  worden  sei,  da  er  aus  den  beiden  erwähnten  Briefen 
desselben  ersehen  habe,  dass  die  Verfolgung  gegen  die  Kirche  und  gegen  ihre  Diener 
täglich  zunehme.  „Wir  seufzen  mit  Dir,  ehrwürdiger  Bruder,"  sagt  der  Papst,  „und 
betrachten  Deinen  Schmerz  als  den  Unsrigen  und  die  Wunden,  welche  Dir  ge- 
schlagen werden,  als  die  Wunden  dieses  heiligen  Stuhles.  Indess  lindert  Unseren 
Schmerz  Deine  ausgezeichnete  und  mit  den  höchsten  Lobsprüchen  zu  erhebende 
Tugend,  Religiosität,  Frömmigkeit  und  herrliche  bischöfliche  Stärke  und  Stand- 
haftigkeit,  mit  welcher  Du  den  feindlichen  Versuchen  unerschrocken  begegnest 
und  eine  Mauer  für  das  Haus  Israel  entgegenstellst  und  die  Rechte  Gottes  und  seiner 
heiligen  Kirche  tapfer  beschützest  und  vertheidigst. "  Ein  gleiches  Lob  wird 
sodann  dem  Domcapitel  zu  Theil,  welches  zum  Ruhme  seines  Namens,  seiner 
Pflicht,  seiner  Würde  und  seines  Zweckes  eingedenk  mit  Verachtung  aller  Ge- 
fahren fest  zu  seinem  Bischöfe  halte.  Auch  dass  fast  alle  Geistlichen  der 
Diöcese  dem  Erzbischofe  Gehorsam  leisten  und  dass  die  Gläubigen  selbst  mit 
jedem  Tage  mehr  erkennen,  ihr  Bischof  kämpfe  für  die  Gerechtigkeit,  hat  der 
Papst  mit  Freude  vernommen,    so  wie  ihm  auch  die  zahlreichen  Zustimmungs- 


116  Katholische  Thätigkeit.  Deutschland. 

adressen,  welche  die  Bischöfe  der  katholischen  Welt  und  andere  ausgezeichnete 
katholische  Männer  an  den  Erzbischof  gerichtet  haben,  zu  nicht  geringem 
Tröste  gereichen. 

Schliesslich  versichert  der  Papst  den  Erzbischof  seines  Beistandes  und 
seines  Gebetes,  ermahnt  ihn  zur  Standhaftigkeit  und  ertheilt  ihm  und  seiner 
ganzen  Heerde  den  apostolischen  Segen. 

Der  badische  Kirchenstreit  führte  bekanntlich  zum  Abschlüsse  des  Con- 
cordats  vom  22.  September  1859,  welches  mit  dem  apostolischen  Schreiben 
Aeterni  Pastoris  veröffentlicht  und  dessen  Inhalt  von  uns  weiter  oben  mitge- 
theilt  wurde.  ■*) 

Leider  wurde  dieses  Concordat  bald  nach  seinem  Abschlüsse  wieder  ge- 
brochen und  ein  Theil' der  Allocution  vom  17.  December  1860  beschäftigt  sich 
mit  diesem  Vertragsbruche.  Der  Papst  theilt  in  dieser  Allocution  mit,  dass 
er,  sobald  er  erfahren,  man  gehe  damit  um,  das  Concordat  umzustossen,  an 
den  Grossherzog  geschrieben  habe,  um  dieses  XJebel  abzuwenden,  und  dass  er 
durch  seinen  Cardinal  -  Staatssecretär  bei  der  Eegierung  die  Ausführung  des 
Vertrages  habe  verlangen  lassen ;  da  aber  alles  fruchtlos  geblieben  sei  und  der 
feierliche  Vertrag  gegen  alle  Regeln  der  Gerechtigkeit  ohne  Zustimmung  des 
andern  Theiles  abgeschafft  wurde,  reclamirte  er  öffentlich  gegen  diesen  Vertrags- 
bruch. Ferner  theilt  der  Papst  mit,  er  habe  seine  Eeclamation  an  die  badische 
Eegierung  gelangen  und  dem  Erzbischof  von  Freiburg  Verhaltungsmassregeln 
in  dieser  schwierigen  Lage  zukommen  lassen.  Er  rühmt  wiederholt  die  Stand- 
haftigkeit des  Bischofs  und  seines  Clerus  und  spricht  das  Vertrauen  aus,  dass 
sie  stets  in  derselben  beharren  werden.  ^) 

2)  Der  badische  Schulstreit. 

Im  Jahre  1864  entbrannte  in  Baden  ein  neuer  Conflict  zwischen  der 
Eegierung  und  dem  Erzbischof,  und  zwar  wegen  der  Schulfrage.  Auch  in  diesem 
Streit  erhob  Pius  IX.  seine  Stimme  für  die  Eechte  der  Kirche  auf  die  Schule, 
und  zwar  in  dem  Breve  vom  14.  Juli  1864  an  den  Erzbischof  von  Freiburg 
Quum  non  sine,  welches  in  der  Broschüre:  „Der  Papst  und  die  modernen  Ideen'- 
1.  Heft,  auf  Seite  92  bis  99  vollständig  abgedruckt  ist  und  sich  in  die  Erklä- 
rung zuspitzt,  dass  die  Kirche  gezwungen  sei,  alle  Gläubigen  zu  ermahnen  und 
ihnen  zu  erklären,  dass  Schulen,  aus  welchen  die  Autorität  der  Kirche  ver- 
drängt würde,  mit  gutem  Gewissen  nicht  besucht  werden  können. 


^)  Neben  dem  badischen  Concordat  wurde  ein  gleiches  auch  mit  Würtemberg 
abgeschlossen,  und  durch  das  Breve  vom  22.  Juni  1857,  cum  in  sublimi  publicirt. 
Der  Inhalt  dieses  Concordats  ist  ebenfalls  weiter  oben  mitgetheilt. 

2)  Einige  Stellen  aus  dieser  Allocution,  soweit  sie  sich  auf  den  Bruch  des 
badischen  Concordats  bezieht,  finden  sich  auf  Seite  50  und  51  der  Broschüre:  „Der 
Papst  und  die  modernen  Ideen,"  2.  Heft. 


Katholische  Thätigkeit.  Deutschland.  117 

3)    Die  deutsche  Wissenschaft. 

Weitere  päpstliche  Actenstücke  beschäftigen  sich  mit  der  deutschen 
Wissenschaft. 

a)  Günther. 

Hier  ist  zunächst  das  Breve  Eximiam  tuam  vom  15.  Juni  1857  an  den 
Cardinal-Erzbischof  G-eissel  von  Köln  zu  erwähnen,  in  welchem,  wie  schon  weiter 
oben  bemerkt  wurde,  die  Gründe  für  die  Verurtheilung  der  Schriften  Günthers 
angeführt  werden;  diese  Gründe  lauten  wie  folgt: 

Non  sine  dolore  apprime  noscimus ,  in  iisdem  operibus  erroneum  ac  perni- 
ciosissimum,  et  ab  hac  Apostolica  Sede  saepe  damnatum  rationalismi  systema  am- 
pliter  dominari;  itemque  noscimus,  in  iisdem,  libris  ea  inier  alia  non  pauca  legi, 
quae  a  catholica  fide,  sinceraque  explicatione  de  unitate  Divinae  substantiae  in 
Tribiis  distinctis,  sempiternisque  Personis  non  minimum  aberrant.  In  compertis  pa- 
riter  habemus,  neque  meliora,  neque  accuratiora  esse,  quae  traduntur  de  Sacramento 
Verbi  Tncarnati,  deque  unitate  divinae  Verbi  personae  in  duühus  naturis  divina 
et  humana.  Noscimus,  iisdem  libris  laedi  catholicam  sententiam  ac  doctrinam  de 
komine,  qui  corpore  et  anima  ita  absolvatur ,  ut  anima  aequa  rationalis  sit  vera 
per  se,  atque  immediata  corporis  forma.  Neque  ignoramus  ea  iisdem  libris  doceri 
et  statui,  quae  catholicae  doctrinae  de  suprema  Dei  libertate  a  quavis  necessitate 
soluta  in  rebus  procreandis  plane  adversantur.  Atque  illud  etiam  vel  maxime 
improbandum  ac  damnandum,  quod  Güntherianis  libris  humanae  rationi  et  philo- 
bophiae,  quae  in  religionis  rebus  non  dominari,  sed  ancillari  omnino  debent,  ma- 
gisterii  jus  temere  attribuatur,  ac  propterea  omnia  perturbentur,  quae  firmissima 
mauere  debent  tum  de  distinctione  inter  scientiam  et  fidem,  tum  de  perenni  fidei 
immutabilitate ,  quae  una  semper  atque  eadem  est,  dum  philosopkia,  humanaeque 
disciplinae  neque  semper  sibi  constant,  neque  sunt  a  multiplici  errorum  varietate 
immunes.  Äccedit,  nee  ea  Sanctos  Patres  reverentia  haberi,  quam  Concilioriim  Canones 
praescribimt,  quamque  splendidissima  Ecclesiae  lumina  omnino  promerentur,  nee  ab 
iis  in  catholicas  Scholas  dicteriis  abstineri,  quae  recolendae  memoriae  Pius  VI., 
Decessor  Noster,  soleniniter  damnavit.  Neque  silentio  praeteribimus,  in  Güntherianis 
libris  vel  maxime  violari  sanam  loquendi  formam  ac  si  liceret  verboriim  Äpostoli 
Pauli  oblivisci  (2  ad  Timoth.  13),  aut  Jiorum,  quae  gravissime  monuit  Augustinus, 
„Nobis  ad  certam  regulam  loqui  fas  est,  ne  verborum  licentia  etiam  de  rebus,  quae 
Ms  signißcantur,  impiam  gignat  opinionem.^''    (De  Civil.  Dei  Üb.  10  cap.  23.) 

„Wir  sehen  zuvörderst  nicht  ohne  Schmerz,  dass  in  diesen  Werken  das 
irrige  und  höchst  verderbliche  und  von  diesem  apostolischen  Stuhle  oft  ver- 
dammte System  des  Eationalismus  in  umfassender  Weise  herrsche.  Ebenso 
wissen  Wir,  dass  in  denselben  Büchern  manches  Andere  zu  lesen  ist,  was  von 
dem  katholischen  Glauben  und  von  der  richtigen  Erklärung  der  Einheit  der 
göttlichen  Wesenheit  in  drei  verschiedenen  und  ewigen  Personen  nicht  wenig 
abirrt.     Gleicherweise  ist  Uns  bekannt,  dass  das,  was  über  das  Geheimniss  des 


W^  Katholische  Thätigkeit.   Deutschland. 

fleisch  gewordenen  Wortes  und  über  die  Einheit  der  göttlichen  Person  des  Wortes 
in  zwei  Naturen,  der  göttlichen  und  der  menschlichen,  gelehrt  wird,  auch  nicht 
besser  und  genauer  ist.  Wir  wissen  ferner,  dass  in  diesen  Büchern  die  katho- 
lische Ansicht  und  Lehre  von  dem  Menschen  verletzt  wird,  welcher  aus  Leib 
und  Seele  also  besteht,  dass  die  vernünftige  Seele  an  sich  die  wahre  und  un- 
mittelbare Form  des  Körpers  ist.  Wir  wissen  auch ,  dass  in  diesen  Büchern 
solches  gelehrt  und  aufgestellt  wird,  was  der  katholischen  Lehre  über  die 
höchste  von  jedem  Zwang  entbundene  Freiheit  Gottes  bei  der  Schöpfung  der 
Dinge  geradezu  widerspricht,  und  auch  das  ist  gar  sehr  zu  verwerfen  und  zu 
verdammen,  dass  in  den  Güntherianischen  Büchern  der  menschlichen  Vernunft 
und  Philosophie,  welche  in  den  Angelegenheiten  der  Religion  nicht  herrschen, 
sondern  durchaus  dienen  müssen,  unbesonnener  Weise  das  Eecht  des  Lehramtes 
zuerkannt  wird  und  dass  darum  Alles  in  Verwirrung  gebracht  wird,  was  be- 
züglich der  Unterscheidung  zwischen  Wissen  und  Glauben  so  wie  bezüglich 
der  beständigen  Unwandelbarkeit  des  Glaubens  fest  bleiben  muss,  welcher 
immer  einer  und  derselbe  ist,  während  die  Philosophie  und  die  menschlichen 
Disciplinen  sich  weder  immer  gleich  bleiben,  noch  auch  von  der  mannigfachen 
Verschiedenheit  der  Irrthümer  frei  sind.  Dazu  kommt,  dass  auch  nicht  jene 
Achtung  gegen  die  heiligen  Väter  beobachtet  wird,  welche  die  Canones  der 
Concilien  vorschreiben  und  welche  die  glänzenden  Lichter  der  Kirche  durch- 
aus verdienen,  und  dass  sie  sich  auch  nicht  von  jenem  Geschwätz  gegen  die 
katholischen  Schulen  enthalten,  welches  Unser  Vorgänger  Pius  VI.  ruhmvollen 
Andenkens  feierlich  verdammt  hat.  Auch  können  Wir  nicht  mit  Stillschweigen 
übergehen,  dass  in  den  Güntherianischen  Büchern  gar  sehr  die  gesunde  Rede- 
weise verletzt  wird,  als  ob  es  erlaubt  wäre,  die  Worte  des  Apostel  Paulus  zu 
vergessen  oder  jene,  welche  Augustinus  auf  das  emstlichste  einschärft :  „Wir 
müssen  nach  einer  gewissen  Regel  reden,  damit  nicht  die  Zügellosigkeit  der 
Worte  auch  über  die  Dinge,  welche  die  Worte  bedeuten,  eine  gottlose  Meinung 
erzeuge." 

b)  Frohschammer. 
Ein  weiteres  Actenstück   ist  das  Breve   an    den  Erzbischof  von  München 
Gravissimcbs  inter  vom  11.  December  1862   gegen   die  Schriften  des  Professors 
Frohschammer,  von  welchem  weiter  oben  die  Rede  war.     Ferner  gehört  hieher 
ein  weiteres  Breve  an  den  Erzbischof  von  München 

c)  Die  MUnchener  Gelehrten-Versammlung. 

Tuas  lihenter  vom  21.  December  1863  über  die  Gelehrten- Versammlung,  welche 
im  September  dieses  Jahres  stattgefunden  hatte.  Dieses  Breve  ist  auf  Seite  59 
bis  70  des  ersten  Heftes  der  Broschüre:  „Der  Papst  und  die  modernen  Ideen" 
wörtlich  abgedruckt. 

d)  Die  bischöfliche  Versammlung  in  Bamberg. 
Das  letzte  Actenstück,  welches  der  Papst  in  Bezug  auf  deutsche  Angele- 
genheiten erlassen  hat,  ist  das  apostolische  Schreiben  an  den  baierischen  Epis- 


Katholische  Thätigkeit.  Deutschland.  \\g 

copat  Maxima  quiclem  vom  18.  August  1864,  in  welchem  der  Papst  seine 
Freude  über  die  Hirtensorgfalt  der  baierischen  Bischöfe,  ,  sowie  über  ihre  in 
Bamberg  stattgehabten  Berathungen  ausdrückt  und  sie  ermahnt,  die  Freiheit 
der  Kirche  mit  Wort  und  Schrift  zu  vertheidigen,  den  Fürsten  und  den  Ee- 
gierungen  den  Nutzen  der  Religion  zu  zeigen,  sich  zu  bemühen,  dass  die  Rechte 
der  Kirche  in  Bezug  auf  die  höheren  Schulen  gewahrt  werden.  Auch  empfiehlt 
der  Papst  in  diesem  Schreiben  einen  sorgfältigen  Unterricht  des  Clerus,  die 
Abhaltung  jährlicher  Zusammenkünfte  unter  den  Bischöfen  und  die  Feier  von 
Provincial-Synoden.  Insbesondere  spricht  der  Papst  die  Erwartung  aus,  der 
König  von  Baiern  werde  in  seiner  Frömmigkeit,  Gerechtigkeit  und  Billigkeit 
den  gerechten  Wünschen  und  Forderungen  der  Bischöfe  gerne  willfahren. 

Die    kirchliche    Hierarchie    in    Deutschland    besteht    aus    folgenden 
Kirchenprovinzen  : 
Baiiibergr  mit  den  Suffragan-Bisthümern : 

Eichstädt, 

Würzburg, 

Speyer; 
Mttnchen-Freismg-  mit  den  Suifragan-Bisthümern  : 

Augsburg, 

Passau, 

Regensburg,  im  Königreiche  Baiem  ; 
Köln  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Münster, 

Paderborn, 

Trier,  im  Königreich  Preussen,  in  welchem  auch  die  nicht  zu  Deutsch- 
land gehörige  Kirchenprovinz 
Posen  und  Gnesen  mit  dem  Suffragan-Bisthum : 

Culm  zu  erwähnen  ist. 
Die  oberrheinische  Kirchenprovinz  mit  dem  Erzbisthum: 

Freiburg,  (Grossherzogthum  Baden)  und  den  Suffragan-Bisthümern: 

Fulda   (Kurhessen), 

Limburg  (Nassau), 

Mainz  (Grossherzogthum  Hessen), 

Rottenburg  (Würtemberg). 
Unmittelbar  dem  heiligen  Stuhle  unterworfen  sind  die  Diöcesen: 

Breslau  und 

Ermeland  in  Preussen, 

Hildesheim  und 

Osnabrück  in  Hannover  nebst  dem  apostol.  Vicariate  des  Nordens. 

Ausserdem  gibt  es  noch  in  Deutschland  zwei  apostolische  Vicariate 
für  die  Anhaltinischen  Herzogthümer  und  das  Decanat  Budissin  in 


120  Katholische  Thätigkeit.   Oesterreich. 

Sachsen  und  Eine  apostolische  Präfectur  für  Meissen   und   Lausitz 
in  Sachsen. 

Oesterreich. 

Den  österreichischen  Angelegenheiten  sind  zwei  Encycliken  und  vier 
apostolische  Schreiben  gewidmet.  Ausserdem  beschäftigt  sich  der  Papst  mit 
denselben  in  drei  Allocutionen. 

1)  Die  Befreiung  der  Kirche  in  Oesterreich. 

Zum  ersten  Mal  spricht  er  von  den  religiösen  Angelegenheiten  in  der 
Allocution  Si  semper  antea  vom  30.  Mai  1850,  WO  er  die  Edicte  des  Kaisers 
Franz  Joseph  rühmt,  in  welchen  derselbe  AmpUssimi  sui  Imperii  Antistitum 
votis  et  postulationibus  obsequutus,  maxima  cum  sui  nominis  gloria,  et  ingenti 
bonorum  omnium  exultatione  optatissimam  catholicae  Eccleaiae  libertatem  et  lihentis- 
simo  animo  cum  suis  Administris  in  Imperio  suo  adserere  est  orsus.  „Den  Wün- 
schen und  Forderungen  der  Bischöfe  seines  weiten  Reiches  entsprechend,  zum 
höchsten  Ruhme  seines  Namens  und  zum  ungeheuren  Jubel  aller  Guten,  die 
sehnlichst  erwünschte  Freiheit  der  Kirche  mit  bereitwilligem  Herzen  mit  seinen 
Ministern  in  seinem  Reiche  zu  gewährleisten  begonnen. "  Dadurch  fühlt  sich  der 
Papst  hoch  erfreut,  und  spendet  dem  Kaiser  wegen  eines  so  ausgezeichneten, 
eines  katholischen  Fürsten  durchaus  würdigen  Unternehmens  verdientes  Lob 
und  aufrichtige  Glückwünsche  im  Herrn.  Auch  spricht  er  die  Hoffnung  auf  die 
Fortsetzung  und  Vollendung  dieses  Werkes  aus,  wodurch  der  Kaiser  seinen 
Verdiensten  um  die  katholische  Sache  die  Krone  aufsetzen  werde. 

2)  Das  österreichische  Concordat. 

Dass  der  Papst  in  dieser  Hoffnung  sich  nicht  täuschte,  zeigt  die  Allo- 
cution Quod  pro  Apostolica  vom  3.  November  1 855,  in  welcher  er  zur  grössten 
Freude  den  Abschluss  des  österreichischen  Concordats  ankündigen  und  den  In- 
halt desselben  den  Cardinälen  mittheilen  konnte,  und  die  Bulle  Deas  humanae 
salutis  vom  3.  November  1855,  mit  welcher  das  österreicliische  Concordat 
publicirt  wird.  Li  dieser  Bulle  erklärt  es  der  Papst  für  einen  Beweis  der 
göttlichen  Barmherzigkeit,  dass  man  Oesterreich  einen  Fürsten  gegeben  habe, 
welcher  von  der  Ueberzeugung  durchdrungen  ist,  Gott  habe  das  Sterbliche  so 
geordnet  und  eingerichtet,  dass  Kirche  und  Staat  zum  Wohl  des  Menschenge- 
schlechtes mit  einander  verbunden  seien. 

In  der  Encyclica  Optime  noscitis  vom  5.  November  1855  gibt  Pius  IX. 
dem  österreichischen  Episcopat  einige  Anweisungen  über  die  Ausführung  des- 
selben. Insbesondere  fordert  er  sie  auf,  über  die  rechte  Erziehung  des  Clerus 
zu  wachen,  die  Zucht  unter  demselben  aufrecht  zu  erhalten,  und  wo  sie  in  Ver- 
fall gerathen  ist,  wieder  herzustellen,  das  Amt  der  Pfarrer  und  andere  kirch- 
liche Pfründen  nur   würdigen,    tauglichen   und  angesehenen  Geistlichen  zu  ver- 


Katholische  Thätigkeit.    Oesterreich.  121 

leihen,  für  die  heilsame  Erziehung  der  Jugend  zu  sorgen  und  ihre  Heerde 
durch  die  Predigt  des  göttlichen  Wortes  und  heilsame  Ermahnungen  zu  nähren, 
Provincial-  und  Diöcesan-Synoden  zu  halten.  Dann  weist  er  sie  an,  von  ihren 
Hirtenbriefen  und  anderen  Actenstücken  gleichzeitig  mit  der  Veröffentlichung 
ein  Exemplar  der  Regierung  mitzutheilen,  ihr  die  Abhaltung  von  Synoden  an- 
zuzeigen und  die  Acten  derselben  mitzutheilen,  auf  die  Wünsche  der  Regierung 
bezüglich  der  Form  und  Methode  der  für  den  Schulgebrauch  bestimmten  Re- 
ligions-Handbücher Rücksicht  zu  nehmen,  auf  eine  Gleichförmigkeit  der  Kate- 
chismen in  den  Elementar-Schulen  hinzuwirken  und  darauf  zu  sehen,  dass  diese 
Bücher  ohne  gewichtige  Ursache  und  ohne  vorgängi^e  Berathung  der  Bischöfe 
nicht  gewechselt  werden,  auch  mögen  sie  auf  eine  sorgfältige  kirchliche  Er- 
ziehung des  Clerus  und  auf  einen  zeitgemässen  Studienplan  in  ihren  Seminarien 
bedacht  sein  und  bei  der  Wahl  der  Professoren  mit  grösster  Sorgfalt  zu 
Werke  gehen.  Geistliche,  welche  der  Regierung  aus  politischen  Rücksichten 
minder  angenehm  wären,  mögen  sie  weder  auf  Pfarreien  noch  auf  andere  kirch- 
liche Pfründen,  noch  zu  Professoren  oder  Lehrern  an  dem  Seminarien  ernen- 
nen; endlich  mögen  sie  unablässig  darüber  wachen,  dass  in  den  kirchlichen 
Functionen,  besonders  bei  der  Messe  und  bei  der  Spendung  der  Sacramente 
die  Formeln  der  Kirche  in  der  Sprache  eines  jeden  vom  apostolischen  Stuhl 
genehmigten  Ritus  angewendet  werden ;  auch  mögen  sie  dafür  sorgen,  dass  die 
Prälaten,  welche  nicht  den  Rang  von  Bischöfen  haben,  den  Gottesdienst  künftig 
nicht  mit  dem  Po ntifical- Ritus  feiern,  wenn  sie  nicht  ein  specielles  Privilegium 
hiezu  vom  heiligen  Stuhle  erlangt  haben. 

Am  17.  März  1856  sendete  der  Papst  eine  neue  E^cyclica  an  den  öster- 
reichischen EpisGopat,  welche  mit  den  Worten  beginnt:  Singulari  quidem.  In 
dieser  Encyclica  werden  die  Bischöfe  zunächst  angewiesen,  die  möglichste  Gleich- 
förmigkeit in  der  Durchführung  des  Concordates  anzustreben,  jedoch  mit  weiser 
Berücksichtigung  der  besonderen  Umstände  der  verschiedenen  Provinzen.  Dann 
gibt  die  Encyclica  Belehrungen  über  den  Indifferentismus,  die  allein  selig- 
machende Kirche,  den  Rationalismus  und  den  wahren  Fortschritt  im  Glauben, 
und  drückt  seinen  Schmerz  aus,  dass  es  an  einigen  Orten  Geistliche  gebe, 
welche  ihre  Pflicht  nicht  erfüllen,  und  dass  es  dem  christlichen  Volk  da  und 
dort  an  dem  Unterricht  in  den  heiligen  Vorschriften  der  Religion  fehle,  so 
dass  es  von  den  Werken  der  Frömmigkeit  und  von  dem  häufigen  Eml)fange  der 
heil.  Sacramente  sich  enthalte,  wobei  er  die  Ueberzeugung  ausspricht,  dass  die 
Bischöfe  alles  anwenden  werden,  um  diese  Schäden  zu  beseitigen,  insbesondere 
durch  die  Feier  von  Provincial-  und  Diöcesan-Synoden,  durch  die  Beförderung 
eines  wahrhaft  geistigen  Wandels  unter  dem  Clerus,  welchem  unter  andern 
aufgetragen  wird,  die  heiligen  Functionen  und  Ceremonien  nach  den>  römischen 
Rituale  und  Pontificale  zu  verrichten.  Die  Domherren  und  Chorherren  sowie 
andere  Chorgeistliche  sollen  durch  besondere  Frömmigkeit  voranleuchten,  das 
Gesetz  der  Residenz  beobachten,  für  den  Glanz  des  Gottesdienstes  sorgen,    das 


122  Katholische  Thätigkeit.  Oesterreich. 

Ohorgebet  andächtig  und  nicht  mit  zerstreutem  Geiste,  umherschweifenden  Augen 
und  unziemlicher  Haltung  des  Körpers  verrichten.  Ferner  werden  die  Bischöfe 
zur  fleissigen  Abhaltung  der  geistlichen  Exercitien,  zur  Beförderung  der  Volks- 
missionen, zur  Absendung  von  Berichten  über  den  Zustand  ihrer  Diöcesen  nach 
Eom,  zur  canonischen  Visitation  ihrer  Diöcesen,  zur  Einführung  von  Pastoral- 
Conferenzen  ermahnt.  Schliesslich  wendet  sich  der  Papst  an  die  griechisch- 
unirten  Bischöfe  von  Oesterreich  und  fordert  sie  auf,  darüber  zu  wachen,  dass 
die  heilige  Einigung  der  katholischen  Religion  täglich  mehr  gefördert  und  aus- 
gebreitet werde,  und  dass  die  Sacramente  und  der  Gottesdienst  nach  ihrem 
Ritus,  jedoch  mit  Anwendung  der  vom  heiligen  Stuhl  genehmigten  liturgischen 
Bücher  gefeiert  werden. 

3)  Errichtung  einer  neuen   Kirchenprovinz  griechisch- 

unirten  Kitus. 

Mit  einer  anderen  österreichischen  kirchlichen  Angelegenheit  beschäftigt 
sich  die  Allocution  In  Apostolicae  Sedis  fastigio,  welche  die  Gründung  einer 
griechischunirten  Kirchenprovinz  mit  der  Metropole  Fogaras  und  den  Suffragan- 
Bisthümern  Lugos,  Hermannstadt  und  Grosswardein  anzeigt,  von  welcher  weiter 
oben  schon  die  Rede  war.  ^) 

4)  Zur  Ausführung   der  Beschlüsse  des   Concils    von  Trient. 

Endlich  ist  noch  zu  erwähnen  das  Breve  In  gravissimis  an  den  Bischof 
von  Trient  vom  I.Juni  1863  aus  Anlass  der  300jährigen  Jubelfeier  des  Concils 
von  Trient.  In  diesem  Breve  heisst  es  unter  Anderm  mit  besonderem  Bezug  auf 
Oesterreich : 

Nostris  in  votis  est,  ut  ubique  sedulo  ac  religiöse  serventur  quae  a  sacro- 
sancta  Tridentina  Synodo  sapientissime  deßnita  ac  statuta  fuere,  cum  maximae  ex 
ejusdem  Concilii  decretis  et  constitutionibus  in  rem  catholicam  et  in  animarum 
salutem  utilitates  rediindent.  Atque  ea  porro  spe  sustentamur  fore,  ut  Carissimus 
in  Christo  filius  Noster  Franciscus  Josephus  Austriae  Imperator  et  Rex  Apostolicus 
pro  eximia  sua  religione  omnes  s^iperans  difficultates  efficere  velit,  ut  in  omnibus 
regionibus  sibi  subjectis  Concilium  idem  vigeat,  et  ea  omnia,  quae  ab  ipso  statuta 
sunt,  diligenter  observentur.  Optamut,  autem,  ut  a  Te,  aliisque  Venerabilibus  Fra- 
tribus  in  Austriaca  Ditione  Sacrorum  Antistitibus  huic  praesertim  solemnitati  ad- 
Hantibus  penes  ipsum  Carissimum  in  Christo  Filium  Nostrum  omnia  adhibeantur 
studia,  ut  in  suo  Imperio  catholica  Ecclesia  omni  sua  Ubertate  perfecte  pleneque 
fruatur,    et  ecclesiastica  disciplina  quotidie    magis  infegra  et  inviolata  servetur. 


1)  Am  15.  August  1859  richtete  Pius  IX.  an  den  Erzbischof  und  die  Bischöfe 
dieser  neuen  Kirchenprovinz  das  Breve  Verbis  exprimere  über  die  ünauflöslichkeit 
der  Ehe  gegen  die  in  jener  Kirchenprovinz  unter  einigen  Gläubigen  herrschende 
Ansicht,  dass  die  Ehe  wegen  Ehebruchs  aufgelöst  werden  könne. 


Katholische  Thätigkeit.  Oesterreieh. 


123 


„Es  ist  Unser  Wunsch,  dass  überall  fleissig  und  gewissenhaft  beobachtet 
werde,  was  von  der  heil.  Tridentinischen  Synode  höchst  weise  und  gewissenhaft 
bestimmt  und  festgesetzt  worden  ist,  da  aus  den  Beschlüssen  und  Bestimmun- 
gen dieses  Concils  der  grösste  Nutzen  für  die  katholische  Sache  und  für  das 
Heil  der  Seelen  fliesst,  und  Wir  geben  Uns  der  Hoffnung  hin,  dass  Unser  ge- 
liebtester  Sohn  in  Christo ,  der  Kaiser  und  apostolische  König  Franz  Josef 
von  Oesterreieh  nach  seiner  ausgezeichneten  Eeligiösität  mit  Ueberwindung  aller 
Schwierigkeiten  bewerkstelligen  werde,  dass  dieses  Concil  in  allen  ihm  unter- 
worfenen Ländern  in  Kraft  trete  und  dass  Alles,  was  von  demselben  verordnet 
wird,  sorgfältig  beobachtet  werde.  Wir  wünschen  auch,  dass  von  Dir  und  an- 
deren österreichischen  Bischöfen,  zumal  von  denen,  welche  dieser  Feierlichkeit 
beiwohnen  werden,  bei  diesen  Unserem  geliebtesten  Sohne  in  Christo  Alles  auf- 
geboten werde,  damit  in  seinem  Keiche  die  katholische  Kirche  all'  ihre  Freiheit 
voll  und  vollkommen  geniesse  und  die  Kirchenzucht  täglich  mehr  unversehrt 
und  unverletzt  bewahrt  werde." 

Die  kirchliche  Hierarchie  in  Oesterreieh  besteht  aus   folgenden 
Kirchenprovinzen  lateinischen  Eitus: 
Agram  mit  den  Suffragan-Bisthümern :  j 

Diacovar  (Bosnien  und  Syrmien)  l  Croatien. 

Zengg  und  Modrus;  I 

Colocsa  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 
Csanad  (Temesvar), 
G-rosswardein. 
Siebenbürge  n. 

Erlau  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

K aschau. 

Rosenau, 

Szathmar, 

Zips; 
Gran  mit  den  Suffragan-Bisthümern : 

Fünfkirchen, 

Veszprim, 

Neusohl, 

Neutra, 

Eaab, 

Steinamanger, 

Stuhlweissenburg, 

Waitzen ; 
Görz  und  Gradiska  (in  der  Grafschaft  Görz)  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Laib  ach  (Krain). 

Parenzo  und  Pola  (Istrien), 


UngaiTi 


124 


Katholische  Thätigkeit.     Oesterreich. 


Galizien ; 


Mähren ; 


Böhmen ; 


Triest, 

Veglia  und  Arbe; 

Lemberg  mit  dem  Suifragan-Bisthümern : 
Przemysl  und 
Tarnow, 

Olmtttz  mit  dem  Suffragan-Bisthume 
Brunn 

Prag  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Budweis, 

Königgrätz, 

Leitmeritz  , 
Salzburg  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Brixen  (Tirol), 

Gurk  (mit  dem  Sitz  in  Klagen  fürt,  Kärnthen), 

Lavant  (Sitz  in  Marburg,  Steiermark), 

S  eck  au  (Sitz  in  Gratz,  Steiermark), 

Trient  (Tirol); 

Wien  mit  den  Suffragan-Bisthümern 

Linz  und 

St.  Polten; 
Venedig  (Patriarch)  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Adria, 

Belluno   und  Feltre, 

Ceneda, 

Chioggia, 

Concordia, 

Padua, 

Treviso, 

Verona, 

Vicenza. 
Das  Erzbisthum  üdine  untersteht  dem  heiligen  Stuhle  unmittelbar. 
Zara  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Cattaro, 

L  e  s  i  n  a , 

Marcana  und  Trebigne, 

Eagusa, 

Sebenico, 

Spalatro  und  Macars ka, 

Femer  bestehen  in  Oesterreich  drei  Kirchenprovinzen  orientalischen 
Eitus  nämlich: 
Lemberg,  armenischen  Eitus, 


Dalmatien. 


Katholische  Thätigkeit.  Russland  und  Polen.  225 


Lembcrg  (Haliec    und    Kiew,  und   Kamenieck),    gr.  ruthe-  \ 

ni  sehen  Ritus   mit  dem  Suffragan-Bisthume         )  Galizien; 


Przemysl  (Sanok  und  Sanibor) 
Fogaras  (Siebenbürgen)  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Hermannstadt  (Szamos  Ujvar,  Siebenbürgen), 

Gros  sward  ein  (Ungarn), 

Lugos  (Banat). 
Die  griechisch-ruthenischen  Diöcesen: 

Epe  ries  (Ungarn), 

Kreutz  (Croatien)  und 

Munkacs  (Ungarn)  sind  Suffragan-Bisthümer  des  Erzbischofes  von  Gran. 

Endlich   besteht  in  Oesterreich  auch  eine  Erz -Abtei  (Abbatia  Nullius) 
St.  Martin  in  Ungarn. 

Bussland  und  Polen. 

Die  katholische  Kirche  in  Russland  und  Polen  hat  die  Hirtensorgfalt 
Pius  IX.  fast  ununterbrochen  erfahren.  In  acht  Actenstücken,  nämlich  zwei 
Allocutionen  und  sechs  apostolischen  Schreiben,  unter  welchen  sich  zwei  eigen- 
.händige  Schreiben  des  Papstes  an  den  Kaiser  Alexander  II.  befinden,  werden 
die  Angelegenheiten  der  katholischen  Kirche  in  Russland  und  Polen  behan- 
delt. Das  erste  dieser  Actenstücke  ist  die  Allocution  vom  3.  Juli  1848, 
in  welcher  Pius  IX.  zwar  die  Freude  hatte,  den  Abschluss  eines  Concordats 
mit  Russland  anzuzeigen,  dessen  Inhalt  wir  weiter  oben  mitgetheilt  haben, 
aber  nicht,  ohne  dass  diese  Freude  durch  die  vielen  noch  unerledigten  Be- 
schwerden getrübt  worden  wäre,  über  welche  bei  dem  Abschluss  des  Concor- 
dats kein  Einverständniss  erzielt  werden  konnte.  Diese  Beschwerden  wurden  in 
ein  eigenes  Protocoll  aufgenommen,  und  die  russischen  Bevollmächtigten  ver- 
sprachen, die  Berücksichtigung  derselben  bei  dem  Kaiser  zu  befürworten  und 
nach  Einholung  neuer  Instructionen  über  dieselben  weiter  zu  verhandeln. 
Pius  IX.  zählt  sie  in  der  eben  erwähnten  Allocution  der  Reihe  nach  auf  und 
leitet  diese  Aufzählung  mit  den  Worten  ein:  „Multa  quidem.alia  et  maximi  saue 
momenti  ad  optatum  exitum  adducenda  supcrsutit,  quae  a  -Plenipote'ntiariis  in 
tractatione  perfid  liaud  potuere,  ac  Nos  vehementissime  aollicitant  et  angunt,  cum 
ad  Ecclesiae  libertatem,  jura,  rationes  et  ad  illorum  fidelium  salutem  summopere 
ptertineant."  „Vieles  Andere  und  zwar  höchst  Wichtiges  ist  noch  zur  er- 
sehnten Erledigung  zu  bringen,  was  von  den  Bevollmächtigten  bei  den  Unter- 
handlungen nicht  erledigt  werden  konnte  und  Uns  gar  sehr  bekümmert  und 
ängstigt,  da  es  die  Freiheit,  die  Rechte,  das  Wesen  der  Kirche  und  das 
Seelenheil  jener  Gläubigen  gar  sehrangeht."  Die  Beschwerden,  welche  der  Papst 
dann  aufzählt,  sind  folgende  :  Die  Hinderung  des  freien  Verkehrs  der  Gläubigen 
mit  dem  heiligen  Stuhle,  wegen  welcher  der  letztere  so  oft  reclamirt  hat ;  die 
verweigerte  Zurückstellung  der  geraubten  Güter  des  Glerus  ;  die  Anwesenheit 


126  Katholische  Thätigkeit.     Russland  und  Polen. 

eines  Regierungs  -  Commissärs ,  der  noch  zudem  ein  Laie  ist,  in  den  Sitzun- 
gen der  bischöflichen  Consistorien ;  das  Gesetz,  welches  gemischte  Ehen 
für  ungiltig  erklärt,  wenn  sie  nicht  von  einem  akatholischen  russisch-grie- 
chischen Priester  eingesegnet  worden  sind ;  die  Gesetze,  welche  die  Ehesachen 
der  Katholiken  in  gemischten  Ehen  den  katholischen  geistlichen  Gerichten  ent- 
ziehen, das  Alter  für  die  Ablegung  von  Ordensgelübden  vorschreiben,  den  reli- 
giösen Orden  die  Schulen  wegnehmen  und  die  Provincialobern  gänzlich  beseiti- 
gen, sowie  die  Bekehrung  zur  katholischen  Religion  verhindern  und  verbieten. 
Besonders  bekümmert  ujid  beängstigt  erklärt  sich  der  heilige  Vater  in  der  er- 
wähnten AUocution  durch  das  Loos  der  Ruthenen,  welche  durch  den  Abfall 
einiger  Bischöfe  ihrer  Hirten  beraubt  wurden,  und  er  versichert,  nach  seines 
apostolischen  Amtes  Pflicht  nichts  unversucht  lassen  zu  wollen,  um  für  ihre 
geistlichen  Bedürfnisse  zu  sorgen.  Inzwischen  empfiehlt  er  dieselben  der 
Seelsorge  der  lateinischen  Priester  und  ermahnt  sie  zur  Standhaftigkeit  im 
Glauben. 

Gleichzeitig  mit  der  AUocution  vom  3.  Juli  1848  wurde  unter  dem- 
selben Datum  auch  die  Circumscriptionsbulle  Universalis  Ecdesiae  Cura  ver- 
öffentlicht, welche  die  Grenzen  der  Diöcesen  lateinischen  Ritus  im  russischen 
Reiche  feststellt. 

Die  unerledigt  gebliebenen  Beschwerden  wurden,  wie  gesagt,  in  ein  be- 
sonderes ProtocoU  aufgenommen ;  aber  die  russische  Regierung  kümmerte  sich 
wenig  um  dieses  ProtocoU,  sie  ging  nicht  einmal  ernstlich  an  die  Ausfüh- 
rung des  Concordats.  Ein  in  französischer  Sprache  an  den  Kaiser  Alexander 
gerichtetes  eigenhändiges  Schreiben  des  Papstes  vom  31.  August  1859  beklagt 
sich  denn  auch,  dass  trotz  der  dringenden  Befehle  des  Kaisers ,  trotz  der 
Versicherung,  welche  er  bei  seiner  Thronbesteigung  dem  Papste  hat  ertheilen 
lassen,  dass  die  üebereinkünfte  mit  dem  heiligen  Stuhle  in  ihre  volle  Wirk- 
samkeit treten  sollen,  mehrere  Artikel  des  Concordats  und  der  dasselbe 
begleitenden  Circumscriptionsbulle  der  Diöcesen  d^s  Kaiserreiches  ein  todter 
Buchstabe  geblieben  sei,  obwohl  der  heilige  Stuhl  fortwährend  in  vertrau- 
lichen Noten  die  Ausführung  derselben  verlangt  habe.  Der  Papst  gibt  sich  der 
Hoffnung  hin,  der  Kaiser  werde  nicht  länger  gestatten,  dass  man  die  bisherige 
Zurückhaltung  des  heiligen  Stuhles  zum  Nachtheile  desselben  und  zum  Nach- 
theile der  Katholiken  Russlands  ausbeute,  und  er  werde  sich  selbst  über- 
zeugen, dass  seine  katholischen  Unterthanen  in  Bezug  auf  die  Erfüllung  der 
Pflichten  ihres  Gewissens  und  ihrer  Religion  auf  dem  gleichen  Fusse  behan- 
delt werden,  wie  seine  übrigen  Unterthanen.  Dann  erinnert  der  Papst  an  die 
Beschwerden,  welche  in  dem  einen  Anhang  zum  Concordat  bildenden  Pro- 
tocoU verzeichnet  sind  und  welche  er  in  seiner  AUocution,  vom  3.  Juli  1848 
der  ganzen  katholischen  Welt  angezeigt  hat,  und  ermahnt  den  Kaiser,  die 
Wünsche  der  Katholiken  mit  einem  Worte  zu  evfüllen,  wie  er  vor  Kurzem 
ganz  Europa  mit  einem  Worte  wieder  den  Frieden  gegeben  habe.  Dann  fordert 


Katholische  Thätigkeit.  Russland  und  Polen.  127 

der  Papst  von  dem  Kaiser  die  endliche  Besetzung  der  erledigten  Bisthümer, 
insbesondere  des  bischöflichen  Stuhles  von  Chelm  und  die  Zulassung  eines 
päpstlichen  Nuntius  am  kaiserlichen  Hofe. 

Dieses  Schreiben  blieb  beinahe  ganz  erfolglos,  so  dass  der  Papst  in 
seinem  Breve  Cum  primnm  vom  G.  Juni  I8G1  an  den  Erzbischof  von  War- 
schau sich  genöthigt  sah,  neuerdings  alle  die  Forderungen  aufzuzählen,  welche 
er  erfolglos  an  die  russische  Regierung  zu  Gunsten  der  katholischen  Kirche 
in  Russland  gestellt  hatte.  Diese  Aufzählung  hat  zugleich  den  Zweck,  die 
Verleumdung  zu  widerlegen,  als  hätte  der  Papst  nichts  für  die  Katholiken  in 
Polen    gethan,  sondern  sie  ganz  und  gar  im  Stiche  gelassen. 

Itaque ,  schreibt  Pius  IX.  an  den  Erzbischof  von  Warschau :  tempus 
venisse  existimamus,  quo  vei'itatem  Ulis  omnibus  manifestemus,  qui  falsis  rumoribus 
se  illudi,  clecipi,  et  in  erorem  induci  patiuntur,  ac  simul  Ulis  larvam  dernamus, 
qui  mendacii  fraudisque  pallio  opertiy  contendunt  suadere  (horribile  dictuj,  hanc 
Apostolicam  Sedem  magis  curare  temporalis  dominii  ratioues,  quam  spiritualem  po- 
pulär um  salutem. 

„Darum  halten  Wir  die  Zeit  für  gekommen,  allen  Jenen  die  Wahrheit 
kund  zu  thun,  welche  sich  durch  falsche  Gerüchte  täuschen,  betrügen  und  in 
Irrthum  führen  lassen,  und  zugleich  Jenen  die  Larve  abzureissen,  welche  mit  dem 
Mantel  der  Lüge  und  des  Betruges  bedeckt,  den  Leuten  einzureden  suchen, 
dieser  apostolische  Stuhl  (es  ist  schrecklich,  es  zu  sagen)  kümmere  sich  mehr  um 
die  Rechte  seiner  weltlichen  Herrschaft,  als  um  das  geistliche  Wohl  der  Völker." 
Dann  folgt  die  umständliche  Aufzählung  alles  dessen,  was  Pius  IX.  zu  Gunsten  der 
katholischen  Kirche  in  Polen  gethan  und  insbesondere  die  Aufzählung  der 
Beschwerden,  deren  Abstellung  er  verlangt  habe.  Ausser  den  bereits  in  der 
Allocution  vom  3.  Juli  1848  erwähnten  Beschwerden  beklagt  sich  der  Papst 
in  diesem  Breve  auch  über  die  Verfolgung  der  barmherzigen  Schwestern  des 
heil.  Vincenz  von  Paul  in  Polen,  über  die  Beraubung  des  Weltclerus,  über 
das  Gesetz,  welches  die  Katholiken  in  gewissen  Fällen  zwingt,  die  baufälligen 
Kirchen  der  Schismatiker  wieder  herzustellen,  und  über  die  Verletzung  der 
kirchlichen  Immunität  in  einem  Dominicaner  Kloster,  durch  die  Beschlagnahme 
einiger  Documente,  welche  sich  auf  den  seligen  Andreas  (Bobola)  bezogen. 
Im  Jahre  1853  reclamirte  der  heilige  Stuhl,  wie  in  dem  Breve  weiter  er- 
zählt wird,  wiederholt  bei  der  russischen  Regierung  wegen  Erledigung  der 
begonnenen  Unterhandlungen  und  wegen  schleuniger  Besetzung  der  vacanten  Bis- 
thümer  in  Polen.  Bei  der  Thronbesteigung  des  Kaisers  Alexander  wurde 
der  ausserordentliche  Gesandte,  welchen  der  Papst  zur  Krönung  schickte, 
beauftragt,  neuerdings  bei  dem  Kaiser  und  seiner  Regierung  auf  die  Aus- 
führung des  Concordats  und  auf  die  Abstellung  der  mehrerwähnten  Beschwer- 
den zu  dringen,  und  insbesondere  die  Zulassung  eines  päpstlichen  Nuntius 
am  kaiserlichen  Hofe   wiederholt  zu  verlausen.  Zum  öfteren  und  insbesondere 


128  Katholische  Thätigkeit.   Russland  und  Polen. 

im  Jahre  1857  forderte  der  heilige  Stuhl,  wie  das  Breve  weiter  erzählt,  die 
Besetzung  der  erledigten  Diöcesen  in  Chelm,  beschwerte  sich  darüber,  dass 
die  Cleriker  jener  Diöcese  auf  die  griechisch-russische  Universität  geschickt 
werden,  und  verlangte  für  den  Bischof  von  Chelm  das  Eecht,  einige  seiner 
Cleriker  auf  seine  Academie  von  Warschau  zu  schicken,  wie  dies  vor  dem 
Jahre  1831  Sitte  war.  Seinen  grössten  Schmerz  sprach  der  heilige  Stuhl 
über  den  Entwurf  der  Statuten  des  Clerikalseminars  von  Chelm  aus,  welche 
den  kirchlichen  Gesetzen  widersprechen ;  auch  forderte  er  die  Wiederher- 
stellung des  Basilianerordens  und  verwendete  sich  für  die  Kuthenen,  damit 
sie  die  Union  mit  der  katholischen  Kirche  frei  bekennen  und  ausüben  dürfen. 
Insbesondere  legte  der  Papst  bei  dem  Kaiser  Fürsprache  für  einige  griechisch- 
nichtunirte  Priester  ein,  welche  wegen  der  Religion  seit  1839  in  schisma- 
tischen Klöstern  eingesperrt  waren  und  von  der  russischen  Regierung  eine 
äusserst  spärliche  Pension  erhielten.  Nachdem  der  Papst  lange  auf  die  Ent- 
schliessungen  des  Kaisers  über  alle  diese  Forderungen  und  Beschwerden  ver- 
gebens gewartet  hatte,  richtete  er  an  denselben,  wie  das  Breve  weiter  erzählt* 
das  oben  erwähnte  vertrauliche  Schreiben  vom  31.  Januar  1859,  dessen 
wesentlichen  Inhalt  es  sodann  mittheilt.  Ermahnungen  zum  Gebete,  eine  Rüge 
wegen  der  häufigen  Ehescheidungen  in  Polen,  Ermahnungen  zur  treuen  Pflicht- 
erfüllung und  der  apostolische  Segen  bilden  den  Schluss  des  Breve.  ^) 

Am  22.  April  1863  richtete  der  Papst  ein  neues  eigenhändiges  Schreiben 
an  den  Kaiser  Alexander  in  italienischer  Sprache.  Wir  glauben  dasselbe  seines 
wichtigen  Inhalts  wegen   vollständig  mittheilen  zu  sollen.    Es  lautet  wie  folgt: 


*)  Der  Zeit  nach  ist  hier  jetzt  ein  Breve  an  den  Erzbischof  Sigismund  Felinski 
von  Waj'schau,  Inter  gravissimas,  vom  20.  Februar  1862  zu  erwähnen,  welches  aber  in 
dem  3.  Bande  der  Acta  fehlt.  Der  Papst  drückt  in  demselben  dem  neuerwählten  Erz- 
bischofe  seine  wohlwollenden  Gesinnungen  aus  und  spricht  ihm  in  den  schwierigen  Ver- 
hältnissen, unter  welchen  er  die  Leitung  seiner  Diöcese  angetreten,  Muth  zu  ;  er  ermahnt 
ihn,  die  Sache  der  katholischen  Kirche  unerschrocken  zu  verfechten  und  sich  alle  Mühe 
zu  geben,  um  die  Uebel  abzuwenden,  welche  seiner  Diöcese  und  der  polnischen  Nation 
zu  drohen  scheinen.  Insbesondere  möge  er  darauf  sehen,  dass  die  Priester  seiner  Diöcese 
ihres  Berufes  würdig  wandeln,  die  Gläubigen  in  dem  Bekenntnisse  der  katholischen 
Religion  standhaft  verharren  und  die  Gesetze  Gottes  und  der  Kirche  sorgfältig  beobachten. 

Auch  möge  er  mit  aller  Festigkeit  darnach  streben,  dass  er  in  der  Ausübung 
seines  bischöflichen  Amtes  die  volle  Freiheit  erlange.  Sodann  theilt  der  Papst  dem 
Erzbischofe  mit,  der  Kaiser  habe  ihn  wissen  lassen,  die  Hindemisse,  welche  seither 
der  Zulassung  eines  päpstlichen  Nuntius  am  kaiserlichen  Hofe  entgegenstanden,  seien 
nunmehr  beseitigt.  Schliesslich  fordert  der  Papst  den  Erzbischof  auf,  sich  bei  dem 
Kaiser  für  die  Begnadigung  der  Geistlichen  und  Laien  zu  verwenden,  welche  wegen  der 
letzten  Ereignisse  in  Polen  verhaftet  oder  verurtheilt  wurden.  Insbesondere  liege 
es  dem  Papste  am  Herzen,  dass  der  gewesene  Capitels-Vicar,  welcher  alles  Lobes 
würdig  sei,  ausser  Verfolgung  gesetzt  werde.  Daher  möge  der  Erzbischof  nichts  unter- 
lassen, um  ihm  die  Freiheit  wieder  zu  verschaffen.  Gebet  und  Segenswünsche  und  die 
Ertheilung  des  apostolischen  Segens  bilden  den  Schluss  des  Breve. 


Katholische  Thätigkeit.    Russland  und  Polen.  129 

Majestät! 

„Ew.  Majestät  darf  sich  nicht  wundern,  wenn  Wir  bei  dem  schweren 
Missgeschickc,  welchem  das  Königreich  Polen  gegenwärtig  anheimgefallen  ist,  — 
und  bei  dem  lebendigen  Interesse,  welches  Völker  und  Eegierangen  für  die  Zu- 
kunft dieser  Nation  an  den  Tag  legen,  durch  so  viele  und  so  oft  sich  wieder- 
holende Leiden  gerührt.  Uns  an  Ew.  Majestät  selbst  wenden,  um  Ihre  wohl- 
wollende Aufmerksamkeit  auf  die  Hauptursachen  der  gegenwärtigen  Wirren  und 
auf  die  Mittel  zu  lenken,  welche  Wir  für  die  wirksamsten  halten,  um  den  von 
einem  grausamen  und  hartnäckigen  Kampfe  auf  das  Tiefste  erregten  Gemüthern 
die  Ruhe  und  den  Frieden  baldigst  wieder  zu  schenken.  Das  legt  Uns  die  Pflicht 
des  apostolischen  Amtes  auf,  —  das  fordert  Unsere  Liebe  zu  der  berühmten 
und  hochherzigen  polnischen  Nation,  —  das  verlangt  sogar  Unsere  Theilnahme 
für  Ew.  Majestät  und  für  die  Wohlfahrt  und  Ruhe  Ihres  Reiches.  Gestatten 
daher  Ew.  Majestät,  dass  Wir  mit  der  Stimme  der  Wahrheit  und  der  Gerech- 
tigkeit, —  frei  von  dem  Geiste  dei^  Lüge  und  von  jedem  menschlichen  und 
politischen  Interresse,  Ihnen  bekannt  geben,  auf  welche  Thatsachen  sich  die 
fortwährenden  Klagen  dieser  unglücklichen  Nation  gründen,  und  Ihnen  noch  einmal 
Unsere  Bitten  und  Aufmunterungen  erneuern ,  denn  es  würde  Uns  sonst  der 
Gedanke ,  einer  solchen  Unterlassungssünde  schuldig,  vor  dem  unerbittlichen 
Richterstuhle  Gottes  erscheinen  zu  müssen,    allzusehr  beängstigen. 

Majestät!  es  ist  uns  schmerzlich,  daran  erinnern  zu  müssen:  Als  der 
Theilungsvertrag  über  das  Königreich  Polen  kaum  unterschrieben  war,  wurde 
in  den  annexirten  Provinzen  eine  starke  Opposition  gegen  die  katholische  Reli- 
gion wachgerufen,  welche  mit  kurzen  Zwischenräumen  einer  scheinbaren  Ruhe 
in  den  folgenden  Jahren  fortdauerte.  Ohne  in  eine  wehklagende  Beschreibung 
der  vom  Clerus  und  den  Gläubigen  beider  Riten  erduldeten  Bedrückungen  ein- 
zugehen, wird  es  genügen,  wenn  Ew.  Majestät  Ihr  Augenmerk  auf  die  zahl- 
reichen von  Zeit  zu  Zeit  unter  der  Herrschaft  Ihrer  Vorgänger  veröffentlichten 
Documente  richten,  welche  jeden  Augenblick  an  die  beinahe  gänzliche  Berau- 
bung des  Clerus,  an  die  Unterdrückung  vieler  Mönchs-  und  Nonnenklöster,  an 
die  Verkündung  von  Gesetzen,  welche  der  Autorität  der  Bischöfe  und  der  Kir- 
chenzucht widersprechen  ,  —  an  die  schweren  Strafandrohungen  gegen  die  Ver- 
breiter der  katholischen  Religion,  —  an  die  Umtriebe  und  Anstrengungen,  um 
Millionen  von  Ruthenen  selbst  mit  Gewalt  zu  nöthigen,  den  Glauben  ihrer 
Väter  zu  verlassen,  -  an  die  zahllosen  den  Katholiken  weggenommenen  Kirchen 
um  sie  den  Dissidenten  zum  Gebrauch  und  als  Eigenthum  zu  übergeben,  — 
an  die  Verpflichtung,  alle  aus  gemischten  Ehen  erzeugten  Kinder  in  der  herr- 
schenden Religion  zu  erziehen,  —  an  das  Verbot  des  directen  Verkehrs  mit 
dem  heil.  Stuhle  und  an  die  endlose  Reihe  so  vieler  anderer  zum  Nachtheil  der 
Einheit  der  katholischen  Kirche  und  zur  Beängstigung  des  Gewissens  der  Gläu- 
bigen getroffenen  Verfügungen  erinnern. 

Pius  IX.  als  Papst  nnd  als  TCÖuig  9 


i;-30  Katholische  Thätigkeit.    Kusshmd  und  Polen. 

Alle  diese  zum  Nachtheile  der  katholischen  Eeligion  ergriffenen  Massregeln 
mussten  in  den  Augen  Europa's,  welches  ihre  Entfaltung  beklagte,  und  in  den 
Augen  Polens,  welches  ihren  Druck  fühlte,  um  so  drückender  und  unerträglicher 
erscheinen,  als  die  von  Ihren  Vorgängern  zur  Zeit  der  verschiedenen  Theilun- 
gen  des  Reiches  feierlich  geschlossenen  Uebereinkünfie  und  Verträge  noch  ganz 
frisch  waren  und  ganz  deutlich  sprachen. 

Insbesondere  der  Warschauer  Vertrag  vom  17.  September  1773  und  der 
Vertrag  von  Grodno  vom  13.  Juli  1793.  In  diesen  beiden  Verträgen  erklärten 
die  Souveräne  von  Eussland  bei  der  Uebernahme  der  Regierung  über  die  abge- 
tretenen Provinzen  Polens  feierlich: 

Die  römischen  Katholiken  beider  Riten  werden  ganz  in  dem  Status  er- 
halten, in  welchem  sie  sich  damals  befanden,  nämlich  in  der  freien 
Ausübung  ihres  Cultus  und  ihrer  Disciplin  mit  allen  einzelnen 
Kirchen  und  Kirchengütern,  welche  sie  in  dem  Augenblicke  des 
Uebergangs  unter  die  russische  Herrschaft  besassen.  Und  dass 
der  neue  Souverän  für  sich  und  seine  Nachfolger  das  unwider- 
rufliche Versprechen  mache,  den  erwähnten  römischen  Katho- 
liken beider  Riten  für  ewige  Zeiten  den  ruhigen  Besitz  der  Pri- 
vilegien und  Güter  der  Kirchen,  die  freie  Ausübung  ihrer  Reli- 
gion und  Kirchenzucht  sammt  allen  damit  verbundenen  Rechten 
erhalten  zu  wollen.  Und  endlich  betheuerte  der  Souverän,  dass 
weder  er  noch  seine  Nachfolger  jemals  ihre  Souveränitätsrechte 
zum  Nachtheile  der  römisch-kathol  ischen  Religion  beider  Riten 
in  den  unter  die  russische  Herrschaft  gekommenen  Ländern 
ausüben  wollen. 

Ew.  Majestät  sieht  wohl,  dass,  wenn  diese  und  andere  Verträge  loyal 
beachtet  worden  wären,  viele  Uebel  verhindert,  und  dass  die  katholische  Re- 
ligion in  Russisch  -  Polen  jetzt  in  keiner  schlimmeren  Lage  wäre,  als  in  den 
polnischen  Provinzen  unter  anderer  Herrschaft. 

Es  ist  also  nicht  zu  verwundern,  wenn  Unsere  Vorgänger  im  gerechten 
Schmerz  über  die  Lage  einer  den  öffentlichen  Verträgen  zum  Trotz  unterdrück- 
ten und  misshandelten  Kirche  dieselbe  oft  zum  Gegenstande  ihrer  Klagen  und 
Beschwerden  bei  den  Potentaten  Europa's  machten.  Auch  kann  es  Ew.  Maje- 
stät nicht  unbekannt  sein,  wie  dieser  apostolische  Stuhl,  die  Leiden  der  Braut 
Christi  beweinend,  immer  zu  ihrer  Hilfe  und  Vertheidigung  herbeizueilen  be- 
sorgt war,  indem  er  bald  öffentlich  die  gegen  sie  geübten  Gewaltacte  miss- 
billigte, bald  der  katholischen  Welt  die  Seufzer  eines  mit  Gewalt  zum  Abfall 
von  seiner  Religion  gezwungenen  Volkes  anzeigte,  welches  flehete,  man  möge 
es  den  katholischen  Glauben  frei  bekennen  lassen,  —  bald  eine  Reihe  von  Acten- 
stücken  veröffentlichte,  welche  er  zur  immerwährenden  Bestätigung  der  Gerech- 
tigkeit und  Grundhältigkeit  der  päpstlichen  Beschwerden  und  Proteste  abfassen 
liess.     Aber  man  muss  auch'  daran  erinnern,  wie    der  heilige  Stuhl,    indem  er 


Katholische  Thätigkeit.    Russland  und  Polen.  13 1 

für  die  Sache  der  Kirche  sprach,  immer  von  den  Gesinnungen  der  Sanftmuth 
und  der  christlichen  Liebe  geleitet,  niemals  die  zartesten  Rücksichten  gegen 
die  Regierung  Ew.  Majestät  und  Ihrer  erhabenen  Vorgänger  ausser  Acht  liess, 
wie  sogar  —  man  darf  es  wohl  sagen  —  die  Nachgiebigkeit  und  Langmuth 
manchesmal  so  weit  ging,  dass  sie  bei  denen,  welche  die  Beweggründe  dieses 
zurückhaltenden  und  klugen  Vorgehens  nicht  kannten,  Verwunderung  hervorrief 
und  eine  Zeit  lang  die  alte  Liebe  und  Anhänglichkeit  der  Polen  gegen  die  Person 
des  römischen  Papstes  beeinträchtigte.  Aber  dieser  heilige  Stuhl  begnügte  sich 
nicht  damit,  von  Zeit  zu  Zeit  seine  Stimme  zur  Vertheidigung  der  unterdrück- 
ten Religion  zu  erheben,  sondern  er  sah  sich  auch  nach  den  Mitteln  um,  gegen 
die  Fluth  der  Leiden  einen  Damm  zu  errichten  und  die  durch  den  Missbrauch 
der  Staatsgewalt  entstandenen  Schäden  auszubessern.  Von  dem  ersten  Augen- 
blicke der  Theilung  Polens  sandten  Unsere  Vorgänger,  welche  vergebens  die 
unheilvollen  Wirkungen  derselben  zu  verhindern  gesucht  hp-tten,  ihre  G-esandten 
an  den  Hof  der  mächtigen  Monarchen  aller  Reussen,  um  die  Grossmuth  und 
die  Gerechtigkeit  derselben  zu  Gunsten  des  unterdrückten  Katholicismus  anzu- 
rufen. Andere  wurden  nach  ihnen  gesendet,  und  nie  wurde  eine  günstige 
Gelegenheit  übergangen,  sei  es  die  Thronbesteigung  eines  neuen  Souveräns,  sei 
es  eine  andere  ähnliche  Gelegenheit,  ohne  dass  ausserordentliche  Gesandte  des 
heiligen  Stuhles  an  den  kaiserlichen  Hof  gesendet  wurden,  mit  der  Instruction, 
diese  Augenblicke  der  allgemeinen  Freude  und  des  allgemeinen  Jubels  zu  be- 
nützen und  die  hohe  Gnade  der  neuen  Potentaten  zu  Gunsten  der  bedrängten 
Katholiken  anzurufen.  Und  Wir  selbst  haben,  als  Wir  bei  Gelegenheit  der 
feierlichen  Krönung  Ew.  Majestät  Unseren  ausserordentlichen  Gesandten  an  den 
kaiserlichen  Hof  absendeten,  Sie  durch  denselben  angehen  lassen,  mit  Ihrem 
wirksamen  Schutze  die  katholische  Religion  zu  beschützen  und  nicht  ermangelt, 
Ihnen  Unsere  dringenden  Bitten  um  die  Zulassung  eines  ständigen  Vertreters 
von  Uns  bei  Ihrer  erhabenen  Person  zu  erneuern.  Leider  konnte  Unser  Ge- 
sandter Uns  nicht  die  glückliche  Nachricht  von  der  Zustimmung  Ew.  Majestät 
überbringen,  und  erst  später  empfand  Unser  Herz  eine  wahre  Freude  bei  der 
von  Ihrem  Vertreter  in  Rom  Uns  gegebenen  Nachricht,  dass  jedes  Hinderniss 
gegen  die  Absendung  Unseres  Nuntius  mit  dem  Sitze  an  Ihrem  kaiserlichen 
Hofe  jetzt  beseitigt  sei.  Während  Wir  Uns  dankbar  für  diesen  kaiserlichen 
Act  der  Gerechtigkeit  bei  dem  Gedanken  an  die  Vortheile,  welche  aus  diesem 
von  Uns  und  Unseren  Vorgängern  so  sehr  ersehntem  Ereignisse  für  die  Sache 
der  katholischen  Religion  in  jenen  Ländern  hervorgehen  würden,  erfreuten  und 
Uns  anschickten,  der  von  Uns  für  eine  so  hohe  und  wichtige  Mission  bestimm- 
ten Person  Unsere  Beglaubigungsschreiben  zu  übergeben,  vernahmen  Wir  mit 
einem  an  Verdruss  grenzenden  Erstaunen,  dass  die  Regierung  Ew.  Majestät  in 
Folge  der  von  diesem  heiligen  Stuhle  ihr  gemachten  Mittheilungen  durch  eine 
Note  an  Iliren  Vertreter  erklärte,  alle  Gesetze  und  Verfügungen,  welche  unter 
den  schwersten  Strafen  den  Verkehr  der  Bischöfe   und   der  Gläubigen  mit  dem 

9* 


132  Katholische  Thätigkeit.    Russland  und  Polen. 

Vertreter  des  heiligen  Stuhles  verbieten,  müssen  als  fortwährend  in  voller  Kraft 
und  Ausübung  in  den  kaiserlichen  Gebietstheilen  bestehend  angesehen  werden. 
Damit  war  der  Hauptzweck,  welchen  Wir  mit  jener  Mission  verbanden,  vereitelt, 
und  die  Ehre  und  Würde  dieses  apostolischen  Stuhles  riethen  Uns,  jeden  wei- 
teren Schritt  aufzuschieben,  bis  Uns  neue  Zusicherungen  wegen  der  freien  Aus- 
übung Unserer  Autorität  und  des  Amtes  Unseres  Vertreters  gegeben  würden. 
Aber  statt  dass  dieses  Hinderniss  beseitigt  wurde,  sahen  Wir  mit  Schmerz  die 
erwähnten  auf  den  Verkehr  der  Gläubigen  mit  dem  heiligen  Stuhle  bezüglichen 
Gesetze  in  einem  neuen  Ukas  mit  dem  Datum,  St.  Petersburg  8.  Januar  1862, 
neuerdings  kundgemacht  und  erweitert.  Da  dieser  Ukas  Artikel  enthält,  welche 
der  Verfassung  der  katholischen  Kirche  und  den  mit  dem  heiligen  Stuhle  ge- 
troffenen üebereinkünften  widersprechen,  so  hat  er  den  Gegenstand  einiger  Erwä- 
gungen und  Bemerkungen  gebildet,  welche  in  Unserem  päpstlichen  Namen  von 
Unserem  Cardinal-Staatssecretär  Ihrer  kaiserlichen  Regierung  werden  mitgetheilt 
werden. 

Ew.  Majestät  kennt  überdiess  Unsere  angelegentliche  Sorge,  welche  Wir 
seit  dem  ersten  Tage  Unseres  Pontificates  in  Betreff  des  im  Jahre  1847  zwi- 
schen Unseren  Bevollmächtigten  und  denen  Ihres  erhabenen  Vaters  abgeschlos- 
senen Concordates  an  den  Tag  gelegt  haben.  Sie  werden  sich  wohl  an  den 
Privatbrief  erinnern,  welchen  Wir  Ihnen  mit  vollem  Vertrauen  auf  Ihre  Billig- 
keit und  Gerechtigkeit  am  31.  Januar  1859  schrieben,  um  die  Beendigung 
der  Verhandlungen  über  die  in  jenem  Concordate  nicht  vereinbarten  Punkte 
und  die  loyale  Ausführung  der  bereits  getroffenen  Uebereinkünfte  zu  verlangen. 
Aber  nicht  nur  erwarteten  Wir  bis  jetzt  vergebens  die  Antwort,  welche  Ew. 
Majestät  Unserem  Cardinal-Staatssecretär  durch  Ihren  Gesandten  in  Rom  über- 
mitteln lassen  zu  wollen  versicherten,  sondern  Wir  hatten  auch  den  schweren 
Kummer,  in  den  öffentlichen  Journalen  den  Bericht  zu  lesen,  welcher  Ew.  Ma- 
jestät von  der  zur  Prüfung  verschiedener  auf  jene  Uebereinkunft  bezüglicher  Punkte 
so  wie  des  Protocolles  der  nicht  vereinbarten  Artikel  niedergesetzten  Commission 
vorgelegt  worden  ist. 

Dieser  Brief  Hess  Uns  leicht  erkennen,  von  welchen  Gesinnungen  die 
Mitglieder  jenes  Comite  gegen  die  katholische  Kirche  beseelt  waren  und  welche 
Hoffnungen  Wir  für  den  Erfolg  Unserer  an  Sie  gerichteten  Bitten  hegen  dürfen. 
Aber  da  alle  diese  Unsere  dringenden  Bemühungen  eben  so  wie  die  Unserer 
Vorgänger  zum  Theil  vereitelt  wurden,  muss  man  wohl  heute  die  Consequenzen 
beklagen,  welche  aus  einem  so  verderblichen  und  dem  Geiste  der  katholischen 
Kirche  so  entgegengesetzten  System  zum  Nachtheil  der  Kirchenzucht  bei  einem 
Theile  des  Welt-  und  Ordensclerus  entsprungen  sind,  da  man  der  Kirche  bald 
das  eine,  bald  das  andere  ihrer  Rechte  genommen,  den  Clerus  nach  und  nach 
aller  seiner  Güter  und  Freiheiten  beraubt,  den  Unterricht  auf  Collegien  und 
Universitäten  mit  einem  schädlichen  Unterrichtssystem  geregelt,  in  geistlichen 
Collegien    oder    in  Regierungscommissionen    die   nach    göttlichem   Rechte    dem 


Katholische  Thätigkeit.    ßussland  und  Polen.  133 

Papste  und  den  betreffenden  Bischöfen  zustehende  Jurisdiction  an  sich  gerissen, 
die  Correspondenz  der  Ordensgeistlichkeit  mit  ihren  General- Oberen  und  die 
Visitationen  derselben  verhindert,  und  insbesondere  eine  Scheidewand  zwischen 
der  Heerde  und  dem  allgemeinen  Hirten  aufgerichtet  hat,  darf  man  sich  nicht 
wundern,  wenn  die  Heiligkeit  der  Eeligion  geschädigt  wurde,  wenn  die  Prin- 
cipien  des  Gehorsams  und  der  Unterwürfigkeit,  welche  sie  lehrt,  keine  tiefen 
Wurzeln  geschlagen  haben,  wenn  die  Diener  des  Heiligthums'theil weise  schwach 
geworden  sind,  wenn  endlich  auch  Einige  aus  dem  Welt-  sowohl  wie  aus  dem 
Ordensclerus  von  ihrer  Pflicht  abgewichen  sind  und  an  Handlungen  theilge- 
nommen  haben,  welche  weder  ihrem  Beruf,  noch  ihrem  ehrwürdigen  Charakter 
entsprachen.  Majestät!  Wir  sind  weit  entfernt,  es  zu  billigen,  dass  der  Clerus 
an  politischen  Kämpfen  Theil  nehme  und  die  Waffen  ergreife,  um  die  Autorität 
der  Eegierung  zu  stürzen.  Wir  beklagen  im  Gegentheil  diese  Thatsache  und 
verurtheilen  sie,  —  aber  Wir  wollen  gleichzeitig  Ew.  Majestät  gegenüber  den 
Ursprung  und  die  Veranlassung  constatiren,  aus  welcher  sie  entspringt.  Möge 
Unsere  apostolische  Autorität  ihren  heilsamen  Einfluss  auf  Ihre  katholischen 
ünterthanen  wieder  erlangen,  mögen  die  Bischöfe  zur  freien  Ausübung  ihrer 
Gewalt  nach  Massgabe  der  heiligen  Canones  zurückkehren,  möge  der  Clerus 
seinen  Einfluss  auf  die  Unterweisung  und  Leitung  des  Volkes  wieder  erlangen, 
mögen  die  Ordensgeistlichen  durchaus  von  ihren  General-Oberen  abhängen, 
mögen  die  Gläubigen  die  katholische  Eeligion  frei  bekennen  dürfen,  —  dann 
werden  Ew.  Majestät  sich  überzeugen,  dass  die  Hauptursache  der  fortwährenden 
politischen  Agitationen  Polens,  die  religiöse  Unterdrückung,  die  Beängstigung 
der  Gewissen,  der  Verfall  des  Clerus,  die  Muthlosigkeit  der  geweihten  Hirten 
und  die  Verbreitung  von  antireligiösen  Grundsätzen  und  Lehren  waren. 

Wir  bitten  Ew.  Majestät,  sich  überzeugen  zu  wollen,  dass  Sie  Alles,  was 
Sie  für  die  Euhe  der  Kirche  und  für  die  Ehrfurcht  gegen  Unsere  heil.  Eeligion 
thun  und  unterstützen  werden,  zum  Vortheiie  des  Eeiches  thun,  und  dass  Sie, 
wenn  Sie  die  Kirche  mit  Ihrem  offenen  Schutze  stützen,  auf  die  Achtung 
und  Treue  der  ganzen  polnischen  Nation  zählen  können,  welche  niemals  so 
blühend  und  glücklich  war,  als  da  sie  die  Eeligion  ihrer  Väter  frei  bekennen 
durfte.  Ach,  Majestät!  möchten  die  Klagen  dieser  Nation,  welche  in  ganz 
Europa  ein  Echo  gefunden  und  sogar  jene  Herzen  gerührt  haben,  die  in  reli- 
giösen Dingen  gleichgiltig  sind,  an  Ihren  Thron  gelangen  und  zu  Ihrem  gross- 
müthigen  Herzen  dringen.  Ein  Wort  von  Ihnen  kann  einem  hochherzigen 
Volke  die  verlorene  Euhe  wieder  schenken  und  die  unaufhörliche  Veranlassung 
so  vieler  Wirren  und  Zwietracht  beseitigen.  Wollen  doch  Ew.  Majestät  Uns 
das  schmerzliche  Schauspiel  der  Leiden,  von  welchen  die  katholische  Eeligion 
in  Ihren  weiten  Gebieten  fortwährend  bedrängt  wird,  ersparen  und  auch  Un- 
serem durch  die  Euchlosigkeit  der  Zeiten  ohnehin  so  sehr  gepeinigten  Herzen 
die  Euhe    und    den  Frieden    wieder    schenken,     welche  Wir   nur   dann    wieder 


134  Katholische  Thätigkeit.    Russiaiid  und  Polen. 

erlangen  können,  wenn  Wir  dort   die  Religion    zum    geistlichen   und   zeitlichen 
Vortheil  und  Nutzen  Ihrer  Unterthanen  allenthalben  wieder  aufblühen  sehen. 

Die  Untersuchung,  welche  Ew.  Majestät  über  die  Ursachen  anstellen  wollen, 
welche  zum  grossen  Theil  den  gegenwärtigen  blutigen  Conflict  herbeigeführt 
haben,  und  vor  AJlem  die  Redlichkeit  und  Hochherzigkeit  Ew.  Majestät  sind 
Uns  eine  glückliche  Vorbedeutung  für  die  Zukunft  dieses  Reiches.  Wir  werden 
indessen,  überzeugt,  eine  heilige  Pflicht  Unseres  apostolischen  Amtes  geübt  zu 
haben,  um  ein  baldiges  und  glückliches  Resultat  dieser  Unserer  Vorstellungen 
beten,  welche  Uns  in  allen  Fällen  von  der  schweren  Verantwortung  befreien 
werden,  die  Uns  vor  Gott  und  den  Menschen  in  einem  für  die  Interessen  der 
katholischen  Religion  so  ernsten  Augenblicke  trifft.  Wir  wollen  auch  nicht 
aufhören,  demüthig  zum  Herrn  zu  beten,  dass  er  Ew.  Majestät  mit  jeder  wahren 
und  vollkommenen  Glückseligkeit  erfüllen  wolle. 

Gegeben  in  Unserem  apostolischen  Palaste,  im  Vatican  am  22.  April  1863. 

Pius  IX.,   Papst. 

Den  Schluss  der  auf  Polen  bezüglichen  Actenstücke  bildet  das  Breve 
Tibi  Urbaniano  vom  30.  Juli  1864  an  die  Bischöfe  von  Polen,  in  welchem 
sich  der  Papst  über  die  Verfolgung  der  katholischen  Kirche  und  über  die 
schrecklichen  Angriffe  beklagt,  durch  welche  die  russische  Regierung  bestrebt 
sei,  den  katholischen  Glauben  und  die  katholische  Religion  sowohl  im  König- 
reiche Polen,  als  auch  in  andern  Gegenden  Russlands,  zu  Grunde  zu  richten. 
Ferner  beklagt  und  rügt  der  Papst  in  diesem  Breve  die  gewaltsame  Ent- 
fernung des  Erzbischofs  von  Warschau  von  seiner  Diöcese.  Er  verwirft  und 
verdammt  zwar  die  übelberathenen  Erhebungen  Polens,  aber  er  erinnert  auch 
die  obersten  Fürsten  der  Völker  an  das  Wort  der  göttlichen  Weisheit: 
„Die  Mächtigen  werden  mächtig  bestraft  werden."  Ermahnungen,  Gebete  und 
Segenswünsche  und  die  Ertheilung  des  apostolischen  Segens  bilden  den  Schluss 
des  Breve.  ^) 

Die  kirchliche  Hierarchie  in  Russland  und  Pole  nbesteht  aus  folgen- 
den Kirchenprovinzen  lateinischen  Ritus: 

Polen: 
Warschau  mit  den  Suffragan-Bisthümern : 

Augusto  wo, 

Krakau , 

Lublin, 

Plosk, 

Podlachien  oder  Janow, 

Sandomir, 

Wladislow  (Walisch,  Cujawo). 


^)  Dieses  Breve   ist  im  1.  Hefte  der  Broschüre  „der  Papst  und  die  modernen 
Ideen"  auf  Seite  124  bis  Seite  132  wörtlich  abgedruckt. 


Katholische  Thätigkeit.    Frankreich.  ^  135 

Russland. 
Mohilow    mit  den  Suffragan-Bisthümern : 

K  amenie  ck, 

Kherson,  (Teraspol), 

Minsk, 

Samogitien, 

Zitomir. 

Das  griechi  s  ch- r  utlieni  s  che  Bisthum  Chelm  in  Russland  ist 
dem  heiligen  Stuhl  unmittelbar  untergeben.  • 

Frankreich. 

In  einer  langen  Reihe  von  Actenstücken,  nämlich  in  zehn  Allocutionen, 
vier  Encycliken  und  sieben  sonstigen  apostolischen  Schreiben,  beschäftigt 
sich  der  Papst  mit  Frankreich  und  mit  den  Angelegenheiten  der  französischen 
Kirche.  Einige  dieser  Actenstücke  sind  den  Beziehungen  Frankreichs  zu  der 
weltlichen  Herrschaft  des  heiligen  Stuhles  gewidmet.  Mit  diesen  beschäftigen 
wir  uns  erst  weiter  unten  in  der  zweiten  Abtheilung,  wo  wir  den  Papst  als 
König  in  seinen  Bemühungen  für  die  Erhaltung  seiner  weltlichen  Herrschaft 
betrachten.  Hier  haben  wir  es  nur  mit  jenen  Actenstücken  zu  thun,  welche 
den  Angelegenheiten  der  französischen  Kirche  gewidmet  sind. 

1)  Der  Tod  des  Erzbischofs  d'Affre   von  Paris. 

Das  erste  dieser  Actenstücke  ist  die  Allocution  vom  11.  September  1848, 
welche  den  Tod  des  Erzbischofs  Dionys  August  d'Affre  von  Paris  beklagt, 
welcher,  wie  die  Allocution  zu  seinem  Ruhme  sagt:  Pietate,  mansuetudine, 
zelOf  aliisque  Sacerdotalibus  viHutibus  exornatus  in  illa  Dioecesi  regenda  ac  mo- 
deranda  omnem  impendit  operam^  ut  catholicam  religionem  defenderet,  eecclesiasticam 
disciplinam  assereret  et  oves  suae  fidei  traditas  ab  venenatis  pascuis  arceret,  ad 
salutaiia  propelleret  ac  miseros  et  calamitosos  omni  ope  et  opera  juvaret,  foveret^ 
erigeret '  et  verbis  juxta  atque  exemplis  omnes  Christo  lucrifaceret. 

„Mit  Frömmigkeit,  Sanfmuth,  Eifer  und  anderen  priesterlichen  Tugenden 
geschmückt,  gab  er  sich  bei  der  Leitung  und  Regierung  seiner  Diöcese  alle  Mühe, 
die  katholische  Religion  zu  vertheidigen,  die  Kirchenzucht  zu  befestigen,  die 
seiner  Obhut  anvertrauten  Gläubigen  vOn  vergifteten  Weiden  abzuhalten  und 
sie  auf  heilsame  Weiden  zu  leiten,  und  den  Armen  und  Unglücklichen  mit 
Rath  und  That  beizustehen,  sie  zu  pflegen  und  aufzurichten  und  Alle  durch 
Wort  und  Beispiel  für  Christus  zu  gewinnen."  Dann  erzählt  die  Allocution, 
wie  dieser  Bischof  auf  die  Barricaden  eilte  und  sich  unter  die  Kämpfenden 
stürzte,  um  Frieden  zu  stiften,  und  wie  ihn  mitten  unter  diesen  schönen  Be- 
mühungen eine  tödtliche  Kugel  traf;  dann  fährt  die  Allocution  fort:  Atque 
omnes  perspiciunt    quantum    universus    tum  inclytae  Gallicae-  Nationis,  tum    totius 


136  Katholische  Thätigkeit.    Frankreich. 

catholici  orbis  Episcopatics  et  Clerus  yloriani  fuerit  adeptiis  ex  hoc  praeclaro 
christianae  carifatü'  facto  ;  quod  ceHe  nulla  unquam  silehit  aetaSy  nulla  sercbe 
posteritatis  delebit  obltvio."  „Und  Alle  sehen  ein,  welchen  Ruhm  der  gesammte 
Episcopat  und  Clerus,  sowohl  der  berühmten  französischen  Nation  als  der 
ganzen  katholischen  Welt,  durch  diese  herrliche  That  der  christlichen  Liebe 
erlangt  hat,  von  welcher  gewiss  alle  Zeiten  sprechen,  und  welche  noch  im 
Andenken  der  spätesten  Nachkommenschaft  leben  wird." 

Dann  spricht  der  Papst  die  Hoffnung  aus,  der  Erzbischof  werde,  wegen 
jener  glühenden  Liebe,  mit  welcher  er  sich  für  seine  Heerde  und  für  die 
ganze  französische  Nation  zum  Opfer  darbrachte,  bereits  die  unverwelkliche 
Krone  der  Herrlichkeit  erlangt  haben.  Nichtsdestoweniger  habe  er,  sagt  der 
Papst,  in  Ansehung  der  menschlichen  Gebrechlichkeit,  Gebete  und  das  heilige 
Messopfer  privatim  und  öffentlich  dargebracht.  Insbesondere  aber  habe  er  in 
der  liberianischen  Basilica  im  Beisein  einiger  Cardinäle  und  aller  in  Rom 
anwesenden  Bischöfe  ein  feierliches  Requiem  gehalten,  um  das  Andenken  und 
die  Tugend  des  ausgezeichneten  Mannes  auf  eine  aussergewöhnliche  Weise 
öffentlich  zu  ehren. 

Sodann  spricht  der  Papst  die  Hoffnung  aus,  der  verstorbene  Bischof, 
welcher  Frankreich  in  seinem  Leben  so  sehr  geliebt,  werde  auch  vom  Himmel 
auf  dasselbe  gnädig  hemiederschauen  und  bei  Gott  für  dasselbe  erflehen, 
dass  der  katholische  Glaube,  Tugend  und  Frömmigkeit  mit  aller  wahren  Glück- 
seligkeit, nach  Beseitigung  aller  Irrthümer  und  Leiden,  dort  von  Tag  zu  Tag 
immer  kräftiger  erblühen.  Endlich  spendet  er  der  französischen  Nation  ver- 
dientes und  gebührendes  Lob :  Quod  turbulentlssimis  quoque  temporihus,  ac  tristi- 
simis  verum  vicibus  insiynia  sui  in  cafholicam  religionem  atque  in  hanc  Petri  Cha- 
thedram amoris ,  obsequii  et  venerationis  specimina  praebere  non  destitit.  „Da  sie 
auch  in  den  unruhigsten  Zeitläuften  und  im  traurigsten  Wechsel  der  Dinge 
nicht  aufhörte,  ausgezeichnete  Proben  ihrer  Liebe,  ihres  Gehorsams  und  ihrer 
Ehrfurcht  gegen  die  katholische  Religion  und  gegen  den  Stuhl  Petri  abzulegen." 

2)  Ermahnungen  au  den  Episcopat. 

Das  zweite  hieher  gehörige  Actenstück  ist  das  Breve  Mer  multiciplices 
vom  21.  März  1853  an  den  französischen  Episcopat.  In  diesem  Breve  lobt 
der  Papst  die  französischen  Bischöfe  wegen  ihres  besonderen  Gehorsams, 
ihrer  Liebe  und  Hochachtung  gegen  den  heiligen  Stuhl,  wegen  ihrer  treuen 
Erfüllung  der  Pflichten  des  bischöflichen  Amtes,  wegen  des  Eifers,  mit  welchem 
sie,  dem  Wunsche  des  Papstes  gehorsam,  Provincial-Concilien  feiern,  damit  in 
ihren  Diöcesen  die  Ehrbarkeit  der  Sitten,  Tugend,  Religion  und  Frömmigkeit 
allenthalben  von  Tag  zu  Tag  mehr  erweckt  und  gekräftigt  werde.  Dann  folgt 
eine  Anerkennung  wegen  der  Wiederherstellung  der  Liturgie  in  den  meisten 
Diöcesen  und  eine  liebevolle  Ermahnung  zum  einträchtigen  Zusammenwirken 
und  zur   Vermeidung  aller    Zwistigkeiten,   zur   Vertheidigung  der  Lehre  und 


Katholische  Thätigkeit.   Frankreich.  137 

Freiheit  der  Kirche,  zur  guten  Erziehung  des  Clerus  und  zur  Beförderung  der  ka- 
tholischen Presse.  Insbesondere  ermahnt  der  Papst  den  französischen  Episcopat, 
sich  die  Yertheidigung  des  apostolischen  Stuhles  angelegen  sein  zu  lassen, 
und  die  Gläubigen  zur  Liebe  und  zum  Gehorsam  gegen  den  heiligen  Stuhl 
anzueifern.  Bei  dieser  Gelegenheit  rügt  der  Papst  auch  eine  Schrift:  „lieber 
die  gegenwärtige  Lage  der  gallicanischen  Kirche  mit  Bezug  auf  das  Gewohn- 
heitsrecht," welche  mit  Allem,  was  der  Papst  den  Bischöfen  so  sehr  empfehle 
und  einschärfe,  in  Widerspruch  stehe.  Schliesslich  empfiehlt  er  ihnen  wieder- 
holt Eintracht  und  Einigkeit  und  die  Vermeidung  aller  Streitfragen. 

3)    Gründung  einer  neuen  Kirchenprovinz. 

Ein  drittes  hieher  gehöriges  Actensttick  ist  die  Bulle  Ubi  primum  vom 
3.  Januar  1859,  durch  welche  die  bischöfliche  Kirche  von  Rennes  zu  einem 
Erzbisthum  erhoben  und  die  neue  Kirchenprovinz  von  Rennes  gegründet  wird. 

4)  Bestätigung  des  französischen  Collegiums  in  Korn. 

Ein  viertes  hieher  gehöriges  Actenstück  ist  das  Breve  In  suhlimi  vom 
12.  Juli  1859,  mit  welchem  das  von  den  Congregationen  zum  heil.  Geiste  und 
zum  unbefleckten  Herzen  Maria  gegründete  französische  Clerical-Seminar  in 
Rom  sammt  seinen  Statuten  die  päpstliche  Bestätigung  erhält. 

5)  Gegen  ein  gallicanisches  Schisma. 

In  der  Allocution  vom  17.  December  1860  beklagt  sich  der  Papst  über 
eine  in  Paris  erschienene  Broschüre,  welche  unter  Anderem  die  Einführung 
einer  französischen  Nationalkirche  verlangt.  Die  betreffende  Stelle  aus  der 
erwähnten  Allocution  ist  auf  Seite  102  des  1.  Heftes  der  Broschüre:  „Der 
Papst  und  die  modernen  Ideen"  auszugsweise  mitgetheilt. 

6)  Ausdehnung  des  Concordates  von  1801  auf  Savoyen 

und  Nizza. 

Am  31.  December  1860  richtete  Pius  IX.  das  Breve  Universi  dominici 
ffregis  an  den  Erzbischof  von  Chambery  und  seine  Suffraganbischöfe  und  an 
den  Bischof  von  Mzza  aus  Anlass  der  Vereinigung  der  Provinzen  Savoyen 
und  Nizza  mit  Frankreich.  Der  Zweck  dieses  Breve  ist  die  Ausdehnung  des 
Concordates  vom  15.  Juli  1801  auf  die  erwähnten  Provinzen,  und  zwar  auf 
den  Wunsch  des  Kaisers,  jedoch  mit  Ausnahme  der  organischen  Artikel,  des 
Gesetzes  über  die  Civilehe,  sowie  überhaupt  jeder  Bestimmung,  welcher  der 
Lehre  und  den  Rechten  der  katholischen  Kirche  irgendwie  widerspricht. 

7)  Die  Liturgie  von  Lyon. 

Das  letzte  hieher  gehörige  Actenstück  ist  das  Breve  Non  mediocri  vom 
17.  März   1864  an  den  Cardinal-Erzbischof  von  Lyon,  in  welchem  der  Papst 


188  Katholische  Thätigkeit.    Frankreich. 

seinen  Schmerz  ausspricht,  dass  einige  Pfarrer  von  Lyon  sich  gegen  die  Einfüh- 
rung der  römischen  Liturgie  in  dieser  Diöcese  sträuben,  und  einige  Vorschriften 
in  dieser  Beziehung  gibt,  welche  bereits  weiter  oben  mitgetheilt  worden  sind. 

Die  kirchliche  Hierarchie  in  Frankreich  besteht  aus  folgenden  Kir- 
chenprovinzen : 
Aix   mit  den  Suffragan-Bisthümern : 

Ajaccio  (Corsica), 

Digne, 

Gap, 

Fröjus  und  Toulon, 

Marseille, 

Nizza, 

Algier; 
Alby   mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Gabors, 

Mende, 

Perpignan, 

Rodez; 
Auch  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Aire, 

Bayonne, 

Tarbes; 
Avignon  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Montpellier, 

Nimes, 

Valence, 

Viviers; 
Bordeaux  mit    den   Suffragan-Bisthümern: 

Agen, 

Angouleme, 

La  Roch  eile, 

LuQon, 

Perigueux, 

Poitiers, 

Martinique  (auf  der  gleichnamigen  Insel  der  Antillen); 
Besan^on   mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Belley, 

Metz, 

Nancy  und  Toul, 

St.  Diez, 
Strassburg, 

Verdun; 


Katholische  Thätigkeit.    Frankreich.  139 


Bourges  mit  den  Suffragan-Bisthümern : 

Clermont, 

Le-Puy, 

Lim  oges, 

St.  Flour, 

Tülle; 
Vamhray  mit  dem  Suffragan-Bisthum : 

Arras; 
Chambery  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Annecy, 

S.  Giovanni  di  Moriana, 

Tarantasia; 
Lyon  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Autun, 

Dijon, 

Grenobles, 

Langres, 

St.  Claude; 
Paris  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Blois, 

Chartres, 

Meaux, 

Orleans, 

Versailles; 
Rheims  mit  den  Suffragan-Bisthümern; 

Amiens, 

Beauvais, 

Chälons, 

Soissons; 
Rennes  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Quimper  oder  Cornevailles, 

Rennes, 

St.  Brieuc, 

Vannes; 
Ronen   mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Bayeux, 

Coutances, 

Evreux, 

Seez; 
Sens   mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Moulins, 


140  ■  Katholische  Thätigkeit.    Spanien. 

Nevers, 

T  r  0  y  e  s  ; 
Toulouse  mit  den  Suffragan-Bisthümern : 

Carcassone, 

Montauban, 

Pamiers; 
Tours  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Angers, 

Laval, 

Le  Mans, 

Nantes. 

Spanien. 
1)    Das  spanische  Concordat. 

Den  Angelegenheiten  der  katholischen  Kirche  in  Spanien  sind  sechs 
Actenstticke  gewidmet,  und  zwar  zunächst  ein  Theil  der  AUocution  vom 
17.  December  1847 ,  in  welcher  Pius  IX.  den  Cardinälen  anzeigt,  dass  er 
einen  Gesandten  nach  Spanien  abgeordnet  habe,  um  an  der  Heilung  der 
der  Kirche  dort  zugefügten  Schäden  zu  arbeiten  und  die  Wiederbesetzung 
der  verwaisten  bischöflichen  Stühle  zu  veranlassen.  Dann  erwähnt  der  Papst; 
dass  diese  Sendung  in  Bezug  auf  einen  grossen  Theil  der  verwaisten  Diö- 
cesen  bereits  gelungen  sei,  und  spricht  die  Hoffnung  aus,  dass  auch  der 
übrige  Theil  derselben  gelingen  werde. 

In  der  AUocution  vom  11.  September  1851  hatte  der  Papst  die  Freude, 
den  Abschluss  des  spanischen  Concordates  anzuzeigen,  welches  durch  die 
Bulle  Ad  vicariam  vom  5.  September  1851  ratificirt  und  dessen  Inhalt  weiter 
oben  mitgetheilt  wurde. 

Am  17.  Mai  1852  richtete  Pius  IX.  aus  Anlass  des  Abschlusses  des 
Concordates  die  Encyclica  Probe  noscitis  an  den  spanischen  Episcopat  und 
ermahnte  denselben  zum  einmüthigen  Handeln,  zur  Vertheidigung  der  Freiheit 
und  Rechte  der  Kirche,  zur  Abhaltung  von  Provincial-  und  Diöcesan-Synoden 
und  zur  sorgfältigen  Erziehung  des  Clerus  und  der  christlichen  Jugend. 

In  der  AUocution  Nemo  vestrum  vom  26.  Juli  1855  sah  sich  der  Papst  ge- 
nöthigt,  über  den  Bruch  des  Concordates  vom  5.  September  1851  Klage  zu  füh- 
ren. Ebenso  musste  er  die  Gewaltthaten  der  spanischen  Regierung  gegen  einige 
Bischöfe  verurtheilen,  welche  sich  den  ungerechten  Decreten  der  Regierung 
widersetzten,  wofür  sie  aus  ihren  Diöcesen  vertrieben  und  an  andere  Orte 
verbannt  wurden.  Die  spanische  Regierung  hatte  nämlich  Gesetze  erlassen, 
durch  welche  die  Bestimmungen  des  ersten  und  zweiten  Artikels  des  Concor- 
dates verletzt  werden,  sowie  des  Artikel  41.  Dagegen  reclamirte,  wie  der 
Papst  in  der  AUocution  erzählt,  der  heiUge  Stuhl,  aber  vergebens,  so  dass 
er  sich  genöthigt   sah,    seinen    Nuntius   abzurufen.    Den   Bischöfen    und   dem 


Katholische  Thätigkeit.    Spanien.  141 

Clerus  in  Spanien  spendet  Pius  IX.,  nachdem  er  die  Acte  der  spanischen 
Regierung  verworfen  und  für  Null  und  nichtig  erklärt  hat,  wegen  ihrer  aus- 
gezeichneten Haltung  alles  Lob.  Ebenso  belobt  er  viele  spanische  Laien, 
welche  die  Rechte  der  Kirche  mit  Wort  und  Schrift  vertheidigt  haben ;  dann 
fährt  er  fort:  Ätque  AjjostoUcae  Nostrae  caritatis  affectu  deplorcmdum  sane  müe- 
rantes  conditionem,  in  qua  ilustris  illa,  Nobisque  carissima  Natio,  ejusque  Regina 
171  praesentia  versantur,  enixin  precibus  Deo  Optimo  Maximo  supplicamus,  ut  ipsam 
Naiionem  et  Reginam  omnipotenti  sua  virtute  tueri,  consolari,  et  a  tantis  angustiis 
eripere  velit.  „  Und  indem  Wir  in  Unserer  apostolischen  Liebe  die  beklagens- 
werthe  Lage  bedauern,  in  welcher  jene  herrliche  Uns  so  theuere  Nation  und 
ihre  Königin  gegenwärtig  schwebt,  flehen  Wir  zu  Gott  mit  inständigen  Ge- 
beten, er  möge  diese  Nation  und  diese  Königin  mit  seiner  allmächtigen  Kraft 
beschützen,  trösten  und  aus  so  vielen  Nöthen  erretten." 

2)  Errichtung  eines  neuen  Bisthums. 

Endlich  gehört  noch   hieher   die  Bulle    In  celsissima  vom    26.  Septem- 
ber 1861,  durch  welche  das  neue  Bisthum  Victoria  erreicht  wurde.  ^) 

Die  kirchliche  Hierarchie  in  Spanien  besteht  aus  folgenden  Kirchen- 
provinzen : 
Burgos  mit  den  Suffragan-Bisthümern : 

Calahorra  und  Calzada^ 

Leon, 

Osma, 

Palencia, 

Santander, 

Vittoria; 
Conipostella  mit  den  Suifragän-Bisthümern: 

L  u  g  0 , 

Mondonedo, 

Orense, 

Oviedo, 

Tuy; 
Grauada   mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Almeria, 

Cartagena  (Murcia), 

G  u  a  d  i  X , 

Jaen, 

Malaga; 


^)  Im  Concordat  wurde  ausserdem  die  Errichtung  einer  grossen  Zahl  neuer  Bis- 
thümer  stipulirt,  welche  weiter  oben  im  ersten  Abschnitt  unter  der  Rubrik:  Hierar- 
chische Thätigkeit  aufgezählt  sind. 


142  Katholische   Thätigkeit.    Spanien. 

Saragossa  mit  den  Suffragan-Bisthümern : 

Huesca  und  Barbastro, 

J  a  c  a , 

Pampelona  und  Tudela, 

T  a  r  a  z  0  n  a , 

Terüele- Albarazin; 
Sevilla  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Badajoz, 

Cadix  und  Ceuta, 

Canaria, 

Cordova; 
Tarragona    mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Barcellona, 

Gerona, 

Lerida, 

Tortosa, 

Urgel, 

Vieh, 

Solsona; 
Toledo  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Ciudad  Real, 

Coria, 

Cuenza, 

Madrid, 

Placencia, 

Siguenza;  i 

Valenzia  mit  den  Suffragan-Bisthümern  : 

Majorca, 

Iviza, 

Minorca, 

Orihuela  (Alicante), 

Segorbe    oder   Castellan    della   Planta; 
Valladolid  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Astorga, 

Avila, 

Salamanca  und  Citta  Rodrigo, 

S  e  g  0  V  i  a , 

Zamora. 

Portugal. 
Ermahnungen  an  den  Episcopat. 

Den  Angelegenheiten   der   katholischen   Kirche   im    eigentlichen  König- 
reiche Portugal  ist  in  den  drei  Bänden  der  Acta  nur  ein  einziges  Actenstück 


Katholische  Thätigkeit.    Portugal.  I43 

gewidmet,  welches  aber  von  solcher  Wichtigkeit  ist,  dass  wir  die  hauptsäch- 
lichsten Stellen  desselben  wörtlich  mittheilen  zu  sollen  glauben.  Es  ist  dies 
das  Breve  Quo  graviora  vom  3.  Juli  1862  an  den  Cardinal-Patriarchen  von 
Lissabon  und  den  gesammten  Episcopat  von  Portugal.  Die  wichtigsten  Stellen 
dieses  Actenstückes  lauten: 

Quo  graviora  ex  nefariis  adversariorum  macMnationibus  sanctissimae  nostrae 
religioni  et  fidelium  incolumitati  imnünent  mala,  eo  alacriorem  in  iis  i^ropul- 
mndis  operam  impendere  dehent  Episcopi,  a  quibtis  omni  studio  ipsa  religio  est 
propugnanda  et  fidelium  salus  procuranda.  Itaque  inter  maximas  quibus  premimur^ 
acerbitates  aummo  certe  afficimur  dolore  noscentes,  Dilecte  Fili  Noster  ac  Venera- 
biles  Fratres,  in  qua  deploranda  sane  conditione  catholicae  Religionis  et  Ecclesiae 
res  in  isto  regno  versentur,  quin  pateat,  eam  a  Vobis  in  gravissimo  episcopatus 
munere  obeundo  adhiheri  vigilantiam  et  fortitudinem,  quam  si  semper  in  kac  prae- 
sertim  tanta  temporum  iniquitate,  et  ipsius  vestri  muneris  officium,  et  catholicae 
Ecclesiae  causa ,  et  fidelium  Vobis  commissorum  salus  omnino  exposcunt  Quocirca 
de  spirituali  istorum  fidelium  bono  vehementer  anxii  ac  solliciti  pro  Apostolici 
Nostri  ministerii  debito  non  possumus ,  quin  Vos  etiam  atque  etiam  excitemus  et 
hortemur ,  ut  summa  cura  et  constantia  omnes  episcopalis  vestH  muneris  partes 
studiosissime  implere  velitis.  Ad  Vos  enim,  qui  in  partem  sollicitudinis ,  cujus 
plenitudo  Nobis  commissa  fuit,  adsciti  estis,  maxime  pertinet  sanctissimae  fidei 
sacraeque  doctriiiae  depositum  integrum,  inviolatumque  custodire,  et  catholicae  Ec- 
clesiae atque  hujus  Apostolicae  Sedis  causam  Jura  ac  leges  strenue  tueri,  defendere 
ac    toto  animo    Ulis  fortiter    obsistere ,    qui    ipsam  Ecclesiam    et^Sedem,    earumque 

jura    legesque    oppugnare    conantur Neminem    autem    Vestrum   lotet  ^    quo 

teterrimo  sane  bello  nunc  catholica  divexetur  Ecclesia,  quibusque  pravis  omnis  ge- 
neris  ai'tibus,  insidiis,  pestiferisque  scriptis  Dei  hominumque  hostes  omnium  animos 
mentesque  corrumpere  et  a  sanctissima  nostra  religione  avellere  connituntur.  Nullis 
igitur  cuins ,  nullis  consiliis  nidlisque  laboribus  parcere  debetis ,  ne  dilectae  oves 
Vobis  commissae  vestra  incuria  fiant  in  devorationem  omnium  bestiarum  agri.  Itaque, 
Dilecte  Fili  Noster  ac  Venerabiles  Fratres,  7ie  sitis  canes  muti  non  valentes  latrare, 
sed  qua  voce,  qua  salutaribus  opportunisque  scriptis  ne  cessetis  inimicorum  homi- 
num  insidias  detegere,  errores  refellere,  eorum  impiis  conatibus  impavide  obsistere. 
Ac  nunquam  desinite  perniciosos,  obscenos,  impiosque  libros  et  ephemerides  de  vestro- 
rum  fidelium  manibus  eripere,  et  ipsos  fideles  monere  et  exhortari,  ut  in  catho- 
licae religionis  professione  quotidie  magis  stabiles  et  immoti  persistant,  ac  nun- 
quam se  decipi  et  in  errorem  induci  patiantur  a  fabricatoribus  mendacii  et  per- 
versorum  dogmatum  cultatoribus 

Atque  Episcopali,  uti  yar  est,  fortitudine  iis  omnibus  resistite,  quae  contra 
Ecclesiam  eiusque  veneranda  jura  et  leges  istic  impune  patrantur.  Etenim  haud 
ignoratis,  debitam  civili  potestati  obedientiam  praestari  oportere  in  iis  tantum 
omnibus,  quae  Dei  ejusque  Sanctae  Ecclesiae  legibus  minime  adversantur.  Nihil 
praetermittite,    Dilecte  Fili    Noster    ac   Venerabiles  Fratres,    quod    ad    ministerium 


144  Katholische  Thätigkeit.    Portugal. 

vestrum  düigenter  implendum  quovis  modo  perfinet,  7ie  quando  gravissimis  Ulis 
verhis  Vos  Dominus  exprobret  „quod  infirmum  fuit  non  consolidastis,  quod  aegro- 
tum  non  sanastis,  quod  confractum  non  alligastis,  et  quod  abjectum  est  non  reduxi- 
stis,  et  quod  perierat  non  quaesistis.  (Ezech.  c.  XXXIV.  v.  4.J 

Quocirca  omni  virtute  et  constantia  exerite  gladium  spiritu^s,  quod  est  verbum 
Dei,  praedicate,  ut  in  persona  Timothei  discipuli  sui  tantopere  Vobis  inculcat  Apo- 
stolus  Paulus,  instate  opportune,  importune,  arguite,  obsecrate,  increpate  in  omni 
patientia  et  doctrina.  Neque  Vos  quidquam  unquam  deterreat,  quominus  pro  Dei 
gloria,  pro  Ecclesiae  tutela^  pro  animarum  Vobis  commissarum  salute  Vosmetipsos 
in  omnes  objiciatis  dimicationes.  Recogitate  Eum,  qui  talem  sustinuit  a  peccatoribus 
adversus  semetij^sum  co7ttradictionem.  Quod  si  nequissimorum  timeatis  audaciam 
actum  jam  est  de  Episcopatus  vigore  et  fortitudine,  ac  de  sublimi  et  divino  Ec- 
clesiae gubernandae  potestate.  Jam  vero  hac  occasione  dissimulare  non  possumus, 
Dilecte  Fili  Noster  ac  Venerabiles  Fratres ,  non  parum  nos  doluisse ,  propterea 
quod  neminem  Vestrum  videre  potuerimus  in  solemni  plurium  Sanctorum  Canoni- 
zatione  a  Nobis  VI.  Idus  proximi  mensis  Junii  celebrata,  ad  quam  tot  universi 
catholici  orbis  Sacrorum  Äntistites  ex  discunctissimis  etiam  regionibus  cum  summa 
animi  Nostri  gaudio  conßuere  gloriati  sunt.  Atque  etiamsi  aliquae  exstiterint  diffi- 
cultateSj  ob  quas  ad  Nos  venire  minime  potueritis,  tarnen  nemo  impedire  Vos  po- 
tuit,  quominus  vestras  ad  Nos  scriberetis  Litteras,  quibus  vedram  erga  Nos  et  lianc 
Petri  Cathedram  catholicae  unitatis  centrum  ßdem ,  pietatem  et  observantiam  de- 
claretis ,  quemadmodum  cum  summa  sui  nominis  laude  et  Nostra  consolatione 
fecerunt  tum  Italiäe,  tum  aliorum  Ecclesiarum  Sacrorum  Äntistites,  quibus  roma- 
num  iter  suscipere  minime  licuit.  Ea  porro  spe  sustentawMr  fore,  Dilecte  Fili 
Noster  ac  Venerabiles  Fratret,,  ut  Vos  serio  considerantes  in  conspectu  Domini 
gravissima  officii  vestri  munera,  durissimumque  iudicium,  quod  omnibus  quidem, 
qui  praesunt,  sed  maxime  speculatoribus  Doimis  Israel  est  subeundem,  hisce 
Nostris  monitis,  hortationibus ,  votis  ac  postulationibus  aures  alacri  libentique 
animo  praebentes  velitis  episcopali  zelo  incensi  catholicam  7'eligionem  pro  viribus  tneri, 
eamque  ab  impiis  hostium  insidiis  et  molitionibus  impavide  defendere,  vestri  gregis 
saluti  studiosissime  consulere,  et  majora  etiam  iis,  quae  scripsimus,  praestare 

„Je  schwerere  Uebel  Unsere  heilige  Religion  und  die  Sicherheit  der  Gläubi- 
gen durch  die  verruchten  Umtriebe  der  G-egner  bedrohen,  eine  um  so  rüstigere 
Thätigkeit  zur  Abwehr  derselben  müssen  die  Bischöfe  entfalten,  welche  mit  allem 
Eifer  die  Religion  vertheidigen  und  für  das  Seelenheil  der  Gläubigen  sorgen 
müssen.  Darum  werden  Wir  unter  den  grossen  Bitterkeiten,  die  uns  bedrängen, 
gewiss  von  dem  höchsten  Schmerze  betroffen,  da  Wir  wissen,  geliebter  Sohn  und 
ehrwürdige  Brüder,  in  welcher  wahrhaft  beklagenswerthen  Lage  sich  die  Sache 
der  katholischen  Religion  und  Kirche  in  jenem  Königreiche  befindet,  ohne  dass 
man  sieht,  wie  Ihr  in  Erfüllung  Eures  hochwichtigen  bischöflichen  Amtes  jene 
Wachsamkeit  und  jenen  Starkmuth  anwendet,  welchen,  wenn  jemals  so  besonders 
in  dieser  so  grossen  Verderbtheit  der  Zeiten,  sowohl  die   Pflicht  Eures  Amtes. 


Katholische  Thätigkeit.  Portugal.  145 

als  die  Sache  der  katholischen  Kirche  und  das  Heil  der  Euch  anvertrauten 
Gläubigen  durchaus  erfordern.  Darum  können  Wir,  um  das  geistige  Wohl  jener 
Gläubigen  gar  sehr  beängstigt  und  besorgt,  nach  Unseres  apostolischen  Amtes 
Pflicht  nicht  umhin,  Euch  wieder  und  wieder  anzuspornen  und  zu  ermahnen,  dass 
Ihr  mit  der  höchsten  Sorgfalt  und  Standhaftigkeit  alle  Pflichten  Eures  aposto- 
lischen Amtes  auf  das  Eifrigste  erfüllen  möget,  denn  Euch,  die  Ihr  zur  Theil- 
nahme  an  der  Fürsorge  berufen  seid,  welche  Uns  in  ihrem  ganzen  Umfange 
übertragen  wurde,  kommt  es  ganz  besonders  zu,  die  Hinterlage  des  heiligen  Glau- 
bens und  der  heiligen  Lehre  ganz  und  unversehrt  zu  bewahren  und  die  Sache,  die 
Rechte  und  die  Gesetze  der  katholischen  Kirche  und  dieses  apostolischen  Stuhles 
tapfer  zu  schützen  und  zu  vertheidigen,  und  mit  ganzer  Seele  Jenen  starkmüthig 
entgegen  zu  treten,  welche  diese  Kirche  und  diesen  Stuhl  und  ihre  Gesetze  und 

Rechte   zu  bekämpfen   wagen Es  ist  aber  keinem  von  Euch  verborgen, 

mit  welch'  abscheulichem  Kriege  die  katholische  Kirche  jetzt  verfolgt  wird  und 
durch  welche  schlechte  Ränke,  Nachstellungen  und  verpestende  Schriften  jeder 
Art  die  Feinde  Gottes  und  der  Menschen  die  Seelen  und  Herzen  Aller  zu  ver- 
derben und  von  Unserer  heil.  Religion  loszureissen  streben.  Ihr  dürft  also  keine 
Sorge,  keine  Mühe  und  keine  Arbeit  sparen,  damit  die  Euch  anvertrauten  ge- 
liebten Schafe  durch  Eure  Sorglosigkeit  nicht  eine  Beute  aller  wilden  Thiere 
des  Feldes  werden.  Darum,  geliebter  Sohn  und  ehrwürdige  Brüder,  seid  nicht 
stumme  Hunde,  welche  üicht  bellen  können,  sondern  hört  nicht  auf,  durch  Wort 
und  heilsame,  passende  Schriften  die  Hinterlist  der  Feinde  aufzudecken,  die  Irr- 
thümer  zu  widerlegen  und  ihren  gottlosen  Wagnissen  unerschrocken  Widerstand 
zu  leisten,  und  hört  niemals  auf,  verderbliche,  obscöne  und  gottlose  Bücher  oder 
Zeitungen  den  Händen  Eurer  Gläubigen  zu  entreissen  und  die  Gläubigen  auf- 
zumuntern und  zu  ermahnen,  dass  sie  in  dem  Bekenntniss  der  katholischen  Reli- 
gion täglich  fester  und  unverrückter  bleiben  und  sich  nie  von  den  Lügenschmieden 
und  von  den  Anhängern  verkehrter  Dogmen  täuschen  und   in   Irrthum    führen 

lassen Und  widersetzt  Euch,  wie  es  sich  geziemt,  mit  bischöflichem  Stark- 

muth  allem  Dem,  was  dort  gegen  die  Kirche  und  gegen  ihre  ehrwürdigen  Ge- 
setze und  Rechte  ungestraft  verübt  wird,  denn  Ihr  wisset  wohl,  dass  man  der 
weltlichen  Gewalt  den  schuldigen  Gehorsam  nur  in  allem  Dem  leisten  müsse, 
was  den  Gesetzen  Gottes  und  seiner  heil.  Kirche  nicht  widerspricht.  Unter- 
lasset nichts,  geliebter  Sohn  und  ehrwürdige  Brüder,  das  irgendwie  zur  sorg- 
fältigen Erfüllung  Eures  Amtes  gehört,  damit  der  Herr  einst  Euch  nicht  mit 
den  hochernsten  Worten  schelte:  „Was  schwach  war,  habet  ihr  nicht 
gestärket,  was  krank  war,  nicht  geheilt,  was  gebrochen,  nicht 
verbunden,  was  vertrieben,  nicht  zu  rückgeführt,  und  was  verlo- 
ren, nicht  gesucht."  (Ezech.  c.  XXXIV.   v.  4.) 

Darum  zieht  mit  aller  Kraft  und  Standhaftigkeit  das  Schwert  des  Geistes, 
welches  das  Wort  Gottes  ist.  Predigt,  wie  der  Apostel  Paulus  in  der  Person 
seines  Schülers  Timotheus  Euch  so  sehr  einschärft,  das  Wort,  haltet  an  damit. 

Pias  IX.  als  Papst  und  als  König.  10 


146  Katholische  Thätigkeit.  Portugal. 

es  sei  gelegen  oder  ungelegen,  überweiset,  bittet,  strafet  in  aller  Geduld  und 
Lehrweise  und  nichts  darf  Euch  jemals  abschrecken,  Euch  zur  Ehre  Gottes,  zum 
Schutze  der  Kirche,  zum  Heile  der  Euch  anvertrauten  Seelen  in  alle  Kämpfe 
zu  werfen,  denket  an  den,  welcher  von  den  Sündern  solchen  Widerspruch  gegen 
sich  selbst  ertrug;  wenn  ihr  die  Verwegenheit  der  Bösen  fürchtet,  dann  ist  es 
um  die  Kraft  und  Stärke  des  Episcopats  (und  Ihr  habet  die  göttliche  Gewalt, 
um  die  Kirche  zu  regieren)  schon  geschehen.  Auch  können  Wir  bei  dieser 
Gelegenheit  nicht  verhehlen,  geliebter  Sohn  und  ehrwürdige  Brüder,  wie  es  Uns 
nicht  wenig  geschmerzt  hat,  dass  Wir  bei  der  am  8.  Juni  dieses  Jahres  von  Uns 
gefeierten  Canonisation  mehrerer  Heiligen,  zu  welcher  so  viele  Bischöfe  der  ganzen 
katholischen  Welt,  selbst  aus  den  fernsten  Gegenden,  zur  grössten  Freude  Unseres 
Herzens  zusammenkamen,  keinen  von  Euch  sehen  konnten,  und  wenn  auch  einige 
Schwierigkeiten  bestanden,  wegen  der  Ihr  nicht  zu  Uns  kommen  konntet,  so 
konnte  Euch  doch  niemand  hindern,  Eure  Briefe  an  Uns  zu  senden,  in  welchen 
Ihr  Eure  Treue,  Eure  Liebe  und  Verehrung  gegen  Uns  und  diesen  Stuhl  Petri,  den 
Mittelpunkt  der  katholischen  Einheit,  hättet  erklären  können,  wie  dies  die 
Bischöfe  Italiens  und  anderer  Kirchen,  welche  die  Eeise  nach  Kom  nicht  machen 
durften ,  zum  grössten  Ruhme  ihres  Namens  und  zu  Unserem  Tröste  gethan 
haben.  Wir  werden  aber  durch  die  Hoffnung  aufrecht  erhalten,  geliebter  Sohn 
und  ehrwürdige  Brüder,  dass  Ihr,  im  Angesichte  des  Herrn  die  hochwichtigen 
Pflichten  Eures  Amtes  und  das  strenge  Gericht,  welches  alle  Vorsteher,  aber 
ganz  besonders  die  Wächter  des  Hauses  Israel,  zu  bestehen  haben,  ernstlich 
erwägend,  diesen  Unseren  Warnungen,  Ermahnungen,  Wünschen  und  Forderun- 
gen gerne  und  willig  Euer  Ohr  leihen  und  vom  bischöflichen  Eifer  entflammt, 
hurtig  die  katholische  Eeligion  nach  Kräften  schützen,  sie  gegen  die  gottlosen 
Nachstellungen  und  Umtriebe  der  Feinde  unerschrocken  vertheidigen,  für  das 
Heil  Eurer  Heerde  mit  allem  Eifer  sorgen  und  auch  noch  Grösseres  als  das 
leisten  werdet." 

Im  Uebrigen  ermahnt  der  Papst  den  portugisischen  Episcopat,  über  die 
Disciplin  und  die  Treue  des  Clerus  zu  wachen,  für  seine  gute  Erziehung  zu 
sorgen  und  insbesondere  zu  verhüten,  dass  bei  dem  Unterrichte,  namentlich 
in  den  theologischen  Wissenschaften  und  dem  Kirchenrecht  keine  Bücher 
angewendet  werden,  welche  falsche  Ansichten  und  Irrthümer  enthalten.  Ferner 
werden  die  Bischöfe  ermahnt,  für  die  Aufrechthaltuug  beziehungsweise  Wieder- 
herstellung der  Klosterzucht,  für  die  religiöse  Erziehung  der  Jugend,  für  die 
Belehrung  und  Bekehrung  des  Volkes,  für  die  treue  Pflichterfüllung  von  Seite 
der  Pfarrer  zu  sorgen,  welchen  insbesondere  einzuschärfen  sei,  dass  sie  nie- 
mals überdrüssig  werden  sollen,  die  Kranken  zu  besuchen  und  ihnen  die 
Hilfe  der  Sacramente  zu  spenden.  Endlich  werden  die  Bischöfe  zur  fleissigen 
Visitation  ihrer  Diöcesen  ermahnt. 

Die  k  irch  liehe  H  ierarchie  in  Portugal  besteht  aus  den  Kirchen- 
provinzen : 


Katholische  Thätigkeit  Portugal.  England.  147 

Braga   mit  den  Suffragan-Bisthümern  : 

A  V  e  1  r  a , 

Braganza  Miranda, 

Coimbra, 

Porto, 

Pinhel, 

Vizen; 
Evora  mit  den  Suffragan-Bisthiimern : 

ßeja , 

Elvas, 

Faro; 
Lissabon   (Patriarch)   mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Castelbranco , 

Guarda, 

Lam  ego  , 

Leiria, 

Portalagre, 

Angola  \ 

Angra  | 

F  u  n  c  h  a  1  ^.   auf  den  Azoren. 

S.  Jago   Capo   Verde    1 

S.  Thomas,  | 

England. 
WiederherstelluDg  der  Hierarchie. 

Die  katholische  Kirche  in  England  verdankt  Pius  IX.  den  grossartigen 
Act  der  Wiederherstellung  der  kirchlichen  Hierarchie  durch  die  Bullen  Universalis 
ecdesiae  vom  29.  September  1850  und  Nostrls  ApostoUcis  Utteris  vom  19.  No- 
vember 1850,  deren  Inhalt  bereits  weiter  oben  mitgetheilt  wurde. 

Die  kirchliche  Hierarchie  in  England  besteht  aus  der  einzigen 
Kirchenprovinz  Westminster  mit  den  bereits  erwähnten  12  Suffragan- 
Bisthümern. 

In  Schottland  bestehen  drei  apostolische  Vicariate  für  das 

östliche, 

westliche  und 

nördliche  Schottland. 
Ebenso  besteht  ein  apostolisches  Vicariat  in  Gibraltar. 


P 


Irland. 

Den  Angelegenheiten   der   katholischen   Kirche  in   Irland  hat  Pius  IX. 
drei  encyclische  Schreiben  gewidmet. 

10* 


148  Katholische  Thätigkeit.  Irland. 

1)  Aufforderung  zu  Gebeten  und  Sammlungen  für  Irland. 
Die  Encyclica  Praedecessores  nostros  an  alle  Patriarchen,  Primaten,  Erz- 
bischöfe und  Bischöfe  der  katholischen  Welt  vom  25.  März  1847  fordert 
zu  Geldsammlungen  und  Gebeten  für  das  von  einer  Hungersnoth  heimge- 
suchte Irland  auf. 

2)  Ermahnungen  an  den  Episcopat. 

Die  Encyclica  Nemo  certe  ignorat  vom  25.  März  1852  an  die  Erz- 
bischöfe und  Bischöfe  von  Irland  belobt  und  beglückwünscht  den  irischen 
Episcopat  wegen  seiner  Anhänglichkeit  an  den  heil.  Stuhl  und  wegen  seiner 
Standhaftigkeit  in  Wahrung  der  katholischen  Sache  und  Erfüllung  seiner 
Pflichten  auch  unter  den  schwersten  Stürmen;  dann  aber  drückt  der  heilige 
Vater  seinen  Schmerz  aus,  dass  unter  den  Bischöfen  Irlands  Streitigkeiten 
ausgebrochen  seien,  und  ermahnt  sie  zur  Eintracht  und  Einigkeit,  welche 
sie  ja  auch  bei  der  Unterzeichnung  der  Acten  der  im  Jahre  1850  von  ihnen 
abgehaltenen  Synode  von  Thurles  an  den  Tag  gelegt  haben.  Hierauf  erwähnt 
der  Papst,  dass  er  die  Acten  und  Beschlüsse  jener  Synode  am  23.  März  be- 
stätigt habe  und  ermahnt  die  irischen  Bischöfe  zur  sorgfältigen  Beobachtung 
derselben.  Indem  er  den  Beschluss  jener  Synode  rühmt,  sobald  als  möglich 
eine  katholische  Universität  zu  gründen,  ermahnt  er  sie,  diese  bereits  von 
ihm  bestätigte  Stiftung  sobald  als  möglich  ins  Werk  zu  setzen  und  drückt 
seine  Freude  aus,  dass  von  den  Gläubigen  bereits  beträchtliche  Beiträge  ein- 
gegangen seien.  Sodann  folgen  Ermahnungen  zur  guten  Erziehung  des  Clerus 
und  zur  Aufrechthaltung  der  Disciplin  unter  demselben. 

Eine  zweite  Encyclica  ähnlichen  Inhalts  richtete  der  Papst  am  20.  März 
1854  an  den  Episcopat  von  Irland,  welche  mit  den  Worten  beginnt:  Optime 
noscitis  und  in  welche  der  Papst  zunächst  sein  Bedauern  ausdrückt,  dass  die 
auf  der  Synode  von  Thurles  beschlossene  Gründung  einer  katholischen  Univer- 
sität noch  nicht  erfolgt  sei,  obwohl  alles  zur  Eröifnung  derselben  Erforder- 
liche bereit  sei.  Die  Bischöfe  werden  dann  wiederholt  aufgefordert  sich  die 
schleunige  Gründung  dieser  Universität  angelegen  sein  zu  lassen ;  dann  fährt 
der  Papst  fort: 

TJt  autem  tarn  pium  tamque  salutiferum  opus  celeriter  perficiatur ,  volumus 
atque  mandamus,  ut  Vos  omnes  intra  tres  menses,  postquam  haec  Nostrae  Litterae 
ad  Vos  pervenirent,  conventum  haheatis  apud  Venerabilem  Fratrem  Paulum  Ar- 
chiepiscopum  Dublinensem,  quem  hujus  conventus  Praesidem  ac  Delegatum  Aposto- 
licum  constituimus,  ut  ihi  in  Domino  congregati,  et  ad  sacrum  canonum  normam 
in  unum  collecti,  absque  ulla  tarnen  publica  sölemnitate  denuo  collatis  inter  Vos 
consiliis,  et  consociatis  animis  ea  omnia  in  primis  statuatis,  quae  ad  catholicam 
Tianc   Universitatem  cito  constituendam  et  aperiendum  possint  pertinere. 

„Damit  aber  ein  so  frommes  und  heilsames  Werk  rasch  vollendet  werde, 
wollen  und  befehlen  Wir,   dass  Ihr  alle    binnen  drei  Monaten  nach  Empfang 


I 


Katholische  Thätigkeit.    Irland.  I49 


dieses  Unseres  Schreibens  eine  Zusammenkunft  bei  dem  ehrwürdigen  Bruder 
Paul,  Erzbischof  in  Dublin,  halten  wollte,  welchen  Wir  zum  Vorsitzer  dieser 
Versammlung  und  zum  apostolischen  Delegaten  bestimmen,  damit  Ihr  dort,  im 
Herrn  versammelt  und  nach  der  Vorschrift  der  heiligen  Kirchengesetze 
vereinigt,  aber  ohne  eine  öifentliche  Feierlichkeit  Euch  neuerdings  unterein- 
ander berathet  und  einmüthig  vor  Allem  das  beschliesset,  was  die  baldige 
Gründung  und  Eröffnung  dieser  katholischen  Universität  angeht."  Dann 
werden  die  Bischöfe  angewiesen,  darauf  zu  sehen,  dass  diese  Universität  ihrem 
Namen  Ehre  mache,  dass  die  katholische  Kirche  die  Seele  des  ganzen  Unter- 
richtes sei,  dass  die  Professoren  derselben  durch  gute  Werke,  gesunde  Lehre 
und  heiligen  Wandel  der  Jugend  voranleuchten.  Die  Wahl  des  Johann  Heinrich 
Newman  zum  Rector  jener  Universität  wird  vom  Papste  bestätigt;  dann  spricht 
der  heilige  Vater  die  Hoffnung  aus,  die  Bischöfe  werden  in  jener  Versamm- 
lung auch  noch  andere  Beschlüsse  zum  Besten  der  katholischen  Sache 
fassen  und  empfiehlt  ihnen  insbesondere  die  Abhaltung  von  Volksmissionen, 
die  Beobachtung  der  Beschlüsse  der  Synode  von  Thurles  und  die  feierliche 
Veröffentlichung  derselben,  die  Abhaltung  von  Provinzial-  und  Diöcesan-Synoden 
und  die  canonische  Heise  nach  Rom  zur  Berichterstattung  über  die  Ange- 
legenheiten ihrer  Diöcesen. 

Die  kirchliche  Hierarchie  in  Irland  besteht  aus  den  Kirchenprovinzen: 
Armagh  mit  den  Suffragan-Bisthümern : 
Ardagh, 
Clogher, 
Derry, 

Down  und  Connor, 
Dromore, 
Kilmore, 
Meath, 
Raphoe; 

Cashel  mit  den  Suffragan-Bisthümern : 
Cloyne, 
Cork, 
Emly, 

Kerry  und  Aghadon, 
Kilfenora  und  Kilmaeduagh, 
Killaloe, 
Limerick, 
Ross, 

Waterford   und  Lismore; 
Dublin   mit  den  Suffragan-Bisthümern: 
Ferus, 


150  Katholische  Thätigkeit.  Irland.  Holland.  Belgien. 

Klldareund  Leighlin, 
Ossory; 
Tnam  mit  den  Suffragan-Bisthüraern  : 
Achonry, 
Clonfert, 
Elphin, 
Galway, 
Killala, 
Kilmaeduagh  und  Kilnetora. 

Holland. 
Wiederherstellung  der  Hierarchie. 

Auch  die  katholische  Kirche  von  Holland  verdankt  Pius  IX.  die  Wieder- 
herstellung ihrer  Hierarchie,  und  zwar  durch  die  Bulle  Ex  qua  die  vom  4.  März  1853, 
deren  Inhalt  bereits  weiter  oben  mitgetheilt  wurde.  In  der  Allocution  Cum  placuerit 
vom  7.  März  1853  theilte  der  Papst  dieses  Ereigniss  auch  dem  Cardinals-Col- 
legium  mit. 

Die  kirchliche  Hierarchie  in  Holland  besteht  aus  der  einzigen 
Kirchenprovinz  Utrecht  mit  den  obenerwähnten  Suffragan-Bisthümern. 

Für  das  Her  zogthum  Luxemburg  besteht  ein  apostolisches  Vicariat. 

Belgien, 
Die  religiöse  Lage  des  Landes. 

Von  Belgien  ist  in  den  Acten  Pius  IX.  nur  ein  einziges  Mal  die  Rede, 
und  zwar  in  der  Allocution  Si  semper  antea  vom  20.  Mai  1850.  Die  betreffende 
Stelle  lautet: 

Ahstinere  non  possumus,  quin  pro  paterna  nostra  sollicitudine  erga  illustrem 
Belgarum  gentem,  quae  catholicae  Religionis  studio  semper  enituit,  Nostrum  ex- 
primamus  dolorem,  cum  inibi  rei  catholicae  pericula  imp ender e  prospiciamus.  Sed 
futurum  conßdimus,  ut  Serenissimus  ille  rex  et  ii  omnes ,  qui  in  eo  Regno  sum- 
mam  rerum  procurationem  gerunt,  pro  eorum  sapientia  animadvertentes  quanto- 
pere  catholica  Ecclesia  ejusque  doctrina  ad  temporalem  quoque  populorum  tran- 
quillitatem  prosperitatemque  conducat ,  salutarem  ejusdem  Ecclesiae  vim  sartam 
tectam  haberi  velint,  ac  Sacros  ipsius  Ecclesiae  Antistites  et  Ministros  eorumque 
optimam  operam  tegere  ac  tueri  studeant. 

,Wir  können  Uns  nicht  enthalten,  nach  Unserer  väterlichen  Fürsorge  für 
die  berühmte  belgische  Nation,  welche  sich  immer  durch  ihren  Eifer  für  die 
katholische  Religion  auszeichnete,  Unseren  Schmerz  auszudrücken,  da  Wir  voraus- 
sehen, dass  der  katholischen  Sache  Gefahren  bevorstehen;  aber  Wir  vertrauen, 
dass  der  allerdurchlaiichtigste  König  und  alle  Jene,  welche  in  jenem  Königreiche 
die   oberste   Verwaltung   führen,   nach    ihrer   Weisheit  erkennend,  wie  viel  die 


Katholische  Thätigkeit.  Belgien.  Schweiz.  151 

katholische  Kirche  und  ihre  Lehre  auch  zur  zeitlichen  Ruhe  und  Wohlfahrt 
der  Völker  beitrage,  die  heilsame  Gewalt  dieser  Kirche  unverletzt  erhalten  wollen 
und  die  geweihten  Bischöfe  und  Diener  der  Kirche  durch  ihr  bestes  Bemühen 
zu  schützen  und  zu  wahren  bestrebt  sein  werden. 

Die  kirchliche  Hierarchie  in  Belgien  besteht  aus  derKirclaenprovinz: 
iMecheln  mit  den  Suffragan-Bisthümern : 

Brügge, 

Gent, 

Lüttich, 

Namur, 

Tournay. 

Schweiz. 

Mit  den  Angelegenheiten  der  katholischen  Kirche  in  der  Schweiz  beschäftigt 
sich  Pius  IX.  in  drei  verschiedenen  Allocutionen  und  zwar: 

1)  Der  Sonderbundkrieg, 

in  der  Allocution  Ubi  primum  vom  17.  December  1847  aus  Anlass  des  Son- 
derbundskrieges und  der  revolutionären  Kundgebungen  in  Eom  zur  Feier  des 
Sieges  der  Kadicalen.     Die  betreffende  Stelle  lautet: 

Haud  possumus,  quin  Vobis,  Venerabiles  Fratres,  loquamur  de  doloris  acer- 
bitate,  qua  confecti  fuimus,  propterea  quod  paucis  ante  diebus  in  hac  alma  Urbe 
Nostra  catholicae  Religionis  arce  et  centro  nonnulli  paucissimi  Uli  quidem  homines 
prope  delirantes  reperiri  2^otuerint,  qui  vel  ipsum  humanitatis  sensum  objicientes 
cum  maximo  aliorum  ipsius  Urbis  civium  fremitu  et  indignatione  minime  exhor- 
ruerunt  palam  publiceque  triumphare  in  luctuosissimo  intestina  bello  nuper  inter 
Helvetios  excitato.  Quod  fatale  sane  bellum  Nos  intime  corde  ingemiscimus,  tum 
ob  effusum  illius  nationis  sanguinem,  fraternamque  aedem,  et  atroces,  diuturnas, 
funestasque  discordias,  odia,  dissidia,  quae  ex  civilibus  potissimum  bellis  in  popu- 
los  redundare  solent,  tum-  ob  detrimenta,  quae  inde  catholicae  rei  obvenisse  acce- 
pimtts,  et  obventura  adhuc  timemus,  tum  denique  ob  deploranda  sacrilegia  in  primo 
conflictu  commissa,   quae  commemorare  animus  refugit. 

.,Wir  können  nicht  umhin,  Euch,  ehrwürdige  Brüder,  von  dem  bitteren 
Schmerze  zu  sprechen,  von  welchem  Wir  erfüllt  wurden,  weil  vor  wenigen  Tagen 
in  dieser  Unseren  so  lieben  Stadt,  der  Burg  und  dem  Mittelpunkte  der  katho- 
lischen Religion  einige  wenige  Leute  sich  fanden,  welche  in  ihrem  Wahnsinn 
sogar  das  Gefühl  der  Menschlichkeit  von  sich  warfen  und  zum  grössten  Abscheu 
und  Unwillen  der  anderen  Bürger  dieser  Stadt  keineswegs  davor  zurückscheue- 
ten,  öffentlich  und  vor  Allen  über  den  höchst  traurigen  Bürgerkrieg  zu  trium- 
phiren,  welcher  kürzlich  unter  den  Schweizern  entstanden  ist.  Wir  seufzen  über 
diesen  wahrhaft  verhängnissvollen  Krieg  aus  dem  innersten  Herzen,  sowohl  we- 
gen des  vergossenen  Blutes  jener  Nation  und  des  Bruderkampfes,   und  der  wilden, 


152  Katholische  Thätigkeit.   Schweiz. 

langwierigen,  verheerenden  Zwietracht,  Gehässigkeiten  und  Streitigkeiten,  welche 
ganz  besonders  aus  den  Bürgerkriegen  für  die  Völker  hervorzugehen  pflegen, 
als  auch  wegen  der  Naclitheile,  welche,  wie  Wir  erfahren  haben,  der  katholischen 
Sache  daraus  erwachsen  sind,  und  wie  Wir  fürchten,  noch  künftig  erwachsen  wer- 
den, sowie. endlich  wegen  der  beklagenswerthen  bei  dem  ersten  Zusammenstosse 
verübten  Sacrilegien,  an  welche  das  Herz  nur  mit  Schauder  denkt. " 

2)  Die  Verfolgung  gegen  die  Kirche. 

Ferner  ist  von  der  Schweiz  die  Rede  in  der  Allocution  Nemo  vestrum  ignorat 
vom  26.  Juni  1855  und  zwar  mit  folgenden  Worten: 

Noscatis  volurmi^,  Vener abiles  Fratres ,  incredihili  nos  angi  aegritudine  ob 
Itictuosissimum  seine  statum ,  ad  quem  redacta  est  sanctissima  nostra  religio  in 
Helvetia,  ac  praesertim,  pro  dolor!  in  quibusdam  potioribus  catholicis  earum  foe- 
deratarum  regionum  pagis.  Namque  ibi  et  catholicae  Ecclesiae  potestas  atque 
libertas  oppressa,  et  Episcoporiim  sanctaeque  hujus  Sedis  proculcata  auctoritas,  et 
matrimonii  ac  jurisjurandi  sanctitas  violata  et  spreta ,  et  Clericorum  Seminaria 
ac  Religiosarum  Familiarnm  Coenobia  vel  penitus  extincta,  vel  civilis  potestatis 
arbitrio  omnino  subiecta,  et  beneßciorum  collatio  atque  ecclesiastica  bona  usurpata^ 
et  catholicus  Clerus  miserandum  in  modum  exagltatus  ac  divexatus. 

„Wir  wollen  ehrwürdige  Brüder,  dass  Ihr  wisset,  wie  Uns  unglaublicher 
Kummer  drückt  wegen  der  wahrlich  höchst  traurigen  Lage,  in  welche  unsere 
heilige  Religion  in  der  Schweiz,  und  leider  namentlich  in  einigen  vorzugsweise 
katholischen  G-egenden  jener  verbündeten  Cantone,  gebracht  ist,  denn  dort  ist 
die  Gewalt  und  Freiheit  der  katholischen  Kirche  unterdrückt,  die  Autorität  der 
Bischöfe  und  dieses  heiligen  Stuhles  wird  mit  Füssen  getreten,  die  Heiligkeit 
der  Ehe  und  des  Eides  verletzt  und  verachtet,  die  Priester- Seminarien  und  die 
Klöster  sind  entweder  ganz  unterdrückt  oder  der  Willkühr  der  weltlichen  Ge- 
walt durchaus  unterworfen,  die  Verleihungen  der  Pfründen  und  Kirchengüter 
werden  usurpirt ,  der  katholische  Clerus  wird  auf  eine  beklagenswerthe  Weise 
beunruhigt  und  gepeinigt." 

Endlich  spricht  der  Papst  von  der  Schweiz  in  der  Allocution  Nunquam 
fore  vom  15.  December  1856,  wo  er  sagt: 

Minime  ignoratis,  Venerabiles  Fratres,  quam  vehementer  anxii  et  solliciti 
simus  de  tristissima  conditione,  ad  quam  sanctissima  nostra  Religio  redacta  est 
in  Helvetia,  ac  profecto  memimeritis,  Nos  in  Consistoriali  oratione  die  vigesimo 
sexto  mensis  Julii  superiore  anno  kabita  raptim  perstrinxisse  innurrtera  fere  damna 
ibi  a  laica  potestate  Ecclesiae  ejusque  sacrae  audoritati ,  juribus ,  rebus ,  Episco- 
pis  et  ministris  illata.  Equidem  Nobis  in  animo  est,  cum  id  opportunum  existi- 
mabimus,  peculiarem  de  hoc  molestissimo  sane  argumenta,  habere  sermonem,  cum 
praesertim  in  Ulis  regionibus  multiplices  et  omnino  detestandi  contra  Ecclesiam 
ausus  magis  in  dies  invaluerint  et  excreverint.  Interim  vero  etiamsi  non  levi  animi 
Nostri  solatio  et  consolatione  noscamus,    fidelem  illarum  regionum  Clerum  ex  parte 


Katholische  Thätigkeit.    Schweiz.  153 

longe  maxima  inter  plurimas  difficultates  sui  ministerii  raunia  sedulo  obire,  et 
pro  viribus  proeliari  bella  Domini,  tarnen  Nobis  temperare  non  possumus,  quin 
summopere  doleamus,  improbemus,  damnemus,  perversam  paucorum  ecclesiasticorum 
hominum  agendi  rationem,  qui  nefariis  laicae  potestatis  conatibus  favere,  et  in  Ti- 
cinensi  praesertim  pago  maximitm  bonis  omnibus  Catholicis  scandalum  afferre,  ac 
Dei  indignationem  in  se  concitare  non  horrent.  Ea  porro  spe  sustentamur  fore,  ut 
illarum  regionum  Moderatores  tandem  aliquando  velint  saniora ,  inire  consilia,  et 
cognoscere,  veram  popidorum  felicitatem,  prosperitatemque  sine  divina  nostra  Reli- 
gione,  ejusque  salutari  doctrina,  ac  debito  erga  veneranda  Eeclesiae  jura  obsequio 
et  reverentia  non  posse  consistere.  In  quam  spem  eo  magis  inducimur,  quod  au- 
divimus,  Episcopum  ab  exilio  quamprimum  revocatum  iri.  Faxit  Deus,  ut  hujus- 
modi  Nostrae  spes  minime  sint  fallaces. 

„Ihr  wisset  sehr  wohl,  ehrwürdige  Brüder,  wie  gewaltig  beängstigt  und 
gesorgt  Wir  sind,  über  die  höchst  traurige  Lage,  in  welche  unsere  heilige  Ee- 
j^gion  in  der  Schweiz  gebracht  ist  und  Ihr  erinnert  Euch  wohl,  dass  Wir  in 
3r  Consistorial-Allocution  vom  26.  Juli  vorigen  Jahres  die  fast  zahllosen  der 
'irche  und  ihrer  heiligen  Autorität,  ihren  Eechten  und  Sachen,  ihren  Bischöfen 
und  Dienern  von  der  Laiengewalt  zugefügten  Schäden  kurz  zusammengefasst 
haben.  Wir  beabsichtigen,  wann  Wir  es  für  passend  halten  werden,  eine  be- 
sondere Kede  über  diesen  höchst  lästigen  Gegenstand  zu  halten,  da  namentlich 
in  jenen  Gegenden  vielfache  und  durchaus  verabscheuungswerthe  Wagnisse  gegen 
die  Kirche  von  Tag  zu  Tag  immer  mehr  überhand  nehmen,  inzwischen  aber 
können  Wir  Uns,  obwohl  Wir  zu  nicht  geringem  Tröste  Unseres  Herzens  wissen, 
dass  der  gläubige  Clerus  jener  Länder  in  seinem  weitaus  grössten  Theile  unter 
so  vielen  Schwierigkeiten  die  Pflichten  seines  Amtes  so  fleissig  erfülle,  um  nach 
Kräften  die  Schlachten  des  Herrn  zu  schlagen,  doch  nicht  enthalten,  die  ver- 
kehrten Handlungen  einiger  Geistlichen  höchlichst  zu  beklagen,  zu  verwerfen 
und  zu  verdammen,  welche  sich  nicht  scheuen,  die  verruchten  Umtriebe  der 
Laiengewalt  zu  begünstigen  und  namentlich  im  Canton  Tessin  allen  guten  Ka- 
tholiken das  grösste  Aergerniss  zu  geben  und  den  Zorn  Gottes  gegen  sich  zu 
reizen.  Wir  werden  aber  durch  die  Hoffnung  aufrechterhalten,  dass  die  Regen- 
ten jener  Länder  endlich  einmal  bessere  Gesinnungen  annehmen  und  erkennen 
werden ,  das  wahre  Glück  und  die  wahre  Wohlfahrt  der  Völker  können  nicht 
ohne  unsere  Religion  und  ihre  heilsame  Lehre  und  ohne  die  gebührende  Ver- 
ehrung und  Achtung  gegen  die  ehrwürdigen  Rechte  der  Kirche  bestehen.  Zu 
deser  Hoffnung  werden  Wir  umsomehr  bewogen,  da  Wir  gehört  haben,  es  werde 
ein  Bischof  demnächst  aus  der  Verbannung  zurückberufen.  Gebe  Gott,  dass 
Unsere  Hoffnung  keine  trügerische  sei." 

In  der  Schweiz  bestehen  fünf  Bisthümer,  nämlich: 

Basel  (Solothurn), 

Chur, 

Genf  und  Lausanne, 


154     Katholische  Thätigkeit,  Schweiz.  Dänemark.  Schweden.  Türkei.  Griechenland. 

St.  Gallen  und 

Sion, 
welche  dem  heiligen  Stuhl  unmittelbar  untergeben  sind. 

Ausserdem    besteht    in    der  Schweiz   die  Erz- Abtei    (Abbatia  Nullius) 
S.  Maurice  d' Au gaune. 

Dänemark 

besitzt  ein  apostolisches  Vicariat  für  die  nördlichen  Provinzen. 

Schweden  und  Norwegen 

besitzen  ebenfalls  ein  apostolisches  Vicariat. 

In  der  Öuropäischen  Türkei 

besteht  die  kirchliche  Hierarchie  aus  den  lateinischen  Kirchenprovinzen: 
Antivari  mit  den  Suffragan-Bisthumern : 

Alessio, 

P 


Jessio,  j 
ulati,    I 


,  in  Albanien. 
Sappa, 


Scutari 

Dnrazzo  und  ]    .     „       ,.  ,  «    ,  . 

„      .  ^   m  Rumehen  und  Serbien. 

Seopia  I 

Das  Bisthum  Nicopoli  in  Bulgarien  ist  dem  heiligen  Stuhl  unmittelbar 

untergeben. 

Pernor  bestehen  apostolische  Vicariate  für 

Constantinopel  (Patriarch  für  die  Lateiner), 

Bosnie  n , 

Herzegowina, 

Moldau, 

Wallachei, 

Sophia. 

In  Griöchenland 
besteht   die   kirchliche   Hierarchie   aus   den  Kirchenprovinzen   (lateinischen 
Ritus) : 
Naxos  mit  den  Suffragan-Bisthümeni : 

Andros, 

Santorino 

Scio,  )    Königreich  Griechenland. 

Sira , 

Tine  und  Micone  , 
Corfu  mit  dem  Suffragan-Bisthume 

Cefalonia  und  Zante,  auf  den  jonischen  Inseln. 

Ausserdem  besteht  eine    apostolische  Delegation  für  Griechenland. 


Katholische  Thätigkeit.  Piemont,  155 

Italien. 
a)  Piemont. 
Unter  den  Ländern,  welche  die  Hirtensorgfalt  Pius  IX.  wegen  der  Ver- 
folgungen, welchen  die  Kirche  dort  ausgesetzt  ist,  in  einem  besonderen  Masse 
in  Anspruch  genommen  haben,  steht  Italien,  das  heisst,  Italien  unter  der  Herr- 
schaft Piemont's,  oben  an.  Abgesehen  von  den  Angriffen  der  piemontesischen 
Regierung  auf  die  Rechte  der  weltlichen  Herrschaft  des  Papstes,  von  welchen 
weiter  unten  die  Rede  sein  wird,  sah  sich  Pius  IX.  in  die  traurige  Nothwen- 
digkeit  versetzt,  vom  Jahre  1850  angefangen  nicht  weniger  als  neun  Acten- 
stücke  der  uns  vorliegenden  Acta  ganz  oder  theilweise  gegen  die  kirchenfeind- 
lichen Acte  der  piemontesischen  Regierung  zu  richten. 

Kirchenfeindliche  Gesetze. 

Zum  ersten  Male  erhob  er  seine  Stimme  gegen  Piemont  in  der  Allocution 
St  semper  antea  vom  20.  Mal  1850  wegen  der  siccardischen  Gesetze  und  wegen 
der  Verhaftung  des  Erzbischofes  von  Turin,  und  zeigte  den  Cardinälen  an,  dass 
er  sowohl  gegen  diese  Gesetze  als  gegen  die  Verhaftung  des  Erzbischofs  durch 
seinen  Cardinal-Staatssecretär  habe  reclamiren  lassen,  auch  behielt  er  sich  vor, 
in  einer  nächsten  Allocution  ausführlicher  über  die  kirchlichen  Angelegenheiten 
in  Piemont  zu  sprechen.  Dies  geschah  denn  auch  in  der  Allocution  In  consi- 
storiali  vom  1.  November  1850,  welche  ausschliesslich  den  kirchenfeindlichen 
Acten  Piemonts  gewidmet  ist.  Der  Papst  erinnert  zunächst  an  das  zwischen 
Gregor  XVI.  und  Carl  Albert  abgeschlossene  Concordat  vom  27.  März  1841, 
in  welchem  der  Papst  so  viele  Concessionen  gemacht  habe,  dass  manche  sich 
darüber  gewundert  und  die  Regierung  selbst  einige  Jahre  lang  auf  der  Insel 
Sardinien  von  diesen  weitgehenden  Concessionen  keinen  Gebrauch  gemacht  habe. 

Neue  Concordatsverhandlungen. 

Im  Jahre  1848  verlangte  die  piemontesische  Regierung  ein  neues  Con- 
cordat, dessen  Entwurf  am  14.  September  desselben  Jahres  dem  päpstlichen 
Gesandten  übergeben  wurde.  Dieser  erkannte  alsbald,  dass  es  sich  hier  um  keine 
gegenseitigen  Concessionen  handle,  da  die  piemontesische  Regierung  in  ihrem 
Entwürfe  auch  nicht  die  geringste  Verpflichtung  gegen  die  Kirche  übernahm. 
Der  päpstliche  Gesandte  reichte  nun  einen  Gegenentwurf  ein,  in  welchem  er  den 
Absichten  der  piemontesischen  Regierung  so  weit  als  möglich  entgegen  kam.  Der 
piemontesische  Bevollmächtigte  erklärte,  neue  Instructionen  einholen  zu  müssen, 
welche  wahrscheinlich  niemals  nach  Rom  gelangt  sind ;  dagegen  kam  ein  ausser- 
ordentlicher Gesandter  nach  Neapel,  welcher  unter  Anderem  auch  den  Auftrag 
hatte,  die  unterbrochenen  Unterhandlungen  über  das  Concordat  wieder  aufzu- 
nehmen. Aber  derselbe  reiste  wieder  ab,  ohne  diese  Wiederaufnahme  begonnen 
zu  haben. 


156  Katholische  Thätigkeit.    Piemont. 

Neue  kirchenfeindliche  Gesetze.  • 

und  die  Eegierung  brachte  später  bei  dem  Patronate  einen  Gesetzentwurf  über 
die  Abschaffung  der  Immunität  der  Cleriker  und  der  Kirchen  und  über  die  Ge- 
richtsbarkeit in  Betreif  des  Patronatsrechtes  ein,  sowie  über  andere  den  Eechten 
der  Kirche  widersprechende  Punkte.  Der  Papst  protestirte  sofort  gegen  diese 
Gesetze,  aber  vergebens.  Es  folgt  sodann  in  der  Allocution  die  Aufzählung  der 
einzelnen  kirchenfeindlichen  und  widerrechtlichen  Grundsätze,  welche  theils  in 
den  erwähnten  Gesetzen  enthalten  sind,  theils  bei  den  Parlamentsverhandlungen 
über  dieselben  ausgesprochen  wurden.  Insbesondere  rügt  der  Papst  den  dort 
ausgesprochenen  Grundsatz,  dass  man  Concordate  ohne  Zustimmung  des  heiligen 
Stuhles,  ja  sogar  gegen  seinen  Widerspruch  beschränken,  erklären  und  ausser 
Kraft  setzen  dürfe. 

Verfolgung  gegen  den  Clerus. 

Sodann  erzählt  die  Allocution  die  Verhaftungen  des  Erzbischofs  von  Turin 
und  eines  anderen  Bischofs  und  die  Verurtheilung  derselben  wegen  ihres 
pflichtmässigen  Auftretens  gegen  die  erwähnten  Gesetze  und  rügt  die  Anmassung 
der  weltlichen  Gewalt,  über  die  Weisungen  zu  urtheilen,  welche  die  kirchlichen 
Oberhirten  ihrem  Amte  gemäss  als  Norm  für  die  Gewissen  erlassen.  Weiter 
erzählt  die  Allocution,  wie  der  Erzbischof  von  Turin  zum  zweiten  Male  verhaftet 
wurde,  weil  er  dem  Urheber  der  siccardischen  Gesetze  die  Sterbesakramente 
verweigert  hatte,  und  wie  der  Pfarrer  aus  dem  Servitenorden  und  seine  Ordens- 
genossen aus  dem  Turiner  Kloster  gewaltsam  vertrieben  und  in  andere  Klöster 
verwiesen  wurden  ;  wie  ferner  am  25.  September  der  Turiner  Erzbischof  aus 
dem  Königreiche  verbannt  und  alle  Güter  des  Erzbisthums  mit  Beschlag  belegt 
wurden ;  wie  ein  gleiches  Schicksal  den  Erzbischof  von  Cagliari  traf,  weil  er  in 
allgemeinen  Ausdrücken,  ohne  die  Nennung  eines  Namens,  gegen  die  Verletzer 
der  bischöflichen  Immunität  die  kirchlichen  Censuren  ausgesprochen  hatte. 

K'irchenfeindliches  ünterrichtsgesetz. 

Weiter  beklagt  sich  die  Allocution  über  das  ünterrichtsgesetz  vom  4.  Oc- 
tober  1848,  welches  die  ganze  Leitung  der  öffentlichen  Schulen,  nur  die  bi- 
schöflichen Seminarien  in  einiger  Beziehung  ausgenommen,  der  Staatsgewalt 
zuweist,  und  spricht  die  Hoffnung  aus,  dass  wenigstens  bei  der  Ausführung 
dieses  Gesetzes  einige  Kücksicht  auf  die  bischöfliche  Autorität  genommen  werde; 
dann  schildert  sie  die  traurigen  Früchte,  welche  dieses  Gesetz  bereits  ge- 
tragen habe. 

Versuchte  Wiederaufnahme  der  Verhandlungen. 

Weiter  erzählt  die  Allocution,  wie  in  der  letzten  Zeit  ein  hochgestellter 
Mann  von  der  piemontesischen  Regierung  nach  Rom  gesendet  worden  sei,  um 
Unterhandlungen  über  die  kirchlichen  Angelegenheiten  mit  dem  heiligen  Stuhle 


Katholische  Thätigkeit.  Piemont.  |57 

einzuleiten  und  wie  der  Papst  ihn  nicht  einmal  zur  üeberreichung  seines  Be- 
glaubigungsschreibens empfangen  könne,  da  er  in  einer  Privataudienz  bei  dem- 
selben und  in  seinen  wiederholten  Unterredungen  mit  dem  Cardinal  -  Staats- 
secretär  behauptet  habe,  seine  Eegierung  habe  bei  Erlass  der  siccardischen 
Gesetze  nur  von  ihrem  Eechte  Gebrauch  gemacht  und  der  Clerus  und  die  Bi- 
schöfe, insbesondere  aber  der  Erzbischof  von  Turin,  tragen  allein  die  Schuld  an 
Allem,  was  später  folgte.  Den  letzteren  Prälaten  klagte  er  hauptsächlich  als 
einen  Feind  von  Euhe  und  Ordnung  an  und  erklärte,  dass  er  von  seiner  Re- 
gierung den  ganz  besonderen  Auftrag  habe,  auf  die  Versetzung  des  erwähnten 
Bischofs  in  eine  Diöcese  ausserhalb  des  Königreiches  zu  dringen.  Alle  Versuche 
zur  Verständigung  blieben  fruchtlos,  die  Regierung  brachte  zu  derselben  Zeit, 
wo  ihr  Gesandter  in  Rom -weilte,  die  gerichtlichen  Urtheile  über  die  Erzbischöfe 
von  Turin  und  Cagliari  zum  Vollzug.  Der  Papst  erklärt  sodann,  dass  er  fort- 
während bereit  sei,  wie  er  schon  vor  zwei  Jahren  bereit  war,  in  Bezug  auf 
die  geistliche  Immunität  Concessionen  zu  machen,  wenn  nur  der  Kirche  in  anderen 
Dingen  freie  Ausübung  der  Gesetze  gewährleistet  würde;  aber  er  könne  keine 
solchen  Concessionen  machen,  so  lange  er  dadurch  den  Schein  auf  sich  laden 
würde,  als  billige  er  durch  dieselben  die  kirchenfeindlichen  Acte  in  Piemont. 
Schliesslich  protestirt  der  Papst  feierlich  gegen  alle  diese  Acte  und  fordert 
Alle,  die  es  angeht,  ernstlichst  auf,  von  der  Verfolgung  der  Hirten  und  ge- 
weihten Diener  abzustehen  und  den  verursachten  Schaden  wieder  gut  zu  machen.  ^) 

Unterbrechung  der  Verhandlungen. 
In  der  Allocution  In  ApostoUcae  vom  19.  December  1853  beschäftigt 
sich  Pius  IX.  zum  dritten  Male  mit  Piemont,  indem  er  den  Cardinälen  anzeigt, 
dass  die  von  der  piemontesischen  Regierung  angestrebten  Unterhandlungen  über 
die  kirchlichen  Angelegenheiten  durch  die  Schuld  Piemonts  ruhen,  dass  er  aber 
seinen  Cardinais- Staatssecretär  beauftragt  habe,  die  Anfrage  zu  stellen,  wozu 
sich  denn  endlich  die  piemontesische  Regierung  nach  so  langem  Besinnen  ent- 
schlossen habe. 

Verminderung  der  Feiertage. 
Inzwischen  habe  er  der  Bitte  jener  Regierung  um  Verminderung  der  in 
ihrem  Lande  bestehenden  Feiertage  bereitwillig  entsprochen,  nicht  blos  mit 
Rücksicht  auf  die  Noth  der  arbeitenden  Klasse,  sondern  auch  um  ein  Beispiel 
der  Langmuth  zu  geben,  damit  jene  Regierung  sich  um  so*  eher  entschliesse, 
ihr  Unrecht  gegen  den  apostolischen  Stuhl  und  die  Kirche  wieder  gut  zu  machen. 
Sollte  diese  Erwartung   sich  nicht  erfüllen,    so  werde  es  ihn  doch  nicht  reuen, 


^)  Die  wichtigsten  Sätze  der  obigen  Allocution  sind  in  die  43.  bis  45.  Proposition 
dos  Syllabus  aufgenommen  und  einzelne  Stellen  derselben  findet  man  auf  Seite  90  und 
91  des  ersten  Hefts  und  auf  Seite  49—52  des  zweiten  Hefts  der  Broschüre  „der  Papst 
und  die  modernen  Ideen"  theils  wörtlich,  theils  im  Auszuge  mitgetheilt. 


158  Katholische  Thätigkeit.  Piemont. 

bis  an  die  äusserste  Grenze  der  Sanftmuth  und  Milde  gegangen  zu  sein;  übri- 
gens erklärte  er  inzwischen,  dass  er  keinerlei  Gesuch  annehmen  werde,  welches 
der  Würde  und  den  Rechten  des  apostolischen  Stuhles  und  dem  Vortheile.der 
Kirche  nicht  entsprechend  wäre. 

Androhungen  der  Excommunication. 
Zum  vierten  Male  beschäftigt  sich  der  Papst  mit  Piemont  in  der  Allo- 
cution  Probe  memineritis  vom  22.  Januar  1855  und  zwar  diesmal  in  hoch- 
ernster Weise.  Nachdem  er  an  die  früheren  Beschwerden  gegen  Piemont  und 
an  seine  vergeblichen  Schritte  zur  Abstellung  derselben  erinnert  hat,  beklagt 
er,  dass  erst  in  der  neuesten  Zeit  wieder  von  jener  Regierung  ein  kirchen- 
feindliches Gesetz  erlassen  wurde,  durch  welches  fast  alle  Mönchs-  und  Nonnen- 
klöster, CpUegiatkirchen  und  geistliche  Pfründen,  auch  wenn  sie  dem  Patronats- 
rechte  unterstehen,  aufgehoben  und  ihre  Güter  der  staatlichen  Verwaltung  und 
Verfügung  unterworfen  und  überwiesen  ^)  und  die  Bedingungen  festgestellt 
werden,  unter  welchen  die  nicht  aufgehobenen  Ordensgenossenschaften  fortbestehen 
dürfen.  Dann  spricht  der  Papst  seinen  tiefsten  Schmerz  über  alle  diese  Vor- 
gänge in  jenem  Königreiche  aus,  in  welchem  so  viele  ausgezeichnete  Katholiken 
leben  und  wo  insbesondere  die  Frömmigkeit,  Religiosität  und  Ehrerbietigkeit 
der  Könige  gegen  den  Stuhl  Petri  und  seine  Nachfolger  als  Muster  voran- 
leuchtete. Dann  verwirft  und  verdammt  er  wiederholt  alle  einzelnen  kirchen- 
feindlichen Acte  der  piemontesischen  Regierung  und  erinnert  die  Urheber  und 
Begünstiger  derselben,  sowie  Jene,  welche  das  zuletzt  erwähnte  Gesetz  vorge- 
schlagen, gutgeheissen  und  sanctionirt  haben,  an  die  kirchlichen  Strafen  und 
Censuren.  Dieser  AUocution,  welche  mit  einer  Belobung  der  Bischöfe  und  vieler 
ausgezeichneter  Laien  in  jenem  Königreiche  für  ihre  standhafte  Vertheidigung 
der  Rechte  der  Kirche  und  mit  einer  Ermahnung  zum  Gebete  schliesst, 

Expose  der  Verhandlungen 

ist  eine  ausführliche  Darlegung  der  ganzen  Sachlage  mit  beigefügten  Documenten 
angehängt.  Die  Zahl  dieser  Documente  beträgt  68,  unter  ihnen  befindet  sich 
ein  eigenhändiges  Schreiben  des  Papstes  an  den  König  Victor  Emanuel,  vom 
19.  September  1852,  über  die  Civilehe  ^).  Ferner  das  Bruchstück  eines  Schreibens 
des  Papstes  an  den  König,  vom  9.  November  1849  über  die 

Ausschreitungen  der  Presse, 

welches  also  lautet : 

„In  wenigen  Tagen   werde    ich    ein  Schreiben    an    alle  Bischöfe  Italiens 
richten  (die  Encyclica  Noseitis  et  nobiscum  vom  8.  December  1849).     Aber  ich 


^)  Dieser  Satz  bildet  den  Schluss  der  53.  Proposition  des  Syllabus. 
2)  Dieses  Schreiben  ist   auf  Seite   39  bis  43  des  ersten  Theiles  der  Broschüre 
,Der  Papst  und  die  modernen  Ideen''  mitgetheilt. 


Katholische  Thätigkeit.  Pieraont.  |59 

bitte  Sie,  die  Ihrigen  nacheinander  zu  sich  zu  berufen,  um  sich  mit  ihnen 
über  alles  das  zu  verständigen,  was  Ihre  Frömmigkeit  Ihnen  eingeben  mag,  um 
den  brutalen  Bestrebungen  der  Presse  und  den  Anstrengungen  einer  ungläu- 
i)igen  Propaganda  Einhalt  zu  thun,  welche  sich  in  dem  Versuche  abmüht, 
Italien  seinen  kostbarsten  Schatz,  den  Glauben,  zu  rauben.  Die  Demagogen 
gehen  unverschämt  an's  Werk,  die  Gemässigten  kreuzen  müssig  die  Arme,  die 
Regierungen  wollen  zwar  das  Gute,  aber  ohne  die  geeigneten  Mittel  dazu  an- 
zuwenden, und  warum?  Es  sei  mir  gestattet,  es  zu  sagen,  weil  sie  nicht  jene 
hohe  und  practische  Achtung  vor  der  Religion  haben,  welche  sie  doch  haben 
müssten.  Aber  sie  lassen  sich  von  Misstrauen  gegen  den  heil.  Stuhl  beherr- 
schen. Ich  habe  mit  dem  Herzen  auf  der  Zunge  gesprochen  u.  s.  w." 

Verhängung  der  grösseren  Excommunication. 

In  der  Allocution  Cum  saepe  vom  26.  Juli  1855  muss  Pius  IX.  neue 
Klage  über  die  piemontesische  Regierung  führen,  denn  trotz  der  so  ernsten 
Allocution  vom  22.  Januar  desselben  Jahres  hatte  die  Regierung  doch  das 
Gesetz  über  die  Aufhebung  fast  aller  Klöster  erlassen,  und  der  Papst  spricht 
nun,  da  er  sieht,  dass  alle  seine  Sorge,  Langmuth  und  Geduld  seit  mehr  als 
sechs  Jahren  ganz  umsonst  war  und  auch  keine  Aussicht  auf  eine  Aenderung 
sei,  die  grosse  Excommunication  über  alle  Jene  aus,  welche  das  erwähnte  Gesetz 
und  andere  Verordnungen  gegen  die  Rechte  der  Kirche  und  des  heiligen  Stuhles 
vorgeschlagen,  gutgeheissen  und  sanctionirt  haben,  sowie  gegen  alle  Auftrag- 
geber, Begünstiger,  Rathgeber,  Anhänger  und  Vollzieher  derselben.  Die  Allo- 
cution schliesst  mit  Gebet  um  Erleuchtung  der  Verirrten  und  mit  Segenswün- 
schen für  die  Bischöfe  und  den  Clerus  von  Piemont. 

Neue  Verfolgungen  gegen  die  Kirche. 

In  der  Allocution  Maximo  animo  nostri  vom  26.  September  1859  beklagt 
sich  Pius  IX.,  dass  die  piemontesische  Regierung  in  den  von  ihr  usurpirten 
päpstlichen  Gebietstheilen,  abgesehen  von  diesem  Unrecht  gegen  die  weltliche 
Herrschaft  des  Papstes,  auch  Eingriffe  in  die  geistliche  Gewalt  sich  erlaubt 
habe  durch  die  Erlassung  neuer  Gesetze  über  die  Spitäler,  Waisenhäuser  und 
andere  fromme  Anstalten  und  durch  die  Misshandlung,  Austreibung  und  Ein- 
kerkerung von  Geistlichen. 

In  der  Allocution  Omnibus  notum  vom  13.  Juni  1860  beklagt  sich 
Pius  IX.  über  den  erbitterten  Krieg,  welcher  gegen  die  katholische  Kirche  von 
der  piemontesischen  Regierung  in  den  ihrer  Herrschaft  ungerechterweise  unter- 
worfenen italienischen  Gebietstheilen  geführt  werde.  Religionsfeindliche  Schulen, 
in  welchen  eine  falsche,  der  katholischen  Kirche  widersprechende  Lehre  vorgetra- 
gen und  die  Kirche  öffentlich  bekämpft  wird,  wurden  errichtet.  In  zahllosen 
Broschüren,  Zeitungen  und  Flugschriften  mit  schändlichen  und  abscheulichen 
Abbildungen  werden  die  Geheimnisse    und  Vorschriften   der  Religion,    die  Ein- 


160  Katholische  Thätigkeit.  Piemont. 

richtungen,  Gesetze  und  Strafen  der  Kirche  verachtet  und  verspottet,  die  ge- 
weihten Diener  und  der  Statthalter  Christi  auf  Erden  beleidigt,  verleumdet  und 
beschimpft;  in  Parma  wurden  die  Benedictiner  aus  ihrem  Kloster  vertrieben 
und  alle  ihre  Güter  eingezogen.  In  Piacenza  wurde  das  Priesterseminar  ge- 
schlossen aus  Rache  gegen  den  dortigen  Bischof,  weil  er  sich  geweigert  hatte, 
den  von  der  weltlichen  Gewalt  vorgeschriebenen  Gottesdienst  zu  halten ;  der 
Bischof  selbst  wurde  verhaftet  und  nach  Turin  gebracht,  zu  Gefängniss  und 
Geldstrafen  verurtheilt.  Mit  denselben  Strafen  wurden  auch  sein  Generalvicar 
und  einige  Domherrn  von  Piacenza  belegt.  Gleiche  Verfolgung  erduldeten  meh- 
rere andere  Bischöfe,  Geistliche  und  Ordensleute,  von  denen  viele  verhaftet  und 
theils  verbannt,  theils  ins  Gefängniss  geworfen  wurden.  Der  Provicar  von  Bo- 
logna wurde  von  der  Seite  seines  sterbenden  Erzbischofs  weggerissen  und  in 
Haft  gebracht  und  hernach  mit  Geld  und  Gefängniss  gestraft,  und  nach  dem 
Tode  des  Erzbischofs  wurden  die  Güter  des  Erzbisthums  Bologna  sofort  der 
Verwaltung  des  Staates  unterworfen.  Der  Bischof  von  Paenza  wurde  von  Sol- 
daten in  seinem  Palaste  bewacht,  weil  er  schwer  erkrankt  nicht  verhaftet  wer- 
den konnte,  und  später  mit  Gefängniss  und  Geld  bestraft.  Der  Cardinal-Erz- 
bischof  von  Pisa  wurde  verhaftet  und  nach  Turin  gebracht,  und  eine  ähnliche 
Verfolgung  hatten  der  Cardinal-Erzbischof  von  Ferrara  und  der  Cardinal-Bischof 
von  Forli  zu  erdulden.  In  Sicilien  wurden  zwei  religiöse  Orden  aufgehoben  und 
ihre  Zöglinge  in  die  Verbannung  getrieben.  In  den  usurpirten  päpstlichen  Pro- 
vinzen sind  mehrere  Diöcesen  ihrer  Hirten  beraubt,  weil  die  unrechtmässige 
Regierung  sie  von  denselben  ferne  hielt. 

Andere  Verfolgungen  ähnlicher  Art  musste  Pius  IX.  in  der  Allocution 
Muttis  gravibusque  vom  17.  December  1860  beklagen.  In  Umbrien  wurde  ein 
Decret  erlassen,  welches  fast  alle  religiösen  Orden  aus  ihren  Klöstern  vertreibt, 
die  Collegialcapitel  abschafft,  die  einfachen  Pfründen  jeder  Art  und  die  frommen 
Bruderschaften  aufhebt  und  ihre  Güter  einzieht.  Der  Erzbischof  von  Urbino 
wurde  verhaftet,  der  Cardinal-Bischof  von  Fermo  wurde  verbannt  und  ihm  jeder 
Verkehr  mit  seiner  Heerde  verwehrt ;  mehrere  Bischöfe  und  Priester  im  König- 
reiche Neapel  eingekerkert  oder  zur  Flucht  gezwungen  ;  in  mehreren  Städten 
Italiens  protestantische  Tempel  eröffnet  und  öffentliche  Schulen  gegründet,  in 
welchen  zum  Verderben  der  katholischen  Kirche  allerlei  verkehrte  Lehren  vor- 
getragen werden.  In  ümbrien  wurde  ein  Decret  veröffentlicht,  durch  welches 
die  Ehe  an  besondere  Civil  Vorschriften  gebunden  und  der  kirchlichen  Gewalt 
fast  gänzlich  entzogen  wird.  Alle  diese  Acte  werden  vom  Papste  verdammt, 
verworfen  und  für  Null  und  nichtig  erklärt. 

In  der  Allocution  Meminit  unusquisque  vom  30.  September  1861  endlich 
setzt  Pius  IX.  seine  nur  zu  wohl  begründeten  Klagen  über  die  Gewaltthaten 
der  piemontesischen  Regierung  fort.  Der  Cardinal-Erzbischof  von  Neapel  wurde 
verhaftet  und  aus  seinem  Bisthum  vertrieben.  Dasselbe  Schicksal  wiederfuhr 
anderen  Bischöfen,  die  Geistlichen  werden  auf  die  verschiedenste  Weise  verfolgt. 


Katholische  Thätigkeit.  Piemont.  ~  161 

die  religiösen  Orden  werden  aufgehoben  und  aus  ihren  Klöstern  vertrieben,  die 
gottgeweihten  Jungfrauen  müssen  ihr  Brot  erbetteln,  die  Tempel  G-ottes  werden 
ausgeplündert,  entweiht  und  in  Räuberhöhlen  verwandelt,  die  geweihten  Güter 
werden  eingezogen,  die  kirchliche  Gewalt  und  Jurisdiction  verletzt  und  usurpirt 
und  die  Gesetze  der  Kirche  verachtet  und  mit  Füssen  getreten.  Auch  der  Scha- 
den, welchen  eine  zügellose  und  schamlose  Presse  der  Eeligion  und  der  Moral 
zufügt,  wird  vom  Papst  in  dieser  Allocution  wiederholt  beklagt. 

Mit  der  letzterwähnten  Allocution  schliesst  vorläufig  die  Reihe  der   gegen 
die  Gewaltthaten  Piemonts   in  Bezug   auf  die    Kirche   gerichteten  Actenstücke. 

Di^   kirchliche   Hierarchie   in   Piemont   mit    der   Insel    Sardinien 
und  der  Lombardei  besteht  aus  folgenden  Kirchenprovinzen: 
Genua  mit  den  Suffragan-Bisthümern : 

Albenga, 

Bobbio, 

Brugnato, 

Savona  und  Noli, 

Tortona,  ' 

Ventimiglia; 
Mailand  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Bergamo, 

Brescia, 

Como, 

Crema, 

Cremona, 

Lodi, 

Mantua, 

Pavia; 
Turin  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Acqui, 

Alba, 

Aosta, 

Asti, 

Cuneo, 

Fossano, 

Ivrea, 

Mondovi, 

Pinerolo, 

Saluzzo, 

Susa; 
Vercelli  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Alessandria, 

Biella, 

Pias  IX.  als  Papst  und  als  König.  11 


162  Katholische  Thätigkeit.   Italien. 

Casale, 

Novara, 

Vigevano; 
Cagliari  mit  den  Suifragan-Bisthümern : 

Galtelli  Nuovo, 

Iglesias, 

Ogliastra; 
Oristano  mit  den  Suffragan-Bisthümern : 

Ares  und  Terralba; 
Sassari  mit  den  Suffragan-Bistkümem : 

Alghero, 

Bisarchio, 

Bosa, 

Ampuriase, 

Tempio  oder  Ca  stell  aragonese. 
Dem  heiligen  Stuhle  unmittelbar  untergeben  ist  das  Bisthum: 

Luni-Sarzana. 

b)  Toscana. 
Uebereinkunft  über  kirchliche  Angelegenheiten. 

Mit  dem  Grossherzogthum  Toscana,  d.  h.  mit  den  kirchlichen  Angelegen- 
heiten desselben,  beschäftigen  sich  die  Acta  nur  einmal  in  der  Allocution 
Quibus  luctuosissimis  vom  5.  September  1851,  wo  der  Papst  erwähnt,  dass 
er  mit  dem  Grossherzog  Leopold  II.  bis  zum  Abschluss  eines  Concordats, 
welchem  bald  entgegengesehen  werden  dürfte,  eine  vorläufige  Uebereinkunft 
über  einige  Punkte  getroffen  habe,  worin  unter  Anderem  festgesetzt  wurde, 
dass  die  Bischöfe  volle  Freiheit  in  der  Ausübung  ihres  heiligen  Amtes  haben, 
gegen  Bücher  und  Schriften,  welche  über  religiöse  Dinge  handeln,  ihre  Censur 
ausüben,  die  Gläubigen  vom  Lesen  irreligiöser  und  unmoralischer  Bücher  ab- 
halten und  mit  dem  heiligen  Stuhle  frei  verkehren  dürfen  und  dass  alle  geist- 
lichen und  kirchlichen  Sachen  vor  das  kirchliche  Gericht  gehören  sollen.  Dann 
spricht  der  Papst  seine  Freude  aus ,  dass  der  Grossherzog  seine  Hilfe  und 
seinen  Beistand  zum  Schutze  der  Religion  und  des  Gottesdienstes  und  zur 
Pflege  der  öffentlichen  Sittlichkeit  verheissen  hat. 

Die    kirchliche  Hierarchie  in  Toscana  besteht  aus  den   Kirchenpro- 
vinzen : 
Florenz    mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Colle, 

Fiesole, 

Modigliana, 

Pistoja, 

P  r  a  1 0 , 


Katholische  Thätigkeit.  Mittelitalien.  163 

S.  Miniato, 

S.  Sepolcro  ; 
Pisa   mit  den  Suffragan-Bisthümern  : 

Livorno, 

P  e  s  c  i  a , 

Pontremoli, 

Volterra; 
Siena  mit  den  Suflfragan-Bisthümern : 

C  h  i  u  s  a  und  P  i  e  n  z  a  , 

Grrosseto, 

Mas  sa  Maritt  im  a, 

Sovana  und  Pitigliano. 
Dem  heiligen  Stuhl  unmittelbar  unterworfen  sind  : 
das  Erzbisthum  Lucca   und  die  Bisthümer : 

Ar  ezzo,  ^ 

Cortona , 

Montälcino, 

Monte  pulciano.  i 

c)  In  Modena 

besteht  die  kirchliche  Hierarchie  aus  der  einzigen  Kirchenprovinz : 
Modena  mit  den  Suffragan-Bisthümern : 

Carp  i , 

Guastalla, 

Massa  di  C  arrara, 

Reggio. 
Ausserdem  besteht  in  Modena  die  Erzabtei  Nonantola. 

d)  In  Parma 

sind  die  Bisthümer: 

Borgo    S.   Donnino, 
Parma, 
Piacenza,  und 

•  e)  auf  der  Insel  Malta 

die  Bisthümer 

Malta,  mit  dem  Titel:  Erzbischof  von  Rodi,  und 
Gozo  dem  heiligen  Stuhle  unmittelbar  untergeben. 

f)  Neapel  und  Sicilien. 

Den  kirchlichen  Angelegenheiten  des   Königreichs    beider   Sicilien  sind 
drei  Actenstücke  gewidmet. 

11* 


|ß4  Katliolische  Thätigkeit.    Neapel  und  Sicilieu, 

1)  Die  Privilegien  des  Judex  Monarchiae. 
Durch  das  Breve  Peculiarihus  vom  2iS.  Januar  1856  werden  die  cano- 
nischen Befugnisse,  welche  Benedict  XIII.  dem  Judex  monarcMae  und  seinem 
Gerichtshofe  für  das  Königreich  Sicilien  jenseits  des  Pharus  verliehen,  be- 
stätigt und  neue  Zugeständnisse  in  Bezug  auf  Dispense  in  Ehesachen  und  in 
Bezug  auf  die  Nichtigkeitserklärung  von  Ordensgelübten  ertheilt. 

2)  Ermahnungen  an  den  Episcopat. 

In  der  Encyclica  Cum  nuper  vom  20.  Januar  1858  wird  der  Episcopat 
des  Königreiches  beider  Sicilien  ermahnt,  auf  die  rechte  Erziehung  der 
Jugend  und  insbesondere  auf  die  Bildung  des  Clerus  sorgfältig  bedacht  zu 
sein,  bei  der  Ertheilung  der  Priesterweihe  die  nöthige  Vorsicht  zu  beob- 
achten, verderbliche  Bücher  ferne  zu  halten,  die  Pfarrer  und  die  Ordens- 
leute zur  treuen  Erfüllung  ihrer  Ordenspflichten  anzuhalten,  über  die  vor  ihre 
Gerichtshöfe  gehörigen  geistlichen  Angelegenheiten  zu  erkennen  und  abzu- 
urtheilen  und  Provinzialconcilien  zu  feiern. 

3)  Errichtung  einer  Cathedralkirche. 

Endlich  bezieht  sich  noch  die  Bulle  ImperscrutabiU  vom  22.  April  1860 
auf  eine  kirchliche  Angelegenheit  des  Königreichs  beider  Sicilien.  Durch 
diese  Bulle  wird  die  Cathedralkirche  von  Barletta  errichtet,  welche  mit  der 
Cathedralkirche  von  Trani  vereinigt  ward. 

Im  Königreich  be  ider  Sici  li  en  besteht  die   kirchliche  Hierarchie 
aus  folgenden  Kirchenprovinzen : 
Acerenza  und  Matera  mit  den  Suffragan-Bisthümern : 

A  n  g  1  0  n  a  und  T  u  r  s  i , 

Tricarico, 

Yenosa; 
Bari  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Conversano, 

Bitonto  und  Ruvo ; 
Benevent  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Alife, 

Ariane,. 

A s  c 0 1  i  und  Cirignola, 

Avelli  n  o , 

Boiano , 

Bovin  0, 

Cerretto  (Telese), 

Larino, 

Lucera, 

S.  Agata  dei  Goti, 


Katholische  Thätigkeit,    Neapel  und  Sicilien.  165 


S.  Severo, 

T  e  r  m  0 1  i ; 
Brindisi   mit  dem  Suffragan-Bisthume : 

0  s  t  u  n  i; 
Capua  mit   den  Suffragan-Bisthümern : 

Cajazzo, 

C  alci  und  Teano  , 

Caserta, 

Isernia   und  Venafro, 

Sessa; 
Chieti  mit  dem  Suffragan-Bisthume: 

Vast  o; 
Conza  mit  den  Suffragan-Bisthümern : 

Campagna, 

Lacedonia, 

M  u  r  0 , 

S.  Angelo  dei  Lombardi  und  Bisaccia; 
Laneiano  mit  dem  Suffragan-Bisthume: 

Ortona; 
Manfredonia  mit  dem  Suffragan-Bisthume: 

Viesti; 
Neapel  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Acerra, 

Ischia, 

Nola, 

Pozzuoli; 
Otranto  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Gallipol  li, 

Lecce, 

Ugento; 
Reggio  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Bova, 

Cassano, 

Catanzaro, 

Cotron  e, 

Gerace, 

Nicastro, 

Oppido, 

Sqailla  ce, 

Nicotera  und  Tropea; 
Salerno  mit  den  Suffragan-Bisthtimern  : 

Acerno, 


166  Katholische  Thätigkeit.    Neapel  und  Sicilien. 

Cappacio, 

Vallo, 

D  iano, 

Marsico, 

No  cera  d  ei  Pagani, 

Policastro ; 
S.  Severino    mit  dem  Suffragan-Bisthume : 

Cariati; 
Sorrento    mit  dem  Suffragan-Bisthume : 

Castellamare; 
Trani,  Nazareth  und  Barletta    mit  den  Suffragan-Bisthümern : 

A  n  d  r  i  a , 

Bisceglia; 
Taranto  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Castellaneta, 

Oria  und  Uritana; 
Messina  mit  den  Suffragan-Bisthümer : 

Lipari, 

Nicosia, 

Patti; 
Monreale  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Caltanisetta, 

Girgenti; 
Palermo  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Cefalü, 

Mazzara, 

Trapani; 
Siracusa  mit  den  Suffragan-Bisthümern: 

Caltagirone, 

Noto, 

Piazza. 
Dem  heiligen  Stuhle    unmittelbar   unterworfen  sind   im  Königreiche  beider 
Sicilien  die 

Erzbisthümer:  Amalfi,  Cosenza,  Gaeta,  RoSsano  und  Catania  und  die 
Bisthümer:  Aquila,  Aquino,  Sora  und  Pontecorvo ,  Atri  und  Penne, 

Aversa,    Foggia,    Gravina  und   Montepeloso,    Marsi,   Mar- 
sico Nuovo  und  Potenza,   Melfi   und  Rapolla,    Mileto,  Mol- 

fetta,  Terlizzi  und  Giovinazzo,  Monopoli,  Nardo,  S.Marco 

und  Bisignano,  Sarno  und  Cava,    Teramo,  Trivento,  Troi  a, 

Valve   und  Sulmona,  Aci-reale. 
Ausserdem   gibt    es  im  Königreiche  beider   Sicilien  folgende    dem  heiligen 
Stuhle  unmittelbar  untergebene  Prälaturen  : 


Katholische   Thätigkeit.  Kirchenstaat.  167 

die  Archiprälatur:  Altamura  und  Acquaviva, 

die  Prälatur:  S.  L  ucia, 

die  Erzabtei:  Monte  Cassino  , 

die  Erzabtei:  Monte  Yergini, 

das  Archiraandriat :  S.  Salvatore    di  Messina, 

die  Erzabtei:    SSm.  Trinita   della  Cava. 

g)  Kirchenstaat. 

1)  Das  CoUegium  Sixtinum. 

Durch  die  Constitution  Decet  Romanum  Pontificem  vom  23.  Juni  1853 
wurde  das  Collegium  Sixtinum,  welches  von  Sixtus  V.  an  der  Kapelle  Ad 
Sancta  sanctorum  gegründet  worden  war  und  dessen  Einkünfte  sich  in  dem 
Laufe  der  Zeit  so  geschmälert  hatten,  dass  die  Obhut  der  Scalae  sanctae 
nur  noch  einigen  Laieneremiten  anvertraut  werden  konnte,  für  ewige  Zeiten 
unterdrückt  und  aus  den  Einkünften  desselben  ein  jährlicher  Fond  von 
100  Scudi  gegründet  zur  Errichtung  einer  Caplauei,  welcher  die  Obhut  der 
erwähnten  Heiligthümer  übertragen  wurde.  Später  wurde  die  Obhut  dieser 
Heiligthümer  der  Congregation  der  unbeschuhten  Cleriker  vom  Kreuz  und 
Leiden  Jesu  Christi  übertragen. 

2)  Das  Seminarium  Pianum. 

Durch  die  Bulle  vom  28.  Juni  1853  Cum  romani  wurde  das  Semina- 
rium Pianum  gegründet  zur  Erziehung  von  Clerikern  aus  allen  Diöcesen  des 
Kirchenstaates  und  durch  die  Bulle  Ad  joiam  doctamque  vom  3.  October 
desselben  Jahres  die    Studienordnung    in   dem    erwähnten   Seminar  bestätigt. 

3)  Gründung  eines  Gymnasiums  in  Sinigaglia. 
Durch  die  Bulle  SenegolUae  Urbis  vom  30.  August  1853  gründete  Pius  IX. 
ein  Gymnasium  in  Sinigaglia  und  übergab  es  den  Jesuiten. 

4)   Gründung  von  Pfarreien  in  Sinigaglia. 
Durch  die  im  Jahre  1857  veröffentlichte  Bulle  vom  8.  März  1851  wurden 
in  der  Stadt  Sinigaglia  neue  Pfarreien  gegründet. 

Die   kirchliche   Hierarchie   im  Kirchenstaate  besteht  aus  den 
Kircheuprovinzen : 
Bologna  mit  den  Suffragan-Bisthtimern :  ' 

Faenza, 

Imola; 
Ferino  mit  den  Suffragan-Bisthümern : 

Macerata  und  Tolentino, 

Montaldo, 

Ripatransone, 

S.  Severino; 


168  Katholische  Thätigkeit.   Kirchenstaat. 

Ravenna  mit  den  Suffragan-Bisthümern : 

Bertinoro, 

Cervia, 

Cesena, 

Comacchio, 

Forli,    ' 

Rimini, 

Yarsina; 
Urbino  mit  den  Suffragan-Bisthümern : 

Cagli  und  Pergola^ 

Fossombrone, 

Montefeltro, 

Pesaro, 

Sinigaglia, 

Urbania  und  S.  Angelo  in  Vado. 
Dem  heiligen  Stuhle  unmittelbar  unterworfen  sind  die 
Erzbisthflmer:  Camerino,  Ferrara,  Spoleto  und  die 
Bisthttmer:  Acquapendente,    Alatri,    Amelia,     Anagni,     Ancona 

und  Umana,   Ascoli,  Assisi,   Bagnorea,   Cittä  di   Castello, 

Civita   Castellana,    Orte   und   Gallese,    Cittä   della    Pieve, 

Corneto  und  Civitavecchia,    Fabriano  und  Matelica,   Fano, 

Ferentino,  Foligno,  Gubbio,  Jesi,  Montefiascone,  Narni, 

Nocera,     Norcia,    Orvieto,    Osimo    und    Cingoli,    Perugia, 

Poggio  Mirteto,   Pontecorvo,   Eecanati  und  Loreto,  Rieti, 

Segni,  Sutri  und  Nepi,  Terracina,  Pipern o  und  Sezze,  Terni, 

Tivoli,  Todi,  Treia,  Viterbo  und  Toscanella. 
Ausserdem  bestehen  folgende  dem  heiligen  Stuhle  unmittelbar  unterworfene 
Erzabteien:    S.  Martino   al   monte    Cimino,    S.  Paola   fuori  le  mura 

di   Roma,     Subiaco,     SS.   Vicenzo     ed    Anastasio   alle   Tre 

Fontane. 


m 
I 


Die  Wirksamkeit  Pius  IX. 
für  die  orientalische  Kirche. 


Eine  besondere  Aufmerksamkeit  und  Fürsorge  hat  Pius  IX.  auch  den 
Angelegenheiten  der  Kirchen  des  orientalischen  Ritus  zugewendet,  wie  dies 
eine  Reihe  von  Documenten  in  der  uns  vorliegenden  Acta  bezeigt.  Obenan 
stehen  in  dieser  Beziehung  die 

Litterae   ad  Orientales 
(In  suprema  Petri  vom  6.  Januar  1848), 

worin  Pius  IX.  die  von  der  Kirche  getrennten  Bekenner  des  orientalischen 
Ritus  liebevoll  zur  Rückkehr  in  den  Schooss  der  Kirche  ermuntert  und  die 
mit  der  Kirche  vereinten  Katholiken  des  orientalischen  Ritus  zum  treuen  Fest- 
halten an  der  Union  ermahnt.  Dieses  herrliche  apostolische  Schreiben  beginnt 
mit  den  Worten: 

In  Suprema  Petri  Apostoli  Sede,  meritis  licet  imparibus,  disponente  Domino 
constituti  et  sollicitudine  onerati  omnium  Ecclesiarum,  respeximus  inde  ab  exordio 
Pontificatus  Nostri  in  diversas  Orientis  acfinitimarum  Regionum  Nationes  Christianas 
cujuscumque  ritits,  quae  non  uno  quidem  ex  capite  peculiarem  a  Nohis  curam  exr 
poscere  videbantur.  In  Oriente  enim  Unigenitus  Dei  Filius  propter  nos  homines 
Homo  /actus  apparuit,  et  per  vitam,  mortem  et  resurrectionem  suam  opus  humanae 
Redemptionis  perßcere  dignatus  est.  In  Oriente  a  divino  eodem  Redemptore,  ac 
subinde  ab  ejus  Discipulis  praedicatum  initio  est  Evangelium  lucis  et  pacis ;  et 
quamplurimae  inclaruerunt  Ecclesiae  Apostolorum,  qui  illas  instituerant,  nomine 
insiynes.  Sed  insequenti  etiam  tempore  et  longo  plurium  saeculorum  intervallo  floruere 
in  Orientalibus  Nationibus  Episcopi,  Martyres,  aliique  sanctüate  ac  doctrina  prae- 
stantissimi  viri,  quos  inter  communi  totius  Orbis  praeconio  celebrantur  Ignatius  An- 
tiochenus,  Polycarpus  ßmyrnensis,  Gregorius  Neocaesareensis,    ejusdem  nominis  Nys- 


170  Katholische  Thätigkeit.  Orientalische  Kirche. 

senus  ac  Nazianzenus,  Aihanasius  Älexandrinus,  Basüius  Caesar ensia,  Joannes 
Chrysostomus,  bini  Cyrilli,  Hierosolymarius  et  Älexandrinus,  Gregorius  Armenus, 
Ephraemus  Syrus,  Joannes  Dama^cenus,  nee  non  Slavorum  Apostoli  Cyrillus,  et 
Methodius:  ut  taceamtis  porro  de  caetris  prope  innumeris,  qui  efftiso  similiter  pro 
Christo  sanguine,  aut  sapientibus  scriptis,  eximiaeque  virtutis  operibus  nomina  sua 
perenni  item  posteritatis  memoriae  commendarunt.  Pertinent  quoque  ad  Orientis 
laudem  frequentissimi  Episcoporum  Conventus,  praesertim  vero  Oecumenica  vetustiora 
Concilia  ibidem  celebrata,  in  quibus  Romano  Pontifice  praeeunte  Catholica  fides 
contra  illius  aetatis  novatores  vindicata  fuit  solemnique  judicio  roborata.  Denique 
posteriori  etiam  aevo,  quamvis  haud  exigua  Christianorum  Orientalium  pars  a 
communione  Sanctae  hujvs  Sedis,  atque  adeo  a  Catholicae  Ecclesiae  unitate  reces- 
sisset  et  in  Oriente  ipso  rerum  summam  obtinuerint  gentes  a  Christiana  Religione 
alienare,  nunquam  tarnen  defuere  illic  homines  bene  multi,  qui,  divinae  gratiae  auxilio 
freti,  suam  vera  Fide  et  Catholica  unitate  constantiam  inter  multiplices  calamitates 
et  diuturna  eorum  praesertim  temporum  pericula  comprobarunt. 

.,Auf  dem  höchsten  Stuhle  des  Apostels  Petrus,  obwohl  ohne  Unser 
Verdienst  durch  die  Fügung  des  Herrn  sitzend,  und  mit  der  Fürsorge  der 
Kirche  belastet,  richteten  Wir  Unseren  Blick  schon  im  Anfang  Unseres  Pon- 
tificats  auf  die  verschiedenen  christlichen  Nationen  des  Orients  und  der  an- 
grenzenden Reiche  jedes  Ritus,  welche  aus  mehr  als  einem  Grunde  Unsere 
besondere  l^ürsorge  zu  erheischen  schienen,  denn  im  Orient  ist  der  wegen 
uns  Mensch  gewordene  eingeborne  Sohn  Gottes  erschienen  und  hat  sich  ge- 
würdigt, durch  sein  Leben,  durch  seinen  Tod  und  seine  Auferstehung  das 
Werk  der  menschlichen  Erlösung  zu  vollenden.  Im  Orient  wurde  von  dem- 
selben göttlichen  Erlöser  und  später  von  seinen  Jüngern  das  Evangelium  des 
Lichtes  und  des  Friedens  zuerst  gepredigt,  und  viele  Kirchen  der  Apostel, 
welche  dieselben  stifteten,  verherrlichten  ihn  durch  ihren  berühmten  Namen. 
Aber  auch  in  der  Folgezeit  und  während  des  langen  Zeitraumes  mehrerer 
Jahrhunderte  blühten  unter  den  orientalischen  Nationen  Bischöfe,  Märtyrer 
und  andere  durch  Heiligkeit  und  Gelehrsamkeit  hervorragende  Männer,  unter 
welchen  Ignatius  von  Antiochia,  Polycarp  von  Smyrna,  Gregor  von  Neo- 
Caesarea,  Gregor  von  Nyssa  und  Gregor  von  Nazianz,  Athanasius  von 
Alexandrien,  Basilius  von  Caesarea,  Johannes  Chrisostomus,  die  beiden  Cyrillus 
von  Jerusalem  und  Alexandrien,  Gregor  der  Armenier,  Ephraem  der  Syrier, 
Johannes  von  Damascus  und  die  Slavenapostel  Cyrillus  und  Methodius  von 
der  ganzen  Welt  gepriesen  und  verherrlicht  werden,  von  den  beinahe  zahllosen 
anderen  zu  schweigen,  welche  in  ähnlicher  Weise  für  Christus  ihr  Blut  ver- 
gossen oder  durch  weise  Schriften  und  durch  ausgezeichnete  Tugendwerke 
ihre  Namen  dem  unvergänglichen  Andenken  der  Nachwelt  überliefert  haben. 
Zum  Lobe  des  Orients  gereichen  auch  die  sehr  häufigen  Zusammenkünfte  der 
Bischöfe,  besonders  aber  die  gefeierten  öcumenischen  Concilien,  auf  welchen 
unter  dem  Vorsitze  des  römischen  Papstes  der  katholische  Glaube  gegen  die 


Katholische  Thätigkeit.  Orientalische  Kirche,  171 

Neuerer  jener  Zeit  vertheidigt  und  durch  ein  feierliches  ürtheil  bekräftigt 
wurde.  Endlich  fehlte  es  auch  in  späteren  Zeiten,  obwohl  kein  geringer  Theil 
der  orientalischen  Christen  von  der  Gemeinschaft  mit  diesem  heiligen  Stuhle 
und  damit  auch  von  der  Einheit  der  katholischen  Kirche  sich  trennte  und 
im  Orient  selbst  Völker,  welche  der  christlichen  Religion  fremd  sind,  die 
Oberhand  erhielten,  doch  daselbst  niemals  an  Männern,  welche,  durch  die  Hilfe 
der  göttlichen  Gnade  gestützt,  ihre  Standhaftigkeit  im  wahren  Glauben  und 
in  der  katholischen  Einheit  unter  vielfachen  Leiden  und  fortwährenden  Ge- 
fahren besonders  in  diesen  Zeiten  bewiesen  haben." 

Dann  erinnert  der  Papst  an  viele  Patriarchen,  Primaten,  Erzbischöfe 
und  Bischöfe,  welche  sich  grosse  Verdienste  um  die  Aufrechthaltung  der  ka- 
tholischen Einheit  erworben  haben,  und  richtet  hierauf  seine  Worte  zunächst 
an  die  katholischen  Bischöfe,  Geistlichen  und  Laien,  welche  in  der  Gemein- 
schaft des  geistlichen  Stuhles  verblieben  oder  später  zu  derselben  zurück- 
gekehrt sind.  Obwohl  er  an  mehrere  derselben  schon  bald  nach  seiner  Thron- 
besteigung in  Beantwortung  ihrer  Gratulationsschreiben  geschrieben  und  die 
Encyclica  vom  9.  November  1846,  wie  an  alle  Bischöfe  der  Welt,  so  auch 
an  sie  gerichtet  hatte 

(Mission  an  den  ottomanischen  Hof  und  an  die 
orientalischen   Kirchen), 

will  er  doch  die  Gelegenheit  der  Sendung  des  Erzbischofs  von  Sida, 
Inocenz  Ferrieri,  als  Gesandten  nach  Constantinopel  zum  ottomanischen  Hofe 
benützen,  um  diesen  besonderen  Brief  an  die  Orientalen  zu  schreiben  und 
ihnen  mitzutheilen ,  dass  dieser  Gesandte  beauftragt  ist,  die  orientalischen 
Katholiken  dem  Sultan  auf  das  Wärmste  zu  empfehlen  und  nicht  nur  den  in 
Constantinopel  anwesenden  Bischöfen  und  Vornehmen  der  orientalischen  Na- 
tionen die  Versicherung  der  besonderen  Liebe  des  Papstes  gegen  sie  zu  über- 
bringen, sondern  bei  seiner  Rückreise  gelegentlich  auch  andere  Orte  im  Orient 
im  Namen  des  Papstes  zu  besuchen  und  zu  begrtissen  und  ihnen  dieses  apo- 
stolische Schreiben  zu  übergeben,  aus  welchem  sie  ersehen  mögen,  dass  ihm 
nichts  mehr  am  Herzen  liege,  als  um  sie  und  um  den  Zustand  der  katholi- 
schen Religion  bei  ihnen  sich  Verdienste  zu  erwerben.  Der  Papst  bietet  ihnen 
dann  seinen  Beistand  an  zur  geeigneten  Ordnung  einiger  unerledigter  Punkte 
in  Bezug  auf  die  geistliche  Regierung  ihrer  Nation  und  verspricht  ihnen  ins- 
besondere 

die  unveränderte  Aufrechthaltung  ihrer  Liturgien, 

vor  denen  er  eine  hohe  Achtung  habe,  obwohl  sie  in  einigen  Punkten  von 
der  Liturgie  der  lateinischen  Kirche  abweichen.  Diese  Liturgien  seien  schon 
bei  seinen  Vorgängern  in  hohem  Ansehen  gestanden,  denn  sie  empfehlen  sich 
durch  das  ehrwürdige  Alterthum  ihres  Ursprungs    und    sind  in  Sprachen  ge- 


172  Katholische  Thätigkeit.  Orientalische  Kirche. 

schrieben,  welche  die  heiligen  Väter  und  Apostel  gebrauchten,  und  enthalten 
herrliche  und  prächtige  Ceremonien,  durch  welche  die  fromme  Ehrfurcht  der 
Gläubigen  gegen  die  göttlichen  Geheimnisse  genährt  wird.  Pius  IX.  erinnert 
dann  an  die  verschiedenen  Documenta  seiner  Vorgänger,  welche  diese  ihre 
Achtungen  vor  den  orientalischen  Liturgien  beweisen,  sowie  daran,  dass  die 
orientalischen  Priester,  wenn  sie  in  das  Abendland  kommen,  nicht  nur  in  den 
lateinischen  Kirchen  nach  dem  Ritus  ihrer  eigenen  Nation  celebriren  können, 
sojidern  dass  auch  an  verschiedenen  Orten,  namentlich  zu  Rom,  eigene  Kir- 
chen zu  ihrem  Gebrauche  erbaut  sind,  dass  es  auch  nicht  an  Klöstern  des 
orientalischen  Ritus  und  an  Häusern  zur  Aufnahme  der  Orientalen  noch 
an  Collegien  zur  Erziehung  der  Söhne  der  Orientalen  und  zur  Heranbildung 
der  Geistlichen  gefehlt  habe.  Obwohl  einige  dieser  Anstalten  durch  die  Un- 
gunst der  neueren  Zeit  untergegangen,  bestehen  und  bltihen  einige  derselben 
heute  noch. 

Weiter  erinnert  der  Papst  an  die  Congregation  Propoganda  fide,  welche 
hauptsächlich  die  Bedürfnisse  der  Orientalen  in's  Auge  fasst  und  an  die  neue 
Gründung  eines  Vereines  zur  Pflege  und  Beförderung  der  katholischen  Kirche 
bei  den  Orientalen. 

Ermahnungen  an  die  Bischöfe. 

Dann  wendet  sich  der  Papst  speciell  an  die  Bischöfe  und  geistlichen 
Vorsteher  jeden  Ranges  und  ermahnt  sie  zur  treuen  Pflichterfüllung  und  zur 
Erbauung  ihrer  Heerde  durch  Wort  und  Beispiel. 

Ermahnungen  an  die  Priester. 

Gleiche  Ermahnungen  werden  an  die  Priester  und  insbesondere  an  die 
Seelsorger  gerichtet.  Hauptsächlich  empfiehlt  der  Papst,  die  Zierde  des  Hauses 
Gottes  zu  lieben,  die  Frömmigkeit  des  Volkes  zu  nähren,  das  Heilige  heilig 
zu  verwalten  und  insbesondere  die  Unterweisung  der  Kinder  in  der  christlichen 
Lehre  sich  angelegen  sein  zu  lassen.  Auch  mögen  sie  besonders  eifrig  dafür 
sorgen,  dass  alle  Gläubigen  die  Einheit  des  Geeistes  im  Bunde  des  Friedens  be- 
wahren und  Gott  dafür  danken,  dass  sie  in  der  katholischen  Einheit  der  Einen 
Kirche  Christi  geblieben  oder  zu  derselben  später  zurückgekehrt  sind,  während 
viele  von  ihren  Landsleuten  noch  ausserhalb  des  Schafstalles  Christi  irren. 

Aufforderung  an  die  Getrennten. 

Dann  wendet  sich  der  Papst  mit  einer  herrlichen  Anrede  an  die  von  der 
Kirche  getrennten  Orientalen  und  beweist  ihnen  die  Einheit  der  Kirche  und 
den  Primat  des  Papstes,  hauptsächlich  aus  den  orientalischen  Kirchenvätern. 
Wir  werden  auf  diesen  Theil  des  apostolischen  Schreibens  weiter  unten,  wo 
von  der  Thätigkeit  Pius  IX.  in   der  Bestätigung,  der  Glaubenslehren   die  Rede 


Katholische  Thätigkeit.  Orientalische  Kirche.  173 

ist,    näher   eingehen.     Nachdem   der   Papst   seine  Beweisführung   beendigt   hat, 
fährt  er  fort  : 

Juxta  haec  hortamur  Vos  atque  ohtestamur,  ut  ahsque  ulteriori  mora  redeatis 
ad  communionem  Sanctae  hujus  Petri  Sedis,  in  qua  verae  Christae  Ecclesiae  fun- 
damentum  esse,  et  Majorum  vestrorum  aliorumque  veterum  Fatrum  traditio,  et 
quae  antea  commemoravimus  Christi  Domini  verba  in  Sanctis  Evangeliis  relata 
demonstrant.  Nee  enim  fieri  unquam  poterit ,  ut  in  Unius  Sanctae  Catholicae  et 
Apostolicae  Ecclesiae  communione  sint,  qui  divulsi  esse  voluerint  a  soliditate  petrae, 
super  quam  Ecclesia  ipsa  divinitus  aedificata  est  Ac  nulla  sane  ratio  est,  qua 
Vos  ab  hoc  ad  veram  Ecclesiam,  Sanctaeque  hujus  Sedis  communionem  reditu  ex- 
cusare  valeatis.  Nostis  enim,  in  rebus  ad  divinae  religionis  professionem  spectan- 
tibus  nihil  esse  tam  durum,  quod  pro  Christi  gloria,  aeternaeque  vitae  retributione 
non  Sit  perferendum.  At  vero  ad  Nos  quod  attinet  testamur  et  conßrmamus,  nihil 
Nobis  antiquius  esse,  quam  ut  Vos  ad  communionem  nostram  redeuntes  nedum 
riulla,  quae  durior  videri  possit,  praescriptione  affligamus,  sed  ex  consfanti  Sanctae 
hujus  Sedis  instituto  peramanter  et  paterna  prorsus  benignitate  excipiamus.  Itaque 
non  aliud  Vobis  imponimus  oneris,  quam  haec  necessaria:  nimirum  ut  ad  %mita- 
tem  reversi  consentiatis  Nobiscum  in  professione  verae  Fidei,  quam  Ecclesia  Ca- 
tholica  tenet  ac  docet,  et  cum  Ecclesia  ipsa,  supremaque  hac  Petri  Sede  commu- 
nionem servetis. 

„Darnach  ermahnen  und  beschwören  Wir  Euch,  dass  Ihr  ohne  weiteren 
Verzug  zur  Gemeinschaft  mit  diesem  heiligen  Stuhle  Petri  zurückkehrt,  in 
welchem  das  Fundament  der  wahren  Kirche  Christi  ist,  wie  die  Ue^erlieferung 
Eurer  Vorfahren  und  anderer  alter  Väter  und  die  oben  erwähnten  Worte  Christi 
in  den  heil.  Evangelien  beweisen ;  denn  es  konnte  niemals  geschehen,  dass  Die- 
jenigen, welche  von  dem  festen  Felsen,  auf  dem  die  Kirche  selbst  von  Gott 
erbaut  worden  ist,  losgerissen  sein  wollten,  in  der  Gemeinschaft  der  Einen 
heiligen  und  apostolischen  Kirche  waren. 

„Und  es  gibt  wahrlich  keinen  Grund,  mit  welchem  Ihr  Euch  weigern 
könntet,  zu  der  wahren  Kirche  und  der  Gemeinschaft  zu  diesem  heiligen  Stuhle 
zurückzukehren,  denn  Ihr  wisset,  dass  in  den  Angelegenheiten,  welche  sich  auf 
das  Bekenntniss  der  chirstlichen  Eeligion  beziehen,  nichts  so  hart  ist,  was  man 
nicht  zur  Ehre  Christi  und  um  der  Vergeltung  des  ewigen  Lebens  willen  er- 
tragen müsste.  Und  was  Uns  betrifft,  so  bezeugen  und  versichern  Wir,  dass 
Uns  nichts  mehr  am  Herzen  liegt,  als  Euch,  wenn  Ihr  zur  Gemeinschaft  mit 
Uns  zurückkehrt,  nicht  nur  mit  keiner  Vorschrift  zu  betrüben,  welche  Euch  zu 
hart  scheinen  könnte,  sondern  Euch  nach  der  beständigen  Uebung  dieses  heili- 
gen Stuhles  liebevoll  und  mit  väterlicher  Güte  aufzunehmen.  Darum  legen  Wir 
'  Euch  keine  andere  Last  auf,  als  das  Nothwendige,  nämlich  dass  Ihr,  zu  der 
Einheit  mit  Uns  zucückgekehrt,  mit  Uns  in  dem  Bekenntnisse  des  wahren 
Glaubens  übereinstimmt,  welchen  die  katholische  Kirche  festhält  und  lehrt,  und 
die  Gemeinschaft  mit  der  Kirche  und  dem  obersten  Stuhle  Petri  bewahrt." 


174  Katholische  Thätigkeit.  Orientalische  Kirche. 

Hierauf  gibt  der  Papst  den  getrennten  Orientalen  die  Versicherung,  dass 
sie  aus  ihrem  Kitus  nur  das  werden  zu  beseitigen  haben,  was  etwa  seit  der  Zeit 
der  Trennung  dem  Glauben  und  der  katholischen  Einheit  Widersprechendes  sich 
in  denselben  eingeschlichen  haben  wird,  dass  aber  im  Uebrigen  ihre  ehrwürdige 
Liturgie  unversehrt  aufrecht  erhalten  bleiben  soll.  Auch  verspricht  der  Papst 
den  zur  Einheit  zurückkehrenden  Bischöfen  und  Priestern  die  Beibehaltung 
ihres  Ranges  und  ihrer  Würde  und  die  Verwendung  derselben  in  der  Seelsorge 
unter  ihren  Landsleuten.  Dann  schliesst  er  das  Schreiben  mit  folgenden  Worten : 

Utinam  clementissimus  Deus  dare  dignetur  sermoni  huic  nostro  vocem  vir- 
tvtis ;  utinam  studiis  benedicat  Fratrwm  Füiorumque  nostrorum,  qui  Nobiscum  de 
sdlute  veairarum  animarum  solUciti  sunt ;  utinam  ea  humilitatem  Nostram  con- 
solatione  laetißcet,  ut  inter  Orientales  Christianos  Catholicam  unitatem  restitutam 
videamus,  et  in  unitate  ipsa  itiovum  habeamus  suhsidium  ad  veram  Christi  Fidem 
in  gentibvs  etiam  a  Christo  alienis  magis  magisque  propagandam.  Nos  quidem  non 
intermittimus  id  ipsum  a  Deo  misericordiarum  et  luminum  Patre  per  Unigenitum 
suum  Redemptorem  nostrum  in  omni  oratione  et  observatione  supplicifer  poscere  ; 
eumdemque  in  finem  invocare  patrocinium  Beatissimae  Deiparae  Virginis  et  Sancto- 
rum  Äpostolorum,  Martyrum,  Patrum,  quorum  praedicatione  sanguine  virtutibus 
et  scriptis  vera  Christi  Religio  '  propagaia  olim  per  Orientem  et  conservata  est, 
Desiderio  autem  desiderantes  gratulari  tandem  de  vestro  reditu  in  Ecclesiae  Ca- 
tholicae  gremium,  Vobisque  benedicere  tamquam  Fratribus  Filiisque  Nostris ,  inter  ea 
cunctos,  qui  modo  in  Oriente  locisque  conterminis  sunt,  Catholicos  Patriarchas, 
Primates,  A^chiepiscopos,  Episcopos,  Clericos,  Laicos  iterata  nostrae  ßagrantissimae 
caritatis  testißcatione  prosequimur,  eisque  omnibus  Apostolicam  benedictionem  aman- 
^tissime  impertimur. 

„Möchte  doch  der  gütigste  Gott  dieser  Unserer  Ansprache  die  Stimme  der 
Kraft  verleihen,  möchte  er  die  Bemühungen  Unserer  Brüder  und  Söhne  segnen, 
welche  mit  Uns  für  das  Heil  Euerer  Seelen  besorgt  sind,  möchte  er  Unsere 
Niedrigkeit  mit  dem  Tröste  erfreuen,  dass  Wir  unter  den  orientalischen  Christen 
die  katholische  Einheit  wieder  hergestellt  sehen  und  in  dieser  Einheit  ein  neues 
Hilfsmittel  zur  immer  weiteren  Ausbreitung  des  wahren  Christenglaubens  auch 
unter  den  von  Christus  fernen  Heiden  besitzen.  Wir  hören  nicht  auf,  den  Gott 
der  Erbarmung  und  den  Vater  der  Lichter  durch  seinen  eingeborenen  Sohn, 
Unsern  Erlöser  in  allem  Gebet  und  Flehen  darum  zu  bitten  und  zu  demselben 
Zwecke  den  Schutz  der  allerseligsten  Jungfrau  und  Gottesgebärerin  und  der 
heiligen  Apostel,  Märtyrer  und  Väter  anzurufen,  durch  deren  Predigt,  Blut, 
Tugenden  und  Schriften  die  wahre  Religion  Christi  einst  im  Orient  ausgebreitet 
und  erhalten  wurde.  Mit  grösstem  Verlangen  sehnen  Wir  Uns  aber,  Uns  endlich 
zur  Rückkehr  in  den  Schoss  der  katholischen  Kirche  Glück  wünschen  und  Euch 
als  Unsere  Brüder  und  Söhne  segnen  zu  können.  Inzwischen  bezeugen  Wir  allen 
katholischen  Patriarchen,  Primaten,  Erzbischöfen,  Bischöfen,  Clerikem  und  Laien, 
welche  gegenwärtig  im  Orient  und  den  angrenzenden  Ländern  sind,   wiederholt 


Katholische  Thätigkeit.  Orientalische  Kirche.  175 

Unsere  glühende  Liebe  und  ertheilen  Ihnen  allen  voll  Liebe  den    apostolischen 
Segen. " 

Fürsorge   für  die  ßuthenen  in  Russland. 

Auch  in  der  Allocution  Probe  noscitis  vom  3.  Juli  1848  und  in  der  Bulle 
Universalis  Ecclesiae  von  demselben  Tage,  welche  den  Angelegenheiten  der  ka- 
tholischen Kirche  in  ßussland,  nämlich  dem  Abschlüsse  des  Concordats  vom 
Jahre  1847  und  der  neuen  Eintheilung  der  Diöcesen  gewidmet  sind,  beweist 
Pius  IX.  seine  Liebe  zu  den  Katholiken  des  orientalischen  Kitus  durch  die  Für- 
sorge, welche  er  für  die  religiösen  Bedürfnisse  derselben  trifft  und  durch  seine 
Klagen  über  ihre  bedauernswerthe  Lage,  welchen  er  die  Versicherung  beifügt, 
er  werde  nichts  unversucht  lassen,  um  ihnen  auf  jede  Weise  zu  Hilfe  zu  kommen, 
und  durch  die  Ermahnungen  an  die  katholischen  Kuthenen,  standhaft  an  der 
Einheit  der  katholischen  Kirche  festzuhalten,  oder  wenn  sie  von  derselben  los- 
gerissen wären,  zu  ihr  zurückzukehren. 

Der  Patriarch   von  Babylon. 

Auch  in  der  Allocution  Gratum  nobis  vom  11.  September  1848  bekundet 
Pius  IX.  sein  Wohlwollen  für  die  orientalische  Kirche,  indem  er  die  Bestäti- 
gung des  Patriarchen  von  Babylon  für  die  katholischen  Chaldäer  (Josef  Audu) 
mit  folgenden  Worten  einleitet: 

Gratum  Nobis  est ,  Venerabiles  Fratres,  aliquid  Vobis  de  orientali  Ecdesia 
posse  nuntiare,  quae  quanto  longioribus  distal  intervallis,  tanto  magis  paternam  Nostram 
caritatem  et  Apostolicam  sollicitudinem  excitat  ad  illius  statum  cognoscendum  et 
prosperitatem  procurandam. 

„Es  ist  Uns  angenehm,  ehrwürdige  Brüder,  Euch  etwas  von  der  orienta-, 
lischen  Kirche  melden  zu  können,  welche  Unsere  väterliche  Liebe  und  aposto- 
lische Sorgfalt  zur  Erkennung  ihrer  Lage  und  Beförderung  ihrer  Wohlfahrt  um 
so  mehr  anregt,  je  weitere  Zwischenräume  sie  von  Uns  trennen. 

Fürsorge   für  die  Kumänen  in  Oesterreich. 

In  der  Allocution  In  Ap>ostolicae  Sedis  vom  19.  September  1853  billigt 
Pius  IX.  wiederholt  den  besonderen  Eitus  der  orientalischen  Kirche  und  spricht, 
da  er  die  Errichtung  einer  Kirchenprovinz  orientalischen  Eitus  in  Siebenbürgen 
und  im  Temeser  Banat  anzeigt,  mit  folgenden  Worten  von  seiner  Sorgfalt  für 
die  Orientalen  und  von  dem  Erfolge  seines  eben  erwähnten  apostolischen  Schrei- 
bens an  dieselben  vom  22.  Januar  1848: 

In  Äpostolicae  Sedis  fastigio  tamquam  in  arce  et  propugnaculo  catholicae 
fidei  constituti  Praedecessores  Nostri  Romani  Pontißces,  pro  tradita  sibi  Divinitus 
Ecclesiae  universae  gubernandae  potestate,  ad  Orientalem  quoque  Ecclesiam  paterna 
studia  converterunt ,  ac  nihil  unquam  desiderari  a  se  passi  sunt,  quod  ad  illam 
vel  tuendam  vel  juvandam  pertinere  posse  videretur.  Quantum  porro  industriae   ac 


176  Katholische  Thätigkeit.  Orientalische  Kirche. 

solertiae,  quantum  laboris  impenderint,  ut  qui  ex  Orientalibus  populis  a  Romana 
Ecclesia  fiinesto  schismate  dissiderent,  ad  eam  boni  volentesque  sese  adjungerent,  et 
cum  supremo  in  terris  pastore  Romano  Pontifice  tamquam  membra  cum  capite  con- 
sociarentur,  non  est  cur  fusius  explicemus,  Venerabiles  Fratres  ;  explorata  namque 
Vobis  res  est,  innumerisque  testata  historiae  documentis.  Ätque  illustna  haec  pa- 
tevnae  sollicitiidinis  exempla  Nos  aemulati,  jam  inde  ab  anno  Pontificatus  Nostri 
secundo  ad  Orientales  omnes  Apostolicas  dedimus  Literas,  quibus  studiose  illos  ac 
peramanter  hortati  sumus,  ut  ad  Sanctae  hujus  Sedis  communionem  reverterentur 
eique  adhaerere  ßrmiter  vellent;  ejusque  conjunctionis  necessitatem  multis,  gravissi- 
misque  evicimus  argumentis,  quae  luce  veritatis  nitent,  quidquid  proferre  contra  ausi 
fuerint  sci'ipto  quodam  suo  schismatici  plures  Episcopi,  inveteratum  iUud.  contra 
ApostoUcam  Sedem  a^erbitatis  virus  effundentes.  Quod  quideni  scriptum  ad  redar- 
guendos  schibmaticorum  error  es  ac  pertinaciam  eurabimus  refutandum ;  interea  tarnen 
pro  illorum  omnium  salute  coelestem  Patrem  laminum  orare  aique  obsecrare  non 
desistemus ,  nihil  scilicet  remittentes  de  christiania  charitcUe,  quae  patiens  ac  be- 
nigna  est. 

„Auf  der  Höhe  des  apostolischen  Stuhles,  wie  auf  einer  Burg  und  einem 
Vorwerke  des  katholischen  Glaubens  stehend,  haben  Unsere  Vorgänger  die  römi- 
schen Päpste  nach  der  ihnen  von  Gott  übertragenen  Gewalt  die  ganze  Kirche 
zu  regieren,  auch  auf  die  orientalische  Kirche  ihre  Fürsorge  gewendet  und  nie 
etwas  von  sich  vergebens  erwarten  lassen,  was  zu  ihrem  Schutze  oder  zu  ihrer 
Hilfe  gereichen  zu  können  schien.  Wie  viel  Fleiss  und  Sorgfalt,  wie  viele  Mühe 
sie  anwendeten,  damit  Jene,  welche  aus  den  orientalischen  Völkern  von  der 
römischen  Kirche  durch  das  unheilvolle  Schisma  getrennt  waren,  sich  gutwillig 
wieder  mit  ihr  vereinigten  und  mit  dem  obersten  Hirten  auf  Erden,  dem  römi- 
schen Papste,  wie  Glieder  mit  dem  Haupte  verbanden,  brauchen  Wir  nicht  aus- 
führlicher darzuthun,  ehrwürdige  Brüder,  denn  die  Sache  ist  Euch  kundig  und 
durch  zahllose  Documente  der  Geschichte  bezeugt.  Und  um  diese  ausgezeichneten 
Beispiele  dieser  väterlichen  Fürsorge  nachzuahmen,  haben  Wir  schon  im  zweiten 
Jahre  Unseres  Pontificats  an  alle  Orientalen  ein  apostolisches  Schreiben  gerichtet, 
worin  Wir  sie  eifrig  und  liebevoll  ermahnt  haben,  zur  Gemeinschaft  dieses  hei- 
ligen Stuhles  zurückzukehren  und  ihm  fest  anzuhängen.  Und  (Wir  haben  die 
Nothwendigkeit  dieser  Vereinigung  mit  vielen  und  hochernsten  Argumenten  be- 
wiesen ,  welche  durch  das  Licht  der  Wahrheit  glänzten ,  was  auch  mehrere 
schismatische  Bischöfe  in  einer  gewissen  Schrift  dagegen  vorzubringen  wagten, 
in  welcher  sie  das  veraltete  Gift  ihres  bitteren  Hasses  gegen  den  apostolischen 
Stuhl  ausgössen.  Wir  werden  dafür  Sorge  tragen,  diese  Schrift  zur  Abwehr 
der  Irrthümer  und  der  Hartnäckigkeit  der  Schismatiker  widerlegen  zu  lassen, 
inzwischen  wollen  Wir  aber  nicht  aufhören,  für  ihrer  Aller  Heil  den  himmli- 
schen Vater  zu  bitten  und  anzuflehen,  nichts  von  der  christlichen  Liebe  nach- 
lassend, welche  geduldig  und  gütig  ist." 


Katholische  Thätigkeit.  Orientalische  Kirche.  177 

Encyclica  an  die  Armenier. 

Am  9.  Februar  1854  richtete  Pius  IX.  die  Encyclica  Neminem  vestrum 
an  den  Erzbischof-Primas,  die  Bischöfe,  den  gesammten  Clerus  und  alle  Gläu- 
bigen der  armenisch-katholischen  Nation  in  der  Kirchenprovinz  von  Constanti- 
nopel.  Der  Papst  erinnert  zunächst  an  die  väterliche  Liebe,  mit  welcher  die 
Päpste  von  Alters  her  bemüht  waren,  die  armenische  Nation  zu  der  katholi- 
schen Einheit  zurückzurufen,  wie  reiche  Früchte  ihre  Bemühungen  trugen,  mit 
welcher  Freude  sie  zahlreiche  Armenier  in  den  Schooss  der  Kirche  zurückkehren 
sahen,  wie  standhaft  viele  armenische  Katholiken  in  den  traurigsten  Zeiten  mit 
Gefahr  ihres  Lebens  zur  katholischen  Einheit  sich  bekannten,  wie  gerne  der 
heilige  Stuhl  jederzeit  ihren  geistlichen  Bedürfnissen  zu  Hülfe  kam,  wie  er  die 
armenischen  Priester  der  Kirchenprovinz  Constantinopel  zu  der  Zeit,  als  sich 
noch  keine  Bischöfe  dort  aufhalten  durften,  zum  Theil  in  Rom  erziehen  Hess, 
wie  er,  sobald  die  Zeitverhältnisse  es  erlaubten,  einen  armenischen  Bischof  in 
Constantinopel  einsetzte  und  nachdem  die  armenischen  Katholiken  vom  türki- 
schen Sultan  Religionsfreiheit  erhielten,  einen  erzbischöflichen  Primatial-Stuhl 
in  Constantinopel  für  sie  errichtete  und  ihnen  einen  eigenen  Erzbischof  gab. 

Dann  erinnert  Pius  IX.  an  die  Bemühungen  seines  Vorgängers  Gregor  XVI. 
für  die  Ordnung  jener  Diöcesen  und  an  seine  eigene  Fürsorge  für  das  Wohl 
der  Armenier,  welche  er  insbesondere  gleich  nach  seiner  Thronbesteigung  durch 
die  Sendung  des  Erzbischofes  von  Sida  an  den  Sultan  bewiesen  habe.  Auf  den 
Bericht  dieses  Gesandten  über  den  Zustand  der  armenischen  Kirche  habe  die 
Congregation  Propaganda  fide  mehrere  von  ihm  bestätigte  Decrete  erlassen, 
durch  welche  unter  andern  die  sogenannte  connationale  Gesellschaft  verboten 
wurde  und  er  selbst  habe  fünf  Bischöfe  armenischen  Eitus  eingesetzt,  unter 
welche  ein  grosser  Theil  der  alten  und  umfassenden  Diöcese  von  Constantinopel 
vertheilt  wurde.  Dann  fährt  er  fort : 

Non  sine  maximo  animi  Nostri  dolore  novimus,  perniciosus  animorum  dis- 
sensiones  in  vestram  Nationem  ab  inimico  homine  jamdiu  inductas  ita  magis  in 
dies  invalescere,  ut  minime  deessent,  qui  ad  ejusmodi  dissensiones  fovendas  vel 
ipsa  praetexerent  consilia,  quihus  haec  Apostolica  Sedes  vestram  Nationem  juvare 
vel  maxime  optabat.  Quae  nunquam  satis  deploranda  aniinorum  discordia  graviter 
exarsitj  ubi  utraque  dissidentium  pars  scriptis  in  vulgis  editis  de  religiosis  Nationis 
quaestionibus  palam  publiceque  disserere  ac  disceptare  coepit;  quae  quidem  scripta 
fuere  vicissim  exarata  hostilibus  praesertim  asperrimisque  verbis  atque  sententiis, 
quae  a  christiana  caritate  omnino  abhorrent,  et  iis  plane  adversantur,  quae  ad 
mutuam  concordiam  tuendam  requiruntur ,  atque  in  lucem  prodierunt  inscia,  et 
invita  hac  Apostolica  Sede,  quemadmodum  per  iteratas  ejusdem  Nostrae  Congrega- 
tionis  literas  declarandum  esse  voluimus.  Quisque  vestrum  noscit  quae  exinde  scan- 
dala  evenerunt  non  sine  levi  vestrae  Nationis  damno,  et  quo  studio  Nos,  nulla  inter- 
posita  mora  omnem  Nostram  operam  impendere  properavimus,  ut  omnes  a  Vobis 
amoverentur  contentiones  earumque  germina  radicitus  extirparentur. 

Pius  IX,  als  Papst  und  als  König.  12 


178  Katholische  Thätigkeit.  Orientalische  Kirche. 

„Nicht  ohne  den  grössten  Schmerz  Unseres  Herzens  haben  Wir  er- 
fahren, dass  die  verderblichen  Spaltungen  der  Gemüther,  welche  der  böse 
Feind  schon  lange  in  Eure  Nation  eingeführt  hat,  von  Tag  zu  Tag  kräftiger 
werden,  so  dass  es  sogar  Leute  gibt,  welche  zur  Nährung  dieser  Spaltungen 
selbst  die  Rathschläge  zum  Vorwand  nehmen,  mit  welchen  dieser  apostolische 
Stuhl  Eurer  Nation  so  sehr  zu  helfen  wünschet.  Diese  nie  genug  zu  be- 
klagende Zwietracht  der  Gemüther  entbrannte  heftig,  als  beide  streitenden 
Theile  durch  öffentlich  herausgegebene  Schriften,  öffentlich  und  vor  Allen 
über  die  religiösen  Fragen  der  Nation  zu  verhandeln  und  zu  streiten  be- 
gannen, denn  diese  Schriften  enthielten  beiderseits  feindselige  und  harte 
Worte  und  Aussprüche,  welche  durchaus  gegen  die  christliche  Liebe  Verstössen 
und  dem,  was  zur  Haltung  der  gegenseitigen  Eintracht  erfordert  wird, 
geradezu  widersprechen,  und  sie  erschienen  ohne  Wissen  und  Willen  dieses 
apostolischen  Stuhles,  wie  Wir  durch  wiederholte  Schreiben  Unserer  erwähnten 
Congregation  erklären  Hessen.  Jeder  von  Euch  weiss,  welche  Aergernisse  zum 
nicht  geringen  Nachtheile  Eurer  Nation  daraus  hervorgehen  und  mit  welchem 
Eifer  Wir  unverzüglich  all'  Unser  Bemühen  darauf  zu  richten  eilten,  alle 
Spaltungen  und  Streitigkeiten  von  Euch  zu  entfernen  und  ihre  Keime  mit 
der  Wurzel  auszurotten." 

Sodann  erwähnt  der  Papst,  wie  dieser  sein  Schritt  den  erwünschten 
Erfolg  hatte,  da  ihr  Erzbischof  und  der  Erzbischof  von  Petra,  apostolischer 
Vicar  des  lateinischen  Ritus,  nach  Rom  kamen  und  dort  eine  Uebereinkunft 
schlössen,  welche  sie  auch  veröffentlichten.  Leider  sei  diese  Uebereinkunft 
zum  Schaden  der  armenischen  Nation  ohne  Frucht  geblieben,  die  Streitig- 
keiten haben  fortgedauert  und  der  Papst  habe  daher,  sowohl  die  alten  wie 
die  neuen  Streitfragen  der  armenischen  Nation  in  verschiedenen  Sitzungen 
der  Congregation  Pro^praganda  fide  prüfen  lassen  und  einer  dieser  Sitzungen 
selbst  beigewohnt  und  alles  angeordnet,  was  die  Ruhe  und  die  Wohlfahrt 
der  armenischen  Nation  befördern  konnte;  dann  heisst  es  wörtlich: 

Qua  propter  noscentes  vestrae  Nationis  damna  vel  maxime  aucta  fuisse  ex 
commemoratis  scriptis  in  vulgus  editis,  eadem  praecipua  scripta,  peculiari  adhibito 
examine,  prohibenda  ac  damnanda  mandavimus,  veluti  etiam  vehementer  improba- 
mus  alia  omnia,  quae  ad  hoc  ideni  negotium  pertinent,  quaeque  vel  ante,  vel  post 
damnata  illa  scripta  in  lucem  prodier e ,  ac  sive  armenio ,  sive  armenio  vulgaH, 
sive  italico,  sive  gallico,  sive  quovis  alio  idiomate  sint  exarata,  cum  mviuum  prae^ 
sertim   odium  prae  ne  ferant  christianae  caritati  omnino  adversum. 

„Darum,  da  Wir  wissen,  dass  die  Schäden  Eurer  Nation  durch  die 
erwähnten  öffentlich  herausgegebenen  Schriften  am  meisten  vermehrt  worden 
sind,  haben  Wir  nach  einer  besonderen  Prüfung  die  hauptsächlichsten  dieser 
Schriften  zu  verbieten  und  zu  verdammen  verordnet,  wie  Wir  auch  alle  an- 
deren auf  dieselbe  Angelegenheit  bezüglichen  Schriften,  welche  theils  vor, 
theils  nach  jenen  verurtheilten    Schriften  erschienen  sind,   mögen  sie  nun  in 


Katholische  Thätigkeit.  Orientalische  Kirche.  I79 

armenischer  oder  in  vulgär  armenischer,  oder  in  italienischer  oder  in  irgend 
einer  anderen  Sprache  verfasst  sein,  höchlichst  missbilligen,  da  sie  namentlich 
einen  gegenseitigen,  der  christlichen  Liebe  widersprechenden  Hass  zur 
Schau  tragen." 

Hierauf  erwähnt  der  Papst,  wie  er  bemüht  war,  für  die  rechte  und 
sorgfältige  Erziehung  des  Clerus  im  Seminar  von  Constantinopel  und  für  die 
gute  Zucht  der  Ordensfamilien  vorzusehen.  Um  die  Zweifel  zu  beseitigen, 
welche  über  die  Eechtgläubigkeit  der  Mechitaristen  in  Venedig  entstanden 
seien,  haben  diese  ein  vollkommen  genügendes  Glaubensbekenntniss  an  ihn 
eingesendet,  auch  habe  er  noch  andere  Vorsorge  getroffen,  um  jede  Be- 
sorgniss  in  Bezug  auf  die  CoUegien  zu  beseitigen,  in  welchen  die  erwähnten 
Mönche  die  armenische  Jugend  bilden.  Alles  das  beweise  zur  Genüge  seine 
Sorgfalt  und  Mühe  für  die  Armenier.  Der  Papst  ermahnt  sie  sodann  zur 
Liebe  und  Eintracht  und  zur  Vermeidung  aller  Streitigkeiten,  durch  welche 
so  viel  Unglück  über  sie  gekommen  sei.  Die  Bischöfe  von  der  Kirchenprovinz 
Constantinopel  werden  sodann  ermahnt,  durch  Wort  und  Beispiel  Eintracht, 
Liebe  und  Friede  unter  ihren  Gläubigen  zu  befördern  und  alle  Pflichten 
ihres  Hirtenamtes  gewissenhaft  zu  erfüllen.  Dann  erfolgen  ähnliche  Ermah- 
nungen an  den  Welt-  und  Ordensclerus  und  an  alle  Gläubigen  und  insbesondere 
an  die  Vornehmsten,  auf  dass  sie  durch  ihr  gutes  Beispiel  den  Uebrigen  vor- 
angehen. Sodann  erklärt  der  Papst,  so  löblich  der  auch  von  dem  heiligen 
Stuhle  getheilte  Wunsch  sei,  dass  die  schismatischen  Katholiken  zur  Einheit 
zurückkehren,  so  könne  er  doch  nicht  das  Verhalten  Jener  billigen,  qui  as- 
peris,  durisque  modis  cum  veatrae  Nationis  schismaticis  agere  soleni,  nee  debitam 
eorum  rationem  habent,  verum  etiam  vehementer  et  omnino  illos  improbare,  qui  non 
amore  et  benevolentia,  sed  asperitate  ac  severitate  eos  etiam  prosequntur,  qui  a 
funesto  schismate  ad  catholicam  unitatem  sunt  conversi,  welche  auf  rauhe  und 
harte  Weise  mit  den  Schismatikern  ihrer  Nation  zu  verfahren  pflegen,  und 
nicht  die  gehörige  Rücksicht  auf  sie  nehmen,  und  er  müsse  auch  Jene  ernstlich 
tadeln,  welche  die  vom  traurigen  Schisma  zur  katholischen  Einheit  Bekehrten 
nicht  mit  Liebe  und  Wohlwollen,  sondern  mit  Härte  und  Strenge  behandeln. 
Ebensowenig,  fährt  der  Papst  fort,  könne  er  aber  es  dulden,  dass  Einige 
unter  dem  Vorwande  der  Beförderung  der  katholischen  Union  das  Bestreben 
des  heiligen  Stuhles  für  die  Aufrechterhaltung  des  orientalischen  Ritus  miss- 
brauchen und  Alles  so  halten  wollen,  wie  es  von  den  Schismatikern  gehalten 
wird,  und  darum  auch  einige  Gebräuche  abschaffen  möchten,  welche  mit 
Recht  eingeführt  wurden,  um  auf  eine  feierliche  Weise  zu  zeigen,  wie  sehr 
die  katholischen  Armenier  das  Schisma  verabscheuen  und  wie  fest  sie  der 
katholischen  Einheit  anhängen.  Schliesslich  empfiehlt  der  Papst  Friede  und 
Eintracht  und  fährt  dann  fort: 

Ut  autem  tarn  salutaris  et  exoptata  tranquillitas  a  Vobis  facilius  possit 
obtinerif  hisce  Literis  perpetuum  et  absohdum  silentium  imponimus  super  praeteritis 

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180  Katholische  Thätigkeit.  Orientalische  Kirche. 

quaestionibns  et  controversiis  atque  omnino  vetamus  omnem  reclamationem  et  ser- 
monem  qui  inter  fideles  Armenios  pacem  turbare  possit  itemque  expresse  et  severe 
prohibemus,  haeretici  vel  schismatici  notam  Ulis  innrere,  qui  cum  hac  Apostolica 
Sede  communionem  et  gratiam  habent.  Si  qui  enim  extiterint,  quod  nunquam  fu- 
turum conftdimus,  qui  haud  rede  agant  vel  suspiciones  ingerant,  debita  ratione 
erit  providendum,  atque  in  primis  res  Jiuic  Apostolicae  Sedi  erit  exponenda  cum 
opportunis  et  canonicis  documentis.  Quapropter  post  ejusmodi  Nostra  monita  et 
declarationem,  omnes  cujusque  classis  et  ordinis  perturbatores  in  posterum  gravis- 
simae  culpae  rei  erunt,  nee  poterunt  ullo  modo  et  praetextu  se  excusare,  ne  debita 
erga  ipsos  adhibeatur  severitas. 

„Damit  aber  die  so  heilsame  und  erwünschte  Ruhe  von  Euch  um  so 
leichter  erlangt  werden  kann,  legen  Wir  Euch  durch  dieses  Schreiben  ein  ewi- 
ges und  absolutes  Stillschweigen  über  die  früheren  Streitfragen  auf  und  ver- 
bieten durchaus  jeSe  Beschwerde  und  Eede,  welche  den  Frieden  unter  den 
gläubigen  Armeniern  stören  könnte,  und  in  Gleichem  verbieten  Wir  ausdrücklich 
und  strenge  ,  jene ,  welche  die  Gnade  und  Gemeinschaft  dieses  apostolischen 
Stuhles  haben,  mit  den  Namen  von  Haeretikern  und  Schismatikern  zu  brand- 
marken, denn  wenn  es  einige  geben  sollte,  was  hoffentlich  nicht  geschehen  wird, 
welche  nicht  recht  handeln  oder  Verdacht  erwecken,  wird  man  in  gebührender 
Weise  Vorsorgen  und  vor  allem  die  Sache  diesem  apostolischen  Stuhle  mit  ange- 
messenen und  canonischen  Documenten  darlegen.  Darum  werden  nach  diesen 
Unseren  Ermahnungen  und  Erklärungen  alle  Friedensstörer  jeden  Ranges  und 
Standes  künftig  die  schwerste  Schuld  auf  sich  laden  und  sich  auf  keine  Weise 
und  unter  keinem  Verwände  davor  schützen  können  ,  dass  die  gebührende 
Strenge  gegen  sie  angewendet  werde." 

Gebet  und  Segenswünsche  und  die  Ertheilung  des  apostolisclien  Segens 
bilden  wie  gewöhnlich  den  Schluss  der  Encyclica. 

In  der  Allocution  Antiochena  Sedes  vom  16.  Juni  1856  bestätigte  Pius  IX. 
die  Wahl  des  bisherigen  Bischofes  von  Ptolemais,  Clemens  Bahus,  zum  Patriar- 
chen der  griechischen  Melcbiten. 

An  die  Rumänen  in  Oesterreich. 

In  dem  Breve  Verbis  exprimere  vom  15.  August  1859  an  den  Erzbischof 
von  Fogaras  und  sfeine  Suffragan-Bischöfe  spricht  Pius  IX.  seine  Freude  aus 
über  den  Inhalt  des  Berichtes,  welchen  der  apostolische  Nuntius  Antonio  de  Luca, 
Erzbischof  von  Tarsus,  über  die  Anhänglichkeit  der  erwähnten  Bischöfe  an  den 
heiligen  Stuhl  und  an  den  katholischen  Glauben  an  ihn  erstattet  hatte,  und 
fordert  sie  auf,  die  Gläubigen  ihrer  Diöcesen  immer  mehr  in  der  katholischen 
Lehre  zu  befestigen  und  ihnen  insbesondere  die  Lehre  der  Kirche  über  das 
heilige  Sakrament  der  Ehe  und  die 


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Katholische  Thätigkeit.  Orientalische  Kirche.  |g]^ 


Unauflöslichkeit  des  Ehebandes 
einzuschärfen  und  sorgfältig  darüber  zu  wachen,  dass  der  in  ihren  DiÖcesen  da 
und   dort    sich    einschleichende  Irrthum ,    als  könne    das  Eheband  wegen  Ehe- 
bruch aufgelöst  werden,  mit  der  Wurzel  ausgerottet  werde ;  dann  fährt  er  fort : 

Äc  pro  vestra  sapientia  probe  inteUigitis,  Venerabiles  Fratres  ,  in  tanti  mo- 
menti  re  omnes  cujusque  generis  difficuUates,  si  forte  ohjiciantur  esse  omnino  in 
omni  patientia  et  doctrina  vincendas  ,  cum  agatur  de  catholica  veritate  divinitus 
revelata,  quam  omnes  catholicae  Ecclesiae  filii  firmiter  proßteri  ae  servare  tenen- 
tur.  Quare  iis  omnibus,  qui  hujusmodi  difficuUates  Vobis  forsitan  afferre  voluerint, 
pro  episcopali  vestra  soUicitudine,  zelo  ac  scientia  catholicae  Ecclesiae  de  hac  re 
doctrinam  clare  aperteque  exponite,  explicate,  inculcate  ac  simul  ostendite,  difficul- 
tates  ipsas  nullo  modo  contra  catholicam  hanc  veritatem  admitti,  eique  opponi  nun- 
quam  posse.  Insuper  in  illorum  memoriam  sedulo  revocate ,  eorum  majores  cum  hujus 
Romanae  Ecclesiae  unionem  sincere  amplexi  sunt .  non  solum  admisisse  quatuor 
notissima  puncta  in  Concilio  Florentino  definita,  verum  etiam  declaravisse,  se  ad- 
mittere,  proßteri  ac  credere,  quae  eadem  Romana  Catholica  Ecclesia  admittit  pro- 
ßtetur  et  credit.  Nee  cessetis  unquam,  Venerabiles  Fratres,  omni  studio  ecclesiasticos 
vestrarum  Dioecesium  homines  ,  ac  praesertim  Parochos  monere  et  exhortari  ,  ut 
hanc  catholicae  Ecclesiae  de  matrimonio  doctrinam  ßdelibus  assidue  diligenterque 
explicentf  evolvant    et  in  illorum  animis  alte  deßgant. 

„Und  in  Euerer  Weisheit  sehet  Ihr   wohl  ein,  ehrwürdige  Brüder,    dass 
in  einer  so  hochwichtigen  Angelegenheit  alle  Schwierigkeiten  jeder  Art,  welche 
etwa  Euch  entgegentreten  könnten,    durchaus   in  aller  Geduld  und  mit  Beleh- 
rung besiegt  werden  müssen,    da  es  sich  um  die  von  Gott  geoffenbarte  katho- 
lische Wahrheit  handelt ,    welche  alle  Kinder  der  katholischen  Kirche  fest  be- 
kennen und  beobachten  müssen.    Darum  müsst  Ihr  allen ,    welche  Euch    etwa 
solche  Schwierigkeiten  bereiten  wollen,    nach  Eurer   bischöflichen  Sorgfalt,  Eifer 
und  Wissenschaft  die  Lehre  der  katholischen  Kirche    über    diesen  Punkt  aus- 
einandersetzen,    erklären    und    einschärfen    und    zugleich   zeigen,    dass    diese 
Schwierigkeiten  auf  keine  Weise    gegen    diese  katholische  Wahrheit  zugelassen 
und  ihr  je  entgegengehalten  werden  können.    Insbesondere  rufet  fleissig  in  ihr 
Gedächtniss  zurück,  dass  ihre  Vorfahren,    da  sie  die  Union  mit  der  römischen 
Kirche  aufrichtig  umfassten,  nicht  blos   die    vier   wohlbekannten  auf  dem  Con- 
cil  von  Florenz  festgesetzten  Punkte  annahmen,  sondern  auch  erklärt  haben,  dass 
sie  alles,  was  die  römisch  -  katholische  Kirche  annimmt ,    bekennt   und  glaubt, 
ebenfalls  annehmen,  bekennen  und  glauben.  Höret  auch  niemals  auf,  ehrwürdige 
Brüder,  mit  allem  Eifer   die  Geistlichen  Eurer  Diöcesen    und    insbesondere  die 
Pfarrer  zu  erinnern  und  zu  ermahnen  ,    dass   sie  diese  Lehre  der  katholischen 
Kirche  über  die  Ehe  den  Gläubigen  fleissig  erklären  und    entwickeln    und  tief 
in  ihre  Herzen   einprägen." 

Dann  werden  die  Bischöfe  ermahnt,  den  Eifer  der  Geistlichen  täglich  mehr 
zu  entflammen,  damit  sie,  ihres  Berufes  eingedenk,  die  Pflichten  desselben  treu 


182  Katholische  Thätigkeit.  Orientalische  Kirche. 

erfüllen    und  namentlich  die  heilige  katholische  Union  bewahren  und  befördern, 
und  ertheilt  ihnen  schliesslich  den  apostolischen  Segen. 

Au  die  Maroniten  in  Syrien. 

Am  26.  Juli  1860  richtete  Pius  IX.  das  Breve  Ex  vestris  an  den  Pa- 
triarchen der  Maroniten  in  Antiochien  und  an  die  andern  sieben  Bischöfe  in 
seinem  Patriarchat  und  beklagte  in  demselben  die  grausamen  Verfolgungen, 
deren  Opfer  die  maronitischen  Christen  von  Seiten  ihrer  Feinde,  der  Drusen, 
geworden  waren.  Wir  konmien  auf  dieses  Breve  weiter  unten  zurück,  wenn 
wir  von  der  Thätigkeit  des  Papstes  als  Vater  der  Christenheit  sprechen.  Auch 
in  der  Allocution  Multis  gravihusque  vom  17.  December  1860  ist  der  bedräng- 
ten Lage  der  Maroniten  in  Syrien  eine  Stelle  gewidmet ;  sie  lautet  wie  folgt : 

Neque  minus  Nos  tangit  ac  movet  miserrima  Christianorum  per  Syriam  con- 
ditiOf  qui  licet  a  crudelissimae  caedis  perpessione  quieverint,  assiduo  turbantur  metu 
ne  compressus  tantisper  militaribus  Europae  copiis  inßdelium  impetus  in  rapinas 
iterum  caedesque  furentius  erumpat.  IllortMn  Nos  relevandis  infortuniis  si  minue 
paternis  desideriis  parem,  aliquam  tarnen  pro  angustis  Nostris  rebus  pecuniae  par- 
tem  transmittendam  curavimus,  quam  offerre  Nobis  nunquam  intermisit  pia  Catho- 
licarum  gentium  liberalitas.  Quarum  etiam  non  sine  laude  commemoratum  volumus 
egregium  charitaiis  exemplum  in  recreandis  subsidiorum  largitate  afflictis  per  Sy- 
riam fidelibus ;  atque  adeo  maximopere  laetamur,  nunquam  languescere  in  Ecclesia 
virtutem  illam,  quam  divinus  Reparator  praecipuum  esse  signum  voluit  Christianae 
Rdigionis. 

„Und  nicht  weniger  rührt  und  bewegt  Uns  die  bejammernswerthe  Lage 
der  Christen  in  Sjrien,  welche,  obwohl  die  grausame  Niedermetzelung  nach- 
gelassen hat,  doch  von  beständiger  Furcht  beunruhigt  werden,  die  durch  die 
europäischen  Truppen  etwas  in  Zaum  gehaltene  Wuth  der  Ungläubigen  werde 
wieder  heftiger  in  Raub  und  Mord  ausbrechen.  Zur  Linderung  ihres  Unglücks 
haben  Wir  eine  kleine,  zwar  nicht  Unseren  väterlichen  Wünschen,  wohl  aber  Un- 
serer bedrängten  Lage  entsprechende  Geldsumme,  als  Antheil  der  Gaben  über- 
senden lassen,  welche  die  fromme  Freigebigkeit  der  katholischen  Völker  Uns 
fortwährend  dargeboten  hat.  Auch  das  herrliche  Beispiel  ihrer  Liebe  bei  der 
Tröstung  der  bedrängten  Gläubigen  in  Syrien  durch  reichliche  Beisteuer, 
wollen  Wir  nicht  ohne  rühmliche  Erwähnung  lassen  und  so  freuen  Wir  Uns 
gar  sehr,  dass  jene  Tugend  in  der  Kirche  niemals  ermattet,  von  welcher  der 
göttliche  Erlöser  wollte,  dass  sie  das  hauptsächlichste  Zeichen  der  christli- 
chen Religion  sei." 

Errichtung  einer  neuen  Congregation  für  die  Orientalen. 

Am  6.  Januar  1862  erliess  Pius  IX.  das  bereits  oben  erwähnte  Breve 
Romani  pontißces,  durch  welches  er  eine  neue  Congregation  für  die  Angelegen- 
heiten der  orientalischen  Kirche  gründete  und  am  7.  April  desselben  Jahres 


Katholische  Thätigkeit.  Orientalische  Kirche.  183 

zeigte  er  in  der  Encyclica  Amantisdmus  an  alle  Patriarchen,  Erzbischöfe  und 
Bischöfe  der  Kirchen  orientalischen  Ritus,  denselben  die  Gründung  der  er- 
wähnten Congregation  an.  Auf  beide  Actenstücke  sind  wir  bereits  weiter  oben 
näher  eingegangen,  jedoch  ist  aus  dem  zuerst  genannten  Actenstücke  hier 
noch  zu  erwähnen,  dass  der  Papst  wiederholt  sich  mit  den  orientalischen 
Liturgien  beschäftigt,  indem  er  erklärt,  dass  die  Verschiedenheit  der  Liturgien 
und  Riten  recht  wohl  neben  der  Einheit  des  Glaubens  bestehen  könne  und 
dann  fortfährt: 

Hinc  ipsi  Decessores  Nostri  non  solum  in  animo  numquam  habuere  orien- 
tales  gentes  ad  ritum  latinum  ducere,  verum  etiam,  quoties  opportunum  esse  exis- 
timarunt,  luculentissimis  verhis  clare  aperteque  declararunt,  se  nolle  proprios  Orien- 
talium  Ecclesiarum  Htus,  utpote  venerabili  suae  orginis  antiquitate  et  Sandorum 
Patrum  auctoritate  commendatos  destruere  vel  immutare,  sed  unice  velle,  ne  quid  in 
ritus  ipsos  forsitan  indu^eretur,  quod  fidei  catholicae  adversetur,  vel  periculum  ge- 
neret  animarum,  vel  ecclesiasticae  deroget  honestati,  quemadmodum  immortalis  me- 
moriae  Benedictus  XIV.  Decessor  Noster  copiose  demonstravit  suis  Encyclicis  Lit- 
teris  ad  orientales  Missionarios  die  16.  Julii  anno  1755  datis,  quarum  initium 
„Alla^ae  sunt.^^  Quod  si  orientales  ritus  alicujus  arhitrio  aliquando  immutati  fuerint, 
id  nunquam  Apöstolicae  huic  Sedi  est  tribuendum. 

„Darum  hatten  diese  Unsere  Vorgänger  nicht  nur  niemals  die  Absicht 
die  orientalischen  Völker  zum  lateinischen  Ritus  zu  führen,  sondern  sie  haben 
auch  so  oft  sie  es  für  passend  hielten  mit  den  deutlichsten  Worten  klar  und 
offen  erklärt,  sie  wollen  die  eigenen  Riten  der  orientalischen  Kirche,  da  sich 
dieselben  durch  das  ehrwürdige  Alter  ihres  Ursprungs  und  durch  die  Autorität 
der  heiligen  Väter  empfehlen,  weder  abschaffen  noch  abändern,  sondern  sie 
wollen  einzig  und  allein,  dass  nicht  etwa  in  jene  Riten  etwas  eingeführt  werde, 
was  dem  katholischen  Glauben  widersprechen  oder  Gefahr  für  die  Seelen  er- 
zeugen oder  der  kirchlichen  Ehrbarkeit  schaden  würde,  wie  Unser  Vorgänger 
Benedict  XIV.  unsterblichen  Andenkens  in  seiner  Encyclica  an  die  orienta- 
lischen Missionäre  vom  16.  Juli  1755,  welche  jnit  den  Worten  beginnt  ylZZa^ae 
sunt  hinreichend  dargethan  hat.  Wenn  die  orientalischen  Riten  durch  irgend 
jemandes  Willkühr  einmal  geändert  wurden,  so  ist  das  nie  diesem  apostoli- 
schem Stuhle  zuzuschreiben." 

Aus  dem  zweiten  Actenstücke  ist  zu  erwähnen,  dass  der  Papst  die  Bi- 
schöfe beauftragt,  der  neugegründeten  Congregation  über  den  Zustand  ihrer 
Diöcesen  zu  berichten;  dann  fährt  er  fort: 

Srnnma  certe  erit  Nostra  consolatio,  sl  quisque  Vestrum,  Venerabiles  Fratres, 
omnes  suae  propriae  Dioecesis  res  sedulo  ad  nos  referens  signißcaverit,  quot  fideles 
m  ipsa  versentur  Dioecesi,  quot  sint  ecclesioMici  viri,  qui  proprii  ministerii  munia 
obeuntes  ipsis  fidelibus  adsistant,  quae  eorundem  ßdelium  agendi  ratio,  tum  quoad 
fidem,  tum  quoad  morum  honestatem,  qua  doctrina  clerus  sit  praeditus,  quaeque 
ipsius    cleri  educatio,    et  quomodo  populus  ad  pietatem    morumque  probitatem  quo- 


184  Katholische  Thätigkeit.  Orientalische  Kirche. 

tidie    magis    conformari  et  excitari    queat.       Optamus   etiam    summopere   agnoscere 
qualis  sit  vestrarum  scJiolarum  conditio,  et  qua  frequentia  illas  iuventus  adire  soleat. 

„Sehr  gross  wird  gewiss  Unser  Trost  sein,  wenn  jeder  von  Euch,  ehr- 
würdige Brüder,  alle  Angelegenheiten  seiner  eigenen  Diöcese  fleissig  an  Uns 
berichtet  und  Uns  anzeigt,  wie  viele  Gläubige  in  dieser  Diöcese  wohnen,  wie 
viele  Geistliche  in  der  Ausübung  Eures  Amtes  Euch  daselbst  beistehen,  wie  sich  die 
Gläubigen  sowohl  in  Bezug  auf  den  Glauben  als  auf  die  Ehrbarkeit  der  Sitten 
betragen,  welche  Gelehrsamkeit  der  Clerus  besitze,  wie  die  Erziehung  des  Clerus 
beschaffen  sei,  wie  das  Volk  in  unserer  heiligen  Eeligion  und  in  der  Sitten- 
zucht unterwiesen  werde  und  auf  welche  Art  das  Volk  täglich  mehr  zur  Fröm- 
migkeit und  zur  Ehrbarkeit  der  Sitten  gebildet  und  aufgemuntert  werden  kann. 
Wir  wünschen  auch  gar  sehr  zu  erfahren,  welches  die  Lage  Eurer  Schulen 
ist  und  in  welcher  Anzahl  die  Jugend  dieselben  zu  besuchen  pflegt." 

Nachdem  er  hierauf  die  Wichtigkeit  der  religiösen  Erziehung  der  Jugend 
hervorgehoben,  sagt  er  weiter: 

Neque  omittatis  Nobis  manifestare  si  libris  indigeatis,  ac  simul  exponere 
qui  potisbimum  lihri  ex  vestra  sententia  et  cleri  doctrinae  curandae,  et  populi  in- 
stitutioni  promovendae,  et  acathoUcorum  placitis  confvtandis,  et  fidelium  pietati  fo~ 
vendae  magis  opportuni  esse  possint.  Insuper  cum  acceperimus,  in  aliquibus  locis 
liturgicos  ac  rituales  adhiberi  libros,  in  quos  vel  aliquis  irrepsit  error,  vel  ali- 
qua  ad  arbitrium  invecta  immutatio,  Vestrum  erit  Nobis  patefacere  qui  libri  apud 
Vos  adhibeantur,  itemque  dicere,  si  hujusmodi  libri  aliquo  tempore  fuerint  ab  hac 
Sancta  Sede  approbati,  vel  si  ex  vestro  judicio  errores  corngendos  contineant, 
atque  etiam  si  quae  dubia  dirimenda  habeatis,  vel  adsint  abusiones  tollendae.  Atque 
etiam  praecipue  expetimus  a  Vobis  accipere  quos  in  Vestris  Dioecesibus  progressus 
habeat  sancta  catholica  unio,  quae  impedimenta  eidem  obstent,  quibusque  opportuni- 
oHbus  modis  hujusmodi  impedimenta  amoveri  possint,  ut  ipsa  unio  magis  in 
dies  promoveatur  et  augeatur. 

„Unterlasset  auch  nicht.  Uns  bekannt  zu  geben,  wenn  Ihr  Bücher  be- 
dürft, und  Uns  mitzutheilen,  welche  Bücher  nach  Eurer  Ansicht  hauptsächlich 
zur  Pflege  der  Gelehrsamkeit  des  Clerus,  zur  Beförderung  des  Volksunterrichts, 
zur  Widerlegung  der  Behauptungen  der  Akatholiken  und  zur  Pflege  der  Fröm- 
migkeit unter  den  Gläubigen  am  geeignetsten  sein  könnten.  Da  Wir  überdies 
erfahren  haben,  dass  an  einigen  Orten  liturgische  und  Eitualbücher  in  Gebrauch 
seien,  in  welche  sich  entweder  ein  Irrthum  eingeschlichen  oder  eine  willkür- 
liche Veränderung  eingeführt  wurde,  wird  es  Eure  Aufgabe  sein,  Uns  bekannt 
zu  geben,  welche  Bücher  bei  Euch  in  Gebrauch  sind,  und  ebenso  Uns  zu  sa- 
gen, ob  diese  Bücher  zu  irgend  einer  Zeit  von  diesem  heiligen  Stuhle  approbirt 
waren,  oder  ob  sie  nach  Eurem  Urtheile  Irrthümer  enthalten,  welche  verbessert 
werden  müssen,  und  ganz  besonders  erbitten  Wir  Uns  von  Euch  zu  erfahren, 
welche  Fortschritte  in  Euren  Diöcesen  die  heilige  katholische  Union  macht, 
welche  Hindernisse  ihr  entgegenstehen  und  durch  welche  passende  Mittel  diese 


Katholische  Thätigkeit.  Orientalische  Kirche.  185 

Hindernisse  beseitigt   werden  können,    damit  die  Union  von  Tag  zu  Tag  mehr 
befördert  und  ausgebreitet  werde. 


Für  das  Kirchenregiment  unter  den  Orientalen  bestehen,  abgesehen  von 
den  Kirchenprovinzen  orientalischen  Eitus  in  Oesterreich,  welche  weiter  oben 
angeführt  wurden,  folgende  Patriarchate,  Erzbisthümer  und  Bisthümer: 

Armenisclier  Ritus. 

Patriarchat:   Cilicia. 

Erzbisthümer:  Adana,  Aleppo,  Alessandria,  Caesarea,    Diarbekir, 

Jerusalem,   Marase,    Mardin,    Melitene    oder  Malatia,    To- 

kat,    Sebaste. 
Primatial - Erzbisthum :    Constantinopel. 
Bisthümer:   Ancira,    Artuin,    Bursa,    Erzerum,    Trebisonda,  His- 

pahan. 

Kophtischer   Ritus. 
Egyptische  Kophten. 

Die  Katholiken  dieses  Ritus  haben  keine  feste  Hierarchie  und  unterstehen 
einem  apostolischen  Vicare  desselben  Ritus. 

Aethiopische  oder  Abissinische  Kophten. 

Auch  unter  diesen  Katholiken  gibt  es  keine  feste  Hierarchie,  sie  stehen 
unter  Jurisdiction  eines  lateinischen  apostolischen  Vicars,  welcher  in  Abissinien 
seinen  Sitz  hat  und  eines  andern,  welcher  seinen  Sitz  unter  den  Gallas  hat. 

Griechischer  Ritus. 
Griechisch -melchitischer    Ritus. 
Patriarchat :   Antiochien. 
Erzbisthümer:    Damascus,  Amesus,  Tirus. 

Bisthümer:  Aleppo,  Berito  oder  Bairut,  Bosra,  Eliopoli  oder  Bal- 
bek,  Farzul  oder  Zaala,  Jerusalem,  Hauran,  Sidone  oder 
S  a  i  d  a. 

Griechisch -bulgarischer  Ritus. 
Auch  die  Katholiken  dieses  Ritus  haben  keine  feste  Hierarchie,   sondern 
sind  den  lateinischen  apostolischen  Yicaren  der  Orte  empfohlen,  wo  solche  ihren 
Sitz  haben. 

Syrischer   Ritus. 
Syrisch. 
Patriarchat:  Antiochia. 
Erzbisthümer:   Babylon,  Damascus,  Diarbekir. 


186  Katholische  Thätigkeit.  Orientalische  Kirche. 

Bisthflmer:  Aleppo,  Alessandria,  Berito  oder  Bairut,  Emesns,  Ke- 
riathim  oder  Nebk,  Madiat,   Mardin,  Mossul. 

Syrisch-chaidäisch. 
Patriarchat :  Babylonia. 
Erzbisthümer:  Amadia,  Diarbekir. 

Bisthümer:    Gezira,    Kerkurk,    Mardin,    Mossul,    Salmas,    Sehanan, 
Seert,  Zaku. 

Syrisch-maronitisch . 
Patriarchat:  Antiochia. 
Erzbisthum :   Damascus. 

Bisthümer:    Aleppo,  Berito  oder  Bairut,  Cipro,  Eliopoli  oder  Balbek, 
Gibail  und  Botri,  Tripoli. 


Katholische  Thätigkeit  dem  Objecte  nach. 


Die  oberste  Hirtenthätigkeit  des  Papstes  ist  katholisch  2)  dem  Ob- 
jecte nach,  denn  sie  umfasst  alle  Ordnungen  und  Gegenstände. 

A.  Apostolische  Thätigkeit 

(im  engeren  Sinne). 

In  dieser  Eichtung  verweisen  wir  auf  die  Actenstücke,  von  welchen  weiter 
oben  unter  Ostindien  und  China  die  Eede  war,  und  auf  die  Paragraphe  21 
resp.  22  der  amerikanischen  Concordate,  welche  die  Unterstützungen  der  dorti- 
gen Eegierungen  für  die  Ausbreitung  des  Glaubens  und  die  Bekehrung  der 
Ungläubigen  sowie  für  die  Wirksamkeit  der  apostolischen  Missionäre  stipuliren. 

Auch  ist  unter  dieser  Eubrik  zu  erwähnen,  dass  Pins  IX.  63  aposto- 
lische Vicare  theils  für  die  bereits  bestehenden,  theils  für  die  von  ihm 
neu  errichteten  apostolischen  Vicariate,  und  12  Coadjutoren  apostolischer 
Vicariate  ernannt  hat.  Im  Ganzen  bestehen  101  apostolische  Vicariate, 
5  apostolische  Delegationen  und  21  apostolische  Präfecturen. 
Erledigt  sind   7  Vicariate  und   6   Präfecturen. 

B.  Hierarchische  Thätigkeit. 

Hieher  gehört  die  grosse  Zahl  von  Rundschreiben  und  Braven  theils  an 
einzelne  Bischöfe,  theils  an  die  Bischöfe  einer  ganzen  Kirchenprovinz,  theils 
an  alle  Bischöfe  der  katholischen  Welt.  Die  Acta  enthalten  vierzig  AUo- 
cutionen,  zwölf  Breven  an  einzelne  Bischöfe,  achtzehn  apostolische  Schrei- 
ben an  die  Bischöfe  ganzer  Provinzen  und  Länder  und  zwölf  Encycliken  an 
alle  Bischöfe  der  ganzen  katholischen  Welt.  In  diesen  apostolischen  Schrei- 
ben handelt  Pius  IX.  mit  besonderer  Vorliebe  von  den  Pflichten  der  Bischöfe 
in  Bezug  auf  ihr  eigenes  Amt  und  in  Bezug  auf  die  Amtsführung  des  ihnen 
untergebenen  Clerus. 


188  Hierarchische  Thätigkeit. 

Pius  IX.  behandelt  in  diesen  apostolischen  Schreiben: 

1)  die  Pflichten  des  bischöflichen  Amtes.  ^) 

Der  Papst  empfiehlt 

2)  die  Einheit  der  Bischöfe  untereinander.  2) 

Der  Papst  vertheidigt 

3)  die  Rechte  der  Bischöfe;^) 

er  empfiehlt  denselben 

4)  die  Abhaltung  von  Provinzial-Concilien;  *) 

er  empfiehlt  den  Bischöfen 

5)  die  fleissige  Abhaltung  der  canonischen  Visitationen,^) 

6)  die  Abhaltung  von  Priesterexercitien,  ^) 

7)  die  Abhaltung  von  Pastoral-Conferenzen,^) 

8)  die  Abhaltung  von  Volksmissionen ,  ^) 

9)  die  sorgfältige  Erziehung  des  Clerus,^) 


*)  In  der  AUocution  vom  17.  September  1847;  in  der  Bulle  Ad  vicariam, 
vom  5.  September  1851,  mit  welcher  das  spanische  Concordat  bestätigt  wird; 'in  der  En- 
cyclica  Optime  noscitis  vom  20.  März  1854  an  die  Bischöfe  von  Irland;  in  der  Encyclica 
Sinyulari  quidem  vom  17.  März  1856  an  den  österreichischen  Episcopat;  in  der  Ency- 
clica Cum  nuper  vom  20.  Januar  an  den  Episcopat  des  Königreichs  beider  Sicilien;  in 
dem  Breve  Quo  graviora  vom  S.Juli  1852  an  den  Episcopat  von  Portugal;  in  der 
Encyclica  Quanto  conficiamur  moerore  vom  10.  August  1863  an  den  italienischen  Epis- 
copat und  in  dem  Breve  Maxima  quidem  vom  10.  August  1864  an  den  bayerischen 
Episcopat. 

2)  In  der  Encyclica  Nemo  certe  vom  25.  März  1852  an  die  Bischöfe  von  Irland 
in  der  Encyclica  Probe  noscitis  vom  17.  Mai  1852  an  die  spanischen  Bischöfe;  in  der 
Encyclica  Inter  multiplices  vom  21.  März  1853  an  den  französischen  Episcopat. 

3)  In  dem  Breve  Antequam  ad  Nos  vom  9.  Januar  1854  an  den  Erzbischof  von 
Freiburg  und  in  dem  Breve  Incredibile  vom  17.  September  1863  an  die  Bischöfe  von 
Neu-Granada. 

4)  In  der  Encyclica  Probe  noscitis  vom  17.  Mai  1852  an  die  spanischen  und  in 
dem  Breve  Inter  multiplices  vom  21.  März  1853  an   die  französischen,   ferner  in  der 

'Encyclica  Singular i  quidem  vom  17.  März  1856  an  die  österreichischen,  in  der  Ency- 
clica Cum  nuper  vom  20.  Januar  1858  an  die  Bischöfe  des  Königreichs  beider  Sicilien 
und  in  dem  Breve  vom  18.  August  1864  an  den  bayerischen  Episcopat. 

^)  In  der  Encyclica  Singulari  quidem  vom  17.  März  1856  an  die  österreichischen, 
und  in  dem  Breve  Quo  graviora  vom  3.  Juli  1862  an  die  portugisischen  Bischöfe. 

^)  In  der  Encyclica  Qui  pluribus  vom  9.  November  1846  an  alle  Bischöfe  der 
Welt  in  der  Encyclica  Nostis  et  nobiscum  vom  8.  Becember  1849  und  in  der  Encyclica 
Singulari  quidem  vom  17.  März  1856. 

')  In  der  Encyclica  vom  8.  März  1856. 

®)  In  der  Encyclica  Nostis  et  nobiscum  an  die  italienischen  Bischöfe  vom  8.  Be- 
cember 1849,  in  der  Encyclica  Optime  noscitis  an  die  Bischöfe  von  Irland  vom 
20.  März  1854  und  in  der  Encyclica  Singulari  quidem  vom  17.  März  1856. 

9)  In  der  Encyclica  Qui  pluribus  vom  9.  November  1846 ;  in  der  Encyclica  Nos- 
citis  et  nobiscum   vom   8.  Becember  1849;   in    der   Encyclica    Optime  noscitis    vom 


Hierarchische  Thätigkeit.  IgÖ 


10)  die  sorgfältige  Erziehung  der  Jugend/) 

11)  einen  heiligen  Wandel  des  Clerus;^) 

er  handelt 

12)  von  den  Pflichten  der  Domherrn,^) 

13)  von  den  Pflichten  der  Pfarrer,^) 


20.  März  1854;  in  der  Encyclica  Singulari  quidem  vom  17.  März  1856;  in  der  Ency- 
clica  Cum  nuper  vom  20.  Januar  1858;  in  der  Bulle  In  suhlimi  vom  14.  Juni  1859 
und  in  dem  Breve  Maxiina  quidem  vom  18.  August  1864. 

^)  In  sämmtlichen  erwähnten  Actenstücken  und  in  der  Encyclica  Probe  noscitis 
vom  17.  Mai  1852  an  die  spanischen  Bischöfe,  so  wie  in  dem  Breve  Quum  non  sine 
vom  14.  Juli  1864  an  den  Erzbischof  von  Freiburg.  Das  zuletzt  genannte  Breve  ist 
auf  Seite  92  bis  99  des  ersten  Heftes  der  Broschüre  „Der  Papst  und  die  modernen 
Ideen",  abgedruckt. 

^)  In  den  oben  erwähnten  Actenstücken. 

5)  In  der  Encyclica  Singulari  quidem  vom  17.  März  1856  an  den  österreichischen 
Episcopat.  Die  betreffende  Stelle  lautet:  Consulite,  uf  omnes  cujusque  Metropolilani, 
Calhedralis  et  CoUegialis  Templi  Canonici,  aliique  Beneßciarii  choro  addicti  morum 
gravitate,  vitae  integriiate  ac  pietatis  studio  undique  praefulgere  studeant  iamquam 
lucernae  ardeiites  positae  super  candelahrum  in  templo  Domini,  et  omnes  suscepii 
muneris  partes  diligenter  expleant,  residendi  legem  servent  ^  divini  cultus  splendorem 
curent,  atque  alacres  in  excuhiis  Domini  divinas  laudes  studiose,  rite,  pie,  religiöse, 
non  vero  mente  vaga,  non  vagis  oculis,  non  indecoro  corporis  statu  concelebrent,  me- 
memoria  semper  repetentes ,  quod  ipsi  ad  chorum  accedunt,  non  modo,  ut  sanctissi- 
mum  Deo  cultum  vener ationemque  tribuant,  verum  etiam,  ut  a  Deo  ipso  et  sibi,  et 
aliis  omne  bonum  deprecentur.  „Sorgt  dafür,  dass  alle  Canoniker  jeder  Metropolitan-, 
Cathedral-  und  Collegiat-Kirche  und  andere  Chorpfründner  durch  Sittenstrenge,  unbe- 
scholtenen Lebenswandel  und  eifrige  Frömmigkeit  allenthalben  hervorzuleuchten  streben, 
wie  brennende  Kerzen,  welche  auf  den  Leuchter  gestellt  sind  im  Tempel  des  Herrn, 
und  alle  Pflichten  ihres  Amtes  sorgfältig  erfüllen,  das  Gesetz  der  Eesidenz  beobachten, 
für  den  Glanz  des  Gottesdienstes  sorgen  und  das  heilige  Lob  Gottes  als  muntere  Wächter 
eifrig,  auf  reehte  Weise,  andächtig,  gewissenhaft,  aber  nicht  mit  zerstreutem  Herzen, 
nicht  mit  umherschweifenden  Augen,  nicht  mit  unziemlicher  Haltung  des  Körpers  feiern, 
und  immer  bedenken,  dass  sie  in  den  Chor  gehen,  nicht  blos  um  Gott  heiligen  Dienst 
und  Verehrung  zu  weihen,  sondern  auch,  um  sich  und  Andern  von  Gott  alles  Gute 
zu  erflehen." 

4)  In  der  Encyclica  Singulari  quidem  vom  17.  März  1856.  Die  betreffende  Stelle 
lautet:  Ulis  inculcate,  ut  nunquam  cessent  christianam  plebem  sibi  traditam  sedulo 
pascere  divini  verbi  praeconio,  ac  Sacramentorum  et  multiformis  gratiae  Dei  dispen- 
satione,  et  rüdes  homines  ac  maxime  puerculos  christianae  fidei  mysteriis,  nostraeque 
religionis  documentis  amanter  patienterque  erudire,  et  errantes  ad  salutis  Her  addu- 
cere,  ut  siimmopere  studeant,  odia,  simultates,  inimicitias,  discordias,  scandala  tollere, 
et  confortare  pusillanimes ,  et  visitare  infirmos,  eosque  afflictos,  atque  aerumnosös 
consolari,  omnesque  exhortari  in  doctrina  sana,  et  monere,  ut  religiosissime  reddant, 
quae  sunt  Dei  Deo,  et  quae  sunt  Caesaris  Caesari,  docentes  quod  omnes  non  solum 
propter  iram,  sed  etiam  propter  conscientiam  Principibus  et  potestatibus  subditi  esse 
et  obedire  debent  in  iis  omnibus,  quae  Dei  et  Ecclesiae  legibus  minime  adversantur, 
„Schärft  ihnen  (den  Pfarrern,  also  ermahnt  der  Papst  die  österreichischen  Bischöfe) 
ein,  dass  sie  niemals  aufhören,   das  ihnen  übergebene  Volk  fleissig  mit  der  Predigt 


190  Hierarchische  Thätigkeit. 

14)  von  den  Pflichten  der  Prediger.^) 


des  göttlichen  Wortes  und  mit  der  Ausspendung  der  Sakramente  und  der  vielförmigen 
Gnade  Gottes  zu  nähren,  unwissende  Menschen  und  namentlich  die  Kinder  in  den  Ge- 
heimnissen des  christlichen  Glaubens  und  in  den  Denkmalen  unserer  Religion  liebevoll 
und  geduldig  zu  unterrichten  und  die  Irrenden  auf  den  Weg  des  Heiles  zu  führen; 
dass  sie  besonders  streben,  Hass,  Eifersucht,  Feindschaften,  Zwietracht,  Aergernisse 
zu  beseitigen,  die  Kleinmüthigen  zu  stärken,  die  Kranken  zu  besuchen  und  ihnen  ins- 
besondere alle  geistige  Hilfe  angedeihen  zu  lassen;  die  Armen,  Betrübten  und  Kum- 
mervollen zu  trösten  und  alle  in  der  heiligen  Lehre  zu  ermahnen  und  zu  errinnern, 
dass  sie  gewissenhaft  Gott  geben  was  Gottes,  und  dem  Kaisser  was  des  Kaisers  ist,  und 
lehren,  dass  Alle  nicht  nur  um  der  Strafe  sondern  auch  um  des  Gewissens  willen  den 
Fürsten  und  Gewalten  unterthan  sein  und  in  Allem  gehorchen  müssen,  was  den  Ge- 
setzen Gottes  und  der  Kirche  nicht  widerspricht.'' 

Aehnliche  Stellen  finden  sich  in  der  Encyclica  Cum  nuper  vom  20.  Januar  1858, 
ferner  in  der  Encyclica  Amaniissimi  Redemptoris  vom  3.  Mai  1858,  in  der  Encyclica 
Amantissimus  vom  8.  April  1862  an  die  Patriarchen,  Erzbischöfe  und  Bischöfe  des  orien- 
talischen Ritus,  in  dem  Breve  „Quo  graviora"  vom  8.  Juli  1862  an  die  portugisischen 
Bischöfe  und  in  der  Encyclica  Incredibili  vom  17.  September  1863  an  die  Bischöfe 
von  Neu-Granada. 

^)  In  der  Encyclica  Qui  pluribus  vom  9.  November  1846.  Die  betreflFende  Stelle 
lautet :  Divini  verbi  praeconibus  inculcare,  praecipere  nunquam  desinile,  Venerabiles 
FraireSy  ut  gravissimum  sui  muneris  officium  animo  reputantes,  evangelicum  minisie- 
rium  non  in  persuasibilibus  humanae  sapientiae  verbis,  non  in  profano  inanis  et 
ambiiiosae  eloquentiae  apparaiu  et  lenocinio,  sed  in  ostensione  spirilus  et  virtutis 
religiosissime  exerceant,  ut  recte  tractantes  verbum  veritatis,  et  non  semetipsos,  sed 
Christum  Crucifixum  praedicantes,  sanctissimae  nostrae  religionis  dogmata,  praecepta 
juxta  catholicae  Ecclesiae  et  Patrum  doctrinam  gj^avi  ac  splendido  orationis  gener e 
populis  clare  aperteque  annuncient,  peculiaria  singulorum  officia  accurate  explicent, 
omnesque  a  flagitiis  deterreant,  ad  pietatem  inflamment,  quo  fideles  Dei  verbo  salu- 
briter  imbuti  atque  refecti  vitia  omnia  declinenl,  virtutes  sectentur,  atque  ila  aeternas 
poenas  evadere  et  coelestem  gloriam  consequi  valeant. 

„Den  Predigern  des  göttlichen  Wortes  höret  niemals  auf  einzuschärfen  und  vor- 
zuschreiben, ehrwürdige  Brüder,  dass  sie  die  höchst  schwere  Pflicht  ihres  Amtes  erwägend 
ihr  evangelisches  Amt  nicht  in  den  einschmeichelnden  Worten  menschlicher  Weisheit, 
nicht  in  profaner  Reizung  und  Lokung  einer  eiteln  und  ehrgeizigen  Beredsamkeit,  son- 
dern in  der  Entfaltung  von  Geist  und  Kraft  gewissenhaft  ausüben  sollen,  damit  sie 
das  Wort  der  Wahrheit  recht  behandeln  und  nicht  sich  selbst,  sondern  Christum  den 
Gekrevizigten  predigen  mögen,  die  Dogmen  und  Vorschriften  Unserer  heiligsten  Religion 
nach  der  Lehre  der  katholischen  Kirche  und  der  Väter  in  einer  ernsten  und  glänzenden. 
Redeweise  den  Völkern  klar  und  offen  verkünden,  die  besonderen  Pflichten  eines  Jeden 
genau  erklären  und  Alle  von  Lastern  abschrecken  und  zur  Frömmigkeit  entflammen, 
damit  die  Gläubigen  mit  dem  Worte  Gottes  heilsam  genährt  und  erquickt  von  allen 
Sünden  sich  abkehren,  den  Tugenden  nachfolgen,  und  so  den  ewigen  Strafen  zu  ent- 
gehen und  die  himmlische  Glorie  zu  erlangen  vermögen." 

Ferner  wird  von  den  Pflichten  der  Prediger  gehandelt  in  der  Encyclica  Nosci- 
iis  et  Nobiscum  vom  8.  December  1849  und  in  der  Encyclica  Nemo  cerfe  vom  25.  März^ 
1852;  endlich  in  der  Encyclica  Singulari  quidem  vom  17.  März  1856. 


Ethische  Wirksamkeit.  191 

Katholische  Hierarchie. 
Endlich  ist  hier  noch  zu  erwähnen,  dass  Pius  IX.  540  bischöfliche  und 
erzbischöfliche  Stühle  neu  besetzt  hat.  Die  Gesammtzahl  der  bischöflichen 
und  erzbischöflichen  Stühle,  welche  gegenwärtig  besetzt  sind,  beträgt  728,  er- 
ledigt sind  127.  Sitze  in  partibus  sind  235  besetzt,  von  welchen  Pius  IX. 
162  verliehen  hat. 

C.  Ethische  Wirksamkeit. 
In  dieser  Richtung  empfiehlt  Pius  IX.  in  einer  Reihe  von  Actenstücken 

1)  den   Gehorsam  gegen   die    Kirche    und  gegen  die    weltliche 
Obrigkeit'), 

2)  die    rechte   Pflege    der  Wissenschaft    und    die   Vermeidung 
einer  falschen  Wissenschaft^), 


*)  Die  hauptsächlichsten  Actenstücke,  in  welchen  dies  geschieht,  sind  auf  Seite 
46,  ferner  auf  Seite  106  —  114  des  ersten  Heftes  und  auf  Seite  31  und  32  sowie 
auf  Seite  42  des  zweiten  Heftes  der  Broschüre  „Der  Papst  und  die  modernen  Ideen" 
mitgetheilt.  Ausserdem  sind  hier  noch  zu  erwähnen  die  Allocution  Non  semel  vom 
29.  April  1848,  die  Allocution  Quibus  quantisque  vom  20.  April  1849,  die  Allocution 
In  ApostoUcae  vom  19.  December  1853 ,  die  Encyclica  Neminem  vestrum  vom 
2.  Februar  1854  an  die  Armenier.  In  dem  zuletzt  erwähnten  Actenstücke  ermahnt 
Pius  IX.  die  gläubigen  Armenier  der  Kirchenprovinz  Constantinopel  zum  Gehorsam 
gegen  ihre  Bischöfe  mit  folgenden  Worten: 

Subditi  estoie  et  obediie  vestris  Episcopis,  quos  Spiritus  Sanctus  posuit  re- 
gere Ecclesiam  hei.  Ipsis  enim  vestra  salus  est  commissa ,  de  qua  severissimam 
aeterno  Pastorum  Principi  rationem  aliquando  sunt  reddituri ,  ac  propterea  ipsis 
summopere  advigilandum,  excubandum,  allaborandum,  utvos  ad  salutis  semitam  deducant 
ac  doctrinae  oportunitate  et  veritate  infirma  confirment,  disrupta  consolident,  depravata 
convertant  et  verbum  viiae  in  aeternitatis  cibum  vobis  alendis  dispendant.  Quare 
vestras  aures  ipsorum  Antistitum  voci  et  auctoritati  faciles  praebeie  et  nunquam  eve- 
niat  ut  aliquis  inter  vos  existat,  qui  proprio  Antistiti  resistere,  eique  legem  imponere 
quodam  modo  velit  in  iis  praesertim  omnibus,  quae  ad  episcopale  ministerium  et 
auctoritatem  pertinent. 

„Seid  Euren  Bischöfen,  welche  der  heilige  Geist  gesetzt  hat,  die  Kirche  Gottes 
zu  regieren,  unterthan  und  gehorchet  ihnen,  denn  ihnen  ist  Euer  Heil  anvertraut,  über 
welches  sie  dem  ewigen  Fürsten  der  Hirten  dereinst  die  strengste  Rechenschaft 
ablegen  müssen,  und  daher  müssen  sie  gar  sehr  darüber  wachen  und  dahin  wirken, 
dass  sie  Euch  auf  den  Weg  des  Heiles  führen  und  durch  passende  Belehrung  und  durch 
die  Wahrheit  das  Schwache  stärken,  das  Zerrissene  befestigen,  das  Verderbte  bekehren 
und  das  Wort  des  Lebens  zur  Speise  der  Ewigkeit  Euch  zur  Nahrung  spenden.  Darum 
leihet  Euer  Ohr  gerne  der  Stimme  und  der  Autorität  der  Bischöfe,  und  nie  geschehe 
es,  dass  Jemand  unter  Euch  sei,  welcher  sich  dem  eigenen  Bischöfe  widerserzetzen  und 
ihm  in  irgend  einer  Weise  ein  Gesetz  aufdringen  möchte,  zumal  in  allen  denjenigen 
J)ingen,  welche  zum  bischöflichen  Amte  und  Ansehen  gehören/- 

2)  In  der  Encyclica  Qui  plunbus  vom  9,  November  1846,  in  der  Encyclica  Ubi 
primuin  vom  17.  Juni  1847,  in  der  Encyclica  Noscitis  et  nobiscum  vom  8.  Decem- 
ber 1849,  in  der  Encyclica  Optime  noscitis  vom  20.  März  1854,  in  dem  Breve 
Eximiam  tuam  an  den  Cardinal  Geissei,  Erzbiscbof  von  Köln,  vom  15.  Juni 
1857,  in  dem  Breve  Gravissimas  inter  an   den  Erzbischof  von  München   vom   11.  De- 


192  Liturgische  Thätigkeit. 

3)  die  Bekämpfung  der  schlechten  und  die  Beförderung  der 
guten  Presse.^) 

Der  Papst  verdammt 

4)  die  geheimen  Gresellschaften;^) 

er  empfiehlt  endlich 

5)  Die  katholische  Charitas.  ^) 

D,  Liturgische  Thätigkeit. 

In  dieser  Richtung  garantirt  der  Papst 

1)  die  Aufrechthaltung  der  orientalischen  Liturgien;*) 

er  empfiehlt 

2)  die  Abhaltung  der  kirchlichen  Functionen,  insbesondere 
die  Feier  des  Messopfers  und  die  Yerwaltung  der  Sakra- 
mente in  den  vom  heiligen  Stuhle  gutgeheissenen  Kirchen- 
sprachen; ^) 

er  verbietet 

3)  die  Feier  des  Gottesdienstes  nach  dem  Pontificalritus 
ohne  besonderes  päpstliches  Privilegium  den  Prälaten, 
welche  einen  geringeren  als  Pontificalrang  haben;  ^) 

er  lehrt 

4)  wie  das  heilige  Messopfer  zu   feiern  sei. '^) 


cember  1862,  in  der  Encyclica  Quanto  conficiamur  an  die  Bischöfe  Italiens  vom 
10.  August  1863,  in  der  Encyclica  Tuas  libmfer  an  den  Erzbischof  von  München  vom 
22.  December  1863,  in  dem  Breve  Maxima  quidem  an  den  bayrischen  Episcopat 
vom  18.  August  1864  und  in  der  berühmten  Encyclica  Quanta  cura  vom  8.  De- 
cember 1864. 

^)  In  den  Encycliken  vom  9.  November  1846,  6.  Januar  1848  (an  die  Orientalen), 
8.  December  1849,  21.  März  1853,  in  dem  eigenhändigen  Schreiben  an  den  König 
Victor  Emanuel  vom  9.  November  1849,  in  der  Encyclica  vom  20.  Januar  1858,  in  der 
Allocuiiion  Maximo  animi  nostri  vom  26,  September  1859,  in  der  Allocution  Omnibus 
notum  vom  13.  Juli  1860,  in  der  Allocution  Meminit  unusquisgue  vom  30.  Sep- 
tember 1861,  in  der  Encyclica  Amantissimus  vom  8.  April  1862  (an  die  Orientalen), 
in  dem  Breve  Quo  graviora  vom  8.  Juni  1862,  und  in  der  Encyclica  Incredibili  vom 
17.  September  1863,  endlich  in  der    berühmten    Encyclica  vom  8.  December  1864. 

2)  In  der  Encyclica  vom.  9.  November  1846  und  in  der  Allocution  Quibus  quan- 
tisque  vom  20.  April  1849. 

3)  In  der  Allocution  Singulari  quadam  vom  9.  December  1854. 

4)  Die  betreffenden  Actenstücke  sind  weiter  oben  mitgetheilt,  wo  von  der  Thätig- 
keit des  Papstes  für  die  orientalische  Kirche  die  Rede  ist. 

^)  In  der  Encyclica  Optime  noscitis  vom  5.  November  1855  an  die  österreichi- 
schen Bischöfe. 

6)  In  dem  eben  erwähnten  Actenstücke. 

")  In  der  Encyclica  Ämantissimi  Eedemptoris  vom  3.  Mai  1848,  wo  er  die  Bi- 
schöfe ermahnt : 


Katholische  Thätigkeit.  1^93 

E.  Gesetzg^ebende  (disciplinarische)  Thäti«:keit. 

Was  Pius  IX.  in  dieser  Richtung  gethan,  ist  zum  grössten  Theile  schon 
in  der  ersten  Abtheilung  angeführt  worden.  Ausserdem  empfiehlt  er  in  dieser 
Richtung 

1)  die    grösste  Sorgfalt   in   der  Auswahl  der  in  den  geistlichen 
Stand  Aufzunehmenden;  ^) 

2)  eine   genaue  Prüfung   des  Berufs  und  Wandels   derjenigen, 
welche  sich  zum  Empfang  der  heiligen  Weihen  melden;^ 

3)  eine    sorgfältige    Prüfung   des    Berufes    derjenigen,    welche 
sich  zur  Aufnahme  in  einen  geistlichen  Orden  melden;^) 

4)  ertheilt  er  sonstige  Disciplinar- Vorschriften.'*) 


Neque  desinatis  omnem  operam  et  industriam  impendere,  ut  vestrarum 
Dioecesium  Sacerdotes  ea  morum  integritate,  gravitate,  eaque  totius  vitae  innocentia, 
sanctitate  emineant,  quae  illos  omnino  decet  quibus  unis  datum  est  divinam  conse- 
crare  hostiam,  ac  tarn  sanctum  tamque  tremendum  perficere  Sacrifidum.  Quocirca 
omnes  sanciissimo  Sacerdotio  initiatos  etiam  atque  etiam  monete,  urgete,  ut  serio 
meditantes  minister ium,  quod  acceperunt  in  Domino,  illud  impleant,  et  continenter 
memores  dignitatis,  ac  coelestis  potestatis,  qua  praediti  sunt,  virtutum  omnium  splen- 
dore,  ac  salutaris  doctrinae  laude  refulgeant,  summaque  animi  contentione  in  divinum 
cultum,  divinasque  res  et  animarum  salutem  incumhant ,  ac  seipsos  hostiam  vivam 
et  sanctam  Domino  exhihentes,  et  mortificationem  Jesu  in  suo  corpore  semper  cir- 
cumferentes  puris  manihus  et  mundo  corde  placationis  hostiam  rite  offerant  Deo 
pro  sua  et  totiu$  mundi  salute. 

„Höret  nicht  auf,  alle  Mühe  und  Sorgfalt  anzuwenden,  damit  die  Priester  Eurer 
Diöcesen  durch  jene  Sittenreinheit  und  Sittenstrenge  und  jene  Unschuld  und  Heiligkeit 
des  ganzen  Lebens  hervorragen,  welche  Jenen  durchaus  ziemt,  denen  allein  es  verliehen 
ist,  die  göttliche  Hostie  zu  consecriren  und  ein  so  heiliges  und  furchtbares  Opfer  zu 
feiern.  Darum  ermahnet  dringend  immer  aufs  Neue  alle  in  das  heilige  Priesterthum 
Eingeweihten,  dass  sie  das  Amt,  welches  sie  im  Herrn  erhalten  haben,  ernstlich  ♦er- 
wägend, dasselbe  erfüllen  und  beständig  eingedenk  der  Würde  und  der  himmlischen 
Gewalt,  mit  welcher  sie  begabt  sind,  durch  den  Glanz  aller  Tugenden  und  durch  den 
Ruhm  der  heilsamen  Gelehrsamkeit  hervorleuchten,  und  aus  ganzem  Herzen  auf  den 
Gottesdienst,  auf  die  göttlichen  Dinge  und  auf  das  Heil  der  Seelen  bedacht  seien,  und 
sich  selbst  als  lebendige  und  heilige  Opfer  dem  Herrn  darbringen,  und  die  Abtödtung 
Jesu  immer  an  ihrem  Leibe  herumtragend  mit  reinen  Händen  und  mit  reinem  Herzen 
das  Opfer  der  Versöhnung  Gott  auf  rechte  Weise  darbringen  für  ihr  und  der  ganzen 
Welt  Heil.« 

^)  In  den  Encycliken  vom  9.  November  1846  und  8.  December  1849. 

^)  In  den  oben  erwähnten  Actenstücken. 

^)  In  den  oben  erwähnten  Actenstücken  und  in  der  Encyclica  Ubi  primum  vom 
17.  Juni  1847  an  alle  Ordensgenerale,  Aebte,  Provinciale  und  andere  Ordensobem. 

^)  In  der  Encyclica  Tibi  primmn  vom  17.  Juni  1847,  in  der  Encyclica  vom 
20.  Januar  1858,  in  dem  Breve  Ad  universalis  vom  7.  Februar  1862,  in  der  Encyclica 
Amantissimus  vom  7.  April  1862,  in  dem  Breve  Quo  graviora  vom  8.  Juli  1862  und 
in  der  Encyclica  Quanio  conficiamur  vom  10.  August  1863. 

Pius  IX.  als  Papst  und  als  König  13 


194  Katholische  Thätigkeit. 

F.  Richterliche  Thätiglteit. 

Auch  in  dieser  Richtung  sind  die  hervorragendsten  Acte  Pius  IX.  be- 
reits in  der  ersten  Abtheilung  angeführt.     Hier  ist  noch  zu  erwähnen: 

Dass  er  den  Armeniern  der  Kirchenprovinz  Constantinopel 
ein  ewiges  und  absolutes  Stillschweigen  über  alle  früheren 
Streitigkeiten  auferlegt  hat.  ^) 

G.  Politische  Thätigkeit. 

In  dieser  Richtung  sind  zu  erwähnen  die  Bemühungen,  mit  welchen 
Pius  IX.  die  Freiheit  und  die  Rechte  der  Kirche  gegen  die  Eingriffe  der 
weltlichen  Gewalt  vertheidigt  hat,  und  zwar: 

in  Italien, 

in  Deutschland  (Grossherzogthum  Baden), 

in  Spanien, 

in  der  Schweiz,    ^ 

in  Russland, 

in  Mexico  und 

in  Neu-Granada, 
wie  dies  weiter  oben  unter  den  einzelnen  Ländern  des  Näheren  ausgeführt  ist.  ^) 


1)  In  der  Encyclica  In  Apostolicae  vom  2.  Februar  1854. 

^)  Hieher  gehören  nicht  weniger  als  28  Actenstücke,  nämlich  die  AUocution  IJhi 
primum  vom  17.  December  1847,  die  AUocution  Probe  noscitis  vom  3.  Juli  1848,  die 
Allocutionen  Si  semper  antea  vom  20.  Mai  1850  und  In  consistoriali  vom  1.  Novem- 
ber 1850,  die  apostolischen  Schreiben  Multiplices  inter  vom  10.  Juni  und  Äd  Aposto- 
licae vom  22.  August  1851,  die  AUocution  Quibus  luctuosissimis  vom  5.  September  1851, 
die  Encyclica  Probe  noscitis  vom  17.  Mai  1852,  die  AUocution  Cum  placuerit  vom 
1.  März  1853,  das  apostolische  Schreiben  Totius  dominici  gregis  vom  15.  Mai  1853, 
die  Bulle  In  celsissima  vom  3.  August  1853,  die  AUocution  In  Apostolicae  vom  19.  De- 
cember 1853,  das  Breve  Antequam  ad  Nos  vom  9.  Januar  1854,  die  AUocution  Probe 
memineritis  vom  22.  Januar  1855,  die  Allocutionen  Cum  saepe  und  Nemo  vestrum 
vom  26.  Juli  1855 ,  die  AUocution  Quod  pro  Apostolica  vom  3.  November  1855 ,  die 
AUocution  Nunquam  fore  vom  15.  December  1856,  die  Bulle  Aeterni  pastoris  vom 
22.  September  1859,  die  AUocution  Omnibus  notum  vom  13.  Juli  1860,  die  AUocution 
Multis  gravibusque  vom  17.  December  1860,  das  Breve  Universi  dominici  gregis  vom 
31.  December  1860,  die  AUocution  Meminit  unus  quisque  vom  30.  September  1861, 
die  AUocution  Maxima  quidem  vom  9.  Juni  1863,  die  Bulle  Cum  ad  hanc  vom 
1.  Juli  1863,  das  Breve  Cum  non  sine  vom  14.  Juni  1864,  das  Breve  Ubi  urbaniano 
vom  30.  Juli  1864  und  endlich  das  Breve  Maxima  quidem  vom  18.  August  1864. 


II. 


Die  oberste  Hirtenthätigkeit  des  Papstes  ist  apostolisch  der  Auto- 
rität nach. 

In  dieser  Richtung  ist  der  Papst  insbesondere  der  unfehlbare  Lehrer 
in  Glaubenssachen  und  es  fällt  daher  mit  seiner  apostolischen  Thätigkeit  im 
weiteren  Sinne  des  Wortes  zugleich  seine 

H.  Symbolische  Thätigkeit 

zusammen,  sofern  sie  sich  in  der 

Bestätigung  von  Glaubenslehren 

äussert.  Hier  sind  vor  Allem  zu  erwähnen  seine  Aussprüche  über  die  Un- 
fehlbarkeit der  Kirche  und  des  heiligen  Stuhles,  Primat  der 
römischen  Kirche,  Einheit  der  Kirche,  alleinseligmachende 
Kirche,  Messopfer,  Ehe. 

Unfehlbarkeit  des  Papstes. 

Wir  haben  schon  oben  in  der  ersten  Abtheilung  erwähnt,  dass  der 
Papst,  indem  er  aus  eigener  Autorität  das  Dogma  von  der  unbefleckten 
Empfängniss  feststellte,  durch  diese  Entscheidung  die  Frage  über  die  Unfehl- 
barkeit des  Papstes  gegen  jeden  Zweifel  an  derselben  thatsächlich  entschie- 
den habe ;  aber  gleich  im  Beginne  seines  Pontificats  in  der  ersten  Encyclica, 
welche  er  am  9.  November  1846  an  alle  Bischöfe  der  katholischen  Welt 
richtete  und  welche  mit  den  Worten  Qui  pluribus  beginnt,  hat  er  die  Un- 
fehlbarkeit des  Papstes  mit  klaren  Worten  ausgesprochen,  wo  er  sagt: 

Deus  ipse  vivam  constituit  auctoritatem ,  quae  verum  legitimumque  coelestis 
suae  revelationis  sensum  doceretj  constabiliret,  omnesque  controversias  in  rebus  fidei 
et  morum  infallibili  judicio  dirimeret,  ne  fideles  circumferantur  omni  vento  doc- 
trinae  in  nequitia  hominum  ad  circumventionem  erroris.  Quae  quidem  viva  et  in- 

13* 


196  Apostolische  Thätigkeit.    Unfehlbarkeit  des  Papstes. 

fallihilis  auctoritas  in  ea  tantum  viget  Ecclesia,  quae  a  Christo  Domino  supra 
Petrum,  totius  Ecclesiae  Caput,  Frincipem  et  Pastorem,  cujus  fidem  numquam  de- 
fecturam  promisity  aedificata  suos  legitimos  semper  habet  Pontifices  sine  intermis- 
sione  ah  ipso  Petr-o  ducentes  originem  in  ejus  Cathedra  coUocatos,  et  ejtisdem  etiam 
doctrinae,  dignitatis,  honoris  ac  potestatis  heredes  et  vindices. 

„Gott  selbst  hat  eine  lebendige  Autorität  eingesetzt,  welche  den  wahren 
und  rechtmässigen  Sinn  seiner  himmlischen  Lehren  offenbaren  und  befestigen 
und  all  e  Streitigkeiten  in  Sachen  des  Glaubens  und  der  Sitten 
durch  ihr  unfehlbares  Urtheil  entscheiden  soll,  damit  die  Gläubigen  nicht 
von  jedem  Winde  der  Lehre  umhergetrieben  werden  in  der  Bosheit  der  Men- 
schen auf  dem  Tummelplatze  des  Irrthums.  Diese  lebendige  und  unfehlbare 
Autorität  ist  nur  in  jener  Kirche  lebenskräftig  vorhanden,  welche  von  Christus 
dem  Herrn  auf  Petrus,  der  ganzen  Kirche  Haupt,  Fürsten  und  Hirten,  erbaut, 
dem  der  Herr  versprochen,  dass  sein  Glaube  niemals  wanken  werde,  immer 
ihre  rechtmässigen  Päpste  hat,  die  ohne  Unterbrechung  von  Petrus  selbst 
ihren  Ursprung  herleiten,  auf  seinem  Stuhle  sitzen  und  auch  die  Erben  und 
Vertheidiger  seiner  Lehre,  seiner  Würde,  seiner  Ehre  und  seiner  Macht  sind. " 
Und  damit  kein  Zweifel  übrig  bleibe,  dass  Pius  IX.  hier  nicht  blos  von  der 
Unfehlbarkeit  der  Kirche,  sondern  auch  von  der  Unfehlbarkeit  des 
Papstes  sprechen  wollte,  fährt  er  unmittelbar  nach  den  angeführten  Sätzen 
fort:  Et  quoniam  uhi  Petrus  ibi_  Ecclesia  ac  Petrus  per  RomoMum  Pontificem  lo- 
quitur  et  semper  in  suis  successoribus  nivit^  et  Judicium  exercet  ac  praestat  quae- 
rentibus  ßdei  veritatem  idcirco  divina  eloquia  eo  plane  sensit  sunt  accipienda,  quem 
tenuit  ac  tenet  haec  Romana  Beatissimi  Petri  Cathedra,  quae  omnium  Ecdesiarum 
mater  et  magistra  ßdem  a  Christo  Domino  traditam,  integram  inviolatamque  semper 
servavit ,  eamque  fideles  edocuit ,  omnibus  ostendens  sahctis  semitam ,  incorruptae 
veritatis  doctrinam.  Haec  siquidem  principalis  Ecclesia,  unde  unitas  Sacerdotalis 
exorta,  haec  pietatis  metropolis,  in  qua  est  integra  christianae  religionis  ac  perfecta 
soliditas  in  qua  semper  Apostolicae  Cathedrae  viguit  Principatus  ad  quampropter 
potiorem  principalitatem  necesse  est  omnem  convenire  Ecclesiam ,  hoc  est  qui  sunt 
utique  fideles  cum  qua  quicumque  non  colligit ,  spargit.  „Und  weil,  WO  Petrus, 
dort  die  Kirche  ist,  und  Petrus  durch  den  römischen  Papst  spricht  und  immer 
in  seinen  Nachfolgern  lebt  und  sein  Richteramt  ausübt  und  denen ,  die  sie 
suchen,  die  Einheit  des  Glaubens  bietet,  darum  ist  Gottes  Wort  ganz 
und  gar  in  dem  Sinne  anzunehmen,  welchen  dieser  römische 
Stuhl  des  heil.  Petrus  festgehalten  hat  und  festhält,  der  als  Mutter 
und  Lehrmeisterin  aller  Kirchen  den  von  Christus  dem  Hen-n  überlieferten 
Glauben  immer  ganz  und  unverletzt  bewahrt  und  ihn  den  Gläubigen  gelehrt 
hat,  Allen  den  Weg  des  Heiles  und  die  Lehre  der  unverfälschten  Wahrheit 
zu  zeigen.  Denn  sie  ist  die  vornehmste  Kirche,  von  welcher  die  priesterliche 
Einheit  ausgegangen  ist,  diese  Metropole  der  Frömmigkeit,  in  welcher  die 
unversehrte  und  vollkommene  Dauerhaftigkeit  der  christlichen  Religion  ist,  in 


Apostolische  Thätigkeit.     Primat  der  römischen  Kirche.  197 

welcher  jederzeit  der  Vorrang  des  apostolischen  Stuhles  lebendig  war,  mit 
welcher  wegen  ihres  mächtigen  Vorranges  alle  Kirchen,  d.  h.  die  Gläubigen 
aller  Orten,  übereinstimmen  müssen,  weil,  wer  mit  ihr  nicht  sammelt,  zerstreut." 

Primat  der  römischen  Kirche. 

In  den  letzten  Sätzen  des  eben  citirten  Actenstückes  spricht  der  Papst 
von  dem  Primat  der  römischen  Kirche.  ^) 


*)  Auch  in  der  AUocution  vom  17.  December  1847  Ubi  primum  vertheidigt  der 
Papst  mit  denselben  Worten  des  heil.  Irenaeus  den  Primat  der  römischen  Kirche. 
In  besonders  ausführlicher  Weise  thut  er  dies  aber  in  seinem  Schreiben  an  die  Orien- 
talen In  suprema  Petri  vom  6.  Januar  1848.  Auch  dort  beruft  er  sich  zunächst  auf 
die  angeführten  Worte  des  heil.  Irenaeus,  dann  erinnert  er  die  Orientalen  daran,  dass 
vor  Alters  ihre  Bischöfe  und  ihre  Gläubigen  einstimmig  die  ehrwürdige  Autorität  der 
römischen  Päpste  anerkannt  haben  und  erzählt  dafür  folgende  Beispiele:  Im  vierten 
Jahrhundert  der  Kirche  wurde  Athanasius,  Bischof  von  Alexandrien,  von  einigen  orien- 
talischen Bischöfen  auf  dem  Concil  von  Tyrus  höchst  ungerechter  Weise  verdammt  und 
von  seiner  Kirche  vertrieben.  Als  er  nun  mit  anderen  ebenfalls  unrechtmässiger  Weise 
von  ihren  Stühlen  vertriebenen  orientalischen  Bischöfen  nach  Rom  kam,  nahm  sie  der 
römische  Bischof,  nachdem  er  die  Sache  jedes  Einzelnen  erkannt  hatte  und  sah,  dass 
alle  in  der  Lehre  des  nicaenischen  Glaubensbekentnisses  übereinstimmen,  in  seine 
Gemeinschaft  auf.  Also  erzählt  Sozomenes  im  dritten  Buche  seiner  Kirchengeschichte, 
dann  fährt  er  fort:  Et  quoniam  propter  Sedis  dignitatefn  omnium  cura  ad 
ipsum  spectabat ,  suam  cuique  E cclesiam  restituit.  Scripsit  etiam 
Orientalibus  Episcopis ,  reprehendens  eos,  quod  in  supradictorum 
causis  non  recte  judicassent ,  et  quod  Ecclesiarum  statum  tiirbarent' 
„Und  weil  wegen  der  Würde  seines  Stuhles  die  Sorge  für  Alle  ihn  an- 
ging, gab  er  jedem  seine  Kirche  zurück.  Er  schrieb  auch  an  die  orien- 
talischen Bischöfe  und  tadelte  sie,  dass  sie  in  den  Angelegenheiten 
der  Obenerwähnten  nicht  re  cht  gerichtet  hätten  und  den  Stand  der 
Kirchen  verwirren." 

Ebenso  wurde  zu  Anfang  des  fünften  Jahrhunderts  der  heilige  Johannes 
Chrysostomus,  Bischof  von  Constantinopel,  welchen  die  Synode  von  Chalcedon  höchst 
ungerechter  Weise  verurtheilt  hatte,  von  dem  Papste  Innocens  I.,  zu  dem  er  seine  Zu- 
flucht nahm,  für  schuldlos  erklärt. 

Als  im  Jahre  451  auf  dem  Concil  von  Chalcedon,  auf  welchem  600  Bischöfe,  mit 
wenigen  Ausnahmen  fast  alle  aus  dem  Orient,  anwesend  waren,  in  der  zweiten  Sitzung 
dieses  Concils  das  Schreiben  des  römischen  Papstes,  des  heiligen  Leo  des  Grossen  ver- 
lesen wurde,  riefen  die  Väter  des  Concils  aus:  „Petrus  hat  durch  Leo  also 
gesprochen!" 

Nach  dem  Schlüsse  des  Concils  aber,  auf  welchem  päpstliche  Legaten  den  Vor- 
sitz führten,  erklärten  die  Väter  des  Concils  in  ihrem  Berichte  an  den  Papst  Leo,  er 
habe  durch  seine  Legaten  über  die  versammelten  Bischöfe  wie  das  Haupt  über 
die  Glieder  den  Vorsitz  geführt.  Aber  schon  zu  der  Apostel  Zeiten  wendeten  sich  die 
Gläubigen  von  Corinth  in  Streitigkeiten,  welche  in  ihrer  Kirche  ausgebrochen  waren, 
an  den  heiligen  Clemens,  welcher  wenige  Jahre  nach  dem  Tode  des  heiligen  Petrus 
Bischof  der  römischen  Kirche  geworden  war.  Clemens  untersuchte  die  ihm  vorgetragene 
Sache  mit  aller  Gewissenhaftigkeit,  und  schrieb  als   Antwort   an   die   Corinther  jenen 


198  Apostolische  Thätigkeit.     Einheit  der  Kirche. 

Einheit  der  Kirche. 

Der  Primat  der  römischen  Kirche  hängt  aher  auf  das  innigste  zusammen 
mit  der  Einheit  der  Kirche;  über  diese  äussert  sich  Pius  IX.  in  seinem 
Briefe  an  die  Orientalen  vom  6.  Januar  1848  mit  folgenden  höchst  beredten 
Worten : 

Audite  sermonem  nostrum  Vos  omnes,  qnotquot  in  Orientalibus  ac  ßnitimis 
plagis  Christiano  quidem  nomine  gloriamini,  sed  cum  Sancta  Romana  Ecclesia 
communionem  minime  habetis ;  ac  Vos  potissimum,  qui  jpenes  illos  sacris  muneribus 
estis  addicti,  aut  majore  etiam  ecclesiastica  dignitate  fulgentes  ceteris  praesidetis. 
Recogitate  ac  memoria  repetite  veter em  Ecclesiarum  vestrarum  conditionem,  quum 
mutuo  inter  se  et  cum  reliquis  Catholici  Orbis  Ecclesiis  unitatis  vinculo  conglutina- 
bantur:  et  considerate  deinceps  num  quidquam  Vobis  projecerint  divisiones,  quae 
postmodum  subsequutae  sunt,  et  quibus  factum  est,  ut  nedum  cum  Ecclesiis  Occidenta- 
libus,  sed  neque  inter  Vos  ipsos  retinere  potueritis  antiquam  sive  doctrinae ,  sive 
sacri  regiminis  unitatem.  Memineritis  Symboli  fidei,  in  quo  Nobiscum  profitemini, 
credere  Vos  „TJnam  Sanctam  Catholicam  et  Apostolicam  Ecclesiam ;"  atque  hinc 
perpendite,  num  ipsa  haec  Sanctae  et  Apostolicae  Ecclesiae  Catholica  unitas  in  tanta 
illa  vestrarum  Ecclesiarum  divisione  inveniri  possit ;  dum  Vos  ipsi  eam  agnoscere 
abnuitis  in  communione  Romanae  Ecclesiae,  sub  qua  aliae  per  totum  mundum  fre- 
quentissimae  Ecclesiae  in  unum  corpus  coaluere  semper  et  coalescunt.  Atque  ad 
rationem  ejus  unitatis,  qua  fulgere  Catholica  Ecclesia  debet,  penitius  intelligendam, 
memoria  recolite  orationem  illam  in  Joannis  Evangelio  consignatam,  in  qua  Chri- 
stus Unigenitus  Dei  Filius  Fairem  pro  suis  Discipulis  ita  precatus  est:  ,^Fater 
sancte,  serva  eos  in  nomine  tuo,  quos  dedisti  mihi,  ut  sint  unum, 
sicut  et  nos;"  et  subinde  adjecit:  ,yNon  pro  eis  autem  rogo  tantum  ,  sed 
et  pro  eis,  qui  credituri  sunt  per  verbum  eorum  in  me,  ut  omnes 
unum  sint,  sicut  tu,  Fater,  in  me  et  ego  in  te,  ut  et  ipsi  in  nobis 
unum  sint,  ut  credat  mundus  quia  tu  me  misisti:  et  ego  clarita- 
tem,  quam  dedisti  mihi,  decli  eis  ut  sint  unum  sicut  et  nos  unum 
sumus:  Ego  in  eis,  et  tu  ih  me,  ut  sint  consummati  in  unum:  et 
cognoscat  mundus,  quia  tu  me  misisti,  et  dile xisti  eos  sicut  et  me 
dilexisti." 

Verum  idem  humanae  salutis  Auetor  Christus  Dominus,  unicae  illius,  adversus 
quam  portae  inferi  non  praevalebunt,  Ecclesiae  suae  fundamentum  posuit  in  Apo- 
stolorum  principe  Fetro ;  cui  claves  dedit  Regni  coelorum,  pro  quo  rogavit,  ut  non 
deficeret  fides  ejus,  addito  etiam  mandato,  utfratres  in  ea  confirmaret ;  qui  denique 
pascendos  commisit  agnos  et  oves  suas  atque  adeo  totam  Ecclesiam,  quae  in  veris 
Christi  agnis  atque  ovibus  est.   Atque  haec  pertinent  pariter  ad  Romanos  Antistites, 


hochberühmten  Brief,  welcher  sowohl  bei  den  Corinthem  selbst,  als  bei  andern  Orien- 
talen in  solchem  Ansehen  stand,  dass  er  auch  in  der  Folge  in  vielen  Kirchen  öffent- 
lich vorgelesen  wurde. 


Apostolische  Thätigkeit.     Einheit  der  Kirche.  199 

Petri  Successores ;  quandoquidem,  post  Petri  mortem  Etclesia  usque  ad  consumma- 
tionem  saeculi  duratura  fundamento^  super  quod  aedificata  a  Christo  fuit,  carere 
non  potest." 

„Höret  Unsere  Rede,  Ihr  Alle,  die  Ihr  unter  den  Orientalen  und  in  den 
angrenzenden  Gegenden  Euch  zwar  des  christlichen  Namens  rühmt,  aber  mit 
der  heiligen  römischen  Kirche  keine  Gemeinschaft  habt,  und  Ihr  besonders, 
die  Ihr  bei  Jenen  heilige  Aemter  verseht  oder,  durch  eine  höhere  kirchliche 
Würde  glänzend,  die  Vorsteher  der  Uebrigen  seid,  erwäget  und  lasst  an 
Eurer  Erinnerung  vorüberziehen  den  alten  Zustand  Eurer  Kirchen,  da  sie 
durch  ein  wechselseitiges  Band  der  Einheit  unter  sich  und  mit  den  übrigen 
Kirchen  der  katholischen  Welt  verbunden  waren,  und  betrachtet  dann,  ob  die 
Spaltungen,  welche  später  eintraten  und  in  Folge  deren  es  geschah,  dass  Ihr 
nicht  blos  mit  den  Kirchen  des  Abendlandes,  sondern  auch  unter  Euch  selbst 
die  alte  Einheit  der  Lehre  und  des  Kirchenregiments  nicht  mehr  aufrecht 
erhalten  konntet.  Euch  etwas  genützt  haben.  Erinnert  Euch  an  das  Glaubens- 
bekenntniss,  in  welchem  Ihr  mit  Uns  bekennt,  an  „Eine  heilige  katholische 
und  apostolische  Kirche"  zu  glauben,  und  dann  erwäget,  ob  diese  katholische 
Einheit  der  heiligen  und  apostolischen  Kirche  in  der  grossen  Spaltung  Eurer 
Kirchen  gefunden  werden  kann,  während  Ihr  selbst  sie  in  der  Gemeinschaft  der 
römischen  Kirche,  unter  welcher  jederzeit  gar  viele  andere  Kirchen  in  der 
ganzen  Welt  zu  einem  Leibe  zusammenwuchsen  und  zusammenwachsen,  an- 
zuerkennen Euch  weigert.  Und  damit  Ihr  das  Wesen  dieser  Einheit,  durch 
welche  die  katholische  Kirche  glänzen  muss,  besser  erkennet,  so  erwäget 
jenes  Gebet,  welches  im  Evangelium  Johannes  verzeichnet  steht  und  worin 
Christus,  der  eingeborne  Sohn  Gottes,  den  Vater  für  seine  Jünger  also  ge- 
beten hat:  „Heiliger  Vater,  erhalte  sie  in  Deinem  Namen,  die 
Du  mir  gegeben  hast,  damit  sie  Eins  seien,  wie  wir  es  sind; 
und  dann  fügt  er  bei:  Aber  ich  bitte  nicht  für  sie  allein,  son- 
dern auch  für  Diejenigen,  welche  durch  ihr  Wort  an  mich 
glauben  werden,  damit  Alle  Eins  seien,  wie  Du  Vater  in  mir 
bist  und  ich  in  Dir  bin,  damit  auch  sie  in  uns  Eins  seien, 
damit  die  Welt  glaube,  dass  Du  mich  gesandt  hast,,  und  ich 
habe  die  Herrlichkeit,  welche  Du  mir  gegeben  hast,  auch 
ihnen  gegeben,  damit  sieEins  seien,  wie  auch  wirEins  sind, 
ich  in  ihnen,  und  Du  in  mir,  damit  sie  vollkommen  Eins 
seien  und  die  Welt  erkenne,  dass  Du  mich  gesandt  hast  und 
sie  liebst,  wie  Du  auch  mich  liebst." 

„Aber  derselbe  Urheber  des  Heiles,  Christus  der  Herr,  hat  das  Fun- 
dament jener  einzigen  Kirche,  welche  die  Pforten  der  Hölle  nicht  überwäl- 
tigen werden,  auf  den  Apostelfürsten  Petrus  gegründet,  welchem  er  die  Schlüssel 
des  Himmelreiches  übergeben,  für  welchen  er  gebeten,  dass  sein  Glaube 
nicht   gebreche,  und  welchem  er  auch  den  Auftrag  ertheilt  hat,   seine  Brüder 


200  Apostolische  Thätigkeit.     Einheit  der  Kirche. 

in  demselben  zu  stärken,  welchen  er  endlich  beauftragt  hat,  seine  Lämmer 
und  seine  Schafe  zu  weiden,  also  die  ganze  Kirche,  welche  aus  den  wahren 
Lämmern  und  Schafen  Christi  besteht.  Und  das  gilt  auch  für  die  römischen 
Bischöfe,  die  Nachfolger  des  heil.  Petrus,  denn  die  Kirche  konnte  nach  dem 
Tode  Petri,  da  sie  bis  ans  Ende  der  Zeiten  dauern  soll,  das  Fundament, 
auf  welchem  sie  von  Christus  selbst  erbaut  worden  ist,  nicht  entbehren.  ^) 


*)  In  ganz  ähnlicher  Weise  spricht  sich  Pins  IX.  in  seiner  Encyclica  an  den 
italienischen  Episcopat  vom  8.  December  1849  aus,  indem  er  sagt : 

Memüierint  fideles  populi,  vivere  hie,  et  praesidere  in  Suecessoribus  suis  Petrum 
Äpostolorum  Princijpem  cujus,  dignitas  in  indiyno  etiam  ejus  herede  non  deficit,  .  .  . 
ut  proinde  Petri  Successor,  Bomanus  Pontifex  in  Universum  Orhem  teneat  primatum, 
et  verus  Christi  Vicarius  totiusque  Ecclesiae  Caput  et  omnium  Christianorum  Pater 
et  Doctor  existat. 

In  qua  sane  erga  Bomanum  Pontificem  populorum  communione  et  obedientia 
tuenda  hrevis  et  compendiosa  via  est  ad  illos  in  Catholicae  veritatis  professione  con- 
servandos.  Neque  enim  fieri  potest,  ut  quis  a  catholica  Fide  ulla  unquam  ex  parte 
rebellet,  nisi  et  auctoritatem  abjiciat  Bomanae  Ecclesiae,  in  qua  exstat  ejusdem  Fidei 
irreformabile  Magisterium  a  Divino  Bedemptore  fundatum,  et  in  qua  propterea  sem- 
per  conservata  fuit  ea,  quae  est  ab  Äpostolis  traditio.  Hinc  non  modo  antiquis 
haereticis,  sed  etiam  recentioribus  Protestantibus,  quorum  ceteroquin  tanta  in  reliquis 
suis  placitis  discordia  est,  illud  commune  semper  fuit,  ut  auctoritatem  impugnarent 
Apostolicae  Sedis,  quam  nullo  prorsus  tempore  nullaque  arte  aut  molimine,  ne  ad 
unum  quidem  ex  suis  erroribus  tolerandum  inducere  potuerunt. 

„Die  gläubigen  Völker  mögen  sich  erinnern,  dass  hier  (auf  dem  Stuhle  Petri) 
der  Apostelfürst  Petrus  in  seinen  Nachfolgern  lebt  und  den  Vorsitz  führt,  dessen 
Würde  auch  in  seinen  unwürdigen  Erben  nicht  gebricht,  damit  hinfort  der  Nachfolger 
Petri,  der  römische  Papst  über  den  ganzen  Erdkreis  den  Primat  behalte  und  der 
wahre  Statthalter  Christi  der  ganzen  Kirche  Haupt  und  aller  Christen  Vater  und 
Lehrer  sei. 

In  der  Wahrung  dieser  Gemeinschaft  der  Völker  mit  dem  heiligen  Stuhle  und 
des  Gehorsams  gegen  ihn  ist  der  kürzeste  Weg,  um  sie  in  dem  Bekenntniss  der 
katholischen  Wahrheit  zu  erhalten ;  denn  es  kann  nicht  geschehen,  dass  jemand  nach 
irgend  einer  Seite  hin  jemals  gegen  den  katholischen  Glauben  sich  auflehne,  ohne  dass 
er  auch  die  Autorität  der  römischen  Kirche  abschüttle,  in  welcher  das  von  dem  gött- 
lichen Erlöser  gestiftete  unfehlbare  Lehramt  besteht,  und  in  welcher  deshalb  immer 
die  von  den  Aposteln  stammende  Ueberlieferung  erhalten'  wui-de.  Darum  war  nicht 
blos  den  alten  Ketzern,  sondern  auch  den  neuen  Protestanten,  in  deren  sonstigen  An- 
sichten übrigens  eine  so  grosse  Zwietracht  herrscht,  immer  das  gemein,  dass  sie  die 
Autorität  des  apostolischen  Stuhles  bekämpften,  welchen  sie  zu  keiner  Zeit  durch 
keinerlei  List  noch  Umtriebe  zui-  Duldung  auch  nur  eines  einzigen  ihrer  Irrthümer 
verleiten  konnten." 

Auch  in  dem  päpstlichen  Schreiben  an  den  französischen  Episcopat  Inter 
multipUces  vom  21.  März  1853  äussert  sich  der  Papst  in  ähnlicher  Weise  über  den 
Primat  des  heiligen  Stuhles  und  der  römischen  Kirche,  er  nennt  ihn  catholicae 
veritatis  et  unitatis  centrum  et  omnium  Ecclesiarum  omnino  caput,  matrem  atque 
magistram,  ad  quam  omnis  obedientia  et  honor  est  deferendus,  „den  Mittelpunkt  der 
katholischen  Wahrheit  und  Einheit  und  aller  Kirchen  Haupt,  Mutter  und  Lehrmeisterin 


Apostolische  Thätigkeit.    Einheit  der  Kirche.  201 

Eine  der  schönsten  und  kräftigsten  Stellen  über  die  Einheit  der 
Kirche  und  den  Primat  des  heiligen  Stuhles  findet  sich  in  dem 
apostolischen  Schreiben  an  den  österreichischen  Episcopat  vom  17.  März  1856, 
welches  mit  den  Worten  beginnt:  Singulari  quidem.  Sie  lautet: 

ßicut  unus  est  Deus  Pater,  unus  Christus  Ejus,  unus  Spiritus  Sanctus,  ita 
una  est  divinitus  revelata  veritas,  una  divina  fides  humanae  salutis  initium,  om- 
nisque  justificationis  fundamentum,  qua  justus  vivit,  et  sine  qua  impossibile 
est  placere  Deo,  et  ad  filiorum  ejus  consortium  pervenire  et  una 
est  Vera,  sancta,  catkolica,  Romana  Ecclesia,  et  cathedra  una  super 
Petrum  Domini  voce  f  undata  extra  quam  nee  vera  fides,  nee  aeterna  inve- 
nitur  Salus,  cum  habere  non  possit  Deum  Patrem,  qui  Ecclesiam  non  habet  ma- 
trem,  et  falso  confidat,  se  esse  in  Ecclesia^  qui  Petri  Cathedram  deserat,  super 
quam  f undata  est  Ecclesia  Nullum  vero  majus  potest  esse  delictum,  et 
nulla  macula  deformior,  quam  adversus  Christum  stetisse^  quam 
Ecclesiam,  divino  Ejus  sanguine  2)artam  et  acquisitam,  dissipasse,  quam  evan- 
gelicae  dilectionis  oblitum  contra  unanimem,  et  concordem  Dei  populum  hostilis 
discordiae  furore  pugnasse. 


welchem  aller  Gehorsam  und  alle  Ehre  gezollt  werden  muss'';  dann  ermahnt  der  Papst 
die  französischen  Bischöfe  nichts  zu  unterlassen  quo  fideles  ipsi  hanc  S.  Sedem  magis 
magisque  ex  animo  diligant,  venerentur,  omnique  ohsequio  excipiant  et  exequantur 
quidquid  Sedes  ipsa  docet,  statuit  atque  decernit,  „damit  die  Gläubigen  diesen  heiligen  Stuhl 
immer  mehr  von  ganzem  Herzen  lieben,  verehren,  und  mit  allem  Gehorsam  annehmen 
und  befolgen,  was  dieser  heilige  Stuhl  lehrt,  festsetzt  und  beschliesst.'' 

Auch  in  dem  apostolischen  Schreiben  vom  12.  Mai  1853,  durch  welches  das  Con- 
cordat  mit  der  Eepublik  Costarica  publizirt  wird,  und  welches  mit  den  Worten  beginnt : 
Totius  Dominici  gregis  wird  der  heilige  Stuhl  veritatis  atque  unitatis  centrum  „der  Mittel- 
punkt der  Wahrheit  und  Einheit"  genannt.  In  der  Allocution  Quod  pro  Äpostolica  vom 
3.  November  1855,  in  welcher  der  Papst  den  Abschluss  des  österreichischen  Concordats  an- 
kündigt, findet  sich  folgende  Stelle  über  den  Primat  des  heiligen  Stuhles :  Cum  Boma- 
nus  Pontifex,  Christi  hie  in  terris  Vicarius  et  heatissimi  Apostolorum  Principis  Successor 
primatum  tarn  honoris  quam  iurisdictionis  in  universam,  qua  late  patet,  Ecclesiam 
divino  ohtineat  iure,  tum  catholicum  hoc  dogma  in  ipsa  conventione  lueulentissimis  fuit 
verhis  expressum,  ac  propterea  simul  de  medio  suUata  et  radicitus  evulsa,  penitusque 
deleta  falsa  illa  perversa  et  funestissima  opinio  eidem  divino  primatui  eiusque  iuri- 
bus  plane  adversa,  et  ah  hac  Äpostolica  Sede  semper  damnata  atque  proscripta,  de 
habenda  scilicet  a  civili  Guhernio  venia  vel  executione  eorum,  quxie  res  spirituales  et 
ecclesiatica  negotia  respiciunt.  „Da  der  römische  Papst,  der  Statthalter  Christi  hier  auf 
Erden  und  der  Nachfolger  des  heiligen  Apostelfürsten,  den  Primat  sowohl  der  Ehre 
als  der  Jurisdiction  über  die  ganze  Kirche  kraft  göttlichen  Rechtes  hat,  so  wurde 
dieses  katholische  Dogma  in  jenem  Concordat  mit  den  klarsten  Worten  ausgedrückt 
und  deshalb  zugleich  jene  falsche,  verkehrte,  höchst  unheilvolle,  dem  göttlichen  Primat 
und  seinen  Rechten  geradezu  widersprechende  und  von  diesem  apostolischen  Stuhle 
immer  verdammte  und  verbotene  Meinung,  dass  man  nämlich  von  der  weltlichen 
Regierung  für  das,  was  geistliche  Dinge  und  kirchliche  Angelegenheiten  betrifft,  eine 
Erlaubniss  oder  Vollzugsbewilligung  haben  müsse,  abgeschafft,  mit  der  Wurzel  aus- 
gerissen und  ganz  und  gar  zerstört." 


202  Apostolische  Thätigkeit.    Einheit  der  Kirche. 

„Wie  ein  Gott  der  Vater,  ein  Christus  sein  Sohn,  ein  heiliger  Geist, 
so  ist  auch  Eine  göttlich  geoffenbarte  Wahrheit,  Ein  göttlicher  Glaube  der 
Anfang  des  menschlichen  Heils  und  die  Grundlage  aller  Rechtfertigung, 
aus  welchem  der  Gerechte  lebt,  und  ohne  welchen  es  unmöglich  ist,  Gott  zu 
gefallen  und  in  die  Gemeinschaft  seiner  Kinder  zu  kommen,  und  Eine  wahre, 
heilige,  katholische,  apostolische,  römische  Kirche  ist,  und  Ein  durch  das  Wort 
des  Herrn  auf  Petrus  gegründeter  Stuhl,  und  ausserhalb  derselben  kann  weder 
der  wahre  Glaube,  noch  das  ewige  Heil  gefunden  werden,  denn  der  kann 
Gott  nicht  zum  Vater  haben,  der  die  Kirche  nicht  zur  Mutter  hat,  und 
falschlich  meint  der  in  der  Kirche  zu  sein,  welcher  den  Stuhl  Petri  verlässt, 
auf  welchen  die  Kirche  gegründet  ist.  Es  kann  aber  kein  grösseres  Ver- 
gehen und  keine  hässlichere  Makel  geben,  als  gegen  Christus  stehen,  die  in 
seinem  göttlichen  Blute  geborene  und  erworbene  Kirche  auseinander  zu  reissen, 
als  der  evangelischen  Liebe  vergessend  gegen  das  einmüthige  und  einträchtige 
Volk  Gottes  mit  der  Wuth  feindlicher  Zwietracht  zu  kämpfen."  ^) 


*)  Weitere  Parallelstellen  finden  sich  in  dem  päpstlichen  Schreiben  vom  2.  Fe- 
bruar 1854  an  die  katholischen  Armenier  in  der  Kirchenprovinz  von  Constantinopel 
Neminem  vestrum ;  femer  in  der  Allocution  Singulari  quadam  vom  9.  December  1854, 
in  der  Allocution  Miräbüe  quoddam,  welche  Pius  IX.  am  6.  Juni  1862  in  der  Sixtinischen 
Kapelle  an  die  zur  Feier  der  Heiligsprechung  der  japanesischen  Märtyrer  aus  allen 
Theilen  der  Welt  zahlreich  versammelten  Priester  gehalten  hat.  Die  betreffende  Stelle 
aus  dieser  Ansprache  ist  so  schön,  dass  sie  hier  wörtlich  mitgetheilt  zu  werden  ver- 
dient. Sie  lautet: 

Miräbile  quoddam  et  visu  jucundissimum  exhibet  Nohis  insueta  frequentia 
vestra,  auspicatissimo  hoc  tempore,  quo  vos  cum  Venerahilibus  Episcopis  ex  Orbe  uni- 
verso  circa  Nos  et  principem  hanc  B.  Petri  Sedem  cernimus  congregatos.  Quod  cum  in- 
tuemur,  acerbitates  JSfostras  nedum  leniri  sentimus,  sed  eas  ferme  obliviscimur.  Scüi- 
cet  id  effecit  unus  pacis  et  concordiae  auctor  Beus,  qui  Ecclesiae  suae  dedit  „servare 
unitatem  in  vinculo  pacis"  ut  fideles  omnes  „unum  corpus,  unus  Spiritus  essent." 
In  ea  unitate  sita  est  maxime  fidelium  gloria,  in  ea  decus  Ecclesiae,  in  ea  Jiostium 
formido,  quibus  idcirco  Ecclesia  ipsa  terribilis  apparet  tamquam  castrorum  acies  ordi- 
nata.  In  hac  acie  constituti  sub  pastoribus  vestris,  quibus  praeest  Supremum  Ca- 
put, unusquisque  in  suo  ordine,  ad  instar  exercitus  sub  Imperatore  et  ducibus  man- 
data  peragite.  Hoc  sane  inter  causas  doloris  aetati  nostrae  felieiter  obvenit ,  ut  pa- 
stores  cum  capite  arctissim£  jungerentur.  Eorum  vestigiis  insistite,  vosque  ApostoUcae 
Sedi  vinculum  triplex,  orationis,  charitatis  doctrinaeque  conjungat. 

„Einen  wunderbaren  und  hocherfreulichen  Anblick  gewährt  Uns  euere  unge- 
wöhnliche Versammlung  in  dieser  glücklichen  Zeit,  da  Wir  euch  mit  den  ehrwürdigen 
Bischöfen  aus  der  ganzen  Welt  um  Uns  und  diesen  fürstlichen  Stuhle  des  heiligen 
Petrus  versammelt  sehen.  Bei  diesem  Anblicke  fühlen  Wir  Unsere  Bitterkeiten  nicht 
nur  gelindert,  sondern  Wir  vergessen  sie  beinahe  ganz ;  denn  das  hat  Gott  der  einzige 
Urheber  des  Friedens  und  der  Eintracht  bewirkt,  welcher  seiner  Kirche  gegeben  hat 
die  Einheit  im  Bande  des  Friedens  zu  bewahren,  damit  alle  Gläubigen  ein  Leib  und 
ein  Geist  seien.  In  dieser  Einheit  liegt  der  grösste  Euhm  der  Gläubigen,  in  ihr  liegt 
die  Zierde  der  Kirche,  in  ihr  der  Schrecken  der  Feinde,  welchen  darum  die  Kirche 
furchtbar  erscheint  wie  ein  geordnetes  KJriegsheer.   In  diesem  Kriegsheere  unter  eueren 


Apostolische  Thätigkeit.     Alleinseligmachende  Kirche.  203 

Alleinseligmachende  Kirche. 

In  der  soeben  angeführten  Stelle  wird  auch  das  Dogma  von  der 
alleinseligmachenden  Kirche  bekräftigt,  und  in  demselben  Acten- 
stücke,  welchem  diese  Stelle  entnommen  ist,  kommt  der  Papst  einige  Zeilen 
weiter  unten  noch  einmal  auf  dieses  Dogma  zurück,  indem  er  die  öster- 
reichischen Bischöfe  auffordert,  an  der  Bekehrung  der  Irrgläubigen  zu  arbeiten, 
mit  den  Worten: 

Dum  in  vestri  gregis  salutem  procurandam  incumhitis,  ne  omiüatis  in  omni 
honitate^  patientia  et  doctrina  miseros  erratites  ad  unicum  Christi  ovile,  atque 
ad  catholicam  unitatem  revocare  Ulis  praesertim  Ävgustini  verbis ;  venite,  fratresy 
si  tmitis,  ut  inscramini  in  vite:  dolor  est,  cum  vos  videamus  praecisos  itajacere; 
numerate  sacerdotes  vel  ab  ipsa  Petri  Sede,  et  in  ordine  illo  patrum  quis  cui 
successit,  videte;  ipsa  est  petra,  quam  non  vincunt  superbae  inferorum  portae. 
Quicumque  extra  hanc  domum  agnum  comederit,  profanus  est;  si  quis  in  arca 
Noe  non  fuerit,  peribit  regnante  diluvio. 

„Während  Ihr  auf  die  Sorge  für  das  Heil  Eurer  Heerde  bedacht  seid, 
unterlasset  auch  nicht,  in  aller  Güte  und  Geduld  und  Belehrung  die  unglück- 
lichen Irrenden  zum  einzigen  Schafstall  Christi  und  zur  katholischen  Einheit 
zurückzurufen,  insbesondere  mit  den  Worten  des  heil.  Augustinus:  Kommet 
Brüder,  wenn  ihr  wollt  und  fügt  euch  in  den  Weinstock  ein.  Es  ist  schmerz- 
lich, euch  so  abgeschnitten  da  liegen  sehen.  Zählet  die  Priester  vom  heiligen 
Stuhle  angefangen  und  sehet,  wie  sie  in  der  Ordnung  der  Väter  aufeinander 
gefolgt  sind.  Er  ist  der  Fels,  welchen  die  stolzen  Pforten  der  Hölle  nicht 
besiegen.  Wer  ausserhalb  dieses  Hauses  das  Lamm  isst,  der  ist  ein  Unhei- 
liger; —  wer  nicht  in  der  Arche  Noe  ist,  wird  in  der  herrschenden  Sünd- 
fluth  zu  Grunde  gehen."  ^) 


Hirten,  welchen  das  oberste  Haupt  vorsteht  jeder  in  seiner  Ordnung  eingereiht  wie 
ein  Heer  uijter  seinen  Feldherrn  und  Oflficieren  vollziehet  euere  Aufträge.  Unter  den 
Gründen  zum  Schmerze  ist  es  wahrlich  ein  glückliches  Ereigniss  für  Unsere  Zeit,  dass 
die  Hirten  mit  dem  Haupte  auf  das  Engste  verbunden  sind,  verharret  in  ihren  Fuss- 
stapfen  und  es  verbinde  euch  mit  dem  apostolischen  Stuhle  das  dreifache  Band  des 
Gebetes,  der  Liebe  und  der  Lehre." 

^)  In  einer  langen  Reihe  von  Actenstücken  bestätigt  und  bekräftigt  Pius  IX. 
wiederholt  mit  allem  Nachdrucke  das  Dogma  von  der  allein  seligmachenden  Kirche  ; 
namentlich  in  der  Allocution  vom  17.  December  1847  (die  betreffende  Stelle  kann 
man  auf  Seite  37  bis  39  der  Broschüre  „der  Papst  und  die  modernen  Ideen"  I.  Heft 
nachlesen) ;  ferner  in  der  Encyclica  vom  8.  December  1849  Nostis  et  NoUscum  an  den 
italienischen  Episcopat,  wo  es  heisst : 

Speciatim  procurandum  est,  ut  fideJes  ipsi  impressum  in  animis  haheant,  dlteque 
defixum  dogma  illud  sanctissimae  nostrae  Religionis,  quod  est  de  necessitate  catholicae 
Fidei  ad  ohtinendam  salutem.  Hunc  in  finem  summopere  conducet,  ut  in  publicis 
orationihus  fid^les  laici  una  cum  Clero  agant  identidem  peculiares  Deo  gratias  pro 
inaestimdbili  catholicae   Religionis  heneficio,  quo  ipsos  omnes    clementissime  donavit, 


204     Apostolische  Thätigkeit.  Alleinseligmachende  Kirche.  Das  heil.  Messopfer. 

Das  heilige  Messopfer. 

Eine  herrliche  Stelle  üher  den  Werth  und  die  Bedeutung  des  heiligen 
Messopfers  findet  sich  in  der  Encj cUcsl  Ämantissimi  Redemptoris  vom  3.  Mai  1858 
an  alle  Bischöfe  der  Welt,  welche  schon  weiter  oben  in  der  ersten  Abtheilung 
erwähnt  wurde;  sie  lautet: 

Amantissimi  Redemptoris  Nostri  Christi  Jesu  unigeniti  Filii  Dei  tanta  fuit 
erga  homines  henignitas  et  Caritas,  ut,  veluti  optime  nostis,  Venerabiles  Fratresi 
humana  indutus  natura  non  solum  saevihsimoa  pro  nostro  solide  ci^ciatus,  atro- 
cissimamque  crucis  mortem  perpeti,  verum  etiam  in  augustissimo  sui  corporis  san- 
guinisque  sacramento  nobiscum  semper  morari,  ac  nos  peramanter  pascere  et  nu- 
trire  voluerit,  quo  ipse  in  coelum  rediens  ad  dexteram  Patris  nos  et  sui  numinis 
praesentia,  et  tutissimo  spiritualis  vitae  praesidio  communiret.  Neque  contentus,  nos 
tarn  insigni  ac  plane  divina  dilexisse  earitate,  beneßcia  beneßciis  cumulans,  suique 
in  nos  amoris  divüias  profundens  effecit^  ut  probe  intelligeremus,  quod  cum  di- 
lexisset  suos,  in  finem  dilexit  eos.  Namque  se  aeternum  Sacerdotem,  esse  declarans 
secundum  ordinem  Melchisedech,  suum  in  Catholica  Ecclesia  Sacerdotium  perpetuo 
instituit,  et  illud  idem  Sacrificium,  quod  ipse  ad  Universum  humanum  genus  a 
peccati  jugo  ac  daemonis  captivitate  vindicandum  et  redimendum  in  ara  crucis, 
pretiosissimo  suo  sanguine  effuso  semel  peregit,  pacificans  sive  quae  in  coelis 
sunt,  sive  quae  in  terra,  usque  ad  consummationem  saeculi  permanere  decrevit,  et 
quotidie  fieri  ac  renovari  jussit  per  Sacerdotum  ministerium,  sola  offerendi  ratione 
diversa,  ut  salutares  uberrimique  suae  passionis  fructus  in  homines  semper  redun- 
darent.  Siquidem  in  incruento  Missae  sacrißcio  quod  conspicuo  Sacerdotum  mini- 
sterio  peragitur  illa  ipsa  vivifica  litatur  victima,  quae  Deo  Patri  nos  reconciliavit, 
quaeque  omnem  merendi,  placendi ,  impetrandi  ac  satisfaciendi  vim  habens  „illam 
nobis  mortem  Unigeniti  per  mysterium  reparat  qui  licet  resurgens  a  mortuis  jam 
non  moritur    et    mors    ei   ultra    non  dominaiitur  tamen    in  semetipso    immortaliter 


atque  ab  eodem  Misericordiar  Patre  suppliciter  petant,  ut  ejusdem  BeHigionis  pro- 
fessionem  in  regionihus  nostris  tueri   et  inviolatam  conservare  dignetur. 

„Man  muss  insbesondere  dafür  sorgen,  dass  die  Gläubigen  selbst  sich  jenes  Dogma 
unserer  heiligen  Eeligion  von  der  Nothwendigkeit  des  katholischen  Glaubens  zur  Er- 
langung des  ewigen  Heils  tief  ins  Herz  einprägen.  Diesen  Zweck  wird  man  haupt- 
sächlich dadui'ch  erreichen,  dass  die  gläubigen  Laien  im  Vereine  mit  dem  Clerus  in 
öif entlichen  Gebeten  gemeinsam  Gott  für  die  unschätzbare  Wohlthat  der  katholischen 
Religion,  welche  er  ihnen  allen  gnädig  geschenkt  hat,  besonderen  Dank  sagen,  und  den- 
selben Vater  der  Erbarmungen  anflehen,  dass  er  das  Bekenntniss  dieser  Religion  in 
unseren  Landen  schützen  und  unversehrt  bewahren  wolle." 

Weiter  ist  von  der  alleinseligmachenden  Kirche  in  der  Allocution  vom 
9.  December  1854  Singulari  quadam,  (siehe  Seite  32  u.  33  der  Broschüre  :  „Der  Papst 
und  die  modernen  Ideen"  I.  Heft),  in  der  Allocution  vom  18.  Mai  1861  Jamdudum 
cernimus  (siehe  Seite  37  der  vorerwähnten  Broschüre  I.  Heft)  und  in  der  Encyclica 
vom  10.  August  1863  Quanto  conficiamur  moerore,  (siehe  Seite  25  bis  27  des  11.  Hefts 
der  mehrerwähnten  Broschüre)  die  Rede. 


Apostolische  Thätigkeit.     Das  heil.  Messopfer.  205 

atque    incorruptihüiter   vivens  pro    nobis    Herum    in    hoc  mysterio    sacrae  ohlationis 
immolatur.^^   fSt.  Gregor.  M.  Dialog.  Hb.  4  cap.  58. J 

Atque  haec  est  munda  illa  oblatio,  quam  nulla  offerentium  indignitas  ac 
malitia  inquinare  unquam  potest,  et  quam  Dominus  per  Malachiam  nomini  suOy 
quod  magnum  futurum  esset  in  gentibus ,  a  solis  ortu  v^que  ad  occasum  in  omni 
loco  mundam  offerendam  esse  praedixit.  (Malach.  cap.  1.)  Quae  quidem  oblatio 
ineffabili  prorsus  fructuum  ubertate  redundans  praesentem  aeque  ac  futuram  vitam 
complectitur.  Ea  enim  oblatione  placatus  Deus  gratiam,  donumque  poenitentiae  con- 
cedens,  crimina  et  peccata  etiam  ingentia  dimittit,  ac  licet  peccatis  nostris  graviter 
offensus  ab  ira  ad  misericordiam,  justae  animadversionis  severitate  ad  clementiam 
traducitur  ;  ea  temporalium  poenarum  reatus  et  obligatio  dissolvitur ;  ea  defuncto- 
rum  in  Christo  animae  nondum  ad  plenum  purgatae  sublevantur,  ea  obtinentur 
quoque  temporaria  bona ,  si  tamen  potioribus  non  officiant  /  ea  Sanctis  et  in  pri- 
mis  Immaculatae  Sanctissimaeque  Dei  Genitrici  Virgini  Mariae  eximiits  quidam 
honor  cultusque  conciliatur.  Quocirca  ea  Apostolorum  traditione  divinum  Missae 
sacrificium  offerimus  „pro  communi  Ecclesiarum  2)ace,  pro  recta  mundi  compositione, 
pro  imperatoribus,  militibus,  sociis,  pro  iis,  qui  inßrmitatibus  laborant,  qui  afflic- 
tionibus  premuntur  et  universim  pro  omnibus,  qui  opis  indigent,  et  pro  defunctis 
in  purgatorio  degentibus,  maximum  hoc  credentes  adjumentum  Ulis  animabus  fore, 
pro  quibus  oratio  defertur,  dum  sancta  et  perquam  tremenda  coram  iacet  victima.^' 
(S.    Cyril.  Hierosol.   Cateches.  23  Mystag.   5   de  sacra  Lyturg.) 

Cum  igitur  nihil  sit  maius ,  nihil  sälutarius ,  nihil  sanctius ,  nihil  divinius 
incruento  Missae  sacrißcio,  quo  idem  corpus,  idem  sanguis,  idem  Deus  et  Dominus 
Noster  Jesus  Christum  Deo  pro  omnium  salute  in  altari  per  Sacerdotes  offertur 
et  immolatur,  iccirco  Sancta  mater  Ecclesia  tanto  divini  sui  Sponsi  ditata  the- 
sauro  nunquam  destitit  omnem  curam,  operam  diligentiamque  in  id  conferre,  ut 
tam  tremendum  mysterium  a  Sacerdotibus ,  quanta  maxima  fieri  posset ,  interiore 
cordis  munditia  ac  puritate  pergeretur ,  debitoque  sacrarum  ceremoniarum  ac  ri- 
tuum  apparatu  cultuque  celebraretur ,  ut  ipsius  mysterii  magnitudo  et  majestas 
vel  externa  quoque  specie  magis  eluceat,  et  fideles  ad  rerum  divinarum,  quae 
in  tam  admirabili  ac  venerando  Sacrißcio  occultae  continentur ,  contemplationem 
excitentur.  Ac  pari  sollicitudine  studioque  ipsa  pientissima  Mater  nunquam  cessavit, 
suos  ßdeles  ßlios  commonere,  hortari  -^et  inflammare,  ut  ea,  qua  oportet,  pietate, 
veneratione,  devotione  ad  hoc  divinum  Sacrißcium  frequentissime  convenirent,  prae- 
cipiens ,  ut  eidem  omnibus  de  praecepto  festis  diebus  ipsi  interesse  omnino  debe- 
rent,  animis  ad  illud  oculisque  religiosissime  intentl,  quo  divinam  exinde  miseri- 
cordiam, omniumque  bonorum  copiam  sibi  felicissime  comparare  possent. 

Jam  vero  cum  omnis  Pontifex  ex  hominibus  assumptus,  pro  hominibus  constitua- 
tur  in  iis,  quae  sunt  ad  Deum,  ut  offerat  dona  et  sacrißcia  pro  peccatis,  tum  pro 
egregia  vestra  sapientia  apprime  cognoscitis ,  Venerabiles  Fratres,  sacrosanctum 
Missae  sacrificium  ab  animarum  pastoribus  esse  applicandum  pro  popuLo  eorum 
curare    commisso    et    hujusmodi    obligationem    ex  Divino  praecepto  descindere  juxta 


206  Apostolische  Tkätigkeit.     Das  heil.  Messopfer. 

Concilii  Tndentini  doctrinam  cum  idem  Concüium  disertissimis  gravissimisque 
verbis  edoceat  ^^praecepto  divino  mandatum  es^e  omnibus ,  quibus 
animarum  cura  commissa  eist,  oves  suas  agnoscere ,  pro  his  sacri- 
ficium  offerre.    fConcü.  Trid.  Sess.  23.  Cap.  De  Reformat.) 

„Die  Güte  und  Liebe  Unseres  liebevollsten  Erlösers  Jesu  Christi,  des 
eingebornen  Sohn  Gottes,  gegen  die  Menschen  ist  so  gross,  dass  er,  wie  Ihr 
wohl  wisst,  ehrwürdige  Brüder,  mit  der  menschlichen  Natur  bekleidet,  nicht 
blos  die  grausamsten  Martern  und  den  schrecklichsten  Tod  für  unser  Heil 
erleiden,  sondern  auch  in  dem  hochwürdigsten  Sakramente  seines  Leibes 
und  Blutes  immer  bei  uns  weilen  und  uns  liebevoll  weiden  und  nähren 
wollte,  um  uns  nach  seiner  Rückkehr  in  den  Himmel  zur  Rechten  des  Vaters 
sowohl  durch  die  Gegenwart  seiner  Gottheit,  als  durch  den  sichersten  Schutz 
des  geistlichen  Lebens  zu  stärken.  Und  nicht  zufrieden,  uns  mit  so  ausge- 
zeichneter und  wahrhaft  göttlicher  Liebe  geliebt  zu  haben,  häufte  er  Wohl- 
that  auf  Wohlthat  und  bewirkte  durch  die  Ausgiessung  der  Reichthümer  seiner 
Liebe  auf  uns,  dass  wir  wohl  erkennen  möchten,  wie  er,  da  er  die  Seinigen 
liebte,  sie  bis  ans  Ende  geliebt  hat.  Indem  er  sich  als  den  ewigen  Priester 
nach  der  Ordnung  Melchisedechs  erklärte,  stiftete  er  sein  ewiges  Priester- 
thum  in  der  katholischen  Kirche  und  beschloss,  dass  jenes  selbe  Opfer, 
welches  er  selbst  zur  Rettung  und  Erlösung  des  ganzen  Menschengeschlechtes 
vom  Joche  der  Sünde  und  von  der  Gefangenschaft  des  Teufels  am  Altare 
des  Kreuzes  durch  die  Vergiessung  seines  kostbaren  Blutes  einmal  vollbracht 
hat,  indem  er  sowohl  dem  was  im  Himmel,  als  dem,  was  auf  Erden  ist, 
den  Frieden  brachte,  bis  ans  Ende  der  Zeiten  fortdauern  soll  und  befahl, 
dass  es  durch  das  Amt  der  Priester  täglich  dargebracht  und  erneuert  werde, 
nur  mit  verschiedener  Opferweise,  damit  die  heilsamen  und  überreichlichen 
Früchte  seines  Leidens  immer  dem  Menschen  zufliessen,  denn  im  unblutigen 
Messopfer,  welches  durch  das  sichtbare  Amt  der  Priester  vollbracht  wird,  wird 
jenes  selbe  lebendigmachende  Schlachtopfer  aufgeopfert,  welches  uns  mit  Gott 
dem  Vater  versöhnt  und  alle  Kraft  der  Verdienste  der  Versöhnung,  der  Er- 
hörung und  der  Genugthuung  hat  und  uns  jenen  Tod  des  Eingeborenen  in 
geheimnissvoller  Weise  erneuert,  welcher,  obwohl  er  nach  seiner  Auferstehung 
von  dem  Tode  nicht  mehr  stirbt  und  der  Tod  fortan  keine  Herrschaft  über 
ihn  mehr  hat,  doch  in  sich  selbst  unsterblich  und  unverweslich  lebend,  für 
uns  aufs  Neue  in  diesem  Geheimnisse  des  heiligen  Opfers  aufgeopfert  wird. 
Und  das  ist  jenes  reine  Opfer,  welches  keine  Unwürdigkeit  und  Bosheit  der 
Opfernden  jemals  verunreinigen  kann  und  von  welchem  der  Herr  durch  Ma- 
lachias  geweissagt  hat,  dass  man  es  seinem  Namen,  welcher  gross  sein  werde 
unter  den  Völkern  vom  Aufgange  der  Sonne  bis  zum  Untergange,  an  allen 
Orten  als  ein  reines  Opfer  darbringen  werde.  Dieses  Opfer  umfasst,  von  ganz 
unausprechlichen,  reifen  Früchten  tiberströmend,  in  gleicher  Weise  das  gegen- 
wärtige, wie  das  zukünftige  Leben ;  denn  durch  dieses  Opfer  versöhnt,  verleiht 


Apostolische  Thätigkeit.   Das  heil.  Messopfer.  207 

Gott  Gnade  und  das  Geschenk  der  Reue  und  vergibt  selbst  ungeheure  Ver- 
brechen und  Sünden.  Und  obwohl  durch  unsere  Sünden  schwer  beleidigt,  wird  er 
vom  Zorne  zur  Barmherzigkeit,  von  der  gerechten  Strafe  zur  Gnade  umgestimmt. 
Durch  dieses  Opfer  wird  die  Schuld  und  Verpflichtung  der  zeitlichen  Strafen 
aufgehoben,  durch  dieses  Opfer  werden  die  noch  nicht  vollkommen  gereinigten 
Seelen  erleichtert,  durch  dieses  Opfer  erlangt  man  auch  zeitliche  Güter,  wenn 
sie  den  höheren  Gütern  nicht  im  Wege  stehen,  durch  dieses  Opfer  wird  den 
Heiligen  und  insbesondere  der  unbefleckten  und  allerheiligsten  Gottesgebärerin, 
der  Jungfrau  Maria,  eine  ausgezeichnete  Ehre  und  Verehrung  erwiesen.  Da- 
rum bringen  wir  nach  der  Ueb erlief erung  der  Apostel  das  göttliche  Mess- 
opfer dar  „für  den  gemeinsamen  Frieden  der  Kirchen,  für  die  rechte  Ord- 
nung der  Welt,  für  Feldherrn,  Krieger,  Genossen,  für  Jene,  welche  an  Krank- 
heiten leiden,  welche  von  Kümmernissen  gedrückt  werden,  und  insgemein  für 
Alle,  welche  Hilfe  bedürfen,  und  für  die  im  Fegfeuer  weilenden  Abgestorbenen, 
da  wir  glauben,  dass  das  Gebet,  welches  für  jene  Seelen  dargebracht  wird, 
die  grösste  Hilfe  für  sie  sei,  wenn  man  es  in  Gegenwart  des  heiligen  und 
fruchtbaren  Opfers  darbringt. 

Da  es  also  nichts  Grösseres,  nichts  Heilsameres,  nichts  Heiligeres,  nichts 
Göttlicheres  gibt,  als  das  unblutige  Messopfer,  in  welchem  derselbe  Leib, 
dasselbe  Blut,  unser  Gott  und  Herr  Christus  selbst,  Gott  für  das  Heil  Al- 
ler auf  dem  Altare  durch  die  Priester  dargebracht  und  aufgeopfert  wird, 
darum  hat  die  heilige  Mutter  Kirche,  durch  den  Schatz  ihres  göttlichen  Bräu- 
tigams bereichert,  niemals  unterlassen,  alle  Sorgfalt  und  Mühe  darauf  zu 
verwenden,  dass  ein  so  furchtbares  Geheimniss  von  den  Priestern  mit  mög- 
lichst grosser  innerer  Herzensreinheit  vollbracht  und  mit  der  geziemenden 
Pracht  und  dem  geziemenden  Cultus  der  heiligen  Ceremonien  und  Riten  ge- 
feiert werde,  damit  die  Grösse  und  Majestät  dieses  Geheimnisses  auch  durch 
den  äussern  Anblick  mehr  hervorleuchte  und  die  Gläubigen  zur  Betrachtung 
der  göttlichen  Dinge  angeregt  werden,  welche  in  einem  so  wunderbaren  und 
ehrwürdigen  Opfer  verborgen  sind.  Und  mit  gleicher  Sorgfalt  und  gleichem 
Eifer  hat  diese  getreue  Mutter  niemals  aufgehört,  ihre  gläubigen  Kinder  zu 
ermahnen,  aufzumuntern  und  anzueifern,  dass  sie  mit  geziemender  Frömmig- 
keit, Ehrfurcht  und  Andacht  bei  diesem  göttlichen  Opfer  sich  zahlreich  ein- 
finden, indem  sie  vorschrieb,  dass  dieselben  an  allen  gebotenen  Festtagen 
durchaus  demselben  anwohnen  müssen,  die  Herzen  und  die  Augen  andächtig 
darauf  gerichtet,  um  durch  dasselbe  die  göttliche  Barmherzigkeit  und  die 
Fülle  aller  Güter  glücklich  zu  erlangen.  Da  nun  jeder  Hohepriester,  welcher 
aus  den  Menschen  genommen  ist,  für  die  Menschen  bestellt  wird  in  ihren 
Angelegenheiten  bei  Gott,  damit  er  darbringe  Gaben  und  Opfer  für  die  Sün- 
den, so  wisset  Ihr  in  Eurer  ausgezeichneten  Weisheit  ohnehin,  ehrwürdige 
Brüder,  dass  die  Seelsorger  das  hochheilige  Messopfer  für  das  ihrer  Sorge 
anvertraute  Volk  darbringen  müssen  und  dass  diese  Verpflichtung  einem  gött- 


208  Apostolische  Thätigkeit.  Das  Sakrament  der  Ehe. 

liehen  Gebote  entspringt  nach  der  Lehre  des  Concils  von  Trient,  da  dieses 
mit  beredten  und  ernsten  Worten  lehrt,  es  sei  durch  ein  göttliches  Gebot 
Allen,  denen  eine  Seelsorge  übertragen  ist,  anbefohlen,  ihre  Schafe  zu  er- 
kennen und  für  sie  das  Opfer  darzubringen." 

Das  Sakrament  der  Ehe. 

lieber  die  Ehe  äussert  sich  Pius  IX.  in  einer  Reihe  von  Actenstücken. 
Eine  wörtliche  Mittheilung  verdient  hier  gewiss  eine  Stelle  aus  der  Instruction 
Etsi  sanctissimub-  vom  15.  November  1858  an  alle  Erzbischöfe,  Bischöfe  und 
andere  Ortsordinarien  über  die  Dispensationen  von  dem  Hindernisse  der  gemisch- 
ten Beligion  bei  Mischehen.  ^)    Sie  lautet: 

Omnes  norunt,  quid  ipsa  Catholica  Ecclesia  de  Catholicos  inter  et  Acatho- 
licos  nuptiis  constanter  senserit,  cum  illas  semper  improhaverit,  ac  tamquam  Uli' 
citaa ,  planeque  perniciosas  habuerit,  tum  ob  flagitiosam  in  Divinis  communionem, 
tum  ob  impendens  catholico  conjugi  perversionis  periculum,  tum  ob  pravam  sobolis 
institutionem.  Atque  huc  omnino  pertinent  antiquissimi  Canones  ipsa  mixta  connw 
bia  severe  interdicentes ,  ac  recentiores  Summorum  Pontißcium  Sanctiones,  de  qui- 
bus  immortalis  memoriae  Benedictus  XIV.  loquitur  in  suis  EncycUcis  Litteris  ad 
Poloniae  Regni  Episcopos,  atque  in  celeberrimo  opere,  quod  de  Synodo  Dioecesana 
inscribitur.  Hinc  porro  evenit,  ut  Jiaec  Apostolica  Sedes,  ad  quam  unice  spectat 
potestas  dispensandi  super  hujv^modi    mixtae   Religionis  impedimento,    si  de  Cano- 


^)  Ausserdem  ist  von  dem  Sakramente  der  Ehe  dieTRede  in  dem  apostolischen 
Schreiben  MuUiplices  inter  vom  10.  Juni  1858  und  Apostolicae  Sedis  vom  22.  Au- 
gust 1851.  (Die  betreffenden  Stellen  sind  auf  Seite  28  des  2.  Theils  der  Broschüre 
„Der  Papst  und  die  modernen  Ideen"  und  in  der  65.-74.  Proposition  des  Syllabus 
nachzusehen.) ;  ferner  in  der  AUocution  AcerUssimum  vom  27.  December  1852.  (Die 
betreffenden  Stellen  sind  auf  Seite  41  Note  1  des  1.  Theils  der  Broschüre  „Der  Papst 
und  die  modernen  Ideen"  und  in  der  67.,  73.  und  74.  Proposition  des  Syllabus  zu 
lesen) ;  ferner  in  dem  italienischen  Schreiben  des  Papstes  an  den  König  Victor  Emanuel 
vom  9.  September  1852  (welches  auf  Seite  39—43  der  mehr  erwähnten  Broschüre  mit- 
getheilt  ist.)  Weiter  in  dem  Breve  Verbis  exprimere  vom  15.  August  1859  an  den 
Erzbischof  von  Fogaras  und  seine  Suffraganbischöfe.  Die  betreffende  Stelle  in  diesem 
Actenstücke  lautet : 

Neminem  Vestriim  latet,  juxta  catholicae  Ecclesiae  doctrinam  fidelium  matri- 
monium  ratum  ante  consummationem  passe  dissolvi  per  solemnem  alterutrius  cmijugis 
in  aliqua  probata  Beligione  professionem,  vel  per  canonicam  dispensationem,  quae  a 
Momano  tantum  Pontifice  concedi  potest,  quaeque  nonnisi  ex  gravissimis  causis  raris- 
sime  indulgetur.  Atque  etiam  optime  nostis,  eandem  Ecclesiam  iuxta  Evangelicam  et 
Apostolicam  doctrinam  luculenter  docere,  matrimonii  vvncuJum  propter  haeresim,  aut 
molestam  eohabitationem,  aut  affectatam  absentiam  a  conjuge  nunquam  posse  dissolvi, 
sed  perpetuo  firmum  et  indissolubile  permanere  ex  notissima  inspirati  Adae  sententia 
et  Christi  Domini  oraculo,  atqu£  Apostoli  verbis  et  Ecclesiae  traditione,  quae  omnia 
Vo8  apprime  sdtis.   Quae  quidem  perpetua  atque  indissolubilis  matrimonidlis  vincuU 


Apostolische  Thätigkeit.   Gemischte  Ehen.  209 

num  severitate  aliquid  remittens ,  mixta  haec  conjugia  quandoque  permiserit ,  id 
gravibus  duintaxat  de  causis  aegre  admodum  fecit,  et  nonnisi  sub  expressa  sem- 
per  conditione  de  praemittendis  necessariis ,  opportunisque  cautionibus ,  ut  scilicet 
non  solum  catholicus  conjux  ab  acatholico  perverfi  non  posset ,  quin  immo  catho- 
licus  ipse  eonjux  teneri  se  sciret  ad  acatholicum  pro  viribus  ab  errore  retrahendum, 
verum  etiam  ut  universa  utriusque  sexus  proles  ex  mixtis  hisce  matrimoniis  pro- 
creanda  in  sanctitate  Catholicae  Religionis  educari  omnino  deberet.  Quae  quidem 
cautioTtes    remitti,   seu  dispensari  nunquam  possunt  cum    in    ipsa   naturali   ac  di- 

firmitas  non  ex  ecclesiastica  disciplina  profluens,  tanta  est  in  matrimonio  consum- 
mato,  tum  ex  divvno,  tum  ex  naturali  jure,  ut  nullam  ob  causam  ne  ab  ipso  quidem 
Romano  Pontifice  dissolvi  unquam  possit,  etiamsi  ab  alterutro  conjugum  fides  conju- 
galis  adulterio  frangatur. 

„Es  ist  Niemandem  von  Euch  verborgen,  dass  nach  der  Lehre  der  katholischen 
Kirche  die  abgeschlossene  Ehe  der  Gläubigen  vor  dem  Vollzug  durch  die  feierliche 
Gelübdeablegung  eines  der  beiden  Ehegatten  in  einem  der  anerkannten  Orden  oder 
durch  canonische  Dispensation,  welche  aber  nur  vom  Papste  ertheilt  werden  kann,  und 
nur  aus  höchst  wichtigen  Gründen  äusserst  selten  ertheilt  wird,  aufgelöst  werden  kann,  und 
Ihr  wisst  auch  sehr  gut,  dass  dieselbe  Kirche  nach  der  evangelischen  und  apostolischen 
Lehre  deutlich  lehrt,  das  Eheband  könne  wegen  Ehebruch  eines  der  Gatten,  oder  wegen 
Unverträglichkeit  oder  wegen  böswilligen  Verlassens  niemals  aufgelöst  werden,  sondern 
bleibe  beständig  fest  und  unauflöslich  nach  dem  bekannten  von  Gott  eingegebenen 
Ausspruche  Adams  und  nach  dem  Ausspruche  Christi  des  Herrn  und  den  "Worten  des 
Apostels  und  der  üeberlieferung  der  Kirche,  was  ihr  alles  ohnehin  wisst.  Diese  be- 
ständige und  unauflösliche  Festigkeit  des  Ehebandes,  welche  nicht  aus  der  Kirchen- 
zucht fliesst,  ist  in  der  vollzogenenen  Ehe  so  gross  sowohl  nach  dem  göttlichen  als 
nach  dem  natürlichen  Rechte,  dass  es  aus  keinem  Grunde,  nicht  einmal  vom  römischen 
Papste  selbst  jemals  aufgelöst  werden  kann,  auch  wenn  die  eheliche  Treue  von  einem 
der  Gatten  durch  Ehebruch  gebrochen  würde.** 

Der  Papst  ermahnt  sodann  die  Bischöfe,  diese  Lehre  der  Kirche  sorgfältig  ein- 
zuschärfen und  darüber  zu  wachen,  ut  tarn  perniciosus,  et  catholicae  doctrinae  vel 
maxime  contrarius  error  ex  illorum  animis  radicitus  evellatur,  et  penitus  eliminetur, 
dass  ein  so  verderblicher  und  den  Lehren  der  katholischen  Kirche  im  höchsten  Grade 
widersprechender  Irrthum  (nämlich  die  Ansicht  als  könne  das  Eheband  wegen  Ehe- 
bruches aufgelöst  werden)  mit  der  Wurzel  aus  dem  Herzen  ausgerissen  und  gänzlich 
ausgerottet  werde. 

Weiter  ist  von  der  Ehe  die  Rede  in  der  Allocution  Multis  gravibusque  vom 
17.  December  1860.  (Die  betreffende  Stelle  ist  auf  Seite  42  des  1.  Heftes  der  Broschüre 
„Der  Papst  und  die  modernen  Ideen"  in  der  Note  mitgetheilt) ;  ferner  in  dem  Breve 
Universi  Bominici  gregis  vom  31.  December  1860  an  die  Bischöfe  von  Savojen,  in 
welchen  die  Civilehe  verurtheilt  wird  und  endlich  in  dem  Breve  Cum  primum  vom 
6.  Juni  1861  an  den  Erzbischof  von  Warschau,  welches  die  häufigen  und  missbräuch- 
lichen  Ehescheidungen  in  Polen  tadelt. 

Weitere  Bestätigungen  von  Glaubenslehren  durch  Pius  IX.  sind  im  1.  und 
2.  Heft  der  Broschüre  „Der  Papst  und  die,  modernen  Ideen"  unter  der  Rubrik:  Irr- 
thümer  gegen  den  Glauben  mitgetheilt. 

Pius  IX.  als  Papst  und  als  König.  14 


210  Apostolische  Thätigkeit.  Gemischte  Ehen. 

vina  lege  fundentur ,  quam  Ecclesia  et  haec  Sancta  Sedes  sartam,  tectamque 
tueri  omni  studio  contendit ,  et  contra  quam  sine  ullo  dubio  gravissime  peccant, 
qui  promiscuis  hisce  nuptiis  temer e  contrahendis  se,  ac  prolem  exinde  suscipien- 
dam  perversionis  periculo  committunt.  Insuper  in  tribuendis  hujusmodi  dispensa- 
tionibus  praeter  enunciatas  cautiones ,  quae  praemitti  semper  debent,  et  super 
quibus  dispensari  nullo  modo  unquam  potest,  adjectae  quoque  fuere 
conditionesj  ut  haec  mixta  Oonjugia  extra  Ecclesiam  et  absque  Parochi  benedic- 
tione,  ulloque  alio  ecclesiastico  ritu  celebrari  debeant.  Quae  quidem  conditiones 
eo  potissimum  spectant,  ut  in  Catholicorum  animis  nunquam  obliteretur  memoria 
tum  Canonumy  qui  istius  modi  mixta  matrimonia  detestantur,  tum  constantiesimi 
illius  stvdii,  quo  Sancta  Mater  Ecclesia  nunquam  destitit ,  filios  suos  avertere 
ac  deterrere  ab  iisdem  mixtis  conjugiis  in  eorum  et  futurae  prolis  perniciem 
contrahendis. 

„Alle  wissen,  was  die  katholische  Kirche  über  Ehen  zwischen  Katholiken 
und  Akatholiken  beständig  gedacht  hat,  da  sie  dieselben  immer  missbilligte  und 
für  unerlaubt  und  geradezu  verderblich  hielt,  sowohl  wegen  der  sündhaften  Ge- 
meinschaft in  divinis,  als  wegen  der  dem  katholischen  Ehegatten  drohenden 
Gefahr  der  Verführung,  als  wegen  der  schlechten  Erziehung  der  Kinder.  Und 
hieher  gehören  durchaus  die  ältesten  Kirchengesetze,  welche  die  gemischten  Ehen 
strenge  verbieten,  und  die  neuern  Bestimmungen  der  Päpste,  von  welchen  Bene- 
dict XIV.  unsterblichen  Andenkens  an  die  Bischöfe  des  Königreiches  Polen  und 
in  dem  hochberühmten  Werke  „De  Synodo  Dioecesana"  spricht.  Daher  kam  es, 
dass  dieser  apostolische  Stuhl,  welchem  allein  die  Gewalt  zusteht,  von  dem  Hin- 
dernisse der  gemischten  Religion  zu  dispensiren,  wenn  er,  von  der  Strenge  der 
Kirchengesetze  etwas  nachlassend,  diese  gemischten  Ehen  bisweilen  erlaubt  hat, 
das  nur  aus  wichtigen  Ursachen,  sehr  ungerne  und  immer  nur  unter  der  aus- 
drücklichen Bedingung  that,  dass  man  zuvor  die  nothwendigen  Vorsichtsmass- 
regeln treffe,  dass  nämlich  nicht  blos  der  katholische  Gatte  vom  akatholischen 
nicht  verführt  werden  könne,  sondern  dass  der  katholische  Gatte  auch  wisse, 
er  sei  verpflichtet,  den  akatholischen  nach  Kräften  zurückzubringen,  so  wie  auch 
dass  alle  Kinder  beiderlei  Geschlechts,  welche  aus  diesen  gemischten  Ehen  her- 
vorgehen, durchaus  in  der  heiligen  katholischen  Religion  erzogen  werden  müssen. 
Von  diesen  Vorsichtsmassregeln  kann  nie  etwas  nachgelassen  oder  dispensirt 
werden,  da  sie  im  natürlichen  und  göttlichen  Gesetze  begründet  sind,  welches 
die  Kirche  und  dieser  heilige  Stuhl  unverletzt  zu  erhalten  mit  allem  Eifer  trachtet 
und  gegen  welches  ohne  allen  Zweifel  diejenigen  schwer  sündigen,  welche  durch 
die  unbesonnene  Eingehung  solcher  gemischter  Ehen  sich  und  die  aus  denselben 
hervorgehenden  Kinder  der  Gefahr  der  Verführung  preisgeben.  Ueberdies  wurden 
bei  der  Verleihung  derartiger  Dispensationen  ausser  den  erwähnten  Vorsichts- 
massregeln, welche  immer  vorangehen  müssen  und  von  denen  auf  keine 
Weise  jemals  dispensirt  werden  kann,  auch  die  Bedingungen  beigefügt. 


Apostolische  Thätigkeit.  Gemischte  Ehen.  211 

dass  solche  gemischte  Ehen  ausserhalb  der  Kirche  und  ohne  den  Segen  des 
Pfarrers  und  ohne  allen  kirchlichen  Ritus  gefeiert  werden  müssen.  Diese  Be- 
dingungen bezwecken  hauptsächlich,  dass  in  den  Herzen  der  Katholiken  niemals 
die  Erinnerung  an  die  Kirchengesetze  verwischt  werde,  welche  solche  gemischte 
Ehen  verabscheuen,  und  an  jenes  beständige  Bestreben,  mit  welchem  die  heilige 
Mutter  Kirche  niemals  aufhörte,  ihre^Kinder  vor  der  Eingehung  dieser  gemisch- 
ten Ehen  zu  warnen  und  abzuschrecken,  welche  zu  ihrem  und  ihrer  künftigen 
Nachkommenschaft  Verderben  gereichen  könnten." 


14* 


Pius  IX.  als  Vater  der  Christenlieit 


Nachdem  wir  den  Papst  als  Nachfolger  des  Apostelfürsten,  als  obersten 
Lehrer,  Hirten,  Priester,  Gesetzgeber  und  Eichter  betrachtet,  bleibt  uns  noch 
übrig  an  seine  Thätigkeit  als  Vater  der  Christenheit  zu  erinnern,  wie  er  nach 
seinen  besten  Kräften  allen  christlichen  Völkern  Hilfe  bringt  in  geistlichen 
und  leiblichen  Nothen.  Hieher  gehören  namentlich  fünf  Documente  aus  den  uns 
vorliegenden  Acta  und  zwar  zunächst  die  Encyclica  Praedecessores  Nostros  vom 
26.  März  1847  an  alle  Bischöfe  der  katholischen  Welt  in  welcher  dieselben  zu 

Geldsammlungen  und  Gebeten  für  Irland 

aufgefordert  werden.  In  dieser  Encyclica  ist  der  Charakter  des  Papstes  als  Vater 
der  Christenheit  so  schön  auseinandergesetzt,  dass  wir  nicht  umhin  können, 
die  betreffenden  Stellen  hier  mitzutheilen,  sie  lauten: 

Praedecessores  Nostros  Romanos  Pontißces  ad  Christianas  gentes,  quocunque 
possent  ratione  juvandas,  diligentem  omnem,  sedidamque  curom,  semper  exhibuisse, 
plane  scitis,  Venerabiles  Fratres,  quibiis  Ecclesiae  historia  cognita  et  explorata 
est.  Neque  ignoratis,  salutare  illiid,  pulcherrimumque  Studium,  non  spirituali  tantum 
erga  populum,  Christianum  collota  benefida  complexum  esse,  sed  ad  publicas  etiam 
levandas  calamitates  conversum  fuisse,  quibiis  gens  aliqua  Christiana  quandoque 
perculsa  fuit.  Hoc  veterum  recentiorumque  temporum  monumenta,  atque  hoo  nostra 
patrumque  nostrorum  memoria  conßrmat.  Quosnam  vero  decere  magis  poterat  vel 
debebat,  patemam  hanc  ad  christianos  omnes  erigendos  animi  söllicitudinem  praese- 
ferre,  praeter  eos,  quos  fides  catholica  docet,  omnium  christianorum  Patres  ac 
Doctores  existeref  Ad  quos  autem  magis  congruum  erat,  calamitosas  gentes  con- 
fugere,  quam  ad  illos,  qui  in  summo  Ecclesiae  vertice  constituti,  urgeri  se  Christi 
caritate,  diuturno  temporum  et  factorum  experimento  comprobaverunt. 

Praeclaro  isto  Praedecessorum  Nostrorum  exemplo,  ac  voluntatis  Nostrae  simul 
inclinatione  commoti,    ubi  primum  accepimus,    Hiberniae  regnum  in  permagna  rei 


Der  Papst  als  Vater  der  Christenheit.  213 

frumentariae  inopia,  atque  in  ceterarum  rerwn  ad  älimenta  suppeditanda  spectan- 
tium  caritate  versari ;  et  gentem  illam  teterrima  morborum  colluvie,  ex  penuria 
cihoT'um  contracta  premi;  omnem  opera/m  continuo  dedimics,  ut  periclitanti  eidem 
genti  quantum  erat  situm  in  Nohis,  succurreremus.  Itaque  in  hac  Urbe  Nostra 
publicas  iccirco  ad  Deum  preces  fundendas  indiximus ,  et  Clerum  Populumque 
Eomanum,  reliquosque  Romae  commorantes  ad  opem  Hiberniae  ferendam  hortati 
sumus.  Quamobrem  effectum  est,  ut  partim  pecunia  a  Nobis  libenter  tributa,  partim 
ea  quae  Romae  coUecta  est,  quantum  herum  temporum  angustiae  patiebantur,  sub- 
sidium,  ad  Vener abiles  Fratres  Nostros,  Hiberniae  Archiepiscopos  mitti  potuerit, 
quod  Uli  pro  locorum  et  egenorum  civium  suorum  conditione  partirentur. 

Verum  tales  ad  Nos  afferuntur  hactenus  ex  Hibernia  litter ae,  talia  de  me- 
moratis  superius  calamitatibus  immo  etiam  magis  ingraventibus  Nobis  quotidie 
nuntiantur,  ut  animum  Nostrum  incredibili  dolore  ea  efficiant,  Nosque  Herum  ad 
auxilium  ei  genti  tribuendum  vehementer  impellant. 

„Dass  Unsere  Vorgänger  die  römischen  Päpste  immer  sorgfältig  und  fleissig 
darauf   bedacht   waren,    den   christlichen    Völkern    auf  jede   mögliche   Art    zu 
helfen,  wisset  ihr  wohl,  ehrwürdige  Brüder,  da  euch  die  Geschichte  der  Kirche 
bekannt  und   kundig  ist.   Ebenso    wisset   ihr,    dass  jenes  heilsame  und  so  gar 
schöne  Bestreben  nicht  blos  die  einem  christlichen  Volke  erwiesenen,  geistlichen 
Wohlthaten  umfasst,  sondern  sich  auch  auf  die  Linderung  der  öffentlichen  Noth 
gerichtet  habe,  von  welcher  ein  christliches  Volk  zu  irgend  einer  Zeit  bedrängt 
wurde;  das  bestätigen  die  Denkmale  der  alten  und  neuen  Zeiten,  sowie  Unsere 
und  Unserer  Väter  Erinnerung.   Wem  aber  konnte  es  mehr  ziemen,  diese  väter- 
liche und  herzliche  Fürsorge  zur  Unterstützung   aller  christlichen  Völker   vor- 
anleuchten zu   lassen,    als  Jenen,   welche  wie   der  katholische  Glaube  lehrt  die 
Väter  und  Lehrer  aller  Christen  sind.    Zu  wem  aber  sollten  die   noth- 
leidenden  Völker  passender  ihre  Zuflucht  nehmen,  als  zu  jenen,  welche  auf  der 
höchsten  Spitze   der  Kirche   stehend,    durch   eine   lange   Erfahrung   der  Zeiten 
und  der  Thatsachen  bewiesen  haben,   dass  die  Liebe  Christi  sie  dränge. 
Durch   dieses  herrliche   Beispiel    Unserer   Vorgänger   und    zugleich    durch   die 
Neigung  Unseres  eigenen  Willens  bewogen,  haben    Wir,    sobald    Wir  erfuhren, 
das  Königreich  Irland  leide  an  grossem  Getreidemangel  und  an  einer  Theuerung 
aller  übrigen  Nahrungsmittel  und    jenes   Volk   werde    von   den   schrecklichsten 
durch  den   Mangel    an    Lebensmitteln   entstandenen    Krankheiten    heimgesucht. 
Uns  fortwährend  alle  Mühe  gegeben,  um  diesem  nothleid enden  Volke  so  viel  an 
Uns  lag,  zu  Hilfe  zu  kommen,  darum  haben  Wir  in  dieser  Unserer  Stadt  dieser- 
wegen  öffentliche  Gebete   zu   Gott  angeordnet    und   den   Clerus  und   das    Volk 
von  Korn  und  alle  die  sich  sonst  in  Rom  aufhalten,  ermahnt,  Irland  Hilfe    zu 
leisten.   Daher  geschah  es,    dass  theils    das  von  Uns   gerne   gespendete,   theils 
das  in  Rom  gesammelte  Geld  Unsern    ehrwürdigen    Brüdern   den    Erzbischöfen 
von  Irland  soviel  die   Bedrängniss  dieser    Zeiten    gestattete   als    Unterstützung 
zugesendet  werden  konnte,   damit  sie  dieselbe  nach  dem  Bedürfnisse  der  Orte 


214  ^^^'  P3,pst  als  Vater  der  Christenheit. 

und  ihrer  armen  Mitbürger  vertheilen  könnten.  Aber  noch  immer  kommen  Uns 
aus  Irland  solche  Briefe  zu,  und  werden  uns  über  die  obenerwähnten  Notb- 
stände,  welcbe  auf  dieser  Insel  auch  jetzt  noch  fortdauern,  ja  sogar  immer 
drückender  werden,  täglich  solche  Einzelnheiten  gemeldet,  dass  sie  Unser  Herz 
mit  unglaublichem  Schmerze  erfüllen,  und  Uns  abermals  gewaltig  antreiben, 
diesem  Volke  Hilfe  zu  verschaffen." 

Zum  italienischen  Krieg. 

Das  zweite  dieser  Actenstücke  ist  die  Encyclica  vom  27.  April  1859 
Cum  sancta  Mater  an  alle  katholischen  Bischöfe  der  V^elt,  mit  welcher  Pius  IX. 
aus  Anlass  des  zwischen  Oesterreich  und  dem  mit  Piemont  alliirten  Frankreich 
ausgebrochenen,  italienischen  Krieges,  Gebete  um  baldige  Wiederherstellung  des 
Friedens  anordnet,  und  einen  Ablass  von  300  Tagen  allen  G-läubigen  bewilligt, 
so  oft  sie  diesen  Gebeten  beiwohnen,  sowie  einen  vollkommenen  Ablass,  welcher 
während  der  Dauer  der  Gebete  einmal  im  Monate  zu  gewinnen  war  unter  den 
gewöhnlichen  Bedingungen.  Wir  entnehmen  dieser  Encyclica  die  folgende 
schöne  Stelle; 

Cum  sancta  Mater  Ecclesiae  sacris  hisce  festisque  diehus ,  Venerahiles  Fra- 
tres,  anniversaria  Paschalis  Sacramenti  solemnia  refusis  gaudiis  per  Universum 
orbem  concelebrans,  in  omnium  ßdelium  suorum  memoriam  revocat  laetissima  verba 
suavissimae  illius  pacis ,  quam  Unigenitus  Dei  Filius  Christus  Jesus ,  Dominus 
Noster ,  devicta  morte  daemonisque  eversa  tyrannide ,  resurgens  suis  Apostolis 
Discipulisque  frequenter  amantissimeque  nuntiavit,  ecce  tristissimus  sane  belli 
clamor  inter  catholicas  gentes  excitatits  tollitur,  omniumque  auribus  insonat.  Nos 
igitur ,  cum  licet  immerentes  vicariam  hie  in  terris  Illius  geramus  operam,  qui 
ex  Immaculata  Virgine  na^cens  pacem  per  Angelos  suos  annuciavit  hominihvs 
bonae  voluntatis ,  quique  resurgens  a  mortuia ,  et  in  coelum  ad  Patris  dexteram 
consessurus  ascendens  pacem  reliquit  Discipulis  suis,  haud  possumus,  quin  pro 
singulari  ac  prorsu^  paterna ,  quae  nos  erga  caihoUcos  praesertim  populos  urget 
caritate  et  sollicitudine  etiam  aique  etiam  pacem  clamemus,  et  ipsa  Divini  Nostri 
Reparatoris  verba  omnibus  maxima  animi  Nostri  contentione  inculcantes  sine  inter- 
missione  repetamus:  PojX  vobis!  Pax  vobis!  Atque  hisce  pacis  verbis  Vos  in  sollici- 
tudinis  Nostrae  parte  vocatos  peramanter  alloquimur,  Venerabiles  Frater,  ut  ßde- 
les  vestrae  vigilantiae  commissos  pro  eximia  vestra  pietate  omni  cura  studioque 
excitetis  ad  preces  Deo  Optimo  Maximo  adhibendas,  quo  omnibus  optatissimam 
suam  pacem  largiatur.  Hac  sane  de  causa  Nos  pro  pastorali  Nostro  munere 
praecipere  haud  omisimus,  ut  in  universa  Pontificia  Nostra  ditione  publicae  cle- 
mentissimo  misericordiarum  Patri  offerantur  precationes.  Illustria  vero  Praedeces- 
sorum  Nostrorum  exempla  sectantes  ad  vestras  ac  totius  Ecclesiae  preces  con- 
fugere  constituimus. 

„Während  die   heilige  Mutter  Kirche  in  diesen  heiligen    Festtagen,    ehr- 
würdige Brüder,    die  jährliche   Feierlichkeit    des   österlichen    Sakramentes   mit 


Der  Papst  als  Vater  der  Christenheit.  215 

überfliessender  Freude  feiernd,  die  hocherfreulichen  Worte  jenes  lieblichsten 
Friedens,  welchen  der  eingeborene  Sohn  Gottes,  Christus  Jesus  Unser  Herr  nach 
TJeberwindung  des  Todes  und  nach  dem  Sturze  der  Tyrannei  des  Satans,  nach 
seiner  Auferstehung  seinen  Aposteln  und  Jüngern  häufig  und  liebevoll  verkün- 
dete, allen  ihren  Gläubigen  ins  Gedächtniss  zurückruft,  siehe,  da  erhebt  sich 
ein  gar  trauriges  Kriegsgeschrei  unter  katholischen  Völkern  und  erklingt  in 
allen  Ohren.  Wir  können  daher,  da  Wir,  obwohl  unverdienter  Weise,  hier  auf 
Erden  die  Stelle  dessen  vertreten,  welcher  von  der  unbefleckten  Jungfrau  ge- 
boren den  Menschen,  die  eines  guten  Willens  sind,  durch  seine  Engel  den 
Frieden  verkündete,  und  welcher  nach  seiner  Auferstehung  von  den  Todten  und 
bei  seiner  Auffahrt  in  den  Himmel,  wo  er  sich  zur  Eechten  des  Vaters  setzen 
wollte,  seinen  Jüngern  den  Frieden  liess,  nicht  umhin,  nach  Unserer  besonderen 
väterlichen  Liebe  und  Fürsorge,  welche  Uns  besonders  gegen  die  katholischen 
Völker  drängt,  immer  und  immer  Friede  zu  rufen  und  die  eigenen  Worte  Un- 
seres göttlichen  Erlösers  Allen  aus  ganzem  Herzen  einschärfend  ohne  Unterlass 
zu  wiederholen:  pax  vohis!  pax  vohis!  der  Friede  sei  mit  Euch!  der  Friede  sei  mit 
Euch!  und  mit  diesen  Worten  des  Friedens  reden  Wir  Euch,  ehrwürdige  Brüder, 
die  Ihr  zur  Theilnahme  an  Unserer  Fürsorge  berufen  seid,  liebevoll  an,  damit 
Ihr  die  Eurer  Wachsamkeit  anvertrauten  Gläubigen  nach  Euerer  Frömmigkeit 
mit  aller  Sorgfalt  und  allem  Eifer  ermuntert,  zu  dem  höchsten  und  besten 
Gotte  Gebete  emporzusenden,  damit  er  Allen  seinen  erwünschten  Frieden  spende. 
Aus  dieser  Ursache  haben  wir  nach  Unserer  Hirtenpflicht  nicht  unterlassen 
anzuordnen,  dass  in  Unserem  ganzen  päpstlichen  Gebiete  dem  gütigen  Vater 
der  Barmherzigkeit  öffentliche  Gebete  dargebracht  werden.  Aber  den  leuchtenden 
Beispielen  Unserer  Vorgänger  folgend,  haben  Wir  beschlossen,  auch  zu  Euern 
und  der  ganzen  Kirche  Gebeten  Unsere  Zuflucht  zu  nehmen." 

An  die  Maroniten. 

Das  dritte  Actenstück  ist  das  Breve  Ex  vestris  vom  29.  Juli  1860  an 
den  Patriarchen  der  Maroniten  in  Antiochien,  von  welchem  schon  weiter  oben 
die  Rede  war.  Auch  in  diesem  Actenstücke  zeigt  Pius  IX.  seine  väterliche 
Liebe  und  seinen  väterlichen  Schmerz,  indem  er  die  grausamen  Verfolgungen 
beklagt,  deren  Gegenstand  die  Maroniten  gewesen  und  dann  fortfährt: 

At  vero  illud  est  miserrimum,  planeque  dolendum,  quod  aetate  hac  nostra 
plus  deferatur  studii  et  vero  etiam,  auxilii  turbulentissimis  seditionum  auctoribus^ 
quam  christianis  populis  sub  Turcarum  aliorumque  harharorum  jugo  gementibus, 
pro  quibus  a  durissima  Servitute  vindicandis  gravissima  bella  per  superiores  aeta- 
tes  Europa  suscepit.  Atque  adeo  in  publica  cujusdam  nationis  consilio  laudes, 
plaususque  a  nonnullis  tributi  Uli  Jiomini  sunt,  qui  rem.  sacram  et  publicam  con- 
tra jus  fasque  subverfere   ubique  contendit. 

„Aber  das  ist  das  Traurigste  und  Schmerzlichste,  dass  in  dieser  unserer 
Zeit   mehr  Gunst   und    sogar    auch    mehr   Hilfe    den   unruhigen   Urhebern   von 


216  öer  Papst  als  Vater  der  Christenheit, 

Aufständen  erwiesen  wird,  als  den  christlichen  Völkern,  welche  unter  dem  Joche 
der  Türken  und  anderer  Barbaren  seufzen,  für  deren  Rettung  aus  der  härtesten 
Sklaverei  Europa  in  früheren  Zeiten  die  schwersten  Kriege  unternommen  hat. 
Und  so  wurden  sogar  in  dem  Parlamente  einer  gewissen  Nation  jenem  Manne, 
welcher  überall  die  kirchliche  und  staatliche  Ordnung  gegen  Fug  und  Eecht 
umzustürzen  trachtet,  von  Einigen  Lob  und  Beifall  gespendet/ 

Dann  weist  er  darauf  hin,  wie  eine  solche  verkehrte  Handlungsweise  die 
nothwendige  Folge  der  Verwerfung  der  katholischen  Religion  sei,  der  einzigen 
Führerin  und  Lehrmeisterin  der  Wahrheit,  welche  allein  die  Wunden  der  kranken 
Gesellschaft  heilen,  die  wankende  und  beinahe  zusammenstürzende  stützen  und 
aufrecht  erhalten  kann.    Dann  fährt  er  fort : 

Optandum  sane  est,  ut  ii,  quibiLs  maxime  pertinet,  noscant  aliquando,  nul- 
Iv/m  ah  Eccleaia  Dei  conflari  pericvlum  kumanae  societati,  verum  ah  hostibus 
Ecclesiae  ipsiiis ,  qui  y  si  favore ,  si  atictoritate  opibusque  jnventur,  contra  f anta- 
res ipsos  suos  convertere  arma  solent  ad  sacram  civilemque  potestatem  funditus 
svhruendam. 

„Man  muss  gewiss  wünschen,  dass  Diejenigen,  die  es  zumeist  angeht,  end- 
lich erkennen,  wie  der  menschlischen  Gesellschaft  von  der  Kirche  Gottes  keine 
Gefahr  bereitet  werde,  wohl  aber  von  den  Feinden  dieser  Kirche,  welche,  wenn 
sie  durch  Begünstigung,  durch  Autorität  und  durch  Geldmittel  unterstützt 
werden,  gegen  ihre  Begünstiger  selbst  die  Waffen  zu  kehren  pflegen,  um  die 
kirchliche  und  staatliche  Gewalt  von  Grund  aus  zu  stürzen." 

Hierauf  spricht  der  Papst  die  Hoffnung  aus,  dass  die  Lage  jener  Länder 
sich  jetzt  verbessern  werde,  da  die  französische  Regierung  eine  Flotte  dahin 
senden  wolle,  und  bemerkt,  er  habe  in  seiner  väterlichen  Fürsorge  diese  rühm- 
liche Absicht  zu  wecken  gesucht.  Als  Beweis,  wie  sehr  ihr  Unglück  ihm  zu 
Herzen  gehe,  theilt  er  ihnen  mit,  dass  er  eine  seinen  eigenen  bedrängten  Ver- 
hältnissen entsprechende  Geldsumme  an  sie  absende,  und  schliesst  dann  mit 
folgenden  Worten: 

Faacit  immortalis  Dens,  cujus  in  manu  corda  reyum  sunt,  ut  excitentur  po- 
tentissimi  christiani  principes  ad  reprimendos  infidelium  conatus ,  ne  in  perni- 
ciem ,  excidiumque  christiani  nominis  deba^chentur ,  atque  insolescant.  ütinam 
aliquando  intelligant  iidem  principes,  quam  grave  immineat,  ac  prope  extremum 
societatis  universae  discrimen,  nisi  opes  viresque  conjungant  siias  ad  cohibendam 
hie  pariter  in  Europa  perditorum  audaciam,  impetumque  frangendum;  qui  novo 
quodam  incensi  furore  id  moliuntur,  id  agunt ,  ut  omnem  religionis  sensum 
in  animis  exstinguant ,  divina  quaeque  et  humana  jura  pessumdent ,  et  svhlato 
quolibet  justi,  atque  injusti  discrimine,  societatem  hominvm  quoddam  quasi  sep- 
tum  efficiant  furentium  belluarum.  Verum  in  hoc  tarda  civilium  rerum  conver- 
sione,  in  hoc  tanto  novorum  turbinum  metu  ea  Nos  sustentat  cogitatio,  quod  ubi- 
oumque  terrarum  positi  fideles  fervidas  assidaasque  attollunt  preces  ad  thronum 
gratiae,  quibus  exoraius    clementissimus    Deus  optatam ,    cum   Ei   placuerit,  faciet 


Der  Papst  als  Vater  der  Christenheit.  217 

tranquillitatem ;  sie  ut  de  felici  faustoque  communium  votorum  exito  gratulemur , 
ac  supremo  moderatori  verum  omnium ,  sospitatori  et  vindici  Ecclesiae  suae 
debitas  pro  tanto  beneficio  gratias  persolvamus. 

„Gebe  der  unsterbliche  Gott,  in  dessen  Hand  die  Herzen  der  Könige 
sind,  dass  die  mächtigsten  christlichen  Fürsten  zur  Unterdrückung  der  Wage- 
stücke der  Ungläubigen  angetrieben  werden,  damit  sie  nicht  zum  Verderben 
und  der  Ausrottung  des  christlichen  Namens  tibermüthig  herumschwärmen. 
Möchten  doch  diese  Fürsten  einmal  einsehen,  welche  schwere  und  beinahe 
äusserste  Gefahr  der  ganzen  Gesellschaft  droht,  wenn  sie  nicht  alle  ihre  Kräfte 
und  Mittel  vereinigen,  um  gleichermassen  die  Verwegenheit  der  Verlorenen  in 
Europa  im  Zaume  zu  halten  und  ihren  Ungestüm  zu  brechen,  welche,  von 
einer  gewissen  neuen  Wuth  entflammt,  darauf  ausgehen  und  das  bezwecken, 
dass  sie  jedes  Gefühl  für  Religion  in  den  Herzen  auslöschen,  alle  göttlichen 
nnd  menschlichen  Rechte  mit  Füssen  treten  und  nach  Beseitigung  jedes  Unter- 
schiedes zwischen  Recht  und  Unrecht  aus  der  menschlichen  Gesellschaft  eine 
Art  von  Gehege  wüthender  wilder  Thiere  machen.  Aber  in  dieser  so  grossen 
Umwälzung  der  bürgerlichen  Ordnung ,  in  dieser  grossen  Furcht  vor  neuen 
Stürmen  hält  Uns  der  Gedanke  aufrecht,  dass  die  allenthalben  auf  der  ganzen 
Erde  weilenden  Gläubigen  brünstige  und  unablässige  Gebete  zum  Throne  dei 
Gnade  emporsenden,  durch  welche  der  gütige  Gott  sich  erbitten  lassen  und  die 
erwünschte  Ruhe  geben  wird,  wenn  es  Ihm  gefällt,  so  dass  Wir  Uns  zur 
glücklichen  und  heil  vollen  Erfüllung  der  gemeinsamen  Wünsche  Glück  wün- 
schen und  dem  höchsten  Lenker  aller  Dinge,  dem  Retter  und  Rächer  seiner 
Kirche  den  geziemenden  Dank  für  eine  so  grosse  Wohlthat  werden  abstat- 
ten können. 

Zum  Bürgerkriege   in  Amerika. 

Sodann  gehört  hieher  auch  noch  das  Breve  Gravissimas  inter  Yom  18.  Oc- 
tober  1862  an  die  Erzbischöfe  von  Newyork  und  Neworleans  aus  Anlass  des 
in  Amerika  ausgebrochenen  Bürgerkrieges,  welches  bereits  weiter  oben  mitge- 
theilt  wurde.  *) 

^)  Eben  daher  gehört  jene  Stelle  aus  der  Allocution  „Ubi  primum"  vom  7.  De- 
zember 1847,  welche  sich  auf  den  Sonderbundskrieg  in  der  Schweiz  bezieht  und  gleich- 
falls weiter  oben  mitgetheilt  wurde.  Weiter  eine  Stelle  aus  der  Allocution  Non  semel 
vom  29.  April  1848,  in  welcher  sich  Pius  IX.  gegen  die  Zumuthung  verwahrt,  an  dem 
Kriege  gegen  Oesterreich  theilzunehmen,  sie  lautet: 

Cum  modo  nonnulli  exopieni,  ut  Nos  quoque  cum  aliis  Italiae  Populis  et  Prin- 
cipibus  bellum  contra  Germanos  suscipiamus,  officii  tandem  Nostri  esse  judicavimus, 
ut  in  solemni  hoc  Conventu  Vestro  clare  ac  palam  proßteamur,  abhorrere  id  omnino 
a  consiliis  Nostris;  quandoquidem  Nos,  licet  indigni  vices  Illius  in  terris  gerimus 
qui  Auetor  est  pacis,  et  amator  caritatis,  pro  supremi  Nostri  Aposiolatus  officio 
omnes  gentes,  populos,  nationes  pari  paterni  amoris  studio  prosequimur,  atque  com- 
plectimur Illud  sane  paterno  Nostro    cordi  jucundissimum   foret,    si 


218  Der  Papst  als  Vater  der  Christenheit. 

Opera,  curis,  studiisque  Jostris  quidpiam  conferre  datum  esset  ad  restinguendos  dis- 
cordiarum  fomites,  ad  conciliandos  invicem  bellanüum  animos,  atque  ad  pacem  inter 
ipsos  restituendam. 

„Da  jetzt  Einige  wünschen,  dass  auch  Wir  mit  andern  Völkern  und  Fürsten 
Italiens  den  Krisg  gegen  die  Deutsche q  unternehmen,  hahen  Wir  es  endlich  für  Un- 
sere Pflicht  gehalten,  in  dieser  Eurer  feierlichen  Versammlung  klar  und  -  öffentlich 
zu  hekennen,  dass  dies  durchaus  gegen  Unsere  Absicht  sei,  sintemalen  Wir,  obwohl 
unwürdig,  die  Stelle  dessen  auf  Erde  vertreten,  welcher  der  Urheber  des  Friedens 
und  der  Liebhaber  der  Liebe  ist,  und  da  Wir  nach  der  Pflicht  Unseres  Apostolates 
alle  Stämme,  Völker  und  Nationen  mit  gleich  eifriger  Liebe  umfassen.  Unserem  väter- 
lichen Herzen  wäre  gewiss  das  am  angenehmsten,  wenn  es  Unseren  sorgfältigen  Be- 
mühungen und  Bestrebungen  gegönnt  wäre,  etwas  zur  Auslöschung  des  Zunders  der 
Zwietracht,  zur  Versöhnung  der  sich  gegenseitig  bekämpfenden  Gemüther  und  zur 
Wiederherstellung  des  Friedens  unter  denselben  beizutragen." 

Auch  die  Encyclica  Apostolicae  Nostrae  vom  1.  August  1854,  mit  welcher 
Pius  IX.  ein  neues  Jubiläum  ausschreibt,  zeigt  ihn  als  den  Vater  der  Christenheit  in 
den  folgenden  Stellen: 

Apostolicae  Nostrae  caritatis  sollicitudine  et  affectu  Universum  catholicum  con- 
templantes  orbem,  verbis  exprimere  vix  possumus ,  Venerabiles  Fratres,  quo  intimo 
conficiamur  moerore,  cum  christianam  ei  civilem  rempublicam  luctuosissimis  cujus- 
que  generis  calamilatibus  miserandum  in  modum  undique  turbatam,  pressam  ac  dive- 
xatam  conspicimus.  Etenim  optime  noscitis,  quomodo  christiani  populi  vel  saevissimis 
bellis,  vel  intestinis   dissidiis,   vel  pestiferis  morbis ,    vel  ingentibus   terrae  motibus , 

vcl  aliis  gravissimis   maus   affligantur    et  exagitentur In  tanto   igitur   rerum 

discrimine  probe  noscentes,  Nobis  singulari  miserantis  Dei  beneficio  in  oratione 
datam  esse  facultatem  et  omnia  obtinendi  bona,  quibus  indigemus,  et  avertendi  mala, 
quae  reformidamus,  in  humilitate  cordis  Nostri  enixis  fervidisque  precibus  divitem 
in  misericodia  Deum  orare  et  obsecrare  non  desistimus ,  ut  aufer ens  bella  usque 
ad  ßnem  terrae,  et  omnia  amovens  dissidia  christianis  Principibus,  eorumque  po- 
pulis  pacem,  concordiam  ac  tranquillitatem  tribuat,  ut  ipsis  praeseriim  Principibus 
pientissimum  concedat  Studium  quotidie  magis  tuendi  et  propagandi  catholicam  fidem 
et  doctrinam,  qua  populorum  felicitas  vel  maxime  continetur,  ut  eosdem  Principes 
et  populos  a  cunctis,  quibus  affliguntur,  malis  eripiat  et  omni  v er a  prosperitate  lae- 
tificet,  ut  coelestis  suae  gratiae  dona  errantibus  largiatur,  quo  de  perditionis  via  ad 
veritatis  et  justitiae  semitas  redeant  ac  sincero  corde  ad  ipsum   Deum  convertantur. 

„Wenn  Wir  in  der  Fürsorge  Unserer  apostolischen  Liebe  die  ganze  katholische 
Welt  betrachten,  können  Wir  kaum  mit  Worten  ausdrücken,  ehrwürdige  Brüder,  von 
welch'  tiefen  Kummer  Wir  verzehrt  werden,  da  Wir  das  christliche  und  bürgerliche 
Gemeinwesen  von  den  traurigsten  Nothständen  aller  Art  auf  eine  beklagenswerthe 
Weise  allenthalben  verwirrt,  bedrängt  und  gepeinigt  sehen,  denn  ihr  wisst  sehr  gut, 
wie  die  christlichen  Völker  theils  durch  grausame  Kriege,  theils  durch  innere  Zwistig- 
keiten,  theils  durch  pestartige  Krankheiten,   theils  durch  gewaltige  Erdbeben,  theils 

durch  schwere  üebel  bedrängt  und  gequält  werden Da  Wir  nun  in   so  grosser 

Noth  wohl  erkennen,  dass  Uns  durch  eine  besondere  Wohlthat  des"  barmherzigen 
Gottes  in  dem  Gebete  die  Möglichkeit  gegeben  sei,  alles  Gute  zu  erlangen,  dessen  Wir 
bedürfen  und  das  Böse  abzuwenden  das  Wir  fürchten,  bitten  und  flehen  Wir  in  der 
Demuth  Unseres  Herzens  ohne  Unterlass  mit  inständigen  und  brünstigen  Gebeten  zu 
dem  erbarmungsreichen  Gotte,  dass  er  die  Kriege  bis  an  die  Grenzen  der  Erde  weg- 
nehmen und  alle  Zwistigkeiten  von  den  christlichen  Fürsten  ferne  halten  und  ihren 
Völkern  Friede,  Eintracht  und  Euhe  verleihen  wolle,  dass  er  insbesondere  den  Fürsten 


Der  Papst  als  Vater  der  Christenheit.  219 

das  gewissenhafte  Bestreben  verleihen  wolle,  die  katholische  Glaubenslehre,  in  welcher 
das  Glück  der  Völker  zumeist  enthalten  ist,  täglich  mehr  zu  beschützen  und  zu  ver- 
breiten, dass  er  die  Fürsten  und  Völker  von  allen  Uebeln,  welche  sie  bedrängen,  be- 
freien und  sie  mit  jeder  wahren  Wohlfahrt  erfreuen  wolle,  dass  er  dem  Irrenden  die 
Geschenke  seiner  himmlischen  Gnade  spende,  damit  sie  vom  Wege  des  Verderbens  auf 
die  Pfade  der  Wahrheit  und  Gerechtigkeit  zurückkehren  und  sich  mit  aufrichtigem 
Herzen  zu  Gott  bekehren." 

Endlich  erweist  sich  der  Papst  als  Vater  der  Christenheit,  indem  er  sich 
durch  persönliche  Schreiben  an  die  Fürsten  dieser  Erde  für  die  Rechte  ihrer  katho- 
lischen Unterthanen  verwendet.  Die  uns  vorliegende  Sammlung  der  Acta  enthält  vier 
solche  Schreiben,  nämlich  zwei  an  den  König  Viktor  Emanuel  vom  9.  November  1849 
und  vom  19.  September  1852,  und  zwei  an  den  Kaiser  Alexander  von  Russland 
vom  31.  Januar  1859  und  vom  22.  April  1863,  deren  Inhalt  bereits  weiter  oben  an 
den  betreffenden  Orten  näher  mitgetheilt  wurde.  Eine  Reihe  von  Handlungen  Pius  IX., 
für  welche  die  betreffenden  Documente  in  der  uns  vorliegenden  Sammlung  seiner  Acten 
fehlen,  geben  ausserdem  dafür  Zeugniss,  dass  der  Papst  der  Vater  der  Christenheit 
ist,  dahin  gehören  die  zahlreichen  Geldunterstützungen ,  welche  er  den  Bewohnern  ver- 
schiedener durch  grosse  Unglücksfälle  betroffener  Länder,  so  z.  B.  den  durch  Miss- 
wachs heimgesuchten  Ungarn  hat  zu  Theil  werden  lassen;  dahin  gehört  die  Aufmun- 
terung, Förderung  und  Unterstützung  der  verschiedenartigsten  Werke  der  christlichen 
Nächstenliebe  und  der  mannigfachen  frommen  Vereine  und  Bruderschaften  der  ganzen 
Welt,  so  z.  B.  der  Piusvereine  in  Deutschland  und  in  der  Schweiz,  der  Katholiken- 
Vereine  in  Oesterreich,  des  Michael- Vereins  und  des  Vereines  der  unbefleckten  Empfäng- 
niss  in  Wien  etc.  etc.,  dahin  gehört  auch  die  freundliche  Ermunterung,  welche  der 
Papst  durch  Ertheilung  seines  apostolischen  Segens  den  Katholikenversammlungen  in 
Deutschland  und  Belgien  zu  Theil  werden  Hess  u.  s.  w. 


Zweite  Abtheilung. 

Pius  IX.  als  König, 


k 


Pius  IX.  als  König. 


A.  Nach  Aussen. 

Die  weltliche  Herrschaft  des  Papstes  gelangt  in  dem  Pontificat  Pius  IX. 
zu  einer  besonderen  Bedeutung  durch  den  erbitterten  Kampf,  welcher  sich  seit 
dem  Beginne  desselben  gegen  sie  erhob.  Diesem  Kampfe  sind  in  der  uns  vor- 
liegenden Sammlung  der  Acta  vierzehn  Documente  gewidmet.  Das  erste  der- 
selben ist  die  Allocution  Non  semel  vom  29.  April  1848,  in  welcher  Pius  IX. 
den  ihm  angesonnenen  Krieg  gegen  Oesterreich  und  die  ihm  angebotene  Präsi- 
dentschaft einer  sogenannten  italienischen  Eepublik  mit  energischen  Worten 
ablehnt  und  sich  zugleich  gegen  den  Vorwurf  vertheidigt,  als  hätten  die  von 
ihm  im  Kirchenstaate  eingeführten  Eeformen  die  Revolution  heraufbeschworen, 
da  er  doch  mit  diesen  Reformen  nichts  anderes  gethan,  als  was  die  Monarchen 
von  Oesterreich,  Russland,  Frankreich,  Grossbritannien  und  Preussen  in  dem 
berühmten  Memorandum  vom  Jahre  .1831  von  dem  heiligen  Stuhle  verlangt 
hatten.  Gleichzeitig  deutet  Pius  IX.  in  dieser  Allocution  auch  schon  an,  dass 
ihm  der  wahre  Charakter  des  Jubels  und  der  Begeisterung,  welche  seine  Re- 
formen im  Kirchenstaate  und  über  die  Grenzen  desselben  hinaus  hervorgerufen, 
keineswegs  entgangen  sei,  denn  er  bemerkt  in  derselben  über  diesen  Freuden- 
taumel :  Connitendum  Nohis  fuit,  quo  vel  in  ipsa  hac  alma  Urbe  populäres  cla- 
mores,  plausus,  conventus  nimio  impetu  erumpentes  ad  officii  normara  revocarentur. 
„Wir  mussten  trachten,  sogar  in  dieser  unserer  lieben  Stadt  das  Volksgeschrei, 
den  Beifallsjubel,  die  Volksversammlungen,  welche  allzu  ungestüm  hervortraten, 
in  die  Grenzen  der  Pflicht  zurückzuweisen." 

Nicht  ganz  ein  Jahr  später  sieht  sich  Pius  IX.  genöthigt,  in  der  Ver- 
bannung zu  Gaeta  in  der  Allocution  Quibus  quantisque  vom  20.  April  1849 
jene  Männer,    welche  seine  Reformen   zu   ihren   verbrecherischen  Plänen   miss- 


224  Pius  IX.  als  König. 

braucht  hatten,  öffentlich  anzuklagen,  dass  dieselben  kein  anderes  Ziel  verfolg- 
ten, als  den  weltlichen  Thron  des  Papstes  zu  stürzen.  Zu  diesem  Zwecke 
beriefen  sie  Volksversammlung  um  Volksversammlung,  erhitzten  sie  die  Gemü- 
ther und  drängten  sie  die  päpstliche  Kegierung  von  einer  Concession  zur  andern, 
bis  endlich  die  weltliche  Macht  des  Papstes  derart  beschränkt  war,  dass  auch 
die  Freiheit  der  geistlichen  Macht  dadurch  gefährdet  wurde  und  der  Papst  sich 
zur  Flucht  aus  Rom  genöthigt  sah.  Um  aber  der  traurigen  Lage  seiner  Unter- 
thanen  unter  der  Herrschaft  der  Revolution  ein  Ende  zu  machen  und  seine 
weltliche  Herrschaft  zurückzuerlangen ,  wendete  sich  Pius  IX.,  wie  er  in  der 
erwähnten  Allocution  erzählt,  schon  am  4.  December  1848  an  alle  Fürsten 
und  Völker  um  ihre  Hilfe,  insbesondere  aber  an  Oesterreich,  Frankreich,  Spa- 
nien und  den  König  beider  Sicilien,  welche  ihm  auch  ihre  Hilfe  gewährten. 
Am  Schlüsse  der  Allocution  dankt  der  Papst  für  die  Liebesgaben,  welche  ihm 
aus  allen  Theilen  der  Welt  zugekommen  seien. 

Die  Allocution  Si  semper  antea  vom  20.  Mai  1850  konnte  Pius  IX.  bereits 
wieder  in  Rom  halten,  wohin  die  von  ihm  angerufene  auswärtige  Hilfe  nach 
sechszehnmonatlicher  Verbannung  ihn  zurückgeführt  hatte.  Er  dankt  denn  auch 
in  dieser  Allocution  allen  Mächten,  welche  ihm  ihre  Hilfe  angeboten  und  wirk- 
lich geleistet,  und  vertheidigt  wie  in  der  vorhergehenden  Allocution  die  welt- 
liche Herrschaft  des  heiligen  Stuhles. 

Aber  Pius  IX.  sollte  sich  nicht  lange  des  ungestörten  Besitzes  derselben 
erfreuen.  Piemont  im  Bunde  mit  der  Revolution  arbeitete  fortwährend  ins- 
geheim am  Sturze  der  weltlichen  Herrschaft  und  die  erste  Frucht  des  italie- 
nischen Krieges,  in  welchem  Frankreich,  dessen  Truppen  den  Papst  beschützen 
sollen ,  an  der  Seite  Piemonts  gegen  Oesterreich  kämpfte,  war  die  Los- 
reissung  der  Aemilia  von  der  päpstlichen  Regierung,  welche  die  Encyclica 
Qui  huper  vom  18.  Juni  1858  und  die  Allocution  Ad  gravissimum  vom  20.  Juni 
desselben  Jahres  beklagt  und  verdammt.  In  der  Encyclica  Qui  nuper  erklärt 
Pius  IX.  den  Bischöfen  der  katholischen  Welt  abermals  die  Nothwendigkeit 
der  weltlichen  Herrschaft  des  heiligen  Stuhles,  welche  die  Feinde  der  Kirche 
ihm  zu  entreissen  suchen,  und  fordert  sie  zu  Gebeten  für  den  bedrängten  hei- 
ligen Stuhl  auf  und  versichert,  er  wolle  lieber  das  Aergste  erdulden,  als  irgend- 
wie seiner  apostolischen  Pflicht  untreu  werden  und  etwas  gegen  den  heiligen 
Eid  zulassen,  den  er  bei  seiner  Thronbesteigung  geschworen.  In  der  Allo- 
cution Ad  gravissimum  vertheidigt  er  ebenfalls  die  Noth wendigkeit  der  welt- 
lichen Herrschaft  und  erklärt,  nachdem  er  die  Reclamationen  seiner  Regierung 
bei  allen  auswärtigen  Mächten  gegen  die  revolutionären  Vorgänge  in  Bologna, 
Ravenna  und  Perugia  erwähnt  hat,  alle  Theilnehmer  an  denselben  in  die  Strafe 
der  grösseren  Excommunication  verfallen.  Sodann  spricht  er  die  Hoffnung  aus, 
dass  die  Fürsten  Europa's,  wie  früher  so  auch  jetzt,  ihm  seine  weltliche  Herr- 
schaft aufrecht  zu  erhalten  helfen  werden,  da  jeder  derselben  das  grösste  Inter- 
esse daran  habe,  dass  der  römische  Papst  der  vollsten  Freiheit  geniesse,  damit 


Pias  IX.  als  König.  225 

die  Gewissen  ihrer  katholischen  Unterthanen  beruhigt  sein  können.  Dann  schliesst 
er  mit  den  Worten: 

Quae  quidem  spes  atigetur,  propterea  quod  Gallicae  copiae  in  Italia  degentes, 
juxta  ea,  quae  Carissimus  in  Christo  Filnis  Noater  Gallorum  Imperator  declaravit, 
non  modo  nihil  contra  temporalem  Nostram  et  hujus  S.  Sedis  dominationem  agent, 
immo  vero  eadem  tuebuntur  atque  servabunt. 

„Diese  Hoffnung  wird  vermehrt,  weil  die  in  Italien  weilenden  französi- 
schen Truppen  nach  der  Erklärung  Unseres  in  Christo  geliebtesten  Sohnes,  des 
Kaisers  der  Franzosen,  nicht  nur  nichts  gegen  Unsere  und  dieses  apostolischen 
Stuhles  weltliche  Herrschaft  unternehmen,  sondern  sogar  dieselbe  beschützen 
und  erhalten  werden." 

In  der  Allocution  Maxima  animi  vom  26.  September  1859  musste  der 
Papst  die  Hoffnung,  dass  die  aufständischen  Provinzen  zur  Pflicht  zurückkehren 
werden,  als  eine  vergebliche  anerkennen  und  die  Umtriebe  Piemonts  beklagen, 
welches  als  Herr  in  denselben  schalte,  sich  alle  legitimen  Eechte  daselbst  an- 
masse,  sogar  in  die  kirchliche  Gewalt  eingreife  und  die  Völker  durch  falsche 
Beschuldigungen  der  päpstlichen  Eegierung  abwendig  mache.  Er  verdammt  daher 
alle  diese  Umtriebe  und  erklärt,  dass  die  Urheber  und  Begünstiger  derselben 
aufs  Neue  in  die  kirchlichen  Strafen  verfallen.  In  der  Encyclica  Nullis  certe  vom 
19.  Januar  1860  dankt  Pius  IX.  den  Bischöfen  der  katholischen  Welt  für  ihre 
eifrige  Vertheidigung  der  weltlichen  Herrschaft  des  heiligen  Stuhles  und  für 
die  Anordnung  öffentlicher  Gebete  nach  dem  in  der  Encyclica  Qui  nuper  vom 
18.  Juli  1859  ausgesprochenen  Wunsche  des  Papstes,  sowie  dafür,  dass  sie 
nicht  nur  in  ihrem  Antwortschreiben  an  den  Papst,  sondern  auch  in  Hirten- 
briefen und  in  andern  religiösen  und  gelehrten  Schriften  die  Sache  der  Gerech- 
tigkeit und  der  Eeligion  vertheidigt  haben,  und  erwähnt,  dass  aus  allen  Ländern 
der  katholischen  Welt  zahllose  Adressen  von  Geistlichen  und  Laien  jeden  Banges 
und  Standes,  mit  tausenden  von  Unterschriften  bedeckt,  für  die  Aufrechthaltung 
der  weltlichen  Herrschaft  des  Papstes  an  ihn  gelangt  seien  und  dass  ausserdem 
viele  Schriften  von  Geistlichen  und  Laien  zu  Gunsten  der  weltlichen  Herrschaft 
veröffentlicht  wurden;  dann  fährt  er  fort: 

Quae  praeclarae  vestrae  ac  fidelium  significationes  omni  certe  laude  ac  prae- 
dicatione  decorandae,  et  aureis  notis  in  catholicae  Ecclesiae  fastis  inscribendae  ita 
No8  commoverunt,  ut  non  potuerimus  non  laete  exclamare:  „Benedictv^  Dens  et  Pater 
Domini  nostri  Jesu  Christi,  Pater  misericordiarum  et  Deus  totius  consolationis,  qui 
consolatur  Nos  in  omni  tribulatione  nostra." 

„Diese  Eure  und  der  Gläubigen  herrlichen  Kundgebungen,  welche  gewiss 
mit  allem  Ruhm  und  Lob  zu  schmücken  und  mit  goldenen  Lettern  in  die  Jahr- 
bücher der  katholischen  Kirche  einzutragen  sind,  haben  Uns  so  gerührt,  dass 
Wir  nicht  umhin  konnten,  auszurufen:  „Gepriesen  sei  Gott  und  der  Vater  unseres 
Herrn  Jesu  Christi,  der  Vater  der  Erbarmungen  und  der  Gott  alles  Trostes, 
der  Uns  tröstet  in  all'  Unserer  Trübsal."  Aber  neben  dieser  Freude  verzeichnet 

Pius  IX.  als  Papst  und  als  König.  15 


.226  Pi^s  IX.  als  König. 

Pins  IX.  in  der  erwähnten  Encyclica  auch  einen  grossen  Schmerz,  weichender 
Papst  über  das  im  Moniteur  veröffentlichte  Schreiben  Napoleons  III.  empfindet, 
womit  ihm  der  Verzicht  auf  die  ihm  entrissenen  Provinzen  zugemuthet  wird. 
Pius  IX.  theilt  den  Bischöfen  seine  Antwort  auf  dieses  Schreiben  mit,  in  welcher 
er  erklärt,  er  könne  nicht  abtreten,  was  nicht  ihm  gehöre,  er  könne  die  er- 
wähnten Provinzen  nicht  abtreten  ohne  feierliche  Eide  zu  verletzen,  ohne  Be- 
schwerden und  Bewegungen  in  seinen  übrigen  Provinzen  zn  erregen,  ohne  allen 
Katholiken  ein  Unrecht  zuzufügen  und  die  Eechte  der  Fürsten  Italiens,  welche 
ihrer  Länder  ungerechter  Weise  beraubt  wurden,  sowie  aller  Fürsten  des  christ- 
lichen Erdkreises  zu  schwächen,  welche  nicht  gleichgültig  gewisse  höchst  ver- 
derbliche Principien  einführen  sehen  könnten.  Auch  bemerkt  Pius  IX.  in  seiner 
Antwort  dem  Kaiser  Napoleon  den  Widerspruch  zwischen  diesem  und  einem 
früheren  Briefe,  den  ihm  derselbe  vor  dem  italienischen  Kriege  geschrieben  habe, 
und  ermahnt  ihn,  im  Hinblick  auf  die  strenge  Rechenschaft,  welche  er  dereinst 
vor  dem  Richterstuhl  Christi  ablegen  müsse,  dafür  zu  sorgen,  dass  er  lieber 
die  Wirkungen  der  Barmherzigkeit  als  die  der  Gerechtigkeit  an  sich  erfahre  ^). 

Diese  Mittheilung  an  die  Bischöfe  hat,  wie  Pius  IX.  ausdrücklich  erklärt, 
den  Zweck  „ihnen  die  Gesinnungen  seines  Herzens  in  einer  so  hochwichtigen 
Angelegenheit  neuerdings  offenkundig  zu  machen,  damit  sie  vor  allen  und  die 
ganze  katholische  Welt  immer  mehr  erkennen,  wie  er  mit  Gottes  Hilfe  nach  der 
hochwichtigen  Pflicht  seines  Amtes  alles  unerschrocken  versuche  und  nichts 
unversucht  lasse,  um  die  Sache  der  Religion  und  Gerechtigkeit  tapfer  zu  ver- 
fechten und  die  weltliche  Herrschaft  der  römischen  Kirche  sowie  ihre  zeitlichen 
Besitzungen  und  Rechte,  welche  die  ganze  katholische  Welt  angehe,  unversehrt 
und  unverletzt  standhaft  zu  schützen  und  zu  bewahren,  sowie  auch  für  die  ge- 
rechte Sache  der  andern  Fürsten  zu  sorgen.  Und  abermals  wiederholt  Pius  IX. 
die  Versicherung,  lieber  alles  erdulden,  als  die  Sache  Gottes,  der  Kirche  und 
der  Gerechtigkeit  im  Stiche  lassen  zu  wollen. 

Bald  nach  dieser  Encyclica,  nämlich  26.  März  1860,  folgte  das  Breve 
Cum  Catholica,  mit  welchem  Pius  IX.  den  grossen  Kirchenbann  gegen  die  pie- 
montesischen  Kirchenräuber  und  Usurpatoren  der  päpstlichen  Provinzen  aus- 
spricht ^). 

In  der  AUokution  Omnibus  notum  vom  13.  Juli  1860  beklagt  Pius  IX. 
die  kirchenfeindlichen  Acte  der  Piemontesen  in  den  usurpirten  päpstlichen  Pro- 
vinzen und  dankt  den  Bischöfen  und  Gläubigen  aufs  Neue  für  die  dem  heiligen 
Stuhle  erwiesene  Anhänglichkeit  und  Treue  und  für  den  demselben  gespendeten 
Peterspfennig.  Inzwischen  bedrohten  die  Piemontesen  auch  das  dem  Papste  ge- 


1)  Die  betreffende  Stelle   ans  der  Encyclica  „Nullis  cerfe"  ist  auf  Seite  80 — 83 
des  ersten  Hefts  der  Broschüre  „Der  Papst  und  die  modernen  Ideen"  wörtlich  abgedruckt 

2)  Dieses  Breve  ist    auf  Seite   106—114  des    ersten  Hefts    der  Broschüre  „Der 
Papst  und  die  modernen  Ideen"  abgedruckt. 


Pius  IX.  als  König.  227; 

bliebene  Gebiet,  welches  er  durch  die  unter  Lamorici^re  gesammelte  kleine 
Armee  zu  schützen  suchte.  Als  dieses  Heer  sich  genöthigt  sah,  die  Vertheidi- 
gung  der  päpstlichen  G-renzen  gegen  die  Piemontesen  zu  versuchen,  richtete 
der  Papst  an  den  Grosscaplan  der  päpstlichen  Truppen  das  Breve  Intimo  moerore^ 
in  welchem  er  diesem  und  allen  Feldcaplanen  dieses  Heeres  die  Bewilligung 
ertheilt,  allen  Officieren  und  Soldaten  desselben  einen  vollkommenen  Ablass  in 
articulo  mortis  bei  der  sakramentalischen  Beichte  zu  ertheilen.  Auch  spricht  er  in 
diesem  Breve  die  Hoffnung  auf  den  endlichen  Sieg  der  Sache  der  Kirche  und 
der  Gerechtigkeit  und  auf  die  Fortdauer  der  Gebete  und  Spenden  der  Gläubi- 
gen bis  zum  Aufhören  des  gegenwärtigen  Sturmes  aus  und  ertheilt  schliesslich 
dem  Grosscaplan  und  dem  ganzen  Heere  den  apostolischen  Segen. 

In  der  Allocution  Novos  et  ante  vom  28.  September  1860  drückt  Pius  IX. 
seinen  tiefen  Schmerz  über  den  schmachvollen  Verrath  bei  Castelfidardo  aus, 
wo  die  kleine  päpstliche  Armee  von  den  Piemontesen  wider  alles  Völkerrecht 
überfallen  und  erdrückt  wurde,  und  beklagt  das  unheilvolle  Princip  der  soge- 
nannten Nichtintervention  ^). 

Durch  das  Breve  Arbiter  ac  moderator  vom  12.  November  1860  stiftet 
Pius  IX.  eine  Medaille  für  die  Kämpfer  von  Castelfidardo  zum  ewigen  An- 
denken ihres  Muthes  und  ihrer  Tapferkeit. 

In  der  Allocution /am  dudum  cernimus  vom  18.  März  1861  lehnt  Pius  IX, 
die  Zumuthung,  der  Papst  solle  sich  mit  dem  Fortschritt,  mit  dem  Liberalismus 
und  mit  der  modernen  Civilisation  versöhnen,  ab,  und  zeigt,  dass  der  wahre 
Zweck  der  Usurpatoren  dahin  gehe,  jedes  Autoritätsprincip ,  jeden  Zügel  der 
Religion,  jede  Eegel  des  Rechts  und  der  Gerechtigkeit  gänzlich  abzuschaffen, 
auch  spricht  er  sich  gegen  das  Princip  der  vollendeten  Thatsachen  aus  und 
setzt  schliesslich  seine  Hoffnung  und  sein  Vertrauen  einzig  und  allein  auf  Gott 
und  bittet  Jesum  Christum  im  Namen  seinei'  Kirche,  die  Sache  seines  Statthalters 
zu  richten,  zu  vertheidigen  und  mit  dem  Sieg  zu  verherrlichen  ^). 

In  der  Allocution  Meminit  unus  quisque  vom  30.  September  1861  klagt 
Pius  IX.  neuerdings  über  die  Verletzungen  der  Rechte  des  heiligen  Stuhles  in 
den  von  Piemont  usurpirten  Provinzen,  aber  mehr  noch  über  die  Schäden  und 
über  das  Unrecht,  welches  die  Piemontesen  daselbst  der  Kirche,  ihren  Dienern 
und  ihren  Rechten  zufügen.  Besonders  feierlich  wahrt  Pius  IX.  die  Rechte  der  Herr- 
schaft des  heiligen  Stuhles  in  der  Allocution  Maxima  quidem  vom  9.  Juni  1862, 
welche  er  vor  den  zur  Feier  der  Heiligsprechung  der  japanesischen  Märtyrer 
in  Rom  versammelten  Bischöfen  aus  der  ganzen  katholischen  Welt  gehalten  ^). 


^)  Die  betreffende  Stelle  ist  auf  Seite  119—121  des  ersten  Hefts  der  Broschüre 
„Der  Papst  und  die  modernen  Ideen*  abgedruckt. 

2)  Die  wichtigsten  Stellen  dieser  Allocution  sind  auf  Seite  50—54  und  auf  Seite 
121—123  des  ersten  Heftes  „Der  Papst  und  die  modernen  Ideen«  abgedruckt. 

3)  Diese  Allocution   ist   an  der  Spitze    des  1.  Hefts    der  Broschüre  „Der  Papst 
und  die  modernen  Ideen"  vollständig  abgedruckt. 

15* 


228  Pi^s  IX.  als  König. 

Aus  den  angeführten  Actenstücken  ergibt  sich,  dass  Pius  IX.  seine  Rechte 
als  König  standhaft  gewahrt  und  trotz  seiner  materiellen  Schwäche  seinen  Be- 
drängern die  Stärke  eines  unüberwindlichen  christlichen  Muthes  entgegenge- 
halten hat,  obwohl  die  Waffen  die  ihm  zu  Gebote  stehen   nur   geistliche  sind. 


B.  Nach  Innen. 

In  Bezug  auf  die  Thätigkeit  Pius  IX.  als  weltlicher  Eegent  im  Innern 
des  Kirchenstaates  enthält  die  uns  vorliegende  Sammlung  der  Acta  vierzehn 
Documente,  von  welchen  die  apostolischen  Schreiben  Romanis  pontißcibus  vom 
17.  Juni,  Apostolico  moderamini  vom  21.  Juli  1847,  Cum  hominum  mentes  \rom 
17.  Juni  1849  und  das  Decret  In  ipso  nostri  vom  11.  November  1856  sich 
auf  die  Stiftung  und  Erweiterung  des  Piusordens  beziehen. 

Durch  das  Schreiben  an  die  Erzbischöfe,  Bischöfe  und  andere  Vorsteher 
der  canonischen  Censur  vom  2.  Juni  1848  beschränkte  Pius  IX.  die  Censur 
auf  religiöse,  theologische,  kirchenrechtliche  und  moralische  Werke  und  dehnte 
dieselbe  Censurmilderung  auch  auf  die  Zeitungen  aus.  Durch  das  Breve  Cum 
Romani  ponfißces  vom  28.  Juni  1853  gründete  Pius  IX.  das  Seminarium  Planum 
zur  Erziehung  von  Clerikern  aus  allen  Provinzen  des  Kirchenstaates,  und  durch 
das  Breve  SenogalUae  urbis  vom  1.  September  desselben  Jahres  ein  Gymnasium 
in  Sinigaglia,  welches  den  Jesuiten  übergeben  wurde.  Durch  das  Breve  Ad 
piam  vom  3.  October  desselben  Jahres  wurde  die  Studienordnung  am  Semina- 
rium Planum  festgesetzt.  Das  apostolische  Schreiben  Cum  ad  christianae  vom 
20.  April  1857  weist  dem  bischöflichen  Clericalseminarium  in  Sinigaglia  be- 
stimmte Einkünfte  zum  Unterhalte  von  zwölf  armen  Clerikern  der  Stadt  und 
der  Diöcese  Sinigaglia  an,  und  das  Breve  Gravissimas  inter  vom  selben  Datum 
gründet  ein  Armenhospital  in  Sinigaglia  für  unheilbare  Kranke  beiderlei  Ge- 
schlechts, für  weibliche  Waisen  und  zur  Unterstützung  bedrängter  Frauen.  Die 
Bulle  Insignia  inter  überweist  das  auf  Kosten  Pius  IX.  zu  Kom  jenseits  der 
Tiber  erbaute  Haus  dem  Hospitale  zum  heil.  Johannes  im  Lateran  zur  Aufnahme 
armer  Frauen,  die  an  einer  unheilbaren  Krankheit  leiden.  Die  Bulle  Majoria 
SenegalUensis  widerruft  alle  dem  Gymnasium,  dem  Clericalseminar  und  dem 
Hospital  von  Sinigaglia  verliehenen  Privilegien,  weil  die  dort  ungerechter 
Weise  eingedrungene  piemontesische  Eegierung  die  Bedingungen  jener  auf  Kosten 
des  Papstes  errichteten  Stiftungen  verletzt  und  die  Jesuiten,  denen  das  Gymna- 
sium übergeben  war,  verjagt  und   alle  frommen  Stiftungen  beraubt  hat. 

Endlich  gehört  hieher  noch  das  apostolische  Schreiben  Quamvis  peculiare 
vom  9.  Februar  1853,  durch  welches  das  frühere  Privilegium  der  apostolischen 
Protonotare,  Doctoren  der  Philosophie  und  der  Medicin  und  anderer  Künste 
und  Wissenschaften  zu  creiren;  ferner  die  Befugniss  derselben  die  öffentlichen 


Pius  IX.  als  König.  229 

Notare  zu  ernennen,  Bastarde  und  andere  aus  unrechtmässigen  Verbindungen 
Geborene  zum  Antritte  von  Erbschaften  aus  einem  Testamente  oder  einer  Erb- 
schaft ab  intestato  zu  legitimiren  und  sie  zu  jeder  Art  Ehren  und  Würden  und 
zur  Ausübung  von  öffentlichen  oder  Privatämtern  für  fähig  zu  erklären,  so  wie 
endlich  das  Privilegium  der  apostolischen  Protonotare  selbst  als  auch  ihrer  Haus- 
genossen, ohne  besondere  Erlaubniss  verbotene  Waffen  zu  tragen,  abgeschafft  wurde. 

Weitere  auf  die  innere  Verwaltung  des  Kirchenstaates  bezügliche  Docu- 
mente  enthält  die  uns  vorliegende  Sammlung  der  Acta  nicht.  Es  scheint  uns 
indess  angemessen,  aus  andern  authentischen  Mittheilungen  über  die  weltliche 
Regierung  des  Papstes  die  wichtigsten  von  Pius  IX.  in  der  Centralverwaltung, 
in  der  Pro vinzial Verwaltung,  in  der  Gemeindeverfassung  und  im  Staatshaushalt 
seit  1850  eingeführten  Verbesserungen  kurz  anzugeben. 

In  der  Centralverwaltung  bestehen  gegenwärtig  fünf  Ministerien. 
Für  das  Unterrichtswesen  besteht  die  Congregation  der  Studien,  aus  zehn  Car- 
dinälen,  von  denen  einer  den  Vorsitz  führt,  und  mehreren  Prälaten  gebildet. 
Die  Portefeuilles  des  Handels  und  der  öffentlichen  Arbeiten  sind  vereinigt;  die 
Polizei  wird  von  einer  mit  dem  Ministerium  des  Innern  verbundenen  General- 
direction  überwacht ;  auch  die  Generaldirection  des  Sanitätswesens,  von  vier  geist- 
lichen und  sieben  weltlichen  Mitgliedern,  wovon  mehrere  wirkliche  Aerzte  sind, 
die  Direction  der  Archive  und  die  Direction  der  Gefängnisse  sind  mit  dem  Mini- 
sterium des  Innern;  der  Fiscalrath,  die  Staatschulden  -  Tilgungscommission,  die 
Directionen  des  Zoll-  und  Postwesens,  des  Stempels,  des  Münzwesens,  der  Banken, 
des  Lotto  sind  mit  dem  Finanzministerium  vereinigt.  Jeder  der  Minister  hat 
wöchentlich  bestimmte  Stunden  zum  Vortrag  beim  Papste.  Im  Ministerrathe  haben 
ausser  den  wirklichen  Ministern  der  Generaladvocat  des  Fiscus  und  der  Gene- 
raldirector  der  Polizei  Sitz  und  Stimme.  Bisweilen  präsidirt  der  Papst  dem  Mini- 
sterrathe in  eigener  Person,  regelmässig  aber  prüft  er  das  Resultat  seiner  Be- 
rathungen  ^).  Der  durch  das  Gesetz  vom  10.  September  1850  eingesetzte  Staats- 
rath  zählt  vierzehn  ordentliche  und  ein  ausserordentliches  Mitglied,  Präsident  ist 
der  Cardinal  M e r t e  1  und  Vicepräsident  Monsignor  Domenico  Consolini.  Gegen- 
wärtig sind  zwölf  ordentliche  Staatsräthe  Laien  ^).    Zu  seiner  Competenz  gehören 

1)  Regierungs-  und  reine  Verwaltungssachen; 

2)  streitige  Verwaltungssachen. 


^)  Der  Ministerrath  besteht  gegenwärtig  aus  dem  Cardinalstaatssekretär  und 
Präsidenten  Antonelli,  aus  dem  Monsig.  Ferrari,  Finanzminister,  Monsig.  An- 
dreas Pila,  Minister  des  Innern,  Monsig.  Xaver  de  Merode,  Prominister  des 
Krieges,  ans  dem  Baron  Costantini  Baldini,  Handelsminister,  aus  Monsig.  An- 
tonin Mattencci,  General-Direktor  der  Polizei;  ferner  aus  Monsig.  CamilloAmici, 
endlich  aus  Monsig.  Angelo  Giansanti,  Generaladvokat  des  Fiscus,  Secretär  des 
Ministerrathes  ist  der  Commandeur  Francesco  Sabatucci,  wie  der  Handels- 
minister ein  Laie.  (Annuario  Pontificio  Craeas  1865.) 

^)  Annuario  Pontißcio  (Craeas)  1865. 


230  Pius  IX.  als  König. 

Zu  den  ersteren  gehören: 
a)  Die  Entwürfe   von   neuen    allgemeinen  Gesetzen   und  von  organischen, 

administrativen  oder  richterlichen  Anordnungen; 
h)  die  authentische  Interpretation  der  Gesetze  und  Verordnungen ; 

c)  die  zwischen  verschiedenen  Ministerien  obschwebenden  Competenzfragen ; 

d)  die  Prüfung  der  Municipalverfügungen,  welche  kraft  des  Municipalgesetzes 
der  landesherrlichen  Sanction  zu  unterstellen  sind; 

e)  die  Genehmigung  der  von  den  Provinzialräthen  gefassten  Beschlüsse, 
so  weit  sie  dem  Souverain  vorbehalten  ist; 

/)  alle  sonstigen  Angelegenheiten,  welche  der  Papst  dem  Staatsrathe  vor- 
zulegen für  gut  findet. 

In  Bezug  auf  die  Zulassung  von  Laien  zu  Staatsämtern  hat  Pius  IX.  den 
diesfalls  ausgesprochenen  Wünschen  in  so  ausgedehnter  Weise  entsprochen,  dass 
es  jetzt  nahezu  7000  weltliche  und  nur  124,  oder  wenn  man  die  Militär- 
capläne  und  Gefängnissgeistlichen  mitrechnet,  etwas  über  300  geistliche  Beamte 
gibt,  unter  denen  noch  eilf  Nuntien  inbegriffen  sind  ^). 

In  der  Provinzial-Verwaltung  hat  Pius  IX.  ebenfalls  durch  das 
Gesetz  vom  22.  November  1850  wichtige  Verbesserungen  eingeführt.  Jede  Pro- 
vinz besitzt  einen  Provinzialrath ,  welcher  die  Befugniss  hat,  die  finanziellen 
Angelegenheiten  der  Provinz  zu  untersuchen,  das  Einnahmenbudget  zu  geneh- 
migen, das  der  Ausgaben  zu  revidiren,  Vorschläge  zu  Verbesserungen  und  zur 
Förderung  des  materiellen  Gedeihens  zu  machen.  Eine  von  ihm  gewählte 
Verwaltungscommission  wacht  über  die  Ausführung  seiner  Beschlüsse,  schützt 
die  Kechte  und  Interessen  der  Provinz  und  entwirft  das  Voranschlagbudget. 
Diese  aus  drei  Personen  bestehende  Commission  wird  alle  zwei  Jahre  aus  den 
zu  Provinzialräthen  wählbaren  Personen  erwählt.  Der  Papst  ernennt  die  Pro- 
vinzialräthe  aus  drei  von  den  Gemeinden  eines  Regierungsbezirks  vorgeschlage- 
nen Personen,  und  zwar  für  jeden  Regierungsbezirk  ein  Mitglied.  Der  Provin- 
zialrath tritt  jährlich  zweimal  zu  einer  je  drei  Wochen  dauernden  Sitzung 
zusammen.  Er  fasst  seine  Beschlüsse  mit  Stimmenmehrheit  in  geheimer  Ab- 
stimmung. Zu  seiner  Beschlussfähigkeit  sind  zwei  Drittheile  seiner  Mitglieder 
erforderlich.  Ausserdem  ist  der  Vorstand  einer  Provinz  in  der  Leitung  der- 
selben noch  an  die  Mitwirkung  und  an  den  Beirath  einer  aus  vier  Mitgliedern 
bestehenden  Regierungscommission  gebunden,  welche  vom  Papste  aus  Laien 
ernannt  wird  und  von  denen  zwei  aus  den  Mitgliedern  des  Provinzialrathes 
genommen  werden.  Jedes  Mitglied  dieser  Commission  hat  in  Sachen  der  Ein- 
nahmen und  Ausgaben,  überhaupt  in  Finanzsachen  eine  entscheidende,  in  den 
übrigen  Angelegenheiten  nur  eine  berathende  Stimme. 

Auch  in  der  Municipalverfassung  hat  das  von  Pius  IX.  erlassene 
Gesetz  vom  24.  November  1850  die  Freiheit   der  Municipien  wesentlich  gefor- 


*)  S.  Der  Kirchenstaat  seit  der  französischen  Revolution  von  Dr.  J.  Hergenröther. 


Pins  IX.  als  König.  231 

dert,  denn  er  hat  der  Competenz  des  Municipalrathes  a)  die  Wahl  des  Magi- 
strats und  der  Provinzialräthe ;  b)  die  Ernennung  aller  Gemeindebeamten ;  c)  die 
Erhaltung,  Vermehrung  und  Verbesserung  des  Gemeindebesitzes,  der  Rechte  und 
Einkünfte  der  Gemeinde;  d)  Erwerbungen  und  Veräusserungen ;  e)  Processfüh- 
rung  und  gütliche  Vergleiche;  /)  die  Communalschulen  und  jene  öifentlichen 
Anstalten,  die  auf  Kosten  der  Gemeinde  unterhalten  werden;  g)  alle  Arbeiten 
und  Unternehmungen  von  öffentlichem  Nutzen;  h)  die  Unterhaltung  der  Com- 
munalstrassen.  Brücken,  Wasserleitungen,  Brunnen,  Gebäude,  der  öffentlichen 
Spaziergänge,  der  Strassenbeleuchtung ;  ^)  die  Ueberwachung  von  Mass  und 
Gewicht;  k)  die  Sorge  für  die  Getreidevorräthe ;  Z)  die  sanitätspolizeilichen 
Massregeln,  besonders  auch  betreffs  der  Nahrungsmittel;  m)  Verfügungen  zur 
Hebung  des  Handels,  der  Industrie  und  der  Agricultur;  n)  Vertheilung  und 
Bestimmung  der  Gemeindeumlagen;  o)  Feststellung  des  Communalbudgets  und 
Revision  der  Ausgaben;  p)  alle  Anordnungen,  die  für  das  Wohl  der  Gemeinde 
zweckmässig  erscheinen  und  den  allgemeinen  Staatsgesetzen  nicht  zuwider  sind, 
zugewiesen.  Die  Gemeinderathsmitglieder  werden  durch  die  Bürgerschaft  ge- 
wählt. Zur, Ausübung  des  activen  Wahlrechts  ist  das  Alter  von  25  Jahren, 
der  Wohnsitz  in  der  Gemeinde,  der  volle  Genuss  der  bürgerlichen  Rechte,  po- 
litische und  religiöse  Unbescholtenheit,  ein  bestimmter  Grundbesitz  oder  ein 
entsprechendes  Einkommen  erforderlich.  Auf  je  sechs  Activwähler  kommt  ein 
Vertreter  im  Municipalrath.  Wählbar  für  den  Gemeinderath  sind  ausser  den 
Activwählern  auch  alle  andern  in  der  Gemeinde  Wohnenden,  die  ein  Capital - 
vermögen  von  1000  bis  1500  Scudi  besitzen.  Die  Wahl  erfolgt  mit  absoluter 
Majorität;  alle  drei  Jahre  wird  die  Hälfte  der  Mitglieder  durch  Neuwahlen 
erneut.  (Die  Berufung  der  WahlcoUegien  und  die  Ausübung  ihres  Wahlrechts 
sind  wegen  der  inzwischen  eingetretenen  Ereignisse  noch  nicht  ins  Leben  ge- 
treten. Die  Ernennung  der  Municipalräthe  erfolgt  einstweilen  im  Einvernehmen 
mit  den  hervorragendsten  und  einsichtsvollsten  Privaten  durch  die  Regierung, 
alle  übrigen  Bestimmungen  des  Gesetzes  werden  aber  strenge  befolgt.) 

In  Bezug  auf  den  Staatshaushalt  hat  Pins  IX.  durch  das  Gesetz  vom 
28.  October  1850,  mit  welchem  er  die  Staatsconsulta  für  die  Finanzen  einführte, 
einen  sehr  grossen  Fortschritt  ins  Leben  geführt.  Diese  Staatsconsulta  prüft  im 
Ganzen  sowie  im  Detail  die  Budgetentwürfe,  revidirt  die  Rechnungen,  muss  bei 
Contrahirung  und  Tilgung  von  Staatsschulden,  Auflegung  neuer  Lasten,  Aufhe- 
bung und  Verminderung  der  Abgaben,  Aenderung  der  Repartition  der  Tarife, 
der  Handelsverträge,  Feststellung  neuer  Contracte  u.  s.  w.  befragt  werden.  Sie 
besteht  aus  20  Mitgliedern,  die  der  Papst  aus  vier  von  den  Provinzialräthen  in 
Vorschlag  gebrachten  Personen  wählt,  die  alle  über  30  Jahre  alt  sind,  im  vollen 
Genüsse  der  bürgerlichen  und  politischen  Rechte  sich  befinden,  und  entweder  zu  den 
grossen  Grundbesitzern,  oder  zu  den  Universitätsprofessoren  oder  zu  den  grossen 
Kaufleuten  gehören  müssen.  Ausser  diesen  20  Consultoren,  welche  Vertreter  ihrer 
Provinzen  und  sämmtlich  Laien  sind,  kommen  noch  sechs  vom  Papste  ernannte 


232  Pius  IX.  als  König. 

Mitglieder,  welche  die  apostolische  Kammer  vertreten.  Drei  derselben  sind  eben- 
falls Laien,  die  andern  drei  sind  Prälaten.  ^)  Präsident  der  Staatsconsulta  ist 
immer  ein  Cardinal,  der  nicht  zu  dem  Ministerium  gehört.  Vicepräsident  ein 
ebenso  unabhängig  gestellter  Prälat.  Sie  versammeln  sich  regelmässig  dreimal 
in  der  Woche,  die  Dauer  ihrer  ordentlichen  Sitzungen  nimmt  jährlich  drei 
Monate  in  Anspruch,  sie  prüft  am  Beginne  jeder  sechsjährigen  Finanzperiode 
die  Voranschläge  der  ordentlichen  und  jedes  Jahr  die  Voranschläge  der  ausseror- 
dentlichen Ausgaben,  und  zwar  im  Detail  mit  allen  Eechnungen  und  Belegen. 
Ausserdem  haben  sich  unter  Pius  IX.  die  Staatseinnahmen  wesentlich  ver- 
mehrt, insbesondere  durch  die  Errichtung  der  Telegraphenlinien,  die  Herab- 
setzung der  Eingangszölle,  den  vermehrten  Zollertrag,  den  höheren  Ertrag  der 
Post ,  besonders  in  Folge  der  neuen  Postverträge ,  die  Aufhebung  der  Salz- 
und  Tabakmonopole  u.  s.  w.  Das  Defizit,  welches  nach  dem  Sturze  der  Repu- 
blik im  Jahre  1849  über  zwei  und  eine  halbe  Million  Scudi  betrug,  war  schon 
im  Jahre  1858  gänzlich  verschwunden  und  es  ergab  sich  bereits  in  diesem 
Jahre  ein  Ueberschuss  der  Einnahmen  von  142,966  Scudi,  welcher  für  das 
Jahr  1859  mit  183,507  Scudi  präliminirt  wurde.  Die  Staatseinnahmen  werden 
auf  das  gewissenhafteste  verwendet  und  in  allen  Zweigen  der  Verwaltung 
herrscht  die  grösste  Sparsamkeit.  Die  Civilliste  des  Papstes,  von  welcher  noch 
der  Unterhalt  so  vieler  Museen  u.  s.  w.  und  100,500  Scudi  für  Beamtenbe- 
soldungen, wovon  96,900  Scudi  für  die  11  Nuntien,  bestritten  wird,  beträgt 
nur  600,000  Scudi. 

Wäre  nicht  die  Beraubung  des  Papstes  durch  die  Piemontesen  dazwischen 
getreten,  so  würde  der  Finanzzustand  des  Kirchenstaates  unter  Pius  IX.  ein  blü- 
hender sein.  Auch  für  das  Unterrichtswesen  hat  Pius  IX.  vieles  gethan, 
insbesondere  hat  er  die  Einkünfte  der  römischen  Universität,  Sapientia  genannt, 
vermehrt  und  auch  die  Universität  Bologna  hat  seiner  Fürsorge  vieles  zu  ver- 
danken. Für  die  Förderung  der  exacten  Wissenschaften  leisten  insbesondere  die 
von  dem  Professor  F.  Tortolini  seit  1858  herausgegebenen  „Annalen  der  mathe- 
matischen und  physikalischen  Wissenschaften"  und  die  Berichte  der  von  dem 
Papste  zur  Erforschung  von  Grund  und  Boden,  besonders  bei  stattgehabtem 
Erdbeben  eingesetzten  Commissionen  sehr  vieles.  Auch  wurden  auf  Befehl  der 
jetzigen  päpstlichen  Regierung  in  den  Jahren  1854 — 1855  unter  Leitung  des 
berühmten  P.  S  e  c  c  h  i  trigonometrische  Messungen  mit  sehr  grosser  Genauigkeit 
ausgeführt.  Ferner  hat  Pius  IX.  für  die  vaticanische  Bibliothek  in  Rom  eine 
aus  6950  Werken   und  292  Manuscripten  bestehende  Bibliothek  des  Cardinais 


*)  Nach  dem  Annuario  Pontißcio  für  Jahr  1865  ist  gegenwärtig  der  Kardinal 
Altieri,  Präsident  und  Monsig.  Pasquale  Badia,  Vicepräsident  der  Staatsconsulta 
für  die  Finanzen.  Unter  den  Consultoren  für  die  Provinzen  sind  jene  für  die  Provinzen 
Rom  und  Comarca,  Bologna,  Forli,  Ravenna,  Urbino  und  Pesaro,  Fermo,  Spoleto, 
Rieti,  Viterbo,  Frosinone,  Ascoli,  Camerino,  Civitavechia  und  Orvieto  aufgeführt  Die 
Vertreter  von  Ferrara,  Ancona,  Pernzza  und  Macerata  fehlen. 


Pins  IX.  als  König.  233 

Mai  angekauft.  Weiter  ist  hier  zu  erwähnen  1)  die  auf  Befehl  Pius  IX.  erfolgte 
Herausgabe  des  berühmten  Codex  Vaticanus,  den  Cardinal  Mai  zum  Drucke  fast 
bereitet  hatte;  2)  die  auf  seinen  Befehl  durch  Cardinal  Pitra  veranstaltete 
Herausgabe  der  Historia  et  monumenta  juris  ecdesiast.  Graecorum;  3)  die  Druck- 
legung aller  vom  Commendat.  De  Eossi  in  fünf  Quartbänden  gesammelten  In- 
schriften des  alten  christlichen  Roms;  4)  die  Errichtung  der  neuen  grossen 
Sternwarte  im  römischen  Colleg,  welcher  der  berühmte  P.  Secchi  vorsteht; 
dann  die  astronomischen  Berichte  vom  selben  P.  Secchi,  die  archäologischen 
Berichte  von  De  Eossi;  5)  die  auf  seinen  Befehl  geschehene  Gründung  der 
Civiltä  cattolica  u.  s.  w.  u.  s.  w.  Durch  eine  Verordnung  im  Jahre  1858  endlich 
wurde  das  Taub  Stummeninstitut  in  Eom  besser  organisirt  und  die  Kleinkinder- 
bewahranstalten  in  Eom  errichtet. 

Endlich  ist  noch  zu  erwähnen,  was  Pius  IX.  für  die  Beförderung  der 
materiellen  Wohlfahrt  des  Kirchenstaates  gethan.  Er  hat  nicht  blos 
die  Industrieausstellungen  begünstigt,  für  die  Fabrikation  von  Wolle  und  Stoff 
Prämien  ausgesetzt  und  einzelne  Unternehmungen  erfolgreich  unterstützt,  son- 
dern auch  die  Verkehrsmitteln  gehoben,  den  Hafen  von  Terracina  erweitert, 
eine  Eeihe  vortheilhafter  Handels-  und  Schiffahrtsverträge  abgeschlossen  und 
viele  gemeinnützige  Werke  ausgeführt,  unter  ihm  wurden  die  Eisenbahnen  von 
Eom  nach  Frascati  und  Civitavechia  erbaut,  die  Vorarbeiten  für  die  Schienen- 
wege nach  Ancona,  Bologna  und  Neapel  in  Angriff  genommen  und  der  G-rund 
zu  vielen  neuen  bedeutenden  Arbeiten  gelegt  ^).  Aus  dieser  kurzen  Skizze  wird 
man  leicht  die  Ueberzeugung  gewinnen,  dass  die  weltliche  Eegierung  des  Kir- 
chenstaates den  Vergleich  mit  den  bestregierten  Ländern  Europas  keineswegs 
zu  scheuen  hat,  und  dass  Pius  IX.  als  König  für  das  Wohl  seiner  ünterthanen 
eben  so  gewissenhaft  besorgt  ist,  wie  er  als  Papst  die  Bedürfnisse  der  ganzen 
Kirche  mit  der  liebevollsten  Sorgfalt  umfasst.  Und  so  schliessen  wir  denn  diese 
Darstellung  Pius  IX.  in  seiner  Eigenschaft  als  Papst  und  als  König  nach  den 
Acten  seines  Pontificats  mit  dem  Wunsche,  durch  dieselbe  ein  weniges  dazu 
beigetragen  zu  haben,  die  Liebe  und  Verehrung  zu  diesem  grossen  Papste 
zu  vermehren* 


^)  Vergleiche  „Der  Kirchenstaat  seit  der  französischen  Eevolution"  von  Dr.  J. 
HergenrÖther.  .//^       • 


7y^y.  ^. 


•        v 


Index. 


Sachregister. 


Ablässe  48.  49.  214. 
Adressen  an  den  Papst  224. 
Alleinseligmachende  Kirche  121.  203. 
Allocutionen  15.  18.  20.  21.  23.  87—90.  92. 
95.  96.  98.  104.   106.   109.   110.   114. 
116.  122.  180. 182. 194. 195.  201—204 
217.  223—227. 
Altar,  tragbarer  48, 

Apostolische  Protonotare  (s.  Protonotare) 
Apostolischer  Segen  12.  23.  24. 
Apostolische  Thätigkeit   des  Papstes  5.  6. 

187  if. 
Apostolische  Vicare  in  Ostindien  109. 

Vicariate  5.  147.  154.  86.  103.  119.  186. 
Armenier,  Fürsorge  der  Päpste  für  die  177. 
Aufstände,  Begünstigung  der  215.  216. 
Ausbreitung  des  Glaubens  83.  97. 

der  Kirche  in  Amerika  97. 
Beten,  Gesetz  des  (siehe  Gesetz). 
Breven   und  Bullen   5—8.  17.  19.  43—49. 
51.   95.    97.  99.   108.   126.  194.   201. 
217.  226.  227. 
Bischöfe,  Disciplinargewalt  der,  gegen  Geist- 
liche 82. 
Eid,  politischer,  der  83. 
Ernennung  der  65.  66. 
Nachlass  der  73. 
Pflichten  der  146.  188. 
Hechte  der  56—63. 
Bischöfe  dürfen  nicht  nach  ihrem  Gutdün- 
ken Uebereinkünfte  mit  den  Regierun- 
gen abschliessen  94. 
Bischöfliche  Versammlungen  12.  118. 
Bisthümer,  neue, 
in  Amerika  10.  11.  100. 
„  Asien  11. 
andere  überseeische  11. 
in  Europa  9. 
in  Haiti  99. 
„  Mexico  89. 
„  Neu-Granada  94. 
„  Peru  97. 
„  Spanien  145. 
.,  Südamerika  97. 
Bisthümer,  Dotation  der  72. 
Bullen  (siehe  Breven). 


Bücher  verurtheilt  178. 
Bürgerkrieg  in  Amerika  100.  217. 

in  der  Schweiz  217. 
Canonicus  Pönitentiarius  65.  108. 

Theologalis  65,  108. 
Capitelverweser,  Wahl  des  65. 
Civilehe  202. 
Charitas,  christliche  192. 
Chorherren,  Pflichten  der  121.  122. 
Christenverfolgungen  110.  111. 
Clerus,  Erziehung  des  118.  120.  136.  146. 
179.  184.  188. 
Pflichten  des  121.  189. 
Collegiatkirchen  67. 
Collegium,  französisches,  in  Rom  137. 
Concil  von  Trient  12.  122. 
Concordate  53—84.  87.  120.  125.  137.  140. 
mit  Baden  54.  56.  61.  62.  64. 
„     Costarica  53.  54.  56.  57.  59.  63.  65. 
„     Guatimala  53.  54.  56.  57.  58.  63.  65. 
„     Nicaragua  53.  54.  56.  57.  58.  63.  65. 
.     Oesterreich  54.  55.  57.  59.  60.  63.  65. 
„     Russland  54.  62.  63.  64.  65. 
„     San  Salvador  53.  54.   56.   57.    58. 

63.  65. 
„     Spanien  53.  54.  56.  58.  63.  65. 
„     Würtemberg  54.  56.  61.  62.  64. 
Congregationen 

~     Propaganda  fide  172.  177.  178. 
für  die  Orientalen  5.  182. 
de  statu  regularium  ordinum  46. 
Conventionen  mit  den  Regierungen  dürfen 
nicht  einseitig  abgeschlossen  werden  94. 
Convicte  68—70. 
Cultkosten  74. 

Delegationen,  apostolische  (siehe  apostoli- 
sche Vicariate). 
Diöcesen,  Eintheilung  der  63.  64.  126. 
Diöcesan-Synoden  121.  149. 
Disciplinar-Thätigkeit  (siehe  Gesetzgebende 

Thätigkeit). 
Domcapitel  65. 
Domherrn,  Einkünfte  der  74. 
Pflichten  der  121.  189. 
Residenzpflicht  der  65.  121. 
Dompfründen  65. 


Dreieinigkeit  117. 
Dualismus  118. 

Ehen,  gemischte  49.  126.  207—209. 
Eheband,  ünauflöslichkeit  des  181.  209. 
Ehescheidungen,  Tadel  der  209. 
Eid,  politischer,  der  Bischöfe  83. 
Einheit  der  Kirche  23.  198  ff.  202. 
Eintracht,  Ermahnung  zur  178.  179. 
Empfängniss,  unbefleckte  12—20. 
Encyclilcen  13.  15.  46.  177.  193-195.  197. 

203.  204.  212.  214.  218.  224.  225. 
Erklärung   Plus  IX.   über   seine   weltliche 

Herrschaft  226. 
Erfolg,  Cultus  des  20. 
Ermahnungen   an   die  Bischöfe    119—121 

136,  144—147.  148.  164.  172. 
Erzabteien  86.  163.  167.  168. 
Erzbischof  von  Goa,    Streit  des,  mit  den 
apostolischen    Vicaren    in    Ostindien 
104  ff. 
Erziehung  54.  56.  121.  146.  184.  189. 
Erzprälaturen  166.  167. 
Ethische  Wirksamkeit  des  Papstes  20.  191. 
Excommunicationen  50.  158.  159.  226. 
Exequatur  201. 

Exercitien  (siehe  Priesterexercitien). 
Feiertage,  abgeschaffte  45. 

Verminderung  der,  in  Piemont  157. 
Fortschritt  im  Glauben  121. 
Freiheit  der  Kirche  119.  120. 
Friede  214.  215. 
Qalllcanismus  127. 
Gehorsam  gegen  die  Bischöfe  191. 
gegen  die  Kirche  191. 

„     Obrigkeit  190.  191. 
„       „    weltliche  Gewalt  145. 
Geistliche,  Eigenschaften  der  193. 

Pflichtvergessene  121. 
Gelehrtenversammlung  in  München  118. 
Gemischte  Ehen  (siehe  Ehen). 
Gerichtsstand  der  Geistlichen  80—82. 
Gesandtschaft  nach  Haiti  98. 

an  den  ottomanischen  Hof  171. 
Gesellschaften,  geheime  192. 
Gesetz,  das,  des  Betens  muss  mit  dem  Ge- 
sets  des  Glaubens  übereinstimmen  19. 
Gesetzgebende  Thätigkeit  des  Papstes  46. 

193. 
Gesetzgebung  ohne  Gott  20. 
Glauben,  Unwandelbarkeit  des  118. 


Heiligsprechungen  20—32. 

Heiliger  Stuhl,  was  er  ist  3.  4.  199.  200. 

201.  212. 
Hierarchie  6. 

in  Afrika  86. 

„  Asien  111—113. 

„  Australien  113.  114. 

„  Belgien  151. 

„  Centralamerika  95.  96. 

„  Deutschland  119. 

„  England  6.  7.  147, 

„  Frankreich  138—140. 

„  Griechenland  154. 

„  Holland  8.  150. 

„  Irland  149.  150. 

katholische  190.  191. 

im  Kirchenstaat  167.  168. 

in  der  Lombardie  161. 

„  Malta  163. 

„  Mexico  90. 

„  Modena  163. 

„  Neu-Granada  95. 

„  Oesterreich  123—125. 

orientalische  185. 

in  Parma  163. 

„  Piemont  161. 

„  Polen  134. 

„  Portugal  147. 

„  Russland  135. 

„  Sardinien  161. 

„  der  Schweiz  153.  154. 

„  Sicilien  und  Neapel  164—167. 

„  Spanien  141.  142. 

„  Südamerika  99.  100. 

„  Toscana  162.  163. 
.„  Türkei  154. 

„  den  Vereinigten  Staaten  von  Nord- 
amerika.  102.  103. 
Hierarchie,  Wiederherstellung  der, 
in  England  6.  7.  147. 
in  Holland  8.  150. 
Hierarchische  Thätigkeit  des  Papstes  6—12. 

187  ff. 
Indiflferentismus  121. 
Irrgläubige,  Bekehrung  der  203. 
Irrthömer,  Verdammung  der  20.  50  ff.  117. 

118.  121. 
Italienische  Republik  222. 
Jubiläen  46. 
Jugend,   Erziehung  der  (siehe  Erziehung). 


Jugend,  Unterricht  der  (siehe  Unterricht). 
Jurisdiction,  bischöfliche  48.  64  fF. 
Katholische  Religion    als  Staatsreligion  53. 
Kirche,    Eigenthnms-    und   Erwerbsrecht 
der  76. 
Einheit  der  (siehe  Einheit). 
Freiheit  der  119,  in  Oesterreich  120. 
Verhältniss  der,  zum  Staate  53.  54. 
Unfehlbarkeit  der  196. 
Kirche,  was  sie  ist  196. 
Kirchenbann  (siehe  Excommunicationen). 
Kirchengut  75. 

Besteuerung  des  83. 
Kirchenprovinzen ,    Errichtung   neuer    99. 

122.  137.  177. 
Kirchensprache  192. 
Kirchenstreit  in  Baden  114. 
Kirchenväter,  Achtung  vor  den  118. 
Klöster  75. 

König,  Pius  IX.  als  223  ff. 
Kundgebungen  der  Gläubigen  für  die  welt- 
liche Herrschaft  des  Papstes  224. 
Liebe,    christliche    Ermahnung    zur    178. 

179.  182. 
Liturgie,  Aufrechthaltung  der  orientalischen 
171.  183.  184.  192. 
Verschiedenheit  der,  kein  Hinderniss  in 

der  Einheit  des  Glaubens  183. 
Wiederherstellung     der     römischen    in 
Frankreich  44.  45.  136.  137. 
Liturgische  Bücher  184. 
Liturgische  Thätigkeit  des  Papstes  20  ff.  192. 
Loretokirche  43. 
Maroniten  182. 

Märtyrer,  japanesische  20—32. 
Materialismus  20. 
Matrimonium  ratum  sed  non  consumatum 

209. 
Mechitaristen  179. 
Meineid  20. 

Memorandum  von  1831,  222. 
Messe,  Application  der,  für's  Volk,  wann  sie 
zu  geschehen  hat  45. 
zur  unbefleckten  Empfängniss  19.  46. 
Messopfer,  für  wen  man  es  darbringen  müsse 
207. 
Kraft  und  Werth  des  204—207. 
wann  man  demselben  beiwohnen  müsse207. 
wie  man  es  feiern  müsse  192.  193.  207. 
Mission  (siehe  Gesandtschaft). 


Moral  20. 

Münchener  Gelehrtenversammlung  118. 

Naturen,  zwei,  Christi  118. 

Nichtintervention  20.  226. 

Officium     zur    unbefleckten    Empfängniss 

14.  19. 
Orden,  religiöse  71.  126. 
Ordensgelübde,  feierliche  47. 
Ordenszucht,    Wiederherstellung   der    46. 

148.  179. 
Orientalen  169  ff.  177. 
Papst,   was  er  ist  3.  4.  199.  200.  201.  212. 

Schreiben  des  (siehe  Schreiben). 

Thätigkeit  des  3.  4. 

Unfehlbarkeit  des  12.  195  ff. 
Pastoral-Conferenzen  188. 
Patriarch,  lateinischer,  von  Jerusalems.  111. 
Patronatsrecht  80.  156. 
Pfarrer,  Einkünfte  der  74. 

Pflichten  der  ^46.  189. 
Pfarreien,  Besetzung  der  67. 

neue  Eintheilung  der  67. 
Philosophie  20.  118. 
Placetum  regium  201. 
Politische  Thätigkeit  des  Papstes  53  ff.  194. 
Pontifical-Rltus  192. 
Präfecturen,  apostolische  (siehe  apostolische 

Vicariate). 
Prediger,  Pflichten  der  190. 
Presse  136.  158.  192. 
Priester,  Pflichten  der  172. 

wie  sie  sein  sollen  193. 
Priesterexercitien  188. 
Primat  des  heiligen  Stuhles  201. 

der  Kirche  197. 
Ppivatcapellen  48. 
Protestanten  200. 
Protonotare,  apostolische  48. 
Provinclal-Ooncilien  12.  119.  121.  136.  149. 

164.  188. 
Rationalismus  117.  118.  121. 
Redeweise,  gesunde  118. 
Reformen  im  Kirchenstaat  222. 
Religionsfond  73. 
Republik,  italienische  222. 
Residenzpflicht  der  Domherrn  66.  121. 
Revolution,  Eecht  der  20. 
Richterliche  Thätigkeit  des  Papstes  50—52. 

194. 
Ritus,  griechischer  122. 


Ritus,  römischer  121. 
Rumänen  175.  180.  181. 
Ruthenen  126.  128.  175. 
Sancta  Sanctorum,  Kapelle  in  ßoin  44. 
Schismatiker  172.  175.  176. 
Bedingungen  ihrer  Kückkehr  173. 174. 
Hinneigung    zu    ihren  Gebräuchen  179. 

sollen  mit  Liebe  behandelt  werden  179. 
Scholastiker  118. 
Schreiben  des  Papstes 

an  alle  Orientalen  182.  197.  198. 

an  die  Armenier  177. 

„     „    Bischöfe  von  Baiern  118. 

„     „  „  „     Italien  203. 

„     „  „  „     Irland  148.  149. 

„     „  „  „     Frankreich  136. 200 

„     „  „  „     Neu- Granada  93. 

„     „  „  „     Oesterreichl20.121. 

„     Polen  .134. 

„  den  Erzbischof  von  Fogaras  180. 

„     „  „  „    Freiburg  115.  116. 

„    Köln  117. 

„     „  ,1  „    München  118. 

„     „  „  „    New- Orleans  100. 

217. 

„     „  „  „    Newyork  100. 217. 

„     „  „  .  „    Palmyra  106. 

„     „  „  „    Warschau  127. 128. 

p     „     Bischof  von  Popayan  94. 
„     Trient  122. 

„     „    Kaiser  Alexander  II.  126.  129. 

„  Napoleon  III.  226. 

„  den  König  Victor  Emanuel  158.  159. 
Schriften,  Verurtheilung  von  178. 
Schulen,  Rechte  der  Kirche  auf  die  119. 
Schulstreit  in  Baden  116. 
Schutz,    französischer,    für   die    weltliche 

Herrschaft  des  Papstes  225. 
Seligsprechungen  33—43. 
Seminarien  68— 7(\  75. 


Sonderbund  in  der  Schweiz  151. 

Spaltungen,  gegen  178. 

Spoliationen  78. 

Stillschweigen,  ewiges,  den  Armeniern  vom 

Papste  auferlegt  180. 
Syllabus  20. 
Symbolische  Thätigkeit  des  Papstes  12—20. 

195-211. 
Thatsachen,  Logik  und  Recht  der  20.* 

vollendete  226. 
Uebereinkünfte  (siehe   Conventionen). 
Umsturz,  von  wem  er  ausgeht  216. 
Unauflöslichkeit  des  Ehebandes  181.  209. 
Unfehlbarkeit  der  Kirche  196. 

des  Papstes  12.  195. 
Union  182.  184.  185. 
Universitäten  54.  56.  148. 
Unterricht  54—56.  118.  121.  146.  156.  184. 
Vater  der  Christenheit  112. 
Verfolgungen  gegen  die  Kirche 
in  Mexico  87. 

„  Neu- Granada  90. 

„  Piemont  155  if. 

„  Russland  125. 

„  der  Schweiz  152.  153. 

„  Südamerika  196. 
Vicariate,  apostolische  (siehe   apostolische 

Vicariate). 
Visitationen,  canonische  188. 
Volksmissionen  149.  188. 
Volkschulen  55.  184. 
Weltliche  Herrschaft  des  Papstes  223. 

Erklärung    des   Kaisers   der   Franzosen 
über  die  225. 
Wissen  und  Glauben  118. 
Wissenschaft  117.  191. 
Zahlen,  Autorität  der  20. 
Zeiten,  schwere  14.  15.  21—23.  215.  216. 

218. 
Zehnten  72. 


AfTre  Dionys  August  135. 

Alacoque  Maria  Margaretha  42 

Alexander  II.  126. 

Altieri  232. 

Amici  229. 

Andreas  Bobola  38.  39.  127. 

Antonelli  229. 

Athanasius  170.  197. 


Namenrep^ister. 

Audu  Joseph  175. 
Badia  232. 
Baldini  229. 
Baptista  Petrus  24. 
Bahus  Clemens  180. 
Bartholomäus  Ruitz  24. 
Basilius  170. 
Bobola  (siehe  Andreas). 


Britto,  Johannes  de  (siehe  Johannes). 

Canisius  Petrus  (siehe  Petrus). 

Chrysosthomus  170.  197. 

Clavep  (siehe  Petrus). 

Clemens  Roman us  197. 

Ccnsolini  229. 

Cousin  (siehe  Germana). 

Cyrillus  170. 

D'Amorim  Pessea  108. 

De  Luca  180. 

Ephraim  170. 

Ferrari  229. 

Ferrieri  Innoceüs  171. 

Fortolini  232. 

Francisous,  heiliger  24. 

vom  heiligen  Michael  24. 
Frohschammer  118. 
Garzia  Gundisalvus  24. 
Geissei,  Cardinal  117. 
Germana  Cousin  37.  38. 
Giansanti  229. 
Gregor,  der  Armenier  170. 

von  Nazianz  170. 
„     Neocaesarea  170. 
•     „     Nyssa  170. 
Günther  117. 

Ignatius  von  Antiochien  170. 
Innocens  I.  197. 
Johannes  de  Britto  34.  35. 

von  Damascus  170. 

Grande  35.  36. 

Leonardi  39.  40. 
Ipenaeus  197. 

Isabella  Maria,  Königin  18. 
Leo  der  Grosse  197. 
Leonardi  (siebe  Johannes). 


Luca  (siehe  de  Luca). 

Luther  52. 

Mai  232. 

Maria  Isahella  18. 

de  Paredes  34. 

Margaretha  Alacoque  42. 
Matteucci  229. 
Merode  229. 
Mertel  229. 
Methodius  170. 

Michael  de  Sanctis,  heil.  20.  31.  32. 
Mislel  16. 

Mon,  Alexander  de  18. 
Napoleon  III.  226. 
Newman  Heinrich  149. 
Nuytz  Johann  Nepomuck  51. 
Patrizi,  Cardinal  20.  21. 
Paul  vom  Kreuze,  heil.  36—37. 
Pedro  V.  108. 
Petrus  Baptista  24. 

Canisius  40.  42. 

Claver  33. 
Pila  229. 
Pius  VI.  32. 

Polyoarp  von  Smjrna  170. 
Reisach  12. 
Sabatucci  229. 
Scitovsky,  Cardinal  24. 
Sohwarzenberg,  Cardinal  24. 
Silva  Torres  Josefa  104. 
Sixtus  V.  24. 
Sozomenes  197. 
Taicosama  25. 
Urban  VIII.  20. 
Vigil  Franz  de  Paul  50. 
Wiseman,  Cardinal  24. 


Geo^raphisc 

Aegypten  5. 

Afrika  5.  85.  86. 

Agram  9. 

Albanien  154. 

Albajuiia  9. 

Alton  10. 

Amerika  6.  9.  87—104.  217. 

Anatolien  11. 

Annobon  5. 

Antillen  11. 

Arabien  5. 

Argentinische  Republik  97. 

Arktischer  Pol  5. 


hes  Reg:ister. 

Armenien  11. 
Asien  11.  104.  113. 
Australien  11.  113.  114. 
Babylon  175. 
Baden  114. 
Bamberg  118. 
Belgien  150.  151. 
Bolivia  11. 
Braga  105. 
Brasilien  10. 
Californien  11. 
Camboia  5. 
Canada  11. 


Castelfldardo  226. 

China  110. 

Cochinchina  5. 

Columbia  5. 

Corisco  5. 

Costa  Rica  11.  95. 

Dänemark  154. 

Dahomey  5 

Deutschland  114. 

Domingo  San  11. 

England  6—8.  147. 

Europa  6—9.  114  ff. 

Ferdinando  Po  5. 

Florida  5. 

Frankreich  9.  135. 

Francisco  San  11. 

Goa  104. 

Griechenland  154. 

Guinea  5. 

Haiti  11.  98. 

Holland  8. 

Japan  20. 

Jerusalem  8.  111. 

Illinois  10. 

Indiana  10. 

Irland  147—150.  212—214. 

Italien  9.  155—168. 

Kentucky  10. 

Kherson  9. 

Kirchenstaat  167.  168. 

Lombardei  161. 

Louisiana  10. 

Lyon  137. 

Macao  30. 

Machenzie  5. 

Madagascar  5. 

Manilla  24. 

Maria  S.  5. 

Marysville  5. 

Martinique  11. 

Mayotte  5. 

Meaco  25. 

Mexico  10.  87-90. 

Michigan  10. 

Minesota  10. 

Modena  9. 

München  118. 

Nangasaki  20. 

Natal  5, 

Natchitoches  10. 

Neapel  163—167. 


Nebrasca  5. 

Nesquaii  10. 

Neu-Braunschweig  11, 

Neu-Granada  10.  90—95. 

Neu-Mexico  10. 

Neu-Seeland  11. 

Neu-Wales  11. 

Newyork  10. 

Nizza  137. 

Norwegen  154. 

Nossibe  5. 

Oceanien  6. 

Oesterreich  9.  120—125.  217.  223. 

Ohio  10. 

Ost-Bengalen  5. 

Ostindien  104—110. 

Pennsylvanien  10. 

Persien  11. 

Peru  10.  97. 

Piemont  155. 

Pol,  arktischer  5. 

Polen  125. 

Portugal  104—110.  142—147. 

Rocky  Mountains  5. 

Russland  9.  125. 

San  Domingo  11. 

Santa  Maria  5. 

Savoyen  137. 

Schiffer-Inseln  5. 

Schweden  154. 

Schweiz  151—154. 

Seychelles-Inseln  5. 

Sierra  Leone  5. 

Sicilien  163—167. 

Spanien  9.  140. 

Syrien  215.  216. 

Terra  nuova  11. 

Texas  10. 

Tahiti  5. 

Thurles  148. 

Toscana  9. 

Trinidad  12. 

Türkei  154. 

Venezuela  11. 

Vereinigte  Staaten  10.  100.  102.  103.  217. 

Vermont  10. 

Virginia  10. 

Viti-Inseln  5. 

Vizagapatam  5. 

Warschau  127. 

Washington  10.